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Plenarsitzung

des Nationalrates

Stenographisches Protokoll

 

183. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Dienstag, 15., Mittwoch, 16., und Donnerstag, 17. November 2022

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

 

Großer Redoutensaal


 

Stenographisches Protokoll

183. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Dienstag, 15., Mittwoch, 16., und Donnerstag, 17. November 2022

Dauer der Sitzung

   Dienstag, 15. November 2022: 9.05 – 21.26 Uhr
   Mittwoch, 16. November 2022: 9.15 – 19.18 Uhr
Donnerstag, 17. November 2022: 9.05 – 18.28 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopol­ge­setz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMU-Förderungs­gesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinder­ten­einstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesge­setz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstüt­zungs­fonds, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungs­finanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförde­rungs­gesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines


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Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommu­nalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird

3. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 2839/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 2840/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 2892/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun-


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desgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuer­ge­setz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emis­sionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert werden

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 – BFRG 2023-2026)

11. Punkt: Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ..............................................................................  68, 501, 869

Ordnungsrufe ......................................  95, 100, 225, 462, 485, 485, 492, 762

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2896/A der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem die XXVII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 12. Dezember 2022 zu setzen ...........     71

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .....................................     71

Redner:innen:

Mag. Jörg Leichtfried ...............................................................................................  278

Dr. Christian Stocker ...............................................................................................  283


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Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................  285

Michael Schnedlitz ...................................................................................................  288

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  290

Dr. Nikolaus Scherak, MA .......................................................................................  292

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .................................................................  295

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 GOG ...............................................................................  72, 502, 869

Unterbrechung der Sitzung ...................................................................  500, 868

Bundesregierung

Vertretungsschreiben .....................................................................  68, 501, 869

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................................     69

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Zehnter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ...........................................     72

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1744 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmono­polgesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insol­venz-Entgeltsicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMU-Förde­rungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinder­ten­einstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schul­unterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz,


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das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundes­theaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künst­lerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommunalinves­titions­ge­setz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzie­rungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023) (1776 d.B.) ...............................................................................................................     74

2. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird (1777 d.B.) ...............................................................................................................     75

3. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (1778 d.B.) ......................................................................................................     75

4. Punkt: Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird (1779 d.B.) ....     75

5. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1745 d.B.): Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (1780 d.B.) .................................................................................     75

6. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1770 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird (1781 d.B.) .................................     75


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7. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 2839/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhr­finan­zierungsförderungsgesetz geändert wird (1782 d.B.) ........................................     75

8. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 2840/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrför­derungsgesetz geändert wird (1783 d.B.) ...........................................................     76

9. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 2892/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszerti­fika­tehandelsgesetz 2022 geändert werden (1784 d.B.) .........................................     76

Redner:innen:

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .............................................................................     76

August Wöginger .....................................................................................................     81

Herbert Kickl ............................................................................................................     84

Sigrid Maurer, BA ....................................................................................................     95

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ..........................................................................  100

Peter Haubner ..........................................................................................................  106

Kai Jan Krainer .........................................................................................................  108

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ...................................................................................  110

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................  114

Dipl.-Ing. Georg Strasser .........................................................................................  118

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  120

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. ..........................................................  124

MMag. DDr. Hubert Fuchs (tatsächliche Berichtigung) ......................................  133

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................  133

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................  136


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Gabriel Obernosterer ...............................................................................................  141

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  144

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................  149

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  151

Karlheinz Kopf ........................................................................................  157, 207

Alois Stöger, diplômé ...............................................................................................  160

Ing. Martin Litschauer .............................................................................................  165

Ing. Mag. Volker Reifenberger ................................................................................  168

Angela Baumgartner ...............................................................................................  173

Mag. Martina Künsberg Sarre .................................................................................  175

Michel Reimon, MBA ...............................................................................................  177

Philip Kucher ............................................................................................................  180

Ing. Manfred Hofinger .............................................................................................  182

Julia Elisabeth Herr ..................................................................................................  188

Mag. Dr. Rudolf Taschner ........................................................................................  193

Alois Schroll ..............................................................................................................  195

Ing. Klaus Lindinger, BSc .........................................................................................  197

Petra Tanzler ............................................................................................................  199

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................  201

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................  202

Barbara Neßler (tatsächliche Berichtigung) .........................................................  205

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  205

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung des Universitätsbudgets sowie der Zuwendungen an die Fachhochschulen“ – Ablehnung ....................  139, 213

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Winterhilfe durch Erlass der Gas- und Fernwärmrechnungen im Dezember und rasche Umsetzung eines natio­nalen Gaspreisdeckels“ – Ablehnung ..................................................  162, 213


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Annahme der neun Gesetzentwürfe in 1776, 1777, 1778, 1779, 1780, 1781, 1782, 1783 und 1784 d.B. .........................................................................  209

Gemeinsame Beratung über

10. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1670 und Zu 1670 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrah­men­gesetz 2023 bis 2026 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 – BFRG 2023-2026) (1786 d.B.) ..........................................................  217

11. Punkt: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) ...............................................................................................................  217

UG 01: Präsidentschaftskanzlei; UG 02: Bundesgesetzgebung; UG 03: Verfassungsgerichtshof; UG 04: Verwaltungsgerichtshof; UG 05: Volksanwaltschaft; UG 06: Rechnungshof; UG 10: Bundeskanzleramt; UG 17: Öffentlicher Dienst und Sport .................................................................  218

Redner:innen:

Mag. Christian Drobits ............................................................................................  218

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................  220

Wolfgang Zanger .....................................................................................................  222

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  226

Dr. Nikolaus Scherak, MA .......................................................................................  228

Hermann Gahr .........................................................................................................  230

Sabine Schatz ...........................................................................................................  232

Mag. Ulrike Fischer ..................................................................................................  237

Mag. Christian Ragger .............................................................................................  239

Martina Diesner-Wais .............................................................................................  240

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  242

David Stögmüller .....................................................................................................  244


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Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ..........................................................  247

Rudolf Silvan ............................................................................................................  250

Volksanwältin Gabriela Schwarz ............................................................................  251

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ...............................................................................  254

Petra Steger .............................................................................................................  257

Mag. Faika El-Nagashi .............................................................................................  262

Dr. Stephanie Krisper ..............................................................................................  263

Christoph Zarits .......................................................................................................  265

Mag. Karin Greiner ..................................................................................................  268

Rechnungshofpräsidentin Dr. Margit Kraker ........................................................  270

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  274

Christian Lausch ......................................................................................................  276

Dr. Gudrun Kugler ....................................................................................................  296

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................  298

Mag. Friedrich Ofenauer .........................................................................................  300

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................  302

Mag. (FH) Kurt Egger ...............................................................................................  304

Henrike Brandstötter ..............................................................................................  305

Alexander Melchior .................................................................................................  307

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................  309

Mag. Ernst Gödl .......................................................................................................  311

Nurten Yılmaz (tatsächliche Berichtigung) ...........................................................  314

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  314

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  321

Ing. Reinhold Einwallner (tatsächliche Berichtigung) ..........................................  323

Kira Grünberg ...........................................................................................................  324

Maximilian Köllner, MA ...........................................................................................  326

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................  328

Dr. Harald Troch ......................................................................................................  330

Dipl.-Ing. Andrea Holzner ........................................................................................  331

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ............................................................................  333


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Karl Schmidhofer .....................................................................................................  339

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung“ – Ablehnung ............................................................................................  234, 1183

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der ‚Pauschalen Reiseaufwandsent­schädi­gung‘ (PRAE) für gemeinnützige Sportvereine“ – Ablehnung .......  260, 1184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sportkonto einführen“ – Ablehnung ...  317, 1184

UG 32: Kunst und Kultur .......................................................................................  340

Redner:innen:

Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................  341

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  342

Ing. Mag. Volker Reifenberger ................................................................................  344

Maria Großbauer .....................................................................................................  350

Mag. Julia Seidl ........................................................................................................  353

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ....................................................................  354

Mag. Sibylle Hamann ...............................................................................................  357

Katharina Kucharowits ...........................................................................................  358

Mag. Maria Smodics-Neumann ..............................................................................  360

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................  362

Hermann Weratschnig, MBA MSc ..........................................................................  363

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  365

Hans Stefan Hintner ................................................................................................  367

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd .................................................................................  369

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  371

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket zum Schutz des


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heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungsaktionen durch Klimaaktivisten“ – Ablehnung ................................................  346, 1184

UG 12: Äußeres ......................................................................................................  373

Redner:innen:

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .............................................................................  373

Dr. Reinhold Lopatka ...............................................................................................  376

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  378

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  384

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  386

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ...........................................  389

Mag. Martin Engelberg ............................................................................................  394

Dr. Harald Troch ......................................................................................................  396

Michel Reimon, MBA ...............................................................................................  398

Petra Steger .............................................................................................................  399

Alexander Melchior .................................................................................................  408

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................  409

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................  413

Katharina Kucharowits ...........................................................................................  415

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend „Koppelung der österreichischen Steuer­gelder für die Entwicklungszusammenarbeit an Rückübernahmeabkommen als Mussbestimmung“ – Ablehnung .................................................  381, 1184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der neutralitätsverletzenden Zahlungen an die Kriegspartei Ukraine“ – Ablehnung ..................................................  403, 1184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Achtung der Europäischen Menschenrechts­konvention (EMRK)“ – Annahme (274/E) ........................................  411, 1185


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UG 13: Justiz ...........................................................................................................  416

Redner:innen:

Mag. Selma Yildirim .................................................................................................  416

Mag. Agnes Sirkka Prammer ...................................................................................  419

Mag. Harald Stefan ..................................................................................................  421

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................  425

Dr. Johannes Margreiter .........................................................................................  428

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ................................................................  429

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................  433

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................  434

Johann Singer ...........................................................................................................  436

Christian Lausch ......................................................................................................  438

Mag. Johanna Jachs ................................................................................................  443

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  444

Mag. Christian Ragger .............................................................................................  446

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung“ – Ablehnung ......................  423, 1185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschluss von Staatsverträgen zur Forcierung der Haftverbüßung der in Österreich verurteilten Ausländer im Heimatland“ – Ablehnung ............................................................................................  441, 1185

UG 11: Inneres; UG 18: Fremdenwesen .............................................................  448

Redner:innen:

Ing. Reinhold Einwallner ..........................................................................................  448

Dr. Christian Stocker ...............................................................................................  451

Mag. Hannes Amesbauer, BA .................................................................................  453

Mag. Georg Bürstmayr ............................................................................................  462


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Dr. Stephanie Krisper ..............................................................................................  465

Bundesminister Mag. Gerhard Karner ....................................................................  468

Dr. Reinhold Lopatka ...............................................................................................  473

Sabine Schatz ...........................................................................................................  476

David Stögmüller .....................................................................................................  477

Mag. Dr. Petra Oberrauner (tatsächliche Berichtigung) ......................................  479

Christian Ries ...........................................................................................................  479

Mag. Wolfgang Gerstl .............................................................................................  484

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................  487

Mag. Hannes Amesbauer, BA (tatsächliche Berichtigung) ..................................  488

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  491

Christian Hafenecker, MA .......................................................................................  493

Andreas Minnich ......................................................................................................  498

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „23 Maßnahmen zur De-Attraktivie­rung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten für 2023“ – Ablehnung .........................................  457, 1185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Finanzielle Besserstellung der Exekutive“ – Ablehnung ............................................................................................  482, 1185

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Aufnahme von Klimaterrorismus und -extre­­mismus in den Verfassungsschutzbericht“ – Ablehnung ...............  495, 1186

UG 21: Soziales; UG 22: Pensionsversicherung; UG 21: Konsumentenschutz ..............................................................................................  502

Redner:innen:

Philip Kucher ............................................................................................................  502

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  507


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Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  509

Mag. Michael Hammer ............................................................................................  519

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  523

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  526

Heike Grebien ..........................................................................................................  531

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  533

Peter Weidinger .......................................................................................................  537

Peter Wurm ..............................................................................................................  540

Bedrana Ribo, MA ....................................................................................................  545

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  547

Kira Grünberg ...........................................................................................................  549

Dietmar Keck ...........................................................................................................  551

Mag. Ulrike Fischer .................................................................................  555, 583

Mag. Christian Ragger .............................................................................................  557

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ..........................................................................  559

MMag. Katharina Werner, Bakk. ............................................................................  561

Christoph Zarits .......................................................................................................  563

Alois Stöger, diplômé ...............................................................................................  565

Norbert Sieber ..........................................................................................................  569

Christian Ries ...........................................................................................................  571

Bettina Zopf .............................................................................................................  576

Mag. Christian Drobits ............................................................................................  578

Andreas Kühberger ..................................................................................................  580

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ...............................................................................  582

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Zuwanderungsstopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – ‚Unser Geld für unsere Leute‘„ – Ablehnung ...  513, 1186

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „einen Inklusionsfonds und die umfas­sende


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 15

sozialversicherungsrechtliche Absicherung für Menschen mit Behinde­rungen“ – Ablehnung ..........................................................................  535, 1186

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Echte Pensionsanpassung statt sozialpoli­ti­schem Falschspielertrick“ – Ablehnung .........................................  542, 1186

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entgeltbonus für Pflegeberufe beitrags- und steuer­frei auszahlen“ – Ablehnung ..............................................................  553, 1186

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „jährliche Erstellung eines Berichts über Entwick­lung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich“ – Ablehnung ............................................................................................  567, 1187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz betreffend ein VKI-Finanzie­rungs­gesetz 2023“ – Ablehnung ................................................................  573, 1187

UG 24: Gesundheit .................................................................................................  584

Redner:innen:

Philip Kucher ............................................................................................................  584

Bettina Zopf (tatsächliche Berichtigung) ..............................................................  587

Ralph Schallmeiner ..................................................................................................  588

Mag. Gerhard Kaniak ..............................................................................................  591

Dr. Josef Smolle ........................................................................................................  601

Fiona Fiedler, BEd ....................................................................................................  604

Bundesminister Johannes Rauch ............................................................................  606

Bedrana Ribo, MA ....................................................................................................  610

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  612

Martina Diesner-Wais .............................................................................................  614

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................  615


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 16

Dr. Werner Saxinger, MSc .......................................................................................  624

Dietmar Keck ...........................................................................................................  626

Ing. Josef Hechenberger ..........................................................................................  628

Rudolf Silvan ............................................................................................................  630

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ..........................................................................  633

Mario Lindner ...........................................................................................................  635

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda .............................................................................  639

Peter Wurm ..............................................................................................................  640

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Krankenanstaltenfinan­zierung 2023 – 150 Mio. Euro zusätzlich jetzt!“ – Ablehnung .................................  596, 1187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kassasturz und Transparenz bei der Covid-19-Impfstoffbeschaffung – Offenlegung aller Verträge jetzt!“ – Ablehnung .....  619, 1187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verdoppelung der Medizinstudienplätze im Kampf gegen den Ärztemangel“ – Ablehnung .............................................  631, 1187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „flächendeckender Ausbaus der Primärversorgung in Österreich“ – Ablehnung ...................................................................  637, 1187

UG 20: Arbeit ..........................................................................................................  642

Redner:innen:

Alois Stöger, diplômé ...............................................................................................  642

Mag. Ernst Gödl .......................................................................................................  644

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  646

Mag. Markus Koza ...................................................................................................  649

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  652

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ...............................................................  655


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 17

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................  658

Gabriele Heinisch-Hosek .........................................................................................  660

Süleyman Zorba .......................................................................................................  665

Peter Wurm ..............................................................................................................  667

Tanja Graf ................................................................................................................  676

Mag. Verena Nussbaum ..........................................................................................  677

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................  679

Andreas Minnich ......................................................................................................  680

Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefährdung von arbeitslosen Menschen und deren Familien“ – Ablehnung ...  662, 1188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Arbeitslosenversicherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt ver­kommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“ – Ablehnung ............................  670, 1188

UG 33: Wirtschaft (Forschung); UG 40: Wirtschaft (inkl. Tourismus) .............  682

Redner:innen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................  682

Peter Haubner ..........................................................................................................  686

Erwin Angerer ..........................................................................................................  688

Dr. Elisabeth Götze ..................................................................................................  693

Mag. Gerald Loacker ................................................................................................  695

Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher ...............................................................  698

Franz Hörl .................................................................................................................  702

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) ........................................  704

Maximilian Lercher ..................................................................................................  704

Barbara Neßler ........................................................................................................  707

Mag. Julia Seidl ........................................................................................................  709


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 18

Staatssekretärin Mag. Susanne Kraus-Winkler .....................................................  711

Martina Kaufmann, MMSc BA ...............................................................................  713

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  715

Mag. (FH) Kurt Egger ...............................................................................................  717

Melanie Erasim, MSc ...............................................................................................  718

Gabriel Obernosterer ...............................................................................................  720

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................  721

Rebecca Kirchbaumer ..............................................................................................  723

Michael Seemayer ....................................................................................................  724

Julia Elisabeth Herr (tatsächliche Berichtigung) ..................................................  726

Laurenz Pöttinger ....................................................................................................  726

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................  728

Franz Hörl (tatsächliche Berichtigung) .................................................................  738

Maria Großbauer .....................................................................................................  738

Christoph Stark ........................................................................................................  739

Joachim Schnabel ....................................................................................................  741

Bettina Zopf .............................................................................................................  742

Ing. Johann Weber ...................................................................................................  744

Karl Schmidhofer .....................................................................................................  745

Mag. Gerald Hauser (tatsächliche Berichtigung) .................................................  747

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend „keine Mehrbelastungen für Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammern Österreich durch infolge der Teuerung steigende Kammerbeiträge“ – Ablehnung .........................................................  690, 1188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „touristische Vermietung – Tohuwabohu beenden / nachvollziehbare, praktikable einfache Strukturen schaffen“ – Ablehnung ............................................................................................  733, 1188

UG 42: Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft .............  747


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 19

Redner:innen:

Cornelia Ecker ..........................................................................................................  747

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ...............................................................................  753

Cornelia Ecker (tatsächliche Berichtigung) ...........................................................  755

Peter Schmiedlechner ..............................................................................................  756

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ..........................................................................................  762

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ..................................................................................  766

Bundesminister Mag. Norbert Totschnig, MSc ......................................................  768

Ing. Josef Hechenberger ..........................................................................................  773

Dietmar Keck ...........................................................................................................  775

Dr. Astrid Rössler .....................................................................................................  776

Mag. Gerald Hauser .................................................................................................  779

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................  782

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ...............................................................................  784

Alois Kainz ................................................................................................................  786

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................  787

Klaus Köchl ...............................................................................................................  789

Franz Leonhard Eßl ..................................................................................................  791

Walter Rauch ...........................................................................................................  792

Carina Reiter ............................................................................................................  795

Ing. Klaus Lindinger, BSc .........................................................................................  797

Ing. Johann Weber ...................................................................................................  799

Andreas Kühberger ..................................................................................................  800

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „verbindliche Reduzierung chemisch – synthetischer Pestizide und Forschungsstrategien für schonende Alternativen“ – Ablehnung ............................................................................................  750, 1188

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine Stoppen – Entlastungspaket für die Landwirtschaft“ – Ablehnung ............................................................  759, 1189


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 20

UG 30: Bildung; UG 31: Wissenschaft und Forschung .....................................  802

Redner:innen:

Mag. Andrea Kuntzl .................................................................................................  803

Mag. Dr. Rudolf Taschner ........................................................................................  805

Hermann Brückl, MA ...............................................................................................  806

Mag. Sibylle Hamann ...............................................................................................  809

Mag. Martina Künsberg Sarre .................................................................................  812

Bundesminister Dr. Martin Polaschek ....................................................................  815

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA .......................................................................  822

Petra Tanzler ............................................................................................................  824

Mag. Eva Blimlinger .................................................................................................  826

Mag. Dr. Martin Graf ...............................................................................................  828

Dr. Josef Smolle ........................................................................................................  831

Dr. Helmut Brandstätter .........................................................................................  832

Mag. Bettina Rausch ...............................................................................................  840

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  841

MMMag. Gertraud Salzmann .................................................................................  844

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  846

Martina Kaufmann, MMSc BA ...............................................................................  851

Mag. Dr. Petra Oberrauner .....................................................................................  853

Ing. Johann Weber ...................................................................................................  855

Klaus Köchl ...............................................................................................................  857

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd .................................................................................  859

Nurten Yılmaz ..........................................................................................................  861

Philip Kucher ............................................................................................................  862

Katharina Kucharowits ...........................................................................................  865

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Budget für Fördermaßnahmen statt für teure Covid-Tests“ – Ablehnung .................................................................  808, 1189


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 21

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Uni-Budget erhöhen“ – Ablehnung .....  838, 1189

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ausreichende Finanzierung der Fach­hochschulen“ – Ablehnung ................................................................  850, 1189

UG 10: Frauen und Gleichstellung; UG 25: Familie und Jugend ......................  870

Redner:innen:

Eva Maria Holzleitner, BSc ......................................................................................  870

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................................................  873

Rosa Ecker, MBA ......................................................................................................  875

Mag. Meri Disoski ....................................................................................................  878

Henrike Brandstötter ..............................................................................................  882

Norbert Sieber ..........................................................................................................  884

Petra Wimmer ..........................................................................................................  886

Heike Grebien ..........................................................................................................  888

Edith Mühlberghuber ..............................................................................................  891

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab .........................................................  896

Mag. Michaela Steinacker .......................................................................................  900

Michael Bernhard ....................................................................................................  902

Bedrana Ribo, MA ....................................................................................................  905

Mario Lindner ...........................................................................................................  907

Mag. Johanna Jachs ................................................................................................  909

Staatssekretärin Claudia Plakolm ..........................................................................  911

Wolfgang Zanger .....................................................................................................  914

Barbara Neßler ........................................................................................................  918

Mag. Yannick Shetty ...............................................................................................  920

Nikolaus Prinz ..........................................................................................................  922

Sabine Schatz ...........................................................................................................  924

Irene Neumann-Hartberger ....................................................................................  926

Mag. Meri Disoski (tatsächliche Berichtigung) .....................................................  927


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 22

Dr. Dagmar Belakowitsch .......................................................................................  928

MMag. Dr. Agnes Totter, BEd .................................................................................  932

Maximilian Köllner, MA ...........................................................................................  933

Lukas Brandweiner ..................................................................................................  935

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda .............................................................................  937

Pia Philippa Strache .................................................................................................  939

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Finanzielle Verbesserungen für Familien“ – Ablehnung ............................................................................................  894, 1189

UG 14: Militärische Angelegenheiten ..................................................................  942

Redner:innen:

Robert Laimer ...........................................................................................................  942

Mag. Friedrich Ofenauer .........................................................................................  945

Robert Laimer (tatsächliche Berichtigung) ...........................................................  948

Ing. Mag. Volker Reifenberger ................................................................................  949

David Stögmüller .....................................................................................................  954

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................  957

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner .................................................................  961

Mag. Michael Hammer ............................................................................................  963

Mario Lindner ...........................................................................................................  965

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ............................................................................................  967

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................  969

Mag. Corinna Scharzenberger ................................................................................  972

Petra Wimmer ..........................................................................................................  974

Johann Höfinger ......................................................................................................  976

MMMag. Dr. Axel Kassegger ..................................................................................  977

Mag. Maria Smodics-Neumann ..............................................................................  981

Cornelia Ecker ..........................................................................................................  983

Ing. Manfred Hofinger .............................................................................................  985


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 23

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Überarbeitung der ‚Österreichischen Sicherheitsstrategie‘“ – Ablehnung ..................................................  952, 1189

UG 34: Innovation und Technologie (Forschung); UG 41: Mobilität; UG 43: Klima, Umwelt und Energie ...................................................................................  987

Redner:innen:

Alois Stöger, diplômé ...............................................................................................  987

Hermann Weratschnig, MBA MSc ..........................................................................  988

Walter Rauch ...........................................................................................................  991

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ........................................................  994, 1098

Andreas Ottenschläger ............................................................................................  998

Dr. Helmut Brandstätter ......................................................................................... 1001

Dr. Astrid Rössler ..................................................................................................... 1004

Julia Elisabeth Herr ............................................................................  1006, 1111

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ....................................................................... 1013

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ...................................................................................... 1015

Ing. Martin Litschauer ............................................................................................. 1020

Dr. Johannes Margreiter ......................................................................................... 1022

Johannes Schmuckenschlager ................................................................................ 1024

Mag. Dr. Petra Oberrauner ..................................................................................... 1026

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................. 1028

Christian Hafenecker, MA ....................................................................................... 1030

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................. 1037

Michael Bernhard .................................................................................................... 1039

Alois Schroll .............................................................................................................. 1041

Tanja Graf ................................................................................................................ 1044

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................. 1046

Johann Singer ........................................................................................................... 1053

Mag. Yannick Shetty ............................................................................................... 1055

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................... 1057


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 24

Melanie Erasim, MSc ............................................................................................... 1059

Nikolaus Prinz .......................................................................................................... 1061

Klaus Köchl .........................................................................................  1063, 1077

Franz Hörl ................................................................................................................. 1064

Robert Laimer ........................................................................................................... 1066

Franz Leonhard Eßl .................................................................................................. 1069

Maximilian Köllner, MA ........................................................................................... 1070

Johann Höfinger ...................................................................................................... 1072

Peter Wurm ........................................................................................  1073, 1082

Robert Laimer (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 1076

Rebecca Kirchbaumer .............................................................................................. 1076

Andreas Kühberger .................................................................................................. 1081

Christoph Stark ........................................................................................................ 1089

Peter Weidinger ....................................................................................................... 1090

Joachim Schnabel .................................................................................................... 1093

Hermann Gahr ......................................................................................................... 1095

Lukas Brandweiner .................................................................................................. 1096

Dipl.-Ing. Andrea Holzner ........................................................................................ 1109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Transformation der Industrie braucht Vor­gaben und Strategie“ – Ablehnung ................................................  1009, 1190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Deutliche Aufstockung des Beitrags Österreichs für die European Space Agency (ESA)“ – Ablehnung .......  1018, 1190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kol­leginnen und Kollegen betreffend „Aussetzung der Mautpflicht in Form der Vignette für Österreicher“ – Ablehnung .......................................  1036, 1190


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 25

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „umgehendes Aussetzen des ‚Merit-Order-Prinzips‘ zur Strompreisfestsetzung“ – Ablehnung ..........  1050, 1190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Philip Kucher, Erwin Angerer, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Kärntner Güterverkehrstrasse“ – Ablehnung ........................  1078, 1190

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesetzeskonforme Grundversorgungstarife bei Energielieferanten in Österreich“ – Ablehnung ...........................  1083, 1191

UG 15: Finanzverwaltung; UG 16: Öffentliche Abgaben; UG 23: Pensio­nen – Beamtinnen und Beamte; UG 44: Finanzausgleich; UG 45: Bun­desver­mögen; UG 46: Finanzmarktstabilität; UG 51: Kassenverwaltung; UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträge ......................................................... 1112

Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließ­lich Anlagen II bis IV ............................................................................................... 1113

Redner:innen:

Kai Jan Krainer ......................................................................................................... 1113

Karlheinz Kopf ......................................................................................................... 1117

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer .................................................................................. 1124

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................... 1130

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................ 1133

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................... 1139

Kai Jan Krainer (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 1141

Mag. Gerald Loacker ............................................................................................... 1142

Petra Bayr, MA MLS (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 1146

Dr. Elisabeth Götze .................................................................................................. 1147

Staatssekretär Florian Tursky, MBA MSc .............................................................. 1149

Ing. Reinhold Einwallner .......................................................................................... 1152


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 26

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................. 1154

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................ 1156

Süleyman Zorba ....................................................................................................... 1158

Mag. Dr. Petra Oberrauner ..................................................................................... 1160

Mag. Andreas Hanger .............................................................................................. 1163

Maximilian Lercher .................................................................................................. 1165

Angela Baumgartner ............................................................................................... 1167

MMMag. Dr. Axel Kassegger .................................................................................. 1168

Hans Stefan Hintner ................................................................................................ 1171

Bundesminister Dr. Magnus Brunner, LL.M. .......................................................... 1172

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................ 1175

Ing. Martin Litschauer ............................................................................................. 1177

Andreas Ottenschläger ............................................................................................ 1179

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Berichterstattung über Umsetzungsstand Aufbau- und Transparenzplan“ – Annahme (275/E) ...........................................  1128, 1191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusam­menarbeit und Auslandskatastrophenfonds“ – Ablehnung ........  1136, 1191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entlastungspaket für Rettungs- und Sozial­organisationen“ – Ablehnung ..........................................................  1137, 1191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unkompliziert Entlasten: Einführung eines Verlustrücktrags“ – Ablehnung .......................................................  1144, 1191

Annahme des Gesetzentwurfes in 1786 d.B. ..................................................... 1181

Annahme des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 2023 samt Anlagen .......... 1182


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Eingebracht wurden

Bürgerinitiative .......................................................................................................     70

Bürgerinitiative betreffend „Sofortiges Verbot zum Verkauf und zur Verwendung von pyrotechnischen Artikeln der Kategorie F2 zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt!“ (Ordnungsnummer 50)

Regierungsvorlagen ...............................................................................................     69

1788: Bundesgesetz, mit dem das OeAD-Gesetz geändert wird

1789: Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022

Berichte ...................................................................................................................     70

III-783: Bericht betreffend Beschaffungsplanung des Österreichischen Bundesheeres – Reihe BUND 2022/32; Rechnungshof

III-793: Bericht betreffend AustriaTech – Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische Maßnahmen GmbH; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2022/33; Rechnungshof

III-794: Bericht betreffend ÖBB-Rahmenplan 2023-2028; BM f. Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-795: Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für das Kalenderjahr 2022 (Jänner bis August 2022); BM f. Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten­schutz

III-798: Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für Oktober 2022; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport


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III-799: Sportbericht 2021; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

Anträge der Abgeordneten

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortige Winterhilfe durch Erlass der Gas- und Fernwärmrechnungen im Dezember und rasche Umsetzung eines nationalen Gaspreisdeckels (2909/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unkompliziert Entlasten: Einführung eines Verlustrücktrags (2910/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Betriebsanlagen­recht: schnellen Umstieg von Gas ermöglichen! (2911/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Informations­aus­tausch zwischen Pensionsversicherung und Behörden bei psychisch bedingten Pensionierungen (2912/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kassenmedizin statt Privatmedizin für Häftlinge (2913/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung strukturierter Versorgungsprogramme (2914/A)(E)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung der Anrechnung von Pflegeausbildungen (2915/A)(E)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung einer Datenstrategie (2916/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Integrationsjahr wiederbeleben (2917/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung des Integrationsgesetzes (2918/A)(E)


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Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (2919/A)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbehindertengesetz geändert wird (2920/A)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Werte- und Orientierungskurse weiterentwickeln (2921/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Werte- und Orientierungskurse weiterentwickeln (2922/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung einer Privatisierung der Bundessporteinrichtungsgesellschaft (2923/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sportförderung reformieren und Interessenkonflikt beenden, statt nur Budget zu erhöhen! (2924/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gelingende Integration – Deradikalisierungskonzept für die Sekundarstufe (2925/A)(E)

Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreich Werbung reformieren und zukunftsfit gestalten! (2926/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserter Rechtsschutz bei Sicherheitsuntersuchungen (2927/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erwerbstätige Pensionist:innen: Opt-out-Recht bei den Dienstnehmer-Pensionsbeiträgen in der besonderen Höherversicherung (2928/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umfassende Umsetzung des Mental Health Jugendvolksbegehrens (2929/A)(E)


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Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuerung der Fächerverteilung in der Medizin (2930/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inklusion: Sonderpädagogische Förderung bedarfsgerecht und bis zur 12. Schulstufe (2931/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Systematische Erhebung der Belastungen und Zeitfresser im Lehrer:innen-Job (2932/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Anerkennung der häuslichen Pflege (2933/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Anerkennung der häuslichen Pflege (2934/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen (2935/A)(E)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Musiktherapie in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen (2936/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt (2937/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines „EU-weiten Rechts auf Reparatur“ bis zum 31.03.2023 (2938/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gericht­licher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (2939/A)


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Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unabhängiges Monitoring an den EU-Außengrenzen und Stärkung der Kontrollbefugnisse der Frontex-Menschenrechtsbeauftragten (2940/A)(E)

Mag. Julia Seidl, Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuung in Kulturinstitutionen (2941/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rechtssicherheit bei Kreditvergabe an ältere Menschen“ bis zum 31.03.2023 (2942/A)(E)

Thomas Spalt, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungs­aktionen durch Klimaaktivisten (2943/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzeskonforme Grundversorgungstarife bei Energielieferanten in Österreich (2944/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Routerfreiheit garantieren (2945/A)(E)

Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Maßnahmen zur Inklusion und Gleichstellung für Menschen mit Behin­derungen (2946/A)(E)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verdoppelung der Medizinstudienplätze im Kampf gegen den Ärztemangel (2947/A)(E)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend flächendeckender Ausbaus der Primärversorgung in Österreich (2948/A)(E)

Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Erstellung eines Berichts über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich (2949/A)(E)


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Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung für private Quartiergeber*innen (2950/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit Skandalen: umfassende Strukturreform gegen die Narrenfreiheit im Selbstbedienungsladen Wirtschaftskammer (2951/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überdachung aller Parkplätze mit Photovoltaik (2952/A)(E)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung einer weltanschaulich neutralen Sexualerziehung (2953/A)(E)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Koppelung der österreichischen Steuergelder für die Entwick­lungszusam­menarbeit an Rückübernahmeabkommen als Mussbestim­mung (2954/A)(E)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Budget für Fördermaßnahmen statt für teure Covid-Tests (2955/A)(E)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzung der Mautpflicht in Form der Vignette für Österreicher (2956/A)(E)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung der durch den Ministerialentwurf 144/ME/XXVI. GP vorgeschlagenen Bestimmungen zur Sicherstellung eines effektiven Einschreitens gegen Lenkerinnen und Lenker, die sich auf Grund von verbotenem Suchtgiftkonsum in einem fahruntauglichen Zustand befinden (2957/A)(E)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der „Pauschalen Reiseaufwandsentschädigung“ (PRAE) für gemeinnützige Sportvereine (2958/A)(E)


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Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausarbeitung eines Modells für die Unterstützung der Teilnahme sozioökonomisch benachteiligter Kinder und Jugendlicher aller Schultypen an Schulveranstaltungen (2959/A)(E)

Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einrichtung eines Covid-19-Lagers und über die Verfügung über Bundesvermögen bei Abgabe aus diesem Lager geändert wird (2960/A)

Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (2961/A)

Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zahnärztegesetz und das Zahnärzte­kammergesetz geändert werden (Fachzahnarzt-Kieferorthopädie-Gesetz – FZA-KFO-G) (2962/A)

Petra Tanzler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kein Chaos durch Übergangslehrpläne an Österreichs Schulen!“ (2963/A)(E)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbindliche Redu­zierung chemisch – synthetischer Pestizide und Forschungsstrategien für schonende Alternativen (2964/A)(E)

Bettina Zopf, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (2965/A)

August Wöginger, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauern-Sozialversiche­rungs­gesetz geändert wird (2966/A)


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Anfragen der Abgeordneten

Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend polizeilicher Schutzbereich für Rechtsextreme (12802/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend unterhält China ein illegales „Polizeizentrum“ in Österreich? (12803/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Autonomie Südtirols schützen (12804/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend einen Polizeieinsatz am 14.10.2022 in Wien Mariahilf (12805/J)

Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Folgeanfrage zu 10214/J: Wem gehört das Gas in den österreichischen Erdgasspeichern? (12806/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Intervention betreffend Steuerprüfungen der Dr. Erwin Pröll Stiftung (12807/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der ehemaligen Hauptstelle der AUVA in der Adalbert-Stifter-Straße Nr. 65-67 (12808/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Werbeeinschaltungen des Bundesministe­riums für Landesverteidigung in den Medien des Bauernbundes (12809/J)


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Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Werbeeinschaltungen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirt­schaft, Regionen und Wasserwirtschaft in den Medien des Bauern­bundes (12810/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend einer möglichen Privatisierung des Weißen Hofes der AUVA (12811/J)

Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend einer Projektförderung zur Erzeugung von Düngemitteln, Melamin und technischem Stickstoff mittels grünen Wasserstoffes durch das Bundesministerium für Klimaschutz (12812/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Vienna International School (12813/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend RTR Studien (12814/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Folgeanfrage zum ausständigen Klimaschutzgesetz (12815/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Um­setzung der Entschließung 2474/A(E) betreffend Grenzgänger und Unter­nehmen (Rechtssicherheit für Arbeit im Homeoffice) (12816/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsetzung der Entschließung 2474/A(E) betreffend


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Grenzgänger und Unternehmen (Rechtsicherheit für Arbeit im Homeoffice) (12817/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend Wer sichert Österreichs Gas-Versorgung? (12818/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Gibt es Paralelluni­versen in der österreichischen Medienpolitik? (12819/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend ICMPD (12820/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Linz (12821/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Graz-Jakomini (12822/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Wien Simmering (12823/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Innsbruck (12824/J)


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Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Wien Josefstadt (12825/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Wien Mittersteig (12826/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Gerasdorf (12827/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Ried (12828/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Krems (12829/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Hirtenberg (12830/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Garsten (12831/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Göllersdorf (12832/J)


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Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Korneuburg (12833/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Gene­raldirektion (12834/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Graz-Karlau (12835/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Asten (12836/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Eisenstadt (12837/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Klagenfurt (12838/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Feldkirch (12839/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Rottenstein (12840/J)


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Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Paulustorgasse (12841/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Münchendorf I (12842/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Simmering (12843/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Lankowitz (12844/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Oberfucha (12845/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Münchendorf II (12846/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Sonnberg (12847/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Wilhelmshöhe (12848/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Wiener Neustadt (12849/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Schwarz-grüner Scheinausbau der Energieberatung und zusätzliche Maß­nahmen gegen Energiearmut (12850/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Arbeitslosigkeit in Österreich 2017 bis 2022 (12851/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Gewerberechtliche Konsequenzen


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für Scheinfirmen und ihre gewerberechtlichen Geschäftsführer 2021 (12852/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Forscher ent­wickeln zu 80 % tödlichen Corona-Stamm im Labor (12853/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Delogierungen seit 1.4.2022 – Folgeanfrage zu 10001/AB (12854/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Risiko von selte­nem Blutgerinnsel bei AstraZeneca bestätigt (12855/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schwarz-grünes Scheinprojekt „Ausbau der Energieberatung und zusätzliche Maßnahmen gegen Energiearmut“ (12856/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wiener Sozial­märkte bald teurer (12857/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Geldsorgen in der Weltsparwoche (12858/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Arbeitsinspektionsüberprüfung bei Scheinfirmen 2022 (12859/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Vollzug des Verbraucherschutzkoope­rati­onsgesetz und der Verbraucherschutzkooperationsverordnung (12860/J)


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Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schwarz-grünes Scheinprojekt „Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen“ (12861/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schwarz-grünes Scheinprojekt „Erstanlaufstelle Zahlungsverzug“ (12862/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Vollzug des Verbraucherschutzkooperationsgesetz und der Verbraucher­schutzkoope­rationsverordnung (12863/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schwarz-grünes Scheinprojekt „Durchführung einer Haltbarkeitsanalyse und Einsatz für eine Anpassung der europäischen Regelungen betreffend die Verkaufsfrist von Eiern“ (12864/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Sicherstellung einer ausreichenden Anzahl an Lehr- und Ausbildungsplätzen. (12865/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung des Dachverbands der Schuldnerberatungen im Jahr 2023 (12866/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Sperre von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe 2020 bis 2022 – Folgeanfrage zu 172/AB (12867/J)


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Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Gemüseproduktion in den Gewächshäusern sicherstellen (12868/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Gemüseproduktion in den Gewächshäusern sicherstellen (12869/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ziel 1: Stärkung der Bildung der Verbraucher in der UG 21 Soziales und Konsumenten­schutz Budget 2023 (12870/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Tarifumstellung: VKI klagt Wien Energie (12871/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Hausdurch­suchun­gen bei Herstellern und Händlern von Pellets (12872/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Hausdurchsuchungen bei Herstellern und Händlern von Pellets (12873/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung der Internetombudsstelle im Jahr 2023 (12874/J)


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Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung der Schuldnerhilfe Oberösterreich im Jahr 2023 (12875/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: Einigung mit der KELAG zur Strompreisanpassung 2019 (12876/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Direktvergaben gemäß § 46 BVergG 2018 und Beauftragung von Subunternehmern – Folgeanfrage zu 10287/AB (12877/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-EDV weiterhin auf dem Prüfstand? – Folgeanfrage zu 4561/AB (12878/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Antifa-Angriff auf Polizeistation in Wien-Margareten – Folgeanfrage zu 10693/AB (12879/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Direktvergaben gemäß § 46 BVergG 2018 – Folgeanfrage zu 10284/AB (12880/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Weltspartag – VSV warnt vor Generali-Fehlkonstrukt (12881/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Sicherstellung der Besoldung der AMS-Beamten (12882/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Straßenblockaden sogenannter „Klima-Aktivisten“ (12883/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Marokkaner Szene in Innsbruck schlug wieder zu (12884/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 44

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ent­wicklung der psychischen Gesundheit während der COVID-19-Pandemie (12885/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pflegevertreter fordern mehr Geld für 24-Stunden-Betreuung (12886/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Offenlegung der Verträge mit COVID-Impfstoffherstellern – Folgeanfrage zu 10537/AB (12887/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Empfehlung von Pubertäts-Blockern (12888/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Emp­fehlung von Pubertäts-Blockern (12889/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona-Impfung für Babys ab sechs Monaten (12890/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Natio­naler Aktionsplan für mehr Therapiesicherheit (12891/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Auf­nahme der Medizinischen Assistenzberufe ins Gesundheitberufe-Register (12892/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 45

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Neuorganisation der Finanzverwaltung (12893/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Katastrophale Bedingungen in Welser Asyl-Wartezone (12894/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Post-Vacc-Flugchaos (12895/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Post-Vacc-Flugchaos (12896/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Initiative zur Verringerung des Methanausstoßes (12897/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Ablehnungen und Einstellungen von Asylverfahren (12898/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Flüchtlingsproblematik nimmt wieder zu (12899/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Steierische AMS-Struktur (12900/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 46

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Drei Welpen in Mistkübel „entsorgt“ (12901/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pädophiler Arzt in Klinik: Spitalsführung nach Prüfung wieder im Dienst (12902/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Auszahlung der Sonder-Familienbeihilfe (12903/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auszahlung der Sonder-Familienbeihilfe (12904/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Richtlinie des BMSGPK bezüglich der COVID-19-Impfungen für diesen Herbst (12905/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Rechnungshof ortet Überförderung und empfiehlt Auflösung der COFAG (12906/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Fahrnis-Exekutionen 2020, 2021 und 2022 – Folgeanfrage zu 9887/AB (12907/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bundesland Tirol: Jede sechste Person ist armutsgefährdet (12908/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Liegenschafts-Exekutionen 2020, 2021 und 2022 – Folge­anfrage zu 9887/AB (12909/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Bundeshaftung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 47

oder Landeshaftung in der Causa Ischgl 2020 – Stand des Verfahrens? (12910/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pensionsauszahlungen in die Türkei (12911/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pensionsauszahlungen nach Syrien (12912/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pensionsauszahlungen in den Libanon (12913/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Sozialversicherungsabgaben­rück­stände bei Scheinfirmen 2022 (12914/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Initiative zur Verringerung des Methanausstoßes (12915/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Inhalt­stoffe der Corona-Tests (12916/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Kampagne zu Affenpocken (12917/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bundespräsidentschaftswahl 2022: Verhinderte Beisitzer und vergessene Wahlkarten (12918/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 48

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Mögliche Leberschäden durch die mRNA-Injektionen (12919/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Scheinfirmen 2021 (12920/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Arbeitslosenversicherungsbeiträge bei Scheinfirmen 2022 (12921/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Erhöhung der Beschäftigungsquote älterer Personen und Verhinderung von frühzeitigem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben (12922/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Umsetzung der Vereinbarung gem. § 16 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz (AMPFG) betreffend Moda­litäten der Akontierung und Abrechnung der finanziellen Bedeckung von beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation. Sicherstellung termingerechter Abrechnung zwischen Arbeitsmarktservice und Pensionsversicherung. (12923/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung des „Verbraucherrats des Austrian Standards International – Standardisierung und Innovation“ im Jahr 2023 (12924/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 49

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI: HG Wien beurteilt Handy-Werbung von A1 als irreführend (12925/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verein für Konsumenteninformation – Kürzung des Budgets für 2023 um 500.000 Euro (12926/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Förderung des Vereins Schlichtung für Verbrauchergeschäfte im Jahr 2023 (12927/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend VKI-Preisvergleich: Lidl Österreich bei Preiseinstieg und Bio am günstigsten (12928/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Irreführende Werbung: VKI gewinnt Verfahren gegen Neuro Socks (12929/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Außenstelle Floridsdorf (12930/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Wien Favoriten (12931/J)


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Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Wels (12932/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Suben (12933/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Salzburg (12934/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Leoben (12935/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt St. Pölten (12936/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Stein (12937/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Überstunden und Inspektionsdienste in der Justizanstalt Schwarzau (12938/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Gewerberechtliche Konsequenzen für Scheinfirmen und ihre gewerberechtlichen Geschäftsführer 2020 (12939/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Delogierungen und Schuldnerberatung für die Konsumenten-Folgeanfrage zu 9965/AB (12940/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen für Scheinfirmen 2022 (12941/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 51

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Gewerberechtliche Konsequenzen für Scheinfirmen und ihre gewerberechtlichen Geschäftsführer 2022 (12942/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend AMS-Förderungen für Scheinfirmen 2021 (12943/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Gemüseproduktion in den Gewächs­häusern sicherstellen (12944/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pfizer will Preis für Corona-Impfstoff massiv erhöhen (12945/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schwarz-grüner Scheinausbau der Energieberatung und zusätzliche Maßnahmen gegen Energiearmut (12946/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Offenkundige Zahlungsunfähigkeit und Anzahl der Fälle seit dem 1. April 2022 – Folgeanfrage zu 9887/AB (12947/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Offenkundige Zahlungsunfähigkeit und bisherige Anzahl der Fälle – Folgeanfrage zu 9862/AB (12948/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesmi­nister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Wann verzichtet auch das


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 52

Arbeits- und Wirtschaftsministerium auf einen Generalsekretär? (12949/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Aufenthalte für Kuren, Reha und Erholung 2021 (12950/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umset­zungsstatus des Nationalen Aktionsplanes Behinderung 2012-2020/2021 (NAP Behinderung I) (12951/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Folgeanfrage: Überstunden und Planstellen von Lehrpersonal (12952/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Teil­zeitbeschäftigung von Lehrkräften (12953/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Selbstbedienungsladen Wirtschafts­kammer Steiermark: Covid-Hilfen als Fraktionsförderung? (12954/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Justiz betreffend VfGH-Einsicht in Strafakt Thomas Schmid (12955/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend fehlende Unterlagen über die Luegbrücke (12956/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend WKStA und ihre Gegner – was steckt dahinter? (12957/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 53

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Umsetzungsstand Konversionstherapien stoppen (12958/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Um­setzungsstand Konversionstherapien stoppen (12959/J)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Umsetzungsstand der Novellierungen des Freiwilligengesetzes (12960/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausschreitungen in Linz am 31.10 und 01.11.22 (12961/J)

Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Informationskampagne zur Prozessbegleitung (12962/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Todesfall in Ternberg (12963/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend unterhält China ein illegales „Polizeizentrum“ in Österreich? (12964/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Ausschreibung und Auftragsvergabe für Integrationsmaßnahmen für Ukrainer:innen (12965/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Gewalttätige Massenausschreitungen von Migranten in Linz (12966/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 54

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft betreffend finanzielle Unterstützungsleistungen im Bereich Pflege (12967/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend finanzielle Unterstützungsleistungen im Bereich Pflege (12968/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfahren gegen syrische Kriegsverbrecher in Österreich (12969/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Rekrutierungskampagne für die Polizei (12970/J)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Die Republik als Verlagshaus (12971/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend gewalttätige Ausschreitungen in Linz (12972/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend eine Störaktion rechtsextremer Aktivisten vor dem Innen­ministerium (12973/J)

Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend COVID-19-Wirtschaftshilfen für die „Thurner IMST e.U.“ (12974/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­des­minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verknüpfung Registerdaten (12975/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 55

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Verknüp­fung Registerdaten (12976/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Verknüpfung Registerdaten (12977/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Verknüpfung Registerdaten (12978/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien betreffend Verknüpfung Registerdaten (12979/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Arbeit und Wirtschaft betreffend Verknüpfung Register­daten (12980/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bun­desministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Verknüpfung Registerdaten (12981/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend Verknüpfung Registerdaten (12982/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­des­minister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Verknüpfung Registerdaten (12983/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend Verknüpfung Registerdaten (12984/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Justiz betreffend Verknüpfung Registerdaten (12985/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 56

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Finanzen betreffend Digitalisierung öffentlicher Verwaltung (12986/J)

Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bil­dung, Wissenschaft und Forschung betreffend Erste Hilfe an Schulen (12987/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Soldat in SS-Uniform (12988/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft betreffend Verknüpfung Registerdaten (12989/J)

*****

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Intervention betreffend Steuerprüfungen von ÖVP-Stiftungen (56/JPR)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Schwarz-grünes Scheinprojekt „Ausbau der Energieberatung und zusätzliche Maßnahmen gegen Energiearmut“ (12856/J) (Zu 12856/J)

Anfragebeantwortungen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 57

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (11776/AB zu 12080/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (11777/AB zu 12081/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (11778/AB zu 12082/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen (11779/AB zu 12083/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­mentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11780/AB zu 12096/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kon­su­mentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11781/AB zu 12104/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11782/AB zu 12097/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11783/AB zu 12123/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11784/AB zu 12098/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 58

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (11785/AB zu 12108/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (11786/AB zu 12111/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11787/AB zu 12102/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11788/AB zu 12089/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11789/AB zu 12086/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11790/AB zu 12090/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11791/AB zu 12100/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11792/AB zu 12105/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bun­deskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11793/AB zu 12106/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11794/AB zu 12094/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 59

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (11795/AB zu 12131/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11796/AB zu 12095/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11797/AB zu 12093/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11798/AB zu 12107/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (11799/AB zu 12109/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (11800/AB zu 12236/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11801/AB zu 12103/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11802/AB zu 12091/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (11803/AB zu 12087/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11804/AB zu 12101/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 60

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11805/AB zu 12120/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abge­ordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (11806/AB zu 12110/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abge­ord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11807/AB zu 12099/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11808/AB zu 12112/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11809/AB zu 12126/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kol­legen (11810/AB zu 12088/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (11811/AB zu 12114/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11812/AB zu 12117/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11813/AB zu 12118/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen (11814/AB zu 12129/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 61

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11815/AB zu 12124/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11816/AB zu 12122/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11817/AB zu 12119/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11818/AB zu 12127/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­ten­schutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11819/AB zu 12125/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11820/AB zu 12113/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (11821/AB zu 12115/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11822/AB zu 12128/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11823/AB zu 12117/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen (11824/AB zu 12116/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 62

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11825/AB zu 12121/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (11826/AB zu 12283/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (11827/AB zu 12272/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (11828/AB zu 12328/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (11829/AB zu 12391/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11830/AB zu 12149/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (11831/AB zu 12130/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu­men­tenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (11832/AB zu 12134/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 63

MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (11833/AB zu 12192/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­va­tion und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11834/AB zu 12426/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11835/AB zu 12232/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (11836/AB zu 12365/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Katharina Werner, Bakk., Kolleginnen und Kollegen (11837/AB zu 12189/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (11838/AB zu 12132/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11839/AB zu 12136/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11840/AB zu 12135/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen (11841/AB zu 12143/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 64

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­va­tion und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (11842/AB zu 12392/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (11843/AB zu 12388/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11844/AB zu 12390/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (11845/AB zu 12158/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Joachim Schnabel, Kolleginnen und Kollegen (11846/AB zu 12191/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (11847/AB zu 12414/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (11848/AB zu 12398/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11849/AB zu 12389/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (11850/AB zu 12137/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 65

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (11851/AB zu 12140/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen­ten­schutz auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kol­leginnen und Kollegen (11852/AB zu 12146/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (11853/AB zu 12138/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (11854/AB zu 12141/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innova­tion und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (11855/AB zu 12162/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­va­tion und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen (11856/AB zu 12298/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (11857/AB zu 12139/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Julia Seidl, Kolleginnen und Kollegen (11858/AB zu 12142/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innova­tion und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen (11859/AB zu 12350/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 66

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11860/AB zu 12151/J)

des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft auf die Anfrage der Abge­ordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11861/AB zu 12153/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten­schutz auf die Anfrage der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen (11862/AB zu 12174/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11863/AB zu 12152/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11864/AB zu 12154/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeord­ne­ten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11865/AB zu 12148/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeord­neten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (11866/AB zu 12160/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bun­deskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11867/AB zu 12144/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11868/AB zu 12145/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 67

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11869/AB zu 12156/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (11870/AB zu 12161/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (11871/AB zu 12159/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11872/AB zu 12150/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasser­wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11873/AB zu 12147/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (11874/AB zu 12157/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (11875/AB zu 12176/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (11876/AB zu 12179/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (11877/AB zu 12164/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (53/ABPR zu 53/JPR)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 68

09.05.30Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.31*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich darf Sie recht herzlich zur 183. Sitzung begrüßen, die damit eröffnet ist.

Ich darf den Herrn Bundeskanzler, den Herrn Vizekanzler und die Mitglieder der Bundesregierung herzlich willkommen heißen. Ich freue mich über den Besuch der Medienvertreter auf der Galerie und begrüße auch die Damen und Herren zu Hause, die unseren Debatten via Bildschirm folgen.

Die Amtlichen Protokolle der 181. und der 182. Sitzung vom 2. November sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und nicht beanstandet worden.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA, Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Eva Maria Holzleitner, BSc, Josef Muchitsch, Rainer Wimmer, Lukas Hammer und Michael Bernhard.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA wird durch Vizekanzler Mag. Werner Kogler vertreten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 69

Ich darf weiters bekannt geben, dass Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner durch Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner vertreten wird.

Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhand­lungs­gegenstände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung verweisen.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 12802/J bis 12989/J

Zurückziehung: 12856/J

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 56/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 11776/AB bis 11877/AB

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 53/ABPR

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das OeAD-Gesetz geändert wird (1788 d.B.)

Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 (1789 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 70

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative betreffend "Sofortiges Verbot zum Verkauf und zur Verwendung von pyrotechnischen Artikeln der Kategorie F2 zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt!" (50/BI)

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Beschaffungsplanung des Österreichischen Bundesheeres – Reihe BUND 2022/32 (III-783 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend AustriaTech – Gesellschaft des Bundes für technologiepolitische Maßnahmen GmbH; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2022/33 (III-793 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Erneuerbare-Wärme–Gesetz – EWG (1773 d.B.)

Strompreiskosten-Ausgleichsgesetz 2022, SAG 2022 (1774 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Gesundheitsausschuss:

Bericht nach § 3 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Errichtung des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds für das Kalenderjahr 2022 (Jänner bis August 2022), vorgelegt vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (III-795 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 71

Kulturausschuss:

Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler für Oktober 2022, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-798 d.B.)

Sportausschuss:

Sportbericht 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-799 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ÖBB-Rahmenplan 2023-2028 (III-794 d.B.)

*****

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich mitteilen, dass Frau Klubobfrau Dr.in Rendi-Wagner beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2896/A eine Frist bis zum 12. Dezember zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsord­nung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungs­antrag durchzuführen.

Diese kurze Debatte wird nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss der Debatte stattfinden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 72

*****

Ich darf mitteilen, dass der Zehnte Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an die Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

*****

Wie üblich überträgt ORF 2 am heutigen Sitzungstag bis 13 Uhr und ORF III bis 19.15 Uhr. Anschließend wird heute in der TVthek live übertragen. Auch die privaten Fernsehanstalten übertragen Teile unserer Debatte.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 9 sowie 10 und 11 der Tagesordnung zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidial­konferenz wurde Konsens über die Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung wurde für den heutigen Tag eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 185 Minuten, SPÖ 128 Minuten, FPÖ 105 Minuten, Grüne 95 Minuten sowie NEOS 76 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für den heutigen Tag von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, 38 Minuten. Sie ist pro Debatte auf 5 Minuten beschränkt.

Gleichzeitig werden wir auch über Mittwoch, den 16. November, abstimmen: Für Mittwoch wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart. Es ergeben sich folgende Redezeiten: 176 Minuten für die ÖVP, 122 Minuten für die SPÖ, 99 Minuten für die FPÖ, 90 Minuten für die Grünen sowie 72 Minuten für die NEOS.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 73

Die Redezeit für jene Abgeordneten, die keinem Klub angehören, beträgt 36 Minuten, pro Debatte gleichfalls 5 Minuten.

Für Donnerstag, den 17. November, wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart. Die Redezeiten ergeben sich wie folgt: ÖVP 156 Minuten, SPÖ 108 Minuten, FPÖ 88 Minuten, Grüne 80 Minuten, NEOS 64 Minuten.

Die Redezeit für die Sitzung am Donnerstag für jene Abgeordneten, die keinem Klub angehören, beträgt 32 Minuten, die Debattenredezeit 5 Minuten.

Die Mitglieder der Präsidialkonferenz haben für die Beratungen zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 Debattengliederungen vereinbart, die der Tagesordnung zu entnehmen sind.

Die vorgesehenen Untergliederungen werden am selben Tag jedenfalls zu Ende beraten; die Sitzung wird danach jeweils unterbrochen.

Entschließungsanträge können nur bei den jeweiligen Untergliederungen eingebracht werden.

Die Abstimmungen zu den Tagesordnungspunkten 10 und 11 finden ebenfalls am Donnerstag, den 17. November, statt.

Die Abstimmungen über allfällig eingebrachte Entschließungsanträge erfolgen jeweils nach der dritten Lesung in der Reihenfolge ihrer Einbringung.

Die Redezeitenregelung für Regierungsmitglieder gemäß § 57 Abs. 8 der Geschäftsordnung wird nicht in Anspruch genommen. Bei Überschreitung der 20 Minuten für jedes für die jeweiligen Beratungsgruppen ressortzuständige Regierungsmitglied beziehungsweise bei Überschreitung der 10 Minuten für jede beziehungsweise jeden für die jeweiligen Beratungsgruppen ressort­zuständige Staatssekretärin oder ressortzuständigen Staatssekretär wird die überzogene Redezeit jeweils auf die Redezeit der entsprechenden Regie­rungsfraktion angerechnet.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 74

Die Redezeit untergliederungsfremder Regierungsmitglieder beziehungsweise Staatssekretär:innen wird jedenfalls auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet. Ausgenommen davon sind die Redezeit des Kanzlers und die des Vizekanzlers bei der zum Budgetbegleitgesetz abge­haltenen Generaldebatte, sofern diese jeweils die Dauer von 20 Minuten nicht überschreitet.

Wir kommen gleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.

Wer mit dem Vorschlag einverstanden ist, den bitte ich um ein dement­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.

Wir gehen somit in die Tagesordnung ein.

09.11.031. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1744 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopolgesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsiche­rungs­gesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMU-Förderungsgesetz, das Pfle­geausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steier­mark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommunalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder


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für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschafts­gesetzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023) (1776 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird (1777 d.B.)

3. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (1778 d.B.)

4. Punkt

Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird (1779 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1745 d.B.): Bun­desgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (1780 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1770 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie genehmigt wird (1781 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 2839/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 76

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungs­förderungs­gesetz geändert wird (1782 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 2840/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird (1783 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 2892/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert werden (1784 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Rendi-Wagner. – Bitte sehr, Frau Klubobfrau, bei Ihnen steht das Wort.


9.11.31

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, Vizekanzler! Sehr geehrte Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Es sind fast fünf Wochen vergangen, seitdem wir das letzte Mal in diesem Hohen Haus über das Budget diskutiert haben (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja nicht, dazwischen war ja der Ausschuss! Wir haben ja Ausschüsse gehabt! – Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller) – fünf Wochen, in denen sich dieses Parlament sehr intensiv in ganz vielen Ausschüssen mit Ihren Bud­getplänen befasst hat, sie diskutiert hat. Allein in diesen fünf Wochen sehen wir


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aber vor allem auch eines: Wir sehen, dass keine Ihrer Antiteuerungsmaßnahmen gegen diese Teuerung greifen. (Abg. Pfurtscheller: Also!) Wir sehen, dass die Preise alleine in dieser Zeit weiter gestiegen sind. Wir sehen, dass die Inflation in Österreich weit vor anderen Ländern weiter steigt. Wir sehen, dass der Klima­bonus, den Sie quasi mit einer Gießkanne über diesem Land verteilt haben, schon längst ausgegeben wurde. Wir sehen vor allem auch Menschen, die jetzt schon in ihren kalten Wohnungen sitzen – nicht, weil sie nicht heizen können, sondern weil sie Angst vor der nächsten Gasrechnung, die im Winter oder spätestens im Jänner oder Februar per Post kommt, haben. Wir sehen, dass die Energiekosten für die heimische Wirtschaft bald zwei- bis dreimal so hoch sein werden wie jene Kosten für die Wirtschaft in Deutschland. Das ist ein Riesen­problem, rein wirtschaftlich, wie Sie hoffentlich wissen.

All das sehen wir, obwohl Sie, meine Damen und Herren der Bundesregierung, viele, viele Milliarden ausgegeben haben – Milliarden, die in den letzten Wochen und Monaten keinen einzigen Preis in diesem Land gesenkt haben, weil: Geld alleine löst einfach keine Krisen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das glauben die Roten selber nicht!)

Was es hingegen wirklich braucht, sind nachhaltige, kluge und wirksame Maß­nahmen, damit die Preise in diesem Land endlich zu sinken beginnen. Kurz­fristig – weil es rasch Hilfe braucht – braucht es vor allem angesichts der explo­dierenden Energiepreise und des bevorstehenden harten Winters – so wie gerade letzte Woche für Deutschland im Bundestag beschlossen – endlich einen Gaspreisdeckel für Österreich, sehr geehrte Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.) Es braucht einen Gaspreisdeckel, um endlich schnell die Preise zu senken, um soziale Verwerfungen, die drohen, wenn das nicht passiert, zu verhindern, um zu verhindern, dass aus einer Energiekrise eine soziale Krise in Österreich wird, und auch um zu verhindern, dass es in Österreich Deindustrialisierung gibt, wenn die Industrie nicht mehr mithalten kann und nicht mehr wettbewerbsfähig ist. (Abg. Belakowitsch: ... Sanktionen!)


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Ich frage mich schon – und das fragen sich schon viele seit Monaten –: Worauf warten Sie eigentlich noch? Bis ein Gaspreisdeckel allerdings wirkt – das wissen auch die Deutschen –, dauert es ein paar Wochen, meist zwei bis drei Monate. Daher braucht es zusätzlich als Überbrückung für diesen Winter, analog zum deutschen Modell – und die werden sich doch etwas dabei überlegt haben –, eine sofortige Hilfe für die Haushalte, für die Unternehmen im Dezember, damit die Gasrechnung im Dezember – und das ist machbar – für Haushalte und Unternehmen komplett erlassen wird. Das ist machbar, das wäre wirksam und das ist auch rasch machbar. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist der kurzfristige Aspekt. Kommen wir aber zu den notwendigen mittel- und langfristigen Maßnahmen in der Energiefrage! Auch diese langfristigen und mittelfristigen Investitionen sollten – sollten! – ja eigentlich in einem Budget bereits ablesbar sein, denn es geht ja unter anderem um Investitionen für die Zukunft. Wenn wir seit Monaten alle sehr schmerzhaft unsere große Abhängig­keit von fossiler Energie feststellen (Abg. Maurer: Na, wo ist denn die herge­kom­men?!), mit den damit verbundenen exorbitanten Energiepreisen, ja, dann braucht es natürlich einen Plan. Dann braucht es einen Plan, wie man in Zukunft mehr Unabhängigkeit für Österreich, mehr Versorgungssicherheit, mehr Leist­barkeit durch erneuerbarer Energie schafft. Das wäre das Ziel.

Dazu braucht es natürlich einen Plan. Ja, genau das wäre die zentrale Aufgabe für die Politik und für eine Regierung der nächsten Jahre. Der Staat muss in dieser wichtigen Frage nämlich nicht nur Taktgeber sein, er muss Impulsgeber, er muss der Motor einer solchen wirklich zukunftsorientierten Strategie sein. Lese ich das in Ihrem Budget, Herr Bundesminister? – Nein, das lese ich leider so nicht heraus. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Brunner: Dann müssen Sie es besser lesen, noch einmal lesen! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)  Wir haben Ihr Budget sehr gut gelesen und deswegen kommen wir auch zu diesem Schluss. Da ist leider so gut wie nichts dazu herauszulesen, und wenn Sie jetzt – und Sie werden das im Anschluss machen – von ein paar Hundert Millionen sprechen, die Sie im Bereich Transformation investieren, dann kann ich nur sagen: Ja, das ist viel Geld, da


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haben Sie recht, aber die Energiewende in unserem Land werden Sie damit alleine nicht schaffen, vor allem wenn Sie keinen Plan haben, wie Sie das umsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist immer wieder dasselbe Muster und es ist auch hier dasselbe Muster: Wenn es um diese wesentliche Zukunftsinvestition in Transformation geht, wird planlos Geld rausgeworfen. Es wird planlos Geld rausgeworfen, damit Sie dann sagen können: Wir machen eh a bissl was. (Abg. Maurer: A bissl was - -!) Sie erzählen uns von Milliarden und Millionen, die Sie ausgeben, aber wenn man genauer hinsieht, dann muss man ja vor dem, was Sie eh a bissl machen, fast Angst haben, sehr geehrte Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum muss man Angst haben? – Weil die wenigsten Ihrer Ausgaben nachhaltig sind, die wenigsten wirksam sind, die wenigsten durchdacht sind. Eines ist aber ein großes Problem: Es gibt erstens keinen Plan und es kostet zweitens viel Steuergeld, das Sie hier nicht durchdacht rauswerfen.

Dieses Budget ist eigentlich nichts anderes als ein Eingeständnis, dass Sie, meine Damen und Herren der ÖVP und der Grünen, keinen gemeinsamen Plan für die Zukunft unseres Landes haben. (Beifall bei der SPÖ.) Das liest sich aus Ihrem Budget heraus und das überrascht nicht, weil Sie nämlich eines wissen: Ihre Regierung ist schon heute Geschichte. (Beifall bei der SPÖ.)

Fast drei Viertel – und da sind wir nicht allein – der österreichischen Bevölke­rung – und das zieht sich jetzt über Monate – vertrauen Ihnen nicht mehr. (Abg. Ottenschläger: Aber es gibt schon noch Mehrheiten in diesem Haus!) Sie vertrauen Ihnen als Bundesregierung nicht mehr, sie trauen Ihnen nichts mehr zu (Abg. Michael Hammer: Aber Ihnen auch nicht! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) und deswegen kann ich nur noch einmal sagen: Machen Sie den Weg endlich frei für eine handlungsfähige, starke Bundesregierung (Abg. Michael Hammer: Da sind Sie aber nicht dabei!), die fähig ist, die Zukunftsaufgaben dieses Landes nachhaltig zu bewältigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Das ist ein Rücktritts­angebot!)


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Ich möchte zum Schluss kommen und ich möchte zum Abschluss noch einmal auf einen wesentlichen Punkt zu sprechen kommen: Für die Energiewende braucht es unter anderem eine sehr gute, eine enge, eine vertrauensvolle Koope­ration mit der Industrie, mit der Wirtschaft, aber nicht nur, denn es braucht vor allem auch eine Zusammenarbeit mit der heimischen Forschung und der Wissenschaft. Wir haben exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserem Land, und einer von ihnen wurde kürzlich mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Darauf können wir wirklich alle sehr stolz sein. Nur, sehr geehrte Bundesregierung (Abg. Michael Hammer: Wie lange dauert die Langweilerei noch?!): Nobelpreisträgern zu gratulieren alleine reicht nicht, denn Forschung und Entwicklung kosten Geld.

Und auch da muss der Staat vorangehen, auch da muss der Staat der Motor sein, Forschung ermöglichen und Forschung fördern, den Weg ebnen. Aber was machen Sie? – Sie stellen gerade einmal die Hälfte der zusätzlich notwendigen Mittel für die Forschung, für die Wissenschaft und die Universitäten zur Ver­fügung. Sehr geehrte Bundesregierung, das ist fahrlässig! (Beifall bei der SPÖ.) Sie vergehen sich an der Zukunft des Forschungs- und Industriestandortes Österreich.

Das Einzige, das Sie als Bundesregierung für die Zukunft dieses Landes wirklich hinterlassen, ist ein riesiger Schuldenberg. Den hinterlassen Sie wahrhaftig und den werden Generationen in unserem Land in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch bezahlen müssen. Wofür? – Für nichts: Schulden ohne Nutzen und Wirksamkeit – für nichts! Und wenn ein Budget die in Zahlen gegossene Politik ist, dann kann man über Ihre Politik einfach nur sagen: planlos, hilflos und auch sinnlos, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren der ÖVP und der Grünen, falls Sie es selbst noch nicht wissen, sage ich es Ihnen gerne: Ihre Regierung ist am Ende. (Beifall bei der SPÖ.)

9.21



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Wöginger. – Bitte.


9.21.25

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe eigentlich gehofft, dass eine Budgetdebatte ein bisschen mehr Fakten mit sich bringt, aber nachdem Frau Kollegin Rendi-Wagner hier das Eröffnungsstatement gehalten hat, kann man nur sagen: Frau Kollegin, das, was Sie da jetzt abgeliefert haben, das ist planlos, das ist hilflos und das ist völlig faktenbefreit, weil das in keiner Weise stimmt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sie schaffen es sogar, dass Sie sich in einer Rede widersprechen, wie Sie das die ganze Zeit tun. Sie sagen zuerst, zu wenig wird ausgegeben, man muss mehr ausgeben, aber halt anders, und am Schluss werfen Sie uns Schuldenpolitik vor. Das ist so ähnlich wie bei der Asylfrage, wo Sie im August gesagt haben, wir haben kein Problem bei Asyl und Migration (Zwischenruf des Abg. Matznetter), und die Nummer zwei der Roten hat in Kindberg gegen die Flüchtlinge demons­triert. Das ist die SPÖ, meine Damen und Herren: Hü und hott! Man kennt sich nicht aus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich verstehe das aber auch, weil das Problem, das Sie haben, ist das, dass diese Bundesregierung die Menschen seit drei Jahren unterstützt. (Abg. Matznetter: Sie haben ein Problem!) Sei es bei der Pandemie (Abg. Belakowitsch: Kinder wegsper­ren!), sei es bei der Teuerung, der hohen Inflation, auch bei der Energiesituation: Die Menschen werden unterstützt – nicht nur die Menschen, auch die Betriebe, die Wirtschaft bis hin zur Landwirtschaft. Wir unterstützen die Österreiche­rinnen und Österreicher und begleiten sie bestmöglich in dieser herausfordern­den Zeit. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Und was tun Sie? – Sie kritisieren. Wissen Sie, was, Frau Kollegin Rendi-Wagner, und die Blauen nehmen wir gleich dazu: Verlassen Sie Ihre Schaukelstuhlpolitik und stimmen Sie endlich einmal bei einem zukunftsorientierten Budget wie dem,


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das der Finanzminister vorgelegt hat, mit! Das sollten Sie eigentlich einmal tun. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich nehme drei Aspekte heraus. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) – Matznetter, du schreist schon 15 Jahre in diesem Haus herum. Es ist aber nichts dadurch besser geworden, dass du hier herumschreist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.) Du warst selber Staatssekretär, erinnere dich an deine Zeit: Nichts hast du weitergebracht!

Drei Aspekte möchte ich herausgreifen: Das sind die soziale Sicherheit, die wirt­schaftliche Sicherheit und die militärische Sicherheit. Sie sind in diesem Budget abgebildet, einem Budget, das knapp 100 Milliarden Euro Einnahmen und 115 Milliarden Euro Ausgaben vorsieht. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Warum sind es mehr Ausgaben? – Weil wir uns in einer schwierigen Situ­ation befinden und der Staat in diese Krisensituation auch hineininvestieren muss.

Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie haben das Budget nicht gelesen. Das haben Sie gerade bewiesen, wenn Sie von einigen 100 Millionen Euro bei dem großen Transformationsfonds reden, der mithelfen soll, raus aus russischem Gas zu kommen und die Wirtschaft zu unterstützen. Ich sage Ihnen, da sind 4,9 Milliar­den Euro abgebildet. Das sind 4 900 Millionen Euro. Gehen Sie also vielleicht zu Kollegen Krainer und lassen Sie sich den Faktor ausrechnen! Das sind nicht einige 100 Millionen Euro, das sind 4,9 Milliarden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wo bitte ist die Sozialdemokratie geblieben, wenn es um die soziale Sicherheit dieses Landes geht? Wir haben 1,7 Milliarden Euro für die Pflege abgebildet: ein großes Pflegepaket – danke, dass wir das auch in dieser Bundesregierung zusammengebracht haben – für das Personal im Bereich der Pflege, für die Men­schen, die sich ausbilden lassen, Stichwort Ausbildungsbonus, Pflegekräfte­stipendium et cetera. Das sind die richtigen Antworten für die Zukunft, die wir


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hier geben! Und wir setzen die Entlastung für die Menschen fort: Die Steuer­stufen werden weiter abgesenkt, von 42 auf 40 Prozent; die Absenkung von 35 auf 30 Prozent und von 25 auf 20 Prozent ist bereits erledigt.

Was tun wir noch? – Wir schaffen die kalte Progression ab. Das ist zwar ein Unwort, aber die Abschaffung bedeutet, dass diese schleichende Steuer­erhöhung bei den Gehaltsanpassungen nicht mehr stattfindet. Sie findet nicht mehr statt! Vier Jahrzehnte wurde diskutiert, diese Bundesregierung und wir hier im Parlament schaffen das ab, und das ist im Budget abgebildet, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir valorisieren auch die Familien- und die Sozialleistungen, zum Beispiel Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld ab 1. Jänner 2023. Wir unterstützen natürlich auch die Betriebe, die Wirtschaft und die Landwirtschaft mit eigenen Paketen, mit einem Energiekostenzuschuss für die Unternehmerinnen und Unternehmer, weil die Energiepreise derartige Höhen haben, dass wir unterstützend eingreifen müssen – und das tun wir auch. Wir haben auch zwei Pakete für unsere Landwirtschaft abgesegnet, der wir dankbar sind, weil wir durch sie hochqualitative Lebensmittel tagtäglich auf unseren Tischen haben. Das gehört auch in der Budgetdebatte einmal gesagt. Diese hohe Qualität, die wir hier in Österreich in diesem Bereich haben, ist keine Selbstverständlichkeit. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Heute ändern wir noch das Kommunalinvestitionsgesetz ab, denn es sind die Kommunen, es sind die Gemeinden und die Städte, die die regionale Wirtschaft am stärksten unterstützen. Und wir haben ein Paket mit 1 Milliarde Euro auch im Bereich dieser - - (Abg. Meinl-Reisinger: Das sind die Unternehmen, die die regionale Wirtschaft am stärksten unterstützen!) – Ja, von der Gemeindepolitik haben die NEOS keine Ahnung, ist eh klar, in Wien habt ihr nichts zu reden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Das ist also logisch, dass ihr euch da nicht auskennt. (Abg. Loacker: Unglaublich arrogant!) Jeder Bürgermeis­ter, jede Bürgermeisterin unterstützt die regionale Wirtschaft, denn in den Gemeinden wird saniert, wird gebaut, aber das ist den NEOS fremd, weil Sie ja in


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den Gemeinden Gott sei Dank wenig vertreten sind. Das ist die Antwort, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Loacker: Diese ÖVP-Überheblichkeit ...! – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.)

Letzter Punkt ist die militärische Sicherheit: Plus 5,3 Milliarden Euro sind in einem großen Landesverteidigungsfonds abgebildet, weil es auch um die Sicherheit nach außen und nach innen geht. Es werden auch 1,7 Milliarden Euro zusätzlich für die Polizei bereitgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Regierung arbeitet für die Menschen in diesem Land. Was macht die Opposition? – Viel Kritik, aber eigentlich wenige brauchbare Vorschläge. Ich sage das noch einmal, Frau Kollegin Rendi-Wagner, und das geht auch in Richtung FPÖ – die NEOS sind ja ab und zu bereit, auch Dinge mitzutragen, von denen sie der Meinung sind, das ist gut und richtig; da muss man die NEOS herausnehmen (Abg. Kickl: Das sind die, die keine Ahnung haben! Das hast du ja gerade gesagt!) –, also vor allem an Rot und Blau gerichtet: Verlassen Sie Ihre Schaukelstuhlpolitik und stimmen Sie diesem Budget zu! Es ist gut für die Menschen und für das Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kassegger: Das war jetzt aber wirklich faktenbasiert!)

9.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kickl, der Klubobmann der FPÖ. – Bitte.


9.28.12

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Liebe Österreicher! Liebe leidgeprüfte Steuerzahler! Ich muss aus aktuellem Anlass und auch aufgrund seines jetzigen Redebeitrags mit dem Klubobmann Wöginger beginnen, weil er sich hier über Asylwidersprüchlichkeiten anderer Parteien aufgeregt hat.


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Also du hast es gerade notwendig, lieber August! Ich bin ja wirklich überrascht, das muss ich dazusagen, ich bin wirklich überrascht, dass du heute überhaupt eine Redeerlaubnis von deiner Fraktion hier bei dieser Debatte bekommen hast, dass du überhaupt einen Slot gezogen hast nach dem Putzer und nach der Kopfwäsche, die du vor ein paar Tagen von der ebenfalls hier anwesenden Frau Verfassungsministerin Edtstadler kassiert hast. Die hat dich dafür, dass du es gewagt hast, lieber August, an der Menschenrechtskonvention nur zart anzu­strei­fen, noch einen Kopf kürzer gemacht. Und dann redest du von Wider­sprüchen.

Meine Damen und Herren, jetzt sage ich einmal eines dazu: Die Frau Verfas­sungsministerin – herzlich willkommen übrigens am Jahrestag der Einführung des Lockdowns für Ungeimpfte in diesem Land! – war diejenige Verfas­sungs­ministerin, die die Ungeimpften in diesem Land zu Menschen zweiter Klasse degradiert hat. Das war genau diese Dame. Ja, sie war es nicht alleine, Sie vonseiten der Grünen waren auch dabei. Keine Angst, Ihnen gebührt auch die „Anerkennung“ – unter Anführungszeichen – in diese Richtung. Das war doch diejenige Dame, die alle, die nicht voll immunisiert gewesen sind, de facto zu Illegalen im eigenen Land erklärt hat, die gesagt hat, eigentlich haben die gar kein Aufenthaltsrecht – die Österreicher! – im eigenen Land und die sollten auch ihre Arbeitsplätze verlieren. (Abg. Steinacker: Das hat sie ja nie gesagt! So ein Blödsinn! Das hat sie nie gesagt!)

Das ist die Eislady, die dich jetzt einen Kopf kürzer gemacht hat, lieber Kollege Wöginger. (Ruf bei der ÖVP: Frau Bundesministerin!) Das ist die Verfassungs­ministerin der Republik Österreich, und – jetzt kommt’s – heute macht sich diese Dame Sorgen über die Menschenrechte, die in dieser Menschenrechts­konven­tion aufgeführt werden, über die Grund- und Freiheitsrechte, die sie im eigenen Land beschnitten hat. Sie macht sich Sorgen über die Grund- und Freiheitsrechte von Hunderttausenden Illegalen, die ins Land kommen – alle miteinander nicht voll immunisiert. – Das kannst du ja alles nicht erfinden! (Beifall bei der FPÖ.)


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Bei Kollegen Wöginger kenne ich mich auch nicht aus! Jetzt musst du dich dann irgendwann einmal entscheiden: Jetzt stellst du die Menschenrechtskon­vention infrage und willst das Ganze weiterentwickeln; es ist noch nicht so lange her, da bist du hier an diesem Rednerpult gestanden und hast in meine Richtung Folgendes gesagt – ich darf zitieren –: „Was uns“ – also dich und mich – „trennt, Herr Kollege Kickl, das ist, dass wir“ – also die Österreichische Volks­partei – „die Menschenrechtskonvention anerkennen“. Also hört, hört! Was jetzt? Das ist das Problem der Österreichischen Volkspartei: null Glaub­würdig­keit. Sie nehmen sich ja selbst nicht mehr ernst, also wundern Sie sich nicht, dass die Bevölkerung Sie nicht ernst nimmt! – So. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was wir zum Budget gehört haben – jetzt von Ihnen und auch schon bei der ersten Lesung vom Finanzminister und in der ganzen Zeit dazwischen –, ist die übliche Mischung aus Selbstbeweihräucherung, möchte ich sagen, und schon Autosuggestion, die wir kennen. Das hat schon autosuggestive Züge, was die ÖVP hier aufführt, so frei nach dem Motto: Na ja, die beste und die verantwor­tungs­bewussteste Regierung aller Zeiten, die legt das beste aller möglichen Budgets vor.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, ich muss Ihnen eines sagen: Sie leiden schon unter einem chronischen Realitätsverlust. Das hat schon pathologische Züge, möchte ich sagen, es ist nämlich genau umgekehrt! Es ist genau umgekehrt: So mies und so unehrlich, wie es jetzt ist, ist es überhaupt noch nie gewesen, so mies und so unehrlich, wie es unter Ihnen zugeht. Das gilt auch für das Budget, zumindest in den Teilen, bei denen Sie selbst am Werk gewesen sind: Ich rede vom Coronawahnsinn, ich rede von der Teuerungslawine, die ja von Ihnen mit Ihrem neuen Ökokommunismus vermanscht wird, bei dem Sie sich als angebliche Wirtschaftspartei von den Grünen am Nasenring durch die Republik ziehen lassen, und ich rede von den Kosten der Völkerwanderung. Ich werde dann gleich darauf eingehen.

Die Abschaffung der kalten Progression und die Senkung der Steuerstufen, ja, bitte schön, das ist ja etwas, bei dem die Regierung auf freiheitliche Vorarbeiten


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und auf freiheitliche Vorschläge zurückgreift. (Heiterkeit der Abgeordneten Wöginger und Zarits.) Bei der Autorenschaft der Senkung der Steuerstufen steht riesengroß Hubert Fuchs drauf. Ihr Beitrag zur Steuerreform ist nur dieses ökokommunistische Herumgemurkse mit neuen Belastungen, das ist ja Ihre Eigenproduktion. Sie sollten öfters auf die Vorschläge der Freiheitlichen Partei hören, Sie sollten auch öfters die Dinge umsetzen, die wir Ihnen anbieten, dann hätten Sie der eigenen Bevölkerung in der Vergangenheit viel Leid und viel Not erspart, dann hätten Sie nicht sinnlos Milliarden hinausgeschmissen und dann müssten wir nicht jetzt 25 Milliarden Euro neue Schulden machen – 25 000 Mil­lionen Euro, lieber August Wöginger, damit auch du es in der Dimen­sion verstehst. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Wöginger und Schwarz.)

Ich kenne schon die Argumentation, die dann kommen wird, auch vom Finanz­minister: Ja, es bleibt uns ja gar nichts anderes übrig! Was sollen wir denn tun? Es sind die äußeren Umstände, es ist alles so schwierig, eine Krise jagt die nächste. Uns sind ja de facto die Hände gebunden, wir sind ja nur ein Spielball von Dingen, die sich international um uns herum abspielen, und deshalb müssen wir Geld in die Hand nehmen, um da gegenzusteuern, und deshalb schaut das Budget so aus, wie es ausschaut. – Ich sage Ihnen eines dazu: Einem Fakten­check hält diese Argumentation nicht stand. (Beifall bei der FPÖ.)

Und jetzt sind wir bei Corona. Corona, das ist ein Paradebeispiel für Ihre falsche Politik und für Ihre unehrliche Argumentation. Bei den Coronamaßnahmen sieht man ganz genau, wie fatal auch im Bereich der budgetären Auswirkungen Ihre falsche Politik ist – und das ist Ihre falsche Politik, denn das haben Sie gemacht, und niemand hat Sie dazu gezwungen, die Dinge so umzusetzen, wie Sie es getan haben.

Die SPÖ war natürlich mit dabei. Heute regt sie sich über Schulden auf – im Normalfall vertreten Sie eine Ideologie, das muss man dazusagen, bei der es ja geradezu ein Qualitätsnachweis für politisches Handeln ist, wenn man Schulden macht und immer neue Schulden macht. Das ist eigentlich der Kern Ihrer


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Ideologie; heute hat es ein bisschen anders geklungen. (Abg. Krainer: Die Freiheitlichen in Kärnten haben so gehandelt, aber nur die!)

Jedenfalls ist es so, dass diese Coronapolitik, diese sinnlose, diese men­schen­verachtende, diese verantwortungslose und diese nebenher epidemiologisch kontraproduktive und wirkungslose Coronapolitik die österreichische Bevöl­kerung 46,5 Milliarden Euro gekostet hat. 46,5 Milliarden Euro! Das ist eine gigantische Summe, die einzig und allein auf das Kerbholz dieser Regierung geht, und das ist ein maßgeblicher Beitrag zu dieser Negativentwicklung, in der sich das Land befindet und bei der auf Kosten der kommenden Generationen immer neue Schulden gemacht werden müssen.

Dieses Geld – 46,5 Milliarden Euro! – ist zum Großteil verbrannt worden, von Ihnen sinnlos verbrannt, es ist beim Coronafenster hinausgeschmissen worden – wider besseres Wissen, sage ich dazu, weil Sie zu einer Zeit, als international längst klar gewesen ist, dass die Maßnahmen, auf die Sie setzen, nicht nur wirkungslos, sondern kontraproduktiv sind, das Spiel des Spaltens der Gesell­schaft und Ihre totalitären Anwandlungen noch auf die Spitze getrieben haben.

So viele Lockdowns wie in Österreich hat es ja nirgendwo gegeben, mit dem Gipfel des Lockdowns für Ungeimpfte – das ist ja unglaublich! –, oder wollen Sie sich jetzt an chinesischen Maßstäben messen? (Abg. Wöginger: Wer hat denn den ersten Lockdown gefordert?) Wollen Sie sich an chinesischen Maßstäben messen? (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben das immer kritisiert. Wir haben Sie darauf hingewiesen, dass das nicht alternativlos ist (Abg. Wöginger: Ja, ja!), so wie Sie es behauptet haben, dass es andere Länder gibt und dass die internationalen Studien Ihnen und Ihren Ausfüh­rungen widersprechen. Sie haben uns dafür kritisiert, Sie haben gesagt, wir hätten „Blut an den Händen“, Sie haben gesagt, wir sind verantwortungslos. Die Wahrheit ist für Sie eine brutale: Wir hatten recht und Sie haben unrecht. (Beifall bei der FPÖ.)


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Sie hätten auf die Freiheitliche Partei hören sollen, anstatt uns zu beschimpfen, das hätte der österreichischen Bevölkerung Milliarden gespart – Milliarden, die wir jetzt im Bildungssystem bräuchten, die wir für die Pflege bräuchten und die wir in anderen Bereichen im Gesundheitsbereich bräuchten, wo Sie mit Ihrem Scheuklappenblick ja nur Corona und das Virus im Auge hatten.

Und jetzt frage ich Sie: Wer übernimmt denn die politische Verantwortung dafür? Sie, Herr Bundeskanzler? Sie, Herr Finanzminister? Wer übernimmt die Verantwortung für diese 46,5 Milliarden Euro, die da beim Fenster hinausge­schmissen worden sind? Wer übernimmt die Verantwortung dafür, dass Sie die Bevölkerung um das Geld der Steuerzahler über die Wirksamkeit der Corona­impfung in beide Richtungen belogen haben, sowohl was die Effizienz als auch was die Nebenwirkungen betrifft? Wer übernimmt die Verantwortung dafür, dass Sie daraus die Impfpflicht abgeleitet haben? Und wer übernimmt die Verantwortung dafür, dass Sie genau aus dieser Argumentation heraus die Gesellschaft gespalten haben und den Begriff einer „Pandemie der Umgeimpf­ten“ – die ultimative Spaltung, eigentlich eine Kriegserklärung an Teile der eigenen Bevölkerung – in die Welt gesetzt haben? (Beifall bei der FPÖ.)

Wer übernimmt die Verantwortung jetzt, da im Europäischen Parlament die Managerin von Pfizer gestanden hat, dass dieses Unternehmen zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Tests dahin gehend unternommen hat, ob diese Impfung irgendeine Ansteckung verhindern kann? Das war aber doch das, was Sie mona­telang den Menschen einzutrichtern versucht haben, ja verdammt noch ein­mal! Da sehen wir die Arbeitsteilung in der Pandemie: Die einen  lügen wie gedruckt – das war der Beitrag der Regierung und aller, die sie unterstützen – und die anderen drucken das Gelogene – das war der Beitrag der sogenann­ten etablierten Medien, und ich vermisse bis heute eine Entschuldigung. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt frage ich mich: Wo ist die viel gepriesene politische Verantwortung, wo ist sie? Wer übernimmt die Verantwortung für die Impfstoffbeschaffung, für diese Impfkampagnen – Impfpropaganda muss man das eigentlich nennen –, für all


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das, was damit in Zusammenhang steht – und ich abstrahiere von dem Faktum, dass Österreich trauriger Testweltmeister ist und so weiter und so weiter? – Niemand von Ihnen übernimmt die Verantwortung. (Abg. Bürstmayr: ... Budgetdebatte!)

Im Gegenteil: Sie machen weiter wie bisher, und das zeigt ein Blick auf das Budget 2023, wo sich schon wieder 1,2 Milliarden Euro unter Corona­maßnahmen verbucht finden. – 1,2 Milliarden Euro! Das Spiel geht weiter, statt dass Sie damit aufhören, und wieder hauen Sie 300 Millionen Euro für die Impfstoffbeschaffung hinaus – 300 Millionen Euro! –, obwohl Sie immer noch auf 20 Millionen alten Impfdosen sitzen. Ich weiß nicht, was Sie mit dem Impfstoff in diesen Mengen machen wollen. Wenn Sie es verschenken, nimmt es Ihnen ja niemand mehr ab! In Summe hat das schon 850 Millionen Euro gekostet. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Nur zum Vergleich, meine Damen und Herren: Das gesamte Gesundheitsbudget in den Spitälern ist dem Bund gerade einmal 900 Millionen Euro wert – für alle anderen Bereiche. Dann sehen Sie, warum es in den Spitälern keinen Spielraum gibt, dann sehen Sie, warum Ihnen die Leute dort in Scharen davonlaufen, und dann sehen Sie, warum es auch keine vernünftige Versorgung mehr im nieder­ge­lassenen Bereich gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Gigantis­che Kosten – das ist der Punkt zwei – verursacht auch der Problem­bereich der Teuerung. Da ergibt sich ein ganz ähnliches Bild. Auch da können Sie sich nicht darauf ausreden, dass das alles von außen her – von Russland, aus dem Osten – über uns hereinbricht, denn das, was Sie budgetär zu verantworten haben, ist zum Großteil auf Ihrem eigenen Mist gewachsen.

Es ist die Politik der Regierung; es ist Ihre Verantwortung und die Verantwor­tung all derer, die diesen Wahnsinn unterstützen und ihn auch hier als alternativlos bezeichnen, dass Sie unser Land in einen Wirtschaftskrieg mit Russland hineingeführt haben. Diesen Wirtschaftskrieg führen Sie bis heute unter dem Kommando der übelbeleumundeten Kommissionspräsidentin von


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der Leyen, die ja schon mit mehr als einem Fuß im Kriminal steht (Zwischenruf bei der SPÖ) und die ihrerseits wiederum am Gängelband der Amerikaner hängt. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist die Verantwortung der Regierung und aller, die da mitmachen. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Ruf: Kriegsverbrecher Kickl!) – Ja, da kommen auch Sie in Wallungen, weil Sie sich betroffen fühlen (Zwischenruf des Abg. Schwarz), dass Sie diese Teuerung durch die Sanktionen im Energiebereich insbesondere anheizen, dass Sie die Bevölkerung dazu zwingen, dass viele, anstatt ein norma­les Leben führen zu können, einen Überlebenskampf führen, dass Unterneh­men, denen bis zu Beginn all dieser Sanktionsoperationen nie etwas gefehlt hat, jetzt zusperren müssen, dass wir unseren Wirtschaftsstandort gefährden, dass wir Arbeitsplätze gefährden, dass das Geld immer weniger wert wird und dass die Sparguthaben zusammenschrumpfen wie der Schnee in der Frühlingssonne. Das geht alles auf Ihre Kappe.

Es ist auch das Verschulden der Regierung – das sage ich dazu –, dass Sie in dieser Situation dann auch noch der Krisengewinnler sind, dass Sie der Steuerprofiteur bei den Verbrauchs- und bei den Verkehrssteuern sind, bei denen die Kasse nur so klingelt. Sie geben dann der Bevölkerung in einer Mischung aus widerlicher Gönnerhaftigkeit und Dilettantismus einen Teil davon zurück.

Da sage ich nur Klimabonus, denn der ist das Paradebeispiel dafür: 500 Euro für die Häfenbrüder und für die Asylwerber, und dann stellen Sie sich her und sagen, Sie wollen keine falschen Anreize in diesem Land! (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das passt doch alles hinten und vorne nicht mehr zusammen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie hätten ein einziges Interesse – ein einziges! –, und das wäre unser national­staatliches Interesse (Zwischenruf des Abg. Matznetter), aus diesem Sank­tionswahnsinn auszutreten und sich Verbündete auf europäischer Ebene zu suchen. Anstatt das zu machen, machen Sie aber bei jedem Wahnsinn mit.


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Jetzt sind Sie auch mit dabei, wenn die Europäische Union wieder 18 Milliarden Euro in die Ukraine buttert. (Zwischenruf bei den Grünen.) Und wozu, Kollege Wöginger? – Um dann die Raten für die amerikanischen Waffenlieferungen zu bezahlen. Na, das ist eine interessante Politik, die Sie hiermit unterstützen.

Das ist Wahnsinn, was Sie da machen, genauso wie die Klimaministerin Hand in Hand mit dem Herrn Bundespräsidenten Millionen, Hunderte Millionen rund um den Globus verschenkt. (Neuerlicher Zwischenruf bei den Grünen.) 340 Millionen Euro werden da für Klimaförderung aufgebracht – weltweit –, um den CO2-Ausstoß zu verringern, während gleichzeitig die Kohlekraftwerke in China und in Indien wie die Schwammerl aus dem Boden schießen. Das ist doch alles verrückt.

Dann fahren Sie einmal nach Kärnten, dann fahren Sie einmal ins Gegendtal und fragen Sie dort einmal die Bürgermeister und die Betroffenen, denen bei Vermurungen und bei einem Hochwasser ihr Haus weggeschwemmt wurde, welches unwürdige Bittstellertum diese Leute im eigenen Land erleben müssen! Da geht nämlich nichts über Nacht, da wird nichts verdoppelt. Die bleiben auf ihren Kosten sitzen, und das ist die fatale Politik. (Beifall bei der FPÖ.) Ich glaube, Sie sind schon fast mit einem Fluch belegt, mit Gewalt gegen die eigene Bevölkerung regieren zu müssen.

Dann noch ein letztes Wort zum Thema Asylchaos – eigentlich muss man ange­sichts der Dimension, die sich da abspielt, von einer Völkerwanderung sprechen –, das ist nämlich auch in Zahlen gegossene Politik: 120 000 Asylanträge heuer – das Jahr 2015 verblasst im Vergleich mit diesen Zahlen –, der Großteil von diesen Leuten unter 25, lauter junge Männer aus Syrien und Afghanistan – klingelt’s, Kollege Wöginger? (Abg. Deimek: ... will das nicht hören! Das sind lauter Ärzte!)

Tausende Kilometer liegen zwischen uns und Syrien und Afghanistan, auf diesen Tausenden Kilometern befinden sich etliche sichere Länder, in die man alle diese Menschen in Sicherheit bringen könnte, aber sie wollen ausgerechnet nach Österreich, und mit dem Klimabonus hast du einen neuen Anreiz geschaffen.


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80 000 Ukrainer kommen noch dazu. Seitdem die ÖVP und die Grünen regieren (Zwischenruf des Abg. Schwarz) waren es alleine 200 000 – ich rede da noch gar nicht von den offenen Verfahren. Das ist Ihre in Zahlen gegossene Politik des Scheiterns im gesamten Asylbereich, und das ist ein riesiger Kostenfaktor, von dem wir hier sprechen.

Ein riesiger Kostenfaktor: Allein im Bereich Fremdenwesen – das ist nur ein Teilausschnitt aus dem Bereich des Innenministeriums – kommen wir heuer auf Kosten von 1,1 Milliarden Euro. Das fließt nur in diese Völkerwanderungs­bürokratie (Zwischenruf des Abg. Schwarz), die nichts verhindert, sondern die bei allem nur irgendwie drüberverwaltet und die Dinge jeden Tag schlimmer macht. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Da rede ich noch nicht von den Kosten im Gesundheitsbereich, da rede ich noch nicht von den Kosten im Bildungsbereich, da rede ich noch nicht von den Kosten im Justizbereich, wo, wie du wissen wirst, Kollege Wöginger – und der Bundeskanzler wird es auch wissen –, in der Zwischenzeit mehr als 50 Prozent der Häftlinge in österreichischen Gefängnissen keine Österreicher mehr sind. Was das alles kostet: Es ist ein Irrsinn! (Abg. Yılmaz: Das ist eine Schande! Das ist eine Schande!)

Dann rede ich auch noch nicht vom Sozialsystem und den Kosten für die Mindestsicherung. Es wurde in der Zwischenzeit ein Punkt erreicht, wo 38 Prozent der Ausgaben für die Mindestsicherung in den Bereich Asyl und in den Bereich subsidiärer Schutz gehen. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Ja ist die Mindestsicherung dafür gemacht worden oder ist die für die österreichische Bevölkerung gemacht worden? Ich habe immer Zweiteres geglaubt, aber euer Projekt ist der erste Weg – und das ist ein Holzweg, auf dem ihr unterwegs seid. (Beifall bei der FPÖ.)

Ihr hättet auch da auf die FPÖ hören sollen, ihr hättet nicht die restriktiven Maßnahmen rückgängig machen sollen. (Abg. Wöginger: Wir haben es miteinander beschlossen!) Wir brauchen Ausreisezentren – das brauchen wir –, wir brauchen


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eine Debatte über die Frage, ob Österreich eine Festung sein soll, inklusive Infragestellung vor allem der Genfer Flüchtlingskonvention und ihrer Anwendung, inklusive Infragestellung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. – Das darf doch nicht wahr sein, dass uns da unter Zuhilfenahme unserer eigenen kulturellen und rechtlichen Errungen­schaften auf der Nase herumgetanzt wird, und wir finanzieren das alles noch mit!

Das Problem ist nur, dass das der ÖVP kein Mensch mehr glaubt. Ihnen glaubt das niemand. Ich aber glaube (Zwischenruf bei der ÖVP), dass es notwendig ist, diese Dinge wirklich anzupacken. Sie haben nicht den Mumm dazu, das haben Sie in der Vergangenheit oft genug bewiesen.

Dass die SPÖ in einer Rede über das Budget kein Wort zum Thema Asyl verliert, wundert mich auch nicht, wenn man der Meinung ist, dass Österreich kein Asylproblem hat. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Aber, Frau Kollegin Rendi-Wagner, spätestens das ist ja ein Punkt, bei dem der österreichischen Bevöl­kerung klar ist, dass das mit der Kanzlerschaft nichts wird. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.) Mit dieser Aussage haben Sie den Kanzleranspruch verwirkt. (Beifall bei der FPÖ.)

Und so ist es eben so, dass die Pharmakonzerne, die Energieunternehmen, die Waffenlieferanten und die Schleppermafia die Geschäfte ihres Lebens machen und Österreich auf Kosten der kommenden Generationen immer tiefer in die roten Zahlen hineinschlittert.

Sie sollten uns weniger beschimpfen, Sie sollten öfters auf uns hören. Sie sollten öfters auf uns hören, dann würden Sie Freiheit und Gesundheit schützen, dann würden Sie Wohlstand, Wirtschaft, Arbeitsplätze und nebenher die Neu­tralität schützen, dann würden Sie die Sicherheit unserer Frauen und unse­rer Töchter erhöhen (Zwischenruf des Abg. Matznetter) und nebenher unsere Identität erhalten und Sie würden nebenher auch einen Haufen Steuergeld spa­ren. Das ist das, was sich die Bevölkerung erwartet. So geht


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verantwortungsbewusste Politik. Sie können es nicht, also machen Sie den Weg frei für Neuwahlen! (Beifall bei der FPÖ.) Und - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie bitten? Sie haben schon 20 Minuten überschritten, nicht nur die 14 Minuten. – Bitte sehr.


Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Bei Neuwahlen bekämen wir dann auch einen neuen Nationalratspräsidenten. Das wäre dann einer, der der Wahnsinnsidee des amtierenden, das renovierte Parlament mit einem goldenen Flügel als Ausdruck der Bescheidenheit der Politik zu verzieren, auch gleich eine Absage erteilen würde. (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

9.48

09.49.02*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Man müsste Ihnen ja für alle anderen Ausdrücke viele Ordnungsrufe erteilen, aber für den Ausdruck Sie „lügen wie gedruckt“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Rufe bei der FPÖ: Was für andere? Wieso? Sie haben das inhaltlich nicht zu bewerten, Herr Präsident! – Zwischenruf des Abg. Matznetter. – Zwischenruf des Abg. Hauser.)

*****

Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Maurer. – Bitte.


09.49.20

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir befinden uns in einer sogenannten Gene­raldebatte zum Budget, und Generaldebatten zeichnen sich dadurch aus, dass sie breiter sind als das, was eigentlich zu diskutieren wäre.

Wie breit diese Generaldebatte hier ausgelegt wird, haben wir leider gerade gesehen. Zum Budget ist de facto überhaupt nichts gekommen (Abg. Kassegger:


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Das ist ja, weil Sie die Zusammenhänge nicht verstehen!), obwohl das eigentlich der Gegenstand dieser Debatte sein soll. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Stattdessen haben wir von Klubobmann Kickl (Zwischenruf des Abg. Kassegger), der in der vergangenen Zeit für die Profite der Pferdeentwurmungsmittel­hersteller gesorgt hat, die übliche Putin-Propaganda gehört (Abg. Hauser: So ein Blödsinn!), haben wir die Klimawandelleugnung des Herrn Kickl gehört. Es zeigt sich einfach jedes Mal, bei jeder Rede von Ihnen, Herr Kickl, wieder, Sie haben null, absolut null Interesse daran, die Probleme, mit denen wir und mit denen die österreichische Bevölkerung in diesem Land konfrontiert sind, zu lösen. (Abg. Amesbauer: Sicher! Wir wollen Neuwahlen!) Sie haben ausschließlich Interesse daran (Abg. Kickl: Was für eine Überheblichkeit!), zu hetzen, Lügen zu verbreiten und mit Angst Propaganda zu machen, um Stimmen zu heischen.

Ich sage Ihnen eines, Herr Kickl, ich glaube, da weiß ich vier Parteien in diesem Parlament hinter mir, bei der Frage: Für wen entscheiden wir uns, auf wessen Seite stehen wir (Abg. Wurm: Österreich!) – auf der Seite des brutalen Diktators und Kriegstreibers Putin oder auf der Seite der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen? (Abg. Kickl: Wir stehen auf der österreichischen Seite! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Da stehen wir doch eindeutig auf der Seite von Frau von der Leyen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kickl: Das war sehr entlarvend! Österreich ist ...!)

Und das in der Europäischen Union, die gemeinsam versucht, die schwierigen Herausforderungen zu lösen und den Ukrainerinnen und Ukrainern, die unter diesem brutalen Angriffskrieg leiden, zu helfen und sie zu unterstützen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber meine Redezeit jetzt tatsächlich dazu nutzen, zum Budget zu sprechen, und das auch ein bisschen mit Fakten untermauern, denn auch das, was die Sozialdemokratie hier erneut an Faktenwidrigem vorgelegt hat, macht mich angesichts der Rolle, die der Sozialdemokratie in dieser Republik eigentlich


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zukäme, ein bisschen fassungslos und ein bisschen traurig. Sie kennen es vielleicht aus Ihrem eigenen Alltag: Solange alles in geordneten Bahnen läuft, gibt es einen gewissen Automatismus, Dinge fallen wenig auf, außer es gibt einen Störfaktor. Wer seine Augen vor dem Offensichtlichen nicht verschließt, der kennt dieses Prinzip auch hinter der Situation, in der wir aktuell leben. Der brutale russische Angriffskrieg und die Klimakrise zeigen uns täglich, was in den letzten Jahrzehnten verabsäumt worden ist. Wir stehen hier an einem Scheide­weg. Entweder wir stecken den Kopf in den Sand und verschließen weiterhin vor den offensichtlichen Herausforderungen die Augen oder wir legen den Schalter um, wir krempeln die Ärmel hoch, wir greifen dort in die Maschine, wo es so richtig quietscht. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Wir kitten nicht ein paar Lecks, kleben ein paar Pflaster drüber, sondern wir reparieren gescheit. Wir bauen um, und wir errichten sogar einen eigenen Zubau unter dem Motto: Was repariert gehört, gehört auch tatsächlich repariert. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Haubner und Wöginger.)

Unsere Schwerpunkte sind dabei klar: Energieunabhängigkeit, Klimaschutz, Abfederung der Teuerung und, ja, auch Sicherheit. Wir sorgen für saubere Politik und bekämpfen den Pflegenotstand mit echten Maßnahmen und nicht nur mit Rhetorik. Dass sich Österreich jahrelang von Gas und Öl aus despotischen Regi­men abhängig gemacht hat und die österreichische Bevölkerung und Wirtschaft jetzt unter Putins Erpressungen und damit unter knapper Energie und hohen Preisen leiden, das gehört korrigiert – diese massiven Fehlentscheidungen ver­gangener Regierungen und auch vergangener Manager.

Auch da zeigt sich das wahre Gesicht der Sozialdemokratie. Wir erinnern uns an Kanzler Kern, der noch während der Annexion der Krim zu Putin gefahren ist, in einem Aufsichtsrat gesessen ist (Abg. Kickl: Wir erinnern uns an den Bundes­präsidenten!), und daran, dass auch noch Waffen mit dessen Staatsbahn geliefert worden sind. Wir erinnern uns aber auch an die Aussagen von Frau Rendi-Wagner in den letzten Tagen, als sie versuchte, sich dem Fracking anzunähern,


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einem sehr problematischen Verfahren, statt an Lösungen für eine tatsächliche Energiewende zu arbeiten. (Beifall bei den Grünen.)

Klimaschutz und Energieunabhängigkeit gibt es nur, wenn die Grünen mit in der Regierung sind.

Dass die Preise jährlich steigen, die Sozialleistungen aber nicht – das richten wir mit der automatischen Valorisierung der Sozialleistungen. Dass die kalte Progression Teile der Gehaltserhöhung wegfrisst – das richten wir mit der Abschaffung der kalten Progression. Vor allem bei den letzten beiden Punkten gilt: Jahrzehntelang haben Bundesregierung um Bundesregierung versprochen: Wir schaffen die kalte Progression ab, wir wollen die Valorisierung der Sozialleistungen!, aber es ist nicht passiert. Es ist nicht unter roten Kanzlern passiert, es ist sowieso nicht mit einer blauen Regierungsbeteiligung passiert – wir machen es jetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir alle hier wissen auch, dass vergangene Bundesregierungen in Sachen Klimaschutz gelinde gesagt geschlafen haben, bis Kinder und Jugendliche deswegen auf die Straße gegangen sind. Wir lassen sie nicht alleine. (Abg. Kickl: Wen?)

Wir investieren in eine grüne Transformation der österreichischen Industrie. 5,7 Milliarden Euro stellen wir dafür bereit. Wir tauschen dreckige Öl- und Gaskessel aus und fördern die Mobilitätswende. (Abg. Kassegger: Wer ist „wir“?) Und wir stärken auch unsere Gemeinden. Auch sie haben ein massives Problem mit der Teuerung und mit den Herausforderungen, die diese Situation mit sich bringt. Wir investieren 1 Milliarde Euro, 500 Millionen davon für die Ener­gieeffizienz, 500 Millionen für weitere Investitionen, um unsere Gemeinden zu unterstützen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es geht dabei sowohl um den Umstieg auf erneuerbare Energie als auch um den Bau und die Renovierung von Kindergärten, Schulen, Sportstätten oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und Pflegeeinrichtungen. Damit


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machen wir unser Land noch lebenswerter für die Menschen. Wir bauen unser Land nicht nur in Sachen Klimaschutz um, sondern wir stehen auch zu unserem Versprechen saubere Politik. Das Justizbudget wird weiter erhöht. Wir erinnern uns alle an die Ankündigung betreffend den stillen Tod der Justiz. Dieser ist dank Justizministerin Alma Zadić abgewendet. (Beifall bei den Grünen.)

Ebenso in diesem Budget enthalten ist eine weitere Errungenschaft in dieser Regierungsbeteiligung: Sie erinnern sich an das Parteiengesetz. Der Rech­nungshof kann in Zukunft die Parteien direkt kontrollieren, und dieser Rech­nungshof wird für diese zusätzlichen Aufgaben auch deutlich besser ausgestattet. (Beifall bei den Grünen.)

Besonders am Herzen liegt mir auch die Pflegereform; jahrzehntelang ange­kün­digt, jahrzehntelang ist nichts passiert. Von uns wird sie jetzt umgesetzt. (Abg. Wurm: Schwache Rede!) Es gibt seit Langem viele Missstände in diesem Bereich. Wir haben einen Pflegenotstand. Insbesondere auch was die Gehälter betrifft, greifen wir jetzt mit über 0,5 Milliarden Euro unter die Arme, was höhere Löhne garantiert und dafür sorgen soll, dass wir die notwendigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Branche auch bekommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte an dieser Stelle auch noch sagen: Die Personen, die in der Pflege arbeiten, sind vornehmlich Frauen. Insofern ist es selbstverständlich auch eine große Unterstützung der Frauen in diesem Land, dass wir das tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zu guter Letzt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Auch das Kunst- und Kulturbudget des Bundes erreicht nach 2021 und 2022 zum dritten Mal in Folge einen historischen Höchststand. Wir steigern das Kulturbudget um über 63 Mil­lionen Euro. Ich glaube, auch das ist eine gute Nachricht für die Kulturnation Österreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Sie sehen also, sehr geehrte Damen und Herren: Wir packen an, wir krempeln die Ärmel hoch und wir greifen hin, wir reparieren Dinge, die umzusetzen seit Jahrzehnten verabsäumt worden ist. Viel zu lange sind diese Dinge nur in Sonntagsreden vorgekommen. Wir packen sie an – für ein sozial gerechtes Österreich und für ein klimagerechtes Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.58

09.58.21*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für die Aussage „Lügen zu verbreiten“  erteile ich auch Ihnen einen Ordnungsruf.

*****

Zu Wort gemeldet ist Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ: Können wir den Wöginger noch mal hören?!)


9.58.31

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Und vor allem liebe Steuer­zah­lerinnen und Steuerzahler! An dieser Stelle einen herzlichen Dank im Namen meiner Fraktion an die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für die Möglichkeit, hier überhaupt ein Budget zu diskutieren. (Beifall bei den NEOS.)

Ja, es ist sicherlich keine leichte Zeit, in der hier ein Budget erstellt wird. Wir haben wieder Krieg in Europa. Wir haben eine Rekordinflation, die die Menschen wirklich tagtäglich in Form von massiv steigenden Preisen spüren, insbesondere explodierende Energiekosten für Haushalte genauso wie für Betriebe. Und ja, man könnte auch den Eindruck gewinnen, die Zukunft hat schon einmal rosiger ausgeschaut. Umso wichtiger ist es meines Erachtens, dass eine


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Bundesregierung mit einem Budget eine klare Vision auf den Tisch legt, wie diese Zukunft auszusehen hat.

Da muss ich meiner Vorrednerin von der Sozialdemokratie, Rendi-Wagner, recht geben: Ich sehe diese Vision auch nicht. Ich sehe hier nicht die gemeinsame Ansage dieser angeblich Besten aus zwei Welten mit der Frage: Wie soll denn unser Österreich in der Zukunft ausschauen, ja vielmehr noch, wie soll denn unser Land, wie sollen denn die Menschen in unserem Land gestärkt aus dieser Krise kommen?

Es ist zweifelsohne so, dass man sagen kann, das sind – wirtschaftlich gesehen – noch gute Zahlen, es herrscht auch Vollbeschäftigung, aber es ist keine leichte Zeit und es entscheidet sich jetzt, wo wir in ein Tal gegangen sind, wie tief und wie lang dieses Tal denn sein wird, wie lange wir da durchgehen werden und insbesondere ob wir am Ende dieses Tals auch gestärkt aus dieser Krise herauskommen.

Gestärkt kommt man aus einer Krise nicht heraus, indem man einfach die Unzu­friedenheit der Menschen mit Geld bewirft. Ich habe ein wenig den Eindruck, das passiert durch Ihr Budget, denn es gibt einen Superlativ, und das sind die Ausga­ben: die Ausgaben in Höhe von 115 Milliarden Euro und damit die höchsten Ausgaben aller Zeiten. Das ist der Umfang des Budgets, aber diesen Superlativ können wir leider nicht anwenden, wenn es um die Frage der Zukunftsfähigkeit des Budgets geht.

Ich habe mir das genauer angeschaut. Es geht ja immer um die Frage: Was wird sozusagen für Konsumation aufgewendet, was zur Bewahrung von dem, was war, was ist sogar Finanzierung der Vergangenheit, und wo sieht man wirklich Investitionen in die Zukunft? Politik hat ja auch immer den Anspruch, zumindest wenn es nach uns NEOS geht, Bäume zu pflanzen, von denen man weiß, dass man unter deren Schatten niemals sitzen wird. Das ist insbesondere ein Anspruch im Sinne der Jungen, dass wir doch jetzt die Weichen für eine Zukunft stellen müssen, die eine gute Zukunft für die Jungen ist.


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Es gibt eine Zukunftsquote, die man errechnen kann. Es gibt ein deutsches Institut, das ein Modell vorgelegt hat, und wir haben uns dieses angeschaut: Selbst wenn man den weitesten Begriff dieses Modells zugrunde legt, so muss man konstatieren, dass von 5 Euro, die Sie ausgeben, nur 1 Euro in diese Zukunftsinvestitionen fließt. Das ist tatsächlich eine Zukunftsvergessenheit. (Beifall bei den NEOS.)

Herr Klubobmann Wöginger, weil Sie hier in einer schon bemerkenswerten Überheblichkeit (Abg. Zarits: Wer ist überheblich? Ihr seid die Überheblichsten da in dem Haus!) der Opposition vorwerfen, sich nicht mit dem Budget auseinander­gesetzt zu haben, und auch immer wieder meinen, nur Sie wären am Puls der Zeit, bei den Menschen da draußen und nur Sie wüssten, was diese bewegt: Wie erklären Sie, insbesondere die Grünen, denn eigentlich den jungen Menschen, dass Sie – mit grüner Regierungsbeteiligung – die Klimaziele 2040 katastrophal verfehlen werden? (Zwischenruf der Abg. Disoski.)

Stellen Sie sich hin und sagen Sie das ehrlich: Wir werden die Klimaziele verfehlen, und zwar mit grüner Regierungsbeteiligung! – Das ist Zukunfts­vergessenheit. (Beifall bei den NEOS.)

Wie erklären Sie denn den Menschen in Österreich, die sich angesichts der Klimakrise Sorgen machen, dass in Österreich weiterhin tagtäglich 13 Fuß­ball­felder zubetoniert werden? (Abg. Disoski: ... Stadtautobahn! – Abg. Zarits: In Wien! ... in Wien!) 13 Fußballfelder werden weiterhin zubetoniert, und diese Bundesregierung hat nichts auf den Tisch gelegt, um das zu ändern.

Wie erklären Sie denn den Menschen, dass Sie hier beim Ausbau der Erneuer­baren ein bisschen aufs Tempo drücken wollen? Es ginge aber darum, wirklich Leadership zu zeigen, so wie das jetzt auch die Europäische Kommission getan hat – und ich bin sehr froh, Herr Klubobmann Kickl, dass es da auch einen europäischen Weg gibt, gerade um beim Klimaschutz voranzukommen, denn diese Bundesregierung wäre viel zu zaghaft – mit ihrem Vorschlag, im Wege einer


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Notverordnung wirklich den Turbo für Erneuerbare und damit auch für Frei­heitsenergie zu zünden.

Ich freue mich, dass es funktioniert hat, dass die Universitäten Protest eingelegt haben. Ich freue mich tatsächlich, dass da nachgebessert wird. Auf der anderen Seite aber stelle ich mir die Frage: Was ist mit Kindergärten? Haben die keine Lobby? Haben die nicht laut genug geschrien? Wo ist denn da die Zukunfts­inves­tition in den massiven Ausbau von Kinderbetreuung?

Dabei geht es nicht um irgendwelche abstrakten Zahlen, sondern da geht es um Frauen in Oberösterreich, die nicht arbeiten gehen können, weil sie um 12.30 Uhr – ohne Mittagessen – immer noch ihre Kinder abholen müssen, weil es in der Gemeinde kein Angebot gibt. Es sind übrigens vorwiegend ÖVP-Bürgermeister, von denen dann solche Aussagen kommen wie – das hat mir eine Dame letzten Donnerstag erzählt –: Bei uns in der Gemeinde brauchen wir keine Nachmittagsbetreuung, denn wir haben funktionierende Familien! – Das ist Zukunftsvergessenheit, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Wöginger: Welche Gemeinde ist das?)

Und, Herr Klubobmann Wöginger, wenn Sie sich hier herausstellen und sagen, die Gemeinden sind sozusagen der wichtigste Motor für die Betriebe (Abg. Wöginger: Ein wichtiger!) – nein, das haben Sie nicht gesagt –: Wie erklären Sie eigentlich den Betrieben, die durch Bürokratie geknüppelt und geknechtet sind, durch Ihre Gesetze, durch immer mehr Bürokratie und immer mehr Gesetze, die sich von früh bis abends nur noch mit irgendwelchen teilweise Fantasiegesetzen, die Sie sich ausgedacht haben, und gleichzeitig mit Abgaben, wie zum Beispiel auch Lohnnebenkosten, beschäftigen müssen und einfach ihrem Job, nämlich gemeinsam mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wirklich zu wirt­schaf­ten, gar nicht mehr nachkommen können, dass Sie sagen, das Wichtigste sind die Gemeinden?


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Ich habe das Gefühl, die ÖVP ist ein riesengroßer niederösterreichischer ÖAAB geworden. Ansonsten gibt es da drinnen keine Vertretung der Wirtschaft mehr. (Beifall bei den NEOS.)

Ich zitiere ein weiteres Mal die SPÖ-Vorsitzende (Abg. Haubner: Eine große Nähe!), weil ich es auch so spannend finde, dass sie das gesagt hat (Abg. Haubner: Eine große Nähe, oder? Wiener Modell: SPÖ, NEOS!): Geld auszugeben alleine ist zu wenig. – Das ist ein bemerkenswerter Satz für die Sozialdemokratie, aber ein sehr richtiger Satz.

Mir ist schon klar, dass Sie in den Umfragen schlecht dastehen. Mir ist schon klar, dass das Vertrauen in die Politik auf einen Nullpunkt gesunken ist. Mir ist auch klar, dass Debatten, die wir noch führen werden, über goldene Flügel und Prunkräumlichkeiten im neuen Parlament nicht einer Lösung zuträglich sind, wenn es um die Frage geht, wie man dieses Vertrauen wieder schafft.

Was Sie machen, ist – so wie ich es eingangs gesagt habe –: Sie bewerfen diese Unzufriedenheit mit Geld und borgen sich Milliarden vom Steuerzahler, von der Steuerzahlerin und vor allem von der nächsten Generation, liefern denen aber nichts. Was ist denn mit dem Aufstiegsversprechen? Österreich ist groß gewor­den mit einem Aufstiegsversprechen: Erwirb eine Bildung, eine gute Bildung, mach eine gute Ausbildung, geh arbeiten, und du kannst dir etwas aufbauen, du kannst dir mit deiner eigenen Arbeitskraft etwas erarbeiten! – Was sagen dazu die jungen Leute, wenn Sie diese fragen? Glauben die noch daran? – Sie glauben nicht mehr daran.

Zunehmend sagen die Menschen, nicht nur die jungen: Ich kann mir durch meine eigene Arbeitskraft nichts mehr aufbauen. – Und ja, ich freue mich über die teilweise Abschaffung der kalten Progression – ganz wäre es uns lieber gewe­sen –, aber das ist noch keine Steuerentlastung, sondern das ist ein Verzicht auf eine Steuererhöhung. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Zarits: Mein Gott na! – Abg. Haubner schlägt die Hände zusammen.)


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Das heißt, wir befinden uns in einer Situation, in der man sagt: Wir gehen jetzt wieder in ein Budget der Superlative, borgen uns Milliarden vom Steuerzahler, entlasten aber weder Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch Betriebe! – Damit wird ein für alle Mal klargestellt, dass diese Bundesregierung, Grün wie ÖVP, nicht für dieses Aufstiegsversprechen stehen, sondern nur für eines: für weitere Belastungen und vor allem für einen Abstiegsbeschleuniger. (Abg. Zarits: Das ist unvorstellbar!) – Das ist Zukunftsvergessenheit par excellence! (Abg. Wöginger: Die Körperschaftsteuer wird gesenkt, Frau Kollegin! – Abg. Steinacker: ... schon schauen, was die steuerlichen Maßnahmen sind!)

Was müsste getan werden, um wirklich zu entlasten? – Es bräuchte den mutigen Schritt, tatsächlich die Steuer- und Abgabequote zu senken. Es geht nicht bloß um die kalte Progression, sondern um steuerliche Entlastungen. (Abg. Steinacker: Geh bitte: Eine Senkung der Steuerstufen, was ist das?)

Was müsste getan werden, um auch mehr Einkommen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen, sodass diese besser auskommen und sich wieder etwas aufbauen können? – Na selbstverständlich, es braucht eine Entlastung der Lohnnebenkosten samt einer Entlastung auch von der Bürokratie.

Was müsste wirklich getan werden, um die Klimaziele 2040 zu erreichen? – Es wäre notwendig, bei erneuerbaren Energien, bei Freiheitsenergien wirklich den Turbo zu zünden.

Sie wissen natürlich auch, was für die Jungen getan werden müsste: gene­rationengerechte Politik, die sich nicht scheut, sehr wohl auch echte Strukturreformen anzugehen, ob das eine Föderalismus-, eine Förderalis­musreform, aber vor allem auch eine Pensionsreform ist.

Vor ein paar Wochen habe ich hier gesagt, ich habe den Eindruck, Sie haben eh abgeschlossen. Die ÖVP denkt sich: Na ja, nach uns die Sintflut! Wir werden nicht mehr im Finanzministerium vertreten sein – Gott sei Dank, sage ich übri­gens, werden Sie nicht mehr im Finanzministerium vertreten sein, denn da


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gibt es dann wieder eine Fastlane für manche, möglicherweise auch Spender der ÖVP (Abg. Steinacker: Also Unterstellung über Unterstellung!), und das wollen wir nicht, das ist nicht das Land, das wir uns vorstellen –, wir werden dann dort nicht mehr vertreten sein, also bewerfen wir jetzt die Unzufriedenheit mit Geld; und mit den Problemen und den Reformen soll sich dann die nächste Regierung erwürgen, wir wollen damit nichts mehr zu tun haben. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

10.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf noch darauf hinweisen, dass im Foyer derzeit die SDG-Ziele 16 ausgestellt werden. (Abg. Kassegger: Was ist 16?) Alle Abgeordneten sind eingeladen, sich auch mit der Gruppe auseinander­zu­setzen. – Dies zur Information. (Abg. Kickl: Darf da jeder ausstellen?)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Haubner. – Bitte.


10.09.09

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Gäste! Ganz kurz: Ich stelle eine große Nähe zwischen SPÖ und NEOS in der unsachlichen Bewertung des Budgets fest. (Ruf bei der SPÖ: Ha, ha!) Also das ist hier eindeutig zu erkennen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Das Einzige, worin ich Frau Meinl-Reisinger recht gebe, ist, dass wir uns in einer Zeit befinden, die uns alle – von den Familien über die Pensionisten bis hin zu den Unternehmern und Arbeitnehmern – mehr fordert, als wir es in den letzten Jahrzehnten gewohnt waren. (Abg. Kickl: Das ist schon eine Kunst, dass man 90 Prozent falsch macht!) Die Pandemie, der Krieg in Europa und damit verbun­den die Energieknappheit und die Teuerung fordern uns. Österreich ist mit dieser Herausforderung ja nicht allein, was wir sehen, egal wohin wir schauen: Alle Regierungen in Europa sind unter Druck, unter schwerem Druck, und es wird immer schwieriger, alle diese Forderungen, die von vielen Seiten kommen,


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nach Maßnahmen, die mit hohen Kosten verbunden sind, zu erfüllen und das abzufedern.

Wir müssen darauf achten – der Herr Finanzminister hat das getan –, dass wir das Budget in Balance halten (Abg. Kassegger: 17 Milliarden Defizit! 17 Milliarden Defizit, das ist nicht Balance!) und auch für unsere zukünftigen Generationen das Leben leistbar und auch lebenswert machen, meine Damen und Herren. Dieser Verantwortung sind wir uns voll bewusst und diese bilden wir auch mit diesem Budget ab.

Frau Meinl-Reisinger, wir investieren in die Zukunft, 4,9 Milliarden Euro in einen Transformationsfonds (Zwischenruf des Abg. Krainer), womit wir umbauen, womit wir die Wirtschaft auf Nachhaltigkeit umbauen, weil es uns wichtig ist, dass wir den Wirtschafts- und Industriestandort erhalten, damit nicht, wie die SPÖ es möchte, einmal in den Geschichtsbüchern steht: Die Industrie stand dort. – Wir kämpfen um den Wirtschafts- und Industriestandort, meine Damen und Her­ren! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Weil die Opposition auch immer kritisiert, dass wir in der Pandemie Geld in die Hand genommen haben: Ja, wir haben es getan, damit wir die Unternehmer und die Arbeitnehmer durch diese Krise begleiten. Und wenn wir heute Rekord­beschäftigung haben und die niedrigste Arbeitslosigkeit seit eineinhalb Jahrzehn­ten, dann haben wir vieles richtig gemacht, meine Damen und Herren, das möchte ich hier auch noch einmal betonen. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Kampf gegen die Teuerung steht ganz oben, aber wir haben auch vorher schon Maßnahmen gesetzt: mit der Steuerreform. Mit der ökosozialen Steuer­reform haben wir die Steuerstufen eins und zwei bereits abgesenkt, jetzt senken wir auch die dritte Steuerstufe ab und, das ist schon gesagt worden, wir schaffen die kalte Progression ab und wir staffeln und valorisieren die Sozial­leistungen – ebenfalls eine Forderung, die seit Jahren erhoben wurde, und jetzt wird sie umgesetzt, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Was mir als Wirtschaftssprecher auch ganz wichtig ist: Wir senken die Körper­schaftsteuer für Unternehmen. Auch wenn Sie von der Sozialdemokratie es nicht gerne hören (Abg. Leichtfried: Sehr gescheit ist das, ja!): Wir machen das für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft (Abg. Leichtfried: Bravo!) und damit für den Erhalt von Arbeitskräften (Abg. Matznetter: Das ist doch keine Betriebs­aus­gabe!) und für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, denn wenn die Wirtschaft erfolgreich ist, dann können wir auch die Menschen in Beschäftigung halten (Abg. Leichtfried: Tosender Applaus bei den Grünen!), und das ist unser oberstes Ziel. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

10.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.


10.12.51

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir debattieren ja einerseits das Budget für nächstes Jahr und andererseits den Haushaltsrahmen für die nächsten fünf Jahre. Den Haushaltsrahmen nimmt nicht einmal die Regierung ernst, da schreibt sie irgend­welche Luftzahlen hinein, von denen sie selber sagt, die haben nichts mit der Realität zu tun und die gelten nicht. Da stellt sich dann die Frage, welche Bundes­regierung wir haben, wenn sie die Gesetze in diesem Land absichtlich nicht vollzieht.

Man muss sagen, es ist nicht alles schlecht an diesem Budget, gar nicht, es sind manche Sachen sogar sehr gut. Die automatische Erhöhung von wichtigen Familien- und Sozialleistungen ist sehr gut. Es ist eine Menge Geld, die in den Kampf gegen die Klimakrise hineinläuft – ob das dann immer effizient ausgegeben wird, ist eine andere Frage, aber da merkt man, da tut man etwas. Und ja, es werden auch Steuern auf Arbeit gesenkt, was auch gut und richtig ist. Man kann das also sagen: Es ist nicht alles schlecht am Budget, manche Sachen sind sogar sehr gut. (Abg. Hanger: Könntest du das deiner Parteivorsitzenden ...?)


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Am Ende des Tages muss man halt sagen, dass natürlich das Budget in Zahlen gegossene Politik ist. Die wesentliche Frage, vor der wir stehen, ist die Frage der Teuerung – und da sieht man ja, was die Regierung macht. Das Beste ist natür­lich, einfach direkt in den Markt einzugreifen, denn wenn der Markt verrückt­spielt und Mondpreise für Energie verlangt werden, dann ist es eigentlich die Aufgabe der Politik, da in die Preisbildung am Markt einzugreifen und zu schauen, dass nicht irgendwelche Mondpreise, sondern leistbare Preise für die Haushalte, für die Menschen und für die Wirtschaft herauskommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Macht das die Politik? – Nein, sie macht das nicht.

Das Zweitbeste ist, dass man von dort, wo diese Übergewinne, Zufallsgewinne – es gibt Leute, für die ist es ganz wichtig, dass das nur Zufallsgewinne und nicht Übergewinne sind; es ist mir egal, wie man das nennt – gemacht werden – Strom­konzerne, Energiekonzerne machen Megagewinne, es regnet ihnen, wenn sie die Tür aufmachen, Geld hinein; die bauen, wie gesagt, keine Gasspeicher mehr, sondern nur noch Geldspeicher, weil sie gar nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld (Beifall bei der SPÖ) –, dieses Geld nimmt und es denen zurückgibt, die ihnen das Geld gegeben haben, nämlich den Haushalten, den Menschen, die in diesem Land leben, und den Firmen in diesem Land, die diese unnötig hohen Rechnun­gen bezahlen.

Macht das die Regierung? – Nein, sie setzt auch die zweitbeste Lösung nicht um, sonst müsste man das ja im Budget ablesen können, indem es durch Über­gewinne Milliarden an Steuereinnahmen mehr gibt. Diese sehen wir nicht – also auch diesbezüglich die falsche Politik.

Das, was die Regierung macht, ist: Sie gibt schon Haushalten und Firmen viel Geld, Einmalzahlungen, aber woher nimmt sie denn das Geld? – Sie nimmt Geld auf Pump, auf Schulden baut sie das auf, lässt aber das Geld, das als Einnahme möglich wäre, einfach liegen. Sie macht in Wahrheit sogar das Gegenteil: Für diese Konzerne, die Stromkonzerne, die Energiekonzerne, OMV, Verbund, die


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gemeinsam – geschätzt – so um die 6 Milliarden Euro Übergewinne, Extra­gewinne, Zufallsgewinne – nennen Sie es, wie Sie wollen –, einfach Geld, das ihnen nicht gehört, bekommen werden, senken Sie die Steuern. Für die schaffen Sie nicht mehr Steuern, sondern weniger Steuern. Und das soll die Politik sein, die die Sozialdemokratie unterstützen soll? Sie wollen, dass wir dem zustimmen? (Beifall bei der SPÖ.)

Aber was ist denn das für eine Idee? Wir werden doch niemals einer derartigen Politik zustimmen, durch die Stromkonzerne, die jetzt Übergewinne in Mil­liardenhöhe machen, weniger Steuern zahlen. Das ist Ihre Politik, das ist die Politik der ÖVP, die kann Politik für Millionäre, für Konzerne und für sich selbst. Das ist das Einzige, was die ÖVP kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage, die sich stellt, ist natürlich: Was können die Grünen, außer der ÖVP hier die Räuberleiter und die Mauer für eine derartige Politik zu machen? Die Grünen müssen sich langsam überlegen, wie lange sie diese Politik noch mit­tra­gen wollen, denn diese Politik ist nicht zum Wohl der Menschen, die in diesem Land leben, die ist auch nicht einmal zum Wohl der meisten Betriebe, die hier sind, sondern das schadet uns allen. Und jeder Tag, den die ÖVP hier länger auf der Regierungsbank sitzt, ist ein verlorener Tag für dieses Land. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarz. – Bitte.


10.17.52

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte hinsichtlich der Zufalls- und Übergewinnsteuern bei Ihnen anschließen, was sozusagen die Wichtigkeit dieser betrifft, möchte aber zurück­weisen, dass nicht daran gearbeitet wird. Es wird daran gearbeitet, das ist auch klar, es gibt eine EU-Verordnung dazu – der Vizekanzler hat es schon im


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„Sommergespräch“ angekündigt, der Herr Bundeskanzler noch früher, dass sie kommen wird (Abg. Stöger: Nicht ankündigen, tun!), und sie wird kommen und es ist auch richtig, dass sie kommt. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Matznetter: Aber im Budget steht ...! – Abg. Leichtfried: Gibt es auch den ersten Arbeitskreis dazu? – Bundesminister Brunner: Ja!)

Wo Sie auch recht haben, ist, dass die Teuerungskrise Österreich sehr hart und sehr heftig trifft, ich glaube, sogar heftiger, als es sein müsste; allerdings nicht, wie Sie angedeutet haben, weil die Entlastungsmaßnahmen zu wenig wären oder nicht treffsicher oder nicht richtig gemacht worden wären, sondern weil wir über Jahrzehnte von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in diesem Land tiefer und tiefer in eine Abhängigkeit geritten worden sind, nämlich in die Abhängigkeit von billigem Öl und Gas. (Beifall bei den Grünen.)

Da waren Sie von der Sozialdemokratie auch dabei und auch die Freiheitlichen. (Abg. Leichtfried: Und was ist mit der ÖVP, war die nicht dabei? Wer war immer Energieminister? Und ihr wart bei der Senkung der Körperschaftsteuer dabei!)

Dass mit den Einnahmen, die diese Staaten gemacht haben, die Zerstörung von Grosny und von Aleppo finanziert worden ist, dass die Klimakrise weiter ange­trieben worden ist, dass wir uns einem massiven Sicherheitsrisiko ausgesetzt haben, wenn 80 Prozent unserer Gasimporte – von dem Gas ist die Industrie sehr stark abhängig – aus einem Land kommen, all das hat man akzeptieren müssen, denn solange das Gas billig war, hat man keine Fragen gestellt, sondern hat den roten Teppich ausgerollt, und das ist das Problem. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Jetzt sind wir auf Entzug, das spürt man im ganzen Land, es gibt steigende Ener­giepreise, es herrscht Rohstoffknappheit, wir haben verschiedenste Probleme, es gibt den Klimawandel, den man immer stärker spürt – der Oktober war der heißeste Oktober in der Geschichte –, und es gibt wieder Krieg in Europa.


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Die notwendigen Reformen, die Veränderungen, die sich aus all diesen Prob­lemen abgeleitet hätten, hat man noch irgendwie zur Seite schieben können – das allerdings die längste Zeit, diese Zeit ist jetzt vorbei. Wir wollen und wir können diese Dinge nicht mehr zur Seite schieben, sondern wir müssen sie jetzt anpacken, und das tun wir mit diesem Budget von Grund auf. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Neben Pflegereform, Valorisierung der Sozialleistungen, Abschaffung der kalten Progression ist es insbesondere der Umbau der österreichischen Wirtschaft in eine klimaneutrale Volkswirtschaft, was gleichzeitig dazu führt, dass wir auch die Unabhängigkeit gegenüber Despoten stärken werden. Um das zu schaffen legt die Regierung ein Budget vor, das einerseits auf die Rekordausbauprogramme bei der Bahn noch einmal etwas drauflegt. Wir sind jetzt bei 19,2 Milliarden Euro für den ÖBB-Rahmenplan – das größte Ausbauprogramm in der Geschichte der Bahn und ein großer Erfolg unserer Klimaministerin. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweitgrößte Emittent neben dem Verkehr ist die Industrie, die energie­inten­sive Industrie, und wenn man es schafft, die zu dekarbonisieren, ist das einer der größten Hebel überhaupt dafür, die Emissionen in Österreich runter­zubringen, gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erhöhen und die Abhän­gigkeit von Despoten zu reduzieren, unsere Abhängigkeit von Wladimir Putin zu reduzieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte das noch an einem an sich bekannten Beispiel demonstrieren oder verdeutlichen: Die Voest, ein österreichischer Vorzeigebetrieb, beschäftigt 20 000 Menschen und stößt allein am Standort in Linz jährlich 9 Millionen Ton­nen CO2 aus. Das ist dreimal so viel, wie die gesamte Stadt Graz im Jahr ausstößt. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Jetzt stünde man bald vor der schwie­rigen Entscheidung, dass man sagt, entweder man verfehlt die Klimaziele weit, weil man diese Emissionen nicht wegbekommt, oder aber man muss Stahl­produktion, Arbeitsplätze und Wertschöpfung, die damit zusammenhängen, aufgeben. Die 5 Milliarden Euro, die wir für die Transformation der Industrie, für


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den Umbau der Produktion hin zu klimafreundlichen Prozessen im Budget veranschlagt haben, werden sicherstellen, dass wir sowohl die Emissionen redu­zieren als auch die Arbeitsplätze und die Wettbewerbsfähigkeit in der Zukunft erhalten, ohne dabei Gas von Despoten zu importieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ganz kurz möchte ich noch auf die Abfederung der Teuerung eingehen. Wir haben ja nachweislich so entlastet, das haben Budgetdienste, Agenda Austria, Momentum Institut, verschiedene Institutionen gezeigt, dass die Menschen mit dem geringsten Einkommen am stärksten entlastet worden sind und die Men­schen mit dem höchsten Einkommen zu zwei Dritteln die Effekte der Teuerung selber haben tragen müssen.

Ich möchte das auch an einem Beispiel konkretisieren, damit das irgendwie nachvollziehbar ist, nämlich am Beispiel einer Pensionistin, die eine durch­schnitt­liche Pension von 1 100 Euro im Monat bezieht. Das ist übrigens das gleiche Beispiel, das Klubobfrau Rendi-Wagner bei einem Parteitag herange­zogen hat, um zu zeigen und zu kritisieren, dass die Regierung nichts gegen die Teuerung unternimmt. (Abg. Leichtfried: Wie heißt die?)

Die Pensionistin hat wie alle anderen in Österreich lebenden Menschen 500 Euro Klimabonus bekommen. Zweitens hat sie eine Unterstützung für Menschen mit geringen und mittleren Pensionen von 300 Euro bekommen. (Abg. Leichtfried: Ich glaube nicht, dass das die gleiche Person ist!) Sie hat einen erhöhten Pensionis­tenabsetzbetrag von 225 Euro bekommen, viertens einen Schnitt bei den Ener­gieabgaben und einen Energiekostenzuschuss, der ungefähr 200 Euro ausmacht. Das sind in Summe 1 200 Euro Unterstützung, die sie bekommen hat, und das heißt quasi eine gesamte Monatspension oben drauf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da haben wir die Strompreisbremse und die unter anderem auch von Kollegen Koza mitverhandelte Pensionserhöhung, die strukturell natürlich 10 Prozent bei


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Mindestpensionen und 8 Prozent bei anderen Pensionen bringt, noch gar nicht eingerechnet. Das ist das, was insbesondere jetzt in diesem Budget anschlägt.

Ich glaube also, die Entlastung in Bezug auf die Teuerung ist mit diesem Budget auf jeden Fall in der richtigen Art und Weise garantiert. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fuchs. – Bitte sehr. (Abg. Leichtfried: Also ich glaube, diese Frau war frei erfunden!)


10.24.07

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ja, Kollege Schwarz, man kann sich alles schönrechnen. Das macht auch der Finanzminister und das macht auch die Verteidigungsministerin, wie wir wissen. Du bist da also in guter Gesellschaft.

Die Defizit- und Schuldenpolitik dieser schwarz-grünen Bundesregierung wird auch 2023 und in den Folgejahren beinhart und konsequent fortgesetzt. Seitdem es diese schwarz-grüne Bundesregierung gibt, sind die Schulden explodiert. Die Maastrichtkriterien wurden noch nie eingehalten und werden, wenn es nach den Planungen des Finanzministers geht, auch bis 2026 nie eingehalten werden können.

Der Bundesvoranschlag für 2023 weist ein Budgetdefizit von 17 Milliarden Euro aus. Sicherheitshalber lässt sich der Finanzminister aber mit dem Bundesfinanz­gesetz 2023 auch einen Blankoscheck ausstellen: Er kann in Zukunft mehr oder weniger über 9 Milliarden Euro freihändig verfügen, ohne dass das Hohe Haus hier befasst werden muss. Das ist eine massive Einschränkung der Transparenz und auch der Budgethoheit des Hohen Hauses. (Beifall bei der FPÖ.) Wir hätten, wenn die Ermächtigungen ausgenutzt werden – und davon kann man, glaube ich,


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ausgehen –, ein Defizit von 26 Milliarden Euro. Das wäre dann das größte Budgetdefizit in der Zweiten Republik, Herr Finanzminister.

Der Finanzminister redet aber auch lieber von rückläufigen Schuldenquoten anstatt von Rekordschulden. Die Schuldenquote ist aber nicht rückläufig, weil etwa 1 Euro an Schulden zurückgezahlt wird, sondern die Schuldenquote ist rückläufig, weil das BIP inflationsbedingt steigt. Es wird kein einziger Euro vom Finanzminister zurückgezahlt.

2019, dem letzten Regierungsjahr von ÖVP und FPÖ, hatten wir noch einen Schuldenstand von 280 Milliarden Euro, und seitdem die FPÖ aus der Bundesregierung ausgeschieden ist, sind die Schulden um unfassbare 87 Mil­liarden Euro bis ins Jahr 2023 angewachsen und werden bis 2026 einen Rekordstand von fast 400 Milliarden Euro erreicht haben.

Das ist aber auch kein Wunder. Die Coronapolitik hat ein tiefes Loch in den Staatshaushalt gerissen. Durch die nicht evidenzbasierten Lockdownphasen hat diese Bundesregierung die Wirtschaft massiv und nachhaltig beschädigt. Mindestens 46,5 Milliarden Euro hat uns das Versagen dieser Bundesregierung im Zusammenhang mit der Coronapolitik gekostet – mit Stand 30.9.2022. Das heißt, wir können davon ausgehen, dass diese 46,5 Milliarden Euro noch viel, viel mehr werden.

Es werden ja auch weiterhin munter Covid-19-Krisenbewältigungsmaßnahmen budgetiert. Ich denke da nur an den Gesundheitsbereich, den unser Gesund­heitsminister heruntergewirtschaftet hat und wo er immer noch 1,2 Milliarden Euro für Covid-19-Krisenbewältigungsmaßnahmen vorsieht, obwohl es gar keine Coronakrise mehr gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Die wirtschaftsfeindliche Coronapolitik ist dann nahtlos in eine unvernünftige Sanktionspolitik übergegangen, die zwar überhaupt keine Auswirkungen auf den Krieg hat, dafür aber den Wohlstand und die Wirtschaft in Österreich vernichtet,


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indem nämlich eine Energiekrise ausgelöst wurde, welche die Teuerung massiv anheizt.

Jetzt haben wir auch eine Rekordflüchtlingswelle, vor welcher der Herr Innen­minister monatelang die Augen verschlossen hat, und auch die wird uns noch eine Stange Geld kosten. Wahrscheinlich werden Sie auch die Sodexo-Gut­scheine im Wert von 48 Millionen Euro, die übrig geblieben sind, im Rahmen eines Klimabonus nachträglich an diese Asylwerber auszahlen, und wahrschein­lich werden die Häfenbrüder auch noch einen Bonus zu Weihnachten bekom­men.

Das multiple Versagen dieser Bundesregierung bei der Coronapolitik, bei der Sanktionspolitik, aber auch bei der Asylpolitik kostet die Steuerzahler viele Milliarden Euro. Neuwahlen 2024 sind sehr spät – je früher desto besser, den Steuerzahlern würde das sehr viel Geld ersparen. (Beifall bei der FPÖ.)

Und so wie sich der Finanzminister das Defizit und die Schulden schönrechnet, so rechnet sich die Verteidigungsministerin auch das Budget der Landesver­teidigung schön. Das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz ist zwar haus­haltsrechtlich ein Schritt in die richtige Richtung, weil nunmehr Vorbelas­­tun­gen auch über den Bundesfinanzrahmen hinaus möglich sind; dieses Landes­verteidigungs-Finanzierungsgesetz ist aber auch eine Mogelpackung und ein legistischer Murks. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum es Frau Bundesminister Tanner heute vorgezogen hat, dem Hohen Haus fernzubleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Verteidigungsministerin hat noch im April 2022 angekündigt, dass das Bundesheerbudget bis 2027 auf 1,5 Prozent des BIPs angehoben werden soll, aber das Bundesheer erfüllt nicht einmal die jetzigen Vorgaben des Landes­verteidigungs-Finanzierungsgesetzes, in dessen Erläuterungen ein Zielwert von 1 Prozent des BIPs bis 2026 und 1,5 Prozent bis 2032 angekündigt sind. Das sind Zielwerte, die Frau Bundesminister Tanner nie erreichen wird.


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Die Verteidigungsministerin rechnet sich den Prozentwert schön, indem sie als Basis für diesen Prozentwert, sprich für die Ausgaben bei den militärischen Angelegenheiten, nicht das jeweils aktuelle BIP heranzieht, sondern stets das BIP aus dem Jahr 2021, das heißt 2023, 2024, 2025, 2026 setzt die Verteidigungs­ministerin die Landesverteidigungsausgaben stets in Relation zum BIP 2021. Das wäre eine Empfehlung an die Mitglieder dieser Bundesregierung: Setzen Sie Ihr Budget im Ministerium für das Jahr 2023 in Relation zum BIP 2021! Sie können sich dann abfeiern lassen, Sie werden das höchste Budget für Ihr Ministerium herausgeschlagen haben! So schaut das aus – eine Peinlichkeit! (Beifall bei der FPÖ.)

In Wirklichkeit ist der Prozentwert des Bundesheerbudgets weder 1 Prozent des BIPs noch 1,5 Prozent, sondern beträgt bis zum Jahr 2026 stets unter 1 Pro­zent. 2023 liegt das Bundesheerbudget mit dem Prozentwert sogar unter dem Jahres­wert für 2021. Selbst wenn man die Pensionen des Verteidigungsbereichs berücksichtigt, erreicht das Bundesheerbudget bis 2026 nie 1 Prozent des BIPs.

Die Verteidigungsministerin rechnet sich aber nicht nur den Prozentwert schön, sondern auch die angekündigte Aufstockung des Budgets in Höhe von 5,25 Mil­liarden Euro für den Zeitraum 2023 bis 2026. Sämtliche Inflationssteigerungen in den kommenden Jahren bei den Ausgaben, insbesondere bei den Gehältern, werden zulasten dieser 5,25 Milliarden Euro gehen. Angesichts der Rekordinfla­tion, die wir derzeit haben, werden von den 5,25 Milliarden Euro nomineller Steigerung real nicht mehr viel übrig bleiben.

Frau Bundesminister Tanner, ich verstehe, dass Sie heute nicht hier sind. Sie wurden beim Budget vom Finanzminister über den Tisch gezogen (Abg. Steinacker: Ministertreffen in Brüssel! – Ruf bei der ÖVP: Geh bitte!), und das Bedauerliche ist, die Frau Verteidigungsministerin hat das offenbar erst heute begriffen. (Ruf bei der ÖVP: ... Bösch ...!) – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

10.33



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Strasser. – Bitte sehr.


10.34.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Den Wahrheitsgehalt Ihrer Ausführungen, Herr Kollege Fuchs, kann man derart prüfen: Die Frau Bundesministerin ist nicht deshalb nicht da, weil sie sich irgendwo schrauft, sondern weil sie am Verteidigungsministerrat in Brüssel zugegen ist – so viel zum Wahrheitsgehalt Ihrer Ausführungen. (Beifall bei der ÖVP.) Das hätten Sie schon recherchieren können, also sparen Sie sich den billigen Schmäh! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stefan: Also bitte! Was war dann falsch? Was war dann falsch? – Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Gestern wurde ein Paket für unsere Gemeinden präsentiert: 500 Millionen Euro für die Energieeffizienz und auch für die Energieautarkie. Da investieren unsere Gemeinden ins Energiesparen und in die Energieproduktion, und dieses Projekt, diese 500 Millionen Euro, sind in Wahrheit auch ein kleines Dankeschön für die vielen Pionierinnen und Pioniere, die zum Beispiel am Biomassesektor, in der Energieproduktion in den Gemeinden auf der einen Seite einiges an Lehrgeld gezahlt haben, aber ohne die Österreich in der nachhaltigen Energieproduktion nicht so gut dastehen würde. Vielen Dank an die Bürgermeisterinnen und Bür­ger­meister, die da oft Pioniere waren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

500 Millionen Euro werden in Kindergärten, in Schulen, in den Straßenbau, in die Wasserversorgung, in die Freizeiteinrichtungen investiert. Ich möchte schon einmal erwähnen: Von den 2 000 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in Österreich sind 1 500 von der ÖVP. Das ist ein Zeichen, dass wir die Partei sind, die nah am Bürger ist, denn die Gemeinde ist der Ort der Effizienz, die Gemeinde ist der Ort der Bürgernähe, und das soll auch in Zukunft so bleiben. Ein herz­liches Dankeschön an alle Kolleginnen und Kollegen, die draußen im Feld ihre


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Arbeit machen! Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich darf einen Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In der Z 3 in § 27 Abs. 3 wird der Ausdruck „in der Fassung des Budget­be­gleitgesetzes 2023“ durch „in der Fassung des Bundesgesetzes“ ersetzt.

*****

Dieser Abänderungsantrag gibt mir die Möglichkeit, mich für die Mittel, die im Zusammenhang mit dem sogenannten Waldfonds immer noch bereitgestellt werden, zu bedanken. Herr Bundesminister Totschnig, danke für deinen Einsatz für die nachhaltige Forstwirtschaft in Österreich! Der Wald, das Holz ist ein Baustoff, das Holz ist ein Rohstoff für die Industrie und das Holz ist eine wert­volle Energiequelle. Mit diesem Mix sorgen wir für Wirtschaftswachstum und auch für einen Beitrag für den Klimaschutz.

Ein herzliches Dankeschön an unseren Herrn Bundesminister für dieses Projekt und danke noch einmal auch an den Herrn Finanzminister! Dieses Budget gibt Sicherheit und Perspektive. Herzlichen Dank dafür! Wir schauen positiv in die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Matznetter: ... schaut nicht so gut aus! – Zwischenruf der Abg. Greiner.)

10.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 120

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird (1779 d.B.) (TOP 4)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Gesetzesantrag (1779 d.B) wird wie folgt geändert:

1. In der Z 3 in § 27 Abs. 3 wird der Ausdruck „in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2023“ durch „in der Fassung des Bundesgesetzes“ ersetzt

Begründung

Redaktionelle Richtigstellung

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung, da er auch ausreichend unterstützt ist.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.


10.37.49

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Werter Herr Finanzminister! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Pichler NEOS-Gemeinderäte hier oben auf der Galerie! Wir reden heute über das Budget, und wir sagen, dass wir im nächsten Jahr – und das sind die Berechnungen der Ökonomen – circa 400 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung in Österreich haben werden – 400 Milliarden Euro. 115 Milliarden Euro davon gibt der Herr Finanzminister mit doch recht freier Hand wieder aus, und tatsächlich, ja, auch wieder mit der Gießkanne.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 121

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, das ist ein Budgetentwurf, den wir als NEOS nicht mittragen können. Es ist ein Budgetentwurf, der wieder rückwärtsgewandt ist, der viel von dem Geld ausgibt, das wir ehrlich gesagt nicht haben, der bei den Investitionen nicht die richtigen Anreize setzt und der vor allem kein Zukunftsbudget abbildet. Es ist mutlos, es ist uninspiriert und es ist tatsächlich eines: Es ist feige. (Beifall bei den NEOS.)

Warum sage ich so deutlich, dass es feige ist? – Weil Sie Geld ausgeben, das Sie nicht haben, und Sie machen sich keine Sekunde darüber Gedanken, wo Sie es herbekommen! Gegenfinanzierung: Das ist tatsächlich etwas, das in dieser Budgetdebatte überhaupt nicht vorkommt. Es wird einfach ausgeborgt, als ob es auf den Bäumen wachsen würde. Liebe ÖVP, das geht so nicht mehr! (Beifall bei den NEOS.)

Was machen Sie also? – Sie geben das Geld der Jungen aus, Sie geben das Geld der nächsten Generationen aus, noch dazu ohne dass Sie die absolut wichtigen Zukunftsinvestitionen machen. Zukunftsvergessen ist deshalb das einzig richtige Wort, um dieses Budget zu beschreiben.

Was würden wir machen? – Wir hätten geschaut, wo man weniger ausgeben muss, denn tatsächlich – und da haben, glaube ich, alle Ökonomen einen großen Punkt gemacht und auch der Rechnungshof hat schon einiges vorgelegt – haben Sie bis jetzt viel zu viel Geld mit der Gießkanne ausgegeben. Dann bleibt halt nichts übrig für die großen Investitionen: Bildung, Klimapolitik, Wirtschaft, Transparenz – das sind die Dinge, die wir besprechen sollten. Wir NEOS sind die Einzigen, die das heute hier so in dieser Deutlichkeit auf den Tisch legen.

Ich möchte mit der Bildung beginnen. Was ist denn mit der Elementarpädagogik? Chancengleichheit, so ein wichtiger Punkt für dieses Land, für die Zukunft! – Nicht einmal die Inflation wird in diesem Bereich angepasst, nicht einmal eine Inflationsanpassung ist Ihnen dieser Bereich wert!


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Der zweite Bereich: Wir reden alle darüber, dass die Firmen händeringend Facharbeiter brauchen, Mitarbeiter brauchen. Alle stellen sich hin und sagen: Ja, das ist ein Riesenproblem! Aber schaffen wir es irgendwie, Geld für die Kin­der­betreuung auszugeben? Schaffen wir es irgendwie, dass tatsächlich eine flächen­deckende Kinderbetreuung in Österreich möglich gemacht wird? – Auch das ist etwas, was in Ihrem Budget vollkommen zu kurz kommt. (Beifall bei den NEOS.)

Und reden wir vielleicht kurz über das Klima! Ich sage es noch einmal: Man würde sich doch tatsächlich wünschen, dass die Grünen in dieser Bundesre­gie­rung vertreten wären. Warum sage ich das? (Heiterkeit der Rednerin.) – Der CO2-Ausstoß ist genau gleich hoch wie noch vor der Krise, wir haben hier nichts geschafft. Tatsächlich ist es so, dass die Klimaziele in Österreich nicht erreicht werden können. Wir haben nicht einmal den Hauch einer Chance, sie zu erreichen, und wir sehen auch tatsächlich null Motivation, Engagement und Pas­sion von den Grünen, da auch wirklich hinzukommen.

Man kann sagen: Ausbau der Erneuerbaren – ja, da passiert etwas, da werden tatsächlich Schritte gesetzt! – Dazu muss man sagen: versucht, zu setzen, denn was ist denn da los? – Die Länder führen Sie am Nasenring durch die Manege. Die Grünen wissen das, die sagen dazu auch nicht mehr ganz so viel, außer dass sie hinter vorgehaltener Hand sagen: Ja eh, da müsste man etwas tun! Und die ÖVP – Kollege Strasser hat es ja gerade gesagt – hätte 1 500 Bürgermeister – 1 500 Bürgermeister! –, die das ermöglichen könnten. Und was ist da los? – Na, die lassen Sie genauso ang’lehnt, liebe ÖVP, auch da passiert überhaupt nichts. (Abg. Haubner: Geh bitte! – Abg. Zarits: Bitte! Keine Ahnung! ... Gemeinden in Österreich ...!)

Noch einmal: Das Bild, das Sie hier abgeben, ist ein wirklich jämmerliches. Tatsächlich gäbe es Möglichkeiten. Man könnte ja etwas über den Finanz­aus­gleich gestalten. Auch da gibt es ja jetzt eine Diskussion, die Verhandlungen beginnen ja gerade, bis Ende 2023 soll er fertiggestellt sein – ein Riesenhebel für den Herrn Finanzminister. Da traut er sich aber offenbar nicht wirklich drüber. (Abg. Deimek: ÖVP ...!)


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Wirtschaft: Der nächste große Punkt, bei dem man etwas machen müsste. Es geht tatsächlich darum, dass die jungen Menschen nicht mehr glauben, sich in diesem Land noch etwas aufbauen zu können. Dieses Versprechen, dieses Zukunftsversprechen, dass man selbst etwas machen kann, dass es den eigenen Kindern besser gehen wird, das gibt es nicht mehr, die jungen Menschen haben das nicht mehr. Und warum haben Sie es nicht mehr? – Weil ihnen nicht mehr genug zum Leben bleibt.

Wir müssen ganz, ganz dringend tatsächlich daran arbeiten, dass weniger Steuern gezahlt werden müssen, die Abgabenquote gesamt senken – auch die Unternehmen zahlen zu viel, denn es braucht nicht nur die prosperierenden Möglichkeiten für die Jungen. Diese Möglichkeiten werden ja auch über die innovativen Unternehmen geschaffen, die wir auch in Zukunft hier in Österreich brauchen. Das heißt, ein innovativer, ein starker, ein selbstbewusster Unter­nehmerstand mit großartigen Jobs für die nächste Generation ist etwas, was in diesem Budget tatsächlich auch nicht zu finden ist. (Beifall bei den NEOS.)

Last, not least – und das würde nicht einmal viel Geld kosten – geht es um die Transparenz. Wenn wir nicht endlich damit aufhören wollen, dass wir Steuer­gelder – noch einmal, Herr Finanzminister, es sind Steuergelder, die ausgegeben werden – vollkommen intransparent, über Freunderlwirtschaft, mit der Gieß­kanne ausgeben – Hauptsache die eigenen Leut’ bekommen genug! –, wenn wir das nicht ändern wollen, dann wird es natürlich nicht gehen.

Was wäre möglich und was wäre zu tun? – Das Gegenteil von dem, was Sie bei der Cofag gemacht haben. Die Cofag war Freunderlwirtschaft und Intrans­parenz (die Abgeordneten Haubner, Ottenschläger und Steinacker: Das ist ja unglaub­lich!), in einen rechtlichen Rahmen gegossen. (Abg. Steinacker: Also wirklich! Jetzt reicht’s aber echt!) 17 Milliarden Euro! Na, schauen Sie sich das an! Jeder Öko­nom und jeder Rechnungshofbericht sagt doch das Gleiche. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Ich meine, das ist wirk­lich Kindesweglegung, was sie da in der türkisen Ecke betreiben. Das ist wirklich furchtbar. (Abg. Ottenschläger: Das ist schon wieder das Anpatzen!) – Ja,


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wenn Sie sich schon darüber aufregen, dann machen wir doch ein Informations­freiheitsgesetz! Wo ist es denn? (Ruf bei der ÖVP: Keine Ahnung! Was ist denn das für ein ...?) Das wollten Sie doch schon lange vorlegen, oder, liebe Kollegen von der ÖVP? Das fehlt natürlich! (Abg. Ottenschläger: Unseriös ist das! Abg. Weidinger: Nehmen Sie das zurück!) Schärfere Antikorruptionsrechte, das ist mit Ihnen nicht möglich.

Ganz im Ernst, meine Damen und Herren: Wir NEOS werden in den nächsten Tagen versuchen, die gröbsten Fehler, die in diesem Budgetprozess gemacht worden sind, ein wenig auszubessern. (Abg. Ottenschläger: Entschuldigen Sie sich dafür!) Es wir uns nicht viel gelingen, aber eines muss ich ganz klar sagen: Dieses Budget ist eine Abstiegsbeschleunigung für die nächste Generation und findet tatsächlich nicht unsere Zustimmung. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Ottenschläger: Unqualifiziert! FPÖ-Stil ist das! Hauptsache, wieder anpatzen, gell?  Ruf bei der ÖVP: Das könnt ihr, ja! – Abg. Weidinger: Das war unwürdig! Abg. Steinacker: Unqualifiziert bis zum Gehtnichtmehr!)

10.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Brunner. – Bitte sehr, Herr Bundesminister.


10.44.37

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, das Budget ist unter Rahmenbedingungen, unter Voraussetzungen zu erstellen gewesen, die sicher nicht ganz so einfach sind. Klubobmann Kickl hat es gesagt: Wir erleben gerade multiple Krisen.

Wir reagieren mit diesem Budget auf diese aktuellen Herausforderungen, denen wir uns zu stellen haben. Wir sorgen auch bestmöglich vor, wenn der Staat wieder, wie schon in der Vergangenheit, in sehr großem Umfang helfen muss. Gleichzeitig investieren wir aber auch in die Zukunft, in die Themen der Zukunft – dazu werde ich dann noch einiges sagen.


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Wir haben während der Krise, während der Pandemie intensiv geholfen – ja, und wir sind wirtschaftlich auch gut aus dieser ersten Krise herausgekommen. Wir hatten prognostizierte Wachstumszahlen von 5,8 Prozent, bis dann der Krieg in Europa begonnen hat, und wir sind auch dieses Jahr, im Jahr 2022, was die Zah­len betrifft, sehr gut aufgestellt: 4,8 Prozent Wachstum für 2022.

In den ersten beiden Quartalen hatten wir Wachstumszahlen, Herr Kollege Krainer, von 7,3 Prozent! 7,3 Prozent in den ersten beiden Quartalen: Das zeigt, dass wir nach der Pandemie vielleicht nicht alles, aber doch sehr viel richtig gemacht haben. Das bestätigen uns ja auch die Wirtschaftsexpert:innen, nicht nur national, sondern auch international. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Dann ist der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine gekommen und hat natürlich die Inflation und die daraus resultierende Teuerungssituation noch weiter verstärkt. Diese Inflation entsteht ja – das muss man, glaube ich, wenn man seriös analysiert, einmal klar festhalten – auf der einen Seite aufgrund von Aufholeffekten, die wir nach der Pandemie gehabt haben. Andererseits entsteht sie durch globale Lieferkettenprobleme, sie entsteht natürlich auch durch die hohen Energiepreise. Unsere Inflation in Europa ist ganz stark von den hohen Energiepreisen getrieben, anders als beispielsweise in den Vereinigten Staaten, und es ist ja unübersehbar, dass Putin die Energie auch als Waffe gegen Europa und dadurch auch gegen Österreich entsprechend einsetzt.

Ja, wir nehmen auch sehr viel Geld in die Hand, um die Abhängigkeit von rus­sischem Gas, von fossilem Gas insgesamt und von fossiler Energie zu reduzieren, und wir federn auch die Auswirkungen der hohen Inflation auf die Menschen, auf die Unternehmen, so gut es geht und so gut es möglich ist, ab.

Klar ist aber auch, dass wir nicht alle Krisen dieser Welt zu 100 Prozent kompen­sieren können. Das ist nicht möglich. Wir können aber abfedern, und das tun wir in einem doch sehr großen Ausmaß. Das tun wir auch im europäischen Ver­gleich in einem sehr großen Ausmaß, wie die Statistiken uns zeigen.


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Wir müssen das mit Fingerspitzengefühl tun, weil die notwendigen Unterstüt­zungen die importierte Inflation ja nicht weiter anheizen sollen. Deswegen, sehr geehrte Damen und Herren: Nicht alles, was populär klingt, ist in diesem Zusammenhang auch sinnvoll! (In Richtung SPÖ:) Das muss man auch in diese Richtung, wenn zugehört werden sollte, einmal klar festhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein Deckel auf eh fast alles auf nationaler Ebene macht natürlich keinen Sinn, das bestätigen auch alle Wirtschaftsexperten und -expertinnen nicht nur dieser Republik, sondern auch international. (Abg. Krainer: ... in Deutschland nur ein Drittel zahlt, die Industrie ...!) Auch der Städtebund mit Präsident Michael Ludwig fordert ja deswegen zu Recht, solche Maßnahmen auf internationaler, auf europäischer Ebene durchzuführen und nicht auf nationaler Ebene.

So, und jetzt investieren wir natürlich wie schon in der Coronazeit sehr viel Geld, um die Teuerung bestmöglich abzufedern. Alleine in diesem Jahr haben wir für Entlastungsmaßnahmen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro gesorgt. Viele Maß­nahmen, die wir heuer schon beschlossen haben, wirken schon seit Monaten, wie beispielsweise die Sofortzahlungen für jene Personengruppen, die es besonders notwendig haben, die besonders von der Krise betroffen sind. Andere Maßnahmen wiederum entfalten ihre Wirkungen im nächsten Jahr, werden eben auch erst im nächsten Jahr budgetwirksam, wie etwa die massiven Entlastungen für Pendlerinnen und Pendler.

Den Kampf gegen die steigenden Preise führen wir auch im kommenden Jahr und in den kommenden Jahren weiter. Im Budget 2023 haben wir beispielsweise 8,4 Milliarden Euro dafür bereitgestellt, bis 2026 werden es über 30 Milliarden Euro sein.

All das finanzieren wir zusätzlich zu den Entlastungsmaßnahmen, beispielsweise im Rahmen der ökosozialen Steuerreform, mit der wir die Österreicherinnen und Österreicher und auch die heimische Wirtschaft bis 2025 mit rund 18 Milliarden Euro entlasten. Ab dem kommenden Jahr schließen wir dann diesen Umbau des


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Steuersystems auf der Arbeitnehmerseite mit der Senkung der dritten Einkom­mensteuerstufe ab. Das bringt jedem Arbeitnehmer, jeder Arbeitnehmerin, jedem Angestellten mit durchschnittlichem Einkommen noch einmal zusätzlich bis zu 580 Euro pro Jahr an Entlastung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir senken auch die Körperschaftsteuer. Ja, wir machen das bewusst, weil es für die Unternehmen im internationalen Ver­gleich ein Wettbewerbsvorteil ist. Wir hören das ja auch, wenn wir beispiels­weise mit unseren deutschen Nachbarn und mit anderen Staaten in Europa reden: Das ist ein Wettbewerbsvorteil für unsere Wirtschaft. Wir senken sie ja nicht, um in Europa auf ein niedriges Niveau zu kommen: Wir befinden uns mit dieser Sen­kung dann im Durchschnitt der Europäischen Union. Das ist aber ein wichtiger Wett­bewerbsfaktor, auch im Kampf um die besten Voraussetzungen innerhalb Euro­pas. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Litschauer.)

Wenn wir uns die Steuerreform, die eben dann 2023 weitergeht, auch volks­wirtschaftlich anschauen, dann sehen wir, dass wir mit dieser ökosozialen Steuerreform dafür sorgen, dass das Bruttoinlandsprodukt alleine durch diese Maßnahmen mittelfristig um rund 1 Prozent erhöht wird und gleichzeitig auch 30 000 zusätzliche Arbeitsplätze alleine mit der ökosozialen Steuerreform geschaffen werden. Und wir setzen Anreize für umweltfreundliches Verhalten und auch für nachhaltige Investitionen. Das ist auf dem Weg in die Zukunft natürlich ganz entscheidend, das sind die richtigen Investitionen in die Zukunft, die wir damit setzen, weil wir auch die grüne Transformation umsetzen möchten und natürlich auch die Klimaziele erreichen möchten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was mir bei all diesen Einzelmaßnahmen besonders wichtig ist, ist, auch die strukturellen Maßnahmen zu betonen. Das ist das Entscheidende für die Zukunft, sehr geehrte Damen und Herren, das sind Investitionen für die Zukunft. Das sind genau die Zukunftsinvestitionen, die wir brauchen, und diese struk­turellen Maßnahmen greifen auch im nächsten Jahr. Wir stärken damit natürlich


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die Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreicher. Einzelmaßnahmen sind wichtig, aber reichen insgesamt auf Dauer natürlich nicht aus. Die hohe Inflation wird uns – anders als noch vor ein paar Monaten von vielen in Europa pro­gnostiziert – natürlich auch noch länger begleiten, und daher ist dieser steuer­politische Meilenstein – die Abschaffung der kalten Progression zu 100 Prozent, wie wir sie umsetzen – so entscheidend: Bis 2026 beträgt die Gesamtersparnis für die Menschen in Österreich aufgrund dieser Maßnahme rund 20 Milliarden Euro. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch die sozialpolitischen Maßnahmen, mit der Valorisierung, also der Inflations­anpassung der Sozialleistungen, sind ein steuerpolitischer Meilenstein, den wir auch in diesem Bereich setzen, und davon profitieren natürlich vor allem die Familien. Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag, Kinderbetreuungsgeld, Familien­zeitbonus: Das alles wird in Zukunft automatisch valorisiert, je nach Inflation, und das ist auch ein Meilenstein, den wir da nach 40 Jahren setzen können. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ja, selbstverständlich sind all die Maßnahmen gegen die Teuerung eine enorme Herausforderung für unser Budget, überhaupt keine Frage. Wir können – das habe ich vorhin schon gesagt – die Auswirkungen der Inflation, der Teuerung nicht zu 100 Prozent kompensieren, aber wir können es uns auch nicht leisten, in dieser Situation nicht zu helfen. Das ist unsere Pflicht als Politik, und das tun wir in großem Ausmaß. Es braucht daher einerseits Hilfen in den Krisenzeiten, die stellen wir zur Verfügung, aber es braucht auch einen Blick auf die zukünftige Budgetkonsolidierung, die wir natürlich nach den Krisen angehen müssen. Ich glaube, das ist auch keine Frage, das sieht man, wie ich gehört habe, hier im Hohen Haus auch ähnlich.

Der Weg zu einer nachhaltigen Fiskalpolitik ist ja kein Selbstzweck. Das ist dazu da, um uns Spielräume für die Zukunft zu schaffen; und zwar brauchen wir diesen Spielraum auf nationaler Ebene, um eben in Krisenzeiten entsprechend unterstützen zu können, wir brauchen ihn aber auch auf europäischer Ebene, damit wir den Institutionen wie der Europäischen Zentralbank die Möglichkeit


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geben, auf die Herausforderungen, auf die Krisen auch rasch und intensiv und selbstbewusst reagieren zu können. Das ist alternativlos für uns, und deswegen werden wir diesen Weg selbstverständlich auch wieder einschlagen.

Was jeder Kreditnehmer weiß, wissen Sie, sehr geehrte Damen und Herren, natürlich auch: Wenn die Zinsen steigen – und das tun sie bereits seit einiger Zeit ganz intensiv –, dann bleibt natürlich auch weniger Geld im Haushalts­bud­get übrig. Unsere Zinszahlungen, die wir im Budget ausweisen müssen, werden sich von heuer 4,4 Milliarden Euro bis 2026 auf das Doppelte, auf 8,4 Milli­arden Euro, entwickeln. Das ist eine Herausforderung, die wir natürlich auch im Budget entsprechend abzubilden haben.

Klar ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir trotz dieser ganzen Heraus­forde­rungen, denen wir uns zu stellen haben, auch in die Zukunft blicken müssen. Wir haben daher natürlich die steigenden Staatsschulden im Auge, und wir müssen diese Schulden mittel- bis langfristig auch wieder abbauen. Das ist natürlich die internationale Vorgehensweise – Kollege Fuchs ist jetzt leider nicht da; ah doch, da ist er –, und du, lieber Herr Staatssekretär außer Dienst, weißt natürlich ganz genau, dass das immer relativ zum BIP dargestellt wird. Das sind die Ziele, die die Europäische Union hat und die wir mit Maastricht auch dargelegt haben. Wir werden – diese Maastrichtkriterien betreffend – das Maastrichtdefizit von aktuell 3,5 auf 1,6 Prozent im Jahr 2026 runterbringen, das ist gut so. Wir werden die Schuldenquote auch nach unten bringen, obwohl natürlich – da hast du recht – die Schulden in absoluten Zahlen steigen werden. Wir werden die Schuldenquote von jetzt gut 78 Pro­zent auf dann 72,5 Prozent im Jahr 2026 runterbringen. Das ist der richtige Weg, auf dem wir uns befinden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich fordern wir diese nachhaltige Budgetpolitik auch auf europäischer Ebene ein, vor allem natürlich bei Mitgliedstaaten, die hoch verschuldet sind. (Abg. Doppelbauer: Das ist Ablenkung!) – Das ist wichtig, das ist keine Ablenkung, sondern das ist auch auf europäischer Ebene ein wichtiger Punkt, liebe Frau


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Kollegin Doppelbauer. Es ist wichtig, sich auf europäischer Ebene auch dafür einzusetzen, um eben die Spielräume zu schaffen. (Abg. Doppelbauer: ... vor der eigenen Haustüre kehren!) – Ja, national, habe ich vorhin gesagt, aber auch: sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen. Das tun wir, weil insbesondere auf der europäischen Ebene davon natürlich abhängt, ob dann die Zentralbank auch die gewissen Möglichkeiten, Spielräume hat, um schnell, um konkret, um rasch unterstützen und einschreiten zu können.

Wir sind jetzt auf europäischer Ebene in der Situation, dass wir den europä­ischen Stabilitäts- und Wachstumspakt diskutieren, und auch da muss Österreich eine starke Stimme haben, um darauf hinzuwirken, dass eben diese Kriterien – und ich bin froh, dass die erste Entwürfe in diese Richtung gehen – auch beste­hen bleiben: die Maastrichtkriterien, die Schuldenquoten, die wir einzuhalten haben. Das ist wichtig und da werden wir auf europäischer Ebene intensiv diskutieren, aber wir werden auch als Republik Österreich darauf schauen, dass diese Kriterien entsprechend eingehalten werden.

Um auf Österreich zurückzukommen: Wir müssen eben auch hier sorgsam bud­getieren. Wir müssen einen Spagat schaffen, zwischen den notwendigen Unterstützungsmaßnahmen auf der einen Seite, die wir natürlich gegen die Krise auf den Weg bringen müssen, aber eben auch dem langfristigen Abbau der Schulden auf der anderen Seite, den wir auf den Weg bringen und schaffen müs­sen. Wir haben daher als Bundesregierung gemeinsam ein Budget auf die Beine gestellt, das den Ressorts genügend Spielraum für die Antworten der Zukunft lässt und gleichzeitig eben auch Ressourcen für die Bewältigung dieser Krisen freimacht.

Es ist uns, glaube ich, schon gelungen, insgesamt, über alle Lebensbereiche, über alle Themenbereiche mehr Mittel zur Verfügung zu stellen: mehr Mittel im Bereich Frauen und Gleichstellung, für den Gewaltschutz; zusätzliche Mittel im Bereich der Arbeit, des Arbeitsmarktes, auch zur Bekämpfung des Fachkräf­temangels; mehr Geld für Kunst und Kultur beispielsweise oder auch mehr Geld für den Sport.


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Wir setzen im vorliegenden Budget aber auch ganz gezielt Schwerpunkte: 1,4 Milliarden Euro investieren wir beispielsweise in den öffentlichen Verkehr und in die Transformation des Verkehrs. Wir investieren 336 Millionen Euro in die Digitalisierung. Wir investieren 1,7 Milliarden Euro in die Pflege und in die Umsetzung der Pflegereform, die heute schon angesprochen worden ist, und wir geben 3,6 Milliarden Euro mehr – zusätzlich also – für unsere Bildungslandschaft aus. Die Universitäten alleine bekommen bis 2026 zusätzlich zur Leistungsver­einbarung 1 Milliarde Euro. Das ist notwendig, das ist uns bewusst, und deswegen tun wir das auch, deswegen setzen wir mit diesem Budget diese Schritte. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zwei ganz wesentliche Schwerpunkte, die wir in diesem Budget setzen, betreffen Sicherheit und Transformation. Mit dem russischen Angriffskrieg auf Europa ist unser Kontinent natürlich eine Spur unsicherer geworden. Wir müssen wieder mehr in unsere Sicherheit investieren; das macht ganz Europa so, das tun wir auch. Deswegen gibt es bis 2026 zusätzlich 5,3 Milliarden Euro für das österreichische Bundesheer, so viel wie noch nie zuvor. Wir statten unsere Soldatinnen und Soldaten mit moderner Kampfausrüstung, mit moderner Schutzausrüstung aus, damit sie unser Land auch bestmöglich schützen können. Gleichzeitig investieren wir in die Infrastruktur in diesem Bereich, beispielsweise wenn es um Blackouts, um Cybersecurity oder um elektronische Kampffüh­rung geht. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Lieber Herr Staatssekretär Fuchs (Ruf bei der SPÖ: A. D.!), es sind 1 Prozent nächstes Jahr. Das ist im internationalen Vergleich auch klar darstellbar. Es gibt Nato-Zahlen, die Vergleiche zulassen. Es wird 1 Prozent im nächsten Jahr sein, es werden 1,5 Prozent im Jahr 2027 sein; es werden in absoluten Zahlen 680 Millionen Euro zusätzlich im nächsten Jahr sein. Wir stärken aber nicht nur die äußere Sicherheit, sondern wir stärken auch die innere Sicherheit, etwa mit zusätzlichen Transporthubschraubern. Wir treffen auch Maßnahmen zur Krisenvorsorge bei der Polizei.


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Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist die heute bereits angesprochene Trans­formation: die Transformation der Wirtschaft, die Transformation der Gesell­schaft insgesamt. Neben der Digitalisierung werden wir vor allem den ökologi­schen Wandel und die noch rascher notwendige Abkehr von fossilen Ener­gieträgern umsetzen. Das ist die große Herausforderung, der wir uns in Zukunft zu stellen haben, und das gehen wir auch entsprechend an. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Für diese Transformation stellen wir im Bundesfinanzrahmen zusätzlich rund 5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das ist für die Transformation der Wirtschaft, des Wirtschaftsstandorts, das steht zur Verfügung, um effektiv und effizient auf den Klimawandel reagieren zu können. Wir begleiten damit auch die heimische Industrie, die heimische Wirtschaft auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung, sichern dabei auch Wertschöpfung und natürlich auch langfristig Arbeitsplätze in Öster­reich.

Schließlich brauchen auch diejenigen Unterstützung, die einen sehr großen Anteil daran hatten, dass wir gut durch die Krisen gekommen sind – das wurde heute auch schon angesprochen –, das sind die Städte und die Gemeinden. Während der Coronapandemie haben wir die Gemeinden in Österreich, auch die Länder, insgesamt mit rund 4 Milliarden Euro zusätzlich unterstützt. 1 Milliarde Euro davon erhielten die Gemeinden in Form eines Zweckzuschusses, mit dem der Bund Investitionen in den Gemeinden auch entsprechend unterstützt hat.

Dieses Programm setzen wir jetzt quasi noch einmal neu auf. 500 Millionen Euro sind für Investitionen im Bereich der Energieeffizienz, der erneuerbaren Ener­gien und des Umstiegs auf erneuerbare Energien vorgesehen, und weitere 500 Millionen Euro können wie schon bisher nach sehr offenen, nach sehr breit gehaltenen Kriterien investiert werden: von Straßensanierungen über Kinder­betreuungsplätze über den Ausbau von Schulen beispielsweise, für Maßnahmen im Bereich der Abwasserentsorgung und der Wasserversorgung und vieles mehr. Insgesamt gibt es also für die nächsten beiden Jahre eine weitere Milliarde Euro für Österreichs Gemeinden und Städte. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! All diese Maßnahmen finanzieren wir – wie wir wissen – nicht gerade in Zeiten der Hochkonjunktur, sondern mitten in einer Krise, mitten in einer Krise, die unsere Art, zu leben, unsere Art des Wirtschaftens nachhaltig infrage gestellt hat. Wir stemmen uns mit diesem Budget nicht nur gegen die Krise, sondern wir investieren auch aus dieser Krise heraus in die Zukunftsthemen, indem wir gezielt Schwerpunkte setzen, die uns auf lange Sicht auch insgesamt stärken, die den Wirtschaftsstandort und dadurch die Arbeitsplätze stärken. Die Menschen erwarten das von uns nicht nur in schwierigen Zeiten, aber in diesen schwierigen Zeiten mehr denn je. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.05


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Hubert Fuchs zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.05.36

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Frau Präsidentin! Der Herr Finanzminister hat behauptet, dass das Landesverteidigungsbudget bereits 2023 1 Prozent des BIP erreichen wird.

Ich berichtige tatsächlich: Unter Berücksichtigung der Pensionen, bezogen auf das aktuelle BIP im jeweiligen Jahr wird es 2023 0,83 Prozent, 2024 0,87 Pro­zent, 2025 0,93 Prozent und 2026 0,99 Prozent betragen. Das sind die Zahlen, die der Budgetdienst berechnet hat. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.06


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Meri Disoski zu Wort. – Bitte.


11.06.32

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglie­der der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, insbesondere hier auf der Galerie! Als Frauensprecherin meiner


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Fraktion kann ich festhalten: Dieses Budget bringt Österreich frauenpolitisch um einige wichtige und längst überfällige Schritte voran. (Beifall bei den Grünen.)

Ich beginne beim Offensichtlichen, nämlich beim Budget des Frauenministe­riums. Zehn Jahre lang, unter sozialdemokratischen Kanzlern, ist dieses Budget bei circa 10 Millionen Euro stagniert, dann kam die – wie soll ich sagen? – frauenpolitische Geisterbahnfahrt von Türkis-Blau, Kürzungen beim Frauen­budget inklusive. Mit grüner Regierungsbeteiligung gibt es nach einer langen, langen Durststrecke endlich wieder mehr Geld für Frauenpolitik. Wir haben das Frauenbudget konkret um 140 Prozent auf mittlerweile 24,3 Millionen Euro erhöht. Ein Großteil davon fließt in den Gewaltschutz, in die Gewaltprävention und in den Opferschutz. Das ist deshalb besonders wichtig, weil es in diesem Land leider traurige Realität ist, dass nach wie vor jede fünfte Frau von Gewalt betroffen ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: Viel zu viele! Eine Elfjährige ...! – Abg. Belakowitsch: Wer sind eigentlich die Tätergruppen?)

Darum haben wir auch in anderen Ministerien – im Justizministerium, im Innenministerium, auch im Gesundheits- und Sozialministerium – die Mittel für Gewaltschutz und für Gewaltprävention erhöht. Bis 2026 stellen wir dafür jährlich zusätzlich 40 Millionen Euro zur Verfügung. Endlich hat der Gewalt­schutz die Priorität, die er braucht, nämlich die höchste, und endlich ist er auch eigens im Budget ausgewiesen – ein absolutes Novum. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Frauenpolitisch wichtig ist auch ein Blick ins Budget des Gesundheits- und Sozialministeriums. Mit den insgesamt 21,9 Milliarden Euro, die budgetiert wor­den sind, setzen wir gezielt dort Akzente, wo es in der aktuellen Situation am wichtigsten ist: bei der Armutsbekämpfung und der Pflegereform, um die Folgen der Coronakrise abzufedern und die Frauengesundheit zu stärken und zu verbessern. (Abg. Deimek: Warum müssen den bei der HPV-Impfung über 21-Jährige noch immer zahlen?) Das machen wir mit einem Mix aus direkten Zahlun­gen und strukturellen Änderungen, die mit diesem Budget nachhaltig wirksam werden.


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Wir haben uns mit der Abschaffung der kalten Progression einen Spielraum erarbeitet, um auch die Verteilungsgerechtigkeit in unserem Land zu erhöhen. Wie machen wir das? – Das machen wir, indem wir ab 1. Jänner 2023 wichtige Sozial- und auch Familienleistungen wie zum Beispiel das Kinderbetreuungsgeld, die Familienbeihilfe oder die Studienbeihilfe dauerhaft automatisch an die Inflation anpassen. Sie werden automatisch und dauerhaft an die Inflation ange­passt: Das ist von vergangenen Regierungen immer wieder versprochen worden, es ist Jahrzehnte in Regierungsprogrammen gestanden – umsetzen tun es wir jetzt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Vizekanzler Kogler: Bravo!)

Werte Kolleginnen und Kollegen, wieso ist das frauenpolitisch besonders wichtig? – Weil wir wissen, dass insbesondere bei den Alleinerziehenden, die von Armut betroffen sind, den größten Anteil Frauen ausmachen. Für eine alleinerziehende Mutter mit einem achtjährigen Kind bedeutet diese automati­sche Inflationsanpassung künftig 304 Euro mehr. Wenn ich die drei Anti­teuerungspakete dazuzähle, die wir in den vergangenen Monaten geschnürt haben, ist das eine Entlastung von 1 200 Euro für diese alleinerziehende Mutter. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Hervorheben möchte ich frauenpolitisch auch nochmals die Pflegereform, die mit 1,7 Milliarden Euro im Budget verankert ist. Ich glaube, die Coronakrise hat uns sehr schmerzlich vor Augen geführt, unter welchen Bedingungen, auch unter welch schlechten Gehältern in der Pflege Tätige ihre Arbeit leisten. Wir wissen, dass der Großteil jener, die in der Pflege arbeiten, Frauen sind. Deshalb ist diese Pflegereform auch eine feministische Reform und das freut mich als Frauen­sprecherin natürlich besonders. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist heute schon gesagt worden, auch bei der Kinderbetreuung kommen wir weiter. Da ist jahrelang, jahrzehntelang nichts passiert. Mit der Kindergartenmil­liarde sorgen wir jetzt dafür, dass wir diesem Rechtsanspruch auf Kinderbe­treuung, den wir Grüne übrigens als Erste hier in diesem Hohen Haus gefordert


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haben, auch Schritt für Schritt näher kommen, damit er endlich Realität wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Schluss: Realität wird auch etwas, das aus gesundheitspolitischer Sicht längst überfällig ist – erst gestern konnten wir die diesbezügliche Einigung verkünden, ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs, die zweithäufigste Krebsart bei Frauen –: Künftig wird die Impfung gegen Gebär­mutterhalskrebs, gegen HPV, bis zum 21. Lebensjahr kostenlos sein. Das ist wirklich ein wichtiger Schritt im Kampf für eine bessere Frauengesund­heit, im Kampf gegen diesen Krebs.

Sie sehen, werte Kolleginnen und Kollegen, da, wo andere weggeschaut haben, schauen wir hin, da greifen wir hin. Wir reparieren das, was andere Regierungen einfach fahrlässig unter den Teppich gekehrt haben, und ich verspreche Ihnen, dass wir das auch weiterhin machen werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.11


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte.


11.11.33

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn der Herr Finanzminister gerade vorhin von wichtigen Zukunftsinvestitionen gesprochen hat, so muss man mit Blick auf den Bildungs­bereich, nämlich auf den gesamten Bildungsbereich, sagen, dass genau diese Zukunftsinvestitionen fehlen. Sie werden genau nicht in dem Ausmaß vorgenom­men, in dem sie dringend notwendig wären.

Wir haben vor einigen Wochen medial einen überraschten Bildungsminister beobachten dürfen, aber eigentlich war die Überraschung ganz auf unserer Seite, Herr Bundesminister. Die Überraschung der Überraschung bestand nämlich darin, dass das Budget auf den Tisch gelegt worden ist und die Universitäten mit blankem Entsetzen darauf reagiert haben, denn die Mittel, die vorgesehen sind,


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reichen nicht aus, werden zu drastischen Maßnahmen führen müssen, wenn dies so bleibt, und das ist keinesfalls durch Einsparungen bewältigbar. (Abg. Taschner: Es bleibt nicht so! Es ist verbessert worden!)

Wir wissen das seit Langem, Herr Bundesminister! Daher waren wir über Ihre Überraschung überrascht. Die Universitäten weisen seit Monaten darauf hin, dass ein großes Budgetloch besteht. Bereits vor dem Sommer war von den Universitäten zu hören, dass das Budgetloch noch größer geworden ist; sie wissen nicht, wie sie mit den steigenden Energiekosten auf Basis dieser Zahlen umgehen können.

Herr Bundesminister, wir haben Sie im Wissenschaftsausschuss Ende Juni bereits auf das angesprochen, was wir aus den Universitäten hören: dass wieder überlegt wird, die Studenten in Distancelearning zu schicken, dass die Studie­renden also wieder zu Hause vor dem Computer sitzen und nicht im Hörsaal, weil man an den Universitäten nicht weiß, wie man mit diesen Kosten, Energie­kosten umgehen soll. Sie haben damals gesagt, das hören Sie nicht, das wissen Sie nicht. Wir haben Sie im Herbst noch einmal darauf angesprochen, und wieder haben Sie gesagt, das werde nicht der Fall sein. Das Budget liegt jetzt vor uns und die Universitäten sagen, sie werden temporär schließen müssen, sie werden Ausschreibungen stoppen müssen, sie werden auf Distancelearning umstellen müssen und sie befürchten sogar, in manchen Bereichen insolvent zu werden – und das, sehr geehrte Damen und Herren, in einer Zeit, in einer Umbruchszeit, in der wir auf die Ergebnisse der Wissenschaft so dringend angewiesen sind. Das können wir uns nicht leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Aus diesem Grund, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich einen Antrag einbringen, um die Universitäten und die Fachhochschulen, die von den Teuerungen natürlich im gleichen Ausmaß betroffen sind, zu unterstützen:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung des Universitätsbudgets sowie der Zuwendungen an die Fach­hochschulen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung wird aufgefordert, eine Erhöhung des Bundesvoran­schlages 2023 im BFG (UG 31) dahingehend vorzunehmen, dass zumindest die zu erwartenden Mehrkosten laut Kalkulation der österreichischen Universi­tätskonferenz für den Bereich der Universitäten eingepreist werden und ebenso eine Erhöhung des Budgets für die Fachhochschulen dahingehend eingepreist wird, dass sowohl der inflationäre Mehrbedarf als auch ein forcierter Ausbau der Fachhochschulen finanziell bedeckt ist. Dies unter dem Gesichtspunkt, dass die Kosten der tertiären Bildung Zukunftsinvestitionen und Chancen für Österreich darstellen.“

*****

Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt viele, die sagen, Herr Bundesminister Polaschek ist der Verlierer in diesem Budgetprozess. (Abg. Belakowitsch: ... keiner!) Ich sage, die Schulen bekommen de facto weniger Geld, die Unis befürchten Insolvenz, die Fachhochschulen bekommen die Fördersätze nicht in der Höhe, in der sie sie brauchen würden: Die Verlierer sind also – auch wenn Sie begonnen haben, sich zu bewegen, Herr Bundesminister, aber das ist nicht genug, das kann nur ein Anfang sein —, sehr geehrte Damen und Herren, die jungen Menschen und die Wissenschafter in unserem Land. Und das ist ein trau­riges Kapitel in Ihrem zukunftsvergessenden Budget. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre. Abg. Salzmann: 1 Milliarde ...!)

11.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Andrea Kuntzl,

Genossinnen und Genossen

betreffend „Erhöhung des Universitätsbudgets sowie der Zuwendungen an die Fachhochschulen"

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 1 Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1744 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopol­gesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMUFörderungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das BundesmuseenGesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommu­nalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 –BBG 2023) (1776 d.B.)

Die österreichische Universitätskonferenz hat bereits vor Vorlage des Entwurfes eines Bundesfinanzgesetztes darauf hingewiesen, dass durch die Teuerungen im Bereich der Energie (Strompreisentwicklung, Fernwärmepreisentwicklung, Gaspreisent­wicklung) sowie durch die zu erwartenden Gehaltskostensteigerungen (Inflation) und die gestiegenen Miet-und Objektkosten ein gewaltiger Mehrbedarf von rund 1,2 Mrd. Euro im Budget für die Universitäten notwendigerweise erforderlich ist. Laut einer


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Kalkulation vom 19.10.2022 stellen sich die zu erwartenden Mehrkosten (Stand September 2022) wie folgt dar:

Dieser Mehrbedarf ist im Entwurf des Bundesvoranschlages 2023 nicht gedeckt, sondern wird lediglich eine Erhöhung des Universitätsbudgets um rund 250 Mio. Euro jährlich eingepreist. Damit liegt die Erhöhung weit unter den inflationären Anpassungserfordernissen. Von Seiten der Universitäten wird daher davon ausgegangen, dass es restriktive Maßnahmen erfordern wird, wie zum Beispiel Schließungen und generell die Reduktion des Lehrangebotes. Dabei handelt es sich um einen unhaltbaren Zustand im Vergleich zu den anderen gewährten Beihilfen.

Ebenso stellt sich der Bereich der Fachhochschulen dar: diesbezüglich nimmt der Bundesvoranschlag 2023 lediglich höhere Auszahlungen für den Ausbau der Fachhochschulen um 7,3 Mio. Euro vor. Damit werden keine neuen Studienplätze geschaffen und die Erstattungsbeträge für Studienplätze an österreichischen Fachhochschulen nicht real erhöht.

Mit den extrem geringen Budgetansätzen ist die Zukunft der österreichischen Hochschulen nicht gesichert, daher bedürfen die Einstellungen in der UG 31 einer entsprechenden Korrektur.


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Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird aufgefordert, eine Erhöhung des Bundesvoranschlages 2023 im BFG (UG 31) dahingehend vorzunehmen, dass zumindest die zu erwartenden Mehr­kosten laut Kalkulation der österreichischen Universitätskonferenz für den Bereich der Universitäten eingepreist werden und ebenso eine Erhöhung des Budgets für die Fachhochschulen dahingehend eingepreist wird, dass sowohl der inflationäre Mehr­bedarf als auch ein forcierter Ausbau der Fachhochschulen finanziell bedeckt ist. Dies unter dem Gesichtspunkt, dass die Kosten der tertiären Bildung Zukunftsinvestitionen und Chancen für Österreich darstellen."

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­ge­bracht, ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte.


11.16.47

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Finanz­minister! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! (Abg. Belakowitsch: Es ist alles super!) Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Wir debattieren jetzt die Tagesordnungspunkte 1 bis 9 und wir werden uns die nächsten drei Tage, also bis Donnerstagabend, mit jedem einzelnen Kapitel, sprich mit jedem einzelnen Ministerium, tiefgreifend auseinandersetzen.

Wir haben vor 14 Tagen mit dem Budgethearing angefangen, mit den Experten, die jede Fraktion dort gestellt hat. Wir sind letzte Woche von Montag bis Freitag


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alle Kapitel durchgegangen, und zwar mit allen Ministern und Ministerinnen, mit dem Kanzler und dem Vizekanzler.

Ich darf mich als Budgetausschussvorsitzender jetzt dafür wirklich recht herzlich bedanken, auch bei meinen Kollegen – bei Herrn Kollegen Schwarz, Herrn Kollegen Krainer, Herrn Kollegen Fuchs, Frau Kollegin Doppelbauer. Wisst ihr, warum ich mich dafür bedanke? – Weil wir in den letzten zehn Tagen, auch mit den Abgeordneten von den Oppositionsparteien, eine gute Gesprächskultur gehabt haben; weil wir in die Tiefe gehend diskutiert haben; weil wir gefragt haben: Warum ist das so oder warum ist das nicht so? Dafür gibt es Opposi­tions­parteien, und das ist auch wichtig und richtig so. Ich würde mir diese Kultur, die in den Ausschüssen, bei den Hearings geherrscht hat, auch in den nächsten drei Tagen hier im Plenum wünschen, wenn Fernsehen, Medienvertreter und Zuschauer hier sind, dass wir gleich miteinander umgehen. Ich glaube, in Summe tut uns das allen nur gut. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Finanzminister, Sie haben in der Früh noch einmal ganz ausführlich die Eckpunkte des Budgets angesprochen. Was soll ich sagen? Ich glaube, wir haben in dieser schwierigen Zeit mit bestem Wissen und Gewissen versucht, das Beste zu machen.

Wir kennen das von der Coronakrise. Zuerst hat es geheißen, alles zu langsam, alles zu wenig. Dann waren wir schnell. (Abg. Belakowitsch: Alles falsch!) – Was andere alles falsch machen, habt ihr auch noch gesagt. (Abg. Belakowitsch: War es auch! – Ruf bei der FPÖ: Ist es ja auch!) In Summe ist aber herausgekommen, dass diese Hilfen in der Coronazeit Österreich sehr gut, und zwar als eines der besten Länder europaweit, aus der Krise herausgeführt haben (Abg. Belakowitsch: Kön­nen Sie keine Statistiken lesen? ...! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), und nur deswegen war es möglich, dass wir jetzt auch so stark helfen können, und zwar denjenigen, die es am meisten brauchen. (Abg. Belakowitsch: ... Kollege Hörl!)


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Alle Experten sagen, für die untersten 10 Prozent, jene mit dem geringsten Einkommen, wird es voll abgedeckt. Wir haben die langfristigen Absenkungen gebracht, die den Menschen wirklich helfen und dafür sorgen, dass mehr Geld in der Kasse ist, nämlich: die Absenkung der Steuersätze von 35 auf 30 Prozent und von 42 Prozent auf 40 Prozent und auch die Abschaffung der kalten Pro­gression, die allein bis zum Jahr 2026 zwischen 17 und 20 Milliarden Euro aus­macht, sodass den Menschen mehr im Sack bleibt.

Hier herinnen ist alles zu wenig, das weiß ich, aber wenn man draußen zuhört, dann sagen die Leute: Ja, wo nehmt ihr denn überhaupt das Geld her? (Abg. Loacker: Das ist ja die Frage!) – Leute, das ist das Geld des Steuerzahlers! (Abg. Rauch: Die Rede ist schon skurril!)

Etwas müssen wir aber auch wissen: Österreich ist, Gott sei Dank, noch ein Land – Gott sei Dank! –, was man erkennt, wenn man in dieser Zeit über die Grenzen hinausschaut, der Seligen. Seien wir dankbar, dass wir hier sind!

Wie schaut es denn mit unserer Schuldenpolitik aus? (Abg. Wurm: Schlecht! – Abg. Belakowitsch: Katastrophal! – Zwischenruf des Abg. Loacker, der sich mit den Händen an den Kopf greift.) – Ich sage euch jetzt eines dazu: Ein Würstelstand wird weniger Schulden haben als ein großer Industriebetrieb. (Abg. Hafenecker: Ich habe immer gesagt ...!) Jetzt sage ich euch, wie wir mit den Schulden euro­paweit dastehen: Wir stehen nicht als die Besten da, das weiß ich (Zwischenruf des Abg. Rauch), aber wir können aufgrund der großen Hilfen stolz darauf sein (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Dass wir besser dastehen als Spanien, Italien, Griechen­land?), dass wir noch so finanzstark sind.

Die 27 EU-Staaten haben eine durchschnittliche Verschuldung von 87 Prozent des BIP. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Herr Obernosterer bereitet sich mit seiner Rede auf ... vor! – Zwischenrufe der Abgeordneten Loacker und Belakowitsch.) In der Eurozone haben die 19 Staaten, die den Euro haben, eine durchschnittliche Verschuldungsquote von 93 bis 94 Prozent, und Österreich hat trotz dieser vie-


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len Hilfen eine Verschuldungsquote von 78 Prozent. Das heißt, wir sind halb­wegs gut aufgestellt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rauch und Stefan.) Natürlich müssen wir in Zukunft darauf schauen, dass wir die Schulden wieder wegbrin­gen, weil wir nicht alles vertun können, was im Grunde genommen unsere Kinder und Enkelkinder wieder brauchen. (Abg. Scherak: ... aber machen seit 35 Jah­ren Schulden!)

Herr Finanzminister, ich gratuliere Ihnen und allen Ministerinnen und Ministern zu diesem Budget. (Abg. Belakowitsch: Warum tragen Sie eine rote Krawatte?) Wir können wirklich positiv in die Zukunft schauen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Belakowitsch: Hat Ihnen das gefallen, Herr Finanz­minis­ter? – Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Mäßig!)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


11.21.41

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Prä­si­dentin! Herr Kollege Obernosterer von der ÖVP, das passt ja genau in das Sich-die-Welt-Schönreden und Den-Menschen-Geschichten-Erzählen. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.)

Ihr Schuldenquotenbeispiel: Es ist natürlich klar, wenn man sich mit Italien, Spanien, Griechenland und ähnlichen Musterstaaten vergleicht, dann hält dieser Vergleich. Wir Freiheitliche wollen uns nach unserem Selbstverständnis eher mit solchen Staaten wie Schweiz, Norwegen, Benelux et cetera (Abg. Hörl: Russland!) vergleichen, und da schaut es mit der Schuldenquote schon ganz anders aus. (Abg. Obernosterer: Das haben wir in Kärnten erlebt, was ihr für Schulden gemacht habt!)

Wir sind in der Generaldebatte: Ein Budget ist die in Zahlen gegossene Politik einer Bundesregierung, und da entspringt auch das Selbstverständnis dessen,


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was ein Staat zu tun hat und was ein Staat nicht zu tun hat. Ich schaue jetzt den Herrn Finanzminister an, den ich auch schon sehr, sehr lange kenne. Aus freiheitlicher Sicht brauchen wir einen starken Staat, der aber nicht mit einem Staatsmoloch, den Sie gerade in den letzten Jahren aufgebaut haben, zu verwechseln ist, sondern wir brauchen einen starken schlanken Staat, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert – Sicherheit, Rechtssystem, Gesund­heitssystem, Infrastruktur und Bildung – und im Wesentlichen im Übrigen die Menschen frei arbeiten lässt, in Ruhe lässt. Das, was Sie hier in den letzten Jahren aufgebaut haben, ist ja das Gegenteil davon – das Monstrum Staat, das sich überall einmischt, planwirtschaftliche Komponenten überall, Gebote, Verbote, ideologiegetriebene Klima-, Umweltpolitik.

Das ist natürlich enorm teuer, enorm teuer! Wer bezahlt das Ganze? Ich höre immer von Ihnen: Wir investieren dort und dort und dort! Wir! (Bundesminister Brunner: Der Steuerzahler!) – Genau, der Steuerzahler zahlt das, die Menschen, die sozusagen den Esel für Ihr Spiel darstellen, denen Sie in Wahrheit nicht nur 50 Prozent Einkommensteuer – wenn sie recht gut verdienen, und da brauchen sie jetzt nicht Millionen zu verdienen –, sondern zusätzlich noch einmal 20 Prozent Umsatzsteuer wegnehmen, 70 Prozent ihrer Wertschöpfung wegnehmen. Das ist eine enorme Quote, und trotzdem kommen Sie mit dem vielen Geld nicht aus. 115 Milliarden Euro nehmen Sie den Menschen weg, um dann zu sagen: Wir machen dieses und jenes! – Und trotzdem produzieren Sie Defizite: 20 Milliar­den Euro vor zwei Jahren, 20 Milliarden Euro voriges Jahr, jetzt wieder 17 Mil­liarden Euro. Das ist eine Politik, die sich am Ende nicht ausgeht und für die wir bezahlen müssen, wir und unsere Kinder und unsere Enkel. Das ist keine ver­antwortungsvolle Politik, sondern das genaue Gegenteil davon. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sind für mich auch nicht glaubwürdig. Ich glaube Ihnen mittlerweile schon fast nichts mehr. Sie lösen nämlich mit Ihrer Politik keine Krisen, sondern Sie schaffen diese Krisen, und zwar eine nach der anderen – ich werde darauf noch genauer eingehen.


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Sie reden sich die Welt schön. Sie erzählen den Menschen Geschichten – die Geschichte von: Wir kommen selbstverständlich ohne russisches Öl und Gas aus!, Selbstverständlich können alle Fossilen durch Erneuerbare ersetzt werden!, die Geschichte: Die EU ist keine Schuldenunion!, die Geschichte: Wir sind am besten durch die Coronakrise gekommen, wir haben vieles richtig gemacht!, die Geschichte: Die Grenzen sind sicher! – Das sind alles Geschichten. Sie erzählen den Menschen Geschichten (Abg. Obernosterer: Das sind Fakten!), und ich erzähle jetzt den Menschen die Wahrheit und die Fakten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischen­ruf des Abg. Schnabel.)

Die Wahrheit und die Fakten sind, dass die Einnahmen des Staates enorm gestiegen sind – das ist gut für Sie, das ist schlecht für die Menschen, die Sie hier zur Kasse bitten, die Sie, ich sage es jetzt bewusst nicht, aber ich sage es, abzocken –, dass Sie trotzdem riesige Defizite produzieren, dass der Schulden­berg wächst.

Selbstverständlich wächst der Absolutbetrag, und Sie können den Menschen von Ihrer – sage ich jetzt einmal – kreativen Buchhaltung mit der Schuldenquote erzählen, nur jeder, der etwas davon versteht, sieht, was Sie da herumtricksen; genauso mit dem Bundesheerbudget, mit den Prozentsätzen – Kollege Fuchs hat es eh schon richtiggestellt.

Wir bezahlen die Rechnung für Ihre Politik, die in vielen Bereichen – und ich nenne jetzt sechs Bereiche – vollkommen falsch ist. Wir Freiheitliche sind stolz darauf, dass wir immer darauf hingewiesen haben, dass Ihre Politik falsch ist, und dass wir auch andere Lösungsvorschläge vorgebracht haben. Letztlich sind wir wenig stolz darauf, denn wir haben nichts davon, dass wir am Ende immer recht gehabt haben und auch weiterhin recht haben werden.

Coronapolitik, Ihre Coronapolitik, Herr Bundesminister: Sie haben sich vorhin hingestellt und gesagt: Das ist alles alternativlos! – Das ist überhaupt ein ganz gefährlicher Satz, wenn eine Führungskraft der Republik sagt: Das ist alter-


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nativlos! – Wir haben immer gesagt, dass Ihre Coronapolitik bei Gott nicht alter­nativlos ist. Im Übrigen ist das kein gutes Zeichen für eine Führungskraft, sich hinzustellen und zu sagen: Das ist alternativlos und wir machen das so! (Beifall bei der FPÖ.)

Ihre alternativlose Lockdownpolitik, Einsperrpolitik, Impfpflichtpolitik, die Grundrechte und Freiheitsrechte verletzt hat, hat also Milliarden für Impfungen, Milliarden für Testungen, Milliarden für die Kurzarbeit, Milliarden für die Cofag – 15 Milliarden Euro, die Sie da am Parlament vorbei verteilen – und so weiter und so fort gekostet. Wofür? – Natürlich haben wir jetzt diese Milliarden, und Sie wundern sich, dass wir eine Inflation haben. Selbstverständlich gäbe es da Alternativen, siehe Schweden, wo jetzt komischerweise die Sterblichkeitsrate die niedrigste in Europa ist. Die sind einen anderen Weg, einen richtigen Weg gegangen. Wir haben immer darauf hingewiesen, Sie haben das ignoriert und haben gesagt: Das ist alternativlos, wir machen das so!

Genauso alternativlos sehen Sie die Geld- und Schuldenpolitik der Europäischen Union, die seit 2020 das Geld abschafft – ESM, Quantitative Easing, Draghi und so weiter –, die seit Jahren Kredite um null an Staaten vergibt, deren Bonität dem ja überhaupt nicht standhält. Dann wundern Sie sich, dass die Geldmenge verachtfacht wird, und Sie wundern sich, dass es eine Inflation gibt. Also auch da hätte es Alternativen gegeben. Wir Freiheitliche haben beim ESM darauf hingewiesen. Wir haben gesagt, dass das, was Draghi macht, ein Wahnsinn ist, dass diese Schuldenpolitik ein Wahnsinn ist.

Ihr Kollege Blümel, Ihr Vorgänger, hat mir noch 2020 gesagt: Na, das ist ein super Geschäft mit den Negativzinsen! – Sie haben heute gesagt: Wir haben 8 Mil­liarden Euro Zinsendienst zu erwarten! – Bitte, das ist fast das Doppelte des gesam­ten Universitätsbudgets, und Kollegin Seidler – zu der kommen wir dann noch bei der UG Wissenschaft – sagt, das sei alles viel zu wenig, was Herr Minister Polaschek hier zur Verfügung stellt. – Das geht sich also hinten und vorne nicht aus!


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Die dritte Geschichte, die für Sie alternativlos ist, ist die Klimapolitik: vollkom­men unausgegoren. Wir jagen da Klimazielen nach. China, Indien, USA – die machen alle nicht mit. Die lachen sich einen Holzfuß, indem sie zuschauen, wie wir jetzt unsere europäische Wirtschaft zerstören und Arbeitsplätze vernichten. Natürlich ist das nicht alternativlos, man muss nur über Alternativen nachden­ken! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Sanktionspolitik: alternativlos! – Selbstverständlich ist sie nicht alternativlos. Die Sanktionspolitik bewirkt nur großen Schaden für Europa, für Deutschland, für Österreich. Ich meine, die Gewinner sind die Amerikaner. Die verkaufen jetzt ihr Frackinggas um den fünffachen Preis, die verkaufen ihre Rüstungsgüter, und die Europäische Union ist noch so intelligent und zahlt in die Ukraine, und damit auch wir. Das ist alles alternativlos für Sie. Da sind wir als österreichische Regierung alle dabei, da heben wir in Brüssel nicht die Hand und sagen: Das ist vielleicht nicht so gescheit, dass wir ihnen jetzt auch noch 18 Milliarden Euro zahlen, damit sie ihre Kreditzinsen oder Leasingraten für amerikanisches Kriegsgerät zahlen können! – Bitte, wenn das alternativlos ist, dann fange ich sofort damit an, über Alternativen nachzudenken, denn das kann doch nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung sein und kostet wieder Milliarden!

Dann haben Sie jetzt die EU-Erweiterungen in der Pipeline: Wahrscheinlich ist es für Sie auch alternativlos, den gesamten Balkan pauschal aufzunehmen und die Ukraine aufzunehmen – alles alternativlos. Die erfüllen keinerlei Kriterien der Europäischen Union, und das kostet wieder ein Vermögen.

Ihr Ziel wird möglicherweise sein, dass Sie sagen: Jetzt haben wir so viele Länder in der EU, das Einstimmigkeitsprinzip ist nicht mehr praktikabel, weg damit, weg mit dem Vetorecht! – Nicht mit uns Freiheitlichen! (Beifall bei der FPÖ.)

Im Übrigen pfeift die Europäische Union sowieso auf alle ihre Regeln, sie schert sich einen Dreck um ihre eigenen Regeln! Uns ist versprochen worden: Das ist alles stabil, Stabilitätskriterien und so weiter und so fort. – Kein Mensch hält sich an die Stabilitätskriterien! Uns ist versprochen worden: keine Schuldenunion! –


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Was sind die 750 Milliarden, die Frau von der Leyen jetzt aufnimmt? Selbst­verständlich ist das eine Schuldenunion, da können Sie jetzt hundertmal sagen, es ist keine Schuldenunion! Dublin II, Drittstaaten et cetera, das alles interessiert die Europäische Union überhaupt nicht, das ist alles kein Thema, und wir sind jetzt einer Migrationswelle ausgesetzt, der die Europäische Union und alle Län­der vollkommen hilflos gegenüberstehen.

Klubobmann Kickl hat es schon gesagt: Natürlich kostet auch das wieder Milliar­den, und da rede ich noch gar nicht von den sozialen Unruhen, die sich daraus ergeben.

Ich komme jetzt zum Schluss: Sie alle sind nicht die Lösung aller Probleme, Sie sind das Problem! Sie dilettieren seit drei Jahren herum, Sie können es einfach nicht. Ich ersuche Sie: Stellen Sie sich vor den Spiegel, kommen Sie zu dieser Erkenntnis: Wir können das nicht! – Drücken Sie die Stopptaste, die Resettaste, treten Sie zurück und machen Sie den Weg frei für Neuwahlen! (Beifall bei der FPÖ.)

11.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.


11.31.44

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Vorsitzende! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zusehe­rinnen und Zuseher insbesondere auf der Galerie – ich freue mich, dass heute so viele hier sind – und natürlich auch zu Hause! Ich möchte zuerst eine Zahl nennen: 485 278,52. Sie werden sich jetzt wahrscheinlich fragen: Was ist das für eine Zahl? – Das ist der Betrag, auf den meine Heimatgemeinde Eichgraben im Rahmen des kommunalen Investitionspakets eins, das wir für Corona geschnürt haben, Anspruch hatte. Ziel war, die Investitionen der Gemeinden vor Ort zu erhalten und Radwege zu bauen, Kindergarten zu sanieren, Schule auszubauen,


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Fotovoltaikanlagen zu errichten, sogar Kinderbetreuung haben wir damit finan­ziert, und das ist gelungen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es waren also echte Investitionen in die Zukunft, wie Kollegin Rendi-Wagner sie gefordert hat, und sie haben Investitionen vor Ort in den Regionen im Volumen von 3,5 Milliarden Euro ausgelöst. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Übrigens ist es sehr einfach abzuwickeln, das weiß ich aus Erfahrung, und alle Kommunalpolitikerinnen und -politiker hier wissen das auch. Wir haben auch sichergestellt, dass alle Gemeinden das Geld abholen können, indem wir ein Gemeindemonitoring durchgeführt haben. Übrigens: Diese Zuschüsse zu den Investitionen können auch durch sonstige Förderprogramme aufgestockt wer­den, also sind über 50 Prozent Förderung zu den Investitionen möglich.

Wir wissen, die Gemeinden sind verantwortlich für unsere Lebensqualität vor Ort, damit wir uns dort wohlfühlen, damit das Service vor Ort passt, und das ist jetzt wieder ein Thema. Die Gemeinden spüren die Teuerung (Zwischenruf bei der SPÖ), die Gemeinden klagen über erhöhte Baukosten, Personalkosten – es besteht Handlungsbedarf, und daher gibt es ein neuerliches Investitionspaket. 1 Milliarde Euro wird den Gemeinden in den kommenden zwei Jahren zur Verfügung gestellt. Ich habe gestern mit dem Bürgermeister von Wien Michael Ludwig gesprochen. Er sagt, für Wien bedeutet das 240 Millionen Euro. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rauch: Was bleibt dann ...?! – Zwischenruf des Abg. Loacker. – Abg. Rauch: Besser kann es gar nicht ...!)

Die Hälfte des Geldes wird zielgerichtet investiert. Zielgerichtet heißt: in das, was das Problem ist, nämlich die hohen Energiekosten. Die müssen runter, indem die Gemeinden energieeffizienter werden, in erneuerbare Energien investieren, resilienter werden, unabhängiger werden. Es sind 500 Millionen Euro allein in diesem Bereich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Die andere Hälfte ist, wie schon im bisherigen KiP, beispielsweise für Kinder­betreuung, für Radwege, für Sanierung von Schulen und so weiter vorgesehen. Es sind also dafür 500 Millionen Euro.

Was nicht gefördert wird, sind Investitionen in veraltete Technologien, zum Bei­spiel in fossile Autos oder sonstige Fahrzeuge. (Abg. Rauch: ... 10 Minuten Redezeit!) Wir wollen sicherstellen, dass die Gemeinden wichtige Akteure in dieser Transformation werden. Mit diesem KIP stellen wir das sicher, und übrigens: 5 Prozent der Gelder können auch den Vereinen zur Verfügung gestellt werden, damit sie ihre Energiekosten stemmen können.

Noch einmal zur Frage: Ist das zu viel Geld? (Ruf bei der SPÖ: Nein, zu wenig!) Übrigens: Noch einmal 75 Millionen Euro gibt es als echte liquide Mittel, aber: Ist das zu viel Geld? – Nein, ist es nicht. Wir sind davon überzeugt: Das ist die richtige Investition für die Gemeinden, damit sie die Transformation schaffen und diese harten Zeiten überstehen und weiterhin wichtige Player vor Ort blei­ben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Gerald Loacker zu Wort. – Bitte.


11.36.19

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Das ist ein Abstiegsbudget, es ist ein Budget, mit dem der langsame Niedergang der Republik Österreich begleitet und noch ein bisschen beschleu­nigt wird. Der Apparat wird aufgeblasen, die Ausgaben werden aufgeblasen, der Staat wird mehr, und die Luft für die Menschen wird weniger.

Im Budgetausschuss zur Frage des öffentlichen Dienstes habe ich gefragt, warum eigentlich der öffentliche Dienst jedes Jahr wachsen muss, warum wir in den verschiedenen Ministerien immer mehr Mitarbeiter haben. Es ist immer


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nur ein bisschen: sechs Personen hier und zehn da und 32 dort; aber das Ding wächst, und zwar jedes Jahr. Dann hat Vizekanzler Kogler zu mir gesagt: Sie sind hier der Einzige, der sich nicht freut, dass wir mehr Planstellen haben! – Ja, weil meine Fraktion auch die einzige ist, die auf das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler schaut (Beifall bei den NEOS), das diese Regierung, so wie ihre Vorgängerregierungen, mit beiden Händen ausgibt. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Ich greife exemplarisch die Untergliederung 02 heraus, das Parlament. Seit Herr Sobotka Präsident ist, ist die Mitarbeiterzahl hier – Planstellen – von 430 auf 495 angestiegen. Glauben Sie, wir hätten jetzt einen besseren Budgetdienst, wir hätten einen besseren legistischen Dienst? Das ist alles Garnitur für den Herrn Präsidenten, die da zusätzlich eingestellt wurde. Das bringt dem Steuerzahler gar nichts.

Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 14 Jahren, wir haben quasi Voll­beschäftigung. Glauben Sie, wir hätten jetzt auch beim AMS den niedrigsten Mitarbeiterstand seit 14 Jahren? Weit gefehlt, wir haben im AMS 1 000 Mitar­beiter mehr als vor 14 Jahren, als wir die niedrigste Arbeitslosigkeit hatten. Das Ding bläst sich laufend auf – auf Kosten der Erwerbstätigen, die das alles finan­zie­ren müssen. Wir haben de facto Vollbeschäftigung – also wer einen Arbeits­platz sucht, hat sehr, sehr gute Chancen, einen zu finden, vielleicht nicht seinen Traumjob, aber es werden überall Mitarbeiter gesucht, in allen Qualifikations­stufen, Vollbeschäftigung – und gleichzeitig Rekordsteuereinnahmen. Die Einnah­men steigen von im heurigen Jahr 56 Milliarden Euro auf im nächsten Jahr 65 Milliarden; und in dieser Situation schafft es diese Regierung, 17 Milliarden Euro Defizit zu schreiben. Das muss man einmal zusammenkriegen, unter Optimalbedingungen so ein Minus zu schreiben. Wie schauen wir denn aus, wenn wir wirklich Probleme haben? (Beifall bei den NEOS. – Bundesminister Brunner: Krise! Wir haben Krise!)

Egal wie sehr sich die österreichischen Betriebe anstrengen, wie sich die öster­reichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anstrengen, egal wie viel


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Steuern die brennen – diese Regierung wird es immer schaffen, noch mehr Geld zum Fenster hinauszublasen, als irgendjemand an Steuern zahlt. Es waren immer die ÖVP und ihre Partner, die in den letzten 36 Jahren Budgetdefizite geschrie­ben haben, als gäbe es kein Morgen.

Dann schauen wir noch kurz auf mein Herzensthema, die Pensionen: Im heuri­gen Jahr muss die Republik 22 Milliarden Euro zuschießen, damit wir die Pensionen zahlen können. Es ist auch gut und recht, dass die Menschen das haben, aber schon 2026 werden es nicht mehr 22 Milliarden Euro sein, sondern 32,8 – in vier Jahren.

Dann kommt aber noch dazu: Wer dem System irgendwie nicht traut, weil er weiß, das könnte sich nicht ausgehen, der wird auch noch radikal besteuert – und zwar bevor seine Versicherungsprämie einen Euro Rendite erwirtschaftet hat. Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzes­entwurf wird wie folgt geändert:

Artikel 3 (Versicherungssteuergesetz 1953) wird wie folgt geändert:

a) Der Einleitungstext in Art. 3 wird zur Ziffer 1

b) Folgende Ziffern 2 bis 6 werden der neuen Ziffer 1 angefügt:

"2. In § 6 Abs. 1 Z 1 lit. a wird der Ausdruck "11 v.H." in "7 vH" geändert.

3. In § 6 Abs. 1 Z 1 lit. b wird der Ausdruck "4 vH" in "2,5 vH" geändert.

4. In § 6 Abs. 1 Z 2 wird der Ausdruck "2,5 vH" in "1 vH" geändert.


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5. In § 6 Abs. 1 Z 5 wird der Ausdruck "2,5 vH" in "1 vH" und der Ausdruck "4 vH" in "2,5 vH" geändert.

6. In § 6 Abs. 1a  werden die Ausdrücke "7 v.H." in "4 vH" geändert."

*****

Dass ich das hier vorlesen muss, zeigt Ihnen, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer, auch, wie super wir in der Digitalisierung sind. Wir lesen noch vor, wie es in der Zeit vor dem Buchdruck war. Das mache ich ja gerne. (Heiterkeit des Abg. Scherak. – Abg. Taschner: Das ist ein schönes Ritual!)

Schulden spielen keine Rolle, hat man immer gesagt – besonders da auf der Linken, Rot und Grün –, und jetzt verdoppelt sich die Zinsenlast von 4 Milliarden Euro heuer auf 8 Milliarden Euro nächstes Jahr.

Schulden spielen sehr wohl eine Rolle, denn die jungen Menschen, die ich da oben sehe, werden das alles einmal zahlen müssen. Daher dürfen wir dem so nicht zuschauen. (Beifall bei den NEOS.)

11.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 2892/A der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert werden (1784 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:


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Artikel 3 (Versicherungssteuergesetz 1953) wird wie folgt geändert:

a) Der Einleitungstext in Art. 3 wird zur Ziffer 1

b) Folgende Ziffern 2 bis 6 werden der neuen Ziffer 1 angefügt:

"2. In § 6 Abs. 1 Z 1 lit. a wird der Ausdruck "11 v.H." in "7 vH" geändert.

3. In § 6 Abs. 1 Z 1 lit. b wird der Ausdruck "4 vH" in "2,5 vH" geändert.

4. In § 6 Abs. 1 Z 2 wird der Ausdruck "2,5 vH" in "1 vH" geändert.

5. In § 6 Abs. 1 Z 5 wird der Ausdruck "2,5 vH" in "1 vH" und der Ausdruck "4 vH" in "2,5 vH" geändert.

6. In § 6 Abs. 1a  werden die Ausdrücke "7 v.H." in "4 vH" geändert."

Begründung

Die Möglichkeiten für die Bevölkerung, sich aus eigener Kraft ein Vermögen aufzu­bauen, sich abseits der Sozialversicherung gegen Risiken (Alter, Unfall, Gesundheit, Pflege,...) abzusichern und unabhängig von staatlicher Hilfe zu sein werden durch einschränkende Gesetze und eine stark steigende Abgabenquote mehr und mehr verhindert. Das muss sich ändern.

Senkung der Versicherungssteuer auf die betriebliche und private Vorsorge

Die private Vorsorge in den Bereichen Lebensversicherung und Alters-, Hinter­bliebenen- u. Invaliditätsversorgung bildet wichtige Versicherungs- und Vor­sor­ge­stützen, mit denen sich die Bevölkerung unabhängig vom Staat gegen Risiken absichert, den eigenen Wohlstand im Alter selbst sichert und auf diese Art den Staat entlastet. So reduziert beispielsweise ein Pflegeheimbewohner mit einer monat­lichen Zusatzrente aus einer Lebensversicherung die laufenden Kosten für die öffent­liche Hand, weil er einen höheren Anteil seiner Pflege aus eigener Kraft finanzieren kann. Pensionist:innen mit Zusatzrenten aus der dritten Säule brauchen auch seltener Heizkostenzuschüsse und andere Sozialtransfers.


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Die Bedingungen für diese Art der privaten Altersvorsorge (dritte Säule) haben sich in den letzten Jahren allerdings massiv verschlechtert.

Ab Juli 2022 dürfen die Versicherer auf Grund der aktuellen Höchstzinsverord­nung der FMA überhaupt keinen Garantiezins mehr vertraglich zusagen, sodass die garantierte Verzinsung von Lebensversicherungsverträgen auf null gesunken ist. (1)

Darüber hinaus werden die entsprechenden Versicherungsprämien mit hohen Versicherungssteuersätzen belegt. Diese stammen aus Zeiten, in denen die Renditen solcher Versicherungsverträge die Versicherungssteuer oft bereits im ersten Jahr amortisiert haben. Damals war es plausibel, für die KESt-Befreiung des Produkts im Gegenzug 4% der Prämie als Versicherungssteuer einzubehalten. Heute, wo Null- und Niedrigzinsen gelten, sind mit diesen Produkten der Altersvorsorge keine Renditen mehr zu erwirtschaften. Den Abzug von EUR 4,00 je EUR 100,00 Versicherungs­prä­mie holt der für sein Alter Vorsorgende mit den verbleibenden EUR 96,00 über Jahre nicht mehr auf. Denn im Gegensatz zur Kapitalertragssteuer bemisst sich die Ver­sicherungssteuer nicht erst am realisierten Überschuss (positive Rendite), sondern bereits an der Versicherungsprämie, bevor das Kapital überhaupt veranlagt werden kann.

In der Lohn- und Einkommensteuer finden solche Prämien für Personenversiche­rungen seit 2021 auch keine Berücksichtigung mehr.

Auch die betriebliche Vorsorge ist bisher mit 2,5% Versicherungssteuer belegt. Der Staat muss aber ein Interesse an gut versorgten älteren Menschen haben. Daher ist die Besteuerung von Altersvorsorgeprämien, bevor diese auch nur einen Cent Rendite erwirtschaften konnten, contraproduktiv.

Die mit diesem Antrag vorgesehene Anpassung der Versicherungssteuersätze orien­tiert sich dabei grundsätzlich am Versicherungssteuersatz für private Kranken­versicherungen (§ 6 Abs. 1 Z 3: 1 Prozent). Die grundlegende Logik der Höhe der


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Versicherungssteuersätze soll jedoch erhalten bleiben: je längerfristiger die Veranlagung, desto niedriger der Versicherungssteuersatz.

(1) https://www.trend.at/geld/garantiezuns-lebensversicherungen-prozent-12202601

*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Loacker, durch das Verlesen des Abänderungsantrages haben Sie ihn der Geschäftsordnung nach auch ordnungsgemäß eingebracht, so wie wir das hier vorsehen. Er steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.


11.41.44

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Die Herren Bundesminister! Frau Staats­sekretärin! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Regierung! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer hier auf der Galerie im Hohen Haus, aber auch zu Hause vor den Bildschirmen! Lieber Kollege Loacker, die von Ihnen oder von Ihrer Fraktion nominierte Expertin im Budgethearing – das ist immerhin eine renommierte Wirtschaftsforscherin – hat das Budget etwas anders beurteilt als Sie.

Sie hat zum Beispiel gesagt: Das Budget 2023 ist erneut ein Krisenbudget, aber die beschlossenen Maßnahmen sind richtig und notwendig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Loacker.Sie hat sogar noch eins draufgelegt, indem sie gesagt hat: Trotz der angespannten Lage ist es gelungen, eine strukturelle Reform durchzuführen. – Alles stellen Sie in Abrede. (Abg. Scherak: Alles?) Wer versteht da jetzt mehr von Wirtschaft? – Ich setze eher auf Frau Köppl-Turyna. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Haubner: Na, die ist ja eine Expertin!)


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Es ist aber richtig, meine Damen und Herren: Wir haben aktuell im heurigen Jahr – aber nicht mehr in diesem Quartal – durchgerechnet im Durchschnitt eine 4,8-prozentige Wachstumsrate bei unserer Wirtschaft. Wir haben auch den niedrigsten Arbeitslosenstand seit 15 Jahren. (Vizekanzler Kogler: So ist es!) Das ist beachtlich im dritten Jahr einer weltweiten Pandemie und bei – was auch noch dazukommt – weltweiten Lieferkettenproblemen. Es ist dieser Koalitions­regierung durch eine Reihe von notwendigen, sinnvollen, wirkungsvollen Maßnahmen tatsächlich gelungen, die unverschuldeten Belastungen und auch die Ausfälle, die vorhanden waren, mit zielgerichteten Zuschüssen abzufedern. (Abg. Kassegger: Umsatzersatz! Zielgerichteter Torschuss!)

Trotzdem, meine Damen und Herren, trotz dieser im Moment noch erfreulichen Situation sind diese Zahlen natürlich nicht uneingeschränkt erfreulich, weil wir uns bereits in der nächsten Krise befinden, weil wir aktuell mit einer importierten Rekordinflation kämpfen, weil die Lieferkettenprobleme nicht aufhören, sondern immer noch andauern und weil wir 2023 gerade einmal noch mit einem Wachs­tum von 0,3 Prozent rechnen können, wobei Deutschland, unser wichtigster Handelspartner, bereits mit einem Minus von 0,6 Prozent rechnet, also auch unsere Situation sehr volatil ist. Da ist die Politik weiterhin als Krisenfeuerwehr gefordert, meine Damen und Herren – und dieses Budget ist ein Krisenbudget oder ein Budget zur Bekämpfung dieser Krise.

Meine Damen und Herren, bis es auf der EU-Ebene endlich gelingen möge, ein wirkungsvolles Werkzeug zur Energiepreisdämpfung zu finden, ist nationale Krisenintervention leider weiterhin gefordert. Deswegen ist dieses Budget, wie ich gesagt habe, ein Kriseninterventionsbudget, denn es gilt weiterhin, die Kaufkraft der Menschen zu sichern. Es gilt, bei vielen Menschen das Abrutschen in die Armut zu verhindern. Es gilt, bei vielen Betrieben die Wettbewerbs­fähig­keit zu erhalten und damit den Fortbestand dieser Betriebe zu sichern.

Deswegen gilt: Auch 2023 ist es notwendig, große, kurzfristig wirksame Mehr­ausgaben für Entlastungs- und Unterstützungsmaßnahmen für Haushalte und


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Betriebe zu tätigen, aber auch langfristig nachhaltig wirksame, strukturell wirksame Entlastungsmaßnahmen durchzuführen.

Ich darf Sie nur an ein paar davon erinnern: die Senkung der Steuersätze bei der Lohn- und Einkommensteuer – dauerhaft nachhaltige Wirkung –, die Beseitigung der Einkommensentwertung durch die Abschaffung der kalten Progression – dauerhaft nachhaltig, strukturell wirksam (Zwischenruf bei der SPÖ) –, die automa­tische Valorisierung vieler Familien- und Sozialleistungen – nachhaltig, auto­matisch strukturell wirksam –, die Senkung der Unternehmenssteuern und der Lohnnebenkosten – nachhaltig, strukturell dauerhaft wirksam.

Meine Damen und Herren, eines der wichtigsten Instrumente zur Existenz­sicherung und zum Unterhalt der Unternehmen ist natürlich die Entlastung von den exorbitanten Energiekosten.

Deswegen gibt es bereits ab Dezember für die Haushalte die Strompreisbremse. (Abg. Kassegger: Das ist ja auch so eine Schildbürgerregelung!) Das sichert den Haushalten bis ins Jahr 2024 hinein leistbare Energiepreise.

Seit der letzten Woche kann der Energiekostenzuschuss für die Unternehmen beantragt werden – zugegeben nur für Februar bis September. Das ist ein erster, wichtiger Schritt, aber es ist zu wenig. Das gebe ich zu. Es wird, sowohl was die Dauer anbelangt als auch was das Ausnützen des europäischen Beihilfenrah­mens anbelangt, ein weiterer großer Schritt notwendig sein – und ich sage Ihnen, er wird auch kommen. Wir nennen es nicht einen Wumms und wir nennen es auch nicht einen Doppelwumms wie die Deutschen – das sind vollmundige Ansagen –, aber ich sage Ihnen eines: Unsere Entlastung für die Haushalte und auch für die Betriebe darf und wird einen Vergleich mit Deutschland nicht scheuen.

Wir lassen die Menschen in der Krise nicht im Stich. Dieses Budget ist der Beweis dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.47



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


11.47.52

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Dieses Budget ist tatsächlich bemerkenswert – weil es von einer Bundes­regierung erstellt worden ist, die das Vertrauen der Bevölkerung eigentlich ver­loren hat. (Beifall bei der SPÖ.) Diese Bundesregierung hat das Vertrauen der Bevölkerung deshalb verloren, weil sie einfach nicht darauf reagiert, dass wir in Österreich die höchste Inflationsrate seit 70 Jahren haben. Das sind zweistellige Inflationsraten.

Jetzt bin ich durchaus bereit, zuzuerkennen, dass es ein paar positive Beispiele in dem Budget gibt: Die Valorisierung von Sozialleistungen ist super, aber: Warum habt ihr auf das Arbeitslosengeld vergessen? (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Das verstehe ich nicht.

Also ich habe durchaus versucht, ein paar positive Aspekte zu finden, und dann geht diese Bundesregierung, also ÖVP und Grüne, her und präsentiert ein Budget ohne Gaspreisdeckel, ohne Übergewinnsteuer und ohne jede Perspek­tive, dass Menschen geholfen wird.

Ich sage auch sehr trocken, was die Bevölkerung erlebt hat: Wenn es eine Bun­desregierung nicht schafft, einen Mobilitätsbonus, einen Klimabonus feh­lerfrei auszuzahlen, dann fehlt das Vertrauen in die Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Was macht diese Bundesregierung noch einmal? – Nicht, dass sie etwas gegen die Inflation tut – nein! –, sondern diese Bundesregierung heizt die Inflation noch an. So ist es auch in diesem Budget.

Herr Bundesminister, ich frage mich – Sie sind ja in der Nähe der Schweiz daheim –: Was hat die Schweiz mit ihrer Inflationsrate anders gemacht? Warum


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waren Sie so mutlos, nicht in den Gaspreis einzugreifen? Warum haben Sie das nicht getan?

Dann gibt es ein paar bei der ÖVP, die hergehen und sagen: Das ist „das Beste“! – Ja, für wen ist es das Beste? – Für die Hoteliers war es nicht schlecht, für die Seilbahnunternehmer war es nicht schlecht. War es aber auch für die Arbeitnehmer in diesem Land das Beste? Diese Frage muss man stellen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Die haben eh noch einen Arbeitsplatz!)

Bevor jetzt der große Aufschrei kommt, weil Sie ja so viele Einmalzahlungen gemacht haben: Wem hat das genützt?, möchte ich gerne die Frage stellen: Welcher Preis ist dadurch gesenkt worden? – Der Sprit ist nicht billiger geworden, die Energierechnung ist hoch, und was es jetzt endlich braucht, ist ein Gaspreisdeckel. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Sofortige Winterhilfe durch Erlass der Gas- und Fernwärmrechnungen im Dezember und rasche Umsetzung eines nationalen Gaspreisdeckels“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungs­hand­lungen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse zu beginnen und dem österreichischen Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom- und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich zu senken und gleichzeitig eine Gegenfinanzierung durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sicher­stellt. Um eine kurzfristige Entlastung zu schaffen, soll schon im Dezember eine Winterhilfe – in Form eines Erlasses der Gas- und Fernwärmerechnung für Haushalte und Wirtschaft – nach deutschem Modell umgesetzt werden.“


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*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen Sie den Weg frei für eine gute österreichische Regierung! (Beifall bei der SPÖ.)

11.52

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Dr. Christoph Matznetter, Genossinnen und Genossen

betreffend: Sofortige Winterhilfe durch Erlass der Gas- und Fernwärmrechnungen im Dezember und rasche Umsetzung eines nationalen Gaspreisdeckels

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 1 1.) Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1744 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabak­mono­polgesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMUFörderungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das BundesmuseenGesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kom­munalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023) (1776 d.B.)


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Die Regierung hat die Inflationskrise verschlafen. Mit 11% hat die Inflation in Öster­reich zuletzt ein 70-Jahres-Hoch erreicht. Die SPÖ warnt seit mehr als einem Jahr vor der Inflationskrise. Noch zu Beginn des Jahres wurden die Warnungen der SPÖ seitens der Regierung mit „Inflations-Hysterie“ in den Wind geschlagen und ein 150 Euro Energiegutschein als Lösung für die hohen Energierechnungen konzipiert. (Davon sind derzeit rund 10% bei den Leuten angekommen).

Deutschland hat hingegen das Problem erkannt und verstanden. Vor Monaten wurde eine Expertenkommission eingesetzt, die einen deutschen Gaspreisdeckel konzipiert hat. Die deutsche Regierung setzt den Vorschlag dieser Expertenkommission nun konsequent um. Dieser Gaspreisdeckel wird in zwei Stufen erfolgen und soll bis April 2024 in Kraft sein.

Stufe 1: Als Soforthilfe wird allen deutschen Haushalten und einem Großteil der deutschen Wirtschaft (bis zu einem Verbrauch von 1,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr) im Dezember eine ganze Monatsrechnung für Gas und Fernwärme komplett erlassen. Das ist eine Überbrückungsmaßnahme bis Stufe 2 greift – der Gaspreis­deckel.1 Der Gesetzgebungsprozess für Stufe 1 wurde bereits abgeschlossen – also vom deutschen Bundestag verabschiedet.

Stufe 2: Nach Freigabe durch die europäische Kommission soll ab März 2023 -  möglicherweise schon rückwirkend mit 1. Februar -   der deutsche Gaspreisdeckel für alle Haushalte und die deutschen KMUs greifen. Der Gaspreis bis zu 80% des Vorjahresverbrauchs soll dabei maximal 12 Cent pro Kilowattstunde betragen. Für die Industrie (25.000 Großverbraucher) soll bereits mit Januar 2023 ein Gas­preisdeckel von 7 Cent pro Kilowattstunde für 70% des Vorjahresverbrauchs greifen. Der Gesetzgebungsprozess zu Stufe 2 soll spätestens bis Mitte Dezember 2022 abgeschlossen sein.

Für viele Haushalte, die auf Gas angewiesen sind, sind die derzeitigen Gasrechnungen nicht mehr zu bezahlen. Das schmälert nicht nur die Kaufkraft, sondern führt zu einer ärmer werdenden Bevölkerung bis weit in die Mittelschicht. Die deutschen Haushalte zahlen für Gas in Zukunft nur die Hälfte dessen, was die Menschen


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hierzulande für ihre Gasrechnungen zahlen müssen. Gleichzeitig werden die Gaspreise für Österreichs Wirtschaft und Industrie schon in wenigen Wochen rund zwei bis dreimal so hoch sein wie die Preise in Deutschland. Unsere Wirtschaft kann bei diesen Preisen nicht konkurrieren. Der Bäckereibetrieb in Oberösterreich hat so einen Wettbewerbsnachteil gegenüber seinen Konkurrenten in Bayern, den der Betrieb durch keinerlei Maßnahmen kompensieren kann. 

Darüber hinaus senkt die deutsche Gaspreisbremse im Gegensatz zum öster­reichi­schen Energiekostenzuschuss die Inflation und führt damit zu einer spürbaren Entlastung in allen anderen Bereichen – von den Mieten bis zu den Lebensmitteln. Es ergeben sich also positive Zweitrundeneffekte durch die direkte Bekämpfung der Inflation.

„Ein Gaspreisdeckel reduziere aber nicht nur die Energiekosten, sondern senke auch die Inflation, erklärte Ökonom Sebastian Dullien bereits vor Bekanntgabe der Empfehlungen. Denn die hohen Energiepreise durch den Wegfall der russischen Gaslieferungen sind derzeit der Haupttreiber für die steigende Inflation. Eine Preisbremse stabilisiere so auch die Inflationserwartungen, senke das Risiko einer Preis-Lohn-Spirale und beruhige Tarifkonflikte. Außerdem würden „zielgerichtet Haushalte mit Gasheizung entlastet“, sagte Dullien der Nachrichtenagentur AFP. Er ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunktur­forschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung.“

Nach dem Beschluss der ersten Stufe des deutschen Gaspreisdeckels im deutschen Bundestag hat die Bundesregierung umgehend zu reagieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort mit den Vorbereitungshandlungen für einen nationalen Gaspreisdeckel bzw. eine nationale Gaspreisbremse zu beginnen


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und dem österreichischen Nationalrat so schnell wie möglich einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der geeignet ist, die Preise für Strom- und Gas für Haushalte, Wirtschaft und Industrie erheblich zu senken und gleichzeitig eine Gegenfinanzierung durch eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne sicherstellt. Um eine kurzfristige Entlastung zu schaffen, soll schon im Dezember eine Winterhilfe – in Form eines Erlasses der Gas- und Fernwärmerechnung für Haushalte und Wirtschaft – nach deutschem Modell umgesetzt werden.“

1 Die Vorsitzende der Gaspreis-Expertenkommission, Veronika Grimm, sagte bei der Vorstellung der Stufenmodell-Empfehlung Ende Oktober, die Versorger hätten zugesagt, dass die eigentliche Gaspreisbremse ab März 2023 greifen werde. Vorher werde nur die Abschlagszahlung für Dezember ausgesetzt, was aber die Gaskosten der Verbraucherinnen und Verbraucher im Januar und Februar teilkompensieren soll. Dies sei eine einfach umzusetzende Lösung und leichter, als drei Monatsrechnungen zu reduzieren.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Martin Litschauer. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Inferior, die SPÖ!)


11.52.25

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Fernsehern und via Livestream! Liebe Jugendliche! Ja, die Klimakrise und der Krieg stellen uns vor Herausforderungen, und deshalb braucht es natürlich eine Transformation. Diese Transformation haben wir jahrelang gefordert, an der haben wir jahrelang gearbeitet, und jetzt setzen wir sie um.

Da darf ich gleich auf Kollegen Stöger eingehen, der fragt, wo der Mut geblieben ist. – Ich frage mich ja: Wo ist damals der Mut geblieben, sich nicht in die


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Abhängigkeit vom Erdgas zu stürzen? (Beifall bei den Grünen.) Hätten Sie damals Mut bewiesen und uns nicht zu 80 Prozent von Russland abhängig gemacht, hätten wir die Probleme in dieser Art und Weise gar nicht – so viel zum Thema Mut. (Beifall bei den Grünen.)

Mit dem ÖBB-Rahmenplan haben wir einen neuen Rekordwert: 19 Milliarden Euro werden in den Ausbau der Öffis gesteckt. Das Klimaticket ist endlich auf Schiene, das wird natürlich jetzt auch fortgesetzt, da haben wir auch eine Verbilligung – das Klimaticket ist billiger geworden –, und das geht auch weiter. Das heißt, wir setzen auch in diesem Bereich Maßnahmen.

Auch beim Ökostrompauschale und so weiter wurden Entlastungen gesetzt – das wird alles schon wieder vergessen –, und auch beim Stromkostenzuschuss wurden bereits Entlastungen auf Schiene gebracht. (Beifall bei den Grünen.)

Der Klimabonus ist eines der wichtigen Instrumente, die wir in dieser Trans­formation der Steuerpolitik brauchen, weil das ein Wechselspiel zwischen CO2-Bepreisung und Rückführung dieser CO2-Kosten ist.

Ich darf noch einmal daran erinnern: Die reichsten 10 Prozent der Haushalte verbrauchen sechsmal so viel Treibstoff wie die ärmsten 10 Prozent der Haushalte. Genau da setzt das Umsteuern ein: über den CO2-Preis hin und über den Klimabonus pro Kopf zurück. Das entlastet die kleinen Einkommen. (Beifall bei den Grünen.) Das sind ganz wichtige Klimamaßnahmen, und das ist auch Teil der Gegenfinanzierung.

Weil ich zuerst die Kollegin von den NEOS gehört habe, die gesagt hat: Uns fehlt die Gegenfinanzierung!, und: Das ist zu wenig Klimaschutz!, sage ich: Bitte tragt die Gegenfinanzierung auch mit! – Klimaschutz einzufordern, ursprünglich einen CO2-Preis zu fordern und anschließend, wenn es darum geht, diesen einzu­führen, nicht mitzustimmen, das ist es, wo es sich für mich nicht ausgeht, weil es schon ein bisschen komisch ist, zu sagen: Klimaschutz ja!, aber ihn dann


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nicht mitzutragen, wenn wir die CO2-Bepreisung machen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stöger: CO2-Bepreisung nützt nichts!)

Mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz wurde einiges geschafft. 100 Prozent Ökostrom bis 2030 sind möglich. Ich habe hier noch einmal ein Diagramm (ein Säulendiagramm mit dem Titel „Sonnenstrom in Österreich“ in die Höhe haltend): Fotovoltaik mit einer Leistung von 1 Gigawatt wird 2022 errichtet, da wurde ein Turbo gezündet. 1 Gigawatt: So viel wurde vorher in Jahrzehnten in Summe nicht errichtet. Wir machen das jetzt in einem Jahr.

Auch bei der Windkraft werden wir heuer ein Rekordausbaujahr haben. Weil wir noch einmal den Turbo zünden, wird auch der Klien noch einmal um 118 Mil­lionen Euro aufgestockt, damit bei der Fotovoltaik etwas weitergeht. (Beifall bei den Grünen.)

Auch im Bereich der Raumwärme gilt (ein Säulendiagramm mit dem Titel „Sanie­rungsoffensive 2014 bis 2023“ in die Höhe haltend): Transformation umgesetzt. Das Ergebnis der grünen Regierungsbeteiligung lautet: Heizkesseltausch und thermische Sanierung. Seit wir in der Regierung sind, geht das exponentiell in die Höhe. Es tut sich etwas beim Heizungstausch. Raus aus Gas! Raus aus Öl!, ist die Devise, und nicht: Nachdenken über Fracking!, liebe Kollegen von der SPÖ. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schroll und Amesbauer.) Biofracking bedeutet fossiles Erdgas, ist klimaschädlich. Das kann nicht das Ziel sein. Da investieren wir lieber in die Sanierung und in den Heizkesseltausch. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Erasim: Kriegt lieber eure Klimaaktivisten in den Griff, die die Kunstwerke zer­stören, ja! Kriegt lieber eure Klimaaktivisten in den Griff!)

Mit dem Transformationsfonds werden wir das auch in der Industrie umsetzen. 5 Milliarden Euro gehen in diesen Bereich.

Ich kann nur mehr daran erinnern: Umwelt, Energie, Klimaschutz – dieses Budget wurde verzehnfacht, seit wir in der Regierung sind. Jetzt können wir alle uns an


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der Transformation beteiligen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Ruf: Klima­terroristen!)

11.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Volker Reifenberger. – Bitte.


11.57.13

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ja, Kollegen Litschauer ist es wahrscheinlich lieber, dieses Flüs­siggas aus Amerika nach Österreich zu holen.

Eigentlich möchte ich aber über ein ganz anderes Thema sprechen. Mit dem heutigen Budgetbegleitgesetz wird auch das Landesverteidigungs-Finanzie­rungs­gesetz beschlossen. So etwas hat es bis jetzt noch nicht gegeben, und es ist grundsätzlich eine tolle Sache, denn damit wird dem Bundesheer für langfristige Beschaffungsvorgänge eine entsprechende Planungssicherheit erteilt.

Die Initialzündung für dieses Gesetz kam aber von freiheitlicher Seite. Bereits am 24. März, das heißt genau einen Tag nach Kriegsbeginn in der Ukraine, hat mein Vorgänger als Wehrsprecher, Kollege Dr. Bösch, einen Antrag zur Schaffung eines Streitkräfteentwicklungsgesetzes eingebracht. Die Opposition hat damals geschlossen dafür gestimmt, die Regierungsfraktionen waren leider dagegen. Unsere gute Idee wurde dennoch von der Regierung aufgegriffen.

Wir haben aber Angst, dass dieses einfache Bundesgesetz die nächste Natio­nalratswahl nicht überleben könnte. Daher bringen wir heute einen Abän­derungsantrag ein, der gerade im Saal verteilt wird. Damit wollen wir das Lan­desverteidigungs-Finanzierungsgesetz mit Verfassungsbestimmungen entsprechend absichern, damit es nicht von der nächsten Regierung mit ein­facher Mehrheit wieder abgeschafft werden kann.


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Dass sich die Regierungsfraktionen gegen eine verfassungsrechtliche Absiche­rung wehren, halte ich für schwer verdächtig. Es drängt sich mir nämlich der Verdacht auf, dass sich die Grünen da ein Hintertürchen offenhalten wollen, sollte es nach der Wahl zu einer linken Ampelkoalition kommen, also zu Rot-Grün-NEOS.

Wir wollen weiters mit unserem Antrag die Budgettricks der Frau Verteidigungs­ministerin, die heute leider durch Abwesenheit glänzt, richtigstellen.

Wie unser Budgetsprecher, Kollege Fuchs, in seiner Rede bereits dargelegt hat, erreichen wir entgegen den Erläuterungen zur Regierungsvorlage bis ins Jahr 2026 1 Prozent des BIPs nicht. Obwohl durch einen weiteren Budgettrick die Pensionen der Soldaten hinzugerechnet werden, um dem Zielwert etwas näher zu kommen, erreichen wir bis ins Jahr 2026 dieses 1 Prozent des BIPs nicht. Ihr unlauterer Schmäh ist nämlich, das Budget im Jahr 2026 dem alten BIP aus dem Jahr 2021 gegenüberzustellen und nicht dem vom Wifo prognos­tizierten BIP 2026. Das ist von Haus aus schon unredlich, aber in Zeiten einer hohen Inflation eine bewusste, massive Wählertäuschung. (Beifall bei der FPÖ.) Wenn wir 1 Prozent des jeweils aktuellen BIPs wollen und Ihnen sogar Ihren Pensionstrick durchgehen lassen, dann brauchen wir für den Zeitraum 2023 bis 2026 nicht 5,25 Milliarden Euro, sondern 7,15 Milliarden Euro, und das stellen wir mit unserem Antrag richtig. Mit unserem Antrag ergänzen wir aber auch die Zielsetzung dieses Gesetzes, indem wir ausdrücklich von der militärischen Landesverteidigung sprechen, um damit zu verhindern, dass das Budget des Bundesheeres für andere staatliche Aufgaben zweckentfremdet werden kann, nämlich zum Beispiel auch für die geistige, die wirtschaftliche oder die zivile Landesverteidigung.

Ihrer neu erfundenen Kommission erteilen wir auch eine Absage. Dafür gibt es bereits eine Interne Revision, dafür gibt es bereits einen Rechnungshof, und die machen ihre Aufgaben hervorragend. Diese neue Kommission ist nichts anderes als ein politisches Feigenblatt, um alle Parteien pro forma mit ins Boot zu holen


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und sie mit strenger Geheimhaltung gegenüber der Öffentlichkeit zu knebeln. Diesen Schmäh kennen wir bereits aus der Cofag.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir meinen es wirklich ehrlich und gut mit unserem österreichischen Bundesheer und lehnen daher diese falschen Zahlenspiele und Budgettricksereien ab. (Beifall bei der FPÖ.)

12.01

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Ing. Mag. Reifenberger, MMag. DDr. Fuchs

und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1744 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopolgesetz 1996, das Arbeits­markt­politik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungs-gesetz, das Berufsaus­bildungsgesetz, das KMU-Förderungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschuss­gesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstüt­zungsfonds, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisations­ge­setz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungs-finanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umwelt-förderung­sgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommunalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschafts­ge­setzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023) (1776 d.B.)


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Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 22 lautet der § 1 Absatz 1:

„§ 1. (1) Die Republik Österreich stärkt auf Grund der sicherheitspolitischen Entwicklungen an den Grenzen der EU sowie der gestiegenen Bedrohungen für Österreich die eigene Resilienz und bekennt sich zwecks Wahrung der Unabhängig­keit nach Außen und der Unverletzlichkeit des Bundesgebietes nach Art. 9a B-VG und zur Erfüllung der in Art. 42 Abs. 3 UAbs. 2 des Vertrages über die Europäische Union in der Fassung des Vertrages von Lissabon, BGBl. III Nr. 132/2009, über­nom­menen Verpflichtung dazu, schrittweise die militärischen Fähigkeiten sowie nachhaltig die budgetäre Situation der Landesverteidigung zu verbessern. Dieses Bekenntnis zur budgetären Stärkung der militärischen Landesverteidigung erfolgt erstmals zeitgleich und im Gleichklang mit dem Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 (BFRG 2023-2026), BGBl. I Nr. yyy/2022, und dem Bundes­finanzgesetz 2023 (BFG 2023), BGBl. I Nr. zzz/2022. Damit werden die erfor­der­lichen Investitionen (Beschaffung), Betrieb und Personal in die Fähigkeiten des österreichischen Bundesheeres sichergestellt.“

2. In Artikel 22 lautet der § 1 Absatz 4:

„(4) Der Landesverteidigungsbericht ist von der Bundesministerin für Landesver­teidigung bzw. vom Bundesminister für Landesverteidigung jährlich zeitgleich mit den Regierungsvorlagen des jeweiligen Bundesfinanzrahmengesetzes und des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes, rollierend aktualisiert, dem Nationalrat vorzulegen.“

3. In Artikel 22 lautet der § 2 neu:

„§ 2. (1) (Verfassungsbestimmung) Auf Basis des Bundesfinanzrahmen-gesetzes 2022 bis 2025 (BFRG 2022-2025), BGBl. I Nr. 196/2021, in der Fassung des Bundes­gesetzes BGBl. I Nr. 100/2022, sollen die Auszahlungsobergrenzen der Unterglie­de­rung 14 für den Zeitraum 2023 bis 2026 in Summe um den Betrag von 7,150 Mrd.


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Euro aufgestockt werden, wobei die Basis für die Aufstockung für das Finanzjahr 2026 auf die Auszahlungsobergrenze des Jahres 2022 referenziert. Die konkrete Festlegung der jeweiligen Auszahlungsobergrenzen der Untergliederung 14 erfolgt im Rahmen des jeweiligen Bundesfinanzrahmengesetzes und des jeweiligen Bundes­finanzgesetzes.

(2) (Verfassungsbestimmung) Für die Jahre 2027 bis 2032 orientiert sich die Aufstockung des Budgets der Untergliederung 14 an einem jährlichen Zielwert von 1,5 Prozent des jeweils aktuellen Bruttoinlandsprodukts, um die Zielsetzung gemäß § 1 Abs. 1 erfüllen zu können. Die konkrete Festlegung der jeweiligen Auszahlungs­obergrenzen der Untergliederung 14 erfolgt im Rahmen des jeweiligen Bundes­finanz­rahmengesetzes und des jeweiligen Bundesfinanz-gesetzes.“

4. In Artikel 22 lautet der § 3 wie folgt:

„§ 3. (Verfassungsbestimmung) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.“

Begründung

Das Bundesheer als die bewaffnete Macht der Republik Österreich bedarf zum Zweck der Wiederherstellung der Fähigkeit der militärischen Landeverteidigung gemäß Art. 79 B-VG eine langfristige finanzielle Planungssicherheit. Diese langfristige Pla­nungs­sicherheit kann es nur geben, wenn das Budget in entsprechendem Umfang für mehrere Jahre über Gesetzgebungsperioden und Regierungswechsel hinaus gesichert ist. Dieser Sicherheit soll mit einer Verfassungsbestimmung Rechnung getragen werden. Damit sind Änderungen bei der Budgethöhe für die „Militärischen Angele­gen­heiten“ nur mit Zweidrittelmehrheit möglich und somit allein durch die Regie­rungs­parteien wenig wahrscheinlich.

Wenn das Ziel von einem Prozent, inklusive Einrechnung der Pensionen, des jeweils aktuellen BIP erreicht werden soll, sind für den Zeitraum 2023 bis 2026 nicht 5,250 Mrd Euro, sondern 7,150 Mrd Euro notwendig. Mit der angegebenen Erhöhung des Budgets UG 14 Militärische Angelegenheiten für die Jahre 2027 bis 2032 auf 1,5


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Prozent des BIP sollte die Wiederherstellung von verlorengegangenen Fähigkeiten sowie der „Kampf der verbundenen Waffen“ wieder möglich sein. Eine langfristige budgetäre Sicherheit sorgt dafür, dass das Bundesheer seinen verfassungsmäßigen Auftrag, die militärische Landesverteidigung und damit die Sicherheit Österreichs, wieder erfüllen kann.

In § 1 Absatz 1 soll mit der Bezugnahme auf die „militärische Landesverteidigung“ eine Konkretisierung der Mittelverwendung klargestellt werden. Die im Landes­verteidigungs-Finanzierungsgesetz in § 2 Absatz 3 vorgeschlagene Kommission wird gestrichen, weil deren Aufgabe schon jetzt von der Internen Revision und dem Rechnungshof abgedeckt wird.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, ist auch bereits verteilt worden und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Angela Baumgartner. – Bitte.


12.01.42

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben in den Budgetberatungen mit den einzel­nen Fachministern und mit den Experten aus den Ressorts in den letzten Wochen in vielen, vielen Stunden des Diskurses eines ganz deutlich gesehen: Dieses Budget hat als oberste Priorität, das zu tun, was wirklich notwendig ist, um das Leben der Menschen leistbar zu machen und das Überleben von Betrie­ben und Arbeitsplätzen zu sichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Staat muss in außergewöhnlichen Zeiten helfen, und genau das tut diese Bundesregierung mit diesem Budget 2023. Das haben auch die Budgetexperten aller Parteien im Budgethearing bestätigt. Dieses Budget gibt Halt, Stütze und Zuversicht. Wir setzen gezielte Schwerpunkte, die langfristig die soziale, die


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wirtschaftliche und – darüber müssen wir uns auch im Klaren sein – die militärische Sicherheit in Österreich stärken. Wir wollen eben stärker, sicherer und unabhängiger werden. Das Budget bildet die Grundlage dafür und schlägt die richtigen Pflöcke ein. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Wort Versorgungssicherheit ist keine leichtfertig gesagte Floskel, nein, es ist ein zentraler Begriff. Das gilt sowohl für die Energie als auch für unsere Lebensmittel. Eine kluge Schwerpunktsetzung war notwendig und ist gelungen. Unser Herr Finanzminister hat einen guten Mix aus kurzfristig notwendigen Maßnahmen auf der einen Seite und dem langfristigen Schuldenabbau auf der anderen Seite gefunden. Wir haben Maßnahmen wie zum Beispiel das Anti­teuerungspaket gegen Inflation und Energiekrise, die Entlastungsmaßnahmen im steuerlichen Bereich, die ökosoziale Steuerreform gesetzt. Für alle, die beim Budgethearing dabei waren – ich glaube, es haben viele vergessen, was die Experten gesagt haben, unter anderen unser Experte Professor Badelt –: Die ökosoziale Steuerreform ist sehr standortfördernd, sie entlastet den Faktor Arbeit und senkt die Produktionskosten. In wirtschaftlicher Not – das hat er auch gesagt – ist es notwendig, Maßnahmen zu setzen, die das Budget belasten, weil wir eben helfen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und warum können wir uns das leisten? – Weil wir vor den Krisen fleißig gespart haben und deswegen das Budget ein besseres war. (Abg. Wurm: Wo ist gespart worden?)

In Richtung NEOS – Herr Kollege Loacker, Sie waren vorhin gerade am Red­nerpult –: Wir senken die Steuerstufen von 42 auf 40 Prozent und von 35 auf 30 Prozent. Ihre Expertin hat gesagt, durch dieses Budget wird die Wettbe­werbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft erhalten und das Abrutschen in die Armut verhindert. Das war Ihre Expertin. Auch der Experte der SPÖ – das dürften Sie auch vergessen haben – hat gesagt, klimarelevante Ausgaben steigen, was er sehr erfreulich findet. Die Pflegereform bringt eine deutliche Verbesserung für das Pflegepersonal, und die Einmalzahlungen helfen 2022


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deutlich. Kollege Stöger dürfte das wahrscheinlich missverstanden haben. (Abg. Michael Hammer: Oder gar nicht verstanden haben!)

Noch etwas hat Herr Kollege Badelt gesagt: Die Leute haben das Gefühl, dass sie sich gewisse Sachen nicht mehr leisten können, dass sie sich den Alltag nicht mehr leisten können. Ich verstehe dieses Gefühl, weil wir von einem hohen Wohlstandsniveau ausgehen. Warum haben wir aber dieses Gefühl, dass wir uns bestimmte Sachen nicht leisten können? – Dank Ihnen, liebe Opposition, weil Sie nur Hetze betreiben und nur ungute Stimmung verbreiten, und das ist wirklich sehr demokratiegefährdend. Das muss ich Ihnen schon sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

All diese Maßnahmen, die das Budget enthält, setzt die Bundesregierung aus Verantwortung für Österreich, aus Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkelkindern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.06


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.


12.06.12

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier und vor den Bildschirmen! Man kann es drehen und wenden, wie man will, und Sie können uns noch so viel Sand in die Augen streuen: Dieses Budget ist zukunftsvergessen, ganz bestimmt nicht generationengerecht und mit Sicherheit keine Investition in die Zukunft. (Beifall bei den NEOS.)

Der größte Budgetzuwachs geht in den Posten Pensionen, das Plus in der Bil­dung wird von der Inflation aufgefressen, und Sie gehen überhaupt keine einzige strukturelle Reform im Bildungs- und Wissenschaftsbereich an. Dabei sind aber


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die Probleme altbekannt und überhaupt nicht neu. Da draußen warten Zigtau­sende kleine Kinder auf einen personell gut ausgestatteten Bildungs- und Betreuungsplatz, da draußen warten Zigtausende Schülerinnen und Schüler darauf, dass es endlich nicht mehr vom Elternhaus abhängt, wie ihr Bildungsweg verläuft, und da draußen warten Zigtausende Schülerinnen und Schüler darauf, dass sie, wenn sie mit 15 aus der Schule rauskommen, sinnerfassend lesen und rechnen können.

All das bleibt bei Ihnen unbeantwortet, weil Sie einfach nichts tun. (Beifall bei den NEOS.)

Sie schreiben das Bestehende fort. Das ist zukunftsvergessen und nicht mutig. Die ÖVP – das ist ja nichts Neues – ist ja seit Jahren die Bildungsstillstandspartei schlechthin, obwohl sie sich immer einzureden versucht, dass es nicht so ist. Es wirkt sehr, sehr hilflos, wie Sie das Budget aufgesetzt haben. Zumindest ein paar der ÖVP-Abgeordneten haben ja schon verstanden, dass es Reformen bräuchte, aber die sind zu leise, die sind nicht mutig genug, um aufzustehen und zu sagen: Wir müssen es endlich angehen, wir müssen keine kleinen Reformen machen, sondern große Schritte!

Es gibt den fehlenden Mut auf der Abgeordnetenbank der ÖVP beziehungsweise auch bei einem Bildungsminister, der wenige Anliegen hat – oder sie zumindest noch nicht gesagt hat – und auch keine Vision hat. Beides fehlt, und deswegen geht auch im Bildungsbereich nichts weiter.

Zu den Hochschulen: Was Sie in den letzten Wochen aufgeführt haben, ist peinlich und jämmerlich. Wo sind denn all die ÖVPler, die sonst immer von Inno­vation und Fortschritt durch Wissenschaft und Forschung sprechen, die über Digitalisierung sprechen, über Mint und andere Zukunftsbereiche? Die sind in den letzten Wochen alle ganz, ganz leise gewesen, haben überhaupt nichts zum Unibudget gesagt. Jetzt gibt es 150 Millionen Euro mehr, wie wir heute im „Morgenjournal“ erfahren durften. (Abg. Taschner: Zu den weiteren!) Warum auf einmal 150? Wie kommen Sie auf diese Zahl, Herr Minister? Wie wird das


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verteilt? Was ist eigentlich diese Strategie, den Universitäten so zizerlweise etwas zu geben?

Vielleicht hätten die Elementarpädagoginnen und -pädagogen und die Eltern auch öfter auf die Straße gehen sollen, vielleicht wäre dann auch noch etwas gegangen. Das weiß man nicht. Die Unis bekommen jetzt mehr, und das finden wir gut, aber es wird nicht ausreichen. (Beifall bei den NEOS.)

An die Kolleginnen und Kollegen bei den Grünen: Ich weiß nicht, wo Sie bei den Budgetverhandlungen eigentlich waren, aber offensichtlich nicht am Tisch mit der ÖVP, denn sonst hätten Sie sich nämlich schon früher für das Universitätsbudget eingesetzt.

Einerseits sagen Sie – wie Klubobfrau Maurer – nichts zu den Universitäten, und die Wissenschaftssprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, hat vor zwei Tagen medienwirksam gemeint, es sei zu wenig Budget vorhanden. – Was soll das eigent­lich? Wieso? (Abg. Blimlinger: ... ist schon mehr!) Sie sind in einer Regierung und Sie müssen das ausverhandeln und etwas zusammenbringen. (Weiterer Zwi­schenruf der Abg. Blimlinger.) Offensichtlich ist es Ihnen wichtiger, diese Regie­rung fortzuführen, still zu sein und der ÖVP immer zuzustimmen. (Vizekanzler Kogler: Wie der Wiederkehr in Wien!)

Ein zukunftsfähiges und generationengerechtes Budget ist das jedenfalls nicht. (Beifall bei den NEOS. – Bundesminister Brunner: Jetzt warst du aber grantig! – Vizekanzler Kogler: Die sollen alle so viel herausholen wie Stadtrat Wiederkehr in Wien?)

12.10


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.


12.10.38

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Kolleginnen und Kollegen! Besonders das Publikum zu


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Hause – ich hoffe, dass noch sehr viele zuschauen bei einer so sachlichen, ruhigen, im positiven Sinne langweiligen Debatte! Als Regierungsabgeordneter muss man sich sehr freuen, wenn es so wenig Aufregung über ein Budget gibt, da muss man es eigentlich ganz praktisch und gut gemacht haben. Das ist doch eine schöne Sache. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Wurm.  Abg. Künsberg Sarre: Ja!)

Es wundert mich auch nicht, dass es wenig Aufregung gibt, denn bei ein paar dieser Beschlüsse würde man sich, glaube ich, sehr schwertun. In den letzten 30 Jahren hat zum Beispiel die SPÖ versprochen, die kalte Progression abzuschaffen – wir machen das jetzt. Aus meiner Sicht ist das ja die größte Steuerreform der letzten Jahrzehnte, auch wenn der Betrag nicht der höchste ist.

Da würde ich mir jetzt wirklich Tausende Zuschauer dazu wünschen, um das einmal zu erklären, denn in den letzten Jahrzehnten ist das Spiel ja immer so gelaufen: Man hat eine Inflation, man hat eine Lohnerhöhung im gleichen Ausmaß, und im Laufe der Jahre steigen die Leute in die nächste Steuerklasse auf und zahlen immer mehr Steuern, netto bleibt ihnen immer weniger, und puff, dann stellen sich ein Finanzminister und ein Bundeskanzler hin und sagen: Wir machen jetzt die größte Steuerreform der Zweiten Republik!, geben den Leuten in Wahrheit aber nur das Geld zurück.

Was machen wir? – Wir schaffen das ab. Wir machen jedes Jahr eine Anpassung, die Leute behalten ihr Geld sofort, und es wird nie wieder so eine Fakesteuer­reform als größte Steuerreform der Zweiten Republik geben. Es ist ein Pech, wenn man das, was 30 Jahre verkauft, 30 Jahre versprochen wurde, nie wieder verkaufen kann. Wir machen es jetzt, und darauf bin ich wirklich stolz. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wahrscheinlich gibt es auch relativ wenig Aufregung, weil wir eines der größten Gemeindefinanzierungspakete der Zweiten Republik auf den Weg bringen. Das


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ist jetzt notwendig, denn gerade in den Gemeinden werden wir diese Teuerungs­welle und diese Wirtschaftskrise bekämpfen: 1 000 Millionen Euro, 1 Milliarde Euro. 250 Millionen – ein Viertel – davon gehen an Wien, wo ein Viertel der Einwohner:innen lebt. Das rot-pinke Wien kriegt ganz klar ein Viertel des Geld­es, 250 Millionen Euro, von einer türkis-grünen Regierung. Das hätte, glaube ich, sonst auch niemand so gemacht – verständlich, dass es darüber wenig Aufre­gung gibt. Wir sind stolz darauf, dass wir so fair sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass ihr euch im Kleinen auch wenig aufzuregen habt, verstehe ich auch. Wie Kollege Schwarz detailliert vorgerechnet hat, bekommt ein:e Durchschnitts­pensionist:in jetzt 1 200 Euro über diverse Mittel netto als Teuerungsausgleich. 1 200 Euro hat in den letzten 30 Jahren kein roter Kanzler, kein roter Finanz­minister zusammengebracht. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Das ist doch schön, dass wir das jetzt haben. (Beifall bei den Grünen.)

Ein bisschen mehr Vision wäre in den letzten 30 Jahren wünschenswert gewe­sen. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) Statt so etwas zusammenzubringen, habt ihr immer nur auf Gas gesetzt und ins Gas investiert. Jetzt tut ihr euch natürlich schwer, euch über die Teuerungswelle aufzuregen (weiterer Zwischenruf des Abg. Krainer), wenn ihr das Gas ausgebaut habt und jetzt in Wahrheit schuld an dieser Teuerungswelle seid. Ich verstehe, dass man da ein bisschen ruhig ist.

Wir machen das Gegenteil, wir gehen raus aus Öl und Gas, wir werden diese Teuerung langfristig bekämpfen. Die Ökomaßnahmen, mit denen wir da herauskommen, hat Kollege Litschauer schon aufgezählt. Wir werden das mit Vision angehen.

Ministerin Gewessler ist gerade bei der Weltklimakonferenz und geht dort nicht mit leeren Händen hin. Es gibt eine Kleinigkeit, wenn man so will, aber auf die bin ich sehr stolz, und die betrifft die Entwicklungszusammenarbeit: Das Klima­ministerium finanziert das erste Mal internationale Klimamaßnahmen, für die


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nächsten vier Jahre geht dort Geld hinein. Es ist nicht so viel, wie ich mir wün­schen würde, das sage ich auch, aber im Zuge einer solchen Teuerungswelle, wie wir sie jetzt haben, brauchen wir das Geld auch woanders. Ich bin aber froh, dass das beginnt, denn die Klimakrise werden wir nur international bekämpfen, und genau so machen wir es.

Unterm Strich: Es ist ein wenig aufregendes Paket. Damit übergebe ich gerne an den nächsten Redner, Kollegen Kucher von der SPÖ, der wird sich als Gesund­heitssprecher auch nicht viel aufregen können, denn der Gesundheitsminister hat erst gestern veranlasst, dass die HPV-Impfung gegen Krebs frei und gratis für alle bis 21 wird. Das ist doch eine großartige Geschichte! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

12.14


Präsidentin Doris Bures: Wobei der Vorsitz den Abgeordneten das Wort erteilt. (Ruf bei der FPÖ: Das ist auch gut so, Frau Präsidentin!) Daher erteile ich Herrn Abgeordneten Philip Kucher das Wort. – Bitte.


12.14.58

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Die Rede des Kollegen Reimon lässt mich wirklich einigermaßen fassungslos zurück. Ich glaube, es war jetzt eine harte Aufgabe, die Regierungspolitik zu loben, aber ich glaube, du bist meilenweit von der Lebensrealität der Menschen entfernt.

Wenn sich heute in der Früh alleinerziehende Mütter das Jausenbrot für die Kinder im Kindergarten nicht mehr leisten können, sich zeitgleich der Nationalratspräsident für das neue Parlament aber einen goldenen Flügel bestellt, damit er wunderbar Klavier spielen kann, dann, glaube ich, zeigt das, dass wir in Österreich nicht nur eine Budgetkrise haben, sondern längst auch eine Krise des Mitgefühls (Beifall bei der SPÖ) und dass die Regierungsparteien das Gespür für die ganz normalen Menschen verloren haben.


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Während sich August Wöginger heute allen Ernstes hierherstellt und sagt, was für eine tolle Pflegereform die Regierung auf die Reise gebracht hat, sind die Menschen, die Tag und Nacht am Krankenbett arbeiten, am Limit. Die sind fertig! In Salzburg werden im Unfallkrankenhaus Stationen gesperrt, weil an allen Ecken und Enden das Personal fehlt. (Abg. Zorba: Warum habt ihr es nicht gemacht?) Heute stellen sich August Wöginger und die ganze ÖVP-Truppe hin und sagen: Eine ganz, ganz tolle Pflegereform! – Das ist eine Politik, die meilenweit von der Lebensrealität entfernt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Krainer hat heute gesagt, dass Strom- und Gaskonzerne in Österreich, die Milliardengewinne haben, nicht mehr wissen, wohin mit dem Geld. Anstatt dass die Regierung es den Menschen in Österreich – die jeden Tag beim Tanken, mit der Stromrechnung dafür sorgen, dass die Konzerne die Milliardengewinne haben – zurückgibt, kommt die schwarz-grüne Regierung allen Ernstes auf die Idee, zu sagen: Die Milliardengewinne, die reichen nicht, machen wir noch mehr, senken wir die Körperschaftsteuer, schauen wir, dass die Konzerne noch mehr haben!, während die breite Masse der Bevölkerung nicht mehr weiß, wie sie sich das Leben leisten soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Während heute allen Ernstes in Österreich Universitäten zusperren müssen, weil sie sich die Heizung nicht mehr leisten können, haben wir da einen Wissens­chaftsminister, der sich feiert und sagt, was für ein toller Wissenschaftsminister er ist. Schaut euch quer um: In Wahrheit zeigt doch die heutige Debatte, dass die Regierung beim Coronakrisenmanagement bewiesen hat, dass sie es nicht kann. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Heute zeigt ihr ja, dass ihr keinen Mut und keine Kraft habt und dass es in Wahrheit vorbei ist.

Wenn man Minister Polaschek hernimmt: Glaubt irgendjemand hier in diesem Raum, dass es Minister Polaschek doch noch auf die Reihe bringt, dass im Bereich der Wissenschaft irgendetwas passieren wird, dass wir den Ärztemangel bekämpfen, dass es irgendwann mehr Studienplätze gibt? Glaubt das irgend­jemand in diesem Raum? Das ist ja das Tragische, Herr Minister: Wo ist die Kraft? Wo ist das Feuer? Wo ist der Einsatz? Wo die Begeisterung?


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In dieser Krisenzeit hat es sich die Bevölkerung doch verdient, dass die Politik endlich munter wird, dass ihr euren Job macht, aber nicht tragisch auf der Regierungsbank sitzt. Der Bundeskanzler hat sich eh schon verabschiedet. Das ist doch ein trauriges Schauspiel, das hier heute in Österreich abgeht (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ): dass eine Regierung in dieser Krise kraftlos agiert, der Bundeskanzler schon nach Hause gegangen ist und die Men­schen sich in Wahrheit danach sehnen, dass es in Österreich endlich Neu­wahlen gibt und die Bundesregierung die Heimreise antritt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. ZangerRuf bei der ÖVP: Der Fasching ist eröffnet!)

12.18


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Manfred Hofinger. – Bitte.


12.18.31

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Regie­rungs­mitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Philip Kucher, eines fällt mir bei dir auf: Wenn du oder die gesamte SPÖ nur die Hälfte eurer Energie für die Bekämpfung der Krisen einsetzen würdet, würde es, glaube ich, den Menschen in Österreich am meisten helfen. (Beifall bei der ÖVP. Ruf bei der SPÖ: Er ist nicht in der Regierung! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Heute ist aber ein guter und schöner Tag für die österreichischen Gemeinden, weil wir sie in Richtung Autonomie, Energieautonomie unterstützen können, denn es sind ja die Gemeinden und Städte, die dafür sorgen, dass unsere Volksschulen, Schulen insgesamt, Kindergärten mit Heizung, also mit Warmwas­ser und mit Wasser versorgt werden. Genauso stellen aber die Abwasser­infra­struktur und die Wasserinfrastruktur die Gemeinden vor große Herausfor­derungen. Deshalb hat sich die Bundesregierung dazu entschlossen, dass wir diese Gemeinden und Städte finanziell unterstützen werden.

Es freut mich ganz besonders, dass wir da ein zweigeteiltes Gemeindepaket, das KIG 2023, auf die Beine stellen können, womit wir in den Gemeinden den


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Herausforderungen der Zukunft begegnen und den hohen Stromkosten entgegenwirken können. Herzlichen Dank an Herrn Bundesminister Magnus Brunner und an Bundeskanzler Nehammer und natürlich auch der Fraktion der Grünen für diese Bemühungen. (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses Gemeindepaket besteht aus zwei Teilen. Das erste Paket fördert die Autonomie der Gemeinden, und das ist, glaube ich, ein ganz, ganz wesentlicher Punkt. 500 Millionen Euro werden investiert, dass die Gemeinden Fotovol­taikanlagen installieren können, auf LED-Beleuchtungen umsteigen können oder Anschlüsse an Fernwärme oder Geothermie durchführen können, um Ener­giekosten einzusparen. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher, richtiger Weg, er stärkt die Autonomie der Gemeinden, und auch die Strompreise und Energiekosten können damit gesenkt werden.

Das zweite Paket mit 500 Millionen Euro unterstützt Investitionen in die Infrastruktur der Gemeinden. Wir haben es in der Vergangenheit gesehen, dass genau diese Investitionspakete den Gemeinden, aber genauso der Region mit einem Mehrwert helfen, und sie helfen natürlich auch, die Wertschöpfung in den Regionen zu halten und Arbeitsplätze zu schaffen.

Daher werde ich jetzt einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen einbringen, mit dem die Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2023 geändert wird. Der Abänderungsantrag wurde schon verteilt, daher erläutere ich nur die Kernpunkte.

Erster Punkt ist die Aufstockung des Zweckzuschusses, des KIG um 500 Mil­lionen Euro, um die Daseinsvorsorge der Gemeinden zu garantieren, wobei 5 Prozent dieser 500 Millionen Euro auch für gemeinnützige Vereine verwendet werden können. Außerdem werden die Bedarfszuweisungen auf 75 Millionen Euro aufgestockt, was eine freie Budgetspitze für die Gemeinden bringt.


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Weiters vom Abänderungsantrag betroffen ist das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz. Damit wird geregelt, dass zusätzliche Budgetmittel neben den Investitionskosten auch für Mehrausgaben im laufenden Betrieb sichergestellt werden.

Mit diesem Abänderungsantrag werden wir heute einen großen Schritt in Richtung Energieautonomie der Gemeinden machen. Die Gemeinden stehen insgesamt vor großen Herausforderungen, das wissen wir, und wir können seitens der Regierung nur einen Teil der Kosten damit abfedern. Ich als Gemeindesprecher bin wirklich stolz, wenn ich mir die 2 500 Gemeinden in Österreich anschaue und feststelle, wie viele innovative Projekte sich schon durch den Innovationsgeist von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ergeben haben. Damit sind sie auch für die Bevölkerung Vorreiter, und das, glaube ich, spricht dafür, dass der ländliche Raum sehr gut funktioniert.

Ich möchte abschließend nochmals darauf verweisen, dass wir mit den letzten Gemeindepaketen die Gemeinden mit insgesamt 3,8 Milliarden Euro unterstützt haben. Ich glaube, jede Investition in die Gemeinden ist eine Investition in die Zukunft. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (1744 der Beilagen) über ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopolgesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMU-


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Förderungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinder­teneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das Bundes­mu­seen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kommunalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landes­verteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden (Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023), in der Fassung des Ausschussberichtes (1776 d.B.) (Top 1)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1)         Artikel 6 (Bundesgesetz zur Unterstützung von kommunalen Investitionen 2023 (Kommunalinvestitionsgesetz 2023 – KIG 2023)) wird wie folgt geändert:

1. Am Beginn des § 1 Z 1 wird die Wortfolge „Investitionen der Gemeinden, insbesondere“ eingefügt.

2. Die Überschrift zu § 2 lautet:

„Zuschüsse für Energiesparmaßnahmen“

3. In § 2 Abs. 5 wird das Datum „30. Juni 2025“ durch das Datum „31. Dezember 2025“ ersetzt.

4. In § 2 Abs. 9 wird das Datum „30. Juni 2024“ durch das Datum „31. Dezember 2024“ ersetzt.

5. In § 3 Abs. 4 wird das Datum „30. Juni 2026“ durch das Datum „31. Dezember 2026“ ersetzt.


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6. Die Paragrafen 5, 6 und 7 erhalten die Bezeichnungen „§ 6.“, „§ 7.“ und „§ 8.“. Nach § 4 wird folgender § 5 samt Überschrift eingefügt:

„Zuschüsse für Investitionsprojekte

§ 5. (1) Der Bund gewährt den Gemeinden einen weiteren Zweckzuschuss in Höhe von 500 Millionen Euro für zusätzliche Investitionen, Instandhaltungen und Sanierungen auf kommunaler Ebene.

(2) Auf diesen Zweckzuschuss sind die Bestimmungen des Kommunalinvestitionsgesetzes 2020 (KIG 2020), BGBl. I Nr. 56/2020, mit der Maßgabe anzuwenden, dass

              1.         diese Mittel nicht aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds finanziert werden,

              2.         die Einrichtung von kommunalen Kinderbetreuungsplätzen in den Sommerferien 2023, 2024 und 2025 zuschussfähig ist,

              3.         der Zweckzuschuss nur für Investitionsprojekte gewährt wird, mit denen im Zeitraum 1. Jänner 2023 bis 31. Dezember 2025 begonnen wird,

              4.         der Antrag bis 31. Dezember 2024 bei der Abwicklungsstelle einzureichen ist,

              5.         der Anspruch jeder Gemeinde am Gesamtbetrag nach § 2 Abs. 10 ermittelt wird,

              6.          die widmungsgemäße Verwendung des Zweckzuschusses bis spätestens 31. Dezember 2026 nachzuweisen ist,

              7.         nicht in Anspruch genommene oder rückerstattete Mittel die den Gemeinden gemäß § 3 Abs. 5 zufließenden Mittel erhöhen, und

              8.         § 2 Abs. 2 letzter Satz, Abs. 3, Abs. 6 und Abs. 8 sowie § 3 Abs. 2 anzuwenden sind.“


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7. Abs. 1 des neuen § 6 lautet:

„§ 6. (1) Der Bund gewährt den Gemeinden im Jahr 2023 eine Bedarfszuweisung zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichts im Haushalt in Höhe von 75 Millionen Euro.“

2)         Artikel 22 (Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz (LV-FinG))wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 1 letzter Satz lautet:

„Damit werden die erforderlichen Investitionen in die Fähigkeiten des öster­reichi­schen Bundesheeres und die damit einhergehenden Aufwendungen im laufenden Betrieb sichergestellt.“

2. In Artikel 22 § 1 Abs. 4 wird die Wortfolge „dem jeweiligen Bundesfinanz­rahmen­gesetz und dem jeweiligen Bundesfinanzgesetz“ durch die Wortfolge „den Regierungsvorlagen des jeweiligen Bundesfinanzrahmengesetzes und des jeweiligen Bundesfinanzgesetzes“ ersetzt.

Begründung

Zu Art 6 - Bundesgesetz zur Unterstützung von kommunalen Investitionen 2023 (Kommunalinvestitionsgesetz 2023 – KIG 2023

Um die Gemeinden vor dem Hintergrund der sich verschlechternden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei der Bewältigung ihrer Aufgaben der Daseinsvorsorge zu unterstützen, soll der Zweckzuschuss des Bundes an die Gemeinden um weitere 500 Millionen Euro auf 1000 Millionen Euro aufgestockt werden. Diese zusätzlichen Mittel sollen von den Gemeinden für die Zwecke gemäß dem Kommunalinves­titions­gesetz 2020 verwendet werden können. Auch von diesen Mitteln können die Gemeinden bis zu 5 % des ihr maximal zustehenden Zuschusses für Förderungen von Organisationen, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke im Sinne der BAO verfolgen, zur Deckung gestiegener Energiekosten verwenden.


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Die aus den nicht verwendeten Mitteln der kommunalen Impfkampagne finanzierte Bedarfszuweisung an die Gemeinden soll auf 75 Millionen Euro aufgestockt werden.

Aufgrund der Erhöhung des Zweckzuschusses sollen auch die entsprechenden Fristen um ein halbes Jahr verlängert werden.

Zu Art 22 - Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz

Zu 1.:

Mit der gegenständlichen Formulierung soll klargestellt werde, dass mit den zusätzlichen Budgetmitteln neben den Investitionen auch daraus resultierende Mehrausgaben im laufenden Betrieb sichergestellt werden.

Zu 2.:

Mit dieser formalen Anpassung soll klargestellt werden, dass die Vorlage des Landesverteidigungsberichts im Rahmen der parlamentarischen Budget­verhandlungen gemeinsam mit den Regierungsvorlagen des Bundesfinanz­rahmengesetzes und des Bundesfinanzgesetzes zu erfolgen hat.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Julia Elisabeth Herr. – Bitte.


12.23.21

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Heute beschließen wir ein Budget für die kommenden Jahre. Herr Finanzminister, ich habe Ihnen bei der Budgetrede ziemlich gut zugehört, da haben Sie gesagt, dass wir alle die Krise spüren.

Schauen wir uns einmal an: Wie spürt denn die OMV die Krise? – Nämlich mit 3,3 Milliarden Euro Gewinn (Beifall bei der SPÖ), nicht dieses Jahr, sondern dieses


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Quartal; das ist eine Verdreifachung. Heuer waren es in neun Monaten insge­samt 9 Milliarden Euro, und das Jahr ist noch nicht um.

Während also arbeitende Menschen diese Krise tatsächlich am eigenen Leib verspüren, wenn die Butter und die Milch um 50 Prozent teurer werden, spüren sich manche Konzerne offensichtlich gar nicht mehr. Jetzt kommt aber die an Sie gerichtete Kritik: Nicht nur, dass Sie diese Übergewinne nicht abschöpfen – dazu findet sich nichts in dem Budget, das wir heute beschließen –, es ist auch noch so, dass für diese Unternehmen und Konzerne jetzt die Steuer gesenkt wird. Das geht sich nicht aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man sagt: Das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik, dann sage ich Ihnen: Dieses Budget ist eine Ungerechtigkeit, die damit niedergeschrieben wird. Das, was Sie hier machen, ist Politik für das Top-1-Prozent, und das ist nicht nur so dahingesagt, sondern auch beweisbar. Schauen wir es uns an: Wie viele Milliarden wird uns diese Senkung der Gewinnsteuer kosten, wohin fließen denn diese Gelder? – Zwei Drittel der gesamten Summe fließen an das Top-1-Prozent der Unternehmen! Da gibt es nichts für die kleinen Betriebe, da gibt es nichts für die Einpersonenunternehmen. Das ist Klientelpolitik, die wir uns in dieser Krise nicht leisten können. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Übrigen fließen diese Gelder unabhängig von jeder Klimaschutzmaßnahme. Milliarden fließen da jetzt an die größten CO2-Schleudern in diesem Land, das muss man auch sagen – und das geht nicht. Wir brauchen dieses Geld für den Ausbau der Kinderbetreuung – gerade für die jungen Frauen so wichtig –, für die Unis, damit die Lehrsäle nicht kalt sind, und natürlich auch für den Klimaschutz, sehr geehrte Damen und Herren.

Und wenn wir schon dabei sind: Wir verhandeln jetzt ein Gesetz, das vorsieht, dass spätestens bis 2040 der Ausstieg für alle Haushalte aus Öl- und Gas­heizungen gelungen sein soll, dass dann jeder eine umweltfreundliche Heizung zu Hause hat, dass man nicht durch die Erzeugung von Treibhausgasen auf Kosten der Natur und der Umwelt heizt, was in der Regel auch billiger als Putins


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Gas ist, dass wir nicht von Gasdiktatoren abhängig sind und dass dann mit der klimafreundlichen Heizung auch kein CO2-Preis zu zahlen ist, weil die Ener­gieform erneuerbar ist. Dafür stehen wir als SPÖ, das ist ganz klar. Uns ist aber auch klar, dass das eine Riesenherausforderung ist, bei der man nicht die Haushalte alleinlassen kann, weil viele das finanziell einfach nicht stemmen können. Deshalb braucht es die staatlichen Förderschienen, und zwar braucht es die langfristig.

Wenn wir uns dieses Budget jetzt anschauen, dann stellen wir fest, dass da einige Förderschienen – für die Industrie, für die Energieeffizienz in der Industrie – bis 2030 laufen. Die Förderung für die Haushalte und vor allem für die einkommensschwachen Haushalte, für die es eine Förderung von bis zu 100 Prozent brauchen wird, wenn man sie nicht alleinlassen will, läuft aber nur bis 2026. Warum? Werden dann in drei Jahren keine Heizungen mehr getauscht werden müssen? – Ich glaube schon. Die Umweltministerin argumen­tiert: Bei der Industrie braucht es eine langfristige Sicherheit, aber ich sage Ihnen, für die Haushalte braucht es die auch, das ist ganz klar. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1) Artikel 21 (Änderung des Umweltförderungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a)          Die Z 3 lautet:

„3. In § 6 Abs. 2f Z 1b wird die Wortfolge „sowie in den Jahren 2023 bis 2025 insgesamt einem Barwert von maximal 1 140 Millionen Euro“ durch die


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Wortfolge „sowie in den Jahren 2023 bis 2030 insgesamt einem Barwert von maximal 3 870 Millionen Euro“ ersetzt;“

b)          Die Z 4 lautet:

„4. In § 6 Abs. 2f Z 1c wird die Wortfolge „2023 bis 2025“ durch die Wortfolge „2023 bis 2030“ sowie die Wortfolge „190 Millionen Euro“ durch die Wortfolge „1 140 Millionen Euro“ ersetzt.“

*****

Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit müssen Hand in Hand gehen. Sichern Sie den Haushalten die Förderung zu, die sie dringend brauchen, um die Energiekrise wirklich zu meistern! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.27

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Julia Herr, Alois Schroll,

Genossinnen und Genossen

zur Regierungsvorlage (1744 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000, das Zukunftsfonds-Gesetz, das Tabaksteuergesetz 2022, das Tabakmonopol­gesetz 1996, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Insolvenz-Entgelt­sicherungsgesetz, das Berufsausbildungsgesetz, das KMU-Förderungsgesetz, das Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Finanzierung der Digitalisierung des Schulunterrichts (SchDigiG) erlassen wird, das Bundes-Jugendförderungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgosetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler und das Umweltförderungsgesetz geändert sowie ein Bundesgesetz über die Gewährung


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eines Zuschusses an das Land Steiermark zur Sanierung der Grazer Burg, ein Kom­munalinvestitionsgesetz 2023, ein Bundesgesetz über einen pauschalen Kostenersatz des Bundes an die Länder für Aufwendungen im Zusammenhang mit § 58c des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 und ein Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz erlassen werden(Budgetbegleitgesetz 2023 – BBG 2023) in der Fassung des Berichtes des Budgetausschusses (1776 d.B.) TOP 1

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

1) Artikel 21 (Änderung des Umweltförderungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Die Z 3 lautet:

„3. In § 6 Abs. 2f Z 1b wird die Wortfolge „sowie in den Jahren 2023 bis 2025 insgesamt einem Barwert von maximal 1 140 Millionen Euro“ durch die Wortfolge „sowie in den Jahren 2023 bis 2030 insgesamt einem Barwert von maximal 3 870 Millionen Euro“ ersetzt;“

b) Die Z 4 lautet:

„4. In § 6 Abs. 2f Z 1c wird die Wortfolge „2023 bis 2025“ durch die Wortfolge „2023 bis 2030“ sowie die Wortfolge „190 Millionen Euro“ durch die Wortfolge „1 140 Mil­lionen Euro“ ersetzt.“

Begründung

Die Novelle des Umweltförderungsgesetzes im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes sieht vor, dass die die bestehenden Förderschienen für die Sanierungsoffensive inkl. Heizkesseltausch sowie die Förderschiene für einkommensschwache Haushalte jeweils um ein Jahr verlängert werden und somit bis zum Jahr 2026 laufen sollen.

Diese beschränkte Dauer ist insofern bemerkenswert, als es bereites bisher einen längerfristigen Finanzierungsrahmen bis 2030 für die Förderung von Fernwärme- und Fernkältesystemen gibt. Zudem sollen mit der Novelle des Umweltförderungsgesetzes zwei weitere längerfristige Förderschwerpunkte verankert werden, jener für die


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Förderung der Energieeffizienz und jener für die Transformation der Industrie, die ebenfalls bis zum Jahr 2030 laufen sollen.

Wieso gerade jene Förderschienen, die vorwiegend den privaten - und im speziellen Fall - einkommensschwachen Haushalten zugutekommt, kürzer befristet ist, erscheint nicht schlüssig.

Mit dem vorliegenden Antrag wird diese Ungleichbehandlung aufgehoben und eine mittelfristige Absicherung der Förderungen sichergestellt im gleichen jährlichen Ausmaß bis 2030 sichergestellt. In Hinblick auf die zu erwartenden Vorgaben aus dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz, die bis zum Jahr 2040 reichen und Investitionen v.a. bei den Privathaushalten mit sich bringen, wäre sogar eine noch längere Sicherstellung der Fördermittel angezeigt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.


12.28.05

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Klubobmann Kickl, ich habe Ihrer Rede sehr interessiert zugehört – wie immer brillant gehalten, sehr eingängig. Ich dachte da ein bisschen an Albert Einsteins Worte: Man soll alles so einfach sagen, wie es möglich ist, aber nicht zu einfach. – Es ist vielleicht einiges, was Sie gesagt haben, zu einfach gesagt, und zwar in dem Sinne, dass es, wenn zu einfach gesagt, dann einfach falsch wird. Darüber würde ich ganz gerne vielleicht auch mit Ihnen persönlich sprechen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist wichtig, dass wir bei dem Budget, das wir hier vorliegen haben, bedenken, dass wir wirklich in einer schwierigen Lage sind, wo wir es uns nicht so einfach


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machen können. Der Herr Bundesminister hat es sich wirklich nicht einfach gemacht und ein Budget erstellt, das auf der einen Seite die notwendigen Ausgaben vorsieht, die Ausgaben, die nötig sind, um all diese Krisen, die auf die Menschen zukommen, möglichst gut abzufedern, und das auf der anderen Seite auch Investitionen für die Zukunft liefert, sodass es dann gelingt, dass wir die hohe Verschuldung, die wir haben – und da bin ich ganz Ihrer Meinung, die ist sehr, sehr hoch und zu hoch –, wieder hinunterbekommen. Und diesen Spagat schafft dieses Budget, so gut es eben geht.

Es gibt sicherlich viele Fragen, die dazu zu stellen sind. Wir haben einerseits Fragen, die jetzt aktuell gelöst werden müssen, um die jetzt bestehenden Krisen zu meistern, und auf der anderen Seite Fragen, die darüber hinausgehen. Frau Kollegin Künsberg Sarre hat gesagt, die großen Fragen seien nicht angesprochen worden, hat sich aber dann doch in etwas verloren, was meiner Meinung nach nicht die großen Fragen sind.

Ich beziehe mich jetzt auf ein Interview, das der große Wirtschaftswis­sen­schafter Hans-Werner Sinn vor Kurzem Roger Köppel und Beat Gygi gegeben hat, in dem er gesagt hat (Abg. Kassegger: Denen sollte man mehr zuhören, Sinn und Köppel!): Wir haben im Wesentlichen drei Probleme. Das eine Problem ist die Demografie – das wird hier wenig angesprochen, aber so viele Alte stehen so wenigen Jungen gegenüber. Das gab es in Europa noch nie. Das wird dann sicherlich irgendwann einmal betrachtet werden müssen. Die Pensionserhöhung, die jetzt gemacht worden ist, ist ganz in Ordnung, aber wir müssen da noch weit in die Zukunft denken. Wir haben noch nie so viele Einwanderer gehabt, im Vergleich zu denen, die hier sind. Auch diesem Problem müssen wir entgegen­sehen. Das zweite Problem ist die Energietechnologie, und die wird, glaube ich, noch nicht so gut in Angriff genommen, wie man es tun könnte. Da gebe ich wirklich zu bedenken, dass da noch sehr viel zu arbeiten ist.

Das dritte Problem ist die europäische Politik, die zum Teil aus dem Ruder läuft, vielleicht sogar stark aus dem Ruder läuft. (Abg. Rauch: Das ist ein guter Satz!) Hier dagegenzuagieren, das wäre von großer Bedeutung. Ich glaube, Herr


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Bundesminister, wir werden auf dem Weg sein, das dann auch in den Budgets, die noch nachkommen, wieder zu berücksichtigen, mit einer Politik, die das auch berücksichtigt. Ich glaube, das ist eine sehr wichtige Sache, die wir hier in Angriff nehmen sollten, aber in der Weise, dass wir es wirklich ernsthaft betrachten und nicht zu sehr vereinfachen. (Abg. Kickl: Auch eine Interpretationsfrage!)

Das ist ein wichtiger Punkt: nicht zu einfach machen. Wenn wir es uns nicht zu einfach machen, sondern wenn wir es ehrlich und richtig machen, dann können wir auch beruhigt in die Zukunft schauen. Bei diesem Budget können wir auch mit einer gewissen Gelassenheit in die Zukunft schauen, dass wir im nächsten Jahr, auch was zum Beispiel die Universitäten anbelangt, doch auf einem guten Weg sind. All diese Unkenrufe von der anderen Seite, die wollen wir eigentlich nur als Beiwerk betrachten. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Herr Professor! Wenn ...!)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte.


12.31.56

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich werde mich in meiner Rede mit dem Umweltförderungsgesetz auseinander­set­zen. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Die Regierung, vor allem die Grünen, feiert ja das Klima- und Umweltbudget ab, weil in absoluten Zahlen mehr Geld vor­handen ist. Das klingt zwar gut, hat aber weniger mit der Stärke der Grünen als mit den Schwächen der ÖVP zu tun. So kann man seinen Partner auch bei Laune halten, oder man könnte es sogar als modernen Ablasshandel bezeichnen: Die Grünen halten die ÖVP weiter bei der Stange, zum Schaden dieser Republik, und bekommen dafür mehr Geld für ihre Ministerinnen und deren teilweise sehr weltfremde Vorhaben. (Abg. Rössler: Extrem spannend, aber nicht haltbar! – Abg.


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Lindinger: Die türkis-grüne Regierung macht das, was ihr immer versäumt habt!) Statt dass die Regierung einfach ihre Arbeit macht und man gut gedachte Gesetze beschließt, werden einfach alle Probleme mit Geld übergossen.

Weil in Ihren Reihen schon ein bisschen Unruhe herrscht, geschätzte Kol­leg:innen von ÖVP und Grünen: Beispiel gefällig? – Bitte sehr: Energieeffizienz­gesetz. Im Juli 2019 wurde ein Evaluierungsprozess zum bisherigen Energie­effizienzgesetz abgeschlossen. Im Juni 2020, also vor 2,5 Jahren, wäre nämlich die aktuelle EU-Energieeffizienzrichtlinie umzusetzen gewesen, aber nichts ist passiert, nämlich absolut wirklich gar nichts. Wir haben seit 1. Jänner 2021 kein Energieeffizienzgesetz.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und Grünen, lasst es euch ein bisschen auf der Zunge zergehen: Heute haben wir seit 683 Tagen kein neues Klimaschutzgesetz beschlossen – mit einer grünen Klimaschutzministerin, mit dieser Bundesregierung! War in 2,5 Jahren, in 683 Tagen keine Zeit, ein neues Gesetz zu beschließen? – Offenbar nicht, und das, obwohl wir mitten im EU-Vertragsverletzungsverfahren sind. Ständig heißt es nur wie beim Klimaschutz­gesetz, das auch seit 683 Tagen nicht beschlossen ist: Wir sind in einer poli­tischen Abstimmung innerhalb der Regierung! – Es kommt aber einfach nichts zustande, obwohl es zur Erreichung unserer Klimaziele, aber auch zur Erreichung unserer Ökoenergieziele so wichtig wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt, rechtzeitig zur nächsten ÖVP-Krise, wird auf einmal das grüne Füllhorn ausgeschüttet. Es gibt zwar noch immer kein Energieeffizienzgesetz und auch kein Klimaschutzgesetz, aber dafür dürfen die Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler das Geld zur Verfügung stellen, das ihr mit beiden Händen hinaushaut, denn das Umweltförderungsgesetz sieht nun ab dem kommenden Jahr 190 Mil­lionen Euro pro Jahr für die Steigerung der Energieeffizienz vor. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Okay, aber was ist jetzt mit dem Energieeffizienzgesetz, das unter anderem die Energielieferanten dazu verpflichtet, Energieeffizienz vor-


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anzutreiben? Fazit ist ganz einfach: Es gibt keine Rechtssicherheit, keine dauer­hafte und nachhaltige Absicherung, keine parlamentarische Mitsprache, aber Fördermillionen ohne Ende.

Kollege Litschauer, ganz kurz noch: Ihr habt relativ schnell von der Kurz-Politik angenommen, wie man die Leute täuschen kann. Es gibt nämlich bis heute keinen Transformationsfonds. Ihr habt euch da, glaube ich, wirklich ein bisschen überschätzt, denn ihr behauptet Sachen, die einfach nicht stimmen. Ihr könnt es einfach nicht, und das müsst ihr akzeptieren! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.35


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.


12.35.49

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir durchleben schwierige Jahre, angefangen 2020 mit der Coronapandemie – enorm viele Maßnahmen wurden von dieser Bundesregierung gesetzt, denken wir nur an die Kurzarbeit als Unterstützung, dass viele Arbeitsplätze erhalten werden, die Wirtschaftshilfen, den Verlust­ersatz –, im heurigen Jahr der Krieg Russlands in der Ukraine, damit einherge­hend horrende Steigerungen bei der Inflationsrate!

Somit werden wir es auch im nächsten Jahr nicht einfach haben, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren: Dieses Budget, über das wir die letzten eineinhalb Wochen beraten haben, diskutiert haben und heute hier im Plenum diskutieren, wird die Menschen unterstützen, es wird die Menschen vor allem entlasten. Um gestärkt aus dieser Krise hervorgehen zu können, ist es gerade jetzt wichtig, in nachhaltige Zukunftsprojekte zu investieren. Es sind viele Maßnahmen, die gesetzt werden: von der Entlastung, die kurzfristig und strukturell wirkt, über die Anhebung des Sicherheitsbudgets, vor allem auch


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beim Bundesheer, bis zum Start der Pflegereformen, um nur einige wenige zu erwähnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich bringen alle diese Maßnahmen auch große Mehrausgaben mit sich. Dennoch müssen die Maßnahmen gesetzt werden, um dann langfristig wieder ein nachhaltiges Budget zu garantieren. Was ist konkret im Budget 2023 und darüber hinaus in jenen der nächsten Jahre enthalten? – Ich habe es schon gesagt: kurzfristige und strukturelle Maßnahmen, ein Gesamtvolumen an Entlastungen von 37 Milliarden Euro bis 2026.

Das sind schnelle Entlastungspakete, um die Kaufkraft zu stärken, sie sind auch dazu da, Wohlstandsverluste abzufedern, und im strukturellen Bereich sind es die Abschaffung der kalten Progression, die Abschaffung der dauernden Steuer­belastung sozusagen, und die Valorisierung der Sozialleistungen; man muss bedenken, dass die jährliche Valorisierung wirklich dauerhaft bei den Menschen ankommt, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Weil der Kollege vor mir sagte, es gibt kein Budget für die Transformation, muss ich dem entgegnen: Es gibt sehr wohl ein Budget für die Transformation der Wirtschaft, um diese noch klimagerechter und umweltgerechter zu machen, und vor allem eines: um die Wettbewerbsfähigkeit und den Produktionsstandort und somit auch die Arbeitsplätze in Österreich zu sichern. Das ist das Budget für die Transformation, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Summa summarum werden viele Ausgaben getätigt, die Menschen werden entlastet, die Menschen werden unterstützt, und es wird nachhaltig in die Zukunft investiert, in die Transformation, auch das Gemeindebudget, haben wir heute schon gehört, damit in den Regionen Investitionen getätigt werden können. Eines ist von den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition noch nicht erwähnt worden – vielleicht ist es ihnen auch nicht wichtig, das weiß ich nicht genau –, das ist die Erhöhung der besonderen Sportförderung. Sie wird von 80 Millionen Euro auf 120 Millionen Euro erhöht. Meine sehr


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geehrten Damen und Herren, das ist historisch, das ist eine Steigerung um 50 Prozent, und das lassen wir uns sicherlich nicht schlechtreden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein Budget für die Krisen­be­wältigung, es ist ein stabiles und sicheres Budget, und es ist vor allem ein Budget, das Österreich jetzt benötigt. Es entlastet die Menschen, es unterstützt die Unternehmen, es unterstützt auch die Bäuerinnen und Bauern und stabilisiert gleichzeitig nachhaltig das Budget. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.39


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Tanzler. – Bitte.


12.39.48

Abgeordnete Petra Tanzler (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier und vor den Bildschirmen! Ich habe in den letzten dreieinhalb Stunden sehr aufmerksam zugehört. Was ÖVP und Grüne wirklich gut können, ist, ein Budget, das nichts kann, schönzureden. Die Zahlen sprechen für sich und sie sprechen für die Politik, die Sie machen, und diese Politik hat für Bildung wirklich nichts übrig. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit diesem Budget im Bildungsbereich können wir bestenfalls den Istzustand verwalten, und dieser Zustand ist mittlerweile ein sehr schlechter Zustand – und ab 2024 steuern wir auf einen Rückschritt zu, denn die prognostizierte Inflation ist höher als die Investition, und dann kann wirklich nicht von Fortschritt gesprochen werden.

Bildung und Wissenschaft, haben wir heute schon gehört, sind die Verlierer­ressorts in diesem Budget, und somit leider auch alle jungen Menschen. (Abg. Taschner: Das ist doch nicht wahr!) – Ja, ja. (Beifall bei der SPÖ.)


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Von dem Plus in Höhe von 1 Milliarde Euro, das für nächstes Jahr zur Verfügung steht, sind 900 000 Euro reine Personalkosten und die restlichen 100 000 Euro sind für kleine Projekte übrig, also man kann wirklich nicht von Fortschritt reden.

Es wird kein einziges Problem im Bildungsbereich gelöst. Es wird nichts gegen den Pädagoginnen- und Pädagogenmangel (Abg. Zarits: In Wien! In Wien ist das so, oder?), nichts für den Ausbau ganztägiger Bildungseinrichtungen getan. Es gibt keine Aufstockung im psychischen Support und es gibt keine Chancen­gleichheit. Von diesen Dingen sind wir so weit weg wie schon lange nicht mehr, und Sie stellen sich hin und klopfen sich auf die Schulter.

Interessant finde ich auch, dass sogar die Grünen im Budgetausschuss gefragt haben, warum für die pädagogische Assistenz keine Budgetmittel zur Verfügung gestellt worden sind oder für das 100-Schulen-Projekt, das ja ein Projekt mehr oder weniger von (in Richtung Grüne) Ihnen ist, die Budgetmittel gekürzt wurden. Offensichtlich haben also auch Sie kein Mitspracherecht, und offensichtlich wurden Sie auch nicht in die Budgetgestaltung eingebunden. Sie müssen einse­hen, dass auch Sie in diesem Bereich gescheitert sind.

An der Bildung zu sparen ist das Teuerste, das sich ein Land leisten kann, es bedeutet nämlich wirklich Rückschritt – in wenigen Jahren werden wir in Österreich weniger wettbewerbsfähig sein –, es bedeutet, dass unsere Kinder nicht die Bildung bekommen, die ihnen zusteht und die jene Bildung wäre, die unser Land in eine sichere Zukunft führen könnte. Es gibt keine Investitionen, keine Visionen und keine Innovationen. Es wäre aber genug Geld da, es wird nur nicht richtig und verantwortungsvoll verteilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch einmal: Bildung und Wissenschaft sind die Verlierer in diesem Budget. Verantwortungsvoll wären Nachverhandlungen, Herr Minister, das wollen Sie nicht. Da kann man nur mehr sagen, meine Damen und Herren: Diese Regierung


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ist nicht gut für unser Land, und das hat sie einmal mehr bewiesen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Karin Greiner. – Bitte.


12.42.49

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hochgeschätzte Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat sein Budget für das nächste Jahr vorgelegt. Wir sprechen über dieses Budget, aber worüber spricht die Bevölkerung, die uns zuhört? – Die Bevölkerung spricht über die Teuerung – über exorbitante Teuerungen –, die Bevölkerung spricht über eine Inflation, die über 10 Prozent liegt, und spricht darüber, wie sie ihre Rechnungen am Ende des Monats bezahlen kann, und natürlich – dem kann man sich nicht entziehen – spricht die Bevölkerung über die ÖVP-Skandale.

Was macht die Regierung? – Die Bundesregierung hat bis dato leider keinerlei Aktivität gesetzt, dass, wenn die Menschen einkaufen gehen, auch nur ein einziges Produkt billiger würde. Die Leute haben Probleme, ihren Einkaufskorb zu füllen: Da ist immer weniger drinnen und sie bezahlen immer mehr. Da haben Sie bis jetzt nichts getan! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie weigern sich, den Gaspreisdeckel einzuführen. (Bundesminister Brunner: Weil es keinen Sinn macht!) Da sind Sie tatenlos, das ist gelinde gesagt nicht weit­sichtig, das ist ohne Ziel und das ist auch planlos. (Vizekanzler Kogler: Ja wollen Sie den Superreichen die Gasrechnung fördern?) – Ja genau, Sie haben schon recht, Herr Vizekanzler: Ganz ziellos ist nicht alles. Es gibt schon zielgerichtete Politik, nämlich die Klientelpolitik, die wird hochgehalten: große Konzerne, wohl­gesonnene Großspender. Warum wird die Körperschaftsteuer gesenkt? (Abg. Haubner: Na, für die Arbeitsplätze! Arbeitsplätze, Frau Kollegin! SPÖ-Logik!) Ja, profitiert davon eine Familie, die die Rechnung nicht mehr bezahlen kann? – Nein, sie wird nicht entlastet! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf: Um Gottes willen!) – Herr


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Finanzminister! „Um Gottes willen“, das retourniere ich voller Inbrunst an Sie. Warum besteuern Sie nicht die Übergewinne? (Bundesminister Brunner: Das tun wir eh! Das tun wir ja!) – Wir sprechen von 6 Milliarden, die Ihnen egal sind. Die bleiben liegen (Bundesminister Brunner: ... EU-Verordnung, Frau Kollegin!), anstatt dass Sie sie den Familien geben, die das Geld benötigen würden. (Bundesminister Brunner: ... eine EU-Verordnung! – Abg. Schwarz: Die ist umzusetzen!)

Herr Finanzminister, schauen wir uns noch ein Thema an: Wie halten Sie es mit der Transparenz? Die ist im Übrigen vertrauensfördernd: Transparenz ist vertrauensfördernd. Darf der Steuerzahler wissen, was mit seinem Geld passiert, wenn er vielleicht schon zu wenig retour bekommt? Was passiert mit seinem Geld? – Schauen wir uns die Cofag an: 15 Milliarden Euro an Steuergeldern wer­den über diese Cofag an Unternehmen ausgeschüttet. Ja dürfen wir im Par­lament fragen und dem Steuerzahler sagen, wer wie viel bekommen hat? – Nein, dürfen wir nicht. Sie wollen die Kontrolle nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzminister! Ich muss konstatieren: Mit diesem Budget wiederholen Sie genau die gleichen Fehler, die Sie während des Coronapandemiemanagements gemacht haben. Es fehlt der Plan. (Bundesminister Brunner: Da war ich ja gar nicht Finanzminister!) Sie führen die Fehler weiter – das ist ja noch schlimmer! Sie haben keinen Plan, Sie haben kein Ziel und Sie machen die Maßnahmen nicht nachhaltig entlastend.

Ganz ehrlich: Es wäre besser, Sie ebneten den Weg für Neuwahlen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

12.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte.


12.46.12

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsi­dentin! (Vizekanzler Kogler: Bitte wieder eine freie Rede halten!) Sehr geehrter Herr


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Vizekanzler! Sehr geehrter abwesender Bundeskanzler! (Abg. Michael Hammer: Der hört sich das nicht an, was ihr so preisgebt!) Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen, aber vor allem geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Sie haben jetzt dreieinhalb Stunden eine Gene­raldebatte gehört mit sehr viel Beschönigung seitens der Regierungsparteien und harter Kritik aus den Oppositionsreihen, und viele von Ihnen vor den Bildschirmen werden sich die Frage stellen: Wie kann ich denn feststellen, was stimmt?

Ein paar Tipps dazu: Wenn eine Regierung ein großes Vorhaben hat, wird sie alles darauf konzentrieren, das unter die Leute zu bringen – bei der deutschen Regierung den sogenannten Doppelwumms. In Österreich sind die Regie­rungsparteien mit anderen Dingen beschäftigt. Herr Karner lenkt ab, indem er Zelte wo hinstellt, die keiner will (Zwischenruf des Abg. Zarits), einfach um das Thema woanders hinzubringen (Zwischenruf des Abg. Hanger), Herr August Wöginger geht her und behauptet, man müsse die Menschenrechtskonvention abschwächen. (Abg. Schmuckenschlager: Das hat er ja nicht gesagt so! – Abg. Scherak: Eigentlich hat er die Flüchtlingskonvention gemeint! – Abg. Steinacker: Nein! Weiterentwickeln hat er gesagt! Einmal zuhören!)

Meine Damen und Herren! Wenn das passiert, wissen Sie: Da mangelt es ein bisschen an Ehrlichkeit bei der Schönfärberei. – Die Punkte wurden hier klargelegt. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben nichts gegen die Teuerung unternommen, und das ist volkswirt­schaftlich eine Katastrophe. Wenn Sie den Vorschlägen – auch heute wieder von uns eingebracht – folgen würden und dafür sorgen würden, dass es im Dezember keine Strom- und Gasrechnung gibt, dafür sorgen würden, dass die Privathaushalte Strom und Gas für 14 Cent bekommen, dass die Wirtschaft ihre Energielieferungen um 7 Cent bekäme, dann würde die Inflation sinken. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.) Sie machen es aber nicht, Sie geben Zuschüsse. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wissen Sie, was das heißt, Herr Kollege? Wissen Sie, was das heißt? – Dass unsere Unternehmen in einem Binnenmarkt, in einer Währungsunion mit deutschen Mitbewerbern konkurrieren müssen, die deutlich billigere Energie­kosten haben. (Abg. Schmuckenschlager: Das stimmt ja nicht!) Es ist eine Deindustrialisierung des Landes, die droht, wenn das erfolgt, weil Sie es nicht können! (Beifall bei der SPÖ.) Schämen Sie sich doch einmal dafür, statt den Zwischenruf zu machen.

Zu den Grünen, auch wenn die Frau Maurer im Moment gerade nicht da ist (Abg. Litschauer: Sie ist eh da! – Abg. Disoski: Die Maurer! Die Maurer!): Frau Klubobfrau! Als grüne Klubobfrau kuscheln Sie mit August Wöginger, der die Europäische Menschenrechtskonvention infrage stellt, politisch weiter. (Zwischenruf der Abg. Maurer. – Abg. Hörl: ... der Moralapostel!) Wann begreifen Sie, dass der politische Kredit aus ist? (Zwischenruf des Abg. Schallmeiner.) Jeder einfache Flipperautomat ohne künstliche Intelligenz weiß: Wenn der Kredit null ist, leuchtet eine Lampe auf. (Abg. Michael Hammer: Die leuchtet bei dir auch schon!) Game over, Herr Kollege! (Abg. Michael Hammer: Ja, Game over!) Das „Game over“ wäre schon lange eure Aufgabe. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit denen – die eine Hälfte bei der WKStA beschäftigt, die andere damit, ihre Gewinne zu zählen, die sie aus den Covid-Förderungen bekommen haben – macht ihr weiter.

Mit denen macht ihr weiter, statt dass ihr Schluss macht, einen Neuanfang macht, denn: Das Volk hat euch 2019, ein bisschen der Schönfärberei des Sebastian Kurz folgend, mit einer Mehrheit ausgestattet (Abg. Schwarz: ... ihr das könnt!), aber das Vertrauen ist weg, ihr habt keine Mehrheit mehr. Macht den Weg frei für einen Neustart im Land (Zwischenruf bei der ÖVP), denn der geht nicht mit dieser Regierung! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Mit euch sowieso nicht!)

12.50



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Präsidentin Doris Bures: Nun liegt mir eine Wortmeldung zu einer tatsächlichen Berichtigung vor. – Frau Abgeordnete Barbara Neßler, bitte. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung.


12.50.28

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Kollegin Tanzler von der SPÖ hat gesagt, es wird nichts für den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen getan und es „gibt keine Aufstockung im psychischen Support“.

Ich berichtige tatsächlich, dass wir 1 Milliarde Euro für den Ausbau der Kin­derbetreuung haben. (Abg. Kucharowits: Falsch! – Abg. Kollross: Das ist falsch!) Wir haben eine Ausbildungsoffensive Elementarpädagogen und Elementar­pädago­ginnen. (Ruf bei der SPÖ: Das geht über wie viele Jahre?) Das Budget für Rat-auf-Draht wird erhöht (Abg. Kollross: 200 Millionen! – Ruf bei der SPÖ: Wo steht das im Budget?), und es gibt das Projekt Gesund aus der Krise, das auf 20 Millionen Euro erhöht wird (Zwischenrufe bei der SPÖ) und bei dem wirklich jeder und jede eine Psychotherapie bekommt (Rufe bei der SPÖ: Das ist keine Tatsächliche! Bleiben Sie bei der Wahrheit! Das ist eine Verdrehung von Tatsachen!), unabhängig vom Geld­börsl. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kollross.)

12.51


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Yannick Shetty zu Wort. – Bitte. (Zwischenruf bei der SPÖ.)


12.51.16

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen (in Richtung ÖVP), wenn Sie in sich reinhören und ganz ehrlich – so ganz ehrlich – sind, wer von Ihnen würde dann mit voller Überzeugung sagen, das Budget 2023 ist ein Budget für die Zukunft? (Rufe bei der ÖVP: Ja!) – So vereinzelt, ein paar; ein paar gibt es. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.) In der PR- und


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Marketingstrategie kommt das ja die ganze Zeit vor: Das ist das beste Budget! Das ist das Budget für die Zukunft! (Abg. Matznetter: ... Hörl!)

Ich verstehe nicht, wie Sie auf diese Idee kommen – jetzt eh sehr zaghaft –, zu sagen (Zwischenruf bei der ÖVP), dass das ein Budget für die Zukunft sein könnte. (Zwischenruf des Abg. Schwarz.) In der Bildung: ein echtes Armutszeugnis. Im Klimaschutz: eine Katastrophe. (Ruf bei der SPÖ: Das ist wahr!) Psychische Gesundheit kommt überhaupt nicht vor, ebenso nicht leistbares Wohnen, wie wir den Zugang zu Eigentum ermöglichen können. Überhaupt keine Innovation in diesem Budget: Das ist kein Budget für die Zukunft. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dabei hat der Staat noch nie so tief in die Tasche gegriffen. Noch nie hat der Staat so viel Geld ausgegeben wie diese Bundesregierung. Aber nur jeder fünfte Euro – nur jeder fünfte Euro! – wird in Zukunftsprojekte investiert. Dieses Budget ist nicht nur unambitioniert, sondern es ist eine echte Kampfansage an die jungen Menschen in diesem Land. Sie, insbesondere Abgeordnete, die schon seit Jahrzehnten im Parlament sitzen, jammern doch immer, die Jugend sei so politikverdrossen, die würde sich nicht für Politik interessieren. Das ist ein Blödsinn! (Ruf bei der ÖVP: Wer sagt das? Das sagst ja eh nur du!) Die Jugend ist nicht politikverdrossen, sondern wenn, dann regierungsverdrossen (Zwischenrufe bei der ÖVP), und dass sie das ist, wundert doch niemanden – bei dieser Perfor­mance, die Sie abliefern. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.)

Sie machen, und das zieht sich durchs ganze Budget durch, Politik für Ihre Klientel – Sie schauen, dass es denen gut geht (Abg. Michael Hammer: Kannst du mal eine neue Rede schreiben, das ist jedes Mal das Gleiche?!) –, Politik an den jungen Menschen vorbei. Da ist es nur verständlich, dass sich diese von Ihnen als Regierungsfraktionen abwenden.

Was man tun müsste, wohin man Geld steuern müsste, wo man mehr investieren müsste: in die Bildung; für Brennpunktschulen; für Integration; für die


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Elementarpädagogik; in den Klimaschutz – echten Klimaschutz statt grünes Greenwashing –; mit konkreten Maßnahmen dafür zu sorgen, dass in einem Jahr die Sanierungsrate von 1 auf 4 Prozent steigt; dafür zu sorgen – ja, da müsste man Gesetze ändern –, dass in einem Jahr 25 000 zusätzliche Fachkräfte im Bereich der erneuerbaren Energie ins Land kommen; dafür zu sorgen, dass in zwei Jahren – ein Wahnsinn, dass das noch nicht der Fall ist! – in jedem Bundes­land in Österreich ein Windrad steht. – Dafür müsste man die Weichen stellen, aber dieses Budget enthält dafür nicht die Weichenstellungen. (Beifall bei den NEOS.)

Man müsste endlich, dritter Punkt, runter mit der Steuer- und Abgabenlast. Noch nie hat eine Generation so viel Steuern und Abgaben gezahlt wie die Generation, die dies jetzt tut. Auch da macht die Bundesregierung nicht genug.

Es wurde heute schon viel schöngefärbt. Ich möchte es zum Schluss der Debatte hier auch noch einmal glasklar aussprechen: Die jungen Menschen in Öster­reich bräuchten nach dieser harten Zeit endlich ein neues Aufstiegsversprechen, ein Versprechen, dass Aufstieg wieder möglich ist. Stattdessen liefern Sie mit diesem Budget einen echten Abstiegsbeschleuniger. Deswegen – das kann ich für meine Fraktion sagen; wir haben es ja heute schon mehrfach gesagt – wer­den wir diesem Budget nicht zustimmen. (Beifall bei den NEOS.)

12.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.


12.54.54

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss einfach noch etwas zu Kollegen Matznetter sagen – es geht nicht anders. Das Einzige, das ich bei Kollegen Matznetter unterstreichen würde, ist, dass


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Zuschüsse, die man notwendigerweise gibt, weil es vor allem auf der euro­päischen Ebene aufgrund der sehr unterschiedlichen Interessenlage bis dato nicht gelungen ist, ein taugliches Instrument zur Preisdämpfung bei Energie zustande zu bringen, natürlich keine Preise senken – unterschrieben, stimmt. Dann ist aber schon ein Ende mit dem, was stimmt, Kollege Matznetter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ständig auf die deutschen Ankündigungen zu verweisen, was die denn schon alles Tolles hätten: Ich höre immer wieder einmal, was die deutschen Unter­nehmen schon alles im Laufe des Jahres bekommen hätten. In der Zwischenzeit wurden für dieses Energiekostendämpfungsprogramm in Deutschland – das ist nur für große energieintensive Unternehmen – 7 400 Anträge eingereicht – in dem riesen Deutschland. Davon sind 270 abgearbeitet. Ausbezahlt sind gerade einmal 43 Millionen Euro. – So viel zu diesem hochgelobten Programm. Ich will Deutschland nicht kritisieren (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), aber ich will es mir auch nicht ständig vorhalten lassen, wenn es nicht stimmt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Yildirim: In Deutschland funktioniert der Rechtsstaat!)

Ich habe es in meiner ersten Rede schon gesagt: Na selbstverständlich muss bei uns nach dem Energiekostenzuschuss eins in der Folge jetzt ab Oktober ein kräftiges zweites Programm kommen, und das wird kommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Deutschen kämpfen aber auch bei der angekündigten Strompreisbremse und Gaspreisbremse mit ordentlichen Schwierigkeiten. (Abg. Loacker: Ich habe Angst vor dem ...!) Jetzt liegt dort gerade einmal ein Vorentwurf eines Gesetzes vor (Abg. Leichtfried: Das ist leider beschlossen worden und nicht nur angekündigt!), das diese Zuschüsse regeln soll, das Ganze ab März nächsten Jahres. Die Energie­unternehmen haben der deutschen Regierung gestern schon ausgerichtet, dass sie den Termin März gar nicht schaffen werden (Abg. Rendi-Wagner: Das stimmt nicht!) – also so viel zu dem Thema Deutschland ist uns weit voraus. (Abg. Rendi-Wagner: Das stimmt überhaupt nicht! Das stimmt ja gar nicht!)


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Ich bin überzeugt, das, was wir in den nächsten Wochen für die zweite Phase des Energiekostenzuschusses erarbeiten werden, wird mit Sicherheit nicht hinter dem, was Deutschland zu bieten hat, zurückbleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.57 12.57.29


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Ich frage die Fraktionen, ob wir gleich mit den Abstimmungen fortfahren können. – Mir wird Zustimmung signalisiert. Dann werde ich auch so vorgehen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend Budgetbegleit­gesetz 2023 in 1776 der Beilagen.

Hierzu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Obernosterer, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen,

Abänderungsantrag der Abgeordneten Julia Herr, Kolleginnen und Kollegen und

Abänderungsantrag der Abgeordneten Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen.

Weiters liegen zwei Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Kai Jan Krainer sowie des Abgeordneten Hubert Fuchs vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie von den erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 210

Da einer der vorliegenden Abänderungsanträge Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 3 und 4 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 6, Änderung der §§ 1 bis 3, Einfügung eines neuen § 5 und daraus resultierende Umnummerierung der Folgeparagrafen sowie Änderung des neu nummerierten § 6 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Artikels 6 in der Fassung des Ausschussberich­tes.

Wer spricht sich dafür aus? – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 211

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 8 bis 12 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer ist dafür? – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 13 und 14 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hierfür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 15 und 16 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 17 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer ist dafür? – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen weiters zur getrennten Abstimmung über die Artikel 18, 19 und 20 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Julia Herr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Artikel 21 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 212

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 22 § 1 eingebracht.

Wer hierfür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend Art. 22 § 1 eingebracht.

Wer hierfür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Die Abgeordneten Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 22 §§ 2 und 3 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Artikels 22 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das mit Mehrheit so ange­nom­men.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nom­men.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 213

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung des Universitätsbudgets sowie der Zuwendungen an die Fachhochschulen“.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Alois Stöger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sofortige Winterhilfe durch Erlass der Gas- und Fernwärmrechnungen im Dezember und rasche Umsetzung eines nationalen Gaspreisdeckels“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1777 der Beilagen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung des Gesetzentwurfes.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1778 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 214

Wer spricht sich für diesen Gesetzentwurf aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das BFW-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1779 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Ziffer 3 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen damit auch gleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 215

Wir gelangen damit zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz zur Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie samt Titel und Eingang in 1745 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen damit gleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie genehmigt wird, samt Titel und Eingang in 1770 der Beilagen.

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um ein zustim­men­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1782 der Beilagen.

Wer spricht sich für diesen Gesetzentwurf aus? – Das ist einstimmig angenom­men.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 216

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausfuhrförderungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1783 der Beilagen.

Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Versicherungssteuergesetz 1953 und das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022 geändert werden, in 1784 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Kai Jan Krainer vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließ­lich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 7 und Artikel 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 217

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

13.10.2510. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1670 und Zu 1670 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 – BFRG 2023-2026) (1786 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.)



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Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zu den nächsten Tagesordnungspunkten. Es sind dies die Punkte 10 und 11, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

UG 01: Präsidentschaftskanzlei

UG 02: Bundesgesetzgebung

UG 03: Verfassungsgerichtshof

UG 04: Verwaltungsgerichtshof

UG 05: Volksanwaltschaft

UG 06: Rechnungshof

UG 10: Bundeskanzleramt

UG 17: Öffentlicher Dienst und Sport


Präsidentin Doris Bures: Erster Redner ist Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Herr Abgeordneter Christian Drobits, Sie gelangen zu Wort.


13.11.08

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanz­ler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Nun: Was erwar­ten sich die Österreicherinnen und Österreicher von der Politik? – Die Antwort ist ganz einfach: Das, was auch wir fordern, nämlich dass die Politiker – das wollen sie – ein gutes Beispiel auch nach außen abgeben und das vorleben. Das Gleiche gilt natürlich für sparsames Wirtschaften. Das ist die Grundlage, das ist die Vorbildwirkung der Politik, die gefordert und erwartet wird. Gerade in Zeiten, in denen die Menschen mit dem Rücken zur Wand stehen, ist es wichtig, dies vorzuleben. Die obersten Organe, die heute im Budget behandelt werden, sind die Ersten, auf die wir zeigen müssen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)


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Herr Bundeskanzler, die obersten Organe, insbesondere der Bundeskanzler und auch der Nationalratspräsident, sind diejenigen, wo hingeschaut und wo hin­gezeigt wird. Ich möchte mit Ihrem Budget anfangen, Herr Bundeskanzler: Sie haben eine Budgetsteigerung von 8,1 Prozent oder 38,7 Millionen Euro erhalten. Sie machen eigentlich das, was Ihr Vorgänger Sebastian Kurz gemacht hat: Er hat die Kosten für sein Kabinett unverhältnismäßig stark erhöht, aufgeblasen, und Sie haben diese aufgeblasenen Kosten ungeniert übernommen und sogar weiter erhöht. Das heißt, Ihr Budget ist so aufgeblasen worden, dass momentan das Budget Ihres Vorgängers Sebastian Kurz bei Weitem überschritten wird.

Ich denke, Sie wissen, was das bedeutet, wenn man 8,1 Prozent Steigerung in Zeiten hat, in denen Menschen um ihre Existenz fürchten. Was haben Sie gemacht? – Sie haben noch zusätzlich einen Vollprofi eingesetzt, Herrn Streiter, der die Schäden der Vergangenheit beseitigen soll. Er soll die Schäden, die Frau Gaby Schwarz verursacht hat oder die vielleicht im Untersuchungsausschuss verursacht worden sind, kaschieren. Sie haben auch die Think Austria elegant zurückgezogen, aber im Umfeld sind diese Mitarbeiter weiterhin da.

Herr Bundeskanzler, es gibt in Zeiten wie diesen, in denen Menschen nicht wissen, ob sie eine warme Wohnung haben können, ob sie sich die Fahrt zur Arbeit leisten können oder ob sie vielleicht etwas zum Essen haben, derzeit bei Ihnen die Position, dass 85 000 Euro täglich in Ihrem Kabinett für diese Aktivitäten ausgegeben werden. Ich finde, das ist nicht angemessen, das ist unfair und das ist nicht richtig.

Herr Bundeskanzler, diese Art der Politik ist genau das, was ich gesagt habe: nicht glaubwürdig, null glaubwürdig. Es ist nicht diese Vergangenheits­be­wältigung, die Sie in Bezug auf die türkise Vergangenheit angesprochen haben und vorleben wollen. Im Gegenteil! Sie übernehmen die Handschrift von Sebastian Kurz, Sie machen es genauso wie er. Sie machen es weiter. Das verdie­nen die Österreicherinnen und Österreicher nicht, wenn sie an die Politik glauben, bei der die Politiker Vorbild sein sollen.


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Herr Bundeskanzler, dieses Sittenbild der ÖVP geht aber bei Ihrem National­ratspräsidenten Wolfgang Sobotka weiter, der meiner Meinung nach zwei krasse Fehler gemacht hat. Der eine Fehler ist: Er wurde zum neuen Tiktokstar, der jetzt Wein süffelnd über die neue Dachterrasse des Parlaments geht, wobei mir Menschen zu Recht sagen: Das kann es ja nicht sein, dass im Endeffekt viele zu Hause nicht wissen, wie sie heizen sollen, und der geht da mit dem Wein spazieren!

Außerdem hat er einen zweiten Fehler gemacht – der ist heute schon von Kollegen Kickl angesprochen worden –: Ich meine, einen vergoldeten Bösen­dorfer-Flügel zu mieten, 36 000 Euro Miete im Jahr! Im Monat 3 000 Euro Miete bedeutet: Die Existenzen von drei Menschen mit Mindestsicherung von 978 Euro sind so viel wert wie eine Monatsmiete dieses Flügels. Wissen Sie, was das bedeutet? – Das ist das Bild nach außen. Das ist das Bild, das die ÖVP, insbesondere auch als Regierungspartner der Grünen, nach außen abgibt.

Wir haben – es ist heute schon angesprochen worden – eine Mitgefühlkrise. Wir haben eine Empathiekrise, und wir haben im Endeffekt nur eine Möglichkeit, da rauszukommen: Lassen Sie das Volk entscheiden, Herr Bundeskanzler! Lassen Sie das Volk darüber entscheiden, ob es sich das gefallen lässt, und treten Sie zur Seite! – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Wolfgang Gerstl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.16.14

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Es ist angesprochen worden: Wir diskutieren jetzt die obersten Organe; dabei ist einer der wesentlichen Punkte auch das österreichische Parlament, denn, liebe Bürgerinnen und Bürger, Zuseher vor den Fernsehbildschirmen, im nächsten Budget wird weniger Geld für das Parlament vorgesehen – nicht, weil wir weniger Demokratie machen, sondern weil die Renovierung des Parlaments abgeschlossen ist und Sie das


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Haus sozusagen wieder zurückbekommen. Es ist nämlich nicht das Haus der Abgeordneten, es ist das Haus der Österreicherinnen und Österreicher. Diesem Haus können Sie ab Jänner wieder innewohnen, Sie können Sitzungen bei­wohnen und die Vorzüge dieses Hauses genießen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage das, weil in den letzten Jahren die Demokratie weltweit abgenommen hat, weil es immer weniger Länder gibt, in denen es Demokratien gibt, und immer mehr Länder, in denen es Diktaturen gibt. Daher ist es mir so wichtig, dass wir in unserem Land die Demokratie erhalten. Daher möchte ich auch unserem Präsidenten ganz besonders dafür danken, dass er, obwohl er die großen baulichen Planungen bereits von seiner Vorgängerin übernommen hat, danach diesem Parlament auch noch besonderes Leben eingehaucht hat – besonderes Leben nämlich dahin gehend, wofür das Parlament steht. Das Parlament steht aus meiner Sicht (Abg. Scherak: Für einen goldenen Flügel!) in erster Linie für Transparenz. Transparenz ist das Wichtigste für die Demokratie. Von dieser Kuppel, die wir über dem Plenarsaal alle bewundern werden können und die Sie, liebe Österreicherinnen und Österreicher, auch besichtigen können, können Sie direkt in den Plenarsaal sehen, weil es wichtig ist, dass Sie miterleben, was Ihre Vertreter in diesem Parlament für Sie tun. Dies immer auch gekoppelt damit, was Sie dann für Rückmeldungen dazu geben, ist für uns Abgeordnete auch wichtig, damit wir dieses Haus als ein öffentliches Haus sehen. Wie Günter Wallraff einmal gesagt hat: „Öffentlichkeit ist der Sauerstoff der Demokratie.“ Das ist, glaube ich, das, was wir in den nächsten Jahren leben wollen und leben können.

Meine Damen und Herren, das Parlament ist ein Ort der Zusammenkunft – ein Ort der Zusammenkunft, wo wir den Schwerpunkt auf ein neues Besucher­zentrum setzen, wo es besonders für fachlich interessierte Bürgerinnen und Bürger Ausstellungen und Führungen gibt, wo es aber auch für Kinder und Familien eine ganz leichte Art und Weise des Erlebens gibt, wie Demokratie gestaltet werden kann. Es gibt eine Bibliothek mit neuen Ausstellungen für


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fachlich Interessierte, wo auch über die zentrale Gefahr des Antisemitismus aufklärt wird und darüber, wie Demokratie in Gefahr kommen kann.

Die Demokratiewerkstatt kann nicht nur Schülerinnen und Schülern, sondern auch Lehrer:innen und Lehrlingen und allen Menschen erklären, wie Demokratie funktioniert, weil es unsere Aufgabe ist, dass wir die Menschen, die zukünf­tigen Generationen davon überzeugen, dass ihre persönliche Mitwirkung an der Demokratie das Entscheidende ist, um Demokratie erhalten zu können.

Deswegen geht das Parlament in Zukunft den Weg, dass es sich nicht nur selbst mehr öffnet, sondern dass es mit Parlament on Tour auch zu den Bürgerinnen und Bürgern hinausgeht. Dafür auch ein großes Danke an den Parlaments­präsidenten, der das nun ermöglicht, und an Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, die daran teilnehmen! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Litschauer und Schallmeiner.)

Für uns alle ist es aber auch eine neue Chance: Wenn wir in ein neues Haus ziehen, gibt es auch die neuen Wege des Zusammenkommens, und gerade mir als Verfassungssprecher ist es wichtig, in Zeiten der Zusammenarbeit dafür mehr Möglichkeiten zu geben. Das alte Parlament gibt mehr Raum für das Mitei­nan­der, weniger für das Auseinander und dafür, in eigenen Räumen zu sein und sich danach wechselseitig zu beflegeln. Nein, das Parlament ist ein Ort des Diskurses, an dem wir gemeinsam das Beste für die Republik erreichen wollen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.21.07

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ja, es sind immer diese salbungsvollen Worte der ÖVP: Danke dorthin und danke dahin!, in diesem Fall: Danke an den Herrn


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Parlamentspräsidenten! – Ich muss sagen, das Einzige, wofür ich dem Herrn Parlamentspräsidenten – dem Ersten nämlich – danken würde, wäre, wenn er endlich abdanken würde. (Abg. Michael Hammer – in Richtung FPÖ –: Applaus? – Rufe bei der ÖVP: Nicht einmal die Eigenen klatschen! – Beifall bei der FPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Eine sehr lange Leitung! Die FPÖ hat abgedankt, ja!)

Wir befassen uns hier aber nicht nur mit dem Parlament – dazu sage ich dann später noch ein paar Worte. Zuerst möchte ich ein paar Worte zu einem wichti­gen obersten Organ sagen, nämlich zum Rechnungshof.

Frau Präsidentin, gleich vorweg wieder einmal ein herzliches Dankeschön an Ihre Mannschaft, an die Prüfer, an alle, die in der Administration et cetera tätig sind! Es wird für das nächste Jahr ein wenig mehr an Budget für den Rech­nungshof geben. Das hat auch seine Gründe, denn immerhin wurden die Kom­petenzen des Rechnungshofes im Sinne des Parteiengesetzes ausgeweitet, und auch mehr Sonderprüfungen sind möglich. Das bedeutet, dass es mehr Geld für den Personalbereich und auch mehr Geld für den betrieblichen Sachaufwand geben wird. Die Zahl der Vollzeitbeschäftigungsäquivalente wird um 15 erhöht, damit sind wir dann auf insgesamt 295, und damit sind rund 91 Prozent des Personalplans erfüllt. Ich sehe darin eine gute Voraussetzung auch für Ihre qualitätsvolle Arbeit hinsichtlich der Berichte im nächsten Jahr und freue mich auch schon wieder auf eine gute Zusammenarbeit.

So, und jetzt schauen wir uns das Ganze einmal – was ich eingangs schon angesprochen habe – in diesem Parlamentsbudget an, was ja vielleicht von der Öffentlichkeit nicht ganz so sehr wahrgenommen wird. Da gibt es ja durchaus interessante Dinge. Zu all dem, was betreffend Herrn Präsidenten Sobotka schon gesagt wurde, kommt da jetzt etwas dazu, nämlich dass still, heimlich und leise und wie gesagt kaum wahrgenommen ein Sobotka’sches Medienimperium im Parlament Einzug hält.


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Schauen wir uns die einzelnen Positionen an! Es gibt da eine Diskussions­sen­dung, die nennt sich „Politik am Ring“, die fristet so ein bisschen ein Schat­tendasein: Auf Youtube, diesem Videokanal, haben sich die letzte Sendung genau 414 Zuseher angeschaut. Dann gibt es einen Youtube-Kanal, der nennt sich OeParl, also österreichisches Parlament, der hat genau 1 250 Abonnenten.

Dann hat es einen Podcast „Parlament erklärt“ gegeben – also auch ein wahnsinnig spannender Name –, der ist zwar seit dem Sommer eingestellt, aber es gibt eine Nachfolgegeschichte. Dieser Podcast nennt sich jetzt „Rund ums Parlament“. Den gibt es seit gut einem Monat, und er hat bis jetzt heiße 47 registrierte Nutzer.

Ein sehr bekannter Soziale-Medien-Kanal ist Facebook. Da gibt es das österreichische Parlament seit elf Jahren, es hat weniger als 30 000 Follower. Dann gibt es einen Twitter-Kanal, der hat rund 36 000 Follower, und auf Instagram gibt es rund 7 000. (Abg. Michael Hammer: Was willst du jetzt damit sagen?)

Da gewinnt man den Eindruck, dass eigentlich die gesamten Mitarbeiter, die in all diesen Projekten mitarbeiten, die Einzigen sind, die sich das anschauen. (Abg. Michael Hammer: Aha, haben wir 30 000?)

Ab Jänner 2023 soll es dann im neuen alten Parlament auch einen Newsroom geben. Na da bin ich gespannt, was das wird. Ist das die Aufgabe des Parlaments, einen Newsroom zu unterhalten? – Ich weiß nicht, ob da nicht eher andere Medien dafür zuständig wären.

Dann gibt es noch einen Webrelaunch. Das haben wir schon einmal gehabt – im Jahr 2011, wenn ich mich recht erinnere. Dazu hat es dann auch einen Rech­nungshofbericht gegeben, und der Rechnungshof hat damals schon überaus krit­isch gesagt: Wie da vorgegangen wurde – und da geht es jetzt nicht nur ums Geld allein, das wahnsinnig viel war, ich denke, es waren 2 Millionen Euro, sondern auch um die Vorgangsweise, wie man diesen Relaunch umgesetzt hat –,


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war alles andere als professionell. Ich bin neugierig, was jetzt auf uns zukommt. (Abg. Michael Hammer: Brauchst keine Pausen machen, es applaudiert eh nie­mand!)

All das sollten wir jetzt unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit beurteilen. Da frage ich mich: Was ist denn los? – Herr Kollege Hammer, warte, du kriegst gleich noch dein Fett weg! (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Loacker) –, denn der aktuelle Höhepunkt – Kollege Drobits hat es kurz angesprochen – ist ja dieses goldene Protzklavier für den Herrn Präsidenten, den Prunk-und-Protz-Präsidenten, in seinem neuen Parlament. Dieses will ich aber nicht als Prunk-und-Protz-Parlament verstanden wissen, aber ihr macht es dazu! (Beifall bei FPÖ und NEOS. – Abg. Ofenauer: ...! Das ist ja unwürdig!)

3 000 Euro im Monat kostet es an Miete. Damit kann ich mir ein Einfamilienhaus reinstellen, da hätte ich mehr davon! Und das alles in Zeiten, in denen die Leute in diesem Land nicht wissen, wie sie durchkommen sollen, wie sie sich vielleicht noch Essen kaufen sollen, wie sie heizen sollen, und sich überlegen müssen, wie sie sich das Leben leisten können. So geht ihr Schwarzen mit dem Steuergeld um! Präsident Sobotka tut so, als ob das alles sein Privatgeld wäre, denn er hat es ja auch alleine entschieden, es war keine gemeinsame Entscheidung.

So geht es nicht! Deswegen sage ich: Den Prunk-und-Protz-Präsidenten Sobotka aus seinem Amt abwählen! Neuwahlen jetzt und sofort! (Beifall bei der FPÖ.)

13.26

13.26.54 *****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, für die Bezeichnung „Protz-Präsident“ habe ich einen Ordnungsruf zu erteilen. (Zwischenruf des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Zanger.)


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*****

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.27.07

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Vizekanzler, sehr geehrte Minister, Staats­sekretäre, Präsidentin des Rechnungshofes, Volksanwälte! Die obersten Organe zählen zu den wichtigsten Einrichtungen eines Rechtsstaates, und dafür ist es auch notwendig, sie finanziell gut auszustatten.

Ich möchte aber insbesondere zum öffentlichen Dienst sprechen. Der öffentliche Dienst ist sozusagen eine Grundlage für diese obersten Organe, denn ohne den öffentlichen Dienst, ohne die Beamt:innen und Vertragsbediensteten wäre ein Handeln schwer möglich. Das heißt, es ist fest in staatlicher Hand, und daher gibt es auch für die obersten Organe, aber auch für den gesamten öffent­lichen Dienst massive Verbesserungen, einerseits budgetär und andererseits in der zu beschließenden Dienstrechts-Novelle, die wir demnächst auf den Weg bringen. Das wird dann auch in den Gehaltsverhandlungen mit den Beamt:innen noch einmal der Punkt sein, und wir werden einiges dazu tun.

Der Punkt ist, dass wir vor allem die Institutionen stärken, auch mit Aufwertun­gen von Planstellen. Das ist ein ganz wichtiges Instrument zur Stärkung der Institutionen. Das ist natürlich auch immer mit Kosten verbunden, muss man sagen, und da ist es gelungen, für die nächsten Jahre mit Sicherheit und gutem Gespür die einzelnen Institutionen im öffentlichen Dienst auf den Weg zu bringen.

In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere darauf hinweisen, dass wir uns auch darum bemühen – Sie wissen alle, dass es ja eine große Pensionie­rungs­welle beziehungsweise In-den-Ruhestand-Versetzungs-Welle im öffent­lichen Dienst gibt –, dass es ein Attraktivierungsprogramm für den Nachwuchs geben wird, um wirklich junge, qualifizierte, auf allen Ebenen qualifizierte


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Menschen für den Bundesdienst zu gewinnen. Der Bund – ich bin ja selber Beamtin, wie Sie vielleicht wissen – ist ein hervorragender Dienstgeber, Arbeitgeber – je nachdem, was es ist –, und man findet – relativ unabhängig davon, auf welcher Ausbildungsstufe man ist – viele wirklich gute Arbeits- und Aufstiegsmöglichkeiten. Das kostet natürlich auch Geld, und das ist auch budgetär abgebildet.

Vielleicht noch ein Wort zur Situation der Verwaltungsakademie: Es wird zu einer Übersiedlung kommen, an einen hoffentlich etwas zentraleren Ort, als dies derzeit der Fall ist. Dafür wurde auch im Budget Vorsorge getroffen.

In diesem Sinne ist der öffentliche Dienst, wie ich meine, auf einem guten Weg, und ich möchte mich an dieser Stelle bei den Kollegen und Kolleginnen in den einzelnen Dienststellen, insbesondere in den obersten Organen, für ihre Arbeit sehr herzlich bedanken, vor allen Dingen in den letzten zwei Jahren im Zusam­menhang mit Covid, in denen es ja wirklich nicht besonders einfach war – für alle anderen auch, aber da gab es sozusagen angesichts der Notwendigkeit, Maß­nahmen zu treffen, schon einen erhöhten Bedarf.

Ich möchte mich an dieser Stelle insbesondere beim Budgetdienst des Par­la­ments bedanken, auch im Namen all meiner Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion. Dort wird Arbeit geleistet, durch die wir alle sozusagen wirklich in einem hohen Maße unterstützt werden.

Ich habe die Vision, dass man ähnlich wie im Deutschen Bundestag so etwas wie einen wissenschaftlichen Dienst einrichtet, der jetzt nicht nur für Budgetfragen, sondern auch für viele andere Fragen zuständig wäre. Vielleicht können wir das dann im Jahre 2023 schon beginnend für die Folgejahre budgetieren.

In diesem Sinne, auch wenn manche Kolleginnen und Kollegen glauben, es ist schon gelungen: Nein, die Windisch-Kaserne heißt noch immer Windisch-Kaserne, und wir warten auf den Bericht der Frau Bundesministerin für Landes­verteidigung. Und daher bin ich im Übrigen nach wie vor der Meinung, dass die


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Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden muss. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Dr. Nikolaus Scherak ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.31.57

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Frau Rechnungs­hofpräsidentin! Sehr geehrte Volksanwältin und Volksanwälte! Wir ziehen jetzt bald wieder in das historische Parlament zurück, was mich sehr freut, und ich glaube, dass man sich in diesem Zusammenhang auch wieder Gedanken darüber machen kann, wie wir den Parlamentarismus in Österreich verstehen und wie wir uns vorstellen, wie wir als Parlament arbeiten sollen.

Da geht es nicht nur darum, wie viele Mittel wir uns selbst als Parlament zur Verfügung stellen, sondern auch darum, wo man Prioritäten setzt. Und wenn man sich die Aufgaben des Parlaments anschaut, dann kommt man eigentlich sehr rasch zu dem Ergebnis, dass es sehr umfassende Aufgaben sind und dass ein selbstbewusstes, ein starkes, ein informiertes Parlament eigentlich eine gewisse Anzahl an Ressourcen brauchen würde.

Man kann sich anschauen, wie das andere Länder machen. Man kann zum Beispiel nach Deutschland schauen – das ist ja nicht sehr weit weg –: Dort ist es so, dass ein Abgeordneter vier bis fünf Mitarbeiter bei sich direkt anstellen kann. Das heißt, er hat Ressourcen für vier bis fünf Mitarbeiter. Das führt auch dazu, dass der Abgeordnete sehr selbstbewusst auftreten kann, auch im eigenen Klub zum Beispiel – das ist für Abgeordnete von Regierungsparteien vielleicht ganz spannend. Da kann man sich selbstständig informieren und muss nicht immer das glauben, was einem aus einem Ministerium oder von einer Kammer geschickt wird.


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In Österreich ist es so: Wir als Abgeordnete haben Ressourcen für ungefähr einen bis eineinhalb Mitarbeiter. Ich glaube daher, da ist jedenfalls Luft nach oben. Die Tatsache, dass sich in Österreich insbesondere Abgeordnete von Regierungsparteien die Informationen aus Ministerien holen, führt ja nicht nur dazu, dass sie einen Wissensvorsprung gegenüber Abgeordneten von Oppo­sitionsparteien haben, sondern es ist auch so, dass Abgeordnete von Regie­rungs­parteien deswegen sehr abhängig von der Regierung sind, weil es darum geht, welche Informationen man überhaupt kriegt.

Man könnte eigentlich meinen – das hier sind die direkt vom Volk gewählten Abgeordneten und auf der anderen Seite ist die Verwaltung, die Regierung –, dass hier der Schwanz ein wenig mit dem Hund wedelt. (Beifall bei den NEOS.)

Man kann, um diese Situation zu verändern, etwas sehr Einfaches machen: Man nimmt mehr Geld in die Hand und sagt: Ein selbstbewusstes Parlament braucht mehr finanzielle Ressourcen. – Man kann sich aber auch um 36 000 Euro ein goldenes Klavier anschaffen.

Man kann auch darüber diskutieren, was ein selbstbewusstes Parlament noch braucht – und das sind mehr Ressourcen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Parlaments an sich. Beispielsweise der Budgetdienst, der uns die letzten Wochen hindurch ganz großartig begleitet hat, könnte mehr Ressourcen gebrauchen. Damit sich die dortigen Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter nicht die Nächte um die Ohren schlagen müssen, könnte man den Budgetdienst aufstocken. – Man kann sich aber auch um 36 000 Euro ein gol­denes Klavier anschaffen.

Ein selbstbewusstes und informiertes Parlament bräuchte meiner Meinung nach auch einen Rechts- und Legislativdienst – den haben wir zum Glück, aber der hat auch nicht die Ressourcen, die er brauchen würde, was dazu führt, dass es eine einzige Person in diesem Parlament gibt, die ihn beauftragen kann, nämlich der


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Herr Nationalratspräsident. In anderen Ländern mit selbstbewussten Parla­menten, wie zum Beispiel in Deutschland, können die Abgeordneten direkt beim Rechts- und Legislativdienst Gutachten beauftragen. Also auch dort könnte man Personal aufbauen. – Man kann sich aber auch um 36 000 Euro ein golde­nes Klavier kaufen. (Beifall bei den NEOS.)

Sie sehen also, es gibt sehr viele Möglichkeiten, um ein starkes und selbstbe­wusstes Parlament in Österreich zu schaffen, um den Abgeordneten mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um ein besseres Parlament zu haben, das bessere Gesetze macht und besser informiert ist. – Man kann sich aber halt auch um 36 000 Euro ein goldenes Klavier anschaffen. (Beifall bei den NEOS.)

13.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.35.37

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung, der Volksanwaltschaft und des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das Budget 2023 hat klare Ziele: Es geht um Aufschwung, es geht um Stabilität und es geht um Nachhaltigkeit für Österreich.

Zwei Schwerpunkte sind die ökosoziale Steuerreform, die in vielen Bereichen Eingang finden wird, die Akzente setzen wird und die uns für die Zukunft aufstellt, sowie – und das ist ein weiterer Meilenstein – die Abschaffung der kalten Progression. Sie wurde ja von vielen Regierungen versprochen, nun wird sie endlich umgesetzt. Sie wird die Österreicherinnen und Österreicher bis 2025 um 18 Milliarden Euro entlasten.

Fakt ist, es geht bei diesem Budget darum, dass wir möglichst schnell die Auswirkungen der Pandemie hinter uns lassen, dass wir möglichst schnell Ant­worten auf die und Wege aus der Energiekrise finden und dass wir der


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Teuerung entgegenwirken. Es geht um wirtschaftliche, um gesellschafts­politische und um budgetäre Stabilität für unser Land.

Das Budget des Rechnungshofes, ich darf kurz dazu Stellung nehmen, ist erfreulich, es wurde erhöht – über die Jahre war das immer ein großer Wunsch, Frau Präsident. Für 2023 werden 42,2 Millionen Euro veranschlagt, das sind um 12,9 Prozent mehr.

Wieso braucht der Rechnungshof ein höheres Budget? – Es gibt zusätzliche Aufgaben. Es geht um die Erweiterung der Kompetenzen, es geht um neue Befugnisse nach dem Parteiengesetz, es geht um die Ausweitung von Verlangens­prüfungen durch eine Minderheit von Abgeordneten, aber es geht auch darum, dass wir zukünftig auch für den Rechnungshof mehr in Sicherheit und in die Digitalisierung investieren müssen.

Das Budget ist von den Planstellen geprägt, im Personalplan sind es 323 Plan­stellen, derzeit sind 280 besetzt. Die Frau Präsident hat im Ausschuss den Wunsch geäußert, dass auf 295 Vollzeitbeschäftigte aufgestockt werden soll, um damit eine gute und kontinuierliche Arbeit des Rechnungshofes sicherzustellen.

In den letzten Jahren hat es ja durchaus auch Rücklagen gegeben, diese wurden wieder verstärkt abgebaut. Im Jahr 2023 wird es aus den Rücklagen Investitio­nen in Hardwarekomponenten geben, hat die Frau Präsident im Ausschuss fest­gestellt.

Was ist die Zukunft der Rechnungshofarbeit? – Es geht eben darum, in den Bereichen Korruptionsbekämpfung, Compliance, Transparenz bei Stellenbeset­zungsverfahren oder Interessenkonflikten zu Entwicklungszielen der Vereinten Nationen Prüfungsschwerpunkte zu setzen. Es geht aber auch darum, den Nachhaltigkeitsaspekt zu berücksichtigen, Next Generation Austria, wo es um die zukünftige Rolle des Staates geht, darum, ob wir den nächsten Generationen mehr Schulden hinterlassen werden.


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Der Rechnungshof hat im Zusammenhang mit Covid-19 geprüft, zehn Prüfungen und deren Berichte wurden bereits vorgelegt, an zwölf weiteren wird derzeit noch gearbeitet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben den Rechnungshof immer geschätzt und schätzen ihn und haben die Arbeit des Rechnungshofes hier immer positiv in den Mittelpunkt gestellt – es gibt auch für den Rechnungshof Heraus­for­de­run­gen –, daher habe ich es nicht verstanden, dass die SPÖ heuer einmal das Absetzen der Frau Präsidentin gefordert hat.

Wir stehen zum Rechnungshof. Der Rechnungshof darf nicht zum Spielball der Politik werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Rechnungshof leistet gute und wichtige Arbeit für Österreich. Mit dem Budget 2023 können die gestellten und notwendigen Aufgaben, Frau Präsident, erfüllt werden. Wir stehen zur Zusammenarbeit, wir stehen für den österreichi­schen Rechnungshof. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.40.01

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Volksanwältin und Volksanwälte! Sehr geehrte Damen und Herren! Haben Sie gewusst, dass die „Wiener Zeitung“ tatsächlich die älteste Zeitung weltweit ist? 1703 erstmals erschienen hat sie in den letzten 320 Jahren unzählige Kriege, unzählige Krisen überstanden – und scheitert offenbar jetzt an der türkis-grünen Bundesregierung, die zu ihrer Totengräberin wird. Und das, sehr geehrte Damen und Herren, wäre wirklich ein herber Verlust für den Qualitätsjournalismus in Österreich, den wir so nicht mittragen wollen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Uns ist es wichtig, dass wir die „Wiener Zeitung“ als Tageszeitung erhalten, und deswegen bringe ich gleich zu Beginn folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Fortbestand der Wiener Zeitung als Tageszeitung zu sichern und dem Nationalrat einen Regierungsentwurf vorzulegen, der – wie angekündigt – ein passendes Zukunftskonzept und eine nachhaltige Geschäftsgrundlage für die Zukunft des Unternehmens enthält.“

*****

Frau Bundesministerin Raab – sie ist jetzt leider nicht hier –, sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung, bitte werden Sie auch tatsächlich im Sinne des Qualitätsjournalismus für die „Wiener Zeitung“ entsprechend aktiv und legen Sie eine entsprechende Gesetzesvorlage vor! (Beifall bei der SPÖ.)

Mittlerweile liegen aber auch der Begutachtungsentwurf zum Qualitäts-Journalismus-Förderungs-Gesetz und die Novelle des Medientransparenz­ge­setzes vor. Wir hatten große Erwartungen im Vorfeld. Ja, gerade auch aufgrund der aktuellen Debatten über Presse und Inseratenpolitik unter Ihrem Vorgänger Sebastian Kurz, Herr Bundeskanzler, aufgrund der Debatten, die uns aktuell beschäftigen, hätten wir große Erwartungen gehabt. Aber diese großen Erwartungen wurden tatsächlich herb enttäuscht.

Auch wenn es in diesem Paket einzelne Punkte gibt, die wir positiv bewerten, das türkis-grüne Medienpaket bleibt hinter den Erwartungen zurück. Das System der Medienförderung bleibt im Großen und Ganzen gleich, es ändert sich nicht viel. Die großen Player profitieren mehr, die kleinen Medien, die Onlinemedien


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 234

und vor allem die Medienvielfalt werden hintangestellt. Auch beim angekün­digten Ausschluss demokratiefeindlicher Medien aus den Förderungen bleiben Sie weit hinter den Erwartungen zurück. Der Antrag ist zu unscharf und in Wahrheit inkonsequent.

Wie schaut es denn aus mit der Medientransparenz in der Vorlage? – Es werden zwar einige Lücken geschlossen, aber zu einer echten systemischen Verände­rung kommt es nicht. Nach wie vor können Inserate über die Bundesministerien ohne Vergabekriterien vergeben werden. Es gibt keine Inseratendeckel. Und das von uns geforderte Gleichgewicht zwischen Medienförderung auf der einen Seite und Inseratenvergabe auf der anderen Seite suchen wir vergebens.

Wenn es um Medienpolitik geht, sehr geehrter Bundeskanzler, dann muss man festhalten: wirklich großzügig sind Sie vor allem bei der PR-Abteilung im BKA. Im Budget 2021 standen schon 68,5 Planstellen für die PR-Maschinerie im Bun­deskanzleramt zur Verfügung – jetzt sind es 97! 97 Planstellen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bundeskanzleramt!

In diesem Zusammenhang habe ich einen konkreten Vorschlag an Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Bundesminister und ‑ministerinnen: Machen Sie Politik, die bei den Menschen ankommt! Machen Sie Politik, die spürbare Entlastungen in dieser Zeit der hohen Inflation bringt, die die Men­schen auch tatsächlich in ihren Geldbörsen spüren, dann brauchen Sie auch nicht diese Medienmaschinerie, diese PR-Maschinerie, um für Eigenvermarktung zu sorgen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sabine Schatz,

Genossinnen und Genossen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 235

betreffend Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 10, TOP 11

Die „Wiener Zeitung“ wurde 1703 gegründet und ist derzeit noch die älteste bestehende Tageszeitung der Welt. Sie bietet qualitativ hochwertige Berichterstat­tung zu den wichtigsten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ereignissen. Das Archiv der „Wiener Zeitung“ wiederum gehört zum UNESCO-Dokumentenerbe. Es zeigt die Entwicklung des Pressewesens sowie des Amtlichen Nachrichtenblattes Österreichs. Die Zeitung selbst wäre auch in den Rang eines schützenswerten Kultur­gutes einzuordnen und würde ebenfalls die Zuordnung zum Weltkulturerbe ver­dienen. Das haben bereits 2019 die leider bereits verstorbene Journalistenlegende Hugo Portisch und sein langjähriger Freund Heinz Nußbaumer festgestellt.

Trotz dieser langen Tradition und des wichtigen Beitrags zur Medienvielfalt in Österreich ist die Bundesregierung aktuell dabei, dem Bestehen der Wiener Zeitung als Tageszeitung ein Ende zu setzen. Der bereits vorliegende Begutachtungsentwurf beschränkt die Wiener Zeitung auf ein Online-Medium und sieht diese nur „nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel“ auch als Printprodukt. Zusätzlich soll ein Media Hub Austria mit Weiterbildungsmöglichkeiten für Journalist*innen, eine elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes und eine Content-Agentur Austria eingerichtet werden.

Mit der Novelle verliert die Wiener Zeitung ersatzlos ihre allergrößte Einnahmequelle, die Pflichtveröffentlichungen, und kann mit den aktuell vorgesehenen 7,5 Mio. € jährlich als Tageszeitung nicht mehr fortbestehen. (Zum Vergleich die Größenordnung der letzten bekannten Zahlen: Der Umsatz betrug im Jahr 2020 rund 21 Mio. Euro, auf Pflichtveröffentlichungen entfielen 17,6 Mio. Euro.) Trotz zahlreicher Ver­sprechen interessierte sich die Bundesregierung bisher nicht für alternativ vorgelegte Finanzierungskonzepte, die den Weiterbetrieb der Tageszeitung ermöglicht hätten.


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Noch 2018 hieß es in einer Anfragebeantwortung an die SPÖ (1003/AB von 10.08 2018): „Es gilt nun, neue innovative Geschäftsmodelle für den Entfall der Einnahmen aus Pflichtveröffentlichungen zu finden, die tatsächlich eine nachhaltige Geschäfts­grundlage für die Zukunft des Unternehmens darstellen. Aufgabe des Aufsichtsrates und der künftigen Geschäftsführung wird es sein, ein passendes Zukunftskonzept dazu zu entwickeln und in Folge zu implementieren. Der Entfall von Entgelten für Pflichtveröffentlichungen und die Implementierung von neuen Geschäftsgrundlagen des Unternehmens werden selbst-verständlich Hand in Hand gehen.“ Offenbar haben Bundesregierung, Aufsichtsrat und Geschäftsführung trotz wiederholter Ver­sprechun­gen bei dieser Suche nach Zukunftskonzepten versagt.

Durch die Einstellung der Wiener Zeitung verliert Österreichs bereits stark konzentrierte Medienlandschaft eine weitere Stimme. Die für den Fortbestand der Wiener Zeitung – ohnehin überschaubaren – Mittel könnten dabei leicht anderwärtig aufgetrieben werden. Um ein Beispiel zu nennen: Knapp 39 Millionen gab die schwarz-grüne Regierung 2021 für ihre Regierungsbüros aus. So viel wie noch nie – die Kosten sind in nur vier Jahren um 54 Prozent gestiegen. Sind die Gesamt­kosten für die Regierungsbüros in der Koalition von Christian Kern mit Reinhold Mitterlehner noch bei rund 25 Millionen Euro gelegen, wuchsen sie unter Türkis-Blau um sechs Millionen Euro auf 31 Mio. an. Mit Türkis-Grün kam es dann zu einer weiteren Kostensteigerung auf insgesamt 39 Millionen Euro. Damit kosteten die Büros der Bundesregierung dem österreichischen Steuerzahler bereits 106.000 € pro Tag. Schaut man nur den Personenstand der Kabinette an, wurde im Vorjahr mit 257 Beschäftigten ebenfalls ein Höchststand erreicht. Unter Türkis-Blau waren es noch 220, davor 163. Eine Vielzahl dieser Beschäftigten sind im Bereich Öffentlichkeits­arbeit/PR eingesetzt. Und dass hier kein Umdenken stattfinden soll, zeigt auch das Budget 2023. Hier ist das Bundeskanzleramt wirklich großzügig bei der eigenen PR-Abteilung: Waren im Budget 2022 schon 68,5 Planstellen vorgesehen, so sind es für 2023 mittlerweile 97 Planstellen. Um dieses Geld könnten die Redakteur*innen der Wiener Zeitung, die täglich demokratiepolitisch wertvolle Arbeit leisten, leicht finanziert werden.


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Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Fortbestand der Wiener Zeitung als Tageszeitung zu sichern und dem Nationalrat einen Regierungsentwurf vorzulegen, der – wie angekündigt – ein passendes Zukunftskonzept und eine nachhaltige Geschäftsgrundlage für die Zukunft des Unternehmens enthält.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Mag.a Ulrike Fischer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.44.15

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Minister! Sehr geehrte Dame, sehr geehrte Herren von der Volks­anwaltschaft! Sehr geehrte Präsidentin des Rechnungshofes! Draußen vor der Tür steht: Wir sind Demokratie. Ich glaube, wir sind nicht nur draußen Demokratie, sondern wir sind auch hier herinnen Demokratie. Wir haben Verantwortung, und diese Verantwortung haben wir mit diesem Budget auch gezeigt. Dieses Budget ist sozial gerecht und klimafit. Wir übernehmen Verantwortung.

Diese Verantwortung, die wir übernehmen, ist auch in Bereichen des Vollzugs wichtig. Die Volksanwaltschaft zeigt jedes Jahr aufs Neue, dass es wichtig ist, dass überprüft wird, ob Menschenrechte eingehalten werden. In einer Demokra­tie ist es so, dass ein Checks-and-Balances-System wichtig ist, und unsere Volksanwälte übernehmen die unangenehmen Aufgaben. Sie sorgen dafür, sie sind ein Garant dafür, dass Folter nicht stattfindet. Sie sind ein Garant dafür, dass Menschenrechte eingehalten werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 238

Wenn wir uns das Heimopferrentengesetz ein bisschen näher anschauen, dann kann man sagen, da ist Folgendes passiert: In den Jahren 1945 bis 2000 sind viele Kinder, Jugendliche in Heimen – seien es staatliche, seien es nicht staatliche – missbraucht worden. Mit dem Gesetz im Jahr 2016 wurde erreicht, dass diese Personen, rund 300 bis 400 Menschen, eine kleine Rente bekommen. Das ist zwar kein Happy End, aber es ist wichtig, dass wir da hinschauen und Entschädigung leisten.

Damit diesem wichtigen Thema der Misshandlung, diesem wichtigen Thema, dass Menschenrechte eingehalten werden, noch mehr Bedeutung zukommt, ist es auch wichtig, dass die Volksanwaltschaft mit einem ausreichenden Budget ausgestattet ist. Dieses Budget beträgt heuer 14,5 Millionen Euro.

Das Gute an den Beschwerden ist, sie können persönlich, telefonisch oder per Mail eingebracht werden. Wo gibt es noch Aufholbedarf? – Aufholbedarf gibt es natürlich bei den Beschwerden, die Frauen tätigen, denn – so wie wir es auch hier im Nationalrat erleben – die Männer sind lauter, sind wichtiger, sind präsen­ter. Die Anliegen der Frauen sind aber mindestens genauso wichtig. Und dafür setzt sich die Volksanwaltschaft ein: dass auch Frauen zu ihren Rechten kommen und mehr Beschwerden einbringen.

Eines noch: Wir alle wollen ein Happy End für unsere Kinder, wir alle wollen ein Happy End für die Personen, die gepflegt werden, wir wollen ein Happy End für die Personen, die nicht selber für sich sorgen können. Dafür braucht es ausreichend Kontrolle im Vollzug, und den gibt es durch die Volksanwaltschaft. – Vielen Dank an dieser Stelle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 239

13.47.41

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Lieber Herr Finanzminister! Aber vor allem: liebe Rechnungshofpräsidentin, liebe Volksanwältin und Volksanwälte! Volksanwältin Schwarz, Volksanwalt Achitz und Volksanwalt Rosenkranz sind heute wirklich in einer guten Situation, das erste Mal seit Jahren, weil der Finanzminister nämlich – und dafür muss man ihm auch Danke sage – auch eine Aufstockung der Planposten durchgeführt hat, um letztendlich die Wirkungs­ziele, die der Volksanwaltschaft ja vorgegeben sind und die ihr verfassungs­recht­lich auch eingeräumt sind, auch erfüllen zu können.

Ich weiß, dass wir jedes Jahr, bei jedem Bericht mit Kollegen Achitz immer wieder die gleiche Leier durchspielen, wenn es um eines unserer Kernthemen in Kärnten geht, nämlich um die Umwandlung der Psychiatrieplätze. Man glaube es und man staune: Nach vier Jahren ist es endlich gelungen, von der sozialdemo­kratischen Landeshauptmannstellvertreterin einen Rohentwurf zu bekommen – das erste Mal! –, wonach psychiatrische Fälle, Personen, die auf einem Bauern­hof leben und dort dahinvegetieren müssen, endlich in das Chancengleich­heitsgesetz aufgenommen werden sollen. Ohne die Volksanwalt­schaft, ohne die Ressourcen der Volksanwaltschaft und ohne deren fachliche Kompetenz wäre das nicht gelungen.

Daher glaube ich, dass das ein ganz entscheidender und wesentlicher Punkt ist: diese Kontrolltätigkeiten wirklich ständig auch vor Ort durchzuführen, und das geht letztendlich nur mit Personal. Man stelle sich vor: 4 000 Besich­ti­gungen im Jahr, von der Justiz beginnend bis zu Missständen, die in anderen Pflegeheimen, in öffentlichen Einrichtungen stattfinden, ohne Personalauf­stockung! Das ist letztendlich heute ein wichtiger Schritt, dass auch die Personalres­sourcen aufgestockt werden, dass diese 14,6 Millionen Euro für das Personal der Volksanwaltschaft zur Verfügung gestellt werden, aber auch Adaptierungen vorgenommen werden, die es zulassen, diese Wirkungsziele zu erfüllen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 240

Ich darf nur zwei herausnehmen, die, glaube ich, ganz wesentlich sind, damit diese Wirkungsziele erfüllt werden. Einerseits ist das – klarerweise, damit auch die Bevölkerung eine Sicherheit hat –, eine Instanz zu haben, die eine normale, ordnungsgemäße und regelmäßige Überprüfung macht und für eine „Ver­stärkung der Aufklärungsarbeit bei potentiellen Beschwerdeführerinnen“ sorgt. Das ist ein wesentliches Anliegen, nämlich eine Kontrolle durch die Volksan­wält:innen nachhaltig durchführen zu lassen, um die Glaubwürdigkeit der Regie­rung und die Glaubwürdigkeit der öffentlichen Institutionen widerzu­spiegeln.

Das Zweite ist – im internen Schulungsablauf, aber auch im öffentlichen Bereich, im internationalen Bereich – die Bereitstellung von verständlichen und rele­vanten Informationen als Generalsekretariat der internationalen Ombudsstelle, die ja ebenfalls bei der Volksanwaltschaft angesiedelt ist. Ich habe vor Kurzem Kollegen Amon, der ja mittlerweile Landesrat ist, in Italien getroffen, das erste Thema war die internationale Ombudsstelle, auch angesprochen von italienischen Volksanwälten beziehungsweise deren Institutionen.

Das heißt, wir haben da schon eine wesentliche Aufgabe zu erfüllen, daher danke noch einmal für die Zurverfügungstellung dieser zusätzlichen Planposten, für das Budget, Herr Finanzminister, und für eine gute Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft. – Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

13.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.51.11

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Wir beschließen in den kommenden Tagen ein Budget, das uns in herausfordernden Zeiten Sicherheit gibt, Sicherheit für Entlastungs- und Hilfsmaßnahmen bis hin zu Sicherheit für zukunftsorien­tierte Investitionen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 241

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Liebe Frau Minister, Herr Minister, Frau Staatssekretärin! Liebe Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Volksanwältin und Volksanwälte! Als Ausschussvorsitzende möchte ich zum Budgetvoranschlag betreffend die Volksanwaltschaft einige Worte sagen. Die Volksanwaltschaft ist uns allen als parlamentarische Ombudsstelle zur Kontrolle der öffentlichen Verwaltung bekannt, was sie natürlich auch immer bestens und bürgernahe macht und das mit einem niederschwelligen Zugang. Dies sehen wir bei den vielen Sprechtagen, an denen die Bürgerinnen und Bürger kommen und ihre Anliegen darbringen. Wir sehen, das Angebot wird auch sehr stark angenommen, denn das Beschwerdeaufkommen hat sich gerade im letzten Jahr auch wieder erhöht. So waren es 23 633 Menschen, die sich im Jahr 2021 mit ihren Anliegen an die Volksanwaltschaft gewendet haben. Es wurde im Vorfeld auch schon von meinen Kollegen angesprochen: Dadurch ist es auch vonnöten, eine zusätzliche Planstelle in der Beschwerdestelle zu schaffen. Das ist gut so, denn nur so kann die Arbeit verrichtet werden.

Darüber hinaus möchte ich noch erwähnen, dass der Volksanwaltschaft auch eine wichtige Aufgabe im internationalen Bereich, im Rahmen des IOI zukommt, denn dort werden weltweit die Interessen der Bürger und Bürgerinnen ver­treten. Es besteht aus 200 Organisationen, die Verwaltungskontrollorgane sind, und diese haben den Hauptsitz bei uns in Österreich, in der österreichi­schen Volksanwaltschaft.

Kollegin Fischer hat auch schon die Heimopferhilfe angesprochen, die in der Volksanwaltschaft im Rahmen des Heimopferrentengesetzes abgewickelt wird. Dabei haben schon viele eine Rente erhalten. Zusätzlich – und das ist auch ein wichtiges Instrument – kontrolliert die Volksanwaltschaft im Rahmen des sogenannten Opcat-Mandats die Einhaltung der UNO-Behindertenrechts­kon­vention in Einrichtungen, in denen es Freiheitsbeschränkungen gibt, und setzt auch Präventionsmaßnahmen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 242

Wir als Parlament sind bestrebt, die besten Bedingungen und Voraussetzungen für die Volksanwaltschaft zu schaffen, damit sie ihre Aufgaben verwirklichen kann.

Vielleicht noch kurz zu den Budgetzahlen: Wir haben 2023 ein Budget von 14,6 Millionen Euro, das sind 1,6 Millionen Euro mehr als im Jahr 2022 und entspricht einer Steigerung von 12,6 Prozent. Das ist, wie schon angesprochen, auf den höheren Personalaufwand zurückzuführen.

In diesem Sinne möchte ich mich bei der Frau Volksanwältin und den Herren Volksanwälten wirklich noch einmal ganz herzlich für das, was sie täglich leisten, und natürlich auch bei den Mitarbeitern, die da wirklich Großes machen, bedanken und möchte für die Zukunft alles Gute wünschen – im Sinne der Bür­gerinnen und Bürger, damit viele Anliegen weiterhin in guten Händen liegen und erfüllt werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.55.00

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Meine Damen und Herren, wir haben es heute schon gehört: Das Parlament hat viele Aufgaben, es hat umfassende Aufgaben, und eine der wichtigsten Aufgaben in entwickelten Demokratien ist aus meiner Sicht die Budgethoheit.

Wie läuft das in der Praxis? – Wir haben es diese Woche gerade erlebt: Die Regierung legt durch den Finanzminister einen Plan vor, wie sie wirtschaften will, und die Abgeordneten in diesem Hohen Haus bestimmen dann mit ihren Stimmen, ob sie zustimmen oder eben nicht. Um diese komplexen Entschei­dun­gen – denn wir sprechen nicht nur heuer von einem Ziegel, wie man ihn so schön nennt, von, ich glaube, knapp 4 000 Seiten, die er ausgemacht hat – auch gut treffen zu können, gibt es den Budgetdienst. Der Budgetdienst unterstützt durch


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seine Analysen und Expertisen alle budgetrelevanten Gesetzesvorlagen und stellt dem Nationalrat regierungsunabhängiges Know-how in Haushaltsfragen zur Verfügung. Es ist übrigens die einzige Institution im Parlament, auf die Parlamentarier direkt zugehen können – die einzige! Sie ist übrigens auch weisungsfrei.

Jetzt würde man meinen, dass diese wichtige Funktion, die der Budgetdienst hat, hier im Haus auch dementsprechend unterstützt wird – aber nein. Fast 500 Mit­arbeiter hat das Parlament – fast 500 Mitarbeiter –, und davon gibt es gerade einmal sechs für den Budgetdienst – sechs Mitarbeiter für den Budgetdienst, obwohl es einen gemeinsamen Entschließungsantrag gibt! Es gibt einen gemein­samen Entschließungsantrag, dass mehr Ressourcen für den Budgetdienst zur Verfügung gestellt werden sollen, und diesen Entschließungsantrag gibt es schon seit fast zwei Jahren, meine Damen und Herren.

Wer steht hier auf der Bremse? Warum passiert denn all das, was man in diesem Hohen Haus eigentlich beschlossen hat – mehr Unterstützung für die Parla­mentarier, wenn es um die Budgetdebatten geht –, nicht? – Ein ganz, ganz mäch­tiger Fuß in diesem Haus steht hier auf der Bremse, und dieser mächtige Fuß gehört zu Kollegen Sobotka. Der steht hier auf der Bremse. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Loacker: Der Goldfuß!) Warum ist das so? – Weil er weisungsfreie Institutionen, weisungsfreie Mitarbeiter offenbar nicht goutiert. Das ist offenbar nicht toll, das ist nicht so super. Und ja, auch die FPÖ spielt hier eine Rolle, aber ehrlich gesagt, mit ein wenig gutem Willen würde man das schon hinbekommen. Daran fehlt es aber. Es gibt diesen guten Willen nicht.

Meine Damen und Herren, ich muss es Ihnen wirklich sagen: Diese klein­geistige politische Diskussion, die wir hier seit Jahren wegen des Budgetdiens­tes führen, ist nicht mehr auszuhalten! Es ist auch nicht mehr auszuhalten, dass wir Abgeordnete seit zwei Jahren hier im Kreis herumgetrieben werden, im Kreis werden wir geführt, damit wir nicht mehr Unterstützung kriegen. Und Sie alle, meine Damen und Herren, lassen sich das vom mächtigsten Fuß im Hause, von Herrn Sobotka, bieten. (Beifall bei den NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 244

Ich bin seit 25 Jahren in der Wirtschaft, ich habe noch nie so viel Kleingeis­tigkeit gesehen, nicht in österreichischen Unternehmen, nicht in internationalen. Es ist wirklich einzigartig, und ich kann Ihnen sagen, ich habe es tatsächlich satt! (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Ich habe es satt, dass man hier im Kreis herumgeschickt wird, nur damit wir Abgeordneten die Unterstützung bekom­men, die wir brauchen. Es geht um sechs Mitarbeiter, die es gibt, es geht um sechs mehr, die wir brauchen. Das kann doch nicht so schwierig sein!

Wir befinden uns hier in einer UG, in der nicht nur das Budget für den Budget­dienst verhandelt wird, hier wird zum Beispiel auch verhandelt, wie das neue Haus auszusehen hat und wie es eingerichtet wird. 36 000 Euro an Miete für einen goldenen Flügel ist überhaupt kein Problem, aber sechs Mitarbeiter, die inhaltlich für uns, für uns Abgeordnete, arbeiten, ist nicht darstellbar! Da sind wir dann wieder ganz leise, da rührt sich dann überhaupt nichts mehr. Ich kann es Ihnen sagen: Ich habe es satt! Ich finde es zutiefst beschämend, wie Präsident Sobotka diesem Komödienstadel vorsteht. Ich erwarte mir, dass hier endlich etwas gemacht wird, ich erwarte mir, dass die Abgeordneten hier auch endlich einmal ihre Stimmen erheben und sagen: Das ist es, was wir wollen!, und ich erwarte mir, dass Herr Präsident Sobotka endlich aufsteht und dem, was wir hier für das Parlament auch brauchen, nachkommt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist David Stögmüller. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.59.15

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Frau Staats­sekretärin! Werte Frau Rechnungshofpräsidentin! Liebe Volksanwälte! Dieses Budget kommt zu einer kritischen Zeit – no na – in Österreich, einer Zeit der


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Herausforderung und der Krisen und damit einer Zeit, in der sehr viel Geld in die Hand genommen wird.

Gerade jetzt braucht es funktionierende Behörden, Institutionen, Kontroll­instrumente, die in diesem Staat die Ausgaben genauestens kontrollieren, denn es wird extrem viel Geld in die Hand genommen, um die Menschen zu unterstützen, auch um die Institutionen entsprechend auszugestalten und die Firmen, die Unternehmen zu fördern; und wenn wir dieses Geld in die Hand nehmen, braucht es Instrumente, die darauf schauen. Das ist der Rech­nungshof.

Ich muss mich bei Ihnen (in Richtung Rechnungshofpräsidentin Kraker), Frau Präsidentin, und bei Ihrem gesamten Team bedanken, das da großartige Arbeit leistet, immer genau und unabhängig darauf schaut und genau kontrolliert. Vielen Dank dafür! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben in den letzten Monaten auch gesehen, dass Sie das tun. Ich erwähne da sehr positiv – nicht positiv im Sinne des Inhaltes, aber sehr positiv für den Rechnungshof – den Cofag-Bericht. Ich finde, er hat gut aufgezeigt, dass wir als Regierung versucht haben, bestmöglich zu unterstützen, dass es da aber Probleme und Fälle gab, wo es nicht so optimal gelaufen ist. Sie haben aufge­zeigt, wo Verbesserungspotenzial liegt, und wir als Politik müssen jetzt diese Empfehlungen aufnehmen, schauen, wo wir Verbesserungen bei den För­derungen umsetzen und dieses Geld entsprechend einsetzen können. Ich danke wirklich dafür, dass Sie da immer unbeirrt aufzeigen, wo Verbesserungs­potenzial liegt.

Es freut mich auch, dass die wachsende Rolle des Rechnungshofes mit diesem Budget auch finanziell abgesichert wird. Es sind 5 Millionen Euro mehr für Sie und für den Rechnungshof gesichert, aber das passiert ja nicht deswegen, weil jetzt so viel Geld in die Hand genommen wird, sondern weil wir auch ein neues Gesetz geschaffen haben, nämlich das Parteiengesetz, mit dem wir quasi noch


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kritischer drauf schauen – und darauf schaut auch der Rechnungshof –, wofür die Parteien ihre Gelder verwenden.

Ich glaube, das ist notwendig, man muss da in die Budgets, in die Bücher hinein­schauen. Dazu braucht es natürlich einen guten Rechnungshof, der personell entsprechend ausgestattet ist. Dafür auch viel Kraft und Engagement, dass Sie ganz genau drauf schauen!

Insgesamt sind es also mehr als 42 Millionen Euro, mit denen nicht nur die wachsenden personellen Erfordernisse, sondern auch die wichtigen Instrumente des Rechnungshofes besser ausgestaltet werden können.

Ein Punkt noch, weil jetzt auch die Staatssekretärin noch da ist: Was mich besonders freut, ist ein Thema fernab des Rechnungshofes, und zwar Zivildienst und Grundwehrdienst. Was machen wir da? – Wir als Grüne haben gemeinsam mit Verteidigungsministerin Tanner sowie mit der Staatssekretärin für Jugend beim Finanzministerium quasi angeklopft und zum ersten Mal seit Jahrzehnten den Grundwehrdienern und Zivildienern das Grundgehalt aufgestockt.

Ich finde, das ist eine große Errungenschaft, denn diese jungen Menschen haben wirklich in dieser Zeit uns – die österreichische Bevölkerung – unterstützt, und ich glaube, sie verdienen sich auch eine entsprechende Refundierung, ein besseres Grundgehalt für die Arbeit, die sie leisten. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Gaar und Ofenauer.) Das sind immerhin 30 000 junge Männer, die uns unterstützen, die da profitieren, die vom Staat Geld bekommen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir das gemacht haben.

Wir werden aber nicht nur ihr Budget besser ausgestalten, sondern wir werden auch per Gesetz eine Verfassungsänderung schaffen, mit der wir eine, wie ich finde, Unfairness ausgleichen. Vielleicht kennen Sie als Politiker:innen das ja selber, dass jemand an Sie herangetreten ist, gesagt hat, er möchte gerne zum Zivildienst gehen, hat aber diese Sechsmonatefrist versäumt. Das werden wir in Zukunft ausbessern.


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Bisher ist es so gewesen: Man hat nach der Stellung sechs Monate Zeit gehabt, sich für den Zivildienst zu melden. In Zukunft wird das bis zum Einberufungs­befehl möglich sein, und dann kann man sich noch immer entweder für den Grundwehrdienst oder den Zivildienst entscheiden. Das ist eine Fairness, die wir diesen jungen Menschen gewähren. Es können sich immerhin die Einstellung oder die Umstände ändern, und dementsprechend werden wir da eine Verbesserung herbeiführen.

Ich finde, dass wir nicht nur eine Attraktivierung des Grundwehrdienstes und Zivildienstes, sondern wirklich wesentliche Verbesserungen und mehr Fairness in diesem System für die jungen Menschen geschaffen haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Hanger und Ofenauer.)

14.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


14.04.08

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Herr Finanzminister! Frau Staatssekretärin! Vor allem aber: Frau Volksanwältin! Geschätzte Volksanwälte! Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Ich darf mich hier stellvertretend für die im Bundeskanzleramt ansässigen Regierungsmitglieder zum Budget des Bundes­kanzleramtes äußern. Dieses ist ja in zwei UGs untergliedert, einerseits in die UG 10 und andererseits in die UG 25.

Die UG 25 wird separat morgen behandelt und auch von der zuständigen Bundesministerin Susanne Raab hier besprochen werden.


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Insgesamt, zusammengefasst hat das Bundeskanzleramt in den beiden UGs ein Budget von 8,642 Milliarden Euro. Von der UG 10 sprechend, in der auch mein Teil drinnen ist, reden wir von 519,47 Millionen Euro.

Was sind denn die wesentlichen Aufgabenbereiche in aller Kürze? – Vor allem die Förderungen der digitalen Transformation, Zahlungen aus dem Zukunfts­fonds, Zahlungen im Zusammenhang mit dem ÖJKG – Sie wissen, das Gesetz, das hier im Parlament für die Unterstützung und Förderung jüdischen Lebens einstimmig beschlossen worden ist –, Zahlungen an die Statistik Austria, die Presseförderung und das Österreichische Staatsarchiv sowie Integrations-, Volksgruppen-, Kultus- und Frauenangelegenheiten.

Der Budgetentwurf der UG 10 ist um 38,7 Millionen Euro höher als im Bud­getjahr 2022. Diese Erhöhung ist teilweise auf Bereiche zurückzuführen, die ich verantworte, und zwar zum einen auf die Fortführung des Zukunftsfonds in der Höhe von 2 Millionen Euro, und zum anderen auf den Bereich des Öster­reichischen Staatsarchivs, bei dem es auch um plus 2 Millionen Euro geht, vor allem für Neueinmietung, Adaptierung sowie das Vorantreiben der Digita­li­sierung.

Auch der Personalbereich schlägt mit 22 zusätzlichen Planstellen zu Buche. Damit Sie eine Größenordnung vor Augen haben, darf ich Ihnen sagen, dass im Bundeskanzleramt derzeit 793 Planstellen zur Verfügung stehen.

Was wird dort umgesetzt? – Es sind Maßnahmen zur Umsetzung der För­de­rungen von Minderheiten und Volksgruppen – (in Richtung der den Saal betretenden Bundesministerin Raab) die zuständige Bundesministerin ist ohnehin jetzt auch anwesend –, der Gleichstellung von Frauen und der Gleichbe­handlung sowie der Prävention im Bereich Gewalt und Terrorismus.

In meinem ureigensten Bereich darf ich ganz kurz auf zwei Bereiche eingehen: zum einen auf den Bereich der Europagemeinderät:inneninitiative, die wirklich


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eine ganz wesentliche ist, weil wir da unserem Informationsauftrag nach­kom­men, diesen auch sehr ernst nehmen, mit einem eigenen Magazin – übrigens, weil hier von dieser Zeitung schon die Rede war, mit der „Wiener Zeitung“, – mit dem Titel „Unser Europa. Unsere Gemeinde.“, das wir viermal im Jahr allen Abgeordneten aller Kammern, allen Gemeinderätinnen und -räten sowie Bür­germeisterinnen und Bürgermeistern zukommen lassen.

Zudem haben wir einen Newsletter, den alle EU-Gemeinderät:innen bekommen, und es gibt auch eine entsprechende Unterstützung seitens des Bundeskanz­leramtes für Informationsveranstaltungen in den Gemeinden, aber auch Reisen nach Brüssel.

Der Erfolg – und das möchte ich auch festhalten – gibt uns recht. Die Euro­päische Kommission hat mittlerweile empfohlen, die Europagemeinderätinnen und Europagemeinderäte als Vorzeigeprojekt in ganz Europa umzusetzen, und darauf können wir zu Recht stolz sein. Außerdem, seit ich begonnen habe, das sehr, sehr intensiv zu leben und da im Austausch zu sein, haben wir eine höhere Hunderterzahl an Zuwächsen, was die EU-Gemeinderätinnen und EU-Gemein­deräte betrifft.

Einen zweiten Teil möchte ich noch einmal ansprechen – ich habe ihn schon erwähnt –: das Österreichische Staatsarchiv, für das wir im Jahr 2023 2 Millionen Euro mehr zur Verfügung haben. Hier geht es vor allem um die Digitalisierung der Archivbestände, die Errichtung digitaler Forschersäle und der virtuellen Ausstellung: Das Österreichische Staatsarchiv. Geschichte und Gegenwart.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben sehr vieles vor! Wir werden mit dem Steuergeld sehr sorgsam umgehen, und ich möchte Ihnen als Teil der Legislative dafür danken, dass Sie uns als Teil der Exekutive diese Unterstützung und auch dieses Vertrauen geben; daher auch danke im Voraus für den


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Beschluss des Budgets. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.08.51

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Volksanwältin, werte Volksanwälte! Das Budget der Volks­anwaltschaft wird um etwas über 12 Prozent erhöht. Das schaut auf den ersten Blick gut aus.

Wenn man sich aber die Zustände in den privaten Alten- und Pflegeheimen anschaut, zu denen Kollege Ragger ja gesagt hat, die Kontrollen seien sehr sinnvoll und würden etwas bringen, dann würde ich sagen: Das Budget ist noch etwas zu wenig erhöht, da braucht es viel mehr. Die Volksanwaltschaft hat ja in den letzten Jahren, jedes Jahr, immer wieder Missstände aufgedeckt, wie zum Beispiel in einem privaten Pflegeheim der Firma Senecura in Nieder­österreich.

Da ist von umfassendem „sexuellen Missbrauch, Quälen und Vernachläs­sigung von wehrlosen Personen, Entzug von Essen,“ eigenmächtiger „Verabreichung von Medikamenten“ und so weiter und so fort die Rede. Bei einem Opcat-Besuch der Kommission der Volksanwaltschaft wurden massive Defizite im Bereich der Gewaltprävention festgestellt, und eine befragte Pflegekraft gab an, psychisch und physisch am Limit zu sein.

Die Firma Senecura hat auf diesen Skandal hin gesagt: Was sollen wir tun? Wir haben zu wenig Personal! – Die zuständige ÖVP-Landesrätin Teschl-Hofmeister hat gesagt: Na ja, das ist keine Ausrede! – Was ist danach passiert? – Nichts, das war’s. Das ist die Politik der ÖVP, der ÖVP Niederösterreich: Wir lassen alles


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beim Alten, wir machen ein paar Kontrollen mehr – aber im Grunde hat sich nichts geändert. Mir tun jene Niederösterreicher und jene Niederöster­reicherinnen, die auf einen Platz in einem Alten- und Pflegeheim angewiesen sind, so wie auch die Beschäftigten leid.

Was überhaupt nicht zu verstehen ist, ist, dass die ÖVP jetzt mittlerweile schon zwei Mal – einmal mit der FPÖ, einmal mit den Grünen – die Beitragssätze der Dienstgeber zur Unfallversicherung gesenkt hat. Jetzt wird sich jeder fragen: Was hat das jetzt mit der Volksanwaltschaft zu tun? – Im ersten Moment noch gar nichts, aber das führt dazu, dass die AUVA 250 Millionen Euro weniger Budget pro Jahr hat und jetzt gezwungen ist, den Weißen Hof, die Rehaeinrich­tung mit Weltruf, wo schwere Schädelhirntraumata und schwere Wirbelsäu­lenverletzungen behandelt werden, zu schließen. Jetzt hat sich Frau Mikl-Leitner gedacht: Na ja, der Weiße Hof steht in Klosterneuburg, ich bin auch aus Klosterneuburg, vor der Landtagswahl schaut das blöd aus, wir wandeln das um (Abg. Loacker: Wie viele Rücklagen hat die AUVA? – Zwischenruf bei der ÖVP), wir garantieren 100 Pflegebetten, machen das aber nicht selbst, sondern privati­sie­ren es! – Die ÖVP privatisiert also eine Gesundheitseinrichtung nach der anderen (Abg. Loacker: Schön wär’s, wenn sie es täte!), und deswegen braucht es wesentlich mehr Budget für die Volksanwaltschaft.

Das ist die Politik, die die Menschen satt haben, und Sie haben am 29. Jänner die Möglichkeit, diese Politik bei der Landtagswahl Niederösterreich endgültig abzu­wählen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Volksanwältin Gabriela Schwarz. – Bitte schön, Frau Volksanwältin.


14.12.03

Volksanwältin Gabriela Schwarz: Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundes­regierung! Frau Rechnungshofpräsidentin! Werte Kollegen Achitz und Rosenkranz! Liebe Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier auf der


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Galerie und zu Hause! Ich stehe zum ersten Mal in dieser Funktion hier und freue mich sehr darüber, denn die Worte der Anerkennung und des Lobes, die die Volksanwaltschaft bereits erhalten hat, kann ich nur bestätigen.

Ich bin in diesem Haus bei den Mitarbeiterinnen und den Mitarbeitern unglaub­lich viel Expertise begegnet, sehr viel Empathie und dem ständigen Bemühen, den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger wirklich nahezukommen und die Anliegen, egal in welchem Bereich, auch sehr rasch und zügig zu erledigen. Das kann ich auch durchaus den Kommissionen attestieren, die für uns die diversen Einrichtungen überprüfen.

Die Zahl der Beschwerden hat sich im Laufe der letzten Jahre kontinuierlich erhöht, und das ist auch der Grund, warum wir mit dem derzeitigen Personal­stand von 92 Planstellen nicht mehr auskommen. Die Beschwerdekanzlei ist seit Jahrzehnten nicht verstärkt worden. Es ist jetzt das erste Mal der Fall, dass wir eine zusätzliche Planstelle dazubekommen. Das erachte ich als wirklich dringend notwendig, denn die Bürgerinnen und Bürger, die sich mit Beschwerden an uns wenden, erwarten selbstverständlich, dass diese zügig bearbeitet werden und dass sie möglichst rasch Auskunft erhalten.

Unsere oberste Prämisse ist: Wir hören uns die Beschwerden an, wir überprüfen sie und versuchen, eine Lösung, auch wenn es nicht immer in unserer Zustän­digkeit liegt, herbeizuführen.

Zu den diversen Wirkungszielen wurde heute schon einiges gesagt. Ich möchte noch etwas dazusagen. Wir müssen heuer aufgrund der Personalkosten eine Rücklagenentnahme in der Höhe von 600 000 Euro machen. Eine Prognose, was die weiteren Jahre betrifft, ist aufgrund der Tatsache, dass wir die Inflation noch nicht als solche beurteilen können, schwierig. Weitere allfällige Rücklagenent­nahmen sind natürlich möglich und auch notwendig.

Von den Wirkungszielen, die heute schon erwähnt wurden, möchte ich einige herausgreifen. Ein Wirkungsziel ist es selbstverständlich, betreffend das Thema


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Gewalt Gewaltprävention und Gewaltschutz, speziell auch im Bereich von Frauen, zu verstärken. Wir engagieren uns da selbstverständlich, auch zum Beispiel bei Ringvorlesungen.

Wir sind ein offenes Haus, das ist eine demokratiepolitisch wichtige Einrichtung. Wenn ich die jungen Gesichter hier auf der Galerie sehe: Die Einladung, die Volksanwaltschaft zu besuchen, sich darüber zu informieren, welche Aufgaben wir alle in dieser Republik wahrnehmen – nämlich auch für Sie, nicht nur für die jungen Menschen, sondern für alle Bürgerinnen und Bürger; wir sind das Haus der Menschenrechte –, gilt selbstverständlich für alle Interessierten. Wir freuen uns über Besuch. Die Besuche sind kostenlos, aber sicher nicht umsonst, denn sie erweitern auf jeden Fall den Horizont und machen klar, was die Volksanwalt­schaft bereit ist zu leisten und auch leisten kann.

Ein weiteres Ziel: Die Volksanwaltschaft hat in den Reihen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen sehr hohen Frauenanteil, was mich persönlich sehr freut, aber wir merken bei den Beschwerden, dass relativ wenige Frauen mit ihren Beschwerden an uns herantreten. Ich würde mir wünschen, dass auch mehr Frauen den Weg zur Volksanwaltschaft finden, egal – wie es heute schon gesagt wurde – ob per Telefon, per Mail oder auch bei den Sprechtagen, die jetzt Gott sei Dank wieder verstärkt möglich sind, und diese Möglichkeit nehmen wir selbstverständlich auch gerne wahr.

Ein weiteres Wirkungsziel wurde schon angesprochen: Opcat, eine extrem wich­tige Institution. Ich habe vorhin mit Kollegen Achitz darüber gesprochen. Die Berichte, die wir bekommen, und die Einblicke, was Heimopfer betrifft, sind bedrückend, die Missstände natürlich nach wie vor existent, und wir sind nach wie vor genauso dran, diese Fälle zu lösen und diese Fälle auch tatsächlich zu verfolgen und natürlich auch – die inständige Bitte an alle – genau hinzuschauen, auch unsere Kommissionen sind da sehr bemüht, und diese Fälle für die Zukunft möglichst unmöglich zu machen.


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Ein weiteres Wirkungsziel ist unsere internationale Tätigkeit. Das International Ombudsman Institute wurde schon angesprochen. Es gibt im kommenden Mai ein Treffen, das internationale Boardmeeting in Wien, das wird von 13. bis 16. Mai stattfinden – auch das ist eine wesentliche Aufgabe –, mit dem Schwer­punkt Ombudsman under threat, also Ombudsleute, die weltweit unter Druck geraten, zu stärken. Da geht es darum, dass wir auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser internationalen Organisationen, die Vertreterinnen und Vertreter in den diversen Ländern unterstützen und sie dementsprechend schu­len.

Sie sehen: Unser Betätigungsfeld ist groß und weit. Wir freuen uns wie gesagt in erster Linie, dass anerkannt wurde, dass wir mehr Personal brauchen, um für die Bürgerinnen und Bürger da zu sein. Dafür danke ich Ihnen recht herzlich und freue mich weiterhin auf gute Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten von SPÖ und Grünen.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.16.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Damen und Herren der Bundesregierung! Vertreter der Volksanwaltschaft, des Rechnungshofes! Ich darf zum Thema Volks­gruppen im Budget Stellung nehmen.

Die österreichischen Volksgruppen sind ein wichtiger Teil der Identität unseres Landes. Es gibt in Österreich sechs anerkannte Volksgruppen: die burgen­ländischen Kroaten, die Kärntner Slowenen, die Ungarn, die Tschechen und Slowaken und die Roma. Sie sind autochthone Volksgruppen. Das heißt, sie haben ein definiertes Siedlungsgebiet. Das griechische Wort autochthon bedeutet eingesessen, ursprünglich. Das bedeutet, dass die Volksgruppen seit Jahrhunderten hier in diesem Raum leben, teilweise durch die wechselvolle


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Geschichte des Vielvölkerstaates hierherkamen – wie die Tschechen, die Slowaken nach Wien –, aber auch ursprünglich sehr lange, schon eine kleine Ewigkeit in diesem Gebiet wohnen. Daher ist es wichtig, dass man diese Volksgruppen unterstützt.

Die Merkmale einer Volksgruppe sind ihre Sprache und ihre Kultur. Daher ist der zentrale Punkt beim Erhalt der Volksgruppen, dass man die Sprache unter­stützt. Die Volksgruppen benutzen die Sprache als Mittel der Kommunikation. Es ist wichtig, dass sie im Alltag gesprochen wird, im gesellschaftlichen Leben, bei Veranstaltungen, in der Kirche, am Sportplatz, im Gasthaus, sozusagen überall. Damit lebt die Volksgruppe und damit kann auch die Kultur gelebt werden, und daher ist es so wichtig, dass genau in diese sprachliche Förderung, natürlich auch seitens des Staates, investiert wird.

Wir haben als ÖVP immer die Philosophie verfolgt, dass die Volksgruppen­sprachen im Bildungsweg angeboten werden, vom Kindergarten bis zur Universität, sodass Angehörige der österreichischen Volksgruppen von klein auf einen zweisprachigen Unterricht genießen können. Das gibt es in den Bun­desländern, im Burgenland, in Kärnten, bei den Kroaten, bei den Slowenen, auch in anderen Bereichen. Wenn die Volksgruppensprachen von Generation zu Generation weitergegeben werden, dann funktioniert es. Sie sind natürlich bedroht, weil einfach die Anforderungen an die Kinder und die Jugendlichen gewaltig sind: Englisch zu lernen, andere Sprachen zu lernen, international auftreten zu können. Daher ist es umso wichtiger, dass es Unterstützung seitens des Staates gibt.

Es wurde im Jahr 2020 die Volksgruppenförderung nach langen, langen Forde­rungen verdoppelt. Es stehen jetzt 8 Millionen Euro zur Verfügung. Bun­desministerin Raab war dabei an der Spitze, und das war ein ganz wichtiger Schritt. (Beifall bei der ÖVP.) Es ist dadurch nämlich eine enorme Aufbruchs­stimmung entstanden. Die Volksgruppenorganisationen brauchen das Geld, um eben Veranstaltungen zu organisieren, bei denen die Sprache gelebt wird, die


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Kultur gelebt wird und eben auch weitergegeben wird, bei denen Bildungs­angebote für die Erwachsenen und für andere Generationen erweitert werden.

Gleichzeitig ist es wichtig, dass bei dieser Verdoppelung der Volksgruppenför­derung auch zielgerichtete Maßnahmen gesetzt wurden, so zum Beispiel, dass jede österreichische Volksgruppe Unterstützung für ein Leitmedium, ein Printleitmedium bekommt. Die Volksgruppensprache muss auch gelesen werden können: Die Leute in den Regionen müssen Neuigkeiten aus ihrer Region in der Volksgruppensprache erfahren können. Ich halte das für ein ganz wichtiges Projekt, genauso auch die Wirkungsorientierung, die gemeinsam in einem wichti­gen Prozess mit den Volksgruppen erarbeitet wurde, in den Volksgruppen­beiräten diskutiert wurde.

Erwähnen darf ich auch die mehrsprachigen Homepages der Gemeinden. In den Gemeinden wird die Zweisprachigkeit gelebt. In den burgenländisch-kroatischen Gemeinden waren es unsere Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikerinnen, die zweisprachige Straßenbezeichnungen, Gassenbezeichnungen umgesetzt haben. Das liegt in der Kompetenz der jeweiligen Gemeinde, ist also keine Bundes- oder Landeskompetenz. Wenn am Kindergarten Čuvarnica oder am Feuer­wehrhaus Ognjobranski Stan steht, wird auch visualisiert, dass die Zweisprachig­keit gelebt wird.

Diese normale Zweisprachigkeit macht es in Wahrheit aus, und darauf können wir letztendlich stolz sein. Wir in Österreich sind durch dieses gemeinsame Miteinander schon ein bisschen – ohne Anmaßung – Vorbild in Europa, da hier Volksgruppen friedlich miteinander leben und sich eben nicht bekämpfen – abseits von gewissen Ereignissen in der Vergangenheit, aber im Großen und Ganzen funktioniert es doch. Es ist daher wichtig, dass das im Budget fortgesetzt wird. Herzlichen Dank dafür. Das sind wichtige Impulse, um unsere eigene Identität erhalten zu können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.21



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.21.38

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Vizekanzler und Sportminister Kogler! Ich habe Sie in der Vergangenheit aus gutem Grund nicht nur einmal als schlechtesten Sportminister aller Zeiten bezeichnet, denn Ihre bisherige Erfolgsbilanz als Sportminister sieht so aus, dass Sie durch Ihre Coronalockdownpolitik, Ihre diskriminierenden 2G-Regeln und die viel zu späten Hilfen den österreichischen Vereinssport nicht nur nachhaltig geschädigt haben, sondern auch noch einen wesentlichen Negativbeitrag zur Gesundheit der österreichischen Bevölkerung geleistet haben.

Es gibt Hunderttausende Vereinssportler weniger, zahlreiche Vereine haben aufgegeben, Hallen und Sportstätten mussten über Monate schließen. Sie haben einer ganzen Generation die Bewegung richtiggehend abgewöhnt und dadurch massive Kollateralschäden verursacht, die das Gesundheitssystem noch viele, viele Jahre belasten werden. Das ist Ihre bisherige Erfolgsbilanz, sehr geehrter Herr Vizekanzler, und die ist vernichtend. (Beifall der Abgeordneten Hauser und Mühlberghuber.)

Nach all dem, was Sie dem Sport in den letzten Jahren – ich muss sagen – ange­tan haben, bin ich froh, dass zumindest bei diesem Budget endlich ein wenig Vernunft bei Ihnen Einzug gehalten hat und Sie endlich unsere Forderung umsetzen, das reguläre Budget zu erhöhen. Rund 75 Millionen Euro mehr wird es geben. Herr Vizekanzler, ich gratuliere Ihnen zu dieser längst überfälligen Erhöhung!

Das Traurige ist allerdings, dass es ein Budget mit so vielen Milliarden mehr an Schulden braucht, damit endlich ein bisschen etwas für den Sport übrig bleibt. Jede Erhöhung für den gesellschaftlich so wichtigen Sport ist gut und richtig, deswegen habe ich Ihnen auch gratuliert, Herr Vizekanzler. Das war es dann


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aber auch schon wieder mit dem Lob, denn anstatt dass Sie mit dieser Erhöhung endlich die Chance ergriffen haben, wirkliche, echte strukturelle Reformen in der Sportförderung umzusetzen, zahlen Sie einmal mehr im Gießkannenprinzip aus.

Die größten Profiteure sind einmal mehr nicht die Sportlerinnen und Sportler, sondern wie immer die mit SPÖ und ÖVP eng verbandelten Dachverbände, die einige Millionen mehr bekommen, weil Sie eben nicht die prozentuelle Auf­teilung der besonderen Sportförderung angerührt haben. Dadurch bekommen die Dachverbände automatisch ein paar Millionen mehr.

Gerade von Ihnen, Herr Vizekanzler Kogler, einem Grünen, hätte ich in diesem Zusammenhang etwas mehr erwartet, auch weil Sie dem ehemaligen Grünen-Abgeordneten und Sportsprecher Dieter Brosz, der in der Vergangenheit nicht nur einmal diese Überförderung der Dachverbände kritisiert hat und auch eine Änderung der Strukturförderung verlangt hat, eine Position in der Sportsektion verschafft haben. Genau deswegen habe ich mir in diesem Zusammenhang mehr erwartet. Sie wissen ganz genau, dass das Hauptproblem der österreichischen Sportförderung seit vielen, vielen Jahren darin liegt, dass nicht genug Geld bei den Sportlern ankommt, sondern dass es bei den unzähligen Sportorganisationen versickert. Sie, Herr Vizekanzler, haben diese Chance, diese notwendigen Strukturreformen umzusetzen, wieder einmal nicht genutzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Doch das ist nicht der einzige Kritikpunkt an diesem Budget, denn Sie haben zwar das Budget erhöht, jedoch gleichzeitig jegliche Coronahilfszahlungen gestrichen, und das, obwohl die Schäden aufgrund Ihrer Coronapolitik wahr­scheinlich noch viele Jahre spürbar sein werden. Na gut, man kann sagen, es gibt keine Maßnahmen mehr, daher gibt es keine Verlängerung, die Folge­schäden sind egal. Ich hoffe aber zumindest, dass man daraus ableiten kann, dass jetzt endgültig Schluss mit dieser sportpolitisch und gesundheitspoli­tisch wirklich extrem schädlichen Coronalockdownpolitik ist.

Eines verstehe ich wirklich nicht: Erklären Sie mir einmal, wenn Sie das alles beenden, warum Sie den Sportbonus ebenfalls nicht verlängert haben? Der Sinn


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und Zweck des Sportbonus war es, die Vereine, die aufgrund Ihrer Coronapolitik Tausende Mitglieder verloren haben, finanziell dabei zu unterstützen, durch reduzierte Mitgliedsbeiträge neue Mitglieder anzuwerben. Jetzt frage ich Sie, ob Sie ernsthaft glauben, dass der gesamte Effekt des Sportbonus nicht sofort wieder verpuffen wird, wenn sich die Vereine aufgrund Ihrer inflationstrei­ben­den Sanktions- und Energiepolitik die Energiekosten bald nicht mehr leisten können und daher gezwungen sein werden, diese Kosten auf die Vereinsmit­glie­der umzulegen.

Eines sage ich Ihnen: Das Geld, das Sie in den Sportbonus hineingebuttert haben, wird umsonst gewesen sein. Auch die geplanten 15 Millionen Euro Energie­kostenausgleich werden nicht ausreichen, das kann ich Ihnen auch jetzt schon sagen. 15 Millionen Euro Energiekostenausgleich für rund 181 Millionen Euro an Mehrkosten, die die Sports-Econ bereits berechnet hat. Ich gratuliere Ihnen! Wenn Sie nicht aktiv werden, schlittert der österreichische Sport sehenden Auges in die nächste gewaltige Krise. Bereits jetzt haben zahlreiche Vereine angekündigt, nach Weihnachten nicht mehr aufsperren zu können, weil sie von dieser Teuerungslawine überrollt werden.

Wie auch immer: Auch im Hinblick auf die Energiekrise – so wie während Corona auch – sind Ihre Maßnahmen wieder einmal nicht ausreichend und sie kommen auch viel zu spät. Anstatt den Vereinen schnell und ausreichend zu helfen, wollen Sie sie wieder einmal in die Pflicht nehmen, indem Sie sagen, sie sollen einfach LED-Lampen verwenden, sie sollen einfach PV-Anlagen instal­lieren. Das ist aufgrund der Liefer- beziehungsweise Wartezeiten sowohl fak­tisch wie auch finanziell unmöglich. Die coronageplagten Vereine werden sich das auf keinen Fall leisten können. Sie haben in diesen Fällen auch keine Förderungen vorgesehen, Sie haben auch sonst keine Maßnahmen gesetzt, Stichwort pauschale Reiseaufwandsentschädigung.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der ‚Pauschalen Reiseaufwandsentschädigung‘ (PRAE) für gemeinnützige Sportvereine“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Erhöhung der ‚Pauschalen Reiseaufwands­entschädigung‘ (PRAE) für gemeinnützige Sportvereine auf monatlich 700 Euro und täglich 80 Euro beinhaltet.“

*****

Sehr geehrter Herr Sportminister, es ist gut und richtig, dass Sie das Budget erhöht haben – da sind wir uns einig –, doch das alleine wird wieder einmal nicht reichen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.27

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Erhöhung der „Pauschalen Reiseaufwandsentschädigung“ (PRAE) für gemeinnützige Sportvereine

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11 über den Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787. d.B.) – UG 17  – in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022


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Gemeinnützige Sportvereine können im Rahmen der „Pauschalen Reiseaufwands­entschädigung“ bis zu 60 Euro pro Einsatztag und maximal 540 Euro pro Monat steuer- und sozialversicherungsfrei an Sportler, Trainer, Schiedsrichter, Instruktoren und Sportbetreuer als Aufwandserstattung (§3 Abs1 Z16c EstG) auszahlen.

Gemäß Finanzausschuss des Parlaments gilt der Begriff Sportler und Sportbetreuer hierbei für folgende Personengruppen: 

•          Mannschaftssportler/innen sowie Einzelsportler/innen, die von gemein­nützigen Sportvereinen und -verbänden Kostenersätze im Zusammenhang mit ihrer sportlichen Tätigkeit erhalten;

•          Trainer, Instruktoren und Übungsleiter, die die Sportler/innen sportfachlich unterstützen;

•          weitere Sportbetreuer, die die Sportler/innen medizinisch oder organisatorisch unterstützen (Masseure, Sportärzte, Zeugwarte)

•          sowie Personen, die für die sportliche Leitung einer Veranstaltung zuständig sind (Schieds-/ Kampfrichter, Rennleiter).

Diese Reiseaufwandsentschädigung wurde seit ihrer Einführung im Jahr 2009 nie inflationsangepasst. Es ist daher höchst an der Zeit, das zu ändern, um die ehrenamtliche Säule des gemeinnützigen Sports aufrecht zu erhalten. In den letzten 13 Jahren kam es zu einem Wertverfall von ca. 25 Prozent, weshalb sowohl der Tagessatz als auch der Monatssatz um zumindest diesen Prozentsatz angehoben werden muss.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport werden aufgefordert, dem Nationalrat eine


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Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Erhöhung der „Pauschalen Reiseaufwandsentschädigung“ (PRAE) für gemeinnützige Sportvereine auf monatlich 700 Euro und täglich 80 Euro beinhaltet.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Faika El-Nagashi. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.28.07

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Integrationspolitik, zu der ich heute sprechen werde, hat die Chance und die Aufgabe – davon bin ich zutiefst überzeugt –, den Zusammenhalt zu stärken sowie Zugehörigkeit zu vermitteln und herzustellen. In diesem Sinne haben wir nicht nur das Integrationsbudget erhöht, sondern es haben sich auch die Zuständigkeiten und die Aufgaben erweitert, nicht zuletzt durch den Bedarf an Unterstützung von Geflüchteten aus der Ukraine.

Integration und Integrationspolitik sind ein Querschnittsbereich und betreffen so gut wie alle Politikfelder, vor allem die Bildungspolitik, Gesundheit und Pflege, die Gleichstellungs- und Frauenpolitik sowie Arbeit und Soziales. Ich möchte in diesem Zusammenhang zwei Bereiche ansprechen, die unsere parlamentarische Aufmerksamkeit und unser Engagement verdienen. Einerseits geht es um die Situation der Frauen, der Migrantinnen, die immer wieder zum Spielball ras­sisti­scher Politik werden, die sich oft zwischen Welten finden, in denen jeweils versucht wird, sie an einen Platz zu verweisen, sei es aus religiösen, aus ideolo­gisch-politischen oder aus rein wahltaktischen Gründen. Ich möchte dieser Tage besonders den Einsatz der Frauen aus dem Iran und aus Afghanistan hervor­heben, die auch in der Diaspora für Frauenrechte in ihren Herkunfts­ländern kämpfen und unsere Unterstützung verdienen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)


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Der zweite Bereich betrifft den Zugang zur Staatsbürgerschaft, einem wahren Beschleuniger der Integration. Ein so hohes Gut wie die Staatsbürgerschaft darf nicht vom Geld abhängen, darf nicht Frauen mit geringerem Einkommen benachteiligen, darf nicht Kinder und Jugendliche ausschließen! Der Zugang zur Staatsbürgerschaft braucht die Fairness, die wir im Integrationsbereich propa­gieren. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Stark.)

Diejenigen, die von den Ausschlüssen betroffen sind, das sind unsere Freunde und Mitschüler:innen. Es sind unsere Kolleg:innen und Nachbar:innen, Geschäfts­partner:innen, Dienstleister:innen, Unternehmer:innen.

Die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts ist nicht nur integrationspolitisch wichtig, sondern demokratiepolitisch überfällig und tatsächlich eine gesamt­ge­sellschaftliche Aufgabe und Verantwortung. Ich hoffe hier auf Ihre breite Unterstützung. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Dr.in Stephanie Krisper. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.31.12

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Volksanwälte und Volksanwältin! Ich möchte der Volksanwaltschaft sehr für ihre Arbeit danken. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben wahrlich eine große Expertise und leisten tolle Arbeit. Allerdings gibt es auch hier und dort das Problem, dass die Arbeit der VA beeinträchtigt wird und das auch auf Kosten der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen geht.

Meiner Wahrnehmung nach hat das Problem seine Wurzel in der politischen Besetzung der drei Volksanwälte, über die ja sonst niemand spricht, denn drei Parteien suchen ja ihren Volksanwalt aus, und die Grünen sind in Geiselhaft. Dementsprechend reden wir darüber.


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Zwei Beispiele: Wir fanden zum Budget des Innenministeriums über Anfrage heraus, dass das BMI circa 150 000 Euro im Jahr dafür ausgibt, Schadenersatz wegen rechtswidriger Schubhaft zu leisten. Der Innenminister konnte im Budgetausschuss uns nicht beantworten, was er in Zukunft dagegen machen will. Wo bleibt hier die Volksanwaltschaft? Wo bleibt die Empfehlung, diese Zahlen schnellstmöglich Richtung null zu bringen?

Da wende ich mich an Sie, Volksanwalt Rosenkranz, der Sie ja für Polizei und Asyl zuständig sind. Sie sind aber auch derjenige, der als Klubobmann des freiheitlichen Parlamentsklubs auf die Kritik der UNO an der schlechten Qualität von Asylverfahren unter Minister Kickl abwehrend mit der Aburteilung als völlige Fehleinschätzung reagierte und ausführte: „Offensichtlich glaubt die UNO [...], dass es ein Menschenrecht auf illegale Einwanderung gäbe“. – Ich sage dazu: Es gibt den Artikel 3 EMRK.

Ich wende mich an Sie und erwarte mir auch von Ihnen Kritik wegen gesetz­widrigen Freiheitsentzugs in 70 bis 80 Fällen im Jahr, auch wenn Sie seit 2017 klargemacht haben, was für Sie das oberste Ziel ist: „die Festung Europa vorantreiben“.

Zweites Beispiel: Wir wissen aus der Sitzung des Budgetausschusses mit Vertreter:innen der Volksanwaltschaft, dass der Bericht zur Terrornacht vom 2. November schon länger fertig ist. Wo bleibt er? Wenn dieser Missstände aufzeigt, was ich annehme, dann müsste er doch längst öffentlich gemacht werden, nämlich baldigst, um Druck für notwendige Verbesserungen zu machen.

Aber wenn ein Politiker Volksanwalt wird und sich dann für eine Partei in eine Wahl wie die Bundespräsidentenwahl wirft, dann kann er während des Wahlkampfs schwer einen längst fertigen, aber wohl regierungskritischen Bericht präsentieren – er müsste sich wohl Kritik anhören.


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Unsere Kritik ist im Gegenzug eine strukturelle: Es würde für das Budget und die Menschenrechte in Österreich besser gekämpft werden, wenn wir als Volks­anwälte die Kompetentesten hätten und nicht wiederbelebbare Politiker. (Beifall bei den NEOS.)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Christoph Zarits. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.33.46

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Vertreter der Volksanwaltschaft! Geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Nach Covid ist sicherlich die aktuelle Situation, was die Teuerung und die Energiepreise betrifft, eine riesengroße Herausforderung für den organisierten Sport in ganz Österreich.

Was ist unsere Aufgabe heute hier mit dem Budget 2023? – Wir müssen als Politiker hier Antworten geben und wir müssen dem Sport natürlich auch Planungssicherheit geben. Und das machen wir mit einem Rekordbudget, das es in diesem Umfang noch nie gegeben hat: 231 Millionen Euro insgesamt in der besonderen und in der allgemeinen Sportförderung.

Wie bewertet beispielsweise der organisierte Sport, Dach- und Fachverbände, dieses Rekordbudget? – Ein historisches Budget, ein großer Wurf, ein Meilenstein und so weiter und so fort. Auch Askö-Präsident Hermann Krist, der ja einmal SPÖ-Nationalratsabgeordneter war, sagt: „Dreams come true!“ Dabei denke ich, dass Präsident Krist nicht unbedingt ein großer Fan dieser Bundes­regierung ist. (Ruf bei der SPÖ: O ja!) Daran sieht man, dass dieses Budget über Parteigrenzen hinweg anerkannt und auch dementsprechend gelobt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Meine geschätzten Damen und Herren, die besondere Sportförderung wird von 80 Millionen Euro auf 120 Millionen Euro erhöht. Das ist ein Plus von 50 Pro­zent. Das ist einzigartig. Das ist auch ein langer Marathon gewesen. Viele Jahr­zehnte wurde darüber diskutiert, die besondere Sportförderung dement­sprechend zu erhöhen, nämlich von 80 Millionen Euro auf 120 Millionen Euro. Das ist wirklich ein tolles Ergebnis, das die beiden Verhandler, nämlich unser Bundes­minister für Finanzen Magnus Brunner und unser Sportminister Werner Kogler, zusammengebracht haben.

Viele Regierungen in den unterschiedlichsten Konstellationen haben es versucht, aber diese Bundesregierung hat für den Sport wirklich Großartiges geleistet. Es war ein langer Weg, es war sozusagen ein Marathon, den viele Regierungen vorher auch schon probiert haben; aber diese Regierung mit dem Finanzminister und dem Sportminister hat es geschafft, den Marathon zu finishen und bis zum Ende zu laufen. Dafür sage ich noch einmal herzlich Danke schön! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Warum ist es gerade jetzt so wichtig, dass wir hier das Sportbudget dement­sprechend erhöhen? – Die Sportarten, die auch wieder Mitglieder in einem Dachverband werden, werden mehr; und das bedeutet, dass natürlich auch die administrativen Aufgaben bei den Dach- und Fachverbänden mehr werden.

Ein weiterer Grund sind die bereits angesprochenen Energiepreise, die den Vereinen und Verbänden natürlich auch zu schaffen machen. Hier wurde auch ein Budgetposten von 15 Millionen Euro für das Jahr 2023 vorgesehen. Mit diesen 15 Millionen Euro wollen wir dem Sport rasch und unbürokratisch helfen, so wie wir es beim NPO-Fonds aufgrund von Corona schon gemacht haben. Ein herzliches Dankeschön dafür, dass diese 15 Millionen Euro für diese Zwecke budgetiert sind!

231 Millionen Euro in der allgemeinen und in der besonderen Sportförderung, was bedeutet das? – Das bedeutet, dass wir den Sport in vollem Umfang und in voller Qualität absichern. Das bedeutet, dass wir die Infrastruktur absichern,


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aber auch ausbauen. Wir wollen die volle Absicherung auch der Beschäftigungs­verhältnisse im Sport; wir wollen die Spitzensportler an die Weltspitze heran­führen beziehungsweise jene Spitzensportler, die schon an der Weltspitze sind, dort auch dementsprechend etablieren.

Wir wollen mit diesem Rekordbudget, mit diesem Meilenstein in der Sport­politik Österreich von einem Sportland zu einer Sportnation machen. Wir wissen, wie wichtig das Ehrenamt im Sport ist: Da geht es um 15 000 Vereine und um 560 000 Menschen, die sich tagtäglich für den Sport in den Ver­einen und den Verbänden einsetzen. Wir wollen mit der Erhöhung der besonderen Sportförde­rung das Ehrenamt und die Autonomie des Sportes stärken.

Wir brauchen auch die Sportgroßveranstaltungen, beispielsweise die Ski-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm, für die für das Jahr 2023 8 Millionen Euro budgetiert wurden, und die Skiflug-WM in Bad Mitterndorf, für die ebenfalls ein Budgetposten miteingeplant ist. Das ist wichtig, damit diese Großveranstal­tungen in Österreich stattfinden können, die natürlich auch für den Tourismus und für die Wertschöpfung in den Regionen wichtig sind.

Wichtig für uns – und das haben schon sehr viele Regierungen versucht –: Herr Vizekanzler Kogler hat es gemeinsam mit Bildungsminister Martin Polaschek zusammengebracht, dass wir in Österreich Pilotregionen geschaffen haben, was die tägliche Bewegungseinheit betrifft. 1 100 Schulklassen beziehungsweise Kindergartengruppen machen hier schon mit, und wir werden dieses Programm dementsprechend auch flächendeckend in ganz Österreich ausrollen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir machen das, was wichtig ist und was viele Sportminister schon angekündigt, aber nicht umgesetzt haben. Wir machen das, was wir versprochen und im Regierungsprogramm vereinbart haben. Wir setzen dieses Regierungsprogramm Schritt für Schritt um.


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Wie gesagt, es war ein sehr, sehr langer, harter Marathon. Ein herzliches Danke­schön abschließend noch an die beiden Verhandler, die diesen Marathon bis zum Ende durchgelaufen sind und ein sehr, sehr gutes Ergebnis für den Sport in Österreich zusammengebracht haben!

Ich bitte um Zustimmung für das Rekordbudget 2023, auch für den Sport. Das Rekordbudget, 231 Millionen Euro, bedeutet, dass nach Jahrzehnten der Diskussion, auch im Parlament und in den Ausschüssen, der Sport in Österreich endlich den Stellenwert bekommt, den er sich auch verdient. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Karin Greiner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.39.46

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Geschätzte Volksanwälte, Frau Volksanwältin! Ich widme mich dem Rech­nungshofbudget. Es ist erfreulich zu sehen, dass es uns gelungen ist, das Budget um 12,8 Prozent zu erhöhen.

Was wird mit diesem Budget erledigt? – Da geht es unter anderem um wichtige Investitionen in IT-Sicherheit, in die Gebäudesicherheit und – das ist auch wichtig – um den Digitalisierungsprozess abzuschließen. Mit diesem Budget werden auch die zusätzlichen Aufgaben des Rechnungshofes, die er zum Beispiel durch die Novellierung des Parteiengesetzes erhalten hat, bewältigt werden können, zusätzlich aber auch neue Personalaufnahmen.

Der Rechnungshof ist unser wichtigstes Hilfsorgan in der parlamentarischen Kontrolle. Was wird genau geprüft? – Der Rechnungshof überprüft die Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und vor allem auch die Wirksamkeit der öffentlichen Mittel, die zum Einsatz kommen. Im Bund, in den Ländern und


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Gemeinden - - (Abg. Michael Hammer: Das hat der Zanger auch schon gesagt!) – Das ist super, dass Sie das auch so sehen, Herr Kollege; ja, das ist hervorragend. (Abg. Michael Hammer: Der Zanger hat das gesagt ...!) Im Fokus steht bei den Prüfungen auch der Nutzen für die Bürger:innen, und das ist etwas ganz Wesent­liches. Da geht es zum Beispiel – wenn ich ein aktuelles Beispiel hernehmen darf – um Lessons learned aus den zahlreichen Covid-Überprüfungen. Es ist wirklich wichtig, dass man aufgrund der Berichte Maßnahmen in den einzelnen Ressorts ableiten kann, was IT betrifft, was die Gesundheitspolitik betrifft und auch vieles andere.

Ich darf mich an dieser Stelle bei der Frau Rechnungshofpräsidentin und ihrem Team sehr herzlich für die wirklich zeitnahe Vorlage der Berichte bedanken, weil das für uns ein ganz wesentlicher Faktor ist, damit wir den Bürger:innen auch wirklich sagen können, was Sache ist. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Michael Hammer: Vor ein paar Wochen wolltet ihr sie noch abwählen!)

Ein Ziel möchte ich besonders betonen – Herr Kollege (in Richtung Abg. Michael Hammer), für Sie besonders wichtig –: die Erhöhung der Transparenz. Bür­ger:innen sollen ja wissen dürfen, was mit ihrem Steuergeld passiert. Wir haben bedauerlicherweise genug aktuelle Anlassfälle, sodass der Rechnungshof von uns gebeten wird, da genauer hinzuschauen – ich erinnere nur an den aktuellen Bericht zur Cofag, in dem ja dieser Gesellschaft ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt wurde. Da ist es wirklich wichtig, und da appelliere ich an meine Kollegen der ÖVP, die Maßnahmen aufgrund dieses Berichtes auch wirklich abzuleiten. Das wäre einmal ein wesentlicher Faktor.

Sehr geehrte Damen und Herren, aktuelle Skandale zeigen sehr deutlich, wie wichtig die parlamentarische Kontrolle ist und wie grundlegend wichtig es ist, dass der Rechnungshof seiner Arbeit in der gewohnt hohen Qualität weiterhin nachkommen kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.42



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort hat sich nun die Präsidentin des Rech­nungshofes, Frau Dr.in Margit Kraker, gemeldet. – Bitte schön, Frau Präsidentin.


14.42.57

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bun­desregierung! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bedanke mich sehr herzlich dafür, dass jetzt die UG 06 Rechnungshof mit auf der Tages­ordnung steht und das Budget des Rechnungshofes für das kommende Jahr dann hoffentlich von Ihnen beschlossen werden kann. Das ist ganz wichtig für die Arbeit des Rechnungshofes. Ganz wichtig ist für mich natürlich auch die Zusammenarbeit mit dem Parlament – mit allen Fraktionen hier im Parlament, mit den Sprecherinnen und Sprechern im Rechnungshofausschuss und mit dem Vorsitzenden des Rechnungshofausschusses. Jedenfalls danke ich für die konstruktive Arbeit, die ich da immer erleben darf. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)

Mit dem Budget für das Jahr 2023 und mit dem Finanzrahmengesetz soll die Antwort auf die Frage gegeben werden, wie der Staat weiterhin mit der Krise und mit den aktuellen Herausforderungen umgeht. Das ist ja jetzt schon das dritte Jahr, in dem wir die Krise erleben. In Zahlen gesprochen wissen Sie, was das bedeutet: Es geht hier um Auszahlungen in der Höhe von rund 115 Mil­liar­den Euro. Es gibt einen Nettofinanzierungsbedarf von 17 Milliarden Euro, hinzu kommen Finanzierungsermächtigungen für den Herrn Finanzminister für nicht abschätzbare Krisensituationen.

Das hohe Budgetdefizit ist insbesondere von den Teuerungs- beziehungsweise Entlastungspaketen der Bundesregierung geprägt. Die hohen Mittel für Maß­nahmen, die durch die Covid-Pandemie notwendig waren, werden hoffentlich wieder zurückgeführt werden können. Die hohe Inflation ermöglicht zwar Zuwächse auf der Einnahmenseite, aber diese können die budgetär vorgese­he­nen Auszahlungen nicht abdecken, sodass es zusätzliche Belastungen und


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Risiken gibt, die etwa durch die Finanzierung entstehen und die damit in die Zukunft verschoben werden. Der Herr Finanzminister hat es auch in seiner Budgetrede gesagt: dass wir 2026 einen absoluten Schuldenstand von voraus­sichtlich fast 400 Milliarden Euro erreichen werden – ein absoluter Höchststand! Und ich kann Ihnen sagen, dass sich der Rechnungshof zeitgerecht einen neuen Prüfschwerpunkt für die nächsten Jahre gesetzt hat. Dieser lautet: „Next Generation Austria – Überlassen wir der nächsten Generation mehr als Schul­den? Zur zukünftigen Rolle des Staates für die nächste Generation.“

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass der Rech­nungshof mit diesem Fokus richtig liegt, denn es geht um die Bewältigung der wachsenden Herausforderungen, es geht um nachhaltige öffentliche Finanzen, es geht um Zukunftsversprechen an die Jugend, es geht um strukturelle Reformen, die in Österreich notwendig sind, es geht um eine ordnungsgemäße und bürgerfreundliche Verwaltung im Zeitalter der Digitalisierung und um verstärkte Maßnahmen gegen Korruption. In Zeiten steigender Staatsausgaben nehmen damit aber auch die Herausforderungen für den Rechnungshof als oberste externe Finanzkontrolle zu.

Der Rechnungshof ist gefordert, regelmäßig Auszahlungen, Beschaffungsvor­gänge, die Abwicklung von Förderungen zu überprüfen, und es gilt, zeitnah zu beurteilen, ob Maßnahmen zur Bewältigung von Krisen, wie etwa im Bereich der Pandemie, bei der Teuerung oder bei der Energieversorgung, zweckmäßig, wirksam und treffsicher gesetzt werden. Ich denke, es ist uns als Rechnungshof bisher recht gut gelungen, alle wesentlichen Maßnahmen, die etwa den Covid-Bereich betroffen haben, umfassend zu prüfen. Wir haben zehn Prüfungen bereits veröffentlicht, einige wurden schon genannt: Kurzarbeit, Härtefallfonds, Cofag, Gesundheitsdaten, Telearbeit, Pandemiemanagement. Weitere Prüfungen sind im Laufen.

Ich darf Ihnen auch versichern, der Rechnungshof ist stets an Verbesserungen interessiert. Wir möchten mit unseren Prüfungen – und ich spreche hier auch im Namen der Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofes – einen Mehrwert


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schaffen und wir wollen Wirkung erzielen. Deshalb gilt es, aus den Berichten zu unseren Prüfungen die Lehren zu ziehen. Wir selbst ziehen auch Schlussfolge­rungen aus den Prüfungen im Sinne von Lessons learned. Ab dem kommenden Jahr planen wir daher, Themenpapiere herauszugeben. Die Reihe wird den Titel „Rechnungshof Mehrwert“ tragen. Das erste geplante derartige Themenpapier wird sich den Lehren aus den Covid-19-Prüfungen widmen. Weitere Themen­papiere planen wir etwa zum Gesundheitsbereich oder zum Bereich der IT-Sicherheit.

Für das Prüfprogramm im nächsten Jahr haben wir uns auch einiges, viel vorgenommen. Wir haben rund 75 Prüfungen geplant. Die Schwerpunkte sind: Arbeitskräftebedarf, Personalmangel in vielen öffentlichen Bereichen, die zielgerichtete Förderabwicklung, die Digitalisierung, die finanzielle Lage von Städten und Gemeinden, die Energiewende, gemeinnütziger Wohnbau, Pen­sio­nen, öffentliche Unternehmen und vieles andere mehr.

Ich darf eben an dieser Stelle noch auf eines zu sprechen kommen, weil es für den Rechnungshof für das nächste Jahr wichtig und neu ist: Das ist die zusätzliche Aufgabe durch das neue Parteiengesetz. Es entspricht einer langjäh­rigen Forderung des Rechnungshofes, originär prüfen zu können und sich nicht nur auf Angaben verlassen zu können, denn wo Rechnungshof draufsteht, muss auch Rechnungshof drinnen sein. (Ruf bei der ÖVP: Genau!) Da geht es um Prüfrechte. Darüber hinaus werden wir zukünftig auch Wahlwerbungs­be­richte prüfen können, und wir haben zusätzliche administrative Aufgaben. Wir haben uns da bereits eine große Expertise aufgebaut.

Natürlich gibt es auch den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat, dem dann die rechtliche Entscheidung zukommt, auch, eine Spruchpraxis zu entwickeln, etwa in Bezug auf die Auslegung des neuen Parteiengesetzes. Wir haben uns als Rechnungshof zum Ziel gesetzt, diese Aufgaben objektiv, sachlich und unbeirrt zu erfüllen, und es entspricht der Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger, dass die Regelungen des Parteiengesetzes auf Punkt und Beistrich einge­halten werden. Das gehört zur politischen Fairness.


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Ich bin dem Herrn Finanzminister und dem Hohen Haus sehr dankbar, dass diese zusätzlichen personellen Erfordernisse, die hier notwendig werden, im Bud­get 2023 berücksichtigt werden. Damit können wir die Aufgaben so wahrneh­men, dass wir unsere Gebarungsüberprüfungen, die wir auch im regel­mäßigen Prüfplan haben, nicht einschränken müssen, und das stärkt unsere Unabhängigkeit. Wie sich unsere Aufgaben dann tatsächlich auswirken, werden wir auch erst im Jahr 2024 sehen, wenn natürlich sehr viele Wahlwer­bungsberichte zusätzlich auf uns zukommen. Da gibt es dann, nur auf Bun­desebene bezogen, statt fünf Rechenschaftsberichten insgesamt 15 Berichte, die wir zu prüfen haben.

Natürlich geht es um die Themen Compliance und Antikorruption: Auch da haben wir Prüfungen, etwa im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, die schon im Laufen sind.

Zusätzliche personelle Erfordernisse gibt es durch die Möglichkeit des Hohen Hauses, zusätzliche Verlangensprüfungen an uns zu richten. Wie schon bisher werden wir bemüht sein, diesen Erfordernissen und den Verlangen der allge­meinen Vertretungskörper – es ist nicht nur der Nationalrat, auch die Landtage können das an uns richten – vollumfänglich nachzukommen. Ich bitte Sie aber eben auch um Verständnis, dass wir unseren eigenständigen Prüfplan im Sinne unserer Unabhängigkeit auch erfüllen wollen und müssen.

Das Budget des Rechnungshofes beträgt 42,2 Millionen Euro, ein Plus von rund 13 Prozent. Das bedeutet, dass wir in der Lage sein werden, bis zu 295 VBÄ zu finanzieren.

Der Rechnungshof selbst plant, die Themen Personalentwicklung, Controlling und die Wirkung seiner Prüfarbeit noch stärker in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen zu rücken. Und natürlich erfasst das Thema der Digitalisierung, das alle staatlichen Bereiche erfasst, auch den Rechnungshof. Es geht um die


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Digitalisierung des Prüfwesens, unserer administrativen Prozesse im soge­nannten digitalen Rechnungshof und es geht um zusätzliche Ausgaben für die IT-Sicherheit.

Abschließend möchte ich mich dafür bedanken, dass es möglich war, dass wir die Beratungen zur UG 06 schon am ersten Budgetausschusstag machen konnten, und zwar deshalb, weil ich am 24. Incosai, dem Kongress der Intosai, teilnehmen musste. Ich bin nämlich Generalsekretärin der Intosai, der Internationalen Orga­nisation der Obersten Rechnungskontrollbehörden weltweit. An diesem Kongress haben 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 150 ORKBs teilge­nommen. Es gab dann eine sogenannte Riodeklaration, die sich schwer­punkt­mäßig mit der Arbeit von Rechnungshöfen in Krisensituationen und mit der globalen Stimme von Rechnungshöfen, etwa bei der Erreichung der Klimaziele, beschäf­tigt. Voraussetzung für die Wirksamkeit von Rechnungshöfen sind immer Unabhängigkeit, Transparenz und hohe Professionalität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – das ist das Fundament.

Auf internationaler Ebene haben sich Rechnungshöfe darauf verständigt, ihren Beitrag zur Umsetzung der Agenda für nachhaltige Entwicklung zu leisten und Gleichberechtigung und Inklusion zu unterstützen. Resiliente Rechnungshöfe sollen dazu beitragen, das Vertrauen in öffentliche Institutionen wieder zu stärken und zu erhöhen.

Ich hoffe, dass das in Ihrem Sinne ist. Ich bedanke mich für die Aufmerk­sam­keit. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Agnes Sirkka Prammer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.53.25

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte


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Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben es heute schon mehrmals gehört, wir haben tatsächlich ein Rekordbudget für den Sport, und das ist richtig und wichtig: 231,5 Millionen Euro wird das Sportbudget betragen. Das ist ein Plus von 75,5 Millionen Euro und davon alleine 40 Millio­nen Euro für die besondere Bundessportförderung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man kann jetzt natürlich sagen, dass man das doch schon längst hätte machen können. – Hätte man, hat man aber nicht. Jetzt haben wir es gemacht, und dafür bin ich sehr dankbar – vielen Dank. Das zeigt auch, dass Sportminister Werner Kogler der Sport wirklich wichtig ist und wirklich am Herzen liegt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) So etwas zeigt sich nämlich nicht daran, dass man die Leistungen feiert oder dass man bei Veranstaltungen präsent ist, so etwas zeigt sich daran, dass man nachhaltig in Strukturen investiert.

Wofür haben wir denn die Sportförderung? Warum lässt sich der Staat Sport überhaupt etwas kosten? – Es geht einerseits natürlich darum, dass Höchst­leis­tungen erzielt werden, dass österreichische Athletinnen und Athleten die besten Voraussetzungen haben, um Topleistungen abzuliefern. – Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist es, Menschen in Bewegung zu bringen, zu ermög­lichen, dass sich Kinder, Erwachsene sportlich betätigen können und dafür ein geeignetes Umfeld haben. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schmidhofer.)

Diese nachhaltigen Investitionen in die Strukturen sind der Grund dafür, dass wir diese Erhöhung dringend gebraucht haben – eben nicht nur, um den Spitzen­sport voranzubringen, sondern vor allem auch, um nachhaltig in die Strukturen zu investieren, insbesondere im Bereich der Gleichstellung. Es gibt die wichtigen Projekte mit dem Gender-Traineeprogramm und vor allem das so wichtige Projekt Dream-Teams, mit dem die Frauenligen, die ersten Ligen in den Frauen­mannschaftssportarten, in den Fraueneinzelsportarten gefördert werden. Es wird dort in Strukturen investiert, damit wir zum internationalen Spitzenfeld aufschließen können. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schmidhofer.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 276

Es wird viel staatliches Geld in diese Strukturen gesteckt, deshalb ist es auch ein ganz wichtiges Projekt, dass wir da eine Good-Governance-Offensive starten, denn dort, wo Steuergeld drinnen steckt, muss auch ganz genau hingeschaut werden, und es müssen transparente und valide Kriterien geschaffen werden und auch überprüft werden können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nicht zuletzt gibt es heuer erstmals einen Etat von 3,5 Millionen Euro für das bundesweite Ausrollen der täglichen Bewegungseinheit, und das ist wirklich ein Meilenstein. Viele haben es versprochen, jetzt wird es gemacht. Vielen Dank dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Lausch, Sie wissen, um 15 Uhr muss ich die Sitzung unterbrechen. Sie werden sicher eine Punktlandung machen, oder wollen Sie - - (Abg. Lausch, bereits auf dem Weg zum Redner:in­nen­pult, bleibt stehen, dreht sich um und geht zurück zu seinem Sitzplatz.) – Sie haben noch 3,5 Minuten, es würde sich ausgehen. (Abg. Lausch – wieder auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Das genügt!) – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.57.09

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Geschätzte Volksanwältin und Volksanwälte! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Vizekanzler! Mit der Zeit komme ich aus. Zum Budget ganz kurz: Es kann kein gutes Budget sein, wenn man die letzten zweieinhalb Jahre 46 Milliarden Euro wegen überzogener Coronamaßnahmen ausgegeben hat. Der Herr Bundesminister für Finanzen kann auch keine Euro drucken, die fehlen ihm natürlich. Wenn man jetzt das Budget in gewisser Weise als gut dastehen lässt, geht das natürlich zulasten der Staatsverschuldung. Man hat jetzt von Kollegen von der ÖVP von Rekordbudget und so weiter und so fort gehört, aber Rekord­staatsverschuldung würde besser passen.


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Ganz kurz zu dem, was mir bei dem Budget aufgefallen ist: Der Herr Bundes­präsident gönnt sich zwei Mitarbeiter mehr. Das ist jetzt nicht die Welt, aber er gönnt sich auch eine neue EDV-Anlage. Diese wird aber gleich gekauft und nicht geleast, wie das in der Privatwirtschaft oder bei vielen Ministerien üblich ist, denn dann ist man immer auf dem neuesten Stand. Man kauft das nicht, weil in fünf Jahren die EDV-Anlage alt ist, und dann muss die Präsidentschaftskanzlei wieder eine neue EDV-Anlage kaufen – also wirtschaftlich, sparsam, zweck­mäßig erscheint mir das nicht zu sein.

Der Herr Bundeskanzler mit seinem Bundeskanzleramt gönnt sich gleich einmal 38 Millionen Euro mehr, Tendenz gleichbleibend bis 2026, dies natürlich auch in Zeiten der Teuerung, der hohen Staatsverschuldung – ein schlechtes Zeichen für die Bevölkerung, die sich das Einkaufen, die Energiepreise und vieles andere nicht mehr leisten kann; das ist sicherlich auch kein schöner Zug.

Und – kurz noch angesprochen –: Der öffentliche Dienst hat 144 000 Plan­stellen mehr, der Großteil geht in die Bildung – etwas mehr als 40 000 –, 37 000 gehen ins Innenministerium und 21 000 stehen für militärische Angelegenheiten zur Verfügung. Ich sage aber gleich dazu, man kennt diesen Trick, sage ich einmal, mit den Planstellen. Eine Planstelle kostet einmal – das wird Kollegen Loacker, er ist jetzt zwar nicht hier, besonders freuen – nichts, solange man sie nicht besetzt. Eine Planstelle gibt es auf dem Papier, man kann sie besetzen. Sie muss einmal ausgeschrieben werden, sie muss einmal besetzt werden, da vergeht Zeit. Siehe da, die Frau Bundesministerin für Justiz hat es nicht geschafft, die freien Justizwachebedienstetenplanstellen zu besetzen (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen), und somit haben wir in diesem Budget auch keine dazubekommen. Wir müssen uns also davon verabschieden: Es ist kein gutes Budget.

Herr Präsident, ich habe den Wink verstanden, beende meine Rede und wünsche weiterhin alles Gute. (Beifall bei der FPÖ.)

15.00



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Besten Dank für die Punktlandung.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über UG 01 bis 06, 10 und 17 zur Durchführung einer kurzen Debatte.

15.00.21Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Ing. Norbert Hofer: Diese kurze Debatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Klubobfrau Dr.in Rendi-Wagner, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 2896/A eine Frist bis 12. Dezember 2022 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung 10 Minuten Redezeit zukommen. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Abgeordneter Leichtfried. Ich erteile es ihm hiermit. – Bitte, Herr Abgeordneter.


15.01.12

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Nach all diesem fast peinlichen Selbstlob der Regierungsfraktionen über die Verhältnisse des Budgets wird es Zeit, zu den Fakten zu kommen. Die Fakten sind eigentlich bestürzend. (Ruf: Falscher Redner! – Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)


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Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es notwendig war, dass ein Bundes­präsident eine Regierung zur Ordnung hat rufen müssen. Das war lange nicht der Fall. Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, dass eine Regierung unter 30 Prozent, wahrscheinlich nur mehr 27 Prozent Vertrauen genießt. (Abg. Michael Hammer: ... Faymann!) Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass eine Partei einer Regierung so massiv in einem Korruptionssumpf versunken ist, wie das mit der ÖVP der Fall ist. Ja, dieses Sittenbild, das Sie hier abgeben, ist ein desaströses! (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr Anspruch, zu sagen und zu meinen und zu glauben, die politischen Grenzen sind das Strafrecht und nicht der Anstand, das ist ein Skandal, das sage ich Ihnen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Um was geht es da jetzt überhaupt?) Es ist auch ein Skandal und auch nicht hin­nehmbar, dass die Partei, die sagt, der Anstand hat sie gewählt, dem Ganzen sang- und klanglos zustimmt, das alles sang- und klanglos hinnimmt.

Wissen Sie, was ich Ihnen sage – und das denke nicht nur ich, das denken inzwischen mehr als 70 Prozent der Menschen in Österreich –: Diese Regierung ist am Ende, und es wird Zeit, dass Sie gehen, es kann gar nicht schnell genug gehen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Mir sagen sie, dass du es bist!)

Diesen Eindruck habe nicht nur ich, den haben viele Menschen. Sie alle gemeinsam, wir alle, haben eine E-Mail von einer Bürgerin bekommen, und für den Fall, dass Sie solche E-Mails nicht lesen, dass Sie wahrscheinlich schon länger überhaupt keine E-Mails mehr lesen (Heiterkeit des Abg. Zarits), weil immer nur drinnen steht, dass Sie gehen sollen, lese ich sie Ihnen vor:

„Sehr geehrte Damen und Herren aller Fraktionen! Es ist eine richtige Schande. Anstelle sich mit den wichtigen Angelegenheiten unseres Landes zu beschäftigen haben“ Sie „nichts anderes zu tun als sich mit der Vergangenheit zu beschäf­tigen“ – ja, müssen wir wohl – und „an der Macht“ kleben „zu bleiben“.


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Ich überspringe etwas. „Fazit: Mehr Beschäftigung mit der schlimmen Gegen­wart - Strompreis, Gaspreis, Teuerung u. v.“ – und vielem – „mehr“ wäre besser. „Tut endlich was für UNS, nicht für EUCH!“

Ich frage Sie: Was antworten Sie dieser Frau, die das geschrieben hat – wenn Sie sich noch zu antworten trauen? (Abg. Stocker: Wo waren Sie heute Vormittag?) Oder was antworten Sie der Frau, die ich das letzte Mal zitiert habe, einer jungen Frau, die in Wiener Neustadt wohnt, Herr Stocker, die in Wien arbeitet, die 600 Euro Miete zahlt, die jetzt 600 Euro für den Strom aufbringen muss und 1 200 Euro verdient? Was antworten Sie dieser Frau? (Abg. Stocker: Wo waren Sie heute Vormittag?) Sie haben auf beide Fragen keine Antworten, und deshalb wird es Zeit, dass Sie gehen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die einzige Motivation, die Sie hier noch auf Ihren Sitzen hält, die Sie an Ihren Sitzen picken lässt, ist die, dass Sie Ihren Freunderln und Gönnern anscheinend noch mehr zukommen lassen wollen.

Wie war es bei der Cofag? Die Frau Rechnungshofpräsidentin war gerade da: an die 100 Millionen Euro Überförderung. Das haben Sie zu verantworten, das haben Sie auch durch diese Intransparenz zu verantworten (Zwischenrufe bei der ÖVP), dass Sie als Abgeordnete es verhindert haben, dass das Parlament da hineinschauen kann. Das war auch Ihre Verantwortung! (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unglaublich!)

Wenn man dann die konkreten Zahlen anschaut, sieht man: Herr Benko hat 10,2 Millionen Euro Cofag-Förderung von Ihnen bekommen – 10,2 Millionen! – und schüttet gleichzeitig 100 Millionen Euro Dividenden aus. Ja was sind denn das für Zustände, wie kann man da noch sitzen und das verantworten, frage ich Sie? Da gibt es genug Beispiele, bei denen Sie immer nur für Ihre Gönner da waren (Abg. Michael Hammer: Wie viel hat der Herr Androsch bekommen?), und das ist leider komplett die falsche Politik. (Beifall bei der SPÖ.)


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Während Sie mit beiden Händen das Geld für Ihre Gönner zum Fenster hinausschmeißen, frieren die Menschen in kalten Wohnungen, weil sie sich nicht zu heizen trauen, weil sie Angst vor der Gasrechnung haben. Während das ausbezahlt wird, hungern die Menschen, weil sie sich nichts mehr zum Essen zu kaufen trauen, weil es sich dann vielleicht am Monatsende nicht ausgeht. Während Sie das Geld so zum Fenster hinausschmeißen, können Menschen ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen.

Sie haben Steuergeld ohne Maß und Ziel ausgegeben: 9 Milliarden Euro, die verpufft sind, 9 Milliarden Euro, die nichts bewirkt haben; aber 9 Milliarden Euro, die die Schulden der Zukunft sind und die die Menschen in Zukunft zurückzahlen müssen; 9 Milliarden Euro, ohne dass irgendetwas billiger geworden ist! Das muss man einmal zusammenbringen, es ist gar nicht so einfach, so etwas zu tun!

Dann noch die CO2-Steuer einzuführen war überhaupt das Beste, was Ihnen je eingefallen ist – eine Abgabe ohne jede Lenkungswirkung –, und gleichzeitig die Körperschaftsteuer herunterzusetzen: Das ist Politik à la Türkis-Grün, und das ist Politik, die die Menschen in diesem Land nicht mehr wollen!

Das leben Sie leider in diesem Budget vor, das ist genau das, was man aus diesem Budget herauslesen kann, und das ist es auch, wo man herauslesen kann, dass Sie in diesem Budget zwei riesige Fehler machen – vielleicht sind es mehr Fehler, aber das sind meines Erachtens die zwei größten –: Sie sorgen nicht vor für das, was vor uns liegt. Sie sorgen nicht vor für das, was in Deutschland geschieht. Sie kümmern sich nicht um unsere Industrie, Sie kümmern sich nicht um unsere Gewerbe, Sie kümmern sich nicht um die Menschen, die von der Energie abhängig sind; denn wenn Sie das täten, hätten Sie sich schon länger darauf vorbereitet, etwas zu unternehmen, wenn die Deutschen die Gaspreis­bremse einführen! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Fakt wird sein, dass bei uns das Gas viermal so teuer ist wie in Deutschland, viermal so teuer! Was glauben Sie, wie unsere Industrie wettbewerbsfähig bleibt,


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was glauben Sie, wie das funktioniert? Was glauben Sie, wie die Menschen sich das Leben leisten können?

Es wird nicht so sein. Ihre Politik ruiniert leider das Land und die Menschen in diesem Land. Der Verzicht auf den Gaspreisdeckel, Widerstand gegen Markteingriffe, die Sie jetzt seit Monaten vor sich hertragen, waren die schwers­ten Fehler, die Sie aber jetzt für die Zukunft auch zu verantworten haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Wie kann man – diese Frage stelle ich Ihnen auch –, wenn sogar die Europäische Union einmal für eine Steuer ist – und das erleben wir nicht oft, nämlich für die Übergewinnsteuer –, so borniert sein, diese Steuer nicht einführen zu wollen, wo das doch zu sehr, sehr vielen Lösungen führen würde? (Abg. Stocker: Wer sagt das?!)

Unternehmen kassieren jetzt Milliarden, die ihnen eigentlich nicht zustehen, und alles, was Ihnen dazu einfällt, ist ein Achselzucken. Das ist nicht Politik, das ist Lethargie! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es wird nichts mehr (Abg. Hanger: Das glaube ich auch, die Rede wird nichts mehr!), es wird nichts mehr mit euch, um das einmal zu sagen. Machen Sie den Platz frei, lassen Sie die Menschen in Österreich, die wieder mehr Anstand in der Politik haben wollen, wählen! Herr Hammer in der ersten Reihe kichert beim Wort Anstand. (Abg. Michael Hammer: Weil die Rede so lächerlich ist!) – Ja, ich verstehe es, dass er da kichert. Das ist so typisch (Abg. Michael Hammer: Wenn es aus Ihrem Mund kommt, schon!), ich gratuliere Ihnen dazu. Wissen Sie, es gäbe so viel zu tun, es gibt auch im Antikorruptionsbereich so viel zu tun, auch da werdet ihr nichts mehr weiterbringen! (Ruf bei der ÖVP: Ja, schauen wir bei der Wien Energie einmal!)

Ich möchte den Grünen ein Angebot machen: Beenden Sie diese Regierung! Wir können versprechen: In der Zeit des freien Spiels der Kräfte werden alle anderen mit Ihnen gemeinsam viel mehr im Bereich Korruptionsbekämpfung zustande


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bringen, als Sie das mit dieser ÖVP je werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Na ihr ganz sicher! Ihr wolltet ja schon das Parteiengesetz ver­hindern! Sehr unglaubwürdig! – Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

15.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stocker. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Was war das jetzt überhaupt für ein Thema?)

Ich darf darauf aufmerksam machen: Es gibt nur mehr 5 Minuten Redezeit für jeden Redner. – Bitte sehr.


15.10.20

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Saal und jene, die die Sitzung von zu Hause aus verfolgen! Man könnte meinen, täglich grüßt das Murmeltier. In diesem Fall: Täglich grüßt Kollege Leichtfried.

Seien Sie mir nicht böse! Wenn Sie sagen, „es wird nichts mehr“, dann sage ich Ihnen eines: Es wird sicher nichts mehr mit dieser Neuwahlplatte, die Sie bei jeder unpassenden Gelegenheit auflegen. Gerade heute ist ein besonders unpassender Tag für diese Neuwahlplatte. (Beifall bei der ÖVP.)

Wann wird in der Regel vorzeitig gewählt und eine Gesetzgebungsperiode vor­zeitig beendet? (Abg. Leichtfried: Wenn die ÖVP ...! – Zwischenruf des Abg. Stöger.) – Wenn sich die Partner in der Regierung nicht mehr verstehen bezie­hungsweise keine Basis für eine weitere Arbeit finden.

Eines ist sicher kein Grund für Neuwahlen: wenn Sie jede Woche auf Umfragen schielen, bei denen Sie nur die Sonntagsfrage lesen und sich darüber freuen, welche Koalitionen sich Ihrer Meinung nach für Sie ausgehen, aber vergessen, dass Sie auch die Vertrauensfrage für die Opposition lesen sollten. Wenn Sie die lesen würden, dann würden Sie sich wahrscheinlich nicht hierherstellen und das sagen, was Sie gesagt haben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Der Vertrauensverlust in Ihre Politik ist einer, den Sie sich zu Herzen nehmen sollten. (Abg. Rendi-Wagner: Sie sind in der Regierung und reden so? Das ist unfassbar!) Vielleicht sollten Sie ein wenig darüber nachdenken, wofür Sie Politik machen: für Schlagzeilen oder für die Menschen?

Wenn ich mir die Debatten heute anhöre und Sie frage, was alles für die Menschen, die Sie hier angeführt haben, geschehen ist, dann frage ich mich: Wo waren Sie eigentlich am Vormittag? Haben Sie gar nichts verstanden oder gehört, was hier debattiert wurde? (Abg. Rendi-Wagner: Das ist eine Verteidi­gungsrede, oder? – Zwischenruf des Abg. Stöger. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Dieses Budget bringt Hilfe für die Menschen und für die Wirtschaft. Dieses Budget bringt Geld für die Sicherheit im Land nach außen und nach innen, und es fördert den Transformationsprozess im Klimaschutz­bereich.

Das sind die Fragen, die die Menschen bewegen. Es gibt auch Antworten auf Teuerung und Krise, aber das blenden Sie in Ihrem Redebeitrag einfach aus und verlangen Neuwahlen, weil Sie sich davon etwas erhoffen, was Ihnen nicht zusteht.

Ich habe Ihnen das schon einmal gesagt: Dagegen zu sein reicht für die Oppo­sition, aber es reicht nicht für die Regierung. Deshalb ist es gut, wenn Sie in Opposition bleiben und die Koalition diese Regierung fortsetzt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Sie haben recht, Herr Kollege: Es reicht!)

Ja, es reicht, da haben Sie auch recht. Vor allem reicht es, wie leichtfertig Sie hier mit den Wirtschaftshilfen umgehen. Hier wird der Rechnungshof bemüht. Natürlich wird man sich eine Überförderung ansehen müssen, aber vergessen Sie eines nicht: Diese Überförderung war ein niedriger einstelliger Prozent­bereich von der Gesamtförderung. (Abg. Greiner: Über 100 Millionen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Es sollte schnell gehen, und es sollte unbürokratisch gehen. Das Geld sollte ankommen. Das alles ist passiert, auch wenn es Ihnen nicht passt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Ach so! Unbürokratisch!)

Eines, Herr Kollege Leichtfried, sage ich Ihnen jetzt auch zur Cofag. (Abg. Matznetter: Warum ...? Es ist doch peinlich!) – Herr Kollege Matznetter, Sie kön­nen auch zuhören. – Vielleicht fragen Sie Ihren Kollegen Lercher, wie das bei Leykam und mit der Förderung in der Cofag ist. Wenn er glaubt, dass es zu viel war, kann er es ja zurückzahlen. Es steht ja jedem frei. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Zum Abschluss darf ich Ihnen eines sagen: Wann immer diese Wahlen statt­fin­den werden – plangemäß 2024 (Abg. Matznetter: ... Kickl vorne ist?) –: Wir werden alles dafür tun und wollen den Menschen schon sagen und sie dafür gewinnen, dass wir dieses Land, diese Republik Österreich, weder linken Träumern noch rechten Hetzern überlassen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

15.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hosek. – Bitte sehr. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)


15.14.54

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher! Zum Ersten ist es unsere Pflicht, sehr geehrter Herr Kollege Stocker, immer wieder darauf aufmerksam zu machen, dass diese Bundesregierung am Ende ist – das einmal vorweggesagt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden es immer wieder tun. Wir werden immer wieder Anträge stellen, damit Sie sich in der Opposition erholen können – am besten für zwei Perioden und nicht nur für eine. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stocker: So richtig erholt haben Sie sich nicht! – Abg. Michael Hammer – erheitert –: Na wenn man nachher so erholt ausschaut wie Sie! – Ruf bei der ÖVP: Erholt schauen Sie nicht aus!)


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Herr Kollege Hammer, schreien Sie jetzt wieder nur herein, wenn Frauen reden, oder schreien Sie bei anderen auch herein? (Ruf bei der ÖVP: Geh bitte! – Abg. Michael Hammer: Beim Leichtfried auch!) – Ich werde auf Sie aufpassen. Ich werde aufpassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, dass es wichtig ist, heute auch darüber zu reden, was die Auswirkungen sind, wenn Sie, die ÖVP und die Grünen, weiter an der Regierung sind.

Eine der Auswirkungen sind unzählige Telefonate von Frauen – Herr Volks­anwalt Achitz hat auch schon darauf aufmerksam gemacht –: Die Debatte wird ja dann weitergeführt, wenn Frauen das Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen müssen, wenn sie es um einen Tag verabsäumt haben, den Nachweis über die Mutter-Kind-Pass-Untersuchung einzureichen.

Apropos Mutter-Kind-Pass: Ja wo sind denn jetzt die Verhandlungen des Herrn Gesundheitsministers mit der Ärztekammer, damit der Mutter-Kind-Pass oder Eltern-Kind-Pass nicht nur weiterentwickelt, sondern abgesichert wird? Wenn man 18 Euro für eine Untersuchung bekommt, habe ich schon Verständnis dafür, dass man diese Sache sehr ernst nimmt. Sie wollen diesen Mutter-Kind-Pass bis zum 18. Lebensjahr von Jugendlichen ausweiten, und nicht einmal die Ver­handlungen darüber, dass Rückzahlungen von 1 300 Euro erfolgen müssen, wenn man den Nachweis über diese Untersuchung um einen Tag verpasst, haben Sie zustande gebracht.

Ein Zweites, was passieren könnte, wenn Sie weiterregieren, ist die Tatsache, dass man annimmt, dass man ohnehin gut für Kinder sorgen kann, wenn sich Erwachsene streiten und trennen. Es ist wirklich ein Damoklesschwert, das über dem Gesetzentwurf der grünen Frau Justizministerin bei strittigen Scheidungen hängt.

Liebe Grüne, bitte sagen Sie einmal etwas dagegen, wenn ich nicht recht hätte! (Abg. Disoski: Sie haben nicht recht! – Abg. Prammer: Sie haben nicht recht!)


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Werden sich Eltern nach einer Trennung einigen, wenn sie auf dem Rücken der Kinder streiten? – Nein, und das wird nämlich passieren, wenn Sie weiter­regieren. Ich glaube, auf diese Beispiele muss man aufmerksam machen. Es ist ganz wichtig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Disoski: Eine Unwahrheit nach der anderen!)

Es ist auch so, sehr geehrte Damen und Herren, dass sich die Frauenlandes­rät:innen heute auf ein 15-Punkte-Programm über Dinge geeinigt haben, die nicht passieren, die ihr nicht durchzusetzen in der Lage seid: eine Kampagne für mehr Väterkarenz – nichts ist passiert –, auch Unternehmungen, die Frauen und Männer für eine bessere Vereinbarkeit qualifizieren – nichts ist passiert –, der gemeinsame Kampf gegen Gewalt.

Jetzt könnt ihr noch 500 Mal sagen, das Budget ist erhöht. Es ist dadurch kein Frauenmord weniger passiert. Die Frauenministerin schläft ja in der Pendeluhr und macht nichts dagegen. (Abg. Matznetter: Wir haben auch Frauenminis­terinnen!) Außerdem müsste man schon in den Schulen mit Antigewaltkam­pag­nen beginnen.

Diese Regierung, die drei Viertel der Bevölkerung nicht mehr hinter sich hat, soll weiter werken? – Das werden wir zumindest zu verhindern versuchen, indem wir jeden Monat, in dem wir zusammenkommen, einen Antrag stellen, dass Neu­wahlen notwendig sind (Abg. Michael Hammer: Das ist ja sehr arm!), weil es schlecht für das Budget und schlecht für die Menschen ist, Herr Kollege Hammer, wenn Sie weiterregieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihre Planlosigkeit, Ihre Hilflosigkeit und die Sinnlosigkeit, zum Beispiel die Überförderungen als Kleinigkeit darzustellen, Herr Kollege Stocker, worüber vorhin die Aufregung war: Schämen Sie sich bitte! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch keine Kleinigkeit, wenn der Herr Präsident mit dem Achterl auf der Terrasse herumgeht und – diesen Vorwurf müssen Sie sich jetzt gefallen lassen – um 36 000 Euro im Jahr einen Flügel anmietet, damit man das Parlament


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prestigeträchtig darstellt, während es den Leuten in Wahrheit immer schlechter geht und drei Viertel Ihnen nicht mehr vertrauen. (Abg. Michael Hammer: Sagt die Kunstsprecherin! – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Also machen Sie bitte den Weg frei! Machen Sie Platz! Gehen Sie in die Oppo­sition und regenerieren Sie sich dort! (Beifall bei der SPÖ.)

15.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schnedlitz. – Bitte.


15.19.36

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Um Ihre Untätigkeit und, ja, Ihre Feigheit zu verbergen (Abg. Taschner: Na? Feigheit?), versuchen Sie als Bundesregierung die ganze Zeit, den Menschen einzureden, die Politik sei in vielen Bereichen machtlos: machtlos gegen die Preisexplosion, machtlos gegen die Asylflut. Ich sage Ihnen: Die Politik kann etwas verändern, vorausgesetzt, wir haben den Mut, die Entschlossenheit und auch den Willen dazu. Das Problem ist nicht, dass die Politik machtlos ist, sondern das Problem ist, dass Sie in dieser Bundesregierung hilflos sind, weil Ihnen dieser Mut, diese Entschlossenheit und dieser Wille fehlen, etwas im Sinne der Menschen zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Österreicherinnen und Österreicher haben es satt, zu hören, was alles nicht geht, und die Österreicher haben die Nase voll von Korruption, von Preis­explo­sion und von Asylmissbrauch.

Das Problem ist: Sie sind in dieser Bundesregierung in Ihrer Problemlösungs­kompetenz und zusätzlich moralisch gescheitert, ja, Sie sind moralisch bankrott. Dass Sie sich trotzdem weiter an Ihre Posten und an Ihre Ämter klammern, ist nichts anderes als eine politische Konkursverschleppung. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, die Republik dadurch mit in den Abgrund zu reißen. Genau deshalb ist es so wichtig, dass man Ihnen endlich das Handwerk legt und dieser


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Regierung durch Neuwahlen endlich den Stecker zieht, bevor der Scherben­haufen noch größer wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen haben etwas Besseres verdient als eine Linksregierung, beste­hend aus ÖVP und Grünen mit rotem und rosarotem Beiwagerl (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ – Beifall der Abg. Blimlinger), die unser Land mit Illegalen flutet und diskutiert, ob es für Zuwanderer mehr Zimmer oder mehr Zelte braucht. Ich sage Ihnen: Was es wirklich braucht, sind Zäune statt Zelten, sehr geehrte Damen und Herren, sodass nicht noch mehr in unser Land strömen, die unseren Sozialstaat und unsere Sicherheit gefährden. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Menschen haben etwas Besseres verdient als eine Protzregierung, die mit dem Privatjet durch die Weltgeschichte tingelt, während sich viele in der Bevölkerung den Sprit für das Auto nicht mehr leisten können. Ja, sie haben etwas Besseres verdient als einen Protzpräsidenten, der sich mit Steuergeld ein vergoldetes Klavier ins Parlament stellt, während sich viele Energiekosten und Mieten nicht mehr leisten können. (Abg. Zarits: Ist das die Abschiedsrede als Generalsekretär?)

Sehr geehrte Damen und Herren, sehen Sie es ein: Das Spiel ist vorbei! Sie können nicht ewig vor dem Wähler davonlaufen. Bei der Präsidentschaftswahl haben Sie sich ja nicht einmal mehr zu kandidieren getraut, aber irgendwann schlägt sie, die Stunde null. Fragen Sie Ihre Kollegen aus Niederösterreich! Auch dort haben sie die Wahl nicht länger hinausschieben können (Abg. Scherak: Weil das der reguläre Wahltermin ist!), und auch dort können sie vor dem Wähler nicht länger davonlaufen. In Niederösterreich wird im Jänner mit einer Ballkleidmen­talität, mit den hohen Stromkosten der EVN und einer Politik, bei der eine Landeshauptfrau Ungeimpfte als „Belastung“ beschimpft, abgerechnet. Kurz gesagt: Dort werden die Wähler bereits im Jänner ihr Land aus dem Würgegriff der Österreichischen Volkspartei befreien, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)


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Ermöglichen Sie diesen Schritt endlich auch auf Bundesebene! Sie können es nicht, Sie wollen es nicht, Sie sind gescheitert – Game over, könnte man sagen. Ermöglichen Sie endlich Neuwahlen, und gehen Sie mit einem Funken Rest­würde! Weder Sie als Österreichische Volkspartei noch Sie als Grüne haben etwas davon, wenn Sie Österreich bei Ihrem Untergang mit in den Abgrund reißen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Prammer. – Bitte sehr.


15.23.59

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben eine Legislaturperiode, die fünf Jahre dauert, und sie dauert deshalb fünf Jahre, weil dieses Hohe Haus es so festgelegt hat. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Dass es in den letzten Perioden so oft nicht dazu gekommen ist, dass diese gesamte Zeit ausgeschöpft wurde, ist das eigent­liche Problem. (Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Sie schreiben – und ich zitiere aus Ihrem Antrag –: „Die österreichische Bevöl­ke­rung hat trotz aller widrigen Umstände ein Recht auf eine handlungsfähige, engagierte und aktive Bundesregierung, die die wirtschaftlichen Fehlentwick­lungen sowie Korruption durch Amtsträger offensiv und nachhaltig bekämpft und für die Österreicherinnen und Österreicher sowie die österreichische Wirtschaft eine stabile und taugliche Basis für deren soziale und wirtschaftliche Existenz schafft.“ – Danke schön: Das ist der Grund, warum wir jetzt nicht wählen sollten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischen­ruf des Abg. Leichtfried.)

Ich sage Ihnen jetzt einmal, was alles in der letzten Zeit passiert ist – es ist eine Wiederholung von vielem, das immer wieder fällt, aber anscheinend muss man vieles immer wieder wiederholen, damit es endlich einmal sickert (Zwischenrufe


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der Abgeordneten Erasim und Schroll) –: Wir haben das Parteiengesetz neu gemacht. Die Frau Rechnungshofpräsidentin hat uns hier vor nicht einmal 20 Minuten erklärt, wie dankbar und wie froh sie ist, dass es jetzt endlich ein originäres Prüfrecht für den Rechnungshof gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben die Dreitagesberichtspflicht der Staatsanwaltschaften abgeschafft. (Zwischenruf des Abg. Laimer.) Im wirtschaftlichen Bereich: Wir haben die kalte Progression abgeschafft. Wir haben die Valorisierung der Sozialhilfen durch­gesetzt. Wir haben eine Klimatransformation bei der Energie in die Wege geleitet. Wir haben die Pflegereform durchgesetzt – oftmals versprochen, end­lich gemacht. Wir haben so große Mittel wie noch nie in den Gewaltschutz gesteckt und dort auch sinnvolle Projekte unterstützt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Last, but not least: Wir sind sowohl bei der Abschaffung des Amtsgeheimnisses als auch bei einer unabhängigen Weisungsspitze für die Staatsanwaltschaften so weit, wie Sie alle noch niemals gewesen sind.

Jetzt frage ich mich schon: Was ist Ihr Problem? Genau das, was Sie verlangen, wird gemacht. Wir machen ein Projekt nach dem anderen, wir setzen um, wir sind handlungsfähig, wir arbeiten, wir arbeiten für Österreich, für die österreichi­sche Bevölkerung, und machen ein gutes Projekt nach dem anderen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ja, wir haben schwierige, herausfordernde Zeiten, und ja, es gibt sehr, sehr schwierige Entscheidungen zu treffen, und ja, jede Entscheidung, die wir treffen, könnte man auch etwas anders treffen. Anders ist aber weder besser noch schlechter, sondern einfach nur anders.

Eines muss man schon ganz ehrlich sagen: Nur weil Sie gewisse Vorschläge immer wieder machen, werden sie dadurch weder besser noch schlechter, sie bleiben einfach nur anders, und um andere Ideen, andere Vorschläge umzu-


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setzen, gibt es andere Regierungsperioden. In dieser machen wir diese Regelun­gen so, wie sie für Österreich gut sind, wie sie für die Bevölkerung gut sind und wie sie auch für die österreichische Wirtschaft gut sind, um durch diese mul­tiplen Krisen zu kommen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte sehr.


15.27.55

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Frau Kollegin Prammer hat es richtig angesprochen: Eine Legis­laturperiode dauert fünf Jahre und sollte dazu genutzt werden, dass man fünf Jahre lang intensiv arbeitet. Ich stimme Ihnen zu.

Man kann ein bisschen differenzierter argumentieren als Kollege Schnedlitz vorhin. Ich finde, man kann auch ein wenig weniger populistisch argumentieren, als Kollege Leichtfried das macht. Was man in dieser Budgetdebatte aber schon sieht und gesehen hat, ist, dass es der bessere Weg wäre, in Neuwahlen zu gehen.

Zwar bin ich grundsätzlich überzeugt davon, dass man fünf Jahre nutzen sollte. Das war ja auch die Idee bei der Verlängerung von vier Jahren auf fünf Jahre: dass man nachhaltige Reformen angeht. Genau da sehe ich aber das Problem bei dieser Bundesregierung.

Womit Sie konfrontiert sind, ist – und daran sind nicht in erster Linie Sie schuld, sondern das sind externe Faktoren: das ist ein Krieg in Europa, das ist davor Corona gewesen –, dass Sie Symptome bekämpfen müssen. Sie sind ein bisschen wie der Arzt, der immer wieder versucht, ein weiteres Pflaster irgendwo draufzukleben.

Das merkt man jedes Mal, wenn man entweder in den Parlamentsdebatten oder auch in den Medien verfolgt, welches neue Paket Sie wieder schnüren. Es gibt


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immer irgendein neues Paket. Jetzt ist das Paket für die Gemeinden da, es war das Paket da, um die Energiepreise zu unterstützen, und, und, und.

Also es wird ganz, ganz viel Geld ausgeschüttet, und das in der Regel – und das ist ja aus unserer Sicht das größte Problem – mit der Gießkanne. Wenn man das macht, muss man sich halt überlegen, woher man das Geld dafür hat. Selbst wenn man der Meinung ist, dass es gescheit ist, mit der Gießkanne ein Paket nach dem anderen zu finanzieren, muss man das Geld irgendwo finden. Das überlegen Sie nicht, und das haben wir in der Budgetdebatte auch schon gehört. Sie überlegen keine Sekunde, wie Sie eine Gegenfinanzierung zustande bringen. Das bedeutet, dass alles, was Sie tun, auf Kosten der nächsten Generationen gehen wird. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Prammer.)

Jetzt ist das bei der ÖVP so sicher wie das Amen im Gebet. Die ÖVP sitzt seit 36 Jahren in der Regierung und hat es noch jedes Jahr geschafft, neue Schulden zu machen. Man kann auch sagen: Okay, das ist der Normalzustand, das ist einfach so! – Das Problem ist aber: Die Situation ist eine andere. Die Situation ist aufgrund der Krisen, die wir haben, eine andere, und das bedeutet, dass Sie noch mehr Geld ausgeben und man sich umso mehr Gedanken machen müsste, wie man in diesem Land strukturell etwas verändert, um irgendwann einmal diesen Schuldenberg wieder abzubauen.

Strukturell tun Sie sehr wenig. Zugegeben, Sie haben die kalte Progression zu zwei Dritteln abgeschafft – nicht komplett, das haben wir ja schon öfter diskutiert –, aber das ist etwas, was viele, viele Regierungen nicht zustande gebracht haben. Überlegen Sie sich aber darüber hinaus, ob man die Krise nicht auch als Chance wahrnehmen könnte, um längst notwendige Reformen anzu­gehen? Es ist ja nicht nur, dass ich sie als Chance begreifen will, sondern wir müssen sie auch irgendwann einmal als Chance begreifen. – Das tun Sie ganz einfach nicht! Sie gehen grundlegende Strukturreformen nicht an. Sie denken weder darüber nach, wie man den Föderalismus neu aufstellen kann, noch, wie man den Förderalismus neu aufstellen kann, und so weiter und so fort. Das ist das Problem, und das ist der Grund, wieso Neuwahlen besser sind, als dass Sie


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weiter in diesem Zusammenhang nichts tun. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Ich frage mich dabei immer, was denn noch kommen soll. Wir hatten die Dis­kussion schon beim Korruptionsstrafrecht. Ich habe die ÖVP damals gefragt, was denn für ein Skandal noch notwendig ist, damit man jetzt endlich sagt: Na ja, also jetzt machen wir wirklich einmal etwas! – Genau das Gleiche ist hier: Wir haben die größten Krisen knapp hintereinander – wir haben zuerst Corona, eine unfassbare Herausforderung für den Staat, für das Gemeinwesen; jetzt haben wir zum ersten Mal seit 1945 wieder Krieg auf dem europäischen Kontinent. Das heißt, es werden unfassbare Geldsummen gebraucht, und Sie denken weiterhin nicht darüber nach. Wir haben am Vormittag in der Generaldebatte schon gehört: Der Zuschuss zu den Pensionen ist dieses Jahr bei 22 Milliarden Euro und wird in vier Jahren bei 32,8 Milliarden Euro sein. Es gibt keine Antwort von Ihren beiden Parteien, wie Sie darauf reagieren wollen.

Aufgrund der Änderung bei den Zinsen steigt die Zinslast von 4 auf 8 Milliarden Euro, und es gibt nicht einmal eine Diskussion darüber, wie man dem ent­sprechend entgegentreten kann. Das ist zukunftsvergessen, das ist nachhaltig zukunftsvergessen, und selbst bei den Themen, bei denen man in die Zukunft investieren könnte, bringen Sie auch keine nachhaltigen Antworten. Wir haben schon über Bildung geredet, wir haben über Elementarpädagogik geredet, wir haben darüber geredet, wieso nichts weitergeht.

Herr Präsident, ich wundere mich übrigens, dass meine Uhr hier nicht läuft, es könnte passieren, dass ich länger als 5 Minuten rede, weil sie immer noch 5 Minuten anzeigt. – Jetzt nicht mehr, vielen Dank. Ich werde mich selbstver­ständlich an die Redezeit halten.

Bei der Kinderbetreuung geht nichts weiter. Wir sind immer noch in der Situation, dass man in ganz, ganz vielen Gemeinden in Österreich um 12 Uhr die Kinder aus dem Kindergarten abholen muss. Das führt dazu, dass Frauen weiterhin nicht arbeiten gehen können, und das ist ein nachhaltiges Problem.


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Wenn wir über die Investitionen in den Universitäten diskutieren: Jetzt wissen wir, es wurde geschafft, den Unis 150 Millionen Euro zusätzlich zu geben. Das ändert aber nichts an der strukturellen Frage, wie man die Hochschulfinanzie­rung endlich ordentlich aufstellen kann, nämlich an der Frage, wie man Unis nachhaltig durchfinanzieren kann. Man kann einmal 150 Millionen Euro geben – das wird nichts bringen. Diese Debatte führen Sie nicht, genauso wenig bei Reformen im Wirtschaftsbereich, wie man endlich eine sinnvolle Bürokratie­bremse macht. All diese Fragen stellen Sie sich nicht. Deswegen, oder vielleicht sogar genau deswegen, bin ich – vor dem Hintergrund, dass wir eigentlich gesagt haben, lassen wir eine fünfjährige Legislaturperiode, um nachhaltige Reformen anzugehen – auch der Meinung, dass es Neuwahlen braucht, denn diese Regierung kann es schlichtweg nicht. (Beifall bei den NEOS.)

15.33 15.33.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr ge­mel­det. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsaus­schuss zur Berichterstattung über den Antrag 2896/A eine Frist bis zum 12. Dezember 2022 zu setzen.

Ich darf fragen, ob wir abstimmen können.

Dann darf ich die Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

15.34.13Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Verhandlungen über die UG 01 bis 06, 10 und 17 wieder aufnehmen.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kugler. – Bitte sehr.



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15.34.34

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen zu Hause! Jede Generation muss die Werte der Demokratie neu erkämpfen, neu verstehen und weiterentwickeln. Die Gedenktage, die wir im November in den letzten Tagen begangen haben, unterstreichen das noch einmal.

Genauso müssen wir den Rechtsstaat schützen, weiterentwickeln und immer und konsequent prüfen, und dabei spielt die Volksanwaltschaft eine wichtige Rolle. Deswegen findet sich auch die Volksanwaltschaft substanziell in unserem Budget wieder. Wir anerkennen in diesem Budget, dass sich die Kosten für vieles erhöht haben, deswegen gibt es auch eine strukturelle Berücksichtigung dieser Kostensteigerung und eine weitere Planstelle, weil das Beschwerdeaufkommen auch gestiegen ist.

Die Europäische Bürgerbeauftragte, European Ombudsperson, Emily O’Reilly vergleicht die Arbeit der Volksanwaltschaft mit einem Kanarienvogel aus der Geschichte der Kohlenminen, wo ein Vogel hineingeschickt wurde, um zu sehen, ob ausreichend Sauerstoff in dieser Mine ist und ob es für die Arbeiter sicher ist. Wenn der Vogel nicht zurückgekommen ist, wusste man, es fehlt an Sauerstoff.

Genau das ist jetzt die Aufgabe der Volksanwaltschaft im Sinne: Wie geht es unserer Demokratie? Wie ist der Luftzustand unserer Demokratie? Wird die Verwaltung den Menschen gerecht und legt die Verwaltung Rechenschaft ab?

Damit wird die Volksanwaltschaft ein Sensor dafür, was denn Gesetze für die Menschen bedeuten. Dafür ist, wie die Volksanwaltschaft auch immer unterstreicht, der einfache Zugang wichtig, der einfache, der kostenlose, der formlose Zugang. Aus dem, was die Volksanwaltschaft dabei wahrnimmt, leitet sie Missstände ab.


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Jetzt kann man sagen: Nicht alle Regierungen dieser Welt finden es gut, wenn sie auf ihre Missstände hingewiesen werden. Deshalb hat Österreich dabei auch eine Vorreiterrolle. Seit 2009 ist das Generalsekretariat des International Ombudsman Institute in Österreich. Dabei hat wieder Österreich in dieser speziellen Rolle die Möglichkeit, den Volksanwaltschaften in vielen Ländern bei genau dieser Arbeit des Schutzes und der Stärkung der Demokratie zu helfen.

Nicht nur das macht die Volksanwaltschaft in Österreich, sondern für mich als Menschenrechtssprecherin der Volkspartei ist auch die präventive Men­schenrechtskontrolle ganz wichtig. Allein im letzten Jahr gab es weit über 400 unangekündigte Besuche in Institutionen, in denen die persönliche Freiheit der Menschen eingeschränkt ist, um dort auch nach Missständen zu suchen und aus den Erfahrungen Empfehlungen für die Vertretungskörper abzuleiten.

Das heißt jetzt zum Beispiel für uns im Parlament, dass wir die Empfehlungen, die wir von der Volksanwaltschaft bekommen, egal in welchem Ausschuss, sehr ernst nehmen müssen. Vielleicht können wir uns da selber ein bisschen an der Nase nehmen und diese Empfehlungen noch ernster nehmen, nicht nur im Volksanwaltsausschuss, sondern auch darüber hinaus, dort, wo die Empfeh­lun­gen relevant sind, sie genauer anzusehen. Dafür ist die Volksanwaltschaft da, und damit stärkt die Volksanwaltschaft die Demokratie.

Wie ich eingangs gesagt habe: Jede Generation muss sich die Werte der Demokratie aufs Neue erkämpfen. Das ist eine große Aufgabe für uns alle. Die Volksanwaltschaft hilft uns dabei, dafür möchte ich Ihnen Danke sagen. Im Budget berücksichtigen wir Ihre wichtige Rolle. (Beifall bei der ÖVP.)

15.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.



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15.39.00

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Bundesminister! Frau Rechnungshofpräsidentin! Ein Thema, das in Zeiten wie diesen, aber auch heute schon in diversen Debatten besonders wichtig ist, ist natürlich das Thema Transparenz und Kontrolle. Wir haben das jetzt gerade auch ein Stück weit bei der Neuwahldebatte in der kurzen Debatte gehabt. Ich glaube, das ist ein Thema, das auch in den letzten Wochen umso wichtiger geworden ist. Das zeigt durchaus auch, wie wichtig es für uns in der Budgetdebatte ist, über die Mittel, die wir dem Rechnungshof zur Verfügung stellen, zu diskutieren und das auch hervorzuheben.

Insbesondere der Rechnungshof leistet immer wieder einen beachtlichen Bei­trag, sei es jetzt in Zukunft auch über Parteifinanzen, die geprüft werden können, aber auch insbesondere beim Thema Cofag, wo wir sagen müssen, dass durch den Rechnungshofbericht natürlich ganz viele Dinge an die Oberfläche gekommen sind, die sonst wahrscheinlich untergegangen wären. Sie wären unter­gegangen, weil es eine Partei in diesem Hohen Haus gibt, der das einfach wurscht ist. Das ist die ÖVP, das muss man leider sagen. Transparenz und Kon­trolle und ÖVP passen einfach nicht zusammen. (Beifall bei den NEOS.)

Es gibt noch einen zweiten Grund, an dem man auch sieht, dass die ÖVP und der Rechnungshof nicht zusammenpassen, jetzt gar nicht personell, sondern inhalt­lich, nämlich wenn wir uns anschauen, wie die ÖVP in den letzten 36 Jahren Politik gemacht hat: Schulden, Schulden und noch einmal Schulden, und auch jetzt in diesen Zeiten, in Zeiten der Krisen, wird nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit investiert und einfach mit weiteren Schulden alles zuge­stopft.

Was macht der Rechnungshof dagegen?  Er zeigt, welch wichtiges Instrument er für dieses Hohe Haus ist. Der Rechnungshof setzt seinen Prüfschwerpunkt für die nächsten Jahre Sie, Frau Präsidentin, haben das ja vorhin schon ange­sprochen  unter das Thema „Next Generation Austria  Überlassen wir der


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nächsten Generation mehr als Schulden? Zur zukünftigen Rolle des Staates für die nächste Generation.“

Das ist, glaube ich, ein wichtiger Prüfschwerpunkt, weil er ja genau das betrifft, was wir sehen: was insbesondere die ÖVP hier in den letzten Monaten aufgeführt hat und auch weiter aufführt. Es zeigt uns aber auch, wie wichtig es sein wird, die ÖVP auch weiter unter Druck zu setzen, wenn nichts wei­tergeht. Da muss man aber auch dazusagen: Die Grünen, die sich jetzt vielleicht zurücklehnen und denken: Juhu, alles bleibt bei der ÖVP!, spielen da ja mit. Die Grünen spielen ja mit, wenn es um Verschuldung geht, und sie investie­ren auch nicht in die Zukunft.

Wenn wir uns anschauen, dass im aktuellen Budget 4 von 5 Euro in die Vergangenheit, in alte Projekte investiert werden, und nur jeder fünfte Euro in Zukunftsprojekte  in die Bildung, in die Hochschulen, in die Forschung und Entwicklung  investiert wird, dann ist das einfach viel zu wenig und man sieht, dass diese Regierung zukunftsvergessen ist.

Darüber hinaus muss man ja auch eine Rolle des Rechnungshofes hervorheben, die heute noch gar nicht beleuchtet wurde, die aber besonders wichtig ist und die gerade auch dann wichtig ist, wenn wir den Herrn hinter mir anschauen: Das ist der Neubau beziehungsweise die Renovierung des österreichischen Parlaments.

Die Rechnungshofpräsidentin begleitet diesen Umbau, diese Sanierung mit ihrem Team ja sehr intensiv. Ich glaube auch, dass der Rechnungshof in Zukunft da genauer hinschauen müssen wird. Wenn man sich anschaut, dass Präsident Sobotka da Brot und Spiele beziehungsweise Prunk und Spiele veranstaltet, sich einen Flügel um 36 000 Euro im Jahr gönnt, wenn man sich anschaut, wie er irgendwo vor einem Geländer mit einem Weinglas posiert und so weiter, dann sieht man, dass das nicht ein modernes Parlament ist, wie man sich das vorstellt, dass das nicht ein aktives Parlament ist, wie man sich das vorstellt, sondern dann


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ist es nur eine Sache: eine Prunk- und Protzaktion und der letzte Ausweg, den die ÖVP aus ihrem Dilemma der letzten Regierungen hat.

Dementsprechend müssen wir da weiter dranbleiben, insbesondere der Rech­nungs­hof, der diese Dinge noch weiter aufdecken muss und wird. Ich danke Ihnen, Frau Rechnungshofpräsidentin, und Ihrem Team für die gute Arbeit in diesem Zusammenhang. (Beifall bei den NEOS.)

15.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ofenauer. – Bitte sehr.


15.43.03

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Damen und Herren der Bundesregierung! Sehr geehrte Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Damen und Herren Volks­anwälte! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Zuse­herinnen und Zuseher! Wir diskutieren nun das Budget 2023 für die obers­ten Organe.

Insgesamt, meine Damen und Herren, ist dieses Budget eines in Zeiten multipler Krisen  Krieg in der Ukraine, Inflation , einer Zeit, in der es eigentlich darum gehen müsste, zusammenzuhalten und Einheit zu suchen. Da gibt es aber auf der einen Seite Schwarzmaler und Angstmacher – auf der linken Seite wird wieder dem Klassenkampf gefrönt, auf der rechten Seite gibt es die Scharfmacher, wie Klubobmann Kickl, der mit dem Asylthema wieder Angst macht und genau weiß, dass er in seiner Zeit als Innenminister nichts von dem zusammengebracht hat, was er jetzt fordert und dass er, wenn er jetzt fordert, Verschärfungen zu machen, selbst in diese Richtung nichts zusammengebracht hat.

Auf der anderen Seite haben wir aber eine Regierung, die es trotz der Krise schafft, ein zukunftsorientiertes Budget vorzulegen. Kollege Hoyos-Trauttmansdorff: zukunftsorientiert, weil Entlastungsmaßnahmen für die


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Menschen beschlossen werden, weil Strukturreformen angegangen werden (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Wo ist die Strukturreform? Wo?), die seit Jahrzehnten besprochen werden, aber niemals umgesetzt wurden, wie die Senkung der Steuerstufen, die Abschaffung der kalten Progression und die Valorisierung der Sozialleistungen. Das alles unterstützt und hilft den Men­schen im Land.

Wir investieren auch in die Sicherheit und in die Landesverteidigung. Gerade die umfassende Landesverteidigung hat wieder größere Bedeutung bekommen, bis 2026 werden da 16 Milliarden Euro investiert. Aufgabe der umfassenden Landesverteidigung ist es auch, die verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner vor Angriffen von außen zu schützen.

Wir sind aber auch aufgerufen, diese obersten Organe  vom Bundespräsi­denten über den Verfassungs-, den Verwaltungsgerichtshof, die Bun­desregierung bis hin zum Parlament und zu den parlamentarischen Vorgängen zu schützen, ihre Autorität zu respektieren und zu wahren. Da kommt es auch darauf an, wie wir miteinander umgehen, wie wir einander bezeichnen. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Die Zukunft am Flügel zum Beispiel!)  Ja, Prunkpräsident ist sicherlich keine Bezeichnung, die der Würde dieses Hauses entspricht.

Es ist auch nicht hilfreich, meine Damen und Herren, wenn es eine Fraktion gibt, die wie es bereits geschehen ist, die FPÖ war das  eine Ministerin bei einer Rede so niederredet und niederschreit, dass sie nicht mehr zu hören ist. Es ist auch nicht hilfreich, wenn Zuschauer die Galerie kapern und Pamphlete zu lesen beginnen, sodass eine Sitzung unterbrochen werden muss. Es hilft auch nicht, wenn eine Klubobfrau – Kollegin Meinl-Reisinger war das – die Wahlen als erschwindelt und erschlichen bezeichnet. Das erinnert eher an Trump, meine Damen und Herren. (Abg. Krisper: Was stimmt denn daran nicht?)


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Wenn Kollege Krainer am Rande des Untersuchungsausschusses von einem Dollfuß-Parlament spricht, obwohl er genau weiß, dass damals der sozialistische Nationalratspräsident Renner durch seinen Rücktritt den Anstoß zur Hand­lungsunfähigkeit des Parlament gegeben hat (Ruf bei der SPÖ: Geh bitte! Was ist mit dir los? Irre!), dann sind das Tendenzen, meine Damen und Herren, die das Fundament unserer Demokratie untergraben. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da muss ich sagen: Wehret den Anfängen, denn diese Geister der Vergangenheit wollen wir nicht beschwören, die wollen wir nicht rufen! Diese Geister der Vergangenheit will niemand haben. Nach Bruno Kreisky: „Lernen S’ [...] Geschichte“, dann werden Sie sehen, wie sich das alles entwickelt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Yılmaz. – Bitte.


15.46.52

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister für Sport, Herr Vizekanzler! Man muss wirklich gestehen, nicht nur gestehen, sondern auch loben: Ihr Budget kann sich sehen lassen! (Abg. Ottenschläger: Bravo!) Vielleicht können Sie Ihre Beamten nächstes Mal dem Bildungsminister borgen, denn bei ihm schaut es sehr schlecht aus, was die Bildung betrifft.

Das Budget ist wirklich in Ordnung. Was ich noch sagen wollte, ist, dass Ihre Beamten in Ihrem Ressort in der Zeit der Pandemie wirklich effektiv waren, schnell geholfen und gearbeitet haben. Es war eines der wenigen Ministerien, das etwas zu verteilen hatte und das auch geschafft hat.

Sport, werte Kolleginnen und Kollegen, ist auch ein Motor für die Integration. Für mich heißt Integration: gemeinsam gewinnen. Leider sehe ich schwarz bei dieser Integrationspolitik in Österreich. Die Integrationspolitik, die von der


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Bundesregierung betrieben wird, ist vor allem eines, nämlich öffentlich nicht sichtbar, weil Sie, Frau Ministerin, sich nicht zu Wort melden und sich nicht einbringen.

Wo ist Ihr Einsatz für das zweite verpflichtende Kindergartenjahr? Wo ist Ihr Einsatz für höhere Löhne, damit Frauen selbstbestimmter leben können? Wo ist Ihr Einsatz für ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht? All das ist nämlich auch Integrations- und Teilhabepolitik, nicht irgendwelche Wertekurse, die vielleicht für die Herren Blümel, Kurz und Schmid angebracht wären. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr Budget, Frau Ministerin, steigt nächstes Jahr auf fast 107 Millionen Euro. Wir als Parlamentarier:innen haben keinen Integrationsausschuss, in dem wir politisch besprechen könnten, wohin das Geld kommt, wofür es verwendet wird. Der größte Teil dieses Integrationsbudgets fließt in den ÖIF, den Österreichi­schen Integrationsfonds, eine Institution, die eigentlich den Namen Österreichi­scher Intransparenzfonds tragen sollte.

Ganze 90 Millionen Euro fließen in diese Institution, quasi vorbei am Parlament. Wir Abgeordnete haben kein Interpellationsrecht, da Sie den Fonds ausgelagert haben, niemand weiß konkret, was mit dem Geld passiert. Der Fonds ist eine reine Blackbox, und zwar in doppeltem Sinne: Er ist intransparent und eine Ver­sorgungsstation für türkise Nachwuchskräfte.

Verstehen Sie mich nicht falsch, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ÖIF leisten großartige Arbeit, sie machen das Beste daraus.

Sehr geehrte Damen und Herren, die Frau Ministerin redet sehr gerne über Wertekurse, und ein zentraler Wert in Österreich ist es, einen Betriebsrat zu gründen und die Interessen der Beschäftigten zu vertreten. Seit die Mitar­beiter:innen im ÖIF diesen Betriebsrat gegründet haben, werden sie von der Geschäftsführung von einem Prozess zum anderen gezogen. Mittlerweile laufen zehn Prozesse. So sieht es in dieser Institution, die zu 100 Prozent eine


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Tochter der Republik ist, mit den Arbeitnehmer:innenrechten aus. Ich kenne keine einzige Institution der Republik, die so mit ihren Mitarbeiter:innen umgeht. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist leider Gottes schon so, dass es wahrscheinlich auch gewollt ist, dass man nichts hört, was in Sachen Integration passiert – es gibt keinen Ausschuss, keine Fragestunden, gar nichts. Der ÖIF richtet sich alles irgendwie selber, und was dabei rauskommt, sehen wir von einem Tag auf den anderen.

Die Leute müssen in die Integrationsarbeit von Tag eins an eingebunden werden: die Menschen, die nach Österreich kommen, egal, ob sie flüchten oder ob sie zu uns kommen, um einfach hier zu leben. (Abg. Einwallner gibt der Rednerin ein Zeichen.) – Ja, ich bin schon fertig. Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Grebien.)

15.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Egger. – Bitte.


15.51.49

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Geschätzte Volksanwälte! Frau Rechnungs­hofpräsidentin! Ich möchte in meiner Rede den Schwerpunkt auf die Medien­politik im neuen Budget legen.

Wir haben uns mit den Grünen zum Ziel gesetzt, Pluralismus im Medien­bereich, die Unabhängigkeit der Medien, die Pressefreiheit zu gewährleisten, aber auch, die Medienhäuser auf dem Weg zur Innovation zu unterstützen. In Zeiten von Fakenews und Echokammern ist es ganz besonders wichtig, den österreichischen Medienstandort zu unterstützen. Der Wettbewerb findet nicht nur national statt, sondern vor allem auch mit international agierenden Platt­formen. Wir müssen darauf schauen, dass die regionale Vielfalt, die den Medien­standort auszeichnet, auch dementsprechend erhalten bleibt.


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Wir haben bereits im Laufe des Jahres die Mediendigitalisierungsförderung in der Höhe von 54 Millionen Euro für heuer und von 20 Millionen Euro ab dem nächsten Jahr auf den Weg geschickt, um die österreichischen Medienhäuser eben auf diesem Weg in die digitale Zukunft zu begleiten. Außerdem haben wir zusätzlich zur Presseförderung, die bereits mit 8 Millionen Euro dotiert ist, 20 Millionen Euro zur Unterstützung des Qualitätsjournalismus vorgesehen. Wir kämpfen in den Medienhäusern mit höheren Papierpreisen, mit steigenden Energiekosten und müssen garantieren, dass diese Vielfalt dementsprechend erhalten bleibt. Die Qualitätsjournalismusförderung hat vor allem zum Ziel, Frauen zu unterstützen, ein Fehlermanagementsystem in den Redaktionen zu implementieren, das Redaktionsstatut als wichtigen Punkt zu haben und Auslandskorrespondenten als ein Qualitätskriterium zu haben. Wir haben auch die Onlinemedien und die Magazine dazugenommen.

Außerdem wird es ein Medientransparenzgesetz geben, in dem es darum geht, dass auch Inserate ab dem ersten Euro transparent dargestellt werden, inklusive der Begleitung von Kampagnen, auch mit einer Wirkungsanalyse. Wir unter­stützen nicht nur, sondern wir entlasten – in dem Fall im Zusammenhang mit der „Wiener Zeitung“ – auch die österreichischen Unternehmerinnen und Unter­nehmer durch den Entfall der Pflichtveröffentlichung im Gesamtwert von 20 Mil­lionen Euro. (Beifall bei der ÖVP.)

15.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.


15.54.59

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Bun­desregierung! Bemerkenswertes hat sich diese Woche in der Sendung „Im Zentrum“ zugetragen. In dieser wurde die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, auf die Sideletter angesprochen. Das ist jene Abmachung zwischen der ÖVP und den Grünen, in der diverse ORF-Spitzenjobs vereinbart wurden.


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Eva Blimlinger meinte, na ja, man könne sich entscheiden, ob man ein naiver Idiot oder ein korrupter Idiot ist. Das finde ich besonders bemerkenswert, weil es anscheinend in der Denkart der Grünen nur mehr diese beiden Pole gibt. Dass man einfach auch anständig oder transparent sein kann, kommt in dieser Welt überhaupt nicht mehr vor. (Beifall bei den NEOS.)

In dieser Logik haben sich die Grünen anscheinend für korrupt entschieden. Diese Akteure, die dann wahlweise naiv oder korrupt sind, in jedem Fall aber, laut Eva Blimlinger, Idioten sind, das sind jene Menschen, die jetzt wichtige medienpolitische Weichenstellungen vornehmen. Eine der größten Weichen­stellungen steht unmittelbar bevor: Das ist die Zukunft der „Wiener Zeitung“ – wir haben heute schon davon gehört –, der ältesten Tageszeitung der Welt. Und was tut diese Regierung? – Sie unternimmt nicht einmal den Hauch einer Anstrengung, sich mit interessierten Stakeholdern auseinanderzusetzen, die Interesse daran haben, die „Wiener Zeitung“ zu kaufen. Stattdessen baut man sich sein eigenes digitales Medienhaus, in dessen Aufsichtsrat übrigens jetzt schon ÖVP-Anwalt Werner Suppan sitzt, der ja auch Sebastian Kurz in Sachen mutmaßlicher Inseratenkorruption vertritt. Dieses Medienhaus wird in Zukunft 16,5 Millionen Euro pro Jahr erhalten, und dann schnitzt man sich unter anderem im Bundeskanzleramt noch eine Journalistenausbildung. 6 Millionen Euro pro Jahr soll die „Wiener Zeitung“ dafür erhalten.

6 Millionen Euro sind das Zehnfache des bisherigen Branchenbudgets für Jour­nalistenausbildung, und das holt sich jetzt das Bundeskanzleramt quasi direkt ins Haus. So einen schäbigen Zugang hat die „Wiener Zeitung“, haben die Redakteurinnen und Redakteure dort nicht verdient, auch nicht die Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler übrigens.

Und jetzt kommt es noch besser: Im Entwurf für die Zukunft der „Wiener Zei­tung“ ist im Geschäftszweig Content Agentur Austria, die bei der „Wiener Zeitung“ eingerichtet werden soll, auch eine Mediaagentur vorgesehen. Was macht eine Mediaagentur? – Eine Mediaagentur berät ihre Kunden bei der Auswahl der richtigen Medien, sie verhandelt die Preise und spielt dann auch die


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Werbung in die entsprechenden Kanäle aus. Die ÖVP hat ja da eine sehr große Kompetenz; ich erinnere an die Agentur Mediaselect, die die ÖVP zehn Jahre lang betrieben hat. Hier wurden Kick-back-Zahlungen von der Agentur an die ÖVP geleistet, um so auch diverse Wahlkämpfe zu finanzieren. Das ging bis 2012, und zehn Jahre später hat man sich im Bundeskanzleramt vielleicht gedacht: Na ja, jetzt ist langsam ein bisschen Gras über die Sache gewachsen, dann wenden wir dieses Erfolgsrezept neuerlich an und schnitzen uns unsere eigene Mediaagentur. Und besonders gefinkelt ist: Man lässt es sich diesmal auch noch vom Steuerzahler finanzieren.

Wenn sich also die Grünen-Mediensprecherin wieder einmal fragt, ob man eher naiv oder eher korrupt ist, dann helfe ich gerne bei der Antwort. (Beifall bei den NEOS.)

15.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Melchior. – Bitte sehr.


15.58.46

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich darf wieder zum Thema Sport zurückkommen, es wurde heute schon einige Male ange­sprochen.

Wir haben erlebt, dass der Sport in einer wirklich schwierigen Zeit war, einer­seits in der Coronazeit, in der es notwendig war, dass viele Sportstätten schließen, in der Sport in der bisherigen Form nicht mehr ausgeübt werden konnte, große Veranstaltungen abgesagt wurden. Wir erleben jetzt eine Zeit, in der die Inflation die Vereine und Sportgesellschaften auch wieder vor große Herausforderungen stellt. Deswegen möchte ich gleich zu Beginn meiner Rede Danke sagen, Danke für dieses Budget, Danke für diese wirklich tolle Erhöhung. (Beifall bei der ÖVP.)


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Christoph Zarits hat das heute schon eine historische Erhöhung genannt, und ich möchte dem noch hinzufügen, es ist ähnlich wie die Abfahrt von Fritz Strobl: Es ist ein historischer Rekord. Das Budget wurde um über 50 Prozent erhöht, das ist wirklich einmalig, und daran sieht man, dass es auch dringend notwendig war. (Beifall bei der ÖVP.)

Weil wir gerade beim Skifahren sind: Ich habe heute in der Früh mit Landesrat Stefan Schnöll in Salzburg telefoniert. 2025 wird Salzburg Austragungsort der Ski-WM sein. Das ist nicht nur ganz wichtig für die Region, für die Wert­schöpfung vor Ort und für Österreich, sondern es ist auch ein ganz wichtiges Event, das junge Menschen beobachten. Sie sagen: Da möchte ich auch einmal hin. Ich möchte einmal auf einem Podest stehen. Und es muss nicht jeder Skiweltmeister oder jede Skiweltmeisterin werden oder im Fußball ein David Alaba oder eine Nicole Billa. Wir haben ganz viele Hobbysportler, wir haben eine breit aufgestellte Infrastruktur im Sport. Es ist besonders erfreulich, und ich bin besonders dankbar, dass wir in einem Land leben, in dem über 500 000 Men­schen, Funktionärinnen und Funktionäre sich ehrenamtlich engagieren, um Österreich zu diesem Sportland zu machen. Vielen herzlichen Dank dafür auch an dieser Stelle! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich kann das selber nachvollziehen, weil ich es auch das eine oder andere Mal erlebt habe, dass Trainerinnen und Trainer vor jungen Menschen stehen, und es heißt dann, das kann ich nicht, das schaffe ich nicht, und dass es dann auf einmal trotzdem gelingt, dass die jungen Menschen über sich hinauswachsen. Das prägt für ein ganzes Leben, das verändert etwas und das löst etwas aus.

Mit dieser Kraft und Energie wünsche ich uns auch für die nächsten Budgettage, dass wir gute Gespräche, gute Verhandlungen haben. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals bedanken. Ich möchte mich auch bei meinem Kollegen, der jetzt gerade nicht da ist, Christoph Zarits bedanken. Ich weiß, wie sehr du dich dafür eingesetzt hast. – Lieber Christoph! Da oben bist du. – Vielen Dank für deinen Einsatz für den Sport in Österreich! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.01



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yildirim. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


16.02.04

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Die Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst leisten großartige Arbeit und bemühen sich, trotz knapper Ressourcen ihren gesetzlichen Auftrag bestmöglich umzusetzen, und dafür bedanke ich mich einmal an dieser Stelle ganz herzlich.

Es geht da um den Einsatz in Schulen oder an Universitäten, in Krankenhäusern oder in Kliniken, in der Pflege, in der Finanzverwaltung, bei der Polizei oder in der Rechtsprechung. Sie sorgen dafür, dass wir in einem sicheren, in einem sozial sicheren Rechtsstaat in Frieden leben können. Diesen Rechtsstaat garantiert uns die Europäische Menschenrechtskonvention, um das der ÖVP jetzt noch einmal in Erinnerung zu rufen.

Diese Aufgaben werden wie gesagt mit knappen Ressourcen ausgeführt. Die Technische Universität Wien zum Beispiel droht nun mit einer einmonatigen Schließung, und es werden weitere folgen, weitere Unis werden schließen, wenn die Bundesregierung nicht einlenkt. Täglich werden – und das berichtet man mir – Pflegebetten gesperrt, ganze Stationen zugesperrt, weil die Arbeitsbedin­gungen für das Pflegepersonal immer prekärer werden, so unattraktiv, dass sich junge Kolleginnen und Kollegen gar nicht mehr dafür interessieren.

Der öffentliche Dienst ist durch Einsparungen immer mehr unter Druck geraten. Es gibt jetzt schon zu wenig Personal, und die größte Pensionierungswelle – das ist uns ja heute mehrfach in Erinnerung gerufen worden – steht uns erst bevor. Es wird schwierig werden, dafür Leute, qualifizierte Leute auch aus der Privatwirtschaft zu gewinnen. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere Seite der Medaille ist, dass uns diverse Chats aus dem ÖVP-Umfeld wieder in erschreckender Weise vor Augen geführt haben, wie es in


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Österreich läuft: Postenschacher und Freunderlwirtschaft und der Ausbau parteipolitischer Macht durch entsprechende Besetzungen in der Verwaltung. Das schreckt ab. Das ist nicht nur Gift für den Rechtsstaat und die Demokratie, das schreckt auch ab, wenn wir Leute für den öffentlichen Dienst gewinnen wollen. Es zeigt sich nämlich, dass nicht die bestgeeignete Bewerberin oder der bestgeeignete Bewerber einen Posten bekommt, sondern der, der eben der mächtigsten oder der stärksten Partei, in dem Fall der ÖVP angehört. Wenn sich die Politik weiterhin mit unsauberen Praktiken in der Verwaltung breitmacht, schadet uns das. Das schwächt nicht nur die Verwaltung, das ist auch für die Motivation der Bediensteten im öffentlichen Dienst ganz schlecht. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen, die sich am Arbeitsplatz unfair behandelt fühlen, mit sinkender Motivation und geringeren Arbeitsleistungen reagieren.

Das ist eine der größten Herausforderungen für uns hier, dass wir zwar das Ausschreibungsgesetz vielleicht in 33 Jahren 27-mal novelliert haben, es aber bei der nächsten Novelle so gut machen müssen, damit nicht, bevor eine Ausschreibung getätigt wird, schon feststeht, wer den Job kriegt, sondern dass unverrückbare Kriterien festgeschrieben werden müssen, sodass es auch Fairness im öffentlichen Dienst gibt. (Abg. Loacker: Gegen Rechtsverletzungen hilft auch das beste Gesetz nichts!) – Ja, das beste Gesetz kann natürlich Gesetzwid­rigkeiten nicht verhindern. Sie haben völlig recht, Herr Abgeordneter, aber es ist trotzdem wichtig, dass wir an dem Vorhaben festhalten.

Zusammenfassend möchte ich noch einmal betonen: Es braucht gute Arbeits­bedingungen, Transparenz bei den Besetzungen und eine gute Bezahlung. Darauf müssen wir unseren Fokus legen. In diesem Sinne: Danke noch einmal für den hervorragenden Einsatz im öffentlichen Dienst. (Beifall bei der SPÖ.)

16.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gödl. – Bitte sehr.



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16.06.07

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren der Bundesregierung! Geschätzte Damen und Herren der Volksanwaltschaft! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren, die dieser Debatte zu Hause oder hier im Saal folgen! Mit dem Beschluss des Integrationsgesetzes 2017 und mit der Einrich­tung eines eigenen Ministeriums für Integration haben diese Regierung und übrigens auch die Vorgängerregierung klargemacht, dass Integration eine zen­trale politische Aufgabe ist. Eine zentrale politische Aufgabe kann man natürlich nur dann erfüllen, wenn dafür auch das notwendige Budget vorge­sehen ist, ein Budget, das in großem Ausmaß für Kurse, eben für Sprach­kurse verwendet wird.

Frau Kollegin Yılmaz! Sie haben hier behauptet, der ÖIF wäre eine Blackbox und Sie wüssten nicht, was er tut. Ich kann Ihnen sagen, was der ÖIF tut, nämlich zum Beispiel im Laufe des heurigen Jahres 66 000 Deutschkursplätze anbieten. Bisher, bis Ende September, also in den ersten drei Quartalen wurden von circa 30 000 Asyl- und Schutzberechtigten und von 15 000 ukrainischen Vertriebenen solche Sprachkurse absolviert. Das ist eine ausgezeichnete Bilanz, für die es auch zu danken gilt. (Beifall bei der ÖVP.)

Diesen Weg der fördernden und fordernden Integration werden wir natürlich fortsetzen. Und auf das Rekordbudget des heurigen Jahres doppeln wir sogar noch ein bisschen etwas drauf, nämlich 2,7 Millionen Euro. Das Budget im Bereich der Integration wird also um 2,7 Millionen Euro auf insgesamt 107,7 Mil­lionen Euro erhöht.

Dazu gibt es noch eine Überschreitungsermächtigung im Ausmaß von 42 Mil­lio­nen Euro. Warum das? – Weil wir eben nicht genau abschätzen können, wie sich die Situation in der Ukraine und damit mit den Vertriebenen in Öster­reich weiter entwickeln wird. Die zentrale Koordinationsstelle für diese Angebote ist wie gesagt der Österreichische Integrationsfonds. Es gilt wirklich,


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allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Integrationsfonds, aber auch den vielen Akteuren in der Zivilgesellschaft herzlich für die Leistungen zu danken, die im Sinne der Integration, im Sinne eines gelingenden Zusammenlebens in ganz Österreich vollbracht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich gibt es sehr positive Beispiele und auch negative Beispiele. Ich will als positives Beispiel erwähnen, dass vor etwa zwei Wochen der Österreichische Integrationsfonds gemeinsam mit einem großen Möbelhersteller, ich sage es hier, wie es ist, nämlich mit Ikea eine Jobvermittlungsaktion in Vösendorf ange­boten hat. 200 Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte sind dieser Einladung gefolgt und haben damit deklariert, dass sie sich als Zugewanderte, als Aufenthaltsberechtigte um einen Job bemühen möchten. Und genau so soll es sein. Das sind die positiven Beispiele, die wir überall finden.

Dann gibt es natürlich leider auch negative Entwicklungen, nämlich jene, dass manche zwar einen Schutzstatus bekommen, also zum Beispiel einen positiven Asylbescheid, sich dann aber weigern, die Integrationspflicht auf sich zu nehmen, also Deutschkurse, Werte- und Orientierungskurse in Anspruch zu nehmen oder Jobangeboten nachzugehen. Und dann gibt es sogar solche, die nicht einmal in der Lage sind, die Grundregeln unseres Zusammenlebens zu beachten.

Als besonders negatives Ereignis ist uns allen die sogenannte Halloweennacht am 31. Oktober in Linz mit diesen Ausschreitungen in Erinnerung, und es macht wirklich fassungslos, dass unter diesen Menschen, die diese Ausschreitungen verursacht haben, eben auch 200 Personen waren, die unseren Schutz genießen, die von unserer Gesellschaft aufgenommen wurden, und die leisten es sich dann, die Polizisten mit Steinen und Böllern zu bewerfen. Da kann es nur die volle Härte des Gesetzes geben, nämlich des Strafgesetzes und dort, wo es möglich ist, auch den Asylstatus abzuerkennen und, wo es möglich ist, natürlich auch eine Abschiebung vorzunehmen.

Was mich aber noch fassungsloser macht, ist, wie manche Mandatare auch dieses Hauses auf derartige Vorfälle reagieren, und ich möchte da – er ist jetzt,


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glaube ich, nicht im Saal – bei Herrn Abgeordneten Leichtfried nachfragen. Er hat nämlich in einem Zeitungskommentar gemeint, in Linz habe die Polizei versagt. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Herr Leichtfried ist wieder da. Er meint, in Linz habe die Polizei versagt. – Herr Leichtfried, geht’s noch?! Wenn Leute auf die Straße gehen und die Polizisten und Passanten bewerfen, dann hat die Polizei versagt?! – Mitnichten!

Auch an Sie, Frau Integrationssprecherin Yildirim wende ich mich – Sie waren vorhin am Wort, haben aber nicht viel über Integration gesprochen. (Abg. Yildirim: Doch!) Ich zitiere da aus einem Artikel aus dem „Standard“, nämlich ein direktes Zitat, in dem Sie meinen: „Wen sollen wir denn da schuldigsprechen, wenn nicht uns selbst?“ – Entschuldigung? (Zwischenruf der Abg. Yildirim. – Abg. Shetty: Da waren schon Sie gemeint!) – Na Entschuldigung, sollen sich die Linzerin oder der Österreicher dafür entschuldigen, dass manche Menschen nicht wissen, was sich gehört, Ausschreitungen verursachen, unsere Polizei bedrängen und quasi unserer Gesellschaft auf der Nase herumhüpfen? – Mit Sicherheit nicht, meine ich. Mit Sicherheit nicht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Es wäre Ihre Aufgabe, nicht Pflichtverteidiger für diese Menschen zu sein, sondern ihnen die Pflicht zu erklären, dass, wenn man nach Österreich zuwandert, Integration Pflicht ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Dafür, dass diese Pflicht auch umgesetzt werden kann, gibt es ein ausreichendes Budget (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yildirim), nämlich, wie schon gesagt, über 107 Millionen Euro, weil wir Kurse anbieten, weil wir Werteorientierung anbieten, weil wir auch in der Jobvermittlung helfen. Die Botschaft an alle, die bei uns zugewandert sind, die bei uns einen Aufenthaltsstatus bekommen haben, kann nur lauten (weiterer Zwischenruf der Abg. Yildirim), kann nur lauten: Inte­gration ist Pflicht. (Abg. Krainer: Was wollen Sie uns jetzt sagen? Dass Sie versagt haben?)


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Ich sage Ihnen, Herr - - (Abg. Krainer: ... das Versagen von der ÖVP-Integrations­politik ... eine komplette ...! Gratuliere!) Ich sage Ihnen, Herr Krainer, dass es unmöglich ist, dass Sie und Vertreter Ihrer Partei herauskommen und sagen: Nicht die, die randalieren, sind schuld (Zwischenrufe der Abgeordneten Yildirim und Krainer), sondern die anderen, die sich an die Gesetze halten, sind schuld. So geht es nicht! Integration, meine Damen und Herren, ist Pflicht! (Beifall bei der ÖVP.)

16.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Yılmaz zu Wort gemeldet. – Bitte.


16.13.04

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Abgeordneter Gödl hat gesagt, die Integrationssprecherin Yildirim habe im „Standard“ das, das und das gesagt.

Die Integrationssprecherin heißt Yılmaz. (Abg. Yildirim: Bereiten Sie sich einmal vor!) Das war mein Interview. Sie haben nur einen Satz vorgelesen, und zwar das, was ohnehin zu Ihrer Ideologie passt. Sie müssen einmal alles vorlesen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Shetty. – Bitte.


16.13.40

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Mitglieder der Bun­desregierung, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Ich möchte nur zu zwei Bereichen sprechen, nämlich einerseits zum Sport und andererseits zur Integration, die sich in der Budget­entwicklung grundlegend unterscheiden.


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Wenn wir nämlich den Sport beobachten, können wir eine explosionsartige Ent­wicklung sehen, ein Plus von 50 Prozent. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Wir sind natürlich sehr wohl der Auffassung, dass es mehr Geld für den Bereich des Sports braucht, aber für den Teil des Sports, bei dem man auch wirklich Sport ausübt, und nicht für die Funktionäre, für die Ebenen, die das Geld zwar kassieren, aber das nicht an die Sportlerinnen und Sportler weitergeben. (Beifall bei den NEOS.)

Deswegen möchte ich auch unser Abstimmungsverhalten klarstellen. Wir haben gegen diese Erhöhung gestimmt, aber nicht, weil wir gegen mehr Geld für Sport sind, sondern weil wir dagegen sind, mehr Geld in einen Topf zu schütten, mehr Geld in ein System, das strukturell korrumpierbar ist, hineinzuschütten. Auch der Rechnungshof hat in einem ausführlichen Bericht festgestellt, dass dieses System nicht treffsicher ist und dass dieses System vor allem das begün­stigt, was wir schon immer kritisiert haben – übrigens auch Sie, Herr Vizekanzler, damals als Oppositionsabgeordneter –, nämlich dass es sich die Leute, die die Förderungen kassieren, selber richten, wie viel Förderung sie bekommen, und das geht so nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Deswegen finde ich es bedauernswert – auch wenn ich mir den Redebeitrag der Sportsprecherin der Grünen hier anhöre –, dass man sich nur abfeiert dafür, dass man weiter mehr Geld in dieses System hineinschüttet – Herr Sportminister, das gilt auch für Sie –, sich nur darüber freut, mehr Geld in dieses System hinein­schüttet und dass überhaupt kein Wort darüber verloren wird, dass dieses System nicht grundlegend reformiert wird.

Es fällt auch kein Wort zu vielleicht innovativeren Modellen, wie wir sie vorge­schlagen haben, nämlich zum Beispiel statt dieser strukturellen Sportför­derung ein Sportkonto nach isländischem Vorbild für Kinder und Jugendliche einzuführen, das – grob gesagt – so funktioniert, dass man pro Jahr einen Betrag hat – in unserem Modell 200 Euro pro Jahr –, und diesen kann man zum Beispiel in Sporteinrichtungen, Vereinen oder auch kommerziellen Sporteinrichtungen


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wie Fitnesscentern, einlösen. Davon profitieren diese Einrichtungen direkt, und auch die Kinder und Jugendlichen.

Deswegen möchte ich diesen Antrag hier auch noch einmal als Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sportkonto einführen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, wird aufgefordert, ein Sportkonto für alle Kinder und Jugendliche in Österreich nach isländischem Vorbild einzuführen.“

*****

Zum anderen Bereich, nämlich der Integration, Frau Integrationsministerin: Da erhöht sich das Budget um lediglich 2,6 Prozent, also unter der Inflation, und dabei bräuchten wir gerade in der Integrationspolitik mehr Anstrengung, mehr Mittel und mehr Ressourcen.

Da frage ich mich schon! Also, Herr Gödl, ich weiß nicht, in welcher Welt Sie sich bewegen, aber ich glaube, es ist nicht die gleiche, die wir als Realität bezeichnen würden. Sie stellen seit 13 Jahren die Ministerin oder den Minister für Inte­gration: jetzt mit Ihnen, davor mit Herrn Kurz - - (Abg. Gödl: Den gibt es erst seit fünf Jahren!) – Nein! Außenminister Kurz war auch für die Inte­gra­tion zuständig, und davor als Staatssekretär. Da frage ich mich, so auf gut Österreichisch: Was war denn eigentlich Ihre Leistung, Frau Ministerin?

Sie beklagen das Versagen in der Integrationspolitik, aber Sie sind dafür verant­wortlich, dass wir dieses Versagen haben. Sie sagen, Sie wollen gegen Radikalisierung vorgehen, aber Ihre Behörden und auch die des Innenministers


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versagen dabei, Moscheen aufzulösen, in denen Turboradikalisierung statt­findet. Sie sagen, wir müssen besser österreichische Werte vermitteln, aber es braucht ewig lange, bis die Mittel für Werte- und Orientierungskurse auch nur ein bisschen angehoben werden – und wir sind noch lange nicht auf deutschem Niveau. Und Sie sagen, wir müssen Integration grundsätzlich verbessern, aber Sie sind es, die sich verweigern, Integration ab Tag eins umzusetzen.

Wir sehen derzeit auf vielen Ebenen ein Versagen in der Integrationspolitik – das sagen auch Sie, aber das ist an Sie selbst zu adressieren –, und wir sehen auch in diesem Budget keinen Hinweis darauf, dass hier ein Paradigmenwechsel stattfindet, weshalb wir auch das Budget in dieser Untergliederung ablehnen. (Beifall bei den NEOS.)

16.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Sportkonto einführen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 183. Sitzung des Nationalrats über Bundesfinanzgesetz 2023 (BFG 2023) – TOP 11/UG 17

Träges Österreich - Gefährliche Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen

Nicht einmal die Hälfte der österreichischen Bevölkerung übt zumindest 150 Minuten pro Woche Sport, Fitness oder körperliche Aktivitäten in der Freizeit aus und erreicht damit nicht einmal die Untergrenze der WHO-Empfehlung. Zu wenig Bewegung schadet den Menschen gesundheitlich, psychisch und aufgrund der höheren Gesund­heitskosten auch sozioökonomisch – und natürlich ist das ganze auch mit großen Kosten für die Gesellschaft verbunden. Eine Studie des Dachverbandes aus dem Jahr 2018 zum volkswirtschaftlichen Nutzen von Bewegung hat festgehalten, dass körperliche Inaktivität sowohl im Gesundheitswesen als auch gesamtwirtschaftlich


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(also durch Produktivitätsentgang und Berufsunfähigkeit) Kosten in Höhe von rund 1,6 bis 2,4 Mrd. Euro jährlich verursacht – diese sind inflationsbedingt und aufgrund der pandemischen Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung seither sicher nicht weniger geworden. Erschwerend kommt hinzu, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache ist (35,7%) - und dass, obwohl viele Herz-Kreislauferkrankungen mit mehr Bewegung länger hinausgezögert und besser kontrolliert werden können. Mehr Bewegung wäre also ein entscheidender Beitrag im Kampf gegen diese Volkskrankheit. Österreicher:innen sollten schon von klein auf, den umfassenden Mehrwert eines aktiveren, gesunden Lebens erfahren. Sämtliche Statistiken zeigen einen dringenden Handlungsbedarf. Im Alter von acht Jahren sind hierzulande jeder dritte Bub und jedes vierte Mädchen übergewichtig oder adipös. Die OECD sieht Österreich beim Alkoholkonsum auf Platz zwei. Sechs von zehn befragten Schüler:innen geben an, in den letzten 30 Tagen Alkohol konsumiert zu haben, 20% Prozent waren in diesem Zeitraum mindestens einmal stärker berauscht. 12% der 15-jährigen rauchen täglich eine Zigarette. Die Coronapandemie hat hier auch besonders die Kinder und Jugendlichen getroffen. Vergleichswerte aus Deutschland zeigen, dass Alltagsaktivitäten deutlich unter dem vorpandemischen Niveau liegen und die Lockdowns auch mit schweren psychischen Belastungen einhergegangen sind.

Zahlreiche intransparente Programme statt Gesamtstrategie - NEOS fordern Einführung eines Sportkontos

Vizekanzler Kogler hat mehrfach seit Amtsantritt betont, eine Reform der Sportför­derung im Sinne einer Beseitigung bestehender Interessenskonflikte erarbeiten zu wollen. Trotz dieser Zusagen hat es in den letzten zwei Jahren keine Reformversuche in diese Richtung gegeben. Im Budget 2023 wird die Sportförderung von 80 Mio. EUR auf 120 Mio. EUR erhöht. Dies ist zwar einerseits verständlich, da der Betrag seit dem Jahr 2011 nicht angepasst wurde. Andererseits hätte gerade mit einer solchen Erhöhung auch die lang versprochenen Anpassungen einhergehen sollen. Zusätzlich werden auch Maßnahmen eingeführt, die Kinder und Jugendliche zu mehr Bewegung animieren sollen. Auch wenn solche Initiativen von der Intention her positiv zu


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bewerten sind, fehlt hier ein holistischer Ansatz, wie man Österreich Jugend zu mehr Bewegung motivieren kann.

NEOS schlagen daher die Einführung eines Sportkontos für Kinder und Jugendliche nach isländischem Vorbild vor. Mittels einer Kontogutschrift wird dabei direkt Bewegung gefördert - statt wie so oft nur Sportstrukturen. Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren können 200 Euro pro Jahr ausgeben. Dabei handelt es sich um keine direkte Zahlung - die Eltern sollen dem Anbieter einen bestimmten Betrag zuweisen können. Die Abwicklung soll über eine einheitliche Plattform laufen – bestenfalls oesterreich.gv.at. Wesentliches Merkmal ist, dass Kinder und Jugendliche sich im jeweiligen Kurs tatsächlich intensiv bewegen (also deutlich mehr als z.B. ein durchschnittlicher Jugendlicher im Alltag). Die Kosten belaufen sich bei 1,1 Mio. Menschen zwischen 6 und 18 Jahren auf 220 Millionen Euro jährlich. Durch diese Investition in die Gesundheit der österreichischen Jugend könnten gefährlichen Trends entgegengewirkt werden, die durch die Covid-Krise noch zusätzlich verstärkt wurden. Familien sollen auch wegen der aktuell stärkeren finanziellen Belastung nicht bei der Bewegung ihrer Kinder sparen müssen. Durch Einführung eines Sportkontos werden junge Menschen in Österreich motiviert, sich mehr zu bewegen. Im Gegensatz dazu verursacht körperliche Inaktivität sowohl im Gesundheitswesen als auch der Gesamtwirtschaft hohe Kosten. Dazu kommt, dass bereits jetzt für Sport aus Bundes- und Landesebene viel Steuergeld intransparent ausgegeben wird. Auf der Trans­parenzdatenbank werden allein 71 Förderungen im Sportbereich angegeben, die aber zu großen Teilen für Strukturen ausgegeben werden. Das Sportkonto wäre ein wichtiger Beitrag dazu, Bewegung direkt zu fördern.

Quellen

•          https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/bevoelkerung/bevoelkerungsstand/bevoelkerung-nach-alter/geschlecht

•          https://reykjavik.is/en/fristundakortid


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•          https://transparenzportal.gv.at/tdb/tp/situation/npo/weitere-wirkungsbereiche/sport-freizeit/alle

•          https://www.statistik.at/services/tools/services/publikationen/detail/848?cHash=956b1f3e1d21adbaf6230f8782cc2653

•          https://net.neos.eu/display/KLUB/20220715_Memo_Familienpolitik

•          https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/bevoelkerung/bevoelkerungsstand/bevoelkerung-nach-alter/geschlecht

•          https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33196337/

•          https://jasmin.goeg.at/2166/1/Handbuch%20Alkohol%20-%20%C3%96sterreich%20Band%203_bf.pdf

•          https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/gesundheit/gesundheitsverhalten/rauchen

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport, wird aufgefordert, ein Sportkonto für alle Kinder und Jugendliche in Österreich nach isländischem Vorbild einzuführen."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­ministerin Raab. – Bitte sehr.



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16.17.50

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin ja die nächsten Tage noch vielfach bei Ihnen im Haus und darf bei unterschiedlichen Budgetpunkten anwesend sein – beim Frauen-, beim Familienbereich –, aber heute möchte ich gerne ein paar Worte zum Integrationsbudget sagen.

Sie wissen, seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges sind rund 90 000 Ukrainerinnen und Ukrainer nach Österreich geflohen, die in Österreich den Vertriebenenstatus haben, auch per europäischen Rechtsregelungen und Rechtsrahmen Zielgruppen unserer Integrationsmaßnahmen sind und auch unmittelbar Arbeitsmarktzugang haben. Diese große Zahl an Menschen ist eine Herkulesaufgabe für die Integration, der wir nunmehr mit einem Gesamt­budget von 107,75 Millionen Euro – das ist eine Erhöhung von 2,7 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr – auch Herr werden.

Wir haben bereits im letzten Jahr umfassende Strukturen für die Integration der Menschen aus der Ukraine aufgebaut. Wir haben beispielsweise in Zusammen­arbeit mit allen Bundesländern und allen Ministerien, die damit befasst sind, sogenannte Servicepoints eingerichtet, wo wir mehrere Tausend Menschen aus der Ukraine erreicht und einfach das Integrationsangebot gebündelt haben, damit man nicht von Pontius zu Pilatus gehen muss, wenn man sich über Arbeits­marktmaßnahmen, über den Gesundheitsbereich, über die Deutschkurse, natürlich auch über die Integrationsberatung und den Wertebereich informieren will, sondern in seiner Region alles aus einer Hand hat.

Da können wir auch stolz sein, dass wir im Integrationsbereich – wir haben es heute ja schon gehört, das ist eine Querschnittmaterie – so an einem Strang gezogen haben, was die Unterstützung für die Menschen aus der Ukraine betrifft.


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Darüber hinaus haben wir seit 2017 ein Integrationsgesetz, und der Österreichi­sche Integrationsfonds ist per Gesetz damit beauftragt, die Maßnahmen aus dem Integrationsgesetz auch umzusetzen. Das ist insbesondere die Zurverfügung­stellung von Deutsch- und Wertekursen und von Integrationsberatungen. Es gibt in jedem Bundesland ein Integrationszentrum.

Dieses Integrationsgesetz haben wir jetzt auch auf Menschen aus der Ukraine ausgedehnt, weshalb es nun viel mehr Deutschkurse gibt, insbesondere jene mit Kinderbetreuung, was besonders wichtig ist, weil ja die meisten Vertriebenen aus der Ukraine Frauen mit Kindern sind.

Wir haben im letzten Jahr beim Österreichischen Integrationsfonds zusätzlich ein Frauenzentrum eingerichtet: ein neues Zentrum, in dem sich Frauen über unterschiedliche Aspekte der Arbeitsmarktintegration, natürlich auch der Kinder­betreuung und des gesamten Bildungswesens informieren können.

Jetzt, nach mehreren Monaten, in denen wir in der ersten Phase die Grundver­sorgung für die Vertriebenen aus der Ukraine sichergestellt haben, treten wir meines Erachtens in eine zweite Phase über, in der es sehr stark um die Arbeits­marktintegration der Menschen geht, weil die Perspektive der Rückkehr schwierig ist. Der Krieg ist weiterhin düster und lässt eine Rückkehrperspektive für viele Menschen aus der Ukraine in ganz weite Ferne driften. Daher muss man nun an der Aktivierung der Menschen für den Arbeitsmarkt arbeiten, zum einen für die Selbsterhaltungsfähigkeit der Frauen und zum Zweiten auch, weil wir einen großen Bedarf am Arbeitsmarkt haben.

Daher setzen wir mit diesem Budget sehr stark auf die Stärkung von Frauen generell mit Migrationshintergrund, die Vermittlung der zentralen Werte in unserem Land, der Grundrechte, der Gesetze, der Regelungen, auch auf den Kampf gegen ehrkulturelle Gewalt, gegen jede Art von Angriff auf oder Unterwanderung einer gleichberechtigten Stellung von Mann und Frau und


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selbstverständlich auch auf die Sichtbarmachung gelungener Integrations­bei­spiele, die es sehr wohl gibt und die wir auch in vielen unserer Projekte hervorheben.

Das Absolvieren von Deutschkursen, Wertekursen und Integrationsgesprächen, sehr geehrte Damen und Herren, ist in Österreich verpflichtend, bei sonstiger Kürzung von Sozialleistungen. Ich halte das für den richtigen Weg. Er ist im Übrigen ein extrem frauenstärkender Weg, weil sich, seit es die Verpflichtung gibt, die Anzahl der Frauen in den Kursen verdoppelt hat.

Ich will, dass jene Menschen, die einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitsbewilli­gung haben, auch arbeiten gehen. Ich will, dass sie das auch neben einem Deutschkurs machen können; ein Deutschkurs ist kein Vollzeitjob. In der jetzigen Situation muss es auch möglich sein, mit geringen Deutschkenntnissen arbeiten zu gehen, und dahin wird auch die Reise in der Integration gehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir machen das mit einer Erhöhung im Inte­grationsbudget, aber vor allem mit einer großen Sparsamkeit und Acht­samkeit, was das Budget betrifft, und mit einem sehr überlegten Mitteleinsatz. Daher ist es uns auch mit einer vergleichsweisen geringen Erhöhung des Integrationsbudgets möglich, all diese Aufgaben zu erledigen.

Ich denke, es ist auch die Aufgabe jeder staatlichen Einrichtung, die ein Budget verwaltet, einen sparsamen Mitteleinsatz an den Tag zu legen, und das tun wir auch im Integrationsbereich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine tatsächliche Berichtigung erfolgt von Abgeordnetem Einwallner. – Bitte sehr.


16.23.16

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Ich mache eine tatsächliche Berichtigung. Abgeordneter Gödl hat in seiner Rede behauptet, Klubobmann


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Leichtfried hätte der Polizei die Schuld an den Ausschreitungen, die in Linz vorgefallen sind, gegeben. – Das ist unrichtig. (Zwischenruf des ein Schriftstück in die Höhe haltenden Abg. Gödl.)

Der richtige Sachverhalt lautet, dass Klubobmann Leichtfried auf die Miss­stände, die unter jahrelanger ÖVP-Innenministerführung entstanden sind, hingewiesen hat. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Hätte die Polizei die Mittel, die sie dringend bräuchte (Zwischenruf bei der SPÖ), hätten die ÖVP-Innen­minister dafür gesorgt, dass sie eine ordentliche Ausstattung hat, dann hätte man vieles verhindern können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Steinacker: Das ist so was von wertend!)

16.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine politische Bewertung. (Abg. Gödl: Und deswegen darf man ran­dalieren?! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Grünberg. – Bitte.


16.24.00

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin! Damen und Herren Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe selber seit meiner frühen Kindheit erfahren dürfen, wie gut es tut, sportlich aktiv zu sein, und welche positiven Effekte das auf ein Leben haben kann. Der Sport hat mich über Grenzen hinausschauen und auch wachsen lassen. Er hat mein Selbstbewusstsein gestärkt. Er hat mir aber auch gezeigt, wie wichtig es ist, ein gutes Team um einen herumzuhaben und was man dadurch alles erreichen kann.

Sport ist nicht nur extrem gesund und wichtig für den Körper, sondern mindestens genauso wichtig für den Geist, für die mentale Gesundheit. Was


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noch viel wichtiger ist, ist, dass wir beim Sport alle gleich sind. Egal ob mit oder ohne Behinderung, egal woher wir kommen, egal welche Hautfarbe wir haben oder welcher Religionsgemeinschaft wir angehören: Sport verbindet, Sport kennt keine Barrieren. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Bewegung und Sport sind für uns alle gesund, aber gerade Menschen mit Behin­derungen profitieren besonders von den positiven Effekten. Auch ich als Rollstuhlfahrerin muss mich regelmäßig bewegen und auch trainieren, um fit und gesund zu bleiben, sowohl im Kopf als auch im Körper.

Im Bereich Sport und Inklusion sind mir zwei Aspekte besonders wichtig. Zum einen brauchen Sportler:innen mit Behinderungen im Profisport dieselben Möglichkeiten und Förderungen wie nicht behinderte Sportler:innen, gerade die Gleichstellung der Heeressportler:innen beim österreichischen Bundesheer, also die behinderten Sportler sind da mittlerweile mit nicht behinderten Sportlern gleichgestellt, und das ist ein sehr großer Meilenstein, denn so können auch sie den Sport zum Beruf machen.

Der zweite Aspekt: Ein inklusiver Breitensport mit niederschwelligem Zugang bekommt im Jahr 2023 endlich die verdiente Aufmerksamkeit. Mit einem Plus von einer halben Million Euro wird es kommendes Jahr 1,1 Millionen Euro für Projekte im Bereich Sport und Inklusion geben. Das ist fast eine Verdopplung des Budgets. Die zusätzlichen Mittel werden unter anderem für die Ausweitung der eigens ausgebildeten und angestellten Bewegungs- und Informationscoaches eingesetzt. Das Ziel ist, mehr Menschen mit Behinderungen für Bewegung und Sport zu sensibilisieren, aber auch nachhaltig zu aktivieren. Im Jahr 2023 sollen bereits 14 Bewegungscoaches eingesetzt werden und bis 2026 soll die Zahl auf 20 Personen ausgeweitet werden. So können zukünftig noch mehr Menschen mit Behinderungen von den positiven Effekten des Sports profitieren.

Zum Abschluss möchte ich noch einmal daran erinnern, wie wichtig und gesund es ist, sportlich aktiv zu sein. Ich hoffe, Sie finden heute noch etwas Zeit, um


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durch Sport Ihrem Körper und Ihrem Geist etwas Gutes zu tun. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köllner. – Bitte sehr.


16.28.02

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Sportminister! Wenn ich mir das Sportbudget anschaue, habe ich ein lachendes und ein weinendes Auge.

Vielleicht beginnen wir mit dem lachenden, mit dem Positiven: Wir haben lange dafür gekämpft, jetzt ist sie endlich da, und das finden wir auch grundsätzlich sehr gut. Die Erhöhung des Sportbudgets war nicht nur längst überfällig, ich werte sie auch als Anerkennung für die harte Arbeit der Sportlerinnen und Sportler, der Vereine und Verbände. Dafür möchte ich im Sinne des österreichi­schen Sports auch Danke sagen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Gödl.)

Nun aber gleich zum weinenden Auge – und das ist irgendwie sinnbildlich für diese Bundesregierung, für das Missmanagement dieser Bundesregierung –: Sie geben auf der einen Seite so viel Geld wie noch nie aus und auf der anderen Seite kommt das Geld aber nicht an. Die Mehrmittel werden bei den Sportver­einen nicht ankommen, weil sie von der Explosion des Gaspreises aufge­fressen werden.

Auch die unzähligen ehrenamtlichen Funktionärinnen und Funktionäre wissen nicht, wie sie die Rechnungen für den Betrieb ihrer Sportstätten begleichen sollen. Das heißt, ohne Energiepreisdeckel wird im Moment kein Euro der zusätzlichen Sportgelder in den Ausbau des Angebots oder in den Nachwuchs fließen. So wird die Budgeterhöhung wirkungslos bleiben.

Herr Sportminister, das Ganze hat eine weitere Dimension. Haben Sie sich schon einmal angesichts der aktuellen Tatsachen die Frage gestellt, wer in Zukunft


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noch als ehrenamtlich und freiwillig Tätiger Verantwortung in einem Sportverein übernehmen soll, wenn man ständig von finanziellen Sorgen geplagt ist, und das ehrenamtlich und in der Freizeit? Ich glaube, darüber sollten Sie auch einmal nachdenken.

Abgesehen davon, dass unklar ist, wofür die zusätzlichen Gelder überhaupt konkret verwendet werden sollen, ist es bedauerlich, dass zum Leidwesen der Kinder die Erhöhung der Mittel nicht in die flächendeckende Umsetzung der täglichen Bewegungseinheit geflossen ist. Ich verstehe daher auch die Euphorie von Kollegin Prammer nicht, denn so werden wir unser ambitioniertes Ziel – das wir, glaube ich, gemeinsam verfolgen, Herr Sportminister –, Kinder im Rahmen des Schulunterrichts täglich in Bewegung zu bringen, definitiv nicht erreichen.

Erlauben Sie mir zum Abschluss, noch ein, zwei Sätze aus aktuellem Anlass anzubringen: In fünf Tagen beginnt die Fifa-Fußballweltmeisterschaft in Katar, in deren Vorfeld Tausende Arbeiter unter menschenunwürdigen Zuständen untergebracht wurden und auch auf den Baustellen ihr Leben verloren haben. Selbst bei eingefleischten Fußballfans kommen dieses Jahr, glaube ich, nicht so recht Euphorie und Vorfreude auf. Auch wenn die Vergabe einer WM durch die Fifa erfolgt, glaube ich, ist es Aufgabe der Politik, sich bei offen­sicht­lichen Menschenrechtsverletzungen einzumischen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Dazu wird aber ein Posting auf Twitter wahrscheinlich nicht ausreichen, Herr Sportminister, daher ersuche ich auch Sie, sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten auf allen Ebenen aktiv dafür einzusetzen, dass eine derartige Vergabe eines Großsportereignisses nicht mehr möglich ist und in Zukunft strengere Kriterien bei der Vergabe gelten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rausch. – Bitte.



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16.31.52

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Werte Volksanwältin, werte Volksanwälte! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Zuseherinnen und Zuseher, hier bei uns im Haus und zu Hause! Hohes Haus! In dieser Gruppe von Unter­gliederungen des Budgets, die wir jetzt diskutieren, geht es um die obersten Organe der Republik und auch um das Parlament. Das Parlament ist ja der zentrale Ort jeder Demokratie: Wir alle hier drinnen sind die direkte Konsequenz unserer repräsentativen Demokratie und haben einen Auftrag, für das Land zu arbeiten.

Das Parlament ist so viel mehr und wichtiger, als es der Umgang hier in diesem Haus oftmals erscheinen lässt, das sollten wir uns immer wieder bewusst machen. Ich selbst – und ich denke, das gilt für viele hier in diesem Saal und im Hohen Haus – bin hier aus Leidenschaft und aus Freude an der Debatte.

Ich bin hier aus Freude an der Tatsache, dass wir uns hier im besten Sinne miteinander und mit unseren unterschiedlichen Ideen auseinandersetzen können, auch mit Demut vor dem Amt – immer verbunden mit der Hoffnung, dass der Diskurs, der hier im Haus geführt wird, auch den Ansprüchen dieses Hohen Hauses und der Bevölkerung, Ihnen zu Hause, gerecht wird.

Es ist ganz klar, Parlamentarismus und ein funktionierendes Parlament sind uns in der Demokratie viel wert – und sie müssen uns viel wert sein, das bedeutet auch finanzielles Investment. Zu den im Budget festgeschriebenen Maßnahmen gehört etwa eine bestmögliche Unterstützung unserer parlamentarischen Pro­zesse, wenn es beispielsweise um digitale Arbeitsmethoden geht.

Wir nehmen in Kürze das neu sanierte Parlamentsgebäude und dessen Neben­gebäude in Betrieb und freuen uns, wieder an diesen historischen Ort zurückzukommen – wiewohl auch dieser Ort hier ein historischer ist, aber eben nicht der angestammte. Dieses neue alte Parlament kann dann auch wirklich wieder ein Ort der Begegnung werden.


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Ich möchte an dieser Stelle Präsident Sobotka herzlich Danke sagen, der diese umfassende Sanierung federführend mit Hausverstand und Sachverstand und mit Blick auf gute, funktionierende Prozesse durchgeführt hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Weil heute aber auch immer wieder einzelne Ausgaben, die nur Bruchteile der Gesamtsumme ausmachen – fast mikroskopisch klein –, angesprochen wurden, möchte ich aber schon sagen, dass das billige Polemik ist, darauf hinzu­weisen. Dieses Parlament soll auch ein Ort sein, an dem Repräsentation stattfindet, an dem auch Kulturveranstaltungen stattfinden sollen: ein offener Ort, ein Ort, den man besuchen kann, das ist entscheidend, und das möchte ich hier bitte nicht immer wieder so abfällig hören. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Es ist billige Polemik und es ist tagespolitisches Kleingeld, das da gewechselt wird – und dass das der Sache wirklich nicht gerecht wird, das sei hier auch gesagt. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu guter Letzt: Es sind sehr viele Handlungsfelder der Politik besprochen worden und werden in den nächsten Tagen besprochen, man nennt diese landläufig im übertragenen Sinn auch Baustellen. Das Parlament war – bezie­hungsweise ist gerade noch – eine Baustelle im eigentlichen Sinn, die bald beendet sein wird.

Demokratie und Parlamentarismus jedoch sind im übertragenen Sinn, und damit aber auch im besten Sinn, immer eine Baustelle, weil es immer darum geht, weiter daran zu arbeiten. Uns alle lade ich ein, das mit viel Leidenschaft, aber auch mit Empathie zu tun, dabei die Würde dieses Hauses zu wahren und auch die Tatkraft und Zuversicht nicht zu verlieren. Ich lade aber auch Sie zu Hause ein: Demokratie und Parlamentarismus gehen uns alle an, und da müssen wir auch weiterhin zusammenwirken – wir sind dazu bereit. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.35



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Troch. – Bitte sehr.


16.35.57

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Regierungs­mitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte kurz zu den Aussagen der Vorrednerin Stellung nehmen. Sie sei es müde, hier gewisse Dinge zu hören: Nun, ich denke, die Regierungsparteien unterliegen der Kontrolle des Parla­ments, und das Parlament ist der natürliche Ort, an dem man Kritik formulieren kann – und auch muss in einer Demokratie. Wenn Sie sagen, das könnten und das wollten Sie hier nicht mehr hören, ist das halt genau - - (Zwischenruf der Abg. Rausch.) – Das haben Sie gesagt, das können wir im Protokoll nachlesen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie sagen, das wollten Sie hier nicht hören, dann sind wir in einem Orbán-Parlament, in dem die Regierung auch sagt: Das will ich hier nicht mehr hören! (Abg. Zarits: Geh bitte!)

Hier im Parlament diskutieren die demokratischen Volksvertreter, und da wird sich halt die Regierung, die nach unserem Verfassungssystem durch das Parlament kontrolliert werden muss, etwas anhören müssen – so ist das nun einmal in einer Demokratie! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: Aber die Regierung wird kontrolliert und nicht die Regierungsparteien!)

Es geht hier bei diesem Tagesordnungspunkt der Budgetdebatte um die obers­ten Organe der Republik, und ich möchte da auch gleich eine Lanze für den Haushalt des Bundespräsidenten brechen. In der Verfassungsstruktur unserer Republik Österreich kommt dem Bundespräsidenten natürlich eine ganz besondere Bedeutung zu: eine besondere Bedeutung bei der Regierungsbildung, eine besondere Bedeutung bei bestimmten Ernennungen, eine besondere Bedeutung im Gefüge der gesamten Demokratie unseres Landes. Für die SPÖ ist es daher an und für sich klar, dass wir hier einem ordentlichen Budget des


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Bundespräsidenten zustimmen können – es gibt in diesem Paket allerdings auch andere Bereiche, denen wir nicht zustimmen.

Zuerst noch zum Bundespräsidenten: Dem Bundespräsidenten kommt eine wichtige Rolle zu, nicht nur im Bereich des verfassungsmäßigen Ablaufs des politischen Lebens, sondern auch in der Außenpolitik und der Repräsentation der Republik, der Bundespräsident ist ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Botschafter unserer Republik.

Der Bundespräsident hat aber auch innenpolitische Aufgaben, so muss er – und darin ist er ja inzwischen besonders geübt – etwa die Angelobung von Regie­rungsmitgliedern durchführen. Er ist der Bundespräsident, der am meisten Regierungsmitglieder angelobt hat, weil die Regierungsmitglieder halt eine kurze politische Lebensdauer haben, das ist traurig, gerade in Zeiten von Covid. (Abg. Ottenschläger: Ihr wolltet ja die ganze Zeit neu wählen!)

Der Bundespräsident muss natürlich auch, wenn es notwendig ist, mahnende Worte sprechen. Bei all der Korruption, die es in Österreich in den letzten Jahren gegeben hat – es sind ja unzählige Strafverfahren dazu anhängig –, kommt dem Bundespräsidenten die wichtige und richtige Aufgabe zu, diese Regierung auch zu ermahnen. Ich glaube, das ist auch gut und richtig so. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzner. – Bitte.


16.39.01

Abgeordnete Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Volksanwaltschaft! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Kommen wir wieder zurück zum Sport: In der Untergliederung Öffentlicher Dienst und Sport sind für 2023


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Aufwendungen von circa 274 Millionen Euro budgetiert. Im Vergleich zu 2022 bedeutet dies eine Reduktion um rund 52 Prozent, vor allem auch aufgrund des Auslaufens des NPO-Fonds. 176 Millionen Euro aus dem NPO-Fonds sind an gemeinnützige Sportorganisationen und Vereine ausbezahlt worden, um deren Arbeit während der Pandemie zu unterstützen.

Ich bedanke mich bei allen ehrenamtlichen Funktionärinnen und Funktio­nären der Sportvereine. Sie haben das Bewegungsangebot für ihre Mitglieder unter schwierigen Bedingungen aufrechterhalten.

Die Regierung hilft auch jetzt wieder rasch: 15 Millionen Euro an Energie­kostenzuschüssen sind für 2023 vorgesehen. Die Regierung hilft rasch und sie setzt strukturelle Schwerpunkte (Beifall bei der ÖVP), wie zum Beispiel in der Erstellung einer Sportanlagen-Datenbank als Basis für einen Sportstätten-Masterplan.

Und an dieser Stelle: Es läuft nämlich in Österreich vieles besser als von der Opposition dargestellt. Frau Yildirim, ich möchte hier allen öffentlichen Bediensteten, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, zu den Auszeichnungen gratulieren. Sie haben beim Europäischen Verwal­tungspreis ein hervorragendes Ergebnis erzielt; unter 22 teilnehmenden Ländern bekamen österreichische Projekte 12 Prozent aller Auszeichnungen. Eine großartige Leistung! (Beifall bei der ÖVP.)

Als Bürgermeisterin freue ich mich natürlich sehr über die Gemeindemilliarde, die uns in Zeiten der Teuerung wieder mehr Spielraum auch für unsere Vereine schafft.

Von den im Budget 2023 verankerten Programmen darf ich noch kurz hervor­heben: Ausbau des Programms Kinder gesund bewegen, dotiert mit 8 Millionen Euro; Dotierung des Pilotprojekts Tägliche Bewegungseinheit mit 3,5 Millionen Euro. Für Sport und Inklusion sind 2023 zusätzliche 0,5 Millionen Euro, also 1,1 Millionen Euro vorgesehen. Insgesamt gibt es einen deutlichen Anstieg von


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50 Prozent auf 105 Millionen Euro für Sportförderungsprogramme. Ein Rekordbudget im Sport. Ein großes Dankeschön dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Schluss auch ein großes Dankeschön an die Elementarpädagog:innen, die Lehrerinnen und Lehrer und die Funktionärinnen und Funktionäre in den Sportvereinen, die viele dieser Initiativen für eine bewegte, gesunde Lebens­führung von Jung bis Alt in unseren Gemeinden umsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vize­kanzler. – Bitte sehr.


16.42.25

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Frau Präsident des Rechnungshofes! Damen und Herren Volksanwältinnen und Volksanwälte! Kollege Tursky! Ja, zwei, drei Punkte zum öffentlichen Dienst und ebenso zum Sport: Erstens möchte ich mich auch einmal bedanken. Gerade erst im vorigen Redebeitrag haben wir gehört, wie gut und innovativ, nicht in allen, aber ehrlicherweise in ganz vielen Bereichen, der öffentliche Dienst und viele seiner Einheiten hier in der Bundesverwaltung, aber auch in den ausgliederten Einheiten in der Landesverwaltung und auch in den Kommunen arbeitet. Da gibt es sicher noch viel zu verbessern – gerade weil auch die sehr geschätzte Frau Präsidentin des Rechnungshofes hier ist, die uns ja dabei immer wieder unterstützt –, aber man sollte eben beides sehen.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei den vielen Bediensteten im öffentlichen Dienst bedanken, weil die letzten zweieinhalb Jahre sicher nicht leicht waren, und grosso modo – ja eh nie alles, aber grosso modo – haben die das ganz gut hingekriegt. Einzelne Bereiche, auch nicht alle, aber eigentlich ganz viele Bereiche, standen schon unter einer enormen Belastung. Das hat unterm Strich, manchmal mit mehr oder weniger Effizienzgedanken, alles, glaube ich,


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ganz gut funktioniert. Das sollten wir hier einmal anerkennen. Tragen Sie es bitte weiter! Einige Redner aus Ihren Reihen haben in ihren Redebeiträge ja auch darauf hingewiesen. Vielen Dank! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir haben ja dann auch im zuständigen Ausschuss Gelegenheit, über die Dienstrechts-Novelle zu sprechen. Da können wir uns dann weiter vertiefen. Wir haben bei den Budgetkapiteln – sowohl für öffentlichen Dienst als auch für Sport – jeweils 90 Minuten gebraucht. Dafür werde ich es heute hier zu Ihrer Erleichterung abkürzen.

Nur ein Gedanke noch zum öffentlichen Dienst: Es ist diesmal schon so, seit der Regierungsvereinbarung, dass wir in dem Bereich jetzt nicht immer auto­matisch nicht nachbesetzen oder grundsätzlich bei den Planstellen kürzen, obwohl man auch da schauen darf, dass man in manchen Bereichen vielleicht mit weniger Mitarbeitern auch etwas rausbringt, um sie woanders wieder einsetzen zu können – das meine ich damit gar nicht –, sondern dass man grundsätzlich einmal die Möglichkeit hat, die Planstellen auszuweiten. Das passiert, aber Kollege Lausch von der FPÖ hat richtigerweise angemerkt, die Planstelle ist ja noch keine wirkliche Besetzung. Da brauchen wir ja noch jemanden, der sich bewirbt und den Job dort auch in unserem Sinne ausübt. Das ist in Zeiten der Rekordbeschäftigung gar nicht so leicht. Wir sind in Wahrheit in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft. Das hat viel Gutes, macht es gleichzeitig aber auch schwieriger.

Deshalb, glaube ich, ist es sehr, sehr wichtig, dass wir, was Wertschätzung und Attraktivierung des öffentlichen Dienstes betrifft, mitvoranschreiten, und deshalb – letzter Punkt –: Die Dienstrechts-Novelle enthält eine große Attrak­tivierung. Denken wir nur an die höheren Einstiegsgehälter für die Jüngeren, auch wenn sie in Ausbildung sind! Die, die in ihrer anfänglichen Karriere weniger verdienen, sollen noch mit zusätzlichen Bonifikationen entweder einmal herangezogen oder gehalten werden. Das betrifft die Bildung, das betrifft vor allem die Polizei – ja, die Polizei. Wir kennen das in diesem Bereich. Da wird jetzt versucht, wirklich gegenzusteuern. Das sind lange nicht die einzigen Bereiche.


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Danke aber für Ihre Unterstützung auch da, denn dann stimmt es im Ergebnis wieder, wenn wir die Menschen auch in den dann hoffentlich immer effizienter werdenden öffentlichen Dienst bringen.

Ein paar Bemerkungen zum Sport: Vielen Dank für die differenzierten Stel­lungnahmen, weil es natürlich ein Rekordbudget ist. Wir müssen uns dann auch daran messen lassen, denn nur zu erhöhen ist ja jetzt wirklich keine Kunst. Trotzdem: Danke dem Finanzminister.

Ganz verstehe ich es aber nicht, was die Kritik betrifft. Wir werden schon immer wieder schauen müssen, wie die Strukturen der Vergaben sind. Diese 50 Pro­zent Erhöhung für die besondere Sportförderung, was wirklich mega ist, hat noch die Besonderheit, dass für die Fachverbände aufgrund der Konstruk­tion des Gesetzes sogar 60 Prozent mehr rausschauen. Für die Fachverbände! Da bin ich dann natürlich schon an Verbesserungen interessiert, nämlich im Sportausschuss, der im Übrigen auch bald wieder ist – also er ist ja nicht so oft, wie Sie öfter kritisieren, oder Ihnen zu wenig, dann hängen wir halt einmal einige Stunden dran –, und dann diskutieren wir ganz offen zwischen den Fraktionen, was dort effizienter werden soll. Sehr gerne, sehr gerne!

Ich habe nur den Eindruck, gerade bei den Fachverbänden bemüht man sich sehr Richtung Spitzensport, die Geschichte sehr effizient anzulegen. Die Frage der Struktur der Dachverbände wird eine ewige sein, solange sie so ist, wie sie ist, da gebe ich Ihnen recht. Nur eines schon auch: Hätten wir die bestehenden Struk­turen nicht so genutzt, wie wir sie vorgefunden haben, wären wir im Sport­bereich, obwohl das kritische Stimmen auch anders sehen, nicht so gut durchge­kommen. Man muss, wenn eine Pandemie ausbricht, mit all den Schwie­rig­keiten für den Sport, glaube ich, zuerst einmal mit den Strukturen arbeiten, die da sind, und sie nicht zuerst einmal niederreißen.

Außerdem hätte ich mich dann gefragt, wie die Kollegen der Sozialdemokratie – ich traue mich, das schon so anzusprechen – das zum Beispiel Kollegen Niessl beibringen, dass das jetzt alles ganz anders werden soll. Falls ich aber einmal auf


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die Idee komme, darf ich auf Ihre werte Unterstützung zählen. Sonst drehen wir uns alle immer im Kreis. Dass man da natürlich ein paar Dinge hinterfragen kann, ist mir völlig klar; aber in einer Zeit, in der wir uns einmal wirklich – im wahrsten Sinn des Wortes – drüberretten mussten und uns jetzt wieder ganz gut bewegen, war es dann unterm Strich, glaube ich, die vernünftigere und real­politisch relevantere Vorgangsweise.

Die Energiekosten wurden zu Recht angesprochen. Ich möchte Sie schon darauf aufmerksam machen, dass vielleicht gar nicht immer alle hier am letzten Stand sind; die Vorrednerin hat es eh erwähnt. Wir haben jetzt mehrere Pakete, was das betrifft, auch Richtung Vereine und kleinste Vereine. Da muss man dann auch schauen, wie diesbezüglich noch die Richtlinien ausschauen, damit das ja zielgerichtet und auch entsprechend zweckmäßig ist.

Also was meine ich? – Wir haben für bestimmte Sportstätten einmal 15 Mil­lionen Euro – Sie haben es im Budget entdeckt – drinnen. Die sollen aber nicht unmittelbar an die Vereine gehen. Das sind jene Sportstätten, denke ich mir, wo es ganz hohe Energiekosten gibt, wir sie aber trotzdem nicht zusperren wollen. Wir wollen halt nicht, das gar kein Hallenbad offen hat. Wir wollen halt nicht, dass gar nicht eisgelaufen werden kann.

Aber so viel möchte ich schon sagen: Die Förderung muss so ausschauen – darauf werden wir Wert legen –, dass genügend Anreize zum Einsparen bleiben – sei’s drum –, weil man halt nicht rund um die Uhr vom 1. November bis 3. März eislaufen kann, sondern vielleicht ein bisschen kürzer. Daran wird die Bewe­gungs­welt jetzt aber auch nicht zugrunde gehen. Am Schluss müssen schon alle einen Beitrag leisten. Das sage ich auch meinen geschätzten Verbänden und Vereinen. Entweder es ist Energiekrise und de facto Wirtschafts- und Energie­krieg, wie wir uns alle bis zum Sommer noch gegenseitig aufgeganselt haben, oder eben nicht. Aber irgendetwas muss recht sein. Und wir reagieren darauf.

Auf der einen Seite soll genügend Bewegung, gerade für die Breite, möglich sein, ohne dass die Leute zu viel zahlen müssen, auf der anderen Seite ist es das


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Gebot der Stunde, des Monats und dieser Jahre, Energie effizient einzusetzen – und wer da nicht mitmacht, hat zumindest mich verloren, ganz sicher. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Also diese Förderungen muss man so hindrapieren, wie es sich gehört – und das gilt für alle Organisationen in Wirtschaft und Gesellschaft, denn dass am Schluss alle nur dastehen und aufhalten und sich aber nichts ändert, obwohl der größte Änderungsbedarf seit ewig besteht, das wird sich nicht ausgehen. Das heißt: zielgerichtet und zweckmäßig.

In dem Zusammenhang darf ich auch noch darauf hinweisen, dass wir diesmal die Vorzeichen vielleicht anders organisieren als damals mit dem NPO-Fonds. Die Krise war auch eine andere, die Einnahmeausfallsgründe waren andere, die Kostenersatzmotive waren andere als in einer Situation, wo bestimmte Sportstätten, bestimmte Sportarten ganz hohe Energiekosten haben; andere im Übrigen nicht. Dass wir sozusagen jedes Vereinshaus von irgendwo, weil es halt auch mit Sport zu tun hat, jetzt schon sonderbehandeln, das wird nicht gehen. Das Haus ist ein Haus – da gilt das Gleiche wie für Private oder für die Wirtschaft. Mir geht es einmal darum, dort, wo besonders hohe Energiekosten anfallen, diese Balance zu schaffen zwischen Ausgleich, damit Bewegung auch in diesen Sportarten möglich bleibt, und dem Anreiz zum Einsparen aber mindestens ebenso. So sollten wir das anlegen.

Also wir haben da 15 Millionen Euro, und bei den Gemeinden, beim Gemeinde­paket sind zum Schluss 5 Prozent von jetzt 1 Milliarde Euro – wie viel ist das? – 50 Millionen Euro. Hey, das ist viel! Jetzt ist es die Aufgabe, auch die Kommunen in die Richtung zu bringen, dass sie entsprechend zielgerichtet vorgehen, aber ehrlicherweise ist das vielleicht der schlauere Weg, weil die in den Gemeinderä­ten oder die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ja besser wissen, was der kleine Verein dort braucht, und oft auch die Sportstätten den Gemeinden gehören. Deshalb ist es, glaube ich, einmal vernünftig gewesen, das mit dem Beginn der Förderung zum Ausgleich der Energiekosten dort, wo es sinnvoll ist, viel dezentraler zu gestalten – obwohl es uns natürlich alle sehr ehrt, wenn


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wieder eine derartige Sehnsucht nach diesem NPO-Fonds aufbricht. Aber so gehen wir es jetzt einmal an. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Allerletzter Punkt, weil die Fußballweltmeisterschaft angesprochen worden ist: Ich hätte sie ja gar nicht erwähnt, aber nur weil da große, relevante Fragen von schweren Menschenrechtsverletzungen und Ähnliches angesprochen wurden und gesagt wurde, dass auch die Sportminister – ich glaube, immerhin ist das für alle in Europa so – das auf sich nehmen, aber ehrlicherweise, Herr Kollege, der das hier erwähnt hat: Ja, eh! Eh! Nur, ich kann mich gut erinnern – wir müssen uns ja daran erinnern, wann das vergeben wurde, das war im Jahr 2010, da hat die Fifa das gemacht; da können wir Russland gleich mitnehmen, denn 2008 hat Russland schon schwerste Verbrechen begangen in Südossetien, in Abchasien und, und, und –, es hat nicht so viele gegeben in diesem Nationalrat – drüben im anderen Haus natürlich, ich kann mich gut erinnern, ich war nämlich gerade Abgeordneter –, es war nicht die Sozialdemokratie, die mich dabei unterstützt hat, als wir darüber geredet haben, dass die Fifa eine Mafia ist.

Und ich wiederhole es wieder: Damals war die Fifa eine Mafia – Stimmenkauf, die haben auf alles gepfiffen, was Menschenrechtsverletzungen sind, et cetera. Und dann würde ich mir erwarten, dass wir da in Zukunft eben gemeinsam vorgehen. Wir bemühen uns mit den Sportministerinnen und Sportministern (Zwischenruf des Abg. Köllner), vor allem mit den skandinavischen Ländern, mit Frankreich et cetera, und auf diese Art und Weise haben wir es zum Beispiel geschafft, dass die Eishockey-WM in Weißrussland unmittelbar vor der Austragung noch einmal verschoben wurde. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Köllner.)

Also Sie haben mich ja auf dieser Seite, ich würde nur wirklich darum ersuchen, da ehrlich zu bleiben. Aus meiner Sicht hätte man damals die WM nicht einmal nach Russland vergeben dürfen, aber da sind manche Ihrer Leute noch mit dem Sonderzug nach Moskau gefahren und haben dort irgendwelche Gasprivilegien verhandelt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Das sollten wir halt auch ehrlich benennen, und in dieser Ehrlichkeit geht es hoffentlich weiter. Viele dieser Themen werden wir am Freitag bei den Sportlandesrätinnen und Sportlandesräten bei Ihnen im Burgenland, in Ober­pullendorf, diskutieren, und ich hoffe doch, dass das eine gute Basis für die Zukunft ist, und dann können wir es ja im Sportausschuss weiterdiskutieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmidhofer. – Bitte.


16.54.28

Abgeordneter Karl Schmidhofer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Präsidentin des Rechnungshofes! Hohe Volksanwaltschaft! Herr Staatssekretär! Herr Vizekanzler! Ich glaube, in einem Punkt, bei dem es um den Sport geht, eine Erhöhung – die erste seit 2011 – um 50 Prozent zustande zu bringen, das höchste Sportbudget aller Zeiten mit 231 Millionen Euro, das verdient wirklich einen Applaus für alle, die dazu beigetragen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Kollege Köllner, gerade das Burgenland ist da sehr stark drinnen mit der Sport Austria, mit Hans Niessl, mit dem wir da viele Gespräche führen, und ich muss dir ganz ehrlich sagen: Dass diese 560 000 Funktionärinnen und Funktionäre in über 15 000 Vereinen österreichweit eine Struktur haben und organisiert sind, ist ein Glück, denn bei einer Vorgangsweise nach dem Vorschlag von Kollegen Shetty, jedem Kind 200 Euro in die Hand zu drücken und zu sagen: Mach welchen Sport auch immer du machen willst!, wird nicht das herauskommen, was Kira Grünberg gesagt hat: dass der Sport wichtig ist für Körper, Geist und Seele. Diese Aspekte darf man dabei nicht vergessen.

Dass die Infrastruktur, Herr Sportminister, und ich durfte einige Male in den Bundesländern dabei sein, auch wieder auf Vordermann gebracht wird, damit wir die Sportstätten, die wir für sportliche Erfolge im Spitzensport brauchen, auch


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für die Zukunft haben, dafür darf ich wirklich Danke sagen. Der Herr Sport­minister beurteilt nicht irgendetwas vom Schreibtisch aus, sondern wir waren in Saalfelden, wir waren in Saalbach, wir waren in Eisenerz bei den Sprung­schanzen et cetera, et cetera. Das wird wirklich penibel angeschaut und bewer­tet, und erst dann gibt es eine Förderzusage für die Umsetzung.

Zum Schluss freue ich mich natürlich, auch darüber berichten zu können, dass wir gerade im Wintersport bei der letzten Olympiade sehr erfolgreich waren, mit insgesamt 31 Medaillen, inklusive der Paralympics: zwölfmal Gold, zwölfmal Silber, siebenmal Bronze. Also Österreich ist ein erfolgreiches Sportland. Ich danke allen, die dazu beitragen, die ehrenamtlich arbeiten, und vor allem dem Sportminister, dem es gelungen ist – da gibt es wirklich eine prominente Liste an Sportministern: Norbert Darabos, Gerald Klug, Hans Peter Doskozil, H.-C. Strache, die da in den letzten Jahren gewirkt haben, die das nicht zustande gebracht haben –, das Sportbudget auf diese Höhe zu bringen mit dieser Bun­desregierung, der Österreichischen Volkspartei und den Grünen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Mir liegen dazu keine weiteren Wortmel­dungen mehr vor. Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit beendet.

Ich darf mich bei der Präsidentin des Rechnungshofes und den Volksanwälten und auch beim Herrn Vizekanzler recht herzlich bedanken.

16.57.37UG 32: Kunst und Kultur


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zur Untergliederung 32: Kunst und Kultur.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.



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16.57.51

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! – Sie kommt auch. – Herr Kulturminister! – Bleibt er hier, oder? Ich weiß es nicht. – Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Für uns Sozialdemo­kra­tinnen und Sozialdemokraten ist der Kulturbegriff ein sehr breiter, sehr viel umfassender, aber ich hoffe, das teilen wir hier im Hohen Haus, dass Kunst- und Kulturgenuss nicht nur ein Elitenprogramm sein darf, sondern für alle Menschen zugänglich sein soll. Das beginnt bei den Kleinsten und gilt auch für Menschen, denen es möglich sein muss, barrierefrei in Kunst- und Kultureinrichtungen zu kommen.

Nur damit wir einen Begriff davon haben – es ist eine Studie, die schon etwas älter ist, aber damit wir uns das in Erinnerung rufen –: Der jährliche Gesamt­umsatz, der in der Europäischen Union von circa sieben Millionen Kunst- und Kulturschaffenden erwirtschaftet wird – wie gesagt, die Zahlen beziehen sich auf Europa –, beträgt rund 500 Milliarden Euro oder etwas mehr als 4 Prozent des europäischen Bruttoinlandsproduktes. Ich glaube, dass das eine sehr beachtliche Zahl ist, und die Menschen, die von diesem Bereich umfasst sind, erwirtschaften mehr oder belegen mehr Arbeitsplätze als beispielsweise die Automobilindustrie, und der Bereich gilt als drittgrößter Arbeitgeber in Europa.

Das sollte man immer auch vor Augen haben, weil die 11,3-prozentige Erhöhung des Kunst- und Kulturbudgets zwar prinzipiell den Kahlschlag im Kunst- und Kulturbereich verhindert – das ist auch gut so –, aber ich feststellen muss – und Sie können es ja anhand der Budgetzahlen nachlesen –, dass bis 2026 das Budget wieder um circa 90 Millionen Euro abschmilzt. Das heißt, wir sind dann wieder bei einer Zahl, die um 90 Millionen geringer ist als jetzt.

Ich glaube, dass es wichtig ist, auch zu sagen, dass die Basisabgeltung für unsere Bundesmuseen und Bundestheater mit 11 Millionen Euro vorhanden ist, dass aber auch im Gesetz festgeschrieben ist, dass das mit der Jahreszahl 2025 begrenzt ist, dass es aber in dieser Wirtschaftskrise, in der wir uns befinden, die


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sicher nicht so schnell kleiner wird, sondern eher noch ausweiten könnte, wichtig wäre, da den Blick nach vorne zu richten. Damit meine ich: Für innovative Projekte ist leider kein Platz mehr, kein Geld mehr da. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ich bringe nur ein letztes Beispiel, bevor meine Redezeit um ist: In Deutschland wurde jetzt ein Kulturpass für Jugendliche – mit 100 Millionen Euro dotiert – beschlossen. Nächstes Jahr bekommen junge Menschen bis zum 18. Lebensjahr je einen 200-Euro-Gutschein, damit sie Kunst und Kultur konsumieren können – Events, Kultur, Festivals –, denn gerade junge Leute konnten durch Corona nicht in diesen Genuss kommen.

Das ist jetzt nur ein Beispiel dafür, dass vorausschauende und innovative Kulturpolitik einfach mehr Infrastruktur, mehr Geld bräuchte, das ich leider hier in diesem Budget nicht abgebildet sehe. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

17.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.


17.01.27

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Es fällt der Opposition offensichtlich wirklich schwer, irgendetwas zu kritisieren, denn es ist wieder einmal gelungen, eines der besten Budgets für die Kunst und Kultur zu bekommen, und es stehen 620 Mil­lionen Euro zur Verfügung, das sind 11 Prozent mehr. Es ist das beste Budget, das es je gegeben hat. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Großbauer.) Und was im Jahr 2026 ist, werden wir dann sehen.

Es können alle Programme weitergeführt werden und das ist nicht in vielen anderen Bereichen so. Ich darf zwei oder drei Punkte herausgreifen, die


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besonders großartig sind, wie ich finde, nämlich die Umsetzung des Filmstand­ortanreizes für heimische Produktionen, die im Kulturbudget ihren Niederschlag findet. Dies ist ein Modell, das europaweit Anerkennung findet, und es haben bereits mehrere europäische Länder angefragt, um es nachzumachen. Es ist also wirklich ein großes Ding: ÖFI plus Filmanreizmodell.

Die Basissubventionen für die Bundestheater und Bundesmuseen werden aufgrund all der Krisen, die wir kennen – ich muss sie nicht näher benennen –, erhöht.

Was aber auch ganz wichtig ist, ist der ganze Bereich der freien Gruppen, der freien Künstler und Künstlerinnen. Auch da können alle Unterstützungen im Sinne der Förderungen weitergeführt werden.

Inflationsbekämpfung ist also ein Schwerpunkt dieses Budgets.

Ein dritter Bereich, den ich gerne erwähnen würde, sind die Baukostensteige­rungen für jene Projekte wie das Volkskundemuseum, die Praterateliers, aber auch den Ausbau der Salzburger Festspielhäuser. Darauf wird eingegangen, das können wir sozusagen zum Teil; wir wissen ja nicht, wie die Kosten weiter steigen, und die Bauphasen sind ja relativ lang.

Der Denkmalschutz wird in seiner Substanz und was die Unterstützung betrifft erhöht.

Lassen Sie mich zum Schluss ein Thema aufgreifen, das vor allem durch den Boulevard zieht, aber auch von Abgeordneten im Haus angeheizt wird: Es nimmt schon einigermaßen wunder, welche Kunstfeindlichkeit die Oppositionsparteien haben, wenn sie sich über ein Klavier aufregen. Ich kann nur sagen: Dem Parlament tut Kunst gut, und es tut gut, wenn es ein Klavier gibt, wenn dort gespielt wird, wenn all die Festveranstaltungen, die wir haben, durch Musik begleitet werden. Ich würde mir fast so etwas wie ein Parlamentsorchester wünschen – aber es gibt genug, die können wir einladen, bezahlen, auf einem Klavier zu spielen, das noch dazu ein Kunstwerk ist.


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Dazu sei noch gesagt: Die 0,5 Prozent, die bei der Renovierung des Parlaments für die Kunst ausgegeben worden sind, sind ohnehin unter dem normalen Prozentsatz. (Zwischenrufe der Abgeordneten Doppelbauer und Shetty.)

Die Oppositionsparteien wollen keine Kunst im Parlament, das haben sie mehrfach dokumentiert. Es war nicht möglich, eine Arbeit von Heimo Zobernig in den Plenarsaal zu bekommen, mit der Begründung, die natürlich eine Camouflage war: Kunst hat im Parlament nichts verloren.

Ich sage nur: Wir sitzen hier inmitten der Kunst von Mikl und wir werden im Parlament inmitten der Kunst von Hansen und allen anderen sitzen. Und ich kann nur sagen: Seien Sie nicht so kunstfeindlich, wie Sie derzeit agieren!

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden muss. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.05


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Volker Reifenberger zu Wort. – Bitte.


17.05.16

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Hohes Haus! Auch wenn das Budget für Kunst und Kultur wieder steigt, was grundsätzlich positiv anzuerkennen ist, so gibt es bei dem vorliegenden Budgetentwurf doch einiges kritisch anzumerken, denn im Bereich der Kunst und Kultur ist augen­scheinlich kompletter Stillstand eingetreten. Auch heuer werden im Budget wieder viele der gesetzten Meilensteine und Kennzahlen für die Ziel­erreichung vom letzten Jahr unverändert einfach nur wieder ein weiteres Jahr hinausgeschoben. Das gilt zum Beispiel – um nur ein paar wenige Punkte zu nennen – für die Kollektivverträge in den Bundesmuseen und der Österreichi-


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schen Nationalbibliothek, für die Novelle zum Bundestheaterorganisa­tionsgesetz und für die Novelle zum Bundesmuseen-Gesetz. Es wäre langsam, aber sicher gut, Frau Staatssekretärin, wenn hier etwas weiterginge.

Lobend erwähnen möchte ich aber auch, dass die Basisabgeltung für die Bundesmuseen und Bundestheater zumindest kurzfristig wieder erhöht wird. Und im Gegensatz zum schon viel zitierten goldenen Klavier des leider Noch-, aber Nicht-mehr-lange-Präsidenten Sobotka ist das eine sinnvolle Investition. (Beifall bei der FPÖ.)

Aus gegebenem aktuellen Anlass möchte ich aber noch ein anderes Thema ansprechen: Heute wurde im Leopold-Museum ein Klimt-Gemälde von sogenannten Klimaaktivisten mit einer schwarzen öligen Flüssigkeit über­schüt­tet. (Zwischenruf des Abg. Bürstmayr.) Das Bild war zum Glück durch eine Glasscheibe geschützt – hören Sie zu, Herr Kollege! –, sodass es nicht beschädigt wurde. Der Schaden am Glas selbst, am Sicherheitsrahmen, am Boden und an der Wand ist aber erheblich.

Im Naturhistorischen Museum gab es auch bereits einen sogenannten Klebe­versuch, der aber durch aufmerksame Mitarbeiter zum Glück rechtzeitig vereitelt werden konnte.

Ganz Europa wird von diesen Vandalenakten heimgesucht, erinnern Sie sich zum Beispiel an die Vorkommnisse in Paris im Mai, Glasgow, London, Man­chester im Juni, Dresden, Berlin im August, Potsdam, Den Haag im Oktober, und seit einigen Wochen geht es sowieso überall rund. Der deutsche Verband der Restauratoren weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass selbst ein Glasschutz ein Kunstwerk nicht in jedem Fall ausreichend vor Beschädigung schützt. Auch Kollateralschäden an benachbarten Objekten sind bei solchen Schüttaktionen nicht ausgeschlossen.

Daher bringe ich hiermit folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungsaktionen durch Klimaaktivisten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungs­aktio­nen durch Klimaaktivisten unter Einbindung von Vertretern der für den Erhalt des österreichischen Kunst- und Kulturgutes maßgeblichen Museen und Institutionen zu erarbeiten und die für die Umsetzung dieser Maßnahmen entsprechenden budgetären Vorsorgen zu treffen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hörl: ... die Ringstraße auch dabei?)

Aber auch die Medien sind hier in der Verantwortung, denn diesen Chaoten mediale Aufmerksamkeit zu schenken, das ist kontraproduktiv, denn das ist genau das, worauf diese Aktionen abzielen, das ist das, was sie wollen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und ohne jetzt jemanden auf blöde Ideen bringen zu wollen: Ich warte nur dar­auf, dass jemand von der grünen Fraktion sich hier vorne am Rednerpult festklebt. (Heiterkeit des Abg. Brandstätter.) Und, Frau Präsidentin, dagegen sollten Sie Vorsorge treffen! (Beifall bei der FPÖ.)

17.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger

und weiterer Abgeordneter


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betreffend Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschä­digungen und Zerstörungsaktionen durch Klimaaktivisten

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) (UG 32 Kunst und Kultur) in der 183. Sitzung des Nationalrats am 15. November 2022

Der Notwendigkeit und Verpflichtung, das kulturelle Erbe Österreichs umfassend und mit allen erforderlichen Mitteln zu schützen, kommt selbstverständlich höchste Bedeutung zu.

Diesen Erhalt des kulturellen Erbes nicht zuletzt auch im Interesse künftiger Gene­rationen gefährden in letzter Zeit verschiedene Aktionen von Klimaaktivisten, die darauf abzielen, durch Sachbeschädigungen und Attacken auf Kunstwerke in Museen ihren klimapolitischen Ambitionen Nachdruck zu verleihen.

So erfolgte kürzlich in der Londoner National Gallery im Rahmen einer Klimaprotest­aktion ein Anschlag auf ein Van-Gogh-Gemälde durch das Bewerfen des Gemäldes mit Tomatensuppe. Die Süddeutsche Zeitung vom 15. Oktober 2022 berichtete in diesem Zusammenhang wie folgt:

„Die beiden Aktivistinnen hatten das berühmte Gemälde aus dem Jahr 1888 am Freitag mit Tomatensuppe aus der Dose beworfen. Danach hatten sie sich vor dem Kunstwerk hingekniet und ihre Hände an der Wand festgeklebt. Wie die National Gallery mitteilte, blieb das Werk selbst unbeschadet. Nur der Rahmen sei leicht beschädigt worden. Das Gemälde, das einen Schätzwert von umgerechnet rund 84 Millionen Euro hat, war durch eine Glasscheibe geschützt.“

Dass dies kein Einzelfall ist, zeigen nachfolgend beispielhaft angeführte Vandalenakte auf Kunstwerke der letzten Zeit:


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•          Den Haag – Oktober 2022: Klimaschützer werfen eine „unbekannte Substanz“ auf „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ von Jan Vermeer. Das Gemälde wurde nicht beschädigt, da es sich hinter einem Glasschutz befindet.

•          Potsdam – Oktober 2022: Klimaschützer werfen Kartoffelbrei auf ein Gemälde von Monet. Auch dieses Gemälde wurde nicht beschädigt, da der Brei nur auf das schützende Glas vor dem Gemälde traf.

•          Berlin – August 2022: In der Gemäldegalerie trifft es ein Bild von Lucas Cranach dem Älteren (1472-1553): „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“. Zwei Aktivistinnen kleben sich am Rahmen fest. „Stoppt den fossilen Wahnsinn“, steht auf ihren T-Shirts.

•          Dresden – August 2022: Eines der berühmtesten Bilder der italienischen Renaissance, Raffaels „Sixtinische Madonna“ (1512/13), wird Ziel einer Klebeaktion in der Gemäldegalerie Alte Meister. Nur der Rahmen wird beschädigt.

•          Glasgow, London, Manchester – Juni 2022: In mehreren Museen kleben sich Aktivisten an die Rahmen von Gemälden. Die Gruppe Just Stop Oil fordert die britische Regierung dazu auf, keine neuen Öl- und Gasprojekte mehr zuzulassen.

•          Paris – Mai 2022: Ein Mann versucht im Louvre, mit einer Damenperücke verkleidet und in einem Rollstuhl sitzend, die Glasscheibe vor der „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci, einem der berühmtesten Kunstwerke überhaupt, einzuschlagen. Danach beschmiert er die Scheibe mit Torte. Für den Mann nach eigener Aussage ebenfalls ein „Aufruf zum Umweltschutz“. Die „Mona Lisa“ bleibt unbeschadet.

Auch in Österreich gab es bereits im September dieses Jahres einen sogenannten „Klebeversuch“ im Naturhistorischen Museum, der aber verhindert werden konnte.

Die Generaldirektorin des Naturhistorischen Museums, Katrin Vohland, erachtete in einer Stellungnahme dazu gegenüber Wien heute am 1. November 2022 „die Aktionen allerdings persönlich nicht sinnvoll.“ (…) Es ist nachvollziehbar, dass man


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seine eigenen moralischen Ansprüche über alles andere stellt. Das ist aber nicht der Weg“.

Am Donnerstag, 10.11.2022 klebten sich Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" an einem Sockel im Dinosaurier-Saal im Naturhistorischen Museum Wien fest.

Vor diesem Hintergrund sind auch andere Verantwortliche der heimischen Museen bereits alarmiert. So kritisiert auch Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder die Attacken auf Kunstwerke und appellierte im Ö1-Mittagsjournal vom 31. Oktober 2022 an die Aktivisten, die „sinnlosen Anschläge“ einzustellen.

Auf die in diesem Zusammenhang gestellte Frage, wie gut die Albertina vor derartigen Angriffen geschützt sei, antwortete Schröder: „Es ist nicht auszuschließen, dass ein Kunstwerk beschädigt wird.“ Die Sicherheitskräfte seien zwar speziell geschult, und es gebe Notfallkoffer, aber: „Man kann nicht vor jedes Kunstwerk zwei Personen stellen.“

„Wir sind gewöhnt, zu konservieren und denken darüber nach, was wir tun können, damit die Welt, für die wir verantwortlich sind, in tausend Jahren noch so aussieht wie heute. Daher ist ausgerechnet die Beschädigung und die Gefährdung von Kunstwerken, die für die Ewigkeit gemacht sind, ein besonders kontraproduktiver Vandalenakt“, so Schröder gegenüber Wien heute am 1. November 2022.

Der deutsche Verband der Restauratoren weist in diesem Zusammenhang insbe­sondere auch darauf hin, dass selbst ein Glasschutz vor einem Kunstwerk dieses nicht ausreichend vor Beschädigung schütze. Auch „Kollateralschäden“ auf benachbarten Objekten sind bei Schütt-Aktionen nicht auszuschließen.“ (Zeit im Bild 1 vom 01.11.2022)

Daher sind auch von Seiten der Bundesregierung hier im Interesse der Bewahrung des österreichischen Kulturguts und Kulturerbes dringend die entsprechenden Unter­stützungsmaßnahmen zu setzen, die geeignet sind, die für die Bewahrung des heimischen Kulturschatzes Verantwortlichen in den Museen, Bibliotheken, etc. auch in die Lage zu versetzen, diesem einen ausreichenden Schutz gewähren zu können.


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In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend ein Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungsaktionen durch Klimaaktivisten unter Einbindung von Vertretern der für den Erhalt des österreichischen Kunst- und Kulturgutes maßgeblichen Museen und Institutionen zu erarbeiten und die für die Umsetzung dieser Maßnahmen entsprechenden budge­tären Vorsorgen zu treffen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht.

Frau Abgeordnete Maria Großbauer, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte.


17.09.11

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Ein Klavier im neu renovierten Parlament, das ist heute eines der Hauptthemen in dieser Debatte hier, und ob das not­wendig ist. – Ein Klavier im Parlament ist für eine Kulturnation selbstverständlich notwendig – welch peinliche und unwürdige und total populistische Boulevard­debatte über dieses Klavier heute!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Und vor allem sehr geehrter Herr Kollege Scherak von den NEOS! Lieber Niki, ich schätze dich sehr, und wenn du wie in deiner Rede heute von einem selbstbewussten Parlament mit Blick nach Deutschland sprichst, dann darf ich sagen, ich bin eigentlich ziemlich deiner Meinung: Ja, wir sollten ein selbstbewusstes Parlament sein. Und in solch ein Parlament gehört natürlich auch zeitgenössische Kunst hinein – und ein


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Klavier, ja, vielleicht sogar ein Klavier, das auch ein Kunstgegenstand, ein Kunstobjekt ist, mit stilistischen Anklängen an die Wiener Secession! Das ist bitte ein Jugendstilentwurf der Wiener Werkstätten und in größter Hand­werkskunst von Bösendorfer, der letzten Klavierfabrik in Österreich, gebaut. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn man nach Deutschland schaut, was Kollege Scherak so wahnsinnig gerne tut, so kann ich dazu nur Folgendes sagen: In Österreich ist es üblich, dass 1 bis 2 Prozent der Baukosten in Kunst investiert werden, in Kunst am Bau, so nennt man das. Bei unserem Parlament, wie schon Kollegin Blimlinger gesagt hat, sind es 0,5 Prozent. Also wenn man sich über irgendetwas aufregen will, dann kann man sich vielleicht darüber aufregen, dass es nur 0,5 Prozent und nicht 1 bis 2 Prozent sind, die dort in Kunst investiert wurden.

In Deutschland, in der Artothek des Deutschen Bundestages hängen sogar ein Picasso und ein Warhol. Ist das dort auch Prunk und Protz oder ist das Kunst? Also ich frage mich wirklich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition?! Kunst und Kultur sind nicht Prunk und Protz! Da sind wir wieder bei dieser Debatte, die wir auch in der Pandemie geführt haben: ob Kunst und Kultur notwendig sind, ob man das braucht, ob das systemrelevant ist oder ob das existenzrelevant ist.

Also Kunst und Kultur gehören auf jeden Fall auch ins Parlament, und ich würde sagen, auch ein Musikinstrument gehört ins Parlament. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Wenn Gedenkveranstaltungen stattfinden, sind dann schon alle froh, wenn auch Musik gemacht wird, wenn die Musik bei diesen Veranstaltungen auch eine Rolle spielt.

Im Übrigen, falls Ihnen das nicht klar ist: Das gesamte Parlamentsgebäude ist sozusagen ein Kunstwerk, ein architektonisches Meisterwerk nämlich von Theophil Hansen, um das uns übrigens viele Länder beneiden. Eben dieser Theophil Hansen hat auch den Goldenen Saal im Musikverein gebaut.


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Müssen wir den jetzt vielleicht für die NEOS auch auf Pink umfärbeln, weil ihnen das Gold nicht gefällt? – Keine Ahnung. (Beifall bei der ÖVP.)

Ja, wir brauchen ein Klavier im Parlament, auf jeden Fall!

Und ja, wir brauchen ein ordentliches Kulturbudget – und das haben wir für das Jahr 2023 veranschlagt. Wir haben das dritte Mal in Folge ein Plus von 11 Prozent, 63,1 Millionen Euro mehr Budget im Jahr 2023. Es sind insgesamt 620 Millionen Euro im Kulturbudget für das nächste Jahr vorhanden. Damit muss man sich den aktuellen Themen widmen: Die massiven Kostensteige­run­gen betreffen natürlich auch Kunst und Kultur. Die Auslastungszahlen sind bei Weitem nicht da, wo sie einmal vor Corona waren. Die Staatssekretärin hat angekündigt, eine Studie dazu erstellen zu lassen, um zu sehen, was die Gründe dafür sind.

Zurück zur Kunst im Parlament. – Da gibt es natürlich auch einen Kurator. Also es hat sich schon ein Kurator, nämlich Hans-Peter Wipplinger vom Leopold-Museum, überlegt, was da im neuen Parlament geschehen soll. Er hat aber seit heute, nämlich seit 11 Uhr, als eben dieses Klimt-Bild von Klimaaktivisten beschüttet wurde, auch eine neue Baustelle. Auch ich möchte unterstreichen, dass das sicher nicht der richtige Weg ist, für die Erhaltung des Klimas zu kämpfen. Es kann nicht heißen: Klima oder Kunst, sondern ich finde, es gilt, Klima und Kunst zu erhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was Sie bei den Übertragungen hier aus dem Hohen Haus leider nicht so oft zu sehen bekommen, sind tatsächlich die zeitgenössischen Kunstwerke, die Bilder – ganz überdimensional an den Wänden und an der Decke – von Josef Mikl hier in der Hofburg, im Ausweichquartier.

Ja, Kunst gehört immer ins Parlament, in ein lebendiges Parlament. Ich lade Sie ein: Kommen Sie ab Jänner in das neu renovierte Parlamentsgebäude und machen Sie sich selbst ein Bild von Ihrem Parlament! Schauen Sie sich an, welche


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Kunst dort auch integriert wurde, zeitgenössische Kunst vor allem aus Öster­reich! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.13


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Julia Seidl. – Bitte.


17.14.01

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauer:innen auf der Galerie! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Was wir NEOS heute schon für einzelne Bausteine des Budgets definiert und konstatiert haben, das kann ich auch fürs Kulturbudget definieren; das zieht sich halt ein bissel wie ein schwarz-grüner Faden durch: Es ist Reagieren statt Agieren, es ist Korrigieren statt gescheit Aufsetzen und es ist ganz viel Verwalten statt Gestalten.

Man kann beim Kulturbudget aber nicht alles schlechtreden. Das ist genauso wie im letzten Jahr, da haben wir auch schon konstatiert, dass das Kulturbudget im Allgemeinen nicht schlecht ist. Das Gute ist: Das Kulturbudget wurde nicht gekürzt. Es wurde erhöht, was bedeutet, dass die Inflation im großen Rahmen abgegolten worden ist. Fair-Pay-Maßnahmen spielen ebenso eine Rolle wie das Bewusstsein für gestiegene Energiekosten.

Wir hätten gerne, dass diese Basisabgeltung von den Bundesinstitutionen endlich inflationsangepasst wird. Das wäre ein wirklich großer Schritt und auch ein Schritt in die Zukunft, um nicht jedes Jahr über dieses Budget dis­kutieren zu müssen. Das wäre unserer Meinung nach etwas, von dem wir sagen, das hat mit Zukunft zu tun, das geht in die Richtung, die wir langfristig auch beibehalten können.

Ansonsten mangelt es leider im Kulturbudget auch an Zukunftskonzepten. Ein Punkt fehlt mir besonders, und das ist das Thema Investitionen in die Umsetzung eines umfassenden Baukulturprogramms, einer Agentur für Baukultur, die schon


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sehr lange gefordert wird; ein Thema, das in Österreich keine bedeutende Rolle einnimmt, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, wo es eine lange Tradition für Baukultur gibt.

Warum ist Baukultur so wichtig und warum ist Baukultur ein großer Hebel für die Zukunft? – Es geht um nichts weniger als um unsere gebaute Umwelt, und dort kann man viele Dinge wirklich richtig gut machen. Es geht darum, Lost Places, vergessene Orte in Stadt- und Ortskernen, endlich wiederzubeleben. Es geht darum, langfristig lebenswerte Gemeinden zu schaffen und Mehrfach­nutzungen in den Fokus zu stellen, um weniger Verbrauch von Fläche – ein Rie­senproblem in Österreich, dem wir uns endlich stellen sollen. All das kann eine effiziente Baustruktur und eine sehr gut gestaltete Baukultur schaffen. Besonders beim Thema Flächensparen – ich möchte es noch einmal erwähnen – haben wir in Österreich wirklich ein Riesenproblem. Die Investition in einen strukturierten Umgang auch mit Förderungen zum Thema Baukultur über eine Agentur für Baukultur nach dem deutschen Modell, das ähnlich dieser Bundes­stiftung agiert, könnte sehr viel Einsparungspotenzial liefern.

Insofern würde ich mir wünschen, dass wir, wie auch im Aufbau- und Resi­lienz­plan vorgesehen, die Entwicklung eines Baukulturprogramms endlich in Umsetzung bringen. (Beifall bei den NEOS.)

17.17


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Staatssekretärin Andrea Mayer zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.17.20

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete zum Nationalrat! Ich darf zu Beginn meiner Ausführungen kurz zu der heutigen Aktion im Leopold-Museum, die uns alle irgendwie berührt hat, Stellung nehmen: Ich kann die Anliegen und auch die Verzweiflung der Aktivistinnen und Aktivisten nachvollziehen. Auch mir geht vieles im Bereich


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Umwelt- und Klimaschutz zu langsam, ich glaube aber nicht, dass Aktionen wie diese zielführend sind, denn sie führen eher zu mehr Unverständnis als zu mehr Bewusstsein für die Klimakatastrophe. Kunst und Kultur waren immer schon Verbündete für neue Entwicklungen und sind auch Verbündete gegen die Klima­katastrophe und keine Gegner! – So viel dazu. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Budget legt die Bundes­regierung neuerlich ein starkes Bekenntnis zur österreichischen Kunst- und Kulturlandschaft ab. Insgesamt stehen im Jahr 2023 für Kunst und Kultur 620 Mil­lionen Euro zur Verfügung; das sind 63 Millionen Euro oder rund 11 Prozent mehr als im Jahr 2022. Wir haben jetzt das dritte Jahr hintereinander einen his­torischen Höchststand – also wenn Stillstand in der Kulturpolitik so aussieht, bei diesem Budget, mit dem wir so viel gestalten und abfedern können, dann muss man das Wort Stillstand umdeuten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Die Steigerung des Budgets ist notwendig, um auf die gegenwärtigen Heraus­forderungen reagieren zu können. Öffentlich geförderte Kunsteinrichtungen sind genauso wie alle anderen Gesellschaftsbereiche von massiven Kostensteige­rungen betroffen. Die Auslastungszahlen sind seit dem Frühjahr zwar ansteigend, aber noch nicht dort, wo sie vor Corona waren. Daher können die Kultur­ein­richtungen diese Teuerungen nicht ausreichend aus eigener Kraft ausgleichen. Ich möchte Sie, sehr geehrte Damen und Herren, auch herzlich einladen: Besuchen Sie Kulturveranstaltungen! Es ist alles geöffnet, es gibt ein tolles Angebot quer durch ganz Österreich. Man kann auch bei Weihnachts­geschen­ken an Kulturveranstaltungen denken. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Yılmaz.)

Der Bund nimmt seine Verantwortung in der gesamten Breite wahr, von den bundeseigenen Kultureinrichtungen bis zur freien Szene, und wir stellen zusätzliche Mittel für maßgeschneiderte Fördererhöhungen zur Verfügung. Für die Bundestheater und die Bundesmuseen ist eine Erhöhung der Basis­abgeltung in der Höhe von 22 Millionen Euro vorgesehen – abermals, nach der


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Erhöhung im vorigen Jahr, auch heuer eine Erhöhung der Basisabgeltung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch unsere Fair-Pay-Zuschüsse können wir absichern und wie schon angekün­digt ausbauen.

Aufgrund der Baukostensteigerungen schießt das Bundesministerium für Kunst und Kultur zu den Sanierungsprojekten Praterateliers und Volkskunde­museum insgesamt 5 Millionen Euro aus nationalen Mitteln zu. Diese Ergänzung zu den EU-Aufbau- und Resilienzplanmitteln ist notwendig, um die geplanten Umsetzungen abzusichern, und das, sehr geehrte Frau Abgeordnete Seidl, ist gelebte Baukultur. Das ist kein Papier, sondern es ist gelebte Baukultur. Wir renovieren das Volkskundemuseum, die Praterateliers nach einem nachhaltigen Standard, State of the Art. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein weiterer wichtiger Meilenstein – damit wir nicht nur von Absicherung reden – ist das Filmanreizmodell, ein neuer Förderimpuls für den österreichi­schen Filmstandort. Jahrzehntelang hat diese Forderung bestanden. Jetzt wird sie beschlossen und umgesetzt, und auch dafür sind 15,5 Millionen Euro für 2023 vorgesehen. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Kunst und Kultur haben in Zeiten sich überlagernder Krisen besondere gesellschaftliche Relevanz. Kultureinrichtungen sind Orte der Begegnung, des Austauschs, der Reflexion, der Bildung, der Gemeinschaft, der Solidarität. Es sind Räume, die wir gerade jetzt so dringend brauchen, wo wir auch einmal Abstand zu unserem alltäglichen Leben bekommen und neue Kraft und Anregungen tanken können. Das Ihnen vorlie­gende Budget trägt genau dieser Bedeutung von Kunst und Kultur Rech­nung, es stärkt die Resilienz kultureller Infrastruktur und weist mit neuen Impul­sen in die Zukunft. Ich danke für Ihre Unterstützung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.23



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 357

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Sibylle Hamann zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.23.06

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Frau Präsidentin! Liebe Frau Staats­sekretärin! Wir reden über Kunst und Kultur, da muss man halt immer auch über die Menschen reden, die Kunst und Kultur machen, und über das Geld, das sie dabei verdienen. Es sind heute schon die Worte Prunk und Protz gefallen. Davon reden wir da nicht, denn was Menschen mit Kunst und Kultur verdienen, ist oft sehr wenig.

Wir wissen das: Menschen arbeiten in dieser Branche oft ohne fixe Anstellung, in prekären Verhältnissen, in Jobs ohne Mindestlohn oder guten KV. Da ist oft viel Selbstausbeutung dabei und das hält man in einer künstlerischen Biografie am Anfang manchmal für normal. Da ist man bereit, auf einiges zu verzichten, denn man brennt ja für die Sache. Aber auch Künstler und Künstlerinnen werden älter, wie wir alle, und sie haben Familie und sie gehen Verpflichtungen ein und sie sind verwundbar, und dann kommen sie recht schnell drauf, dass man von Lob und von guten Kritiken und vom Schulterklopfen allein keine Rechnungen zahlen kann. An diesem Punkt, glaube ich, und das ist unser grünes Verständnis, darf Kulturpolitik die Menschen, die Kunst und Kultur machen, nicht alleinlassen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kulturpolitik und auch dieses Kulturbudget helfen mit, dass Menschen, die Kunst und Kultur machen, von ihrer Arbeit auch halbwegs anständig leben können, dass sie ihre Miete zahlen können, ihre Waschmaschine, ihre Zahnarztrech­nun­gen und diverse Ausgaben für die Kinder. Deswegen gibt es auch in diesem Budget das Fair-Pay-Programm. Das ist eine gemeinsame Initiative von Bund, Ländern, Städtebund und Gemeindebund, gemeinsam erarbeitet mit den Interessengemeinschaften des Kultursektors. Ich werde dazu noch ein paar Worte sagen.


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Im vergangenen Jahr schon gab es dafür 6,5 Millionen Euro in einer Art Pilotpro­gramm. Das wird nun wesentlich auf 9 Millionen Euro im kommenden Jahr aufgestockt. Ich kann auch schon verraten: Dieses Programm wird definitiv auch danach weitergeführt. Dieses Geld fließt in die freie Szene. Bisher war es ja oft so: Man beantragt Förderungen für eine Produktion, dann wird weniger bewilligt als kalkuliert, mittlerweile steigen auch noch die Preise und am Ende kürzt man halt dann bei den Künstlern und Künstlerinnen, damit sich alles irgendwie halbwegs ausgeht. Genau diese Lücke wird mit Fair Pay geschlossen. Das Geld, das zur Verfügung gestellt wird, muss ausschließlich in die Löhne und Gehälter fließen. Das sorgt dafür, dass sich gewisse Mindeststandards etablieren und eingehalten werden, was Honorare, was Stundensätze betrifft. Das heißt, das hilft allen Gruppen und Kulturinstitutionen, die eigentlich fair sein wollen. Es gibt ihnen die Möglichkeit, tatsächlich auch wirtschaftlich fair zu handeln. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

All das ist, wie auch die Kulturstaatssekretärin weiß, kein einfacher Prozess. Da müssen viele umdenken, da müssen viele Verantwortung übernehmen und mithelfen. Das ist dennoch extrem wichtig, deshalb ein großes Danke an alle, die sich mit großer Ausdauer an diesem schon langen Prozess seit Jahren betei­ligen, auch das BMKÖS in Ihrer Person wird hier definitiv nicht lockerlassen, damit sich faire Bezahlung auch in der Kultur langfristig durchsetzt und damit Künstler und Künstlerinnen gut leben können, gerade in einem Land, das sich selber Kultur­nation nennt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

17.26


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.


17.26.58

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Frau Staats­sekretärin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe


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Zuseherinnen und Zuseher! Ja, es gibt ein Plus im Kunst- und Kulturbudget, das ist heute schon erwähnt worden. Das ist eine Steigerung von 11 Prozent. Diese 11 Prozent sind aber aktuell die Inflation, das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit sagen.

Es gibt eine Erhöhung bei der Basisabgeltung für die Bundesmuseen und die Bundestheater und höhere Auszahlungen für Kunst- und Kulturförderung. Das ist wichtig und gut, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, aber was ist eigentlich mit allem anderen, das heute auch schon angesprochen wurde, und darüber hinaus? Was bleibt wirklich übrig, Frau Staatssekretärin, für echte, faire Bezah­lung von Künstlerinnen und Künstlern?

Kollegin Hamann hat den Prozess angesprochen, den Fair-Pay-Prozess oder die Fair-Pay-Strategie. Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, davon hat kein Künstler, keine Künstlerin schon einen Cent mehr. Das geht sich einfach noch nicht aus, wenn man in einem Prozess steckt. Wir finden auch nichts im Budget, womit für alle Künstlerinnen und Künstler wirklich Fair Pay ermöglicht wird. Wir finden nichts, es gibt nichts – das in Zeiten, in denen viele wirklich nicht mehr wissen, wie sie sich Mieten, Lebensmittel, Heizen und Strom leisten sollen. Es sind viele Menschen davon betroffen, aber eben auch Künstler:innen, weil immer noch Arrangements fehlen, weil es immer noch Spielstätten gibt – es wurde auch schon angesprochen –, die halb leer sind, und – in aller Offenheit – die Coronahilfen ausgelaufen sind. Es gibt ganz einfach keine neuen Töpfe mehr und Künstlerinnen und Künstler werden hängen gelassen. Es gibt dazu nichts im Budget.

Apropos Teuerung, die Frau Staatssekretärin hat es angesprochen: Wenn man sich das alltägliche Leben nicht mehr leisten kann, dann wird es wirklich schwer, Theater, Konzerte und vieles mehr zu besuchen. Wir als Abgeordnete, als Staatssekretär:innen, als Minister:innen können das stemmen und diese Karten zahlen, aber viele andere haben einfach kein Geld mehr, das dafür übrig ist, und das ist wirklich fatal. Ich frage mich, Frau Staatssekretärin, wo bleibt der Plan, um da gegenzusteuern? Im Budget ist er nicht. Kunst und Kultur wird zunehmend


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zum Luxusgut, und die Einmalzahlungen und Almosen, die die Bundesregierung leistet, zahlen auch noch keine Theaterkarte, weil sich das ganz einfach nicht ausgeht. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen weiteren Aspekt möchte ich abschließend auch noch erwähnen: die Kultur­vermittlung. Mit Kunst und Kultur in Berührung zu kommen, und das wahn­sinnig früh oder so früh wie möglich – ob im Bereich der Musik, im Bereich der Literatur, am Theater, in den Museen –, ist wirklich das Um und Auf. Es ist nicht nur wichtig für die einzelne Person, sondern für unsere gesamte Gesellschaft, und beinhaltet ganz einfach einen umfassenden und breiten Kunst-, Kultur- und Bildungsbegriff. Deshalb – ich habe das auch schon im Budgetausschuss gefragt –: Wo sind bitte die Mittel für kulturelle Bildung im Budget für Kunst und Kultur abgebildet? – Wir finden nichts, und es gibt auch nichts!

Es braucht aber Kulturvermittlung und kulturelle Bildung von klein auf, und das bis ins hohe Alter, weil Kunst und Kultur wirklich einen ungemeinen Wert für und in einer offenen und demokratischen Gesellschaft hat. Der Zugang zu Kunst und Kultur macht viel für unsere Demokratie. Offen gesprochen: Diesem Wert müssen wir endlich auch durch ein ausreichendes Budget gerecht werden! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.30


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Smodics-Neumann. – Bitte.


17.30.40

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Kunst und Kultur unterhält, Kunst und Kultur bildet und Kunst und Kultur ist auch ein großer wirtschaftlicher Faktor, der Arbeitsplätze schafft, der Arbeitsplätze erhält, indem zum Beispiel Zulieferfirmen für Kunst und Kultur Aufträge generieren.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wie wichtig der Bundesregierung Kunst


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und Kultur ist, hat sie bereits in der Pandemie gezeigt, als mit bestmöglichen Mitteln Kunst- und Kulturbetriebe unterstützt wurden. Und auch jetzt zeigt sich das wieder im Budget, das für Kunst und Kultur vorgesehen ist: 620,2 Millionen Euro, eine Steigerung von 11,3 Prozent, die in vielen Bereichen ihre Anwendung finden wird, zum Beispiel für die Abgeltung in den Bundestheatern und Bun­desmuseen und für diverse Förderungen.

Ich möchte auf einen ganz speziellen Faktor ganz besonders eingehen, was in Planung und in Vorbereitung ist, nämlich auf die Stärkung des Filmstandorts Österreich. Da soll ein Anreizmodell geschaffen werden, um nationale und internationale Filmproduktionen nach Österreich holen zu können. Österreich steht in einem ganz intensiven Wettbewerb mit anderen Filmlocations. Wir wissen, dass der österreichische Film, wenn er in die Welt hinausgetragen wird, immer sehr gute Ergebnisse bringt. Wir wissen aber auch, dass, wenn Filme in Österreich gedreht werden, das sehr viele indirekte und direkte Auswirkungen hat, auch auf den wirtschaftlichen Teil: Es gibt Aufträge für die Wirtschaft, Touristen kommen und wollen sich einen Filmdrehort anschauen, die Visiten­karte Österreich wird in die ganze Welt hinausgetragen, Wertschöpfung wird generiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Für mich besteht die Schaffung eines klugen Budgets aus zwei Elementen: Das eine ist das Abfedern von aktuellen Herausforderungen und das andere ist ein nachhaltiges Investment in zukünftige Wertschöpfung.

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zum heute oft kritisierten Bösendorfer-Flügel im zukünftigen oder im alten, wieder neuen Parlament! Ich lade Sie ein: Wenn wir dann das Parlament bezogen haben und Sie an diesem Flügel vorbeigehen, sehen Sie ihn auch als ein Kunsthandwerk! Bevor nämlich ein Virtuose diesem Flügel tolle Klänge entlocken kann, hat es einen Meister­hand­werker gegeben, der diesen Flügel gebaut hat, noch dazu in einem österreichi­schen Unternehmen, das in Österreich produziert und das in Öster­reich Lehrlinge ausbildet und somit dieses tolle Wissen, das wir in Öster­reich mit unseren Meisterhandwerken haben, auch an die Jugend weitergibt. Ich


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lade Sie ein, denken Sie einmal darüber nach! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Weratschnig.)

17.34


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte.


17.34.15

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe ÖVP, die Geschichte mit dem goldenen Flügel fürs Parlament versteht überhaupt niemand, und dass Sie das jetzt auch noch verteidigen, ist das Symbol für eine absolut abgehobene Politik geworden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.) Das ist nicht zu verteidigen! (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Aber nun zum Kulturbudget. Es ist zu begrüßen, Frau Staatssekretärin, dass das Kulturbudget erhöht worden ist. Es geht immerhin um einen Bereich, der durch die Coronakrise sehr getroffen, sehr gebeutelt worden ist und in dem wir auch weiter unterstützen und vieles ermöglichen wollen. Es ist ja noch nicht ausgestanden, Sie haben es angesprochen, meine Kollegin Kucharowits hat es vorhin angesprochen, Stichwort: Publikumsschwund. Die Kulturveranstaltungen sind nach wie vor nicht in dem Ausmaß besucht und nachgefragt, wie das früher in unserem Land der Fall gewesen ist. Dafür gibt es natürlich mannigfache Gründe, und da muss man weitersuchen und schauen, wie man entsprechend unterstützen kann.

Für die Sozialdemokratie hat die Kulturpolitik immer zwei Standbeine gehabt. Das eine Standbein ist, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Kultur sich entwickeln kann, dass Kultur in ihrer Vielfalt erschaffen werden kann, dass die Kulturschaffenden faire Honorare bekommen und sozial abgesichert sind. Das zweite Standbein ist die Frage des Zugangs zu Kultur, die Frage, dass Kultur allen Menschen in unserem Land auch wirklich zugänglich sein muss. Unter dem


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Begriff Kultur für alle war das immer eine sehr wichtige Vorstellung, eine sehr wichtige Forderung der Sozialdemokratie.

Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich auch die Frage des Publikumsschwun­des beleuchten. Sie (in Richtung Staatssekretärin Mayer) haben eine Studie in Auftrag gegeben, mit der Sie nachschauen lassen wollen, warum die Leute nicht mehr zu den Kulturveranstaltungen gehen. – Das ist gut, schauen wir uns an, was da herauskommt!

Es gibt aber andererseits auch Umfragen, die uns zeigen, dass die Leute unter den gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen schon sehr zu sparen beginnen müssen. Dazu, sehr geehrte Damen und Herren, brauchen wir ja gar keine Umfragen, da brauchen wir nur zu reden, und dann hören wir, dass die Leute sparen, einerseits, weil sie durch die Teuerung jetzt schon sehr unter Druck sind, und andererseits, weil sie sich davor fürchten, was noch auf sie zukommen kann, was heute noch nicht abschätzbar ist. Und da müssen wir vielfältig eingreifen und handeln.

Ein wichtiges Modell, von Kollegin Heinisch-Hosek vorhin angesprochen, ist dieser deutsche Kulturpass für Jugendliche, mit dem Jugendlichen ein Guthaben von 200 Euro zur Verfügung gestellt wird, um Kulturveranstaltungen zu besuchen. Andererseits können wir das nicht nur aus dem Kulturbudget leisten, sondern wir müssen den Leuten insgesamt – Gaspreisdeckel, Winterhilfe – unter die Arme greifen, damit sie sich das Leben leisten können und dann auch noch die Kultur. (Beifall bei der SPÖ.)

17.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig. – Bitte.


17.37.58

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Ein gut dotiertes Kunst- und


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Kulturbudget hat eine besondere gesellschaftspolitische Aussagekraft. Ein gut dotiertes Kulturbudget sagt auch sehr viel über unsere Demokratie aus. Was täten wir ohne Kultur, was täten wir ohne Fantasiewelten, ohne Kreativität, ohne Kultur als mannigfaltige Lebensform, ohne Ausdruck des kritischen Dis­kurses?

Kunst zeigt auf, Kunst rüttelt auf, Kunst bewegt, Kunst belebt, Kunst belebt vor allem auch unsere Sinne.

Das Kunst- und Kulturbudget ist Ausdruck eines ausgeprägten demokratischen Verständnisses. Wir spürten alle in der Pandemie, was uns abging, welche Sehnsüchte wir hatten, welche Entbehrungen. Da gehört auch Kunst am Bau dazu, da gehört aber auch dazu, Musikstücke bei einer Veranstaltung zu spielen, und wenn, dann auch auf einem Klavier. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.) Das ist Zeichen von kulturellem, demokratischem Verständnis.

Bundestheater, Bundesmuseen, ehrenamtlich Tätige in den Vereinen, pro­fes­sionelle Kunst in allen Bundesländern: Alles gehört zu diesem Kunst- und Kulturbegriff, in unterschiedlicher Diversität, in unterschiedlicher Ausprägung und Differenziertheit, und wir wissen, dass alle Ebenen – Bund, Länder und Gemeinden – da gefordert sind, dass die Privatwirtschaft in ihren Möglichkeiten aufgerufen ist, wenn es um Sponsoring geht.

Ich zitiere einen deutschen Soziologen, Niklas Luhmann, der sagt: „Kultur im modernen Sinn ist immer die als Kultur reflektierte Kultur, also eine im System beobachtete Beschreibung.“

Ich glaube, das beschreibt diesen kritischen Diskurs in der Kunst und Kultur sehr gut. Es ist natürlich auch eine sehr spannende Diskussion in der Soziologie, die da im Austausch mit der Kritischen Theorie und Jürgen Habermas geführt wurde, in der die beiden eine ganz unterschiedliche Auffassung von Soziologie hatten: Hat Soziologie eine moralische Aufgabe oder ist Soziologie mehr moralische, soziale Utopie?


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Was will ich damit sagen? – Ich will damit sagen, dass Politik und Ethik zusam­mengehören und auch wir hier im Parlament uns diese Fragen stellen müssen: Politik und Ethik im kritischen Diskurs; Kunst und Politik, ein Verhältnis, das auch kritisch zu beleuchten ist (Beifall bei den Grünen), ein Verhältnis, das wir zu betrachten haben, auch ständig zu hinterfragen haben.

Zurück zum Budget: Es wurde bereits gesagt, das Kulturbudget steigt um 63 Mil­lionen Euro, 11,3 Prozent. Das sind mehr Mittel für Bundestheater und Bun­desmuseen – die Bundestheater und Bundesmuseen sind damit gesichert –, das ist aber auch eine sehr notwendige Erhöhung der Mittel für das Öster­reichische Filminstitut um 15,5 Millionen Euro.

Werte Abgeordnete! Wir alle hier haben Aufgaben betreffend Kunst und Kultur, vor allem auch dort, wo wir in den Wahlbezirken tätig sind, wo wir mit Initiativen arbeiten, wo die Förderlandschaft auch Ressourcen braucht. Daher auch hier mein Aufruf: Wir müssen, was die Förderlandschaft für Kunsttätige und Kultur­initiativen betrifft, die Bedingungen auch erfüllbarer gestalten, damit dieses Geld, diese Ressourcen auch abholbereiter sind. Da sind wir gefordert (Beifall bei Abgeordneten der Grünen), sowohl auf Bundesebene als auch auf Länderebene.

Ich schließe meine Rede mit einem Zitat von Christoph Schlingensief: „Kunst wird erst dann interessant, wenn wir vor irgendetwas stehen, das wir nicht gleich restlos erklären können.“ – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

17.42


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ruth Becher. – Bitte.


17.42.22

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein neues Budget


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für Kunst und Kultur liegt vor, und so ein Budgetentwurf verleitet natürlich auch immer dazu, einen Vergleich mit dem Vorjahresbudget zu machen.

Das Budget 2021 hatte sicher etwas Astronomisches, aber eigentlich weniger wegen der Höhe, sondern weil es dort ein Schwarzes Loch gegeben hat, und dieses Schwarzes Loch waren die Mittel zur Bewältigung der Covid-19-Krise im Umfang von rund 60 Millionen Euro. Dieses Geld durfte – und auch das ist mir wichtig zu sagen – hier im Haus beschlossen werden, aber über die Vergabe und die Kontrolle durften wir hier im Parlament nicht reden.

Transparenz sieht anders aus, und wo Transparenz fehlt, stellt sich auch immer ein schlechter Geruch ein; und das ist etwas, vor dem wir den Kunst- und Kulturbetrieb unbedingt schützen sollten.

Anstelle der Mittel zur Bewältigung der Coronakrise braucht es in diesem aktu­ellen Entwurf zusätzliche Mittel gegen die Teuerung. Kosten für Löhne, Gehälter, Honorare, Energie, Materialien, Mieten steigen, und diese Steigerungen sind natürlich im neuen Budget auch abgebildet. Hilfestellungen für besondere Härte­fälle – wie bei der Coronakrise für betroffene Künstlerinnen und Künst­ler – fehlen aber. Finanzielle Vorkehrungen im Falle einer solchen Krise sind im kom­menden Budgetentwurf nicht vorhanden, der ist da völlig blank.

Tatsache ist, dass die Coronakrise in den Kulturhäusern der Republik noch nicht wirklich überwunden ist. Kartenverkäufe sind deutlich – und wir haben das heute schon gehört – unter dem Vorkrisenniveau und hinken stark hinterher.

Positiv zu sehen ist aber die Erhöhung der Basisabgeltung für Bundesmuseen und Bundestheater im Umfang von jeweils 11 Millionen Euro. Leider ist aber auch da ein handwerklicher Fehler passiert, denn diese Maßnahmen sind als temporäre Maßnahmen angelegt, und im Jahr 2025 sollen die Mittel wieder auf das niedrigere Niveau zurückfallen. Das ist natürlich unsinnig, weil vor allem die Lohnkosten und die Mieten nicht auf dieses Vorkrisenniveau zurückfallen werden.


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Um die Zahlen in einen großen Kontext zu stellen: Die Republik Österreich gibt als Bund 0,29 Prozent des BIP für Kultur aus. Eine richtige Zielvorgabe für die Kulturnation Österreich wäre 1 Prozent des BIP. Es braucht daher mittelfristig dreimal so viele Mittel wie jetzt, das wäre ein ambitionierter Budgetansatz. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hans Stefan Hintner. – Bitte.


17.45.59

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst darf ich meinen niederösterreichischen Landsleuten alles Liebe und Gute zum Landesfeiertag wünschen – noch einen schönen Leopoldi zu Hause! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Zorba und Scherak.)

Vorerst ein paar Anmerkungen: Zum einen beschließen wir das höchst dotierte Kulturbudget aller Zeiten, und zum anderen sind Budgets ja auch subsidiär zu sehen – es gibt die Länder, es gibt die Gemeinden, es gibt sehr viele Private, von denen kulturelles Leben ausgeht.

Wenn ich an die Stadt Mödling denke, dann kann ich sagen, dass wir auch in schwierigen Zeiten unseren Theaterbetrieb fortgesetzt haben. Ich darf mich da auch recht herzlich bei unserem Impresario Prof. Bruno Max bedan­ken, der erst vor Kurzem das Goldene Ehrenzeichen des Landes Niederöster­reich erhalten hat.

Auch von Baukultur war die Rede: Dazu kann ich sagen, als Bürgermeister freut es mich, Ihnen ebenfalls mitzuteilen, dass Mödling zu den Gewinnern des Baukulturpreises des heurigen Jahres gehört.

Da auch die Rede davon war, wie wir mit den sozial Schwächeren umgehen, was die Öffnung der Kulturbetriebe anbelangt, so darf ich schon auf eine Initiative


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verweisen, die sich Hunger auf Kunst und Kultur nennt. Die Stadtgemeinde Mödling ist am 12. März 2011 dieser Initiative beigetreten, die gewährleistet, dass sozial Schwächere – mittlerweile auch Vertriebene – mit diesem Kulturpass viele kulturelle Einrichtungen, für die Eintritt zu zahlen wäre, gratis besuchen können. Ich kann nur sagen: Bringen Sie diese Initiative unter die Leute! Wenn ich auf Niederösterreich klicke, sehe ich Tulln, sehe ich Mödling; ich sehe Schwechat nicht, aber ich weiß, dass Bürgermeisterin Karin Baier da sicherlich initiativ werden könnte.

Ich möchte noch ganz kurz auf einen Bereich eingehen, für den das Kulturbudget nicht zuständig ist, der mir aber ein Anliegen ist, weil ich die „Wiener Zeitung“ natürlich auch für ein Kulturgut halte. Wir wissen, seit über 300 Jahren ist sie am Markt. Wir wissen auch, dass da an den Parametern gedreht worden ist, und wir wissen auch im Allgemeinen, dass leider Gottes der Printbereich in allen Bereichen zurückgeht. Wir wissen, dass die Tageszeitungen auf online setzen. Es ist vielleicht auch eine Generationenfrage: Für mich ist dieses sinnliche Erlebnis von Zeitungspapier sehr, sehr wichtig, von meinem Sohn weiß ich, dass da alles nur mehr online geht.

Selbst die links stehende deutsche „Taz“ musste, wie ich gelesen habe, umstellen, und bemerkenswert war für mich ein Twitter-Kommentar eines bekannten „ZiB2“-Redakteurs, der gemeint hat: Ja, das ist der Zug der Zeit, dass wir schön langsam alles auf online umstellen müssen!

Seit den Entscheidungen zur „Wiener Zeitung“ vernehme ich Proteste, Resolu­­tionen, Solidaritätsbekundungen. Ich selbst bin ja ein Abonnent der „Wiener Zeitung“ (eine Ausgabe der genannten Zeitung in die Höhe haltend), viele von Ihnen wissen vielleicht gar nicht, wie sie aussieht. Mich hätte jetzt nur interessiert, wer von Ihnen persönlich ein Abonnement der „Wiener Zeitung“ hat. (Abg. Ofenauer hebt die Hand.) Ich glaube nicht, dass es so viele sind, wie sich da in der Öffentlichkeit äußern, was ich sehr bemerkenswert finde. Wir wissen auch seit Jahrzehnten, dass da eine Umstellung erforderlich war und ist, insbeson­dere was den Wunsch der Wirtschaft anbelangt.


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Eine Schlussbemerkung noch von mir: Gar nicht glaubhaft sind für mich die Solidaritätsbekundungen der SPÖ, was den Printbereich anbelangt. Sie wissen schmerzlich: „Arbeiter-Zeitung“, gegründet unter Victor Adler, eingestampft unter Franz Vranitzky. Sie haben bis heute auch keine „AZ“-online zusammen­ge­bracht, und ich denke, dass weder kontrast.at noch die Neue Zeit vom Niveau her an die alte Print-„AZ“ herankommen. – Freundschaft! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Lercher.)

17.50


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Totter. – Bitte.


17.50.18

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsi­den­tin! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und auf der Galerie! Von der Südoststeiermark bis nach Salzburg, vom Bodensee bis zum Neusiedler See: Ganz Österreich ist reich an Kunst und Kultur. Bei uns gibt es sowohl kleinste Initiativen in den vielen Gemeinden als auch große Produktionen der Hochkultur an den bekannten Häusern in den Landeshauptstädten, in der Bundeshauptstadt und bei den Festspielen. Überall sind es engagierte und kreative Menschen, die all diese Initiativen im Bereich Kunst und Kultur möglich machen. Ihnen allen sage ich dafür ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei all dem ehrenamtlichen Engagement so vieler: Kunst und Kultur müssen auch finanziert werden. Wenn wir uns nun das Kulturbudget ansehen: Es zeigt sich klar, dass Parlament und Bundesregierung gemeinsam ihr Bestes geben, um den Kulturstandort Österreich zu stärken. Wir haben das heute bereits mehrmals gehört, dennoch ist es wichtig, es zu betonen. Für das Jahr 2023 ist eine Steige­rung des Budgets für Kunst und Kultur um 63 Millionen Euro auf insgesamt 620 Millionen Euro vorgesehen. Vielen Dank dafür an unseren Finanzminister


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Magnus Brunner und an Frau Staatssekretärin Andrea Mayer! (Beifall bei der ÖVP.)

Einige wichtige Schwerpunktsetzungen aus dem Budget 2023 möchte ich gesondert erwähnen: „Stärkung des Frauenanteils an der Einzelperso­nen­för­derung des Bundes im Kunstbereich“, „Zurverfügungstellung von Start­stipendien für den künstlerischen Nachwuchs“, „Unterstützung der Mobilität von Künstlerinnen und Künstlern“, „Stärkung der internationalen Positio­nierung des Österreichischen Films“.

Wir sehen also, dass die zusätzlichen Mittel vernünftig verwendet werden, um das kulturelle Erbe und die staatlichen Kultureinrichtungen abzusichern, einen breiten Zugang der Öffentlichkeit zu Kunst- und Kulturgütern zu gewährleisten und nachhaltig stabile Rahmenbedingungen für die zeitgenössische Kunst und deren Vermittlung zu gewährleisten. Besonders wichtig ist mir, dass gerade die Künstlerinnen und Künstler in den ländlichen Regionen und Gemeinden bei der Verteilung der Mittel auch entsprechend berücksichtigt werden. Darum bitte ich natürlich auch heute.

Ich bin besonders stolz darauf, dass in meiner Region, der Südoststeiermark, so viel im Bereich Kunst und Kultur getan wird. Viele Projekte verdienen es, hier genannt zu werden. Dieses Mal möchte ich besonders die Neue Stadt Feldbach und die dortigen Kulturinitiativen stellvertretend für alle anderen hervorheben. Die Palette an Angeboten reicht von den Feldbacher Sommerspielen über den Literaturwettbewerb bis hin zu den vielfältigen Veranstaltungen im Heimat­museum Tabor, in der Kulturwerkstatt, in der Bibliothek oder in den Veranstal­tungszentren.

All das, meine Damen und Herren, wird von den Vereinen, den Organisationen, der Gemeinde und den vielen Ehrenamtlichen sowie den Künstlerinnen und Künstlern getragen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.53



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 371

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Engelberg. – Bitte.


17.53.59

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Staats­sekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich versuche, ein bisschen zusammenzufassen, was es zu diesem Kapitel zu sagen gibt. Ich glaube, es ist oft genug erwähnt worden, dass es eine Erhöhung des Kulturbudgets gibt, die für eine klare Absicherung der Kulturbetriebe und der Kulturschaffenden sorgt. Das ist ein klares Bekenntnis zu dieser Szene, zu dieser Branche, die so wichtig für Österreich ist.

Mir ist insbesondere das Anreizsystem für nationale und internationale Film­produktionen sehr am Herzen gelegen, das habe ich im Ausschuss schon gesagt, Frau Staatssekretärin. Ich weiß nicht, ob jemand von Ihnen in letzter Zeit historische Serien über Österreich, die in anderen Ländern aufgenommen wur­den – wie zum Beispiel die Serie über Kaiserin Elisabeth mit vollkommen unbekannten deutschen Schlössern –, gesehen hat. Das ist wirklich eine merk­würdige Geschichte. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt eine Möglichkeit geschaffen haben, die solche Drehs auch in Österreich ermöglicht.

Mir ging noch etwas durch den Kopf: Ich würde sagen, Geld ist nicht alles. Das kennen wir auch aus dem Familienkontext. Geld zur Absicherung zur Verfügung zu stellen ist natürlich total wichtig, aber das macht noch keine glücklichen Kinder.

Dazu fällt mir eine Anekdote ein: Es gab einmal einen sozialdemokratischen Bundeskanzler, der eine Runde von Kunst- und Kulturschaffenden zu sich ins Bundeskanzleramt eingeladen hat, um zu fragen, was er, was die Regierung für die Kunst- und Kulturschaffenden tun könne. Das hat dann natürlich jeder und jede genutzt, um seine oder ihre Agenda vorzubringen. Einer der Künstler, der dort anwesend war, der mir sehr gut bekannt ist, hat die ganze Zeit nichts gesagt. Dem Herrn Bundeskanzler ist das aufgefallen, und er hat dann den


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Künst­ler persönlich gefragt: Sie haben bisher noch gar nichts gesagt, was wäre denn eigentlich Ihr Wunsch? Er hat daraufhin gesagt: Sie lassen uns am besten in Ruhe arbeiten! – Ich glaube, dieser Satz sollte uns als Vertreter der Politik zu denken geben.

Ich glaube, wenn ich mir meine Vorrednerinnen und Vorredner anhöre, dass wir sehr aufpassen müssen, nicht in eine paternalistische, maternalistische Rolle zu geraten und zu glauben, genau zu wissen, was Kunst und Kultur sein soll, was gefördert werden soll, wie sich Kunst und Kultur am besten entwickelt. Alleine die vollkommen undifferenzierte Argumentation hier darüber, dass der Kar­ten­verkauf in allen Kulturbetrieben zurückgegangen ist, zeigt mir, dass Sie entweder kaum oder überhaupt nicht in solche Veranstaltungen gehen. Würden Sie das tun, was zu tun ich von mir behaupten kann, dann würden Sie merken, dass es da große Unterschiede gibt. (Abg. Heinisch-Hosek: Wo gehen Sie zum Beispiel hin?)

Es gibt Kulturbetriebe, vor allem Konzerthäuser, die am Vorkrisenstand sind oder sogar schon besser dastehen, und es gibt welche, die ganz schlecht dastehen. Da müssen wir aufpassen, nicht damit zu beginnen, irgendwelche Hypothesen – dass die Kaufkraft zurückgegangen ist und so weiter – aufzustellen. (Abg. Heinisch-Hosek: Das stimmt ja!) Das wäre ein großer Fehler. Ich glaube, dass der Zugang der Frau Staatssekretärin, das wirklich sachlich fundiert erheben zu lassen, da vollkommen richtig ist. Wir werden da zu recht interessanten Ergebnissen kom­men.

Ich glaube auch, dass das eine Mahnung an uns ist – für mich jedenfalls wird es eine sein –, genau aufzupassen, dass wir über die Absicherung von und das Bekenntnis zu Kunst und Kultur hinaus eben nicht in diese paternalistische beziehungsweise maternalistische Rolle geraten und dem so wichtigen Kunst- und Kulturbereich politische Dogmen überstülpen und damit auch viel an Kreativität und an Schaffenskraft wegnehmen. Das wäre eine Mahnung meiner­seits an uns alle. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.58



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Präsidentin Doris Bures: Da mir nun dazu keine Wortmeldungen mehr vorliegen, beende ich die Beratungen zum Themenbereich Kunst und Kultur.

17.58.45UG 12: Äußeres


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur Untergliederung 12: Äußeres.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Alexander Schallenberg im Hohen Haus und erteile als erster Rednerin Frau Klubvorsitzender Pamela Rendi-Wagner das Wort. – Bitte.


17.59.06

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir alle wissen, dass das Jahr 2023 außenpolitisch ebenso herausfordernd sein wird wie das Jahr 2022. Was Ihre Vorschläge beziehungsweise die Vorschläge Ihres Hauses betrifft, Herr Bundesminister – zumindest was davon im Bundes­vor­anschlag 2023 zu lesen ist –: Da finde ich doch einiges sehr gut.

Vieles an Projekten und Vorhaben, die Sie ins aktuelle Budget hineingeschrieben haben, klingt gut, wie zum Beispiel die „Stärkung Österreichs als Vermittler“, die Stärkung Österreichs auch als politischer „Gesprächsort“. Gerade in Zeiten wie diesen ist das eine wichtige Forderung und ein wichtiges Projekt, aber auch die Stärkung des Amtssitz- und Konferenzstandortes Österreich – gerade die Bundeshauptstadt hat sich da ja in den letzten Jahrzehnten immer wieder ganz stark bewiesen, ist international anerkannt als ein guter politischer Konferenz­standort, auch aktuell. Auch der Ausbau der Rückübernahmeabkommen ist in Ihrem Budgetvoranschlag zu lesen und ist etwas, was wir eigentlich befürworten, um nur drei der Projekte, die wir gut finden, zu nennen.

Aber – und dieses Aber ist schon entscheidend und zieht sich durch viele politische Bereiche wie ein roter Faden – wir vermissen eine klare Strategie. Wir vermissen eine klare Strategie und einen Plan, wie Sie diese Ziele, die gut klingen, diese Überschriften, die gut ausschauen, am Ende mit Leben erfüllen


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wollen, wie Sie diese auch wirklich auf den Boden bringen und umsetzen wollen. Mir fehlt die glaubwürdige Aktivität Ihrerseits und Ihres Ressorts zu diesen vielen Ideen. Es sind schöne Überschriften, aber schöne Überschriften bringen am Ende keine Ergebnisse. Es ist zu wenig konkret, es ist zu wenig sichtbar, und es bleiben am Ende Ankündigungen. So schaut es aus, weil einfach der Plan nicht da ist, und das ist schade.

Jetzt ist mir und uns allen klar, dass die Diplomatie am Ende des Tages nicht immer auf der Bühne stattfindet – es ist das Wesen der Diplomatie, dass sie auch im Stillen erfolgt und wir nicht alles tagtäglich vielleicht in der Zeitung lesen –, aber irgendwann muss es im Bereich der Diplomatie und der Außenpolitik auch konkrete Ergebnisse und sichtbare Initiativen geben, zum Beispiel auch was die konkreten Abschlüsse von Rückübernahmeabkommen betrifft. Wann kommt das? Das fragen sich viele. Auch im Regierungsprogramm Ihrerseits hieß es ja – und das ist immerhin schon über zwei Jahre alt –: „Stärkung der Rolle Öster­reichs als Vermittler in internationalen Konflikten im Sinne einer aktiven und engagierten Friedensdiplomatie“. – Ja, das unterstützen wir natürlich mit Nach­druck, Herr Bundesminister – aber wann, wenn nicht jetzt, wäre der Zeitpunkt, dass Sie diese Forderung, die von Ihnen ja ins Regierungsprogramm geschrieben wurde, mit Leben erfüllen?

Ein weiteres Beispiel für Ihre Ankündigungspolitik ist die Klimapolitik. In Ägypten, in Scharm El-Scheich, findet gerade die 27. Weltklimakonferenz statt, und in Ihrem eigenen Programm steht die „Einführung einer Klimabot­schafterin“ oder „eines Klimabotschafters“ im Außenministerium. Was ist das eigentlich für ein Projekt? – Ich als Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses habe diese Botschafterin oder diesen Botschafter noch nicht kennengelernt, es gibt sie noch nicht. Ja, es gibt eine Mitarbeiterin, eine Referatsleiterin, die für das Thema zuständig ist, aber auch da fehlt der kon­krete Plan beziehungsweise die konkrete Umsetzung. Es gibt keine sichtbare Aktivität, die mit personellen Ressourcen hinterlegt ist – die gibt es nicht! Auch das ist schade in diesem Bereich. (Beifall bei der SPÖ.)


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Abschließend möchte ich noch auf zwei wirklich aktuelle, brisante außen­poli­tische Themen zu sprechen kommen: Der schreckliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine macht uns noch immer wirklich betroffen, bewegt uns alle sehr. Das Gute aber ist: Zuletzt gab es vonseiten der USA wirklich deutliche Signale, diesen Winter endlich für Verhandlungen zu nützen, für Friedens­ver­handlungen zu nützen. Ich hoffe sehr, Herr Bundesminister, dass erstens vonseiten der Europäischen Union, ja, aber auch vonseiten Österreichs – gerade als neutrales Land – wirklich alles getan wird, um endlich einen Waffenstillstand in Europa zu erreichen und in weiterer Folge auch eine tragfähige, nachhaltige Verhandlungslösung zu erzielen. Das wäre mehr als notwendig für die Ukraine, das wäre mehr als wichtig für Europa und für Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich hoffe aber auch, gerade in Bezug auf die Ukraine, dass Österreich auch nächstes Jahr seine humanitäre Hilfe weiterhin beibehält, diese weiter geleistet wird. Es ist wichtig, denn dort ist die Not natürlich nicht kleiner geworden.

Lassen Sie mich abschließend noch auf die schreckliche Situation der Frauen im Iran zu sprechen kommen: Ich freue mich, dass es im Außenpolitischen Ausschuss – es war die letzte Ausschusssitzung für heuer, die wir hatten – gelun­gen ist, einen gemeinsamen, überfraktionellen Entschließungsantrag zu verab­schie­den, der in dieser Woche auch auf der Tagesordnung dieses Hohen Hauses stehen wird. Das ist gut, das ist richtig, das ist ein ganz wichtiges Signal.

Die Menschen im Iran, die den Mut haben, gegen die Unterdrückung der Frauen zu protestieren, und die zu Recht eine Aufklärung dieses tragischen und schrecklichen Todes einer jungen Iranerin namens Mahsa Amini nach ihrer Verhaftung fordern, verdienen ein klares, ein lautes, ein mutiges und ein deutliches Zeichen der Solidarität von uns allen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Rössler, Brandstätter und Krisper.)

18.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Lopatka. – Bitte.



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18.05.38

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): In so schwierigen Zeiten, in denen wir jetzt sind, sehe ich es als sehr positiv, wie jetzt seitens der größten Oppositionspartei die Außenpolitik bewertet worden ist, wenngleich natürlich eine oppositionelle Kritik auch dabei sein musste. Insgesamt aber, vom Grundtenor her, war dieses Aufeinanderzugehen auch in der letzten Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses schon spürbar, auch was den Iran betrifft. Da kann ein kleiner neutraler Staat wie Österreich auch über sich hinauswachsen, wenn die richtigen Schwerpunkte gesetzt werden.

Man muss aber auch sagen, dass das Außenressort über Jahrzehnte hinweg nie das Ressort war, bei dem ich das Gefühl hatte, dass dort zu viel Geld hinfließt. Es gibt diesmal Gott sei Dank mehr Geld, aber ich nenne nur zwei Summen, weil Zahlen rasch in Vergessenheit geraten: Wir müssen für den Zinsendienst 9 Mil­liarden Euro ausgeben, und für unseren weltumspannenden Außendienst, für die vielen Ausgaben, die das Außenministerium hat, haben wir 635 Millionen Euro. (Abg. Brandstätter: Nicht viel!) Das muss man schon auch sehen, und umso mehr ist zu würdigen, was seitens des Außenressorts geleistet wird und was Öster­reich leistet, auch hinsichtlich der Ukraine. Es gibt keinen zweiten Bereich, der uns richtigerweise so beschäftigt wie dieser Bereich.

Als neutraler Staat dürfen wir selbstverständlich keine militärische Unterstüt­zung leisten, aber bei den anderen Leistungen sind wir von allen westeuro­päischen Staaten innerhalb der Europäischen Union jenes Land, das verglichen mit der Wirtschaftsleistung am meisten aufbringt. Nur die ehemaligen sowje­tischen Teilrepubliken und ehemalige Ostblockstaaten geben im Vergleich zur Wirtschaftsleistung mehr an Unterstützung als Österreich – nachzulesen in der „Neuen Zürcher Zeitung“ von letzter Woche.

Das ist die richtige Schwerpunktsetzung, weil Sie sagen, es gibt keine Strategie. Freiheit und Souveränität müssen wir allen zubilligen. In diesen Tagen müssen


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wir eindeutig auf der Seite der Ukraine stehen. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Brandstätter.)

Der zweite Punkt: In diesen Tagen ist richtigerweise unsere Ministerin Gewessler im Parlament entschuldigt, weil sie bei der UNO-Klimakonferenz ist, wo wir auch nicht hinten nach sind, sondern die Bereitschaft haben, vorne dabei zu sein, jenen zu helfen, die beim Klimawandel tatsächlich auf unsere Hilfe angewiesen sind. Aufgrund von vielen Problemen sind das Staaten, die wir in der großen Gruppe der Entwicklungsländer sehen. Auch da ist Österreich bereit, strategisch richtig Schwerpunkte zu setzen.

Wo wir noch nicht so weit sind – und das möchte ich schon ansprechen, denn das Ministerium ist ja auch für Europapolitik zuständig –, ist der gesamte Bereich der Migration. Das hat uns heute schon sehr beschäftigt. Wir sind von Schen­genländern umgeben und werden trotzdem am Ende des Jahres, das wissen wir heute schon, deutlich mehr als 100 000 Asylanträge haben. Da kann man nicht sagen, dass das System funktioniert. Wir haben aus dem Jahr 2015 nichts gelernt. Es hat keine Weiterentwicklung auf europäischer Ebene gegeben, und da ist schon die Europäische Kommission gefordert. Da ist die Europäische Kommission gefordert, denn wir können keine nationalstaatlichen Singlelösun­gen, keine Einzellösungen treffen. Das geht nicht! Wir brauchen da eine gemeinsame europäische Politik. Wir brauchen ein neues Gemeinsames Euro­päisches Asylsystem, und da muss die Bundesregierung darum ringen, Ver­bündete zu finden. (Beifall bei der ÖVP.)

Da würde ich mir auch von der Sozialdemokratie, auch von den Liberalen – viele Regierungschefs sind Liberale – erwarten, dass auf parteipolitischer Ebene innerhalb der Parteienfamilien seitens der einzelnen Nationalstaaten Druck aus­geübt wird, dass die Kommission endlich zum Handeln kommt. Da besteht Handlungsbedarf! Wir sehen es bei der Auseinandersetzung zwischen Italien und Frankreich. Wenn wir zu keiner europäischen Lösung kommen, sind die Grundfeste der Europäischen Union gefährdet. Die Europäische Union lebt vom


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Kompromiss, von der Solidarität der Staaten, und wenn es diesbezüglich keine Fortschritte gibt, dann haben wir tatsächlich große Probleme.

Meine Damen und Herren, ich komme schon zum Schluss: Kleine und mittlere Staaten spielen dann außen- und europapolitisch eine Rolle, wenn uns klar ist, dass die großen Probleme nur innerhalb der Staatengemeinschaft und nie durch einzelstaatliche Lösungen gelöst werden können. Nationalstaaten sind da auf verlorenem Posten, ob es die Klimapolitik, ob es die Migrationspolitik betrifft; und da könnte ich noch viele andere Politikfelder nennen.

Daher unterstützen wir, wie es meine Vorrednerin schon gesagt hat, unseren Außenminister Schallenberg, wenn es um den Amtssitz in Wien geht. Ganz wich­tige Einrichtungen, von der OSZE bis zur UNO, haben ihren Sitz in Wien. Es ist die Aufgabe der österreichischen Außenpolitik, dass wir als verlässlicher Partner auf der internationalen Landkarte weiterhin sichtbar bleiben. Da müssen wir aber dann auch unsere Beiträge leisten. Dazu ist die Bundesregierung bereit, und das verdient auch die Unterstützung des gesamten Nationalrates. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.11


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Abgeordneter Axel Kassegger zu Wort. – Bitte.


18.11.48

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Ja, Kollege Lopatka, Sie haben gerade erwähnt, dass derartige Probleme der Migration nur über supranationale Organisationseinheiten zu lösen sind. Das sehen wir dem Grunde nach nicht so. Sie haben sich meines Erachtens auch in Ihrer eigenen Rede widersprochen, indem Sie gesagt haben: Da geschieht nichts und die Kommis­sion ist gefordert! – Diesen Satz hören wir seit zehn Jahren. Das ist doch ein Offenbarungseid, dass genau diese Europäische Union eben nicht in der Lage ist, das Migrationsthema zu lösen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Kollegin Rendi-Wagner hat lobend erwähnt, dass sozusagen das Ziel sei, die Anzahl der Rückübernahmeabkommen zu erhöhen, und dass intensiv daran gearbeitet werde. Ich habe im Ausschuss den Herrn Bundesminister gefragt, weil das Ziel ja auch schon seit einiger Zeit in diesem Zielkatalog des Außenminis­teriums drinnen steht, wie viele dieser Rückübernahmeabkommen im letzten Jahr abgeschlossen wurden. Die Antwort war: Null! Null, aber wir werden uns hinsichtlich dieser Rückübernahmeabkommen auch weiterhin sehr bemühen, wo wir doch wissen – ich zitiere wieder den Herrn Außenminister –, dass sieben von zehn illegalen Migranten bleiben!

Das heißt, es ist wichtig, dass Rückübernahmeabkommen nicht nur abgeschlos­sen, sondern tatsächlich dann auch ausgeführt werden. Sie haben das als Achillesferse bezeichnet – selbstverständlich, aber man muss jetzt einmal ins Tun, Handeln und Umsetzen kommen. Ich höre seit Jahren nur: Wir wer­den uns bemühen!, Wir werden die Kommission eindringlich bitten!, et cetera, aber geschehen tut faktisch nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Lopatka hat schon erwähnt, das Budget des Außenministeriums ist im Vergleich zu den Zinszahlungen von 8 oder 9 Milliarden Euro – wobei ich mich dann frage, woher die Zinszahlungen kommen; das ist ja auch ein Ergebnis völlig verfehlter Budgetpolitik in den letzten Jahren – ein geringes Budget. Ich habe mir das genauer angeschaut, und die Allokation – wir sprechen ja hier von Steu­er­geldern, die man vorher irgendjemandem wegnehmen muss, nämlich den Steuerzahlern – ist aus Sicht der Freiheitlichen Partei da insoweit nicht ganz gelungen, als dass für die Entwicklungshilfe über 50 Prozent dieses Budgets, nämlich 326 Millionen Euro, verwendet werden.

Es ist natürlich klar, und das ist auch legitim, genauso wie es legitim ist, eine andere Meinung zu haben, dass die Grünen sehr, sehr zufrieden sind mit der sehr, sehr deutlichen Steigerung etwa des Auslandskatastrophenfonds, der 2018, zu Zeiten einer FPÖ-ÖVP-Regierung, mit 20 Millionen Euro dotiert war, 2019 mit 14 Millionen Euro, 2020 ganz, ganz stark auf 50 Millionen Euro gestiegen ist und 2022 auf bereits über 100 Millionen Euro. Das ist schön und


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gut (Beifall bei den Grünen) aus Sicht der Grünen, aber aus unserer Sicht ist es zu viel, insbesondere wenn man sich zum Beispiel vor Augen führt, was da gerade in Kärnten – da reden wir jetzt vom Inlandskatastrophenfonds – in den Gemeinden Arriach und Treffen am Ossiacher See passiert, wo es ein Jahrhundertunwetter mit großen Zerstörungen gab.

Diese beiden Gemeinden haben den Herrn Bundeskanzler gebeten, dies­bezüg­lich zu helfen. Er hat sich das zumindest angeschaut und gesagt: Wir werden schauen, dass wir da eine Sonderfinanzierung aufstellen können! – Bisher ist außer unbeantworteten Briefen et cetera nichts passiert für diese beiden Gemeinden, die wirklich aus Anlass eines Jahrhundertunwetters Hilfe bedürfen. Und von wie viel reden wir hier? – Von 8 Millionen Euro. Da stimmt doch irgendetwas nicht in diesem Lande, wenn diese 8 Millionen Euro nicht möglich sind und auf der anderen Seite 100 Millionen Euro, 105 Millionen Euro und so weiter ins Ausland transferiert werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Dazu kommt noch, dass der Herr Bundespräsident, Frau Ministerin Gewessler und Herr Finanzminister Brunner auf der COP 27, der Klimaschutzkonferenz in Scharm El-Scheich, auftreten, mit Steuergeldern den Weihnachtsmann spielen und weitere 220 Millionen Euro verteilen. Also die Relationen stimmen da ja überhaupt nicht. Da stimmt die Allokation dessen, was wir mit den Steuer­gel­dern machen, nicht, und zwar in einem dramatischen Missverhältnis.

Ich möchte abschließend einen Entschließungsantrag einbringen, der die Problematiken der Entwicklungszusammenarbeit und eine Junktimierung mit den Rückübernahmeabkommen zusammenfasst und wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Koppelung der österreichischen Steuergelder für die Entwicklungs­zusammenarbeit an Rückübernahmeabkommen als Mussbestimmung“

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Zurverfügungstellung von Mitteln im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit an die Bedingung zu koppeln, dass die Empfängerländer all jene Migranten zurücknehmen, welche illegal“ – illegal; rule of law – „nach Österreich eingewandert sind und kein Recht darauf haben, in Österreich zu verweilen. Sollte ein Herkunftsland sich einem derartigen Rück­übernahmeabkommen verweigern, ist unverzüglich die Überweisung sämtlicher Gelder einzustellen, welche Österreich im Zuge der Entwicklungszusam­men­arbeit zur Verfügung gestellt hätte.“

*****

Das ist aus meiner Sicht, aus unserer Sicht eine Selbstverständlichkeit, etwas vollkommen Normales. Insoweit sehe ich jetzt keinen Grund, diesem Antrag nicht zuzustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

18.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Koppelung der österreichischen Steuergelder für die Entwicklungs­zusammenarbeit an Rückübernahmeabkommen als Mussbestimmung

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­vor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 12 Äußeres

Trotz der massiven Belastungen, welche die schwarz-grüne Bundesregierung den österreichischen Steuerzahlern auferlegt, werden immer höhere Summen für die Entwicklungshilfe im Ausland bereitgestellt.


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Der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2023 (BVA-E 2023) sieht ganze 137,1 Mil­lionen Euro an österreichischen Steuergeldern für Entwicklungszusammenarbeit, 77,5 Millionen Euro für den Auslandskatastrophenfonds sowie 111,9 Millionen Euro für internationale Organisationen vor. Etliche weitere Transfers ins Ausland sind von dieser Aufzählung gar nicht erfasst, wie beispielsweise Österreichs Anteil an den EU-Milliardenhilfen für die Kriegspartei Ukraine.

Während in Österreich aufgrund der missglückten Corona-, Sanktions- und Klima­politik der schwarz-grünen Bundesregierung eine Rekordinflation eingesetzt hat, wie man sie seit den frühen Nachkriegsjahren nicht gekannt hat, werden von ebendieser Regierung hunderte Millionen Euro leichtfertig ins Ausland transferiert. In diesem Zusammenhang ist anzuführen, dass die konkreten Zwecke und Endempfänger dieser Gelder nicht transparent gemacht werden. Im Gegenteil: Diese Mittel drohen im Verwaltungsapparat von NGOs zu versickern oder bei autoritären Regimen zu landen.

Gleichzeitig brechen Wellen illegaler Migrationsströme über Österreich und Europa herein, wobei die Rückführung illegaler Einwanderer nicht einmal ansatzweise funktioniert.

Fehlender politischer Wille der schwarz-grünen Bundesregierung ist sicherlich ein Faktor, warum Rückführungen völlig unzureichend durchgeführt werden. Ein anderer Grund dafür ist, dass die Bundesregierung nicht in der Lage ist, Rückübernahme­abkommen abzuschließen. Kein einziges solches Abkommen wurde 2021 oder 2022 mit einem Drittstaat geschlossen. Als Ausrede für diese Misere wird mitunter ange­führt, dass die Herkunftsländer illegaler Einwanderer sich gegen die Wieder­aufnahme ihrer Bürger wehren würden. Vor allem die Geldflüsse, gespeist aus den Steuertöpfen europäischer Staaten, welche die illegalen Migranten in ihre Heimat­län­der über­weisen, werden dort sehr wohlwollend aufgenommen.

Europäische Staaten sollten sich gegen diese Machenschaften endlich zur Wehr set­zen. Österreich kann und sollte hierbei eine Vorreiterrolle einnehmen. Da den Herkunftsländern offensichtlich für die Rücknahme ihrer Bürger finanzielle Anreize


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fehlen, sollten sämtliche Mittel der österreichischen Entwicklungszusammen­arbeit an die Bedingung geknüpft werden, dass die Empfänger die illegal nach Österreich eingereisten Migranten zurücknehmen müssen.

Gerade weil die Europäische Union bei der Aushandlung von Rückübernahmeabkom­men in den letzten Jahren zum Nachteil aller Mitgliedstaaten vollkommen versagt hat, sind endlich nationalstaatliche Initiativen angebracht.

Doch gerade in diesem so wichtigen Bereich ist die Inkompetenz der schwarz-grünen Bundesregierung grenzenlos. Nun ist ein Streit in der Koalition darüber ent­brannt, ob die Kürzung von Entwicklungshilfe möglich sein soll, „wenn ein Partnerland in Migrationsfragen nicht kooperiert, etwa bei Rückführungen“ (Die Presse 09.11.2022: Wenn Grüne und ÖVP um EZA-Geld ringen). Es würde sich hierbei jedoch ohnehin lediglich um eine Kann- und keine Mussbestimmung handeln. Vor diesem Hintergrund besteht die Gefahr, dass die ÖVP diese Klausel aus­schließlich für die mediale Effekthascherei voranbringen möchte, ohne dass dadurch irgendein Mehrwert für erfolgreichere Abschiebungen oder Rückfüh­rungen entsteht.

Es sollte längst eine Selbstverständlichkeit sein, dass keine Millionenbeträge an österreichischem Steuergeld anderen Staaten zur Verfügung gestellt werden, welche nicht einmal dazu bereit sind, ihre eigenen Bürger, die illegal nach Österreich eingereist sind, zurückzunehmen. Dies sollte eine Mussbestimmung bei der Vergabe von Entwicklungshilfe sein.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Zurverfügungstellung von Mitteln im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit an die Bedingung zu koppeln, dass die Empfängerländer all jene Migranten zurücknehmen, welche illegal nach Österreich


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eingewandert sind und kein Recht darauf haben, in Österreich zu verweilen. Sollte ein Herkunftsland sich einem derartigen Rückübernahmeabkommen verweigern, ist unverzüglich die Überweisung sämtlicher Gelder einzustellen, welche Österreich im Zuge der Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt hätte.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte.


18.17.47

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ja, das Budget für Außenpolitik ist ein gutes Budget. Warum? – In Anbetracht der vielfachen globalen Krisen ist eine gute finanzielle Ausstattung genau jenes Ressorts, das sich an vorderster Front und gemeinsam mit den internationalen Partnern mit diesen Herausforderungen auseinandersetzen muss, nicht nur sinnvoll, sondern auch logisch und natürlich auch konsequent.

Wir wissen, dass Österreich keine Insel ist und dass die globalen Probleme und Herausforderungen unserer Zeit nur international, nur global, nur europäisch lösbar sind, und dieses Budget trägt dieser Erkenntnis auch entsprechend Rech­nung. Die Mittel, die wir einsetzen werden und wollen, unterstreichen auf der einen Seite Österreichs internationale Rolle, die eine ganz wichtige ist, wie wir wissen, aber sie tragen auf der anderen Seite auch stark zum Multilateralismus bei, das heißt, zu einer internationalen Zusammenarbeit, zu der wiederum Österreich als Standort all dieser wichtigen Sitze, Gremien, die wir hier in Öster­reich haben, beiträgt.

In diesem Zusammenhang ist es mir ganz wichtig, auch zu erwähnen, dass wir demnächst ein wichtiges Jubiläum in Österreich begehen werden: Die Men­schenrechtskonferenz 1993 jährt sich zum dreißigsten Mal. Ich weiß nicht, ob


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Sie es wissen, aber diese Konferenz brachte damals, eben vor knapp 30 Jahren, mehr als 10 000 Vertreter und Vertreterinnen von diversen Staaten, den Vereinten Nationen und der globalen zivilen Gesellschaft nach Wien und trug maßgeblich zu einem neuen globalen Menschenrechtsregime bei, wie zum Beispiel eben der Gründung des Hochkommissariats für Menschenrechte der Vereinten Nationen. Wir nehmen jetzt wieder Geld in die Hand, um wieder solch eine Konferenz in Wien auszurichten.

Ich finde das wichtig, sinnvoll und nachhaltig. Wir dürfen in diesem Zusam­men­hang natürlich daran erinnern, dass die verschriftlichten Menschen­rechte, die Europäische Menschenrechtskonvention, nicht nur eine Lehre aus den zwei Welt­kriegen, nicht nur eine Antwort auf den Holocaust sind, sondern das Fun­da­ment der Demokratie, das Fundament der Zweiten Republik, und somit zu stärken und nicht zu verhandeln. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Besonders freut mich natürlich auch, dass die Gelder für den Auslandskatastro­phenfonds erhöht werden, genauso für die wichtige Entwicklungshilfe. Mit den Mitteln der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe, aber natürlich auch der Unterstützung aus dem Klimaschutzministerium und dem Landwirtschaftsministerium können wir vor allem mit unseren Partnern in den Ländern, in denen wir auch bereits Programme laufen haben, Armut bekämpfen, Demokratie fördern und den Klimaschutz forcieren.

Wir wissen – und deswegen sollte sich eigentlich die FPÖ über diese Erhöhung freuen –: Nur in einem Umfeld von sozialer, wirtschaftlicher und politischer Stabilität gibt es nicht den Druck, sich selbst auf den Weg zu machen. (Abg. Kassegger: Wo hat denn das funktioniert mit den Millionen, die da ausgegeben ...! – Abg. Martin Graf: Ein großartiges Beispiel! Ein Beispiel, wo das funktioniert hat!)

Um all das machen zu können, um das Geld sinnvoll einzusetzen, braucht es eine aktive, ja auch eine feministische, eine mutige und eine menschenrechts­orien­tierte Außenpolitik. Dazu gehören auch die Sanktionen gegen den Kriegstreiber Putin, der heute wieder Bomben auf Kiew hat hageln lassen, dazu gehören


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Sanktionen gegen das Folterregime im Iran, das heute erneut Raketenangriffe auf die Autonome Region Kurdistan im Irak hat hageln lassen (Zwischenruf des Abg. Kassegger), und dazu gehören auch klare Worte in Richtung Türkei, dass wir nicht wegschauen werden, wie sie jede Hoffnung auf Frieden und außenpoli­tische Einigung zerstört, indem sie wieder Nordostsyrien angreift.

Das alles bedeutet, Österreich muss international eine laute Stimme haben. Österreich darf nicht schweigen. Österreich hat jetzt Budget, das genau dafür verwendet werden kann, dass wir uns international für Frieden, Freiheit und Sicherheit einsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.22


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Martin Graf: Nicht so aggressiv ...!)


18.22.32

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum machen Sie Außenpolitik?, werde ich manchmal auf der Straße gefragt – übrigens geht es auf der Straße etwas höflicher zu als hier manchmal –, und ich sage dann auch sehr höflich: weil Außenpolitik Weltinnenpolitik ist und weil keines der Probleme, die wir im Moment haben, von Österreich allein, von unserem wunderbaren Neun-Millionen-Land, zu lösen wäre.

Schauen wir nach Bali, wo im Moment das Treffen der großen 20 Industrie­nationen stattfindet! Ist Österreich als kleines Land dort vertreten? – Ja, selbstverständlich sind wir dort vertreten, und zwar durch die EU-Kommission, durch Frau von der Leyen. In diesem Sinn ist es wirklich erschreckend, wenn sich hier ein Klubobmann herausstellt, der schon als Innenminister sehr viel zum Schaden der Sicherheit Österreichs beigetragen hat (Abg. Hauser: So ein Blödsinn!), und Frau von der Leyen beschimpft. Sie ist unsere Vertreterin dort, sie


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sorgt dafür, dass Europas Interessen vertreten werden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hauser), und wir haben dankbar zu sein.

Das Nächste, was Herr Kickl gesagt hat: „Sanktionswahnsinn“. Kollegin Ernst-Dziedzic hat es gerade gesagt, dass es diese braucht. Während wir hier gesprochen haben (Abg. Hauser: ... Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie! Du hast das vergessen!), habe ich Frau Kollegin Maria Iwanowa getroffen, eine Kollegin, die gerade in Wien ist und erzählt hat, dass sie sich Sorgen um ihren dreijährigen Sohn macht, weil Kiew gerade wieder bombardiert wird. Über diesen Wahnsinn müssen wir sprechen, meine Damen und Herren: dass Herr Putin, ein Kriegs­diktator, das Nachbarland überfallen hat und jeden Tag Frauen vergewaltigen und Menschen ermorden lässt und zivile Einrichtungen zerstört.

Frau Kollegin Rendi-Wagner, wir sind uns ja einig, dass wir Krieg vermeiden und Frieden wollen, aber wir müssen schon realistisch sein. Ich kann Ihnen da ein Zitat aus dem russischen Fernsehen vorlesen. Da sagt einer von diesen Putin-Freunden: Entweder wir gewinnen den Krieg, oder die ganze Welt wird in Asche gelegt! – Das sind Ihre Freunde (in Richtung FPÖ deutend – Abg. Stefan: Man soll nicht mit dem Finger zeigen!), mit denen Sie Abkommen getroffen haben, und das sind Ihre Freunde (in Richtung SPÖ), die gerade unseren Frieden gefährden! (Beifall des Abg. Jakob Schwarz. – Rufe bei der FPÖ: Haselsteiner! – Abg. Hafenecker: Sie hängen am Tropf vom Haselsteiner! Deripaska, Haselsteiner!)

Was die anderen großen Themen betrifft, Welthandel, Klimawandel et cetera: Die können wir auch nur gemeinsam angehen, und dazu sollte man ein bisschen Bildung haben. Ich habe mich das letzte Mal am Rande der Ausschusssitzung mit dem Herrn Bundesminister über Bücher unterhalten und – danke, Herr Minister Schallenberg – dieses Buch angesprochen: „Licht aus dem Osten“. (Der Redner hält das genannte Buch von Peter Frankopan in die Höhe.) Bitte lesen Sie das! Das Buch ist deswegen so wichtig – wir waren uns einig –, weil wir die Geschichte verstehen müssen, weil wir die Geschichte der anderen Nationen verstehen müssen, natürlich auch Respekt vor anderen Nationen haben müssen – wie dem Iran.


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Vor den Persern habe ich großen Respekt, vor dem Verbrecherregime dieser Mullahs natürlich überhaupt keinen, und deswegen ist es ganz wichtig, dass wir da auch Sanktionen einsetzen.

Wir müssen dieses Buch auch lesen – dazu rate ich dringend –, damit wir von diesem Eurozentrismus wegkommen (Abg. Kassegger: Die Chinesen haben ..., kann man gleich alle sanktionieren!) und wissen, wie sich die Geschichte in den letzten paar Tausend Jahren entwickelt hat. Sie hat sich oft an Europa vorbeientwickelt, und wir müssen schon sehr viel dafür tun, dass wir unseren Wohlstand gemein­sam erhalten. (Abg. Kassegger: Können wir die ganze Welt sanktionieren!) Das heißt eben wieder Weltinnenpolitik – das können wir nur gemeinsam machen.

Dieses Buch ist schon drei Jahre alt, aber es endet sehr gescheit mit der Entwick­lung Chinas. Das ist auch ein ganz wesentlicher Punkt, den ich noch erwähnen möchte, nämlich dass die Chinesen, die Vergangenheit kennend, einen Plan für die Zukunft haben, und diesen Plan vermisse ich manchmal in Europa. Ich glaube, dass Außenpolitik dazu beiträgt und auch eine sinnvolle Diskussion dazu beiträgt. (Abg. Martin Graf: ... die Chinesen ...!)

Kollegin Ernst-Dziedzic, auch da sind wir uns einig: Ja, wir wollen eine werte­basierte Außenpolitik. Wir wollen unsere europäischen Werte nicht nur verteidigen, sondern wir stehen dazu; aber liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: Wenn ich für die Menschenrechte bin, dann kann ich nicht die wesentliche Europäische Menschenrechtskonvention ein bisschen ins Wiglwagl bringen. (Abg. Taschner: Wir bringen nichts ins Wiglwagl!) Das ist nicht in Ordnung, und was noch schlimmer ist: Ich unterstelle Herrn Wöginger, der leider nicht da ist – das ist ja ein gescheiter Mensch, er weiß ganz genau, dass das nichts mit Asyl zu tun hat –, dass er in diesem Rechtsaußenbereich ein bisschen Stimmen abgreifen möchte, und da bitte ich Sie, Herr Bundesminister: Machen Sie Herrn Wöginger, wenn er wieder da ist, darauf aufmerksam, dass wir die Europäische Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang haben, dass wir sie achten und dass sie für uns ganz wesentlich ist!


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Zum Schluss – ich habe es das letzte Mal gesagt, ich sage es auch diesmal aus tiefer Überzeugung –: Herzlichen Dank an die Diplomatinnen und Diplomaten, an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund um den Erdball, die für Österreich, für eine wertebasierte, anständige Außenpolitik arbeiten – manchmal unter schwierigen Umständen! Gerade mit den Kolleginnen und Kollegen in Kiew haben wir ja viel Kontakt, die haben es nicht einfach, also alles Gute ihnen! Wir drücken auch den Familien die Daumen, dass sie diese schwierigen Zeiten gut überstehen. – Von dieser Stelle: herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

18.27


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Alexander Schallenberg zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


18.27.49

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Es ist ja schon angeklungen: Die letzten Monate waren tatsächlich sehr intensiv, und wir wissen alle, dass wir ein sehr schwieriges Jahr vor uns haben. In Wirklichkeit stehen wir einer Vielfachkrise gegenüber: Wir haben Krieg in Europa, wir haben die größte Migrations­­bewe­gung auf unserem Kontinent. Wir sehen, dass diese Krise auch ein Brand­beschleuniger für die humanitäre Situation in vielen Regionen dieser Welt ist, und wir haben einen sehr durchwachsenen Ausblick für die Weltwirt­schaft.

Dazu kommt der Klimawandel, dazu kommt die Energiekrise, dazu kommt die digitale Transformation; also tatsächlich schwierige Perspektiven, aber aus meiner Warte – ich habe es in diesem Haus immer wieder und ja auch schon vorhin im Ausschuss gesagt – besteht kein Grund, sich zu fürchten, kein Grund zu verzagen, denn wenn uns die Pandemie etwas gelehrt hat, dann ist es, dass wir doch resilienter, stärker, flexibler sind, als wir es uns oft selber


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zutrauen. Genau das ist – wenn man so will – auch die Basis der Politik des Außenministeriums.

Es heißt ja immer, dass Budget in Zahlen gegossene Politik ist, und insofern bin ich natürlich als Ressortleiter sehr stolz und froh, dass wir ein – muss ich sagen – für die Verhältnisse des Außenministeriums sehr beachtliches Plus haben: plus 80 Millionen Euro im Vergleich zum Bundesfinanzrahmengesetz 2022–2025 für das Budget des nächsten Jahres. Das ist das dritte Jahr in Folge, in dem wir ein Plus haben, und es ist das größte Plus, das wir seit vielen Jahren zu verzeichnen haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich glaube, dass es gut investiertes Geld ist, denn wenn wir in den letzten Jahren etwas gelernt haben, dann ist es das, dass unsere Sicherheit, unsere Stabilität, unser Wohlstand nicht erst an der Landesgrenze beginnen. Alle Krisen, die wir hier aufzählen, die hier genannt wurden, liegen außerhalb unserer Landes­grenzen. Daher brauchen wir ein Vertretungsnetz. Für ein Land wie Österreich ist ein effizientes Außenministerium, ein weltweites funktionierendes Vertretungsnetz keine Luxusveranstaltung. Es ist überlebenswichtig, es ist eine Notwendigkeit. Seine Aufgabe als Augen und Ohren, seine Aufgabe als Interessenvertretung, als Frühwarnsystem – diese Aufgaben wird kein anderer Staat, keine andere Organisation für uns übernehmen. Die müssen wir schon selber wahrnehmen.

Während der Pandemie haben wir es erlebt, auch wenn wir die letzten Jahre Revue passieren lassen: den größten Cyberangriff in der Geschichte der Zweiten Republik Anfang 2020, den wir Gott sei Dank erfolgreich abwehren konnten; dann die globale Ausnahmesituation der Pandemie, in der es die Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter des Außenministeriums mit einem unglaublichen Einsatz geschafft haben, Tausende Menschen aus allen Ecken und Enden dieser Welt sicher nach Hause zu bringen. Auch bei der Beschaffung von medizinischen Gütern und beim Grenzmanagement haben wir geholfen. (Abg. Kassegger: Das ist nur für die ...!)


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Wir alle waren ja in der Nachbarschaft mit völlig neuen Situationen konfrontiert: dass Pendler plötzlich nicht mehr hereinkommen konnten, Güter nicht mehr hereinkommen konnten.

Letztes Jahr die Evakuierung in Afghanistan und jetzt der Krieg in der Ukraine: wieder die Frage der Evakuierung von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die Einrichtung der Außenstelle in Uschhorod, logistische Hilfe bei unseren sehr umfassenden humanitären Hilfsleistungen, die wir erbracht haben – all das macht im Grunde genommen ein kleines Team.

Deswegen sage ich auch: well invested money, denn das ist ein kleines Budget – das zweitkleinste Budget auf Bundesebene, muss ich betonen – mit einem kleinen Team. Ich finde, es macht Großes.

Das ist nur möglich wegen des Einsatzes – da bin ich auch dankbar, wenn das auch die Damen und Herren Abgeordneten unterstreichen – jeder einzelnen Mit­­ar­beiterin, jedes einzelnen Mitarbeiters des Außenministeriums. Erlauben Sie mir, dass auch ich mich an dieser Stelle diesem Dank anschließe. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, Grünen und NEOS.)

Wir wissen ja alle – ich habe es schon gesagt –: Die Welt wird ungemütlicher, die Welt wird rauer. Wir werden in Wirklichkeit in Zukunft mehr Außenpolitik und nicht weniger brauchen. Es ist die „Weltinnenpolitik“ – Herr Abgeordneter, da bin ich ganz bei Ihnen –, und wir spüren das ja selber.

Es hieß ja früher in der Chaostheorie: Es fällt in China ein Fahrrad um, und es gibt einen Tornado in den USA. Ähnliches gilt ja auch in der Weltpolitik. Das heißt, auch da müssen wir vorbereitet sein – gerade als kleineres Land, gerade als exportorientiertes Land.

Ja, ich führe eine wertebasierte Außenpolitik. Ich habe das ganz klar gesagt. Ich muss ganz offen sagen, ich habe hier im Außenpolitischen Ausschuss und im


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Hohen Haus wenige Wochen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine erstaun­liche Töne gehört, als mir vorgeworfen wurde, dass ich in diesem Konflikt nicht neutral genug sei.

Es kann keine Neutralität geben, wenn unser Lebensmodell, unsere Grundwerte mit Füßen getreten werden, wenn die UN-Charta, die an sich in gewisser Hinsicht unser Schutzmantel ist, über Bord geworfen wird. Da kann ein Land wie Österreich nie neutral bleiben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Vielleicht zum Schluss noch einige Punkte, weil das Budget natürlich, wie es sich gehört, meiner Meinung nach richtige Signale in Richtung Zukunft schickt: Wir hatten eigentlich schon heuer das höchste Budget für die bilaterale Entwick­lungs­zusammenarbeit in der Geschichte des Außenministeriums, das höchste Budget für den Auslandskatastrophenfonds, das heißt, für eine unmittelbare humanitäre Hilfe. Wir werden es nächstes Jahr noch einmal erhöhen: die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit um 12 Millionen Euro, den Auslands­katastrophenfonds um 22,5 Millionen Euro.

Würde man sich mehr wünschen? – Na selbstverständlich kann man sich immer mehr wünschen, aber der Pfeil zeigt eindeutig in die richtige Richtung. Ich glaube, das ist gerade jetzt notwendig, wenn wir wissen, dass viele humanitäre Krisen aufgrund der Energiekrise, aufgrund der gestiegenen Preise und aufgrund der Nahrungsmittelkrise, die wir weltweit erleben, an Intensität zuneh­men.

Ich bin als Außenminister auch sehr froh, dass ich sagen kann, dass ich ein Budget habe, mit dem zum ersten Mal auch wirklich ins System hineininvestiert wird.

Ich denke nur an die 5,7 Millionen Euro für Cybersicherheit und unsere IT. Damit werden wir auch die konsularische Arbeit effizienter gestalten und auch im Ausland sozusagen das digitale Amt verwirklichen können.


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1,1 Millionen Euro gibt es für die Arbeit, die mir persönlich sehr wichtig ist und viel Fingerspitzengefühl erfordert: für die Staatsbürgerschaft für die Nach­kom­men der Opfer der Schoah. Das ist besonders wichtig, denn das braucht Personal. Das ist personalintensiv und für mich eine wesentliche Visitenkarte der Republik Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

16 Millionen Euro zum Beispiel für die friedenserhaltenden Operationen, für unsere internationalen Organisationen: Das heißt, Österreich bleibt weltweit verlässlicher Partner.

Die 2,5 Millionen Euro für den Amtssitz wurden von der Frau Abgeordneten schon erwähnt. Auch da kann ich nur sagen und noch einmal unterstreichen: good value for money, denn wenn man sich anschaut, welches Budget die Amtssitzabteilung bei uns hat: Das sind unter 5 Millionen Euro. Die Wertschöp­fung des Amtssitzes aber sind 1,3 Milliarden Euro für die österreichische Wirtschaft, und es werden 19 000 Arbeitsplätze gesichert.

Also da kann ich sagen: Besser investiert als in unsere Amtssitzabteilung könnte Geld gar nicht sein.

Summa summarum: Ich bin sehr dankbar für die Unterstützung, die ich hier im Hohen Haus erlebe. Ich sehe dieses Budget als ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zu einer aktiven Außenpolitik, zu einer wertebasierten Außen­politik und auch als ein klares Bekenntnis oder ein klares Dankeschön für den Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

18.35


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Martin Engelberg zu Wort. – Bitte.



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18.35.35

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Über die Erhöhung wurde vom Minister jetzt sehr ausführlich referiert – auch im Falle der Zurverfügungstellung zusätzlicher Mittel für die österreichischen Auslandsvertretungen, die mit den § 58c-Verfahren beschäftigt sind, also insbesondere Tel Aviv, London sowie die amerikanischen Botschaften und Generalkonsulate.

Ich glaube, dass das ein ganz, ganz wichtiges Signal ist. Ich glaube, das bringt uns einen unglaublichen Goodwill ein und steht uns wirklich gut zu Gesicht.

Die Frage der wertebasierten Außenpolitik möchte ich gerne aufgreifen, weil sie hier erwähnt wurde: Die Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses hat hier über diese letztlich gemeinsame Resolution oder den Entschließungsantrag, den wir zur Situation der Frauen im Iran verabschieden werden, referiert. Das hat natürlich meine volle Unterstützung und die von uns allen. Ich glaube, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren.

Die Frage ist nur: Sehen wir die anderen Dinge nicht? Ich meine, trauen wir uns nicht, das zu benennen, was dort passiert? – Der Iran schickt ganz bewusst Drohnen an Russland, wissend, dass sie gegen Zivilisten, gegen zivile Ziele eingesetzt werden. Verurteilen wir das? (Abg. Brandstätter: Oh ja!) Haben wir dazu nichts zu sagen?

Die Revolutionsgarden, deren Handeln man nur als verbrecherisch bezeichnen kann, sind in der Europäischen Union noch immer nicht auf der Terrorliste so wie in den USA. (Abg. Loacker: Unser Außenministerium ist ein bisschen überzurück­hal­tend!) Wieso haben wir dazu nichts zu sagen? Wieso trauen wir uns nicht, solche Dinge zu benennen?

Ich bin mir sicher, dass Sie auch, genauso wie ich, von Vertretern der kurdischen Minderheit, der Bahai im Iran, die grausam verfolgt werden, angesprochen


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wurden. Ich glaube, Sie müssen auch die Berichte darüber bekommen haben. Verschließen wir da Augen und Ohren und haben dazu nichts zu sagen?

Meine Bitte wäre wirklich auch an alle: Verlieren wir uns nicht mit hohlen Phrasen! Wenn wir schon alle davon sprechen und das sozusagen vor uns hertragen, dann nehmen wir uns auch wirklich den Mut, diese Dinge ganz konkret zu benennen und in Anträgen festzuhalten! (Abg. Scherak: Das musst du in deiner Fraktion ...!)

In der Frage der Entwicklungszusammenarbeit ist es, glaube ich, schon wichtig zu sagen, dass wir da eine tolle Entwicklung haben. Der Minister hat es auch schon referiert. Als Sprecher für Entwicklungszusammenarbeit will ich auch noch sagen: Was mir ein besonderes Anliegen ist, ist die Entwicklung der wirtschaft­lichen Zusammenarbeit mit den Ländern des globalen Südens. Ich glaube, dass das die Zukunft ist, dass das wirklich sinnvoll eingesetztes Geld ist. Durch diese zusätzlichen Mittel ist da viel möglich.

Kollege Kassegger, bei Ihrer Kritik an der Steigerung der Mittel für den Aus­landskatastrophenfonds musste ich ein bisschen schmunzeln, denn ich glaube, wenn ich mich nicht irre, dass in der Zeit, als Sie in der Regierung waren, Sie es waren, der davon gesprochen hat, dass es irgendwie eine noble Tradition Österreichs ist, im Krisenfall, im Katastrophenfall zu helfen, und dass wir eben damals die Mittel mit einem großen Sprung erhöht haben. (Abg. Kassegger: Weiß ich jetzt nicht mehr!)

Ich finde es ehrlich gesagt unter Ihrer Würde, jetzt, in dem Moment, da Sie in der Opposition sitzen, zu kritisieren, dass wir diese noble Tradition noch weiter ausbauen. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube, da sollte man nicht neidisch sein.

Zum Schluss noch eine Bemerkung zu Ihrem Antrag, den Sie zu dieser Kondi­tionalität gestellt haben, da muss ich Ihnen sagen: Da haben Sie Ihre Haus­aufgaben nicht gemacht, sonst wüssten Sie, dass im Dreijahresprogramm, das


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jetzt sozusagen gerade den Prozess der Verabschiedung durchläuft, zum ersten Mal ganz klar diese Konditionalität enthalten ist, im Übrigen auch in Über­einstimmung mit den EU-Richtlinien. Das heißt, es wird bei der Nichtrücknahme illegaler Einwanderer auch die Möglichkeit der Kürzung von Entwicklungs­zusammenarbeitsgeldern geben. (Abg. Kassegger: Es gibt aber schon einen Unter­schied zwischen kann und muss, Herr Kollege! Genau lesen! Da müssen Sie jetzt Ihre Hausaufgaben machen!) Das heißt also, wir haben sozusagen proaktiv, bevor Sie noch den Antrag gestellt haben, bereits gewusst, dass das eine sinnvolle und gescheite Maßnahme ist. – Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kassegger: Ja, ja, aber der Unterschied zwischen kann und muss ist Ihnen schon geläufig?)

18.40


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Troch. – Bitte.


18.40.36

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätztes Regie­rungs­mitglied, Herr Außenminister! Budget 2023: Es ist für die Österreiche­rin­nen und Österreicher nicht unwesentlich, was das Parlament hier beschließt, wie viel Geld es für Internationales und das Außenministerium gibt.

Allein schon die Botschaften der Republik Österreich im Ausland sind Service- und Anlaufstellen für Österreicher und ihre Familienmitglieder, die sich im Ausland befinden.

Allerdings hat ja auch die Frage internationaler Organisationen in Wien und in Österreich überhaupt enorme wirtschaftliche, kulturelle und politische Bedeu­tung. Sie bedeuten auch ein Netzwerk für die Republik Österreich. Bezüglich inter­nationaler Organisationen gibt es ja auch vertragliche Verpflichtungen, und ich würde mir da von der Bundesregierung mehr Aktivitäten wünschen, dass weiterhin internationale Organisationen angesiedelt werden. (Beifall bei der SPÖ.)


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Die großen Erfolge liegen ja schon lange zurück. Vertrag mit der Opec 1965: Herr Außenminister, wer war damals Außenminister? – Bruno Kreisky war Außenminister und hat diesen Vertrag abgeschlossen. In den Siebzigerjahren entstand die UNO-City in Wien, eröffnet 1979. Wer war damals Bundes­kanzler? – Bruno Kreisky war Bundeskanzler. Das heißt, bei sozialdemokrati­scher Außenpolitik geht es nicht nur um Menschenrechte, nicht nur um Werte, sondern natürlich auch um die Ansiedlungspolitik hinsichtlich internatio­naler Organisationen.

Ein berühmter Ausspruch von Kreisky war: Internationale Organisationen wie die UNO in Wien sind für unsere Sicherheit politisch wichtiger als drei Panzer­divisionen! – Ich glaube, dem kann man nur beipflichten.

Österreich muss allerdings in seiner Außenpolitik glaubwürdig sein, und das betrifft meines Erachtens auch die österreichische Neutralität. Ich glaube, die Regie­rungsmitglieder, der Außenminister, sollten sich ganz genau anschauen, ob das Kriegsmaterialgesetz eingehalten wird, auch in der jetzigen Situation. (Beifall bei der SPÖ.) § 4 Abs. 2 spricht ja auch von der Durchfuhr – das betrifft auch den Luftraum, die Luftraumüberwachung –, was das Kriegsmaterial betrifft.

Das österreichische Neutralitätsgesetz sollen wir grundsätzlich ernst nehmen, um die österreichische Neutralität völkerrechtlich weiterhin quasi als heilig für uns, als unantastbar zu sehen und nicht zu gefährden.

Das heißt, die Glaubwürdigkeit Österreichs ist auch gegeben, wenn Österreich weiterhin ein Begegnungsort bleibt. Ich erinnere daran: Vor Kurzem hat eine eigentlich privat organisierte Afghanistankonferenz in Wien stattgefunden. Die afghanische Opposition hat sich da getroffen, Ahmad Massoud, der Sohn des berühmten Ahmad Schah Massoud, war auch da. Das kann ein Beispiel sein. Die Afghanen haben sich in Wien getroffen, weil sie gesagt haben, Russland war der Feind in den Achtzigerjahren, Amerika in den letzten 20 Jahren, und Österreich ist neutral. Da ist Österreich als Standort für internationale


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Begegnungen glaubwürdig. Daran sollten wir ernsthaft und glaubwürdig weiter­arbeiten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.44


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.


18.44.20

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Dieser Punkt ist aus Sicht der Grünen sicherlich einer der erfreulichsten in diesem Budget. Entwicklungszusammenarbeit ist uns ein Anliegen und war immer ein Lippenbekenntnis aller Regierungen, glaube ich. Jetzt da wirklich etwas weiterzukriegen, uns wirklich reinzuhauen und etwas hochzuschrauben ist uns wichtig, und ich finde, das ist uns gelungen.

Wir haben in diesem Jahr wieder eine Steigerung um 90 Millionen Euro. Das sind weitere 90 Millionen Euro in diesem Bereich, die hilfreich sind. Im Außenminis­terium sind es 10 Millionen Euro, und das Klimaministerium – das freut mich besonders – geht jetzt in dieses Thema, ins Thema Entwicklungshilfe, Klima­schutz international intensiv hinein. Nach einigen Jahren Vorbereitung, Aufbau des ganzen Themas werden heuer weitere 40 Millionen Euro – das bedeutet mehr als eine Verdoppelung im Bereich des Klimaministeriums – in diesen Bereich gehen. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Leonore Gewessler jetzt am Klimagipfel teilnimmt, steht sie dadurch nicht mit leeren Händen dort. Es ist wirklich sehr erfreulich, dass ihr Ministerium das gemacht hat. In den nächsten Jahren wird noch einmal auf jährlich 90 Millionen Euro erhöht. Das ist auch für die nächsten drei Jahre schon fixiert, und das ist großartig.

Was ich auch als positiv erwähnen möchte, ist das Landwirtschaftsministerium, das sich massiv reinhaut. Der Beitrag zum World Food Programme, das Notfälle,


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Hungerfälle versorgt, wird von 1,6 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro aufge­stockt. Das bedeutet fast eine Verzehnfachung für diesen Bereich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mir persönlich vielleicht am wichtigsten ist der Auslandskatastrophenfonds für humanitäre Hilfe. Der wird jetzt 77 Millionen Euro zur Verfügung haben. Als wir Grüne in die Koalition gegangen sind, hatte er 15 Millionen Euro. Ich kann mich an einen Fall vor einigen Jahren erinnern, als ich als Europaabgeordneter im Irak war, als der Islamische Staat dort gewütet hat. Als ich dort zu Besuch war und die österreichische Regierung aufgefordert habe, doch dort sofort vor Ort zu helfen, hat damals ein Außenminister namens Sebastian Kurz am nächsten Tag 1 Million Euro freigegeben, und das war ein riesiger grüner Erfolg. Jetzt gibt es 77 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und zur Hungerbekämpfung auf der ganzen Welt. (Beifall bei den Grünen.) Wenn irgendetwas es wert ist, dann wohl dieses Thema.

Eines möchte ich noch sagen, weil das in den letzten Tagen einige Male und jetzt auch mit einem freiheitlichen Antrag versucht wurde: Soll man Entwicklungs­zusam­menarbeit an Migration koppeln? – Das geht leider nicht. Ich sage euch, warum: Aus Mosambik sind voriges Jahr null Asylwerber:innen gekommen, aus Burkina Faso ist einer gekommen, aus allen afrikanischen Entwicklungszusam­menarbeitsländern sind 32 gekommen. Wenn ihr das mit der Entwicklungs­zusammenarbeit steuern wollt: Viel Spaß! Wenn ihr euch vor 32 Leuten fürchtet, müsst ihr über euch nachdenken. (Beifall bei den Grünen.)

18.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte.


18.47.30

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren, ein Budget ist ja bekanntlich die in Zahlen gegossene Politik einer Bundesregierung. Mit diesem


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Budget haben Sie sich wieder einmal selbst, werte Kollegen von Schwarz-Grün, ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt, denn dieses Budget ist nichts anderes als ein weiterer Beweis nicht nur Ihrer EU-Hörigkeit und Ihrer Realitätsverweige­rung, sondern auch vor allem Ihrer Ignoranz gegenüber den Menschen in Öster­reich.

Österreich steckt in einer fundamentalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Inflation und die Schulden steigen ins Unermessliche, und Millionen Menschen wissen schon jetzt nicht mehr, wie sie sich das Leben in diesem Land noch leisten können, doch anstatt alles zu tun, um diese Inflation zu stoppen, um die Menschen zu entlasten, um sie zu unterstützen, verschärfen Sie mit Ihrer Politik die Situation sogar noch weiter. Sie verschärfen sie sowohl national mit Maß­nahmen wie einer CO2-Steuer – das muss einem wirklich einmal gelingen – als auch international mit einem immer weiteren Drehen und Drehen und Drehen an der Eskalations- und Sanktionsspirale und dem damit auch verbundenen Zertrampeln unserer verfassungsrechtlich verankerten Neutralität.

Während das eigene Land und die eigenen Menschen im Stich gelassen werden, spielt für Sie seit vielen Jahren vor allem in zwei Bereichen das Geld anscheinend überhaupt keine Rolle mehr: sowohl in Sachen Asyl, wobei wir uns dank Ihnen und der EU mittlerweile sogar in einer noch größeren Krise als im Katastrophen­jahr 2015 befinden, als auch in Sachen EU-Zahlungen.

Seit über 20 Jahren besetzt die ÖVP das Finanzministerium, und jedes Jahr leisten wir – natürlich dank Ihrer Zustimmung, aber auch dank der Zustimmung der anderen Parteien in diesem Haus – mehr und mehr und noch mehr Zahlungen an die EU.

Sie sagen in Ihrer blinden EU-Hörigkeit seit vielen, vielen Jahren zu allem Ja und Amen, nicht nur zu jeder Budgeterhöhung, sondern auch zu jedem neuen Schuldentopf, in den wir zusätzlich einzahlen und für den wir haften müssen. Das, sehr geehrte Damen und Herren, kann ich nur noch als Verrat an den Interessen der österreichischen Steuerzahler bezeichnen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Der nationale EU-Beitrag Österreichs hat sich in den vergangenen 20 Jahren auf mittlerweile 3,7 Milliarden Euro verdoppelt. Dabei sind die Kosten, die Österreich aufgrund des EU-Versagens entstehen, zum Beispiel in Sachen Asyl und Außengrenzschutz, noch nicht einmal mit eingerechnet, geschweige denn die gewaltigen Kosten aufgrund dieser Sanktionspolitik oder die Zahlungen in alle möglichen EU-Sondertöpfe, die jedes Jahr mehr werden.

Österreich zahlt jedes Jahr zum Beispiel 50,3 Millionen Euro an den Europä­ischen Entwicklungsfonds. Österreich zahlt noch immer Millionen pro Jahr an die Türkei aufgrund des noch immer laufenden EU-Türkei-Flüchtlingsdeals, den die Türkei regelmäßig dafür missbraucht, um die Europäische Union zu erpressen. Insgesamt hat die Türkei überhaupt schon rund 10 Milliarden Euro zusätzlich zu den Milliarden an Entwicklungshilfen erhalten.

Na ich gratuliere: Sie wollen zwar in Sachen Energieversorgung nicht von Putin abhängig sein, aber in Sachen Sicherheit haben Sie überhaupt kein Problem damit, von Erdoğan abhängig zu sein, der völkerrechtswidrig sowohl in Syrien als auch im Nordirak eingefallen ist. Ja, da wäre sie einmal wieder, die berühmte Doppelmoral dieser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie lassen es auch zu und unterstützen es, dass die EU ständig alle ihre Verträge bricht und vertragswidrig über ihre EZB-Geldpolitik eine monetäre Staats­finanzierung betreibt und den Markt deswegen mit Geld überschwemmt, was übrigens einer der Hauptgründe für die gewaltige Inflation ist.

Sie haben es auch zugelassen, dass die EU unter dem Deckmantel der Corona­krisenbewältigung den gewaltigen Tabubruch der erstmaligen Schulden­aufnahme vollzogen hat, was klar EU-rechts- und verfassungswidrig ist. Doch während Länder wie Ungarn ständig mit Rechtsstaatlichkeitsverfahren verfolgt werden, spielen Vertragsverletzungen, solange Sie Ihnen politisch ins Konzept passen, natürlich überhaupt keine Rolle; und da wäre sie schon wieder, die berühmte Doppelmoral dieser Bundesregierung. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 402

Kein halbes Jahr hat das damalige Versprechen der einmaligen Schuldenauf­nahme gehalten, und schon kamen die nächsten Vorschläge daher. Mittlerweile haben wir Milliarden an die Ukraine überwiesen und weitere Hunderte Milliarden versprochen. Doch der größte Skandal und der Verrat an der öster­reichischen Neutralität war neben den Sanktionen Ihre Zustimmung zur sogenannten Friedensfaszilität, was nichts anderes ist als Waffenlieferungen in die Ukraine, an denen sich Österreich mittlerweile mit rund 125 Millionen Euro beteiligt – eine absolute Schande, sehr geehrte Damen und Herren!

Doch glaubt man, es kommt nichts Schlimmeres daher, schon kommt der nächste Vorschlag von von der Leyen daher. Laut Bericht der „Financial Times“ hat von der Leyen nämlich sofort nach dem eindringlichen Anruf aus Amerika vorgeschlagen, dass die EU neue Schulden aufnimmt, insgesamt 18 Mil­liarden Euro pro Jahr, um in schönen monatlichen Tranchen von 1,5 Milliarden Euro an die Ukraine überweisen zu können.

Und wofür das Ganze? – Natürlich um die Waffenlieferungen aus den USA finanzieren zu können, die natürlich nicht großzügig von den USA zur Verfügung gestellt werden. Nein, dafür soll die Europäische Union zahlen. Wir sollen auch noch die Zinsen zahlen, und das Ganze, um den Krieg zu verlängern und die amerikanische Waffenindustrie zu finanzieren.

Sagen Sie jetzt noch einmal, sehr geehrte Damen und Herren, dass die EU-Kommission nicht blind am Rockzipfel der USA hängt! Das Traurige ist, dass die meisten noch immer nicht kapiert haben, dass die Interessen Europas nicht die der USA sind, sehr geehrte Damen und Herren.

Wir sagen: Genug ist genug! Wir sind ein neutrales Land und haben auch eines zu bleiben. Daher stelle ich folgenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der neutralitätsverletzenden Zahlungen an die Kriegspartei Ukraine“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 403

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Zurverfügungstellung von Finanzmitteln, sowohl bilateral als auch über Finanzierungsmechanismen der Europäischen Union, an die Kriegspartei Ukraine einzustellen und eine dem Neutralitätsgebot entsprechende Außenpolitik wiederherzustellen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, stoppen Sie endlich diesen Irrweg in Sachen Asyl, Sanktionen und auch in Sachen Zahlungen Österreichs an die EU! Nichts von dem ist alternativlos. Die Alternative heißt Veto, und das wäre jetzt dringend geboten. (Beifall bei der FPÖ.)

18.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Steger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Stopp der neutralitätsverletzenden Zahlungen an die Kriegspartei Ukraine

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­vor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 12 Äußeres

Sowohl bilateral als auch über diverse EU-Töpfe finanziert die Republik Österreich die Ukraine und damit eine Kriegspartei. Bereits im Mai 2022 verkündete die schwarz-grüne Bundesregierung, der Ukraine mit zusätzlichen 46 Millionen Euro die „größte Auszahlung aus dem AKF [Auslandskatastrophenfonds] aller Zeiten“ zur Verfügung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 404

gestellt zu haben.1 Schon zuvor wurden aus dem Auslandskatastrophenfonds 17,5 Millionen Euro in die Ukraine transferiert.2

Gesteigert werden diese Zahlungen im Rahmen der Finanzhilfen, welche – mit österreichischer Beteiligung – über die Europäische Union Kiew erreichen. Über die sogenannte Europäische Friedensfazilität unterstützt die Republik Österreich die ukrainischen Streitkräfte in Millionenhöhe. Diese Fazilität finanziert sich aus haushaltsexternen Beiträgen der EU-Mitgliedstaaten, wobei Österreich einen Beitrag von 25 Millionen Euro österreichischen Steuergelds pro Jahr einzahlt. Im Zeitraum des Mehrjährigen Finanzrahmens der EU (2021-2027) summiert sich dieser Beitrag folgerichtig auf 175 Millionen Euro.

Nun ist festzuhalten, dass die Europäische Friedensfazilität dafür herangezogen wird, um schwere Waffensysteme für die ukrainischen Truppen zu finanzieren. 3,1 Milliarden Euro(!) wurden aus dieser Fazilität der Ukraine bereits bereitgestellt. Dass Österreich, verfassungsrechtlich zur Neutralität verpflichtet, einen millionen­schweren Beitrag zu dieser Fazilität leistet, welche der EU als Kriegskasse dient, ist völlig inakzeptabel. Ein Stopp dieser Zahlungen wäre längst überfällig.

Bilateral stellte das vormals neutrale Österreich auch selbst militärische Ausrüstung für die Ukraine zur Verfügung (Helme, Splitterschutzwesten und Treibstoff). Die Helme wurden sogar den eigenen österreichischen Soldaten abgenommen, um diese in weiterer Folge an die Ukraine versenden zu können.

Bereits am 22./23. Juni 2022 billigte der Europäische Rat eine außerordentliche Makrofinanzhilfe der Union für die Ukraine in Höhe von bis zu 9 Milliarden Euro – demnach auch mit der Zustimmung des österreichischen Bundeskanzlers Karl Nehammer (ÖVP). Insgesamt hat die EU-Kommission zusammen mit den Staaten nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bisher mehr als 19 Milliarden Euro für die Ukraine mobilisiert.3

Wie mittlerweile bekannt wurde, benötigt die Ukraine dieses Geld nicht nur, um die Funktionsfähigkeit der staatlichen Strukturen aufrechtzuerhalten, sondern bezahlt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 405

mit diesen EU-Geldern auch den Sold der ukrainischen Soldaten.4 Österreich finanziert dementsprechend die Truppen einer Kriegspartei.

Doch nicht nur das ukrainische Militär wird über die EU-Milliarden finanziert, sondern auch die Kriegsindustrie der Vereinigten Staaten von Amerika.

Die Ukraine braucht neben den Kriegskosten erhebliche Liquidität, weil sie sämtliche von den USA gelieferte Waffen bezahlen muss. Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Washington und Kiew ist der ‚Lend and Lease Act 2022‘. Er entspricht einer ähnlichen Vereinbarung, die die USA im Jahr 1941 mit Großbritannien und der Sowjetunion abgeschlossen hatten. Demnach werden Kriegsgerät, Ausrüstung und Kraftstoff von der US-Regierung an den Partner lediglich verliehen oder verpachtet und müssten nach dem Krieg zurückgeführt werden. Weil Kriegsgerät meist beschädigt oder zerstört wird, haben die Waffen oft zum Ende des Krieges lediglich Schrottwert. Daher hat die US-Regierung ein Interesse, dass die Ukraine ihre Leasing-Verträge auch pünktlich erfüllen kann.5

Die von der EU übermittelten Milliarden werden folgerichtig dafür herangezogen, die amerikanischen Lieferungen an Waffen und Ausrüstung zu finanzieren. Über das Schlachtfeld der Ukraine sponsern die EU-Mitgliedstaaten demnach in Wahrheit die US-Kriegsindustrie.

Noch ein weiterer Aspekt ist in diesem Zusammenhang mehr als bemerkenswert:

Die Financial Times (FT) berichtet, dass mehrere offizielle Regierungsvertreter aus Washington den Druck auf EU-Verantwortliche erhöht haben, Geld nach Kiew zu überweisen. […] Die US-Beamten sagten der EU, es wäre besser, das Geld als nicht rückzahlbare Zuschüsse zu gewähren und nicht als Darlehen. Die EU solle einen Mechanismus einrichten, über den automatisch monatlich Geld in das ukrainische Budget fließen könnte.6

Wenige Wochen später folgten die Staatschefs der EU-Mitgliedstaaten – so auch der österreichische Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) – den Anweisungen aus Washington.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 406

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 20./21. Oktober 2022 ersucht dieser „die Kommission, eine stärker strukturierte Lösung für die Bereitstellung von Unterstützung für die Ukraine vorzulegen, und den Rat, diese Lösung voranzubringen“.7 Die „Tagesschau“ hält hierzu fest:

Zum Abschluss wurden der Ukraine Wirtschaftshilfen in Aussicht gestellt: 1,5 Milliarden Euro soll das Land erhalten - pro Monat.8

18 Milliarden Euro(!) sollen dementsprechend 2023 der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Der diesbezüglich mittlerweile vorliegende Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission hält darüber hinaus noch eine weitere, völlig inakzeptable Forderung bereit: Artikel 14 des Verordnungsvorschlages sieht nämlich vor, dass die EU diese Mittel auf den Kapitalmärkten aufnimmt – demnach wiederum neue Schulden macht!9 Diese Vergemeinschaftung weiterer Schulden ist vollumfänglich abzulehnen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die schwarz-grüne Bundesregierung das verfassungsmäßig verankerte Neutralitätsgebot seit Beginn des Ukraine-Krieges sträflich missachtet und die jahrzehntelange, erfolgreiche Tradition unserer Heimat als neutraler Staat bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt hat. Sowohl bilateral als auch über EU-Töpfe hat Österreich eine Kriegspartei in Millionenhöhe unterstützt. Nicht nur, dass dieses Geld dringend in der Heimat gebraucht würde, werden damit noch dazu ausländische Truppen und die Kriegsindustrie der USA finanziert. Diese neutralitätsverletzenden Zahlungen sind einzustellen.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Zurverfügungstellung von Finanzmitteln, sowohl bilateral als auch über Finanzierungsmechanismen der Europäischen Union,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 407

an die Kriegspartei Ukraine einzustellen und eine dem Neutralitätsgebot ent­sprechende Außenpolitik wiederherzustellen.“

1 https://www.bmeia.gv.at/ministerium/presse/aktuelles/2022/05/oesterreich-leistet-weitere-46-millionen-an-humanitaerer-hilfe-fuer-die-ukraine/

2 https://www.bmeia.gv.at/ministerium/presse/aktuelles/2022/02/oesterreich-unterstuetzt-die-ukraine-mit-weiteren-15-millionen-euro-humanitaerer-hilfe-aus-dem-auslandskatastrophenfonds/

3 APA 10.10.2022: Ukraine - Hahn: Ukraine braucht mindestens 3 Milliarden Euro im Monat

4 FAZ 25.10.2022: EU will schon jetzt mit Wiederaufbau der Ukraine beginnen

5 Berliner Zeitung 29.09.2022: USA fordern EU auf, der Ukraine endlich Geld zu überweisen

6 Berliner Zeitung 29.09.2022: USA fordern EU auf, der Ukraine endlich Geld zu überweisen

7 EUCO 31/22, S. 3

8 Tagesschau 21.10.2022: Abschluss des EU-Gipfels Brüssel sagt Ukraine weitere Milliarden zu

9 COM (2022) 597, S. 19-20

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alexander Melchior. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 408

18.53.47

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher! Ich kann mich an viele Sitzungen des Außenpoli­tischen Ausschusses oder Debatten zur Außenpolitik erinnern, in denen es immer um Konflikte gegangen ist, die weit entfernt sind, die uns zwar immer betroffen gemacht haben, bei denen wir auch immer beschlossen haben, dass wir helfen möchten; jetzt aber, heuer, haben wir es mit einem Konflikt zu tun, der unmittelbar vor unserer Haustür ist.

Kollege Brandstätter hat vorhin von einem Treffen mit einer Dame aus der Ukraine erzählt. Ich habe eine ähnliche Erfahrung gemacht und musste jetzt auch gerade daran denken. Die Dame, mit der ich gesprochen habe, hat mir geschildert, wie die Situation vor Ort ist. Und vor Ort, das ist, wie gesagt, einige wenige Hundert Kilometer von uns entfernt. Es macht uns und sollte uns alle tief betroffen machen, dass dieser Angriffskrieg der Russen auf die Ukraine Europa und die Welt in so eine katastrophale Situation gebracht hat.

Ich bin deswegen dankbar, dass wir heute beschließen, dass der Auslands­katas­trophenfonds um 50 Millionen Euro aufgestockt wurde und es im nächsten Jahr noch mehr Mittel geben soll. Auch die bilaterale Entwicklungszu­sam­men­arbeit wird um 12 Millionen Euro aufgestockt.

Ich kann mich an zahlreiche Ausschusssitzungen erinnern, in denen es immer wieder geheißen hat: Wir brauchen mehr Mittel! – Es sind jetzt mehr Mittel da, der Minister hat es vorhin angesprochen. Es könnte natürlich immer mehr Geld zur Verfügung stehen, mehr Hilfe geben, aber Bundesminister Schallenberg war in den letzten Jahren maßgeblich daran beteiligt, dass es zu einer Aufstockung gekommen ist, und ich bin zuversichtlich, dass wir auch weiterhin auf deinen Einsatz (in Richtung Bundesminister Schallenberg) zählen können. – Vielen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 409

Wenn ich schon beim Danken bin, möchte ich mich auch bei meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen im Außenministerium – sei es in den Vertretungen vor Ort oder in der Zentrale – ganz, ganz herzlich bedanken. Danke für euren Bei­trag, den ihr tagtäglich unter den schwierigsten Bedingungen leistet! Wir haben heute von jeder Fraktion Lob, Dank und Anerkennung in eure Richtung gehört. Es ist mehr als verdient, und das freut mich. Herzlichen Dank und auf eine gute weitere Zusammenarbeit! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.56


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte.


18.56.28

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Außenminister, ich bin ganz bei Ihnen, wenn Sie, was den russischen Angriffskrieg in der Ukraine betrifft, sagen, dass die Menschenrechts­erklärung und die Charta der UN eine rote Linie sind, absolut.

Das aber als rote Linie zu bezeichnen und gleichzeitig in Ihrer Partei – wie auch in der FPÖ – Leute zu haben, die die Europäische Menschenrechtskonvention neu diskutieren wollen, sie überarbeiten wollen: Das geht sich nicht aus, entwe­der oder, das geht nicht zusammen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Wer in dem jetzigen Kontext, wie es gesagt worden ist, darüber nachdenkt, die EMRK zu überarbeiten, der tut das einzig und allein mit der Überlegung, sie zu verwässern, Caselaw zum Beispiel nicht mehr anerkennen zu wollen.

Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben hier einen so banalen Antrag eingebracht, wie ich jetzt gleich einbringen werde, aber es ist leider notwendig. Dieser Antrag betrifft die Achtung der Europäischen Menschenrechts­kon­vention.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 410

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert sich vollumfassend zu der sich im Verfassungsrang befindlichen Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu bekennen und für die unveränderte Geltung ebendieser vehement einzutre­ten, denn Menschenrechte sind die Säule des Rechtsstaates und unverhan­delbar“.

*****

(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Unverhandelbar ist ...!) – Und unverhandel­bar!

Zum Zweiten, zur Austrian Development Agency: Als wir sie im Jahr 2003 gesetzlich festgelegt haben, war die Idee, dass man die ADA mit 200 Millionen Euro dotiert. Umgerechnet, inflationsbereinigt quasi, wären das heuer 314 Millionen Euro.

Jetzt haben wir zugegebenermaßen mehr als im Jahr zuvor, nämlich real 137 Millionen Euro, aber das ist immer noch weniger als die Hälfte – und zwar weit weniger als die Hälfte – von dem, was ursprünglich geplant war. Also ich verstehe ja, dass man sich abfeiert, alles gut, aber wir müssen die Kirche auch im Dorf lassen. Wir werden nicht ansatzweise näher Richtung 0,7 Prozent kommen, wenn wir diese Erhöhungen in dieser Schnelligkeit weiter voranbringen. Dazu bedarf es viel, viel mehr, und dazu braucht es auch endlich einen wirklichen Pfad, der politisch akkordiert ist.

Zum Schluss ein drittes Thema, die Ukraine: Da kann man zur Frage der Waffen­exporte diese oder jene Meinung haben. Was uns wahrscheinlich alle eint, ist die Angst, dass, wenn dieser Krieg vorüber sein wird, es eine unglaublich hoch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 411

militarisierte Zone mitten in Europa gibt, mit unendlich vielen Waffen, die nicht von heute auf morgen verschwinden werden. Ich denke, es stünde Österreich auch in seiner Rolle als eines der immer weniger werdenden neutralen Länder in Europa sehr gut an, sich jetzt schon zu überlegen, wie man denn dann nach dem Krieg die Region demilitarisieren kann, denn in einer Gesellschaft, die im wahrs­ten Sinne des Wortes auf Waffen lebt, wird ein Frieden in Europa nicht greifbar und nicht möglich sein. Ich glaube, es wäre eine lohnende Aufgabe, sich da sehr bald etwas zu überlegen und auch daran seine Neutralitätsüberlegungen in Zukunft zu schärfen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr

Genossinnen und Genossen

betreffend: Achtung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023- BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) - UG 12 Äußeres

Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) wurde im Jahr 1950 vom Europarat ausgearbeitet, dem alle europäischen Staaten mit Ausnahme von Belarus, Russland und Kosovo angehören. Österreich ist Mitglied des Europarates und in der UG 12 sind für diesen 5,850 Mio. Euro an Mitgliedsbeiträgen vorgesehen.

Für Österreich hat die EMRK eine besondere Bedeutung, da sie hierzulande seit 1964 im Verfassungsrang steht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 412

Menschenrechte sind unteilbar. Laut dem Regierungsprogramm positioniert sich Österreich in der kommenden Legislaturperiode aktiv als internationaler Vorreiter beim Menschenrechtschutz und in der Friedenspolitik sowie als Ort des Dialogs und bekennt sich zu einem umfassenden Menschenrechtsschutz als fester und integraler Bestandteil der österreichischen Außenpolitik1. Weiters wird im Regierungsprogramm die Aufwertung des Menschenrechtsschutzes in allen Ressorts der Bundes- und Lan­desregierungen, sowie das Engagement für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte aktiv hervorgehoben.

Die Europäische Menschenrechtskonvention ist Antwort Europas auf den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust. Bundespräsident Alexander Van der Bellen bekräftigte in den letzten Tagen, dass die EMRK eine große Errungenschaft der Menschheit sei, ein Kompass der Humanität und zum Grundkonsens der Republik gehöre.2

Auch die Bundesministerinnen Edtstadler und Zadic bezeichneten die EMRK als unverhandelbar. Anschließend an dieses Bekenntnis stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung wird aufgefordert sich vollumfassend zu der sich im Ver­fas­sungsrang befindlichen Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu bekennen und für die unveränderte Geltung ebendieser vehement einzutreten, denn Menschenrechte sind die Säule des Rechtsstaates und unverhandelbar“.

1 Regierungsprogramm 2020 – 2024 „Aus Verantwortung für Österreich“, S.129

2 Vgl. https://orf.at/stories/3293806/; Stand: 15.11.2022

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Rausch. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 413

18.59.52

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir leben in einem schönen, international betrachtet eher kleinen, aber international relativ bedeutenden Land, weil Öster­reich wie bisher seine Rolle als Vermittler in dieser Welt und auch als Vermittler in Konflikten wahrnehmen wird und will.

In der jüngeren Geschichte denke ich an die Zerfallskriege in Jugoslawien, bei denen etwa Alois Mock einer der wichtigsten internationalen Vermittler war. An diese große Tradition knüpfen wir in Österreich an, und dieser Rolle wollen wir mit unserem Budget auch weiter gerecht werden. Wir wollen weiterhin die Westbalkanstaaten bei ihren Bemühungen Richtung EU-Beitritt unterstützen, wir wollen mithelfen, dass international Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte gewahrt werden und gewahrt bleiben.

Ich denke, gerade in einer Zeit, in der auf europäischem Boden das Völkerrecht und die Menschenrechte durch den furchtbaren Angriffskrieg in der Ukraine mit Füßen getreten werden, brauchen wir diese starke regionale Zusammenarbeit mit europäischen Partnern.

Wir wollen aber weltweit auch mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit ausgeben, damit wir Armut bekämpfen und helfen, weltweit Lebensqualität und Lebenschancen auch in sogenannten Entwicklungsländern zu stärken. Es wurde heute mehrmals angesprochen: Wir wollen uns auch für ein gegenwär­ti­ges und zukunftsfähiges Regelwerk in Sachen Migration einsetzen, das natürlich auf Basis von Grund- und Menschenrechten funktioniert, die nicht verhandelbar sind und gewahrt bleiben, aber das auch den Herausforderungen unserer Zeit gewachsen sein muss. Da treten wir gerne in Verhandlungen ein, da verstecken wir uns nicht, sondern treten gerne in europäische Verhandlungen darüber ein. Das wollten wir damit auch initiieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 414

In Zahlen heißt das, dass wir nächstes Jahr 635,5 Millionen Euro für diesen Budgetbereich ausgeben. Vorhin wurde schon darüber gesprochen, dass die Erhöhung bei der Entwicklungszusammenarbeit wiederum für manche Kolleg:innen hier im Haus nicht schnell genug geht. Sie ist dennoch deutlich, das hat nichts mit einem Abfeiern zu tun, denn allein die Budgeterhöhung für nächstes Jahr geht zur Hälfte auf das Konto der Entwicklungszusammenarbeit.

Ich denke, es geht auch darum, Österreichs Rolle und Bild in der Welt weiterhin zu stärken – auch das wurde heute mehrmals angesprochen. Wir setzen da, glaube ich, einen großartigen Fokus mit der Initiative Refocus Austria, was den Wirtschaftsstandort Österreich und die Stärkung der heimischen Export­wirt­schaft betrifft. Wir wollen uns für einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat 2027/28 bewerben. Ich glaube, auch das zeigt, dass wir bereit sind, zusätzlich Verantwortung in der Welt zu übernehmen. (Präsident Hofer übernimmt den Vor­sitz.)

Vielen Dank für dieses Budget, Herr Bundesminister, danke deinen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern, die nicht nur tagtäglich hier in Wien dafür gearbeitet haben und überall auf der Welt tätig sind, sondern die auch dieses Budget erstellt haben. Dieses Budget entsteht in unsicheren Zeiten, in Zeiten des Wan­dels und der Veränderung überall auf der Welt, auch beim diesjährigen Europäischen Forum Alpbach wurde über das geopolitische Erwachen Europas gesprochen. Ich denke, wir stehen an einem Punkt, an dem wir nicht genau vorhersagen können, wie die Zukunft internationaler Beziehungen und Politik aussehen wird, wir müssen aber auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein. – Das sind wir mit diesem Budget.

Ich danke allen, die da zustimmen und das auch ermöglichen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.03


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 415

19.03.30

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Minis­ter! Herr Staatssekretär! Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, das Außenbudget wird erhöht. Es sind rund 25 Millionen Euro, das ist positiv.

Ich möchte nur anmerken, dass das heiße 4 Prozent sind, nicht einmal 6 Prozent, wie das in Ihrem Budget als Inflation angenommen wurde. Wir haben das auch schon im Ausschuss besprochen. Die Frage ist, ob Sie einen geringeren Verhand­lungserfolg hatten oder ob der Einsatz sozusagen von Grund auf gering war. Wir stehen aktuell immerhin bei 11 Prozent Inflation, mit 6 Prozent kann man nicht viel schupfen, wenn ich das so sagen darf. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Plus, das vorhanden ist, fließt in internationale Organisationen, das Plus fließt in die Entwicklungszusammenarbeit, wobei ich anmerken möchte, dass wir noch lange nicht bei den 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens sind, die wir uns eigentlich als Ziel gesetzt haben. – Das war es vom Plus.

Bereiche, die eigentlich unberücksichtigt oder wenig berücksichtigt sind, möchte ich auch gerne anführen und hier zwei herausgreifen. Das eine sind ganz klar die Angriffe auf Frauen und Mädchen, Angriffe auf Frauenrechte. Es ist ein Drama, was sich abspielt. Wir haben heute auch aktuell einen Bericht von der Klima­konferenz gehört, in dem Frauen ganz klar darüber berichten, was die Klimakrise für sie bedeutet, wenn keine Tiere mehr da sind, weil es Dürre gibt, wenn Frauen an ältere Männer verkauft werden, um Kinder zu bekommen.

Wir haben in Afghanistan die Situation – Herr Bundesminister, ich glaube, wir haben die Taliban lange genug an ihren Taten gemessen –, dass Frauenrechte dort nicht nur beschnitten werden, sondern inexistent sind. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Der dritte Punkt, da blicken wir in den Iran: Dort verlieren Frauen ihr Leben, sie werden ermordet, sie kommen in Gefängnisse. Das muss uns alles beschäftigen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 416

Wir sind, werter Herr Bundesminister, zum Handeln aufgerufen. Die Gelder für den Kampf für Frauen und für Frauenrechte fehlen, ganz offen gesprochen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein zweiter Bereich ist die Friedenspolitik. Wir haben heute im Parlament das SDG 16 behandelt, nämlich Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen. Herr Bundesminister, ich vermisse eine aktive Friedenspolitik, die nämlich auch eine aktive Neutralitätspolitik bedeutet. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Wir haben sogar hier im Haus einen Entschließungsantrag eingebracht, der ganz klar dazu aufruft, die Ukraine und Russland bei Verhandlungslösungen zu unterstützen. Es gibt diese Verhandlungsbemühungen von unserer Seite gesehen nicht, oder wenn, dann nur sehr mau. Die 500 000 Euro, die im Budget für die Mediations­fazilität eingestellt sind, sind – mit Verlaub – viel zu wenig.

Ich fordere Sie auf, da wirklich Geld in die Hand zu nehmen und aktive Neutralitäts- und Friedenspolitik zu leben. Ich darf Ihnen (ein Schriftstück in die Höhe haltend) auch eine super Anleitung von Uninetz mitgeben, wie Frie­densforschung und Friedenspolitik funktionieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mir liegen dazu keine Wortmeldungen mehr vor. Die Beratungen zum Themenbereich Äußeres sind somit beendet.

19.06.49UG 13: Justiz


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen zur Untergliederung 13: Justiz.

Zu Wort gelangt nun Frau Mag. Selma Yildirim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.06.56

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Um ehrlich zu sein: Niemand geht freiwillig zum Gericht. Die allermeisten in diesem Land müssen vielleicht einmal, maximal


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 417

zweimal den Weg ins Gericht suchen und finden (Abg. Loacker: Die ÖVP nicht!) – die ÖVP nicht, sagen Sie, Herr Abgeordneter –, aber eines ist auch ganz klar: Die österreichische Bevölkerung hat ein hohes Vertrauen in ihre Justiz.

Das ist auch gut so, denn wir alle wissen, dass die Justiz gut arbeitet und dass sie nicht nur Rechtssicherheit gibt, sondern auch Rechtsfrieden gewähr­leistet. – Ich begrüße Sie, Frau Ministerin. – Wir haben vergangene Woche recht ausführlich und intensiv über das Justizbudget debattiert. Ganz klar ist, dass wir es nach dem großen Alarm, zu Recht unter dem Titel „Die Justiz stirbt einen stillen Tod“, in den letzten drei Jahren geschafft haben – Sie (in Richtung Bun­des­ministerin Zadić) haben sich da sehr stark gemacht –, dieses Aushungern der Justiz zu stoppen. Auch dieses Jahr gibt es eine Erhöhung von etwa 11,5 Pro­zent. Das ist wichtig, es hält den laufenden Betrieb aufrecht, ganz klar, und dem gebührt auch wirklich Anerkennung.

Wir haben natürlich bemerkt – und das haben wir offen diskutiert, Frau Minis­terin –, dass wir in der Justiz vor sehr, sehr großen Herausforderungen stehen. Da teile ich die Sorge der Standesvertretung, der Staatsanwält:innen, der Richter:innen, dass wir es mit neuen Formen und schnelleren Formen der Kriminalität zu tun haben – Kriminalität im Internet und Cybercrime –, oder was so viele Menschen, vor allem ganz junge Menschen, Frauen oder Angehörige von Minderheiten, betrifft: Hass im Netz.

Bei der Bekämpfung von Hass im Netz und bei der Bekämpfung von Internetkri­mi­nalität, den Betrügereien, müssen wir Gas geben. Da sind zwar Ansätze da, aber das Budget wird dem nicht gerecht, Frau Ministerin! Ich glaube, man muss da schneller reagieren und sehr viel mehr investieren, nicht nur in die Planstellen, die auch wichtig sind. Sie haben uns erklärt: in der Rechtsprechung mehr Plan­stellen für Richter:innen, in etwa 24, oder Staatsanwaltschaften, 24 im Jahr 2023. – Mit Verlaub, wenn ich mir die Forderungen der Standesvertretung anschaue, dann ist das eine Antwort, aber in Ansätzen. Da braucht es wirklich mehr und da kann ich Sie in Ihrem Bemühen auch gerne unterstützen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 418

Es ist ganz schwierig, weil wir hauptsächlich auch im IT-Bereich zusätzliche Bedienstete brauchen. Wir brauchen sie auch in den Kanzleien. Man darf das nicht gering schätzen, wie wichtig die Arbeit der Protokollführer:innen, der Stenotypist:innen ist, weil es auch von der Protokollerstellung abhängt, wie schnell ein Urteil ausgefertigt wird. Und nicht zu vergessen: Den Großteil der Arbeit, weil es ja zum Glück nicht die schweren Kriminalitätsformen betrifft, leisten die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger. Das heißt, wir haben nach wie vor eine ganze Reihe an offenen Baustellen, die wir eigentlich schnell schließen sollten.

Wenn wir dann weiterdenken, an den Strafvollzug, der nach rechtskräftiger Verurteilung folgt: Da war ich schon etwas erstaunt, dass es keine einzige neue Planstelle für die Justizwache geben wird. Erst vergangene Woche habe ich einmal mehr die Zeit gefunden, eine Justizanstalt zu besuchen und dort mit den Bediensteten, mit der Anstaltsleitung zu sprechen. Ich sage Ihnen: Es brennt überall.

Es ist ganz wichtig, dass wir nicht diese Verwahrungshaft haben, die ja wirklich überholt ist, sondern Ansätze finden, wie wir denn straffällig gewordene, rechtskräftig verurteilte Menschen wieder in die Gesellschaft eingliedern kön­nen. Es kann nicht sein, dass wir sagen: Sie werden jetzt weggesperrt, irgendwann kommen sie raus, und dann sollen sie schauen, wie sie zurecht­kommen. Es braucht da eine gute Justizpolitik, und daran fehlt es.

Wenn Sie sagen, es sind noch an die 160 Planstellen für die Justizwache offen, weil sich niemand bewirbt, dann müssen wir uns fragen: Warum bewirbt sich niemand? Wie wird denn so ein Job bezahlt? Wie wird die Stelle beworben? Können wir in puncto Image etwas mehr leisten? Da sind wir doch alle in der Verantwortung und gefragt.

In diesem Sinne: Sosehr ich Ihr Bemühen anerkenne und sosehr ich auch begrüße, dass es Erhöhungen gibt, um den laufenden Betrieb aufrecht­zuerhal­ten, die große Reform, wie zum Beispiel Bundesstaatsanwalt, fehlt mir noch.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 419

Diese großen Reformen fehlen mir, und daher werden wir in dieser Frage unsere Zustimmung verwehren, unterstützen Sie aber selbstverständlich weiterhin in Ihrem Kampf für eine unabhängigere und starke Justiz. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf die Frau Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić sehr herzlich bei uns begrüßen und bitte nun Mag.a Agnes Sirkka Prammer ans Rednerpult. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.12.32

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich bin gerade ein bisschen verwundert über die Rede der Kollegin Yildirim, weil sie grundsätzlich doch von sehr großer Wertschätzung für die Justiz und für die Bemühungen, die Justiz auf solide Beine zu stellen, getragen wurde, sie aber die wesentlichen Punkte, die eigentlichen Errungenschaften nicht erwähnt hat.

Wir haben im Zusammenhang damit, dass wir uns als Parlament mit den SDGs beschäftigen, heute draußen Informationsstände zum SDG 16 aufgebaut gehabt. Das ist das SDG Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen. Dazu gehört auch eine Justiz, die nicht nur formal und institutionell unabhängig ist, sondern die auch frei und insbesondere barrierefrei zugänglich und finanziell solide abgesichert ist. Und genau das, nämlich die solide finanzielle Absicherung für die Justiz, genau das ist es, was wir jetzt schon zum vierten Mal in Folge forcieren. Zum vierten Mal in Folge – das muss man sich bitte auf der Zunge zergehen lassen – wird das Justizbudget erhöht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­ne­ten der ÖVP.)

Insgesamt werden wir im Jahr 2023 um eine halbe Milliarde Euro mehr für die Justiz zur Verfügung haben als 2019. Das ist bitte sehr, sehr viel und wichtig und


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richtig, um genau diese Absicherung des Justizsystems zu gewährleisten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genau in die Bereiche, für die es so wichtig ist, wird dieses Geld fließen. Genau diese Bereiche, die Frau Kollegin Yildirim vorhin angesprochen hat – Strafvoll­zug, der Vollzug der Maßnahmen –, genau das sind ja die Reformbereiche, in die dieses Geld fließen wird: in die Ausstattung der Justizanstalten, in die Sanierung der Justizanstalt Josefstadt, in die Sanierung der Justizanstalt Göllersdorf, in den Ausbau der Justizanstalt Asten. Genau dorthin fließen diese Mittel. Es wird ein wesentlicher Teil dieser Mittel auch in die Entlassenenbetreuung fließen. Genau das sind diese Bereiche, für die wir arbeiten, in die das Geld fließen wird und in denen wichtige Projekte vorangetrieben werden.

Nicht nur, dass wir, wie schon in der Vergangenheit, die Planstellen für die Justiz ausbauen werden, sie werden auch genau in den Bereichen eingesetzt, in denen sie konkret fehlen, etwa im Bereich Cybercrime. Dort, wo es spezielle Ausbil­dungen, spezielle Fachkenntnisse braucht, genau dort werden diese Fachkennt­nisse zur Verfügung gestellt. Man darf auch nicht den ganz wesentlichen Bereich des Gewaltschutzes vergessen, der mehr und mehr mit Mitteln ausgestattet wurde. Das kommt nicht nur den Betroffenen zugute, sondern durch die opfer­orientierte Täterarbeit auch der Gesamtgesellschaft, allen, die noch nie Opfer wurden und es auch niemals werden sollen. Da tun wir sehr, sehr viel.

Ich glaube, das sind so viele wertvolle Beiträge, da steckt so viel in diesem Justizbudget drinnen – zum wiederholten Male –, damit wir wirklich sichergehen können, dass wir dieses SDG 16, die Absicherung des Justizsystems, erfüllen können. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken, und deswegen ersuche ich wirklich ausdrücklich um Zustimmung zu diesem Budget. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Harald Stefan. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 421

19.16.43

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist richtig, es gibt mehr Geld für die Justiz. Das ist, weil man ja will, dass das System funktioniert, gut, und wir haben auch ein grundsätzlich gut funktionierendes Justizsystem. Natürlich relativiert sich dieses Geld, das zusätzlich kommt, aufgrund der Inflation doch sehr stark, weil es ja in erster Linie ins Personal fließt. Es ist auch richtig: Es gibt mehr Richter und mehr Staatsanwälte. Keine Verbesserung gibt es einerseits bei der Justizwache und andererseits auch bei den Kanzleistellen. Dort wird offenbar nicht so viel Druck gemacht und daher geschieht dort wenig.

Was ist das große Thema? – Hass im Netz und Cybercrime. Da wird jetzt investiert. Welches Problem wir allein schon mit diesem Ausdruck Hass im Netz haben, haben wir schon öfters diskutiert. Hass ist kein strafrechtlicher Begriff. Hassen darf man, so wie man lieben darf. Ob man es soll, ist etwas anderes. Unter diesem Deckmantel wird sehr vieles transportiert, das höchst proble­ma­tisch ist, auch das Thema Fakenews, wir kennen das. Gerade in den letzten paar Jahren haben wir so viele Dinge gesehen, die als Fakenews diffamiert wurden, gelöscht wurden, die sich im Nachhinein als richtig herausgestellt haben. Ich erinnere mich an sehr viele Berichterstattungen über Covid, Impfung, Schweden und so weiter. Ich habe nicht so viel Zeit, das hier alles breitzutreten, aber wir müssen da jedenfalls sehr aufpassen.

Wenn jetzt in das Thema Cybercrime investiert wird, habe ich insofern Ver­ständ­nis dafür, als hier Kompetenz aufgebaut wird. Das ist natürlich notwendig, das finde ich völlig richtig. Es schwebt aber so ein bisschen im Raum, dass es hier eigene Zuständigkeiten für Cybercrime geben soll. Ich weiß nicht, was Cyber­crime sein soll, diese Definition fehlt bisher auch, denn letztendlich hat heutzu­tage so gut wie alles irgendwie mit dem Internet zu tun. Außerdem halte ich es für problematisch, wenn man diese Dinge bündelt, denn da kommt es dann zu einer Rechtsprechung, die möglicherweise problematisch ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 422

Das Thema Bundesstaatsanwalt ist nicht im Budget abgebildet, weil das viel­leicht eh nicht kommt. Wir als FPÖ würden uns darüber freuen, denn wir halten das für eine Fehlentwicklung. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es wichtig ist, dass es eine parlamentarische Kontrolle gibt, dass die Weisungsspitze in Gestalt des Ministers, der Ministerin hier im Parlament sitzt, wir das hier prüfen können und sich das von hier nicht loslöst.

Man muss zwischen Richter und Staatsanwalt differenzieren. Ein Staatsanwalt hat auch die Interessen des Staates zu vertreten, und daher ist es legitim und richtig, dass die Weisungsspitze letztendlich politisch besetzt ist und von uns geprüft werden kann.

Das, was derzeit als Vorschlag im Raum steht, ein Dreiergremium an die Spitze zu stellen, halte ich für völlig verfehlt, weil eine geteilte Verantwortung keine Verantwortung ist: Wer hat dann entschieden? Wer ist zur Verantwortung zu ziehen, zur Rechenschaft zu ziehen? Das ist dann völlig unklar, also ein völlig falscher Ansatz. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine ordentliche Finanzierung der Justiz ist gut, aber um ein rechtsstaatliches Justizsystem aufrechtzuerhalten, dafür braucht es immer mehr.

Jetzt, in den letzten Sekunden meiner Redezeit komme ich noch zu einem Antrag, den ich einbringen möchte. Da geht es darum, dass im Justizsystem, also in den Strafvollzugsanstalten, die Häftlinge im medizinischen Bereich besser als die Justizwachebeamten betreut werden, die sie zu überwachen haben. Das ist ein sehr unbefriedigender Zustand. Sie werden nämlich als Privat­patienten betreut und gesehen, es wird also auch entsprechend abgerech­net. Es ist attraktiver, einen Häftling zu behandeln als einen Justizwachebeamten, der eben nicht in diesem System ist. Wir kritisieren das schon sehr lange. Es gibt hier leider immer nur ein paar Lippenbekenntnisse, aber keinen Ansatz dazu.

Ich bringe jedenfalls zum Abschluss folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 423

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Kranken­versicherung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, welche die Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung vorsieht.“

*****

Ich hoffe, dass Sie dem zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

19.21

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Stefan, Lausch und weiterer Abgeordneter

betreffend Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung

eingebracht im Zuge der Debatte über den eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.), in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022

Insassen von Justizanstalten sind – sieht man von der Arbeitslosenversicherung für arbeitende Häftlinge ab – nicht sozialversichert. Die Kosten für ihre ärztliche Betreuung und medizinische Behandlung werden unabhängig von der Arbeitsleistung direkt vom Bund getragen. Ärzte und Krankenanstalten verrechnen dem Bundesministerium für Justiz den Tarif für unversicherte Privatpatienten, der nach


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 424

Angaben eines hochrangigen Beamten des Ressorts „deutlich über den von den Sozialversicherungsträgern eingehobenen Beiträgen“ liegt. So kostet etwa „ein Tag als Nichtversicherter im Wiener Allgemeinen Krankenhaus in der allgemeinen Gebührenklasse 1.127 Euro. Für ein 30-minütiges ärztliches Beratungsgespräch würden rund 60 Euro verrechnet.“ http://derstandard.at/2000043360105/Privatpatient-Haeftling-Steigende-Kosten-fuer-Krankenversorgung).

An dieser massiven Geldverschwendung hat der Rechnungshof schon vor Jahren in seinem Bericht „Kosten der medizinischen Versorgung im Strafvollzug – Bund 2012/3“ deutliche Kritik geübt und Einsparungsmöglichkeiten aufgezeigt. „Die Ausgaben für die medizinische Versorgung von Häftlingen stiegen von 29,34 Mill. EUR (2000) auf 73,76 Mill. EUR (2010). Im Durchschnitt betrugen die Ausgaben pro Häftling 2009 8.418 EUR und waren damit rund dreimal so hoch wie die laufenden öffentlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf in Österreich.“, ist weiters dem Bericht zu entnehmen.

Die Gesundheitsausgaben für die Insassen von Justizanstalten steigen trotz des gleichgebliebenen Gesamtbestandes an Insassen weiterhin ungebremst. Im Jahr 2015 lagen sie bei über 80 Millionen Euro! Von Jänner 2021 bis März 2021 lagen die Gesundheitsausgaben gesamt über 104 Millionen Euro (https://www.parlinkom.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_06836/index.shtml)

In der Anfragebeantwortung 7033/AB vom 17.08.2021 zu 7043/J (XXVII. GP) der Bundesministerin Dr. Zadic´ werden die Kosten allein der externen medizinischen Behandlungen wie folgt angegeben: „Die angefragten Kosten beliefen sich im Jahr 2020 auf 75.864.578,75 Euro und von Jänner bis Mai 2021 auf 38.200.070,82 Euro. Ich verweise auf die Beilagen zu Frage 1. Diese enthalten eine Aufstellung über sämtliche Zahlungen der Justizanstalten für die Unterbringung in öffentlichen psychi­atrischen und sonstigen Krankenanstalten, an praktische Ärzt*innen, Fach­ärzt*innen sowie Zahnärzt*innen. Wobei die Kosten für stationäre Aufnahme in Krankenhäuser hier nicht eingerechnet wurden.“


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Aus den dargelegten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche die Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung vorsieht.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag.a Michaela Steinacker. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.21.33

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ja, aktuelle Krisen haben wir wirklich genügend: Teuerung, Inflation, Krieg in Europa. All das hat natürlich auf alle Ressorts Auswirkungen. Wir müssen den Menschen im Land helfen. Wir haben mit Unterstützungsmaß­nah­men geholfen und müssen jetzt natürlich auch Dinge einpreisen.

Das Budget schreibt grundsätzlich bestehende Aufwände beim Personal, bei den Sachkosten und in der Verwaltung fort, aber es berücksichtigt natürlich auch ganz spezielle Schwerpunktprojekte, die die einzelnen Ressorts umsetzen.

Wir im Justizbereich – einer ganz wesentlichen Grundsäule unserer Demo­kratie – sind gefordert, denn, Frau Bundesministerin, wir alle, Ihr ganzes Haus und alle, die damit beschäftigt sind, müssen einen allzeit funktionierenden, modernen und verlässlichen Rechtsstaat bieten. Das müssen wir auch mit unserem Budget leisten.


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Daher sind die Zielsetzungen dieses Budgets mit den erhöhten Mitteln ganz klar: Gewährung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden; gleichberechtigter Zugang zur Justiz für alle Menschen in Österreich; faire, objektive, unabhängige Führung von Verfahren und Entscheidungen in angemessener Dauer – das ist, wie ich glaube, ein Recht für jeden, der in einem Verfahren drinnen hängt – und ein moderner, effektiver und vor allem, wie die Kollegin bereits gesagt hat, humani­tärer Strafvollzug.

Nun, gute Justizpolitik und all das, was wir uns insgesamt an Reformen vor­genommen haben, verlangen aber auch – die Kollegen haben jetzt zum Beispiel zum Thema Bundesstaatsanwalt, einer sehr massiven Organisations­änderung gesprochen –, dass wir diese Dinge gut zu Ende denken, gut vorbereiten und dann natürlich auch in entsprechende Gesetze gießen. Das sind Dinge, die Zeit brauchen und die mit Sachverstand und solide gemacht und erarbeitet werden müssen.

Die personellen Aufstockungen setzen dort an, wo sie notwendig sind, nämlich im Bereich der Gerichte und Staatsanwaltschaften und insbesondere bei IT-Experten im Bereich der Digitalisierung, die sowohl gebraucht werden, um auf der einen Seite die Ausrollung von Justiz 3.0, nämlich des digitalen Aktes, zu finalisieren, als auch auf der anderen Seite im Bereich der Strafverfolgung Cybercrime entsprechend verfolgen zu können.

Für den Strafvollzug gibt es immer wieder Schwerpunktsetzungen. Diesmal geht es aber auch um Bauen, Bauen, Bauen. Die Haftanstalten gehören modernisiert, sie gehören ausgebaut. Es gibt Belegungen, die schon überbordend sind. Wir bauen in Göllersdorf 100 zusätzliche Haftplätze. Wir modernisieren auch im Sinne des Klimaschutzes mit Fassadenwärmedämmungen und Ähnlichem sowie einem Pilotprojekt zum Thema PV-Anlagen auf Haftanstalten, im Bereich der Außenstelle in Münchendorf. Das sind Pilotprojekte, die dann einfach ganz nor­mal auch bei den Bauten des Bundes entsprechend umgesetzt werden müssen.


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Der Maßnahmenvollzug ist immer ein schwieriges Thema. Wir haben auch dort tendenziell hohe Zahlen. Die Zahl der Untergebrachten steigt ständig. Die Betreuungsintensität dort ist, wie Sie alle wissen, enorm. Da wird eine Insour­cingstrategie verfolgt, nämlich in den Haftanstalten zusätzlich Plätze zu schaffen, um die Menschen wieder in die Haftanstalten hereinzubekommen, weil dort mit ihnen ganz spezifisch gearbeitet werden kann. Am Ende des Tages bedeutet das dann in den nächsten Jahren auch Kostensenkungen.

Ganz besonders wichtig ist – ich weiß nicht, ob auch der Frau Bundesminister, aber uns und mir ganz persönlich – das Thema Gewaltschutz. Juristische und psychosoziale Prozessbegleitung von Opfern von Gewalt und Sexualdelikten ist eine unendlich wichtige Aufgabenstellung. Dazu braucht es Geld, aber es braucht auch all unsere Aufmerksamkeit, nämlich hinzuschauen, wenn Gewalt­taten passieren, zu helfen und vor allem auch bekannt zu machen, wo es im Bereich der Justiz, aber auch in anderen Ressorts Hilfestellungen und Unterstüt­zungsmaßnahmen für Gewaltopfer gibt.

Meine Damen und Herren, wie auch die Vergewaltigungen in der letzten Woche wieder gezeigt haben, müssen wir alle dorthin schauen und gegen Gewalt vor allem gegen Frauen und Minderjährige, vor allem Mädchen, mit aller Kraft, mit aller gezielten Unterstützung vorgehen, das heißt, mit Gewaltschutz mit zusätz­lichen 15 Millionen Euro und mit Schutz für Frauen mit 5,1 Millionen Euro. Das erachte ich als äußerst wichtig. Ich kann Sie alle gar nicht genug ersuchen, auch diesen Punkt mitzutragen.

Ich glaube, das Budget ist eine solide, sehr, sehr gute Basis für die Arbeit in den nächsten Jahren, setzt einige ganz markante Schwerpunkte. Ich freue mich auf die Umsetzung der genannten Projekte und bitte um breite Zustim­mung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

19.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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19.26.29

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es wurde über das Justizbudget schon viel Positives ausgeführt. Dem kann ich mich durchaus anschließen. Rein monetär knackt das Budget erstmals die 2-Milliarden-Euro-Marke. Das ist viel Geld, das zur Verfügung gestellt wird, damit wir in Österreich Rechtssicherheit und Rechtsfrieden haben. Ich möchte die Gelegen­heit nutzen, mich bei allen Bediensteten im Justizbereich für die Arbeit, die im Sinne dieses Rechtsfriedens und dieser Rechtssicherheit geleistet wird, sehr herzlich zu bedanken. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Das Budget besteht aber nicht nur aus einem reinen Zahlenwerk, sondern ent­hält auch Wirkungsziele. Die Wirkungsziele, die das Budget 2023 im Justiz­bereich enthält, sehen ein wichtiges Ziel vor, nämlich dass die Gewähr­leistung von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit auch durch die Anpassung und Weiterentwicklung des Rechtssystems im Hinblick auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse erfolgt.

Ein wichtiger Punkt, den ich der Frau Bundesministerin in diesem Sinn sehr ans Herz legen will: Es ist natürlich wichtig, dass wir uns in einigen Rechts­bereichen – ich erwähne das Kindschaftsrecht, ich erwähne das ganze Familienrecht, das Scheidungsrecht und auch das Schadenersatzrecht; das sind alles Rechtsbe­reiche, die doch diskutiert gehören und in denen Reformbedarf gegeben ist – an die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse anpassen, um eben genau das zu erreichen.

Ich will aber die Gelegenheit hier im Rahmen meines Redebeitrags zum Justizbudget auch nutzen, um auf einen Umstand hinzuweisen. Ich denke, dass der geschätzte Herr Klubobmann Wöginger von der ÖVP genau dieses Wirkungsziel falsch verstanden hat, wenn er davon spricht, dass nach Jahr­zehn-


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ten der Geltung der Europäischen Menschenrechtskonvention diese ange­passt werden muss. Da liegt ein fundamentales Missverständnis vor, denn es geht nicht darum, die EMRK so wie irgendein normales Gesetz zu behandeln, bei dem man meinetwegen aufgrund der Inflationsentwicklung Bestimmungen anpassen muss. Wenn man an der EMRK zu schrauben beginnt, so quasi aus einem inflationären Werteverlust heraus, weil man eben nicht mehr erkennt, was für ein Wert sie ist, dann rüttelt man wirklich an den Fundamenten des Staates. (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

Ich möchte die ÖVP dringend einladen: Bitte, bitte beenden Sie diese Diskus­sion! Beenden Sie diese Diskussion auch vor dem Hintergrund, dass im Asyl­bereich natürlich Probleme zu lösen sind. Mit einer Änderung der EMRK lösen wir überhaupt kein Problem. Es ist nicht so – und dieses Framing muss man zurückweisen –, dass die EMRK Asyl à la carte gewährleistet. Das stimmt nicht! Keine einzige Änderung der EMRK wird dazu führen, dass wir im Asylbereich irgendwie weiterkommen. Vielmehr ist die EMRK eine riesige Errungenschaft, und ich bin sehr froh, dass unser Staatswesen sein Rechtssystem auf diesem Fundament aufbaut.

Bitte beenden Sie die Diskussion – ich bitte Sie noch einmal! –, das führt zu nichts! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Martin Graf: Man wird ja wohl noch diskutieren dürfen!)

19.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Zadić zu einer Stellungnahme zu Wort. – Bitte schön.


19.30.19

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Das diesjährige Budget musste vielen Herausforderungen und Krisen trotzen – hierbei denken wir vor allem an die Gesundheitskrise der letzten Jahre, gefolgt von der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelösten


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Teuerungskrise. Damit verbunden mussten wir erleben, dass Verschwörungs­erzählungen zunahmen und antidemokratische Kräfte, vor allem am rechten Rand, erstarkten.

Dem müssen wir uns als Gesellschaft und ganz konkret als Bundesregierung klar entgegenstellen (Abg. Stöger: ... Karner ...!), und so hat das heurige Budget eben auch den Zweck, eine andere drohende Krise nicht entstehen zu lassen, und zwar die Krise unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates. Mit diesem heuri­gen Justizbudget setzen wir genau deswegen einen wichtigen Schritt, weil wir eben das Justizbudget wieder einmal erhöhen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Meine Damen und Herren, Demokratie beruht auf Vertrauen: Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher und aller in Österreich lebenden Menschen, Vertrauen dieser Menschen in unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen und auch Vertrauen in die Politikerinnen und Politiker. Genau auf diesem Vertrauen ist die Demokratie aufgebaut. Ohne dieses Vertrauen kann unsere Demokratie nicht existieren, und dieses Vertrauen gilt es zu wahren und zu schützen.

Leider haben wir gesehen, dass in den letzten Monaten genau dieses Vertrauen gelitten und letzten Endes auch unser demokratisches System mitgelitten hat.

Warum hat unser demokratisches System mitgelitten? – Die Demokratie hat zwei Grundversprechen. Das erste ist, dass jeder und jede zu gleichen Teilen daran mitwirken kann, wie wir gemeinsam unsere Regeln für unser Zusammen­leben festlegen, und das zweite – und das ist essenziell – ist, dass diese Regeln in der Folge für alle gleich gelten. Dieses Versprechen wird durch Korruption ver­letzt, denn Korruption bedeutet, dass die Regeln eben nicht für alle gleich gelten, dass jene, die mehr Geld oder Einfluss haben, eben nicht nur eine Stimme haben und eben nicht das gleiche Recht; und genau dieses bessere Recht für einige wenige darf es nicht geben. (Beifall bei den Grünen.)


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Der beste Schutzschild gegen Korruption, meine Damen und Herren, ist Transparenz sowie eine starke und unabhängige Justiz. Die Justiz ist eine tragende Säule unserer Demokratie und unserer offenen Gesellschaft. Diese unantastbare Unabhängigkeit der Justiz muss in ihren Ressourcen und Strukturen stark sein. Sie muss unabhängig von den handelnden Politikerinnen und Politikern sein und eben auch unabhängig von mir. Deshalb ist das diesjährige Justizbudget für mich ein enormer Beitrag zu unserer Demokratie und zur Stärkung unseres Rechtsstaates und unserer offenen Gesellschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Das vierte Jahr in Folge haben wir als Bundesregierung einen wichtigen Schritt zur Stärkung unseres Rechtsstaates und unserer Demokratie gesetzt. 2020 gab es eine Erhöhung um 131 Millionen Euro, 2021 eine Erhöhung um 65 Millionen Euro, 2022 um 76 Millionen Euro, und das Budget für das Justizministerium wird mit 2023 um 220 Millionen Euro aufgestockt. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Erhöhung um 11,5 Prozent. Erstmals wächst das Justizbudget an die 2 Mil­liar­den Euro heran, und das ist ein klares Zeichen der gesamten Bundesregierung zur Stärkung des Rechtsstaates und unserer Demokratie. (Beifall bei den Grünen.)

Zusätzlich zur Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes konnten wir die Unab­hängigkeit der Justiz weiterhin strukturell absichern. Wie? – Mit zusätzlichen 122 neuen Planstellen.

Zusätzlich können wir jetzt auch erstmals Schwerpunkte auf gewisse Projekte legen. Welche Projekte sind das? – Zum einen die Korruptionsbekämpfung und die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität. Dabei steht die Beschleunigung von Verfahren im Vordergrund. Einige der Abgeordneten haben das ja auch schon in ihren Reden erwähnt: Es ist wichtig, dass wir in diesem Bereich schnel­ler werden, und genau deswegen braucht es auch mehr Ressourcen. Seit dem Jahr 2014 hat es keine Erhöhung bei den Richterinnen- und Richterplanstellen gegeben, und diese gibt es jetzt: Wir haben 24 neue Planstellen für Rich­ter:innen.


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Darüber hinaus werden wir erstmalig – und das ist ein Pilotprojekt – den Rich­ter:innen juristische Mitarbeiter:innen zur Seite stellen. Sie erinnern sich alle, es gab einiges an Kritik: Wie können Richterinnen und Richter mit einem so riesigen Wirtschaftsverfahren alleine gelassen werden? – Genau deshalb stellen wir den Richterinnen und Richtern jetzt juristische Mitarbeiter:innen zur Verfügung: damit diese Aktenberge auch bewältigbar sind.

Wir führen auch einen Schwerpunkt der letzten zwei Jahre fort, und dieser Schwerpunkt heißt: Kampf gegen Gewalt an Frauen, sei es im digitalen Raum oder sei es in der realen Welt. Um da erfolgreich zu sein und die Gewaltspirale endlich zu durchbrechen, müssen viele, viele Akteur:innen mitwirken: Staatsanwaltschaften, IT-Expert:innen, Polizei, Opferschutzeinrichtungen. Deswegen verstärken wir in diesem Bereich auch die Bekämpfung der Cyberkriminalität und die Bekämpfung der Kriminalität im Netz um eben 24 zusätzliche Staatsanwält:innen, und erstmals erhöhen wir auch die Zahl der IT-Expert:innen innerhalb der Justiz um weitere zehn Planstellen.

Wir werden mit diesen zusätzlichen Planstellen die von mir versprochenen Kompetenzstellen im Cybercrimebereich jetzt auch wirklich flächendeckend bei den großen Staatsanwaltschaften ausbauen, und wir werden auch eine Sache weiter ausbauen, und zwar die justizeigene Forensikabteilung, weil es einfach not­wendig ist, dass die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, wenn es um die Bekämpfung von Hass im Netz geht, wenn es um Cybercrime geht, auf eigene IT-Forensiker zurückgreifen können und sich nicht auf externe Sachver­ständige berufen müssen.

Zum Gewaltschutz: Da haben wir erneut 15 Millionen Euro vorgesehen, davon 5,1 Millionen Euro speziell für Maßnahmen zum Schutz von Frauen. Wir fördern damit insbesondere Gewalt- und Opferschutzeinrichtungen.

Wie Sie sehen, gibt es in diesem Budget große Erfolge, die es der Justiz ermög­lichen, ihre für die Gesellschaft so zentrale Aufgabe auch weiterhin ausüben zu können, und ich freue mich wirklich sehr, dass es uns als Bundesregierung


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auch heuer gelungen ist, gemeinsam ein gutes Budget für die Justiz zu erzielen – vielen herzlichen Dank an dieser Stelle allen Beamtinnen und Beamten des Justizressorts, aber auch des Finanzressorts. Ich glaube, das Budget kann sich wirklich sehen lassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Georg Bürstmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.38.40

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich freue mich über die große Einigkeit in diesem Parlament, und ich freue mich darüber, dass es heuer unter ökonomisch wirklich schwierigen Rahmenbedingungen gelungen ist, wieder mehr Geld für Österreichs Justiz herauszuverhandeln – und zwar nicht nur nominell, denn das wäre bei circa 10 Prozent Inflation zu wenig, sondern sogar inflationsbereinigt, also ganz, ganz real –, und das, wie schon erwähnt, zum vierten Mal in Folge – und das ist gut so. Wir haben eine Justiz übernommen, der man einen stillen Tod vorhergesagt hat; heute ist diese Justiz quicklebendig. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben nicht nur sichergestellt, dass sie uns erhalten bleibt, sondern auch, dass sie sich verändern kann – denn das heißt lebendig sein: Veränderung, wachsen, Neues zulassen und Neues lernen. Deshalb genügt es uns nicht, dass Österreichs Justiz heute schon Vorbild für viele andere ist, auch für EU-Staaten, wenn es um die Digitalisierung geht. Wir sorgen dafür, dass der Elektronische Akt Schritt für Schritt in allen Verfahrensarten eingeführt wird.

Wir ruhen uns auch nicht darauf aus, dass wir ein Paket gegen Hass im Netz geschnürt haben, sondern wir sorgen dafür, dass weitere Planstellen, wie es die Frau Ministerin erwähnt hat, für die Aufklärung und Verfolgung von soge­nannten Cybercrimes, also von Kriminalität im Internet, geschaffen werden. Wir


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werden uns auch darauf nicht ausruhen. Die Welt entwickelt sich nämlich weiter und mit ihr eine lebendige, moderne Justiz.

Jetzt werden Sie, meine Damen und Herren, vielleicht sagen: Ich habe doch eh nie etwas mit dem Gericht zu tun, mir ist es egal, ob die Justiz mehr oder weniger Geld hat!, und das mag sogar stimmen. Vielleicht brauchen Sie diese funktionierende Justiz wirklich nicht, aber Ihr Installateur, wenn er eine Rechnung eintreiben will, Ihre Bäckerin, wenn Sie Streit mit dem Vermieter hat, oder Ihr Bekannter, wenn er Klarheit haben will, wer für einen Autounfall haftet, braucht sie, und das kompetent, objektiv und rasch.

Wissen Sie, die Justiz ist für unser Zusammenleben und unsere Wirtschaft ein bisschen so etwas wie das Netz aus Wasser, Strom und Telefonleitungen. So lange dieses Netz funktioniert, fällt es uns nicht weiter auf, wir nehmen es für selbstverständlich, aber wenn irgendwo auch nur eine Leitung bricht, dann wissen wir – zu spät –, was wir an ihr gehabt haben.

Wir Grüne haben uns vorgenommen, dafür zu sorgen, dass unserem Österreich dieser bittere Moment der Erkenntnis erspart bleibt; dass es uns allen weiter selbstverständlich scheint, dass die Justiz und was da alles in dieser Justiz tag­täg­lich funktioniert, obwohl es in Wahrheit eben nicht selbstverständlich ist, weil das alles Geld braucht – und das haben wir hergebracht, das vierte Mal in Folge. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Petra Bayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.42.29

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird Ihnen hoffentlich aufgefallen sein: Schon seit September


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versuchen einige Abgeordnete, unseren Kolleginnen und Kollegen die Sustain­able Development Goals näherzubringen, vorne, im Kleinen Redoutensaal. Heute war das SDG 16 dran – nur bis 16 Uhr, jetzt sind die Kolleginnen und Kollegen schon weg –, bei dem es um Zugang zur Justiz, um Frieden und um starke Insti­tutionen geht – also ein Kern-SDG der Justiz ganz generell.

Ich komme dann noch einmal auf die SDGs zurück, aber ich mag in dieser Budgetdebatte vor allem dazu reden, was fehlt, was wir nicht haben. Wir hätten ja auf europäischer Ebene, also konkret auf EU-Ebene, einige Benchmarks, die wir umsetzen sollten, umsetzen müssten. Ich denke da zum Beispiel an die Whistleblowerrichtlinie, die wir eigentlich bis Dezember 2021 hätten umsetzen müssen und bei der es mittlerweile ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich gibt. Es ist ein großer Wurf angekündigt worden und es hat dann auch im Juni dieses Jahres einen ersten Gesetzestext gegeben, einen Vorschlag, zu dem es jede Menge kritische Kommentare und Stellungnahmen gibt.

Es gibt aber nach wie vor nichts hier im Haus, was wir wirklich beschließen könnten, und das ist sehr bedauerlich, weil die Whistleblowerrichtlinie die Frage regelt, wie man jene, die Informationen weitergeben, wenn sie etwa Korruption aufdecken wollen oder müssen, weil sie dazu auch moralisch getrieben sind (Heiterkeit der Rednerin) – soll ja vorkommen, dass es solche Leute gibt, Gott sei Dank –, europaweit einheitlich schützt.

Es ist sehr bedauerlich, weil durch ein Hickhack oder durch ein gegenseitiges Sich-Blockieren in der Regierung die Umsetzung verzögert wird, obwohl die Österreicherinnen und Österreicher das Recht hätten, in einem Staat ohne Korruption zu leben – und dass wir da ein Problem haben, zeigen ja die Unter­suchungsausschüsse der letzten Jahre und Monate auf. Ich denke, da wäre viel zu tun.

Um wieder auf die SDGs zurückzukommen: Nachdem wir da sehr eng mit dem Uninetz zusammenarbeiten und viele Unis sich auch um diese SDGs kümmern, haben wir von ihnen auch Unterlagen gekriegt, zum SDG 16, auch zu allen


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Unterzielen. Das konkret (einen Flyer in die Höhe haltend) ist unter der Feder­führung der Universität Innsbruck entstanden. Sie empfehlen zum Unterziel 14, zur Korruptionsbekämpfung, unter anderem auch, die United Nations Con­vention against Corruption vollständig in Österreich umzusetzen, die erstellten Empfehlungen von Greco, das ist die Staatengruppe des Europarates zur Bekämpfung von Korruption, in nationale Gesetzgebung zu überführen und nun auch die Ergebnisse der Evaluierung der Anti-Bribery Convention der OECD – wir haben in Österreich bereits mehrere Evaluierungsphasen durchlaufen – umzusetzen.

Ich denke mir, das sollte eine moderne Justiz den Menschen in Österreich schuldig sein, da auf dem neuesten Stand, State of the Art, zu sein, was internationale Benchmarks betrifft. Ich hoffe, da geht sehr bald etwas weiter. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Krisper.)

19.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Johann Singer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.45.45

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen und hier auf der Galerie! Das Jahr 2023 wird herausfordernd: der Krieg in der Ukraine, die Teuerung, die Energiepreise – viele Unsicherheiten, die uns begleiten werden.

Daher ist dieses Budget ein Budget zur Krisenbewältigung und gleichzeitig ein Budget mit Investitionen in die Zukunft – Klimaschutz, Digitalisierung, Pflege, Landesverteidigung, um nur ein paar Bereiche anzusprechen. Es ist ein Budget zur Bekämpfung dieser Krisen und es enthält mit der ökosozialen Steuer­reform, der Abschaffung der kalten Progression und der Valorisierung der Sozialleistungen Maßnahmen, die für die Menschen in unserem Land auch im


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Geldbörsel spürbar sein werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dieses Budget spiegelt die finanziellen Herausforderungen der einzelnen Auf­ga­benbereiche des Bundes wider, so auch im Justizbereich. Wir haben schon gehört, dass das Justizbudget im Jahr 2023 um rund 215 Millionen Euro erhöht werden wird. Die größte Steigerung in diesem Bereich betrifft den Personal­aufwand, nicht nur wegen der Inflation, sondern weil es tatsächlich auch mehr Personal für die Justiz gibt – die Frau Bundesministerin hat das schon ent­sprechend ausgeführt.

Insgesamt ist die Ausgabenentwicklung von der Entwicklung im Straf- und Maßnahmenvollzug geprägt. Rund 8 900 Personen sind durchschnittlich in den letzten Jahren in den Justizanstalten untergebracht gewesen. Tendenziell ist mit einer Steigerung zu rechnen. Daher halte ich die Ausgaben für Investitionen in die Justizanstalten, für Sicherheit und auch für entsprechende Arbeitsbedin­gungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für sehr wichtig. An dieser Stelle ein Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Justizanstalten für ihre Arbeit im Dienste der Sicherheit für unsere Bevölkerung. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Krisper.)

Sehr geehrte Damen und Herren, als Sprecher für Wohnen und Bauten der ÖVP darf ich die Diskussion nutzen, auch das Thema Wohnen in diesem Budget anzusprechen. Die geplante Anhebung der Sanierungsrate in Richtung 3 Prozent und der geplante Ausstieg aus den fossilen Heizsystemen brauchen enorme Mittel. Dafür werden bis 2026 insgesamt über 1,9 Milliarden Euro ausgegeben. Das bedeutet eine Aufstockung von insgesamt 445 Millionen Euro gegenüber dem letzten Budget. 570 Millionen Euro stehen für einkommensschwache Haushalte, die Maßnahmen im Rahmen der Sanierungsoffensive setzen, zur Verfügung – sinnvolle und wichtige Steuermittel für unseren Gebäudebestand, damit dieser Gebäudebestand klimafit wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)


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Auch die Antiteuerungsmaßnahmen sind in diesem Zusammenhang anzu­sprechen. Energiekostenausgleich, Teuerungsausgleich, Senkung der Erdgas- und Elektrizitätsabgabe, erhöhter Steuerabsetzbetrag, Stromkosten­bremse: Das sind alles Maßnahmen, um die Teuerung für unsere Bevölkerung abzufedern.

Zusammenfassend ist festzuhalten: Dieses Budget ist ein stabiles Budget in unsicheren Zeiten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Lausch. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.50.11

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich muss die Jubelstimmung ein bisschen bremsen, es tut mir leid, Frau Bundesministerin! Was ich nämlich nicht verstehe, ist: Wir Freiheitlichen stellen jedes Jahr Anträge, die Sie auffordern, im eigenen Wir­kungsbereich zu sparen. Kollege Stefan hat bereits einen sehr guten Antrag eingebracht, der ja Ihnen und auch ihrem Haus nicht neu ist, und ich werde jetzt auch wieder einen einbringen – ich kann es vorwegnehmen: Strafverbüßung im Heimatland. Da kommt aber von Jahr zu Jahr nichts von Ihnen, das man greifen könnte, sodass man da ein Bemühen sehen würde.

Es ist schön, dass Sie vom Finanzminister Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger bekommen – in Zeiten wie diesen, Zeiten der Teuerung –, natürlich gratuliere ich dazu. Es wäre aber auch wirklich wichtig, im eigenen Wir­kungsbereich zu sparen, und da kommt eigentlich relativ wenig, Frau Bundes­ministerin.


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Für mich als Sprecher für den öffentlichen Dienst ist natürlich auch eines ein bisschen erschreckend, wenn man sich das Budget anschaut: 144 000 zu­sätzliche Planstellen im öffentlichen Dienst, davon entfallen sehr viele auf die Bildung, circa 50 000 (Zwischenruf des Abg. Taschner) – ja, sehr gut, Kollege Taschner –, 30 000 gehen an den Bereich innere Sicherheit, 20 000 für den Bereich Militärische Angelegenheiten – und null für die Justizwache!

Frau Bundesminister, ich kann Ihnen das jetzt nicht ersparen, obwohl ich Sie sehr schätze: Das ist Ihr Versagen und das Ihres Hauses, Sie haben es nicht geschafft! Warum ist das so? – Weil Sie die freien Planstellen, die es bei der Justizwache gibt, nicht besetzt haben, und somit haben Sie natürlich vom Finanzministerium auch nichts bekommen, obwohl Sie aufwendige Aufnahmemaßnahmen gesetzt haben. Das ist natürlich schon Ihr Versagen, Frau Bundesministerin, und das Ver­sagen der Generaldirektion in Ihrem Haus, dass man da säumig war und somit die Justizwache weiterhin überlastet ist.

Wenn sich der Kollege von der ÖVP hier ans Rednerpult stellt und sich bei der Justizwache und den im Strafvollzug Beschäftigten bedankt: Davon kann man sich nichts kaufen, das muss man so deutlich sagen. Der Strafvollzug ist in diesem Budget das große, große Stiefkind!

Ich weiß nicht, Sie haben sich wahrscheinlich um Richter, Staatsanwälte und vieles andere gekümmert, Frau Bundesministerin – vielleicht waren Sie auch mit der ÖVP beschäftigt –, und das ist auch gut so. Der Strafvollzug ist aber der große Verlierer in diesem Budget, das muss man so deutlich sagen, da muss ich die Jubelstimmung ein bisschen bremsen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist zu wenig und es ist auch ein bisschen verräterisch, wenn man sich als Abgeordneter einer Regierungspartei hier ans Rednerpult stellt und sagt: Ich bedanke mich bei den Bediensteten des Strafvollzuges! Man weiß nämlich ganz genau, dass da kein Cent, kein Euro in die Hand genommen wurde. Das ist natürlich keine gute Entwicklung und das enttäuscht mich eigentlich sehr.


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Zu guter Letzt wieder eine Einsparungsmöglichkeit im eigenen Wirkungsbereich:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschluss von Staatsverträgen zur Forcierung der Haftverbüßung der in Österreich verurteilten Ausländer im Heimatland“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin Justiz und der Bun­desminister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird auf­gefordert, den Abschluss von Staatsverträgen, welche gewährleisten, dass mehr in Österreich verurteilte ausländische Staatsbürger zur Haftverbüßung im eigenen Land übernommen werden, zu forcieren.“

*****

Das ist auch ein sehr soziales Anliegen, weil man natürlich seine Strafe lieber im Heimatland verbüßt als im fremden Land, und das würde sehr, sehr viel Steuer­geld sparen, das wissen Sie ganz genau.

Beim Antrag des Kollegen Stefan geht es darum, dass schön langsam die Spitals­kosten – da geht es jetzt nicht um die Zugangsuntersuchung, die eh im eigenen Wirkungsbereich vom Anstaltsarzt vorgenommen wird, sondern es geht um die vielen, vielen Ausführungen in öffentliche Krankenhäuser und um stationäre Aufnahmen, darum geht es – das Justizbudget auffressen. Da könnten Sie noch viel, viel mehr machen, in verschiedenste Richtungen, da ist Potenzial.

Mit diesen zwei Anträgen des Kollegen Stefan beziehungsweise von mir könnte man wirklich sehr, sehr viel machen. Man würde damit im eigenen Wirkungs­bereich sparen, ohne auf den Finanzminister angewiesen zu sein und öffent­liches Steuergeld in die Hand nehmen zu müssen. Ich hoffe, dass das irgendwann einmal fruchtet. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

19.55


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 441

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lausch, Mag. Stefan

betreffend Abschluss von Staatsverträgen zur Forcierung der Haftverbüßung der in Österreich verurteilten Ausländer im Heimatland

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 13 in der 183. Sitzung des NR, am 15. November 2022.

Auf der Internetseite des Justizministeriums ist folgende Grafik über Insassinnen- bzw. Insassenstand nach Staatsbürgerschaft1 zu sehen.

In einzelnen Haftanstalten etwa in Wien, ist der Anteil an ausländischen Häftlingen weit höher als von inländischen Häftlingen.


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Der durchschnittliche Vollkostensatz pro Hafttag betrug im Jahr 2014 100 Euro. im Jahr 2017 127,39 Euro, Im Jahr 2018 129,73 Euro und 2020 151,51 Euro. Die Zahlen von 2021 wurde von der Justizministerin bis zum 14. November 2022 nicht fristgerecht geliefert.

Wenn man davon ausgeht, dass ein Hafttag in Österreich pro Häftling rd.160 Euro an Kosten verursacht, würde bereits eine 1%ige Senkung der Anzahl der in Österreich inhaftierten Ausländer eine Ersparnis von über mehreren Hunderttausenden Euro pro Jahr bewirken.

Gleichzeitig sind auch soziale Aspekte - wie etwa die Besuchsmöglichkeit von Fami­lienangehörigen, wenn Häftlinge ihre Haft im Heimatland verbüßen - zu berück­sichtigen. Soziale Aspekte, wie die Verbindung zu Familienangehörigen oder die Ver­ständigung mit der Muttersprache, sind die besten Voraussetzungen für eine Resozialisierung.

Dies würde der Justiz auch noch Ersparnisse im Bereich Dolmetscherkosten bringen und die übermäßige Auslastung der Dolmetscher reduzieren.

Es muss daher zur Entlastung unserer Justizanstalten und des Budgets zum Abschluss von Staatsverträgen kommen, welche gewährleisten, dass ein Teil der 4.549 in Österreich verurteilten ausländischen Staatsbürger vermehrt zur Haftverbüßung im eigenen Heimatland übernommen werden.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin Justiz und der Bundes­minister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, den Abschluss von Staatsverträgen, welche gewährleisten, dass mehr in Österreich verurteilte ausländische Staatsbürger zur Haftverbüßung im eigenen Land übernom­men werden, zu forcieren.“


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1 https://www.justiz.gv.at/home/strafvollzug/statistik/insassinnen-bzw-insassenstand-nach-staatsbuergerschaft.2c94848542ec498101444595343b3e06.de.html

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Mag. Johanna Jachs. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.55.14

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseh­erinnen und Zuseher! Vertrauen ist die Grundlage der Demokratie. Genau dieses Vertrauen wird in Umfragen mehrmals jährlich abgefragt, und dass das Ver­trau­en in die Politik nicht ganz so gut aussieht, ist hinlänglich bekannt. Ich glaube, es ist unser aller Aufgabe, dieses Vertrauen wieder zurückzugewinnen, denn das stimmt auch mich sehr nachdenklich. (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade in Krisenzeiten braucht es daher (Abg. Krisper: Antikorruptionsgesetzgebung?) wieder mehr Vertrauen, und ich denke – das sage ich jetzt durchaus selbstreflektiert, Frau Kollegin Krisper –, dass es auf der einen Seite vielleicht manchmal weniger an Superlativen braucht (Zwischenruf der Abg. Yildirim), es auf der anderen Seite aber doch auch möglich sein sollte, einmal zu sagen, wenn etwas gut gemacht wird – auch dann, wenn es vom politischen Mitbewerber kommt!

Dieses Budget ist gut gemacht, denn es enthält einen ganz wesentlichen Struk­turwandel. Wir schaffen zum Beispiel die kalte Progression ab. Das haben Regierungen jahrzehntelang in ihren Regierungsprogrammen gehabt – auch


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SPÖ-geführte Regierungen –, das steht heute noch in manchen Parteipro­grammen, Frau Kollegin Krisper, und wir machen es jetzt. Da kann man auch einmal sagen, dass das gut gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Vertrauen in die Justiz ist in diesem Jahr gestiegen, Frau Bundesminister, ich denke, das wird auch Sie freuen. Ich glaube, das ist auch darauf zurückzuführen, dass die Justiz in den letzten Jahren immer mehr budgetäre Mittel für wichtige Schwerpunktsetzungen zur Verfügung hatte.

Das setzen wir mit diesem Budget auch im nächsten Jahr fort. Ich möchte nur drei Schwerpunkte hervorstreichen: Wir gehen mit diesem Budget den Kampf gegen Cyberkriminalität aktiv an, wir investieren mehr in die Digitalisierung – mir als junge Juristin ist das sehr wichtig, dass der digitale Akt nicht nur an den Gerichten verwendet, sondern auch auf die Staatsanwaltschaften ausgerollt wird – und wir stärken den Opferschutz, denn für die Opfer von häuslicher oder sexueller Gewalt ist die Situation schon schlimm genug. Wir müssen alles dafür tun, dass wir die Opfer bestmöglich begleiten, und auch das persönliche Sicherheitsgefühl der Betroffenen in Zukunft stärken. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf die Justiz ist Verlass, das wird auch mit diesem Budget so fortgeführt. Wir modernisieren die Justiz, wir schaffen wichtige Schwerpunkte und auch zusätzliche Infrastruktur, und das ist wirklich gut so. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Ruth Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.58.27

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf des Justizbudgets ist realpolitisch nicht treffsicher. Warum? – Die Überschriften hören sich ja sehr gut an: Es gibt rund 80 Millionen Euro mehr für Personal, 15 Millionen Euro


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mehr für die Sanierung der Justizanstalt Göllersdorf und 112 Millionen Euro mehr für Sachaufwand wie Mieten und Honorare. Was stimmt da aus unserer Sicht also nicht?

Bisher lag die Aufgabe der Justizministerin darin, mit begrenzten Mitteln viele Anforderungen zu erfüllen. Heuer sieht die Situation etwas anders aus, die hohe Inflation lässt auch das Steueraufkommen förmlich fast explodieren. Knapp ist es beim Personal und bei Effizienzsteigerungen, aber nicht beim Geld: Alleine bei der Umsatzsteuer werden sich die Einnahmen des Finanzministers um zusätz­liche 10 Prozent erhöhen.

Mit diesem Geld kann man zwei Dinge machen: Entweder man finanziert Refor­men, die langfristig die Qualität verbessern und die Kosten eindämmen, oder man legt auf alle Budgets einen entsprechenden Anteil der Mehreinnahmen drauf und wurschtelt weiter.

Die Bundesregierung wurschtelt weiter. Das passiert auch im Bereich der Justiz. (Abg. Taschner: So weiterwurschteln will ich einmal können!) Ich nenne Ihnen zwei aktuelle Problemfelder, die einer Reform bedürfen: Das eine betrifft die Gerichtsgebühren und die Kostenbeiträge. Die Gerichtsgebühren steigen 2023 auf über 1,6 Milliarden Euro. Es gibt Rechtsexperten, die diese Höhe als verfassungswidrig betrachten, denn Gebühren müssen eigentlich kostendeckend sein und sind keine Einnahmequelle an sich. (Abg. Steinacker: Siehe Wien!)

Ein weiterer Reformbedarf besteht im Mietrecht. Diese Bundesregierung weigert sich, eine Mietrechtsreform in Angriff zu nehmen. Das Mietrecht lähmt alle Instanzen bei den Gerichten. Wir haben einen Vorschlag zum Univer­salmietrecht eingebracht, der am Tisch liegt und fertig zum Beschließen wäre.

Die Bundesregierung hat sich aufgegeben, dieses Justizbudget ist ein trauriger Zeuge davon. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Sagt wer?)

20.01



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.01.15

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte in meiner Rede drei Punkte heraus­greifen, einerseits natürlich jenen, aus dessen Umfeld ich als Anwalt selber stamme, nämlich dass wir im Gesetz nach wie vor eine unbefriedigende Herangehens­weise haben, wenn es darum geht, bei einem Freispruch für einen Klienten Kosten zurückzuerhalten. Nämlich insofern: Wenn er freigesprochen worden ist, dann gibt es nur einen pauschalierten Kostenersatz, der nach wie vor mehr als unbefriedigend ist, denn man muss ja heute bei den großen Mammutprozessen, bei denen es auch wirtschaftliche Gutachten und sonstige Gutachten gibt, die letztendlich zu zahlen sind, auch klarstellen, dass der Delinquent, selbst wenn freigesprochen wird, zum Kostenersatz verpflichtet ist. Es kann in einer Rechts­ordnung, in der man sagt, man wird in dubio pro reo freigesprochen, nicht angehen, dass man dann auch noch die gesamte Latte der Kosten zu zahlen hat. – Das ist einmal ein wesentlicher Punkt, an dem wir vielleicht arbeiten wer­den. Es gibt im Hohen Haus einen Antrag unserer Fraktion dazu.

Der zweite Bereich ist: Ja, es ist richtig, dass mehr Geld für Richter da ist. Ja, es ist richtig, dass Staatsanwälte auch berücksichtigt worden sind. Aber es hilft der beste justizielle Ansatz nicht, wenn man den Mittelbau nicht dazu nimmt. Das heißt, das, was man heute umzusetzen hat, ist auch, dass man die Schreibkraft aufwerten muss, dass man die Stellenpläne so zu gestalten hat, dass, auch wenn der Richter nachnominiert wird, ausgebildet wird, auch der Mittelbau ent­sprechend versorgt wird.

Das, was fehlt – und das zeichnet auch die österreichische Justiz aus –, ist die Schnelligkeit. Wenn ich Vergleiche mit anderen europäischen Staaten hernehme, beispielsweise Italien, dann ist einer der Hauptpunkte einer Betriebs­ansiedlung heute in Österreich nicht das Geld, nicht die Steuerbelastung,


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sondern die Sicher­heit im Rechtssystem. Und das sollten wir uns vor Augen hal­ten. Das kann nur gewährleistet sein, wenn wir auch das Personal in diesem Bereich entsprechend berücksichtigen.

Der dritte Punkt ist ein langgehegter Wunsch von mir, den ich jedes Jahr, immer wieder an die Justizministerin herantrage und den wir heute mit einem Antrag noch einmal unterstrichen haben, nämlich dieses wirklich unselige Schauspiel, dass heute jeder Häftling privatversichert ist. Wir geben 70 Millionen Euro für Häftlinge aus, die privatversichert sind. Wir schaffen es nicht, eine Vereinbarung zwischen dem Sozialministerium und dem Justizministerium abzuschließen, dass diese in die gesetzliche Krankenversicherung fallen.

Warum? – Jetzt sollte man auch einmal die Kirche im Dorf lassen und sagen, warum man das überhaupt macht: weil in Österreich halt alles abgesprochen wird. Die Hauptversorgung dieser Häftlinge erfolgt nämlich in Niederösterreich, in einem Landeskrankenanstaltenbereich, der letztendlich der niederösterreichischen Landeshauptfrau zugeteilt ist. Und man teilt halt alles in Österreich fifty-fifty zwischen Rot und Schwarz auf. Das ist letztendlich der Grund, dass man seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten diese Regelung der Sozialversicherung schafft, denn dafür kriegt Niederösterreich schön bezahlt. Das heißt, auf Kosten von ganz Österreich werden die Häftlinge privatversichert, in Niederösterreich abge­rechnet. Das ist der wahre Hintergrund dessen, und das ist das, was halt irgend­wann einmal in Österreich abgeschafft gehört. (Beifall bei der FPÖ.)

Der letzte Punkt ist: Bei aller Liebe, ja, die Budgets sind erhöht worden, aber auf wessen Kosten? Wir sind heute bei 1,72 Milliarden Euro an Einnahmen, das sind Kosten, die letztendlich durch die Grundbuchgebühren, durch die einzelnen Gebühren, durch die Klagseinbringungen, die in jedem Jahr immer weiter gestie­gen sind, ihre Abbildung finden.

Da muss ich Frau Kollegin Becher recht geben: Ja, es sollte auch geprüft werden, ob das nicht rechtswidrig und verfassungswidrig ist, denn in Zeiten wie diesen kann es nur dann gehen, dass es eine kostendeckende Gebühr gibt, wenn sich


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diese auch abbildet. Man kann heute nicht von einer Kaufpreissumme 3,5 Pro­zent oder auch eine Eintragungsgebühr im Grundbuch verlangen, wenn das eigentlich eine verdeckte Steuer ist. Daher gehört auch hier der Wahrheit Rechnung getragen, dass diese Einnahmen immer zulasten der Bürger gehen, die diese Verkäufe durchführen. – Herzlichen Dank und, liebe Frau Justizministerin, alles Gute für Ihr Budget. (Beifall bei der FPÖ.)

20.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mir liegen dazu keine Wortmeldungen mehr vor. Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit beendet.

20.05.57UG 11: Inneres

UG 18: Fremdenwesen


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zur UG 11: Inneres, sowie zur UG 18: Fremdenwesen. Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt. Ich darf die Frau Bundesminister verabschieden und den Herrn Bundesminister will­kommen heißen.

Zu Wort ist Ing. Reinhold Einwallner gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeord­neter.


20.06.25

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister Karner! Bei den Unter­gliederungen Inneres und Fremdenwesen ist es so wie bei fast allen Budget­untergliederungen, die wir heute den ganzen Tag debattieren und die nächsten Tage noch debattieren werden: Es ist im Grunde nicht zu wenig Geld vorhanden, im Gegenteil, die Budgets werden sogar erhöht. Aber die Frage, die sich stellt, ist: Wie wird dieses Mehr an Geld denn eingesetzt? Genauso ist es auch beim Innenressort. Da ist mehr Geld da, und die Frage ist: Wo kommt es an?


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Von dem Mehr an Budget sollten eigentlich die Polizistinnen und Polizisten profitieren, die jeden Tag draußen sind, die direkt bei den Menschen sind und für Sicherheit in unserem Land sorgen. Sie sollten von Ausstattung, Infrastruktur und Arbeitsbedingungen, die sich verbessern, profitieren. Das wäre dringend notwendig, denn die Polizistinnen und Polizisten leisten ausgezeichnete Arbeit und würden sich genau diese Wertschätzung auch entsprechend verdienen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Karner: Völlig richtig!)

Aber, Herr Innenminister: Was machen Sie? Es geht leider so weiter wie in den letzten Jahren und Jahrzehnten, seit ÖVP-Innenminister am Werk sind. Das Geld, das da ist, kommt in Prestigeprojekte rein und landet schlussendlich nicht dort, wo es eigentlich gebraucht wird.

Ich zeige Ihnen das an zwei Beispielen auf: Letzte Woche haben Sie das Krisen­sicherheitsgesetz präsentiert. Das Kernstück dieses Krisensicherheitsgesetzes ist ein Bunker im Innenministerium. Der jetzige Bundeskanzler hat das noch als Innenminister vor einem Jahr präsentiert, in schönen Bildern: einen Bunker, der damals, vor einem Jahr, noch 27 Millionen Euro gekostet hätte. Jetzt plötzlich, ein Jahr später, kostet dasselbe Prestigeding 50 Millionen Euro, Herr Bundes­minister! So gehen Sie mit dem Geld um, das eigentlich draußen bei den Poli­zistinnen und Polizisten ankommen sollte. Das wird in solche Prestigepro­jekte gesteckt. (Beifall bei der SPÖ.)

Wissen Sie, was das wirklich Problematische ist? Im Budgetausschuss konnten Sie das nicht einmal beantworten. Am selben Tag! Sie präsentieren es in der Früh, mittags im Budgetausschuss können Sie aber nicht beantworten, warum das Ding das Doppelte kosten wird, eine hundertprozentige Kostensteigerung. Sie haben keine Antwort darauf. Das ist ein Punkt, der zeigt, wie Sie mit dem Mehr an Geld umgehen.

Das zweite Beispiel, Herr Innenminister: Sie kaufen im Innenministerium vier Transporthubschrauber, die 60 Millionen Euro kosten. Darüber kann man diskutieren; ich halte es für notwendig, dass es auch gutes Gerät gibt – das ist


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sinnvoll –, das auch eingesetzt werden kann. Die Frage ist nur: Wie beschafft man solche Hubschrauber? Nach welchem Prozedere geht man vor? Ich wollte wissen, ob Sie Alternativen prüfen haben lassen. Das haben Sie natürlich nicht, Sie haben keine Alternativen zu den AW169 geprüft.

Dann wollte ich im Ausschuss wissen, ob es ein Ausschreibungsverfahren gegeben hat. Das hat es natürlich nicht gegeben, weil es ein Government-to-Government-Deal ist. Darüber muss man viel diskutieren. Ich halte es nicht für richtig. Ich halte in diesem Fall klare Ausschreibungskriterien für richtig.

Und, Herr Minister, wissen Sie, was Sie im Ausschuss auch nicht beantworten konnten? – Wo Sie die Hubschrauber einsetzen und für welchen Zweck sie eingesetzt werden. Nicht einmal das können Sie in einer Ausschusssitzung beantworten, und das zeigt, wie leichtfertig Sie mit dem Geld umgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt sage ich Ihnen zu diesen Hubschraubern noch etwas: Der AW169 kann offenbar ganz viel, aber er hat ein ganz großes Problem: Er hat eine schlechte Enteisungsanlage. Im Hochgebirge funktioniert die Enteisung nicht. Die Schweizer haben genau aus diesem Grund die Beschaffung rückgängig gemacht – aber wir kaufen sie. Wir wissen nicht, wofür wir sie einsetzen, wir wissen nicht, wo sie stationiert werden, aber wir kaufen sie. (Abg. Lercher: Das sind die Pferde vom Karner!)

Das ist eine Politik und ein Umgang mit Budgetmitteln, die am Wesentlichen vorbeigehen, Herr Minister! (Abg. Lercher: Das sind die Pferde vom Karner!) Die Topografie bei uns ist nicht so unterschiedlich von jener der Schweiz, das sind die gleichen Verhältnisse. Jetzt kaufen wir Hubschrauber, die im Hochgebirge dann nicht einsetzbar sind. (Ruf bei der SPÖ: Das ist eine Sauerei!)

Herr Bundesminister! Klären Sie das auf, gehen Sie der Sache nach, denn das Geld der Steuerzahler gehört sinnvoll eingesetzt. Es soll bei den Polizistinnen


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und Polizisten in Ihrem Ressort ankommen und bei den Menschen ankommen, zum Wohle der Sicherheit in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Dr. Christian Stocker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.11.36

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und werte Zuschauer, die diese Sitzung hier im Saal oder von zu Hause aus verfolgen! Ja, Herr Kollege Einwallner, man ist halt dafür, dass man dagegen ist. So kann man Sicherheitspolitik auch sehen, aber das Bundesministerium und der Bundesminister sind ja in Wirklichkeit der Sicher­heitsdienstleister für die Republik Österreich: 39 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sorgen dafür, dass in unserer Republik die Kriminalität bekämpft wird, dem Terrorismus entgegengewirkt wird, Krisenmanagement funk­tioniert und, ja, auch die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen gewährleistet ist.

Das alles führt dazu, dass Österreich eines der sichersten Länder der Welt ist, und das Budget, das wir diese Woche beschließen werden, gewährleistet, dass es auch so bleibt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bürstmayr.)

Was heißt Sicherheit in unserem Land? – Das bedeutet, dass mit diesem Budget Österreich resilienter gemacht wird, dass wir auch die Cybersicherheit erhöhen. Und weil hier schon so viel von Hass im Netz gesprochen wurde, sage ich Ihnen dazu schon ein offenes Wort: Wer es ernst meint, dass Hass im Netz bekämpft gehört, der müsste auch zur Klarnamenpflicht stehen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich verstehe nicht, weshalb es von der Meinungsfreiheit umfasst sein soll, dass man unter dem Deckmantel der Anonymität die grauslichsten und furcht­barsten Beschimpfungen von sich geben kann. Ich bin sicher, Sie wissen, wovon wir hier reden, weil Sie entweder selbst schon Adressat solcher Mails waren oder andere davon betroffen waren und Sie davon Kenntnis haben.

Mit diesem Budget werden auch die Grenzen geschützt werden, was in Zeiten wie diesen notwendiger denn je ist, und die Schlepperei wirksam bekämpft werden.

Das alles dient der Sicherheit im Land und führt dazu, dass auch eine mobile Einheit in den Landespolizeidirektionen aufgebaut wird, ein Cyberlagezentrum entsteht. Und, Herr Kollege Einwallner, weil Sie das Krisensicherheitslage­zentrum angesprochen haben: Ja, es ist teurer geworden (Abg. Einwallner: Ums Doppelte!), aber wenn Sie es sich ansehen (Abg. Einwallner: Es ist ums Doppelte teurer geworden! Vielleicht können Sie es erklären, wenn es der Karner schon nicht kann!), dann wird klar, es kann aber auch mehr und es sind auch die Funktionalitäten vermehrt worden. – Regen Sie sich nicht so auf, Herr Kollege! Es ist ja nichts Schlechtes an einem Krisensicherheitslagezentrum. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Einwallner: Nein, aber der Minister kann es nicht erklären!)

Wenn, wie ich gesagt habe, die Grenzen geschützt werden, dann heißt das, dass eine personelle Verstärkung beim Grenzschutz erfolgt und dass dabei auch modernste Technik zum Einsatz kommt. Bei der Schlepperbekämpfung setzt dieser Innenminister auch wie keiner auf internationale Kooperation, und zwar in kriminalpolizeilicher Zusammenarbeit, und das hat auch zu Erfolgen in der Schleppereibekämpfung geführt, wie wir feststellen können, wenn wir uns die Aufgriffszahlen ansehen.

Letztlich ein paar wenige Zahlen: Das Bundesministerium für Inneres wird im Jahr 2023 insgesamt um rund 405 Millionen Euro mehr zur Verfügung haben als


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im Vorjahr, insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro – eine Steigerung von 12,5 Pro­zent. Beim Fremdenwesen steht rund 1 Milliarde Euro zur Verfügung, im Vergleich zu 2022 eine Steigerung von 307 Millionen Euro und somit um satte 41 Prozent.

Sie sehen, die Sicherheit in diesem Land ist dieser Regierung, ist diesem Innenminister etwas wert, und das zum Wohle der Menschen in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bürstmayr.)

20.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Hannes Amesbauer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.15.35

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Liebe Zuseher! Ich werde mich jetzt mit der Untergliederung Fremdenwesen beschäftigen. Da sind die ganzen Asylgeschichten drinnen, und es ist ja eine dramatische Situation, die wir im heurigen Jahr in Österreich erleben: Rekordzuwanderung, über 100 000 ille­gale Asylbegehrer aus aller Herren Länder sickern in Österreich ein, überströmen und überfluten unser Land und gefährden somit auch den sozialen Frieden in diesem Land, belasten die Systeme bis an den Rand der Handlungsunfähigkeit – und wir haben einen Innenminister, der nichts dagegen macht, nämlich absolut gar nichts.

Karner hat seit seinem Amtsantritt keinen einzigen illegalen Grenzübertritt in Österreich verhindert. (Abg. Stocker: Das war der Kickl! Das war der Kickl, der nichts gemacht hat!) – Kollege Stocker, sparen Sie sich Ihre unqualifizierten (Abg. Stocker: Das war der Kickl! Sie wollen es nicht hören!), geradezu dümmlichen Zwischenrufe (lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP – Abg. Bürstmayr: He!) und vergleichen Sie die Asylzahlen in der Amtszeit von Herbert Kickl als Innen­minister (Rufe bei der ÖVP: ... nichts geschehen! Gar nichts! Nichts gemacht!) mit jenen unter Karner oder auch unter Nehammer! Also sparen Sie sich das und


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verkaufen Sie die Menschen nicht für blöd! (Abg. Stocker: Pferterln habt ihr gekauft!)

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt im Budget für das Jahr 2023 für das Fremdenwesen über 1 Milliarde Euro veranschlagt. Das ist absoluter Rekord, so viel war für das Asylwesen noch nie veranschlagt, und da muss man ja auch die Wahrheit sagen: Diese Milliarde, mehr als 1 Milliarde Euro, das ist ja nur die Kostengeschichte, die im Innenministerium anfällt, aber die Migrationsbewegung schlägt sich ja auf sämtliche Bereiche nieder: auf das Sozialsystem, auf das Bildungswesen, auf das Gesundheitswesen, das durch diese kulturfremden Men­schen aus aller Herren Länder, die hier eigentlich gar nichts verloren haben und die rasch außer Landes gebracht gehören, auch massiv belastet ist. (Ruf bei der ÖVP: Die hat der Kickl außer Landes gebracht!)

Meine Damen und Herren! Ich habe auch einen konkreten Antrag mit, und zwar einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Amesbauer und weiterer Abge­ordneter (Abg. Stocker: Taferlklasse Ausreisezentrum!) – das Ausreisezentrum fin­det sich auch darin (Abg. Stocker: Taferlklasse!); warten Sie ab, ich werde dazu kommen – betreffend „23 Maßnahmen zur De-Attraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten für 2023“.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regie­rungsvorlage, die insbesondere folgende Maßnahmen zur De-Attraktivierung Österreichs als Zielland für Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten beinhal­tet, zuzuleiten:“

Der Entschließungsantrag wurde verteilt, liegt Ihnen vor. Ich werde ihn in den Grundzügen erläutern:

„Asylstopp-Jetzt“, sofort! Aus, Ende! Österreich hat keinen einzigen Asylantrag anzunehmen, ganz egal, was diese Herrschaften an der Grenze erzählen, denn die meinen es nicht ehrlich mit uns, sonst wären sie auch nicht illegal eingereist.


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„Ermöglichen von ,Pushbacks‘“ – na, sofort! Ich rede mir den Mund wässrig, immer wieder fordern wir das, und dann muss ich mir sowohl vom Innenminister als auch von Kollegen Bürstmayr immer wieder sagen lassen, wir verstoßen gegen diese Forderungen, gegen das Unionsrecht, gegen die Menschenrechte (Abg. Krisper: Gegen die Verfassung!), sogar ein Verstoß gegen die Verfassung wird uns vorgeworfen.

Ja Kollegen: Na und? (Abg. Bürstmayr: „Na und“?! Ist das Ihr Ernst, Herr Kollege? Ist das Ihr Ernst?! – Weitere lebhafte Zwischenrufe.) Ja und? 100 000 Menschen haben gegen die Gesetze verstoßen, als sie unsere Grenzen überquert haben! Wir haben für die Sicherheit der Bürger in Österreich zu sorgen, und wenn es internationale Rechtsnormen gibt, die uns bei der Erreichung unserer nationalen Ziele im Wege stehen, dann haben wir diese Rechtsnormen zu beseitigen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Tomaselli und Rössler.) – Aus, Ende, fertig! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Ruf: Das ist kein großer Applaus!)

„Verschärfung des Strafrahmens des § 114 FPG“ – Fremdenpolizeigesetz – „,Schlepperei‘“. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na, ihr könnt ja mit Gust Wöginger reden, der hat ja vor Kurzem auch Andeutungen in diese Richtung gemacht (Abg. Taschner: Nein! Nein, das nicht!), nur meint sie Gust Wöginger nicht ernst.

Weiters: „Bestrafung von ,geschleppten‘ illegalen Migranten als Beteiligte (§ 12 StGB)“ –Strafgesetzbuch – „im Zusammenhang mit § 114 FPG“ – Fremden­polizeigesetz – „,Schlepperei‘ und“ – und jetzt kommt es, das ist besonders wich­tig – „Behandlung aller Beteiligten als Täter im Sinne des § 12. Strafgesetz­buch.“ (Abg. Stocker: Wo studiert man das eigentlich?) „Somit soll“ auch „der Geschleppte, der“ wahre „Nutznießer der Schleppung [...], genauso bestraft wer­den wie der Schlepper.“ – Also auch der Geschleppte ist nach unserem Konzept ein Täter. (Ruf: Also das ist ja ein - -!)


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„Einführung eines Delikts des ,Asylbetrugs‘“ – dass wir die Menschen so schnell wie möglich wieder loswerden, dass jeder Asylbetrüger, der uns belügt, der falsche Angaben macht, auch als Straftäter behandelt wird.

„Sofortiger Abbruch der Asylverfahren von straffälligen Asylwerbern bei jeder Form einer Straftat“.

„Schaffung einer ,innerkontinentalen Fluchtalternative‘ – Asyl“.

„Wiedereinführung von Ausreisezentren.“ – Herr Kollege Stocker, das haben Sie ja vorhin angesprochen. (Abg. Stocker: Taferlklassler!) Natürlich, das ist Sym­bolpolitik, aber in der Asylpolitik ist Symbolpolitik wichtig. (Abg. Zarits: Wo stu­diert man diese rechtlichen Dinge eigentlich?) Wir müssen diesen Menschen aus aller Herren Länder sagen: Ihr habt keine Chance bei uns, wir schicken euch wieder zurück!

„Restriktive Handhabung der sogenannten Familienzusammenführungen:“ – auch diesbezüglich müssen wir etwas tun! – „keine Familienzusammenführungen mehr bei unbegleiteten Minderjährigen, sogenannten ,Ankerkindern‘ sowie für subsidiär Schutzberechtigte.“

„Jährliche Überprüfung der Aktualität der Fluchtgründe von Asylberechtigten“ – BFA, wir wissen, da passiert überhaupt nichts.

„Übernahme des dänischen Modells, Asylzentren, in denen die Asylwerber die Bearbeitung ihres Asylantrages abzuwarten haben, in Drittländern in Afrika zu errichten.“ – Karner war in Dänemark, Nehammer war in Dänemark, sie haben alle gesagt, das ist gut, das wollen sie auch, aber niemand hat etwas gemacht.

Jetzt komme ich zu den neuen Punkten unseres Antrages (Zwischenruf der Abg. Tomaselli) – wir haben das ja schon mehrmals eingebracht –:

Wir wollen die „Schaffung eines Dashboards ,Illegale Einwanderung [...]“, wo wir tatsächlich tagesaktuell die Zahlen wissen, so wie das auch bei Corona möglich


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war, nur wäre es im Vergleich zu Corona hoch angebracht und hoch angezeigt, wenn die Zahlen, die hier veröffentlicht werden, auch stimmen.

„Durchführung einer Volksbefragung über den Kampf gegen die illegale Einwan­derung und den Asylmissbrauch sowie für einen Asylstopp, echten Grenz­schutz und kompromisslose Abschiebungen.“– Wenn das Volk dem zustimmt, dann hat sich auch die Frage mit den internationalen Konventionen erledigt.

„Schaffung von Transparenz und Kostenwahrheit über die fiskalische Wirkung“ – wir reden ja über das Budget – „der [...] Zuwanderung nach Österreich und die sich daraus ergebenden Belastungen quer durch alle Ressorts, wie zum Beispiel für das Sozialsystem, Gesundheitssystem oder Bildungssystem. Was haben die illegalen Wirtschaftsmigranten die österreichischen Steuerzahler bisher gekostet und was werden sie noch kosten?“ – Es wäre schon, das über­haupt einmal zu wissen, die Gesamtkosten des Asylwahnsinns. – „Diese Kostenwahrheit muss im Zuge des Bundesrechnungsabschlusses detailliert vorgelegt werden.“

Meine Damen und Herren, vor allem die Damen und Herren von der ÖVP, wenn Sie es mit der angeblich so restriktiven Asylpolitik, die Sie verfolgen, ernst nehmen, haben Sie gar keine andere Möglichkeit, als diesem Antrag zuzustim­men, insbesondere von August Wöginger setze ich das voraus. (Beifall bei der FPÖ.)

20.22

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

betreffend 23 Maßnahmen zur De-Attraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten für 2023


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eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.), Untergliederung 18 – Fremdenwesen, in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022  

Die Auszahlungen im Budget 2023 der UG 18 sind im BVA-E 2023 mit 1054,8 Mio. € veranschlagt. Diese geplanten Budgetmittel der UG 18 werden thematisch vor allem für die Betreuung, Versorgung und Unterbringung der Asylwerberinnen und Asylwerber sowie der Vertriebenen aus der Ukraine, für die Verfahren im Zusam­men­hang mit Asylanträgen und die Rückführung von Personen mit negativen Asylbe­scheiden sowie das Grenzmanagement verwendet.

Doch Innenminister Karner versagt. Während im Gesamtjahr 2015 insgesamt 88.300 Asylanträge zu verzeichnen waren, wird dem Vernehmen nach für 2022 dieser Tage bereits die Marke von 100.000 Asylanträgen übertroffen. Und es werden täglich mehr..

Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ berichteten am 10.11.2022:

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) zeigte sich nach dem gestri­gen Gipfel im OÖN-Gespräch unzufrieden: "Die zentrale Frage blieb leider unbe­antwortet: Nämlich wie man die illegale Migrationswelle stoppt und wie wir den österreichischen Grenzschutz endlich in den Griff bekommen." Hier sei die EU, aber auch die Bundesregierung gefordert. "Wenn es die EU nicht schafft, dass die illegale Migration ein Ende findet, muss Österreich Maßnahmen setzen", sagte Stelzer.

Landeshauptmann Stelzer hat es als erster ÖVP-Politiker verstanden: Es geht nicht darum, Migrationsströme besser zu verwalten und gerechter zu verteilen, sondern diese zu unterbinden und die aus wirtschaftlichen Gründen kommenden Fremden abzuschieben. Das Ergebnis dieser katastrophalen Asyl- und Migrationspolitik bekommt die österreichische Bevölkerung unmittelbar zu spüren. Da der Innenminis-


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ter nicht tätig wird, fordert die FPÖ, um eine merkliche Entlastung für die öster­reichi­sche Bevölkerung herbeizuführen, 23 Maßnahmen zur De-Attraktivierung Öster­reichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten für das Jahr 2023.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regie­rungsvorlage, die insbesondere folgende Maßnahmen zur De-Attraktivierung Österreichs als Zielland für Wirtschaftsflüchtlinge und Scheinasylanten beinhaltet, zuzuleiten:

1.         Asylstopp-Jetzt: Aussetzen der Asylanträge auf österreichischem Boden; Österreich hat genug geleistet. Die von Ex-Innenministerin Mikl-Leitner 2016 formulierte Obergrenze von 37.500 ist längst erreicht. Die Bundesregierung kann und muss eine „Notverordnung für eine Asyl-Obergrenze“ – die „Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit während der Durchführung von Grenzkontrollen“ gemäß § 36 ff Asylgesetz erlassen. Das Ziel muss NULL sein.

2.         Ermöglichen von „Pushbacks“: Keine Zulassung von Asylanträgen von Fremden, die aus einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz eingereist sind, zumal Österreich von sicheren Drittstaaten und von Ländern umgeben ist, die alle­samt die Genfer Flüchtlingskonvention unterschrieben haben und Österreich somit nicht zuständig ist.

3.         Verschärfung des Strafrahmens des § 114 FPG „Schlepperei“, um den Anreiz für die Schlepper zu schmälern; unterer Strafrahmen von mindestens 6 Monaten Freiheitsstrafe und entsprechende Erhöhung der bisherigen Obergrenzen.


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4.         Bestrafung von „geschleppten“ illegalen Migranten als Beteiligte (§ 12 StGB) im Zusammenhang mit § 114 FPG „Schlepperei“ und Behandlung aller Beteiligten als Täter im Sinne des § 12. Strafgesetzbuch. Somit soll der Geschleppte, der Nutznießer der Schleppung ist, genauso bestraft werden wie der Schlepper. Bisher ist im Fremdenpolizeigesetz der Geschleppte explizit von dieser Behandlung als Täter ausgenommen.

5.         Überführung der Verwaltungsstraftatbestände der rechtswidrigen Einreise und des rechtswidrigen Aufenthalts in § 120 FPG in das gerichtliche Strafrecht, somit Verschärfung und Angleichung an die neuen Strafbestimmungen des § 114 FPG, einhergehend mit einer Erhöhung des Strafrahmens, zumal bisher nur eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen sind. Künftig soll der Fremde vom Gericht mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 2 Jahren bestraft werden können.

6.          Einführung eines Delikts des „Asylbetrugs“ und von Maßnahmen gegen Asyl-Missbrauch: In jenen Fällen, in denen Asylwerber keine Asylgründe haben oder im Asylverfahren lügen (Alter, Heimatland, Reiseroute, etc.), soll das Recht auf Asyl verwirkt sein und sind diese Personen abzuschieben. Damit soll die Einführung eines strafrechtlichen Delikts des „Asylbetrugs“ einhergehen, welches Freiheitsstrafen in jenen Fällen vorsieht, in denen der Fremde bereits Leistungen aus der Grundversorgung erhalten hat.

7.         Sofortiger Abbruch der Asylverfahren von straffälligen Asylwerbern bei jeder Form einer Straftat, einhergehend mit der sofortigen Außerlandesbringung und der Aberkennung des Asylstatus bzw. sonstiger Schutztitel.

8.         Schaffung einer „innerkontinentalen Fluchtalternative“ – Asyl darf es nur mehr auf dem Kontinent geben, von dem die Migranten stammen.

9.         Wiedereinführung von Ausreisezentren.

10.       Schließung von Asylunterkünften in kleinen Gemeinden.


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11.       Rechtliche Verunmöglichung, an Asylanten die österreichische Staatsbür­ger­schaft zu verleihen.

12.       Schaffung einer Staatszielbestimmung, wonach Österreich kein Einwan­de­rungsland ist.

13.       A-limine-Zurückweisung von illegal eingereisten Fremden, die in einer Grenz­gemeinde zu einem Nachbarstaat angetroffen werden.

14.       Restriktive Handhabung der sogenannten Familienzusammenführungen: keine Familienzusammenführungen mehr bei unbegleiteten Minderjährigen, sogenannten „Ankerkindern“ sowie für subsidiär Schutzberechtigte.

15.       Echter Grenzschutz statt der gegenwärtigen Willkommenskultur, insbesondere durch die Errichtung technischer Sperren (Zäune) an der Grenze.

16.       Jährliche Überprüfung der Aktualität der Fluchtgründe von Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten.

17.       Übernahme des dänischen Modells, Asylzentren, in denen die Asylwerber die Bearbeitung ihres Asylantrages abzuwarten haben, in Drittländern in Afrika zu errichten.

18.       Abschluss weiterer Rückübernahmeabkommen, wobei Zahlungen im Rahmen der sogenannten Entwicklungszusammenarbeit nur bei Erfüllung dieser Rücküber­nahmen geleistet werden sollen.

19.       Einführung der obligatorischen Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber.

20.       Entschiedene Ablehnung des EU-Asyl- und Migrationspaktes, um Wirt­schaftsflüchtlinge nicht aktiv in die EU zu holen.

21.       Schaffung eines Dashboards „Illegale Einwanderung und Asyl“, welches wöchentlich die Aufgriffe und die Asylanträge – beide gegliedert nach Nationali­täten, Alter, Geschlecht und Bundesland – sowie die Anzahl an Außerlandes­bringungen (freiwillige Ausreisen und zwangsweise Ausreisen) darstellt.


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22.       Durchführung einer Volksbefragung über den Kampf gegen die illegale Ein­wan­derung und den Asylmissbrauch sowie für einen Asylstopp, echten Grenz­schutz und kompromisslose Abschiebungen.

23.       Schaffung von Transparenz und Kostenwahrheit über die fiskalische Wirkung der (illegalen) Zuwanderung nach Österreich und die sich daraus ergebenden Belas­tungen quer durch alle Ressorts, wie zum Beispiel für das Sozialsystem, Gesundheits­system oder Bildungssystem. Was haben die illegalen Wirtschaftsmigranten die österreichischen Steuerzahler bisher gekostet und was werden sie noch kosten? Diese Kostenwahrheit muss im Zuge des Bundesrechnungsabschlusses detailliert vorgelegt werden.

*****

20.22.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Bevor ich Mag. Georg Bürstmayr das Wort erteile, darf ich mitteilen, dass der Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht ist und dass ich für den Vorwurf der „dümmlichen Zwischenrufe“ einen Ord­nungsruf zu erteilen habe. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

*****

Zu Wort gelangt Mag. Georg Bürstmayr. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.23.04

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst ein paar Worte zum Kapitel Inneres und Sicherheit: Drei Viertel aller Aufwen­dungen in diesem Budgetkapital – und das macht immerhin 3,1 Prozent des gesamten Bundesbudgets aus – fließen in den sogenannten Personalaufwand, mit anderen Worten in die Gehälter der Angestellten dieses Ministeriums und der Polizistinnen und Polizisten, und das ist gut so.


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In meiner allerersten Rede in diesem Parlament habe ich gesagt: „Österreich braucht eine gute, gut ausgebildete, gut ausgestattete Polizei für unser aller Sicherheit, und jeder Mensch in Österreich braucht die Sicherheit, von dieser Polizei in seinen Menschenrechten und in seiner Würde respektiert zu werden.“ – Daran hat sich nichts geändert. Dieser Doppelsatz ist nach wie vor das Fundament grüner Sicherheitspolitik.

Polizist:innen gehören anständig bezahlt, und zugleich sind Menschenrechte und Menschenwürde nicht der Rahmen für ihr Handeln oder gar ein Hindernis für dieses Handeln, sondern vielmehr das Ziel ihrer Amtshandlungen, weil es Aufgabe der Polizei ist, die Einhaltung der Menschenrechte herzustellen und diese Rechte zu schützen. (Beifall bei den Grünen.)

Daher ist es auch gut, dass wir aufgeschrieben haben, um welche Menschen­rechte es dabei geht, dass die Liste bei uns im Verfassungsrang steht und dass dieser sogenannte Katalog, diese Liste von Menschenrechten, genannt EMRK, Europäische Menschenrechtskonvention, auch von der Europäischen Union in ihren Grundrechtskatalog aufgenommen wurde. Das schafft Klarheit.

Die EMRK war und ist das Fundament unserer europäischen Demokratien, auch und gerade in Österreich, und eine Aufgabe unserer Polizei liegt auch darin, dieses Fundament zu schützen – und das finanzieren wir mit diesem Budget.

Nun ein paar Worte zu einem Thema, das wie kaum ein anderes geeignet ist, die Emotionen des Kollegen Amesbauer hochgehen zu lassen: zur Aufnahme und Betreuung von Geflüchteten in Österreich. Ja, die Zahl der Menschen, die an Österreichs Grenzen einen Asylantrag stellen, ist deutlich gestiegen, aber die Zahl jener, die danach in Österreich bleiben, nicht.

Vom 1. Januar dieses Jahres bis heute hat sich die Zahl der Asylwerber in Grund­versorgung, also jener Menschen, die tatsächlich in Österreich Schutz suchen und auch hier bleiben und bleiben wollen, um ganze 4 000 erhöht, von 17 000 auf 21 000.


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Übrigens: Ende des Jahres 2018 waren circa 30 Prozent mehr Menschen in Grundversorgung. Ich kann mich jedoch nicht erinnern, dass die FPÖ damals den Innenminister auch nur kritisiert hätte. – Ach so, der hieß ja damals Herbert Kickl. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Krisper.)

Was ist mit allen anderen, die zuletzt einen Asylantrag gestellt haben? – So überraschend das klingen mag: Die ziehen weiter, über Deutschland, die Schweiz und Italien nach Frankreich, Spanien und in andere EU-Staaten, wo sie sich Arbeit erhoffen, oft in der Landwirtschaft, meist im Bereich von Grau- oder Schwarz­arbeit. Wir haben es tatsächlich mit einem neuen Phänomen zu tun, nämlich mit einer Wanderungsbewegung durch Österreich und nicht mit einem Zustrom nach Österreich. 4 000 zusätzliche Menschen in Grundversorgung in diesem Jahr – das werden wir wohl noch zusammenbringen! (Zwischenruf des Abg. Ries.)

Warum werden dann Hunderte an zusätzlichen Euro-Millionen im nächsten Jahr für die grundlegende, also für die Grundversorgung von Geflüchteten vorge­sehen, so viel Geld wie schon lange nicht? – Weil Österreich sich gemeinsam mit allen anderen Staaten der EU solidarisch erklärt hat mit der Ukraine, mit ihrem Volk, ihren Menschen, die durch einen verbrecherischen Angriffs- und Ver­nichtungskrieg Russlands millionenfach in die Flucht getrieben wurden. Öster­reich hat mehr als 80 000 dieser Menschen aufgenommen und mehr als 50 000 von ihnen werden tatsächlich in der Grundversorgung versorgt.

Meine Damen und Herren, das ist die budgetäre Herausforderung des Jahres 2023 in diesem Budgetbereich. Und wenn man Budgets lesen kann, dann kommt man auch innerhalb von 5 Minuten drauf. (Beifall bei den Grünen.)

Auch dieser Herausforderung werden wir uns stellen, denn die Aufnahme von Ukrainerinnen und Ukrainern, die vor Putins Angriffskrieg flüchten mussten, kostet Geld, ja, und nicht wenig, aber wir werden dieses Geld aufwenden und noch mehr, wenn es sein muss, und das werden wir tun, so lange es eben dauert, weil wir uns Menschlichkeit nicht verbieten lassen, auch nicht von einem


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Herrn Wladimir Wladimirowitsch Putin. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Dr.in Stephanie Krisper. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.28.45

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Kollege Amesbauer und die anderen Kollegen, die Sie diesen Antrag unter­schrie­ben haben, Sie sind auf die Verfassung angelobt, und wenn Sie einen Antrag stellen, der zentralen Punkten der Verfassung widerspricht, der zu einem Bruch dieser Verfassung führen möchte (Abg. Amesbauer: Der Grenzübertritt ist auch ein Rechtsbruch, oder?), dann zeigt das nur, wie fanatisch Sie sind und dass sich die FPÖ weit vom Verfassungsbogen entfernt hat. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS sowie bei ÖVP, SPÖ und Grünen. –Abg. Amesbauer: Das machen die Polen, das machen die Balten, das machen die Griechen!)

Herr Innenminister, zum Budget: Wir hatten viele absurde Situationen im Bud­getausschuss mit Ihnen, aber eine war, dass Sie die Attraktivität des Polizeiberufs lobten, während wir darüber sprechen mussten, wie viel Geld Sie ausgeben müssen, um Rekrutierungskampagnen in Boulevardzeitungen zu schalten.

Wenn Sie auf Rekrutierungsprobleme schauen, dann sollten Sie sich einmal fragen: Kann man es als engagierter und aufrichtiger Polizist ohne Partei im Rücken, ohne die richtige Partei im Rücken, in diesem Land zu etwas bringen? Kann man es als Polizistin ohne Partei oder Gewerkschaft – die richtige Partei, die richtige Gewerkschaft – im Rücken mit Engagement und Fleiß auf die Fachhochschule Wiener Neustadt schaffen, um in weiterer Folge als Offizierin im BMI Karriere zu machen? – Nein, kann man nicht! Von den Strasser-Mails über die Kloibmüller-Chats bis zur Gegenwart: Postenkorruption ist im


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Innenministerium virulent. Selbst während des laufenden ÖVP-Korruptions­unter­suchungsausschusses schreckt die ÖVP nicht einmal davor zurück, und das sogar im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung.

Topqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich nicht politisch ver­einnahmen lassen, werden dort seit Jahren frustriert, bis sie das Amt verlassen. Leiter wird statt der qualifizierten Ex-Mitarbeiter natürlich jemand, der davor unter Innenminister Nehammer freihändig als interimistischer Leiter ausgewählt wurde und dort über zwei Jahre saß, sich aber nicht einmal in dieser Zeit qualifizierte. Das konnten wir uns im U-Ausschuss gemeinsam mit den anwe­sen­den Journalistinnen und Journalisten fassungslos stundenlang anschauen. Gleich danach bekam er die Stelle auf Dauer – während des laufenden U-Aus­schusses. Es wurde also wieder einmal ein nicht kompetenter, aber ÖVP-naher Herr. Ein sehr attraktiver Arbeitsort, das Innenministerium!

Mit diesen Aussichten findet sich schwer das kompetenteste und motiviertes Personal. (Ruf bei der ÖVP: Das hat’s immer gegeben!) Immer mehr müssen wir mit unserem Steuergeld bezahlen, nämlich: Schadenersatz an zu Unrecht – weil besser qualifiziert – Unterlegene. Korruption kostet nämlich auch Steuergeld. Wenn das so weitergeht, haben wir früher oder später auf der Straße eine unterbesetzte Polizei, die ihren staatlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann, darüber eine aufgeblähte politisierte Verwaltung, in der die parteinahen und besten Vernetzten sitzen statt jene, die wirklich Führungsqualität und Kompetenz haben, und auf der obersten Ebene ist es zappenduster.

Was diese gebündelte Inkompetenz anrichtet, sehen wir jetzt schon beim Asylwesen; Kollege Bürstmayr hat es ausgeführt. Bereits letztes Jahr habe ich hier gesagt, bei der Grundversorgung von Asylwerberinnen und Asylwerbern zeichnet sich ein Managementversagen ab; vor einem Jahr habe ich das hier gesagt. Letztes Jahr wiesen wir darauf hin, dass die Verteilungsproblematik, die Unterbringungsproblematik katastrophal ist, und forderten Ihren Vorgänger auf, die säumigen Länder endlich in die Pflicht zu nehmen. Aber Sie nehmen Ihr Mantra, dem klaren Weg Ihres Vorgängers konsequent nachzugehen, wirklich


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sehr ernst. Nun stehen Zelte, und Asylwerber sind in irgendwelchen Hallen tagelang ohne hygienische Maßnahmen in der Kälte untergebracht.

Dieses Versagen schadet nicht nur den Schutzsuchenden, den Polizistinnen und Polizisten, die dadurch inakzeptable Einsätze zu erledigen haben, sondern es ist auch ein totales Fail, weil budgetär eine Belastung, die es nicht bräuchte. Die teure Bundesbetreuung, weil die Länder nicht übernehmen, verursacht knapp 4 Millionen Euro Mehrkosten pro Monat. Für leer stehende Einrichtungen zahlen wir nur ein paar Zehntausende Euro, das ist ja eh nichts – aber unfassbar absurd! Millionen hätten demnach laut Rechnungshof seit 2015 eingespart werden können.

Aber die ÖVP nimmt das in Kauf und fuhrwerkt weiter im Innenministerium. Sie beglückt die eigenen Leute mit Auftragsvergaben und missbraucht das Ministe­rium für ihr Parteiinteresse.

Zuerst die Auftragsvergaben: Da hat man früher völlig ungeniert einfach Aufträge an Unternehmen mit direkter Beteiligung von ehemaligen Kabinettsmitarbei­tern vergeben. Seit dem Korruptions-Untersuchungsausschuss 2011 wurde man nur subtiler und geschickter in der Korruption. Jetzt wird über undurchsichtige Firmenkonstrukte versucht, die wahren wirtschaftlichen Nutznießer intrans­parent in der Auftragsvergabe zu verschleiern. Gutes Geld machen aber in Wah­rheit wieder genau dieselben Herrschaften.

Warum das jetzt nicht die Besten sind? – Nun, wie können die die Besten sein, denen Firmen gehören, die dann für die IT-Sicherheit unseres Verfassungs­schutzes, der DSN, arbeiten, die nachweislich Kontakte, beste Kontakte zu Marsalek und russischen Firmen haben?

Und auch sonst kommen statt der besten, effizientesten Dienstleister und Lieferanten weiterhin zu oft vielmehr die zum Zug, die politisch mit Ihrem Haus, mit der Strasser- und Sobotka-Tradition der ÖVP Niederösterreich im BMI bestens vernetzt sind. Was die kosten, was die wirklich leisten, ist Ihnen, wie


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auch Ihren Vorgängern am Ende egal, es ist ja nur das Geld der Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler, das Sie oben einfüllen.

Bei den Förderungen gilt genau dasselbe. Wir erinnern uns: Im U-Ausschuss ist das zutage getreten, dass hier wieder ÖVP-nahe Konstruktionen bedient werden, bis hin zu Herrn Spindelegger, dessen Verein für einen einzigen Rück­kehrer fast 300 000 Euro erhielt.

Das bringt mich zum letzten Akt der Korruption: Missbrauch des Ressorts für die ÖVP-Parteiinteressen. Ihre teuren Antimigrationskampagnen in den Herkunfts­ländern können Sie nicht begründen – Migrationsexpertinnen und -experten betrachten das sowieso mit Skepsis –, wir wissen nämlich von früheren Kampag­nen, dass die lediglich zwanzigmal pro Tag gesichtet wurden. Auf meine Frage, wie Sie trotz aller ideologischer Unterschiede die Sinnhaftigkeit der Kampagne evaluieren wollen, unterstellten Sie mir im Budgetausschuss, ich wolle Ihre Beamtin­nen und Beamten nach Indien schicken.

So wird das eigene Versagen immer wieder durch mangelnde Transparenz kaschiert. Apropos Transparenz: Wenn die Regierung unserer jahrelangen Forderung, endlich Fachausschüsse öffentlich zu machen, nachgekommen wäre, könnte sich die Bevölkerung selbst ein Bild machen; auch von Ihrem Ver­halten, Herr Innenminister, das mit Verlaub alles andere als ministrabel war. (Bei­fall bei den NEOS.)

20.36


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Herr Bundesminister Mag. Gerhard Karner zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Bundesminister.


20.36.04

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete,


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Damen und Herren Zuseher! Wir debattieren heute das höchste Sicher­heitsbudget in der Geschichte des Ministeriums, das höchste Budget für die Polizei in Österreich überhaupt. Das freut mich als Innenminister, und ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass es im Wesentlichen auch die Sicher­heitssprecher der Fraktionen freut, wenn das Budget für die Polizei ganz deutlich, ja drastisch erhöht wird. Aber ob uns das freut, ist weniger wichtig. Ich denke, es ist vor allem für die Sicherheit in diesem Land wichtig, dass dem so ist, und es ist vor allem für die Sicherheit der Menschen in diesem Land wichtig, dass dieses Budget angepasst, ja deutlich erhöht wird.

Im kommenden Jahr stehen 4,7 Milliarden Euro für das Innenressort zur Ver­fügung; das ist eine Steigerung um 700 Millionen Euro gegenüber dem heurigen Jahr. Das geschieht nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil eben für diese Bundesregierung die Sicherheit der Bevölkerung ein zentrales Anliegen ist. Daher ist ein wesentlicher Teil dieses Budgets für diese Sicherheit, für unsere Exekutive, für die Polizei vorgesehen. Von meinen Vorrednern wurde zum Teil schon angesprochen, dass Österreich Gott sei Dank eines der sichersten Länder dieser Welt ist, und es ist auch Aufgabe des Budgets, dass das auch in Zukunft so bleiben kann.

Die Kriminalstatistik ist, wenn man so will – ich habe das auch schon öfters gesagt, auch im Ausschuss –, die Handlungsanleitung für die Arbeit der Polizei, für die Aufgaben des Innenministers. Auch wenn wir Gott sei Dank – ich wiederhole es – in einem sehr sicheren Land, in einem der sichersten Länder der Welt leben, haben wir Herausforderungen zu bewältigen, zeichnen sich Schwer­punkte ab, die natürlich auch in diesem Budget abgebildet sind.

Es sind drei wesentliche Schwerpunkte, die als Herausforderungen für die Polizei, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Innenministeriums anstehen. Das ist erstens der Kampf gegen die Schleppermafia und gegen die illegale Migration. Das ist zweitens der Kampf gegen den Terrorismus und jedwede Form des Extremismus, und das ist drittens die Bekämpfung der Cyberkriminalität.


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Erstens: Kampf gegen die Schleppermafia und Kampf gegen die illegale Migration. Das ist ein beinharter Kampf, der von der Exekutive, von der Polizei tagtäglich geführt wird, geführt werden muss. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an unsere Exekutive, an unsere Polizei und auch an das Bundesheer für die Arbeit, die sie tagtäglich für die Sicherheit unserer Menschen leisten! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sehen auch, dass dieser Kampf erfolgreich ist. Das beweist der Umstand, dass allein im heurigen Jahr an die 560 Schlepper durch Polizei und Bun­deskriminalamt in internationaler Zusammenarbeit festgenommen werden konnten; kleine Fische, aber auch große Fische, so auch ein 28-jähriger rumänischer Staatsbürger im Mai dieses Jahres, verantwortlich für über 30 000 Schleppungen. Das zeigt, dass die Exekutive, das Bundeskri­minalamt in der internationalen Zusammenarbeit exzellente Arbeit leisten.

Daher ist im Budget vorgesehen, das auch entsprechend zu verstärken, weil es notwendig ist: Technik für den Grenzschutz zur Unterstützung des Personals, der Exekutive an der Grenze; Herzschlagdetektoren, die angekauft werden, Wärmebildbusse, Drohnen oder Übertragungstechniken sind notwendige tech­nische Mittel, die auch im Budget abgebildet sind, die im Kampf gegen die Schleppermafia, im Kampf gegen die illegale Migration notwendig sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Der zweite Bereich betrifft die Bekämpfung der Cyberkriminalität, den ich auch ansprechen möchte, weil es jener Bereich in der Kriminalstatistik ist, der am stärksten im Steigen begriffen ist. Fast 30 Prozent beträgt die Steigerung im Bereich der Cyberkriminalität. Zuletzt hat es auch eine entsprechende Konferenz in Kärnten, in Klagenfurt, gegeben, bei der wir uns mit Experten darüber unterhalten haben, was wir für mehr Cybersecurity, Cybersicherheit tun müssen, weil das eine große Herausforderung ist. Wir müssen daher auch unsere Experten verstärken, wir müssen da aufrüsten, nicht nur in der Kompetenz, sondern auch in der Zahl. Wir haben derzeit im C4, im Cybercrime Competence Center, rund 70 bis 75 Beamte, die mittelfristig auf 120 aufgestockt werden


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sollen. Wir brauchen aber auch die Kompetenz in der Fläche, in den Regionen, in den Bezirken, daher wird es bis Jahresende auch eine entsprechende Kriminal­dienstreform geben, die diesen Bereich verstärken soll.

Wir werden im Verbund mit der EU ein neues Ein- und Ausreisesystem schaffen, das eine bessere Identitätsfeststellung ermöglicht – auch ein wesentlicher Punkt im Kampf gegen die illegale Migration. Zudem wird ein neues EDV-System im Datenaustausch zwischen Kriminalpolizei und Justiz geschaffen, um diesen auch zu erleichtern. Das sind wichtige Mittel, wichtige Methoden für die schwierige Arbeit, für die beinharte Arbeit unserer Exekutive. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Der dritte Bereich ist der Kampf gegen Terrorismus. Ich möchte hier noch einmal unterstreichen, was ich auch im Ausschuss schon gesagt habe, dass es zwar keine akute Bedrohung gibt, aber eine latente Bedrohung, bei der es notwendig ist, dass unser Staatsschutz auch entsprechend ausgestattet ist und dass unsere Antiterroreinheiten wie die Cobra auch die entsprechende Ausrüstung haben. Daher wird es drei weitere Sonderfahrzeuge geben. Auch in die persönliche Schutzausrüstung unserer Spezialeinheiten wird investiert, weil es einfach not­wendig ist, dass diese topausgestattet sind, damit sie bei ihren schwierigen, hochgefährlichen Einsätzen auch selbst gesichert sind.

Spezialaufgaben, Sondereinsätze: All das sind wichtige Aufgaben, wichtige Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt; aber das Rückgrat, das Herzstück, die Basis der Arbeit der Polizei sind letztendlich die Kolleginnen und Kollegen in unseren Polizeiinspektionen. Vom Bodensee bis zum Neusiedler See sind sie 365 Tage im Jahr für unsere Sicherheit da, sie sind da, wenn die Bürger Sorgen betreffend ihre persönliche Sicherheit haben. Mein großer Dank gilt allen, die in diesem Bereich tätig sind, und daher müssen wir und werden wir die Sanie­rungsoffensive in unseren Polizeiinspektionen fortsetzen. Viele haben wir heuer neu eröffnet. Es werden auch im nächsten Jahr Polizeiinspektionen modernisiert werden, damit unsere Kolleginnen und Kollegen ein Umfeld haben, in dem sie vernünftig arbeiten können.


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Wir werden das Projekt Körperkameras fortsetzen, auch das habe ich angekün­digt. Da gab es am Anfang durchaus vonseiten der Kolleginnen und Kollegen eine problematische Sicht der Dinge, weil sie Sorgen hatten, dass sie persönlich überwacht werden, aber im Gegenteil: Es dient dem Eigenschutz, und daher ist es auch für die Kolleginnen und Kollegen wichtig, dass sie mit diesen Körper­kameras ausgestattet werden. (Zwischenruf der Abg. Seidl.) Auch die Körper­schutz­ausrüstung wird massiv ausgebaut.

Das Thema Personalrekrutierung möchte ich auch ansprechen. Da bitte ich und da appelliere ich an Sie, Damen und Herren Abgeordnete: Machen Sie Werbung! Herr Abgeordneter Einwallner, Herr Abgeordneter Amesbauer, machen Sie Werbung für diesen wunderbaren Beruf der Polizistin, des Polizisten! Es ist ein wunderschöner Beruf. Es ist ein abwechslungsreicher Beruf. Es ist der Beruf mit dem höchsten Ansehen in der Bevölkerung, mit dem höchsten Vertrauen in der Bevölkerung. Ja, wir brauchen junge Bewerberinnen und Bewerber, und daher haben wir auch eine entsprechende Informationsoffensive gestartet, zunächst in Wien, gemeinsam mit der Stadt Wien. Wir werden das auch auf das Bundesland Tirol ausrollen, weil es wichtig ist.

Wir zeigen aber nicht nur, wie schön dieser Beruf ist, sondern es wird sich auch finanziell etwas ändern. Auch das ist ein wichtiges Signal für die Wert­schätzung dieser so wichtigen Berufsgruppe, die tagtäglich für unsere Sicherheit da ist. Im ersten Ausbildungsjahr werden es circa 140 Euro netto mehr sein, und im zweiten Jahr 200 Euro netto mehr für die jungen Polizistinnen und Polizisten in Ausbildung. Das sind wichtige Signale! Das ist die richtige Wert­schätzung, die man diesen Menschen, unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern, geben muss. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich appelliere noch einmal an alle in diesem Hohen Haus, dafür Werbung zu machen, die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen wertzuschätzen. Sie ver­dienen diese Wertschätzung. Es sind fast 39 000 Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter, über 32 000 Polizistinnen und Polizisten, die tagtäglich für unsere Sicherheit da sind, die sich oft in Gefahr bringen. Geben wir ihnen den


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nötigen Rückhalt, geben wir ihnen die notwendige Wertschätzung und geben wir ihnen das notwendige Budget! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bürstmayr.)

20.45


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Dr. Reinhold Lopatka. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.46.00

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eigentlich hätte es hier nach der Rede von Herrn Abgeordneten Amesbauer einen Aufschrei geben müssen. Er ist erfrischend offen, wenn er sagt: Was interessiert mich der Rechts­staat? Was interessiert mich die Verfassung? (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) „Na und?“, hat er gemeint. Wir sind aber relativ ruhig geblieben. Irgendwie sind wir schon abgestumpft. (Abg. Krisper: Ich habe eh geschrien dagegen ...!) – Na ja, schon! Oder vielleicht schon ermüdet. Ich weiß nicht, was es ist. (Abg. Krainer: Mit innerparteilichen Diskussionen oder ...? – Ruf: Ich habe Halsweh!) – Nein, nein. Ich glaube, Sie haben gerade etwas anderes zu besprechen, Frau Kollegin Krisper und Kollege Krainer, als das, was jetzt auf der Tagesordnung steht. Ich will Sie dabei aber auch nicht stören. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Krisper.)

Die FPÖ hatte ja einmal einen Innenminister. Sie haben schon geredet, Kollege Amesbauer, es kommt aber noch Kollege Ries. (Abg. Amesbauer: Vergleichen Sie die Zahlen!) Nennen Sie mir nur eine Maßnahme – eine Maßnahme! –, die seinerzeit von Kickl gesetzt worden ist, um tatsächlich illegale Immigration (Abg. Amesbauer: Vergleichen Sie die Zahlen! Vergleichen Sie die Zahlen!) in Österreich zu stoppen! Ein Türschild zu ändern – was er gemacht hat – stoppt keinen einzigen illegalen Migranten! (Beifall bei der ÖVP. – Widerspruch bei der FPÖ.) Das war das Einzige, was mir noch in Erinnerung ist, was von ihm gemacht worden ist. (Abg. Stefan: Sie können sich nicht erinnern, aber es gab genug! Wenn Sie sich nicht


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erinnern können! – Ruf bei der ÖVP: Keine einzige!) – Keine einzige Maßnahme! (Abg. Stefan: Keine einzige! Gar nichts! Jetzt ist ja wirklich alles spitze! Es ist ja super jetzt! So gut wie jetzt war es noch nie! Da muss ja alles perfekt funktionieren! Die Bevölkerung ist begeistert! Machen Sie weiter so! Perfekt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Schauen Sie, Kollege Ries kommt dann heraus, der kommt ja noch heraus, der kann mir ja dann das nennen, was konkret von Innenminister Kickl gemacht worden ist – nicht, wovon er redet. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Bei Ihnen ist Reden und Handeln genauso weit auseinander wie bei der SPÖ. (Zwischenruf des Abg. Lausch.) Ich sage es Ihnen: Als in Dänemark Ihre Par­teikollegin Mette Frederiksen gewonnen hat (Abg. Lausch: Zum Schämen ist das!), hat Ihre Parteivorsitzende – sie ist schon weg und ihr Adjutant Leichtfried ist ja auch nicht mehr da – gemeint: „Dänemarks Wähler*innen setzen ein starkes Zeichen für die europäische Sozialdemokratie.“ – Diese Frederiksen hat gesagt, das größte Problem ist das Asylproblem. Ihre Vorsitzende hat heuer im Sommer gesagt: Nein, kein Problem, kenne ich nicht! (Abg. Yılmaz: Hat sie nicht so gesagt!) – So hat sie es gesagt: Ist kein Problem in Österreich! Hören Sie das „Sommergespräch“ nach! Hören Sie es nach! (Zwischenruf der Abg. Nussbaum.)

Auf der anderen Seite - - (Abg. Hafenecker: Lopatka hat schlecht geschlafen!) – Nein, ich habe nicht schlecht geschlafen. (Abg. Lausch: Doch! Viel vergessen!) Ich habe genau hingehört, Kollege Hafenecker. Ich habe genau hingehört!

Ich will Sie nicht langweilen, aber in der SPÖ geht es kreuz und quer. (Ruf bei der ÖVP: Doskozil!) Leichtfried sagt: Zusätzliche Flüchtlingsquartiere in der Steier­mark, das geht nicht!, Hand in Hand mit FPÖ-Chef Mario Kunasek. Schauen Sie sich die Fotos an! (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Hafenecker.) Schauen Sie sich die Fotos an! (Abg. Yılmaz: Nein, das hat er nicht gesagt! Interpretieren Sie nicht etwas hinein!) – Er hat gesagt, in Kindberg ist ein Flücht­lingsquartier mit einigen Hundert Flüchtlingen nicht zumutbar. Das hat er gesagt. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)


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Das Zweite: Wir brauchen in Österreich die Solidarität der Landeshauptleute. Da steht es bei Ihnen 2 : 1, 2 – Wien und Burgenland – sind gut. (Abg. Einwallner: 6 : 0! 6 : 0!) Kärnten ist an letzter Stelle. Kärnten ist an letzter Stelle, was die Solidarität innerhalb der Bundesländer betrifft. (Beifall der Abg. Ribo. – Zwischen­rufe der Abgeordneten Kollross und Schroll.) In diesem Bundesland haben Sie eine deutliche Mehrheit. Kärnten ist an letzter Stelle.

Hören Sie nach – heutiges „Morgenjournal“ –: Nirgends – nirgends! – ist die Situation so schlecht wie in Kärnten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Oberrauner, Schroll und Heinisch-Hosek.) Machen Sie also dort, wo Sie auf Landesebene Verantwortung zu tragen haben, Ihre Hausaufgaben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Anhaltender Widerspruch bei der SPÖ. – Die Abge­ordneten Heinisch-Hosek und Schroll deuten mit dem Zeigefinger nach vorne.) – Da können Sie (in Richtung SPÖ) ruhig so deuten (den Arm von oben nach unten bewegend), das schafft kein einziges Flüchtlingsquartier in Kärnten. Kollegin Heinisch-Hosek, so (den Arm erneut von oben nach unten bewegend) schaffen wir kein Flüchtlingsquartier. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Ruf bei der ÖVP: Wahnsinn! Abg. Lausch: ... die Koalitionsverhandlungen auf Tonband dann hast! Ist ja unfassbar!) 

Was wir brauchen, sind auf europäischer Ebene – das habe ich heute schon einmal gesagt, weil wir das nur auf europäischer Ebene lösen können – endlich, nach 2015, konkrete Maßnahmen, und bei uns hier, dass Sie in der SPÖ in dieser Frage Ihr Chaos auflösen (Abg. Cornelia Ecker: Immer dieselbe Leier! – weitere Zwischenrufe bei der SPÖ Abg. Lausch: Lösen Sie Ihr Chaos einmal!) und sich die Freiheitliche Partei wieder in den Bereich innerhalb des Verfassungs­bogens begibt. (Ruf bei der ÖVP: Ein weiter Weg! In Richtung Abg. Lausch:) Das gilt vor allem auch für Sie, Herr Abgeordneter! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



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20.51.12

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Lopatka, reden wir doch bitte auch einmal über die Solidarität der Landeshauptmänner und der Landeshauptfrau der ÖVP! (Abg. Voglauer: Immer auf die andern ...!) Dann schauen wir weiter, wie es mit der Verteilung der Asylwerberinnen und Asylwerber in Österreich ausschaut. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber eigentlich zu einem ganz anderen Punkt reden. Die Frau Justiz­ministerin und die Verfassungsministerin haben gestern in einer Pressekonferenz Maßnahmen zur Reform des Verbotsgesetzes angekündigt. Wir kennen ja noch keine Gesetzesvorlage, die angekündigten Maßnahmen sind in ihrer Stoßrich­tung aber richtig und wir können sie so unterstützen, weil das Verbotsgesetz an die Herausforderungen der heutigen Zeit angepasst werden muss.

Sie, Herr Innenminister, haben Ihre Hausaufgaben in diesem Bereich allerdings nicht gemacht. Vor mehr als einem Jahr haben wir hier herinnen mit den Stimmen fast aller Parteien beschlossen, dass es einen Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus geben soll. Dieser ist bis heute nicht da. Und noch deutlicher, als dass die rechtsextremen Identitären an Ihrer Balkontüre im Innenministerium anklopfen, kann man Ihr Versagen im Bereich der Bekämpfung von Rechtsextremismus eigentlich gar nicht sichtbar machen.

Wir erleben seit Jahren in Österreich ein Hoch an rechtsextremen Straftaten. In den letzten Jahren haben wir häufig Waffenfunde in der einschlägigen Szene wahrgenommen. Das zeigt deutlich, welche Gefahr für die innere Sicherheit davon ausgeht.

Im Windschatten der Proteste gegen die Coronamaßnahmen haben wir auch erlebt, dass sich rechtsextreme Gruppierungen und Akteure wieder gestärkt haben. Der Verfassungsschutz hat auch mehrmals auf die Gefahr, die davon ausgeht, hingewiesen.


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Maßnahmen, die da konkret und nachhaltig entgegenwirken, Herr Innenminister, sind Sie aber bis heute schuldig geblieben. Auf unsere konkreten Fragen im Ausschuss, was Maßnahmen und Mittel für Maßnahmen für den Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus betrifft, antworteten Sie mit dem NAP zu Extremismusprävention und Deradikalisierung. – Das ist zu wenig, Herr Minister, und das deckt nicht die Intention und die Anforderungen eines Aktionsplanes gegen Rechtsextremismus. Da sind Sie diese Maßnahmen bis heute schuldig.

Wer Rechtsextremismus effektiv und nachhaltig bekämpfen will, der muss ihn als solchen erkennen und benennen (Beifall bei der SPÖ), und deswegen braucht es auch dringend den für Oktober 2022 angekündigten Rechtsextremismus­bericht. Wo ist dieser, Herr Minister? Wo sind die Maßnahmen?

Ganz ehrlich, sehen Sie das als Alarmsignal, wenn die rechtsextremen Identitären an Ihre Balkontüre klopfen! Sehen Sie das als Weckruf, endlich aktiv zu wer­den! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist David Stögmüller. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.54.17

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte den Ball zu einem anderen Thema hinwerfen, nämlich zu einem Gesetz, das wir in den letzten Jahren verhandelt haben, dem Krisensicherheitsgesetz.

Warum ist das wichtig? Wir haben durch Corona, wir haben mit der Ukraine­krise, mit dem Ukrainekrieg, mit der Teuerung sehr wohl viele Krisen gehabt, manche sind aktueller denn je. Wenn wir über die Grenzen Richtung Polen schauen, sehen wir, wie dramatisch sich die Lage zuspitzen und wie schnell das gehen kann, dass wir eine ordentliche Sicherheitsstruktur, eine Krisenstruktur


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brauchen, die einen gesamtstaatlichen, einen umfassenden, einen systemati­schen Ansatz hat, um genau in solchen Krisen wirklich auch handeln zu können.

Es braucht keine unzweideutigen Rahmen, es braucht klare Befugnisse, schnelle Handlungsfähigkeit. Ja, die Krisen der letzten Jahre haben stark be- und teils auch überlastet. Gleichzeitig haben wir in vielen Staaten gesehen, wie schnell so ein Krisenbegriff das Lieblingsinstrument eines Machtmissbrauches sein kann, eines autoritären Regimes – man schaue zum Beispiel nach China.

In Krisen braucht man Fingerspitzengefühl, einerseits das richtige Maß an Hand­lungsfähigkeit, andererseits aber auch Transparenz und Kontrolle.

Es wurde ja lange daran gearbeitet, um eine Krisensicherheit und eine Krisen­vorsorge ins 21. Jahrhundert zu bringen. Zugleich ist aber auch wichtig, dass diese parlamentarische Aufsicht, die gerade auch unter Corona vielleicht gelitten hat, im Informationsfluss gestärkt wird, dass da mehr Informationen von der Regierung zum Parlament hin kommen, dass nachvollziehbare Prozesse da sind, Transparenz und auch Mitsprache. Ich glaube, das ist notwendig und wichtig, und das ändern wir auch. (Beifall bei den Grünen.)

Wir verankern eine umfassende Krisendefinition, damit es nicht heißt, es geht nur um irgendwelche hybriden Krisen, sondern wir wollen viel breiter denken. Wir meinen da Gesundheitskrisen, sicherheitspolitische Krisen im In- und Ausland – jetzt wie gesagt gerade sehr aktuell, wenn wir uns die derzeitige Situation anschauen.

Was ist neu daran? – Wir werden einen Krisenkoordinator einberufen, der uns als Abgeordneten auch Rede und Antwort steht, der uns in der Arbeit unter­stützt. Es ist auch wichtig, dass das quasi ein bisschen weg von der Regierung ist, hin zum parlamentarischen Prozess, um da auch alles nachvollziehbar zu machen.


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Ich glaube, wir schaffen damit auch ein gutes und nachvollziehbares Gesetz mit Transparenz und Kontrolle. Ich hoffe wirklich, dass wir dieses Gesetz schnell in Umsetzung bringen, denn wir brauchen es, und wir brauchen es sehr schnell. Ich hoffe, dass diese Struktur, dass dieses Gesetz helfen wird, und ich hoffe auf breite Zustimmung auch hier im Parlament. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.57


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Mag.a Dr.in Petra Oberrauner zu Wort gemeldet. – Sie kennen die Bestim­mungen der Geschäftsordnung dazu. Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Oberrauner – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Ich werde mich daran halten, Herr Präsident!)


20.57.36

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Abgeordneter Lopatka hat in seiner Rede behauptet, dass Kärnten bei der Erfüllung der Quote der Unter­bringung an letzter Stelle steht. – Das ist unrichtig.

Der richtige Sachverhalt lautet: Bei Asylberechtigten und unbegleiteten Min­der­jährigen erfüllen wir die Quote zu über 100 Prozent. (Abg. Voglauer: Das stimmt ja nicht! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Bei den Ukrainern haben wir wenig Zuteilungen. Das ist zusammengerechnet worden, und deshalb stehen wir an dieser Stelle. (Heiterkeit bei der ÖVP. Abg. Voglauer: Wahnsinn!) – Sie sollten Ihre Hausaufgaben machen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

20.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.58.14

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Das Budget für


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die Untergliederung 11 wird um 405 Millionen Euro auf 3,65 Milliarden Euro aufgestockt. Auch wenn der Löwenanteil des Zuwachses den Teuerungen und den steigenden Gehältern geschuldet ist, ist dieser Umstand durchaus erfreulich.

Wissen Sie, was im Vergleich noch erfreulich ist? – In den letzten drei Jahr­zehnten hat sich die Verkehrssicherheit deutlich erhöht. Und warum hat sie sich erhöht? – Weil die Rahmenbedingungen besser geworden sind: Die Straßen wurden besser, die Fahrzeuge wurden besser und das Verantwortungs­bewusst­sein der Lenker ist besser und stärker ausgeprägt.

Demgegenüber steht im selben Zeitraum eine Verschlechterung der persön­lichen Sicherheit in Österreich. Warum? – Weil sich die Rahmenbedingungen ver­schlechtert haben!

Was meine ich damit? – Nehmen wir einen Einblick in die Polizeiliche Kriminal­statistik! Sie werden sehen, dass in diesem Zeitraum strafbare Handlungen gegen Leib und Leben, Eigentum und auch sexuelle Integrität deutlich zugenom­men haben.

Dann nehmen wir noch einen Einblick, wer bei uns in den Justizanstalten ein­sitzt, und schon sind wir der Wahrheit ein Stück nähergekommen. Diese Wahrheit ist: Sie, die ÖVP-Innenminister der letzten Jahrzehnte, haben verab­säumt, die Zuwanderung zu kontrollieren. So sind viele Menschen zu uns gekommen, die Freiheit und Sicherheit nicht zu schätzen wissen. (Abg. Lausch: Richtig!) Von der Wahrheit der Zahlen – und die Zahlen sind der Lüge nicht fähig – will man aber nichts wissen. Da bezichtigt man lieber die, die darauf hinweisen, des Fremdenhasses und legt sich eine neue Wahrheit fest, die Wahrheit der Political Correctness.

Werte Damen und Herren! Österreich ist immer ein Land gewesen, das Flüchtlinge, die es notwendig hatten, aufgenommen hat: 1947: 113 000 Kriegs­vertriebene, 1956: 170 000 Ungarnflüchtlinge, 1991: 27 000 Flüchtlinge aus


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dem Jugoslawienkonflikt, und dazwischen waren es jedes Jahr immer wieder Tausende. Mit unserem Schengenbeitritt und mit dem Beitritt unserer Nachbarländer sind wir aber ein Wagnis eingegangen, zugunsten der Bequem­lichkeit. Es geht jetzt leichter, zu reisen. Hat sich dieses Wagnis gelohnt? – Ich meine: nein. 2015 haben wir gesehen, dass uns die Lage an der Grenze völlig entglitten ist; fast 90 000 sind zu uns gekommen.

„2015 darf sich nicht wiederholen“! – Das war der Schlachtruf der ÖVP bei der Nationalratswahl 2017 und auch bei der Nationalratswahl 2019. Das war 2021 auch der Schlachtruf der CDU und CSU in Deutschland, und 2022 war es wieder ein Schlachtruf, und zwar der SPÖ bei den Tiroler Landtagswahlen. Das war besonders putzig, weil da schon klar war, dass 2015 sich nicht wiederholen wird, sondern dass es sich im Vergleich zu 2015 noch steigern wird – das war schon jedem klar, außer Dornauer und Rendi-Wagner.

Mittlerweile wissen es die Bürger, und auch die Kampfblätter der Linken Öster­reichs wissen es bereits. Das ist auch ein Mitgrund, sehr geehrter Herr Bundesminister – und wir haben darüber im Ausschuss gesprochen –, warum immer weniger junge Menschen der Polizei beitreten wollen, und es ist auch der Grund - - (Bundesminister Karner: Nein!) – O ja! Das ist der Grund, warum auch immer mehr Polizeibeamte aus der Polizei austreten wollen (Bundesminister Karner: Stimmt nicht!), denn sie sehen beim Grenzeinsatz, dass sie dort eine Sisyphusarbeit verrichten. Es fehlt ihnen der Sinn hinter der Arbeit. Dazu kommt noch ein Entlohnungsschema, das zu einem hohen Anteil auf Zula­gen und billigen Mehrdienstleistungen in Form von Journaldiensten beruht.

Dazu bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Finanzielle Besserstellung der Exekutive“

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die finanzielle Besserstellung der Exekutive vorsieht, indem eine Anhebung des Grundbezuges durch Einrechnung aller pensionsbegründenden Zulagen und Nebengebühren in das Grundgehalt durchgeführt wird.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

21.02

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ries, Mag. Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Finanzielle Besserstellung der Exekutive

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.), Untergliederung 11 – Inneres, in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022

Die Auszahlungen im Budget 2023 der UG 11 sind im BVA-E 2023 mit 3.650,8 Mio. € veranschlagt. Die Mittel der UG 11 werden primär für die Aufrechterhaltung der Inneren Sicherheit verwendet.

Die Exekutive leistet einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag zum Erhalt der Sicherheit für die Bevölkerung. Auch eine hohe Arbeits- und Stundenbelastung ist auf­grund personalpolitischer Fehler in der Vergangenheit leider schmerzliche Realität und belastet die Gesundheit und das soziale Umfeld der Beamten. Das Gehalt eines Exekutivbeamten ist im Wesentlichen durch ein Grundgehalt und zahlreiche Zulagen definiert. Laut „Standard“ vom 29.7.2019 erhalten Polizeischüler ein Jahresgehalt


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von 23.660 Euro. Im zweiten Ausbildungsjahr können schon jährliche Gehälter von 28.000 Euro inklusive Zulagen erreicht werden. Das Einstiegsgehalt eines Inspektors liegt bei rund 29.400 Euro im Jahr. Zusätzlich werden Zulagen für Gefahr, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Nachtdienste bezahlt. Nach sechs Jahren Dienstzeit ist der Aufstieg zum Revierinspektor möglich, wodurch sich das Gehalt auf mindestens 32.200 Euro pro Jahr erhöht. Im Schnitt liegt das Gehalt eines Streifenpolizisten mit mehrjähriger Erfahrung bei rund 40.000 Euro brutto pro Jahr, mit Zulagen kann es bis 65.000 Euro steigen. Nach insgesamt 21 Dienstjahren können Polizisten zum Gruppeninspektor mit einem Mindestgehalt von 43.400 Euro plus Zulagen befördert werden. Die Zulagen und Nebengebühren fallen aber zum Beispiel im Zuge von Krankheiten weg und dadurch wird das Gehalt gekürzt.

Die Exekutive arbeitet täglich unter Einsatz ihrer Gesundheit für uns. Dies soll durch die Anhebung des Grundbezuges durch Einrechnung aller pensionsbegründenden Zulagen und Nebengebühren in das Grundgehalt gewürdigt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die finanzielle Besserstellung der Exekutive vorsieht, indem eine Anhebung des Grundbezuges durch Einrechnung aller pensionsbegründenden Zulagen und Nebengebühren in das Grundgehalt durchgeführt wird.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Wolfgang Gerstl. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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21.02.56

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Zu meiner Vorrednerin vonseiten der SPÖ, die den geringsten Anteil an Personen in Grundversorgung mit dem Argument, sie hätten ja nicht so viele aus der Ukraine zugeteilt bekommen und daher stimme der Vorwurf nicht, verteidigt hat: Jetzt überlegen wir uns das! Da gibt es jemanden, der unterscheidet, ob es Vertriebene aus dem einen Land oder aus dem anderen Land gibt, und wenn ich da eine Unterscheidung mache, dann gilt sie für mich nicht. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.)

Herr Kollege, wenn wir das von der SPÖ weiterdenken: Was würden Sie sagen, wenn der Innenminister sagen würde, ich nehme nur mehr Ukrainer und niemand anderen mehr auf? (Zwischenrufe der Abgeordneten Einwallner und Oberrauner.) Das zeigt: Das Argument, mit dem Sie Menschen, die Schutz suchen, ungerechtfertigt unterscheiden, ist falsch, meine Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, können Sie sich noch an den 28. Februar 2018 erinnern? – Es wäre eh gut, wenn wir das Datum vergessen würden, denn am 28. Februar 2018 war der Drahtzieher Kickl derjenige, der mittels einer illegalen Hausdurchsuchung versucht hat, den Verfassungsschutz in Österreich für sich zu instrumentalisieren. (Rufe bei der FPÖ: Was?! – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer, Hafenecker, Lausch und Stefan.) Meine Damen und Herren, so einen Rechtsbrecher wie den Minister Kickl brauchen wir in Österreich nie mehr wieder. (Heftiger Widerspruch bei der FPÖ. – Abg. Lausch: Was ist denn jetzt bitte?! – Abg. Hafenecker: Was ...?! – Rufe bei der FPÖ: Hallo! Wo hat er Recht gebrochen?! – Abg. Amesbauer: Na, dann sag’s!) – Das ist genau der Punkt: illegale Hausdurchsuchung. Herr Kollege Amesbauer, Sie versuchen - - (Abg. Amesbauer: ... lügt! ... Lügner!) – Herr Kollege, jetzt beherrschen Sie sich einmal, das ist rechtskräftig festgestellt! (Rufe bei der FPÖ: Unfassbar! Sie sind eine Schande für die Politik! – Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Amesbauer.)

21.05.04*****



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter! Herr Abgeordneter, ich bitte um eine kurze Pause! Erstens, Herr Abgeordneter - - (Ruf: Ruhe! – Rufe bei der FPÖ: Und Sie sind Polizist? Das ist eine Schande! – Gerstl, da würd’ ich mich auch schämen!) – Bitte, ich würde wirklich ersuchen, sich - - (Ruf bei der FPÖ: Es ist zum Schämen!) Sie haben - - (Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der FPÖ und Abg. Gerstl.) – Das Mikrofon ist nicht aufgedreht, Herr Abgeord­neter. Herr Abgeordneter, ich bitte Sie kurz um eine Pause! (Anhaltende Zwischen­rufe bei der FPÖ.) – Ich darf auch euch um eine Pause bitten. (Abg. Stefan: Es ist zum Schämen! – Abg. Hafenecker: Unglaublich! – Ruf bei der FPÖ: Den Klubobmann als kriminell zu ... ist ein Wahnsinn!)

Ich erteile erstens einen Ordnungsruf für den Vorwurf, dass jemand ein „Rechtsbrecher“ sei (Abg. Hafenecker: Sie sind eine Schande für die Polizei!), und zweitens einen für den Vorwurf „Lügner“ und bitte, dass sich alle wieder beruhigen und die Rede fortgesetzt wird. (Abg. Hafenecker: Sie sind eine Schande für die Polizei ...! – Abg. Stefan: Das hat eine neue Dimension von der ÖVP! Das ist eine Schande! Eine Schande ist das! – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer, Deimek, Lausch und Stögmüller.)

*****

Bitte, Herr Abgeordneter.


21.05.42

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (fortsetzend): Vielen Dank.

Die rechtswidrige Razzia wird Ihnen niemand mehr wegnehmen (Abg. Hafenecker: Es gibt keinen peinlicheren Abgeordneten ...!), niemand mehr. Es war eine rechtswidrige Razzia (Abg. Stefan: Was ist eine Razzia? Was ist das?!), und Ihre Leute aus der FPÖ (Abg. Hafenecker: Sie sind peinlich!) haben daran voll mitge­wirkt – vollkommen, Herr Kollege. (Ruf bei der FPÖ: Das ist schon wieder eine Lüge! – Widerspruch bei der FPÖ. – Unruhe im Saal.) – Das wollen und können Sie nicht hören! Sich aber hier herauszustellen und gleichzeitig zu sagen, dass wir ein Ausreisezentrum machen sollen, obwohl das auch illegal wäre (Ruf bei der FPÖ: Was ist da illegal?!), da haben Sie kein Problem, aber wenn es Ihren eigenen


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Minister betrifft, da wollen Sie es abwehren. (Abg. Lausch: Unterm Kurz habts ihr auch kein Problem gehabt damit! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Sie legen das Recht aus, wie Sie wollen, aber das ist nicht Verfassung und das ist nicht Rechtsschutz (Abg. Lausch: 2017 habts ihr ja auch kein Problem gehabt damit!), meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lausch: Unfassbar so was!)

Nach Innenminister Kickl gab es vier Innenminister, und jeder dieser vier Innenminister (Abg. Hafenecker: Haben es nicht zusammengebracht!) hat damit zu tun gehabt, dass alle internationalen Partner dem österreichischen Verfas­sungsschutz (Abg. Hafenecker: Weil sie so Leute wie Sie in der Polizei gefördert haben!) wieder das Vertrauen entgegenbringen können, das Sie kaputt gemacht haben, Herr Kollege. (Ruf bei der FPÖ: Geh bitte! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Sie von der FPÖ haben versucht, diesen Verfassungsschutz kaputt zu machen. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Herr Kollege Amesbauer, Sie haben da versucht, eine zweite Polizei hinein­zubringen. (Abg. Amesbauer: Ja ...!) Sie haben sich Methoden bedient, die vor Jahrzehnten schon verurteilt worden sind. (Abg. Loacker: ... Budget ...!) Nie mehr wieder, Herr Kollege Amesbauer! So etwas darf hier nicht mehr passieren (Ruf bei der FPÖ: Jetzt wird’s aber ...!), dass ein Innenminister versucht, eine Paral­lelpolizei aufzuziehen! (Zwischenruf des Abg. Amesbauer. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Heute ist das anders. Heute wird in Sicherheit investiert (Ruf bei der FPÖ: Na schauen wir, ob ihr nach der nächsten Wahl noch viele Ministerien habt! – Zwischenrufe der Abgeordneten Hafenecker und Amesbauer) und nicht in Bespitzelung vonseiten des Herrn Kollegen Kickl. Das wird nicht mehr passieren. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Daher: Wir investieren in die Sicherheit, damit wir Freiheit garantieren können (Abg. Deimek: Das glaubts aber selber nimmer!), und Sie produzieren nur Un­freiheit, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Stefan: Zum Schämen, Gerstl, zum Schämen! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

21.07



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte schön, Frau Abgeordnete. Bis Sie am Rednerpult sind, wird sich wieder alles beruhigt haben. (Abg. Stögmüller: ... Ihre eigene Fraktion beruhigt, Herr Hofer!)


21.07.50

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! (Ruf bei der FPÖ: Das mit dem Gerstl ...!) Mehr Geld alleine löst, wie man jetzt im Bereich des Inneren und Fremdenwe- - (Abg. Lausch: Da werden wir einmal hinterfragen, was er ...!) – Geh, hört einmal auf! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

Mehr - - (Abg. Lausch: Polizeijurist Gerstl!) – sag einmal, der redet noch immer! – Mit mehr Geld alleine löst man, wie man im Bereich Inneres und Fremdenwesen sieht, nicht alle Probleme – das wollte ich eigentlich sagen. Das wirft natürlich dann die Frage auf: Woran liegt das?

In den vergangenen neun Monaten haben wir gesehen, dass Österreich imstande ist, vernünftig und menschenwürdig mit schutzsuchenden Menschen umzugehen: Ukrainischen Vertriebenen oder Flüchtlingen wurde im Großen und Ganzen ein würdevolles Ankommen ermöglicht. Das haben wir zu einem Großteil der Zivilbevölkerung zu verdanken, und das muss man auch ehrlich sagen.

Während unzählige Freiwillige von Tag eins an alles getan haben, um diese Menschen zu versorgen, haben sich die Politik und insbesondere die Bun­desre­gierung in Verantwortlichkeitsstreitereien verstrickt. Das war im März so und das ist heute noch so. Ihre Politik hat uns dorthin gebracht, wo wir heute stehen: inmitten einer Unterbringungskrise. Sie von der Bundesregierung haben es verabsäumt, einen Plan zu machen, das Thema aktiv anzugehen und nach Lösun­gen zu suchen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass da nur kurzfristige Hauruckaktionen – wie Zelte aufbauen, Zelte abbauen – gemacht werden. Das bringt überhaupt nichts, das kostet nur viel Geld.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben für die Grundversorgung eine 15a-Vereinbarung aus dem Jahr 2004. Seit 18 Jahren wurde an diesem Vertrag überhaupt nichts geändert, er wurde nicht bearbeitet beziehungsweise an die heutige Situation angepasst. Ich möchte schon - - (Zwischenbemerkung von Bundesminister Karner.) – Was? Was haben Sie gemacht? (Bundesminister Karner: Die Tagsätze haben wir erhöht!) – Der 15a-Vertrag wurde nicht geändert; dass Sie die Tagsätze erhöht haben ist etwas ande­res. Wir brauchen eine Vereinbarung, eine Rechtsgrundlage, mit der wir heute, mit den heutigen Herausforderungen arbeiten können. Wir müssen weg vom Klein-Klein-Denken hin zu einer neuen solidarischen Praxis.

Sehr geehrte Damen und Herren, so ehrlich sollten wir auch uns gegenüber sein: Keine Bürgermeisterin, kein Landeshauptmann, keine Landeshauptfrau, und ja, auch kein Innenminister wird diese Herausforderungen alleine meistern können. Wir brauchen eine parteiübergreifende, ideologiefreie Zusammenarbeit, um diesen Herausforderungen entgegentreten zu können. (Beifall des Abg. Weidinger.)

Herr Bundesminister, was wir auch brauchen, ist die Solidarität und das Mit­machen unserer EU-Partner:innen. Es hilft nicht, wenn wir sagen, das klappt nicht. Wir brauchen Verbündete im Inland – Bürgermeisterin, Landeshauptfrau, Innenminister, parteiübergreifend –, aber auch innerhalb der EU. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Mag. Hannes Amesbauer zu Wort gemeldet. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Bitte, Herr Abgeordneter. Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung dazu. (Abg. Stögmüller: Scharf, scharf! – Ruf bei der ÖVP: Kommt jetzt die Entschuldi­gung?)


21.12.07

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Abgeordneter Gerstl hat in seiner


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Rede mit Unwahrheiten, die man so nicht stehen lassen kann, nur so um sich geworfen. (Ruf bei der ÖVP: Falsch!) Zum einen hat Kollege Gerstl wahr­heitswidrig - - (Abg. Hanger: Hat es jetzt die BVT-Hausdurchsuchung gegeben, oder nicht?) – Hanger, du bist nicht dran! (Abg. Hanger: ... eine einfache Frage beant­worten!) Kollege Gerstl hat wahrheitswidrig behauptet, dass Herbert Kickl in seiner Zeit als Innenminister ein Rechtsbrecher war. (Abg. Hanger: War jetzt die BVT-Hausdurchsuchung rechtswidrig? Ja oder nein?) Das ist ja ungeheuerlich!

Ich berichtige tatsächlich: Gegen Herbert Kickl hat es (Abg. Michael Hammer: Er war ein mehrfacher!) – mehrfach hat er sogar gesagt – zu keinem Zeitpunkt Ermittlungen gegeben, keine Anzeige, geschweige denn einen Prozess oder eine Verurteilung. (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Michael Hammer und Hanger.) Daher ist das unerhört! Ich fordere Sie auf, die Behauptung, Herbert Kickl ist ein Rechtsbrecher, zurückzunehmen! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Nächster Punkt – ich berichtige noch immer tatsächlich –: Herbert Kickl hat behauptet - - (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Stögmüller: Herbert Kickl hat was behauptet? Was, was? – Ruf bei der ÖVP: Nur weiter so! Am richtigen Weg! – Abg. Michael Hammer: Was hat Herbert Kickl behauptet? Was hat Herbert Kickl behauptet?) Der Kollege - - Beruhigt euch einmal! (Ruf bei den Grünen: Das sagt der Richtige! Unglaublich!) Nehmt einmal die Emotionen heraus! (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Michael Hammer: Das ist keine Tatsächliche! – Ruf bei der ÖVP: Hui!) Bei euch kennt sich ja keiner aus! (Ruf bei den Grünen: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Kollege Gerstl hat behauptet, Herbert Kickl hat eine illegale Hausdurch­suchung beim BVT veranlasst. (Abg. Michael Hammer: Vollkommen richtig!) Ich berichtige tatsächlich: Ein Innenminister kann keine Hausdurchsuchung veranlassen, das macht ausschließlich die Staatsanwaltschaft. (Ruf bei der SPÖ: Das ist richtig! – Abg. Hanger: Wer wollte es haben? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Anscheinend die Staatsanwältin!



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Kollege Amesbauer, bitte wirklich ganz, ganz eng im Korsett der Geschäftsordnung bleiben! Bitte den Sachverhalt berichtigen und keine Interpretationen machen! (Abg. Schwarz: Das ist Redezeit, einfach Redezeit, und die Redezeit ist aus bei ihm!)


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Nächster Sach­verhalt (Ruf bei der ÖVP: Die längste tatsächliche Berichtigung, die wir je hatten!), nächster Sachverhalt: Der Kollege Gerstl hat auch berichtet, Innenminister Kickl hätte das BVT zerstört und es bei den internationalen Partnerdiensten in Misskredit gebracht. (Abg. Michael Hammer: Vollkommen richtig! –Abg. Schwarz: Die Redezeit ist aus!)

Ich berichtige - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, eine tatsächliche Berichtigung hat nur maximal 2 Minuten (Ruf bei der SPÖ: Ja!), das müssen Sie auch berück­sichtigen. (Ruf bei der ÖVP: Die sind schon lang vorbei! – Abg. Stögmüller: Das ist eine Wirtshausrede und keine tatsächliche Berichtigung!) Also bitte den Schlusssatz! (Ruf bei den Grünen: Redezeit! – Ruf bei der ÖVP: Soll er einen Redebeitrag machen! – Abg. Schwarz: Die FPÖ hat ihre Redezeit verbraucht! Es ist einfach aus!)


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Herr Präsident, die Zwischenrufe dieses türkisen - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, die Zwischenrufe sind unerheblich bei der Redezeit. (Abg. Stögmüller: Es ist unglaublich, wie sich die FPÖ aufführt!) Die 2 Minuten sind um, aber Sie können sich noch einmal zu Wort melden. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)


Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Ich berichtige tat­sächlich: Das BVT wurde von den schwarzen Netzwerken und inkompetenten


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schwarzen Mitarbeitern zerstört! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Ui-Rufe bei der ÖVP.)

21.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Eva Blimlinger. – Bitte schön. (Abg. Michael Hammer: Das war eine tatsächliche Blamage, glaube ich! – Abg. Stögmüller: Herr Präsident, zur Geschäftsordnung! Das ist ja unfassbar, wie Sie sich aufführen!) – Herr Abgeordneter, wenn Sie eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung abgeben wollen, stehen Sie auf, melden Sie sich, stellen Sie einen Antrag! Dann können wir entsprechend vorgehen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stögmüller. – Abg. Yılmaz: Lass einmal den Präsi­denten in Ruhe!)

Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte schön.


21.15.13

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Lassen sie mich zunächst ein paar Worte zur Bundesanstalt KZ-Gedenkstätte Mauthausen / Mauthausen Memorial sagen. In den nächsten Jahren wird, und das hat bereits begonnen, die Gedenkstätte Gusen integriert werden. Das ist auf einem, wie ich finde, sehr guten Weg, weil da alle Gruppen eingebunden werden – sei es die lokale Bevölkerung, seien es die einzelnen Opferverbände, sei es das Land, seien es die umliegenden Gemeinden. Dank dieses sehr partizipativen Verfahrens kann daraus sehr Gutes entstehen. Es ist aber auch wichtig, dass die anderen Gedenkstätten finanziert werden, vom Peršmanhof bis hin zu kleineren Gedenkstätten wie zum Beispiel Gunskirchen – es gibt ja viele Orte, an denen die Nationalsozia­listen sozusagen ihre Untaten verübt haben. Umso wichtiger ist es, dass es dafür Geld gibt.

Der zweite Bereich, zu dem ich mich äußern möchte, ist der Bereich Rechts­extre­mismus. Kollegin Schatz hat zu Recht eingemahnt, dass es noch immer keinen Nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus gibt. Ich kann ihr


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versichern, wir arbeiten daran und hoffen, dass es diesen möglichst bald gibt und dass darin auch klar wird, in welche Richtung es geht.

Ein bisschen anders verhält es sich mit dem Rechtsextremismusbericht. Der wurde europaweit ausgeschrieben und hat sich dadurch etwas verzögert. Ich hoffe aber, dass das Innenministerium bald den Zuschlag erteilt und damit begonnen werden kann.

Auch ein wichtiger Bereich ist die Rechtsextremismusprävention. Ich denke, es wäre gut für den einen oder anderen Abgeordneten hier im Haus, wenn er sich diesen Seminaren aussetzen würde – insbesondere viel­leicht für Herrn Klubobmann Kickl, der in seinen Reden Codes benutzt, die durchaus im Rechtsextremismus verwendet werden. (Die Abgeordneten Hafenecker und Ries: Lüge!) Ich werde sie hier nicht wiederholen. Wir novellieren das Verbotsgesetz in Richtung einer stärkeren Bestrafung, es werden dann genau solche Dinge normiert werden, damit das Verwenden solch rechtsextre­mer Codes, die sogenannt verschlüsselt eingesetzt werden und eben nur unter Rechtsextremisten und Neonazis erkennbar sind, auch zu einer Verurtei­lung führen kann. Da können wir dann vielleicht einmal von Rechtsbrechern sprechen.

Weil die Tracht des Herrn Klubobmanns – um mit Karl Kraus zu sprechen – leider die Niedertracht ist – in diesem Falle ganz besonders –, bin ich unter anderem dafür, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Stefan: ... Kommunisten endlich auch eine Kaserne haben!)

21.18

21.18.30*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Für den Vorwurf der „Niedertracht“ erteile ich einen Ordnungsruf. (Abg. Blimlinger: Das ist ein Zitat!)


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*****

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte. (Abg. Blimlinger: Das ist ein Zitat!) – Ich erteile trotzdem einen Ordnungsruf.

Bitte, Herr Abgeordneter.


21.18.42

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Vorsitzender! Frau Kolle­gin Blimlinger, da Sie hier am Rednerpult moralisch herumwerkeln: Reden Sie einmal mit Ihrem Koalitionspartner! Der hat es geschafft, dass es in Melk noch immer einen Dollfuß-Platz gibt. (Abg. Michael Hammer: In Mank!) Der hat es auch geschafft, dass das Kruckenkreuz laut Symbole-Gesetz noch immer nicht ver­boten worden ist. (Abg. Michael Hammer: In Mank! Das muss man schon richtig ...!) – In Mank, Verzeihung, in Mank. Das ist Ihr Koalitionspartner, also vielleicht wenden Sie sich einmal an den.

Ich möchte mich noch ganz kurz einem anderen Thema, das man vielleicht anfangs als Randthema wahrgenommen hat, widmen, dem Thema der sogenannten Klimakleber. Auch ich habe diese Gruppierung eher zur Seite geschoben und nicht besonders ernst genommen. Ich habe mir gedacht, das sind ein paar Studenten, wie damals Frau Maurer, die halt nichts anderes zu tun haben, als sich auf die Straße zu picken. Hätten sie ernsthaft vor, das zu tun, müssten sie PU-Schaum verwenden – aber das nur nebenbei.

In Österreich sind das aus meiner Sicht bis dato nur Wohlfühlkleber gewesen, denn außer verlängertes Fernsehverbot hat man bei uns dafür nichts bekommen. Wenn diese Herrschaften mutig sind, sollten sie das einmal in einem arabischen Land, in Asien, in Südamerika, oder auch in den von Ihnen sehr, sehr hoch­ge­lobten Vereinigten Staaten von Amerika versuchen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sache ist aus meiner Sicht außer Kontrolle.



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, ich muss Sie leider darauf hinweisen, dass Sie nur noch 45 Sekunden Redezeit haben und Sie wollen noch einen Antrag einbringen. (Rufe bei der ÖVP: Schade!)


Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (fortsetzend): Die Begrifflichkeiten sind außer Kontrolle geraten, meine sehr geehrten Damen und Herren: Das sind keine Aktivisten. Aus unserer Sicht sind es Terroristen, und genau deswegen gehören diese Herrschaften auch entsprechend in den Verfassungsschutz­bericht mit aufgenommen.

Ich bringe daher den folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Aufnahme von Klimaterrorismus und -extremismus in den Verfassungs­schutzbericht“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, Klimaterrorismus und -extre­mismus als eigenes Kapitel in den Verfassungsschutzbericht aufzunehmen.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt bereits Todesfälle, die durch diese Chaoten verursacht worden sind (Präsident Hofer gibt das Glockenzeichen Rufe bei Grünen und ÖVP: Aus ist es! weitere Zwischenrufe bei den Grünen), es gibt Kunstwerke, die in diesem Land zerstört werden (Abg. Michael Hammer: ... ihr habt ja eh nichts über, oder? ...!), und wir sind es unserer Bevölkerung und unseren Kindern schuldig, sie genau vor diesen Hetzern zu bewahren. (Beifall bei der FPÖ.)

21.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 495

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hafenecker, Mag. Amesbauer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Aufnahme von Klimaterrorismus und -extremismus in den Verfassungsschutzbericht

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.), Untergliederung 11 – Inneres, in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 15. November 2022  

Die Auszahlungen im Budget 2023 der UG 11 sind im BVA-E 2023 mit 3.650,8 Mio. € veranschlagt. Die Mittel der UG 11 werden primär für die Aufrechterhaltung der Inneren Sicherheit verwendet.

Der Strategiebericht 2023 bis 2026 listet die wichtigsten laufenden oder geplanten Maßnahmen und Reformen für die Untergliederung in der Finanzrahmenperiode 2023-2026 auf. Es werden darin insbesondere folgende Maßnahmen und Reformen angeführt:

Extremismus und Terrorismus vorbeugen und entschlossen bekämpfen/unseren Staat schützen (Umsetzung der Neuaufstellung des Staatsschutzes und des Nachrich­ten­dienstes, Schaffung einer neuen Staatsschutzstrategie, Umsetzung des Anti-Terror- Paketes sowie Ausarbeitung von Aktionsplänen gegen Rechtsextremismus und den religiös motivierten politischen Extremismus (politischer Islam)).

In diesem Zusammenhang muss ein neues Phänomen mitbeachtet werden: Der konservative britische Think Tank „Policy Exchange“ publizierte im Juli 2019 einen Bericht über die Ideologie und Taktik der Organisation „Extinction Rebellion“ (XR). Neben einer ehrlichen Besorgnis über den Klimaschutz bei vielen XR-Aktivisten stehe demnach in der Führungsebene der Bewegung eine „subversive Agenda, die in


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einem politischen Extremismus aus Anarchismus, Ökosozialismus und antikapita­listischem Ökologismus wurzelt“. Die Taktik des bewussten Gesetzesbruchs führe zur Destabilisierung der demokratischen Ordnung und des Rechtsstaates.

Zunehmend wird die Bewegung auch in Österreich aktiv. Seit einigen Monaten intensivieren sowie radikalisieren sich Proteste und Aktionen sogenannter „Klima-Aktivisten“ in Österreich. Immer wieder kommt es zu lebensgefährlichen Ver­kehrsblockaden, Drohungen und Sachbeschädigungen.

Über eine Beobachtung und Gefahreneinschätzung dieser Szene ist jedoch bisher ebenso wenig bekannt wie über geplante Präventivmaßnahmen, eine Verschärfung der Strafen und Sanktionen für Beteiligte und deren Unterstützer oder über die Kosten für bisher entstandene Schäden und in diesem Zusammenhang stehende Polizeieinsätze.

Zuletzt erreichten in Berlin die radikalen Verkehrsblockaden einen traurigen Höhe­punkt. Laut Berliner Feuerwehr erschwerten „Klima-Aktivisten“ am 31. Oktober einen Rettungseinsatz, weil ein Spezialfahrzeug im Stau stand. Das Unfallopfer erlag später seinen Verletzungen im Krankenhaus.1 Insgesamt behinderten die Klima-Extre­misten in Berlin seit dem Sommer bereits 17 Rettungseinsätze.2

Es ist somit nur noch eine Frage der Zeit, bis ähnliche Gefahrensituationen und tragische Schicksale durch diese rücksichtlose Form des Protests auch bei uns in Österreich eintreten, zumal „Aktivisten“ der extrem radikalen Splittergruppe „Letzte Generation“ offen und ungeniert ankündigten, ihre terroristischen Aktivitäten von Wien in andere Bundesländer und Landeshauptstädte zu verlagern.3 Offenbar nahm man hier Anleihen beim deutschen Pendant, wo bereits angekündigt wurde, künftig etwa auch Flughäfen „stürmen“ zu wollen.4

Völlig unklar ist jedenfalls, wie sich diese radikalen Gruppierungen zusammen­setzen, wer sie organisiert und finanziert, was ihre Proteste bisher für Schäden und Kosten verursachten und was man künftig dagegen zu unternehmen gedenkt. Bekannt ist hingegen, dass laut einer aktuellen Umfrage 55 Prozent der Österreicher


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die Straßenblockaden klar ablehnen und sogar härtere Strafen fordern sowie weitere 27 Prozent die Aktionen der „Klima-Terroristen“ für „zu extrem“ halten.5

§ 17 des Bundesgesetzes über die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes (Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz – SNG) besagt, dass die Direktion unter Einbeziehung der Tätigkeiten der für Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten der Landespolizeidirektionen jährlich einen Bericht zu erstellen hat, mit dem die Öffentlichkeit über aktuelle und mögliche verfassungsschutzrelevante Entwicklungen informiert wird.

Diese extremen Aktionen der Klima-Terroristen stellen verfassungsschutzrelevante Entwicklungen dar, die in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen gehören.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, Klimaterrorismus und -extre­mismus als eigenes Kapitel in den Verfassungsschutzbericht aufzunehmen.“

1 https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/11/feuerwehr-unfall-klimaaktivisten-berlin-blockade.html

2 https://www.welt.de/politik/deutschland/article242036485/Klima-Aktivisten-in-Berlin-Demonstranten-behinderten-seit-Sommer-17-Rettungswagen.html

3 https://kurier.at/chronik/oesterreich/letzte-generation-verlagert-klimaproteste-in-die-bundeslaender/402204297

4 https://www.derstandard.at/story/2000140590786/letzte-generation-kuendigt-ausweitung-ihrer-radikalen-proteste-in-deutschland-an

5 https://kurier.at/politik/inland/mehrheit-lehnt-strassenblockaden-durch-letzte-generation-klar-ab/402207513


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*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Andreas Minnich.  – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


21.21.09

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Werte Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Damen zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Wir haben es heute schon mehrmals gehört: Das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. – Und wir sprechen heute über das größte Sicherheitsbudget in der Geschichte des Bundesministeriums für Inneres. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Der Herr Bundesminister hat es schon angesprochen: Mit zusätzlichen 700 Millionen Euro für die Sicherheit der Österreicher haben wir ein wirkliches Rekordbudget. Passend zum heutigen niederösterreichischen Landesfeiertag möchte ich unsere Landeshauptfrau und ehemalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zitieren, die gesagt hat: „Die tatsächliche Sicherheit ist in Österreich besser als das subjektive Sicherheitsgefühl.“ – Ich denke, diese Aussage ist heute aktueller denn je. (Abg. Loacker: Da haben wir auch nicht so wenig Polizisten gehabt!) Mitten im Krieg in Europa, mit all den Krisen, die wir in den letzten Jah­ren und heute gemeinsam stemmen müssen, die uns noch stark fordern, ist das subjektive Sicherheitsgefühl ganz entscheidend. Neben den vielen Projekten im Innenministerium, wie der Schwerpunktlegung bei der Cyberkriminalität, dem neuen Staatsschutz oder dem EU-Grenzschutz, sind es vor allem unsere Polizis­tinnen und Polizisten vor Ort, die direkt am Sicherheitsgefühl der Menschen arbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig. Zwischenruf des Abg. Loacker.)


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Aktionen wie Gemeinsam sicher, das demnächst fünf Jahre Erfolgsgeschichte feiert, der kriminalpolizeiliche Beratungsdienst, von dem die österreichischen Bürger, die Bevölkerung hinsichtlich Maßnahmen gegen Dämmerungseinbrüche beraten wird, und die vielen, vielen Streifenbeamten, die vor Ort den Kontakt mit der Bevölkerung suchen und einen guten Austausch pflegen – sie alle da draußen leisten Großartiges. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ob Stadt oder ländlicher Raum, sie sind unsere Einsatzkräfte, sie sind die ersten Ansprechpersonen im Bezirk oder auch in der Ortschaft. Sie sind in den Gemeinden integriert und leben die Sicherheit vor Ort. Was sie die letzten Jahre leisten mussten, war immens, und es war eine gute Arbeit. – Geschätzte Polizistinnen und Polizisten, vielen Dank für eure wertvolle Arbeit, direkt bei den Menschen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Voglauer und Weratschnig.)

Um sie bei ihrer Arbeit bestmöglich zu unterstützen, freut es mich, dass wir im Bereich Schutzausrüstung, Einsatztechnik und Ausstattung der Polizeibeam­tinnen und -beamten eine Steigerung von über 120 Millionen Euro vorgesehen haben. – Herr Minister, herzlichen Dank für diesen Schwerpunkt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski, Neßler und Weratschnig.)

Abschließend möchte ich noch auf Kollegen Ries zu sprechen kommen: Kollege Lopatka hat ja die Frage in den Raum gestellt, ein Gesetz zu nennen, das der ehemalige Innenminister Herbert Kickl gemacht hat, um die Migration und die illegale Einwanderung zu stoppen. (Ruf bei der ÖVP: Keines!)

Wir alle haben mit Spannung und hochinteressiert darauf gewartet, dass hier eine Lösung oder eine Antwort gegeben wird – sie ist leider nicht gekommen. (Abg. Hauser: Das Chaos ist jetzt!) Man sieht, wie hier gearbeitet wurde. (Zwi­schenruf des Abg. Ries.)


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Vielen, vielen herzlichen Dank! Allen Niederösterreichern noch einen schönen Leopoldi! – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

21.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mir liegen dazu keine Wortmeldungen mehr vor. Die Beratungen zu diesen Themenbereichen sind nun beendet.

Ich unterbreche die Sitzung bis Mittwoch, den 16. November 2022, 9 Uhr. Die Verhandlungen werden mit den Untergliederungen 21: Soziales, 22: Pensions­versicherung, und 21: Konsumentenschutz fortgesetzt.

Die Sitzung ist unterbrochen.

21.26.12*****

(Die Sitzung wird am Dienstag, dem 15. November 2022, um 21.26 Uhr unter­brochen und am Mittwoch, dem 16. November 2022, um 9.15 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


 


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09.15.06 Fortsetzung der Sitzung: 9.15 Uhr

09.15.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich darf wie angekündigt nach der Verzögerung aufgrund der längeren Dauer des Ministerrates wegen der aktuellen Ereignisse in Polen die Sitzung jetzt, um 9.15 Uhr, wieder aufnehmen und darf Sie recht herzlich begrüßen. Mein Gruß gilt natürlich auch den Damen und Herren auf der Galerie und den Medienvertretern. Ich grüße auch die Damen und Herren, die zu Hause vor den Fernsehgeräten der Sitzung folgen. Herzlich willkommen!

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA, Mag. Maria Smodics-Neumann, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Mag. Karin Greiner, Josef Muchitsch, Rainer Wimmer, Lukas Hammer und Clemens Stammler.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc wird durch Vizekanzler Mag. Werner Kogler, Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA durch Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M. und ab Mittag Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. durch Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien MMag. Dr. Susanne Raab vertreten.

*****

Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung von 9.20 Uhr bis 13 Uhr von ORF 2, bis 19.15 Uhr von ORF III und anschließend in voller Länge in der TVthek übertragen wird. Auch die privaten Fernsehanstalten folgen unserer Sitzung.


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Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Tagesblockzeit beträgt heute 9 „Wiener Stunden“. Die sich daraus ergebenden Redezeiten für die einzelnen Klubs sind wie folgt: 176 Minuten für die ÖVP, 122 für die SPÖ, 99 für die FPÖ, 90 für die Grünen sowie 72 Minuten für die NEOS. Die Redezeit für die Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit beträgt 36 Minuten und 5 Minuten pro Debattenbei­trag.

*****

Ich darf Herrn Bundesminister Rauch und Herrn Staatssekretär Tursky recht herzlich begrüßen.

Wir setzen die Budgetberatungen nun fort.

09.17.09 UG 21: Soziales

UG 22: Pensionsversicherung

UG 21: Konsumentenschutz


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir beginnen mit UG 21: Soziales, UG 22: Pensionsversicherung sowie UG 21: Konsumentenschutz.

Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kucher. (Ruf bei der ÖVP: Das fängt schon gut an!) – Ich bitte um Ihren Beitrag, Herr Abgeordneter.


9.17.35

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe gestern im Rahmen der Generaldebatte zum Budget von der ÖVP wieder etwas lernen können, nämlich eine gewisse Form von Populismus, die die ÖVP aber jetzt schon viele Jahre praktiziert hat. Das kann für kurze Zeit ja funktionieren, dass man Gschichterln erzählt, dass


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man marketingtechnisch mit ein paar Floskeln versucht, Politik zu machen. (Abg. Ottenschläger: Das Match mit dem Populismus ...! Da seid ihr schon viel besser!) Irgendwann glaubt man dann selber, dass Sebastian Kurz übers Wasser gehen kann. Irgendwann geht er dann unter. Aber das ist so der Mechanismus – und auch die Gefahr – in der Politik, dass man irgendwann einmal die eigenen Geschichten auch glaubt.

Ein Musterbeispiel dazu, das wir gestern erlebt haben, war Klubobmann August Wöginger, der sich hingestellt hat und uns allen erklärt hat, was für eine tolle Pflegereform die ÖVP nicht verhandelt hat. (Abg. Michael Hammer: Das ist ja richtig!) Ich habe ihm zugehört, und irgendwann bin ich draufgekommen: Das ist ja nicht nur eine Floskel, das ist ja nicht nur eine ÖVP-Geschichte, die er erzählt, sondern Wöginger glaubt das ja wirklich selber!

Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir heute in der Budgetdebatte – der Herr Bundesminister ist ja anwesend – die Möglichkeit haben, über das Budget für die Pflege zu diskutieren. Dieser Bereich ist deshalb so wichtig, weil es da um Millionen von Menschenleben geht. Es geht um pflegende Angehörige, es geht um Menschen, die Pflege brauchen, und um die Pflegeberufe.

August Wöginger hat gesagt, das ist eine ganz, ganz tolle Pflegereform, aber was ist es denn wirklich? – Es gibt zwei Eckpunkte, die darin enthalten sind. Das eine ist: Es gibt ein Trostpflaster, und man sagt den Pflegeberufen jetzt, mit diesem Trostpflaster werdet ihr schon zufrieden sein. Da ist man ganz, ganz mutig vorgeprescht und hat gesagt, es wird mehr Geld für die Pflegeberufe geben – und auch das hat die Bundesregierung nicht zusammengebracht. (Abg. Michael Hammer: Das ist ja ein Blödsinn!) Panikartig hat man jetzt vor Weihnachten gesagt: Jetzt machen wir eine Einmalzahlung!, und im Unterschied zu den Kon­zernen, bei denen man die Steuern senkt, sagt man bei der Pflege: Da muss aber ordentlich besteuert werden, denn die Pflege verdient das nicht. – Da bleibt nur ein kleiner Teil übrig.


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Das Zweite sind ein paar kosmetische Anpassungen, die die Regierung jetzt groß abfeiert. Aber glaubt ihr wirklich, dass das im Bereich der Pflege reichen wird? (Abg. Michael Hammer: Das haben wir eh nicht gesagt!) Diese kosme­tischen Maßnahmen, ein paar Pflasterchen, das ist doch hinten und vorne zu wenig im Bereich der Pflege. Da geht es um Menschenleben, um Menschen, die auf uns alle angewiesen sind (Abg. Michael Hammer: Auf euch nicht!), auf die richtigen Entscheidungen. (Beifall bei der SPÖ.)

Allein im Bereich der Langzeitpflege fehlen uns 1,8 Milliarden Euro – 1,8 Milliar­den Euro für die Versorgung älterer Menschen, die dringend Unterstützung brauchen. (Abg. Michael Hammer: Sagt wer?) Leider ist das durch die ÖVP nicht ermöglicht worden, weil die ÖVP sagt: Ein kleines Trostpflaster wird schon reichen, ihr kriegt einmal einen kleinen Bonus! – Dann soll man im Pflegeberuf den Mund halten, aber Respekt und Wertschätzung, all das, was wir den Menschen im Bereich der Pflege doch gerade während der Coronakrise erzählt haben, gibt es leider nicht. (Abg. Steinacker: Pflegestipendium gibt’s zum Beispiel!)

Symptomatisch erkennbar ist das anhand eines Beispiels, bei dem ich sagen muss, da nehme ich Herrn Bundesminister Rauch aus, das ist nicht seine Schuld, da dürfte sich irgendjemand im Klub der Grünen von Herrn Wöginger über den Tisch ziehen haben lassen. Der Herr Bundesminister weiß ja natürlich, dass das ein Topfen ist – konkret meine ich die Pflegelehre. Es gibt keine einzige Fachgesellschaft in Österreich, kein einziges Institut für Pflegewissen­schaft, das sagt, das Ganze ist sinnvoll. Niemand in Österreich, der sich ansatzweise mit Pflege auskennt, sagt, dass das Ganze sinnvoll ist. (Abg. Michael Hammer: Na, schauen wir es uns an! – Abg. Pfurtscheller: Das stimmt nicht! Das ist jetzt dermaßen ein Quatsch!) Der Herr Bundesminister macht es trotzdem. Bitte nennen Sie mir ein einziges Institut für Pflegewissenschaft, ein einziges Institut! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller. – Abg. Michael Hammer: ... Instituten brauchen wir es eh nicht hören! Vom Renner-Institut wollen wir es


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eh nicht hören!) – Herr Kollege, bitte! Bitte! Es gibt keine einzige Fachgesell­schaft, die das sagt, und ihr redet von Respekt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Würden Sie eine Operation in Österreich durchführen, wenn alle medizinischen Fachgesellschaften vor einer Operation warnen? Würden Sie politisch drüber­stehen und sagen: Das machen wir trotzdem!? – Bei der Pflege reden wir groß von Respekt, darüber, wie wichtig Anerkennung und Respekt für die Pflege sind, und dann fahrt man drüber. Weil wir einen Mangel haben, sollen 16-jährige Burschen und Mädels jetzt plötzlich am Krankenbett arbeiten, und das ist die Lösung für die Pflegemisere. Das ist ein Topfen! Alle Fachgesellschaften warnen davor (Abg. Steinacker: Also du kennst doch unser duales Pflege- und Lehrsystem! Unsere Lehre besteht immer noch aus einem dualen System!), aber die ÖVP redet von Wertschätzung und fährt dann einfach drüber. (Beifall bei der SPÖ.)

Was genauso fehlt: Wo ist die Unterstützung für pflegende Angehörige? Was tut sich denn da in dem Bereich? Ihr habt einen Pflege-daheim-Bonus versprochen. Darf ich fragen, Herr Kollege Hammer, weil Sie immer wieder rausrufen: Wo ist denn der Pflege-daheim-Bonus? (Abg. Michael Hammer – eine Broschüre in die Höhe haltend –: Da!) – Na, nicht im Zetterle von der ÖVP! Da ist nämlich genau der Unterschied. Draußen auf Zettel irgendetwas raufschreiben! Wären Sie so nett und würden nachher herauskommen und ganz genau sagen (Abg. Michael Hammer: Ja, ich komme eh dann raus!), wo im Budget der Pflege-daheim-Bonus ist und was sich für die pflegenden Angehörigen tut? Gar nichts ist darin enthalten! (Beifall bei der SPÖ.)

Weil wir gerade dabei sind: Was ist denn mit den Zuständen in der Pflege? Wir haben in Salzburg gerade dieses Desaster im Bereich der Pflegeheime erlebt. Wo sind denn die österreichweiten Rahmenbedingungen für die Pflege? Wo haben wir denn strukturell geschaut, dass es Mindeststandards gibt, dass der Bundes­gesetzgeber sagt: Vom Neusiedler See bis zum Bodensee, ältere Menschen, Menschen die Pflege brauchen, verdienen die bestmögliche Versorgung!? Wo ist denn das enthalten? Wo sind denn die Arbeitsbedingungen geregelt? Wo ist


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denn festgeschrieben, Herr Kollege Koza, wie viele Menschen in Pflegeheimen jedenfalls arbeiten müssen? (Abg. Koza: Landessache? Landessache?) Wo kämpfen Sie denn dafür, dass die Menschen, die Tag und Nacht am Krankenbett arbeiten, nicht ausbrennen und irgendwann selbst fertig sind? Was machen Sie denn in dem Bereich? (Abg. Koza: Kollektivverträge? Kollektivverträge? Sozialpartner­schaft?) – Ja, das ist wieder abschieben! Der eine hat das Zetterle von der ÖVP mit und glaubt seine eigenen Schmähs (Abg. Koza: Ich erkläre es dir gern, als Sozialdemokrat, was Kollektivverträge sind! Du kennst es nicht unbedingt!), und Sie sind der Bundesgesetzgeber und sitzen da und sagen: Eigentlich kann ich gar nichts tun! – Na wenn das die Pflegereform ist, bin ich froh, dass Kollege Wöginger das jetzt nicht hören muss! (Abg. Koza: Für Einkommensfragen: Kol­lek­tiv­verträge zuständig! Für Arbeitszeiten: Kollektivverträge zuständig! – Abg. Brandstätter: Redet hintereinander!)

Ich darf also noch einmal zusammenfassen (Abg. Michael Hammer: Du hast ja noch gar nichts gesagt, dann kannst du nichts zusammenfassen!): Ein kleines finanzielles Trostpflaster, viel Kosmetik, viel Blabla, aber es ist nichts passiert, um dieses wichtige Thema in Österreich nachhaltig zu verändern. Und was mir wirklich fehlt, ist die Wertschätzung für die Pflegeberufe. Es gibt leider eine Par­tei hier in diesem Haus – das muss ich sagen –, die jede Verbesserung und Kompetenzerweiterung, durch die man die Anerkennung und den Respekt für die Pflegeberufe wirklich auch in Gesetze gießen könnte, blockiert. Es ist die ÖVP, die in Wahrheit all das in Österreich blockiert. Da gibt es zig Anträge im Gesundheitsausschuss, aber es ist leider die ÖVP, die jeden Millimeter beinhart betoniert, keine Reform haben möchte, aber dann gibt es Zetterle! Bitte, Herr Kollege, wenn Sie die Broschüre der ÖVP noch einmal groß in die Kamera halten, dann haben wir alle zumindest gesehen, was die ÖVP verspricht. Was konkret umgesetzt wird, lesen wir heute im Budget. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Brandstätter: Bravo, Philip!)

9.23



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte.


9.23.56

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Heute geht es tatsächlich um das Budget und um die finanziellen Mittel, die im Budget für ganz wesentliche und wichtige Maßnahmen im Wirtschafts­bereich, im Sozialbereich, im Umweltbereich, im Klimabereich vorgesehen sind. Jetzt auf der Tagesordnung steht unter anderem der Themenbereich Soziales und Konsumentenschutz und da gehören auch die Pensionen dazu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Pensionen spielen im Budget immer eine ganz besondere und große Rolle, auch von den Volumina her. Wir sprechen da von jenen Mitteln aus dem Budget, die vom Steuertopf ins Pen­sionssystem fließen. Warum fließen Mittel aus dem Steuertopf ins Pensionssys­tem? – Wir wissen alle, Arbeitnehmer:innen, Selbstständige, Bauern und Bäuerinnen zahlen alle ihre Pensionsversicherungsbeiträge, ihre Sozialversiche­rungsbeiträge, aber die sind in der Regel oft unzureichend, um die Pensions­ansprüche dann auch insgesamt entsprechend zu finanzieren.

Man kann ganz grob sagen, die Arbeitnehmer:innen finanzieren mit ihren Pen­sionsversicherungsbeiträgen ungefähr 80 Prozent ihrer Pensionen (Zwischenruf bei der SPÖ), haben eine sehr hohe Abdeckung. Die Selbstständigen sind bei 50 Prozent, die Bauern und Bäuerinnen bei circa 20 Prozent. Das hat auch damit zu tun, dass es schlichtweg weniger Einzahler:innen gibt als tatsächlich Men­schen, die dann in Pension gehen. Das heißt, da ist eine Lücke, und diese Lücke wird aus dem Budget, aus den Steuermitteln abgedeckt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Oberrauner und Silvan.)

Es ist auch kein Wunder, dass dieser Posten für Pensionen im Budget ein relativ hoher ist, weil es alleine 2,2 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten in


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Österreich gibt, die bereits Pensionsansprüche aus den gesetzlichen Pensions­versicherungen haben. Darum ist auch der Anteil an den Pensionen, der aus dem Budget mitfinanziert wird – da gehören auch die Mindestpensionen und die Ausgleichszulagen dazu –, relativ hoch und liegt bei 13,9 Milliarden Euro. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man zu den 13,9 Milliarden Euro jetzt auch noch die Beamtenpensionen dazuzählt, sind wir bei 25 Milliarden Euro. Und ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist viel Geld, das ist sehr viel Geld, das für die Sicherung von Menschen, von Einkommen für Menschen im Alter aufgewandt wird, aber es ist richtig und es ist auch gut so.

Weil heute sicher wieder die Finanzierungsfrage gestellt wird, nämlich die Frage, ob die Pensionen finanziert werden können (Zwischenruf des Abg. Loacker) – das wird Kollege Loacker, der irgendwann nach mir redet, sicher machen –, nehme ich die Antwort darauf bereits vorweg: Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Pensionen sind finanzierbar. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Es ist nämlich schlichtweg so, dass, wenn man sich die Pensionen anschaut, meistens eine Momentaufnahme gemacht wird. Da schaut man sich das Geld an und sagt: Jessas na, im Budget ist so viel budgetiert, das können wir uns ja nie im Leben leisten! – Es kommt aber in Wirklichkeit einerseits auf die Langfristpro­gnosen an, und vor allem kommt es auch darauf an, dass man die Ausgaben für Pensionen nicht nur in absoluten Geldbeträgen sieht, sondern immer in Bezie­hung auch zur gesamten Wirtschaftsleistung anschaut. Und wenn man sich die Langzeitprognose der Alterssicherungskommission dahin gehend anschaut (eine Tafel mit einem Diagramm und der Aufschrift „Entwicklung der Budgetmittel für Pensionen inkl. Beamt:innen ohne DN-Beiträge, 2020 – 2070“ in die Höhe haltend), ob die Pensionen in der Zukunft finanziert werden können oder nicht, dann sieht man, dass der Pensionsaufwand, den wir aus dem Budget zahlen werden, insge­samt tatsächlich ziemlich stabil bleibt. Da gibt es keine großen Ausschläge. Da ist die Frage der Finanzierbarkeit bei Weitem nicht so drastisch, wie sie gerne dargestellt wird. Das, was es tatsächlich gibt, sind leichte Anstiege, die sind aber


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relativ klar und einfach zu erklären. Das hat demografische Gründe: Die Boomer gehen in Pension, wir haben weniger Arbeitnehmer:innen, weniger Beitragszah­ler:innen; aber auch das pendelt sich ein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Schöne bei Prognosen und Pro­jektionen ist ja immer das: Sie sind ja auch beeinflussbar. Das heißt, die Politik kann auch einiges tun, um beispielsweise die Beiträge aus dem Budget, aus den Steuermitteln für das Pensionssystem möglichst niedrig zu halten. Wie können wir das machen? – Beispielsweise durch eine aktive, gute, offensive Beschäf­tigungspolitik, bei der wir sicherstellen, dass möglichst viele Menschen in guter Beschäftigung sind und möglichst viele Beiträge gezahlt werden. Dann ersparen wir uns nämlich auch mehr Mittel aus dem Budget.

In diesem Sinne: Unsere Pensionen sind erfreulicherweise sicher und wir können unseren Menschen im Alter auch einen schönen Lebensabend bescheren. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte sehr.


9.28.35

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Was die etwas skurrile Rede meines Vorredners betrifft: Ja, die Pensionen sind gesichert, das ist schön, das ist gut, aber was Sie vergessen haben, zu sagen, ist: Seit dem Eintritt der Grünen in die Bundesregierung ist dieser Pensionssicherungs­beitrag jährlich um viele Milliarden gestiegen. Wenn man sich die weiteren Berechnungen anschaut, sieht man, dass wir – wenn Sie so weiterwirt­schaften – in wenigen Jahren 35 Milliarden Euro zuschießen müssen. Das ist natürlich der verfehlten Politik dieser Bundesregierung geschuldet, und da waren die Grünen ja dabei.


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Begonnen hat das 2020 mit Ihren sinnlosen Lockdowns, in denen Sie das Land runtergefahren haben, in denen Sie nur noch Milliarden hinausgepulvert haben, in denen Sie die Leute in die Arbeitslosigkeit getrieben haben. Natürlich hat es dann keine Pensionsbeiträge gegeben, Herr Kollege Koza, und ja, klarerweise muss jetzt mehr aus dem Steuertopf zugeschossen werden. (Zwi­schenruf des Abg. Koza.) Das ist dramatisch, aber das ist dieser fehl­gelei­teten Politik, die Sie geleistet haben, geschuldet.

Im Übrigen hat das auch Auswirkungen auf das Gesundheitssystem. Das hat nämlich beispielsweise dazu geführt, dass wir viel mehr Jugendliche mit psychischen Problemen haben. Etwa die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen hat heute psychische Probleme. Auch das ist Ihrer völlig sinnlosen Lock­downpolitik geschuldet gewesen. Wir haben von Anfang an davor gewarnt, Sie haben alle Warnungen in den Wind geschlagen! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Bereich Pflege: Auch Pflege gehört in den Bereich Soziales, da hat Kollege Kucher heute versucht, sich sehr engagiert zu geben. – Herr Kollege Kucher, Sie wissen aber schon: Auch die Länder haben da eine gewisse Mitverantwortung. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Gewerkschaft in Kärnten sogar in einem offenen Brief an den Kärntner Landeshauptmann geschrieben hat, dass zusätzliche Hilfskräfte gebraucht werden, um das diplomierte Pflegepersonal zu entlasten. Das wäre dringend notwendig. (Abg. Kucher: Bitte ... Kollegen Angerer ...!) – Vielleicht können Sie das bitte auch noch auf schnellem Weg lösen, damit zumindest in Kärnten das Pflegeproblem ein bisschen abgefedert wird. Das wäre auch eine Möglichkeit, der man nahetreten könnte. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist denn in diesem Sozialtopf noch alles drinnen? – Wenn wir schon dabei sind: Das ist das natürlich auch die Sozialhilfe, und da stehen wir vor einer sehr dramatischen Situation, vor allem aufgrund der ungezügelten Zuwanderung, die wir derzeit an den Grenzen Österreichs erleben, vor allem im Burgenland, wo wir jeden Tag Tausende Flüchtlinge haben, die einfach hereinströmen, die dann alle hierbleiben; denn es braucht ja nur jemand den österreichischen Boden zu betreten, Asyl zu schreien, und dann bleibt er hier, hat ein Verfahren. Wenn das


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dann irgendwann abgeschlossen ist, ist er sofort in der Mindestsicherung beziehungsweise in der Sozialhilfe, wie sie seit 2018 heißt.

Das sind genau diese Probleme, Herr Bundesminister. Da tut diese Bundesregie­rung gar nichts, und da hätte ich mir vom Sozialminister auch einmal einen Aufschrei erwartet, denn letztlich müssen Sie das aus Ihrem Ressort stemmen. Das kostet ja alles Milliarden an Euro, das ist ja nicht umsonst! Die müssen dann alle aufgefangen werden, sie müssen alphabetisiert werden, sie werden mit der Mindestsicherung versorgt, hängen dann Jahrzehnte drinnen, und Sie als Sozialminister müssen das dann wieder leisten. Das sind Löcher, die in das Sozialbudget gerissen werden, die Sie wahrscheinlich gar nicht mehr stopfen werden können.

In dem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Zuwanderungsstopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – ,Unser Geld für unsere Leute‘“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere“ – Sie, Herr Minister – „der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Punkte umfasst, und zu einer Gesamtnovellierung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes 2019 führen soll:

Asylwerber und Asylanten bzw. subsidiär Schutzberechtigte sollen grundsätzlich in der Grundversorgung, - d.h. Sachleistungen, keine Geldleistungen bleiben, bis ihr Verfahren abgeschlossen und ihr Aufenthalt zu Ende ist.

Gleichzeitig soll für arbeitsfähige Personen aus diesen Personenkreisen eine Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeit in ihrem Umfeld bzw. in der


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Infrastruktur für Asylwerber/Asylanten/Subsidiär Schutzberechtigte eingeführt werden.

Die Grundversorgung endet auch, wenn Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutz­berechtigte in den 1. Arbeitsmarkt eintreten, was allerdings nur nach einer positiven sektoralen Arbeitsmarktprüfung erfolgen kann. Für Asylwerber kann es grundsätzlich keinen Eintritt in den Arbeitsmarkt geben.

Erwerbstätige aus dem Kreis der Asylberechtigten und subsidiär Schutzsuchen­den, die nach einer sektoralen Arbeitsmarktprüfung durch das AMS im 1. Arbeitsmarkt eine Beschäftigung finden, müssen zusätzlich zu den regulären Steuern eine Sondersteuer von 10 Prozent ihres Einkommens entrichten. Die Sondersteuer entfällt dann, wenn sie betragsmäßig einen jährlich festzu­set­zenden Prozentsatz der durchschnittlichen Verfahrens-, Unterbringungs-, und Integrationskosten pro Asylwerber, Asylanten bzw. subsidiär Schutz­berechtigte als Beitrag zur Finanzierung des österreichischen Sozialstaates erreicht hat.“

*****

Herr Bundesminister, Sie sprechen immer davon, dass wir Zuwanderung brauchen. Ich glaube, diese Personen, die jetzt kommen – das haben wir auch in Linz gesehen –, werden Sie in den Arbeitsmarkt nicht integrieren, weil die gar nicht willens sind, dass sie sich integrieren. Schauen Sie, wenn Sie glauben, dass Sie Zuwanderung nach Österreich brauchen, dass Sie auch wirklich qualifizierte Kräfte holen, aber doch nicht jeden reinlassen, der vor unseren Türen steht, der vor unseren Grenzen steht. Das ist der Zuzug ins Sozialsystem, und den gilt es zu unterbinden. (Beifall bei der FPÖ.)

9.33

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Erwin Angerer und weiterer Abgeordneter

betreffend Zuwanderungsstopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – „Unser Geld für unsere Leute“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 21 Soziales und Konsumentenschutz– in der 183. Sitzung des Nationalrats am 16. November 2022

Bereits seit Einführung des österreichischen Mindestsicherungssystems 2011 hat die FPÖ immer wieder vor den Auswirkungen auf unseren Sozialstaat gewarnt. Seit die österreichische Regierung Sozial- und Gesundheitsleistungen auf der ganzen Welt auslobt, kommen auch immer mehr illegale Einwanderer als Wirtschafts- und Sozial­migranten in der Hoffnung auf die soziale Hängematte in unser Land: Personen, die von den Zuwanderungsideologen und Willkommensklatschern von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS als Arbeitsmarktreserve für die österreichische Wirtschaft ausgelobt werden, finden sich häufig – und das über Jahre und oft Jahrzehnte – in der Dauer­schleife staatlicher sozialer Stützungen. Gleichzeitig kosten auch die sehr oft von Anfang an zum Scheitern verurteilten sogenannten „Integrationsmaßnahmen“ über die Jahre Milliarden Euro. Der österreichische Sozialstaat und die österreichische Gesellschaft sind schon längst überfordert und werden zum Opfer der Massenein­wanderung, die das Heimatrecht und die soziale und kulturelle Identität Österreichs zerstört.

Die FPÖ hat dies in den vergangenen mehr als zehn Jahren aufgezeigt, etwa 2017 durch den Antrag betreffend „Kostendämpfung bei der Zuwanderung durch Asylwerber und Asylanten im Sozialstaat Österreich“.

https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/A/A_02138/index.shtml


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In weiterer Folge wurde das Zuwanderungs-Regime bei der Nationalratswahl 2017 mit deutlicher Mehrheit abgewählt und eine neue Regierung, zusammengesetzt aus FPÖ und ÖVP, hatte sich zu einem der zentralen Ziele gesetzt, sich der Zuwan­de­rungsproblematik anzunehmen und diese final zu lösen – und das sowohl sicherheits­politisch als auch sozial- und integrationspolitisch. Auf Betreiben der FPÖ wurde deshalb auch 2019 ein „Sozialhilfe-Grundsatzgesetz“ des Bundes verabschiedet.

Folgende Ziele wurden hier im § 1 „Sozialhilfe-Grundsatzgesetz“ formuliert:

Ziele

§ 1.

1.         Leistungen der Sozialhilfe aus öffentlichen Mitteln sollen zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts und zur Befriedigung des Wohnbedarfs der Bezugsberechtigten beitragen,

2.         integrationspolitische und fremdenpolizeiliche Ziele berücksichtigen und

3.         insbesondere die (Wieder-)Eingliederung von Bezugsberechtigten in das Erwerbsleben und die optimale Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes weitestmöglich fördern.

Seit dem Regierungsantritt der türkis-grünen Bundesregierung unter den ÖVP-Bundeskanzlern Sebastian Kurz, Dr. Alexander Schallenberg und Karl Nehammer hat man sich davon weitestgehend entfernt und ist nicht mehr bereit, die den Wähle­rinnen und Wählern 2017versprochene „Wende“ in diesem Bereich auch durchzu­ziehen. Ganz im Gegenteil, aktuell rühmt sich die grüne Klimaschutzministerin Eleonore Gewessler im Zusammenhang mit der Auszahlung des Klimabonus an Asylwerber und Häftlinge in zynischer Art und Weise sogar damit, dass es ein Entge­genkommen sei, dass es bei diesem Klimabonus als Teuerungsausgleich keine „Weltzuständigkeit“ für die Bezugsberechtigung gebe, da die Kosten ansonsten mehr als 4.000 Milliarden Euro für die österreichischen Steuerzahler betragen würden.


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Aktuell stellt sich auf der Grundlage der Statistik Austria-Auswertungen vom September 2022 für das abgelaufene Jahr 2021 folgende Zusammensetzung der Sozialhilfe- und Mindestsicherungsbezieher in Österreich dar.


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Die österreichische Mindestsicherung ist längst eine „Ausländersicherung“ geworden. Nur mehr 44,7 Prozent der Bezugsberechtigten waren 2021 österreichische Staats­bürger. Dafür ganze 38 Prozent Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte. Damit wurde die „Ausländersicherung“ zu einer „Asylantensicherung“. Durch die man­gelnde Integrationsfähigkeit und Integrationswilligkeit immer größerer Gruppen von Asylberechtigten, die aus dem Mittleren und Nahen Osten, Afrika und Asien zu uns nach Österreich strömen, steigen die Kosten für den Sozialstaat massiv weiter an und sind tatsächlich unfinanzierbar.


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Gleichzeitig steigt die Belastung der öffentlichen Haushalte durch die Bezahlung von Arbeitslosengeldern, Notstandshilfe, Ersatzzahlungen in die Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung sowie Mindestsicherung für Zuwanderer, insbesondere auch für Asylwerber und Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutzberechtigte.


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Asylwerber sowie Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutzberechtigte sollen grund­sätzlich in der Grundversorgung – das heißt ausschließlich Sachleistungen und keine Geldleistungen – bleiben, bis ihr Verfahren abgeschlossen (Asylwerber) und ihr Aufenthalt zu Ende ist.

Gleichzeitig soll für arbeitsfähige Personen aus diesen Personenkreisen eine Verpflich­tung zur gemeinnützigen Arbeit in ihrem Umfeld bzw. in der Infrastruktur für Asylwerber/Asylberechtigte/Subsidiär Schutzberechtigte eingeführt werden – ohne Entgelt.

Die Grundversorgung endet auch, wenn Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutzberech­tigte in den 1. Arbeitsmarkt eintreten, was allerdings nur nach einer positiven sektoralen Arbeitsmarktprüfung erfolgen kann. Für Asylwerber kann es grundsätzlich keinen Eintritt in den Arbeitsmarkt geben.

Erwerbstätige aus dem Kreis der Asylberechtigten und subsidiär Schutzsuchenden, die nach einer sektoralen Arbeitsmarktprüfung durch das AMS im 1. Arbeits­markt eine Beschäftigung finden, müssen zusätzlich zu den regulären Steuern eine Sondersteuer von zehn Prozent ihres Einkommens entrichten. Die Sondersteuer entfällt dann, wenn sie betragsmäßig einen jährlich festzusetzenden Prozentsatz der durchschnittlichen Verfahrens-, Unterbringungs-, und Integrationskosten pro Asylwerber, Asylberechtigtem bzw.  subsidiär Schutzberechtigte erreicht hat.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regie­rungsvorlage zuzuleiten, die folgende Punkte umfasst, und zu einer Gesamtnovel­lierung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes 2019 führen soll:


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Asylwerber und Asylanten bzw.  subsidiär Schutzberechtigte sollen grundsätzlich in der Grundversorgung, - d.h. Sachleistungen, keine Geldleistungen bleiben, bis ihr Verfahren abgeschlossen und ihr Aufenthalt zu Ende ist.

Gleichzeitig soll für arbeitsfähige Personen aus diesen Personenkreisen eine Ver­pflichtung zur gemeinnützigen Arbeit in ihrem Umfeld bzw. in der Infrastruktur für Asylwerber/Asylanten/Subsidiär Schutzberechtigte eingeführt werden.

Die Grundversorgung endet auch, wenn Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutz­berechtigte in den 1. Arbeitsmarkt eintreten, was allerdings nur nach einer positiven sektoralen Arbeitsmarktprüfung erfolgen kann. Für Asylwerber kann es grund­sätzlich keinen Eintritt in den Arbeitsmarkt geben.

Erwerbstätige aus dem Kreis der Asylberechtigten und subsidiär Schutzsuchenden, die nach einer sektoralen Arbeitsmarktprüfung durch das AMS im 1. Arbeits­markt eine Beschäftigung finden, müssen zusätzlich zu den regulären Steuern eine Son­der­steuer von 10 Prozent ihres Einkommens entrichten. Die Sondersteuer entfällt dann, wenn sie betragsmäßig einen jährlich festzusetzenden Prozentsatz der durch­schnitt­lichen Verfahrens-, Unterbringungs-, und Integrationskosten pro Asylwerber, Asylan­ten bzw.  subsidiär Schutzberechtigte als Beitrag zur Finanzierung des österreichi­schen Sozialstaates erreicht hat.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte sehr.


9.33.53

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns jetzt, am zweiten Budgettag, mit dem Kapitel Soziales, und


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eingangs möchte ich, da ich der erste Redner unserer Fraktion bin, schon sagen, dass ich es bedauere, dass die SPÖ, in Gestalt des Kollegen Kucher, es verab­säumt hat, konstruktiv in diese Budgetdebatte einzusteigen.

Herr Kollege, es ergibt einfach keinen Sinn, über Dinge, die definitiv im Budget drinnen sind (Abg. Kucher: Wo denn?), und Maßnahmen, die definitiv umge­setzt werden – und das sind im Pflegebereich eine Vielzahl –, einfach so zu sprechen, als wenn es diese nicht gäbe. Das ist einfach unsachlich, nicht kons­truktiv (Abg. Kucher: Wo ist denn ...? Wo ist er denn?) und ergibt keinen Sinn, weil diese Maßnahmen umgesetzt werden.

Zum Zweiten: Sie haben vergessen, die Rede mit dem Ruf nach Neuwahlen zu beenden. Da werden Sie wahrscheinlich im Klub noch einen Rüffel bekom­men, denn das war gestern die Schallplatte, die aufgelegt wurde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist ganz allgemein wichtig, in die soziale Sicherheit zu investieren, gerade aber in Zeiten wie diesen (Zwischenrufe bei der SPÖ), die sich krisenhaft dar­stellen, ist es umso wichtiger, und dieses Budget bildet das ganz massiv ab. Wir haben eine Steigerung von 18,2 Prozent, also 774 Millionen Euro mehr im Budget für soziale Sicherheit, insgesamt über 5 Milliarden Euro.

Da muss man dazusagen, dass dieses Sozialbudget ja nur den engeren Teil der Sozialpolitik abbildet und viele Maßnahmen, die die Bundesregierung zur Abfederung der Teuerung, zur Unterstützung der Menschen, was die Energie­kosten betrifft, setzt, wie Klimabonus, Strompreisbremse und auch die Valorisierung der Familienleistungen, darin gar nicht abgebildet sind. Diese kommen noch zusätzlich dazu, weil auch sie dazu beitragen, die Men­schen sozial abzusichern.

Ein wesentlicher Teil ist natürlich der Pensionsbereich, das wurde von Kollegen Koza schon in der Art einer Vorlesung ausgeführt. Was aber wesentlich ist: Wir haben auch für die Pensionistinnen und Pensionisten eine deutliche


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Erhöhung drinnen, wir haben im Durchschnitt, also in dem Bereich, in dem die meisten Pensionsbezieher profitieren, 8,2 Prozent Pensionssteigerung, und eine Bandbreite von 5,8 bis 10,2 Prozent. (Abg. Leichtfried: Sag, dass das wieder eine Einmalzahlung ist, wenn du ehrlich bist!) Auch das trägt dazu bei, dass vor allem die älteren Menschen in der Phase der Teuerung gut über die Runden kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was sind jetzt die wirklichen Steigerungen im Sozialbudget? – Jetzt ist Kollege Kucher rausgegangen (Abg. Leichtfried: Was betrifft denn dich das, was der Kucher macht? Das geht dich aber auch gar nichts an!); das sind genau diese Dinge, die umgesetzt werden: Plus 570 Millionen Euro im Entgelterhöhungs-Zweckzu­schuss­gesetz, bei dem es darum geht, die Mitarbeitenden, die Arbeitskräfte in der Pflege mit zusätzlichen Zahlungen zu unterstützen, einen Gehaltszuschlag zu gewähren. Wir haben das jetzt einmal für zwei Jahre budgetiert, und da ist ein großer Anteil drinnen. (Abg. Leichtfried: Vielleicht kann der Herr Präsident auf die Präsidialbeschlüsse aufmerksam machen, was die Abwesenheit der Kollegen betrifft!)

Zweiter großer Teil: Wir investieren mit dem Pflegeausbildungs-Zweckzuschuss­gesetz sehr, sehr viel in die Pflegeausbildung – Zuschussgesetz immer deswegen, weil ja vieles von dem, was wir machen, Länder- und Gemeindezu­ständigkeit ist –; das ist also auch ein Beitrag, mit dem wir die Länder und Gemeinden bei der Bewältigung der Pflege unterstützen, mit 88 Millionen Euro, und da sind genau diese Maßnahmen drinnen, die Sie als fehlend kritisiert haben: der Ausbildungsbeitrag, mit dem Leute, die sich für die Pflege ausbilden, in den Pflegeberuf einsteigen, bereits während der Ausbildung mit 600 Euro unterstützt werden. Weiters beginnt nächstes Jahr mit 1.1. das Pflegestipen­dium.

Eine Steigerung mit plus 61 Millionen Euro gibt es auch – und das ist Bundes­zuständigkeit – im Bereich des Pflegegeldes. Auch beim Pflegefonds gibt es eine Steigerung. Da sage ich dazu: Das ist auch eine Unterstützung für Länder und


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Gemeinden, weil damit die Finanzierung der Pflege unterstützt wird; auch da wird aufgebessert.

Was ich nicht vergessen möchte, weil das im Budget auch ein großer Schwer­punkt ist: Wir fördern auch Maßnahmen für Menschen mit Beeinträchtigungen, da steigt das Budget um 25,7 Millionen Euro. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das sind die nackten Zahlen. Was ich zusammenfassend schon einmal sagen möchte: Das ist ein erster Schritt – und, Herr Kollege, wir haben nie gesagt, dass wir bei der Pflege am Ende der Fahnenstange sind, da braucht es noch viele Maßnahmen, da braucht es eine gesamtstaatliche Kraftanstrengung –, diese erste Pflegereform findet sich aber darin und bildet sehr, sehr viel ab. Wir inves­tieren mit dem Gehaltszuschlag in die Mitarbeiter, mit der Pflegelehre, mit dem Ausbildungsbeitrag und dem Pflegestipendium in die Ausbildung, und vor allem, das ist auch ein großer Bereich, unterstützen wir die pflegenden Angehö­rigen mit dem Angehörigenbonus, mit den Pflegekarenzmöglichkeiten und auch mit der stärkeren Förderung der 24-Stunden-Betreuung. All diese Maßnahmen sind zum Teil schon umgesetzt oder werden umgesetzt.

Zusammengefasst: Herr Kollege Brandstätter, Sie kommen immer mit Büchern ans Rednerpult. Ich habe heute auch eines mitgebracht. (Der Redner hält eine Publikation mit dem Titel „Die Zukunft der Pflege ist gesichert. Eine Milliarde Euro – 20 Maßnahmen. Die Volkspartei“ in die Höhe, auf dem eine ältere Frau im Rollstuhl und eine jüngere Frau mit hellblauer Berufskleidung abgebildet sind. Abg. Brandstätter: Das ist ein bissl klein! – Zwischenruf des Abg. Scherak. – Heiterkeit bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Steinacker. – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.) – Ja, es ist klein, es gibt mehrere Teile, mehrere Bände davon, weil all das, was die Bundesregierung an Maßnahmen umsetzt, Bücher füllt. Es sind konkrete Maßnahmen, und das ist das, was die Menschen weiterbringt. – Danke. (Allge­meine Heiterkeit. – Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf: Bravo! – Abg. Leichtfried – erheitert –: Das war jetzt ein äußert dünnes Buch!)

9.39



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


9.39.24

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Herr Staatssekretär! Geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich bin immer noch geplättet von der intellektuellen Tiefe der Literatur im ÖVP-Klub. (Heiterkeit und Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Leichtfried: Ich glaube, das ist das einzige Buch, das du je gelesen hast! – Abg. Steinacker: Aber bei Tiefe kommt es schon auf den Inhalt an!)

Ich meine, man muss sich das einmal vorstellen: Kollege Hammer stellt sich hierher und redet von 25 Millionen Euro da und 88 Millionen Euro dort, aber den wirklich großen Brocken, die Pensionen, bei dem die Milliarden jedes Jahr geschoben werden, die erwähnt er en passant, denn wir haben ja so eine nette Erhöhung beschlossen.

Wir sprechen in diesem Teil – für die Zuschauerinnen und Zuschauer sei es noch einmal erklärt – nur über den Pensionsteil aus der Sozialversicherung – die Beamtenpensionen sind an anderer Stelle zu diskutieren –, und da geben wir heuer 12 Milliarden Euro aus, damit die Pensionen die Höhe haben, die den Menschen gesetzlich zusteht. Schon 2026 werden es 18,8 Milliarden Euro sein – eine Steigerung um mehr als die Hälfte in vier Jahren.

Überlegen Sie sich das für Ihren persönlichen Haushalt! Wenn da irgendein Budgetposten – für Kleidung, für Essen oder für Energie – um mehr als die Hälfte steigt, dann merken Sie: Ui, da gibt es Probleme. – Das ergibt natürlich auch für ein Bundesbudget Probleme, weil das Geld ja an anderer Stelle fehlt. Natürlich sind die Pensionen gesichert, aber das Geld, das wir dorthin zuschießen, kann man an anderer Stelle nicht ausgeben, und da streiten wir dann um ein paar Millionen bei der Pflege, um ein paar Millionen für Menschen mit Behinderung, um eine halbe Million für die Entwicklungszusammenarbeit und


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um Pimperlbeträge im Konsumentenschutz, weil so viele Milliarden von Vorn­herein verplant sind. Das muss man sich einmal vor Augen führen. (Abg. Brandstätter: Bildung!)

Dann kommt noch dazu: Der Budgetdienst schreibt in seiner Analyse zu diesen 18,8 Milliarden Euro, dass die Ansätze wohl zu gering sind, weil die Inflation unterschätzt wurde. Die Ansätze sind aber im Vergleich zum vorigen Bundes­finanzrahmen schon wesentlich erhöht worden. Die Realität schaut also viel schlechter aus als das, was uns die Bundesregierung hier mit dem Budget vor Augen legt.

Das sagt niemand gern – ich kriege dann auch immer die bösen Mails von Ihnen, geschätzte Zuschauerinnen und Zuschauer –: Ja, wenn wir immer älter werden, ist das schön, dann müssen wir aber einen Teil der zusätzlichen Lebenserwar­tung auch im Erwerbsleben verbringen. Das sagt ein Politiker nicht gern ehrlich zu den Menschen, weil das Stimmen kosten könnte, und Populismus ist ja das Einzige geworden, auf dem Politik heute noch aufbaut.

Schauen wir uns das aber an: Die Österreicherinnen und Österreicher sind im Schnitt 23 Jahre lang in Pension – 23 Jahre –, und es sei jedem vergönnt, aber dem stehen bei den Männern 36 Beitragsjahre und bei den Frauen 29 gegen­über. Da ist es klar, dass sich bei dieser Anzahl Beitragsjahre 23 Pensionsjahre irgendwie finanziell nicht ausgehen – und wir wissen, dass die Zahl der Pen­sionsjahre, weil wir immer älter werden, steigt –, dann ist auch klar, dass wir etwas machen müssen und auch etwas machen können. Die Schweizer arbeiten vier Jahre länger als die Österreicher, die Schweden arbeiten auch vier Jahre länger als die Österreicher; auch dort gibt es Bauwirtschaft, auch dort gibt es Justizwache und auch dort gibt es Pflege, und sie schaffen es trotzdem. Ein Jahr später in Pension gehen, bedeutet fürs Budget 2,8 Milliarden Euro Unterschied. Überlegen Sie sich, was man mit diesem Geld alles machen könnte! (Beifall bei den NEOS.)


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Es ist im Budgetausschuss auch diskutiert worden: Welche Maßnahmen sind denn konkret gesetzt worden, damit die Menschen länger im Erwerbsleben bleiben? Die Antwort ist – neben einer Wortwolke –: inhaltlich nichts. Da ist seit 2014 keine einzige Maßnahme gesetzt worden, die zu längerem Arbeiten anreizt; zum Teil sogar das Gegenteil. Es wurde zum Beispiel heuer beschlossen: Gehen Sie besser im Dezember 2022 als im Jänner 2023 in Pension, weil Sie dann mehr in der Tasche haben! Es werden also noch Anreize gesetzt, früher in Pension zu gehen.

Was könnte man machen, was müsste man machen? – Wir müssen eine Form von Teilpension einführen, die es den Menschen ermöglicht, nur 25 oder 15 Prozent der Pension abzurufen, die vielleicht mit Abschlägen: Ich arbeite noch weiter, aber nicht voll, weil ich in meinem Alter vielleicht dann nicht mehr so viel arbeiten will oder arbeiten kann, und den zweiten Teil der Pension rufe ich später ab, mit Zuschlägen, weil ich noch weiter darauf ein­gezahlt habe. – Das könnte man machen; das haben die Schweden vorexerziert und schaffen es so, dass die Menschen vier Jahre länger arbeiten.

Wir müssen die steigende Lebenserwartung ins Pensionssystem einbauen, damit wir keinen Politbasar ums Pensionsalter haben. Es ist ganz klar: Wenn ich eine um fünf Jahre höhere Lebenserwartung als ein Jahrgang 1930 habe, dann muss ich ein bisschen länger arbeiten als der Jahrgang 1930, damit sich das mathe­matisch ausgeht. (Zwischenruf des Abg. Stöger.) Man kann sich wie Kollege Koza, wie der Herr Bundesminister und alle seine Vorgänger dieser Realität verwei­gern, aber irgendwann werden wir uns der Realität stellen müssen; und ich habe keine Lust, mich der Realität zu stellen, wenn uns die EU eine Troika vorbei­schickt. Ich glaube, das sollten wir selbst lösen. (Beifall bei den NEOS.)

9.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Rauch. – Bitte sehr.



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9.44.49

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Budgetdebatte beinhaltet ja das Wort Debatte, und ich werde versuchen, schon bei dem einen oder anderen Punkt auch auf Debattenbeiträge einzugehen, aber erlauben Sie mir eine Vorbe­merkung: In der Generaldebatte hat ja einer der längst gedienten Abgeord­neten in diesem Haus, der Budgetsprecher der SPÖ-Fraktion Jan Krainer, gesagt, „es ist nicht alles schlecht an diesem Budget [...], es sind manche Sachen sogar sehr gut“. – Ich würde für mich in Anspruch nehmen, dass auch Teile, die in meinen Budgets beheimatet sind, durchaus sehr gut sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mir und uns allen ist klar, da besteht ja Einigkeit, dass wir diese Budgetdebatte unter besonderen Voraussetzungen, unter besonderen Rahmenbedingungen führen. Die multiplen Krisenlagen sind schon aufgezählt worden, und es hat sich wohl niemand vorstellen können, dass wir heuer, jetzt, im Herbst dieses Jahres vor so einer Situation stehen. Die Teuerung, der Krieg in der Ukraine, Fragen wie: Wie gestalten wir die Energieversorgung? Wie schaffen wir es, dass die Menschen in unserem Land sich nicht entscheiden müssen, ob sie den Einkauf, die Miete oder die Stromrechnung bezahlen?, all das ist nicht ein österreichi­sches Phänomen, sondern ein europäisches. Es ist eine Gesamtsituation, die wir haben, in der alle europäischen Staaten, so auch Österreich, enorm viel Mittel aus den Bundeshaushalten aufgewendet haben, um die Einschläge dieser multi­plen Krisen auch nur einigermaßen abzufedern.

Die österreichische Bundesregierung hat in dieser Frage enorm viel Geld in die Hand genommen, und ich möchte das einfach nicht kleingeredet haben, sondern auch als solches darstellen – als das, was es ist: Ja, es ist eine Sofort­hilfe, und ja, es wird weitere Maßnahmen brauchen. Wir sind aber auch in die Struktur hineingegangen: Die Valorisierung aller Familien- und Sozial­leistungen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es ist über Jahrzehnte verlangt und verhandelt worden. Sie ist ab 1. Jänner Wirklichkeit. Das hilft


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ganz konkret ganz vielen Familien und Einzelpersonen in diesem Land. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben mit den Maßnahmen, die wir gesetzt haben – Teuerungs-Entlastungs­paket I, II und III –, schon heuer im Frühjahr begonnen. Mit der doppelten Familienbeihilfe, die ausbezahlt worden ist, den Schulstartpaketen, die ausbe­zahlt worden sind, bis zur Strompreisbremse mit 500 Euro jetzt dann im Dezember haben wir ganz konkrete Maßnahmen gesetzt, die budgetär in den Haushalten wirksam werden. Ich verwehre mich neuerlich dagegen, dass das kleingeredet wird. Das ist für die Menschen mit geringen Einkommen wirklich viel Geld. Eine durchschnittliche Pensionistin, ein durchschnittlicher Pensionist bekommt 1 400 Euro, eine Alleinerzieher:in mit zwei Kindern 2 400 Euro – das ist für diese Menschen viel Geld, das sie dringend brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist mir wichtig, an dieser Stelle auch eines zu betonen: Es wurde ja oft und von mancher Seite der österreichische Sozialstaat immer wieder kritisiert und gesagt, es ist ein System der Hängematte, in dem man sich breitmachen kann und in dem die Anreize fehlen, arbeiten zu gehen. – Der österreichische Sozial­staat in seiner Ausgestaltung und Grundkonzeption ist eine Errungenschaft der vergangenen Jahrzehnte, und die hat uns geholfen und hilft uns in der jetzigen Situation, gut durch diese Krise zu kommen. (Beifall des Abg. Stöger.) Jetzt kann man schon sagen, man muss an der einen oder anderen Schraube drehen und es gibt Verbesserungsmöglichkeiten, aber die Errungenschaft dieses österreichi­schen Sozialstaatmodells ist eine Errungenschaft der Sozialpartnerschaft der vergangenen Jahrzehnte und baut auf einem Grundkonsens in dieser Republik auf, nämlich: niemandem, der unverschuldet in Not geraten ist, hängen zu lassen. Diesen Grundsatz beizubehalten und ihn krisenfest zu machen, das ist jedenfalls meine Absicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Sozialbudget wächst insgesamt deutlich. Jetzt komme ich zu Kollegen Loacker, der schon in gewisser Weise recht hat, wenn er sagt: Na ja, wir reden da über 20 Millionen Euro, dort über 100, da über 200 Millionen


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Euro, und die großen Milliardenbeträge, die gehen so en passant hinein! – Weil mich das schon beschäftigt: Das ist natürlich nicht der Fall; und Sie waren in Ihren Ausführungen zur Pensionserhöhung schon differenzierter. Sie haben bei der Pensionserhöhungsdebatte gesagt, es hätte ja auch viel schlimmer kommen können. Ich habe mich sehr bemüht, eine Ausgewogenheit bei der Pensions­erhöhung zustande zu bekommen, nämlich genau das: auf die aktuelle Situation Rücksicht zu nehmen. Ja, die ist besonders, die Inflation ist hoch, und das ist ja auch der Grund, warum wir diesen Durchrechnungsprozentsatz von 5,8 Prozent bei bestimmten Gruppen angehoben, abgefedert haben und mit einer Einmal­zahlung im nächsten März genau diese Gruppen entlasten; das ist in gewisser Weise ein Vorziehen der Inflationsabgeltung.

Was stimmt? – Es ist ein kluges System. Das System der Durchrechnung der Inflation übers Jahr ist klug, und es ist im Gesetz nicht umsonst so verankert. In der Tendenz sollten wir dahin kommen, uns daran zu halten. Das ist richtig. Das geht sich halt in besonderen ökonomischen Situationen nicht in dieser – wie soll ich sagen? – Durchgängigkeit aus. Wir bemühen uns aber, sozusagen alles im Auge zu behalten: die Absicherung der Menschen im Alter, insbesondere jener, die geringe Einkommen, geringe Versicherungszeiten haben – ja! –, Versiche­rungsprinzip durchhalten – ja! – und dann halt auch die Bedachtnahme auf beson­dere ökonomische Situationen – ja!

Ich glaube, dass wir alle gemeinsam gefordert sein werden, daran auch zu arbeiten und – Sie haben recht – beispielsweise die Übergänge vom Erwerbsleben in die Pension anders und besser zu gestalten. Wir sind da nicht gut in Österreich. Es gibt eine Methodik, sehr abrupt in den Ruhestand einzutreten. Damit geht Wissen verloren, damit gehen Arbeitskräfte verloren, die wir jetzt dringend brauchen. Da kann es neue Modelle geben, finde ich, Wissensmanagement und Übergänge besser zu gestalten. Es wird eine gemeinsame Aufgabe sein, daran zu arbeiten. Dafür bin ich jedenfalls offen und zu haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Pflegereform: Kollege Abgeordneter Kucher hat eine ziemliche General­ab­rechnung bezüglich dieser Pflegereform vorgenommen. Jetzt kann man sagen, das ist ungerecht, aber das ist keine politische Kategorie. Es ist aber falsch, denn in einem ersten Schritt 1 Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen und ins System hineinzugeben, war deshalb bitter notwendig, weil alle seit Jahren darauf gewartet haben. Dieses Signal ist auch angekommen. Es wird die erste Auszah­lung heuer im Dezember geben, und die Bundesländer haben sich darauf verständigt – eh in einem Kraftakt –, weitgehend – weitgehend! – denselben Betrag zum selben Zeitpunkt an dieselben Berufsgruppen auszubezahlen. Das halte ich für wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist ja auch der Komplexität des Systems geschuldet: Es sind die Länder in der Zuständigkeit, es gibt eine Reihe von Trägern mit unterschiedlichsten kollektivvertraglichen Ausgestaltungen in diesem Bereich. Es wird also darum gehen, das im nächsten Jahr in die Kollektivverträge überzuführen, denn selbstverständlich soll es nicht bei einer Einmalzahlung bleiben und selbstver­ständlich sollen das monatliche Auszahlungen werden. Das wird gemein­sam mit den Bundesländern besprochen und verhandelt. Die sind da auch sehr konstruktiv und bemüht, da sie ja auch in einem gewissen Wettbewerb zueinan­der stehen, wenn es darum geht, Pflegekräfte zu bekommen.

Ein Punkt, den ich noch erwähnen möchte, der mir besonders wichtig ist, sind die psychotherapeutischen Hilfen und die psychologischen Hilfen für Kinder und Jugendliche. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Kinder und Jugendliche nicht nur unter der Pandemie, sondern unter diesen Krisenlagen besonders leiden. Das macht etwas mit Kindern und Jugendlichen. Der Krieg in der Ukraine, die Klimakrise, die sich zuspitzt, die Teuerungen und die Frage der Energiever­sor­gung: Alles das sind natürlich Schwierigkeiten, die evident sind. Das Projekt Gesund aus der Krise, in dem Kinder und Jugendliche über Schulen sehr, sehr rasch, ohne große Wartezeiten sehr niederschwellig psychologische oder psychothera­peutische Hilfe bekommen, ist ein Erfolgsmodell. Dessen Budget stocken wir im nächsten Jahr auf 20 Millionen Euro auf. Damit können weitere 11 000 Kinder


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und Jugendliche davon profitieren. Ich halte das für wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nächster Punkt: Natürlich sind für das Begleichen der Kosten des Alltags für die Menschen in diesem Land im Wesentlichen drei Faktoren ausschlaggebend: Jeder muss wohnen – logisch, das ist ein Grundbedürfnis, ein Grundanrecht –, heizen – man braucht Energie – und muss für die Lebenshaltungskosten, also den täglichen Einkauf, aufkommen. Jetzt wissen wir, dass im Bereich des Wohnens und im Bereich der Energie die Schwierigkeiten besonders groß sind. Deshalb gibt es von meinem Haus den Wohnschirm, den wir um einen Energieschirm ausweiten. Da passieren zwei Dinge: Es werden damit ganz konkret Delogierungen verhindert, also das Rausschmeißen von Men­schen aus der Wohnung, weil sie die Miete nicht bezahlen können, indem der Miet­rückstand übernommen wird und die Wohnung so gesichert wird. Das ist nicht nur sozial, nicht nur menschlich eine wichtige Geschichte, sondern auch ökonomisch. Es macht überhaupt keinen Sinn, Menschen zu delo­gieren und dann über die Sozialhilfesysteme neue Wohnungen akquirieren zu müssen. Dasselbe trifft für die Energieversorgung zu. Es muss einfach gewährleistet sein, dass niemandem in diesem Land aufgrund ökonomischer Notsituationen im Winter der Strom abgestellt wird. Das ist damit sicher­gestellt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Letzter Punkt: Ich bedanke mich durchaus für die konstruktiven Debatten in den Unterausschüssen, wo auch immer wieder eine ganze Reihe von Vorschlägen und Denkanstößen kommen. Ich halte die Kooperation, das gemeinsame Verständnis in diesen sozialen Fragen in diesem Land für durchaus gut und tragfähig. Letztlich wird es darum gehen, nicht nur den heurigen Winter, sondern auch das kommende Jahr und die kommenden Jahre gut zu bewältigen. Die Herausforderungen, die da auf uns zukommen, werden beträchtlich sein.

Es ist mir daher bei allen unterschiedlichen Zugängen, die wir politisch haben, bei allen Differenzen, die in einer Budgetdebatte auch ausgetragen werden, schon auch ein Anliegen, am Ende für etwas zu appellieren, nämlich ein Mindestmaß an


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Zusammenhalt und Gemeinsinn. Das beziehe ich sowohl auf die europäische Ebene wie auch auf die österreichische Ebene. Ohne dieses Mindestmaß an Konsens, ohne dieses Mindestmaß zu versuchen, werden wir es nicht schaffen, die grundlegenden Fragen der Existenzabsicherung und der Krisenbewältigung zu beantworten. Das meine ich durchaus ernst und politisch appellativ. Ich werde versuchen, meinen Beitrag auch im konkreten und kooperativen Aus­tausch mit Ihnen als Abgeordneten zu leisten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Grebien. – Bitte sehr.


9.56.35

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleg:innen und wertgeschätzte Zuseher:innen! Die Coronapandemie, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, die Klimakrise und nicht zuletzt die dadurch entstandene Teuerungen in allen Lebensbereichen betreffen alle Menschen. Menschen mit Behinderungen sind von diesen multiplen Krisen speziell betroffen. Umso wichtiger sind gezielte Maßnahmen, die die Bundesregierung setzt. Bereits mit dem vorigen Budget, jenem für 2021/2022, hat es eine kräftige Erhöhung für Mittel für Menschen mit Behinderungen gegeben – und diesen Weg, nämlich der Stärkung der beruflichen und gesellschaftlichen Teil­habe von Menschen mit Behinderungen, setzen wir mit dem Budget 2023/2024 fort.

Insgesamt stehen für Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen im kom­menden Jahr 183 Millionen Euro zur Verfügung. Das entspricht einer Steigerung von rund 14 Prozent und einer Zahl – der Kollege hat es schon gesagt – von 25,7 Millionen Euro. Wir haben zwei Schwerpunkte in diesem Budget. Der eine ist die berufliche Teilhabe, der andere ist die gesellschaftliche Teilhabe. Zur


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beruflichen Teilhabe: Das sind Projekte zur Förderung, wie die sogenannten Neba-Projekte, Netzwerk berufliche Assistenz, und integrative Betriebe. Diese sind somit finanziell abgesichert. Das ist extrem und enorm wichtig, weil, wie Sie wissen, Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt von Arbeitslosig­keit doppelt bis dreifach so häufig wie nicht behinderte Menschen betroffen sind. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention – wie Sie wissen: in allen Ministerien angesiedelt – soll die Möglichkeit geschaffen werden, dass Projekte zur Verbesserung der gesamtgesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gefördert werden. Dafür sollen aus dem Unterstützungs­fonds für Menschen mit Behinderung für 2023 und 2024 jeweils 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Wie Sie wissen, beschäftigen wir uns mit Riesenprojekten, Reformprojekten, etwa betreffend die persönlichen Assistenz, aber auch betreffend die Werkstättenthematik. Bezüglich der Kompetenzzustän­digkeiten fällt vieles in den Bereich der Länder. Ich glaube, Sie können sich also vorstellen, dass das schon ein ziemlicher Brocken ist, an dem unser Bundes­minister dran ist. Ich freue mich, dass dafür die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt worden sind, sodass wir das auch umsetzen können.

Ein anderer Bereich, der auch in die UG 21, also in die Untergliederung Soziales, fällt, ist natürlich der Bereich der Pflege, wovon auch Menschen mit Behin­derungen und deren Angehörige profitieren. Da haben wir es zum Beispiel jetzt endlich geschafft, dass die 60 Euro der erhöhten Familienbeihilfe in der Geldbörse bleiben, wenn man gleichzeitig Pflegegeldleistung bekommt, denn das ist früher abgezogen worden. Davon profitieren vor allem Familien mit Kindern mit Behinderungen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich könnte Ihnen noch mehr erzählen, denn, wie Sie wissen, ist das eine soge­nannte Querschnittsmaterie; ich behandle jetzt hier nur einen Ausschnitt aus der UG 21: Soziales. Auch im Bereich Sport und Inklusion hat es verglichen mit 2021 eine Verfünffachung im Budget gegeben, das ist großartig; Kollegin Grünberg


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hat gestern sehr gut dazu gesprochen. Zusätzliche finanzielle Mittel gibt es auch für Investitionen in Bahnhöfe, damit diese barrierefrei gemacht werden, aber auch für den Maßnahmenvollzug, der so lang in der Warteschleife war. Durch diese Mittel werden vor allem psychisch erkrankte Menschen unterstützt wer­den, damit kann man ihnen Therapieangebote zukommen lassen, sodass man sie menschenwürdigst im Maßnahmenvollzug hält.

Also Sie sehen, es gibt eine unglaubliche Zahl an Maßnahmen für Menschen mit Behinderung, in den verschiedensten Bereichen, und ich hoffe, dass wir in diesem Tempo weitermachen – es ist notwendig. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nussbaum. – Bitte sehr.


10.01.01

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben jetzt schon gehört, im Budget für Soziales und Konsumentenschutz gibt es insgesamt eine Erhöhung um 16 Prozent. Bei den Ausgaben für Menschen mit Behinde­run­gen sehen wir jedoch, dass sie stagnieren. Die Situation für Menschen mit Behinderungen wird immer prekärer. Im Begleittext zum Budget steht: Es wird die Sicherstellung der bestehenden Maßnahmen angepeilt. – Das heißt, angepeilt ist nicht einmal eine Absicherung des Istzustandes, geschweige denn gibt es eine große Ausdehnung von Maßnahmen für die berufliche und soziale Teilhabe. Die gibt es überhaupt nicht.

Herr Bundesminister, Sie haben jetzt in Ihrer Rede den Konsens über alle Frak­tionen hinweg angesprochen, den es immer wieder gibt: Ja, den gibt es, und da möchte ich Sie daran erinnern, dass wir bereits im Februar 2020 hier im Parlament einen Antrag einstimmig beschlossen haben, in dem wir die Bun­desregierung – damals noch Ihren Vorgänger – aufgefordert haben, ein Konzept


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zu erarbeiten, wie die sozialversicherungsrechtliche Absicherung von Menschen mit Behinderungen, die Bestimmungen zur Ausgleichstaxe und rund um die Arbeitsunfähigkeit neu geregelt werden können. Zweieinhalb Jahre später ist davon noch immer nichts umgesetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch im Budget für das Jahr 2023 finden wir keine finanziellen Mittel für die Umsetzung dieser Punkte, doch Inklusion wird es nicht zum Nulltarif geben. Wir müssen uns bewusst sein, dass diese Maßnahmen einiges an Geld kosten werden, und dieses Geld gehört in die Hand genommen, denn das muss uns Inklusion wert sein.

Wir als SPÖ wollen, dass die Menschen mit Behinderungen endlich eine umfas­sende sozialversicherungsrechtliche Absicherung erhalten und ihnen damit die Möglichkeit gegeben wird, selbstbestimmt zu leben. Außerdem müssen die Tätigkeiten in den Tagesstrukturen endlich fair entlohnt werden, um diese Menschen aus der Armut zu holen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen auch, dass ein Inklusionsfonds eingerichtet wird, aus dem Maß­nahmen für Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen finanziert werden können. Mit Hilfe dieses Inklusionsfonds, der aus Mitteln des Bundes und der Länder gespeist wird, könnten zukünftige Maßnahmen finanziert werden, die die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben weiterbringen.

Ja, wir wissen auch, dass Österreich bei der Umsetzung der UN-Behinderten­rechtskonvention säumig ist, diese verlangt nämlich unter anderem auch die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in die pensions- und kran­ken­versicherungsrechtliche Absicherung. Sie haben das Recht, ihren Lebens­unter­halt durch Arbeit zu verdienen und ihr Leben selbstständig finanzieren und dadurch auch eigenständig leben zu können. Umso wichtiger wäre es, dass wir auch heute wieder einen Konsens zustande bringen, und darum bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend „einen Inklusionsfonds und die umfassende sozialversicherungsrechtliche Absicherung für Menschen mit Behinderungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend gemeinsam mit den Ländern die Umstellung der Bezahlung von Menschen mit Behinde­rungen in den Tagesstrukturen von einem Taschengeld auf einen Lohn/Gehalt und der damit einhergehenden umfassenden sozialversicherungsrechtlichen Absicherung für die dort Beschäftigten und die Einrichtung eines Inklusionsfonds zur Finanzierung von Maßnahmen betreffend die Inklusion in allen Lebensbe­reichen umzusetzen.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.05

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Verena Nussbaum,

Genossinnen und Genossen

betreffend einen Inklusionsfonds und die umfassende sozialversicherungsrechtliche Absicherung für Menschen mit Behinderungen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 21


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Die Situation von Menschen mit Behinderungen wird von Jahr zu Jahr prekärer. Während sich die Bundesregierung im neuen Budgetvorschlag nur das Ziel setzt die bestehenden Maßnahmen nach Möglichkeit zu erhalten, fehlt es in Österreich nicht nur an den notwendigen finanziellen Mitteln für weitere Maßnahmen. Auch eine umfassende sozialversicherungsrechtliche Absicherung ist derzeit nicht gegeben. Die Situation für Menschen mit Behinderungen ist jetzt schon untragbar und wird sich in Zukunft weiter verschlechtern.

Derzeit sind rund 25.000 Menschen in den Tagesstrukturen (Beschäftigungstherapie) beschäftigt. Die Tätigkeiten dort dienen oft nur der Beschäftigung und unterfordern viele jener Menschen, die in den Werkstätten tätig sind. Da die Tätigkeiten in einer Tagesstruktur nach der Judikatur nicht als Arbeitsverhältnisse eingestuft werden, gibt es für die Betroffenen statt einem angemessenen Lohn nur Taschengeld und damit auch keine eigeständigen pensions- und krankenversicherungsrechtlichen Ansprüche. Das führt dazu, dass Menschen mit Behinderungen ihr Leben lang von ihren Eltern abhängig sind und mit einer ständigen Armutsbedrohung leben.

Nach Art. 27 der UN-Behindertenrechtskonvention sollen Menschen mit Behinderun­gen in die gesetzliche Kranken- und Pensionsversicherung einbezogen werden. Sie haben das Recht ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen und ihr Leben selbstständig finanzieren zu können. Die Betroffenen sollen die Möglichkeit erhalten einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten und damit ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft zu sein.

Im ersten Schritt könnte dieses Ziel durch eine ex-lege Vorschrift im ASVG erreicht werden. Langfristig muss aber die Gleichstellung von den Beschäftigten in den Tagesstrukturen mit ArbeitnehmerInnen erfolgen.

Seitens der Bundesregierung sind im Budget keine finanziellen Mittel vorgesehen, die explizit für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen verwendet werden sollen. Doch Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif. Mit einem Inklusionsfonds, der aus Mitteln des Bundes und der Länder gespeist wird, könnten zukünftige Maßnahmen, welche


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die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Leben weiterbringen, finanziert werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen deshalb folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend gemeinsam mit den Ländern die Umstellung der Bezahlung von Menschen mit Behinderungen in den Tagesstrukturen von einem Taschengeld auf einen Lohn/Gehalt und der damit ein­her­gehenden umfassenden sozialversicherungsrechtlichen Absicherung für die dort Beschäftigten und die Einrichtung eines Inklusionsfonds zur Finanzierung von Maßnahmen betreffend die Inklusion in allen Lebensbereichen umzusetzen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte.


10.05.18

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ich möchte mich zunächst einmal für diese wirklich qualitätvolle und differenzierte Debatte bedanken, wie wir sie heute führen, und danke auch dem Herrn Bundesminister, der zum Abschluss seiner Ausführungen das gute Miteinander in den Mittelpunkt gestellt hat. Das ist ja für uns alle auch der entscheidende Punkt.

Wenn es um Soziales, wenn es um Konsumentenschutz geht, geht es ja für uns eigentlich um den Kern der Politik, nämlich: die soziale Sicherheit in unserem


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Land sicherzustellen. Und da haben wir in dem schwierigen Umfeld, in dem wir uns befinden, eine positive Nachricht: Gerade im Bereich der Armutsbekämpfung passiert in Österreich unheimlich viel. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Den einkommensschwächsten 20 Prozent der Haushalte in Österreich wird die Inflation zu 100 Prozent abgegolten. Das ist ein wichtiger Punkt. Der Herr Bundesminister hat es treffend auf den Punkt gebracht: Wir müssen – nicht nur in der Krise, sondern immer, aber besonders in diesen Zeiten – Menschen, die unverschuldet in Notlagen kommen, unterstützen. Und das tun wir. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich ersuche hier auch um Fairness. Die Frau Bundesparteivorsitzende und Klubobfrau der Sozialdemokratie ist jetzt leider nicht hier, wenn wir zum Thema Soziales diskutieren, aber sie hat auf ihrem Bundesparteitag ein Beispiel genannt und gesagt, dass das Leben für eine Pensionistin, die mit 1 100 Euro im Monat ihr Auskommen finden muss, nicht leistbar ist. Das sind genau diese Einzelbei­spiele, die nicht stimmen, denen man entgegentreten muss, denn Österreich und die Bundesregierung machen da unheimlich viel: Eine Pensionistin mit 1 100 Euro hat 500 Euro Klimabonus erhalten, hat einen Direktzuschuss von 300 Euro erhalten, sie bekommt 225 Euro Erhöhung des Pensionistenabsetzbetrages, sie zahlt weniger Ökostrompauschale, was auch 100 Euro zusätzlich bringt, und sie kommt jetzt mit 1. Dezember auch in den Genuss der Strompreisbremse. Das heißt zusammengefasst: Menschen mit 1 100 Euro Pension bekommen in Österreich im Jahr 2022 eine zusätzliche Pension, um ihnen die Teuerung abzufedern, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Abgeordnete Belakowitsch hat in ihrer Rede heute sehr differenziert argu­men­tiert, was ich als sehr positiv wahrgenommen habe. Ich möchte nur eine Sache richtigstellen: Es ist nicht so, dass Tausende Asylanten jeden Tag über die Grenze kommen. Das ist faktisch einfach falsch. Wir haben ein Thema mit der Migration, das ist gar keine Frage, und keiner verschließt hier die Augen. Das


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Entscheidende ist aber dabei, dass wir hier nicht Menschen gegeneinander ausspielen, und daher lehne ich es ab, wenn Ihr Klubobmann Herbert Kickl, der momentan leider nicht hier ist, am Montag in Interviews im Zusammenhang mit den Vorgängen in Linz, wo es Krawalle von Asylwerbern gegeben hat und die Polizei richtig und gemäßigt eingeschritten ist, vor Bürgerkriegen in Österreich warnt. Es ist ein Fehler, solche Worte in den Mund zu nehmen. Warum? – Weil es darum geht, Orientierung und Sicherheit zu geben. Und das macht diese Bundesregierung mit einer klaren, guten Sozialpolitik.

Was wir auch beschlossen haben, ist die Abschaffung der kalten Progression, sodass den Menschen ihre Gehaltserhöhungen, die sie bekommen, nicht mehr durch unfaire Steuern weggenommen beziehungsweise reduziert werden. So viele Regierungen haben es versprochen – diese Regierung mit ihrer Parla­mentsmehrheit hat es umgesetzt! Wir schaffen auch einen Automatismus, dass Sozialleistungen mit 1.1.2023 automatisch erhöht werden. Wir leisten so einen wesentlichen Beitrag für den sozialen Frieden und für die soziale Sicherheit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir werden auch den nächsten Schritt setzen, um unser System weiter umzu­bauen, um es fairer zu machen. Ich danke für die offene Gesprächsbereitschaft und werte es auch als ein Ergebnis des Budgethearings, dass wir auch Schritte setzen werden, um es Menschen, die schon in Pension sind und aufgrund der guten Pensionsanpassungen in Österreich in Würde altern können, leichter zu machen, noch weiter am Arbeitsmarkt aktiv teilzunehmen.

In diesem Sinne: aus Verantwortung für Österreich ein sehr, sehr gutes sozialpolitisches Budget. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kühberger: Bravo, Peter!)

10.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.



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10.10.11

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, liebe Zuseher! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ja, dies ist ein sehr breiter Themenkomplex: Soziales, Pflege, Pensionen und Konsumentenschutz. Da könnte man jetzt stundenlang reden und Ausführungen machen, ich muss mich aber sehr kurz halten.

Ich möchte vielleicht schon, weil es heute bereits zwei-, dreimal Thema war, zu den Pensionen erstens einen Antrag einbringen und zweitens schon noch einmal kurz Folgendes erwähnen, Herr Minister: Natürlich haben die Pensionisten in Österreich, vor allem die mit geringen Pensionen, ein massives Problem. Diese Pensionserhöhung der Regierung von 5,8 Prozent hilft ihnen nicht weiter (Abg. Zarits: 10,2 Prozent sind es! 10,2 Prozent!), vor allem hatten sie jetzt ein ganzes Jahr mit steigenden Kosten zu leben, also das ist nicht ausreichend. Dazu haben wir ganz andere Ideen.

Ich möchte daher auch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick“

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die folgende Punkte umfasst:

- Echte Inflationsanpassung um die tatsächliche Teuerung im Ausmaß von zumindest 10 Prozent nach einem Pensionisten-Warenkorb ab dem 1.1.2023.

- Voller Inflationsschutz für das Pensionskonto

- Vierteljährliche Anpassung bei weiterer Inflationsentwicklung über 10 Prozent

- Abschaffung der gestaffelten „degressiven“ Pensionsanpassung“ – und ganz wichtig:


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„- Wiedereinführung der Hacklerregelung ohne Abschläge bei 45 Beitragsjahren bzw. Beitragsersatzjahren (Wehrdienst, Zivildienst usw.)“

*****

Ich sage es noch einmal: Man müsste diese Menschen in Hacklerpension beziehungsweise die Menschen, die 45 Jahre arbeiten, eigentlich zu Helden der Arbeit erklären. Das ist das, was Österreich braucht, um das soziale Netz aufrechtzuerhalten und zu finanzieren, und da haben wir natürlich ein Problem bei der Zuwanderung, denn ob diese Herrschaften 45 Jahre das Sozialsystem und den Staat finanzieren werden, stelle ich schlichtweg infrage.

Kommen wir zum eigentlichen Hauptthema – für mich als Konsumenten­schutzsprecher der Konsumentenschutz –: auch ein leidiges Thema. Ich darf es kurz sagen: Wir haben ein Budget von rund 7 Millionen Euro, das ist in etwa 0,01 Promille des Gesamtbudgets und meiner Meinung nach und unserer Meinung nach natürlich dem Konsumentenschutz in Österreich nicht ent­sprechend. Da müsste gerade in Zeiten wie diesen, Herr Minister, in denen die Menschen, die Konsumenten eigentlich Schutz brauchen vor dieser grassierenden Inflation und Preiserhöhung, die nicht immer ganz korrekt erfolgt, wie wir alle wissen, wesentlich mehr gemacht werden.

Ich darf auf folgende dramatische Situation hinweisen – es ist ja im Budget so, dass es da nicht nur finanzielle Ziele gibt, es gibt auch Wirkungsziele –: Beim Zielzustand, nämlich betreffend das Ausmaß der Realisierung der konsu­mentenrechtspolitischen Forderungen, haben wir einen Zielwert von 70 Prozent, der ohnehin schon bescheiden ist. Herr Minister, wir liegen mit dieser Bun­desregierung von ÖVP und Grünen derzeit bei 47 Prozent – also eigentlich ein Offenbarungseid, was den Konsumentenschutz betrifft.

Auch der VKI – zu dem wird mein Kollege Ries später noch sprechen – bekommt um eine halbe Million Euro weniger. Das ist in Zeiten wie diesen das vollkommen falsche Signal. Es gibt auch nach wie vor keine langfristig gesicherte Finanzie-


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rung des VKI. Sie wissen, wir als Freiheitliche kämpfen seit Jahren dafür; offen­sichtlich kann sich da der Minister, muss man auch sagen, gegen die ÖVP nicht durchsetzen. Seit Jahren will die ÖVP den VKI zerstören (Abg. Weidinger: Nein, nein, nein! Das ist nicht ...!), will den Konsumentenschutz aushöhlen. Das ist meiner Meinung nach eine Fehlentscheidung der ÖVP, weil gerade die Privat­wirtschaft – das sind über 90 Prozent der Unternehmer in Österreich – mit einem vernünftigen Konsumentenschutz eigentlich kein Problem hätte; nur die Großkonzerne und die Lobbyisten, die bei euch intervenieren, wollen den VKI zerstören. Da werden wir nicht mitmachen.

Darüber hinaus war ein Thema – das haben wir damals gefordert –, dass der VKI auch über die Strafzahlungen der Bundeswettbewerbsbehörde finanziert wird. Das wurde abgelehnt. Ich sage es noch einmal wegen eines aktuellen Anlass­falls – dann weiß man auch, von welchen Dimensionen wir hier sprechen –: Es gab im Jahr 2022 – bis jetzt – Strafzahlungen in Höhe von 45 Millionen Euro und im letzten Jahr in Höhe von 64 Millionen Euro. Das heißt, da wäre ganz viel Geld da, das man zum VKI umleiten könnte, um den VKI auch wirklich langfristig zu finanzieren. Das muss die Zielsetzung in Österreich sein. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.15

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Erwin Angerer, Rosa Ecker und weiterer Abgeordneter

betreffend Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt


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Anlagen (1787 d.B.) – UG 22 Pensionsversicherung– in der 183. Sitzung des Natio­nalrats am 16. November 2022

Die Zahlen der Statistik Austria für die ersten zehn Monate des Jahres 20221 sprechen in Sachen Inflation eine klare Sprache:

„Wien, 2022-10-31 – Die Inflationsrate für Oktober 2022 beträgt voraussichtlich 11,0 %, wie aus Berechnungen von Statistik Austria im Rahmen einer Schnell­schätzung hervorgeht. Gegenüber dem Vormonat steigt das Preisniveau voraus­sichtlich um 1,0 %.

Der starke Preisauftrieb des heurigen Jahres hat sich im Oktober 2022 weiter beschleunigt. Die Inflation dürfte laut Schnellschätzung auf 11,0 % geklettert sein. Wichtigste Treiber sind weiterhin die hohen Preise für Haushaltsenergie und Treibstoffe. Die Teuerung hat mittlerweile fast alle Bereiche erfasst, neben Nah­rungsmitteln und Gastronomie sind deutliche Preissteigerungen nun auch bei der Bekleidung zu verzeichnen‘, so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Der Indexstand des Verbraucherpreisindex und weitere Ergebnisse für Oktober 2022 werden am 17. November 2022 bekanntgegeben.

Verbraucherpreisindex (VPI), Oktober 2022

• +11,0 % zum Vorjahresmonat (vorläufige Schnellschätzung)

• +1,0 % zum Vormonat (vorläufige Schnellschätzung)

Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI), Oktober 2022

• +11,5 % zum Vorjahresmonat (vorläufige Schnellschätzung)

• +1,2 % zum Vormonat (vorläufige Schnellschätzung)“

Die schwarz-grüne Bundesregierung und ihre „Sozialexperten“ gestehen der älteren Generation in Österreich aber lediglich eine Pensionserhöhung ab 2023 von 5,8 Prozent zu. Das ist eine kalte Enteignung. Unter einer Pensionsanpassung von 10


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Prozent kommt es zu massiven Einkommensverlusten für unsere Pensionisten.  Schwarz-Grün arbeitet wieder einmal mit sozialpolitischen Falschspielertricks. Eine echte Pensionsanpassung soll wieder einmal vermieden werden. Dazu kommt ein weiterer sozialpolitischer Kahlschlag etwa mit der Nichtanerkennung eines eigenen Pensionistenpreisindex‘, mit der Abschaffung der Hacklerpension, der Staffelung der Einmalzahlungen für Pensionisten im August 2022 oder der „degressiven Pensi­onsanpassung“.

Pensionistinnen und Pensionisten mit einem Pensionsstichtag im Jahr 2021 erhalten ab 1. Jänner 2022 ihre erstmalige Pensionserhöhung in Form eines gesetzlich gestaffelten Prozentsatzes des Erhöhungsbetrages (Anpassungsverzögerung). Dieser Erhöhungsbetrag ergibt sich aus der Anwendung des Anpassungsfaktors und dem Monat des Pensionsstichtages. Wenn der Stichtag im November oder Dezember liegt, gibt es gar keine Erhöhung!

Was es jetzt braucht, ist ein umfassenden Maßnahmenpaket zur Werterhaltung und Anpassung der Pensionen und damit zu einer Erfüllung des eingegangenen Genera­tionenvertrags mit unseren Pensionistinnen und Pensionisten.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die folgende Punkte umfasst:

•          Echte Inflationsanpassung um die tatsächliche Teuerung im Ausmaß von zumindest 10 Prozent nach einem Pensionisten-Warenkorb ab dem 1.1.2023.

•          Voller Inflationsschutz für das Pensionskonto

•          Vierteljährliche Anpassung bei weiterer Inflationsentwicklung über 10 Prozent 

•          Abschaffung der gestaffelten „degressiven“ Pensionsanpassung


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•          Wiedereinführung der Hacklerregelung ohne Abschläge bei 45 Beitragsjahren bzw. Beitragsersatzjahren (Wehrdienst, Zivildienst usw.)

1 https://www.statistik.at/fileadmin/announcement/2022/10/20221031VPIFlashEstimateOktober2022.pdf

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ribo. – Bitte, Frau Abgeordnete.


10.15.13

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zusehe­rinnen und Zuseher! Ich möchte Ihnen kurz eine Presseaussendung der ÖGB-Fachgruppenvereinigung für Gesundheitsberufe vorlesen, die mit einem dramatischen Appell beginnt.

„,Das Pflegepersonal steht unter einem enormen Arbeitsdruck, das Geld wird immer knapper und die Qualität der Pflege in den Krankenhäusern und Pflegeheimen kann nicht mehr gesichert werden‘“. Die OTS endet mit einem Aufruf des Vorsitzenden. „,Im Pflegebereich ist die Situation ernst. Ich will nicht, dass wieder etwas passieren muss damit es zu einem Umdenken kommt.‘“

Meine Damen und Herren! Diese Presseaussendung wurde am 13. November ausgeschickt – aber nicht heuer, sondern am 13. November des Jahres 2000! Ganze 22 Jahre ist das her! Wir wussten schon lange – schon lange! –, dass es in der Pflege Probleme gibt, dass es eng wird in der Pflege, dass die Arbeitsbedin­gungen schlecht sind – 22 Jahre, in denen ein Bundeskanzler nach dem anderen gekommen und gegangen ist, die Regierungen gekommen und gegangen sind, aber die Probleme in der Pflege geblieben sind. Sie wurden wie eine heiße Kartoffel von einer Regierung an die nächste weitergegeben. Deshalb, muss ich


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sagen, bin ich unglaublich stolz, dass diese Regierung die Augen vor den Zustän­den und den Problemen in der Pflege nicht verschließt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es hieß immer, es sei sehr komplex, es sei sehr kompliziert – und ja, das stimmt: Das System hinter der Pflege ist komplex und ist kompliziert: viele Ebenen, Bund, Land, Gemeinde, viele Stakeholder, alle wollen irgendetwas. Aber wer, wenn nicht die Politik, muss sich auch den komplexen Themen widmen? – Das haben wir auch gemacht, und es ist uns etwas Großartiges gelungen: die Pflegereform. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir alle haben in der Covid-Zeit – und da war ich auch mit dabei – für die Pfleger:innen, die eine so großartige Arbeit gemacht haben, laut geklatscht, und wir alle hier in diesem Raum waren uns einig, dass es bei diesem Klatschen nicht bleiben darf. Klatschen ist ein nettes Instrument der Wertschätzung, aber es muss mehr geben, denn mit dem Klatschen, und das habe ich auch öfters gesagt, kann man die Miete nicht zahlen, kann man seine Kinder nicht ernähren. Dieses Mehr kommt jetzt mit der Pflegereform: 1 Milliarde Euro für die Pflege, 1 Mil­liarde Euro für die Menschen in der Pflege. Das ist ein großer Meilenstein. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Anfang 2020 haben wir einen sehr großen und breiten Prozess gestartet, bei dem wir wirklich versucht haben, alle Menschen aus der Pflege – aber nicht nur aus der Pflege, sondern auch um die Pflege herum – mit einzubinden, damit wir eben gemeinsam etwas weiterbringen. Das ist uns gelungen – Verbesserungen für Einkommen in der Pflege: 570 Millionen Euro; das Pflegeschulpaket: 50 Millionen Euro 2023 und für die weiteren Jahre 100 Millionen Euro; finan­zielle Unterstützung für junge Menschen, die sich für den Pflegeberuf ent­scheiden, Verbesserungen beim Pflegegeld – das kommt vor allem Menschen mit Demenzerkrankungen und ihren Angehörigen zugute –, Verbesserungen für pflegende Angehörige, Angehörigenbonus, Communitynursing – wir haben über 200 Communitynurses in Österreich.


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Meine Damen und Herren, die Pflegereform ist ein Meilenstein. Damit sind uns auf der einen Seite kurzfristige Entlastungen gelungen, die unbedingt notwendig sind, aber auf der anderen Seite auch längerfristige strukturelle Verbesserungen, die die Pflege unbedingt braucht.

Zum Schluss möchte ich mich wirklich bei allen, die in diesem Bereich mitge­macht haben, die sich für die Pflegereform eingesetzt haben, und auch beim Koalitionspartner, bei den vielen Ministerien, die dabei waren, bedanken. Das ist ein Meilenstein, und darauf können wir auch stolz sein. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich kann es mir nicht verkneifen, auch auf die Kritiker:innen einzugehen, weil es immer hieß: zu wenig, zu spät. Das „zu spät“ haben zum Teil auch die Kritik­er:innen mitzuverantworten, das muss ich hier ganz ehrlich sagen, und betreffend das „zu wenig“ erinnere ich – noch einmal kurz Richtung SPÖ – an Folgendes: Es gibt drei Bundesländer, in denen ihr sehr viel zu sagen habt, und ich bin die Letzte, die sich aufregen würde, wenn ihr in den Bundesländern 1 Milliarde Euro, 2 Milliarden Euro in die Pflege investieren würdet, wenn ihr strukturelle Veränderungen schaffen würdet.

Ich bin dann die Erste, die sich hierherstellt und sich bei euch bedankt. (Abg. Kucher: Wir sitzen aber schon im Parlament! Nein, das ist laissez faire! Das ist laissez faire! – Zwischenruf des Abg. Stöger.) Bitte macht das! – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fiedler. – Bitte.


10.20.16

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Koza – in Richtung SPÖ –: Bitte Kompetenz lernen! – Rufe und


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Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Kucher und Koza.) Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Das Budget ist in Zahlen gegossene Politik, und dadurch entsteht im Normalfall auch ein Abdruck für die Zukunft. Im Kapitel Soziales finde ich aber keine bleibenden Abdrücke. Das ist übrigens nicht nur meine Meinung, sondern auch die des Budgetdienstes. Das Budget für Sozi­a­les wird um rund 20 Prozent erhöht. Das klingt wie eine Jubelmeldung, aber: Fast alles davon geht in Überbrückungszuschüsse der Pflegereform.

Überbrückungszuschüsse: Stellen Sie sich bitte vor, Sie sind mit Ihrer Arbeit überfordert, sind erschöpft, und alles, was Sie brauchen, ist eine Anerkennung der eigenen Kompetenz und mehr Kollegen! Und was bekommen Sie? – Einen Chef, der sagt, er gibt jetzt 85 Prozent des Budgets dafür aus, dass Sie ein Jahr mehr verdienen und Ihre Forderungen für sich behalten. Wird Ihr Arbeitsall­tag dadurch besser? – Nein. Wird unser System dadurch entlastet? – Auch nicht.

Diese Zukunftsvergessenheit findet man nicht nur in der Pflege – es wurden uns ja für November die fehlenden Reformteile versprochen –, diese fehlende Zukunftsperspektive zieht sich leider durch den gesamten Sozialbereich. Die Länder sind der größte Arbeitgeber in der Pflege. Warum erhöhen die Länder die Gehälter nicht? Die Länder sind auch für die Sozialsicherung zuständig und trotzdem erhöhen Sie das Budget für die soziale Absicherung nicht.

Ihre Absichten, Herr Minister, in allen Ehren, aber wie stehen die ÖVP-Minister dazu? – Die sind der Meinung, dass die Länder diese Aufgabe allein erfüllen sollen, und da gibt es ein Thema. Dort nämlich, wo Sie ambitioniert Vorgaben machen könnten, im Behindertenwesen, bei Inklusionsthemen oder eben bei den Kompetenzverteilungen in der Pflegereform, passiert nichts.

Wenn wir inklusiv denken, haben wir keine Mehrkosten, sondern dann kostet es eben, was es braucht. Wir bauen ein Haus auch nicht ohne Fenster. Es ist unsere Pflicht, Randgruppen in die Mitte zu holen und eine inklusive Gesellschaft zu


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leben, weil es uns allen guttut, aber da fehlen die großen Reformen und die Visionen. Und genau das ist das Problem an diesem Budget: Ernsthafte Reformen wird man damit nicht finanzieren können. Wir müssen aber jetzt in die Zukunft investieren, weil wir alle irgendwann Pflege brauchen und weil Inklusion ein Menschenrecht ist. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Grünberg. – Bitte sehr.


10.23.24

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister, Herr Staatsekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderun­gen ist eine der größten Herausforderungen, vor der wir schon seit mehreren Jahren stehen.

Obwohl im ganzen Land händeringend nach Arbeitskräften gesucht wird, ist die Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Behinderung nach wie vor sehr hoch. Des­wegen ist es unabdingbar, dass es Unterstützungsmaßnahmen für die Inklusion von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt, aber auch in anderen Bereichen gibt. Für das Jahr 2023 sind insgesamt knapp 183 Millionen Euro für Unterstützungsmaßnahmen für diese Personengruppe vorgesehen. Das bedeutet ein Plus von knapp 26 Millionen Euro. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Beschäftigung, die Arbeit von behinderten Menschen bedeutet nicht nur eine finanzielle Absicherung, sondern auch Wertschätzung, Inklusion, Gleichstellung und das Pflegen von sozialen Kontakten. Um auf dem Weg auf der Suche nach einem Arbeitsplatz zu unterstützen, aber auch um am Arbeitsplatz zu unterstützen, gibt es, wie Kollegin Grebien schon gesagt hat, in Österreich die Neba-Leistungen, das Netzwerk Berufliche Assistenz.


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Die Angebote können Betriebe, die Arbeitskräfte suchen und auch dafür offen sind, Menschen mit Behinderung einzustellen, in Anspruch nehmen, aber genauso Jugendliche und erwachsene Menschen mit Behinderungen im Alter von 15 bis 65 Jahren. Zu den Angeboten zählen unter anderem das Jugend­coaching, das Jobcoaching, die Arbeitsassistenz und eben auch der Betriebs­service. Ich möchte von dieser Stelle aus an alle Unternehmerinnen und Unternehmer in ganz Österreich appellieren: Haben Sie den Mut und lernen Sie Menschen mit Behinderung kennen! Sie sind gute Arbeitskräfte und können extrem viel leisten. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Krisper.)

Dann gibt es einige Menschen in Österreich, die die persönliche Assistenz außerhalb des Arbeitsplatzes in Anspruch nehmen. Leider haben dazu noch nicht alle Zugang, aber es wird immer breiter ausgeübt. Ich bin eine von diesen Personen, die, ja, in den Genuss kommt, mit persönlicher Assistenz zu leben. Das schaut aber nicht in allen Bundesländern so gut aus, denn es ist zwar die per­sönliche Assistenz am Arbeitsplatz bundeseinheitlich geregelt, aber die persön­liche Assistenz außerhalb der Arbeit liegt immer noch in der Zuständigkeit der Bundesländer.

Es ist erschreckend, wie groß die Unterschiede bezüglich Zugang zur Möglichkeit der persönlichen Assistenz von Bundesland zu Bundesland sind. Es darf einfach nicht sein, dass ein Mensch mit Behinderung in Vorarlberg ganz andere Möglich­keiten hat als in Oberösterreich oder Wien. Um einen Schritt in Richtung einer bundeseinheitlichen Regelung zu gehen, nimmt der Bundesminister für das Jahr 2023 und 2024 50 Millionen Euro in die Hand, um auch Pilotprojekte zur persönlichen Assistenz in den westlichen Bundesländern Vorarlberg, Tirol und Salzburg zu fördern, damit wir endlich einen Schritt in Richtung Vereinheitlichung gehen.

Ich möchte aber auch sagen, es ist eigentlich nicht die Zuständigkeit der Bundesregierung, das zu machen. Wir gehen damit einen großen Schritt voran, um endlich Akzente zu setzen. Die Bundesländer sind aber auch in der Pflicht, finanzielle Mittel in die Hand zu nehmen und Menschen mit Behinderung ein


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selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Krisper.)

10.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Keck. – Bitte.


10.27.39

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich habe mir die Rede von Kollegen Hammer sehr intensiv angehört, in der er erklärt hat, wohin da Millionen geflossen sind, wohin dort Millionen geflossen sind – zum Teil berechtigt. Ich hätte aber auch erwartet, dass Kollege Hammer erklärt, wo auch etwas weggenommen wird, und das ist leider nicht von ihm gekommen.

Ich hätte mir erwartet, dass er sagt, dass es vom Soziallandesrat in Oberöster­reich einen Verordnungsentwurf gibt, laut dem der Pflegebeitrag um 5,8 Prozent erhöht werden soll. Genau um diese 5,8 Prozent, um die die Pensionen erhöht wurden, wird jetzt der Soziallandesrat in Oberösterreich den Pflegebeitrag erhö­hen. Das heißt, er nimmt dort den Menschen das Geld, das wir ihnen gegeben haben, wieder komplett weg. (Abg. Matznetter: Asozial!)

Nun aber zu den Pflegeberufen, meine Damen und Herren, denn ich habe einen Entschließungsantrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entgelt­bonus für Pflegeberufe beitrags- und steuerfrei auszahlen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, den Entgelterhöhungszuschuss für das Pflegepersonal für


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das Jahr 2022 – so wie es für den Teuerungsbonus vorgesehen ist, steuer- und beitragsfrei zur Auszahlung zu bringen.“

*****

Worum geht es, meine Damen und Herren? – Es ist viel für das Pflegepersonal versprochen worden. Es ist versprochen worden, ihnen finanziell entgegen­zukommen, und dazu ist der Entgelterhöhungszuschuss beschlossen worden. Der Zuschuss für 2022 ist noch gar nicht zur Auszahlung gekommen; er soll jetzt im Dezember zur Auszahlung gelangen. Es ist eine Einmalzahlung von 2 000 Euro brutto inklusive Arbeitgeberanteile. Das würde netto für das Pflegepersonal in etwa nur 1 200 Euro bedeuten. Wir wollen, dass sie das brutto für netto bekommen, daher dieser Entschließungsantrag.

Ganz wichtig, meine Damen und Herren, sind aber auch die Pensionen. Ich lese Ihnen Auszüge aus einem E-Mail vor, das ich erhalten habe. Da schreibt mir eine Österreicherin:

Warum sind Pensionisten ab 2022 weniger wert? Wo bleibt die Gleichberech­tigung? Ich bin geborene österreichische Staatsbürgerin, genauso wie Sie, in Wien aufgewachsen, jetzt in Niederösterreich wohnhaft. Meine Eltern und Großeltern haben das Land damals mitaufgebaut, genauso wie Ihre.

Ich bin enttäuscht von unserem Land Österreich. Ich musste leider feststellen, dass Pensionisten, die ab 2022 erst ihre Pension antreten konnten, anscheinend die schlechteren Menschen und Pensionisten sind und somit nur 2,9 Prozent Erhöhung bekommen. Wie wir wissen, haben wir zurzeit eine Inflation von fast 11 Prozent. Und es sei vermerkt, dass auch die 5,8 Prozent für die bevorzugten Pensionen von 2022 schon ein Scherz sind.

Ich frage mich, ob unsere Einzahlungen der Arbeit weniger wert sind.

Auch diese Vorgangsweise ist eine absolute Diskriminierung. – Zitatende.


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Was heißt denn das, meine Damen und Herren? – Diesen Menschen nehmen wir in der gesamten Lebenszeit, die sie jetzt in ihrem dritten Lebensabschnitt haben, mit der Maßnahme, die diese schwarz-grüne Regierung gesetzt hat, Abertau­sende von Euro weg, nämlich mit der Aliquotierung der ersten Pensions­anpas­sung. (Beifall bei der SPÖ.)

Haben diese Menschen schlechtere Beiträge einbezahlt? – Nein, haben sie nicht. Sind diese Menschen Menschen zweiter Klasse? – Nein, sind sie nicht. Aber Sie haben eine Maßnahme getroffen, durch die diesen Menschen all die Jahre hindurch in ihrem dritten Lebensabschnitt Geld weggenommen wird.

Ich ersuche Sie wirklich dringendst, diese Maßnahme sofort zu ändern und diesen Menschen das zu geben, was ihnen zusteht, denn diese Menschen zahlen auch unsere Gehälter. (Beifall bei der SPÖ.)

10.31

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher,

Genossinnen und Genossen

betreffend Entgeltbonus für Pflegeberufe beitrags- und steuerfrei auszahlen

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 21

Die Regierung hat am 12. Mai des heurigen Jahres die angeblich „größte Pflegereform der vergangenen Jahrzehnte“ verkündet und hat 20 Maßnahmen angekündigt, die noch heuer umgesetzt werden sollten.

Wie so oft blieb es bei vielen dieser Maßnahmen bei der Ankündigung.


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Insbesondere eine Maßnahme, die eigentlich für die Aufwertung und Anerkennung der Pflegeberufe gedacht war, ist bis heute nicht umgesetzt. Es handelt sich dabei um den Entgelterhöhungszuschuss, der den Angehörigen der Pflegeberufe mehr Einkommen sichern sollte. Nicht nur, dass dieser auf zwei Jahre befristet ist und niemand weiß, wie es nach diesen zwei Jahren weitergehen soll, ist der Zuschuss für 2022 noch gar nicht zur Auszahlung gekommen.

Bei der Präsentation der Pflegereform Mitte Mai stellte Gesundheitsminister Johan­nes Rauch (Grüne) einen durchschnittlichen Bonus in Höhe eines Monatsgehaltes in Aussicht. Es solle sich um einen "spürbareren Nettoeffekt" handeln, sagte er damals.

Jetzt soll diese Gehaltserhöhung als Einmalzahlung von 2.000 Euro brutto (inklusive Ar­beit­geberanteil) im Dezember zur Auszahlung gelangen, allerdings voll versteuert und bei­tragspflichtig. Damit bleibt den Betroffen maximal 60 Prozent davon, also 1.200 Euro.

Es gäbe aber die Möglichkeit, diesen Bonus zu 100 Prozent den Betroffenen zukom­men zu lassen. Dazu müsste die Regierung nur ihr eigens für den Zweck der Teuerungsabgeltung beschlossenes Gesetz anwenden, wonach Arbeitsgeber ihren Mitarbeiter*innen einen Bonus bis zur Höhe von 3.000 Euro steuer- und beitragsfrei auszahlen können. Warum geschieht das gerade bei dem in den letzten drei Jahren so stark belasteten Pflegepersonal nicht?

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, den Entgelterhöhungszuschuss für das Pflegepersonal für das Jahr 2022 – so wie es für den Teuerungsbonus vorgesehen ist, steuer- und beitragsfrei zur Auszahlung zu bringen.“

*****



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fischer. – Bitte.


10.31.24

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Konsumentenschutz ist uns allen wichtig und dafür gibt es im Budget 6,7 Millionen Euro. 6,7 Millionen Euro, das hört sich nicht viel an, schaut man sich aber an, welche Bereiche damit unter­stützt werden, dann sieht man, dass mit 6,7 Millionen Euro sehr viel gemacht werden kann. Auf der einen Seite ist der Verein für Konsumenteninfor­mation für das nächste Jahr ausreichend abgesichert – dafür möchte ich mich auch beim Herrn Minister bedanken.

Es ist für nächstes Jahr ausreichend Geld vorgesehen, und es stimmt nicht, dass der VKI heuer zu wenig Geld bekommt (Abg. Wurm: Natürlich stimmt das! Frau Kollegin Fischer, ehrlich bleiben!), sondern wir arbeiten an einer langfristigen Finanzierung. (Abg. Ries: Sie arbeiten langfristig?!) Ob wir das jetzt Basisfinan­zie­rung oder Werkvertrag nennen, der VKI kann gut arbeiten. Der VKI ist uns wichtig, der VKI ist das Kernstück des Konsumentenschutzes. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich setze mich dafür ein, dass es heuer und auch für die nächsten Jahre eine Ausfinanzierung gibt. Wir arbeiten an einer langjährigen Finanzierung, und das steht auch so im Regierungsprogramm, in unserem Aufgabenheft drinnen, und das arbeiten wir derzeit ab.

Zum Inhaltlichen: Der VKI hilft uns in der Krise. Er hat uns in der Pandemie geholfen; ihr könnt euch erinnern. Ihr habt vielleicht in einem Fitnesscenter eine Jahreskarte gehabt oder eine Skikarte gekauft oder eine Lebensversicherung abgeschlossen, und diese Dinge haben sich dann in Pandemiezeiten anders


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entwickelt, als ihr euch das vorgestellt hattet. Und da hat der Verein für Konsumenteninformation dafür gesorgt (Abg. Belakowitsch: Ich habe mir keine Skikarte kaufen dürfen, ich bin ungeimpft!), da hat der VKI dafür gesorgt, dass man das Geld für die Skikarte, das Geld für das Fitnesscenter zurückbekommen hat. (Abg. Belakowitsch: Ich habe mir keine kaufen dürfen!)

Jetzt ist es zum Beispiel ein großes Anliegen, dass man auch in der Energiekrise die Leute richtig berät, ob es bei Energieanbietern irgendwelche negativen Klauseln gibt. Und auch da wurde bei unzulässigen Preiserhöhungen eingegrif­fen.

Letztendlich sind wir alle Konsumenten und Konsumentinnen, und wenn Rechte nicht durchgesetzt werden, dann sind sie nichts wert. Deswegen ist es wichtig, dass es all diese Rechtsschutzeinrichtungen gibt. Ein Beispiel ist auch die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte. Die Schlichtung für Verbraucherge­schäfte hilft uns in vielen Angelegenheiten, dass geschlichtet wird und nicht gestritten werden muss.

Mein Kollege Michel Reimon hat gesagt, man hat viel zu wenig Zeit für den Inhalt, der da ist, und das ist auch beim Konsumentenschutz so. Es geht so viel weiter und man kann in diesen 4 Minuten Redezeit nicht alles hineinpacken, aber ich möchte noch ein wirkliches Erfolgsmodell aus dem letzten Jahr heraus­greifen, den Verbraucherrat.

Beim Verbraucherrat sorgen wir dafür, dass Konsumenten und Konsumentinnen gehört werden, damit die Normung so stattfindet, dass Unternehmen und Verbraucher gleichmäßig gehört werden und auch Menschen mit Behinderungen als Konsumenten wahrgenommen werden. Das ist neu und das ist ganz wichtig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) – Danke.

Noch ein paar Zahlen im Detail: Die Verbraucherschlichtung bekommt nächstes Jahr 330 000 Euro, die Schuldnerberatung 357 000 Euro, der Internetombuds­mann 225 000 Euro und der Verbraucherrat 200 000 Euro. (Abg. Wurm: Das sind


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ja riesige Summen, Frau Kollegin! Riesige Summen!) Das alles sind wichtige Einrich­tungen. Und nicht nur die Macht der kleinen Schritte ist wichtig, sondern es ist auch wichtig, dass wir gemeinsam ein gutes Budget machen und Verantwortung übernehmen und die Dinge nicht schlechtreden. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ragger. – Bitte.


10.35.52

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Bevor ich mit meiner eigentlichen Rede beginne, darf ich die HTL Paul-Hahn-Straße aus Linz begrüßen – Herr Abgeordneter Hammer war dort ebenfalls Schüler. Herzlich willkommen im Hohen Haus! (Allgemeiner Beifall.) – Es geht in diesem Hohen Haus manchmal auch durchaus freundschaftlich zu.

Nun zu den einzelnen Zahlen, zum Budget für den Bereich Soziales: Da sollte man natürlich so einsteigen, dass man – das macht man ja beispielsweise auch im privatwirtschaftlichen Bereich – sich die Bilanz der vergangenen Saison anschaut. Das heißt, man stellt Aktiva und Passiva gegenüber und schaut sich an: Hat das funktioniert? Bin ich gut unterwegs gewesen? Habe ich positiv abge­schlossen oder habe ich mit einem Minus abgeschlossen?

Und dazu mache ich dann einen strategischen Ausblick und frage: Was möchte ich denn in dem betreffenden Jahr erreichen? Das nennt sich dann bei uns im Budget Wirkungsziele, die es zu erreichen gilt.

Frau Kollegin Ribo hat heute groß darüber gesprochen, dass die 1 Milliarde Euro, die wir jetzt zusätzlich in diesen Pflegebereich fließen lassen, „ein großer Meilenstein“ sind. Man hat sich aber die Wirkungsziele aus den vergangenen Jahren nicht angeschaut. Das wäre relativ einfach gewesen und man hätte


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gesehen, dass die gesamten Erfüllungen der Jahre 2020, 2021 durchschnittlich bewertet worden sind. Das heißt, man ist den einzelnen Zahlenwerken, die man in Form gegossen hat, nicht nachgekommen. Das liegt aber daran, dass man, wenn man eine Reform macht, sich auch den Gesamtblock einer Reform anschauen muss.

Dieser Reformblock hat drei wesentliche Elemente: Das ist – erstens – die Ausbildung in der Pflege, das sind – zweitens – die Transferzahlungen, die der wesentliche Inhalt sind, wie die Leistungen in der Pflege veranschlagt werden, und vor allem – und das ist das Wesentlichste – sind das die zu Pflegenden. Und diese Bereiche führen bei einem föderalistischen Ansatz, wenn man neun Bundesländer und den Bund hat, zu vielfachen Verwerfungen, nämlich dahin gehend, dass das gesamte Budget des Herrn Ministers – es sind fast 95 Pro­zent – Transferzahlungen sind; da meine ich das Pflegegeld und 570 Millionen Euro für den Pflegefonds.

Wenn dann als Wirkungsziel drinsteht, man werde heuer erst einmal eine Kommission einrichten, damit man irgendwie eine Ordnung zwischen dem Bund und den Ländern zustande bringt, dann, muss ich sagen, haben Sie zwei Jahre versäumt; denn das sind die ersten Parameter, die man festlegen muss, nämlich wohin denn das Geld fließt. Wir haben circa 500 000 Pflegegeldbezieher – 486 000, um die genaue Zahl zu nennen –, und letztendlich verteilen der Bund und vor allem die Länder ihre Pflegegeldleistungen, wie sie es budgetär brauchen. Das Wesentliche aber dabei – und das vergessen alle – ist, dass 85 Prozent der Pflege zu Hause erfolgt. Und für diese Leistungen sind ganz minimale Ansätze vorhanden.

Das, was wir hier letztendlich immer wieder im Zusammenhang mit den budgetären Ansätzen festlegen, ist etwas ganz Einfaches: nämlich dass wir einfach nur Kosten deckeln, anstatt zu schauen, wie wir den niedergelassenen Bereich, die Pflege zu Hause, so stärken, dass wir die Versorgung dort durchführen können, dass wir dort für die erforderliche Ausbildung, für den Transfer, das Zusammentreffen mit einzelnen Leistungsanbietern sorgen und


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nicht das Geld letztendlich in die Pflege in einem Pflegeheim stecken. Das ist nämlich der falsche Ansatz, bei dem wir seit Jahren immer wieder verkehrt ansetzen, was dann auch dazu führt, dass wir diese Kosten zwangsweise erhöhen. Und daher ist diese 1 Milliarde Euro im Pflegebereich, die man seit zehn Jahren eigentlich benötigt hätte, einfach nur Makulatur.

Daher ist hier im Budget der falsche Ansatz gewählt worden. Der Zielansatz muss sein: Die Länder müssen in die Pflicht genommen werden, die ausgelagerte pflegerische Leistung, nämlich die Pflege zu Hause, zu stärken, zu forcieren, dort Geld zu investieren. Das wäre der Ansatz, um eine langfristige Kostenentlastung im Bereich Pflege zu erreichen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Scheucher-Pichler. – Bitte.


10.40.24

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor allem aber liebe Seniorinnen und Senioren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Viele Aussagen der Oppositionsredner verunsichern die ältere Generation. Ich bedauere das, und deswegen noch einmal ganz klar: Sowohl die Pensionen als auch die Pflege sind uns große Anliegen – die ältere Generation, die Seniorinnen und Senioren können sich auf diese Bundesregierung verlassen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Man kann es nicht oft genug sagen: Unseren Wohlstand, unsere hohen sozialen Standards verdanken wir zu einem Großteil den Generationen vor uns, die mit großer Leistungsbereitschaft – die ich mir auch jetzt in vielen Bereichen wünschen würde – und mit sehr vielen Entbehrungen dieses Land aufgebaut haben, und daher ist es für diese Bundesregierung auch selbstverständlich, ein Budget bereitzustellen, das den Seniorinnen und Senioren ein Leben in Würde und bei guter Lebensqualität sichert. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 560

Meine Damen und Herren! Es wurde schon so viel über die Pensionen gesagt. Sie, Herr Kollege Wurm, reden von einem Plus von 5,8 Prozent. – Ja, das ist die gesetzliche Vorgabe, aber 1,2 Millionen Pensionisten bekommen 8,2 Prozent plus. Sie wissen das, Sie sagen es nur nicht. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Die Ausgleichszulagenbezieher bekommen 10,2 Prozent, und mit dem Antiteuerungspaket wurden auch viele andere Maßnahmen umgesetzt.

Wichtig sind auch die 540 Millionen Euro Direktzahlungen im März. Sie, Frau Kollegin Belakowitsch, werden wieder sagen, dass das nichts ist, aber das ist wichtig, bevor es zur nächsten gesetzlichen Anpassung kommt, um eben Altersarmut und Teuerung abzufedern.

Noch einmal die Botschaft: Die niedrigen und die mittleren Pensionen wurden entsprechend gestärkt, und das ist sozial. Das ist sozial, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Pensionen sind sicher, also verunsichern wir hier die ältere Generation nicht! Darüber wurde heute schon diskutiert. Längerfristig sind trotzdem viele Maß­nahmen notwendig, etwa die Heranführung des durchschnittlichen faktischen Pensionsantrittsalters an das gesetzliche Pensionsantrittsalter bei gleichzeitiger Sicherstellung einer funktionierenden Wirtschaft und eines funktionierenden Arbeitsmarktes; der Herr Bundesminister ist darauf eingegangen. Das sichert langfristig den Wohlstand auch für unsere ältere Generation.

Wichtig sind auch Prävention, Gesundheitsvorsorge, begleitende Übergänge in die Pension. Das Know-how, das Wissen der älteren Generation soll nicht verlorengehen. Viele wollen tageweise, stundenweise weiterarbeiten. Auch dafür braucht es ein Angebot der Regierung.

Ich betone auch noch einmal die Valorisierung der Sozialleistungen – das Rehageld, lange gefordert, 2023 umgesetzt –, allein das, es wurde schon gesagt, sind immerhin auch 363 Millionen Euro mehr für die Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 561

Zur Pflegereform, meine Damen und Herren: Herr Kollege Ragger, du redest von der Vergangenheit, du hättest vieles davon als Landessozialreferent in Kärnten ja längst umsetzen können. 1 Milliarde Euro für die Pflege – das ist eine wichtige erste Etappe. Wir haben darauf reagiert, und ich betone noch einmal: Alle Exper­tinnen und Experten, alle Pflegevereine haben diese Reformansätze für gut befunden.

Beschlossen wurden Pflegestipendien von 1 400 Euro, der Ausbau der Pflege­schulen, Gehaltserhöhungen im Bereich der Pflege, ein Zweckzuschussgesetz für die Pflegeausbildung und vieles, vieles mehr; ich kann jetzt gar nicht mehr auf alles eingehen, es wurde ja gesagt. Auch die Erhöhung des Pflegegeldes ist ganz wichtig, damit speziell chronisch Kranke, Demente mehr Pflegegeld erhalten werden. Das ist entscheidend!

Abschließend, meine Damen und Herren, noch einmal: Dieses Budget ist sozial ausgewogen, es ist generationengerecht, es macht ein Altwerden in Würde möglich, und das ist für uns, für diese Regierung, wichtig. Wir schauen auf die ältere Generation, die Seniorinnen und Senioren können sich auf diese Regierung verlassen! – Danke, Herr Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Werner. – Bitte sehr.


10.44.37

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher hier im Saal und zu Hause! Vor einem Jahr bin ich auch hier gestanden, an derselben Stelle, und habe zum selben Thema gesprochen, zur UG 21, zum Konsumentenschutz. Was hat sich seitdem verändert? – Der Minister und die Umstände. Damals waren wir noch mitten in der Pandemie, heute ist Krieg in Europa, es gibt eine rasende Inflation, und die Energiepreise steigen massiv.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 562

Was sich nicht verändert hat: Damals wie heute sind die Konsumentenschutz­rechte unter Druck. Während der Pandemie waren es vor allem Dinge im Reisebereich, im Kulturbereich, wie wir vorhin schon gehört haben, Tickets, Abos und dergleichen, und heute sind es die Energiekosten. Der VKI strebt Musterklagen und dergleichen an, um diese Rechte durchzusetzen.

Was sich auch nicht verändert hat – und das ist traurig –: Die Regierung hat es wieder einmal nicht geschafft, das sich selbst gesetzte Ziel umzusetzen, nämlich: eine langfristige Finanzierung für den VKI auf die Beine zu stellen. Es gibt zwar Geld, genug Geld für das nächste Jahr, durch einen Quick-and-dirty-Fix, aber – ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht –, Sie sind gescheitert, Herr Minister! Sie haben es nicht geschafft, mit der ÖVP ein VKI-Finanzierungsgesetz auf die Beine zu stellen. Das ist ein Scheitern eines grünen Politprofis an der Stillstandspartei ÖVP. (Beifall bei den NEOS.)

Das Traurige daran ist: Dieses Scheitern im Kleinen – denn es geht um nicht so viel Geld wie in anderen Bereichen – ist das Sinnbild für das Scheitern dieser Regierung im Großen. Es ist das Sinnbild dafür, warum sich die Menschen von der Politik abwenden, und es ist das Sinnbild dafür, warum es Neuwahlen braucht.

Wenn Sie nicht einmal in diesem winzigen Bereich eine Einigung erzielen können, wie wollen Sie dann wirklich diese großen Probleme lösen? Wie wollen Sie dem Bildungssystem, das so dringend einen Neustart braucht, eben diesen bringen? Wie wollen Sie zur Lösung der Energie- und der Klimakrise beitragen? Wie wollen Sie der Verarmung entgegentreten? Und vor allem: Wie wollen Sie den Menschen, vor allem den jungen Menschen, die zum Beispiel dort oben auf der Galerie sitzen, wieder die Hoffnung geben, dass sie sich durch die eigene Leistung wieder etwas aufbauen können?

Um es klar zu sagen: Ihnen läuft die Zeit davon! Sie haben jetzt noch ein Jahr, das nächste Jahr, als letzte Chance, das hinzubringen. Aber ehrlich gesagt sehe ich es nicht, nicht mit der ÖVP. Ich sehe nur: Es braucht frischen Wind in diesem


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 563

Haus und endlich wieder eine Politik, die den Menschen vor die eigene Partei stellt. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zarits. – Bitte.


10.47.58

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja heute schon angesprochen worden, dass sehr, sehr viele Herausforde­rungen vor uns liegen, wir aber auch schon sehr, sehr viele Herausforderungen in den vergangenen Monaten bewältigt haben.

Wenn wir über die Krise reden, über die Teuerung reden, dann möchte ich schon auch in Erinnerung rufen, vor allem auch der Opposition, welche Maßnahmen wir in den vergangenen Monaten schon gesetzt haben; vor allem für jene Men­schen, die die Teuerung natürlich am meisten betrifft, nämlich für jene Men­schen mit kleinen und mittleren Einkommen, für Familien und auch für Pensionistinnen und Pensionisten. Da wurde schon sehr, sehr viel gemacht, Stichwort Teuerungsbonus: 500 Euro pro Person plus 250 Euro pro Kind. Ich nenne auch den Energiegutschein. Auch Menschen, die unverschuldet in eine schwierige Situation gekommen sind, beispielsweise Arbeitslose, wurden mit Einmalzahlungen von 150 Euro im Jänner, 150 Euro im März und dann 300 Euro im August zusätzlich von der Bundesregierung unterstützt.

Angesichts der Diskussion und all der Probleme, die wir auch in Österreich zu lösen haben, möchte ich schon eines festhalten: Wir werden von vielen anderen Menschen darum beneidet, dass wir in einem Land wie Österreich leben dürfen. Wir haben ein Gesundheitssystem, das funktioniert (Abg. Erasim: Das Gesund­heitssystem funktioniert nur für die oberen Zehntausend!), wir haben ein Sozialsys­tem, das funktioniert, und darauf können wir alle miteinander stolz sein. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 564

Natürlich gilt es, das Sozialsystem entsprechend weiterzuentwickeln, und das Budget 2023 ermöglicht uns, dass wir an Schrauben drehen und das Sozial­system weiterentwickeln. Wir müssen strukturelle Maßnahmen setzen und wir haben auch schon strukturelle Maßnahmen gesetzt, vor allem auch im steuerlichen Bereich. Ich erinnere an die Erhöhung des Familienbonus Plus auf 2 000 Euro, an die Abschaffung der kalten Progression mit 1.1.2023. Das ist ein Meilenstein in der Steuerpolitik, viele Menschen werden dadurch steuerlich entlastet. Viele Menschen bekommen das Geld, das ihnen die Inflation nimmt, zurück, und das automatisch. (Beifall bei der ÖVP.)

Unser Land, das habe ich vorhin bereits angesprochen, hat eines der besten Sozialsysteme der Welt. Zum Glück können sich die Menschen, die in unserem Land Hilfe brauchen, auf den Staat verlassen; wenn es ihnen schlecht geht, springt der Staat ein und steht ihnen natürlich zur Seite.

Wir haben viele Bereiche abgedeckt, vor allem auch in der Pflege, und dafür möchte ich mich bei unserem Klubobmann August Wöginger ganz herzlich bedanken. Seit vielen Jahren und Jahrzehnten wird darüber diskutiert, August Wöginger hat gemeinsam mit unserem Gesundheitsminister die größte Pflegereform in der Geschichte der Zweiten Republik – mit einem Volumen von 1 Milliarde Euro – auf den Weg gebracht. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht darum, den Menschen, die in der Pflege arbeiten, den Menschen, die tagtäglich Großartiges leisten, 520 Millionen Euro Gehaltsbonus zukommen zu lassen. Es geht darum, junge Menschen für den Pflegeberuf zu interessieren, Pflegestipendien zu schaffen, eine Verbesserung der Pflegeausbildung sicherzustellen, die Pflegelehre zu etablieren oder beispielsweise auch jenen Menschen, die in der Pflege arbeiten, eine zusätzliche Entlastungs- beziehungs­weise Erholungswoche ab dem 43. Lebensjahr zukommen zu lassen.

Meine geschätzten Damen und Herren, die Generation meiner Eltern und Großeltern hat es ermöglicht, dass wir in Wohlstand leben können, dass wir in sozialem Frieden leben können. Jene Menschen – Frau Kollegin Scheucher-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 565

Pichler hat es schon angesprochen –, die jetzt in Pension sind, haben unseren Staat, unseren Sozialstaat, unser Gesundheitssystem zu dem gemacht, was es heute ist. Ihnen müssen wir natürlich vor allem jetzt, in Zeiten der Teuerung, zur Seite stehen. Eine Pensionserhöhung um 10,2 Prozent für jene Menschen, die wenig Pension haben, für Mindestpensionisten, kann sich sehen lassen. 200 000 Menschen bekommen im nächsten Jahr 10,2 Prozent mehr, 400 000 Men­schen, die eine Pension von 1 700 Euro haben, bekommen 8,2 Prozent plus. Ich denke, das ist eine Pensionserhöhung, die sich sehen lassen kann. Auf diese Pensionserhöhung können wir stolz sein.

Es wird immer der Vergleich mit Deutschland herangezogen, ich habe mir die Zahlen angeschaut: Die Pensionserhöhung, die in Deutschland für das Jahr 2023 vorgesehen ist, beträgt – bei einer rot geführten Regierung – 3,5 Prozent im Westen und 4,2 Prozent im Osten.

Ich denke, dass diese Bundesregierung alles tut, um die Menschen durch diese Krise zu führen. Ein weiterer Meilenstein ist die Valorisierung der Sozial- und Familienleistungen, auf die ich auch stolz bin. Vor allem Kollege Sieber hat sich sehr dafür eingesetzt, dass die Familienleistungen dementsprechend angepasst werden. Wir tun das, was in dieser Situation richtig ist. Ich bitte um Zustimmung zum Sozialbudget 2023. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stöger. – Bitte.


10.52.41

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Herr Minister, mir hat Ihre Rede, in der Sie den Zusammenhalt beschworen und gesagt haben, dass dieser für eine Gesellschaft wichtig ist, gefallen. Das ist im Hinblick auf die Sozialpolitik eine gute Sache. Ein bisschen nachdenklich macht aber, wenn der Klubobmann des Koalitions­partners die Menschenrechte in Diskussion bringt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 566

Wie schaut denn Ihre Sozialpolitik aus? Was bedeutet denn das? Ihr als Bundesregierung seid angetreten und habt gesagt, ihr wollt die Armut halbieren. Herr Bundesminister, wenn die Bundesregierung die Armut halbieren will, dann müsste sie hergehen und mutig sein. Sie müsste zum Beispiel in den Markt eingreifen und die Preise reduzieren. Herr Bundesminister, Sie können wenig dafür, aber das hat die Bundesregierung schlicht und einfach nicht gemacht, und deshalb werden die Menschen ärmer. Sie können sich die Strompreise, die Gaspreise und das Heizen nicht mehr leisten, und das hat sehr viel mit Sozial­politik zu tun. (Abg. Kühberger: Der Strompreisdeckel kommt am 1. Dezember, ganz viele Maßnahmen haben wir ...!) Die ÖVP hat offenbar nicht verstanden, dass man mit Einmalzahlungen Probleme nicht langfristig lösen kann und dass Armut ein größeres Thema ist. (Abg. Kühberger: Die kalte Progression ist keine Einmalzahlung!)

Herr Bundesminister, schauen wir uns die Budgetzahlen und die Wirkungsziele an! Ihr selbst habt zugegeben, dass die Armut in den letzten drei Jahren gestie­gen ist. Ihr habt lauthals verkündet, die Armut zu halbieren, und müsst jetzt zugeben, die Armut in Österreich ist, während eine schwarz-grüne Regierung im Amt war, gestiegen.

Herr Bundesminister, ich sage ganz deutlich: Ihr seid schon drei Jahre in der Regierung, fünf Jahre habt ihr, und ihr wollt die Armut halbieren, das heißt, im vierten Jahr eures Regierens müsste es eigentlich im Budget so richtig knallen, da müsste sich etwas abspielen. Dass man jetzt endlich beginnt, die Armut zu halbieren, sehe ich aber in diesem Budget keinesfalls. Das Gegenteil ist der Fall: Die Zahl der armutsgefährdeten Menschen ist leider größer geworden. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „jährliche Erstellung eines Berichts über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 567

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat jährlich einen Bericht über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich zu übermitteln. Der erste Bericht soll bis 30.April 2023 vorgelegt werden und den Zeitraum der letzten 5 Jahren erfassen, sowie gezielt Vorschläge für Maßnahmen zur Verrin­gerung von Armut und Armutsgefährdung enthalten.“

*****

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich glaube, dass es wichtig ist, sich mit dem Thema Armut auseinanderzusetzen, die Strukturen darzulegen, um zu sehen, wie wir die Armutsgefährdung vor allem von besonders gefährdeten Personen­grup­pen verringern können.

Ich stehe nicht an, zu sagen, dass einige Beispiele durchaus positiv sind, das muss man anerkennen, zum Beispiel die Tatsache, dass man die Sozialleistungen aliquotiert. Schade, dass das Arbeitslosengeld nicht dabei ist, aber man muss anerkennen, dass das gemacht worden ist, das ist okay. Wir müssen aber auch die strukturelle Arbeitslosigkeit in diesem Land beenden, deshalb ersuche ich um Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag. (Beifall bei der SPÖ.)

10.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé,

Genossinnen und Genossen

betreffend jährliche Erstellung eines Berichts über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des


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Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 21

Armut ist keine Frage des Verzichts. Armut ist ein von außen aufgezwungener Mangel. Sie bewirkt eine Einengung bis hin zu dramatischen Situationen, wo es keinen Handlungsspielraum mehr gibt, keine Entscheidungen mehr möglich sind. Die Betroffenen können die Wohnung nicht angemessen warmhalten, geschweige denn unerwartete Ausgaben tätigen. Außerdem sind arme Menschen häufiger krank und müssen oft in überbelegten, feuchten, schimmligen Wohnungen leben. Armut macht einsam und nimmt Zukunft.

In Österreich ist Armut in den letzten Jahren gestiegen statt gesunken. Geschuldet teilweise einer nicht armutsfesten Sozialhilfe, die Höchstleistungen statt Mindest­leistungen vorgibt, einer hohen Arbeitslosigkeit mit einem Arbeitslosengeld, das nicht mehr zur Existenzsicherung ausreicht, übertrieben hohen Wohnkosten, die sich viele einfach nicht mehr leisten können, einer Teuerungskrise, die viele Menschen hungrig schlafen gehen lässt und einer Regierung, die wegschaut, statt hinzusehen.

Die Statistik spricht von Armut und sozialer Ausgrenzung, wenn geringes Einkommen auch mit Einschränkungen in zentralen Lebensbereichen verbunden ist.

Als Einkommensarmutsschwelle werden 60 % des Median-Pro-Kopf-Haushalts­einkommens definiert: das sind derzeit 1.328 Euro für einen Einpersonenhaushalt (EU-SILC 2020 – Stand 2021). Die meisten Einkommen armer Menschen liegen allerdings weit unter dieser Schwelle, so haben rund 300.000 Menschen nicht mehr als 600 Euro zur Verfügung.

Ein gut ausgebauter Sozialstaat, der Österreich ohne Zweifel ist, muss Lösungen für die Bekämpfung von Armut entwickeln. Um diese wirklich zielgerichteten Lösungen anzugehen, braucht es Zahlen, Daten und Fakten, die erhoben, beziehungsweise zusammengeführt werden müssen. Dazu sollte ein eigener Bericht über Entwicklung und Ursachen für die doch hohe Armutsgefährdung in Österreich erstellt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 569

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat jährlich einen Bericht über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich zu übermitteln. Der erste Bericht soll bis 30.April 2023 vorgelegt werden und den Zeitraum der letzten 5 Jahren erfassen, sowie gezielt Vorschläge für Maßnahmen zur Verringerung von Armut und Armutsgefährdung enthalten.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Ich darf die HAK Eferding recht herzlich bei uns begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.


10.57.14

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir debattieren die UG 21, Soziales und Konsumentenschutz. Herr Minister, Sie und Ihr Haus haben im kommenden Jahr ein Budget von über 5 Milliarden Euro zu verwalten. Das ist ein Plus von über 700 Millionen Euro – genauer: 774 Millionen Euro – oder in Prozenten ausgedrückt ein Plus von 18,2 Prozent. Ich gratuliere Ihnen zu diesem Ergebnis und zu diesem Budget, ich gratuliere uns allen, dass wir hier in diesem Bereich so viel bewegen.

Ein Grund für dieses Plus ist natürlich unter anderem die Pflegereform, sie schlägt ordentlich zu Buche. Konkret werden beinahe 4,5 Milliarden Euro für den Pflegebereich zur Verfügung gestellt. Welche Bereiche sind betroffen? – Das sind zum einen die Mittel für das Pflegegeld inklusive Pflegekarenz, für den


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Pflegefonds, die 24-Stunden-Betreuung; es wird Geld für pflegende Angehörige bereitgestellt und es wird auch, das haben wir miteinander beschlossen, der so wichtige Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung damit finanziert. Es gibt Zweckzuschüsse für die Länder und für die Erstausbildung in Pflegeheimen, aber auch für das Pflegestipendium beim AMS werden Mittel bereitgestellt.

Nun, wem hilft das Ganze? – Mit Stand August sind es über 470 000 Personen in Österreich, die Pflegegeld beziehen, 22 000 bekommen Unterstützung für eine 24-Stunden-Betreuung und 3 500 Personen sind in Pflegekarenz. Wenn hier gesagt wird, nicht alles sei in Ordnung: Ja, wir wissen, auch in der Pflege gibt es noch viel zu tun. Aber, meine Damen und Herren, ganz ehrlich: Man zeige uns doch das Land in Europa, das mehr für jene Bürger tut, die Pflegebedarf haben. Ich glaube, dass wir in diesem Land sehr viel für Menschen tun, die der Pflege bedürfen, und ich bin stolz und dankbar, in Österreich leben zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Teil der Offensive für mehr Personal, die gestartet wird, ist ein Modell­versuch für eine Pflegelehre. Herr Minister, Sie werden wenig verwundert sein, Vorarlberg hat sich natürlich gleich bereit erklärt, Modellregion für die Etab­lierung der Pflegelehre zu sein. Niemand geringerer als Lehrlingspapst Egon Blum oder auch der uns beiden bestens bekannte Günter Lampert waren Proponenten, die sich über viele Jahre für eine Pflegelehre nach dem Schweizer Modell starkgemacht haben.

Meine Damen und Herren! In einer ganz aktuellen Studie der Schweiz, in der Jugendliche befragt wurden, haben sich 8 Prozent aller Jugendlichen dazu bekannt, diese Lehre machen zu wollen, ein Wert, der für uns eigentlich unvorstellbar ist, der uns aber bei der Rekrutierung von Pflegekräften unglaub­lich helfen wird. 8 Prozent ist ein Wert, der großartig wäre. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Wir sind uns vollkommen bewusst, dass diese Pflegelehre kein Allheilmittel sein wird, aber dennoch glaube ich, dass sie ein Teil des Systems sein kann, der helfen


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kann. Ich darf dem Herrn Minister, aber auch unserem Klubobmann August Wöginger, die sich beide dieses Modell in der Schweiz angesehen haben, meinen ausdrücklichen Dank aussprechen. Ich glaube auch, dass mit unserer Sozial­landesrätin Wiesflecker und der gesamten Landesregierung ein gutes Modell in Vorarlberg vorangetrieben werden kann. In der Aqua-Mühle haben wir bereits ein Modell im kleinen Stil, von dem ich glaube, dass es entsprechend weiter­entwickelt werden kann und muss. (Abg. Kucher: Welche Fachgesellschaft unter­stützt das? Ist das evidenzbasiert?)

Meine Damen und Herren! Gehen wir gemeinsam diesen Weg! Wir haben viele Mittel für die Pflege bereitgestellt. Wir sind auf dem richtigen Weg, und ich glaube, dass sich die Bevölkerung und vor allem die alten Menschen, die der Pflege bedürfen, auf uns verlassen können. Herr Minister, noch einmal herz­lichen Dank! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

11.01


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte.


11.01.34

Abgeordneter Christian Ries: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen im Hohen Haus! Den Kon­sumentenschutz verbinden wir in Österreich in erster Linie mit dem VKI, dem Verein für Konsumenteninformation, der sich hervorragend schlägt und dessen Tätigkeitsbericht für 2021 sich wieder sehen lässt: 124 Tests und Reportagen, 253 Klagen, 15 Sammelaktionen, 30 Sammelklagen für insgesamt 15 000 Konsu­menten. Der VKI erreicht dabei eine Erfolgsquote, die ihresgleichen sucht. Kein Wunder, dass der VKI deswegen viele Druckwerke und Abos verkaufen kann. Der Rest des Budgets des VKI wird durch die AK und das zuständige Ministe­rium – Ihr Ministerium – bestritten.

Unsere Kritik an der Finanzierung des VKI ist heuer wieder dieselbe, die wir immer schon geäußert haben und äußern mussten, denn der VKI hat nicht eine


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jährliche, sondern eine fortlaufende, fixe Finanzierung verdient, und zwar mehr als 55 Cent pro Einwohner. Das ist schon reichlich knapp bemessen, werte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Uns ist es völlig schleierhaft, warum es dieses VKI-Finanzierungsgesetz gerade jetzt nicht gibt, gerade in einer Zeit, in der Energiegesellschaften und andere Unternehmen weit über Gebühr den Konsumenten zur Kasse bitten. Es bräuchte jetzt einen Konsumentenschutz, der sich um seine eigene Absicherung keine Sorgen machen muss, sondern sich für seine Klienten, also für uns alle, für uns Bürger, voll ins Zeug legen kann, etwa bei den Energiepreisen der EVN, der Wien Energie und wie sie alle heißen, bei denen Rot oder Schwarz die Hand drauf­haben. (Abg. Kühberger: Und wie?)

Es wurde schon mehrfach gestern und auch heute gesagt, diese Unternehmen machen fantastische Gewinne, und zwar nicht deswegen, weil sie so gut wirtschaften, sondern weil ihnen die Umstände in die Hände spielen, wie etwa das Meritorderprinzip, das eigentlich momentan gerade das Gegenteil dessen bewirkt, was es eigentlich bewirken sollte. Das hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun. Wir wissen, Angebot und Nachfrage halten sich – wie alle Jahre – die Waage, nur die Preise steigen exorbitant. Das hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun und mit sozialer Marktwirtschaft schon gar nichts: Geht es denn unsozialer, als die Energiepreise so hochzuschrauben wie jetzt gerade? Schon gar nichts hat es mit ökosozialer Marktwirtschaft zu tun, wenn jetzt Unternehmen, die Ökostrom erzeugen, Preise in der Höhe der Gaspreise verlangen, zumal sie in der Erzeugung gar keine entsprechenden Kosten haben.

Dazu kommen noch Treibstoffpreise in lichten Höhen. Wir haben Baustoff­preise, die jetzt viele Häuslbauer dazu zwingen werden, die Baustelle vorübergehend einzustellen oder mit dem Bauen erst gar nicht zu beginnen. Wir haben Lebensmittelpreise, die jetzt Bezieher geringerer Einkommen dazu zwingen, in Sozialmärkte zu gehen, und auch Hygieneartikel, die jeder von uns braucht, sind der Teuerung unterworfen. Nicht alle Preissteigerungen sind auch rechnerisch korrekt nachvollziehbar. Manche machen jetzt in dieser Krise fette


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Rendite und gerade deshalb wäre jetzt ein starker Konsumentenschutz unverzichtbar.

Genau deshalb bringen die Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kolle­gen einen Entschließungsantrag für ein VKI-Finanzierungsgesetz als Bundes­gesetz ein. Der Antrag wird zur Verteilung gelangen, das heißt, ich werde ihn jetzt in seinen Eckpunkten erläutern, die da lauten:

Z 1: 4,5 Millionen Euro für Verbraucherinformation, Rechtsberatung, Ver­gleichs­tests, Marktuntersuchungen und wissenschaftliche Tätigkeiten.

Z 2: 1 Million Euro für Rechtsdurchsetzung und Rechtsfortbildung.

Z 3: Diese Beiträge sollen ab dem 1.1.2024 nach dem Verbraucherpreisindex valorisiert werden und die Finanzierung zu Z 1 und 2 danach in eine Regel­finanzierung übergehen.

Quartalsweise Vorschusszahlungen sind zulässig.

Der Bund kann außerdem zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, wenn sie zur Finanzierung von Maßnahmen zum Schutz und der Interessen der Verbraucher dienen, die aufgrund außergewöhnlicher Umstände notwendig werden, und wenn ein erhebliches öffentliches Interesse an diesen Maßnahmen besteht.

Dieses Bundesgesetz soll mit 1. Januar 2023 in Kraft treten. Stimmen Sie mit! Wir bedanken uns dafür und auch der Konsument wird es Ihnen danken. (Beifall bei der FPÖ.)

11.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Walter Rauch, Christian Ries, Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 574

betreffend ein Bundesgesetz betreffend ein VKI-Finanzierungsgesetz 2023

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 21 Soziales und Konsumentenschutz – in der 183. Sitzung des Nationalrats am 16. November 2022

Der Gesetzesentwurf soll gewährleisteten, dass der VKI als wichtigste Institution des österreichischen Verbraucherschutzes und der Vertretung der Verbraucherinteressen organisatorisch, personell und finanziell langfristig abgesichert wird. Die gegenüber den Regierungsvorschlägen erhöhten Mittel um 500.000 Euro sind den zusätzlichen Aufgaben in der Bewältigung der verbraucherschutzpolitischen Herausforderungen im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen, der Sanktionspolitik im Zusam­menhang mit dem Ukraine-Krieg und der Inflationsentwicklung geschuldet.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird ersucht, dem Nationalrat eine Regierungs­vor­lage über ein Bundesgesetz über die Finanzierung bestimmter Aufgaben des Vereins für Konsumenteninformation durch den Bund (VKI-Finanzierungsgesetz 2023) mit nachfolgendem Inhalt zuzuleiten:

Bundesgesetz über die Finanzierung des Vereins für Konsumenteninformation im Jahr 2023 (VKI Finanzierungsgesetz 2023 – VKI FinanzG 2023)

§ 1. (1) Der Bund hat dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) für den laufenden Betrieb und für die Erfüllung des Vereinszwecks im Jahr 2023 maximal folgende Beträge zur Verfügung zu stellen:

1. 4,50 Mio. € für Verbraucherinformation, Rechtsberatung, Vergleichstests, Marktuntersuchungen und wissenschaftliche Tätigkeiten;


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2. 1,00 Mio. € für Rechtsdurchsetzung und Rechtsfortbildung.

3. Die Beträge in § 1 Abs 1 Z 1 und 2 werden ab dem 1.1.2024 nach dem Verbraucherpreisindex valorisiert. Die Finanzierung gemäß § 1 Abs 1 Z 1 und 2 geht ab dem 1.1.2024 in eine Regelfinanzierung über.

(2) Quartalsweise Vorschusszahlungen sind zulässig.

(3) Der Bund kann dem VKI zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, wenn

1. sie der Finanzierung von Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Verbraucher dienen, die aufgrund außergewöhnlicher Umstände notwendig werden, und

2. ein erhebliches öffentliches Interesse an diesen Maßnahmen besteht.

(4) Über die Mittel gemäß den Abs. 1 und 3 sind Verträge zu schließen, die auch geeignete Regelungen für den Nachweis und die Kontrolle der zweckentsprechenden und sparsamen Verwendung der Mittel enthalten. Die Verträge haben die Erfüllung des Vereinszwecks zu ermöglichen, dürfen nicht in Widerspruch zu den Statuten des Vereins stehen und dürfen keinen Einfluss auf die Auswahl der Gegenstände der Vereinstätigkeit nehmen.

(5) Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat dem Ausschuss für Konsumentenschutz des Nationalrats jährlich jeweils bis zum 31. August einen Bericht über die Verwendung der Mittel durch den VKI und die gemäß Abs. 4 durchgeführte Kontrolle vorzulegen.

§ 2. Mit der Vollziehung ist der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betraut, hinsichtlich § 1 Abs. 4 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen.

§ 3. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2023 in Kraft.

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, wurde auch bereits verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte.


11.06.38

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Aus meiner Berufspraxis im Sozialamt und als jahrelange Personalvertretung in einem Alten- und Pflegewohnheim weiß ich, dass die Probleme in der Pflege nicht erst seit 2019, sondern schon seit vielen Jahren bestehen.

Die demografische Entwicklung kennen wir schon lange. Ich kenne die Hinter­gründe nicht, warum in der Vergangenheit so lange keine großen Würfe in der Pflege gelungen sind. Ich bin erst seit 2019 hier im Hohen Haus. (Zwischenruf des Abg. Kucher.) Was steht aber fest? – Von 2013 bis 2017 hat die SPÖ als Kanzlerpartei den Sozialminister gestellt. Was war in dieser Zeit mit einem Pflegepaket? Danach hat die FPÖ die Sozialministerin gestellt – wieder nichts! Herr Kollege Stöger, ich habe Ihnen zuerst aufmerksam bei Ihrer Rede zugehört und muss feststellen: Jetzt verstehe ich, warum Sie während Ihrer Amtszeit als Sozialminister keine praktischen Sachen in die Umsetzung gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Was will ich aber sagen? (Abg. Wöginger: Für alles haben wir auch nicht die Schuld!) – Kritik ist ein legitimes Mittel, aber die Einzigen, die wirklich die Regie­rung kritisieren dürfen, sind die NEOS, denn die hatten noch nie die Gelegenheit, selbst zu gestalten. (Abg. Meinl-Reisinger: Es wird besser!) Herr Kollege Loacker meinte, dass unsere Bücher sehr knapp gestaltet sind. (Zwischenruf des Abg. Loacker. – Abg. Meinl-Reisinger: Das ist eine Werbeeinschaltung für uns! Es wird besser! – Abg. Wöginger: Das gibt es aber nur einmal in vier Tagen!) Liebe Grüße an Herrn Kollegen Loacker! Es gibt Menschen, die Pflege leisten, sich mit der


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Heimverordnung herumschlagen und dergleichen tun müssen und in dieser Zeit keine umfangreichen Bücher lesen können.

Ich denke oft an die Worte meiner Tochter, als ich einmal leichtfertig gesagt habe: Wir haben schon leichtere Sachen nicht geschafft! – Sie hat mir – mit 14 Jahren – geantwortet: Ja, Mama, die leichten Sachen interessieren uns ja nicht!

Wir haben als ÖVP nun mit den Grünen viele Herausforderungen angenommen. Das ist in einigen Bereichen eine große Aufgabe, aber wir schaffen es und sind ein Garant dafür, dass es funktioniert. Auf unsere Regierung ist Verlass. Wir als Kanzlerpartei sorgen mit einem absolut fähigen Arbeitsminister für eine hohe Beschäftigung (Abg. Belakowitsch: Das ist der falsche Tagesordnungspunkt! Jetzt geht es um Soziales, der Tagesordnungspunkt Arbeit kommt erst!), und der Sozial­minister wagt es, große und komplexe Themen anzugehen.

Wir haben ein Pflegepaket geschaffen, das seinesgleichen sucht. Wir nehmen Geld in die Hand, um die Ausbildung und Umschulung gut zu bezahlen, und erhöhen im Rahmen unserer Möglichkeiten die Löhne und Gehälter. Ich gebe euch in die Bundesländer – Löhne und Gehälter sind ja in der Pflege Bundes­ländersache – Folgendes mit: Wien und Kärnten, bitte schön, nehmt euch bei der Nase! (Heiterkeit des Abg. Wöginger.)

Das Budget ist die Grundlage für die finanziellen Mittel. Das Geld muss aber richtig eingesetzt werden. Für das kommende Jahr haben wir diesbezüglich Schritte in Form der Pflegereform gesetzt. Ich bin überzeugt, dass dieses Geld gut und richtig investiert ist. Sozial zu sein muss man sich aber leisten können und leisten wollen. In diesem Sinne danke ich auch unserem Finanzminister, dass wir für dieses große Reformprojekt ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt bekommen haben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

Zahlen, Daten, Fakten findet ihr in unseren kleinen Büchern in kurzer Form (eine Publikation mit dem Titel „Die Zukunft der Pflege ist gesichert. Eine Milliarde Euro –


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20 Maßnahmen. Die Volkspartei“ in die Höhe haltend, auf dem eine ältere Frau im Rollstuhl und eine jüngere Frau mit hellblauer Berufskleidung abgebildet sind), denn ich sehe es auch als unsere Aufgabe (Ruf bei den NEOS: ÖVP-Pixi! – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger), dass wir die Menschen kurz und knackig darüber informieren. (Ruf bei den NEOS: Das ist eine Broschüre!) – Frau Kollegin, es ist ein Buch (Abg. Meinl-Reisinger: Ein Buch?), es hat mehrere Seiten (Heiterkeit der Abg. Meinl-Reisinger), aber Sie können sich gerne darüber informieren, was ein Buch ist. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. – Zwischen­ruf des Abg. Wurm.) Es ist auch auf das Wesentliche reduziert und nicht umfangreich beschrieben.

Auch weiterhin werden wir an der Weiterentwicklung des Sozialstaates Öster­reich unter dem Motto Hilfe zur Selbsthilfe arbeiten. So werden wir den Weg zu einem selbstbestimmten Leben stärken. Wir geben den Menschen nicht nur einen Fisch, sondern wir lehren sie das Fischen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte.


11.11.18

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Nun, Frau Kollegin Zopf, Hilfe zur Selbsthilfe: Ich rege an, dass Sie mit Kollegen Stöger vielleicht eine geschichtliche Aufarbeitung machen und diese Vergangenheit einmal bewältigen. Das wäre vielleicht sinnvoll. (Beifall bei der SPÖ.)

Gleichsam wundert mich das Selbstlob der Rednerinnen und Redner von den Regierungsparteien, wenn es um Konsumentenschutz geht. Sich hierherzustellen und bei 0,01 Prozent des Gesamtbudgets für Konsumentenschutz zu sagen, wir sind die Besten und haben den Konsumentenschutz im Griff: Da lügt man sich selber an. Dieses Selbstlob stinkt doch gewaltig!


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Ich denke mir, das wissen auch die Österreicherinnen und Österreicher, die momentan in eine Schuldenspirale geraten sind, die nicht wissen, wie sie die nächsten Wochen und Monate heizen, wie sie das Essen besorgen sollen. Sie wissen auch nicht, was sie im nächsten Jahr tun sollen, wenn die Schuldenwelle noch größer wird. Da zu sagen, wir haben den Konsumentenschutz im Griff: Bitte lügen Sie sich doch selbst nicht an! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Und was ist mit den Maßnahmenpaketen, Herr Kollege?)

Kollege Wöginger sitzt hier, er hat in den letzten Wochen die Diskussion zur Europäischen Menschenrechtskonvention und zu Adaptierungen, die er sich vorstellen kann, geführt; dazu sage ich: Gerade im Konsumentenschutz ist etwas passiert, Herr Kollege, was Sie nicht mittragen sollten. Wir haben einen einzigen Anker für die Konsumenten, das ist der Verein für Konsumenteninformation. Was machen Sie? – Sie adaptieren nicht das VKI-Gesetz, Sie schaffen es ab! Wir haben erstmalig in einem Budget kein VKI-Finanzierungsgesetz. Das heißt, der Herr Bundesminister darf im Goodwill als Almosengeber den Konsumentinnen und Konsumenten den VKI Schritt für Schritt übergeben. Das war bisher eine Verpflichtung, das heißt, die Finanzierung hat zu erfolgen – nun ist man bei kann erfolgen.

Wissen Sie, was das bedeutet? – Sie nehmen den Konsumentinnen und Kon­sumenten den VKI. Das führt dazu, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – das sind 120 im VKI – keine Planungssicherheit haben. In weiterer Folge zer­stören Sie die parlamentarische Demokratie. Wenn kein Gesetz besteht, gibt es keine Möglichkeit mehr, parlamentarische Kontrolle durchzuführen. Es gibt nur parlamentarische Anfragen.

Das sind drei Punkte, zu denen ich sage: August Wöginger, nicht nur die EMRK ist ein Thema, der VKI und das VKI-Gesetz sind ein Thema. Lassen Sie bitte nicht die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich im Stich! Denken Sie daran, dass jetzt eine riesige Schuldenwelle auf uns zukommt.


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Herr Bundesminister, Sie dürften das Match gegen den Finanzminister verloren haben. Ich glaube an Sie, wir werden Sie unterstützen, aber was momentan ist, ist ein Almosenbetrieb für die Konsumentinnen und Konsumenten, und wir verlieren im Konsumentenschutz die Handhabe über die Spielregeln. Ich bin da bei den anderen Oppositionsparteien. Wir sind uns einig, aber die ÖVP dürfte sich dabei gegen die Grünen durchgesetzt haben, denn das ist nicht mehr die Unterstützung der Konsumentinnen und Konsumenten, wie sie erfolgt ist. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Frau Kollegin Zopf, Herr Kollege Stöger steht sicherlich für eine terminliche Vereinbarung zur Verfügung. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wurm.)

11.14


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kühberger. – Bitte.


11.14.54

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Wir haben jetzt zum Budget für Soziales und Konsumentenschutz schon einige Vorrednerinnen und Vorredner gehört. Geregelt ist das in der UG 21. Ich möchte kurz auf den Konsumentenschutz eingehen.

Herr Kollege Drobits, ich kann Ihnen versichern, wir lassen die Konsumentinnen und Konsumenten nicht im Stich, im Gegenteil: Wir erhöhen dieses Budget um 300 000 Euro (Heiterkeit des Abg. Wurm), und 300 000 Euro, glaube ich, sind keine Kleinigkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Herr Kollege Wurm, Sie lachen: 300 000 Euro ist für Sie scheinbar eine Kleinigkeit (Abg. Matznetter: Das ist schlecht, Herr Kollege! Allein Sie als Konsumenten... !), aber dieses Geld ist wichtig für den Konsumentenschutzverein, auch für den Ombudsmann im Internet und natürlich auch für die Schuldnerberatung, meine Damen und Herren.


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Herr Drobits und Kollege Ries haben vorhin die Teuerung angesprochen: Ja, die spüren wir alle, alle Menschen, alle Österreicher und Österreicherinnen, aber was Sie vergessen haben, sind die vielen Maßnahmenpakete, die die Bundes­re­gie­rung umgesetzt hat. Das beginnt bei der Pensionserhöhung, bei der Einmal­zahlung von 300 Euro für die Mindestpensionistinnen und -pensionisten, bei unseren Familien: Die einmalige Familienbeilhilfe wurde extra ausbezahlt, der Familienbonus und viele, viele Teuerungspakete. (Abg. Belakowitsch: Ja, ihr habt Teuerungspakete!) Ich erwähne vielleicht noch den Klima- und den Teuerungsbonus.

Ja, Frau Kollegin, auch zukünftig haben wir vieles vor. (Abg. Belakowitsch: Teuerungspakete!) Ich denke da an die Stromdeckelbremse (Abg. Belakowitsch: Stromdeckelbremse? Wird ja immer besser!), die ab 1. Dezember kommt, oder an die Abschaffung der kalten Progression, was mit den Freiheitlichen und mit der SPÖ nicht gegangen ist. Das spüren die Menschen nächstes Jahr bereits in ihren Geldbörsen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Wir brauchen einen Strom­preisdeckel und keine Stromdeckelbremse, Herr Kollege!)

Natürlich – da gebe ich Ihnen recht – können wir durch diese Maßnahmen nicht jeden Einzelnen abfangen, aber ich möchte Sie erinnern: Auch vor der Krise hat es leider Menschen gegeben, die unverschuldet in eine finanzielle Notlage gekommen sind. Sie haben einfach weniger Einkommen und mehr Ausgaben gehabt. Meine Damen und Herren, da sind wir natürlich da und schauen, dass wir sie beraten, dass wir einen niederschwelligen Zugang zu einer kostenlosen Schuldnerberatung bieten. Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass wir voriges Jahr um diese Zeit im Bundesministerium eine Anlaufstelle für Menschen, die in Zahlungsschwierigkeiten kommen, gegründet haben, damit sie dort auch eine ganz besonders wichtige niederschwellige Information bekommen.

Meine Damen und Herren, wenn man in finanzielle Nöte kommt, ist das nicht lustig. Da gibt es auch wirklich psychische Probleme, die damit einhergehen, und darum ist es ganz, ganz wichtig, dass wir diese Menschen abholen, dass wir sie beraten und uns ihrer Sorgen annehmen. Darum bin ich sehr froh – damit


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komme ich wieder zurück –, dass dieses Budget auch erhöht wurde. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Elisabeth Feichtinger zu Wort. – Bitte.


11.17.58

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In den letzten Monaten war die Situation für viele Menschen sehr herausfordernd, weil das Leben sehr teuer geworden ist. 10 Prozent Inflationsrate ist leider zur Normalität geworden. Die Lebensmitteleinkäufe, die Spritpreise, die Energie­preise sind alle an die Decke hinaufgeschossen, und die Menschen haben große Herausforderungen, mit denen sie klarzukommen haben.

Eine Unterstützungsmaßnahme, die von der SPÖ vorgelegt wurde, ist zum Beispiel die Winterhilfe. Es braucht klare Unterstützungen und es braucht ein höheres Einkommen, damit auch alle auskommen. Diese Situation ist aktuell nicht gegeben. Der Einkauf von Lebensmitteln wurde aktuell zu einem Luxus. Die Schlangen bei den Sozialmärkten werden immer länger und länger. Die Menschen können sich einfach die Lebensmittel nicht mehr leisten. Die Lebensmittel bei den Sozialmärkten werden immer rarer, die Spenden werden immer rarer, und die Sozialmärkte müssen schauen, wie sie zurecht­kommen.

Zusätzlich zu höheren Löhnen und diversen Unterstützungsmaßnahmen fordern wir den Ausbau der Finanzbildung an Schulen. Je früher der Umgang mit Geld gelernt wird, desto besser kommen die jungen Menschen damit aus. Sie können durch Workshops in Schuldnerberatungen in Österreich und vielen, vielen Angeboten auch dementsprechend bald lernen, mit Geld umzugehen, um den Schuldenfallen wie Handyrechnungen oder Internetrechnungen zu entkommen. Sie lernen dabei auch über Leasing- und Kreditverträge, wie man diese am


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besten abschließt, wie man sich schützt und sicher damit umgeht. Je früher Kinder altersgerecht mit diesen Themen in Berührung kommen, desto eher werden sie mündige Verbraucher:innen. Leider gibt es für die Finanzbildung im aktuellen Budget zu wenig Finanzmittel, Herr Minister. Dabei sind diese wichtig, um den Einstieg in die Schuldenfallen zu verhindern.

Sehr geehrter Herr Minister! Es ist auch in Ihrem Sinne, wenn aus Kindern mündige Verbraucher:innen werden. Eine Erhöhung des Budgets für die Finanzbildung an Schulen ist längst überfällig. (Beifall bei der SPÖ.)

11.20


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ulrike Fischer. – Bitte.


11.20.10

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Verein für Konsumenteninformation und Gesetz: Ja, kann man machen, muss man nicht machen, haben wir für drei Jahre einjährig gemacht. Mir kommt es aber ein bisschen so vor: Wenn wir etwas machen, ist es schlecht. Wenn wir dann etwas anderes machen, ist es auch schlecht. (Abg. Wurm: Ihr macht ja gar nichts! – Abg. Drobits: Ihr habt nichts gemacht!) Ich habe mir hier jedes Jahr anhören können: Wir brauchen dieses Gesetz nicht, wir brauchen eine ausreichende Finanzierung! (Abg. Belakowitsch: Jetzt gibt es weder das eine noch das andere!)

Wie man im Budget sieht, ist der VKI ausreichend finanziert, und wir haben im Regierungsprogramm stehen: langjährige Finanzierung, und das machen wir auch. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Natürlich ist uns der Konsumentenschutz wichtig, und es ist auch wichtig, dass wir das, was im Regierungsprogramm steht, abarbeiten. Im Regierungsprogramm steht: „Evaluierung“. – Die Evaluierung haben wir gemacht, und jetzt arbeiten wir an der langjährigen Finanzierung.


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Etwas ist heute zu kurz gekommen, und da ich jetzt nur noch ganz wenig Redezeit habe, möchte ich mich ganz herzlich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des VKI bedanken, die großartige Arbeit leisten. Auch da müssen wir schauen, dass es in den nächsten Jahren genug Personal und genug Zuwendung gibt, und dafür setzen wir uns ein. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit sind die Beratungen zu den Themenbereichen Soziales, Pensionsversicherung sowie Konsumentenschutz beendet.

11.21.47UG 24: Gesundheit


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zur Untergliederung 24, das ist das Kapitel Gesundheit.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.


11.22.12

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt ist Frau Kollegin Zopf nicht mehr da – doch, hier sitzt sie! – Frau Kollegin Zopf, es tut mir leid, ich kann jetzt nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen. Das haben Sie nicht notwendig, dass Sie sich hierhin­stellen und alle anderen Parteien sozusagen niedermachen, dass es im Gesund­heits- und Sozialbereich keine Reformen gegeben hätte. Ich muss leider dazusagen: Als Vertreterin einer Partei, die in Österreich für Blockade steht und die jede einzelne Verbesserung im Gesundheits- und Sozialbereich in den letzten Jahrzehnten bekämpft hat und für Stillstand steht, sich heute hinzustellen und andere Parteien zu maßregeln, das kann doch kein Zugang sein, das ist doch bitte kein Weg für eine Gesundheitspolitik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: Kucher, die moralische Instanz!)


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Ich sage Ihnen sehr ehrlich: War alles perfekt, als die SPÖ regiert hat? – Definitiv nicht. Aber wissen Sie, was im Gesundheitsbereich der Unterschied ist? – Unsere Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister haben Tag und Nacht für Verbesserung gekämpft (Beifall bei der SPÖ), und immer gegen den Widerstand der ÖVP! Was hat sich Alois Stöger anhören müssen, als er Elga und die Zahn­gesundheit weiter vorangetrieben hat? Pflegeregress, alle Reformen im Gesund­heitsbereich: Es war die ÖVP, die alles verhindert hat! Was hat Sabine Oberhauser sich im Bereich Nichtraucherschutz anhören müssen?! Wenn es nach ÖVP und FPÖ gegangen wäre, würden wir heute noch mit dem Aschen­becher hier herinnen sitzen! (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Es war die SPÖ, die das weiter­gebracht hat! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Elga, Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, die Primärversorgung: Pamela Rendi-Wagner hat in zehn Monaten die Primärversorgung gesetzesreif auf die Reise geschickt. Das war Pamela Rendi-Wagner! (Abg. Schmuckenschlager: ... in Vergangenheitsform sprechen!) All diese Bereiche sind zustande gekommen, weil wir gekämpft haben, und nicht, weil die ÖVP von Anfang an dafür war. Ihr wart immer dagegen! Ich bin euch nicht einmal böse, weil ihr ja transparent seid. Die ÖVP macht das ja deswegen, weil sie glaubt, dass Gesundheit ein Markt ist, und es ist kein Zufall, dass die Privatkliniken euch 50 000 Euro für den Wahlkampf geschenkt haben. Jetzt sagt ihr Danke dafür!

Die ÖVP glaubt, dass Gesundheit ein Markt ist, und die SPÖ sagt: Nein, wir wollen nicht, dass wir bei der Gesundheit amerikanische Verhältnisse in Österreich haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Gesundheitsminister Rauch ist seit Langem der erste Grüne, der zumindest versucht, in diesem Bereich zu kämpfen. Nur ist es leider so, dass so viel kaputt gemacht worden ist, dass diese Minischritte einfach nicht mehr reichen. Es muss mehr passieren. Schauen wir uns doch den Ärztemangel im ländlichen Raum an! (Abg. Disoski: Der ist plötzlich entstanden! Plötzlich!) Schauen wir uns an, was in der Kinder- und Jugendheilkunde passiert, in der Kinder- und Jugendpsychiatrie! (Abg. Höfinger: Das hat der Energiering gekostet!) Da reicht es halt nicht,


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Minimalkompromisse mit der ÖVP zu machen. Da muss man kämpfen, Herr Gesundheitssprecher der Grünen! Da muss man mehr tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Moderieren, bitten, Minischritte zu machen ist viel zu wenig! Da brauchen wir Kampfgeist und Mut! (Abg. Höfinger: Der Energiering im Krankenhaus Nord hat das gekostet!) Da geht es um Menschenleben, und da geht es um die Gesundheit. (Abg. Schallmeiner: Die eigene Verantwortung endlich einmal wahrnehmen, lieber Philip, endlich einmal wahrnehmen! – Zwischenruf der Abg. Tomaselli.)

Wir haben heute noch den Scherbenhaufen von Hartinger-Klein aufzuräumen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Tomaselli.) Frau Hartinger-Klein hat uns hier herinnen versprochen: Es wird eine Patientenmilliarde geben. – Na bumm! Was ist jetzt? – 350 Millionen Euro Miese bei der ÖGK! Wer ersetzt in der ÖGK das Geld? Wo ist denn die Leistungsausweitung möglich? Das sind die Scherben der Vergangenheit, vor denen wir heute stehen. Wir müssen heute für die Men­schen in diesem Land offensiv vorgehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Minibeispiel: Das Gesundheitsministerium hat in Österreich nicht einmal eine Liste vor sich liegen, auf der man – Thema Zweiklassenmedizin – schwarz auf weiß nachlesen kann, wo es heute noch Leistungsunterschiede gibt. Warum kriege ich als Politiker mehr bei der Zahnbehandlung dazubezahlt als meine Mutter? – Weil diese bei der ÖGK versichert ist, weil es andere Beitragsgrund­lagen gibt. Wer ersetzt der ÖGK dieses Geld? – Das wäre die Aufgabe des Gesundheitsministeriums, und es gibt nicht einmal eine Übersicht darüber, wo es in diesem Bereich Unterschiede gibt. Das meine ich: Kämpfen wir dafür, dass es in Österreich weitergeht und unser Gesundheitssystem stark und besser wird!

Corona hat uns vor riesengroße Herausforderungen gestellt. Das ist für uns alle nicht leicht gewesen. Aber nehmen wir doch bitte diesen Rückenwind mit, all das, was wir hier versprochen haben: Wertschätzung, Gesundheit – so wichtig!


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Kommen wir doch endlich in die Umsetzung! Sorgen wir dafür, dass den Worten endlich Taten folgen!

Wir werden immer dafür sein, wenn es darum geht, die Zweiklassenmedizin zu bekämpfen, dass wir mehr für die Patientinnen und Patienten tun; aber, Herr Bundesminister, das können wir nur an Ihrer Seite machen, wenn Sie selber es auch wollen. Ich weiß, mit der ÖVP, mit dieser Stahlbetonpartie, ist es nicht leicht. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Reden Sie mit Alois Stöger! Der weiß, wie schwer es ist. Aber man muss kämpfen, und wenn der grüne Klub sich einmal auf die Hinterbeine stellt, sich dafür einsetzt und dem eigenen Minister gegen die Betonierer den Rücken stärkt, dann werden wir auch etwas weiterbringen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Disoski: Das ist dir ja selber peinlich, was du da sagst!)

11.26


Präsidentin Doris Bures: Nun liegt mir eine Meldung zu einer tatsächlichen Berichtigung von Frau Abgeordneter Bettina Zopf vor. – Frau Abgeordnete, Sie kennen die Bestimmungen der Geschäftsordnung. Bitte.


11.26.57

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Abgeordneter Kucher, ich berichtige tatsächlich: Ich habe nicht den Gesundheitsbereich kritisiert, sondern das Pflegepaket. (Zwischenruf des Abg. Lindner.) Für das Pflegepaket wurde definitiv unter den vorhergehenden Sozialministern nichts getan. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.27


Präsidentin Doris Bures: Das ist natürlich eine politische Meinung und kein Sachverhalt an sich. (Zwischenrufe der Abgeordneten Hörl und Eßl.) Ich habe deshalb extra noch einmal auf die Voraussetzungen, auf die wir uns in der Geschäftsordnung geeinigt haben, hingewiesen. Wir werden das noch einmal in der Präsidialkonferenz diskutieren. Ich werde das jedes Mal auf die Tagesordnung setzen.

Der nächste Redner ist nun Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.



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11.27.44

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Last, but not least, sehr geehrter Herr Minister! Es ist immer eine besondere Challenge, nach Philip Kucher zu reden, insbesondere dann, wenn bei ihm wieder einmal die Unsachlichkeit durchschlägt. (Oh-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Kucher: Also das ist ja ...!) – Ich weiß schon, bei den Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratie gilt immer noch der Grundsatz: Glücklich ist, wer vergisst!, und die eigene Verantwortung wird dann immer ganz gerne ausgeblendet.

Ich weiß schon, Kollege Kucher, die sogenannte Zweiklassenmedizin, die es ja auch gibt, ist eben nicht in den letzten drei Jahren entstanden, sondern sie hat ihre Wurzeln deutlich früher, nämlich auch, als ihr zum Beispiel in Verantwor­tung wart; aber ich weiß schon, das vergisst man ganz gerne. (Abg. Kucher: Da muss man kämpfen! Kämpfen!)

Auch in der heutigen Zeit, in der die Bundesländer eine Verantwortung hätten, in der große Kommunen eine Verantwortung hätten, blendet man diese aus und schiebt die Schuld lieber dem Minister zu. Dieses Blamegame kennen wir seit drei Jahren. Es ist abzulehnen, weil es einfach nicht den Tatsachen entspricht. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kucher: Den Minister haben wir ja unterstützt!)

Kommen wir aber zu den eigentlichen Tatsachen, kommen wir zur UG 24, kommen wir zum Budget, denn über das wollten wir ja heute hier diskutieren! In Summe macht das Budget 2023 in der UG 24 2,855 Milliarden Euro aus. Das sind 1,7 Milliarden Euro weniger. Warum ist es weniger? – Weil wir zum Glück geringere Aufwendungen im Bereich Covid-Impfstoffe und Covid-Medikamente haben, aber auch geringere Covid-Transferzahlungen für 2023 einplanen. Das ist die gute Seite.


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Ebenfalls eine gute Seite ist es, dass dem Ganzen höhere Ausgaben, insbeson­dere in der Gesundheitsprävention, in der Gesundheitsversorgung gegen­überstehen. Wir geben beispielsweise 48 Millionen Euro mehr für die Kranken­anstalten aus. Wir verwenden mehr Mittel für Prävention und Gesundheitsför­derung. Wir verwenden mehr Geld für das öffentliche Impfprogramm abseits von Covid: beispielsweise 17,5 Millionen Euro für die Influenzaimpfung 2023/24.

Wir geben aber auch mehr Geld aus dem sogenannten Recovery and Resilience Fund der EU  aus, wobei wir Geld insbesondere in die Prävention und in die Primärversorgung transferieren. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Die Mittel aus diesem RRF, diesem Recovery and Resilience Fund, die ich jetzt zum Schluss angesprochen habe, sind aktive Investitionen gegen die sogenannte Zweiklassenmedizin. Was machen wir nämlich? – Wir investieren beispielsweise Geld in die Communitynurses, um eine bestmögliche Versorgung von Menschen in Pflege in den Gemeinden zu erreichen. Wir verwenden Geld aus diesem Recoveryfund – nicht gerade wenig, es sind in Summe 100 Millionen Euro – für Primärversorgungszentren, für Primärversorgungseinheiten, um eine Ausweitung der Angebote bei den PVEs zu erreichen, weil PVEs eine breitere, bessere Versorgung bieten, weil sie auch längere Öffnungszeiten et cetera haben und weil sie genau dafür sorgen, dass eben diese ländliche Bevölkerung, von der Kollege Kucher gesprochen hat, in Zukunft auch wieder eine entsprechend gute Primärversorgung bekommt.

Das möchte ich hier schon auch festhalten: Primärversorgung heißt in diesem Fall eben nicht – wie im alten Gesetz unter sozialdemokratischer Führung verankert – rein Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner, sondern heißt aus grüner Sicht, dass wir auch Gynäkologinnen und Gynäkologen mit hineinnehmen, dass wir Kinderärztinnen und Kinderärzte hineinnehmen und dass wir beispielsweise auch die Angehörigen der MTD-Berufe oder Kräfte aus dem Pflegebereich in diese Primärversorgungseinheiten mit hineinnehmen.


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Wir verwenden aber beispielsweise auch mehr Geld für Projekte wie Gesund aus der Krise. Der Herr Minister hat es heute schon angesprochen. Wir verwenden im kommenden Jahr 20 Millionen Euro für dieses europaweit wirklich vorbild­liche Projekt, in dem es darum geht, bestmögliche psychotherapeutische und psychologische Versorgung für Kinder und Jugendliche in Österreich sicher­zu­stellen. 20 Millionen Euro bedeuten eine Steigerung von 65 Prozent in diesem Fonds. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Dass das Projekt europaweit ein Vorbildprojekt ist, steht, glaube ich, außer Zweifel. Viele Länder beneiden uns in der Zwischenzeit darum, weil bei uns endlich Psychotherapeutinnen und -therapeuten auf der einen Seite und klini­sche Psychologinnen und Psychologen auf der anderen Seite unbürokratisch zusammenhelfen, um eine bestmögliche Versorgung für Kinder und Jugendliche sicherzustellen.

Vorgestern Abend haben wir es ja hoffentlich alle mitbekommen: Wir weiten auch das Impfprogramm dahin gehend aus, dass wir HPV-Impfungen für alle bis 21 Jahre gratis anbieten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Auch das ist ein zentraler Punkt in der Frage der Zweiklassenmedizin.

Wie war es bis jetzt? – Bis jetzt war es so: Zwischen neun und elf Jahren war die HPV-Impfung gratis. Das hat an manchen Schulen durchaus gut funktioniert. Ich weiß zum Beispiel, an der Schule meiner Tochter hat das super funktioniert. Sie hat im Rahmen des Schulimpfprogramms dann dementsprechend ihre Impfung bekommen. (Zwischenruf des Abg. Stöger.) An sehr, sehr vielen Schulen hat das nicht gut funktioniert, und dann war es halt so: Nach dem zwölften Geburtstag war die HPV-Impfung dann plötzlich zu bezahlen, zwar noch mit Bezuschus­sungen durch die Bundesländer, aber durchaus mit einem dementsprechenden Obolus versehen. Dann haben es sich viele Leute eben nicht mehr leisten können.

Wir weiten das jetzt aus: gratis bis 21 – auch mit dem dezidierten Hinweis, dass Jugendliche ab 14 selbst entscheiden können, ob sie sich impfen lassen wollen.


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Ich rufe auch dazu auf: Bitte, liebe Jugendliche, nehmt dieses HPV-Angebot wahr, auch wenn eure Eltern vielleicht dagegen waren, als ihr neun oder elf wart! Nehmt es dann mit 14 selbst wahr! Nehmt es selbst in die Hand! Nehmt die Verantwortung selbst in die Hand! Es ist der beste Schutz gegen Gebärmutter­halskrebs und andere durch HPV-Viren übertragene Krankheiten.

Zu guter Letzt noch ein abschließendes Wort von meiner Seite: Sie sehen, es ist wieder einmal Budgetplenum und wieder einmal habe ich einen Schnauzer. Es ist der Hinweis auf den Movember. Es geht im November bekanntermaßen um Männergesundheit. Es geht um die Frage der Vorsorgeuntersuchungen, der psychischen Gesundheit für Männer.

Bitte, liebe Männer, nehmt dieses Thema ernst! Helfen wir uns gegenseitig! Ermutigen wir uns gegenseitig, zur Vorsorge zu gehen! (Abg. Zanger: Komm!) Ermutigen wir uns auch dazu, dass wir mit unseren Problemen zu einem Psychi­ater oder zu einem Psychotherapeuten gehen, wenn wir es brauchen! Das wäre eigentlich Sinn und Zweck des Novembers. Es ist durchaus männlich, Hilfe anzunehmen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.


11.34.33

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren die Untergliederung 24, das Gesundheitsbudget. Bevor ich ins Detail gehe, möchte ich noch einen generellen Blick auf das Bundesbudget 2023 werfen, das diese Regierung vorgelegt hat.

Im Konsumentenschutzbereich haben wir gerade darüber diskutiert, wie wichtig die Finanzbildung ist und wie wichtig es ist, dass man den jungen Menschen frühzeitig beibringt, dass man nicht mehr ausgibt, als man einnimmt. Schauen wir


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uns einmal das vorgelegte Budget an, Herr Minister! Da haben wir Rekordein­nahmen von 98 Milliarden Euro, ein Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, mitbedingt durch die Teuerungsgewinne des Finanzministers, aber auch mitverursacht durch neue Steuern – ich sage nur: Erhöhung der NoVA-Abgabe oder CO2-Steuer. Diese Bundesregierung kommt aber mit diesem Geld nicht aus, sondern sie gibt 17 Milliarden Euro mehr aus, als sie einnimmt.

Sie plant ein Budget mit Ausgaben von 115 Milliarden Euro, und das allein reicht auch noch nicht, sondern dazu kommen noch 8 Milliarden Euro an weiteren Überschreitungsermächtigungen. Das heißt, in Summe kann diese Bundesre­gie­rung mit diesem Budget um 25 Prozent mehr ausgeben, als sie einnimmt. Die Einhaltung von Maastrichtkriterien ist mit diesen Überschreitungen auch voll­kommene Makulatur, und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann es ja wohl wirklich nicht sein. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt aber auch ein paar positive Dinge im Budget, das möchte ich auch noch anmerken: In Summe fließen 1,5 Milliarden Euro mehr in die Landesverteidigung und in den Bereich der Pflege.

Im Bereich der Landesverteidigung gibt es jetzt Gott sei Dank ein Landesvertei­digungs-Finanzierungsgesetz, leider Gottes ist es dieser Bundesregierung aber mit der langfristigen Finanzierung nicht so ernst, dass dieses Gesetz auch im Verfassungsrang festgeschrieben wird.

Auch im Bereich der Pflegefinanzierung, Herr Minister, ist es zwar ein absolut richtiger Schritt, dass endlich auch auf Bundesebene zusätzliche Mittel in die Hand genommen werden. Wer aber eine langfristige Finanzierung und langfristige Planbarkeit sucht, findet sie in diesem Budget und voraussichtlich auch in den nächsten Budgets nicht. Das ist ein großes Versäumnis, Herr Minister.

Wenn man sich nun das Gesundheitsbudget im Detail ansieht, dann kann man sich zunächst über Ausgaben in der Größenordnung von 2,86 Milliarden Euro


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durchaus freuen. Das ist sehr viel Geld, das dem Gesundheitsbereich zur Verfügung steht. Wenn man es sich aber im Detail anschaut, muss man leider viel Kritik üben, denn allein 1,2 Milliarden Euro fließen in die Beseitigung und Aufarbeitung von Kollateralschäden durch die Coronapolitik dieser Bundes­regierung.

Da sind allein 300 Millionen Euro für weitere Impfstoffbeschaffungen vorgese­hen, während ich gerade eine aktuelle Anfragebeantwortung aus dem letzten Budgetausschuss vorliegen habe, in der Sie schriftlich bestätigen, dass wir eine Abnahmeverpflichtung für diese Impfstoffe haben. Obwohl wir über 20 Millio­nen Impfdosen für die Covid-Impfstoffe im Land lagernd haben, müssen wir offensichtlich weitere 300 Millionen Euro für zusätzliche Impfstoffe ausgeben, obwohl wir sie gar nicht benötigen. Das ist eine Mittelverschwendung par excellence, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Es geht weiter: Auch für Massentestungen sind weitere 300 Millionen Euro vorgesehen – als Aufwandsentschädigung für die Sozialversicherungen primär im Rahmen von Covid-Testungen und Beschaffungen –, 200 Millionen Euro für die Länder als Zweckzuschuss – auch wieder großteils für Testungen und Schutzausrüstung – und dann auch noch 100 Millionen Euro Entschädigungs­zahlungen für Verdienstentgang.

Das sind natürlich alles Kosten, die nicht erst im nächsten Jahr entstehen werden, sondern das sind Kosten, die in den letzten zwei Jahren durch das verfehlte Krisenmanagement dieser Bundesregierung entstanden sind und die das Budget jetzt schwer belasten. Wir sehen, dass die Auswirkungen dieser falschen Krisenbewältigungspolitik uns jahrelang beschäftigen. Im Endeffekt werden noch unsere Kinder und Kindeskinder die Zinsen dafür bezahlen müssen.

Setzt man nun diese coronabedingten Ausgaben in Relation zu den ordentlichen Ausgaben, zu den planmäßigen Ausgaben, die in unserem Gesundheitssystem vom Bund zu tragen sind – zum Beispiel zum Krankenanstaltenfinanzierungs­beitrag, der gerade einmal 900 Millionen Euro ausmacht und mit gerade einmal


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5 Prozent deutlich unter der Inflationsrate angehoben worden ist –, dann sieht man, wie groß diese Diskrepanz bei den Ausgaben ist. Dann erkennt man auch, dass Sie im Endeffekt gerade im Bereich der Krankenanstaltenfinanzierung genau denselben Fehler wieder machen, den Sie schon 2020 und 2021 gemacht haben und den ich jedes Jahr gebetsmühlenartig hier vorführe. Sie reagieren aber nicht darauf, denn die Krankenanstalten sind finanziell unterdotiert. Wir haben ein riesiges personelles Problem in den Spitälern. Das können Sie nur durch eine vorausschauende Finanzplanung lösen. Das tun Sie erneut nicht.

Wie, Herr Minister, wollen Sie mit diesem Budget die Abteilungsschließungen, die Personalabgänge, die Unzufriedenheit der Bediensteten in den Spitälern und den Behandlungsrückstau im ambulanten, aber auch im stationären Bereich aufarbeiten, wenn Sie mit diesem Budget nicht einmal die Inflationsrate oder die voraussehbaren Lohnsteigerungen abdecken? Das wird sich nicht ausgehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen im Bereich der Krankenanstaltsfinanzierung eine Sofort­maß­nahme, deshalb bringe ich an dieser Stelle folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Krankenanstaltenfinanzierung 2023 – 150 Mio. Euro zusätzlich jetzt!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundes­minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, den österreichischen Krankenanstalten auf der Grundlage und zur Erfüllung des Leistungskatalogs nach dem Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG) für die medizinische Grundversorgung für das Budget­jahr 2023 zusätzliche 150 Mio. Euro im Rahmen eines Akut-Finanzie­rungspakets aus Bundesmitteln zur Verfügung zu stellen.“


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*****

Das, Herr Bundesminister, wäre im Bereich der Krankenanstaltenfinanzierung dringend notwendig. Sie haben es heuer schon erkannt, dass es 2020 und 2021 Defizite gegeben hat, und Sie haben das für die Vergangenheit teilweise repariert – für die Zukunft laufen Sie aber auf dieselbe Lücke zu. Nehmen Sie diesen Antrag an, helfen Sie mir, diese Lücke zu schließen, sodass die Ver­sorgung wieder sichergestellt wird!

Ich darf noch auf drei weitere Details im regulären Gesundheitsbudget eingehen, das heute von meinen Vorrednern schon vorgestellt wurde. Sie rühmen sich damit, dass sie 20 Millionen Euro für das Projekt Gesund aus der Krise für psychosoziale Betreuung von Jugendlichen ausgeben: Ja, dieses Projekt ist ein guter und richtiger Schritt und dringend notwendig – aber Sie haben es heute in Ihrer Rede selber gesagt: Sie erreichen mit diesen Mitteln gerade einmal 11 000 Jugendliche in Österreich!

Wenn Sie die Studien der Donau-Universität Krems und anderer renommierter Institute kennen, die sagen, wie groß die psychologische Not unserer Kinder und Jugendlichen ist, dann wissen Sie, dass Ihre Aussage einfach nicht stimmt, dass alle kostenlos Hilfe bekämen. Sie helfen nur einem Bruchteil der Betroffenen, und der Rest bleibt im Regen stehen – das kann es auch nicht sein, da muss mehr geschehen.

Sie und mein Vorredner Schallmeiner haben auch die 25 Millionen Euro für die Primärversorgung angesprochen: Diese 25 Millionen Euro sind ebenfalls nur ein Tropfen auf den heißen Stein! Es ist sehr löblich, dass Sie Primärversorgung breiter denken – Kollege Schallmeiner hat bei der Primärversorgung noch die Apotheken vergessen (Abg. Schallmeiner: Ah, ah, ah!), aber es ist schon einmal gut, dass Gynäkologen, Kinderärzte und Ähnliche miteinbezogen werden –, wir brauchen aber eine grundsätzliche Änderung des Primärversorgungsgesetzes, denn dieses Gesetz funktioniert ja nicht! Sie liegen bei den neu eröffneten Primärversorgungszentren ja weit, weit hinter dem Plan, weil der bestehende


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rechtliche Rahmen für die Ärzte so unattraktiv ist. Gleichzeitig gibt es im niedergelassenen Bereich Dutzende unbesetzte Kassenstellen.

Diese Mittel, die Sie eh aus EU-Fördergeldern bekommen und da hineinstecken, beschränken Sie ausschließlich auf Primärversorgungszentren, anstatt damit auch Gruppenordinationen oder normale allgemeinmedizinische Kassenordi­nationen zu unterstützen. Es wäre aber wichtig, da endlich Nachfolger zu finden und genau das zu garantieren, was ja auch Sie als Ziel haben, nämlich die Sicherung einer flächendeckenden Primärversorgung. Da gehört der Hausarzt nun einmal auch dazu, nicht nur ein Primärversorgungszentrum, Herr Bun­desminister! Bitte also auch in diesem Bereich dringend nachbessern, die Einschränkungen für die Mittelverwendung lockern und das Budget aufstocken!

Abschließend möchte ich noch kurz auf die Gesundheitsaufsicht, die Ages, eingehen. Die Mittel für die Ages sind in diesem Budget leider Gottes ebenfalls nicht erhöht worden – nicht einmal eine Inflationsanpassung –, stattdessen streichen Sie im Stellenplan 10 Prozent der Stellen. Wie Sie damit langfristig die Sicherheit im Gesundheits- und Ernährungsbereich aufrechterhalten wollen, weiß ich nicht, ich glaube, auch da gibt es definitiv Nachbesserungsbedarf.

Die FPÖ und ich sind diesbezüglich gesprächsbereit, Sie wissen, wir haben konstruktive Vorschläge, was die Finanzierungen im Gesundheitswesen anbelangt. Wir stehen für diese Gespräche zur Verfügung. Nehmen Sie meine Aufforderungen ernst, bessern Sie nach und sorgen Sie dafür, dass das Gesund­heitswesen auch in Zukunft leistungsfähig bleibt! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

11.43

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak


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betreffend Erhöhung der Krankenanstaltenfinanzierung 2023 – 150 Mio. Euro zusätzlich jetzt!

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B) – UG 24 Gesundheit – in der 183. Sitzung des Nationalrats am 16. November 2022

Die türkis-grüne Bundesregierung nimmt die medizinische Grundversorgung in Österreich nicht ernst. Während für Covid-19-Maßnahmen immer noch Milliarden Euro direkt und indirekt ausgegeben werden, muss sich die medizinische Grund­versorgung mit vergleichsweise bescheidenen aktuellen Mitteln und noch bescheideneren Erhöhungen des budgetären Spielraums für das kommende Jahr 2023 begnügen, wie eine Analyse des Budgetdienstes des Parlaments beweist.

Auszug aus der Analyse des Budgetdienstes des Parlaments zu UG 24: Gesundheit

„Der Entwurf zum Bundesvoranschlag 2023 (BVA-E 2023) sieht für die UG 24-Gesundheit im Finanzierungshaushalt Auszahlungen iHv insgesamt 2,86 Mrd. EUR vor. Im Vergleich zum BVA 2022 bedeutet dies für 2023 einen signifikanten Rückgang um 1,74 Mrd. EUR oder 37,9 %. Bei den Aufwendungen im Ergebnis­haushalt zeigt sich eine ähnliche Entwicklung.

Der Rückgang resultiert aus geringeren Auszahlungen zur COVID-19-Krisenbe­wältigung, die um 1,84 Mrd. EUR auf 1,20 Mrd. EUR zurückgehen. Diese umfassen die Auszahlungen nach dem Epidemiegesetz iHv 0,40 Mrd. EUR sowie Kostenersätze an die Länder (COVID-19- Zweckzuschussgesetz) iHv 0,20 Mrd. EUR und an die KV-Träger iHv 0,30 Mrd. EUR. Für Beschaffungen insbesondere von COVID-19-Impfstoffen sind noch 0,30 Mrd. EUR veranschlagt. Bei der Budgetierung wurde davon ausgegangen, dass die Befristungen für das COVID-19-Zweckzuschussgesetz und für die diversen Kostenersätze an die KV-Träger mit Jahresende 2022 auslaufen und es sich bei den veranschlagten Auszahlungen um Restzahlungen für das Jahr


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2022 handelt. Sollten diese Befristungen verlängert werden, könnte eine Inanspruchnahme der COVID-19-Ermächtigung iHv 2,5 Mrd. EUR erforderlich werden.

Die Auszahlungen ohne COVID-19-Krisenbewältigung steigen hingegen um 0,1 Mrd. EUR und sind im BVA-E 2023 iHv 1,65 Mrd. EUR veranschlagt. Der Zuwachs resultiert im Wesentlichen aus den höheren Auszahlungen für die Krankenanstal­tenfinanzierung (+48,0 Mio. EUR) aufgrund des steigenden Abgabenaufkommens, aus einem Anstieg beim Beitragsersatz an die SVS aufgrund der einmaligen Gutschrift für Selbständige und Landwirt:innen im Rahmen der Teuerungsentlastung (+17,6 Mio. EUR) und aus höher veranschlagten Auszahlungen für die Partnerleistung der Selbständigen an die Krankenversicherung (+13,9 Mio. EUR). Der Zahngesund­heitsfonds wird weiterhin mit jährlich 80,0 Mio. EUR dotiert, die Transferzahlungen an die AGES sind mit 49,9 Mio. EUR (-6,0 Mio. EUR) budgetiert. Für Maßnahmen, die aus Mitteln der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) finanziert werden, werden im BVA-E 2023 Auszahlungen iHv 35,0 Mio. EUR (+4,5 Mio. EUR) veranschlagt. Diese Mittel sind unter anderem für Maßnahmen zur Attraktivierung der Primärversorgung vorgesehen.

Die Gesamtauszahlungen im BFRG-E 2023-2026 fallen über die Rahmenperiode von 2,86 Mrd. EUR im Jahr 2023 auf 1,61 Mrd. EUR im Jahr 2026. Der Auszahlungsrück­gang resultiert aus dem Wegfall der COVID-19-Auszahlungen, für die 2024 nur noch 0,10 Mrd. EUR und ab 2025 gar keine Mittel mehr vorgesehen sind. Im Vergleich zum vorangegangenen BFRG 2022-2025 ist mit insgesamt 1,28 Mrd. EUR ein deutlicher Auszahlungsanstieg in der (überschneidenden) Periode 2023 bis 2025 vorgesehen. Dieser Zuwachs ist überwiegend auf den Mehrbedarf für COVID-19-bedingte Aus­zah­lungen zurückzuführen, weil bei der bisherigen Planung für 2023 von einem deutlich geringeren Bedarf ausgegangen wurde. Darüber hinaus bewirkt die in der aktuellen Budgetplanung günstigere Steuerschätzung höher erwartete Beiträge des Bundes zur Krankenanstaltenfinanzierung.

Die Wirkungsorientierung umfasst in der UG 24-Gesundheit für das Jahr 2023 vier Wirkungsziele, die im Vergleich zum Vorjahr gleichgeblieben sind. Mit den


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Wirkungszielen der Untergliederung werden die zentralen strategischen Ziele im Gesundheitsbereich umfassend abgedeckt. Die COVID-19-Pandemie wird die Erreichung der Wirkungsziele im Bereich Gesundheit weiterhin beeinflussen.

(...)

In der UG 24-Gesundheit entfallen im BVA-E 2023 mit 2,01 Mrd. EUR rd. 70 % der veranschlagten Auszahlungen auf Transferaufwand. Davon betreffen 0,89 Mrd. EUR die Beiträge des Bundes zur Krankenanstaltenfinanzierung. Der Transferaufwand an die SV-Träger (0,75 Mrd. EUR) umfasst insbesondere Kostenersätze für COVID-19-bedingte Auszahlungen und für KV-Beitragssatzsenkungen bzw. -gutschriften der Selbständigen und Bauern. Beim Transferaufwand an die Länder (0,2 Mrd. EUR) handelt es sich im Wesentlichen um die Kostenersätze im Rahmen der COVID-19-Zweckzuschussgesetzes.

Der betriebliche Sachaufwand geht insgesamt um 39,9 % auf 0,85 Mrd. EUR zurück, wobei der Rückgang in erster Linie auf Minderauszahlungen für Beschaffungen (v. a. Impfstoffe) zurückzuführen ist. Der betriebliche Sachaufwand ohne Auszahlungen aus dem COVID-19- Krisenbewältigungsfonds steigt um 30,0 % auf 0,15 Mrd. EUR an. Personalaufwand wird in der UG 24-Gesundheit keiner verbucht.

(…)

Die öffentlichen Gesundheitsausgaben (Bund, Länder, Gemeinden, SV-Träger) betrugen im Jahr 2021 40,1 Mrd. EUR, dies entspricht einem Anstieg von 15,0 % im Vergleich zum Jahr 2020. Für diesen Zuwachs sorgten insbesondere pandemie­bedingte Mehrausgaben für die Beschaffung und Durchführung von COVID-19-Testungen, die Bereitstellung und Verabreichung der COVID-19-Impfstoffe inkl. Logistik- und Distributionsausgaben, aber auch Ausgaben für Schutzausrüstung, Contact Tracing und diverse weitere pandemiebedingte Aufwendungen.

Von den gesamten Gesundheitsausgaben entfallen rd. 77 % auf die öffentliche Hand. Die öffentlichen Gesundheitsausgaben werden aber nur zu einem geringen Teil im Bundesbudget abgebildet, höhere Anteile tragen die anderen Gebietskörperschaften.“


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Auf den Punkt gebracht: Bei der Krankenanstaltenfinanzierung gibt es insgesamt 48 Mio. Euro mehr für 2023 mehr aus Bundesmitteln und für die Primärversorgung, wo sich der gesamte niedergelassene ärztliche Bereich (Allgemeinmedizin & Fachärzte) wiederfindet, insgesamt 5 Mio. Euro mehr für 2023. Macht insgesamt für die medizinische Grundversorgung ein Plus von lediglich 53 Millionen Euro für das kommende Jahr. Das erscheint im Hinblick auf die Herausforderungen, die dort auf uns zukommen, weitaus als zu gering, und muss unbedingt erhöht werden.

Hier muss es dringend ein Umdenken geben, der Bund muss hier Flagge zeigen, und als Partner in der Zielsteuerung die Initiative übernehmen – weg von „klein-klein“ und kosmetischen Einzelmaßnahmen und hin zu einer umfassenden Anschubfinanzierung zu einer Verbesserung der medizinischen Grundversorgung, vor allem auch in den Krankenanstalten, die in der aktuellen Diskussion – siehe Abteilungsschließungen quer durch Österreich – wegen Mangels an Gesundheitsfachpersonal im Bereich Pflege und Ärzteschaft immer mehr ins Hintertreffen kommen. Viele Vorgaben des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG) können in der aktuellen Situation von den Krankenanstalten gar nicht mehr oder nur mehr im „Notbetrieb“ durchgeführt werden. Das frustriert die dort Beschäftigten in Pflege und Ärzteschaft und das gefährdet die medizinische Grundversorgung für die Patien­tinnen und Patienten.

Deshalb braucht es eine Strategieänderung und ein Finanzpaket, das im Jahr 2023 mit 150 Mio. zusätzlich von Seiten des Bundes den Akutbedarf an Finanzmitteln für Personalkosten der Krankenanstalten abdeckt.

Der unterfertigte Abgeordnete stellt daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, den öster-


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reichi­schen Krankenanstalten auf der Grundlage und zur Erfüllung des Leistungs­katalogs nach dem Bundesgesetz über Krankenanstalten und Kuranstalten (KAKuG) für die medizinische Grundversorgung für das Budgetjahr 2023 zusätzliche 150 Mio. Euro im Rahmen eines Akut-Finanzierungspakets aus Bundesmitteln zur Verfügung zu stellen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.


11.43.37

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesundheitsbudget für das kommende Jahr ist um 1,7 Milliarden Euro niedriger als im heurigen. Dieser Rückgang ist ausschließlich darauf zurückzuführen, dass vieles, das in Zeiten der Coronapandemie und während deren Höhepunkt notwendig war, im kom­men­den Jahr nicht mehr notwendig sein wird.

Das ist also eine Entwicklung in Richtung einer wieder zunehmenden Normalität, und dazu möchte ich eines festhalten: In der Vergangenheit waren viele Maß­nahmen notwendig, und wer zu Beginn der Pandemie – wir haben das noch in Erinnerung – die Situation für harmlos und Maßnahmen für nicht notwendig gehalten hat, hat sich damals geirrt. Ebenso sage ich aber: Wer meint, dass die heutige Situation mit der vorhandenen breiten Grundimmunisierung und neuen Varianten genauso dramatisch wäre wie zu Beginn, der irrt sich jetzt.

Es ist daher gut, dass wir in Richtung Normalität gehen können und zusätzlich auch wieder Spielraum gewinnen, um in anderen Bereichen auszubauen. Davon sind einige in diesem Budget verankert, zum Beispiel die 35 Millionen Euro für


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den Ausbau der Primärversorgungseinheiten, ein ganz wichtiges, niederschwel­liges Angebot. Parallel dazu laufen ja intensive Verhandlungen zu einer Novelle des Primärversorgungsgesetzes, um die Umsetzung für die Länder, die Kassen und die Ärzte einfacher zu machen.

Ein weiterer sehr positiver Punkt: Für Gesund aus der Krise, ein Projekt zur psychosozialen Versorgung von Kindern und Jugendlichen, gibt es im kommen­den Jahr 20 Millionen Euro. Das ist ein Programm, das sich von der Organisation her exzellent bewährt hat und über das die Expertinnen und Experten aus Psychotherapie und Psychologie sagen, dass es so gestaltet ist, dass sie wirklich jedem, der es braucht, eine Behandlung zukommen lassen können. Das ist zugleich eine Blaupause, wie à la longue eine flächendeckende kassenfinanzierte psychotherapeutische Versorgung in Österreich möglich sein kann. Wir beobachten daher genau, wie das weiter funktioniert. Das Projekt ist sehr gut aufgestellt und wir können uns durchaus vorstellen, das dann langfristig auch in den Regelbetrieb der Sozialversicherung zu überführen.

Die HPV-Impfung wird ausgeweitet und ist zukünftig bis zum 21. Lebensjahr gratis – ebenfalls ein großer Schritt. Ganz aktuell ist auch der Mutter-Kind-Pass Neu, der quantitativ ausgeweitet und qualitativ aufgewertet wird. Es ist dies eines der besten Vorzeigeprojekte der letzten Jahrzehnte in der Gesundheits­politik, das extrem viel gebracht hat.

Das Budget bringt immer auch einen Blick auf die Wirkungsziele und die damit verbundenen Indikatoren. Da möchte ich nur drei herausgreifen, die meines Erachtens sehr bezeichnend sind. Der erste: Wir sprechen immer von ambulan­ter vor stationärer Behandlung – das ist im Interesse des Gesundheitswesens und noch mehr im Interesse der Patientinnen und Patienten. Ein Indikator dafür ist der Prozentsatz an Kniearthroskopien, die nicht stationär, sondern ambulant durchgeführt werden: Da beträgt der Zielwert 30 Prozent, und mittlerweile sind wir schon bei 40 Prozent – das heißt, da sind wir auf dem richtigen Weg und das geht auch gut weiter. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ein weiterer Punkt, der glücklicherweise meist unter der medialen Wahr­nehmungsschwelle ist, ist die Frage der Suizide und der Suizidprävention. Da geschieht in Österreich sehr, sehr viel, und es hält auch der Schulterschluss mit den Medien, denn gewisse Arten der Berichterstattung darüber könnten kontraproduktiv sein. Wir konnten schon im vorletzten Jahr den ursprünglich angestrebten Wert unterschreiten, und die Entwicklung scheint sich weiter fortzusetzen.

Nun noch eine kleine medizinische Geschichte, die einen vielleicht nicht so unmittelbar zu betreffen scheint: Der Prozentsatz antibiotikaresistenter Keime bei unseren Patientinnen und Patienten ist weit unter dem Zielwert, also weitaus besser als angestrebt. Das ist insgesamt ein Zeichen dafür, dass wir in unserem Land beim Einsatz von Antibiotika in der Humanmedizin, aber auch in der Tiermedizin auf einem sehr guten und vernünftigen Weg sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Für mich und wahrscheinlich für uns alle ist das entscheidende Wirkungsziel ein hochqualitatives, niederschwelliges Angebot der Gesundheitsversorgung für alle Menschen in unserem Land, die das brauchen – dazu stehen wir alle. Wenn vorhin davon gesprochen wurde, dass irgendjemand dieses System vielleicht einem freien Markt unterwerfen wolle oder sich „amerikanische Verhältnisse“ wünsche, so sage ich ganz deutlich – ich glaube, da für alle zu sprechen, ganz sicher kann ich das jedenfalls für die Regierungsfraktionen und die Regierung sagen –: Wir stehen zu einem solidarischen, niederschwelligen und hoch­qualitativen Gesundheitssystem für alle Menschen in unserem Land! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dieses System funktioniert unter anderem deshalb, weil es viele Menschen in verschiedenen Gesundheitsberufen gibt, die tagtäglich für unsere Patientinnen und Patienten da sind. Sie melden sich auch zu Wort, und es gibt Dinge, bei denen nachgebessert werden muss. Das Pflegepaket ist ein ganz besonderes Zeichen und eine Maßnahme in die richtige Richtung.


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Auf eines möchte ich noch hinweisen: Wir müssen es schaffen, dass wir allen Menschen in Gesundheitsberufen wieder mehr Freiraum geben – Freiraum, sich ihren Kernaufgaben widmen zu können –, dass wir sie davon befreien, was in den letzten Jahrzehnten an überbordender Bürokratie über sie hinweggeschwappt ist. Wir würden damit, glaube ich, die Attraktivität der Arbeit deutlich steigern. Es wäre ein Beitrag zur Arbeitszufriedenheit und es würde den Mitarbeitenden ebenso wie den Patientinnen und Patienten zugutekommen. Auch da müssen wir etwas tun. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.50


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.


11.50.53

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Gesundheit betrifft uns alle. Ganze viele Baustellen in unserem Gesundheitssystem wurden zu lange ignoriert, und jetzt tut man so, als wäre die Entwicklung aufgrund der Pandemie eine überraschende. Sichtbar wird das an der Ärzteverteilung, am mangelnden Ausbau von Primärversorgungszentren, an schlechten Statistiken betreffend den Gesundheitszustand der Bevölkerung, an mangelnden Daten, an mangelnder Diagnoseverfolgung, und, und, und. Es gibt also genug zu tun.

Was aber tut sich? – Es gibt wegen der übermäßigen Pandemiekosten 40 Pro­zent weniger Budget als im Vorjahr. Das ist ja theoretisch gut. Wie so oft hakt es aber am ewigen Kampf zwischen Bund, Ländern, Kassen und Kammern. Das ist bei der Krankenanstaltenfinanzierung so, das ist der Grund des Mangels in der niedergelassenen Versorgung, und das sehen wir auch gerade sehr plakativ beim Mutter-Kind-Pass.


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Jahrelang wurde hinter verschlossenen Türen an Reformen gearbeitet und alles, was wir bisher gehört haben, war das Versprechen einer Weiterentwicklung. Irgendwann hat es einfach gereicht und den Ärzten ist der Geduldsfaden gerissen. Man kann von der Ärztekammer halten, was man will – Sie werden nicht überrascht sein, dass wir überwiegend nicht einer Meinung sind –, aber das wäre, besonders jetzt, auf Kosten der Bevölkerung, nicht nötig gewesen. Durch die aktuellen Nachrichten wurden Jungfamilien und werdende Mütter extrem verunsichert. Wenn wir eines während der Pandemie gelernt haben sollten, dann wohl das: Beim Thema Gesundheit spielt man nicht mit dem Informationsbedürfnis der Menschen!

Wir können es uns nicht leisten, dass Menschen Angst haben, zum Arzt zu gehen, Angst haben, dass sie sich den Arztbesuch nicht leisten können und dann möglicherweise sinnlos im Krankenhaus Ressourcen binden. Wir brauchen eine nachhaltige Stärkung des Gesundheitswesens, diese überfälligen Reformen müssen angegangen werden. Das sehen wir in diesem Budget aber nicht.

Was sehen wir? – Der Ausbau und die Weiterentwicklung, möglicherweise auch die Lösung für den Mutter-Kind-Pass werden aus EU-Mitteln bezahlt. Das bedeutet aber auch, dass keine langfristige Finanzierung sichergestellt ist. Die Ärztekammer kam mit ihren Forderungen eine Woche vor der Budgetrede des Finanzministers. Bereits da hätte man das Budget überarbeiten sollen und nicht einen Tag vor Beschluss desselben wieder mit Ankündigungen kommen. Was ist das für eine Arbeitsmoral?! (Beifall bei den NEOS.)

Ja, wir freuen uns auch über Erfolge wie beispielsweise die kostenlose HPV-Impfung bis 21 – diese wollten wir auch. Wir brauchen aber mehr und größere Würfe, um unser Gesundheitssystem zukunftsfit zu machen: in der Ärztever­teilung, in der Krankenhaushäufigkeit, bei der Kassenfinanzierung, beim Zugang zu Forschung und Innovationen. Für all diese Dinge ist weder ein Budget vorgesehen noch scheinen Sie großartig Lust zu haben, das hier im Parlament zu besprechen.


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Ich weiß nicht, wie oft wir das noch sagen müssen, aber fangen wir bitte an, gemeinsam ins nachhaltige Arbeiten zu kommen! Mit diesem Budget wird das nichts. (Beifall bei den NEOS.)

11.54


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


11.54.13

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es sei mir erlaubt, auf ein paar Punkte einzugehen, die im Zuge der Debatte aufgetaucht sind. Zuerst seien aber zwei Dinge vorangestellt: Natürlich ist die Reform des Mutter-Kind-Passes – künftig Eltern-Kind-Pass –, die wir heute gemeinsam vorgestellt haben, eine wichtige und notwendige Maßnahme, bei der die Digitalisierung, die Ausweitung und natürlich auch die Valorisierung der Leistungen ganz wesent­liche Punkte darstellen.

Ich darf Ihnen sagen, dass wir einen Staatssekretär haben, dem die Digitalisie­rung – auch im Gesundheitssystem, aber darauf komme ich dann noch – immerhin ein wirkliches Anliegen ist und der versucht, die Dinge mit uns gemeinsam weiterzubringen. Dafür bedanke ich mich!

Zweiter Punkt: HPV-Impfung. Die HPV-Impfung ist ein Meilenstein. Ich habe sehr darum gerungen und dafür gekämpft, dass das zustande kommt. Es war wieder einmal nicht einfach, weil die Interessen von neun Bundesländern, der Sozialversicherung und des Bundes unter einen Hut gebracht werden mussten. Warum ist das so wichtig? – Darüber wurde jahrelang gestritten. Die Impfung war nur bis zu einem bestimmten Alter gratis, dann hat sie 600 Euro gekostet und viele Menschen haben sie nicht in Anspruch genommen. Es erkranken in Österreich etwa 23 000 bis 25 000 Frauen jährlich an Gebärmutterhalskrebs. 90 Prozent dieser Erkrankungen können mit dieser Impfung verhindert werden,


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und deshalb halte ich das für einen Meilenstein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie werden vom Gesundheitsminister zu Recht erwarten, dass er etwas zur Covid-19-Pandemie und dazu, wie es weitergeht, sagt. Wo stehen wir da? – Sie haben ja wahrscheinlich bemerkt, dass es mein Bestreben ist, da durchaus etwas mehr Ruhe und weniger Hektik hineinzubekommen und zu versuchen, best­möglich einen Weg zu gehen und eine Linie zu fahren, die da lautet: leben mit Covid, einen Modus finden, verantwortungsbewusst damit umzugehen, und das in einer Art und Weise, mit der man die in dieser Debatte bisweilen sehr hektischen Ausschläge eben vermeiden kann.

Ich glaube, das ist gelungen. Wir sind auf einem Weg der Gestaltung, wir haben erkannt, dass wir mit diesem Virus leben müssen. Wir sind dabei, eine Reihe von Maßnahmen, die wir gebraucht haben – die Maskenpflicht sei als Beispiel genannt –, nicht mehr zu verschärfen. Wir haben eine breite Palette an Maß­nahmen und Medikamenten zur Verfügung. Die immunologische Lage der Bevölkerung ist eine vollkommen andere. Die Beobachtungssysteme sind gut ausgebaut, sodass ich denke, wir sind auf einem Weg zum, wie es auch die WHO sagt, Leben mit Covid – bei aller Vorsicht, die wir noch brauchen, weil wir nicht genau wissen, was als Nächstes um die Ecke kommt.

Ein anderer Punkt ist auch bereits angesprochen worden: die Versorgung im niedergelassenen Bereich. Der Punkt ist, dass wir nicht zu wenig ausgebildete Medizinerinnen und Mediziner in Österreich haben, sondern eine Situation, in der sehr viele, die ihr Studium abgeschlossen haben, dann ins Ausland – nach Deutschland zum Beispiel oder in die Schweiz – gehen. In der momentanen Situation gehen außerdem sehr viele nicht in den niedergelassenen Bereich, sie bieten keine Kassenleistungen an, sondern sie gehen ins Wahlarztsystem. Das heißt, es ist eine Systemfrage, der wir uns jetzt mit den Vertragsparteien und mit den Beteiligten nähern.


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Es ist nun einmal so – das ist nicht zu ändern –, dass bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen drei wesentliche Player im Gesundheitssystem vorhanden sind: die Sozialversicherung, die Bundesländer und der Bund. Eine Einigung zustande zu bekommen, ist mitunter mit gewissen Schwierigkeiten verbunden, aber – und das ist die positive Nachricht mit Blickrichtung in die Zukunft – die anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen werden ein Schlüssel dafür sein, auch zu grundlegenden Reformen im Gesundheitssystem zu kommen. Die Länder haben bei der letzten Konferenz der Gesundheitsreferent:innen einen sehr klugen Beschluss gefasst, nämlich nicht nur einfach mehr Geld zu verlangen, sondern die Forderung aufzustellen, darüber zu reden, wie wir zu Reformen im System kommen.

Was ist damit gemeint? – Wir haben im österreichischen Gesundheitssystem, das sich während der Coronapandemie bewährt hat – das muss man ja auch sagen, wir haben diese Krise auch deshalb gut bewältigt, weil die gesundheits­politische Landschaft Österreichs, von den Spitälern bis zum niedergelassenen Bereich und bis zu den nahe verwandten Berufen, gut aufgestellt ist –, aufgrund der Komplexität, aufgrund der Finanzströme eine Systematik in der Finanzie­rung, die dazu führt, dass die Bereiche Prävention, Heilbehandlung und Nachsorge in der Finanzierung strikt getrennt sind; auch die Bereiche der Finanzierung des ambulanten und stationären Bereichs; und deshalb kommt es zu Reibungsverlusten.

Darüber zu reden, wie wir das künftig besser im Sinne einer flächendeckenden, qualitativ guten Versorgung gestalten können – für alle, nicht im Rahmen einer Zweiklassenmedizin, Dreiklassenmedizin, nicht nach dem Motto: Diejenigen, die die eine Kreditkarte haben, können es sich leisten!, sondern: Alle, die eine E-Card haben, können sich den Zugang zu gleicher, guter und rascher Versorgung leisten! –, das ist der Punkt, um den es gehen wird und auch jetzt schon geht, wenn wir Reformen angehen.

Ein wichtiger Punkt ist angesprochen worden: die Primärversorgung. Ich weiß, dass wir bei den Primärversorgungseinrichtungen Nachholbedarf haben, wir sind


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noch lange nicht bei der Zahl der Primärversorgungseinrichtungen, die angestrebt worden ist. Das wissen wir. Wir haben entlang des heurigen Jahres eine deutlich verstärkte Dynamik bei den Antragstellungen und ich bin zuver­sichtlich, dass wir in die Gänge kommen.

Es muss überhaupt möglich sein, unterschiedliche Modelle miteinander zu kombinieren. Es geht nicht darum, entweder nur Primärversorgungszentren oder niedergelassene Kassenvertragsärzte oder Wahlärztinnen, Wahlärzte zu haben, sondern darum, unterschiedliche Formern auch miteinander gestalterisch kombinieren zu können. Weshalb ist das wichtig? – Weil sich die Anforderungen an den Beruf der Ärztin, des Arztes vor allem im niedergelassenen Bereich verändern.

Medizin ist überwiegend weiblich, und junge Frauen, die in diesen Beruf gehen, haben andere Lebensvorstellungen als dies früher der Fall war. Sie wollen nicht mehr 120, 130 Patient:innen pro Tag im Schnellverfahren abwickeln. Sie wollen gute Arbeitsbedingungen haben, sie wollen sich nicht mehr um die Administra­tion eines Gebäudes, das Zahlen von Miete oder das Suchen von Sprech­stundenunterstützungen kümmern müssen, sie wollen Modelle der Kooperation, der Zusammenarbeit haben. Ich orte die Offenheit aller Vertragspartner, auch der Ärztekammer, sich diesen Modellen zu öffnen. Diese werden wir nämlich dringend brauchen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ein Satz zur Digitalisierung – das könnte der Staatssekretär eigentlich besser ausführen als ich, aber es ist ihm ein Anliegen und mir auch –: Wir haben in Österreich Nachholbedarf, wenn es darum geht, bestimmte Dienstleistungen im Gesundheitsbereich digitaler zu machen. Das heißt nicht, dass man sozusagen einfach nur ein Handy zu haben braucht, um Dinge machen zu können, sondern das heißt, dass es einen rascheren, direkteren und einfacheren Zugang zu medizinischer Versorgung geben soll.

Andere Länder machen uns das vor, wir kümmern uns im Austausch mit diesen Ländern darum, solche Modelle auch zustande zu bekommen. Es ist zum Beispiel


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ein Unding – ich beklage das –, dass wir immer noch die Situation haben, dass im österreichischen Gesundheitssystem mitunter vorläufige Entlassungsbefunde per Fax an den jeweils niedergelassenen Arzt geschickt werden. Das ist dermaßen antiquiert, dass einem die Spucke wegbleibt.

Ich weiß, man muss die Datenschutz-Grundverordnung beachten, Gesundheits­daten sind heikle Daten – das ist mir alles klar. Es muss aber einfach möglich sein, dass Gesundheitsdaten, dass Befunde zu jeder Zeit und an jedem Ort, an dem man eine medizinische Dienstleistung in Anspruch nimmt, egal wohin man geht, verfügbar sind. Das sollte einfach Standard sein. Da sind wir beide (in Richtung Staatssekretär Tursky) gemeinsam, auch im Austausch mit der Sozialversicherung, bemüht, Modelle zustande zu bekommen, mit denen das gewährleistet werden kann.

Wir haben mit Elga ein gutes System. Das kann und muss in dieser Frage weiterentwickelt werden – das muss auch in den europäischen Gesundheits­datenraum eingebettet werden, das stellt eine ganz eigene Herausforderung dar –, aber ich denke, dass wir da auf einem insgesamt guten Weg sind. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.03


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bedrana Ribo. – Bitte.


12.03.30

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen auf der Galerie und natürlich auch zu Hause! Alle Menschen wünschen sich ein Leben in guter Gesundheit. Dabei ist nicht nur entscheidend, wie alt man wird, sondern vor allem, wie man alt wird.

Wenn ich mich mit älteren Menschen austausche, dann sind es immer dieselben Fragen, über die sich Menschen im Alter Gedanken machen: Kann ich in Zukunft


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selbstständig einkaufen gehen? Werde ich in Zukunft meine Familie besuchen können? Werde ich bei den Einkäufen Hilfe brauchen? Werde ich in meiner Mobilität eingeschränkt sein? Kann ich mein Sozialleben fortführen wie bis jetzt? Kann ich weiterhin Freunde treffen? Ab wann werde ich Betreuung bezie­hungsweise sogar Pflege brauchen?

Da zeigt sich auch die Schwachstelle in unserem Gesundheitssystem. Bitte nicht falsch verstehen, ich bin ein riesiger Freund unseres Gesundheitssystems. Wir haben eines der besten Gesundheitssysteme weltweit, das hat vor allem die Coronakrise gezeigt. Wenn man krank ist, wird man behandelt, unabhängig vom Einkommen – das ist ein Privileg, das wir haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir haben aber auch ein System, das viel zu lange den Fokus rein auf die Behandlung von Krankheiten gelegt hat und nicht unbedingt auf die Sicherung der Gesundheit – Stichwort Prävention. Die Lebenserwartung liegt in Österreich aktuell bei Männern bei 79 Jahren und bei Frauen bei knapp 84 Jahren. Die tatsächlich in Gesundheit verbrachten Lebensjahre sind aber leider viel weniger. Frauen können im Durchschnitt 58 gesunde Lebensjahre genießen, Männer nur 57.

Vergleicht man das mit unseren Nachbarländern in der EU, zeigt sich: Da haben wir Aufholbedarf. Der europäische Durchschnitt liegt ganze sieben Jahre höher. Genau da müssen wir ansetzen. Unser Ziel muss es sein, das österreichische Gesundheitssystem fit zu machen. Deswegen freue ich mich als Grüne Senior:in­nensprecherin, dass uns trotz der finanziellen Belastung durch Covid mit dem vorgelegten Budget wichtige Schritte auch in diese Richtung gelungen sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zwei Beispiele möchte ich nennen: Wir stocken Initiativen im Bereich der Gesundheitsförderung und Gesundheitsversorgung deutlich auf und fördern so die Präventionsmedizin. Auch die niederschwellige Gesundheitsversorgung wird gefördert  Stichwort Communitynursing. Wir haben in Österreich derzeit


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250 Communitynurses, vor zwei Jahren waren es zwei. Nicht nur ältere Perso­nen können davon profitieren, sondern auch und vor allem ihre Angehörigen, die sehr, sehr viel Arbeit leisten und wirklich sehr oft an ihre Grenzen kommen. Dass das Projekt gut läuft, weiß ich aus der Steiermark. Von dort gibt es wirklich hervorragende Erfahrungsberichte und das freut mich sehr. (Beifall bei Abgeord­neten von Grünen und ÖVP sowie des Abg. Kucher.)

Keine Frage, ein Systemwechsel – da bin ich nicht naiv – funktioniert nicht von heute auf morgen. Wir werden unser starres Gesundheitssystem auch nicht mit einem Gesetzesantrag von heute auf morgen ändern können, aber irgendwann einmal müssen wir damit anfangen. In diesem Budget sind erste Schritte dabei, damit in Zukunft alle Menschen in Österreich nicht nur alt werden, sondern vor allem in Gesundheit alt werden. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

12.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte.


12.07.36

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Covid-Krise hat leider eindrucksvoll gezeigt, auf welch schwachen Beinen unser Gesundheitssystem in Bezug auf die Personalsituation steht. Wir suchen händeringend nach Ärztinnen und Ärzten und natürlich ganz besonders auch nach Pflegepersonal.

Bis 2030 brauchen wir 80 000 zusätzliche Pflegekräfte, aber auch bei den medizinisch-technischen Diensten ist ein Mehrbedarf von rund 10 000 zusätz­lichen Berufsangehörigen gegeben. In den Krankenanstalten sind derzeit Stationen aufgrund von Personalmangel geschlossen. Auch im niedergelassenen Bereich, vor allem in den ländlichen Gegenden, fehlen Ärztinnen und Ärzte mit Kassenverträgen. Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wird immer


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löchriger und unzureichender. Um dem entgegenzuwirken, bräuchten wir rasch langfristige Maßnahmen.

Leider sehen wir kein Gesamtkonzept in diesem Bereich. Ich frage mich, wann und wie die Bundesregierung damit beginnt, Maßnahmen in diesem Bereich umzusetzen. Wir hören immer wieder von einzelnen Maßnahmen. Das sind Mosaiksteinchen, die wahllos irgendwo hingesetzt werden, das Gesamtbild fehlt uns. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitssystems ist es wichtig, Leistungen für die Menschen auszubauen. Dabei ist es uns besonders wichtig, dass Sachleistungen erweitert werden, nämlich in ausreichendem Ausmaß, also dass Menschen in Österreich nach wie vor mit ihrer E-Card zu Behandlungen kommen können, denn  wie ich schon oft gesagt habe  Gesundheit darf nicht zum Luxus werden.

Derzeit gibt es zwischen dem Bund, der Ärztekammer und der Sozialversiche­rung Verhandlungen über die Erhöhung der Entgelte für Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Mutter-Kind-Pass.  Herr Minister, bitte setzen Sie sich dafür ein, dass es rasch zu einer Lösung kommt, dass Eltern und auch die Kinder weiterhin ihre Leistungen aus dem Mutter-Kind-Pass erhalten, nämlich kostenlos und unbürokratisch, denn der Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes ist auch an die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen geknüpft! Viele Mütter machen sich bereits große Sorgen um ihre Ansprüche, denn sie haben Angst, das Kinderbetreuungs­geld zu verlieren. Bitte schauen Sie, dass diese Unsicherheit rasch beendet wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben heute auch angekündigt, dass der Mutter-Kind-Pass ausgebaut und digitalisiert werden sollte – dem stehen wir positiv gegenüber. Im Budget haben wir keine Erhöhung gefunden, die die Mutter-Kind-Pass-Thematik betrifft. Jetzt frage ich mich, woher denn die finanziellen Zusatzmittel kommen, wenn wahr­scheinlich auch auf Betreiben der Ärztekammer viele Leistungserhöhungen zustande kommen werden.


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Wir stehen im Gesundheitsbereich vor riesigen Herausforderungen und es sollte jetzt endlich so weit sein, dass die Zeit der Ankündigungen vorbei ist. Fangen Sie zu handeln an! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.10


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.


12.11.07

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren im Plenarsaal! Liebe Gäste und vor allem liebe Zuseher vor den Fernsehgeräten! Wir disku­tieren ein Budget, in dem es um die Krisenbewältigung geht, gleichzeitig aber um Investitionen in Pflege und Digitalisierung, die sehr wichtig sind.

Wir sehen auch, dass die Ausgaben für die Bewältigung der Coronapandemie weniger werden, und das ist gut so, denn es warten im Gesundheitsbereich neue Herausforderungen auf uns, die wir natürlich auch in den Kennzahlen des Budgets sehen, wenn man etwa das Zweckzuschussgesetz für die Kranken­häu­ser hernimmt – plus 48 Millionen Euro –, oder die Ausweitung der HPV-Impfung, was sehr positiv ist, oder den Ausbau der Primärversorgung, der bis 2026 mit insgesamt 100 Millionen Euro aus Geldern der EU unterstützt wird.

Einen wichtigen Schwerpunkt sehe ich auch in der Gesundheitsprävention. Ich selbst bin ja eine leidenschaftliche Läuferin und daher weiß ich, wie wichtig Bewegung ist. Daher freue ich mich über die Förderung von Maßnahmen bezüglich Bewegung sowie Bewusstseinsbildung für Gesundheit und gesunde Ernährung.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin aber auch sehr froh, dass wir die Aufnahmetests an den Medizinischen Universitäten diskutieren, denn wir haben einen Mangel an Ärzten im ländlichen Raum. Es geht nicht nur um die Diskussion über die Aufnahmetests, sondern es geht auch um die Frage: Was können wir


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tun, damit sich die Ärzte wohlfühlen und auch wieder Kassenstellen annehmen? Wie können Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die für junge Ärzte passen und Anreize darstellen, um sie wieder in den ländlichen Raum zu bringen? Der Herr Minister hat es ja schon angesprochen: Viele Ärzte sind jetzt weiblich und daher braucht es andere Bedingungen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich bitte Sie daher besonders, dass wir auf die Versorgung im ländlichen Raum schauen, denn es kann nicht sein, dass eine Mutter mit einem Kind, wenn sie zu einem Kinderarzt will, durch das halbe Waldviertel fahren muss, um eine Behandlung zu erhalten. Daher bin ich auch sehr dankbar, dass wir nun einen Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin einführen werden, denn das, glaube ich, bringt uns dem Ziel, den Hausärzte­mangel zu bekämpfen, ein Stückchen näher.

Positiv ist aber auch, dass wir Maßnahmen für den Ausbau der Primärversor­gungszentren setzen. Dazu möchte ich noch die Notwendigkeit anführen, dass das auch für Kinderärzte möglich ist, denn das ist auch ein weiterer Schritt in Richtung Verbesserung der Versorgung am Land.

Zum Schluss darf ich noch allen Menschen danken, die Tag und Nacht im Gesundheitsbereich arbeiten – wir haben in Österreich ein sehr gutes Gesund­heitssystem –: Danke für Ihre Arbeit und Ihre Leistungen! (Beifall bei der ÖVP.)

12.14


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.


12.14.27

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein paar Eckdaten zum Budget: Ich verstehe das nicht, Herr Minister. Wir haben noch 20 Millionen Impfstoffe auf Lager, 27 Millionen Impfstoffe haben wir bereits verschenkt, finanziert durch das


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Geld der Steuerzahler, und wir haben dieses Jahr 300 Millionen Euro im Budget, um neue Impfstoffe zu kaufen. Es wird wahrscheinlich niemand begreifen, wie das möglich ist.

Und: Sie haben für Kinderimpfungen 326 000 Impfstoffe geordert. Herr Minister, ich frage Sie: Wieso Kinderimpfstoffe? Ich darf heute und hier, auch für die Zuhörerinnen und Zuhörer, eine Ages-Statistik präsentieren (eine Tafel mit der Überschrift „Covid-19 Todesfälle nach Alter in Österreich“ und einer Grafik vor sich auf das Redner:innenpult stellend), Datenstand 4. Juli. Herr Minister, das sollten oder werden Sie wahrscheinlich wissen: Wie viele Covid‑19-Todesfälle nach Alter hat es in der Altersgruppe der bis zu Fünfjährigen bis zum 4. Juli in Österreich gegeben? – Drei. Diese drei Kinder hatten bedauerlicherweise schwerste Vorerkrankungen. Jedes Kind, das stirbt, ist eines zu viel. Ich drücke natürlich auch mein Bedauern in Richtung der Eltern aus.

Herr Minister, in der Altersgruppe fünf bis 14 waren es fünf Kinder. Auch diese hatten schwerste Vorerkrankungen. Ich frage Sie: Wieso muss man Kinder impfen und wieso bestellen Sie 326 000 Impfdosen?

Es bleibt ja nicht nur bei den Bestellungen: Herr Minister, Sie haben am 25. Oktober ein Schreiben an Ärzte verschickt, in dem Sie Ärzte auffordern, sich zu melden, um an den Schulen Werbung für Impfungen zu machen. Herr Minister, ich darf aus Ihrem Schreiben wie folgt zitieren: „die Corona-Schutz­impfung hat uns einen entscheidenden Vorteil in der Eindämmung der Covid‑19 Pandemie verschafft.“ – Die Covid-Schutzimpfung! Schauen Sie sich diese Statistik (auf die Tafel vor sich weisend) an!

Sie schreiben unter anderem weiter: „Für eine hohe Sichtbarkeit und Wirkung vor Ort setzen wir auf eine enge Zusammenarbeit mit Ihnen – den Impfärztinnen und Impfärzten – als wichtigste Multiplikatoren.“ – Das heißt, Sie versuchen jetzt für 6 000 österreichische Schulen Impfärzte zu finden (Zwischenruf des Abg. Zorba), die die Kinder von den Impfungen überzeugen. Noch einmal: Schauen Sie sich diese Statistik an! Es besteht ja überhaupt keine Notwendigkeit, Kinder zu


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impfen, weil Kinder ein sehr gutes Immunsystem haben und nicht an Corona versterben. (Abg. Meinl-Reisinger: Wollen Sie sie kostenpflichtig machen?)

Herr Minister, ich darf die nächste Information, und das sollten oder werden Sie auch wissen, für die Zuhörer präsentieren. (Der Redner entfernt die zuvor genannte Tafel und stellt eine Tafel mit der Überschrift „EMA Produktinformation zum Impfstoff Comirnaty“, der Textzeile „Kinder und Jugendliche“ und einem Text vor sich auf das Redner:innenpult.) Es gibt eine EMA-Produktinformation zum Impfstoff von Biontech/Pfizer, zum Wirkstoff Comirnaty.

Ich zitiere: „Die Sicherheit und Wirksamkeit von Comirnaty Original/Omi­cron BA. 1 & BA. 4-5 bei Kindern unter 12 Jahren ist noch nicht erwiesen. Es sind keine Daten verfügbar.“ – Noch einmal: Die Wirksamkeit ist nicht erwiesen, weil keine Daten verfügbar sind. – Das sagt die EMA, das sagt die EMA-Produktinformation. Sie gehen her und drangsalieren (Abg. Shetty: Sie drang­salieren uns!) die Kinder in den Schulen weiterhin mit Impfungen. Das muss aufgeklärt werden! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, Sie wissen ganz genau, dass die Pfizer-Managerin Janine Small erst jüngst im Europäischen Parlament zugegeben hat, dass diese Impfungen weder vor Ansteckung noch vor Übertragung schützen. (Der Redner entfernt die zuvor beschriebene Tafel und stellt eine Tafel mit dem Titel „Die Weltwoche“, der Überschrift „Pfizer-Managerin Janine Small vor dem Europäischen Parlament“ und dem Text „Sie gibt zu, dass der Impfstoff vor der millionenfachen Injektion nicht darauf getestet worden war, die Übertragung des Virus zu stoppen!“ vor sich auf das Redner:innenpult.) Herr Minister, und dann gehen Sie auf Kinder los! Das ist aus meiner Sicht wirklich unverfroren und ein Skandal.

Wissen Sie, Sie haben heute hier schöne Worte gesprochen, aber wir müssen endlich maximale Aufklärung in die Impfstoffbeschaffung bringen. Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kassasturz und Transparenz bei der Covid‑19-Impfstoffbeschaffung – Offen­legung aller Verträge jetzt!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundes­minister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, sich unverzüglich im Rahmen des EU-Gesundheitsministerrats und gemeinsam mit seinen Amtskollegen in den übrigen Mitgliedsstaaten bei der Europäischen Kommission dafür einzusetzen, dass alle einschlägigen Vertrags­inhalte über die COVID-19-Impfstoffbeschaffung inklusive der bereits geleis­teten und noch zu leistenden Zahlungen an die Hersteller gegenüber den nationalen Parlamenten und der Öffentlichkeit umgehend offengelegt werden.

Diese Offenlegung hat ausnahmslos alle Vertragsinhalte und auch allfällige Nebenabreden über Inhaltsstoffe der COVID-19-Impfstoffe, Gesundheits­schäd­lichkeiten der Inhaltsstoffe, Schadensklauseln, tatsächliche Preise und Preis­gestaltungen, Finanzströme und andere Bestandteile der Vertragswerke zu beinhalten und soll bis spätestens 31.12.2022 durchgeführt werden.“

*****

Das ist ein Minimum an Transparenz, und deswegen bitte ich um Unterstützung dieses Antrages. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Wurm: Bravo, Gerald! Gute Rede!)

12.20

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Mag. Christian Ragger, Peter Wurm, Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Gerald Hauser


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betreffend Kassasturz und Transparenz bei der Covid-19-Impfstoffbeschaffung –Offenlegung aller Verträge jetzt!

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 24 Gesundheit – in der 183. Sitzung des Nationalrats am 16. November 2022

Keine Transparenz und keine Offenlegung der Vertragsinhalte beim Milliardengeschäft COVID-19-Impfstoffbeschaffung!

Alle bisherigen grünen Gesundheitsminister von Rudolf Anschober über Dr. Wolfgang Mückstein bis zu Johannes Rauch „mauern“, wenn es um die Offenlegung der Vertragsinhalte beim Milliardengeschäft der COVID-19-Impfstoffbeschaffung geht.  Gleichzeitig lässt man ein politisch besetztes und politisch gesteuertes und benutztes sogenanntes „unabhängiges Expertengremium“, wie das Nationale Impfgremium, weitreichende Entscheidungen im Zusammenhang mit den COVID-19-Impfungen sowie -Auffrischungsimpfungen „stellvertretend“ für die Bundesregierung und insbesondere den zuständigen Gesundheitsminister treffen, ohne alle Grundlagen offenzulegen und insbesondere auch die mutmaßlichen Abhängigkeiten von internationalen Pharmakonzernen zu nennen oder auch nur glaubwürdig auszu­räumen. Dazu kommt, dass Anfragebeantwortungen aus dem zuständigen Bundes­ministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nicht zu mehr Transparenz, sondern zu mehr Verschleierung führen:

Jüngstes Beispiel für diese „Verschleierungstaktik“ ist nachfolgende Anfragebeant­wortung des zuständigen Ministers. Gesundheitsminister Johannes Rauch hat in der Anfragebeantwortung 10537/AB vom 27.06.2022 zu 10879/J (XXVII. GP) folgendes geantwortet:

„Fragen 1 und 2:

•Aus welchen Gründen unterliegen diese Verträge der Geheimhaltung?


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• Aus welchen Gründen sind diese Informationen nicht für die Bevölkerung bestimmt?

Auch nach Abschluss eines Vertrags mit den durch die Europäische Kommission vertretenen Mitgliedsstaaten haben die Hersteller ein Interesse daran, ihre Impfstoffe auf dem Weltmarkt zu vermarkten. Daher besteht ein berechtigtes Interesse der Unternehmen, dass nicht alle Bedingungen der Verträge öffentlich zugänglich sind. Daher waren und sind Vertraulichkeitsklauseln für die Hersteller notwendige Vertragsbestandteile von denen nicht abgerückt werden konnte.

Frage 3:

Besteht die Gefahr einer öffentlichen Irritation durch diese Informationen?

Nein.

Fragen 4 und 5:

• Inwiefern ist diese Vorgangsweise mit einem transparenten Umgang mit der Pandemie vereinbar?

• Inwiefern ist diese Vorgangsweise der Nachvollziehbarkeit der Politik der Bundesregierung zuträglich?

Die Europäische Kommission, der als Herrin der Verträge, im Einvernehmen mit den Impfstoffherstellern die Veröffentlichung der Verträge obliegt, ist der Ansicht, dass die vollständige Offenlegung der COVID-19-Impfstoffverträge zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus Gründen der Vertraulichkeit und mit Rücksicht auf die kommerziellen Interessen der Impfstoffhersteller nicht möglich ist. Dennoch arbeitet die Europäische Kommission bereits daran, der Öffentlichkeit zusätzliche Vertragsbestandteile zugänglich zu machen.

Der Bundesregierung ist transparente und nachvollziehbare Politik ein großes Anliegen. Die Vertraulichkeit der Verträge war aus Sicht der Hersteller allerdings ein notwendiger Vertragsbestandteil und da sich die Bundesregierung zum gemeinsamen


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COVID-19- Impfstoff-Beschaffungsprogramm der EU bekennt, werden auch in Zukunft alle vertraglichen Vereinbarungen und (europa-)rechtlichen Vorgaben eingehalten.

Fragen 6 und 7:

• Welche Stellungnahme geben Sie in Hinblick auf das vermeintliche Aufkommen und die Förderungen der Bildung von Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit Geheimverträgen ab?

• Wie wollen Sie dem entgegenwirken und Aufklärungsarbeit leisten?

Die vertraglichen Pflichten gegenüber Geschäftspartnern sowie die europarechtlichen und nationalrechtlichen Verpflichtungen können nicht aufgrund potenzieller Verschwörungstheorien vernachlässigt oder gar verletzt werden. Darüber hinaus wurden große Teile der Verträge bereits der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und sind auf der Homepage der Europäischen Kommission unter https://ec.europa.eu/info/live-work-travel-eu/coronavirus-response/public-health/eu-vaccines-strategy_en#documents abrufbar.

Quelle: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_10879/index.shtml“

In Sachen „Vertraulichkeit“ und „Geheimhaltung“ rund um das gemeinsamen COVID-19-Impfstoff-Beschaffungsprogramm der EU treten jetzt aber immer mehr Ungereimtheiten und Korruptionsverdachtsmomente gegen die EU-Kommission auf, an der Spitze EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. So berichtet etwa die Internetplattform express.at am 29. Oktober 2022 Folgendes:

„Impfstoff-Deals: Diese Korruptions-Jägerin ermittelt gegen Von der Leyen & Co.

Es wird eng für Ursula von der Leyen. Europas oberste Korruptionsjägerin Laura Kövesi macht Jagd auf alle, die bei den milliardenschweren Pharma-Deals rund um die Corona-Impfung mitgeschnitten haben.


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Unerschrocken und furchtlos. So wird Kövesi beschrieben. Und das muss auch so sein, angesichts der mächtigen Gegner, auf die sie die Jagd eröffnet hat. „Die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) bestätigt, dass sie eine laufende Untersuchung zum Erwerb von Covid-19-Impfstoffen in der Europäischen Union führt. Diese außer­gewöhnliche Bestätigung erfolgt wegen des extrem hohen öffentlichen Interesses. Zu diesem Zeitpunkt werden keine weiteren Details veröffentlicht“, heißt es von der Behörde. Was sich hinter dieser Meldung verbirgt, bringt wohl auch Ursula von der Leyen zum Zittern.

Textnachrichten waren verschwunden

In der EU-Kommission herrscht wegen der Ermittlungen große Nervosität, berichtet das Magazin Politico. Klar, waren die Verhandlungen um die Covid-Impfstoffe doch Chefsache. Von der Leyen selbst hatte die 71 Milliarden Euro schweren Deals mit Pfizer-Chef Albert Bourla an Land gezogen. Kövesi ist nicht die erste, die sich mit der Impfstoffbeschaffung befasst: Bereits vor einem Jahr wollte die EU-Ombudsfrau Emily O’Reilly wissen, was in den Verträgen mit den Pharmaunternehmen stehe. Doch von der Leyen konnte die Textnachrichten, die sie mit Bourla zu dem Thema ausgetauscht hatte, nicht finden. Man ließ die Ombudsfrau wissen, dass man Textnachrichten mit „belanglosem Inhalt“ grundsätzlich nicht archiviere. Solche Spielchen werden die EU-Granden mit Kövesi wohl nicht spielen können.

Werden ihr die Impfstoff-Deals zum Verhängnis? EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Rumänische Antikorruptions-Ikone

Mit Laura Codruța Kövesi sieht sich von der Leyen jetzt allerdings einem anderem Kaliber gegenüber: Die ehemalige Basketballerin hatte sich in Rumänien mit der dortigen Mafia angelegt, um die EU-Werte zu vertreten. Die Deutsche Welle bezeichnete Kövesi einmal als „Antikorruptions-Ikone“, weil sie mit hohem persön­lichen Risiko gegen dunkle Machenschaften in ihrer Heimat vorgegangen war. Sie schreckte auch vor radikalen Allianzen nicht zurück: So warfen ihr ihre Gegner in


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Rumänien vor, mit dem Inlandsgeheimdienst SRI kooperiert zu haben, um Verbrecher zu jagen, berichtet die Berliner Zeitung.“

Quelle: https://exxpress.at/impfstoff-deals-diese-korruptions-jaegerin-ermittelt-gegen-von-der-leyen-co/

Um diesen mutmaßlichen Korruptionshandlungen und den involvierten Funktions­trägern Einhalt zu gebieten, bedarf es daher einer konkreten Aufklärung und First­setzung, welche die nachfolgende Entschließung beinhaltet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung, insbesondere der zuständige Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, sich unver­züglich im Rahmen des EU-Gesundheitsministerrats und gemeinsam mit seinen Amtskollegen in den übrigen Mitgliedsstaaten bei der Europäischen Kommission dafür einzusetzen, dass alle einschlägigen Vertragsinhalte über die COVID-19-Impfstoffbeschaffung inklusive der bereits geleisteten und noch zu leistenden Zahlun­gen an die Hersteller gegenüber den nationalen Parlamenten und der Öffentlichkeit umgehend offengelegt werden.

Diese Offenlegung hat ausnahmslos alle Vertragsinhalte und auch allfällige Nebenabreden über Inhaltsstoffe der COVID-19-Impfstoffe, Gesundheitsschäd­lichkeiten der Inhaltsstoffe, Schadensklauseln, tatsächliche Preise und Preisgestaltungen, Finanzströme und andere Bestandteile der Vertragswerke zu beinhalten und soll bis spätestens 31.12.2022 durchgeführt werden.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht damit auch mit in Verhandlung.


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Ich warte jetzt noch, bis Sie (in Richtung des Abg. Hauser) alle Ihre Unterlagen beisammen haben.

Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Werner Saxinger das Wort. – Bitte. (Abg. Kucher – in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Abg. Saxinger –: Bitte sachlich bleiben!)


12.20.49

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Es ist mir immer eine besondere Freude, nach Kollegen Hauser zu referieren. Inhaltlich ist es oft schwierig, darauf einzugehen, aber mir fällt da immer ein Spruch ein, den ich einmal gehört habe: „Sie sollen nicht alles glauben, was Sie denken.“ (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Auch zum Thema gibt es ein Zitat, das mir sehr gut gefällt, weil es ein bisschen den Prozess beschreibt: Es muss sich manches ändern, damit alles gut bleibt. – Das trifft besonders auch auf den Gesundheitsbereich zu.

Ein Patient aus dem Ausland hat vorige Woche zu mir gesagt: Ihr in Österreich lebt ja quasi in einem Gesundheitsparadies. – Ich habe ihn gefragt, warum, und eigentlich hat er recht. Wer es nicht glaubt, der werfe einen Blick ins Ausland, auch in das benachbarte. Wer schon einmal im Ausland erkrankte oder ärztliche Hilfe benötigt hat, der weiß unser Gesundheitssystem wirklich sehr zu schätzen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kommen wir zum Budget! Viele Schwerpunkte haben meine Kolleginnen und Kollegen vorhin schon ausgeführt – ich erinnere daran: Mutter-Kind-Pass, HPV, Primärversorgungszentren. Zur Bekämpfung der Covid-Pandemie, die nicht vorbei ist, werden auch 2023 wieder Mittel budgetiert, hauptsächlich zur Beschaffung von Impfstoffen. Die Impfung wirkt und schützt im Regelfall vor schweren Verläufen, das hat sich nicht geändert.


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Sehr geehrte Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern, dass wir budgetär alles Menschenmögliche und Machbare tun werden, um die Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu bewältigen. Gestatten Sie mir aber, dass ich ein paar Gedanken zu einem Thema anspreche, das mir sehr am Herzen liegt, das aber eigentlich ein Tabuthema ist – hoffentlich nicht mehr –, das ist nämlich die Finanzierung des Gesundheitssystems; es wurde schon vom Herrn Minister angesprochen.

Glücklicherweise, muss ich sagen, eint uns alle der Wille und das Bestreben, unseren wirklich hohen Standard im Gesundheitsbereich aufrechtzuerhalten und auch weiterzuentwickeln. Die Finanzierung ist aber wirklich eine der Schwächen des Systems, und diese Schwächen wurden durch Corona deutlich sichtbar. Es gibt nämlich zwei getrennte Finanzierungsströme – für die Damen und Herren, die zusehen und das nicht wissen –, und das ist das Hauptproblem: einerseits den ärztlichen, niedergelassenen Bereich, der von der Sozialversicherung finanziert wird, und dann die Spitäler, die von den Ländern finanziert werden, die das Geld dann vom Bund erhalten. Da merken wir in den letzten Jahren, auch durch Corona verstärkt, schon Schieflagen. Die niedergelassenen Bereiche wurden aus verschiedenen Gründen – Mangel an Fachärzten – ausgedünnt, und das hatte zur Folge, dass immer mehr Personen die Spitalsambulanzen auf­suchen, und das führt zu einer Belastung der Spitäler, die kaum mehr verkraftbar ist – ich weiß das aus tagtäglicher Erfahrung.

Wir haben eben zwei völlig getrennte Finanzierungssysteme, und wir sollten endlich einmal dafür sorgen, dass sich das ein bisschen harmonisiert. – Es muss sich manches ändern, damit alles gut bleibt.

Was mir auch ein Bedürfnis ist: Wir haben in Österreich in den letzten Jahren eine gewisse Vollkaskomentalität entwickelt. Manche glauben, alles zu bekommen, wo und wann sie wollen – nächtliche Spitalsambulanzbesuche mit Banalitäten sind gang und gäbe –, das bindet aber ärztliche und pflegerische Ressourcen, die man woanders mehr benötigen würde.


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Das heißt, eine gewisse Art von Patientensteuerung, -lenkung ist unbedingt notwendig, und ich habe eine Vision eines für die Patienten sehr effizienten Systems: Jeder, der in Österreich medizinische Hilfe benötigt, soll bezie­hungs­weise muss dorthin gehen, wo er am besten aufgehoben ist und wo er am besten behandelt wird – und das ist für häufige, leichtere Erkrankungen der niedergelassene Bereich sowie für schwere und seltene Erkrankungen das Spital. Es ist wirklich höchst an der Zeit, dies zu befolgen. Ein Schnupfen gehört nicht in eine HNO-Ambulanz, und ein Zeckenstich gehört nicht in eine Hautambulanz. Es ist meiner Ansicht nach ein Muss, sonst wird unser System bald kollabieren.

Ich bin aber optimistischer als noch im Vorjahr: Vielleicht schaffen wir genauso wie bei der kalten Progression, wo es keiner geglaubt hat, auch einmal einen großen Wurf. Es haben nämlich, der Herr Minister hat es schon erwähnt, die Landesgesundheitsreferenten beim letzten Treffen das Thema endlich auf­gegriffen, und die politische Diskussion hat endlich begonnen. Ich glaube, es ist auch notwendig, dass wir unser gutes System aufrechterhalten. Ich freue mich auf die Diskussion und schließe mit dem Spruch: Es muss sich wirklich manches ändern, damit es gut bleibt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

12.25


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


12.25.25

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Kollege Saxinger, Sie haben gesagt, jeder Patient soll dorthin gehen, wo er die beste Behandlung erhält. Dem stimme ich zu, aber: Wo ist die beste Behandlung? Wo ist die leistbare Behandlung?

Ich nenne als Beispiel Linz. Linz ist die drittgrößte Stadt Österreichs, und sie schlittert momentan in ein gesundheitspolitisches Dilemma, Kollege Saxinger, weil wir zum Beispiel im Linzer Süden, wenn ich dort den sogenannten


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Speckgürtel dazuzähle, für 250 000 Bewohnerinnen und Bewohner keinen Kinderarzt haben. Wo sollen diese Bewohnerinnen und Bewohner hinfahren, damit sie die beste Behandlung bekommen? Wissen Sie, was es dort gibt? – Wahlärzte. Wahlärzte gibt es dort genug, auch für Kinder- und Jugendheilkunde, aber keinen einzigen Kinderarzt, der einen Kassenvertrag hat.

Jetzt spielen wir das weiter: Ein Viertel von Linz ist das Franckviertel. Dort gab es vier Hausärzte, die einen Kassenvertrag gehabt haben, jetzt gibt es dort nur mehr einen. Drei haben aufgehört, aber Wahlärzte haben sich dort angesiedelt – Wahlärzte, die sich nicht jeder leisten kann, weil die Menschen nicht das Geld zurückbekommen, das sie dort brauchen.

Oder: Im – ich bleibe bei der alten Bezeichnung – Wagner-Jauregg-Krankenhaus in Linz sind 140 Kinder und Jugendliche auf der Warteliste, die nicht behandelt werden können, weil man dort keinen Psychiater hat, weil man die Ärzte zur Behandlung nicht hat, lieber Kollege Saxinger! Da frage ich mich schon: Wo ist denn dann das Problem? Wo kriegen denn diese Menschen die beste Behand­lung her, wenn es die für sie gar nicht gibt? Einen Wahlarzt können sich diese Menschen nämlich nicht leisten – Sie mögen sich einen Wahlarzt leisten können, oder Sie gehen zu Ihren Kollegen im Krankenhaus. Vielleicht mag sich ein jeder hier herinnen einen Wahlarzt leisten können, aber ein Großteil der Bevölkerung kann sich keinen Wahlarzt leisten, Kollege Saxinger. Da müssen wir massivst eingreifen, damit die Menschen eine gute und ausgezeichnete Behandlung bekommen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wo liegt denn das Problem? Wir haben mit vielen gesprochen. – Das Problem liegt darin, dass sich speziell Jungärzte ihre Anstellung im Krankenhaus sichern und dann eine Wahlarztordination aufmachen. Es gibt ja nichts Praktischeres als zu sagen: Ich habe meine fixe Anstellung im Krankenhaus, und am Nachmittag, wenn ich frei habe, habe ich meine Wahlarztordination, und da kann ich dann tun und lassen, was ich will, weil ich ja keinem Reglement unterliege! – Und das kostet natürlich, und das verlangt der Wahlarzt von den Patienten, aber die Patienten haben das Geld nicht.


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Ich habe wirklich die Bitte: Schauen wir, dass wir schnellstens dieses System ändern, dass wir es wirklich jedem Österreicher und jeder Österreicherin möglich machen, die beste Behandlung zu bekommen, die ihnen zusteht, und sie nicht darauf angewiesen sind, dass sie Geld haben, damit sie zu einem Wahlarzt gehen können. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Hechenberger. – Bitte.


12.28.13

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Ja, im Budget sind, denke ich, weitreichende Entwicklungen beinhaltet, und wir wissen ja, dass die beste Gesundheitsvorsorge eine ausgewogene, regionale und saisonale Ernährung ist. Aus diesem Grund sind die Lebensmittel besonders wichtig und spielen in diesem Budget auch eine wichtige Rolle. Mit diesem Budget garantieren wir, und das bestätigt der Lebensmittelsicherheitsbericht, dass die Lebensmittel auch zukünftig für alle Österreicherinnen und Österreicher sicher sowie letztendlich auch gesund sind und dass das auch so bleiben soll. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren, wir merken ja momentan, dass wir uns aufgrund der Importabhängigkeit bei der Energie in eine Situation gebracht haben, die eine massive Herausforderung darstellt, und Gott sei Dank ist das bei den Lebensmitteln nicht so. Wir haben ausreichend Lebensmittel in hoher Qualität auch in Krisenzeiten zur Verfügung. Ich denke, das ist wirklich wichtig, und da müssen wir auch entsprechende Ansätze verfolgen und Vorkehrungen treffen, damit es so bleibt. In diesem Zusammenhang bin ich wirklich sehr dankbar, nämlich einerseits dem Minister für das Budget, andererseits aber auch jenen, die jeden Tag Lebensmittel in hoher Qualität und ausreichender Menge herstellen, unseren Bäuerinnen und Bauern.


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Mit großer Sorge habe ich den Medien entnommen, dass man anscheinend in Brüssel denkt, man muss aufgrund des Präsidentenwechsels in Brasilien wieder beginnen, über das Mercosur-Abkommen zu diskutieren.

Ich sage euch eines ganz offen: Wir haben ausreichend Rindfleisch in Österreich und in Europa zur Verfügung. Wir brauchen kein zusätzliches Rindfleisch aus Südamerika (Abg. Loacker: Das soll der Kunde entscheiden, nicht der Bauer!), denn letztendlich geht es darum, dass diese Lebensmittel zu anderen Bedingungen hergestellt werden, oft hormonell begleitet produziert werden, klimaschädlich sind, man muss Regenwald abholzen. Genau das brauchen wir nicht, und aus diesem Grund, denke ich, ist eines ganz klar (Abg. Loacker: Was ich brauche, sagt mir nicht die Landwirtschaftskammer!): Wir brauchen zukünftig keine aufkom­mende Diskussion über das Mercosur-Abkommen zu führen! (Abg. Meinl-Reisinger: Sicher brauchen wir das! Wir wollen Handel treiben! Meine Güte! Ist das jetzt die offizielle ÖVP-Position?)

Abschließend, geschätzter Herr Bundesminister, ein herzliches Danke! Wir haben im Parlament die verpflichtende Herkunftskennzeichnung bereits öfter diskutiert, auch Beschlüsse gefasst. Wir wissen, dass Sie fest dahinter sind, die verpflichtende Herkunftskennzeichnung umzusetzen, weil klar ist – und es ist auch dringend notwendig, dass wir das machen –, dass unsere Konsumentinnen und Konsumenten ein Recht auf Transparenz haben, darauf, zu wissen, welche Lebensmittel sie zu sich nehmen (Abg. Meinl-Reisinger: Es gibt ja echt keine Linie mehr bei euch!) und welche Lebensmittel sie kaufen, und aus diesem Grund werden wir das umsetzen. – Herzlichen Dank für die Unterstützung, herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte.



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12.31.17

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten zu Hause! Herr Bundesminister! Es ist jetzt schon viel über die ärztliche Versorgung gesagt worden: dass sie leistbar bleiben muss, Kollege Saxinger hat gesagt, es darf keine „Vollkaskomentalität“ herrschen. Ich denke, er hat hoffentlich auch gemeint, dass die medizinische Versorgung für jedermann zugänglich sein soll, ob das ein Bauarbeiter ist oder ein Großindustrieller, und das auch mit der E-Card und nicht mit der Kreditkarte. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister, Sie haben es bereits gesagt: Ja, es gibt andere Ansprüche der Ärztinnen und Ärzte, die jung sind, die ausgebildet sind. Sie haben die Primärversorgungszentren genannt. Wir unterstützen diese auch, leider wer­den – unter Anführungszeichen – „nur“ 25 Millionen Euro für neue Primär­versorgungszentren zur Verfügung gestellt. Wir brauchen 1 450 Ärzte pro Jahr, die neu ausgebildet sind, um den Status quo zu erhalten. Wir bekommen pro Jahr circa 840 Ärztinnen und Ärzte, die frisch ausgebildet sind. 16 000 junge Menschen bewerben sich jedes Jahr für einen Medizinstudienplatz und nur 1 850 Menschen bekommen auch einen, wie 2022 gezeigt hat.

Wir brauchen insofern eine Verdoppelung der Studienplätze, um den Bedarf auch abdecken zu können, und wir müssen eines tun: das Studium daran koppeln, dass die frisch Ausgebildeten dazu verpflichtet werden, im öffentlichen Gesundheitswesen tätig zu sein. Sogar die niederösterreichische Landeshaupt­frau Mikl-Leitner hat diesen Vorschlag von uns übernommen. Ich weiß nicht, ob sie es richtig ernst nimmt, ob es nicht nur ein Wahlkampfgeplänkel war, denn sonst hätten wir ja schon einen dementsprechenden Antrag der ÖVP. Gerade Niederösterreich würde von einer Verdoppelung der Ausbildungsplätze für Ärztinnen und Ärzte profitieren.

Kollege Stocker wird es vielleicht interessieren, nur ein paar Artikel aus der Presse, aus dem heurigen Jahr: Die „NÖN“ schreibt von einem akuten


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Personalmangel im LKH Wiener Neustadt; weiters die „NÖN“: So krank ist das Krankenhaus Wiener Neustadt; wiederum die „NÖN“: „Landesklinikum Horn: ,Mitarbeiter sind über Limit‘“; die „Kronen Zeitung“ schreibt: „Mehrere Spitäler in NÖ nur noch im Notbetrieb“ – also überall dort, wo die ÖVP alleine das Sagen hat. Deswegen unterstützen wir sie. Überall dort, wo die ÖVP alleine das Sagen im Gesundheitswesen hat, geht es eigentlich den Bach hinunter. (Zwischenruf des Abg. Schmidhofer.)

Deswegen bringe ich auch einen entsprechenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verdoppelung der Medizinstudienplätze im Kampf gegen den Ärztemangel“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, endlich Maßnahmen gegen den Ärztemangel umzusetzen. Insbesondere müssen die Medizinstudienplätze verdoppelt und den Universitäten das entsprechende Budget zur Verfügung gestellt werden. Die Aufnahmekriterien zum Studium müssen verändert werden. Vor allem die Verpflichtung, nach der Ausbildung im öffentlichen Gesundheits­wesen für einige Jahre tätig zu sein, muss für die Erlangung eines Studienplatzes ein gewichtiger Faktor sein.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Mag.a Andrea Kuntzl,

Genossinnen und Genossen


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betreffend Verdoppelung der Medizinstudienplätze im Kampf gegen den Ärztemangel

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­vor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 24

Lange Zeit galt der Ärztemangel als vergleichsweise kleine Bedrohung. Im inter­nationalen Vergleich nämlich schien es, als verfüge Österreich über ausreichend Mediziner, um nicht in eine gefährliche Mangelversorgung zu rutschen. Das erweist sich allerdings als Trugschluss.

Der Ärztemangel ist ein Problem, das nicht nur wegen geringer Ärztezahlen entsteht, sondern vor allem aus der Altersstruktur und der Teilzeitquote resultiert. In Österreich zeigt sich, dass über 30 Prozent der Mediziner bereits in einem Jahrzehnt in Pension gehen könnten. Im Bereich niedergelassener Ärzte gilt dies sogar für nahezu jeden zweiten. Auf diese Weise entstehen Lücken, die der Nachwuchs nicht füllen kann.

Wir brauchen pro Jahr mindestens 1.450 Ärzt*innen (um Status quo zu erhalten), wir haben aber nur 840. Es gäbe genug, man muss sie nur lassen: Rund 16.000 junge Menschen wollen pro Jahr Ärzt*innen werden, nur 1.850 bekamen 2022 einen Studienplatz.

Wir in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Ärzte brauchen. Es müssen daher auch mehr Ärzt*innen ausgebildet werden. Daher ist es erforderlich, die Medizin­studienplätze zu verdoppeln. Dazu muss die Bundesregierung den Universitäten die entsprechenden finanziellen Mittel einräumen.

Aber auch die Aufnahmetests für das Medizinstudium müssen evaluiert werden. Das Aufnahmeverfahren muss auch andere Kriterien, als die eines guten Wissens in Biologie, Chemie, Physik und Mathematik, Lesekompetenz und Textverständnis sowie kognitive Fertigkeiten berücksichtigen. Beispielsweise soziales Engagement oder die Verpflichtung nach der abgeschlossenen Ausbildung zumindest einige Jahre im öffentlichen Gesundheitswesen tätig zu sein.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, endlich Maßnahmen gegen den Ärztemangel umzusetzen. Insbesondere müssen die Medizinstudienplätze verdoppelt und den Universitäten das entsprechende Budget zur Verfügung gestellt werden. Die Aufnahmekriterien zum Studium müssen verändert werden. Vor allem die Verpflichtung, nach der Ausbildung im öffentlichen Gesundheitswesen für einige Jahre tätig zu sein, muss für die Erlangung eines Studienplatzes ein gewichtiger Faktor sein.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.


12.34.57

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesundheits­budget sichert ausreichend Mittel, um die hohe Qualität im Gesundheitsbereich sicherzustellen. Ich möchte aber an die Spitze ein Danke an die vielen Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter stellen, denn sie sind ganz besonders wichtig. Sie haben eine schwierige Zeit hinter sich, in den Spitälern, im Rettungswesen, in den Pflege- und Sozialeinrichtungen, im mobilen Dienst, im gesamten Gesundheits- und Pflegesystem. Sie haben unseren Respekt, und im Namen unserer Fraktion, im Namen der ÖVP-Fraktion ihnen allen ein großes Danke für ihre Arbeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das Budget für 2023, ich habe es schon gesagt, stellt Mittel sicher, die wir dringend brauchen, für Impfstoffe, aber auch für andere


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Maßnahmen. Es geht ja nicht immer nur um die Covid-Impfung, der Herr Bundesminister hat es ausgeführt, ich brauche das nicht zu wiederholen. Wir investieren darüber hinaus auch 100 Millionen Euro in anderen Bereichen. Wir setzen einen Schwerpunkt im Bereich der Digitalisierung, und ich freue mich sehr, dass wir auch 2023 wieder Mittel für die Sicherstellung und Weiter­entwicklung der Elektronischen Gesundheitsakte Elga bereitstellen werden. Ganze 22 Millionen Euro werden für den Gesundheitsstandort verwendet.

Die Seniorinnen und Senioren haben in den letzten Jahren gerade in Bezug auf die Digitalisierung sehr, sehr viel dazugelernt. Sie profitieren auch von der Digitalisierung, von diesen Maßnahmen, vom elektronischen Impfpass, von der E-Medikation, vom Fernrezept, durch das eben ohne Arztbesuch ein Medika­ment auf der E-Card hinterlegt werden kann. Das ist ganz wichtig, wir müssen aber auch darauf achten, dass wir auch weiterhin entsprechende Unterstützung haben, wenn es um Digitalisierung geht – Erklärung des Smartphones und aller anderen digitalen Möglichkeiten für die ältere Generation.

Im Bereich der Digitalisierung gibt es aber auch noch weitere Investitionen, auf die ich eingehen möchte: 3 Millionen Euro aus dem Resilienzfonds, Frau Kollegin Nussbaum, sind für den Ausbau der Digitalisierung des Eltern-Kind-Passes vorgesehen, und ich freue mich, wenn wir diesen weiterentwickeln können und bald auf alle Familien ausrollen können. In dieser elektronischen Variante soll es künftig auch möglich sein, Erinnerungsschreiben per SMS oder per E-Mail zu versenden und eine lückenlose Dokumentation im E-Card-System zu garan­tieren. Weiters ist die Aufnahme von standardisierten Screenings zur psychi­schen Gesund­heit, zur Ernährung und auch zu sozialen Kompetenzen geplant.

Zusammengefasst freue ich mich, dass wir genügend Mittel zur Verfügung stellen, um unser Gesundheitssystem weiter zu modernisieren, die Qualität zu sichern und es auch zukunftsfit zu machen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.37



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte.


12.37.58

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, wenn man sich das Gesundheitskapitel ansieht, dann sieht man: Das sind keine großen Würfe, keine langfristigen Perspektiven, sondern gerade genug Ankündigungen, damit sich niemand über den Stillstand im Land aufregt. Kurz gesagt: Weiterwurschteln wie bisher und hoffen, dass man die Suppe nicht mehr selber auslöffeln muss.

Fakt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren: Dieses Budget liefert schlicht und einfach keine Antworten auf die Krisen, vor denen wir im Gesundheits­bereich stehen. Und wichtiger noch: Es leistet nichts dafür, endlich für Gerech­tigkeit im Gesundheitssystem zu sorgen. (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir uns doch nur die Ärzt:innenversorgung an! Wir erleben eine immer größere Verschiebung weg von den Kassenärzt:innen hin zu den Privatärzt:in­nen. Die Regierung schaut aber tatenlos zu, wenn eine der Grundaufgaben unseres Staates immer schlechter erfüllt wird, nämlich ein gutes Gesundheits­system für alle Menschen, unabhängig vom Wohnort und Einkommen. (Beifall bei der SPÖ.) Immer mehr unserer Mitbürger:innen müssen monatelang auf einen Arzttermin warten, eben nur, weil sie nicht genug für einen Wahlarzt auf den Tisch legen können. Das ist schlicht und einfach nicht zu akzeptieren.

Wegschauen und nur ja keine Lösungen bieten – dieses Muster setzt sich fort, wenn wir uns die medizinische Versorgung am Land anschauen. Nicht für jeden Menschen ist ein Arzt oder ein Krankenhaus nur ein paar U-Bahn-Stationen entfernt. Von meiner Haustür zum nächsten LKH brauche ich mit Glück 45 Minuten mit der Rettung, und ich bin froh, dass wir nach vielen Anstrengun­gen und enormen Investitionen seit Kurzem wieder einen Hausarzt in unserer eigenen Gemeinde ansiedeln konnten. Dieses Glück haben aber immer mehr Menschen gerade am Land eben nicht. Da reden wir nicht nur von den


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Hausärzt:innen, wir reden von Fachärzt:innen, Notärzt:innen, Kinderärzt:innen, Psychiater:innen. Ein funktionierendes Gesundheitssystem hat sicherzustellen, dass genau diese Leistungen wohnortnah und kostenlos zur Verfügung stehen, und zwar für alle, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Genau deshalb brauchen wir deutlich stärkere Investitionen in Primärversor­gungs­zentren. Wir brauchen mehr Geld und mehr Ressourcen, und wir brauchen endlich die Möglichkeit, dass auch andere Berufsgruppen solche Primärver­sor­gungszentren einrichten und dabei ausreichend unterstützt werden.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „flächendeckender Ausbaus der Primärversorgung in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die Errichtung von Primärversorgungseinheiten zu forcieren und zu erleichtern indem auch andere Gesundheitsberufe solche errichten können und mit entsprechenden zusätzlichen finanziellen Mittel zu unterstützen. Dabei soll auch darauf geachtet werden, dass Primärversorgungs­einheiten verstärkt auch in ländlichen Gebieten zur besseren Versorgung der Bevölkerung errichtet werden.“

*****

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wenn wir schon von Gerechtigkeit im Gesundheitsbereich reden, dann reden wir auch von Gerechtigkeit für die Held:innen der Coronakrise, von Gerechtigkeit für unsere Einsatzorganisationen! Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung nämlich ganz bewusst auf die Sanitäterinnen und Sanitäter sowie die Zivildiener


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vergessen, als es um die Auszahlung des Coronabonus ging. Jene Menschen, die unter Einsatz ihrer eigenen Sicherheit unser Gesundheitssystem am Laufen gehalten haben, sind leer ausgegangen. Herr Bundesminister, genau deshalb haben mehr als 50 000 Menschen dafür unterschrieben, auch für diese Held:innen unserer Einsatzorganisationen endlich für Gerechtigkeit zu sorgen.

Herr Bundesminister, es ist höchste Zeit, dass Sie diesen Menschen endlich das geben, was ihnen zusteht! (Beifall bei der SPÖ.)

12.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher,

Genossinnen und Genossen

betreffend flächendeckender Ausbaus der Primärversorgung in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 — BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 24

Im Zusammenhang mit der Beseitigung von Versorgungsmängel ist die im Regierungsprogramm und der Recovery and Resilience Facility (RRF) angekündigte – aber bisher nur unzureichend umgesetzte– wohnortnahe Primärversorgung ein zentraler Schlüssel.

Die hohe Fokussierung der Gesundheitsversorgung auf Ärzt*innen, soll dabei mit multidisziplinären Teams und nicht-ärztlichen Berufen (Psychotherapie, Diätolog*innen, Pflegekräfte) durchbrochen werden.

In diesem Zusammenhang besteht ein Novellierungsbedarf des Primärversor­gungsgesetz (PrimVG), damit auch nicht-ärztliche Gesundheitsberufe


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Primärversorgungseinheiten gründen können. Im Mittelpunkt sollten immer die Patient*innen stehen („Das Team um die Patient*innen“).

Aus den RRF-Mitteln werden insgesamt 100 Mio. Euro für Primärversorgungszentren bzw. -einheiten zur Verfügung gestellt. 25 Mio. Euro werden im Jahr 2023 aufgewendet. Im Rahmen der Wirkungsziele beträgt die Zielvorgabe 75 Primärversorgungszentren, wobei die Vorgabe ab 2024 im Zuge der neuen Finanzausgleichsverhandlungen bestimmt wird.

In den Ländern sind allerdings bis zum Jahr 2025 insgesamt 133 Primärver­sor­gungs­einheiten geplant. Diese Ambition sollte vom Bund mit entsprechenden Anschub­finanzierungen über die RRF-Mittel hinausgehend unterstützt werden. Ebenfalls muss dafür Sorge getragen werden, dass Primärversorgungseinheiten auch im ländlichen Gebieten entstehen, damit der Ausdünnung mit Gesundheitsversorgung in diesen Teilen des Landes entgegengewirkt wird.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, die Errichtung von Primärversorgungseinheiten zu forcieren und zu erleichtern indem auch andere Gesundheitsberufe solche errichten können und mit entsprechenden zusätzlichen finanziellen Mittel zu unterstützen. Dabei soll auch darauf geachtet werden, dass Primärversorgungseinheiten verstärkt auch in ländlichen Gebieten zur besseren Versorgung der Bevölkerung errichtet werden.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Alexandra Tanda. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 639

12.42.05

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Gesundheit ist die Abwesenheit von Krankheit, daher haben wir neben der medizinischen Versorgung, die wir in Österreich, wie wir schon oft gehört haben, wirklich genießen, vor allem auch die Prävention, wie Kollegin Ribo schon angesprochen hat, also vorsorgende Angebote, die ein wichtiger Pfeiler für die Gesundheit der in Österreich lebenden Menschen sind.

Dazu gehören nicht nur die klassischen Vorsorgeuntersuchungen, sondern auch die Verbesserung in der Früherkennung von Krebserkrankungen, Impfungen wie die Influenza- oder die kostenlose HPV-Impfung, die Schaffung der verbesserten Angebote im Bereich der geschlechtsspezifischen Medizin und der Altersmedizin.

Für diese Vorsorgeangebote steht im Gesundheitsbudget ausreichend Geld zur Verfügung – und nicht kein Geld, wie wir heute manchmal hören. Damit diese Angebote auch vielfach genutzt werden, ist vor allem die Zusammenarbeit mit privaten Institutionen unerlässlich. Ihre Informationsarbeit ist deswegen so wichtig, damit all diese Maßnahmen, in deren Genuss wir in Österreich kommen, auch wahr- und angenommen werden, wir es also unter dem Motto: G’sund bleiben, bitte!, auch tun. An dieser Stelle möchte ich mich vor allem bei den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diese wichtige Informations­arbeit bedanken. Die Zuschüsse für die laufenden Aufwände an die privaten Institutionen wurden daher von 15,5 Millionen Euro auf 26 Millionen Euro erhöht.

Im Zusammenhang mit der Vorsorgeuntersuchung möchte ich ein besonderes Augenmerk auf die Früherkennung von Brustkrebs legen. Seit 2014 wird in Österreich das Brustkrebsfrüherkennungsprogramm angeboten. Der Bund stellt auch in diesem Jahr wieder Mittel zur Verfügung, damit jede Frau, die in Österreich lebt, dieses alle zwei Jahre kostenlos in Anspruch nehmen kann.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 640

Mithilfe dieser Früherkennungsuntersuchung kann der Krebs oft schon zu einem Zeitpunkt entdeckt werden, zu dem die betroffene Frau noch gar nichts weiß. Je früher er erkannt wird, desto besser und schonender kann er auch behandelt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Früherkennung hat gerade im Bereich Brustkrebs wesentlich zur Senkung der Mortalität beigetragen, und doch sterben jährlich 1 600 Frauen an dieser Krankheit – leider, weil pandemiebedingt oft der Weg zum Arzt vergessen wurde. Unser Ziel für 2021, dass 46 Prozent der Frauen, die dafür infrage kommen, am Brustkrebsscreening teilnehmen, wurde leider weit verfehlt. Es liegt sogar noch unter dem Wert von 2019.

Deshalb mein Appell an alle, die zuhören, an alle Frauen, aber auch an alle Männer: Bitte gehen Sie zum Arzt Ihres Vertrauens, lassen Sie sich untersuchen! Und das gilt bitte auch für Männer, wie Kollege Schallmeiner heute schon gesagt hat, denn es gibt nicht nur Brustkrebs – und ich spreche es aus –, es gibt auch Prostata- und Hodenkrebs, also geschlechtsspezifische Krebsarten. Bitte lassen Sie sich untersuchen, denn diese Angebote, die im Budget, im Gesundheits­budget, zur Verfügung stehen, nutzen nichts, wenn man sie nicht annimmt; unter dem Motto: Nur was man Gutes tut, hat einen Sinn! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte.


12.45.45

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Minister! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet. Sie sind ja mittlerweile der dritte Gesundheitsminister in dieser Regierung, mit dem wir diskutieren dürfen, und zumindest beim Thema Corona sind Sie, glaube ich, von diesen drei Gesund­heitsministern jener mit der größten Vernunft. Das kann ich Ihnen nach einigen gemeinsamen Sitzungen einmal grundsätzlich attestieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 641

Deshalb jetzt noch einmal ganz speziell mein Appell zum Thema Coronakinder­impfung – hier (in Richtung ÖVP) wurde ja bei unseren Referaten dazu ein bissel geschmunzelt –: Herr Minister, ich bitte Sie wirklich eindringlich, der Bevöl­kerung klarzumachen, dass es absolut kontraproduktiv ist, gesunde Kinder, vor allem Kleinkinder, mit der Coronaimpfung quasi zu beglücken. Die meisten Eltern haben erkannt, dass es ein Fehler ist. Viele wären im Nachhinein froh, sie hätten ihre Kinder nicht impfen lassen, weil es sehr, sehr viele Nebenwirkungen gibt, es gibt aber immer noch genügend Eltern, die in den letzten drei Jahren so ver­un­sichert wurden, dass sie Angst haben und gesunde, vollkommen gesunde, Kleinkinder impfen lassen.

Herr Minister, bitte machen Sie dahin gehend Aufklärungsarbeit, dass es keinen Sinn ergibt, gesunde Kleinkinder gegen Corona impfen zu lassen! Das wäre die erste Bitte.

Die zweite – da Sie vernünftig sind – betrifft die wirklich auch vollkommen sinnlosen Regeln, die nach wie vor im ganzen Gesundheitsbereich bestehen, dass Ungeimpfte im Krankenhaus täglich einen Test machen müssen und Geimpfte nicht. Das ist wissenschaftlicher Nonsens, wird aber quer durch Österreich nach wie vor im Zuge der individuellen Regeln in den Krankenhäusern und sonstigen Einrichtungen durchgezogen. Da würde ich Sie bitten, einfach einmal die Wissenschaft zur Kenntnis zu nehmen und auch zu kommunizieren, dass es da keinen Unterschied gibt. Entweder macht man bei jedem einen Test oder bei niemandem, aber zu differenzieren ergibt keinen Sinn.

Die dritte Geschichte, Herr Minister – ich habe dazu viele Beschwerden bekom­men, Sie wissen es, ich habe es Ihnen gesagt –: In all den Rehaein­richtun­gen in Österreich hat die Qualität massiv gelitten. Es fallen unzählige Therapien aus, und die Menschen werden vier Wochen lang mit sinnlosen Regelungen gequält. Sie müssen ihre Therapien mit Maske machen, dürfen untereinander nicht kommunizieren, müssen 2 Meter Abstand halten, das heißt, das dient auch der psychischen Gesundung nicht, speziell bei Rehapatienten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 642

Auch da also, Herr Minister, noch einmal: Ich glaube, Sie sind der vernünftigste Gesundheitsminister unter den letzten drei in dieser Regierung. Ich bitte und appelliere an Ihre Vernunft, diese wirklich sinnlosen, unwissenschaftlichen Regeln nach und nach aufzuheben! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.48


Präsidentin Doris Bures: Da nun keine Wortmeldungen mehr vorliegen, beende ich die Beratungen zum Themenbereich Gesundheit.

12.48.47UG 20: Arbeit


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum Themenbereich Arbeit, Unterglie­derung 20.

Ich begrüße Herrn Bundesminister Martin Kocher im Hohen Haus.

Als erstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Alois Stöger das Wort. – Bitte.


12.49.03

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Es ist gut, dass wir zum Thema Arbeit kommen. Wir haben große Erwartungen gehabt, Herr Bundesminister, als Sie angelobt wurden, weil wir gedacht haben: Jetzt gibt es jemanden, der im Bereich des Arbeitsministeriums faktenorientiert tätig wird.

Betreffend den Budgetvoranschlag haben wir als Erstes einmal danach gesucht, was man denn im Bereich einer Ausbildungsgarantie macht, einer Ausbildungs­garantie bis 25. – Da findet man nichts mehr! Sie haben im Ausschuss fairerweise gesagt, dass Sie sicherstellen, dass es die Ausbildungsgarantie von arbeitslosen Menschen bis 25 gibt. Ich würde sie gern auch gesetzlich haben, Herr Bundesminister, und ich würde mir erwarten, dass Sie das heute auch deutlich sagen, damit es auch die Arbeitnehmer und die Bearbeiter im AMS wissen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 643

Die zweite Frage betreffend das Arbeitsministerium, wenn man sich mit dem Thema Arbeit auseinandersetzt, ist: Welche Menschen brauchen dabei Ihre Unterstützung? – Das sind insbesondere jene Menschen, die Umschulungen brauchen, bei denen Unterstützung nötig ist, und das sind jene Menschen, die arbeitslos sind. Herr Bundesminister, ich muss das hier sagen: Während es der Sozialminister geschafft hat, etwas gegen Armut zu tun, war das bei Ihnen nicht der Fall. Das Arbeitslosengeld haben Sie leider nicht erhöht – auch das wäre eine gute Maßnahme.

Weil wir schon dabei sind: Beim Arbeitslosengeld werden die Familienzu­schläge – 1 Euro am Tag für eine Familie, vier Kinder – nicht erhöht. Auch das wäre es eine Maßnahme, die man dringend setzen sollte. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Arbeitslosenzahlen zeigen: Menschen, die krank sind, und vor allem Menschen, die lange arbeitslos sind, tun sich schwer, einen Arbeitsplatz zu kriegen. Das Instrument, das Sie in den letzten Monaten eingesetzt haben, ist: den Arbeitgebern immer viel Geld geben, und die sollen es dann nehmen. Das heißt, wir subventionieren die Arbeitgeber. Das ist die eine Sache.

Die zweite Sache wäre: Wenn man Aktionen mit dem Ziel startet, dass Langzeitarbeitslosigkeit verhindert wird, dann muss man auch mehr in diese Gruppe investieren. Ich würde mir das von Ihrer Seite wünschen: dass wir den Sockel an Langzeitarbeitslosen tatsächlich reduzieren. Das wird in diesem Budget nicht angedacht.

Wenn ich mir die Frage stelle: Was ist denn das Innovative? Was ist das Innovative in der Arbeitsmarktpolitik, Herr Bundesminister?, dann würde ich mir wünschen, dass Sie in der Gesetzgebung, im Arbeitsrecht mehr tun. Zum Beispiel: Wie schaut es mit einem Solidaritätsprämienmodell aus, mit dem ich den Menschen die Möglichkeit gebe, eine Viertagewoche umzusetzen? Was tue ich mit dem neuen Zeitverständnis von arbeitenden Menschen? Wie kann man das absichern? (Abg. Loacker: Wir werden doch nicht bei Arbeitskräftemangel


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 644

Arbeitszeitverkürzung subventionieren!) Da hört man von Ihnen ganz wenig. Das würde ich tun. Es geht darum, nachzudenken: Wie können wir Modelle der Arbeitszeitverkürzung auch staatlich unterstützen? Dann gibt es auch die entsprechende Bereitschaft, die Arbeit zu machen.

Wir brauchen innovative Ideen (Abg. Michael Hammer: Aber keine sozialis­ti­schen! – Oh-Rufe bei der SPÖ), die würde ich mir von Ihnen ganz besonders wünschen, und dann haben wir auch die entsprechende Bereitschaft bei den Menschen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ernst Gödl. – Bitte.


12.53.20

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Die beste Sozialpolitik, meine geschätzten Damen und Herren, ist ganz sicher eine aktive Arbeitsmarktpolitik, und eine aktive Arbeitsmarktpolitik ist sicher das beste Programm gegen Armutsgefährdung. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Stöger, wenn wir uns jetzt die Arbeitslosigkeit und die derzeitigen Arbeitslosenzahlen anschauen (Abg. Stöger: Langzeitarbeitslosigkeit!), dann können wir sehr froh sein. Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit elf Jahren. Wir hatten im Oktober, vergangenen Monat, verglichen mit der Vor-Corona-Zeit, mit 2019, um über 37 000 Menschen weniger in der Arbeits­losig­keit als – wie gesagt – vor drei Jahren. Das heißt, vieles hat gut gewirkt, und wir mussten erst einige Krisen überwinden, aber auch die Maßnahmen, die in der Coronakrise von dieser Bundesregierung gesetzt wurden, haben voll und ganz gegriffen. Ich glaube, das muss man auch anerkennen. Ich weiß, da unter­scheiden wir uns auch maßgeblich, und es ist auch gut, dass wir uns unterschei­den – wir von der christlich-sozialen Seite (Abg. Heinisch-Hosek: Das seid ihr schon lang nimmer!) von der sozialdemokratischen Seite.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 645

Man hat es auch bei Ihrer Rede jetzt gemerkt. Eines der ersten Anliegen, die Sie hier vertreten – es sei Ihnen gestattet –, ist (Zwischenruf des Abg. Matznetter): Wie kann ich die Arbeitslosigkeit gut verwalten? Wie kann ich mehr System in die Arbeitslosigkeit hineinbringen? – Was unseren christlich-sozialen Zugang betrifft (Abg. Erasim: Halleluja!), möchte ich eine Metapher aufgreifen, die meine Kollegin Bettina Zopf im Rahmen der Debatte über die Sozialpolitik gebraucht hat: Sie sind dafür bekannt, dass Sie dafür eintreten (Ruf bei der SPÖ: Ja!), dass jedem ein Fisch auf den Teller gelegt wird. Wir bekennen uns dazu, dass wir den Menschen das Fischen lehren, damit sie sich selbst helfen können (Ruf bei der SPÖ: Na geh, das ist jetzt das zweite Mal!), damit sie den Fisch selbst auf den Teller holen können. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Erasim: Ein Missionar!)

Meine Damen und Herren, das unterscheidet uns: Wir stehen für eine aktive Arbeitsmarktpolitik, und diese greift auch.

Ich möchte zwei sehr gute, positive Beispiele anführen. Weil Sie, Herr Kollege Stöger – übrigens waren Sie ja einmal für diesen Bereich zuständig –, gesagt haben: Wo sind denn die innovativen Ideen? – Genau diese Aktion Sprungbrett ist so eine innovative Idee. Da gelingt es nämlich tatsächlich, arbeitsmarktferne Personen mithilfe dieses Sprungbretts wieder in den Ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Und: Soll es so sein, dass Unternehmen unterstützt werden? – Ja, es soll sogar so sein, damit eben die Menschen einen Job bekommen, damit sie selbst ein Einkommen generieren können, ein Einkommen, von dem sie auch ihr Leben finanzieren können (Abg. Matznetter: ... Finanzamt ...!), anstatt immer darüber nachzudenken: Wie kann ich weniger arbeiten und wie kann ich das Weniger­arbeiten vielleicht auch noch direkt subventionieren?

Wenn Sie sich die Statistik bei der Aktion Sprungbrett anschauen, dann sehen Sie es sehr eindeutig: Wir haben uns vorgenommen, dass wir innerhalb der letzten beiden Jahre 50 000 Menschen aus der Langzeitarbeitslosigkeit heraus­holen. Bis zum September haben wir es geschafft, 44 200 Personen zu fördern, die aus der Langzeitarbeitslosigkeit wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden konnten. Davon – da möchte ich Ihnen ein paar Zahlen nennen – sind über


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35 Prozent über 50 Jahre alt und 44 Prozent von diesen 44 000 Personen – 44 Prozent! – hatten vorher zwei Jahre lang keine Arbeit. Meine geschätzten Damen und Herren, genau mit derartigen Programmen schaffen wir also das, was wir brauchen, nämlich dass Menschen Arbeit finden.

Einen zweiten Punkt möchte ich noch anführen, der, glaube ich, sehr wichtig ist: Für die Bereiche, in denen es einen besonders großen Mangel an Arbeitskräften gibt, zum Beispiel in der Pflege, haben wir maßgeschneiderte Konzepte. Sie wissen, wir haben beschlossen: Mit 1.1.2023 startet das Pflegestipendium, mit dem wir sicherstellen wollen, dass Menschen, die in den Pflegeberuf wechseln wollen, dabei auch unterstützt werden. Nebenbei haben wir ja auch noch 120 Millionen Euro im Budget des nächsten Jahres vorgesehen, um den Fach­kräftemangel insgesamt zu bekämpfen.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ja, dieses Budget ist zukunftstauglich. Wir wollen die Menschen unterstützen, fischen zu lernen. Wir wollen sie nicht vordergründig dabei unterstützen, dass sie den Fisch auf den Teller gelegt bekommen, denn eine aktive Arbeitsmarktpolitik ist die beste Sozialpolitik, und die beste Sozialpolitik ist die beste Armutsbekämpfung. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Prammer und Ribo. – Abg. Matznetter: Das stimmt aber nicht ...!)

12.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. – Bitte.


12.58.01

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren daheim vor den Bildschirmen! Mit einem Satz hat mein Vorredner recht: Natürlich ist eine gute Arbeitsmarktpolitik die beste Sozialpolitik, und sie ist auch das Beste zur Armutsbekämpfung. – So weit, so gut. Dann hört es sich aber schon wieder auf mit der Gemeinsamkeit, denn im Gegensatz zur ÖVP möchte ich nicht alle ins Fischereigewerbe stecken (Heiterkeit der Abg. Erasim), sondern ich möchte die


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Menschen dorthin vermitteln, wo sie auch gerne arbeiten möchten, wo sie ihre Talente und Begabungen haben.

Schauen wir uns dieses Arbeitsmarktbudget an: Das ist in etwa eine Fortschrei­bung des heurigen. Herr Bundesminister, wenn Sie davon ausgehen, dass die Arbeitslosigkeit nächstes Jahr kaum steigt – Sie haben in Ihrem Budget 15 000 Personen drinnen –, dann, muss ich Ihnen sagen, machen Sie die Augen vor der Realität einfach zu. Sie führen dieses Land ja von einer Krise in die nächste, und Sie wissen doch ganz genau, dass die Prognosen ganz schlecht sind. Wir haben im nächsten Jahr einen Wirtschaftseinbruch zu erwarten, und das bilden Sie in Ihrem Budget schlicht und einfach gar nicht ab. Da gehen Sie dann her und sagen: Ja, dann werden wir halt das Budget überschreiten! (Ruf: Das haben bis jetzt alle gesagt!) Das ist doch einfach eine unfaire Ansage, die Sie da machen. (Abg. Salzmann: Was sagt das Wifo? Das Wifo sagt: 0,3 Prozent! Arbeits­losenrate steigt um 0,3 Prozent, sagt das Wifo!)

Sie können es doch jetzt schon vorankündigen, weil Sie es doch ganz genau wissen, dass die Arbeitslosigkeit steigen wird und die Wirtschaft einbrechen wird (Abg. Salzmann: Faktenbasiert, Frau Kollegin!), aber Sie gehen den unfairen Weg: Sie werden dieses Budget nicht einhalten können, Sie machen es dann mit Überschreitungen. Das heißt, die Abgeordneten, die heute dieses Budget beschließen, wissen heute schon, dass es nicht halten wird. (Abg. Salzmann: Faktenbasierte Argumentation wäre gut!) Das ist etwas, das man dieser Bundes­regierung ankreiden muss – nicht nur im Arbeitsmarktbereich, auch in anderen Bereichen, aber jetzt sprechen wir über den Arbeitsmarkt. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister, was ist aktive Arbeitsmarktpolitik? – Jetzt hat der Kollege vor mir gesagt, für Fachkräfteförderung (Abg. Gödl: Stipendium!) gibt es 120 Millionen Euro. Wissen Sie, seit ich in diesem Haus bin, und das ist jetzt auch schon viele, viele Jahre, höre ich davon, dass es einen Fachkräftemangel gibt. Es gibt so viel Beschäftigte wie noch nie, trotzdem sind beim AMS immer noch 300 000 Personen gemeldet. Man hat es eben nicht geschafft, diese in


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einen Arbeitsprozess zu bringen. Da frage ich mich: Warum nicht? Woran scheitert es denn, Herr Bundesminister? Was ist das Problem bei 300 000 Per­sonen, wenn ich auf der anderen Seite sehr viele Branchen habe – das ist nicht nur die Pflege, sondern es gibt ja auch andere Branchen bis hin zum Hilfs­arbeiterbereich –, für die man keine Arbeitskräfte bekommt? Da ist doch etwas faul im System. Offensichtlich sind also Leute beim AMS gemeldet, die weder arbeitswillig noch arbeitsfähig sind.

Da müssen Sie hinschauen oder diesbezüglich aktive Politik machen, sodass diese Leute nachgeschult werden. Da passiert gar nichts. Stattdessen setzen Sie sich hin, klopfen sich auf die Schulter und sagen, wie großartig Sie nicht sind und dass die Aktion Sprungbrett jetzt Langzeitarbeitslose in den Arbeitsprozess gebracht hat. (Abg. Salzmann: Das hat er überhaupt nicht gesagt!) Das ist erfreu­lich. Jeder Einzelne, der wieder in den Arbeitsprozess kommt, ist ein Grund zur Freude. Was Sie aber nicht dazusagen, ist, dass Sie natürlich dadurch, dass Sie wegen Corona alles gesperrt haben, tatsächlich Leute aus dem Arbeitsmarkt hinausgedrängt haben, die dann natürlich Monate lang arbeitslose Zeit angehäuft haben. Sie haben vergessen, das dazuzusagen.

Damit haben Sie den Arbeitsmarkt in Wahrheit auch kaputt gemacht. Wenn Sie das Land eben nicht runtergefahren hätten, hätten Sie sich all diese vielen Maßnahmen sparen können, in die die Milliarden hineingeflossen sind. Viele internationale Experten haben es schon vor Jahren gesagt – die haben es gleich nach dem ersten Lockdown gesagt –: Lockdowns bringen im Gesundheitsbereich nichts, lassen wir das Land offen!

Sie haben es runtergefahren, kein anderes Land in Europa hatte so viele Lockdowntage, hatte so viele geschlossene Tage wie Österreich. Wir sind Spitzenreiter, und es hat uns nichts gebracht. Weder gab es weniger Erkrankte noch gab es weniger Tote, weniger Übersterblichkeit, sondern auch da sind wir eher im Spitzenfeld gelandet. Es hat also nichts gebracht. Viele haben es gesagt, viele haben gewarnt, aber Sie haben es durchgeführt. Da ist das Geld hinein­geflossen, und jetzt ist nichts mehr da – und das ist das Problem, das Sie haben.


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Darum erhöhen Sie das Budget für den Arbeitsmarkt vor einer Krise so gut wie gar nicht.

Diese Bundesregierung ist Garant dafür, dass wir wieder in die nächste Krise schlittern. Sie hat uns in die Coronakrise mit all ihren wirtschaftlichen Folgen hineingefahren. Sie hat uns in einen Wirtschaftskrieg mit all seinen Folgen getrieben und jetzt kommt dann hintennach noch die soziale Krise – und auch in sie führt diese Bundesregierung uns hinein. Ich sehe ehrlich gesagt auch keine von Ihnen hier gesetzten Maßnahmen, die da etwas beenden oder abfedern würden. Daher ist dieses Budget abzulehnen, denn es bräuchte tatsächlich aktive Arbeitsmarktpolitik, es bräuchte tatsächlich auch vorausschauende Arbeitsmarktpolitik, nämlich in Hinblick darauf, dass wahrscheinlich die Arbeits­losigkeit ansteigen wird – und das wissen Sie ganz genauso. Man muss da ehrlich mit den Leuten umgehen und nicht dann sagen: Na, dann überschreiten wir halt! – Das ist eine Politik, die wir ablehnen, und daher werden wir dieses Budget ablehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

13.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag. Markus Koza. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.02.48

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Arbeitsmarkt in Österreich erholt sich seit der Coronakrise spürbar; der Arbeitsmarkt in Österreich hat sich auch jetzt in dieser Energiekrise und infolge des brutalen Angriffskriegs Putins auf die Ukraine als ausgesprochen robust herausgestellt – und das ist einmal sehr erfreulich.

Wir haben eine Arbeitslosenrate – Kollege Gödl hat es bereits erwähnt –, wie wir sie seit elf Jahren nicht mehr gehabt haben, nämlich hinsichtlich des niedrigen Standes. Wir haben rund 37 500 Arbeitslose weniger als 2019, vor der Coronakrise. Ich möchte daran erinnern, wie am Höhepunkt der Coronakrise die


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Situation tatsächlich war: Es waren damals fast 590 000 Menschen arbeitslos und rund 1,3 Millionen Menschen in Kurzarbeit. Dass diese Zahlen so drastisch zurückgegangen sind, hat natürlich damit zu tun, dass sich einerseits die Wirtschaft, die Ökonomie nach der Coronakrise deutlich und spürbar erholt hat – das heißt, sie hat einen enormen Wachstumsschub gehabt –, es hat auch damit zu tun, dass es einen demografischen Wandel gibt. Das heißt: Es gehen mehr Menschen in Pension und es strömen weniger Menschen auf den Arbeitsmarkt. Deswegen gibt es auch in sehr vielen Bereichen einen Arbeits­kräftemangel. Natürlich hat es aber auch damit zu tun, dass wir in der Regierungszusammenarbeit entsprechende Maßnahmen gesetzt haben, bei­spielsweise die Coronajoboffensive oder die Aktion Sprungbrett.

Mit der Coronajoboffensive haben wir damals das gemacht, was Experten immer wieder sagen, nämlich in der Krise geschult, damit man nach der Krise die entsprechend ausgebildeten Beschäftigten hat. Mit der Aktion Sprungbrett ist es uns tatsächlich allen Unkenrufen zum Trotz gelungen, dass wir die Zahl der Langzeitarbeitslosen von 140 000 auf unter 80 000 gesenkt haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein wichtiger Erfolg. Wir haben damit Zehntausenden Menschen, die lange aus dem Arbeitsmarkt draußen waren, wieder Perspektive, Einkommen und Hoffnung gegeben – und das ist gut so! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich schlägt sich die Erholung des Arbeitsmarktes auch auf das Arbeitsmarktbudget nieder – no na –, denn wenn wir zuerst Maßnahmen gegen Rekordarbeitslosigkeit gesetzt haben und sich infolge die Arbeitslosigkeit deutlich reduziert hat, werden natürlich auch die Ausgaben im Bereich der Arbeitsmarktpolitik sinken. Das geschieht allein schon deswegen, weil die Zahlungen für das Arbeitslosengeld, für die Notstandshilfe, für die Kurzarbeit drastisch zurückgehen – die Kurzarbeit hat ja wirklich einen großen Teil ausgemacht –, weil die Coronajoboffensive und die Aktion Sprung­brett auslaufen, weil wir schlichtweg nicht mehr in dieser Krisensituation sind und weil auch manche arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in Zeiten einer


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massiven Arbeitskräftenachfrage natürlich auch nicht wirklich sinnvoll sind. Eingliederungsbeihilfen sind ein Beispiel, denn es gibt da unter Umständen Mitnahmeeffekte und wir finanzieren dann Beschäftigungseffekte, die sich eh von selber einstellen würden.

Was schlichtweg aber nicht stimmt, ist, dass wir im Arbeitsmarktbudget drastisch gespart haben. Weil immer wieder sehr viel von Zahlen die Rede ist, will ich es hier kurz veranschaulichen (eine Tafel mit der Aufschrift „Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik inkl. Coronamaßnahmen“ und einem Säulendiagramm in die Höhe haltend): Wenn wir uns anschauen, wie sich das Arbeitsmarktbudget für aktive Arbeitsmarktpolitik seit 2019 – das war vor der Krise – entwickelt hat, sehen wir tatsächlich, obwohl die Arbeitslosenzahlen niedriger als 2019 sind, einen geringen Anstieg. Blau sind die Coronamaßnahmen im Bereich der Arbeits­marktpolitik. Natürlich wurde da deutlich mehr ausgegeben. Diese Spitzenwerte gibt es zwar nicht mehr, trotzdem sehen wir einen deutlichen Anstieg im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik. 120 Millionen Euro werden im Vergleich zu den Jahren davor zusätzlich beispielsweise für die Ausbildung von Facharbeitern, das Fachkräftestipendium für Menschen in Pflegeberufen, für die Pflegeausbildung und andere Maßnahmen ausgegeben.

Was abseits von den allgemeinen Zahlen natürlich immer sehr spannend ist: Wie viel wird pro Kopf ausgegeben? – Da können wir erfreulicherweise sagen (eine Tafel mit der Aufschrift „Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik je Kopf in Euro“ und einem Säulendiagramm in die Höhe haltend), dass die Pro-Kopf-Ausgaben im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik auch im Jahr 2023 deutlich höher als im Jahr 2019 sind. Auch im Vergleich mit den Ausgaben für aktive Arbeitsmarkt­politik in den Jahren zuvor sind die Ausgaben 2023 deutlich höher. Das heißt, es wird genau investiert, was man erkennt, wenn man die Coronamaßnahmen abzieht, die ja wirklich Sondermaßnahmen sind.

Das bedeutet, wir investieren gerade in dieser Situation, trotz Erholung am Arbeitsmarkt weiter in die Menschen, die eben die entsprechende Unter­stützung, die entsprechende Hilfe brauchen. Wir sind durchaus auch darauf


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vorbereitet – die Zahlen sind miteingerechnet –, falls es zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit kommen sollte.

Sehr geehrte Frau Belakowitsch, falls es wirklich zu massiven Einbrüchen am Arbeitsmarkt kommen sollte, dann werden wir das Gleiche tun, was wir auch in der Coronakrise gemacht haben, als wir innerhalb kürzester Zeit Hunderte Millionen Euro mobilisiert haben, um eben Arbeitslosigkeit bestmöglich zu verhindern, Perspektiven zu geben und den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. Dessen können Sie sich sicher sein. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerald Loacker. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.08.05

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein paar Redner benehmen sich hier so, als ob wir eine extrem drückende Arbeitslosigkeit hätten und man daher jetzt große Jobprogramme machen und Solidaritätsprämienmodelle und ähnliche Dinge einführen muss. Tatsache ist: Es ist die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 14 Jahren. Wenn Sie, geschätzte Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, jetzt aber glauben, dass auch beim AMS so viele Mitarbeiter wie vor 14 Jahren beschäftigt sind, dann muss ich sagen, Sie haben sich getäuscht. Vor 14 Jahren gab es dort 4 460 Planstellen und jetzt, bei der gleichen Arbeitslosigkeit, sind es 5 700 Plan­stellen, weil der öffentliche Sektor immer wächst und wächst. (Abg. Kopf: Weil die Situation vor Kurzem noch ganz anders war und man die Leute nicht einfach raus­hauen kann!) Es gibt immer einen Grund, etwas aufzudoppeln, und das kommt dann nur in ganz kleinen Dosen wieder weg – in ganz kleinen Dosen.

Wenn Sie glauben, wir würden da irgendwelche Effekte von Digitalisierung sehen, Herr Digitalisierungsstaatssekretär, dann muss ich sagen, ich weiß nicht, was die im AMS tun (Abg. Salzmann: Hätten wir da eine Freisetzung machen sollen,


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oder?!), ob die das noch in einen Stein meißeln und in den nächsten Raum hinüberrollen oder ob es da Computer gibt. (Abg. Einwallner: Was ist denn das für ein Zugang?!) Wenn ich mir die Mitarbeiterzahlen anschaue, dann muss ich aber sagen, da sind wir beim Steinerollen. Es muss doch für den Steuer- und Bei­tragszahler auch irgendwann Effizienzgewinne durch Digitalisierung geben. (Abg. Einwallner: Das ist eine Frechheit ...! – Zwischenruf des Abg. Koza.) Wir brennen immer nur wie die Luster, dürfen unser Geld abgeben – Sie, die Steuerzah­lerin­nen und Steuerzahler! –, aber beim Bund überlegt sich niemand: Wie können wir dieselbe Leistung mit weniger Mitteleinsatz generieren? (Zwischenruf des Abg. Koza. – Abg. Salzmann: Du kannst keine Beratung durch Digitalisierung ersetzen!) – Es hat doch 2008 auch Beratung gegeben, Frau Kollegin Salzmann. (Abg. Salzmann: Aber nicht ersetzt durch Digitalisierung!)

Es gibt in dieser Budgetuntergliederung eine ganz, ganz schlechte Wirkungs­orientierung. Ich habe im Ausschuss gefragt: Wenn Sie das Geld für Bildungs­karenz ausgeben, wie überprüfen Sie den Erfolg des Einsatzes dieser Mil­lionen? – Es gibt keine Überprüfung, es gibt keine Wirkungsüberprüfung für die Bildungskarenz. Da gehen mehrere Hundert Millionen Euro auf. Wir wissen, dass insbesondere junge, besonders gut ausgebildete Leute in Bildungskarenz gehen, die auf dem Arbeitsmarkt gar kein Problem haben, und da hauen wir Geld drauf. Ist das richtig? – Ich glaube nicht.

Ich habe gefragt: Wie war die Wirkung der Coronajoboffensive? Was konnte damit erreicht werden? – Das Ministerium kann auf die Frage, was mit der Coronajoboffensive erreicht wurde, keine Antwort geben. Es gibt ein Konzept im Arbeitsmarkt und das lautet: Throw money at the problem, und das machen Sie! Sie werfen Geld aufs Problem und schauen nicht, was Sie mit dem Geld erreichen. Himmel noch einmal, es ist fremdes Geld, es ist das Geld der Beitrags­zahler, der Steuerzahler! Wir könnten viel niedrigere Beitragssätze in der Arbeitslosenversicherung haben, wenn man das Geld nicht so verschleudern würde. Dann hätten wir weniger Lohnnebenkosten und dann hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch mehr Netto auf ihrem Lohnzettel stehen.


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(Abg. Gödl: Die beste Benchmark sind niedrige Arbeitslosenzahlen! Das ist die beste Benchmark!) – Genau, wir haben niedrige Arbeitslosenzahlen, und daher brauchen wir auch nicht so viele Mitarbeiter im AMS, wie wenn wir eine Höchst­arbeitslosigkeit hätten.

Die geblockte Altersteilzeit macht fast 25 Prozent der Fälle von Altersteilzeit aus. Das ist ein Frühpensionierungsprogramm für Betriebe, wofür wieder über 100 Millionen Euro ausgegeben werden, nur damit Betriebe ihre Mitarbeiter schneller in die Pension schicken können. Auch das könnte man einsparen.

Die Langzeitarbeitslosigkeit ist um ein Viertel niedriger als 2017 – eine sen­sationelle Leistung, das ist gut und wichtig. Man muss aber auch schauen, mit welchen Mitteln wir das erreichen. Die Aktion Sprungbrett hat Projektkosten von 339 Millionen Euro. Das sind nur die Projektkosten, das sind nicht die Kosten für das Arbeitslosengeld dieser Menschen. Das Ministerium gibt den Nutzen der Aktion mit 50 Millionen Euro an. Also ich haue 339 Millionen Euro hinein, damit ich einen Nutzen von 50 Millionen Euro erwirke. Das ist doch erbärmlich, mit Steuergeld so umzugehen!

Wir brauchen dringend eine Wirkungsorientierung im Arbeitsmarkt. Wir müssen schauen, dass wir mit dem Euro, den wir investieren, ein Maximum herausholen. Wir brauchen ein degressives Arbeitslosengeld, das schrittweise niedriger wird, als es heute ist, und wir brauchen eine Konzentration auf die Kernaufgaben des AMS, dass wir hier nicht Dinge finanzieren, für die das Geld der Steuerzahler zu schade ist, damit den Menschen mehr Netto im Börsel bleibt. (Beifall bei den NEOS.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Martin Kocher. – Bitte schön, Herr Bundesminister.



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13.12.40

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Glücklicherweise ist die Arbeitslosigkeit in Österreich auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau im langjährigen Vergleich. Der Arbeitsmarkt ist stabil und resilient, wir haben einen Beschäftigungshöchststand von fast 4 Millionen Beschäftigten, und wir gehen in eine etwas schwierigere Zeit für den Arbeitsmarkt mit sehr guten Voraussetzungen auf diesem. Ich halte das für sehr, sehr wichtig, weil klar ist, dass sich aufgrund der konjunkturellen Abkühlung die Lage etwas verschärfen wird. Klar ist aber auch, dass der Arbeitsmarkt aufgrund der demografischen Entwicklung und auch einiger Programme doch um einiges resilienter ist als noch vor einigen Jahren.

Die Prognose, die wir für nächstes Jahr haben, kommt ja nicht aus dem Arbeits- und Wirtschaftsressort, die kommt von unabhängigen Forschungsinstituten. Das sind zwei, die beide sagen, dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr auch bei einem starken Rückgang des Wachstums moderat sein wird – glück­licherweise; ich hoffe, es wird so bleiben. Sie rechnen mit 12 000 bis 15 000 Ar­beits­losen mehr im Jahr 2023 als 2022.

Besonders wichtig ist – das wurde auch angesprochen –, dass die Langzeit­arbeitslosigkeit stark zurückgegangen ist. Wir sind auf einem Stand der Langzeitarbeitslosigkeit wie ungefähr 2013, wie seit ungefähr zehn Jahren nicht mehr. Das halte ich für ganz besonders wichtig, weil die Langzeitarbeitslosigkeit neben den ökonomischen Kosten auch viele andere Kosten verursacht und ein Rückführen natürlich zu vielen anderen positiven Effekten führt. Ich gehe gleich auf den letzten Redner ein: Die Zahlen, die jetzt vom Abgeordneten Loacker genannt wurden, beinhalten keine Kosten-Nutzen-Analyse, die natürlich auf jeden Fall positiv ausgehen würde. Darauf würde ich alles verwetten, und wir können das auch gerne im Rahmen eines Auftrages machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Ich möchte ganz kurz aufs Budget im Detail eingehen, weil es mir sehr wichtig ist. Wir haben ein AMS-Budget, das sich 2023 auf 1,5 Milliarden Euro an Fördervolumen beläuft. Das sind 120 Millionen Euro mehr als im Budget­plan 2023. Das Förderbudget läuft unter dem Titel Stabilitätspaket. Wir wollen versuchen, den Arbeitsmarkt zu stabilisieren, idealerweise natürlich auch in den Bereichen, in denen es besonders große Schwierigkeiten gibt, wir wollen die Arbeitslosigkeit weiter reduzieren. Wir haben – das wurde auch angesprochen – die höchsten Fördergelder pro Arbeit suchende Person seit langer Zeit, mit Ausnahme dieses Jahres, weil die Arbeitslosigkeit in diesem so stark zurück­gegangen ist. Das sind 3 820 Euro pro Person für 2023. In den Jahren 2015 bis 2019 zum Beispiel war dieser Betrag jeweils geringer.

Worauf setzen wir in diesem Förderprogramm für 2023? – Wir setzen erstens natürlich weiter auf das Programm Sprungbrett, um die Langzeitarbeitslosigkeit weiter zurückzuführen; 70 000 weniger als noch vor eineinhalb Jahren ist, glaube ich, ein großer Erfolg, aber ich denke, dass da auch noch Spielraum vorhanden ist, das etwas zu reduzieren. Langzeitarbeitslosigkeit ist tatsächlich eine der größten Herausforderungen am Arbeitsmarkt in Österreich.

Wir setzen weiter auf die Fachkräftequalifizierung, basierend auf der Corona­joboffensive, die ausläuft. Das war ein Sonderprogramm, aber wir setzen weiter darauf und haben auch hier unsere Maßnahmen für das nächste Jahr noch einmal geschärft. Es gibt eine sehr umfangreiche, auch veröffentlichte Evaluie­rung des Wirtschaftsforschungsinstituts, die uns erlaubt, die besten, die wirk­samsten Maßnahmen zur Qualifizierung auszuwählen.

Ein ganz besonders wichtiger Bereich neben anderen Bereichen ist der Pflegebereich. Dort gibt es im nächsten Jahr 30 Millionen Euro Förderung für Pflegeausbildung im Rahmen des Pflegestipendiums – auch eine sehr wichtige Maßnahme. Wir wissen alle, wie knapp die Arbeitskräfte und Fachkräfte im Pflegebereich sind.


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Ein weiterer Schwerpunkt wird im Bereich der Jugendbeschäftigung liegen. Natürlich wird die Ausbildungsgarantie bis 25 weiter gelten, das ist überhaupt keine Frage, und wir haben auch zusätzlich zu den Programmen beim AMS 270 Millionen Euro für die Lehrstellenförderung vorgesehen, auch ein großer Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, auch weil sich glücklicherweise mehr junge Menschen – auch mehr als vor der Pandemie – für eine Lehre entscheiden.

Weiters werden wir natürlich alle Programme zur Förderung von Frauen weiterführen. Es gilt weiterhin das Ziel, dass die Mittel der aktiven Arbeits­markt­politik für Frauen um 4 Prozent höher sind als der Anteil der Frauen an der Arbeitslosigkeit, der glücklicherweise geringer ist als der Anteil der Männer an der Gesamtarbeitslosigkeit. Aber trotzdem geht es mir darum, dass wir in diesem Bereich besonders stark unterstützen, weil Frauen zusätzlich zur Arbeitslosigkeit auch oft andere Herausforderungen haben, die sich nicht am Arbeitsmarkt widerspiegeln und eben kompensiert werden sollen.

Wir werden, wenn es notwendig ist, die Maßnahmen natürlich anpassen, und wir haben dafür auch vorgesorgt. Im Budget sind 220 Millionen Euro für Kurz­arbeits­förderung eingestellt. Ich hoffe sehr, dass wir sie nicht brauchen werden. Wir haben derzeit gut 3 000 Voranmeldungen für die Kurzarbeit. Vor einem Jahr waren es noch knapp 75 000, vor zwei Jahren waren es 170 000. Dieser Sicherheitspolster erlaubt es uns, da sehr rasch zu reagieren. Wir haben die Kurzarbeitsregelung in der derzeitigen Form bis Mitte 2023 verlängert. Das halte ich als Absicherung für sehr wichtig. Wie gesagt, wenn es notwendig wäre, da nachzusteuern, gibt es im Gesetz auch Möglichkeiten, das zu tun.

Das AMS – das möchte ich hier ganz explizit sagen – ist ein ganz wichtiger Partner in all diesen Programmen. Ich glaube, das AMS – das muss man hervorheben – hat in dieser Krise gezeigt, wie wichtig es für die Abwicklung vieler Programme ist, und man hat gesehen, wie schnell und unbürokratisch und treffsicher die Kurzarbeitsbeihilfe war und wie viele Unternehmen in Österreich davon profitiert haben und wie schnell damit das Wachstum wieder eingesetzt hat, als das möglich war. Deshalb bedanke ich mich ganz explizit bei allen


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Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sehr, sehr schwere Jahre hinter sich haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist mir auch ein wichtiges Anliegen. Wir haben die Arbeitsinspektionen mit 38,5 Millionen Euro ausgestattet, um weiterhin alles zu tun, dass Menschen gesund und sicher am Arbeitsplatz sind. Das ist ein ganz wichtiger Faktor, der oft unerwähnt bleibt. Auch da ein Danke an die Arbeitsinspektionen, die in den letzten Jahren auch keine einfache Zeit hatten.

Ich glaube, dass der Arbeitsmarkt stabil in eine unsichere Zeit geht. Ich hoffe sehr, dass wir gut durch diese unsichere Zeit kommen. Wir haben alle Vor­aussetzungen dafür und werden, wie gesagt, falls das notwendig ist, so rasch wie auch in den letzten Jahren reagieren. Der Arbeitsmarkt ist glücklicherweise in einem guten Zustand und soll es auch bleiben. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Laurenz Pöttinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.20.21

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Herr Abgeord­neter Loacker und insbesondere Frau Abgeordnete Belakowitsch, gute Maß­nahmen der Regierung schlechtzureden wird Ihnen nicht gelingen.

Bei all den Themen und Problemen, die es rundum gibt, hat sich der Arbeits­markt großartig entwickelt. Es gibt kaum einen Betrieb, der keine Arbeitskräfte sucht. Wir haben absolute Höchstbeschäftigung mit fast vier Millionen Men­schen in Beschäftigung, und wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote seit über einem Jahrzehnt.


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Es war unter anderem auch die Investitionsprämie, die uns zu diesen großartigen Zahlen geführt hat. Offenbar haben wir trotz schwieriger Rahmenbedingungen die richtigen Entscheidungen hier im Parlament getroffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine absolute Erfolgsgeschichte ist die Aktion Sprungbrett von Arbeitsminister Kocher, der es damit geschafft hat, die Langzeitarbeitslosigkeit massiv zu senken. (Abg. Heinisch-Hosek: Das war vorher auch schon ...!) Seit April 2021 haben wir um 70 000 Langzeitarbeitslose weniger, und davon wurden über 40 000 durch Sprungbrett gefördert. Das ist eine besondere Leistung und absolut wichtig für unser schönes Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen und insbesondere Abgeordneter Muchitsch, Sie haben sich massiv geirrt. (Abg. Loacker: Der ist ...! Der kann leider nicht antworten!) Sie sprachen damals noch von der Aktion 20 000 (Abg. Belakowitsch: Der ist gar nicht da!) – ja, leider ist er nicht da, aber Sie können es ihm ausrich­ten –, dann von der Aktion 40 000 (Zwischenruf des Abg. Matznetter), und Aktion Sprungbrett war genau das Richtige. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist ja nicht wahr! Das hat es ja vorher auch schon gegeben!) Muchitsch sprach damals von „Rohr­krepierer“ und aufgelegtem „Schmäh“ und sagte, Kochers Sprungbrett sei schon vor dem Beginn morsch. – Also so kann man sich irren. Jetzt haben Sie die Bestätigung: Diese Maßnahme war die korrekte und die richtige. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Im Budget sind zur Bekämpfung des Arbeitskräftemangels wieder 120 Millionen Euro zusätzlich abgebildet, und das ist gut so. Insgesamt ist es ein großartiges Budget unseres Finanzministers, das unsere Zustimmung absolut verdient hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



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13.23.26

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Da ist es sehr schwierig, ruhig zu bleiben. Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sprungbrett hat einmal noch nicht Sprungbrett geheißen, und es wurde auch von den circa 90 000 langzeitbeschäftigungslosen Menschen jedes Jahr die Hälfte wieder in den Arbeitsmarkt rückgeführt. Also das ist ein Schmäh, den Sie jetzt erzählt haben.

Es ist gut, dass die Langzeitarbeitslosigkeit zurückgegangen ist. Wir haben aber immer noch 80 000 Personen, die langzeitarbeitslos sind.

Vielleicht aber ein paar Tatsachen, die heute nicht erwähnt wurden, die ausge­spart worden sind: Herr Bundesminister, wir alle wissen – Sie wissen es noch besser –, wofür man Rücklagen verwendet. Rücklagen sind eine strategische Reserve für außergewöhnliche Fälle, die eintreten können. Sie verwenden 279 Millionen Euro an Rücklagen für die Planung, als Planausgaben. Also diese Verwendung der Mittel ist eine Tatsache, die heute leider noch nicht erwähnt wurde.

Das andere: Sie haben auch vor, Herr Bundesminister – obwohl Sie es schön­geredet haben: die Arbeitslosigkeit sei etwas zurückgegangen –, 250 Planstellen beim AMS in den nächsten ein, zwei Jahren zu streichen. Das bedeutet, dass wir von Qualifikation und Qualität ganz weit entfernt sind. Wir haben mehr offene Stellen als Arbeitssuchende, das wissen wir alle. Es ist nur so, dass in die Qualifikation, die Bildung, die Ausbildung dieser Menschen nicht oder zu wenig investiert wird.

Was noch nicht im Budget abgebildet ist, ist prinzipiell einmal die Anhebung des Arbeitslosengeldes – wir werden das auch immer wieder trommeln – auf 70 Prozent, weil wir glauben, dass es wichtig ist, dass Menschen nicht in die Armut abrutschen sollen.


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Nicht abgebildet im Budget ist die Valorisierung des Arbeitslosengeldes – sehr wohl aber sind es die anderen Sozialleistungen und Versicherungsleistungen, das ist gut und wichtig (Zwischenruf des Abg. Loacker) –, und es gibt auch keine Anhe­bung des Familienzuschlags. Mit 97 Cent pro Tag und Kind kann man eigent­lich auch nicht gut auskommen, sehr geehrte Damen und Herren.

Über den letzten Alarm, der geschlagen wurde, ist vor ganz Kurzem etwas auf ORF ON erschienen. Das AMS Niederösterreich – Sie werden es vielleicht schon gelesen oder gehört haben – schlägt Alarm. Es geht um die Frauen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die besonders in Niederösterreich ein höheres Risiko haben, arbeitslos zu werden, dann natürlich geringeres Arbeitslosengeld bekommen, aber nicht nur, weil sie Teilzeit arbeiten, sondern weil sie zum Teil überhaupt keine Chance haben, Vollzeitjobs anzunehmen. Sie bekommen im Schnitt – lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen! – circa 210 Euro weniger Arbeitslosengeld im Monat als Männer. Das sollte also Alarm genug sein, um da nachzubessern.

Ich glaube, dass gerade bei langzeitarbeitslosen Menschen die Beratung sehr wichtig ist. Unser Ziel – es existiert schon lange – lautet: Ein Berater, eine Beraterin für 100 Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer, die beraten werden, und eine Verdoppelung der Beratungszeit! Es ist doch auch eine Tatsache, dass die Ansprüche, die Arbeitsplätze, die Art der Arbeitsplätze, die Art der Beratung sich dramatisch verändert haben, aber nicht mehr Zeit zur Verfügung steht.

Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal eine AMS-Stelle besucht haben, Herr Bundesminister. Ich glaube schon, dass dort außerordentlich gute Arbeit geleistet wird, aber die Leute arbeiten zum Teil unter großem Stress. Daher bringe ich einen Entschließungsantrag ein, der diese Missstände beseitigen soll:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein „Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefährdung von arbeitslosen Menschen und deren Familien“


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der der Armuts- und Ausgrenzungsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien durch insbesondere folgende Maßnahmen entgegengewirkt wird:

1) Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des letzten Einkommens

2) Berechnungszeitraum des Arbeitslosengeldes näher an den Zeitpunkt der Geltendmachung rücken“ – die letzten zwei Jahre werden herangezogen; das geht sich bei vielen nicht gut aus –

„3) Jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe

4) Verdreifachung des Familienzuschlages.“

*****

Wie gesagt: 97 Cent pro Tag und Kind: Damit kann niemand auskommen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.27

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé,

Genossinnen und Genossen

betreffend Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefährdung von arbeitslosen Menschen und deren Familien

eingebracht im Zuge der Debatte zu Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran­schlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) UG 20


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Die Regierung rühmt sich mit Aussagen die Bevölkerung massiv gegen die Teuerung zu unterstützen. Nur eine Gruppe wird immer gerne vergessen, das sind arbeitslose Menschen. Sozialleistungen wurden erst kürzlich valorisiert, vergessen wird dabei aber völlig auf jene Leistung, deren wichtigste Funktion die Existenzsicherung ist – das Arbeitslosengeld.

Wer arbeitslos wird, hat nach wie vor 100 Prozent der Rechnungen zu zahlen, hat aber nur mehr die Hälfte des Einkommens. Oft reicht das Arbeitslosengeld oder die Notstandshilfe nicht einmal für das Nötigste.

Arbeitslose erhalten in Österreich 55 Prozent ihres letzten Nettoeinkommens. Die im europäischen Vergleich äußerst geringe Nettoersatzrate liegt jedenfalls unter der Nettoersatzrate von den Niederlanden, Dänemark, Deutschland, Belgien, Schweden und Finnland. Dies sind Staaten, deren wirtschaftliche Ausgangslage jedenfalls mit der von Österreich vergleichbar ist.

Die Wirkung des geringen Arbeitslosengeldes wird in verschiedensten Studien unter­sucht. Einhelliger Befund ist, dass Arbeitslosigkeit das Armutsrisiko deutlich erhöht und binnen kurzer Zeit nicht nur das Leben der arbeitslosen Person, sondern auch das der Familienangehörigen, vor allem der Kinder, massiv negativ beeinflusst und sehr bald Basisbedürfnisse nur mehr sehr eingeschränkt erfüllt werden können. Dazu zählen zum Beispiel Heizkosten oder Schulausgaben.

Gerade in der derzeitigen Krise, in der sich die Preise für Strom und Gas verdreifach­ten und Lebensmittelpreise unaufhörlich steigen, wird es für arbeitslose Menschen immer schwieriger mit dem niedrigen Einkommen auszukommen.

Besonders hart trifft dieser Einkommensverlust aber Langzeitbeschäftigungslose, also jene Personen, die beim AMS Österreich länger als 365 Tage in unterschiedlichen Arbeitsmarkt-Status vorgemerkt waren. Derzeit sind rund 80.000 Langzeitbeschäf­tigungslose Personen beim AMS vorgemerkt. Diese Menschen wissen oft nicht mehr, wie sie ihr Leben meistern sollen, es bricht die Existenzgrundlage weg.


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Im Jahr 2000 hat die damalige schwarz/blaue Regierung auch noch eine Regelung abgeschafft, mit der das Arbeitslosengeld valorisiert wurde. Da seither die Höhe eines einmal festgesetzten Arbeitslosengeldes auch dann nicht steigt, wenn ein Mensch über längere Zeit arbeitslos ist, verlieren diese Menschen zunehmend an Fähigkeit, ein Leben in Würde zu führen.

Familien mit Kindern trifft Arbeitslosigkeit noch einmal heftiger, denn der derzeitige Familienzuschuss von 97 Cent pro Tag und anspruchsberechtigter Person ist lächerlich gering.

Um der Armuts- und Ausgrenzungsgefahr von arbeitslosen Menschen entgegen­zuwirken, bedarf es daher mehrerer Maßnahmen:

•          Die Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent Nettoersatzrate muss zur grundsätzlichen Existenzsicherung erfolgen.

•          Die Berechnung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes muss näher an den Zeitpunkt der Geltendmachung rücken. Derzeit erfolgt diese auf Grund der Beitrags­grundlagen aus dem zweitvorangegangenen Jahr vor dem Zeitpunkt der Geltend­machung. Dies führt dazu, dass letzte Gehaltserhöhungen nicht mehr berücksichtigt werden. Gerade in Zeiten hoher Gehaltsabschlüsse wirkt sich das extrem negativ auf die Betroffenen aus.

•          Die jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes ist eine notwendige Reaktion der Gesellschaft um auch im Bereich der Langzeitbeschäftigungslosigkeit Verarmung zu verhindern.

•          Die Verdreifachung des seit der Einführung des Euro nicht mehr erhöhten Familienzuschlages von derzeit 0,97 Euro würde vor allem Arbeitslosenhaushalten mit Kindern helfen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der der Armuts- und Ausgrenzungsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien durch insbesondere folgende Maßnahmen entgegengewirkt wird:

1)         Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des letzten Einkommens

2)         Berechnungszeitraum des Arbeitslosengeldes näher an den Zeitpunkt der Geltendmachung rücken

3)         Jährliche Valorisierung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe

4)         Verdreifachung des Familienzuschlages.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Süleyman Zorba. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Ich darf ergänzen, dass der Antrag ordnungsgemäß eingebracht worden ist und somit auch mit in Verhandlung steht.

Bitte, Herr Abgeordneter.


13.28.05

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Fachkräfte sind das Fundament einer starken Volkswirtschaft. Des­wegen bin ich stolz und froh, dass wir in Österreich mit der Lehre ein Erfolgs­modell besitzen, das auch international ein sehr gutes Vorbild ist. Während anderswo die Jugendarbeitslosigkeit zu einem immer größeren Problem wird, bleibt hierzulande der Anteil an beschäftigungslosen jungen Menschen deutlich


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unter dem EU-Durchschnittswert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wer also in Österreich eine Lehre absolviert, ist bestens für den weiteren Berufsweg ausgebildet und hat optimale Zukunftschancen. Auch für Unterneh­mer lohnt sich das Modell besonders. So können sie jungen Menschen die Möglichkeit geben, in ihren Betrieben einen Beruf zu erlernen und diese stehen anschließend als gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung. Das ist also eine Win-win-Situation mit Vorteilen für den Wirtschaftsstandort sowie für junge Menschen, die am Anfang ihrer Karriere stehen.

Umso erfreulicher ist es, dass das Erfolgsmodell der Lehre auch weiterhin große Beliebtheit genießt: Rund 40 Prozent aller 15-jährigen Jugendlichen entscheiden sich dafür, eine Lehre zu beginnen. Das sind im Jahr rund 108 000 junge Men­schen. Um unseren Lehrlingen, also den 108 000 jungen Menschen, die eine Lehre beginnen, weiterhin eine qualitativ hochwertige Ausbildung ermöglichen zu können, muss die Lehre gut ausfinanziert werden und auch dementsprechend weiterentwickelt werden. In den Jahren 2021 und 2022 standen 250 Millionen Euro an Lehrlingsförderung zur Verfügung. Davon wurden im letzten Jahr 213 Millionen Euro und in diesem Jahr 245 Millionen Euro ausgeschöpft. Damit das auch in den nächsten Jahren gut ausfinanziert ist, erhöhen wir diesen Beitrag: Im nächsten Jahr wird ein Beitrag von 270 Millionen Euro zur Verfügung stehen und im Jahr 2024 wird dieser auf 280 Millionen Euro erhöht – also im ersten Schritt eine Erhöhung um 20 Millionen Euro und anschließend eine um 30 Millionen Euro. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Mit der Erhöhung fördern wir das Fortbestehen zahlreicher Programme, wie die Lehre mit Matura, die Digitalisierung bereits bestehender Lehrberufe oder die Lehrausbildung für erwachsene Menschen. Mit diesem Budget ist auch die Ausfinanzierung eines Projekts gesichert, das mir besonders wichtig ist, nämlich die Qualitätssicherung der Ausbildung durch das Lehrlings- und Lehrbetriebs­coaching, auch bekannt als Lehre statt Leere. Das Programm erreicht Ziel­gruppen, die aktuell noch stark unterrepräsentiert sind, unter anderem ist hier


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die Rede von jungen Frauen in geschlechtsuntypischen Lehrberufen sowie jungen Menschen mit Migrationshintergrund.

Wie anfangs angesprochen, sind Fachkräfte das Fundament einer starken Volkswirtschaft. Mit diesen Programmen folgen wir den Empfehlungen des Lehrlingsberichts und sorgen dafür, dass alle Lehrlinge und all jene, die es noch werden wollen, ihr Potenzial voll entfalten können. Jede positiv absolvierte Lehrabschlussprüfung ist eine zusätzliche hoch qualifizierte Fachkraft und damit ein Gewinn für unsere Betriebe und auch für die Lehrlinge selbst, die eine gute Ausbildung genießen.

Dank der Erhöhung finanzieren wir eben unser Lehrlingsmodell weiter aus und können es weiterentwickeln und evaluieren, ob es noch weitere Programme gibt und die bestehenden Programme auch bestehen können. So leisten wir einen aktiven Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts und geben jungen Menschen eine wichtige Perspektive, um sich entfalten zu können und einen guten Start in die Berufskarriere hinlegen zu können. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

13.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.31.54

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Herr Minister Kocher, Sie haben mit knapp 10 Milliarden Euro ein sehr großes Budget. In Ihrer Planung für 2023 sind zwei Annahmen ent­halten: Die erste Annahme sind höhere Einnahmen aufgrund höherer Lohn­abschlüsse – diese teile ich aufgrund der derzeit laufenden Verhandlungen –, und die zweite Annahme – und da unterscheiden wir uns – ist: Sie rechnen mit einer sehr geringen Zunahme der Arbeitslosigkeit. Darauf würde ich jetzt einmal hoffen, aber das wird nicht eintreten.


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Was wir beide in Wahrheit schon wissen, ist, dass das Wirtschaftswachstum Richtung null geht – aktuell ist, glaube ich, die Prognose 0,2 oder 0,3 Prozent –, und Sie wissen und ich weiß, dass bei einem Wirtschaftswachstum von unter 2 Prozent die Arbeitslosigkeit steigt. Wir sind weit weg von diesen 2 Prozent, also wird diese Annahme nicht halten.

Wir haben uns, glaube ich, hier auch darüber ausgetauscht, dass wir grund­sätzlich beide wissen, dass ein Arbeitsmarkt im Idealzustand möglichst solcherart sein sollte: Es gibt keine Arbeitslosen und alle Unternehmer finden genügend Mitarbeiter. – Von diesem Idealzustand, Herr Minister, sind wir meilenweit entfernt. Die Wirtschaft sucht händeringend Facharbeiter, und auf der anderen Seite haben wir immerhin 300 000 Menschen – bitte, 300 000 Menschen! – in der Arbeitslosigkeit oder in einer Schulung. Dazu kommen noch einmal 200 000 in der Mindestsicherung.

Das ist schon auch ein Punkt, der natürlich immer wieder gerne verschwiegen wird: Wir haben mittlerweile circa 70 000 bis 80 000 Personen in einer Schulung, beim AMS haben wir über 50 Prozent nicht österreichische Staats­bürger. Das heißt, wir geben Milliarden aus, um Nichtösterreicher quasi irgendwo am Papier auszubilden. Der Erfolg ist sehr überschaubar, wie wir alle wissen.

Dasselbe Thema haben wir bei der Mindestsicherung: Da sind es mittlerweile weit über 60 Prozent nicht österreichische Staatsbürger, die in der Mindest­sicherung hängen. Das sind alles Dinge, die wir auch so prognostiziert haben und die uns auch nicht weiterhelfen, vor allem mittel- und langfristig nicht, weil Sie mit diesen Personen den Arbeitsmarkt nicht stabilisieren werden, Herr Minister.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitslosenversicherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht


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zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die Regelungen für ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich als Konsequenz der nachhaltig wirtschafts­schäd­lichen COVID-19-Maßnahmen und einer unsinnigen Sanktionspolitik infolge der Ukraine-Krise beinhaltet. Dieses Maßnahmenpaket soll sektorale Zuzugsbe­schrän­kungen auf dem Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger (befris­tet und unbefristet) nach Maßgabe von Alter, Ausbildungsniveau, beson­deren Bedürfnissen und gesundheitlichen Einschränkungen, bisheriger Berufstätigkeit, angestrebter Berufstätigkeit und branchenspezifischer kurz-, mittel- und lang­fristiger Konjunktur- und Arbeitsmarktprognose beinhalten. Insbesondere sollen im Zuge dieser Maßnahmen auch die negativen Auswir­kungen der COVID-19-Krise und der Sanktionspolitik für den Arbeitsmarkt nachhaltig korrigiert werden.“

*****

Herr Minister, wir haben einige Vorschläge gemacht, Sie können sich erinnern. Was die Jugend betrifft, haben wir eine Lehrabschlussprämie von 10 000 Euro vorgeschlagen. Das wäre ganz, ganz wichtig, auch wenn dieser Niedergang der Lehrlingsausbildung offensichtlich zurzeit gestoppt wurde. Wir haben mittler­weile wieder einen leichten Anstieg bei den Lehrlingszahlen, aber zu wenig, um den Fachkräftemangel mittel- bis langfristig aufzuhalten.

Auf der anderen Seite haben wir die Aktion 60 plus des Kollegen Angerer vor­geschlagen, die auch sinnvoll wäre. Viele ÖVP-Funktionäre und -Abgeordnete fordern das ja auch, nur hier im Parlament lehnen sie es immer ab, nämlich dass man Menschen, die in Pension sind, die aber noch arbeiten wollen, die Mög­lichkeit gibt, ohne bürokratischen Aufwand und ohne dass sie sozialversiche­rungsmäßig oder steuerlich geschröpft werden, ihre Fachkraft quasi noch zur


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Verfügung zu stellen. Wir werden das diese Woche wieder einbringen, und ich verstehe nicht, warum gerade die ÖVP diesem Vorschlag von uns – was ihr ja selber in Reden fordert – hier im Parlament nicht zustimmt.

Beides sind sinnvolle Maßnahmen, um vor allem in Österreich mittel- bis lang­fristig wirklich etwas zu bewegen, und ihr stimmt hier immer dagegen. Frau Kollegin (in Richtung Abg. Tanja Graf), Sie kommen nach mir. Ich bin gespannt, wie Sie da argumentieren.

Ich würde mich freuen, wenn wir es gemeinsam mit der ÖVP doch schaffen, beide Dinge – die Lehrabschlussprämie und die Aktion 60 plus – in die Realität umzusetzen. Österreich braucht das, und zwar ganz, ganz dringend.

Auf der anderen Seite sage ich auch ganz deutlich: Österreich braucht keine unkontrollierte Zuwanderung von Nichtfachkräften, die – das geht Richtung Sozialdemokraten – das Sozialsystem in Österreich, das auch Sozialdemokraten aufgebaut haben, nachhaltig zerstört, sodass wir dann Menschen in Österreich nicht mehr werden helfen können. Das wollen wir verhindern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Arbeitslosenversicherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwan­derung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voran­schlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen


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(1787 d.B.) – UG 20 Arbeit – in der 183. Sitzung des Nationalrats am 16. November 2022

Die Zahlen des Arbeitsmarktservice (AMS) zu den Schulungen und der Entwicklung der Arbeitslosen zeigt ein wachsendes Delta bei den Arbeitnehmern, ohne dass eine österreichische Staatsbürgerschaft vorhanden ist. Bei den AMS-Schulungen beträgt die Anzahl der ausländischen Schulungsteilnehmer bereits mehr als 50 Prozent. Im September und Oktober 2022 lag dieser Anteil bereits bei jeweils rund 51 Prozent. Das AMS wurde endgültig zum Ausländer-Amt.

AMS-Schulungen: Vergleich Monate Jänner bis Oktober 2021-2022

Jänner 2022:  71.987 (+ 4.487) (+7,2 %)

Februar 2022: 74.164 (+2.223) (+ 3,1%)

März 2022: 73.970 ( -2.809) (-3,7 %)

April 2022: 72.553 (-5.508) (-7,1 %)

Mai 2022: 73.725 (-1.675) (-2,2%)

Juni 2022: 69.449 (-1.793) (-2,5%)

Juli 2022: 61.160 (-94) (-0,2%)

August 2022: 60.412 (-623) (-1,0%)

September 2022: 68.750 (-514) (-0,7%)

Oktober 2022: 69.918 (-1.710) (-2,4%)

AMS-Schulungen Inländer: Vergleich Monate Jänner bis Oktober 2021-2022

Jänner 2022: 37.789 (+1.346) (+3,7%)

Februar 2022: 38.655 (-793) (-2,0%)


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März 2022: 38.101 (-3.849) (-9,2 %)

April 2022: 36.702 (-6.088) (-14,2%)

Mai 2022: 36.550 (-4.686) (-11,4%)

Juni 2022: 33.959 (-4.773) (-12,3%)

Juli 2022: 29.915 (-3.844) (-11,4%)

August 2022: 29.868 (-3.365) (-10,1%)

September 2022: 33.681 (-3.768) (-10,1%)

Oktober 2022: 34.291 (-3.616) ( -9,5%)

AMS-Schulungen Ausländer: Vergleich Monate Jänner bis Oktober 2021-2022

Jänner 2022: 34.198 (+3.501) (+11,4%)

Februar 2022: 35.509 (+3.016) (+9,3%)

März 2022: 35.869 (+1.040) (+3,0%)

April 2022: 35.851(+580) (+1,6 %)

Mai 2022: 37.175 (+3.011) (+8,8%)

Juni 2022: 35.535 (+2.980) (+9,2%)

Juli 2022: 31.245 (+3.750) (+13,6%)

August 2022: 30.544 (+2.742) (+9,9%)

September 2022: 35.069 (+3.254) (+10,2%)

Oktober 2022: 35.627 (+1.906) (+5,7%)

AMS-Arbeitsmarktzahlen: Vergleich Monate Jänner bis August 2021-2022


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Jänner 2022:  332.956 (-135.374) (-28,9%)

Februar 2022: 302.697 (-134.285) (-30,7%)

März 2022: 261.917 (-119.121) (-31,3%)

April 2022: 254.755 -100.627 (-28,3%)

Mai 2022: 237.818 (-79.142) (-25,0%)

Juni 2022: 228.908 (-59.954) (-20,8%)

Juli 2022: 235.487 (-47.198) ( -16,7%)

August 2022: 249.019 (-37.258) ( -13,0%)

September 2022: 237.409 (-31.841) (-11,8%)

Oktober 2022: 249.314 (-20.200) (-7,5%)

AMS-Arbeitsmarktzahlen Inländer: Vergleich Monate Jänner bis August 2021-2022

Jänner 2022:  217.670 (-89.768) (-29,2%)

Februar 2022: 198.464 (-87.687) (-30,6%)

März 2022: 170.617 (-78.018) (-31,4%)

April 2022: 164.748 (-65.968) (-28,6%)

Mai 2022: 154.960 (-52.107) (-25,2%)

Juni 2022: 149.371 (-41.785) (-21,9%)

Juli 2022: 156.514 (-34.048) (-17,9%)

August 2022: 163.757 (-28.998) (-15,0%)

September 2022: 153.201 (-25.237) (-14,1%)


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Oktober 2022: 158.972 (-19.067) (-10,7%)

AMS-Arbeitsmarktzahlen Ausländer: Vergleich Monate Jänner bis August 2021-2022

Jänner 2022:  115.286 (-45.606) (-28,3%)

Februar 2022: 104.233 (-46.59) (-30,9%)

März 2022: 91.300 (-41.103) (-31,0%)

April 2022: 90.007 (-34.659) (-27,8%)

Mai 2022: 82.858 (-27.035) (-24,6%)

Juni 2022: 79.537 (-18.169) (-18,6%)

Juli 2022: 78.973 -13.150 (-14,3%)

August 2022: 85.262 (-8.260) (-8,8%)

September 2022: 84.208 (-6.604) (-7,3%)

Oktober 2022: 90.342 (-1.133) (-1,2%)

Die Bundesregierung, insbesondere das Arbeits- und Wirtschaftsministerium und das Arbeitsmarktservice (AMS), müssen hier dringend gegensteuern. Diese Gegen­steue­rungsstrategie muss unter der Überschrift „Österreicher zuerst“ stattfinden, damit sichergestellt werden kann, dass in einem Verdrängungswettbewerb infolge der nachhaltig wirtschaftsschädlichen COVID-19-Maßnahmen und einer unsinnigen Sanktionspolitik infolge der Ukraine-Krise hier nicht die österreichischen Arbeitneh­mer unter die Räder kommen und von einer sich verfestigenden strukturellen Lang­zeitarbeitslosigkeit betroffen sind.

Man muss also mit einem entsprechenden Maßnahmenpaket, das auf die nachhaltige Beseitigung der sektoralen Arbeitslosigkeit abzielt, den negativen Folgen der nachhaltig wirtschaftsschädlichen COVID-19-Maßnahmen und einer unsinnigen


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Sanktionspolitik infolge der Ukraine-Krise begegnen. Im Zentrum dieses Maßnah­menpakets sollen insbesondere auch sektorale Zuzugsbeschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger nach Maßgabe von Alter, Ausbil­dungsniveau, besonderen Bedürfnissen und gesundheitlichen Einschränkungen, bisheriger Berufstätigkeit, angestrebter Berufstätigkeit und branchenspezifischer kurz-, mittel- und langfristiger Konjunktur- und Arbeitsmarktprognose stehen. Diese können sowohl befristet als auch unbefristet erfolgen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die Regelungen für ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeits­losigkeit in Österreich als Konsequenz der nachhaltig wirtschaftsschädlichen COVID-19-Maßnahmen und einer unsinnigen Sanktionspolitik infolge der Ukraine-Krise beinhaltet. Dieses Maßnahmenpaket soll sektorale Zuzugsbeschränkungen auf dem Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Bürger und EU-Bürger (befristet und unbefristet) nach Maßgabe von Alter, Ausbildungsniveau, besonderen Bedürfnissen und gesundheit­lichen Einschränkungen, bisheriger Berufstätigkeit, angestrebter Berufstätigkeit und branchenspezifischer kurz-, mittel- und langfristiger Konjunktur- und Arbeitsmarkt­prognose beinhalten. Insbesondere sollen im Zuge dieser Maßnahmen auch die negativen Auswirkungen der COVID-19-Krise und der Sanktionspolitik für den Arbeitsmarkt nachhaltig korrigiert werden."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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13.37.23

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Menschen in Beschäftigung zu bringen, das ist wohl die wichtigste Aufgabe des AMS, und unser Gesamtbudget für das Thema Arbeit umfasst deshalb 9,2 Milliarden Euro. Das ist damit fast ein Zehntel des ganzen Bun­des­haushaltes – das ist eine sehr bemerkenswerte Summe.

Mein Kollege Koza hat schon sehr ausführlich ausgeführt, warum das Budget jetzt so ist, wie es ist, ich darf hier aber trotzdem noch einmal die einen oder anderen Punkte erwähnen, weil die Opposition meiner Meinung nach die Fakten komplett ignoriert oder nicht hören möchte, nicht sehen möchte. Ich möchte schon festhalten, dass wir erstens einmal die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 14 Jahren haben – das hat Kollege Loacker sehr ausführlich erzählt. Wir haben zum Glück nur noch 6 000 Menschen in Kurzarbeit. Wir werden pro Kopf mehr als 3 800 Euro investieren. Und, Herr Kollege Wurm, ja, wir investieren in Menschen, die wir in Beschäftigung bringen wollen, und wir differenzieren zum Glück nicht so wie Sie übers Herkunftsland. Ich finde das unappetitlich. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Unser oberstes Gebot sollte nämlich sein, Menschen in Beschäftigung zu bringen. Das sollte unser oberstes Gebot sein! (Abg. Belakowitsch: ... nicht ..., Frau Kollegin!)

Wenn ich jetzt kurz nach Salzburg blicken darf: Ich habe unlängst mit unserer AMS-Geschäftsführerin Jacqueline Beyer ein Gespräch gehabt. Es ist bemer­kens­wert, dass wir in Salzburg erstmals mehr offene Stellen als Arbeitssuchende haben. Es gibt insgesamt mehr als 10 000 offene Stellen. (Abg. Wurm: Warn­zeichen, Frau Kollegin! Warnzeichen!) Jede Branche sucht händeringend Personal. (Abg. Wurm: Bei 300 000 Arbeitslosen!) Wenn ich jetzt unseren so wichtigen Tourismus hervorheben darf (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP): Kurz vor der Wintersaison fehlen in Salzburg 1 700 Menschen, die arbeiten gehen sollen. (Abg. Wurm: Das habe ich ja gerade erklärt, warum das so ist! Das habe ich Ihnen


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erklärt, Frau Kollegin! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Die fehlen uns in Salzburg!

Es sollte uns allen am Herzen liegen (Abg. Belakowitsch: Ja, eh! – Abg. Wurm: Eben! Ja, eben!), dass wir diese Mittel in Höhe von 3 800 Euro pro Kopf in die Hand nehmen, um Menschen in Beschäftigung zu bringen, um eben den Wirtschaftsstandort Österreich und den heimischen Tourismus zu stärken. Ich kann Ihnen schon eines sagen, meine Damen und Herren: Es kann nicht sein, dass wir unsere Gäste in unserem schönen Land Österreich hungrig nach Hause schicken, weil der Koch in der Küche fehlt.

Gerichtet an die liebe Opposition, die SPÖ: Die Erhöhung des Arbeitslosengeldes wird dieses Problem leider auch nicht lösen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

13.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.40.13

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auch im Bereich der Arbeit muss ich mich wieder zu den Menschen mit Behinderungen äußern, denn auch im Arbeits­markt­budget fehlt es an finanziellen Mitteln zur Unterstützung für Menschen mit Behinderungen.

Auf meine Frage nach der Umsetzung von Lohn statt Taschengeld für Menschen in Tagesstrukturen wurde mir als Antwort gegeben, dass Gespräche derzeit ruhen, weil man auf eine Studie zur Arbeitsunfähigkeit warte. Gerade aufgrund der Komplexität wäre dieses Thema aber extrem wichtig – da dranzubleiben und weiter an der Umsetzung zu arbeiten.

Das Konzept der Tagesstrukturen muss sowieso überdacht werden. Leider werden viele Menschen mit Behinderungen einfach als arbeitsunfähig eingestuft


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und in den Tagesstrukturen untergebracht, obwohl sie eigentlich mit ganz wenig Unterstützung auch im Ersten Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Ich per­sönlich empfinde das als falsch. Man sollte diesen Menschen die Chance geben, sich an der Gesellschaft zu beteiligen und ihren Beitrag zu leisten. Alle Menschen haben es verdient, selbstbestimmt und eigenständig leben zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Doch dazu brauchen wir Maßnahmen, die es Jugendlichen vor allem ermög­lichen, eine gute Ausbildung zu machen, die ihre Chancen am Arbeitsmarkt erhöht. Auch das System zur Einstufung der Arbeitsunfähigkeit muss dringend überarbeitet werden, weil es einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Darüber hinaus müssen aber auch Anreize für Unternehmen geschaffen werden, mehr Menschen mit Behinderungen einzustellen. Noch immer kaufen sich viele Unternehmen mit der Ausgleichstaxe von dieser Pflicht frei. Positive Anreize könnten die notwendigen Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen bringen. Leider finden wir aber auch da im Budgetentwurf keine Ansätze. In diesem Zusammenhang, Herr Bundesminister, fordere ich Sie auf, Inklusion endlich zu leben und Menschen mit Behinderungen voll ins Berufsleben einzugliedern! (Beifall bei der SPÖ.)

Fazit zu diesem Thema: Auch in diesem Jahr wurde wieder einmal einfach auf die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen vergessen. (Abg. Steinacker: Das stimmt ja nicht!) Ich appelliere an die Bundesregierung und vor allem an Sie, Herr Bundesminister, Menschen mit Behinderungen ab sofort bei jeder Maßnahme auch mitzudenken und in diesem Sinne aktiv zu werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau MMMag.a Gertraud Salzmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 679

13.43.02

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem sehr verehrte Zuseher daheim vor den Bildschirmen! Lieber Herr Minister Kocher, bevor wir einen ordentlichen Blick auf das Budget werfen, erlauben Sie mir auch ganz kurz, einen Blick zurück auf die letzten zwei Jahre – zwei sehr herausfordernde Jahre, was den Arbeitsmarkt und was den Wirtschaftsstandort in Österreich anlangt – zu werfen.

Herr Bundesminister Kocher, Sie sind nicht nur ein ausgewiesener Experte, was den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort anlangt, nein, Sie haben es auch geschafft, in den letzten zwei Jahren eine derart erfolgreiche Politik zu machen, was den Arbeitsmarkt und was die Stabilität und die Stärkung des Wirtschafts­standortes in Österreich anlangt. Dafür möchte ich Ihnen einmal herzlich gratulieren und mich bei Ihnen auch dafür bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Litschauer und Rössler.)

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben es schon ausgeführt: Unsere Arbeitslosenzahlen sind so niedrig wie schon ganz lange nicht mehr. Die Pro­gnosen der Wirtschaftsforschungsinstitute lauten moderat steigend, sodass wirklich auch im Budget jetzt nicht mehr so hohe Mittel ausgewiesen werden müssen. Wenn es aber notwendig ist, werden Sie auch da, Herr Bundesminister, so wie Sie es in den letzten Monaten und Jahren gemacht haben, noch einmal nachschärfen.

Was sind die Ziele in der Arbeitsmarktpolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Da schaue ich jetzt ganz besonders auch in die Richtung der SPÖ. Liebe Frau Kollegin Heinisch-Hosek, ich glaube, uns verbindet ja durchaus das Engagement für die Frauen. Ich bin sehr froh, dass unser Minister auch einen klaren Fokus darauf setzt, dass wir eine stärkere Beteiligung aller Frauen am Arbeitsmarkt forcieren. Wir wollen die Frauen auch aus der Teilzeitfalle herausholen, weil die Teilzeit einfach Nachteile mit sich bringt, die derzeit vielleicht nicht gesehen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 680

werden, und natürlich langfristig auch für die Pension. Das AMS wird stärker in die Förderung der Frauen hineingehen. Das freut mich und das freut Sie auch, nehme ich an.

Weitere Ziele, was das Budget für den Bereich Arbeit anlangt, sind das stärkere Hineingehen beim Fachkräftemangel, um da zu fördern – 120 Millionen Euro, die noch einmal speziell eingesetzt werden –, die Erhöhung der Beschäftigungs­quote älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – auch da werden wir Maßnahmen ergreifen – und die Reduzierung der Zahl der Langzeitarbeitslosen. Es ist ein Gesamtpaket, das Sinn macht, meine Damen und Herren, und dazu kommt – das möchte ich ganz bewusst noch einmal herausgreifen – eine starke Entlastung aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich durch die Erhöhung des Familienbonus, durch die Einführung der ökosozialen Steuer­reform, durch die Abschaffung der kalten Progression und durch die Valorisie­rung der Sozialleistungen.

Viele Staaten, meine Damen und Herren, haben Steuerreformen angekündigt und haben sie aufgrund der Situation nicht umgesetzt, aber wir in Österreich setzen sie um. Sie, Herr Bundesminister, gehen ganz wichtige, erfolgreiche Wege. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

13.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Andreas Minnich. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.46.24

Abgeordneter Andreas Minnich (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen im Hohen Haus! Liebe Österreicherinnen und liebe Österreicher! Marie Curie hat schon gesagt: „Man merkt nie, was schon getan wurde, man sieht immer nur, was noch zu tun bleibt.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 681

Der Arbeitsmarkt hat die letzten Jahre eine enorme Dynamik erlebt: von Unsicherheit über Vollbeschäftigung bis zur niedrigsten Arbeitslosigkeit seit 14 Jahren in nur wenigen Monaten; Prognosen, die sich durch Corona und den Krieg in der Ukraine fast schon täglich ändern. Das sind die Herausforderungen der Arbeitsmarktpolitik von heute.

Um bei Marie Curie zu bleiben: Ich glaube, es ist angebracht, zu sehen, was schon alles geleistet wurde: die Kurzarbeit, die viele Betriebe und Arbeitneh­mer:innen durch eine herausfordernde Zeit gebracht hat; Homeofficeregelun­gen; Lehrstellenförderungen; eine Coronajoboffensive des AMS; das Programm Sprungbrett, für das es nächstes Jahr um 300 Millionen Euro mehr Budget gibt – damit werden wir heuer und 2023 50 000 langzeitarbeitslose Menschen wieder in den Arbeitsmarkt integrieren – und vieles mehr. (Beifall bei der ÖVP.) Danke an alle Mitarbeiter beim AMS für die gute Unterstützung in diesen schwierigen Monaten!

Bei all dem, was wir erst kürzlich an Herausforderungen gemeistert haben, bin ich überzeugt, dass unser Herr Bundesminister Kocher die richtigen Antworten für die kommenden Herausforderungen hat. Zur Bekämpfung des Fachkräfte­man­gels werden kommendes Jahr im Arbeitsressort zusätzlich 120 Millionen Euro bereitgestellt, und im Rahmen der Pflegereform wird der Pflegeberuf für Berufsumsteigerinnen und Berufsumsteiger attraktiviert. Dafür steht jährlich ein zusätzlicher finanzieller Rahmen von 30 Millionen Euro zur Verfügung.

Aktive Arbeitsmarktpolitik bedeutet auch aktive Standortpolitik. Gerade die Standortpolitik wird in den kommenden Jahren entscheidend sein. Menschen zu ermöglichen, zu arbeiten, wo sie leben, ist nicht nur wichtig für den dezentralen Raum, sondern auch ein wesentlicher Faktor für unsere Klimapolitik bis hin zur Sozial- und Familienpolitik.

Geschätzte Damen und Herren, es macht einfach einen Unterschied, ob die Familie, der Arbeitsplatz und die Kinderbetreuung nahe zusammenliegen oder ob man auf lange Auto- und Öffifahrten angewiesen ist. Es kostet Zeit, es kostet


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Geld und es schwächt das Ortsleben, wenn man nur zum Schlafen zu Hause ist. Als Beispiel kann ich meine Heimatgemeinde Korneuburg anführen, in der wir es direkt vor den Toren der Großstadt Wien geschafft haben, mehr Einpendler als Auspendler zu haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Durch unsere aktive Standortpolitik können wir allen Krisen zum Trotz einen starken Arbeitsmarkt vorweisen, der sich auch im EU-Vergleich sehen lassen kann.

Die Arbeitnehmer, die Wirtschaftstreibenden, die Politik sowie die Sozialpartner haben die Herausforderungen gemeinsam gemeistert. Daran sieht man ganz klar: Arbeit und Wirtschaft kann man nur gemeinsam denken. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

13.50


Präsident Ing. Norbert Hofer: Mir liegen dazu keine Wortmeldungen mehr vor. Die Beratungen zu diesem Themenbereich sind somit auch beendet.

13.50.17

UG 33: Wirtschaft (Forschung)

UG 40: Wirtschaft (inkl. Tourismus)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zu den Untergliederungen 33: Wirtschaft mit Forschung, und 40: Wirtschaft inklusive Tourismus.

Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.50.36

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen sowie Zuseherinnen und Zuseher! Das Kapitel Wirtschaft ist in bewegten Zeiten natürlich ein besonders bedeutendes. Gestern hat unsere Vorsitzende, Frau Dr. Rendi-Wagner, darauf hingewiesen, dass uns, wenn wir in dieser


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Energiekrise in eine Wettbewerbssituation kommen, die unsere Wirtschafts­betriebe, vor allem die Industriebetriebe, so unter Druck setzt, dass sie einen bedeutenden Wettbewerbsnachteil haben, auch eine Deindustrialisierung drohen kann.

Was waren die Antworten der Regierungsfraktionen? – Ich erinnere nur an die Stellungnahmen von gestern, zum Beispiel an jene des Abgeordneten Kopf, des letzten Redners in der Generaldebatte, der gesagt hat: Wir haben alles super gemacht! Und er hat gesagt, die Deutschen hätten ja eh keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch, was erfolgen soll. – Dazu muss ich eine Art tatsäch­liche Berichtigung machen, denn hätte er gestern schon die deutschen Zei­tungen angeschaut, hätte er gelesen, dass es vom grünen Wirtschaftsminister Habeck längst einen Gesetzentwurf gibt, und dieser hat es in sich. Der kommt nächste Woche in den deutschen Ministerrat und wird noch vor Weihnachten beschlossen werden, mit einem Inkrafttreten mit 1. Jänner 2023.

Demnach bekommt die deutsche Industrie die Prozesswärme in Form von Gas und Wärmelieferungen – 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs – um 7 Cent pro Kilowattstunde ab 1. Jänner 2023. Abgesehen davon, dass die Winterhilfe – Entfall der Dezemberrechnungen – auch schon im Bundesrat abgesichert ist, heißt das für unsere Betriebe und die Tausenden dort Beschäftigten, dass mit Jänner in einer Vielzahl von Branchen ein Wettbewerbsnachteil besteht. Wir sind aber in einem Binnenmarkt, meine Damen und Herren, und wir sind in einer Währungsunion. Die normale Wirksamkeit, wenn es solche Disparitäten gibt, ist, dass der Druck, der erfolgt, zu einer Abwertung der Währung führt, womit durch die Mitbewerbersituation ein Ausgleich stattfindet – aber diesen gibt es in der Eurozone nicht.

Und was machen Sie? – Sie beschließen ein Budget, ohne die Maßnahmen, die notwendig sind, um gleiche Wettbewerbsverhältnisse herzustellen, vorzusehen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 684

Herr Bundesminister, ich erwarte von Ihnen heute eine Garantie, dass mit dem Inkrafttreten in Deutschland unsere Betriebe und damit Zigtausende Beschäf­tigte nicht in einer Situation des Wettbewerbsnachteils sind. (Heiterkeit des Bundesministers Kocher. – Abg. Leichtfried: Da ist nichts zum Lachen! Entschul­digung, was ist da zum Lachen?) Sie haben uns das in den Ausschüssen zuge­sichert: Wenn das kommt, passiert das. (Abg. Leichtfried: Ich würde einmal die Voest fragen, ob das zum Lachen ist!) – Das ist nicht lustig – nein, wirklich –, und ich habe Sie ja im Ausschuss gefragt.

Herr Bundesminister, Sie wissen selber, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zahlen Ihnen nach dem Bundesbezügegesetz einen All-in-Bezug. Das heißt, auch Ihre wirtschaftswissenschaftliche Kompetenz haben Steuerzahlerinnen und Steuerzahler mitgekauft, als Sie bestellt worden sind. Daher erwarte ich auch, dass Sie diese Kompetenzen auch einschalten und dass Sie uns auch Vorschläge für Maßnahmen liefern, die das verhindern. Das erwarte ich von Ihnen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steinacker: Was ist denn das für eine degoutante Rede? Du unterstellst ja ein ...! Wie kann man so agieren? Menschenverachtend! Das ist ja unglaublich! Jetzt wird es einmal Zeit, wieder die ... einzuschalten! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bin so froh, dass wir ihn und nicht mehr die Kollegin Schramböck haben – das können viele andere nachsagen. Seien wir froh! Wir sind auch froh, dass Magnus Brunner und nicht mehr Gernot Blümel im Finanzministerium sitzt – auch darüber sind wir froh. (Abg. Gödl: Er wird es noch lange sein!) – Lange wird gar nichts sein bei der Performance, die Sie liefern. Eines ist aber klar: Wir erwarten, dass geliefert wird – und dass die Energie um Preise geliefert wird, die es möglich machen, im Wettbewerb zu bestehen. Dafür reicht das Budget nicht, insofern müssen wir es auch ablehnen, denn einer Gefährdung der öster­reichischen Wirtschaft und der österreichischen Industrie und damit der Arbeits­plätze kann ein Parlament nicht zustimmen.

Jetzt erinnere ich an die letzte Krise, Corona (Abg. Gödl: Ja!): Wie war denn das mit der Cofag? – Ich habe selber die Seite Blackbox Cofag einrichten müssen,


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weil Hunderte und später Tausende sich beschwert haben, dass die Kleinen nichts bekommen haben. Jetzt lesen wir, wohin die Gelder gegangen sind. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Nein, nicht!

Vielleicht nur zur Klarstellung, weil das Stichwort kam: Ich finde, Franz Hörl ist ein hervorragender Hotelier. Er hat einen tollen Betrieb – ich kenne den tollen Betrieb dort –, aber der muss sich jetzt verteidigen (Abg. Obernosterer: Ja, weil ihr ihn anschüttet!), weil die Coronazahlungen dazu geführt haben, dass Steuerzah­lerinnen und Steuerzahler möglicherweise oder vielleicht auch wirklich so viel gefördert haben, dass er mehr Gewinn hat als vor Corona. (Abg. Hörl: So ein Blödsinn! – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Wir haben Sie hier gewarnt. (Abg. Steinacker: Die Unternehmer sind auch Steuer­zahler! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich habe hier beim ersten Gesetz zu Corona, Frau Kollegin, gesagt: Bleiben wir beim verpflichtenden Verdienst­entgang! Da hätte es nie eine Überförderung gegeben, denn da hätte man nur jenen Betrag gekriegt, den man ohne die Maßnahmen bekommen hätte. Das haben Sie abgelehnt.

Ich habe einen Antrag auf eine Sonderabgabe zur Abschöpfung von Überge­winnen, die aus Förderungen kommen, gestellt – diesen haben Sie, ÖVP, und Sie, Grüne, abgelehnt! (Abg. Steinacker: Das ist ja unglaublich: Er weiß echt alles!) Dann hätte Franz Hörl kein Problem, denn dann hätte er gesagt: Ich zahle ja meine Sonderabgabe, ich werde nie mehr haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Lernen Sie von unseren Anträgen! Hören Sie auf, von oben herunterzuschauen! Nehmen Sie solche Anträge an, das würde dem Land guttun! Das sei auch Ihnen ins Stammbuch geschrieben, Frau Kollegin! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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13.56.48

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Ja, Herr Kollege Matznetter, es ist immer das Gleiche mit Ihnen: Diese Überheblichkeit, die Sie hier an den Tag legen (Abg. Matznetter: Überheblich ist die Regierung!) – ich habe es das letzte Mal schon gesagt –, und diese permanente Auseinanderdividiererei von Unternehmerinnen und Unternehmern (Abg. Leichtfried: Was ist da ein Auseinanderdividieren?) ist eines Vizepräsidenten der Wirtschaftskammer nicht würdig! Ich habe das das letzte Mal schon ausgeführt. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Ich setze mich ein für die Wirtschaft und dann höre ich so etwas!)

Ich kann Ihnen ganz ehrlich sagen, es gibt viele Politiker, die Unternehmer sind und die in der Krise auch Förderungen in Anspruch genommen haben (Abg. Leichtfried: Was ist da Auseinanderdividieren? Das erklären Sie jetzt bitte einmal!), genauso wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger und Unternehmer in diesem Land. (Abg. Leichtfried: Etwas behaupten und nichts dahinter!) Und es kann keine Diskriminierung von Politikern geben, wenn sie unternehmerisch tätig sind und Förderungen in Anspruch nehmen. Das möchte ich hier einmal ganz klar fest­halten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Das habe ich ja nicht gesagt!) – Punkt eins. (Abg. Matznetter: Wir reden von Überför­derung, Herr Kollege!)

Punkt zwei: Ihre Beurteilung von Ministerpersönlichkeiten richtet sich auch selbst, Herr Matznetter. Die Bewertung, ob jemand etwas eingeschaltet oder ausgeschaltet hat, steht Ihnen nicht zu. Ich finde das wirklich erbärmlich, muss ich sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Dritten – weil immer diese Beispiele aus Deutschland kommen –: In Deutschland ist noch nichts umgesetzt. Wir haben schon einen Energiekosten­zuschuss genehmigt (Abg. Leichtfried: Ja, ja, genau!) und der ist bereits abrufbar. Ich glaube, das unterscheidet uns. (Abg. Matznetter: Und das in der Krise!


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1. Jänner! Heute ist der 16. November!) Und wenn es notwendig ist, dann werden wir weitere Schritte setzen.

Jetzt komme ich zum Budget, denn eigentlich sprechen wir ja über das Budget. Das Budget für die Wirtschaft ist diesmal mit einigen Schwerpunkten ausge­stattet, die natürlich ganz wichtig sind. Es werden für die digitale und ökolo­gische Transformation der Schlüsselindustrie bis 2026 zusätzliche 220 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. (Abg. Leichtfried: Das Redevorlesen bringt jetzt nicht mehr viel nach dem Auftritt!) 2023 haben wir für die angewandte Forschung speziell im Wirtschaftsressort 281 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist eine Steigerung um 65 Prozent. Also Sie sehen, wir setzen da für die Zukunft wesent­liche Schwerpunkte, und das ist auch ganz, ganz wichtig.

Was mich als Salzburger natürlich freut, ist, dass wir die Ski-WM in Saalbach, die im Jahre 2025 stattfinden wird, mit 8 Millionen Euro unterstützen – wieder ein sportliches Großereignis in Österreich, das auch wieder viele wirtschaftliche Impulse im Bundesland auslösen wird. (Abg. Leichtfried: Ja, bei den Energiepreisen sicher!)

Wir tun natürlich alles für die Unternehmer und Unternehmerinnen, denen man einmal dafür Danke sagen muss, was sie in den letzten Jahren geleistet haben, nämlich einerseits die Menschen in Beschäftigung zu halten (Abg. Matznetter: Tanken! Billiger tanken, sollten Sie ... sagen!), andererseits die Unternehmen am Laufen zu halten und trotzdem erfolgreich zu sein. (Abg. Leichtfried: Die hätten mehr davon, wenn die Energie billiger wäre! Das Danken erinnert mich ein bisschen an die Covid-Zeit!) Dass wir jetzt in Österreich noch ein Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent haben – was uns auch von den anderen Ländern in Europa unterscheidet –, ist das Verdienst der Unternehmerinnen und Unternehmer und dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass wir natürlich alles daransetzen werden, unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, denn das ist die Voraus­set­zung dafür, dass wir in der Wirtschaft weiterhin erfolgreich sein und auch die


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Arbeitsplätze in diesem Lande sichern können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Das war jetzt mehr eine Leseübung!)


14.00.39

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt das Budget im Bereich Wirtschaft. Wir haben als eines der wesentlichen Ziele für dieses Budget vom Herrn Minister den Erhalt und die Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes definiert bekommen. Wenn wir uns die Ziele und die geplanten Maßnahmen anschauen, dann, muss ich sagen, können diese nicht wirklich entsprechen, wenn da als Ziel beschrieben wird, dass man einem Fremdenführer in Zukunft anstatt des Leinenpapieraus­weises eine Scheckkarte als Gewerbeberechtigung in die Hand gibt oder ein Kosmetiker in Zukunft auch Haarentfernung mit Laser durchführen kann. Also ich glaube, das wird unseren Wirtschaftsstandort nicht wirklich absichern.

Kollege Matznetter hat es schon angesprochen, zu Recht angesprochen: Das Wesentliche für die Absicherung des Wirtschaftsstandortes sind einfach die Energiekosten. Wirtschaftszeitungen titeln leider, dass uns eine Industriewüste Europas droht. Deutschland hat offensichtlich die Alarmzeichen erkannt und greift ein, in Österreich versuchen Sie immer noch, das Problem mit Einmalzah­lungen, mit Symptombekämpfungen zu lösen und Geld zu verteilen. Jetzt haben wir schon in der vergangenen Krise Milliarden Euro an Förderungen ausgezahlt, und ich glaube, es ist auch unbestritten – man kann vieles schönzureden ver­suchen, aber es ist unbestritten –, dass da auch Überförderungen passiert sind und wir heute in einem Rad sind – „koste es, was es wolle“ –, aus dem wir nicht mehr herauskommen, aus dem Sie nicht mehr herauskommen.


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Wenn wir uns das Budget anschauen, das Defizit von 17 Milliarden Euro, das da ausgewiesen wird, und wir feststellen müssen, dass wir in den nächsten Jahren, bis 2026, aus diesen Abgängen nicht herauskommen werden, dann müssen wir sagen, das kann keine richtige Standortpolitik und Wirtschaftspolitik für unser Land sein. Wir haben heute fünfmal höhere Stromkosten als die USA und zehnmal höhere Gaskosten als die USA, und das werden unsere Betriebe, unsere Wirtschaftsbetriebe auf Dauer nicht aushalten. Unsere Betriebe werden entweder zusperren oder abwandern. Das wird einfach das Ergebnis sein. Wie gesagt, Deutschland hat das erkannt.

Es gibt Krisengewinnler – darüber ist hier auch schon mehrfach diskutiert worden –, und das ist der Staat auf der einen Seite. Wir haben heuer Mehr­einnahmen von über 13 Milliarden Euro im Budget, trotzdem machen wir ein Minus von 17 Milliarden Euro. Also ein Krisengewinnler ist der Finanzminister – trotzdem kommen wir mit dem Geld, das wir einnehmen und den Leuten aus der Tasche ziehen, nicht aus. Auf der anderen Seite sind das die Energiekonzerne, die Milliardengewinne ausweisen, und zu guter Letzt sind es noch die Erdölkon­zerne wie zum Beispiel die OMV, die auch Milliardengewinne ausweisen. Das alles geht zulasten unserer Bürger, Sie aber greifen nicht in die Ursachen ein, sondern Sie bekämpfen nur die Symptome.

Ein weiterer Krisengewinnler ist die Wirtschaftskammer, die natürlich ihre Umlagen, Kammerumlage 1, Kammerumlage 2, jeweils auf den entsprechenden Einnahmen beziehungsweise Umsatzsteuerforderungen und Lohnsummenfor­derungen von den Unternehmern aufbaut, die natürlich auch wieder zusätzlich Beiträge erwirtschaftet und somit auch Krisengewinnler ist. Wir haben schon in der Coronakrise mehrfach gefordert, dass die Wirtschaftskammer endlich auch einen Beitrag für die Wirtschaft leistet und die Beiträge reduziert oder auf Beiträge zumindest zum Teil verzichtet oder Mehrfachpflichtmitgliedschaften endlich beendet, diese Mehrfachpflichtmitgliedschaften endlich abschafft.

Deshalb bringe ich nun folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 690

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine Mehrbelastungen für Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammern Österreich durch infolge der Teuerung steigende Kammerbeiträge“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, die sicherstellt, dass die Wirtschaftskammern Österreich auf die infolge der Teuerung steigenden Kammerbeiträge verzichten bzw. diese an die Zwangsmitglieder zurückzahlen.

Die Bundesregierung wird weiters ersucht, dem Nationalrat eine Regierungs­vorlage zuzuleiten, mit der die gänzliche Abschaffung der Mehrfach-Pflicht­mitgliedschaften zu den Fachgruppen bzw. Fachverbänden der Wirtschafts­kammern sichergestellt wird.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.05

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend keine Mehrbelastungen für Zwangsmitglieder der Wirtschaftskammern Österreich durch infolge der Teuerung steigende Kammerbeiträge

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 691

(1787 d.B.) (UG 40 Wirtschaft) in der 183. Sitzung des Nationalrats am 16. November 2022

Die enorme und ständig steigende Teuerung, der die Österreicherinnen und Österreicher seit vielen Monaten ausgesetzt sind, hat indirekt auch Auswirkungen auf die Wirtschafstreibenden und Unternehmer dieses Landes, die als Mitglieder der Wirtschaftskammern Zwangsbeiträge abliefern müssen.

Durch die Teuerungen erhöhen sich auch die der Berechnung der Kammerumlagen zugrunde liegenden Bemessungsgrundlagen, die unter anderem auf der dem Kammermitglied in Rechnung gestellten Umsatzsteuer (KU1) bzw. der Lohnsumme (KU2) beruhen.

Somit erhöhen sich mit jeder Teuerung auch die den Kammermitgliedern in Rechnung gestellten Kammerbeiträge.

Dies führt für die Unternehmer zusätzlich zu den derzeit bestehenden wirtschaft­lichen Unsicherheiten zu steigenden finanziellen Belastungen durch höhere Kammerbeiträge.

Damit verdienen neben dem Finanzminister insbesondere auch die Wirtschafts­kammern Österreich an der derzeit enormen Teuerung und Inflation.

Damit erschließt sich für die Wirtschaftskammern, unter anderem neben den ungerechtfertigten Mehreinnahmen durch die noch immer nicht beseitigten Mehrfachmitgliedschaften, eine weitere zusätzliche Einnahmenquelle am Rücken ihrer Mitglieder.

Die jüngsten Daten zeigen, dass es auf Ebene der Fachgruppen um 29,6% mehr Fachgruppenmitglieder als Kammermitglieder gibt. 39 % aller Kammermitglieder gehören mehr als einer Fachgruppe an. 27,3% aller Kammermitglieder sind sogar drei oder mehr Fachgruppen zuzurechnen.

Wie die Schlagzeilen der letzten Monate eindrucksvoll bestätigen, werden diese Einnahmen von der Wirtschaftskammern „auch dringend benötigt“:


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„Um Kontakte zu Wirtschaft und Politik zu fördern, steuerte die Kammer nämlich 40.508 Euro zu Mitgliedschaften in Golf-, Jacht- oder Sportvereinen bei“, berichtete die Kleine Zeitung vom 18. April 2021.

Wenn dann in einer Reaktion der Generalsekretär der WKO Karlheinz Kopf gegen­über der Kleinen Zeitung vom 19. April 2021 mitteilte, dass es auch zweckmäßig sein kann, beispielsweise „Mitgliedschaften in Sportvereinen wie Golfklubs zu über­neh­men,“ so kann das nur als Schlag ins Gesicht der Unternehmer bezeichnet werden, die als Zwangsmitglieder jährlich enorme und durch die Teuerung weiter steigende Zwangsbeiträge an die Kammern entrichten müssen.

Diese Wortmeldung von Karlheinz Kopf veranlasste damals auch die Bundesvorsit­zende der Grünen Wirtschaft Sabine Jungwirth zu einer entsprechend kritischen Reaktion in der Kleinen Zeitung vom 20. April 2021:

„Jungwirth stört die „Überheblichkeit“, mit der WK-Generalsekretär Karlheinz Kopf und WK-Präsident Harald Mahrer Kritik vom Tisch wischten, „als wäre das Bezahlen von Golfklubmitgliedschaften das Normalste der Welt.

Kein Unternehmen kann so wirtschaften, warum eine Interessenvertretung?“, fragt Jungwirth. „Gerade wenn man weiß, wie letztes Jahr WK-Mitglieder, die jeden Cent umdrehen müssen, mit den Grundumlagen geknebelt wurden, während in der Kammer geklotzt wird.“

Aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten ist es daher dringend an der Zeit und ein Gebot der Stunde, dass die Wirtschaftskammern erstens die entsprechenden Schritte setzen, um auf die infolge der Teuerung steigenden Kammerbeiträge zu verzichten bzw. diese an die Zwangsmitglieder zurückzuzahlen, und zweitens endlich die nach wie vor nicht erfolgte gänzliche Beseitigung der nicht akzeptablen Mehrfach-Pflicht­mitgliedschaften zu den Fachgruppen vornehmen.

Vor diesem Hintergrund ist es daher umso dringender, gerade auch Schritte zu setzen, die die heimische Wirtschaft entlasten, anstatt diese durch weiter steigende Kammer­beiträge noch weiteren Belastungen auszusetzen.


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Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die sicherstellt, dass die Wirtschaftskammern Österreich auf die infolge der Teuerung steigenden Kammerbeiträge verzichten bzw. diese an die Zwangs­mitglieder zurückzahlen.

„Die Bundesregierung wird weiters ersucht, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der die gänzliche Abschaffung der Mehrfach-Pflichtmitgliedschaften zu den Fachgruppen bzw. Fachverbänden der Wirtschaftskammern sichergestellt wird.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Bevor ich Dr.in Elisabeth Götze ans Rednerpult bitte, darf ich die ehemalige Dritte Präsidentin des Nationalrates Anneliese Kitzmüller sehr herzlich begrüßen. Willkommen im Haus!

Bitte, Frau Abgeordnete.


14.05.32

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Staatssekretärin! Sehr geehrter Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auch zu Hause! Ja, wir sprechen hier über das Budget, jetzt insbesondere im Bereich Wirtschaft, und ich denke, man kann sagen, es sind zwei Schwerpunkte, die wir hier behan­deln: einerseits Transformation, Veränderung in der Wirtschaft, Investitionen und andererseits Unterstützung in schwierigen Zeiten, in Krisenzeiten.


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Ich fange mit der Unterstützung an – meine Vorredner:innen haben sich darauf fokussiert, obwohl ich denke, wir sollten schon auch über die Zukunft reden. Fangen wir mit der Unterstützung an: Ein Energiekostenzuschuss ist im Budget vorgesehen, und das ist wichtig, um die Unternehmen abzusichern und ihnen auch eine Planungssicherheit zu geben, und das wird passieren. Also so wie in der Vergangenheit auch gibt es Unterstützung für Unternehmen aufgrund der massiv gestiegenen Energiekosten. Weiters zählen auch Garantien dazu, die den Unternehmen weiterhin zur Verfügung stehen.

Was mir noch ein großes Anliegen ist, was aus meiner Sicht auch zu den Rah­menbedingungen gehört, ist die Bundeswettbewerbsbehörde, die ein erhöhtes Regelbudget, also mehr Budget bekommt, um den fairen Wettbewerb im Land zu sichern. Das sieht man auch an den Verfahren, die sie anstrebt, ich nenne nur als Beispiele den Pellets- oder Lebensmittelhandel, zudem wurde ein Fairness­katalog erarbeitet und Ähnliches mehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Mindestens so wichtig wie diese Unterstützungsleistung ist aber, die Unterneh­men für die Zukunft fit zu machen, und auch das passiert mit diesem Budget, und zwar ganz massiv.

Forschung ist ein ganz großer Schwerpunktbereich. Ich möchte hier nur eine Zahl nennen: 65 Prozent Steigerung bei den Forschungsausgaben in der UG 33, über die wir hier sprechen, unter anderem deshalb, weil wir uns vermehrt in Ipceis, also in diesen gemeinschaftlichen europäischen Projekten, engagieren. Important Projects of Common European Interest heißt Kooperation europa­weit, um die gesamte Wertschöpfungskette in Europa darzustellen; zum Beispiel im Bereich Wasserstoff, wo es um die Dekarbonisierung der Industrie geht, aber zum Beispiel auch im Bereich Mikroelektronik, wo wir wissen, wie abhängig wir beispielsweise von Taiwan, von China, von Asien generell sind. Es ist wichtig, dass wir für eine Unabhängigkeit Europas sorgen, und das passiert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Weitere wichtige Bereiche sind grüne Technologie, also grüne Transformation, aber auch digitale Zukunftstechnologien. Diesbezüglich erfolgt massive anwendungsorientierte Forschung, auch wieder für die Transformation der Schlüsselindustrien – also auch dafür ganz viel Geld. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist die Forschung, aber mit Forschung allein ist es nicht getan, es braucht auch die Umsetzung, die Transformation in den Betrieben. Auch dafür wird viel Geld zur Verfügung gestellt. Es war schon die Rede von der Investitionsprämie, damit Unternehmen diese Produkte auch anschaffen können. Das wird unterstützt, aber auch explizite Transformationsförderung in den Wirt­schafts­betrieben. KMU digital wird von den Klein- und Mittelbetrieben sehr gut angenommen. Da geht es um Themen wie Cybersecurity, um E-Commerce und Ähnliches, und auch da gilt: Beratung, Unterstützung bei der Anwendung und bei der Umsetzung.

Aus meiner Sicht sind wir damit gut aufgestellt. Unser Ziel ist es, den Wirt­schaftsstandort wettbewerbsfähig zu erhalten, die Wettbewerbsfähigkeit auszu­bauen und Betriebe zu sichern. Das gelingt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.10.15

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Staatssekretäre! Hohes Haus! Ich möchte bei Kollegen Angerer anknüpfen, der die Wirtschaftskammer schon angezogen hat, und ein aktuelles Beispiel aus der Steiermark aufgreifen. Dort bedienen sich der Herr Präsident und die Vizepräsidenten an den Geldern der Zwangsmitglieder.


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Es steht im Gesetz: Das Präsidium der Kammer besteht aus einem Präsidenten und zwei Vizepräsidenten. Die Steirer haben drei Vizepräsidenten, eigentlich müsste die Aufsicht, der Herr Wirtschaftsminister, das sofort abdrehen. (Ruf bei der ÖVP: Die haben auch viel Arbeit!) Da wird Geld auf Kosten der Zwangsmit­glieder verblasen. Dieses Präsidium, diese vier Leute – Nasen darf man hier herinnen nicht sagen, dann zicken wieder alle herum – haben selbst beschlossen, ihre Bezüge zu erhöhen. Das gibt es auf der ganzen Welt nicht, dass man sich selbst mehr Geld zuführt. (Abg. Hörl: Bei Unternehmen schon! – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Das bestimmt immer ein anderes Gremium, der Aufsichtsrat für den Vorstand oder das erweiterte Präsidium für das Präsidium, nur in der Wirtschaftskammer Steiermark nicht.

Es gilt natürlich die Unschuldsvermutung, aber im Strafrecht, § 153 StGB, heißt es: Habe ich die Verfügungsmacht über fremdes Vermögen und führe ich dieses fremde Vermögen wissend, dass ich das nicht darf, jemand anderem zu und ist der nachher bereichert, dann wäre eigentlich der Tatbestand der Untreue erfüllt. Es gilt die Unschuldsvermutung, aber es gilt natürlich auch die Unmutsverschul­dung wie bei der Wirtschaftskammer generell. Da müsste man einmal ordentlich dreinfahren.

Zur Untergliederung 40: Es ist das gleiche Muster wie überall – Kollege Peter Haubner hat es schon gesagt –, wir geben mehr Geld aus. Ja, wie geil, wir geben mehr Geld aus! Die Frage ist doch immer: Was erreiche ich mit dem Geld? Mit der Gießkanne erreicht man nicht viel, weil ich damit das Geld, das ich habe, auf so viele verteilen muss, dass es halt versickert. Das ist auch da der Fall.

Beim Energiekostenzuschuss werden 1,3 Milliarden Euro ausgegeben, es soll jeder etwas bekommen. Wenn ein Unternehmen einen Energiekostenzuschuss von 2 000 Euro bekommt, dann muss ich sagen: Hm, vermutlich haben Sie mit den 2 000 Euro nicht den Untergang des Unternehmens verhindert, denn wenn das Unternehmen gestorben wäre, wäre es an etwas anderem gestorben. Es wird nicht darauf abgestellt, wer beispielsweise mit Unternehmen in Kanada


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oder den USA, die viel niedrigere Energiekosten haben, im internationalen Wettbewerb steht. Nein, es wird jeder gefördert.

Zur Transformation: Es ist sehr süß, Kollegin Götze hat es erwähnt, 40 Millionen Euro gibt es für die Transformation von Unternehmen. Was erreichen Sie mit 40 Millionen Euro? Für die Pensionen buttern wir die Milliarden hinaus, und wenn es um die Transformation von Unternehmen geht, geben wir 40 Minimil­liönchen aus – ein herziger Betrag, wirklich herzig. Wir können nicht mehr ausgeben, weil wir das Geld schon in den anderen UGs verblasen haben. Das muss man den Menschen auch einmal ganz klar sagen.

Was wollen Sie denn für eine ökologische Transformation haben? Abgesehen davon: Man kann das Geld nicht abrufen, man kann auch beim Energiekosten­zuschuss das Geld nicht abrufen, man kann sich nur einmal informieren, aber es gibt noch keine Richtlinie, man kann noch keinen Antrag stellen, wir sind in der Phase der Ankündigung. Ankündigen ist das, was die Generation Kurz und diese Regierung am besten können. Auch wenn Herr Minister Kocher in der Endphase, quasi in der Dämmerphase des Regimes Kurz in die Regierung gekommen ist: Es regiert immer noch die Generation Kurz, in der zweiten Reihe ist diese türkise Partie immer noch am Werken.

Ich bin überzeugt, der Herr Bundesminister weiß gar nicht, was da alles passiert oder was man ihm mit der Bundeswettbewerbsbehörde für einen Wahnsinn eingebrockt hat. Da musste jemand wegen Befangenheit aus dem Beratungs­gremium für die Auswahl ausscheiden, weil es ein persönliches Naheverhältnis gegeben hat – upsi! Der Vorsitzende dort hat auch ein persönliches Nahever­hältnis zu einem Bewerber, aber er hat erklärt, er könne das auseinanderhalten – na bin ich froh! In der Berufungskommission kann der Herr das Private und das Berufliche auseinanderhalten – na also!

Normalerweise geht es darum, dass man den Anschein der Befangenheit vermeidet – wenn der Anschein da ist, ist es eigentlich schon zu spät. (Abg.


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Krisper: Stichwort Sobotka!) Aber was will man von einem ÖVP-Juristen erwarten? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu Wirtschaft: Ein Unternehmer will keine Hilfszahlungen von der Republik haben, deswegen ist er nicht Unternehmer. Ein Unternehmer will arbeiten können, er will, dass man ihn arbeiten lässt. Er hätte vielleicht mehr Freude, wenn es weniger Notariatspflichten gäbe, wenn die neue Gesellschaftsform der Flexco endlich auf die Welt käme. Er hätte mehr davon, wenn die Betriebsan­lagengenehmigungen schneller gingen oder wenn die Gewerbeordnung reformiert würde. Unter einer Reform verstehen wir nicht, dass es eine Plastik­karte anstatt eines Papierausweises gibt (Heiterkeit der Abgeordneten Seidl und Werner) – das ist keine Reform! Oder: Wenn die Kosmetiker nach der Reform der Gewerbeordnung auch Haarentfernung mit Laser machen dürfen, ist das keine Reform der Gewerbeordnung.

Eine kleine Reform der Gewerbeordnung wäre es zum Beispiel, wenn man die Damenschneiderei und die Herrenschneiderei zusammenlegt, wenn jemand, der eine Bluse fertigen kann, auch ein Hemd fertigen darf und dafür nicht einen separaten Gewerbeschein braucht. Das wäre ein Hauch einer Reform, aber nicht einmal das kommt zustande. Das ist ein Regime des Bewahrens, das versucht, Geld hinauszuwerfen, um damit die Untertanen zu besänftigen. Das ist wirt­schaftspolitisch eigentlich enttäuschend. (Beifall bei den NEOS.)

14.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Dr. Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.


14.15.41

Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Lassen Sie uns am Anfang vielleicht kurz zurückblicken: Wir haben im ersten Halbjahr 2022 mehr als 7 Prozent Wachstum erlebt. Das war natürlich zum Teil ein Aufholeffekt aufgrund der


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Schwierigkeiten und Einschränkungen, die es während der Coronakrise gab, zum Teil aber natürlich auch der Effekt der richtig gesetzten Maßnahmen der Bun­desregierung, um wirtschaftliche Stabilität zu sichern und das Vertrauen in den Standort und die Kaufkraft der Bevölkerung zu stärken.

Leider, muss man sagen, hat sich das Wirtschaftswachstum, die Dynamik auf­grund einer geopolitischen Entwicklung, des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, eingebremst. Das ist so, man kann sich von dem, was davor passiert ist, nichts kaufen, aber ich glaube, dass wir grundsätzlich gezeigt haben, dass es eine solide Wirtschaftspolitik gegeben hat, die vor allem die Unternehmen in der Krise und – als zweiten Punkt – auch den Strukturwandel unterstützt hat. Das ist auch der Schwerpunkt des Wirtschaftsbudgets 2023: die Unterstützung der Unternehmen in dieser Krise – einer anderen Krise als noch im letzten Jahr – und die Begleitung des Strukturwandels.

Im Wirtschaftsbudget gibt es einen Zuwachs von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, das Budget umfasst 3,5 Milliarden Euro. Es gibt einige Maßnahmen, die diese Krise adressieren. Eine Maßnahme, die schon öfter angesprochen wurde, ist der Energiekostenzuschuss, der mit 1,3 Milliarden Euro budgetiert ist.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir den Energiekostenzuschuss im Juli im Parlament beschlossen haben, die Richtlinien im Sommer fertiggestellt haben und die Voranmeldung am 7. November gestartet hat. Wenn die Notifikation aus Brüssel kommt – wir erwarten sie jeden Tag –, wird die Antragstellung ab Ende November für den Zeitraum von Februar 2022 bis September 2022 möglich sein.

Ich möchte jetzt nicht den Vergleich mit anderen Staaten in Europa bemühen, aber es gab in anderen Staaten noch etwas weniger als bei uns. Wir haben diese Maßnahmen schon jetzt gesetzt, um auch schon jetzt Unterstützung im Hinblick auf die Liquidität, die für die Unternehmen so wichtig ist, zu gewährleisten. Und ja, es ist klar, dass es weitere Schritte braucht. Wir werden diese weiteren Schritte setzen, damit die Unternehmen in Österreich gut durch diese schwierige


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Zeit kommen und vor allem nicht an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Wir wissen, wie wir das tun, und werden natürlich darauf reagieren, wie andere Staaten das machen. Wir waren aber um einiges früher dran als viele andere Staaten, und das, glaube ich, muss man auch einmal konstatieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Taschner. – Abg. Leichtfried: Und warum ist es dann nicht im Budget?)

Das deutsche Budget übrigens, wenn ich darauf eingehen darf (Abg. Leichtfried: Ja, bitte!), ist ja auch schon im Parlament, es werden noch die Maßnahmen diskutiert. Es gibt noch – auch im Gegensatz zu dem, was gesagt wurde – keinen Gesetzentwurf in Deutschland, es gibt einen Vorentwurf. Ich glaube, da könnte man sehr intensiv diskutieren, wie der Stand der verschiedenen Gesetzes­vor­haben ist.

Was natürlich besonders wichtig ist, ist, dass wir den Strukturwandel in Öster­reich begleiten müssen. Die Klima- und Transformationsoffensive schafft Arbeitsplätze und schützt die Umwelt, das ist ein riesiges Paket. Ich habe schon einmal darauf hingewiesen, dass ich das für eine einzigartige Entwicklung halte, dass wir uns – mit Planungssicherheit für fast zehn Jahre – eine Offensive vorgenommen haben, die auch sehr rasch wirkt. Der Start ist 2023 und insgesamt sind bis 2030 5,7 Milliarden Euro vorgesehen. Bei uns im Ressort werden bis 2026 600 Millionen Euro für die Forschungs- und Technologieent­wick­lungsförderung, für die Standort- und Investitionsförderung sowie für Qualifizierungsmaßnahmen in der Transformation zu einer klimaneutralen, auf erneuerbare Energien ausgerichteten und darüber hinaus technologieoffenen Wirtschaft in den Schlüsselsektoren, um in Österreich diesen Umbau so zu gestalten, dass er nämlich den Wohlstand erhöht, bereitgestellt. – Das ist die große Herausforderung und Aufgabe.

Im Budget ist auch noch ein Posten für die Investitionsprämie vorgesehen. Da ist wich­tig zu sagen, dass natürlich alle Anträge schon genehmigt sind, die Unter­nehmen aber natürlich noch im nächsten Jahr und dann bis 2025 die Umsetzung


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vornehmen können. Damit sind da sehr viele Mittel vorgesehen, um das finanziell zu bedecken.

Im Budget – ich mache es relativ kurz – sind weitere Schwerpunkte gesetzt, so ein neues Filmförderungsmodell, das Anreize bieten soll, Filmproduktionen und Streamingproduktionen nach Österreich zu holen. Wir sind damit Vorreiter in Europa und das führt zu mehr Wertschöpfung im Land.

KMU digital, ein wichtiges Programm zur Digitalisierung von Klein- und Mittel­betrieben, wird fortgeführt und in der zehnten Runde mit 11,4 Millionen Euro dotiert, und – schon angesprochen – die Bundeswettbewerbsbehörde, eine in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Inflation, in denen die Preise eine große Rolle spielen, natürlich besonders wichtige Behörde, wird mit einem höheren Regelbudget mit zusätzlichen 2,2 Millionen Euro ausgestattet, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Bei mir liegt auch die Burghauptmannschaft, bei der es auch eine Aufstockung der Budgetmittel im Rahmen des Baubudgets von 24 Millionen Euro gibt, um die notwendigen Investitionen zu tätigen. Da geht es natürlich auch sehr viel um Umweltschutz, Klimaschutz und Innovation.

Für unternehmerische angewandte Forschung stehen im Budget in der UG 33 über 280 Millionen Euro zur Verfügung. Ich halte das für besonders wichtig. Ein Standort wie Österreich, der sehr stark durch Fachkräfte und – im Vergleich zu vielen anderen Ländern – durch höhere Löhne geprägt ist, braucht eine inno­vative Wirtschaft und möglichst innovative und effektive Forschung, ange­wandte Forschung und Entwicklung.

Mit diesem Budget, das um 65 Prozent höher ist als jenes vom Jahr 2022, ist die Voraussetzung dafür gegeben. Wir unterstützen damit natürlich auch die Schlüsselsektoren wie zum Beispiel im Bereich der Lifesciences, im Bereich der Mikroelektronik, der Halbleiter, bei denen eine strategische Unabhängigkeit Österreichs und Europas insgesamt für den Rest der Wirtschaft, die Zulie­fer­betriebe und viele Gewerbebetriebe im Umfeld entscheidend ist.


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Ich darf glücklicherweise als Wirtschaftsminister sehr viele Unternehmen besuchen, habe das ja als Arbeitsminister damals auch schon gemacht, jetzt natürlich noch intensiver. Ich bin froh, dass wir in Österreich so viele innovative Unternehmen haben, die auch in schwierigen Zeiten Lösungen finden. Die Politik muss hier die richtigen Unterstützungsmaßnahmen setzen. Das tun wir mit diesem Budget. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Ob der das auch so sieht?)


14.23.27

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretär! Herr Staatssekretär! Ich gehe kurz auf Kollegen Matzenetter ein, der mir hier Vorwürfe gemacht hat (Abg. Leichtfried: Matznetter ohne e! Ohne e, Herr Kollege! Matznetter, nicht Matzenetter!), und darf nur fest­halten, ich habe ein Leben für die Politik und nicht von der Politik hinter mir. Ich war Bürgermeister. Ich war in vielen Funktionen in der Kammer tätig und ich habe für die Politik gearbeitet und habe nicht von der Politik gelebt – das zum Ersten.

Und zum Zweiten: Wenn Sie Ihr Onlineschmierenblatt Kontrast wieder vor­schicken, dann bitte ich Sie, dass Sie die komplette Geschichte erzählen. Ich habe im 2020er-Jahr 900 000 Euro, also ein Fünftel, weniger Umsatz gemacht und doch noch einen Gewinn gemacht; da hätte ich auch keine Förderung gebraucht. Was Sie nicht gesagt haben, ist, im Jahr 2021 habe ich nur noch ein Fünftel meines Umsatzes im Unternehmen gemacht und dafür eine Förderung bekommen, die gerade den Verlust abdeckt. Ich habe in den letzten Jahren an die 2 Millionen Euro an Steuern aus meinem Unternehmen bezahlt und ich habe kein schlechtes Gewissen, weil ich mich auch immer dafür eingesetzt habe, dass alle, auch die Kleinen, entsprechend gefördert worden sind.


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Zum zweiten Vorwurf, den Sie dem Herrn Minister gemacht haben: Schämen Sie sich, Herr Matzenetter (Abg. Leichtfried: Matznetter, ohne e!), Sie sind Vizeprä­sident der Wirtschaftskammer, für die Art und Weise, wie Sie mit dem Minister umgehen: Ich bin froh, dass wir mit Martin Kocher einen Minister haben, der ein anerkannter Wissenschaftler ist (Beifall bei der ÖVP), der mit hundertprozentiger, mit all seiner Schaffens- und Wissenskraft in diesem Ministerium arbeitet. Wir haben als zweiten Quereinsteiger die Frau Staatssekretärin, die eine anerkannte, international erfolgreiche Hotelunternehmerin ist und die die Branche in- und auswendig kennt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, das sind zwei wirklich gelungene Beispiele von Quereinsteigern. Deshalb darf ich ihnen für den Einsatz und natürlich auch für das Budget danken. Die Budgets sind, der Herr Minister hat es schon erklärt, ausreichend für den Plan T, für die Österreich-Werbung, die gewerbliche Tourismusförderung und so weiter. Ich muss meine Redezeit einhalten und möchte nur noch etwas sagen: Im Tourismus reden wir von 240 000 Mitarbeitern, vom Wohlstand dieser Men­schen und von vielen Unternehmungen. Ein Tiroler hat schon einmal gesagt: Tourismus ist die Wirtschaftsform mit der größten Wohlstandsverteilung über Land und Täler.

Die Probleme, die wir haben – der touristische Arbeitsmarkt –, sind beim Herrn Minister und bei der Staatssekretärin in besten Händen, und diejenigen, die den Arbeitsmarkt im Tourismus immer kleinreden, gefährden genau den Tourismus.

Wir haben auch ein Inflationsproblem bei den Preisen. Ich weiß, meine Kollegen sind sehr vorsichtig, was die Preiserhöhungen betrifft.

Das allergrößte Problem ist aber, dass besonders die den Tourismus gefährden, die die Beschneiung in Diskussion stellen. Ich sage Ihnen etwas: Beschneite Pisten sind die Produktionsfläche des Wintertourismus. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Wenn man keine beschneiten Pisten hat, hat man auch keine Produktion. (Abg. Tomaselli: Fragen Sie halt einmal die eigenen Leut’!) Es ist im Vergleich so, wie wenn Sie in der Industrie kein Montageband haben oder wenn


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der Herr Professor kein Board oder der Lehrer keine Tafel hat. (Abg. Kassegger: Das geht sich mit den Klimazielen nicht aus! – Abg. Rössler: Da müsst ihr ein paar Windräder aufstellen!) Deshalb hören Sie auf, über Beschneiung zu reden!

Ich sage Ihnen etwas: Vom Gesamtenergiebedarf entfallen auf den Tourismus gerade 1,55 Prozent, in der Wintersaison 0,9 Prozent (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Tomaselli – Abg. Kassegger: Klimaneutral ist das nicht!), und die Piste mit Präparierung, Beschneiung und Seilbahn 0,3 Prozent. Wenn Sie dann noch einmal darüber nachdenken, ob man vielleicht die Beschneiung verantworten kann oder nicht: Ich sage Ihnen, daran hängt der Wohlstand von 240 000 Men­schen, und dafür werde ich kämpfen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Dr. Christoph Matznetter – ohne e – zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeord­neter. (Rufe bei der ÖVP: Es wird nicht besser!)


14.26.54

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Kollege Franz Hörl hat eben behauptet, ich hätte Herrn Bundesminister Dr. Martin Kocher herabgewürdigt. – Das ist falsch.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe den Fortschritt gegenüber seinen Vorgän­ger:innen ausdrücklich hervorgehoben und seine wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse gelobt. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Peinlich! Ich würde mich wirklich schämen!)

14.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.27.31

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Staatssekretäre! Kolleginnen und Kollegen! Na, das


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muss man schon festhalten: Kollege Matznetter hat wirklich die Expertise des Ministers gelobt und von der Fraktion verlangt, dass sie zugelassen wird. Das hat er gesagt und jetzt noch einmal klargestellt. Da war nichts Bösartiges dabei. (Beifall bei der SPÖ.)

Schade, dass er jetzt weg ist – ah, da drüben ist er noch, der Herr Minister. (Abg. Leichtfried – auf Bundesminister Kocher deutend, der am Rande der Regierungsbank steht und mit Abg. Götze spricht –: Was tut er da drüben?) Kollege Krainer hat es schon gesagt und das ist richtig: Nicht alles an diesem Budget ist schlecht, es gibt auch gute Punkte und ich finde, die kann und muss man anerkennen. Es gibt aber auch massive Fehler und es ist unsere Pflicht, diese zu benennen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einer dieser Fehler ist, dass Sie nicht bereit sind, die Möglichkeiten des Sozialstaates zu nutzen. Sie sind nicht bereit, dort einzugreifen, wo der Markt nicht mehr funktioniert. Das ist ein Schaden für Österreich, Herr Minister! Sie nutzen das Preisgesetz nicht. Sie haben die Probleme in der Bundeswettbewerbsbehörde nicht gelöst und Sie ignorieren den Gaspreisdeckel in Deutschland, was ein massives Problem für unsere Industrie werden wird. Da erwarten wir uns Maßnahmen. Darauf erwarten wir uns einen Fokus. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, wenn Sie das ignorieren, dann gefährden Sie den Indus­triestandort in Österreich und somit unseren gesamten Wohlstand. Da müssen Sie die Möglichkeiten des Sozialstaates nutzen, und da brauchen Sie Ihr Credo – weniger Staat und mehr privat – nicht mehr, denn dieses Credo ist verantwort­lich dafür, dass der Sozialstaat nicht gestärkt, sondern immer wieder von Ihrer Fraktion geschwächt wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Schwächung fällt uns jetzt in der Krise auf den Kopf. Noch etwas, auch wenn Sie immer sagen, der Finanzminister ist zuständig: Wir müssen von der Gegenfinanzierung reden, denn wenn es Zufallsgewinne gibt – ich meine, dieses Wort an sich zeigt ja schon, dass das System nicht mehr funktioniert –, dann


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muss der Staat hergehen und diese zum Wohle der vielen abschöpfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Es gibt ja auch keine Zufallsgehaltserhöhungen – die gibt es nicht –, und deswegen soll es auch diese sogenannten Zufallsgewinne nicht geben. Wenn Sie den Standort stärken wollen, greifen Sie genau dort ein, und zwar deswegen, weil es richtig für Österreich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen ein Beispiel: Die ÖVP ist ja auch bei der Landwirtschaft bereit, in den Markt einzugreifen. Ich finde das nicht schlecht, da muss man den Bauernbündlern ja gratulieren. Die haben erkannt, dass der Markt dort nicht funktioniert, und es wird eingegriffen. Das, was dort gilt, wollen wir für alle in Österreich, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker – sich mit den Händen an den Kopf greifend –: Um Gottes willen!) Wir wollen für alle in Österreich, dass dort eingegriffen wird, wo der Markt eben nicht alles regelt. (Abg. Loacker: Wollt ihr den totalen Staat?) Wenn Gerald hier laut schreit, weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Dann weiß ich es! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, der Vergleich macht sicher. Ziehen wir eines heran: Schulden an sich sind nichts Schlechtes. Bemühen wir den großen Bruno Kreisky, der hat Schulden für eine wirkliche Transformation in diesem Land gemacht. Sie machen Schulden für das Netzwerk ÖVP, und dabei verliert unser Land. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Also das ist ja wirklich grotesk! – Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können deswegen nicht zustimmen, weil Sie an Regeln festhalten, die für die ganz normalen Leute in diesem Land nicht mehr funktionieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ottenschläger: Ja, ja, klopft ihm nur auf die Schulter für die schlechte Rede!)

14.31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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14.31.32

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Die Coronakrise hat sich massiv auf die Branche ausgewirkt und ist weitgehend überstanden. Was allerdings noch nicht überstanden ist, ist die nächste Herausforderung, und das ist die Klimakrise.

Wir wissen, dass wir gerade mit dem Wintertourismus in einer enormen Abhängigkeit sind. Wie schaut es dort aus? – Selbst bei der Einhaltung der Pariser Klimaziele ist es so, dass wir den derzeitigen Status quo nicht halten können. Es wird einfach in einigen Jahren überall weniger Schnee geben, egal auf welcher Höhe. Was aber klar ist, ist, dass wir sehen, dass die Schneelage in Österreich direkt mit den Klimaschutzmaßnahmen zusammenhängt.

Was heißt das? – Ohne Klimaschutzmaßnahmen nimmt die Dauer der Schnee­decke in 78 Jahren um 90 Prozent ab. Das heißt, wir haben dann in einem durch­schnittlichen Winter nur noch zwei Tage eine geschlossene Schneedecke, und das ist ein Wahnsinn. Mit Klimaschutzmaßnahmen, also wenn wir die Pariser Kli­maziele einhalten, wären es nur 50 Prozent. Das ist ein gravierender Unterschied.

Was heißt das schon jetzt für uns? – Je weniger Naturschnee es gibt – zum Thema Beschneiung, Herr Hörl –, desto mehr Kunstschnee braucht es. (Abg. Leichtfried – in Richtung Abg. Hörl, der mit Abg. Matznetter spricht –: Zuhören, Herr Hörl, das schadet nicht!) Die Betriebskosten erhöhen sich – das wissen wir jetzt auch mit Blick auf die Energiekosten wieder –, und das wird natürlich auf die Skikarten draufgeschlagen werden müssen. Das heißt, kurz gesagt: Die Klima­krise verteuert das Skifahren extrem, und grundsätzlich sind Klimaschutz­maßnahmen im Vergleich dazu, was es uns kostet, wenn wir keine Klima­schutz­maßnahmen setzen würden, noch billig. Ich glaube, da muss auch Kollege Hörl zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Noch zum Thema Kunstschnee, Beschneiung: Die gegenwärtige Beschneiungs­technologie kann die fortschreitende Erderwärmung noch bis 2050 ausgleichen, aber danach ist Schluss, dann heißt es Schnee ade. Die Vorzeichen haben wir


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kürzlich in Lech Zürs gesehen: zu warm, kein Schnee, die Absage der Skiwelt­cuprennen Nummer sechs und sieben in diesem – unter Anführungszeichen – „Weltcupwinter“. Was wir hier sehen, liebe Kollegen und Kolleginnen, ist aber erst der Anfang. Wir können jetzt natürlich weitermachen wie bisher oder wir arbeiten auf Hochdruck daran, dass wir uns auf diese Krise vorbereiten.

Was hat das jetzt mit dem Budget zu tun? – Politisch müssen wir entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Der Fördertopf für die gewerbliche Tourismus­förderung ist mit 24,5 Millionen Euro dotiert. Das ist auch gut so, das sind wichtige Mittel, insbesondere für die anvisierte Ökologisierung der Förder­richtlinie, die wir brauchen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn wir einen Wettbewerbsvorteil für Österreich schaffen wollen und wenn wir Österreich zum nachhaltigsten Tourismusland in Europa machen wollen – das rentiert sich auch ökonomisch, wenn man die Reisetrends, die Reiseverän­derungen anschaut –, dann brauchen wir einen touristischen Ökologisierungs­turbo. Ich bin froh, dass mit dieser Reform endlich etwas weitergeht, was die Förderungen anbelangt.

Genauso erfreulich ist das erhöhte Budget für den öffentlichen Verkehr. Das ist gerade für den Tourismus wichtig – Stichwort: Last Mile. Froh bin ich auch über den ÖBB-Rahmenplan vom Klimaministerium mit 19 Milliarden Euro und ich freue mich auch über die Ausweitung des Angebots Im Nightjet zum Schnee von den ÖBB gemeinsam mit dem Fachverband der Seilbahnen. Das passiert nicht oft, aber da kann man Herrn Hörl wirklich loben, weil das wirklich eine gute Sache ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hörl wirft der Rednerin eine Kusshand zu. – Abg. Leichtfried: Das ist jetzt aber sehr wagemutig!)

Wir wissen, dass gerade bei der An- und Abreise die größten Probleme in den touristischen Hotspots entstehen, und wir wissen, dass vor allem die Ein­heimischen die Leidtragenden des Verkehrschaos sind. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.35



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag.a Julia Seidl. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.36.06

Abgeordnete Mag. Julia Seidl (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt nicht so voll des Lobes, wie es die letzten paar Reden waren, auch von Kollegen Hörl. Kollege Hörl hat recht viel kritisiert, aber darauf komme ich später zurück.

Nur eine Sache, weil es ja immer darum geht, wie viel Energie denn überhaupt die Beschneiung und die Lifte brauchen: Da werden immer Zahlen wie 0,9 Prozent oder 0,1 Prozent vom Gesamtenergiebedarf genannt, aber meines Wissens sind 1 000 mal 0,1 auch 100 Prozent. Das bedeutet, wenn keiner einspart, wird es am Ende des Tages vielleicht nicht ausreichen.

Kommen wir zum Tourismus: Der Tourismus hat aktuell und hatte auch in den letzten zwei Jahren große Krisen zu bewältigen. Wir können, glaube ich, sehr froh sein, dass es immer noch Betriebe, Unternehmerinnen und Unternehmer gibt, die in Österreich trotz der ganzen Regulierungswut, die wir nicht verringern, die wir nicht verkleinern, tatsächlich noch unternehmen. Die Wirtschaft funktio­niert ja trotz des Regelwerks und nicht wegen des Regelwerks. Wir werden das Thema Energiekrise erst nächstes Jahr richtig spüren. Es geht nicht darum, dass die Energiekrise jetzt das große Problem ist. Ich glaube, dass es insbesondere für Gasthäuser und für kleinere Betriebe nächstes Jahr ein Riesenproblem werden wird, weil die meisten Verträge auslaufen und neue Energieverträge abge­schlos­sen werden müssen.

Wir haben einen Arbeitskräftemangel, wir haben einen bemerkenswerten Lehr­lingsrückgang, der aber schon in den letzten zehn Jahren erkennbar war. Ich habe hier schon einmal über das Thema Kindesweglegung beim Thema Lehre gesprochen und dass da nichts passiert. Wie wir sehen, ist die Rot-Weiß-Rot-Karte bei den Stammsaisonniers auch nicht so der Burner. Man hat ja mit 1 000


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gerechnet, und es waren das letzte Mal, glaube ich, etwa 570 Personen, die angemeldet wurden. Irgendetwas ist da also im Busch.

Wir sind ein Hochsteuerland, die Lohnnebenkosten sind enorm hoch. Was bedeutet das für einen Sektor wie den Tourismussektor, der stark von Mitarbei­terinnen und Mitarbeitern abhängig ist? – Die Lohnnebenkosten spielen natürlich bei dienstleistungsintensiven Betrieben eine sehr große Rolle. Da reden wir in Österreich von einer Reduzierung um 0,3 Prozent, also 6 Euro – Pi mal Daumen ausgerechnet – beim durchschnittlichen Gehalt im Tourismus. Das sehe ich jetzt nicht als große Lohnnebenkostensenkung.

Ich sehe keine Reformen, ich sehe keine Einsparungen. Was ich sehe, sind 24,5 Millionen Euro für die Tourismusförderung. Das Problem daran ist, dass wir gar nicht wissen, wofür wir diese Fördergelder ausgeben, denn die Richtlinie liegt nach wie vor nicht vor. Diese ist uns sehr, sehr lange versprochen worden. Es wird erklärt, dort wird es über Innovation gehen, über Umweltkriterien, Kinderkrippenbetreuung et cetera, man möchte sehr zukunftsorientiert fördern. Es ist ja grundsätzlich einmal positiv, dass man Förderungen an die Zukunft koppelt und sagt, dass es, wenn wir schon fördern müssen, sinnvoll ist, wenn Zukunftskriterien erfüllt werden. Wir wissen es aber nicht.

Ich habe Kollegin Neßler sehr genau zugehört und habe, was sie gesagt hat, sehr überraschend gefunden, denn in unserer Anfragebeantwortung zum Budget wurde uns mitgeteilt, dass man damit rechnet, dass es im ersten Quartal irgend­wann möglich sein wird, Anträge für die Tourismusförderung einzureichen. Eigentlich hätten wir sie aber heuer schon beschließen wollen, damit man sie gleich im ersten Quartal, mit Start des Jahres beantragen kann. Ich bin mir nicht sicher, wer bei dem Thema bremst. Ich kann es mir vorstellen, aber ich glaube, es ist durchaus notwendig, nach zwei Jahren endlich diese neuen Förderungen vorzulegen.

Beim digitalen Gästeblatt, das wir auch seit Längerem fordern – Stichwort: Entbürokratisierung, Vereinfachung –, ist für 2023 nichts vorgesehen. Das finde


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ich sehr schade, vor allen Dingen, weil man aus dem Bundesland Tirol zum Beispiel hört, dass es dort schon ein Pilotprojekt gibt. Ich hoffe sehr, dass dieses digitale Gästeblatt nicht wieder so eine Einzellösung in unserer föderalis­tischen Burg wird, sondern es eine einfache Lösung für alle Betriebe in ganz Österreich gibt. Ich bin gespannt, wie weit wir da in die Zukunft voran­schreiten werden mit diesem Tourismusbudget. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

14.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Staatssekretärin Mag.a Susanne Kraus-Winkler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


14.40.33

Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft Mag. Susanne Kraus-Winkler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich werde gleich auf einige Punkte eingehen, die von meiner Vorred­ne­rin gerade genannt wurden. Zuvor aber darf ich nochmals hervorheben, dass der Tourismus grundsätzlich ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Österreich ist und vor allem im ländlichen Raum Grundlage für Wertschöpfung und Lebensqualität ist.

Wie wichtig es ist, dass der Tourismus gerade in der nächsten Zeit seine wichtige Rolle als Konjunkturstütze und vor allem Arbeitgeber mit Standortgarantie leben kann, trotz der Herausforderungen aufgrund von zwei Jahren Covid und auch aufgrund der jetzigen geopolitischen und geowirtschaftlichen Situation, sollte sich auch in dem Budget, das wir gemacht haben, widerspiegeln.

Ich darf daher zum Budget folgende Anmerkungen machen: Sie alle wissen, das Budget für den Tourismus ist Teil des 3,5-Milliarden-Euro-Budgets, das auf die Wirtschaft entfällt. Der Anteil davon, der für den Tourismus bestimmt ist, beträgt 110 682 000 Euro. Diese Summe teilt sich in zwei Bereiche auf. Der eine Teil ist das reguläre Budget in der Höhe von 65 750 000 Euro, der zweite Teil in der Höhe von 44 967 000 Euro ist noch für die Covid-Krisenbewältigung


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budgetiert, insbesondere für möglicherweise schlagend werdende Zahlungen im Rahmen des Schutzschirms für Veranstaltungen.

In diesem Zusammenhang ist es mir aber wichtig zu sagen, dass die Förderungen im Schutzschirm für Veranstaltungen über einen Zuschuss erfolgen, der nur dann ausbezahlt wird, wenn eine Veranstaltung mit einer bereits existierenden Förderzusage Covid-bedingt nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden kann, und dass nicht benutzte Budgetmittel oder unverbrauchte Budgetmittel letztlich in den Covid-19-Krisenbewältigungsfonds zurückfallen, also nicht im Regelbudget des Tourismus verbleiben werden.

Ich möchte auf jene zwei Bereiche eingehen, für die die größten Beträge budge­tiert sind. Das ist einerseits die vorhin von meiner Vorrednerin ange­­sprochene gewerbliche Tourismusförderung. Ich kann garantieren, dass sie im ersten Quar­tal 2023 in Kraft treten wird.

Was ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig zu sagen? – Wir hatten im Jahr 2021 für die gewerbliche Tourismusförderung ein Budget von 19,24 Mil­lionen Euro, dieses wurde dieses Jahr auf 24,5 Millionen Euro erhöht; und es war extrem wichtig, dass wir zumindest diesen Betrag auch im nächsten Jahr zur Verfügung haben, um einfach diese Förderschwerpunkte, die sehr, sehr stark in alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit gehen werden, abzudecken; es war wichtig, dass das entsprechend dotiert ist.

Ein zusätzlicher, neuer Punkt ist auch dabei, nämlich die Stärkung der Resilienz der Betriebe durch Anreize zur Eigenkapitalbildung. Ich weiß, dass das einigen sehr wichtig ist. Daher ist das auch dabei.

Der zweite große Punkt betrifft die Österreich Werbung, die als Hauptaufgabe hat, das Urlaubsland Österreich zu bewerben, gemeinsam mit den öster­reichischen Tourismuspartnern, und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes aufrechtzuerhalten. Die Finanzierung läuft über Mitgliedsbeiträge.


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Ich darf darauf hinweisen, dass das Budget der Österreich Werbung seitens des Bundes die letzten 19 Jahre, nämlich von 2002 bis inklusive 2021, eingefroren war. Das heißt, es hat keine Erhöhung, nicht einmal eine Indexierung gegeben. 2022 wurde nunmehr dieses Budget auf 28 Millionen Euro erhöht und ab 2023, also jetzt im neuen Budget, wird es 30 Millionen Euro betragen.

Ich darf auch daran erinnern, dass wir 2019 einen Diskussionsprozess in der ÖW über die zukünftige strategische Ausrichtung begonnen haben, der mitt­lerweile definiert hat, dass die Bereiche Kommunikation, Kooperation, Innovation und Stär­kung der weltweiten Marktbearbeitung als solche definiert sind; und ich kann garantieren oder gewährleisten, dass der statutarische Auftrag und die Auf­gaben, die ich soeben genannt habe, mit diesem erhöhten Budget auch abgedeckt werden können.

Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass dem Tourismus mit den genannten budgetierten Mitteln nur rund 0,1 Prozent des Bundeshaushalts zugewiesen wird. Wir müssen, wenn man bedenkt, dass wir multiple Krisen haben – nicht nur die vergangenen, sondern derzeit auch die Problemstellungen, die heute schon mehrfach genannt wurden und diese Branche weiter begleiten werden –, einfach bestmöglich und zielgerichtet arbeiten. Bei allen Entschei­dungen, die zu fällen sind, sollte der Masterplan für Tourismus die wesentliche Grundlage für die Umsetzung darstellen. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Martina Kaufmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.46.33

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Staats­sekretär! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause, aber auch auf der Galerie!


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Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Ja, es ist keine einfache Zeit, in der wir im Moment gerade stecken.

Wir haben eine Pandemie hinter uns und sind aktuell mit einem Krieg, einer Teuerungswelle und einer Energiesituation konfrontiert, die herausfordernd ist, nämlich für unser Budget auf der einen Seite, aber natürlich auch für unsere Betriebe und für alle, die im Erwerbsleben stehen. Darüber hinaus merken wir alle beim Einkaufen, dass sich einiges verändert hat. Insgesamt ist das natürlich eine große Belastung für uns alle.

Und auch, wenn es Kollege Matznetter von der SPÖ nicht glaubt, wollen Unter­nehmerinnen und Unternehmer wirtschaften, und ja, manchmal braucht es Coronahilfen, manchmal braucht es einen Energiekostenzuschuss und eine Unterstützung. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) In der Regel ist aber jede Unternehmerin und jeder Unternehmer froh, wenn er keine Unterstützung braucht und einfach wirtschaften kann in seinem Betrieb. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Das Budget sieht auch vor, dass es die Möglichkeit gibt, diesen Transfer in eine neue Zeit, den wir auch brauchen, anzugehen. Nicht zuletzt durch den Arbeitskräftemangel, den wir alle in den Betrieben spüren, ist es notwendig, noch schneller in der Digitalisierung voranzuschreiten und diesen Transfer zu schaffen.

Mit KMU digital, der Herr Minister hat es angesprochen, steht auch im nächsten Budget wieder einiges zur Verfügung, damit genau dieser Transfer in die Digitalisierung, diese Arbeitsmarktwettbewerbsfähigkeit auch international, ermöglicht wird. Gerade die kleinen Betriebe, die da vielleicht noch nicht so viel Erfahrung haben, werden mit KMU digital beratend unterstützt, aber auch in der Umsetzung dann weiter begleitet.

Als Lehrlingssprecherin möchte ich aber auch noch Folgendes herausgreifen: Wir haben 108 000 Lehrlinge in Österreich, wir haben im Oktober 16 000 offene


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Lehrstellen und 8 000 Lehrstellensuchende gehabt. Auch wenn das heute schon behauptet worden ist, ist der Bereich der Lehre sicher nicht beiseitegelegt worden. Wir wollen gut ausgebildete junge Menschen haben, weil wir wissen, dass sie die Fachkräfte von morgen sind.

Für den Digischeck sind im Budget für nächstes Jahr 5 Millionen Euro bereit­gestellt, damit die Digitalisierung und die Ausbildung dieser jungen Menschen auch gelingt. Deswegen darf ich sowohl jeden, der eine Lehre absolviert, aber auch allen Unternehmerinnen und Unternehmern, die in Österreich Lehrlinge ausbilden, auffordern: Nutzen Sie das Angebot des Digischecks, damit wir gemeinsam in diese neue Zeit gehen können!

Um es mit der dritten Strophe der Bundeshymne zu sagen:

„Mutig in die neuen Zeiten

Frei und gläubig sieh uns schreiten

Arbeitsfroh und hoffnungsreich.“

So werden wir alle Herausforderungen, die noch vor uns liegen, tatkräftig bewältigen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag.a Dr.in Petra Oberrauner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.49.45

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Geschätzte Gäste! Die österreichische Wirtschaft steht im Moment vor großen Herausforderungen. Es soll eine Umwand­­lung der Produktion in klimafreundliche Maßnahmen und energieeffiziente Abläufe geben. Es gibt hohe Kosten, sodass die Betriebe das wieder nicht gewährleisten können, weil alles, was man jetzt umbaut oder neu macht, mit


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verdreifachten Kosten zu tun hat. Die Regierung stellt Geld zur Verfügung, wobei es aber leider zwei Probleme gibt: die Liquidität, das Geld fließt nicht sofort, aber sie würden das Geld jetzt brauchen; und das zweite Problem ist das Tempo. Wenn wir jetzt ein Budget haben, dann ist dieses Budget natürlich in Ordnung. Wir wissen, wie viel Geld zur Verfügung steht, aber das rettet noch keinen Betrieb und macht auch keine einzige Transformation möglich, solange es keine entsprechenden Maßnahmen gibt und die Leute auch nicht wissen, wann sie was bekommen oder beantragen können.

60 Millionen Euro 2023 und dann bis 2026 pro Jahr 90 Millionen Euro stehen für die Transformation in wesentlichen Bereichen, nämlich Lifescience zur Verfügung. Da hoffe ich sehr darauf, dass auch die gegenderten Maßnahmen greifen werden und zugestanden wird, dass man zum Beispiel auch für Endo­me­triose, die ein großes Thema ist, diese Lifescienceförderung in Anspruch nehmen kann. Da brauchen wir Forschung. (Beifall bei der SPÖ.)

Mikroelektronik und Halbleiter sind natürlich wichtig für Energiespar­maßnah­men, weil die überall eingesetzt werden und für die Digitalisierung unverzichtbar sind. Transformation ohne diese zwei Elemente findet nicht statt, also ist es gut, dass sie auch adressiert werden.

Finanzielle Mittel für die Transformation als Grundlage für Wettbewerbsfähig­keit sind natürlich vor allem für die KMUs essenziell und wirklich notwendig, weil sie sich das selbst nicht leisten können. Wenn sie überleben wollen, müssen sie arbeiten, aber sie können nicht gleichzeitig forschen, und die finanziellen Mittel dafür sind auch nicht vorhanden. 70 Prozent des Umsatzes in Österreich erbrin­gen Klein- und Mittelbetriebe. Es ist nur recht und billig, dass man ihnen diese Möglichkeit bietet und auch für Forschungszwecke, die die KMUs weiterbringen, entsprechend Geld zur Verfügung stellt.

5,7 Milliarden Euro bis 2030 insgesamt für die Forschung und die Innovation sind wichtig, sinnvoll und gerechtfertigt, wenn wir endlich einmal zu den Innovationleaders aufrücken wollen. Aber – das ist das große Aber, und wir


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haben das in der Coronakrise schmerzlich erfahren – Geld allein ist noch keine Lösung und gewährleistet auch keine Transformation. Wir brauchen Entwicklungsziele, wir brauchen Wirkungsziele, wir müssen definieren, was der Rahmenplan ist, Maßnahmen definieren, die auch evaluiert werden und nachvollziehbar sein müssen, und diese der Bevölkerung auch nahebringen. Es geht um Steuergelder, es geht um Treffsicherheit, es geht abgeleitet davon um gesunde Unternehmen und um ein gutes Angebot für die Zukunft der Arbeitsplätze.

Struktur, Nachvollziehbarkeit, Kompetenz, Ambition sind dringend notwendig, damit die Bevölkerung nachvollziehen kann, welche Politik wir machen und was wir ihr anbieten. Damit haben wir auch in schwierigen Zeiten ein positiveres Klima für die Zukunft. Wenn wir das nicht schaffen, hat das ganze Budget für die Bevölkerung direkt null Auswirkung.

Vor allem ist es wichtig, den Menschen, die das bezahlen – und ein Großteil von ihnen bekommt nichts davon –, zu erklären, was das für den Standort Österreich bedeutet, was das für das Image einer ganzen Nation und für die Demokratie bedeutet. Bezeichnend ist für mich schon, dass in diesem Budget Verteilungsge­rechtigkeit und Chancengleichheit überhaupt nicht berücksichtigt werden, Klientelpolitik aber schon. Das ist für Sie wohl das Grundsätzlichste und Wich­tigste in Ihrem Budget. (Beifall bei der SPÖ.)

14.53


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Kurt Egger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.53.59

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher im Saal und via Livestream! Da gestern und heute die Cofag ein sehr emotionales Thema war, möchte ich noch einmal darauf eingehen und mit ein paar Mythen aufräumen. Die Cofag


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wurde im Vorjahr oder im Jahr 2020 deswegen gegründet, weil wir eine der größten Gesundheitskrisen hatten, die auf einmal dahergekommen ist. Es ging darum, die Zahlungsfähigkeit zu erhalten und die Sicherung der Arbeitsplätze zu gewährleisten. Wir haben das mit einer niedrigen Insolvenzquote und mit niedrigen Arbeitslosenzahlen geschafft. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum führe ich das noch einmal so deutlich aus?– Weil ich ein wenig ver­wundert darüber bin, dass es einen Empörungsblock in diesem Haus gibt, der sehr genau weiß, wie man zu solchen Unterstützungsleistungen kommt. Das ist das Spannende dahinter, und ich werde das anonymisieren: Es gibt eine Landespartei. Die Landespartei ist hundertprozentiger Eigentümer einer gemein­nützigen Gesellschaft. Diese gemeinnützige Gesellschaft ist 83-Prozent-Eigentümer einer Aktiengesellschaft. Diese Aktiengesellschaft hat eine hundert­pro­zentige Tochter, die sich mit Events und Entwicklung von Veranstaltungen beschäftigt, eine GmbH. Diese GmbH hat eine sehr gute sechsstellige Summe an Unterstützungsleistungen von der Cofag bekommen. Woher wissen wir das? – Weil es transparent ist und schnell gegangen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Wer ist diese Landespartei?)

14.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Melanie Erasim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.56.38

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Herr Abgeordneter Egger! Sie können zu dem Thema noch zehn, noch 15, noch 20 Rednerinnen und Redner hier nach vorne schicken, nur wird das, was Sie sagen, nicht richtiger. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ottenschläger: Hat er jetzt was Falsches gesagt?)

Kollege Haubner hat ja schon zu sagen begonnen, dass Sie tun, was Sie können, nur ist das halt leider nicht viel und schon gar nicht genug. Wenn Kollegin


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Götze von dieser Seite davon spricht, dass diese Regierung dafür steht, dass die Betriebe in der Vergangenheit und in der Zukunft mit Planungssicherheit rechnen konnten und können, dann ist das wirklich schon nicht einmal mehr zum Lachen. Gehen Sie zu den Betrieben, gehen Sie zu den Gastronominnen und Gastronomen! Sie hatten durch Sie sicher keine Planungssicherheit in den ver­gan­genen drei Jahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Planungssicherheit und nachhaltige Maßnahmen, beides bildet dieses Budget nicht oder nur sehr geringfügig ab. Bereits im August gaben 60 Prozent der Gastronomiebetriebe an, massiv unter Umsatzeinbußen zu leiden, Tendenz steigend. Auf der einen Seite gibt es also Umsatzeinbußen, auf der anderen Seite eine Teuerung, die den Preis mancher Produkte um das 13-Fache hat steigen lassen. Genau in diesem Bereich erkennt man deshalb, dass diese Regierung im Kampf gegen die extreme Teuerung auf das falsche Pferd setzt.

Es braucht zwei Dinge, um einen florierenden Tourismus zu haben: erstens eine breite Mittelschicht, die genügend Kaufkraft hat, um sich das leisten zu können, und zweitens stabile Unternehmen, die sich auf eine handlungsfähige Regierung verlassen können und als Branche attraktiv für qualifizierte Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter sind.

Aber was haben Sie gemacht? – Zuerst haben Sie mit der Cofag eine Blackbox ohne jegliche parlamentarische Kontrolle geschaffen. Und rein zufällig sind es dann auch die Unternehmen, wo dann sogar Verhandlungsführer der führenden Regierungspartei dieses Verschleierungskonstrukt mitgestaltet haben. Wenn dann schwarz auf weiß im Rechnungshofbericht zu lesen ist, dass all das, wovor wir als SPÖ und auch ich persönlich von diesem Rednerpult aus von Anfang an gewarnt haben, eingetreten ist, dann wird das als Lappalie abgetan. Niemand spricht aber über die 10 000 Unternehmen, die noch gar nichts von der Cofag bekommen haben, eben weil es da Verzögerungen gibt.

Händeringend warten jene Betriebe auf die Auszahlung, aber Warten ist ja in fast allen Bereichen das Motto dieser Bundesregierung: Warten auf einen


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Energiepreisdeckel, Warten auf die Entkoppelung des Gaspreises (Zwischenruf des Abg. Prinz), Warten auf eine Übergewinnabschöpfung und sogar Warten auf die Verordnung über den Energiekostenzuschuss, mit dem Sie sich so rühmen, für den man sich bereits seit 7. November vormerken lassen kann; aber es gibt noch keine Grundlage dafür. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie schaffen die einfachsten Hausaufgaben nicht, und während wir alle warten, steigt die Infla­tion auf über 11 Prozent. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Sie schädigen mit diesem Verhalten nachhaltig den Wirtschafts- und Industrie­standort Österreich, machen Menschen zu Bittstellern und blasen irre viel Geld in Abwicklungsplattformen. Hören Sie damit auf und treten Sie zurück! Warten ist keine Option mehr! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Obernosterer. – Bitte sehr.


15.00.46

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Also bei der SPÖ kennt man sich wirklich nicht aus: Die einen sagen, die Tourismusbetriebe überleben es nicht, weil es ihnen so schlecht geht und die Regierung die Tourismusbetriebe so schlecht behandelt, und vorhin ist einer von der SPÖ herausgekommen und hat gesagt, die Tourismusbetriebe seien alle überfördert worden. (Zwischenruf der Abg. Erasim.) Werdet euch einmal intern klar! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eines weiß ich als Wirt, als einer derjenigen, die ihr Leben lang nur im Tourismus gearbeitet haben, und als einer, der diese Branche in- und auswendig kennt, genau: Diese Regierung hat in der schwierigsten Zeit, die der Tourismus in der Nachkriegszeit gehabt hat (Zwischenrufe der Abgeordneten Erasim und Cornelia Ecker), dahin gehend geholfen, dass die großen Pleiten ausgeblieben sind und dass der Tourismus, sobald diese Krise wieder vorbei gewesen ist, wieder ordentlich hat durchstarten können. (Abg. Haubner: Endlich einer, der sich


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auskennt!) Dafür gebührt Ihnen (in Richtung Regierungsbank) und Ihren Vorgän­gern wirklich der Dank. Die Tourismusbetriebe haben sich in der schwie­rigsten Zeit auf diese Regierung verlassen können, und es ist ihnen auch geholfen worden. Das ist ein Faktum, und das kann uns niemand absprechen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Tourismus bringt auch die Wertschöpfung, gerade in den Landregionen – ohne den Tourismus würde dort kaum eine Wertschöpfung stattfinden, das sage ich ganz klar –: der Anteil am BIP circa 7,5 Prozent, Tourismus und Freizeit­wirtschaft 15 Prozent. Das ist einfach ein Faktum der österreichischen Wirt­schaft, ohne den Tourismus würde es nicht funktionieren.

Etwas anderes haben wir in der Krise auch noch gesehen: Der Tourismus ist im Grunde genommen ein Beispiel für eine Kreislaufwirtschaft. (Zwischenruf der Abg. Cornelia Ecker.) Wenn in Tourismus investiert wird, wenn 1 Million Euro investiert wird, werden 800 000 Euro davon im Umkreis von 40 Kilometern investiert. Das heißt, das Geld bleibt in der Region.

Worin wir noch stärker werden müssen, ist in der Kooperation mit der Land­wirtschaft, damit wir auch dort wie gesagt die Wertschöpfung bei den Bauern lassen, denn ohne Bauern wird es keinen Tourismus geben. Der Tourismus kann nur gut funktionieren, wenn wir eine intakte Landwirtschaft haben. Da sind wir auf dem richtigen Weg. – Danke den Verantwortlichen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Sehr gut!)

15.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Becher. – Bitte.


15.02.58

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich das Budget, das Wirtschaftsbudget, ansieht, so könnte man glauben, das Geld ist abgeschafft. Es steigt von 450 Millionen


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Euro auf 4,5 Milliarden Euro, das ist eine Verzehnfachung. Mit diesem Geld soll die Bürokratie für ein Zuschusswesen an Unternehmen gespeist werden, das schon während der Coronakrise in der Form nicht funktioniert hat.

Diesmal geht es aber nicht um Coronahilfen, sondern um höhere Energiekosten. Während in Deutschland direkt in den Markt eingegriffen, mit nur wenigen Anbietern verhandelt und der Energiepreis gesenkt wird (Ruf bei der ÖVP: Stimmt ja nicht! Blödsinn!), will diese Bundesregierung stattdessen wieder Förderungen auszahlen – Hunderttausende Anträge, die allesamt Chaos und Verwaltung und Verzögerung bedeuten. (Ruf bei der ÖVP: Au weh, au weh!) Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Bauchfleck mit Ansage. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Gleiche – das Geld ist abgeschafft, Bauchfleck mit Ansage – lässt sich auch über den Bereich Bauten sagen, obwohl da die Geldmittel für weite Teile des Bereiches nicht mehr im Wirtschaftsbudget enthalten sind. (Abg. Steinacker: Themenverfehlung!) Bis vor Kurzem hat es in diesem Budget noch Millionen für thermische Sanierung, das ist die Isolierung von Gebäuden, gegeben – zu Recht, denn das ist Wirtschaftspolitik. Dieses Geld wurde zur Gänze in den Umwelt­bereich verschoben, und dafür wurden die Mittel für die Raus-aus-Öl-und-Gas-Förderung auf stattliche 560 Millionen Euro aufgestockt. Das ist – Sie haben es richtig gehört – eine halbe Milliarde Euro. Dieser Betrag ist aber leider nur Ausdruck von Wunschdenken, wenn es die entsprechenden Förderungswerber und Fachfirmen nicht gibt, die diese Mittel abrufen können. Wo sind die Qualifizierungskonzepte, damit wir diese qualitätsvolle Arbeit vorfinden?

So sind wir wieder im Bereich Wirtschaftspolitik – es fehlt der Bundesregierung jede Strategie und Planung, wie dieses Geld tatsächlich in die Verbesserung der heimischen Bausubstanz zu überführen ist. Die Hoffnung ist, dass es abgerufen wird, wenn es nur lange genug herumliegt. Das ist keine Politik! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.05



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kirchbaumer. – Bitte.


15.05.49

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werter Herr Bun­desminister! Liebe Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher hier bei uns auf der Galerie und zu Hause vor dem TV oder auch via Livestream! 110,6 Millionen Euro sind für den Tourismus budgetiert. Herausfordernde Zeiten liegen hinter uns und auch weiterhin vor uns. Wir haben einen Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel, wir haben die Teuerung in der Wirtschaft, die wir bewältigen müssen.

Die österreichische Tourismusbranche hat in den letzten Jahren, auch durch die Pandemie, gezeigt, dass sie durchhalten kann, dass sie hart daran arbeitet, dass die Arbeitsplätze in Österreich gehalten werden können. Diese Bundesregierung tut dasselbe: Sie schaut darauf, dass die Unternehmen in Österreich bleiben, dass die Arbeitsplätze in Österreich gehalten werden können und somit auch der Wohlstand in Österreich so bleibt und so gehalten werden kann, wie er zuletzt und auch vorher war. (Beifall der Abg. Disoski.)

Die Tourismusbranche – so hat es mein Kollege Obernosterer auch gerade gesagt – zeigt, dass wir die Kreislaufwirtschaft leben. Jede Branche, wie der Tischler, der Installateur, der Maler, der Bäcker im Umkreis, lebt von der Tourismusbranche, auch ich als Unternehmerin mit meinen Tankstellen lebe zu 70 Prozent vom Tourismus, von den Gästen, die zu uns nach Österreich kommen, und auch von den inländischen Gästen, die zu uns in die Hotels kom­men. Das spricht für hohe Qualität. Die Österreicherinnen und Österreicher haben gesehen und gelernt, wie toll es doch ist, bei uns in Österreich Urlaub zu machen und vielleicht nicht ans Mittelmeer zu fahren und den Urlaub in einem Resort zu verbringen.

Die Bundesregierung arbeitet hart daran, dass der Wohlstand gelebt werden kann, und ich möchte jetzt einen Appell an die SPÖ richten (Ruf bei der SPÖ:


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Jessas!): Neid zu schüren hat in solchen Zeiten absolut keinen Platz, und es hat auch grundsätzlich keinen Platz, Neid zu schüren, und es ist letztklassig. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Doppelbauer: Das habt ihr schon selber gemacht mit den Förderungen!)

Das ständige Auseinanderdividieren von Unternehmerinnen und Unternehmern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist sehr, sehr letztklassig und da erübrigt sich jedes Wort.

Klar ist aber: Die heimische Wirtschaft schafft die Arbeitsplätze in Österreich, und sie arbeitet hart daran, dass diese Arbeitsplätze weiterhin in Österreich bleiben. Wenn Unternehmer gefördert werden, bekommen sie diese Förde­run­gen nicht, damit sie sich selber bereichern, sondern dafür, dass die Arbeits­plätze erhalten bleiben können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Seemayer. – Bitte.


15.08.41

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Neid schürt halt auch die Tatsache, dass Menschen in der Krise ihren Arbeitsplatz verloren haben, durch Kurzarbeit weniger verdient haben, wenig Einkommen gehabt haben und ordentlich zurückstecken mussten, und dann in Schlagzeilen lesen mussten, dass manche mit Staatshilfen Millionengewinne gemacht haben. Das schürt Neid, und das gilt es zu vermeiden! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angesprochen werden, ist das ein ganz wichtiger Punkt: Wir haben gesehen, dass es einen massiven Fach­kräftemangel gibt – auch einen Mangel an normalen Arbeitskräften – und gerade bei den Fachkräften massiver Handlungsbedarf besteht. Es muss im Tourismus nicht nur in die Tourismuswerbung investiert werden, wir brauchen auch die


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Kolleginnen und Kollegen, die im Tourismus arbeiten. Was hilft es, wenn ein Haufen Gäste kommt, die dann aber mit schlechten Erinnerungen heimfahren, weil wir das Umfeld oder die Rahmenbedingungen nicht bieten konnten, da uns die Fachkräfte und das Personal fehlen?

Das heißt, wir müssen in diesen Bereich massiv investieren. Da braucht es eine ordentliche Aus- und Weiterbildung. Die Zahlen in diesem Ausbildungsbereich – wenn ich allein die Lehrlingsausbildung heranziehe – sind erschreckend: Es gibt massiv viele Berufsausbildungsabbrecher, es gibt eine ganz hohe Drop-out-Quote. Fast ein Viertel aller Lehrlinge beendet die Lehre im Tourismus nicht. In einzelnen Berufen sind das bei Weitem mehr: Restaurantfachfrau beziehungs­weise -mann: eine Drop-out-Quote von fast 50 Prozent. Dort beendet die Hälfte aller Lehrlinge die Lehre nicht. Das ist ein massives Zeichen, dass da etwas nicht passt.

Wenn man fragt, was die Gründe dafür sind, dann werden oftmals die Arbeits­bedingungen, die Arbeitszeiten und der Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen als Gründe genannt.

Das heißt, wir brauchen eine Attraktivierung dieser Berufe. Das fängt nicht nur damit an, dass man die Lehre attraktiv macht oder die Lehre bewirbt. Junge Menschen entscheiden ganz bald, welchen Berufsweg sie einschlagen. Dabei spielen die Eltern eine Rolle. Wenn die Eltern schlechte Erfahrungen gemacht haben, weil sie selber im Tourismus gearbeitet haben oder der Meinung sind, dass man im Tourismus schlechte Arbeitsbedingungen hat, dann werden sie ihren Kindern keine Lehre im Tourismus nahelegen.

Das heißt, wer jetzt oder in Zukunft Fachkräfte haben will, der muss jetzt in die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer investieren. Es braucht ordentliche Kinderbetreuung, es braucht ordentliche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, es braucht familienfreundliche Arbeitszeitmodelle. Genau an dem müssen wir arbeiten.


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Ich glaube, wenn wir durch das Budget mehr Geld zum Ausgeben haben, dann müssen wir es dort ausgeben, wo es den Menschen langfristig etwas bringt. Das sehe ich jetzt noch nicht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordnete Herr zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


15.12.00

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Abgeordnete Kirchbaumer hat soeben behauptet, dass kein Unternehmen, das Förderungen bekommen hat, sich danach selbst bereichert hat, dass es das quasi gar nicht gibt.

Ich berichtige tatsächlich mit nur einem einzigen Beispiel: René Benko, ein guter Freund der ÖVP, hat 10,2 Millionen Euro an Förderungen bekommen, obwohl er nicht knapp bei Kasse war, und hat sich danach eine Dividende von 100 Millio­nen Euro ausgezahlt. Ich denke, das wäre Bereicherung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kirchbaumer: Der Benko ist schon ...! Seid mir nicht bös! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Matznetter: Wo bleibt die Zeit, wo Benco noch ein guter Kakao war?)

15.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wie immer keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine politische Bewertung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Pöttinger. – Bitte.


15.12.47

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ausgabensteigerungen in der UG 40, Wirtschaft, lassen sich primär auf die Investitionsprämie, den Energiekostenzuschuss für Unternehmen


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und die zusätzlichen Gelder im Zusammenhang mit der klimagerechten Trans­formation zurückführen.

Um die kurzfristige Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und insbesondere auch der Industrie am Standort Österreich zu unterstützen, ist der Energiekosten­zuschuss für Unternehmen essenziell. Werfen wir doch einen Blick auf das große Ganze!

Immer wieder wird man mit der Frage konfrontiert: Wer soll das schlussendlich alles bezahlen? – Das ist natürlich eine absolut berechtigte Frage, und das beschäftigt auch sehr viele Menschen. Wenn wir aber die Wirtschaftsent­wick­lung betrachten, dann sieht man, dass die großartigen Betriebe, Unterneh­merinnen und Unternehmer gemeinsam mit den tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Fleiß an den Tag legen, der seinesgleichen sucht.

Zwei Charts des Budgetdienstes möchte ich Ihnen zeigen. Ich glaube, da können wir doch einen positiven Blick auf das große Ganze werfen. Wenn man sich die Schuldenquote hier ansieht (eine Tafel mit der Aufschrift „Gesamtstaatliche Schuldenquote“ und einem Säulendiagramm in die Höhe haltend), dann sieht man: Wir haben 2015 85 Prozent des BIPs gehabt, und schlussendlich sind wir jetzt bei ungefähr 78 Prozent und in der Langfristplanung des Budgets 2026 bei 72,5 Prozent. Das sind die Zahlen, die relevant sind.

Einen zweiten Chart möchte ich Ihnen auch noch zeigen. Wenn Sie die Zins­ausgaben des Staates Österreich ansehen (eine Tafel mit der Aufschrift „Gesamtstaatliche Zinsausgaben“ und einem Balkendiagramm in die Höhe haltend): Hier sind wir an der tiefsten Stelle, das ist 2022. Das heißt: nicht besorg­niserregend. (Abg. Doppelbauer: Genau nächstes Jahr verdoppeln sich die Zinsen um 9 Milliarden! – Abg. Kassegger: Die Regierung ist jetzt für die Zins... verantwort­lich!)

Gott sei Dank kann durch diesen Fleiß und durch diese tolle Leistung unserer Bevölkerung trotzdem ein gutes Budget vorgelegt werden. Ich bin zuversichtlich


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für die Zukunft. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte.


15.15.34

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Die Blase der ÖVP wird immer größer. Ich fasse es nicht mehr, was die Redner der ÖVP heute am Rednerpult zum Kapitel Wirtschaft und Tourismus von sich geben. Ihr könnt mittlerweile zwischen Recht und Unrecht überhaupt nicht mehr unterscheiden. (Abg. Taschner: Unerhört!) Ihr macht das Recht zum Unrecht und das Unrecht zum Recht.

Aber schön der Reihe nach: Innerhalb der letzten zwei Jahre wurden 46,5 Mil­liarden Euro für Coronahilfen ausgegeben. In der Budgetrede des Herrn Finanzministers wird auf Seite 33 zu Recht festgestellt: „Nehmen wir die unvor­stellbar hohen, aber in der Krise notwendigen Beträge“. – Sogar der Finanz­minister sagt: unvorstellbar hoch.

Erstes Narrativ: Ihr lässt euch hier heraußen immer abfeiern, dass ihr so gigantische Entschädigungszahlungen für die Unternehmer bereitgestellt habt, vergesst aber dazuzusagen, dass ihr es wart, die die Betriebe zugesperrt haben. (Abg. Kugler: Mein Gott! – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Mein Vergleich, damit das Narrativ zum x-ten Mal aufgeklärt wird: Österreich – Schweiz, derselbe Virus. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Öster­reich – Schweiz im Nächtigungsvergleich 2020/2021“ und einem Säulendiagramm auf das Redner:innenpult.) Wir hatten – verursacht durch euch, durch diese Regierung, durch das Parlament der Systemparteien (Abg. Schallmeiner: Geh bitte! Eine andere Platte!) – einen Dauerlockdown vom 2. November 2020 bis Ende


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Mai 2021 mit einem desaströsen Nächtigungsminus – nicht gottgegeben. Zur selben Zeit waren in der Schweiz die Lifte und die Hotelbetriebe offen – derselbe Virus! Ihr habt zugesperrt, ihr habt den Kollateralschaden für die Wirtschaft wissentlich verursacht. Das ist das Problem von euch. (Beifall bei der FPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Schallmeiner.)

Jetzt geht ihr her und lasst euch abfeiern, wie gigantisch und wie gerecht und wie toll ihr die Betriebe entschädigt habt.

Das erste Narrativ: falsch. Ihr habt die Krise verursacht.

Zweites Narrativ: falsch. Die Entschädigungszahlungen wurden massiv unge­recht verteilt – zwei Beispiele. Ich würde mich genieren. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „80 % Umsatzersatz für touristische Gewerbebetriebe für 11/2020 auch für Anzahlungen! 50 % Umsatzersatz für touristische Gewer­be­betriebe für 12/2020 auch für Anzahlungen!“ auf das Redner:innenpult.) Ich habe im Parlament hier heraußen eineinhalb Jahre für die kleinen Vermieter, für die privaten Vermieter, für die kleinen touristischen Vermieter, gekämpft. Ich habe mir den Mund fusselig geredet.

Jetzt zur Gerechtigkeit: Das habt ihr beschlossen, obwohl ich damals darauf hin­gewiesen habe: 80 Prozent Umsatzersatz. Im November 2020 haben die großen touristischen Betriebe einen 80-prozentigen Umsatzersatz bekommen – bitte, auch für Anzahlungen, für Leistungen, die erst im Laufe des späteren Winters erzielt worden sind. Das heißt, im Jahr 2019 haben diese Betriebe Anzahlungen für Jänner, Februar, März und so weiter bekommen. Im November 2020 wurden diese Betriebe zugesperrt, und die Basis für die Entschädigung war der Umsatz 2019 inklusive der Anzahlungen.

Ich habe das hier schon einmal gesagt: Ich wurde von einem Unternehmer, der seinen Augen nicht geglaubt hat, zu einer Champagnerparty eingeladen. Der hat auf einmal 320 000 Euro Umsatzersatz auf dem Konto gehabt, weil er im November 2019 mit den Anzahlungen 400 000 Euro Umsatz hatte. 80 Prozent


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davon sind 320 000 Euro. Geniert euch bitte für so etwas! Für Dezember 2020 50 Prozent. (Abg. Hörl: ... absurd, oder?)

Das war die Entschädigung für die Großen. Wie schaut es denn für die Kleinen aus, Franz Hörl? – Keine Unterstützung. Für die Kleinen schaut es ganz anders aus. (Der Redner stellt eine Tafel mit den Aufschriften „Nicht bäuerliche Privat­ver­mieter“ und „Kleine touristische Vermieter mit mehr als 10 Betten ohne Gewerbe­berechtigung“ auf das Redner:innenpult. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Beim Start hat Frau Minister Köstinger die Entschädigungszahlungen für die nicht bäuerlichen Privatvermieter vergessen. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Hörl.) Ich erinnere: Am 29. März 2020 wurden die bäuerlichen Privatvermieter sofort über die AMA entschädigt.

Wer war nicht dabei? – Die nicht bäuerlichen Privatvermieter und die Ferien­wohnungsvermieter waren nicht dabei, sie wurden vergessen. Ich unterstütze die bäuerlichen Privatvermieter, die ihr – unter Anführungszeichen – „vergessen“ habt! Wie war das mit den kleinen touristischen Vermietern mit mehr als zehn Betten? – 15 Monate lang hat der Hauser hier am Rednerpult gebettelt, dass diese Betriebe bitte endlich eine Entschädigung bekommen sollen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Was haben sie bekommen? – Hört einmal zu, kommt einmal raus aus eurer Blase: nicht 80 Prozent Umsatzersatz, sondern 25 Prozent! (Ruf bei der ÖVP: Nicht so hysterisch! – Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Das erklärst du mir einmal, Franz Hörl, wenn du immer herausschreist! Erkläre mir hier und heute, wieso der kleine touristische Vermieter mit mehr als zehn Betten 25 Prozent Ausfallsbonus bekommen hat und du 80 Prozent, und für den Dezember 50 Prozent! Diese Antworten seid ihr uns schuldig. (Beifall bei der FPÖ.)

Ihr stellt euch ans Rednerpult und sagt, ihr habt die Cofag eingerichtet. Wir sind nicht müde geworden zu predigen: Lasst das über die Finanzämter abwickeln!


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Die Finanzämter sind prompt, die haben die Zahlen für die Unternehmer. Ihr wolltet das nicht. Ihr habt den Unternehmen nicht einmal Bescheide ausgestellt, das heißt, wenn ein Unternehmer keine Entschädigung bekommen hat, hat er nicht einmal ein Einspruchsrecht gehabt – und das in einer Republik, in der Recht ist. Es ist ja bitte zum Genieren! (Beifall bei der FPÖ.)

Noch etwas: Für die kleinen touristischen Vermieter mit mehr als zehn Betten habe ich 15 Monate lang hier gebettelt, die haben dann ab 1. November 2020 eine Entschädigung gekriegt. Die anderen haben sie ab Ende März 2020 bekommen. Wieso man diesen Betrieben ein halbes Jahr gestohlen hat, müsst ihr mir auch einmal erklären.

Geschätzte Damen und Herren, zur Blase, zur Entschädigungsgerechtigkeit mag sich jeder selber sein Bild machen. Franz Hörl, weil du meine Tafeln ange­sprochen hast: Ich habe noch eine schöne Tafel für alle Zuhörer und Zuseher vorbereitet. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Transparenzportal – https://transparenzportal.gv.at/“ auf das Redner:innenpult. – Zwischenruf des Abg. Loacker.) Schaut euch bitte die Transparenzdatenbank an, geht auf die Seite, schaut euch das an! Macht euch selber ein Bild davon, wer in dieser Republik was bekommen hat! (Abg. Ottenschläger: Alles transparent!)

Da ist kein kleiner Vermieter dabei, weil da nur Förderungen ab 10 000 Euro ausgewiesen sind. Eines sage ich noch dazu: Nehmt vorher Baldriantropfen, damit ihr den Anblick dieser Tabelle überhaupt überlebt! Es ist nämlich erschreckend, in welchem Ausmaß große gewerbliche Betriebe unterstützt wurden. Da habt ihr eure Blase! (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz.)

Ich bringe jetzt auch noch einen Antrag ein, denn ich werde schon seit zwei Jahren nicht müde, hier zu bitten und zu betteln. So, da habe ich den Antrag (in den Unterlagen blätternd – Abg. Michael Hammer: Wurscht, nimm den anderen!) betreffend touristische Vermietung – Tohuwabohu beenden. Bei den Privat­vermietern habt ihr differenziert: Wohnt er in dem Haus, in dem er vermietet


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oder wohnt er nicht dort? Geht er arbeiten oder geht er nicht arbeiten? Ist er bäuerlich, ist er nicht bäuerlich? Da hat sich ja keiner mehr ausgekannt!

Das hat System: Seit zwei Jahren bitte und bettle ich, diese Struktur zu verän­dern, den Antrag haben wir zehnmal eingebracht, ihr habt ihn im Touris­musausschuss zehnmal vertagt und einfach abgelegt. Heute stelle ich hier daher erneut folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „touristische Vermietung – Tohuwabohu beenden / nachvollziehbare, prak­tikable einfache Strukturen schaffen“

(Heiterkeit der Abg. Tomaselli.)

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen bzw. dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der nach­folgende Kategorien für touristische Vermieter geschaffen werden:

1. Kategorie: touristische Privatvermieter, bäuerlich und nicht bäuerlich,“ – alles dasselbe – „ohne Gewerbe bei Vermietung von Zimmern/Ferienwohnungen und/oder bis zu 15 Betten, Abrechnung mit § 28“ – Vermietung und Verpach­tung – „EStG“. (Abg. Steinacker: ... überhaupt so viel Redezeit?)

„2. Kategorie: gewerbliche touristische Vermieter von 16 bis 30 Betten bzw. fünf Ferienwohnungen/Appartements (‚Kleingewerbe‘), Abrechnung mit § 28 EStG.“

(Abg. Ottenschläger – in Richtung FPÖ –: Wenn der fertig ist, habt ihr keine Redezeit mehr!)

„3. Kategorie:“ – so einfach wäre es – „gewerbliche touristische Vermieter ab 30 Betten.“


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*****

Damit hätten wir Transparenz, wir bräuchten nicht hin- und herzuschieben. Ihr könntet endlich einmal aus eurer Bubble herausgehen, anstatt zu glauben, dass ihr so gut und gerecht seid, ihr seid nämlich ungerecht! Ich würde mich genieren, so ein Fördersystem hier im Hohen Haus durchgezogen zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)

15.24

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend touristische Vermietung -  Tohuwabohu beenden / nachvollziehbare,  praktikable einfache Strukturen schaffen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­vor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) (UG 40 Wirtschaft) in der 183. Sitzung des Nationalrats am 16. November 2022

Die touristischen Vermieter, Privatvermieter  bäuerlich und nicht bäuerlich, Vermieter mit „mehr als 10 Betten“ und die gewerblichen Vermieter, leisten einen wichtigen Beitrag zur tourismuswirtschaftlichen Entwicklung unseres Landes.

In etwa 40.000 Privatvermieterinnen und -vermieter mit bis zu den 10 Gästebetten zeichnen für einen Nächtigungsanteil von über 21 Millionen pro Jahr. Das ist fast ein Fünftel aller in Österreich erzielten Nächtigungen. Alle Privatvermieterbetriebe mit insgesamt über 300.000 Gästebetten stellen in Summe ca. 2/3 aller Beherber­gungs­betriebe Österreichs.


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In den letzten Jahren fand innerhalb der Privatvermietung ein großer Strukturwandel statt – vom klassischen Privatzimmer hin zur komfortablen familiengerechten Ferienwohnung/Ferienappartement.

Gerade die Covid-19 Krise hat einmal mehr offengelegt, wie vielfältig und undurch­schaubar die verschiedenen Varianten der touristischen Vermietung sind.

So gibt es sowohl hinsichtlich des Erfordernisses von Gewerbeberechtigungen aber auch der jeweiligen anzuwendenden Einkunftsart gemäß Einkommensteuergesetz sehr unterschiedliche Modelle der Vermietung, die zu jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen und damit auch Ungerechtigkeiten führen können, wie nachfolgend dargelegt:

Gem. Art. III der Bundesverfassungsgesetznovelle 1974 (BGBl. 444/1974) zählt die Privatvermietung dann nicht zu den Angelegenheiten des Gewerbes im Sinne des Art. 10 Abs. 1 B-VG und ist somit dann nicht Bundessache in Gesetzgebung und Voll­ziehung, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ zu treffen:

•          Ausübung der Privatvermietung durch gewöhnliche Mitglieder des eigenen Hausstandes

•          Ausübung der Privatvermietung als häusliche Nebenbeschäftigung

•          Vermietung von nicht mehr als 10 Gästebetten

Erfolgt die Zimmervermietung im dargestellten Rahmen, so ist diese hinsichtlich der Gesetzgebung Ländersache.

Aufgrund der angeführten kompetenzrechtlichen Zuweisung der Kompetenz der Privatvermietung an die Länder wurden in einigen Ländern entsprechende Landesgesetze beschlossen:

•          OÖ: Tourismusgesetz 1990

•          Tirol: Privatzimmervermietungsgesetz 1959


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•          In Salzburg wurde ein entsprechendes Gesetz mit 2003 aufgehoben.

§ 2 Abs. 1 Z 9 GewO normiert, dass die „nach ihrer Eigenart und ihrer Betriebsweise in die Gruppe der häuslichen Nebenbeschäftigung fallenden und durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes betriebenen Betriebszweige“ NICHT unter den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fallen.

Ein häuslicher Nebenerwerb liegt nur dann vor, wenn es sich um eine im Vergleich zu anderen häuslichen Tätigkeiten untergeordnete Gewerbstätigkeit handelt.

Darüber hinaus leitet sich aus der Notwendigkeit der häuslichen Tätigkeit ab, dass die Privatvermieterin bzw. der Privatvermieter im Hausstand wohnt, in welchem sich die zu vermietenden Zimmer befinden.

Die Verabreichung von Speisen (ohne Auswahlmöglichkeit zu im Voraus bestimmten Zeiten) sowie nichtalkoholischer Getränke ist im Rahmen der Privatvermietung ebenso zulässig.

Ist dies nicht erfüllt, dann ist § 111 Abs. 2 Z 4 GewO anzuwenden:

„§ 111. (2) Keines Befähigungsnachweises für das Gastgewerbe bedarf es für

(…)

4. die Beherbergung von Gästen, wenn nicht mehr als zehn Fremdenbetten bereit­gestellt werden, und die Verabreichung des Frühstücks und von kleinen Imbissen und der Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und von Bier in handelsüblichen verschlossenen Gefäßen sowie von gebrannten geistigen Getränken als Beigabe zu diesen Getränken an die Gäste,“

Werden mehr als 10 Gästebetten angeboten und/oder dem Gast mehr als die vor­genannten Nebenleistungen angeboten, wäre ein Gewerbeschein für das reglemen­tierte Gastgewerbe (§ 94 Z 26 GewO) erforderlich.


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Darüber hinaus unterscheiden sich touristische Privatvermieter auch hinsichtlich der jeweils anzuwendenden Einkunftsart. So versteuern touristische Privatvermieter ihre Einkünfte in der Regel nach § 28 Einkommensteuergesetz (EStG).

Bei gewerblichen touristischen Vermietern wiederum richtet sich die Einkunftsart nach der Anzahl der zu vermietenden Appartements.

So fällt ein gewerblicher touristischer Vermieter mit einem Appartementhaus mit vier  Appartements mit bis zu 29 Betten nicht unter die Einkunftsart: „Gewerbebetrieb“ gemäß § 23 EStG. Denn die Voraussetzung für Einkünfte aus Gewerbebetrieb liegen laut Bundesministerium für Finanzen erst ab einer Anzahl von fünf Appartements vor, darunter sind die entsprechenden Einkünfte solche aus „Vermietung und Verpach­tung“ gemäß § 28 EStG.

Damit nicht genug gibt es noch jene große Gruppe von Betrieben, die aufgrund der Bettenanzahl nicht als Privatvermieter gelten, da sie mehr als 10 Betten vermieten, aber auch kein Gewerbebetrieb sind, da sie aufgrund der geringen Bettenanzahl kein Gewerbe angemeldet haben. Dieser Umstand wurde bisher von den Behörden stillschweigend toleriert, da ja alle Abgaben geleistet wurden, und daher die Inhaber dieser Betriebe davon ausgegangen sind, dass alles in Ordnung sei.

Da für die Ermittlung der Bettenanzahl auch mögliche „Zusatzbetten“ auf Couchen, oder ein Kinderbett  etc. gezählt werden und nicht nur die fixen Betten gezählt werden, ist eine Erhöhung der Bettenanzahl bei der touristischen Privatvermietung auf 15 Betten erforderlich. Dies auch deshalb, weil mit der Ausstattung einer Ferienwohnung mit einer Ausziehcouch etc. auch eine Qualitätssteigerung verbunden ist. Gerade bei der Abwicklung von Entschädigungszahlungen für behördlich geschlossene Betriebe hat sich herausgestellt, dass viele Privatvermieter um eine Entschädigung „umgefallen“ sind, da sie mehr als 10 Betten vermietet haben, da ja auch nicht fixe Betten bei der Ermittlung der Bettenanzahl durch die AMA herangezogen wurden!


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Im Sinne der Schaffung von Klarheit, Nachvollziehbarkeit sowie Rechtssicherheit ist es aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten dringend erforderlich, die oben dargestellten unterschiedlichen Varianten der touristischen Vermieter nachvoll­ziehbar zu vereinheitlichen und in der österreichischen Rechtsordnung abzubilden.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen bzw. dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der nachfolgende Kategorien für touristische Vermieter geschaffen werden:

1.         Kategorie: touristische Privatvermieter, bäuerlich und nicht bäuerlich, ohne Gewerbe bei Vermietung von Zimmern/Ferienwohnungen und/oder bis zu 15 Betten, Abrechnung mit § 28 EStG

2.         Kategorie: gewerbliche touristische Vermieter von 16 bis 30 Betten bzw. fünf Ferienwohnungen/Appartements („Kleingewerbe“), Abrechnung mit § 28 EStG.

3.         Kategorie: gewerbliche touristische Vermieter ab 30 Betten.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht und ausreichend unterstützt, er steht daher mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Hörl zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Loacker: Aber jetzt, ... Schneekanonen! – Abg. Tomaselli: Das muss wirklich eine tatsächliche ...!)



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15.25.10

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Herr Abgeordneter Hauser hat gerade behauptet, ich hätte 80 Prozent Förderung für meine Hotelanlage bekommen. (Abg. Hauser: Umsatzersatz!)

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe nicht einmal angesucht, ich hätte nicht einmal angesucht, ich wäre nicht auf die Idee gekommen, um 80 Prozent Förderung anzusuchen, weil mein Hotel ja geschlossen war, und das weißt du.

(In Richtung Präsident Sobotka): Ist das richtig so? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) – Also ich berichtige tatsächlich: Es ist falsch! (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenruf der Abg. Tomaselli. – Abg. Krainer: Das reicht nicht! Du musst sagen, um wie viel Prozent du angesucht hast!)

15.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist auch keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine politische Anmerkung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Großbauer. – Bitte.


15.26.10

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Das Wirtschaftsbudget steigt 2023 um 44,9 Prozent auf über 3,5 Milliarden Euro, und das ist eine sehr, sehr gute Nachricht.

Ich freue mich auch sehr, dass der Tourismus mit unserer Staatssekretärin jetzt im Wirtschaftsressort angesiedelt ist und wir zwei ausgewiesene Expert:innen in diesen für uns so wichtigen Bereichen haben. Der Tourismus leistet einen sehr, sehr großen Beitrag zum österreichischen Bruttoinlandsprodukt, das haben wir heute schon gehört, aber auch zur Wertschöpfung im ländlichen Raum und zur Lebensqualität. Er ist natürlich engstens mit der Kultur in diesem Land verknüpft, wegen der viele Touristinnen und Touristen nach Österreich kommen.


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Ich möchte mich ganz kurz auf zwei Punkte konzentrieren. Der erste: Ein Teil des Budgets wird in die Filmwirtschaft fließen, etwa in das Förderprogramm Film­standort Austria. Im Zuge der Neuausrichtung der Filmförderung sind 21,5 Millio­nen Euro für den Filmstandort Österreich vorgesehen, das ist ein Plus.

Der zweite Punkt: Während Corona war der Schutzschirm für Veranstaltungen, der ja auch für Kulturveranstaltungen gilt, ganz, ganz wichtig. Er wirkt auch noch nach, es sind für 2023 noch 44 Millionen Euro budgetiert, natürlich nur für Veranstaltungen, für die bereits angesucht wurde und die coronabedingt ver­scho­ben oder abgesagt werden müssen. Es passiert also auch da ein Schulter­schluss zwischen Wirtschaft und Kultur, der für das Kultur- und Tourismusland Österreich sehr, sehr wertvoll und wichtig ist. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stark. – Bitte.


15.28.17

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe interessierte Zuseherinnen und Zuseher! Ich muss ehrlich gestehen, dieses Hickhack – zu viel, zu wenig, zu früh, zu spät, die Richtigen, die Falschen – ist für uns hier herinnen schon schwer verdaulich, aber wie muss es erst für den Zuseher und die Zuseherin sein, die diese Debatte verfolgen? Ich kann mir vorstellen, dass sich da viele wieder einmal abwenden.

Eines ist aber klar, und zwar, dass dieses Budget, das wir in diesen Tagen beschließen, eine Stärkung des Tourismus mit sich bringt – eine Stärkung des Tourismus und der Wirtschaft mit dem Fokus auf den Arbeitsmarkt, das Energiemanagement, die Nachhaltigkeit, die Resilienz und die Digitalisierung. Auf diese Bereiche fokussiert dieses Budget, das ist ein guter Rahmen.


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Wichtig sind vor allem die Covid-19-Investitionsprämie und der Energie­kostenzuschuss, um zwei zu nennen. Die Covid-19-Investitionsprämie – und da wende ich mich an Kollegen Loacker, der das ein bisschen kleingeredet hat – steigt von 0,4 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf ganze 2,15 Milliarden Euro im Jahr 2023. Das ist ein extremer Anreiz für Unternehmen, zu investieren und dadurch die Arbeitsplatzsicherheit zu garantieren und den Wirtschaftsstandort zu stärken.

Das Zweite, der Energiekostenzuschuss, ist ebenfalls eine ganz wichtige Maß­nahme in diesem Budget. Auch da wurden die Mittel von 0,45 Milliarden Euro auf 1,3 Milliarden erhöht, um Unternehmen in dieser schwierigen Phase mit ihren Energiekosten zu helfen.

Die Wirtschaft und der Tourismus haben – und das sei auch an dieser Stelle erwähnt – auch wichtige Partner, nämlich die Gemeinden landauf und landab, denn eines ist klar: Ohne erfolgreiche Wirtschaft gibt es nur schwache Gemein­den, und ohne starke Gemeinden gibt es auch keinen guten Boden für die Wirtschaft. In diesem Sinne freue ich mich auch und vor allem über das Gemein­depaket, das hilft, den Wirtschafts- und Tourismusstandort Österreich zu stärken, damit die Gemeinden auch gute Partner der Wirtschaft und des Touris­mus bleiben können.

Mit diesem Budget, meine Damen und Herren, schaffen wir ausgezeichnete Rahmenbedingungen in ganz schwierigen Zeiten, und wir schaffen dadurch weiterhin erfolgreiche Regionen und lebenswerte Gemeinden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schnabel. Er ist schon da, sehr gut. – Bitte.



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15.30.57

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren vor den Monitoren! Hohes Haus! Wir haben heute schon mannigfaltig über das Budget im Bereich der Wirtschaft diskutiert und ich möchte einen nahezu Spezialbereich herausschälen, das ist die Transformation im Bereich der Energie, und zwar ganz genau im Bereich des Wasserstoffs. Im Sommer dieses Jahres hat die Regierung die Wasserstoffstrategie für Österreich präsentiert (einen Ausdruck in die Höhe haltend), die ganz klar aufzeigt, in welcher Art und Weise wir mit diesem hochenergetischen Energieträger die Transformation der Wirtschaft, aber auch der Industrie, der Mobilität und des Energiewesens angehen werden.

Wir sprechen von CO2-neutralem Wasserstoff, der – inländisch, aber auch ausländisch produziert – ganz wichtig für unseren Wirtschaftsstandort ist. Herr Kollege Loacker, Sie haben in Ihrer Rede die Ipcei-Projekte angesprochen und Sie haben gesagt: 40 Millionen Euro sind nicht genug! Dazu muss ich sagen, dass Sie alle Projekte nennen müssen, die für die Transformation vorgesehen sind. Wir haben alleine im Bereich des Wasserstoffs 24 unterschiedliche Förder­schie­nen auf den Weg gebracht, die dementsprechend die Wirtschaft unterstützen, die Transformation durchzuführen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Ob das jetzt der Transformationsfonds mit 3 Milliarden Euro, ob das das RRF-Programm oder ob das das Klien-Programm bis hin zur Umweltförderung ist: In Summe sind 4,7 Milliarden Euro für die Transformation der Wirtschaft nur im Bereich des Wasserstoffs – wo er mit inkludiert ist – vorgesehen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

Wie wichtig die Wasserstoffstrategie und auch deren Umsetzung ist, zeigt nicht nur die nationale Herangehensweise, sondern auch die europäische und globale Dimension. Zum Beispiel kooperiert Dänemark – Dänemark hat durch seine Offshorewindparks natürlich die Möglichkeit, viel regenerativen Wasserstoff zu erzeugen – ganz stark mit Norddeutschland, und dort ist man so weit, dass man


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über spezielle Pipelines diesen erzeugten Wasserstoff auch für die Industrie weiter transformiert.

Zu Österreich: Das Bundesland Niederösterreich hat sich in den vergangenen Tagen und Wochen ganz stark mit Bayern vernetzt. Bayern hat im Bereich des Wasserstoffs schon einiges an Innovationen im Vorfeld geleistet, und auch da gibt es quasi Synergien, um den Wasserstoff dementsprechend auch für die regionale Wirtschaft im Bundesland zu nützen. (Beifall bei der ÖVP.)

Summa summarum haben wir mit der Wasserstoffstrategie die Anleitung, wie es gehen wird und mit den Mitteln beziehungsweise Förderprogrammen dann auch die Umsetzung. Geschätzter Herr Minister, ich danke, dass Sie das so unter­stützen. Bitte auch im Klimaschutzministerium darauf einzuwirken, dass das auch quasi vollinhaltlich zur Umsetzung kommt! Denn so, wie das Wasser für das Leben lebenswichtig ist, kann man für die Wirtschaft abgeleitet sagen: Der Was­serstoff wird für das wirtschaftliche Überleben zukünftig wichtig sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

15.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Zopf. – Bitte.


15.34.16

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Staatssekretärin! Geschätzter Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Wirtschaft und Tourismus haben viele unterschiedliche Gesichter. Als ehrenamtliche Bierzeltkellnerin möchte ich mich jetzt nicht als Tourismus­expertin darstellen, deshalb bin ich umso stolzer, dass es in meiner Region sehr viele Expertinnen und Experten gibt, mit denen ich mich zusammensetzen kann. Ebenso bin ich froh, dass wir mit der Staatssekretärin eine absolute Expertin haben, die uns zur Verfügung steht, um die Interessen für die Touristiker in mei­ner Region dementsprechend zu vertreten.


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Ich möchte auch noch auf das Thema Wintertourismus replizieren. Eines ist ganz klar: Die Beschneiungsanlage wird als Klimaschädling dargestellt. Beschneiung­sanlagen sind ganz klar nicht Klimaschädlinge und nicht für die Klimaerwärmung verantwortlich. Das hat das Umwelt- und Klimaministerium schwarz auf weiß festgestellt. (Zwischenruf der Abg. Rössler.) Der Tourismus, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist mit 58 Prozent Vorreiter im Klimaschutz. Da können wir uns alle miteinander eine Scheibe abschneiden, denn wenn wir schon so weit wären, wie der Tourismus ist, dann hätten wir viele Probleme, die wir in der Praxis haben, nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir als politisch Verantwortliche sind beauftragt, dafür zu sorgen, dass sich alle in unseren Regionen und darüber hinaus wiederfinden. Es muss die Licht­verschmutzung in den Städten als klimaschädlich bewertet und deshalb reduziert werden, genauso müssen wir schauen, dass die Tourismusbetriebe noch klimafreundlicher werden. Es gibt aber nicht nur einen Feind, sondern es gibt viele Feinde des Klimas, und um diese müssen wir uns alle gemeinsam auf Augenhöhe kümmern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich werde mich als Vertreterin einer Tourismusregion im Salzkammergut dafür einsetzen, dass auch in Zukunft der Tourismus sowohl im Winter in den Skiregionen als auch im Sommer auf den Almen mit allem Für und Wider genauso funktioniert, wie auch die Spitzentouristik – wir sagen, dass wir super Gastronomen haben – und die Werbung. Denn wir sind Vorreiter im Tourismus, und das wollen wir auch bleiben, weil dort viele Menschen arbeiten und davon leben können.

Ich bin kein Pessimist, weil auf einem Pessimisthaufen kein Kraut wächst. Ich bin Possibilist und möchte Dinge möglich machen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weber. – Bitte sehr.



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15.37.20

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Danke, dass wir in einem Land leben und arbeiten dürfen, in dem sehr viele sehr gerne Urlaub machen! Das ist ein besonderes Privileg, das wir haben. Das muss auch einmal gesagt sein.

Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Minister! Herr Staatssekretär und Herr Landwirtschaftsminister! Werte Kolleginnen und Kollegen, aber auch geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschir­men! Wer durch das wunderbare Österreich fährt, verspürt regelmäßig das Bedürfnis nach einem Urlaub in unserer Heimat, in dem Land, in dem wir leben dürfen. Auch die Angebote in Österreich, die den Kongress- und Städtetourismus betreffen, sind mehr als exzellent.

Urlaub bedeutet aber nicht nur Erholung. Tourismus in der Heimat bringt Arbeitsplätze, Wertschöpfung und letztendlich auch Wohlstand. Das wiederum schafft Perspektiven in unseren Regionen und beugt auch der Landflucht, der Abwanderung aus den Regionen vor. Besonders im ländlichen Raum ist der Tourismus eine zentrale Grundlage für Wertschöpfung und Lebensqualität, das haben wir auch in den Worten der Frau Staatssekretärin gehört.

In unserer Heimat profitieren sehr viele Menschen vom Zugang zu den unter­schiedlichsten Möglichkeiten in der Tourismusbranche, und da profitieren in Österreich in erster Linie und ganz besonders die jungen Menschen und auch die Frauen. Das Budget 2023 sieht für den Tourismus knapp 111 Millionen Euro vor. Gemessen an der zu erwartenden Wertschöpfung – von der Bundeshauptstadt hier bis in das letzte hintere kleine Tal in Österreich – ist das Geld sehr gut investiert und sehr gut angelegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Das erklärte Ziel im Tourismus in Österreich ist eine ökologisch-wirtschaftliche und sozial nachhaltige Tourismuswirtschaft. Es freut mich, dass Bundes­kanzler Karl Nehammer mit Frau Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler eine wirklich ausgewiesene Expertin zur Leitung dieses Ressorts nominiert hat und gewinnen konnte. Sie hat auch in den letzten Monaten schon eindrucksvoll


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bewiesen und gezeigt, dass sie genau die richtige Person in dieser Position ist. Denken wir bitte bei der Planung und bei der Buchung unseres nächsten Urlaubes an unsere wunderbare Heimat, an die Regionen in Österreich!

Es gibt für jeden ein entsprechendes Angebot, das auch passen wird, um seinen Urlaub in Österreich verbringen zu können. Ich möchte auch alle dazu einladen, den Urlaub in Zukunft vielleicht auch einmal in der schönsten Region von Österreich, das ist das Lavanttal, wo ich herkomme – das wird in Kärnten auch als Paradies von Kärnten bezeichnet –, zu verbringen. In diesem Sinne sage ich schon jetzt einmal danke dafür. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. Zwi­schenruf der Abg. Steinacker.)

15.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmidhofer. – Bitte.


15.40.29

Abgeordneter Karl Schmidhofer (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Werte Bundesregierung! Herr Arbeits- und Wirtschaftsminister! Herr Landwirt­schafts­minister, der dazugekommen ist! Frau Staatssekretärin und Herr Staats­sekretär! Ich bin sehr froh, dass wir eine Staatssekretärin für den Tourismus haben, die selber sehr erfolgreich im Tourismus tätig ist. Wenn man nämlich selber in diesem Geschäft drinnen ist, dann weiß man über die Probleme, die zu behandeln sind, Bescheid.

Lieber Kollege Hauser! Zu den Förderungen bei den Privaten: Ich war ja selber im Tourismusausschuss dabei, das hat natürlich ein bisserl länger gedauert, weil alles zu prüfen war. Du weißt ganz genau über die Probleme bei Airbnb Bescheid, das hat diese Auswirkung mit sich gebracht. Betreffend Lockdown hast du gesagt, nur wir seien schuld. Ich erinnere: Am 15. März 2020 hat Klubobmann Kickl ebenfalls den Lockdown verteidigt, und du warst mit dabei. Ja, Kollege Hauser, ihr müsst euch einig sein (Abg. Kickl: Aber wir haben


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dazugelernt, und ihr seid dumm geblieben!), es hilft nichts! (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Beschäftigen wir uns mit der Zukunft, Kollege Hauser, nicht mit der Vergan­genheit! Die Förderungen werden erhöht, das ist diesem Budget zu entnehmen. Das ist wichtig für den Tourismus. Wir müssen uns gut aufstellen, damit wir dem internationalen Wettbewerb standhalten. Wir rüsten in den nächsten Jahren auf und Florian Tursky, unser Staatssekretär für Digitalisierung, wird mit modernen Zugängen ein Meldesystem auf die Beine stellen, damit wir auch da am Puls der Zeit sind.

Zum Kollegen Matznetter und zur Kollegin Erasim, in eure Richtung: Das mit den Cofag-Förderungen betrifft alle, die angesucht haben und in der Wirt­schaft tätig sind. Ich darf Ihnen etwas sagen: Dipl.-Kfm. Dr. Hannes Androsch, Finanz­minister außer Dienst, ist Mehrheitseigentümer bei den Loser Berg­bahnen im Ausseerland. Ja, natürlich hat er auch angesucht und natürlich steht ihm Geld – 1,1 Millionen Euro – zu. Mit diesen Geldern, die im Tourismus auch wieder erwirtschaftet werden, wird wieder kräftig investiert. Er baut auch eine große Seilbahn, wie wir in Murau, in Sankt Lambrecht, im Lachtal, am Kreischberg.

Es wird in der Tourismuswirtschaft investiert, das kommt allen zugute, nicht zuletzt auch der Land- und Forstwirtschaft. Wir sind am Grund und Boden der Bauern unterwegs und betreiben dort den Tourismus. Der gesamten Wirtschaft und allen, die im Tourismus arbeiten, hilft es, wenn wir Kapital zum Investieren zur Verfügung haben. Du weißt, Gerald Hauser, die Eigenkapitaldecke der Tourismusbetriebe ist ohnehin dünn.

Glück auf für eine erfolgreiche Zukunft im Tourismus! Vielleicht überlegt ihr es euch wirklich und macht – wie der Kollege schon gesagt hat – Urlaub in Österreich und unterstützt unsere Tourismuswirtschaft. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.43



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 747

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Hauser zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.43.37

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Kollege Schmidhofer von der ÖVP hat behauptet, wir sollten uns in Sachen Lockdowns einig sein.

Herr Kollege Schmidhofer, ich berichtige tatsächlich: Ich habe hier und heute in meiner Rede vom Dauerlockdown von 2. November 2020 bis Ende Mai 2021 gesprochen. Das haben alle Parteien hier im Hohen Haus gegen unseren Willen beschlossen. (Beifall bei der FPÖ. Ruf bei der ÖVP: Wir sind ja in 2022!)

15.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist auch keine tatsächliche Berichtigung.

Wir sind damit am Ende der Kapitel 33 und 40 angelangt. Es liegen dazu keine Wortmeldungen mehr vor.

Ich darf mich bei Minister Kocher und bei der Staatssekretärin für Tourismus recht herzlich bedanken.

15.44.19UG 42: Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum Themenbereich Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berlakovich. Entschuldigung, ich berichtige: Es ist Abgeordnete Cornelia Ecker, das war auf meinem Bildschirm noch nicht zu sehen. – Bitte.


15.44.44

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Ich glaube, der Minister ist noch nicht zugegen. Ich möchte meine Ausführungen mit einem Dank beginnen, und zwar mit einem Dank an


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 748

den Budgetdienst der Parlamentsdirektion, der gerade im Bereich der Landwirt­schaft für uns Abgeordnete Licht ins Dunkel der UG 42, also des Landwirts­chaftsbudgets, gebracht hat. – Herzlichen Dank an dieser Stelle. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget ist die in Zahlen gegos­sene Politik. (In Richtung des den Saal betretenden Bundesministers Totschnig:) Grüß Gott, Herr Minister! Was Sie uns, sehr geehrter Minister Totschnig, mit diesem Entwurf präsentiert haben, ist zum einen nicht jene Politik, die ich mir für die kleinstrukturierte Landwirtschaft in diesem Land gewünscht habe, zum anderen liefert dieses Budget keine Antworten auf die Fragen der fleißigen Bäuerinnen und Bauern, die sich das von ihren politischen Vertreterinnen und Vertreter eben schon erwartet hätten. (Zwischenruf des Abg. Kühberger.)

Dieses Budget ist aber auch ein Bremsklotz, Herr Minister, für eine Entwicklung, die nicht nur von den Konsumentinnen und Konsumenten gewünscht wird, sondern auch von der Europäischen Union vorgeschrieben wird. Was meine ich damit? – Ich meine damit die Reduktion von chemisch-synthetischen Pestiziden auf unseren heimischen Feldern, eine klare Vorgabe der EU.

Es ist schon erstaunlich, dass die Regierungsparteien da so stark auf der Bremse stehen und in Brüssel keine Gelegenheit auslassen, um gegen – ja, gegen! – weniger Pestizide auf den Feldern zu intervenieren. Gerade Ihre Vorgängerin, Herr Minister, hat sich als treue Lobbyistin der Düngemittelkonzerne erwiesen. Ich fürchte, dies wird sich leider auch mit Ihnen nicht ändern.

Ich kann und will auch diese Blockadehaltung nicht verstehen. Wenn man die Medienberichte der letzten Jahre – ich möchte schon meinen Jahrzehnte – verfolgt hat, muss man doch klar sehen, dass wir endlich weniger Chemie, eine Abkehr von der Chemie hin zu schonenden Alternativen brauchen. Erst kürzlich wurden im Europäischen Parlament Haarproben von den EU-Abgeordneten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 749

genommen, in den Haarproben waren sogar Rückstände von verbotenen Pes­tiziden. (Abg. Kühberger: Bei Sarah Wiener war ...!) Das zeigt uns schon, wie vergiftet unser Ökosystem eigentlich bereits ist.

Auch wenn manche chemisch-synthetischen Pestizide trotz ihrer Giftigkeit als – unter Anführungszeichen – „unbedenklich“ eingestuft wurden, möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass wir keine ausreichende Datenlage haben, durch die klar herbeigeführt wird, wie sich diese chemisch-synthetischen Pestizide im Körper auswirken, wenn sie im menschlichen Körper aufeinander treffen.

Mir ist auch klar, der Umstieg ist für die Bäuerinnen und Bauern eine große Herausforderung, doch bin ich überzeugt, dass dieser gemeinschaftlich gelingen kann, wenn die budgetären Voraussetzungen dafür geschaffen werden, Herr Minister.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ver­bindliche Reduzierung chemisch – synthetischer Pestizide und Forschungs­strategien für schonende Alternativen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesonders der Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert

- sich für eine europäische Forschungsstrategie für schonende Alternativen zu herkömmlichen chemisch-synthetischen Pestiziden einzusetzen,

- eine österreichische Forschungsstrategie für alternative Ansätze zu chemisch-synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft zu entwickeln, unter dem Titel ‚Wege zu einer pestizidfreien österreichischen Landwirtschaft‘ ein breites


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 750

Forschungsprojekt in Angriff zu nehmen und die entsprechenden finanziellen Mittel dafür bereit zu stellen, sowie

- sich auf europäischer Ebene für eine Gesetzgebung einzusetzen, die eine verbindliche Reduktion der chemisch-synthetischen Pestizide europaweit vorsieht.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker,

Genossinnen und Genossen

betreffend verbindliche Reduzierung chemisch – synthetischer Pestizide und Forschungsstrategien für schonende Alternativen

im Zusammenhang mit TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regie­rungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.), UG 42

Im Rahmen der „Farm to Fork“ – Strategie laufen derzeit die Vorbereitungen für die Trilog-Verhandlungen für eine VO (EU), die vorsieht, dass die Mitgliedsstaaten die chemisch-synthetischen Pestizide verbindlich reduzieren müssen. Die "Vom Hof auf den Teller"- Strategie ist ein wichtiger Eckpfeiler des europäischen Green Deal. Diese Strategie steht für eine umweltfreundlichere Produktion von Lebensmitteln. Ziel ist, weniger Pestizide, Antibiotika und Düngemittel einzusetzen, Tierschutz zu verbessern und Fischerei nachhaltiger zu gestalten. Enthalten ist unter anderem eine Halbierung der Verwendung und des Risikos chemischer Pestizide bis 2030 und eine Halbierung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 751

des Einsatzes gefährlicherer Pestizide bis 2030. Insgesamt soll es einen Bio-Anteil von 25 Prozent in der Landwirtschaft geben.

Die Kommission will mit diesem Schritt auch das Massensterben von Bienen, die für die Bestäubung und damit die Lebensmittelproduktion ein entscheidender Faktor sind, aufhalten und stellt klar, dass „der Einsatz von Pestiziden zur Verschmutzung von Böden, Gewässern und der Luft“ führt.

Es braucht im Bereich der Pestizide eine Wende hin zu umweltschonenden Alternativen.

Die Bäuerinnen und Bauern brauchen Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Es müssen alle Anstrengungen dahingehend unternommen werden, dass schnellst­möglich diese Alternativen gefunden werden können.

Um den gesundheitsschädlichen Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden schneller in den Griff zu bekommen, ist eine europäische und österreichische Forschungsstrategie für schonende Alternativen zu herkömmlichen Pflanzengiften notwendig.

Der Grüne Bericht 2022 zeigt auf, dass mit Stand Ende 2021 in Österreich 1.515 Pflanzenschutzmittel zum Inverkehrbringen zugelassen waren (+6). Tabelle 1.2.1.5 gibt die Übersicht über die Wirkstoffstatistik 2017 bis 2021, also die durch den Handel mit Pestiziden in Verkehr gebrachten Wirkstoffmengen. Aus dieser Tabelle geht hervor, dass mit den in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmitteln die Gruppe der chemisch-synthetischen Wirkstoffe überproportional zunahm und zwar um 8,7 %. Hier muss besonders darauf hingewiesen werden, dass diese lediglich in der konven­tionellen Landwirtschaft verwendet werden dürfen, deren Flächenanteil in den letzten Jahren weiter abgenommen hat.

Eine Zunahme dieser Wirkstoffe bedeutet also, dass dies auch eine Zunahme je verbleibender Fläche mit sich bringt, also die Belastung pro Hektar steigt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 752

Es gab eine Steigerung sowohl bei den Herbiziden, als auch den Insektiziden und Fungiziden.

Diese Daten zeigen, dass es äußerst wichtig ist, dass die Initiativen auf europäischer Ebene für eine verbindliche Reduktion der chemisch-synthetischen Pestizide durch Österreich unterstützt werden und nicht abgeschwächt werden.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesonders der Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Regionen und Wasserwirtschaft, wird aufgefordert

•          sich für eine europäische Forschungsstrategie für schonende Alternativen zu herkömmlichen chemisch-synthetischen Pestiziden einzusetzen,

•          eine österreichische Forschungsstrategie für alternative Ansätze zu

chemisch-synthetischen Pestiziden in der Landwirtschaft zu entwickeln, unter dem Titel „Wege zu einer pestizidfreien österreichischen Landwirtschaft“ ein breites Forschungsprojekt in Angriff zu nehmen und die entsprechenden finanziellen Mittel dafür bereit zu stellen, sowie

•          sich auf europäischer Ebene für eine Gesetzgebung einzusetzen, die eine verbindliche Reduktion der chemisch – synthetischen Pestizide europaweit vorsieht.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist jetzt Abgeordneter Berlakovich. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 753

15.49.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Vertreter der Bundesregierung! Frau Kollegin Ecker, das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, passiert bereits. Willkommen in der Gegenwart! (Beifall bei der ÖVP.) Es passiert bereits, dass schonende Pflanzenschutzmittel gemacht werden. (Abg. Cornelia Ecker: Lesen Sie den Grünen Bericht!) Die Biolandwirtschaft verwendet Pflanzenschutzmittel, die die konventionellen, schonenden Mittel - - (Abg. Cornelia Ecker: Das stimmt nicht, das wissen Sie!) – Das passiert bereits.

Ich würde Sie dringend ersuchen, setzen Sie sich mit dem Thema auseinander, anstatt hier Horrorszenarien zu zeichnen, die ja so in der Realität nicht eintreten. Sie verunsichern ja die Bevölkerung! Als ob alle vergiftet werden. Das ist doch verantwortungslos, was Sie hier tun! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Diskussion zum Budget von Land- und Forstwirtschaft und Regionen hat noch nie in einem derartigen Umfeld stattgefunden. Corona hat den Hunger in der Welt dramatisch verschärft und der Ukrainekrieg hat die Situation noch einmal zusätzlich befeuert. 400 Millionen Menschen sind abhängig von Weizen aus der Ukraine und aus Russland: Afrika, der Nahe Osten und auch der asiatische Raum. Von drei Broten, die in Afrika gegessen werden, werden zwei Brote aus Weizen aus der Ukraine gemacht. Wenn das Getreide dort nicht hinkommen kann, gibt es Hungersnöte und Migrationsbewegungen, die sich niemand wünscht.

Daher diskutieren wir jetzt hier – Frau Kollegin Ecker, darüber müssen wir reden – über Ernährungssicherung in der Welt und auch in Europa. Das sind die Herausforderungen und dem trägt dieses Budget Rechnung. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ist ein wichtiger Beitrag dazu. Zugegeben, die Bauern ärgern sich über gewisse Auflagen und die bürokratischen Entwicklungen, und ich danke Minister Totschnig, dass er da ständig dabei ist, Dinge abzuschärfen und praxistauglich zu machen – wirklich ein großes Danke dafür. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 754

Das ist ein wichtiger Punkt, und ein weiterer betrifft die Bemühungen der Bundesregierung, die Bauern zu unterstützen, damit sie wettbewerbsfähig bleiben und eben ausreichend Lebensmittel produzieren können; auch mit der ökosozialen Steuerreform, mit dem Versorgungssicherungspaket von 110 Millionen Euro, mit dem Stromkostenzuschuss von 120 Millionen Euro. Dann sagen Sie, Frau Kollegin Ecker, es wird für die Bauern nichts gemacht? – Das können Sie doch nicht ernsthaft tun, denn genau dort bekommen die Betriebe die Unterstützung, wie auch in der Wirtschaft, um eben produzieren zu können, was wir dringend brauchen.

Richtig ist, dass wir auf der europäischen Ebene mit Entwicklungen konfrontiert sind, zu denen nicht nur die Bauern, sondern viele in der Gesellschaft sagen: Warum? – Wenn zum Beispiel Pflanzenschutzmittel auch im Biolandbau verbannt werden sollen – in Natura-2000-Gebieten, in Landschaftsschutz­gebieten. Nicht einmal die biologische Landwirtschaft soll das anwenden dürfen, und dann sollen wir ausreichend Lebensmittel erzeugen? Es ist schon richtig, dass wir in Österreich keine Not leiden, Gott sei Dank, dass wir genug Lebens­mittel haben, aber der Kluge baut vor. Daher müssen wir schauen, dass wir auch – und ich finde, das ist eine moralische Verantwortung – Regionen in der Welt mit Lebensmitteln versorgen, wenn eben die Ukraine oder Russland ausfallen.

Das Zweite auf der europäischen Ebene: die Erneuerbare-Richtlinie, wonach plötzlich Waldbiomasse nicht mehr als erneuerbar angesehen werden soll, also trockenes Holz nicht mehr für energetische Zwecke verheizt werden soll – das versteht niemand –, bis hin zur Wiederherstellung in der Natur, die Zurück­führung. Dass wir in Österreich beweisen, dass Landwirtschaft umweltfreundlich ist, nicht nur die Biolandwirtschaft, sondern auch die konventionelle, sieht man überall. Wir versuchen auch, besser zu werden, was Biodiversität und ähnliche Dinge anlangt, aber ein Zurück-ins-Mittelalter kann es nicht geben, weil wir eben Lebensmittel brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 755

Daher noch ein abschließender Punkt zur Regionalpolitik, den ich sehr wichtig finde: Es gibt rund 600 Millionen Euro in der nächsten Periode bis 2027 – Europäischer Regionalfonds, Just Transition Fund, der die Wirtschaft bei der Umstellung auf erneuerbare Energie, weg von den Fossilen unterstützen soll. Gerade diese Mittel, die regionalpolitischen Mittel sind so wichtig, um in wirtschaftlich schwierigen Zeiten in den Regionen zu investieren und dort auch Arbeitsplätze zu schaffen; nicht nur in den großen Städten, sondern auch in den kleinen, ländlichen Regionen. Das Gleiche gilt für das Gemeindepaket mit 1 Milliarde Euro, weil das meiner Meinung nach auch echte regionalpolitische Impulsgebergelder für die Gemeinden in unserem schönen Österreich sind. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Ecker zu Wort gemeldet. – Bitte.


15.53.58

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Mein Vorredner, Kollege Berlakovich, hat in seiner Rede behauptet, dass das, was wir im gegenständlichen Antrag fordern, bereits passiert, also die Reduktion von chemisch-synthetischen Pestiziden. (Abg. Schmuckenschlager: Natürlich! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich berichtige tatsächlich: Der Grüne Bericht zeigt ganz genau, dass es eine Steigerung bei chemisch-synthetischen Pestiziden in unserem Land gibt. (Abg. Berlakovich: Die inerten Gase müssen Sie wegkriegen!)

Er hat weiters behauptet, ich hätte gesagt, für die Bauern und Bäuerinnen in Österreich wird nichts gemacht. – Das stimmt nicht. Ich bin nur der Meinung, dass Fördergelder nicht gerecht verteilt werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Prinz: Das war eine Wertung, aber keine Berichtigung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

15.54



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 756

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war keine tatsächliche Berichtigung, wie immer. Vielleicht könnten wir uns wieder bemühen, uns wirklich auf die Sache zu konzentrieren.

Kollege Schmiedlechner ist der Letzte – Entschuldigung, der Nächste. Es gibt noch eine längere Diskussion zu dieser Untergliederung. – Bitte.


15.54.54

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Zuseher und Zuseherinnen! Liebe Bäuerinnen und Bauern, danke, dass ihr es euch trotz dieser irrsinnigen und korrupten ÖVP-Politik (He-Rufe bei der ÖVP) noch 365 Tage im Jahr antut, täglich für gedeckte Tische zu sorgen und die Lebensmittel zu produzieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Budget für die Landwirtschaft: Herr Minister – man kann alles schönreden –, in welcher Welt leben Sie? Das Budget ist eine größere Katastrophe, und wenn man sich anschaut, dass man nach Frau Minister Köstinger geglaubt hat, dass etwas Schlechteres nicht nachkommen kann, so sind Sie der beste Beweis dafür, dass es immer schlechter geht. (Abg. Berlakovich: Allerhand! – Ruf bei der ÖVP: Das ist ja an Peinlichkeit nicht zu überbieten! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

In der letzten Sitzung haben wir den Grünen Bericht besprochen – die Situation ist verheerend. Zahlen und Fakten sagen alles über Ihre Politik aus. Die land­wirtschaftlichen Betriebe haben sich in den letzten Jahren um 11 Prozent reduziert und gerade in der Nutztierhaltung ist die Zahl der Nutztierhalter um 21 Prozent zurückgegangen. Die Ursachen: natürlich Ihre verfehlte Agrarpolitik.

In diesem Budget finden sich keine Antworten auf die vielen Probleme. Die Landwirte werden durch bürokratischen Aufwand und durch Teuerungen immer mehr belastet.

Der wesentliche Teil im Agrarbudget betrifft die Gemeinsame Agrarpolitik, die GAP. Insgesamt stehen rund 65 Prozent der für 2023 veranschlagten Mittel im Zusammenhang mit EU-Förderprogrammen, die zu 80 Prozent aus EU-Mitteln


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 757

finanziert werden. Sie haben es geschafft, dass wir die Bauern in die Abhän­gigkeit gedrängt haben, Sie haben es geschafft, dass wir von der EU abhängig sind.

Herr Minister, alleine dass Sie eine Werbetour machen müssen, damit die Bauern an dieser GAP teilnehmen, ist schon eine Schande. Wenn man sich das dann anschaut und sieht, dass ein durchschnittlicher landwirtschaftlicher Betrieb zwischen 4 000 und 10 000 Euro weniger auf seinem Konto haben wird, dann ist das mehr als nur schlecht. Wenn man dann auch noch bedenkt, dass die Inflation die Kaufkraft der landwirtschaftlichen Betriebe vernichtet, dann kann man nur sagen: Sie haben etwas nicht verstanden. (Beifall bei der FPÖ.)

Was wird mit dieser GAP passieren? – Kurz zusammengefasst: mehr Bürokratie, mehr Auflagen, weniger Produktion, weniger Geld für die Bauernhöfe, aber mehr Geld für Institutionen, Kammern, AMA und natürlich für ÖVP-nahe Organisationen. (Abg. Gahr: Geh!)

Eines muss man auch sagen: Komischerweise werden die landwirtschaftlichen Betriebe immer weniger, der Personalstand in den Ministerien und in den Kammern aber bleibt gleich oder wächst. Anstatt die österreichische Landwirt­schaft zu fördern, schaffen Sie Abhängigkeiten. Wenn wir diese Politik fortsetzen, dann werden wir über kurz oder lang in eine Versorgungskrise mit Lebensmitteln stolpern.

Wir als Freiheitliche sehen da einen anderen Weg und deswegen werde ich noch einmal einen Antrag zur wirklichen Entlastung der landwirtschaftlichen Betriebe einbringen. Wir fordern klar und deutlich eine Überarbeitung dieser GAP, die Sozialversicherungsbeiträge der Bauern sollten vom Bund übernommen werden, die AMA-Marketingbeiträge sollte man abschaffen, die Kostenexplosion stop­pen, das heißt, wir fordern eine totale Entlastung bei Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer für die landwirtschaftlichen Betriebe. Gleichzeitig wäre es


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 758

höchst an der Zeit – die Situation erfordert es –, einen Agrargipfel für die Ernäh­rungssouveränität zu schaffen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine Stoppen – Entlastungspaket für die Landwirtschaft“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, das freiheitliche Entlastungspaket zugunsten der heimischen Landwirte [...] umzusetzen.“

*****

Eines möchte ich noch zu meinem Vorredner, Herrn Berlakovich, zur Ernäh­rungs­sicherheit und zur Ernährungssouveränität von Österreich anmerken:

Also es wundert mich schon sehr, was Sie da von sich geben. Auf der einen Seite reden Sie von Ernährungssicherheit, auf der anderen Seite machen wir jetzt im Rahmen der GAP ein neues Förderprogramm, laut dem wir 7 Prozent der Fläche, eben Biodiversitätsfläche, aus der Produktion nehmen – eine sinnlose Aktion, die Sie unterstützen, die Sie mitverhandelt haben, und dafür sollten Sie sich wirklich schämen, dass Sie da mittun.

Noch etwas zu Ihrem Gerücht betreffend Ukraine: Ein Großteil dieser Getreide­exporte aus der Ukraine landet in der EU, das ist bewiesen, und unter anderem werden auch mehrere Hunderttausend Tonnen Mais bei der Firma Jungbunz­lauer und beim Raiffeisen-Konzern Garant verarbeitet. Also wirklich: Ihre Freunde, was die dort anstellen – eine Schande! (Beifall bei der FPÖ.)

16.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 759

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend Kostenlawine Stoppen – Entlastungspaket für die Landwirtschaft

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anla­gen (1787 d.B.) – UG 42

Der Grüne Bericht 20221 dokumentiert das erschütternde Versagen der österreichischen Agrarpolitik. Die Betriebszahl der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe lag im Jahr 2020 mit 154.593 um 11 % unter jener der letzten Vollerhebung im Jahr 2010. Mit der Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Flächen und/oder mit der Nutztierhaltung beschäftigten sich im Erhebungsjahr 110.781 landwirtschaftliche Betriebe – um 21 % weniger als vor zehn Jahren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 760

Quelle: Grüner Bericht 2022, Seite 70ff, www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00746/index.shtml.

Die Ursachen für das Höfesterben sind vielfältig. Das Leben als Landwirt wird auf der einen Seite immer bürokratischer und teurer, während auf der anderen Seite die Einkünfte stagnieren. Beim mehrjährigen Vergleich der Entwicklung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft je Betrieb zeigt sich, dass die Einkommenssituation 2021 nach einem Aufschwung wieder auf dem Stand von 2012 ist.

Quelle: Grüner Bericht 2022, Seite 106.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 761

Von Ernährungssouveränität für Österreich kann keine Rede sein, seitens der Bundesregierung zeigt man sich trotz aller Krisen durchwegs optimistisch. Die Bäuerinnen und Bauern fragen sich zu Recht, woher dieser Optimismus kommt. Statt Politik nach dem Prinzip Hoffnung, wäre es nunmehr an der Zeit für konkrete Maßnahmen. Es wird nicht genügen, zu warten, bis alle kleinen Betriebe zugesperrt haben, um dann statistische Steigerungen der Durchschnittseinkommen feiern zu können.

Der Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft wird daher aufgefordert, zugunsten der heimischen Landwirte das folgende Entlastungspaket umzusetzen:

•          Überarbeitung der GAP: Es braucht weniger EU-Bürokratie. Statt Bauern zu verpflichten weitere Flächen aus der Produktion zu nehmen, muss die heimische Produktion unterstützt und gestärkt werden - mit dem Ziel mehr Regionalität und weniger Lebensmittelimporte.

•          SV-Beiträge erlassen bzw. vom Staat übernehmen: Als gerechte, rasche und unbürokratische Hilfe, braucht es einen Rettungsschirm und echte Unterstützung für die Landwirtschaft.

•          AMA-Marketing Beiträge abschaffen: Allein laut den aktuellsten Zahlen vom Jahr 2020 hat die AMA-Marketing knapp 19 Millionen Euro an Beiträgen einge­nommen, die besser bei den bäuerlichen Familien geblieben wären.

•          Kostenexplosion bremsen: Die Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer müssen für alle landwirtschaftlichen Betriebe ausgesetzt werden, um die explodierenden Produktionskosten einzudämmen.

•          Agrargipfel für Ernährungssouveränität: Der Stand der heimischen Ernäh­rungs­souveränität muss endlich im Rahmen eines Agrargipfels diskutiert werden, um sinnvolle Konzepte für die Zukunft zu erarbeiten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 762

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, das freiheitliche Entlastungspaket zugunsten der heimischen Landwirte im Sinne der Antragsbegründung umzusetzen.“

1 www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00746/index.shtml

*****

16.00.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht. Sie haben ihn nicht vollständig vorgelesen. Gemeint war also: „im Sinne der Antragsbegründung“ auch umzusetzen.

*****

Für die Aussage: Korruptionspolitik der ÖVP, Korruption der ÖVP erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Kickl – erheitert –: Das ist besonders pikant aus Ihrem Munde! Das ist wirklich ein Gustostück! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ sowie Zwischenrufe bei der SPÖ.)

*****

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Voglauer. – Bitte.


16.01.26

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Spoštovana Visoka Hiša! Spoštovani gospod prezident! Spoštovani gospod minister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Das Budget 2023 zur Landwirtschaft ist auch ein gutes Budget. Es sieht einige Millionen mehr für die Biolandwirtschaft in Österreich vor, wesent­lich mehr als in den Jahren zuvor – insofern ein Schritt in die richtige Richtung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 763

Trotzdem stehen unsere Bäuerinnen und Bauern jeden Tag vor neuen Heraus­forderungen, und diese Herausforderungen sind mannigfaltig. Es ist so: Kein Stein bleibt auf dem anderen. Der Klimawandel schlägt voll durch, und das Umfeld der Bäuerinnen und Bauern verändert sich von Monat zu Monat, von Jahreszeit zu Jahreszeit. Die Erfahrungen, die wir in der Vergangenheit gesammelt haben, aus denen wir auch unsere landwirtschaftliche Praxis ent­wickelt haben, diese Antworten, die wir da in der Vergangenheit gefunden haben, werden uns in der Zukunft nicht den Nutzen bringen, den wir uns viel­leicht erhofft haben.

Es gilt, in der Landwirtschaft jetzt auch um die Ecke zu denken. Es gilt, andere landwirtschaftliche Praktiken zu entwickeln. Es gilt vor allem, dem Klimawandel entgegenzutreten – mit einer Landwirtschaft, die im Sinne der Natur und im Sinne des Umweltschutzes ihre Zukunft baut.

Also mit dem, was ich am Land oft höre, wenn man mir sagt: Weil wir es immer so gemacht haben, werden wir es jetzt weiter so tun, und dann schauen wir einmal und dann sehen wir schon!, wird man in der Landwirtschaft nicht weiter­kommen. Wenn wir die 155 000 landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich stärken wollen, dann ist es auch unsere Aufgabe in der Politik, da die richtigen Weichen zu stellen.

Gewisse Weichen haben wir mit der neuen GAP ab dem nächsten Jahr, ab dem Jänner 2023, gestellt, natürlich auch mit einem Fokus auf die Biolandwirtschaft, aber es braucht weitere Schritte. Als ich meinen Vorredner:innen zur UG 42, zum landwirtschaftlichen Budget, zugehört habe, habe ich eines vermisst: Hier über Schande zu reden und über Chaos zu reden, ist zu wenig. Es braucht den Schulterschluss, es braucht das offene Gespräch, und es braucht die besten Ideen im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft für die Zukunft der österreichi­schen Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindinger.)

Ja, meine Kolleginnen und Kollegen, es reicht eben nicht, anzuprangern, was alles nicht funktioniert. Das hat vielleicht vor zehn Jahren funktioniert, heute


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funktioniert das nicht mehr. Heute müssen wir Lösungen präsentieren und diese Lösungen erarbeiten und dann darauf schauen, wie wir sie finanzieren.

Es geht auch nicht, meine lieben Bäuerinnen und Bauern, dass wir als aktive Bäuerinnen und Bauern unser Hirn vor der Haustür der Landwirtschaftskammer abgeben. (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.) Es geht auch darum, selbst­ständig unsere Betriebe zu entwickeln und unsere Maßstäbe anzuwenden. (Bei­fall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Lindinger und Wöginger.)

Worum wird es zukünftig gehen? – Zukünftig geht es darum: Wir brauchen mehr Bio! Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen in der konventionellen Landwirtschaft, fürchtet euch nicht vor weniger Pestiziden, fürchtet euch nicht vor weniger Düngemitteln! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Fürchtet euch nicht, wenn man sich überlegt, dass die Fruchtfolge auch breiter gefasst werden kann, denn das Wissen unserer Großeltern sollten wir nämlich schon ein paarmal wieder vor den Vorhang holen, um auch eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu entwickeln. Also Stärkung der Biolandwirtschaft wird an oberster Stelle stehen.

Warum? – Weil die Landwirtschaft mit 155 000 Betrieben nur dann bestehen wird, wenn sie mit Konsumentinnen und Konsumenten eine Partnerschaft eingeht, und wir wissen, dass wir dafür Transparenz brauchen, dass wir Kom­munikation, vor allem aber auch Vertrauen brauchen.

Ein weiterer Punkt ist der Humusaufbau unserer Böden. Nur gesunde Böden werden uns Lebensmittelproduktion ermöglichen, und da geht es auch darum, zu überlegen: Wo sind unsere Kohlenstoffsenken? Und da sind wir durchaus offen: Die Kohlenstoffsenken der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft müssen zukünftig auch abgegolten werden.

Ein weiteres wichtiges Anliegen, das ich über all die letzten Sommer von meinen Besuchen auf Betrieben mitgenommen habe, sind unsere Wälder. Es kann nicht sein, dass der Borkenkäfer unsere Wälder weiter so frisst wie


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jetzt. Wir brauchen auch in der Waldwirtschaft und in der Forstwirtschaft ein viel höheres Budget – ich hoffe, das können wir im nächsten Jahr erkämpfen –, denn der Wald Österreichs stirbt derzeit, und da müssen wir schleunigst aktiv werden. Aufgrund der Trockenheit und der Notwendigkeit des Schutzes unserer Siedlungsräume gilt es, gerade da wesentlich mehr Einsatz zu zeigen.

Die Klimawirkung der Landwirtschaft ist für viele auch so ein Alarmsignal. Liebe Leute, ohne eine klima-, ohne eine CO2-neutrale Landwirtschaft wird es in Zukunft gar keine Landwirtschaft geben. Insofern setzen wir auch da auf neue Systeme, wie zum Beispiel Agroforstsysteme, setzen wir darauf, dass wir uns überlegen, wo wir Treibhausgase einsparen, denn nur mit diesen Einsparungen werden wir auch zukunftsfähige Betriebe erhalten.

Das habe ich mir nicht selbst ausgedacht. Wissen Sie, wer da die größten Partner und auch positive Kommunikator:innen in unserer Gesellschaft sind? – Das sind die Menschen, die im Klimarat gesessen sind. Der Klimarat hat einige Forde­rungen einstimmig angenommen, unter anderem jene, die Landwirtschaft so zu stärken, dass ihre Klimasenken und ihre Kohlenstoffsenken öffentlich kommuni­ziert und angenommen werden, dass die Biolandwirtschaft eine zukunftsfähige ist. Das sind Menschen, die außerhalb der Landwirtschaft für uns eine Lanze brechen, und gerade darauf sollten wir uns konzentrieren.

Wenn wir zukünftig über Landwirtschaft reden, dann reden wir nicht nur über Bäuerinnen und Bauern, dann reden wir über eine Partnerschaft zwischen Konsument:innen und Bäuer:innen. Auf diese Partnerschaft will ich bauen – und mir nicht von diesem Rednerpult aus ausrichten lassen, was alles nicht geht. Arbeiten wir daran, was geht! Nur das bringt uns voran. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindinger.)

16.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.



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16.08.03

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Land­wirtschaftsminister! Hohes Haus! Das Landwirtschaftsbudget ist leider – man muss es so sagen – eine Fortsetzung von dem, was wir auch die letzten Jahre schon gesehen haben. Es ist eine Beschreibung einer heilen Welt: Geld wird ausgeschüttet. Die ÖVP freut sich, der Bauernbund freut sich. (Abg. Lindinger: Das sind ja keine Almosen! Das sind Ausgleichszahlungen! Das sind Zahlungen für benachteiligte Gebiete, für das Österreichische Umweltprogramm! Da musst du das System verstehen!) Es ist keine Vision, es ist keine Strategie und es transformiert vor allem nicht, es verbessert vor allem nicht die Chancen unserer Bäuerinnen und Bauern in der Zukunft. Das ist einfach das Dramatische. (Beifall bei den NEOS.)

Jetzt weiß ich, dass Sie, Herr Minister, sich erst seit sehr kurzer Zeit in diesem Amt befinden, ich weiß aber auch, aus welchem Stall – in einer Rede zur Landwirtschaft darf ich das sagen – Sie kommen. Meine große Hoffnung ist, dass Sie sich da wirklich auch von der Vergangenheit lösen und die Transformation der Landwirtschaft beginnen, denn es gibt einen ganz, ganz wichtigen Platz, den sie einzunehmen hat, aber mit diesem Budget und mit diesen Strategien, die im Augenblick vorliegen, werden wir da nicht hinkommen.

Wenn man sich das Budget anschaut, dann sieht man halt: Was ist der größte Block? – Das ist die österreichische Kofinanzierung zur GAP. Das ist gut, das ist okay, aber da hat man halt auch eine historische Chance vertan, wirklich Inno­vation und Nachhaltigkeit und vor allem auch Bürokratismusabbau abzu­bilden. Das ist einfach nicht gelungen. Ich hoffe, dass Sie das beim nächsten Mal dann besser in den Blick nehmen werden.

Bei den Umweltvorgaben gibt es halt nur Minimalziele. Da ist tatsächlich einfach viel zu wenig passiert, und man sieht auch nicht die Änderung der Richtung. Also die Lenkungswirkung, die ein Budget ja haben sollte, sehen wir hier gar nicht,


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und das ist tatsächlich schade. Da muss ich meiner Vorrednerin zustimmen: Da wäre sehr viel mehr drinnen gewesen.

Einer der ganz, ganz wichtigen Bereiche, in denen wir uns mehr gewünscht hätten, wäre Siedlungswasserwirtschaft gewesen. Auch diesbezüglich hätten wir gesehen, dass es mehr Geld braucht. Soweit ich das erfahren habe, gibt es da noch Spielraum. Da wäre es schön, wenn nachgebessert wird, auch in den neuen Budgets.

Für die Ages, die wissenschaftlich einfach so wichtige Arbeit für die Landwirt­schaft, für die Sicherung der Qualität leistet, wäre aus unserer Sicht tatsächlich auch sehr viel mehr drinnen gewesen.

Wo Sie mehr reingegeben haben, wo wir tatsächlich den Sinn nicht sehen, ist die AMA. Die AMA-Marketing hat wieder ein höheres Budget bekommen – wofür, weswegen ist mir wirklich nicht erklärlich. Auch da werden wir dranbleiben.

Ich stimme Herrn Kollegen Obernosterer im Augenblick, wenn es ums Budget geht, nicht in vielen Dingen zu, aber bei der einen Sache, die er gesagt hat, schon: Was besonders wichtig wäre, wäre eine stärkere Verschränkung von Landwirtschaft und Tourismus. Meine Kollegin Julia Seidl setzt sich ja auch ganz massiv dafür ein und da sehen wir tatsächlich auch viel zu wenig. Also noch einmal: Die AMA-Marketing verwendet Gelder, ohne je Effizienzen zu erreichen. Da muss man sagen: Warum man sich die in Österreich leistet, versteht kein Mensch!

Ein anderer wichtiger Punkt ist der Klimawandel, und da geht es mir auch wieder um die Zukunft: Was passiert denn in der Zukunft mit der Landwirtschaft in Österreich? Wir brauchen tatsächlich eine Vision, was wir mit 2 Grad mehr machen. 2 Grad mehr ist das, was der beste Fall ist. Es wird bestenfalls gelingen, dass es 2 Grad Erhitzung werden. Wahrscheinlich werden es mehr werden. Auch das hat meine Vorrednerin gesagt: Das ist traumatisch für die Land­wirt­schaft. Es wird nicht nur die Wälder erwischen, wir werden viel in diesem Land


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nicht mehr pflanzen können. Wir werden einen Grundwasserspiegel sehen, der sich mehr und mehr zurückzieht, mehr und mehr sinkt, und wir haben überhaupt keine Idee, was Ihre Vision ist, wie die Bauern dennoch wirtschaften können.

Der letzte Bereich, der mir auch immer ein wichtiges Anliegen ist: Wie machen wir die Landwirtschaft unabhängiger von Förderungen? Da wird gerade eine Chance vertan und versemmelt, in einem Ausmaß, das mir wirklich leidtut, und das ist der Bauer als Energieunternehmer. Sie überlassen alles wieder der EVN, Sie überlassen alles dem Verbund und den ganz Großen. Eine Unabhängigkeit der Bäuerinnen und Bauern zu schaffen und ihnen zu ermöglichen, mehr Ein­kommen zu generieren, das nicht aus Förderungen kommt, und sich als innovative Unternehmer hinzustellen und dezentralisierte Energiepolitik zu machen: Diesbezüglich sehe ich leider auch gar nichts und das tut mir tatsächlich leid. (Beifall bei den NEOS.)

Ein letzter Satz noch: Josef Riegler hat es 1986 geschafft, mit dem Konzept der ökosozialen Marktwirtschaft eine Vision zu bauen. Er ist damit sogar Vizekanzler geworden. Im Augenblick habe ich den Eindruck, dass vor allem beim Bauern­bund Vision als Krankheit gilt, und deswegen noch einmal mein letzter Wunsch: Ich bitte Sie, sich hiervon zu lösen und die Bauern wirklich positiv in die Zukunft zu führen! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Totschnig. – Bitte sehr.


16.13.07

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Abge­ordnete! Sehr geehrte Damen und Herren! Aus unserer Sicht ist das Budget des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasser­wirtschaft ein Budget, das die aktuellen Herausforderungen berücksichtigt. Es stellt die Finanzierung der kommenden Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2023


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sicher und setzt Schwerpunkte zur Sicherung unserer Lebensgrundlagen, die da sind: die Lebensmittelproduktion, die Bereitstellung erneuerbarer Ressourcen, der Schutz der Wälder, der Schutz vor Naturgefahren, die Weiterentwicklung und Erhaltung von Trink- und Abwasserinfrastruktur, der Erhalt von sauberen Gewässern bis hin zur Stärkung unserer Regionen in Österreich.

Das Thema Versorgungssicherheit nimmt einen zentralen Platz ein, hierauf ist der Fokus gerichtet. Wir können festhalten, dass die Versorgung mit Lebens­mitteln in Österreich gesichert ist, dafür sorgen unsere Bäuerinnen und Bauern. Damit das auch in den kommenden Monaten so bleibt, ist es notwendig, die Landwirtschaft zu unterstützen. Hierfür werden Mittel vorgesehen, die aus dem allgemeinen Budget kommen, deswegen möchte ich es auch in dieser Rede ansprechen. Da geht es um die Finanzierung des Versorgungssicherheits­beitra­ges, dotiert mit 110 Millionen Euro, ausgezahlt wird dieser vor Weihnachten. Es geht auch um die Finanzierung des Stromkostenzuschusses für die Land­wirtschaft in der Höhe von 120 Millionen Euro, den wir in den nächsten Tagen und Wochen vorstellen werden und der nächstes Jahr ausgezahlt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Für die UG 42, also für das Budget des Landwirtschaftsministeriums, sind für 2023 insgesamt 2,9 Milliarden Euro vorgesehen, das sind 155 Millionen Euro mehr als bisher vorgesehen. Ich möchte auf drei Schwerpunkte eingehen, die wir budgetär festgemacht haben und die im Wesentlichen unsere Mittelverwendung beschreiben.

Der erste Bereich ist das Thema Versorgungssicherheit durch eine starke Land- und Forstwirtschaft. Damit die Land- und Forstwirtschaft auch in Zukunft krisenfest ist und die Lebensmittelsicherung gewährleistet wird, brauchen unsere Bäuerinnen und Bauern Stabilität und Planungssicherheit. Das bringt die neue Gemeinsame Agrarpolitik ab 2023. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Dafür sind insgesamt 1,6 Milliarden Euro an EU- und Bundesmitteln vorgesehen. Sie werden zur Finanzierung der höheren Anforderungen, die natürlich sehr stark von der EU-Politik geprägt sind, in den Bereichen Umwelt- und Klima­schutz über den Naturschutz bis hin zum Tierwohl benötigt. Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik gibt es zwei große Blöcke, die wesentlich und für uns ganz wichtig sind.

Der erste große Block sind die Direktzahlungen. Auch für die Direktzahlungen in der Höhe von 678 Millionen Euro wird es künftig höhere Anforderungen geben. Wir brauchen diese Zahlungen für die Betriebe, denn sie sorgen für Stabilität bei den Einkommen der Bäuerinnen und Bauern.

Der zweite große Block ist die ländliche Entwicklung. Hierfür sind 927 Millionen Euro an Bundes- und EU-Mitteln vorgesehen. Im Rahmen der ländlichen Entwicklung befindet sich das für uns unverzichtbare Agrarumweltprogramm, in dem praktisch alle Anforderungen, alle Zusatzleistungen im Bereich Umwelt-, Tier- und Klimaschutz abgegolten werden. Beispielsweise werden insgesamt 25 Prozent mehr Mittel benötigt, um die Ausweitung der Schutzflächen für Biodiversität, für Naturschutz oder Brache auf insgesamt 230 000 Hektar zu finanzieren. Es ist gelungen, die biologische Landwirtschaft mit einer Auf­stockung um 20 Millionen Euro zu stärken. Insgesamt stehen für den Biobereich über 500 Millionen Euro zur Verfügung.

Es ist auch wichtig, dass das Bergbauernprogramm in Zukunft gestärkt wird. Es gibt 5 Millionen Euro mehr für die Bergbauern, und es gibt eine stärkere Dotierung der ersten 10 Hektar für unsere Bergbauern, weil wir im Vergleich zu anderen Ländern einfach eine sehr kleinstrukturierte Landwirtschaft haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zur Modernisierung der Betriebe und auch zur Finanzierung der erhöhten Anforderungen im Bereich Tierwohl sind Investitionsmittel in der Höhe von 120 Millionen Euro vorgesehen, mit zusätzlichen Möglichkeiten zur Unter­stützung über das Agrarumweltprogramm in einem Ausmaß von insgesamt


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80 Millionen Euro. Da geht es um Stroheinstreu, da geht es um erweiterte, erhöhte Anforderungen, mehr Platz, Auslauf, Beweidung und Alpung. Für diese zusätzlichen Maßnahmen werden diese Mittel gebraucht.

Um das auch klarzustellen: Insgesamt fordert die EU, dass mindestens 40 Pro­zent der Maßnahmen klimarelevant sein müssen. Unsere Gemeinsame Agrarpolitik ab 2023 sieht vor, dass 52 Prozent der Mittel für klimarelevante Maßnahmen eingesetzt werden.

Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik gibt es aber auch die außer­land­wirtschaftlichen Maßnahmen. Es gibt Maßnahmen zur Stärkung der Regionen, für soziale Dienstleistungen, aber auch Mittel für Leader. Leaderprojekte, Leadermaßnahmen, Leadergruppen sind praktisch flächendeckend in Österreich vorhanden – das sind wichtige Initiativen! Hierfür werden die Mittel von 35 Millionen Euro pro Jahr auf 42 Millionen Euro aufgestockt.

Es geht in der Landwirtschaft nicht nur um Versorgungssicherheit im Inland. Wir sehen aufgrund der Krisen, dass weltweit die Versorgung der Bevölkerung einfach ein Thema ist, und deswegen hat man sich entschlossen, mit dem neuen Budget ab 2023 die Mittel zur Unterstützung der internationalen Nahrungs­mittelhilfe von 1,6 Millionen Euro auf 20 Millionen Euro aufzustocken. Das heißt, für die nächsten drei Jahre stehen insgesamt 60 Millionen Euro für die internationale Nahrungsmittelhilfe zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Den zweiten Schwerpunkt im Budget kann man unter folgendem Titel zusam­menfassen: die Bevölkerung in den Regionen schützen. Hierfür sind Inves­titionen zum Schutz vor Naturgefahren vorgesehen, mit einem Volumen, mit einer Aufstockung von jährlich 15 Millionen Euro; insgesamt bis 2026 60 Millionen Euro zusätzlich für den Hochwasserschutz. Das ist vor allem in Zeiten zunehmender Wetterextreme, zunehmender Unwetterereignisse wichtig und ein wichtiges Signal auch für die Bevölkerung. Wir können mit diesen zusätzlichen Mitteln insgesamt 400 Hochwasserschutzmaßnahmen beschleunigt


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umsetzen. Das garantiert einen Schutz für insgesamt 12 000 Personen, die ihn unbedingt und raschestmöglich brauchen.

Für die Errichtung klimafitter Wälder, für die Forcierung des Holzbaus und den Erhalt der Schutzfunktion von Wäldern werden 2023 über den Waldfonds 22,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Hierbei ist noch zu ergänzen: Zusätz­lich wird ein Programm für den Erosionsschutz aufgelegt. Das ist vor allem für die Gebiete wichtig, die derzeit unter den Borkenkäferschäden leiden – Osttirol, Kärnten. Um insgesamt 5,5 Millionen Euro jährlich wird da aufgestockt, damit die Siedlungsgebiete gesichert sind.

Ich komme zum dritten Schwerpunkt im Budget des Hauses. (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.) Unsere Regionen stärken und weiterentwickeln – unter diesem Motto möchte ich das zusammenfassen. Kollege Berlakovich hat es angesprochen: Für regionalpolitische Maßnahmen wird im Jahr 2023 eine Erhöhung um 75 Millionen Euro auf insgesamt 266 Millionen Euro vorge­nom­men. Insgesamt 600 Millionen Euro sind EU-Mittel. Dazu kommen noch einmal 300 Millionen Euro an öffentlichen Mitteln, und im Endausbau, mit den privaten Mitteln, sprechen wir da von 1,8 Milliarden Euro bis 2027. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.)

Das neue Programm in der Regionalpolitik wurde ja im August genehmigt und mit 20. Oktober gestartet. Ziel des Programms ist ein nachhaltiges Wachstum, eine Entkoppelung des Wachstums vom Ressourcenverbrauch (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner), und zusätzlich soll Beschäftigung geschaffen und die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und seiner Regionen nachhaltig gestärkt werden. Mit den Mitteln aus dem Fonds für einen gerechten Übergang, dem Just Transition Fund, werden Unternehmen in den Regionen bei der Transformation hin zu erneuerbaren Energiequellen unterstützt. (Abg. Schmiedlechner: Wird Zeit, dass ...!)

Für die Gemeinden auch ganz wichtig – die Vorrednerin hat es angesprochen –: Zur Sicherung von Investitionen in die Trinkwasserversorgung, also die


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Siedlungswasserwirtschaft, werden zusätzliche Mittel von 100 Millionen Euro auf die bestehenden 80 Millionen aufgestockt. Das bedeutet eine deutliche Aufstockung der Mittel, und damit können wir den Investitionsrückstau der letzten Jahre abbauen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Rössler und Voglauer.)

Ich komme zum Schluss: Mit diesem Budget sorgen wir für Stabilität und Planungssicherheit für die bäuerlichen Familien in Österreich. Wir stärken die Regionen durch Investitionen in die Trinkwasserversorgung, in Hochwas­serschutz, in Schutz vor den Naturgefahren. (Abg. Schmiedlechner: Bauern­ster­ben ...!) Es ist ein nachhaltiges Budget, das den zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung trägt. Das Budget sichert und stärkt unsere Lebensgrundlagen; es ist ein Budget, das gut dotiert und gut ausverhandelt ist. Dafür danke ich dem Bundeskanzler und dem Finanzminister, und ich danke auch unseren Landwirtschaftssprechern Georg Strasser und Olga Voglauer für die konstruktive Zusammenarbeit und Unterstützung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenberger. – Bitte.


16.23.34

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher hier und auch zu Hause! Herr Minister, herzlichen Dank für dieses Budget! Ich denke, mit der Gemein­samen Agrarpolitik haben unsere Betriebe in den nächsten Jahren wiederum Planungssicherheit (Abg. Schmiedlechner: ... Sicherheit ...!) und können so auch auf entsprechende Unterstützungsmaßnahmen setzen. Was mich besonders freut, ist: mehr Geld für die Bergbauern und eine Unterstützung für die Kleinbetriebe.


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Heute aber, geschätzte Damen und Herren, sollte auch, aufbauend auf der Kritik des Kollegen Schmiedlechner von der FPÖ, die Stunde der Wahrheit sein, denn Sie, Herr Kollege, haben hier heraußen von sich gegeben (Abg. Schmiedlechner: Tausende Betriebe haben ...!), dass sehr vieles nicht passt, was ich aber nicht verstehe. Und das, glaube ich, muss man dann wirklich den Bauern auch ehrlich sagen (Abg. Lausch: Das ist ja nicht schlimm ...!), weil sich die FPÖ gerne als große Bauernvertreterin gibt. (Abg. Schmiedlechner: Tausende Betriebe haben ...!) Warum macht die FPÖ gemeinsam mit Landesrat Waldhäusl ein Tierschutzvolks­be­gehren, das mehr oder weniger ein massives Eingreifen in die landwirtschaftliche Arbeit bringen würde? (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Schmiedlechner.) – Herr Kollege, ich verstehe Sie von hier aus nicht! Heraußen gscheit reden, aber dann anders beziehungsweise gegen die Bauern handeln! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun aber zum eigentlichen Thema, das mir heute ein besonderes Herzens­anlie­gen ist, zu dem ich wirklich etwas sagen möchte (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner): Herr Minister, danke für 141 Millionen Euro für die Wildbach- und Lawinenverbauung! (Abg. Lausch: Ja, danke!) Wir Tiroler leben in Seiten­tälern, wo einfach ohne entsprechende Schutzbauten ein Leben zukünftig nicht möglich wäre. Unsere Verpflichtung ist es schon, auch Menschen im ländlichen Lebensraum Perspektiven, Zukunftsperspektiven zu geben. Ich darf erinnern: Am 22. Juli 2022 hat ein massives Unwetterereignis das Stubaital getroffen. Es wurden nicht nur viele Existenzen gefährdet, sondern sind zerstört worden. Aus diesem Grund sind Investitionen in die entsprechenden Schutzbauten der Wildbach- und Lawinenverbauung notwendig und wichtig.

Ich darf an einige wenige Projekte erinnern, die bei uns im Raum entstehen: Ob das die Verbauung des Brixenbaches in der Gemeinde Brixen im Thale ist, ob das der Grießbach in Kirchdorf ist oder der Stampfangerbach in Söll – unterm Strich heißt das, wir müssen auch in die Zukunft investieren, für die Zukunft der Bevölkerung am Land, und das machen wir mit diesem Budget.


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Herr Minister, ein herzliches Danke für Ihre Bereitstellung der Mittel und für unser gemeinsames Arbeiten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Keck. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


16.26.17

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Kollege Hechenberger, ein Tierschutzvolksbegehren, egal ob es um Nutztiere, um landwirtschaftliche Nutztiere, geht, egal ob es um Haustiere geht, egal ob es um Wildtiere geht: Wenn es zum Wohle der Tiere ist, ist es immer ein gutes Volksbegehren, und es wurde von einer Million Menschen unterstützt, wenn man beide zusammennimmt. Das nur jetzt an deine Adresse gerichtet. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Abg. Schmuckenschlager: Er redet ja von was anderem!)

Du hast mir jetzt aber wirklich den Stein des Anstoßes zu meinem Redebeitrag gegeben, denn da schaue ich mir das Fördersystem an, das meine Kollegin Ecker ja schon kritisiert hat. Wir stehen ja zur Förderung, aber Förderungen müssten richtig eingesetzt werden – das passiert im Landwirtschaftsbereich nicht, Herr Minister!

Ich sage dir (in Richtung Bundesminister Totschnig) ein Beispiel: Du hast Tierwohl gesagt, und beim Tierwohl gibt es Förderungen, die sind zum Haareraufen – zum Haareraufen! Schauen wir uns an: Da gibt es den Horrorstall in Traismauer. Die Bilder, die zeigen, was dieser Landwirt dort mit den Tieren aufgeführt hat, sind ja bekannt, sie sind durch die Medien gegangen. Und siehe da, er hat in den Jahren 2019 und 2020 – unter deiner Vorgängerin, muss man jetzt auch dazu­sagen – Förderungen für das Tierwohl in der Höhe von 20 000 Euro gekriegt. Das kontrolliert keiner, obwohl dieser Landwirt schon 2013, 2014 und 2015 dadurch aufgefallen ist, dass er Probleme mit der Tierversorgung hatte. Dann kriegt der Förderungen zum Tierwohl! Und es würde mich nicht wundern, wenn


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er, weil er die Gülle und das alles jetzt weggeräumt hat, weil er dort Stroh eingestreut hat, wieder Förderungen kriegt. Dieses System gehört überdacht! Das gehört angeschaut!

Und es geht ja weiter: Diese 20 000 Euro, die der da gekriegt hat, muss man sagen, sind der Nettoverdienst, der Nettojahresverdienst, eines österreichischen Arbeiters; und das war nicht im Sinne des Tierwohls.

Es geht noch weiter: Die AMA wurde heute schon erwähnt – ich glaube, Kollegin Doppelbauer hat das gesagt –, die Förderungserhöhung bei der AMA. Viele dieser Vorfälle, die wir gehabt haben, betrafen auch Mitglieder der AMA, und mir hat nach einer Rede hier eine Landwirtin geschrieben: Na, ich möge die AMA nicht so angehen! – Ich gehe die AMA nicht an, aber die soll ja kontrollieren, wenn das ihre Mitglieder sind! (Zwischenruf des Abg. Hechenberger.) Jetzt kriegt sie so viel Geld, und gerade AMA-Mitglieder fallen dadurch auf, dass sie das Tierwohl nicht so, wie es die AMA beschreibt, betreiben. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Also ich würde sagen, da ist viel, viel zu tun, und ich habe die Frage – vielleicht meldest du dich nach meiner Rede –: Was gedenkst du wirklich zu tun, um die falschen Forderungen, die Tierleid verursachen, wegzubringen? Das, was wir jetzt unter Tierwohl führen, dient nämlich nicht dem Tierwohl. Und wie schauen die Kontrollen dazu aus? (Beifall bei der SPÖ.)

16.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Rössler. – Bitte.


16.28.55

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zuseher! Ein gutes Landwirtschaftsbudget ist sicher ein Grund, zufrieden zu sein. Worauf man schauen muss, weil es die Grundlage von


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allem ist – von Ernährungssicherheit wie von gesunden Wäldern, Biodiversität, Klimaschutz, Katastrophenvorsorge –, ist das Thema Boden: Bodenverbrauch und Bodenschutz.

Wir sind mit einem Bodenverbrauch von 12 Hektar täglich leider im traurigen Spitzenfeld. Das heißt, 44 Millionen Quadratmeter Boden gehen jedes Jahr in Österreich verloren – durch Umnutzung, durch Verbauung, für Besiede­lung, für andere Nutzungen, für Infrastruktur. Es muss im allerhöchsten öffentlichen Interesse liegen, dass wir diesen überdimensionierten Bodenver­brauch redu­zieren, und wo, wenn nicht zuallererst natürlich in Ihrem Ressort, denn Landwirt­schaft, Wald, Katastrophenvorsorge, alle Bodenfunktionen, die da zusammen­laufen, und Wasserwirtschaft sind natürlich in Ihrem Ressort verbun­den.

Das Ziel muss sein: 2,5 Hektar statt 12 Hektar pro Tag. Das ist ein sehr ambi­tioniertes, sehr schwieriges Ziel. Es gab vor wenigen Tagen eine Veranstaltung, bei der Kollegen aus dem Parlament von FPÖ und auch NEOS in einem sehr angeregten Austausch über die Frage, welche Maßnahmen denn erforderlich sind, mit dabei waren.

Herr Bundesminister, ich möchte noch einmal auf Ihr Ressort eingehen. Die Wirkungsziele wurden leider nicht auf dieses Bodenschutzziel – 2,5 Hektar – ausgerichtet. Da wäre mein dringender Appell, dass das abgebildet wird, dass also klare, erkennbare Wirkungsziele zum Schutz der Böden und zur Reduktion des großen Bodenverbrauchs sichtbar werden. (Beifall bei den Grünen.)

Es fehlen dadurch derzeit auch die Indikatoren für die Erfüllung des Nachhaltig­keitsziels 15, „Leben an Land“, in dem auch die Reduktion des Bodenver­brauches ein wichtiges Ziel ist. Das wäre eine Anregung, denn auf der SDG-Landkarte des Budgetdienstes, die sehr hervorragend aufarbeitet, wie denn in unserem Budget die globalen Nachhaltigkeitsziele umgesetzt werden, ist da leider ein weißes Feld. Das wäre eine Anregung, eine Bitte, dass man das ergänzt.


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Eine Kennzahl wurde verändert. Da fehlen uns wichtige Daten, denn die Bio­diversitätsflächen in den Landwirtschaftsflächen waren bisher abgebildet und wurden jetzt auf biologisch bewirtschaftete Flächen geändert – bitte das wieder zu ergänzen, damit wir die Kennzahlen Biodiversitätsflächen, biologischer Landbau und landwirtschaftliche Flächen gemeinsam im Vergleich betrachten können.

Natürlich wäre es auch wichtig, eine Kennzahl für den Verlust, für die Verän­derungen des Bodens zu haben: Wie verändert sich der Boden von Jahr zu Jahr, wenn es einen so hohen Bodenverbrauch gibt? – Es geht leider zulasten des Grünlandes. Es sind nicht die forstlichen Flächen, die verloren gehen, sondern es sind zum überwiegenden Teil die Grünlandflächen, das heißt die landwirt­schaftlichen Produktionsflächen.

Dritter Punkt: Das 2,5-Hektar-Ziel für den Bodenverbrauch brauchen wir auch zur Aufrechterhaltung der Ernährungssicherheit – ein wichtiges Thema –; es gilt, die landwirtschaftlichen Flächen unbedingt zu erhalten.

Das ist jetzt mein ganz großer Wunsch, meine Bitte und mein Appell: Es geht derzeit um die Bodenstrategie. Die Bodenstrategie wurde vor einem Jahr von Ihrer Vorgängerin gemeinsam mit anderen Ministern feierlich verkündet: ein Auftrag, dass die Bodenstrategie sozusagen heuer fertig sein soll. Sie ist in einer fortgeschrittenen Phase, aber es sickert durch, dass ganz wichtige Informationen fehlen. Das 2,5-Hektar-Ziel dürfte derzeit nicht ausdrücklich verankert sein, das wäre aber extrem wichtig.

Das Zweite ist, dass wir auch die landwirtschaftlichen Flächen und die öko­lo­gischen Vorrangflächen in dieser Strategie sozusagen benennen und auch sichtbar machen, dass die Inhalte, die aus dem Regierungsprogramm übernom­men worden sind, auch gut sichtbar werden.

In diesem Austausch vor wenigen Tagen gab es große Einigkeit zwischen den Parteien, dass wir auch zusätzliche Raumordnungsinstrumente brauchen, um die


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Raumordnung in den Ländern und in den Gemeinden betreffend Bodenschutz zu unterstützen. Das deckt sich erfreulicherweise mit den Forderungen des Klimarates. Auch hier mein Dank an die Mitarbeiter, an das große Engagement aller Mitglieder des Klimarates, die sich ein halbes Jahr lang so intensiv mit den Zielen und Maßnahmen für den Klimaschutz auseinandergesetzt haben. Viele dieser Vorschläge, die jetzt in Ihr Ressort hineinfallen, die ich formuliert habe, decken sich mit den Empfehlungen des Klimarates, sind darin auch dezidiert genannt.

Wir brauchen eine starke Bodenschutzstrategie, denn sonst können wir in Zukunft auch in Ihrem Ressort die Aufgaben für den Klimaschutz nicht erfüllen, vor allem aber die Ernährungssicherheit nicht aufrechterhalten. Bitte bleiben Sie da dran! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordneter Hauser. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Oje!)


16.34.00

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Leichtfried: Haben wir ein Taferl?)  Natürlich habe ich ein Taferl mit. Ich meine, ich werde euch ja nie enttäuschen. (Abg. Leichtfried: Das beruhigt mich!)

Herr Minister, was uns eint, ist das Bekenntnis zur Landwirtschaft. Wir unter­stützen die Landwirtschaft, speziell die Berglandwirtschaft, die kleinstrukturierte Landwirtschaft. Das ist uns wirklich ein Anliegen, weil das für die Versor­gungs­sicherheit absolut notwendig ist, weil das für die Erhaltung unserer Kultur­landschaft absolut notwendig ist, für den Tourismus, für unsere Gesellschaft. Gratulation an alle Bäuerinnen und an alle Bauern, dass sie diese Arbeit von früh bis spät leisten!


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Unser Zugang ist allerdings ein anderer. Ich fange einmal mit Kollegen Hechenberger an. Was das Tierschutzvolksbegehren betrifft, Kollege Hechenberger, wurde mehrmals explizit darauf hingewiesen, dass da gefordert wird, dass Tiere zum nächstgelegenen Schlachthof transportiert werden, weil es um den Export von Schlachtvieh geht. Es ergibt doch wirklich keinen Sinn, Tiere kreuz und quer durch Europa zu transportieren, das Tier dann zu schlachten und das Schlacht­vieh weiterzuverkaufen. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.) Das war die Intention des Volksbegehrens – zum x-ten Mal –, und es ist sinnlos, hier vom Rednerpult aus einfach falsche Sachen zu behaupten. Das war die Intention des Volksbegehrens, und das ist absolut notwendig: ein Tier, das geschlachtet wird, zum nächstgelegenen Schlachthof zu transportieren, um Tierleid zu verhindern. So einfach ist die Sache. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, wie stellt sich die Situation in der Landwirtschaft dar? – Die kleinen Betriebe werden eliminiert, die großen werden immer größer. Das ist das Konzept der Europäischen Union, das wir nicht verfolgen. Im Jahr 1960 hatten wir noch 400 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe, jetzt haben wir 150 000, Tendenz sinkend. Wieso ist das so? – Weil falsche Maßnahmen gesetzt werden. Beispiel Förderpolitik: Ich habe die Liste der Direktzahlungen für das Jahr 2021 mitgenommen. Unter den ersten 20 Direktzahlungen ist kein einziger echter landwirtschaftlicher Betrieb.

Wer hat das Geld bekommen? – Das muss man einmal sagen. Agrarmarkt Austria im Jahr 2021: 32,5 Millionen Euro; das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft: 7,2 Millionen Euro; die Arbeitsgemeinschaft der landwirt­schaftlichen Betriebe, Beratung: 4,5 Millionen Euro; das Ländliche Fortbil­dungs­institut Steiermark: 3,7 Millionen Euro; das Ländliche Fortbildungs­institut Niederösterreich: 2,8 Millionen Euro;  und so weiter – also alles Institutionen, kein einziger echter landwirtschaftlicher Betrieb. Das Geld wird von uns allen eingesammelt, dann wird es an die Europäische Union weitergeleitet und dann wird das umverteilt. Deswegen funktioniert das Ganze nicht.


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Jetzt kommen wir zum Herdenschutz. Ich habe Sie im Zuge der Budget­beratungen gefragt: Wie hoch ist die Summe für den Herdenschutz? – 60 Mil­lionen Euro. Herr Minister, Herdenschutz funktioniert nicht, da sind wir uns doch beide einig. Wieso verfolgen wir mit dem Herdenschutz ein Konzept, das nicht funktioniert? Was brauchen wir? – Zäune. Der ländliche Raum: Steile Hänge müssen eingezäunt werden. Ein 1 Meter hoher Zaun nützt nichts, der muss mindestens 2 Meter hoch sein, da müssen kilometerlange Zäune aufgestellt werden. Ja, wer macht denn das?

Dann brauche ich eine Behirtung, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Ja, wer soll denn das bezahlen? Da brauche ich Hirtenhunde, deren Ausbildung extrem teuer ist. Dann wissen wir, dass wir bei uns kleine Schafherden haben. Die Hirtenhunde kennen die Schafe nicht, die werden zusammengemischt, das funktioniert ja nicht. Wieso reden wir da nicht Klartext?

Wenn wir die Herdenschutzmaßnahme tatsächlich umsetzen, wie schaut die Sache dann tatsächlich aus? – Überall dort, wo das passiert, steht dann der Hinweis (eine entsprechende Tafel auf das Redner:innenpult stellend): „Achtung Herdenschutzhund! – nicht am Zaun stehenbleiben – nicht auf ihn zugehen – nicht anlocken – nicht berühren – nicht füttern“ – nicht betreten – „Bitte Abstand halten!“

Wir haben vorhin über den Tourismus gesprochen. Da funktioniert das Ganze ja nicht: Ich habe dann unser Wandergebiet großflächig eingezäunt, damit ich die Herdenschutzhunde von den Wanderern fernhalte, weil der Herdenschutzhund nicht zwischen Wolf und Mensch differenziert. Daher muss man ganz ehrlich sagen: Dieses Konzept funktioniert nicht, also muss man den Wolf – unter Anführungszeichen – „entnehmen“. Ich darf nur einmal sagen, weil das natürlich auch polarisiert: Erst gestern, vorgestern gab es in Bannberg, Osttirol, wieder massive Schafrisse – bitte schaut euch das einmal an! (eine Tafel, auf der ein totes Schaf zu sehen ist, auf das Redner:innenpult stellend) –, und dann sagt man: Na ja, die Bauern bekommen die Schafe ja eh ersetzt!


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Die Bauern wollen die Schafe nicht ersetzt bekommen, die wollen mit ihren Tieren arbeiten. Die Tiere wachsen am Bauernhof auf, man kennt diese Tiere. Es ist nicht Konzept eines Bauern, zu sagen: Es ist eh wurscht, wenn der Wolf reißt, ich bekomme das Geld! – Das ist doch keine Konzeption.

Deswegen müssen wir die Initiativen der Freiheitlichen Partei umsetzen: Wir brauchen wolfsfreie Weidezonen, wir brauchen eine Rückstufung des Schutzstatus des Wolfes – alles von der ÖVP und von allen Parteien hier im Parlament abgelehnt. Wir kommen also keinen Schritt weiter. Und was passiert? – Es gibt immer weniger Kleinbetriebe. Das müssen wir stoppen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte.


16.40.04

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Woche haben die Vereinten Nationen bekannt gegeben, dass auf dieser Welt acht Milliarden Menschen leben. Das ist eine Zahl, die uns eigentlich die Verantwortung für Land- und Forstwirtschaft besonders klar und deutlich macht, denn es sind zwei wesentliche Säulen – die Ernährung und auch die Bereitstellung von Energie –, die auf den Rohstoffen aus diesem Sektor beruhen, um unser Leben zu erhalten. Diese Versorgungssicherheit wird tag­täglich von den Bäuerinnen und Bauern in Österreich sichergestellt – und dafür dürfen wir Danke sagen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich möchte mich aber auch beim Bundesminister für dieses Budget, das Stabilität gibt, bedanken. Ich glaube, wenn man der Debatte gefolgt ist – und ich hoffe, dass das viele vor den Fernsehgeräten getan haben –, dann erkennt man schon


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sehr gut, dass auch die Land- und Forstwirtschaft und damit die Versorgungs­sicherheit Österreichs bei der ÖVP gut aufgehoben sind. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Blicken wir zur SPÖ: Da werden Arbeitnehmer gegen Bauern ausgespielt, was man alleine an dem Beispiel der 20 000 Euro erkennt. Blicken wir zu den Blauen, dann sehen wir, dass große gegen kleine Bauern, Verarbeiter gegen Produzenten ausgespielt werden, und schauen wir zu den NEOS, dann sehen wir eher eine Nullnummer.

Letztendlich geht es doch darum, Perspektiven für die Land- und Forstwirtschaft zu entwickeln. Wir erkennen in dieser Diskussion, dass Land- und Forstwirt­schaft mit all den Anforderungen ja Projektionsfläche vieler gesellschaftlicher Themen ist. Naturschutz, Biodiversität, Klimaschutz: All diese Themen haben wir hier zu bedienen. Das sind enorme Herausforderungen. In der Gemeinsamen Agrarpolitik versucht man, das letztendlich abzudecken. Auf der anderen Seite dürfen wir aber nicht vergessen, dass wir die Versorgungssicherheit erhalten müssen. Das bedeutet, in Zukunft geraten wir immer stärker in diesen Ziel­kon­flikt zwischen Extensivierung – Biodiversität, Pflanzenschutzmittelrücknahme, Tierwohl, all diese Extensivierungsmaßnahmen – und der Notwendigkeit, Produkte zu haben, mit denen wir einerseits die Energiewende auf Basis der Biomasse schaffen, andererseits vollständige Versorgung in Bezug auf Ernährung haben. Das ist ein Thema, das wir in Europa noch genauer diskutieren werden; und genau das bildet dieses Budget ab.

Diese Abwägung tut in vielen einzelnen Punkten, in einzelnen Bereichen oft weh, aber sie ist notwendig. Der Extremismus lässt sich hier nicht leben, denn da müssen wir Stück für Stück vorankommen.

Zwei wesentliche Punkte, Digitalisierung und Automatisierung, werden den Arbeitsplatz Bauernhof in Zukunft massiv verändern. In dieser Transformation müssen wir auch unterstützen. Die Bundesregierung macht das mit den Geldern für die Transformation auch.


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Die Lebensader Wasser gilt es zu schützen und vor allem für jene Gebiete mit einer Bewässerungsinfrastruktur auszubauen, die das Rückgrat unserer Rohstoffproduktion, vor allem im Getreidebereich, sind. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich glaube, diese Stabilität ist mit dem Budget gegeben. Diese Stabilität brauchen wir und diese Stabilität wird anhand des Agrardiesels und des Energiepro­gramms deutlich. Auch ist die Frage der steuerlichen Kulisse nicht für Neid­debatten geeignet, sondern letztendlich geht es darum, jene Gruppe zu unterstützen, die die Basis für unser Leben legt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

16.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Feichtinger. – Bitte sehr.


16.43.49

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In Österreich ist Land­wirtin oder Landwirt leider seit Langem kein Traumberuf mehr. Warum? – Höfesterben, Landflucht, die Einkommensschere zwischen der kleinteiligen Landwirtschaft und den großen Betrieben wird stetig größer: Das alles trägt dazu bei, dass die Situation eben immer mehr verschärft wird, Herr Minister.

Was machen Sie? – Sie gehen leider den Weg Ihrer Vorgängerin weiter. Sie machen diese Situation noch prekärer und nehmen den Landwirtinnen und Landwirten einen wichtigen Teil ihrer Lebensgrundlage weg. Es ist eine Schande, dass seit 2014 Fördermaßnahmen, die als Investitionen in soziale Dienst­leistungen im ländlichen Raum fließen sollen, sukzessive gekürzt werden. Das Förderungsbudget von derzeit 235,4 Millionen Euro soll auf 55 Millionen gekürzt werden – das ist ein Minus von 77 Prozent.


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Herr Minister, ich verstehe wirklich nicht, warum dies so passiert. Es gibt keine sachlichen Gründe dafür, diese Kürzungen durchzuführen. Es gibt keine budgetären Zwänge dazu, sondern im Gegenteil: Das agrarische Budget wurde erweitert und ausgebaut. Das Ministerium verfügt jährlich über 2,2 Mil­liarden Euro an Bundesländermitteln und EU-Fördermitteln, das könnte man tatsächlich auch für diese sozialen Dienste einfordern. Als Kommunalpoli­tikerin im ländlichen Raum sehe ich diese Auswirkungen tagtäglich. Wir brauchen die Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, denn diese fehlen massiv, diese gehören dringend ausgebaut. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt weniger Mittel für die Pflege, die Altenwohnheime. Die Plätze fehlen uns. Auch da brauchen wir diese Förderungen. Es bleibt alles bei den Bäuerinnen, bei den Frauen hängen; sie müssen schauen, wie sie das alles managen. Wir brauchen gleichgestellte Familien, eine gleichberechtigte Situation, sodass Beruf und Familie vereinbart werden können. Die gesamte Versorgung von jungen und alten Menschen, psychosoziale Einrichtungen, barrierefreie Zugänge, Pflegebetreuung, Hol- und Bringservicedienste: Das alles muss im ländlichen Raum zur Verfügung stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen unsere Bauern und besonders unsere Bäuerinnen mit aller Kraft und allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Fakt ist, liebe Kolle­ginnen und Kollegen, Investitionen in soziale Dienstleistungen schaffen mehr Arbeitsplätze, mehr soziale Infrastruktur, mehr Gleichberechtigung und vor allem mehr Lebensqualität. Das stärkt das soziale Gefüge und schafft einen lebens­werten ländlichen Raum. (Beifall bei der SPÖ.)

16.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stammler. Herr Kollege Stammler kommt nicht.

Nächster Redner ist dann Abgeordneter Kainz. – Bitte.



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16.46.50

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Vorsitzender! Geschätzte Damen und Herren! Werte Zuseher hier und zu Hause vor den Bildschirmen! Der Ukraine-Russland-Krieg hat uns deutlich gezeigt, wie abhängig Österreich von anderen Ländern ist. Aus meiner Sicht muss sich Österreich Versorgungssicherheit zur obersten Priorität machen. Wir müssen diesbezüglich unbedingt Verbesserungen schaffen, um die Zukunft besser zu bewältigen. Zentrale Bereiche wären da absolut die Land- und Forstwirtschaft, aber auch die Wasserwirtschaft.

Der Bundesvoranschlagsentwurf 2023 sieht im Finanzierungshaushalt 2,94 Mil­liarden Euro vor. Das hört sich vielleicht viel an, aber es ist nicht viel. Tat­sächlich ist das ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozent. Auch die Aufwendungen im Ergebnishaushalt sind um 7 Prozent niedriger ver­anschlagt. Gerade in Zeiten wie diesen wäre es wichtig, den Bereich der Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft massiv zu stärken, denn die Lebensmittelversorgungssicherheit ist wichtiger denn je.

Laut Wirkungsziel 2 soll es zu einer nachhaltigen Entwicklung einer modernen, wettbewerbsfähigen, vitalen und krisenresilienten Landwirtschaft auf Basis bäuerlicher Familienbetriebe und der in- und ausländischen Absatzmärkte kom­men, damit Österreichs Lebensmittelversorgung auch in Krisenzeiten gesichert ist.

Insbesondere soll es da zu einer Forcierung der Exportchancen und dem Abbau der Exportbarrieren kommen. Der Export ist grundsätzlich sehr wichtig und für viele Betriebe auch eine großartige Einnahmequelle, aber bevor die Exportchancen erhöht werden, muss die Lebensmittelversorgungssicherheit im eigenen Land gewährleistet sein. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es ist auch wichtig, dass bereits für das nächste Jahr über weitere Unterstüt­zungen für Gewächshausbetreiber nachgedacht wird. Die vor Kurzem geleisteten Einmalzahlungen zur Unterstützung der Gewächshausbetriebe reicht da absolut nicht aus, denn die Produktionskosten sind drastisch gestiegen.


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Ein weiteres Anliegen ist mir die Wasserversorgung. Aus dem Rechnungs­hofbericht 2020/46 über die Förderungen in der Siedlungswasserwirtschaft geht hervor, dass die Wasserwirtschaft im letzten Jahrzehnt heruntergewirtschaftet wurde. Aufgrund der zurückgegangenen Förderungen lagen auch die Sanie­rungsraten im Überprüfungszeitraum in den Jahren 2014 bis 2018 bei der Abwasserbeseitigung pro Jahr bei nur 0,1 Prozent und bei der Trinkwasser­ver­sorgung bei 0,3 Prozent des Gesamtnetzes. Nur für einen Werterhalt der großteils 1980 errichteten Leitungen hätten die durchschnittlichen Sanierungs­raten jedoch 2 Prozent pro Jahr betragen müssen, also rund das Zehnfache.

2022 waren noch 290,4 Millionen Euro für die Siedlungswasserwirtschaft budgetiert. Jetzt, im Entwurf des Bundesvoranschlags für 2023, sind es jedoch nur noch 269,8 Millionen Euro, was bedeutet, dass die Förderungen um 20,6 Millionen Euro zurückgehen. Offensichtlich hat die Regierung aus der Vergangenheit nichts gelernt, denn allein im Jahr 2022 wurde beim Budget eine Sondertranche von zusätzlich 100 Millionen Euro für den Abbau des Förder­rückstaus der Siedlungswasserwirtschaft beschlossen, und selbst damit konnte der Rückstau nicht komplett abgebaut werden.

Meine Damen und Herren, Wasser und Lebensmittel sind für unser aller Überleben unabdingbar. Es ist in meinen Augen absolut der falsche Weg, den die Bundesregierung da einschlägt, denn da sollten wir nicht sparen, sondern investieren. (Beifall bei der FPÖ.)

16.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte.


16.51.05

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Wir haben es heute schon mehrfach gehört: 2023 startet eine neue Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik. Sie steht für eine nachhaltige


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Entwicklung unserer Bauernhöfe und Flächen bei gleichzeitiger Aufrecht­erhaltung der Produktion. Die Bäuerinnen und Bauern in Österreich sind der Garant für die Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln. Das hat gerade in Zeiten wie diesen eine besondere Bedeutung. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Ausgleichszahlungen sind keine Almosen, sondern die Basis dafür, dass wir mit dem Nachteil unserer Strukturen im Wettbewerb innerhalb Europas beste­hen können. Diese Ausgleichszahlungen ermöglichen uns in unserer Klein­struk­tu­riertheit erst die Wettbewerbsfähigkeit. Das ist ein Weg, den Österreich seit Längerem erfolgreich gegangen ist und der nicht nur unsere Bäuerinnen und Bauern stärkte, sondern letztlich auch den Konsumentinnen und Konsumenten zugutekam. (Beifall bei der ÖVP.)

Die GAP und die dazugehörigen Regelungen, vor allem im Hinblick auf die Ökologisierung, sind Leistungsabgeltungen und haben natürlich eine große Bedeutung im Budget der Land- und Forstwirtschaft für unsere Regionen und letztlich auch für die Wasserwirtschaft – sie machen deshalb auch so einen großen Anteil an diesem Budgetbereich aus –, und umgekehrt bieten sie einen Rahmen, Planungssicherheit und natürlich auch eine gewisse Stabilität über zumindest fünf Jahre für unsere Bäuerinnen und Bauern.

Herr Kollege Schmiedlechner, du kritisierst die Bewerbungstour unseres Ministers, über Österreich hinweg in Zusammenarbeit mit den Landwirt­schafts­kammern (Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner), mit dem Bauernbund, um unseren Bäuerinnen und Bauern draußen vor Ort zu erklären, welche Maßnah­men für sie die richtigen sind (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner), wie sie zu ihren Leistungsabgeltungen kommen, welche Möglichkeiten bestehen. Ich würde vorschlagen: Probiere das doch einmal bei deiner Klientel! Erkläre ihnen das! Hilf ihnen, die Maßnahmen zu ergreifen! (Weiterer Zwischenruf des Abg. Schmiedlechner.) Das würde ihnen mehr nützen, als wenn du permanent nur alles schlechtredest. (Beifall bei der ÖVP.)


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Da ich jetzt auf einen großen Bereich des Budgets eingegangen bin, möchte ich noch einen sehr kleinen Bereich ansprechen, der mir persönlich sehr wichtig ist. Es geht dabei um lediglich 3,3 Millionen Euro, nämlich für die Schulmilch und das Schulfruchtprogramm. Es ist mir persönlich wichtig, dass es diese Unterstützung auch künftig geben wird. Das Geld ist in unsere Jüngsten, die dadurch in unseren Kindergärten und Schulen eine gesunde Jause in Form von Schulmilch und Obst erhalten, bestens investiert. Vielen Dank, Herr Minister, für dieses Engagement!

Mittlerweile nehmen 2 600 Schulen und Kindergärten in Österreich dieses Pro­gramm in Anspruch. Mein Appell und meine Einladung richten sich an die Verantwortungsträger im Kindergarten- und im Schulwesen: Nützen Sie auch in Zukunft oder vielleicht ab jetzt die Möglichkeit, diese Förderung in Anspruch zu nehmen!

Zum Abschluss: Vielen Dank, Herr Minister, für den Einsatz und das Engage­ment! Mit diesem Budget können wir auch für unsere Bäuerinnen und Bauern die so wichtigen vielseitigen und notwendigen Unterstützungen weiterhin absichern. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte.


16.54.50

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Die Land­wirtschaft, ein Phänomen der ÖVP: Seit dem Jahre 1987 gibt es nur ÖVP-Minis­terinnen und ÖVP-Minister im Landwirtschaftsressort. Eure Abgeordneten erklären immer, die SPÖ, die NEOS und die Freiheitlichen können Landwirt­schaft nicht. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) – Wir haben ja da auch nie etwas zu reden gehabt, und daher ist euch allein die Verantwortung zuzuschreiben.


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Zum Beispiel schreibt Rainer Nowak von der „Presse“, zwar schon im Jahre 2019, weil er da noch frei entscheiden können hat (Zwischenruf bei der ÖVP) – jetzt hat er bezüglich der ÖVP ein bissel aufpassen müssen, was er schreibt, weil sie sehr stark miteinander verbündet waren –: „1970 machte“ der „Anteil der Landwirte an der Bevölkerung noch 23 Prozent aus, mittlerweile sind es nur mehr gut vier Prozent.“ „Mehr als jeder zweite Hof“ ist „seit 1970 verschwunden“. – Und ihr sagt, ihr versteht etwas von Landwirtschaft. Ich verstehe das nicht darunter, dass ihr von Landwirtschaft etwas versteht, wenn täglich kleine Betriebe zusperren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Obernosterer: Du bist ja auch kein Bauer! – Abg. Reiter: Das verstehe ich auch, dass du das nicht verstehst!)

Ich bin auch überzeugt, dass ihr einfach dazulernen müsst, auch bei diesem Budget. Herr Minister, wenn ihr 5 Millionen Euro für die Bergbauern dazugebt, dann muss ich sagen, das unterstütze ich voll. Es ist aber schon viel zu spät, es hätte vor ein paar Jahren passieren müssen. Sie müssen da noch mehr tun.

Das, was ihr fördert, sind – und das ist heute in den Beiträgen meiner Vorredner eindeutig herausgekommen – die Agrarindustrie und die Großgrundbesitzer. Die kleinen Bauern lasst ihr im Stich. (Abg. Kühberger: Kennst du das Programm nicht, ... für die Jungen? ... kennst du nicht? Lies das einmal! Dann kannst du ... reden!) Warum? Erklärt mir, warum täglich landwirtschaftliche Betriebe zusperren! Die wollen ja nur mit dem Einkommen, das sie haben, auskommen. Mehr braucht ihr ihnen ja nicht zu geben. Ist die Landschaftspflege nichts wert?

Die Tourismusbetriebe in Tirol sagen alle, die Landschaft muss gepflegt werden. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Jetzt gebt doch den Bauern das Geld, das sie brauchen! (Zwischenruf des Abg. Weber.) – Obernosterer kann noch so schimpfen – ich habe ja recht; du weißt ja ganz genau, dass du im Lesachtal davon lebst, das ist ja wohl logisch. Wie stellt ihr euch das denn vor? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Warum kann es nicht sein, dass ihr dafür etwas übrighabt? Ich verstehe es nicht. Bei diesem Budget – das kann ich euch jetzt schon sagen (weiterer Zwischenruf


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des Abg. Obernosterer) – kann ich nächstes Jahr um diese Zeit wieder herausgehen und genau das Gleiche sagen. Ihr versteht es nicht. Es sperren wieder Bauern ihre Betriebe zu. Ist euch darum nicht leid?

Oder ist der Bauernbund so stark, dass ihr sagt: Na gut, jetzt dürfen auch schon die Kindeskinder wählen, dann ist die ÖVP-Mehrheit dort immer gesichert?! Zum Schluss nehmt ihr auch noch den Hofhund dazu, der könnte bei euch auch noch wählen, damit ihr eure Mehrheit dort sichert. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) – Nein, es reicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Eßl. – Bitte.


16.57.39

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Kollege Köchl, wenn es diese Maßnahmen dieser Regierung und der vergangenen Regierungen nicht gäbe, wäre der Strukturwandel wesentlich stärker, als er derzeit ist. Wir können uns mit dem, was an Strukturwandel stattfindet, locker mit den Kreisky-Zeiten und der SPÖ-Regierung vergleichen. Da war der Strukturwandel nämlich viel stärker, und auch jetzt ist er in anderen Ländern Europas stärker. (Abg. Kollross: Ihr könnt euch mit Kreisky nicht ver­gleichen!) Das heißt, die Maßnahmen, die die Regierungen jetzt und in der jüngs­ten Vergangenheit gesetzt haben, greifen und stabilisieren.

Es ist ja die Aufgabe der Opposition, zu kritisieren, aber man sollte zumindest die Hintergründe ermitteln und dann aufgrund der entsprechenden Fakten kriti­sieren. Da könnte ich durchaus alle Maßnahmen aufzählen, die in der jüngsten Vergangenheit von dieser Regierung getroffen worden sind, um zu stabilisieren, von der ökosozialen Steuerreform über den Energiekostenzuschuss und den Klimabonus bis zu verschiedensten Maßnahmen. Speziell für die Landwirtschaft gab es die Senkung der Mineralölsteuer, den Stromkostenzuschuss, das Versorgungssicherungspaket, und das alles wurde unbürokratisch gehandhabt.


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Danke an Herrn Bundesminister Norbert Totschnig und an Herrn Finanzminister Magnus Brunner! (Beifall bei der ÖVP.)

Konkret zum Budget 2023: Für Agrar- und Regionalpolitik stehen knapp 2 Milliarden Euro zur Verfügung. Ganz interessant ist das Kapital Landwirtschaft und ländlicher Raum. Das ist für die Bäuerinnen und Bauern deshalb ganz wichtig, weil die Zahlungen, die auf diesem Kapitel beruhen, als Entgelt für gemein­wirtschaftliche Leistungen und als Ausgleichzahlungen direkt an die Bäue­rinnen und Bauern gehen.

Besonders interessant: 1,632 Milliarden Euro werden an die Bäuerinnen und die Bauern ausbezahlt. Und so gelingt es, mit 341 Millionen Euro an nationalen Mitteln diese 1,6 Milliarden Euro von der EU auszulösen: für das Umweltpro­gramm, für Ausgleichszahlungen an Bergbauern, für die Investitionsförderung; Tierwohlmaßnahmen und Waldfonds nicht eingerechnet. Da einen besonderen Dank wieder an Herrn Minister Totschnig, dass es gelingt, mit 341 Millionen Euro insgesamt 1,6 Milliarden Euro an EU-Mitteln auszulösen. (Beifall bei der ÖVP. – Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung ist ein hohes Gut und wird großgeschrieben. Es geht in diesem Budget auch um die Versorgungssicherheit. Es geht um Ernährungssouveränität, und dafür sorgen die Bäuerinnen und die Bauern. Sie sorgen für einen Lebensraum mit Lebensqualität und wirtschaften nach den Grundsätzen der ökosozialen Marktwirtschaft, und dafür gebührt den Bäuerinnen und Bauern ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.01


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte.


17.01.15

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die ÖVP ist ja immer sehr


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euphorisch im Danken, aber wenn man dir, Kollege Köchl, zuhört, könnte man fast glauben, die ÖVP kann das Wort Bauer nicht einmal mehr buchstabieren, wenn du schilderst, was sie in den letzten Jahren gemacht hat.

Herr Bundesminister, Sie haben die Nachhaltigkeit erwähnt. Die Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft ist wichtig für die Zukunft unseres Landes und die Ernährungssicherheit. Da frage ich mich schon: Warum haben Sie sich dement­sprechend nicht dafür eingesetzt, dass Holz, Hackgut auf der europäischen Ebene als nachhaltig eingestuft wurde? Was ist stattdessen passiert? – Auf der europäischen Ebene als nachhaltig eingestuft wurden Atomstrom und Gas. Da hätte ich mir wesentlich mehr von Ihnen erwartet. Ich hätte mir erwartet, dass Sie Flagge zeigen und sich auch für die Holzbauern oder für die Holzindustrie dementsprechend einsetzen (Heiterkeit bei der SPÖ), was die Nachhaltigkeit des Hackgutes betrifft, vor allem in Bezug auf die Fernwärme, wo es doch sehr, sehr wichtig ist, auch alternative Energieformen zu haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Schmuckenschlager hat ja den Extremismus erwähnt. Das ist wirklich ein Spannungsfeld zwischen den Grünen und der ÖVP. Der Extremismus wird ja fast richtig euphorisch gelebt. Man sieht es ja jetzt auch bei den Klimaterroristen und Klimaextremisten. Die neue Generation - -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, den Ausdruck „Klimaterroristen“ würde ich Sie ersuchen zurückzunehmen, bitte. (Beifall und Bravorufe bei SPÖ und Grünen.)


Abgeordneter Walter Rauch (fortsetzend): Frau Präsidentin, weil Sie den Vorsitz haben, nehme ich das Wort zurück.

Die Letzte Generation hat ja gerade aktuell ein Gemälde im Leopold Museum beschmutzt und beschmiert und vor ein paar Stunden die Universität Wien besetzt. Was ist der nächste Schritt? Zuerst haben sie sich an den Straßen festgeklebt, der nächste Schritt war, dass sie Bilder in den Museen beschmiert


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und die Universitäten besetzt haben. Ist der nächste Schritt, dass man vielleicht hergeht und sich an die Produktion der Lebensmittel heranwagt?

Ich habe heute eine Diskussion mit einer der Gruppe dieser Letzten Generation gehabt, und da ist ja Fleisch auch so ein Thema. Wir dürfen ja in Zukunft alle kein Fleisch mehr essen. Das ist Extremismus. Ich glaube, da müssen wir sehr aufpassen, dass das nicht alles in eine falsche Richtung geht und die Lebens­qua­lität in diesem Land darunter leidet. Herr Bundesminister, ich würde Sie bitten, das in Ihren Kreisen, in denen Sie unterwegs sind, aber auch in der Bundesregie­rung generell anzusprechen und dafür zu sorgen, dass die Frau Umwelt- und Klimaministerin Gewessler auch einmal auf dem Boden der Realität ankommt, und dass Sie ihr erklären, wie es hier in Österreich funktioniert. (Beifall bei der FPÖ.)

In der Lebensmittelproduktion wird es natürlich unter dieser Klimabürokratie, die wir ja aktuell in allen Bereichen erleben, immer schwieriger, die Versorgungs­sicherheit mit Lebensmitteln sicherzustellen. Auf der einen Seite verbauen, versiegeln wir 12 Hektar pro Tag, und auf der anderen Seite wird propagiert, dass die Landwirte ihre landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Verfügung stellen, es wird ihnen gesagt: Du kriegst als Bauer 8 000 Euro pro Hektar, wenn du eine Fotovoltaikanlage darauf bauen lässt! Also wie passt das zusammen? Auf der einen Seite brauchen wir Lebensmittelversorgung und -sicherheit, auf der anderen Seite verwenden wir die landwirtschaftlichen Nutzflächen für Foto­voltaikanlagen, die Strom produzieren sollen.

Wir brauchen die Versorgungssicherheit bei den Lebensmitteln, wir brauchen für die Lebensmittelproduktion auch dementsprechende Flächen, die die Produktion sicherstellen und auch wirtschaftlich machen, andererseits haben wir mittler­weile 8 Milliarden Menschen auf der Erde. Das heißt, wir werden in der Produk­tivität und in der Produktion in Zukunft immer extensiver werden müs­sen. Das geht nicht mehr zusammen mit dem, was Sie und auch die Grünen vorhin gesagt haben, was man nicht alles machen müsse. Von den Grünen verstehe ich das soundso nicht, das ist sowieso jenseitig, was wir uns von ihnen erwarten können.


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Wir müssen mit Hausverstand an dieses Thema herangehen und uns auch damit beschäftigen, was wir wollen: Wollen wir die Flächen mit Fotovoltaikanlagen versiegeln oder wollen wir unsere landwirtschaftlichen Nutzflächen aufrecht­erhalten, um unsere Tiere zu versorgen und natürlich auch die Lebensmit­tel­produktion zu gewährleisten? (Beifall bei der FPÖ.)

Einen letzten Punkt noch: Die Entwicklung in den Regionen ist ein sehr wichtiger Punkt. Die Regionen leiden da und dort massiv unter den zu geringen finan­ziellen Mitteln, da gibt es teilweise infrastrukturelle Schwächen. Dazu nur einen Punkt, weil Kollege Berlakovich dieses Gemeindepaket angesprochen hat, diese 1 Milliarde Euro, von der allein Wien 240 Millionen Euro bekommt: Diese Mittel sollten so eingesetzt werden, dass sie wirklich in den strukturschwachen Regi­o­nen ankommen und nicht so, dass sie wieder in die Bundeshauptstadt gehen, die eh schon privilegiert ist. (Beifall bei der FPÖ.)

17.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Carina Reiter. – Bitte.


17.07.07

Abgeordnete Carina Reiter (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren über ein stabiles Budget 2023 in unsicheren Zeiten. Bundesminister Totschnig hat mit der UG 42: Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, Verant­wortung für einen sehr wichtigen Bereich. Die Landwirtschaft ist die Grundlage für unser Leben – salopp gesagt: essen müssen wir alle –, und gerade in diesem Bereich ist Unterstützung und Stärkung sehr wichtig. Eine Investition in die Lebensgrundlage Landwirtschaft ist eine Investition in eine sichere Lebensmittel­versorgung und somit eine Investition in eine sichere Zukunft.

Ich darf jetzt auf Kollegin Feichtinger von der SPÖ replizieren, die gesagt hat, Landwirtschaft ist kein Traumberuf. Ich kann zustimmen, dass Landwirtschaft ein


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harter und fordernder Job ist, aber Sie haben ein Bild wie zehn Jahre Regen­wetter gezeichnet. Wenn jeder Landwirt so denken würde, dann gäbe es keine Bauern und Bäuerinnen mehr in Österreich. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das finde ich auch sehr bezeichnend, wenn von der SPÖ herüber­geschrien wird: Das ist eh sehr gut! Das finde ich auch ein bisschen bedenklich. Ich glaube, es ist gescheiter, wir denken in Lösungen und Perspektiven mit einer Spur Idealismus natürlich, wie es in der Landwirtschaft notwendig ist. Gleich­zeitig dann aber von Ihrer Seite wieder zu sagen, wohin man die Gelder für die Landwirtschaft umschichten sollte, finde ich eher durchsichtig, diese Logik erschließt sich mir irgendwie nicht ganz.

Wir haben in Österreich mehr als 16 000 land- und forstwirtschaftliche Betriebs­führer, die unter 35 Jahre alt sind. Das sind 10,7 Prozent. Österreich hat damit einen doppelt so hohen Anteil wie der EU-Durchschnitt. Um die Zukunft absichern zu können, sind also dementsprechende Investitionen in die nächste Generation notwendig. Gerade die Erhöhung des GAP-Budgets für Jungbauern auf 3 Prozent ist da ein ganz wichtiger Schritt. Die Kombination von höheren Direktzahlungen und einer gezielten Unterstützung bei der Erstgründung eines landwirtschaftlichen Betriebes durch die Niederlassungsprämie stellt eine wichtige Unterstützung für die Jungen auf den Höfen dar. Unser oberstes Ziel sollte eigentlich die bestmögliche Unterstützung des Generationenwechsels sein, wodurch wir auch mehr Planungssicherheit für eine flächendeckende Land- und Forstwirtschaft in Zukunft sicherstellen.

Die agrarische Aus- und Weiterbildung ist auch ein wichtiger Punkt und diese wird auch auf den unterschiedlichen Ebenen sichergestellt, zum Beispiel, indem man die land- und forstwirtschaftlichen Schulen des Bundes wie Raumberg, Ursprung oder Pitzelstätten dementsprechend unterstützt, denn auch die Bil­dung ist für unsere Bauern und Bäuerinnen ein Schlüssel zum Erfolg.

Die jungen Landwirtinnen und Landwirte sind es, die mit ihren innovativen und nachhaltigen Konzepten die Land- und Forstwirtschaft weiterentwickeln und damit auch zukunftsorientiert und wettbewerbsfähig halten – und damit vor


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allem auch eines tun: die Lebensgrundlage Landwirtschaft für uns alle erhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

17.10


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.


17.10.16

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren das Budget für Land- und Forst­wirt­schaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Es ist sehr erfreulich, dass es eine kleine Steigerung im Budget für das nächste Jahr gegeben hat: Insgesamt stehen fast 3 Milliarden Euro zur Verfügung. Meine Kolleginnen und Kollegen Vorredner haben in ihren Reden schon viele Beispiele aus dem Budget aufgezählt: Das gibt es die Unterstützung der jungen Landwirte, Bäuerinnen und Bauern, eine Ausgleichszulage für die benachteiligten Gebiete wie beispielsweise Berggebiete, zielgerichtete Investitionen in die Zukunft und vor allem den Erhalt der Wett­bewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft.

Was ist im Budget für das nächste Jahr besonders wichtig? – Das sind zwei Bereiche: Das ist zum einen der ganze Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik mit dem Österreichischen Programm für umweltgerechte Landwirtschaft und das sind zum anderen die Unterstützungsmaßnahmen wegen der Teuerung, die man im heurigen Jahr in den landwirtschaftlichen Betrieben erfahren hat.

Zum Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik: Auch die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Wir haben es schon gehört: Die Klimaveränderung trifft die Bäuerinnen und Bauern direkt. Es sind die Absatzmärkte, die immer volatiler geworden sind, es sind die stark gestiegenen Betriebsmittelpreise oder auch die unterschiedlichen Auflagen bei den Programmen, wie etwa beim Öpul, die die Bäuerinnen und Bauern vor Herausforderungen stellen. Was wir nicht vergessen dürfen, ist die gesellschaftliche Diskussion – ja, die Bäuerinnen und


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Bauern stehen der Gesellschaft für eine Diskussion zur Verfügung – über das Ausbringen von Dünger oder Pflanzenschutz, es sind die Betriebszeiten. Die Bäuerinnen und Bauern müssen sich nach dem Wetter richten und können die Dienste nicht immer von 8 bis 16 Uhr verrichten.

Die Bäuerinnen und Bauern stehen vor großen Herausforderungen, insofern finde ich es schon bedenklich, wenn Kolleginnen und Kollegen der Opposition hier heraußen stehen, wie zum Beispiel Kollegin Feichtinger, die dann sagt, wir müssen Agrargelder in Richtung soziale Dienstleistungen umschichten – Frau Kollegin, da stemmen wir uns vehement dagegen, weil Agrargelder den Bäuerinnen und Bauern als Ausgleichszahlungen zur Verfügung stehen sollen (Beifall bei der ÖVP) –, oder auch Kollege Kainz, der behauptet, im Budget der Siedlungswasserwirtschaft wurden Gelder gekürzt.

Wenn man es sich genau anschaut, dann sieht man: Es stehen 80 Millionen Euro für das nächste Jahr drinnen, und zusätzlich haben wir vorgestern das Budget­begleitgesetz beschlossen, in dem weitere 100 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Somit stehen in Summe 180 Millionen Euro für das Jahr 2023 zur Verfügung. Herr Kollege Kainz, wenn man sich das gesamte Budget anschaut, ist das eine Budgetsteigerung und keine Kürzung.

Meine Damen und Herren, ich habe es gesagt: Das Versorgungssicherheitspaket für die Landwirtschaft, die Dieselrückvergütung, die CO2-Bepreisung, die Rückvergütung und der Stromkostenzuschuss, um nur einige Unterstützungs­maßnahmen zu nennen, sind wichtig und richtig. Die brauchen wir, damit man auf den Betrieben auch weiterhin entsprechend wirtschaften kann. Der erste Teil wird auch im Dezember mit der Auszahlung bei den Betrieben einlangen. Das ist ganz, ganz wichtig, damit wir die landwirtschaftlichen Betriebe für die Zukunft absichern. (Beifall bei der ÖVP.)

17.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johann Weber. – Bitte.



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17.13.50

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie und auch zu Hause vor den Bildschirmen! „,Aus Ver­ant­­wortung für Morgen‘“ – „Sicher in die Zukunft“, das ist das Budgetmotto für 2023. Auch die Land- und Forstwirtschaft braucht und hat damit auch eine sichere Zukunft.

Warum? – Der verurteilenswürdige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat uns einmal mehr ganz drastisch vor Augen geführt, wie wichtig die Eigenversorgung mit Lebensmitteln in Österreich ist. Wir haben hier bei uns auch wirklich mehrfach ausgezeichnete, gute Voraussetzungen dazu. Österreich ist ein wunderschönes Land mit entsprechenden natürlichen Ressourcen für die Landwirtschaft – ich denke da ganz besonders an unsere wirklich fruchtbaren Böden. Wir haben ein wunderbar geeignetes Klima, und was wir auch haben, das sind unsere Bäuerinnen und Bauern.

Wir haben darüber hinaus auch das Know-how, wie Landwirtschaft erfolgreich funktionieren kann, und wir haben noch eine weitere sehr, sehr wichtige Ressource: Speziell bei uns in den Regionen haben wir wirklich viele junge Menschen, die an der Land- und Forstwirtschaft in ihren unterschiedlichsten Ausprägungen ein hohes Interesse haben und es auch zeigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Blick auf die Entwicklung der Schülerzahlen in den land- und forst­wirtschaftlichen Fachschulen, aber auch in den Bundesschulen macht mich da ganz sicher. Wir haben in allen Bereichen steigende Schülerzahlen. In Kärnten haben wir plus 87 Schülerinnen und Schüler in den landwirtschaftlichen Fachschulen, österreichweit haben wir ein Plus von 520 Schülerinnen und Schülern. Bei den landwirtschaftlichen Bundesschulen haben wir eine Steigerung um 20 Prozent, und das in den Jahren 2020 bis 2023. Das kann sich sehen lassen, und es ist wahrscheinlich auch das einzige Schulsystem in Österreich, das


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in den letzten Jahren eine steigende Schülerzahl vorweisen kann. Das muss man auch einmal gesagt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Dafür, dass das so ist, wie es ist, gibt es natürlich viele Gründe, und einer der wichtigsten Gründe für mich ist – und davon bin ich überzeugt –, dass an den land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und auch an den Bundesschulen sehr modern, innovativ, motiviert und offen für Neues gearbeitet und unterrichtet wird.

Ein weiterer Grund für mich ist: Wir haben eben viele junge, motivierte Men­schen, die sich genau eine solche Ausbildung – eine moderne, offene und zukunftsorientierte Ausbildung – wünschen, und in Österreich bekommen sie diese Ausbildung an den besagten Schulen auch. Das ist auch ganz wichtig für unseren ländlichen Raum, weil diese Schülerinnen und Schüler dann auch in den ländlichen Regionen bleiben und diesen ländlichen Raum, von dem wir ja alle so positiv schwärmen, beleben.

Was braucht es also, um diesen ländlichen Raum auch in Zukunft entsprechend zu gestalten und zu erhalten? – Es braucht ein Parlament und eine Bundes­regierung, die genau das unterstützt. Deshalb ein großes Danke für die Finanzierung dieser unserer Schulen im ländlichen Raum, die landwirtschaft­lichen Fachschulen und Bundesschulen, und in diesem Zusammenhang eben auch ein Danke für das Plus von 15,4 Millionen Euro für diese Schulen.

Ich bitte somit um Zustimmung für das Budget 2023, denn es gibt Sicherheit und eine Zukunft für die Eigenversorgung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.17


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Andreas Kühberger zu Wort. – Bitte.


17.17.25

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Ich finde es unerhört, wenn Herr Kollege Köchl hier heraußen behauptet, die Bauern seien eine Erfindung der


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ÖVP. – Das zeigt, dass Sie anscheinend noch nie auf einem Bauernhof gelebt oder davon gelebt haben, denn, Herr Kollege Köchl, das haben wir in der Schule hoffentlich gelernt (Zwischenruf bei der SPÖ), Essen und Trinken braucht jeder Mensch, ohne Essen und Trinken würden wir sterben. Und wir haben in der Schule auch gelernt, wie wichtig gesundes Essen ist, in dem Vitamine, Kohlenhydrate, Eiweiß, Fett, Mineralstoffe und Wasser enthalten ist.

Warum erzähle ich das? – Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Landeskammerrat Martin Spreitzhofer (in Richtung Galerie), seien auch Sie herzlich willkommen! Gut, dass sich auch jemand aus der Steiermark für das Budget interessiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Warum erzähle ich das, Herr Kollege Köchl? – Weil es unsere bäuerlichen Familienbetriebe sind, die 365 Tage im Jahr hochwertige gesunde Lebensmittel auf tierischer und auf pflanzlicher Basis produzieren. Wir haben heute in der Diskussion zum Budget auch gehört, wie wichtig diese Produktion auch für die Kulturlandschaft in Österreich ist, die Millionen Touristen besuchen und die sehr hoch geschätzt wird.

Hoch geschätzt, Herr Kollege, wird hier aber auch der Schutz vor Natur­kata­strophen, denn durch diese Bewirtschaftung auf unseren Almen, auf unseren Weiden, haben wir auch einen hohen Sicherheitsgrad, was Muren- und Lawinenabgänge betrifft.

Angesprochen wurde heute auch schon die hohe Versorgungssicherheit. Gerade in einer Zeit wie jetzt sieht man, wie wichtig diese ist.

Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass ich gerade sehr oft hoch gesagt habe, aber was oft niedrig und sehr niedrig ist, das ist das, was bei den Bäuerinnen und Bauern im Geldtascherl ankommt. Da, meine Damen und Herren, haben wir einen gewaltigen Preisdruck. Die Energiepreise und die Betriebsmittelpreise


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explodieren, aber mit diesem Budget, das wir hier für 2023 und für die zukünf­tige GAP erstellen, gemeinsam mit den ganzen Paketen für die Landwirtschaft – Versorgungssicherheitspaket, Stromkostenzuschuss –, und mit der ökosozialen Steuerreform sind das Maßnahmen, durch die die bäuerlichen Familienbetriebe, die wir ja so notwendig brauchen – auch für unsere Lebensmittel –, für die Zukunft Perspektiven haben, sodass der Jungbauer übernehmen kann, da es Anreize gibt, zum Beispiel für die ersten 20 Hektar in der neuen GAP, für die ersten 40 Hektar, bei mir zu Hause auch für die Bergbauern für die ersten 10 Hektar und vieles mehr.

Ich kann also, liebe Kollegen, als Bauernbundvertreter stolz in den Spiegel schauen. Ich bin mir sicher, dass wir gut für die Zukunft vorgesorgt haben.

Nur, wir alle hier herinnen sind gefordert: Kaufen Sie regionale Lebensmittel! Predigen Sie, liebe Opposition, nicht nur Wasser und trinken Wein, sondern gehen wir es gemeinsam an und unterstützen wir unseren österreichischen Familienbetrieb! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

17.20


Präsidentin Doris Bures: Mir liegen nun zum Bereich Land-und Forstwirtschaft keine Wortmeldungen mehr vor. Daher erkläre ich diese Debatte für beendet.

17.20.29

UG 30: Bildung

UG 31: Wissenschaft und Forschung


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den nächsten Untergliederungen, zur UG 30: Bildung sowie zur UG 31: Wissenschaft und Forschung.

Die Debatten darüber werden unter einem stattfinden. (Rufe: Der Herr Bundes­minister?) – Der Herr Bundesminister wird kommen. Wir gehen aber in die Beratungen ein.


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Die erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Andrea Kuntzl. – Bitte. (Abg. Brandstätter: Wo ist der Minister? Herbeischaffen! – Abg. Loacker: Der ist noch beim Friseur!)


17.21.10

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu einem Budgetkapitel, von dem es in Sonntagsreden immer wieder heißt, wie wichtig es ist, nämlich zum Bereich der Bildungspolitik. Dass der Minister nicht anwesend ist, ist ein bisschen symbolisch dafür - - (Abg. Brandstätter: Sagt alles! Sagt alles! – Zwischenrufe bei Grünen, NEOS und SPÖ. – Abg. Krainer – in Richtung des den Saal betretenden Bundesministers Polaschek –: Guten Morgen, schön, dass Sie Zeit gefunden haben!) – Bitte, ist er da? (Rufe: Ja! Szenenapplaus!) Willkommen, Herr Minister! Das war ein bisschen symbolisch dafür, wie stiefmütterlich dieser Bereich behandelt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

In anderen Bereichen nämlich – wir sind in schwierigen Zeiten, das wissen wir alle – hat man sich bemüht, einen Inflationsausgleich zu finden, damit die Dinge wenigstens weitergeführt werden können. Das ist im Bildungsbereich anders. Da ist nicht einmal das passiert.

Im Bereich der Elementarpädagogik sind die Ansätze sowieso relativ gering im Vergleich zu dem, was wir brauchen würden, und es ist die Gefahr, dass das jetzt auch noch dadurch aufgefressen wird, dass die Inflation so ansteigt.

Im Bereich der Schulen ist es so, dass kein Inflationsausgleich stattfindet und dass wir im besten Fall einen Stillstand erleben, aber nicht die Maßnahmen sehen, die wir dringend zur Unterstützung unserer Kinder brauchen würden.

Im Bereich der Fachhochschulen, die ein bisschen ungerechtfertigterweise im Schatten der Universitäten stehen, ist es so, dass sie nicht einmal die Hälfte dessen, was sie an zusätzlichen Mitteln dringend brauchen würden, um ihre so wichtigen Angebote entsprechend fortsetzen zu können, bekommen haben.


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Im Bereich der Universitäten ist es so weit, dass die Rektoren auf die Straße gehen und protestieren. Der Herr Bundesminister, der mir vielleicht seine Aufmerksamkeit schenken könnte (in Richtung des mit Abg. Stocker sprechenden Bundesministers Polaschek), der selber Rektor war, kann ja gut einschätzen, was es bedeutet, wenn es einmal so weit gekommen ist, dass die Rektoren auf die Straßen gehen.

Was droht an den Universitäten? – Es droht, dass die Studierenden wieder im Distancelearning arbeiten müssen, also alleine zu Hause am Computer sitzen müssen, isoliert, nicht im Diskurs und im Austausch mit den Lehrenden und den anderen Studierenden. Es droht die temporäre Schließung von Universitäten, es droht ein Aufnahmestopp von jungen Wissenschaftlern und Wissenschaft­le­rinnen. Es droht Personalabbau, und sogar Insolvenz steht im Raum.

Ich möchte Sie, Herr Bundesminister, etwas fragen. (Heiterkeit des Bundes­ministers Polaschek.– Ich finde das nicht lustig, Herr Bundesminister, im Gegensatz zu Ihnen (Beifall bei der SPÖ), und auch die Studierenden und die jungen Wissenschaftler an den Universitäten, die davon betroffen sind, finden das nicht lustig. Ich möchte Sie fragen, was Sie unternehmen werden, um das alles zu verhindern.

Wir sind in einer Zeit – einer Umbruchszeit –, in der wir besonders auf die Wissenschaft angewiesen sind. Wir wissen auch, dass jeder Euro, den wir in die Universitäten investieren, dreimal in den Staatshaushalt zurückkommt. Wir leben in einer Zeit, in der wir ganz dringend eine offensive Wissenschaftspolitik brauchen würden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Künsberg Sarre.)

17.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.



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17.24.54

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Frau Kollegin Kuntzl, wir haben bei diesem Bildungs- und Wis­senschaftsbudget einen Betrag von 17,2 Milliarden Euro, den der Minister zur Verfügung hat. Das sind um 1,3 Milliarden Euro mehr als vorher – also so wenig, wie Sie sagen, ist es wirklich nicht. (Ruf bei der SPÖ: Na ja!)

Überdies kann ich Ihnen sagen: Man kann auch Fortschritte erzielen, wenn nicht immer die großen Budgetmittel zur Verfügung stehen. – Frau Kollegin Kuntzl, das ist ein Zitat von einer Frau Unterrichtsministerin aus dem Jahre 2014, geäußert am 22. Mai 2014, namens Heinisch-Hosek. Sie können auch Fort­schritte erzielen, wenn nicht immer die großen Budgetmittel zur Verfügung stehen; wir werden Fortschritte erzielen, und wir haben auch genügend Budget­mittel dafür zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)

Über das, was geleistet worden ist, wird ja sicherlich auch noch von meinen Kolleginnen und Kollegen gesprochen werden; ich nenne nur die Begriffe Som­merschule, Digitalisierung und Ähnliches mehr.

Ich möchte in die Zukunft blicken und zwei Punkte, was die Schulen anlangt und keine Budgetmittel beansprucht, erwähnen, zum Beispiel dass wir die Autonomie der Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen dadurch stärken, dass wir die Lehrpläne wirklich neu konzipieren werden. Das hat der Herr Bundesminister versprochen. Sie werden in einer Art und Weise neu konzipiert, dass der Unterricht lebendiger, autonomer, kreativer wird erfolgen können – kostet nicht viel, wird aber viel bringen. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei den NEOS: Geh bitte!)

Ein zweiter Punkt: Wir werden – das ist ganz besonders wichtig – bei der Aus­bildung unserer künftigen Lehrerinnen und Lehrer eine Reform schaffen, vielleicht auch eine Reform, die dazu führt, dass diese Ausbildung etwas kürzer wird, straffer wird, klarer wird. Natürlich wird, wenn die Ausbildung etwas kürzer wird, nicht so viel in finanzielle Mittel bei den Universitäten investiert


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werden müssen. Es bringt auch einen budgetären Vorteil, wenn diese Ausbildung kürzer wird.

Sie sehen also, man kann auch Fortschritte erzielen, wenn nicht immer die großen Budgetmittel zur Verfügung stehen. Dieses Wort von Frau Heinisch-Hosek nehmen wir uns zu Herzen. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.) Wir werden es erfüllen, und wir werden Fortschritte in diesen Bereichen erzielen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Prammer.)

17.27


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Brückl. – Bitte. (Zwischenruf der Abg. Yılmaz.)


17.27.27

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Bildungsbudget: Es kracht und knarrt an allen Ecken und Enden. Warum sage ich das jetzt, Hohes Haus? – Weil unser Bildungs­wesen von einem massiven Lehrermangel geprägt ist, von einer über­bor­denden Bürokratie geprägt ist.

Die Pädagoginnen und Pädagogen, die Lehrer müssen immer mehr branchen­fremde Aufgeben übernehmen. Sie sollen Gesundheitsexperten sein, sie sollen Integrationsexperten sein, sie müssen Betreuungsaufgaben übernehmen. Sie ersticken an diesem Bürokratie- und Verwaltungsaufwand. Gleichzeitig stehen aber immer weniger Ressourcen und immer weniger Zeit für die eigentliche Aufgabe, nämlich für die Bildung, für die Ausbildung, für den Unterricht, zur Verfügung.

Auch das Budget, Hohes Haus, wird immer enger und enger. Die Inflation frisst das Budget. Woran erkennt man das? – Die Budgeterhöhung beträgt für den Zeitraum 2023 bis 2026 3,6 Prozent, und die für denselben Zeitraum prognos­tizierte Inflation beträgt 4,8 Prozent. Gleichzeitig müssen die Rektoren, müssen


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unsere Universitäten am Minoritenplatz um Geld betteln, vor allem die tech­nischen Universitäten. (Abg. Michael Hammer: Müssen sie nicht!)  Natürlich müssen sie es, Herr Kollege! Vor allem die technischen Universitäten, die Lehrstühle haben massive Probleme mit den steigenden Personalkosten und mit den steigenden Energiekosten, weil der Aufwand für die Forschung ein­fach ein wesentlich höherer ist. Jetzt gibt es zwar um 150 Millionen Euro mehr, wie den Medien zu entnehmen war, aber das wird nicht reichen. Es fehlt immer noch fast eine halbe Milliarde Euro.

Zu all diesen Problemen, für die die Bundesregierung verantwortlich zeichnet, für die die Bundesregierung nicht die richtigen Antworten gefunden hat – und auch nicht findet –, kommt hinzu, dass Schwarz-Grün weiterhin auf dem Coronapferd durch unsere Schulen galoppiert und nicht bereit ist, von diesem hohen Ross herunterzusteigen.

Warum sage ich das? – Im vorliegenden Budgetentwurf, sehr geehrter Herr Kollege, sind für das kommende Jahr wieder 120 Millionen Euro für Tests, für Masken und für sonstiges Coronawerkzeug vorgesehen. – Es muss Schluss sein mit diesem Coronawahnsinn an unseren Schulen! Lassen Sie unsere Kinder endlich in Ruhe mit diesem Coronawahnsinn!

120 Millionen Euro gibt es für Covid-Maßnahmen, aber nur 118 Millionen Euro für Maßnahmen zur Förderung unserer Kinder – nur 118 Millionen Euro für Förderstunden. Zuerst hat – und das muss man auch hervorheben – diese Bundesregierung in der Zeit der Pandemie trotz Warnungen vieler Experten, trotz Warnungen aus der Bevölkerung mehrmals die Schulen geschlossen, und jetzt fehlt ganz einfach das Geld, um dafür zu sorgen, dass diese Bildungsrück­stände, die entstanden sind, wieder wettgemacht werden.

In diesem Zusammenhang darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 808

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Budget für Fördermaßnahmen statt für teure Covid-Tests“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Forschung werden aufgefordert, für die Aufholung von Lernrückständen ein ausreichendes Budget für zusätzliche Fördermaßnahmen 2023 zur Verfügung zu stellen.“

*****

Hohes Haus! Bildung ist ein Schlüssel, der viele Schlösser sperrt, Bildung ist aber vor allem ein Schlüssel für eine lebenswerte Zukunft. (Beifall bei der FPÖ.)

17.31

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Hermann Brückl, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Budget für Fördermaßnahmen statt für teure Covid-Tests

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bun­desvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG30

Im vorliegendem Budgetentwurf sind für 2023 120 Millionen Euro für Covid-Gesundheitsmaßnahmen (Antigen- und PCR-Testungen, Masken und Des­infek­tionsmittel) vorgesehen. 2022 waren es sogar 238 Millionen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 809

Im Vergleich dazu plant das Ministerium als Maßnahme gegen die Auswirkungen der Covid-Pandemie lediglich 118 Millionen Euro für Förderstunden.

Zuerst schließt die österreichische Bundesregierung trotz eindringlicher Kritik quer durch die Bevölkerung die Schulen während der Corona-Pandemie mehrmals - und gehörte somit bei den Schulschließungstage zu den Spitzenreitern der OECD-Länder – und dann fehlt das Geld, um die durch diese verfehlte Politik entstandenen Bildungslücken zu schließen.

Stattdessen wird in einer völligen Verbohrtheit an Gesundheitsmaßnahmen, wie den Testungen, für die der österreichische Steuerzahler bereits vier Milliarden (!) Euro aufbringen musste (also in etwa das Jahresbudget aller Universitäten), festgehalten.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung werden aufgefordert, für die Aufholung von Lernrückständen ein ausreichendes Budget für zusätzliche Fördermaßnahmen 2023 zur Verfügung zu stellen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sibylle Hamann. – Bitte.


17.31.32

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Frau Vorsitzende! Lieber Herr Bundesminister! Bei Bildung geht es immer um Beziehungen, aber auch in Bezie­hungen muss man immer über das Geld reden, deshalb tun wir das auch hier. Man kann das entweder im Tonfall der Dauerempörung machen, wie wir es von


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 810

der Opposition jetzt schon die letzten zwei Tage gehört haben, oder wie ich, ich versuche es hier einmal ein bisschen nüchterner und ehrlicher, um zu schauen: Wo finden wir zum Beispiel in der UG 30 Schneisen im Budget, die konkret in die Zukunft weisen?, und möchte das anhand von ein paar Beispielen ausführen.

Das erste Beispiel, Kollegin Kuntzl hat es schon erwähnt, ist die Elementar­pädagogik. Tatsächlich haben wir in diesem Budget auch eine massive Ausbil­dungsoffensive drinnen, den massiven Ausbau der Kollegplätze, 230 neue Plätze pro Jahr, neue Lehrgänge, neue Förderungen für den Quereinstieg aus anderen Berufen in die Kindergärten und die vielgescholtene Kindergartenmil­li­arde, bei der ich immer wieder daran erinnern möchte, dass das eine Steigerung um satte 40 Prozent bedeutet. Das sind massive Investitionen in Qualität und Expertise in der Elementarpädagogik.

Zweites Beispiel: schulisches Unterstützungspersonal. Dass Pädagoginnen und Pädagogen Unterstützung durch Profis aus anderen Bereichen brauchen, wissen wir, und die bekommen sie jetzt. Es gibt eine dauerhafte Kofinanzierung des Bundes für neue Stellen in der Administration, im psychosozialen Bereich. 700 neue Stellen allein in der Administration können damit geschaffen werden, denn im Team zu arbeiten, in multiprofessionellen Teams zu arbeiten, ist in den Schulen wichtiger denn je. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Drittes Beispiel: der Ganztagsbetrieb – auch der wird mit diesem Budget abge­sichert und ausgebaut. Das ist ein Bereich, der seit Jahrzehnten ein Fleckerl­teppich ist, und da werden jetzt nicht nur die Mittel kräftig erhöht, sondern die­ses Problem wird, wie der Herr Bundesminister angekündigt hat, im nächsten Finanzausgleich auch dauerhaft gelöst. Das ist gut so, weil Familien tatsächlich in ganz Österreich überall auch ganztägige Angebote brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Viertes Beispiel – das haben wir hier schon erläutern dürfen –: Wir schaffen in einem wichtigen Zukunftsbereich eine ganz neue Schulform, das sind die künftig öffentlichen, kostenlosen BMHS für Pflege- und Sozialbetreuungsberufe, ein


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Projekt, das wir in Rekordzeit auf Schiene gebracht haben. 100 Millionen Euro sind dafür vorgesehen, das ist eine ganz wichtige Investition in einen ganz wichtigen Zukunftsbereich unserer Gesellschaft. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann möchte ich noch – das ist mir ganz wichtig – die vielen Kinder und Jugend­lichen aus der Ukraine erwähnen, die neu in unser Schulsystem gekommen sind. Auch das ist mit 182 Millionen Euro ein großer Budgetposten, denn für jedes zusätzliche Kind in unserem System gibt es selbstverständlich zusätzliche Res­sourcen, zusätzliche Planposten und dazu noch einmal zusätzliche Mittel für Sprachförderung. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist nicht immer leicht für alle Beteiligten, das ist eine Herausforderung, aber es ist unsere Pflicht als Zufluchtsland für diese Familien und diese Kinder, und ich freue mich über jedes Kind, das hier bei uns in Sicherheit ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie sehen, ich habe jetzt bei der Zukunft ziemlich viel über Menschen geredet und nicht so viel über die technischen, digitalen Geräte, das werden sicher andere auch noch tun.

Ein Wort vielleicht noch aus grüner Sicht zu den Gebäuden, die auch noch wich­tig wären: Auch da sind in den nächsten Jahren Rekordinvestitionen geplant, 2,4 Milliarden Euro in den nächsten Jahren mit speziellem Fokus auf so wich­ti­gen Dingen wie Energieeffizienz, Nachhaltigkeit, was Heizung, Lüftung, Raumklima betrifft. Auch da wurde noch nachgeschärft, mit einem speziellen Fokus darauf, den Klimaaktiv-Goldstandard in diesem Bereich zu erreichen. Auch das ist ein wichtiges Signal, das in die Zukunft weist. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.35


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Künsberg Sarre. – Bitte.



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17.36.05

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Besucherinnen und Besucher hier auf der Galerie und liebe Zuseherinnen und Zuseher daheim! Na ja, die Vorredner der Regierungsfraktionen machen ein bisschen sprachlos. Sie glauben wirklich, dass dieses Budget in die Zukunft blickt, generationen­gerecht ist (Abg. Michael Hammer: Ja, sicher!) und eine Investition in die Zukunft ist. – Ist es nicht, das sehen wir, wenn wir darauf schauen und wenn wir auch die Zukunftsquote anschauen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: Richtig schauen, Frau Kollegin! – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Wenn man das Budget im Bildungsbereich anschaut, sieht man, Sie führen de facto das bestehende fort (Abg. Michael Hammer: Das ist meistens so!), der Hauptbestandteil des zusätzlichen Geldes wird von der Inflation aufgefressen beziehungsweise geht in die Personalkosten. (Abg. Taschner: Das ist auch gut so, weil wir ein gutes Personal haben!)

Dabei wäre ganz viel schon bekannt, was zu tun wäre, und Sie hätten eigentlich ein Leichtes, Herr Minister: Sie hätten nämlich einen Bauchladen voll mit Themen, und Sie müssten nur irgendwo einmal etwas öffnen und sagen: Ah, ich schaue einmal in die Elementarbildungsbauchlade hinein!, denn komischerweise ist es so und es wundert mich, dass, wenn das ein solch toller Erfolg ist, wie Kollegin Hamann uns zu erklären versucht, all die Kindergärtnerinnen und Kindergärtner, die Elementarpädagoginnen und -pädagogen nicht jubeln, sondern eigentlich total unzufrieden sind und nach wie vor sagen: Es wird sich nicht wahnsinnig viel ändern! (Abg. Michael Hammer: Die werden von der Gewerkschaft aufgehusst! Das ist ja gesteuert!)

Und Ihre vielgepriesene Kindergartenmilliarde über die nächsten fünf Jahre ist ja wohl eine Mogelpackung schlechthin. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)


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Sie als Journalistin hätten das früher natürlich niedergeschrieben, und jetzt stehen Sie hier heraußen und versuchen, uns zu erklären, dass das ein Riesen­erfolg für die Kindergärten ist – schade!

Die zweite Bauchlade, die Sie öffnen könnten, wäre, dass Sie im Bereich der Chancengerechtigkeit etwas tun. Da gibt es nach wie vor ein kleines Projekt mit 15 Millionen Euro, das ein paar Schulen abdeckt. Was natürlich längst klar ist, ist, dass wir den Chancenindex systematisch auf ganz Österreich ausrollen sollten.

Herr Kollege Taschner schüttelt den Kopf (Abg. Taschner: Nein, das habe ich nicht gemacht!), weil er, glaube ich, gar nicht weiß, was das genau ist oder was das bedeutet, und weil er vielleicht gar nicht weiß, dass das ganz viele Chancen eröffnen würde (Abg. Michael Hammer: Ich glaube, der weiß mehr als Sie!), nämlich Kindern, die in einem Elternhaus aufwachsen, in dem es ihnen nicht so gut geht oder wo die Eltern nicht so viel unterstützen können. Also vielleicht schauen Sie einmal dorthin. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Das Nächste, was Sie auch aufmachen könnten – und darüber wird überhaupt nicht gesprochen –, ist die Bauchlade der Kinder mit Behinderung, mit SPF. Sie machen in diesem Bereich de facto überhaupt nichts. (Abg. Michael Hammer: Stimmt nicht!) Die Grünen sind in dieser Thematik verstummt und sagen immer nur: Wir machen etwas, es kommt etwas!

Ich frage: Was kommt denn eigentlich genau? Was machen Sie in diesem Bereich? Das 11. und 12. Schuljahr ist für Kinder mit Behinderungen nach wie vor nicht vorhanden. Man kann an einer Hand abzählen, wie viele Kinder das genehmigt bekommen, und das hat damit zu tun, dass Sie zu wenige Planstellen für diesen Bereich zur Verfügung stellen. (Abg. Brandstätter: Skandal!)

Der nächste Punkt: Was natürlich wirklich ein Skandal ist, ist, wie Sie mit den Hochschulen umgehen. (Abg. Brandstätter: Ja!) Das ist sehr jämmerlich, vor allem weil ja viele Rektoren hier herinnen sitzen, Professoren, alle, die Wissenschaft


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und Forschung immer hochjubeln, die vom Mint-Bereich sprechen, von Digitali­sie­rung, von Innovation und Technik, von Fortschritt und so weiter; die alle sind ganz, ganz still gewesen.

Die grüne Kollegin hat zwei Tage vor den Budgetverhandlungen im Plenum auf einmal gesehen: Uh, das geht sich nicht ganz aus mit der Kommunikation, ich fordere jetzt doch noch irgendetwas nach! – Sie (in Richtung Bundesminister Polaschek) sagen einmal, es sei genug vorhanden, dann werden gestern in der Früh noch kurz 150 Millionen Euro aus Ihren Rücklagen nachgeschossen. Wir fragen uns alle: Warum genau 150? Vielleicht können Sie uns das ja erklären. (Ruf bei der ÖVP: Das ist ja super!)

Für uns ist klar: Sie müssen das Budget für die Universitäten so aufstellen, dass den Universitäten so viel zur Verfügung steht, wie sie zu Beginn der Leistungs­vereinbarungsperiode zugesagt bekommen haben, natürlich mit all den Steige­rungen, damit das, was sie vorgehabt und geplant haben, auch umsetzbar ist, sowohl im Forschungsbetrieb als auch im Lehrbetrieb. (Abg. Blimlinger: Das ist nicht geteilt!) Sie wissen, dass, wenn Sie das nicht machen, vor allem die Jungen darunter leiden werden – die Studierenden, weil das Lehrangebot eingeschränkt wird, und die jungen Wissenschafter, weil die von den Universitäten einfach nicht mehr eingestellt werden.

Das hat nicht nur mit jenen im Hier und Jetzt etwas zu tun und Auswirkungen auf sie, sondern das hat für uns alle für die nächsten Jahrzehnte Auswirkungen (Beifall bei den NEOS), denn alles, was wir jetzt in diesen Bereich stecken, werden wir wieder zurückbekommen, und zwar mehrfach – und das wissen Sie ganz genau. Also ich würde vorschlagen: Gehen Sie noch einmal in sich und schauen Sie, ob Sie nicht noch irgendwo eine Rücklage finden – ich glaube, es gibt genug –, dass Sie da noch etwas nachschießen können! (Beifall bei den NEOS.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, den Entschließungsantrag haben Sie nicht eingebracht? (Abg. Künsberg Sarre: Oh! Das macht mein Kollege!)


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Nun ist Herr Bundesminister Martin Polaschek zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.41.27

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Martin Polaschek: Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Auch wenn das vonseiten der Opposition zum Teil nicht so gesehen wird – was mich jetzt auch nicht wundert, deshalb ist es ja die Oppo­sition –: Die Zukunftsfelder Bildung, Wissenschaft und Forschung stellen wesentliche Schwerpunkte der Bundesregierung dar. Das spiegelt sich auch im Budget für das Jahr 2023 wider, das Ihnen nach einer auch intensiven Diskussion im Ausschuss heute zur Debatte vorliegt. Es ist, wie ich meine, ein sehr gutes Budget, das sehr wohl zahlreiche neue Initiativen ermöglicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir können in diesem Budget für den Bildungsbereich eine Rekordsteigerung von 10 Prozent auf 11 Milliarden Euro verbuchen – 11 Milliarden Euro! Es stimmt, vieles ist für die durch die hohe Inflation bedingten Kostensteigerungen vorgesehen, aber wie auch schon in den vorangegangenen Jahren werden wir auch mit diesem Budget nachhaltig zusätzliche Ressourcen für neue Maßnahmen haben. Wir werden natürlich auch neue Wege beschreiten und neue Dinge tun können.

Ich darf einmal als Erstes erwähnen – und das freut mich besonders –, dass wir erstmals seit sehr langer Zeit einen neuen Schultyp schaffen, und das in einem gesellschaftlich extrem wichtigen Bereich, nämlich in der Pflege. Dafür stehen im nächsten Jahr rund 50 Millionen Euro und in den Jahren darauf rund 100 Millio­nen Euro bereit. Damit können bis zu 8 000 Schulplätze finanziert werden. Das ist wirklich ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben auch umfangreiche Initiativen im Kampf gegen den Mangel an Lehrerinnen und Lehrern auf Schiene gebracht. Zum ersten Mal in der Republik


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gibt es wirklich eine gesamthafte Initiative, die sich auf verschiedene Bereiche erstreckt, um etwas dagegen zu tun.

Zunächst einmal bemühen wir uns darum, aktiv interessierte Personen für diesen wunderbaren Beruf zu begeistern, indem wir uns mit einer umfassenden Infor­mationskampagne an die jungen Menschen wenden, die sich dafür interessieren. Wir werden außerdem das Personalmanagement in diesem Bereich verbessern. Wir werden dafür Sorge tragen, dass diejenigen, die mit einem abgeschlossenen Studium in den Lehrerinnen- und Lehrerberuf gehen wollen, bestens serviciert werden, damit wir sie auch genau dort einsetzen können, wo sie gebraucht werden und sie es möchten. Und wir werden entsprechende Änderungen im Studienbereich vornehmen. Wir sind bereits in intensiven Gesprächen mit den pädagogischen Hochschulen und den Universitäten, und es wird zu einer massiven Attraktivierung des gesamten Studienbereichs kommen.

Wir werden natürlich auch auf diejenigen achten, die bereits als Lehrerinnen und Lehrer im System sind. Wir sind in intensiven Gesprächen mit den Standesver­tretungen. Wir haben bereits im Frühjahr erste Entlastungsmaßnahmen im administrativen Bereich für die Lehrerinnen und Lehrer auf Schiene gebracht, und wir sind in regelmäßigem Austausch mit den Betroffenen vor Ort, mit den Standesvertretungen, um weiterhin alles dafür zu tun, dass die Lehrerinnen und Lehrer von möglichst vielen administrativen Aufgaben entlastet werden können, damit sie sich auf das konzentrieren können, was sie gerne tun, nämlich: unter­richten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch auf die Elementarpädagogik vergessen wir natürlich nicht. Im Budget sind 5 Millionen Euro vorgesehen, um zusätzliche Fachkräfte über Kollegplätze zu gewinnen. Mit diesem Budget wird auch erstmals seit Langem wieder die Finanzierung eines neuen verpflichtenden Gegenstands, nämlich der digitalen Bildung, verankert. 4 Stunden in der Sekundarstufe I kommen dazu. Dafür fließen zukünftig noch einmal rund 50 Millionen Euro zusätzlich ins Bildungs­budget. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Selbstverständlich ist auch die Finanzierung der Geräteinitiative wieder enthal­ten; ebenfalls mit rund 50 Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt konnten bereits 255 000 Geräte ausgeliefert werden. Mir wäre nicht bekannt, dass jemals so viele Geräte in Österreich beschafft und verteilt worden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit diesem Budget wird ebenfalls erstmals administratives und psychosoziales Unterstützungspersonal an Pflichtschulen vonseiten des Bundes finanziert und damit langfristig verankert. Mit den Kofinanzierungsmitteln der Länder ergibt das weitere 36 Millionen Euro, die dem Bildungssystem langfristig zugute­kommen.

Und ja, ein kräftiger Investitionsschub wird auch mit der neuen Artikel-15a-Ver­einbarung zur Elementarpädagogik möglich. Pro Kindergartenjahr werden seitens des Bundes in den nächsten Jahren 200 Millionen Euro bereitgestellt werden; also insgesamt eine Erhöhung um ein Drittel.

Auch der sonderpädagogische Förderbedarf ist mir natürlich ein Anliegen. Dieser wird gerade evaluiert, und wenn die Evaluierungsergebnisse vorliegen, werden wir prüfen, wie die Gelder weiter eingesetzt werden sollen und ob es auch noch Aufstockungsbedarf gibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Man sollte auch nicht die Schülerbeihilfe vergessen. Nach der 2022 vorge­nommenen erstmaligen Anhebung um 20 Prozent nach mehr als zehn Jahren wird die Schülerbeihilfe nun für das Schuljahr 2022/23 erneut um 12 Prozent angehoben und danach laufend valorisiert werden. Das heißt, im Endausbau stehen dafür bis zu 40 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.

Auch die Sommerschule wurde nach der schulrechtlichen Verankerung im Herbst im Frühjahr auch dienstrechtlich attraktiviert. Für zusätzliche Abgeltun­gen für Lehrkräfte und Studierende stehen zukünftig im Budget knapp 14 Millionen Euro zur Verfügung – eine Verdoppelung der bisher dafür vor­gesehenen 7 Millionen Euro.


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Und ja, auch im Hinblick auf aktuelle und noch zu bewältigende Krisen wurde vorgesorgt. Wir bekämpfen weiterhin die Folgen der Coronapandemie. Im kommenden Budget sind 118 Millionen Euro dafür veranschlagt. Damit können wichtige Maßnahmen wie Förderstunden oder Maßnahmen etwa im Bereich Bewegung und Sport weiterentwickelt und fortgesetzt werden. In Summe haben wir den Schulen seit 2021 damit eine halbe Milliarde Euro für Förderungen zur Verfügung gestellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit über 182 Millionen Euro wurde Vorsorge getroffen, um den Schulen zusätz­liche Ressourcen zukommen zu lassen, die beispielsweise für Deutschförderung oder aufgrund zusätzlicher Schülerinnen und Schüler erforderlich werden.

Und ja, selbstverständlich wurde auch bezüglich der Teuerung vorgesorgt. Um die Steigerung der Energiepreise bei den Bundesschulen auszugleichen, werden die Schulen im kommenden Jahr zusätzlich über 30 Millionen Euro zur Ver­fügung haben. Das entspricht einer Aufstockung der entsprechenden Mittel um über 16 Prozent. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Also all jene, die sagen, es gebe keine echten Budgetsteigerungen und es seien keine neuen Maßnahmen budgetiert, kann ich nur bitten, sich die Fakten noch einmal anzusehen.

Kommen wir zur Wissenschaft: In der UG 31 steigt das Budget auf rund 5,9 Mil­liarden Euro im Jahr 2022/23 an. Wofür wird dieses Geld ausgegeben? – Ja, die aktuellen Preissteigerungen treffen auch die Universitäten. Um den Wert der massiven Budgeterhöhung durch die aktuellen Leistungsvereinbarungen sicher­zustellen, werden deshalb erstmalig – bereits im Budget festgehalten – 500 Mil­lionen Euro zusätzlich bis 2024 bereitgestellt und zusätzlich noch einmal 150 Millionen Euro, wenn der entsprechende Abänderungsantrag zum Bundes­voranschlag hier beschlossen wird.

Das bedeutet, dass das Rekordbudget für die Leistungsvereinbarungsperiode 2022 bis 2024 auf fast 13 Milliarden Euro steigt. Im Vergleich zur letzten


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Leistungsvereinbarungsperiode ist das ein Plus von weit über 17 Prozent. (Beifall bei der ÖVP.)

Den Universitäten stehen also schon jetzt weit über 17 Prozent mehr zur Ver­fügung. Für das Jahr 2023 werden 400 Millionen Euro Teuerungsausgleich dazukommen – das betrifft alleine 2023. Wir werden natürlich auch die Lage mit Blick auf 2024 im Auge behalten, und es wird selbstverständlich, wenn der entsprechende Bedarf da ist, auch für 2024 zusätzliche Mittel geben.

Warum sind es jetzt 150 Millionen Euro mehr? – Wir haben, nachdem wir den Universitäten zugesichert hatten, 500 Millionen Euro für die nächsten beiden Jahre zur Verfügung zu stellen, sofort Gespräche aufgenommen. Wir haben den Universitäten auch zugesagt, dass wir uns um weitere Entlastungs- und Finanzierungsmaßnahmen bemühen.

Wir haben mit den Universitäten entsprechende Gespräche geführt. Wir wollten mit allen Universitäten in den nächsten Wochen – bis Anfang Dezember – ent­sprechende Gespräche führen, um dann eine ganz klare, sichere Basis zu haben, um abschätzen zu können, wie viel Geld die Universitäten zusätzlich brauchen. Die Universitäten haben diese Zeit nicht abgewartet und sind zum Teil auf die Straße gegangen. Nachdem wir mit weit mehr als der Hälfte der Universitäten gesprochen hatten – von den technischen Universitäten haben wir nun ein ziemlich klares Bild, was an zusätzlichem Energiebedarf benötigt wird –, haben wir uns entschlossen, mit der entsprechenden Maßnahme bereits jetzt an die Öffentlichkeit zu gehen, das den Universitäten mitzuteilen, und nicht bis Anfang Dezember zu warten.

Die Gespräche, die wir bislang mit den Universitäten geführt haben, und die Berechnungen, die wir vorgenommen haben, was die Teuerung für das Jahr 2023 angeht, haben einen Mehrbedarf für die Universitäten von 150 Mil-


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lionen Euro ergeben. Das bedeutet, dass wir alleine für 2023 den Univer­sitäten zusätzlich 400 Millionen Euro zur Verfügung stellen können. Das ist keine kleine Summe.

Ich weiß, dass einzelne Universitäten nun in den Raum stellen, sie müssten auf Distancelearning umstellen. Ich halte das für nicht gut. Ich halte es für nicht richtig, dass budgetäre Debatten auf dem Rücken von Studierenden ausgetragen werden. Das halte ich für nicht fair gegenüber den Studierenden, da bin ich dagegen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Blimlinger.)

Eines ist klar: Auch die Universitäten werden ihren Beitrag leisten müs­sen, die Universitäten haben Rücklagen, die sie für Notzeiten angelegt haben, und die Universitäten werden jetzt auf einen Teil dieser Rücklagen zurück­greifen müssen. Die Universitäten werden durch Energiesparmaßnahmen und so weiter ihren Beitrag leisten müssen. Ich weiß, dass sie das auch tun werden.

Frau Abgeordnete Kuntzl, ich habe mir deshalb erlaubt, zu lachen, weil es nicht richtig war, zu behaupten, dass eine Universität in Insolvenz gehen wird. Frau Rektorin Seidler hat das behauptet, aber das stimmt nicht. Frau Rektorin Seidler ist eine ausgezeichnete Universitätsmanagerin, aber so etwas sollte man nicht leichtfertig sagen, und so etwas sollte man auch nicht ungefiltert übernehmen. Sie selbst haben auch Ahnung von Universitäten. In den Raum zu stellen, dass eine Universität im Jahr 2024 in Insolvenz gehen wird, ist einfach lachhaft, es tut mir leid. Das wird nicht passieren. Dafür ist eine Managerin einer Universität da: um alles zu tun, um das zu verhindern. Das wird nicht passieren und das sollte man auch nicht in den Raum stellen. Man sollte nicht mit den Ängsten der Stu­dierenden spielen, man sollte hier nicht ungerechtfertigt den Teufel an die Wand malen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Hamann und Prammer.)

Lassen Sie mich zu den Fachhochschulen kommen: Auch im Bereich der Fachhochschulen, der zweiten großen Säule der Hochschullandschaft, werden zusätzliche Investitionen getätigt. Das Fachhochschulbudget wird über den


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Finanzrahmen in den nächsten Jahren um 131,5 Millionen Euro aufge­stockt. Damit werden weitere Investitionen in den Fachhochschulbereich ermöglicht. Auch für 2023 ist bereits eine Erhöhung der Fördersätze um 10 Prozent aus Rücklagen geplant. Wir werden den Fachhochschulen ungefähr 38 Millionen Euro zur Verfügung stellen, damit sie auch 2023 gut über die Runden kommen.

Was mich sehr freut, ist die gelungene Reform der Studienförderung, denn jeder und jede in Österreich soll studieren können. Mit 1. September erfolgt daher eine Erhöhung der Studienbeihilfe um 8,5 bis 12 Prozent. Dafür stehen zusätz­lich 70 Millionen Euro bereit. Künftig wird es außerdem eine Valorisierung der Studienbeihilfe geben, das heißt, den Studierenden werden auch darüber hinaus entsprechende Erhöhungen zugutekommen.

Zur Forschung: Das zu beschließende Bundesfinanzrahmengesetz bildet die Grundlage für den FTI-Pakt 2024 bis 2026, also für das Budget der außeruni­versitären Forschung für diesen Zeitraum – vom Budget der Forschungsein­richtungen wie der Akademie der Wissenschaften, dem FWF und so weiter bis hin zu internationalen Mitgliedschaften, aber auch Einzelprogrammen.

Das Budget für das Jahr 2023 ist laut FTI-Pakt bereits im Bundesfinanzgesetz eingestellt. Das Budget des Bundesministeriums für den FTI-Pakt 2024 bis 2026 wird rund 2,586 Milliarden Euro betragen. Das ist im Vergleich zum FTI-Pakt 2021 bis 2023 mit 1,9 Milliarden Euro ein Plus von 34 Prozent und eine Steige­rung um fast 660 Millionen Euro. Das ist ein Plus von 34 Prozent für die nächsten Jahre, was die Forschung der außeruniversitären Einrichtungen angeht. Das ist wirklich eine massive Investition in die Forschung. (Beifall bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Diese Budgetsteigerung liegt deutlich über dem, was aktuell an Inflation erwartet wird. Wir werden nach dem Beschluss des Bundesfinanzrahmen­gesetzes im Nationalrat zusammen mit den anderen für Forschung zu­ständigen Ministerien die Schwerpunkte für den FTI-Pakt beschließen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir dem Nationalrat in vielen Bereichen ein gutes und in manchen Bereichen ein sehr gutes Budget vorlegen können. Wir setzen damit zahlreiche Neuinitiativen und stellen sehr wohl Mittel bereit, um aktuelle Herausforderungen gut bewältigen zu können. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Theresia Niss. – Bitte.


17.57.37

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ein guter Nachmittag beginnt mit einem zukunftsgerichteten Budget – das kann man für den Bereich der Forschung definitiv sagen.

Wie wir alle wissen, ist die Forschung ein ganz wesentlicher Faktor für die Lösung von Herausforderungen, wie wir sie haben – wie die Klimakrise, den demografischen Wandel oder auch den Kampf gegen Krankheiten. Oft sind es die Erkenntnisse der Grundlagenforschung, die durch einen guten Wissens­transfer in Technologieentwicklungen oder -innovationen von Wirtschaft und Industrie umgewandelt werden. Diese wiederum sind wichtig für Länder wie Österreich, die eine extrem forschungs- und innovationsgetriebene Wirtschaft und Industrie haben. Somit können wir, obwohl wir gewissermaßen ein Hochsteuerland sind, auch so gut reüssieren.

Mit dem Bundesfinanzrahmengesetz bilden wir die Grundlage – der Herr Minister hat es schon gesagt – für den nächsten FTI-Pakt. Dieser Pakt setzt die Schwerpunkte, die die Bundesregierung vorgibt – wie beispielsweise die Energiewende, Quantentechnologien, AI, Lifesciences et cetera –, durch Vereinbarungen, die sie mit den Forschungseinrichtungen oder Forschungs­förderungseinrichtungen trifft, in die Praxis um. Da konnten wir eine


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Steigerung von 34 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro erreichen. Das übersteigt jegliche Inflationsrate, und dadurch glaube ich, auch wirklich behaupten zu kön­nen, dass das ein zukunftsgerichtetes Budget ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Als Digitalisierungssprecherin möchte ich noch kurz auf den Bereich der Digita­lisierung in der Bildung eingehen. Letztes Jahr hatten wir die Ausrollung der Geräte, mit diesem Jahr führen wir das Pflichtfach digitale Grundbildung ein. Die Kinder werden nicht nur auf die Herausforderungen der Digitalisierung im Alltag, auf den richtigen Umgang mit digitalen Medien, sondern eben auch auf so wichtige Fähigkeiten wie Programmieren und den Umgang mit Informatik vorbereitet, die gerade in der Berufswelt in Zukunft noch entscheidender sein werden. Dafür nehmen wir zusätzliche 50 Millionen Euro in die Hand. Das Fach ist ein Pflichtfach, und Österreich ist damit eines von acht Ländern in der EU und das einzige westeuropäische Land, das in der Sekundarstufe I und II digitale Grundbildung oder eben Informatik lehrt.

Dass durch dieses Fach dann noch zusätzlich vor allem auch Mädchen für tech­nische Studien und Lehrberufe begeistert werden, ist im Hinblick auf den Fachkräftemangel sicherlich auch zukunftsweisend. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, es ist nicht alles so schlecht, wie es von der Opposition oft gerne geredet wird. In Zeiten einer extremen Krise, in der wir uns definitiv befinden, müssen wir natürlich auf die aktuellen Herausforde­rungen eingehen, aber wir schauen mit diesem Budget auch in die Zukunft.

Wir investieren in die Zukunft, wir stärken Forschung und Digitalisierung, das ist wichtig und richtig, und wir sind das auch den nächsten Generationen schuldig. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.00


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Tanzler. – Bitte.



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18.00.56

Abgeordnete Petra Tanzler (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir sind jetzt beim letzten Tagesordnungspunkt für heute angelangt, und auch wenn noch so viele Redner der Regierungsparteien hier stehen, das Budget für den Bildungsbereich wird nicht besser. (Abg. Taschner: Es ist schon sehr gut! Es ist ein gutes Budget! – Abg. Michael Hammer: Genau!)

Auch im Ausschuss wurde versucht, es schönzureden. Es ist eine Fortsetzung des alten Weges, das sagt sogar der Bericht des Budgetdienstes. Es löst keine Probleme. Auch wenn Sie alle Budgetposten aufzählen, Herr Minister, es kommt nichts Neues dazu.

Von der 1 Milliarde Euro, die es zusätzlich gibt, sind 900 000 Euro für Personal­kosten vorgesehen, was aufgrund der Erhöhung der Gehälter gebraucht wird. Was den Rest betrifft, mit dem, was da übrig bleibt, sind wirklich keine großen Sprünge zu machen. Da braucht man auch kein Rechengenie oder Mathe­matik­professorin zu sein. Man kann leicht erkennen, dass die Behebung akuter Baustellen einfach nicht möglich ist.

Die Inflation wird höher als die Investition sein. Wenn bei der Bildung gespart wird, ist es kein gutes Budget, es ist ein schlechtes Budget für dieses Land. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Sie haben von allen Ressorts das Wenigste bekommen, das wissen wir, und mit dem Geld kann ausschließlich der Status quo aufrechterhalten werden. Es ist ein Stillstand für 2023 und ab 2024 eine reale Kürzung.

Das kann man nicht schönreden, es gibt keine Fortschritte, sie sind nicht mög­lich. Nachhaltige Lösungen im Bildungsbereich können damit auch nicht gemacht werden. Kollegin Hamann, wenn Sie von dauerhaften Lösungen sprechen: Bei diesem Tempo und diesen Investitionen werden wir in 100 Jahren noch nicht


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dort sein, wo wir es uns ungefähr vorstellen würden. (Beifall bei der SPÖ.  – Abg. Taschner: Frau Kollegin, das sind doch Stehsätze!)

Sie haben monatelang von großen Würfen gesprochen und davon, was jetzt alles kommt. Wir sehen aber nichts. Es kommt in minimalen Schritten, in kleinen Schritten, diese ändern aber am Zustand nichts.

Im Vergleich dazu werden 600 000 Euro bis 800 000 Euro in Werbung inves­tiert. Mit Verlaub, glauben Sie, Werbung allein wird es lösen, dass es dann mehr Pädagoginnen und Pädagogen gibt? – Ich würde sagen, es müssen erst die Rahmenbedingungen – die dienstrechtlichen Baustellen, die Ausstattungen bis hin zur Bezahlung in den Einrichtungen – verbessert werden, damit sich irgendjemand dafür interessiert, diesen Beruf auch ausüben und davon leben zu können.

Ich denke, dass Werbung alleine das nicht schaffen wird. Dieses Geld könnte wahrlich besser investiert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Man sieht schon, dass diese Regierung für Pädagoginnen und Pädagogen, für Eltern, Kinder und somit auch für die Zukunft dieses Landes nur sehr wenig übrig hat, sonst würden Sie dringend handeln. Sie verwalten unser aller Steuergeld, setzen es aber nicht gerecht ein. Das ist verantwortungslos und jeder Tag, an dem Sie länger das Sagen haben, ist leider ein verlorener Tag für uns alle. (Abg. Taschner: Diese Platte kennen wir schon!)

Es wird mit dieser Regierung und vor allem mit der ÖVP in der Regierung leider kein Fortkommen im Bildungsbereich geben. (Abg. Michael Hammer: Welche ÖVP meinen Sie?) Das wissen wir seit Jahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wieder ist eine Chance für unsere Kinder und somit für die Zukunft unseres Landes vertan. Sie reden seit zwei Tagen davon, dass Sie den Wirtschafts­stand­ort und den Wohlstand sichern wollen, nur: Ohne Investition in die Bildung ist das nicht möglich, und das verstehen Sie leider nicht.


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Die Prioritäten sind klar und erkennbar, Sie machen Klientelpolitik aus Eigen­interesse. Es gibt genug Geld für dieses Land, aber es wird nicht richtig verteilt. Schön langsam müsste jedem und jeder in diesem Land klar sein, dass diese Regierung nicht Chancen verteilt, nicht zukunftsorientiert arbeitet und vor allem nicht gerecht verteilt. Die Kinder haben sich mehr verdient. Sie sind die Zukunft unseres Landes.

Herr Minister, ist fordere Sie noch einmal auf: Setzen Sie sich dafür ein! (Abg. Michael Hammer: „Neuwahlen!“ rufen!) – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.04


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. (Abg. Kucher: Schön, dass wir jetzt Kollegen Hammer auch schon überzeugt haben von den Neuwahlen! – Abg. Einwallner: Jetzt wird das Klavier noch einmal verteidigt, der goldene Flügel!)


18.04.46

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren und auch Kolleginnen und Kollegen vor den Bildschirmen! Frau Abgeordnete Künsberg Sarre hat gesagt, hier sitzen viele Ex-Rektoren – ich glaube, es sind mittlerweile nur drei – und Professoren und Professorinnen. Das ist wahrscheinlich das Problem.

Wir wissen genau, wie Unis funktionieren, und sind daher, auch was die Finan­zierungsperspektiven betrifft, vielleicht immer ein bisschen auf einer anderen Ebene als diejenigen, die die Universitäten nicht aus der Managementsituation heraus kennen wie – ich sage jetzt einmal – wir drei – Kollege Smolle, Polaschek und ich. Wir sind da vielleicht auch immer einen Funken misstrauisch, weil wir wissen, wie Budgets zustande kommen.

Nichtsdestotrotz brauchen die Universitäten natürlich zusätzliches Geld. Es ist schon zu sagen, dass diese 1,2 Milliarden Euro für den Rest des Jahres 2022


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sowie für die Jahre 2023 und 2024 sind. Wenn wir über das Jahr 2023 reden – und nur über das reden wir hier, denn darum geht es im Budget –, brauchen die Unis laut Berechnung der Uniko 560 Millionen Euro.

Jetzt hatten wir 250 Millionen Euro im Budget, und nahe dem Martinstag hat dann der Minister einen Teil des Mantels – jetzt nicht bis zu 560 Millionen Euro – über die Universitäten geworfen. (Abg. Michael Hammer: Das ist bildlich gut dargestellt! – Abg. Höfinger: Sie haben ein schönes Bild gezeichnet!) Wir sind – Gott sei Dank sozusagen – in der Situation, dass die Universitäten, hoffe ich, auch dem Bundesminister nicht im Traum erscheinen.

Es geht also um 560 Millionen Euro, 400 Millionen Euro haben wir. Wir warten jetzt einmal ab, was das Ergebnis der Gehaltsverhandlungen bei den Beamten ist, das wird ungefähr bei beziehungsweise über 7 Prozent – in der Nähe jenes der Lohnverhandlungen der Metaller – liegen. Das kann man sozusagen leicht pro­gnostizieren.

Die Gehaltsabschlüsse der Beamten, Beamtinnen, Vertragsbediensteten werden ungefähr in der Höhe der Lohnabschlüsse der Metaller liegen, weil die Berech­nung diesmal sozusagen den Metallern viel näher kommt als normalerweise. Das heißt, es werden ungefähr 5 Prozent für die Personalkostensteigerung übrig bleiben, weil 2 Prozent im laufenden Budget berücksichtigt sind.

Es wird also Wege geben, dass wir diesen 560 Millionen Euro nahekommen. Das werden nicht 560 Millionen Euro sein. Das ist vielleicht auch nicht ganz notwen­dig. Ich denke, es werden am Ende 500 Millionen Euro sein, die durch verschie­denste Komponenten – einerseits durch Budgets der Universitäten selber, andererseits auch durch mögliche Sponsorensituationen von Energie­agenturen, Energieanbietern – aufgebracht werden.

Es gibt zum Beispiel bereits jetzt eine Kooperation der Energie Steiermark mit der TU Graz, einer sehr energieverbrauchenden Universität wie die TU Wien. Also keine Sorge, die Universitäten können ihre Lehrveranstaltungen weiterhin


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in Präsenz machen. Nebstbei wird die Studienbeihilfe erhöht, indexiert, das schlägt sich auch im Budget nieder. Das war eine Forderung, die die SPÖ jahrelang hatte, aber nie umgesetzt hat. Wir haben sie erstmals gemeinsam umgesetzt. (Beifall bei Abgeordneten den Grünen.)

Es gibt sehr viele neue Universitätsbauten, dazu gehört der Med-Uni-Campus Wien. Es gibt ein wunderbares Projekt in Klagenfurt, in das auch sehr viel Geld hineinfließt. (Abg. Michael Hammer: Digital-Uni Linz!)

Kollegin Niss hat eigentlich zusammengefasst, was aus der Forschung zu sagen ist. Da Kollege Kucher heute noch einmal spricht: Nein, im Budget ist nicht vorgesehen, dass die Studienplätze der Mediziner verdoppelt werden, und das werden sie auch ganz sicher nicht. Ich denke, er wird in seiner Rede anmerken, wie es mit den Medizinern ausschaut. (Abg. Kucher: Sie sind gut informiert!) Genau darum geht es: Studiensituationen zu schaffen, die realistisch sind.

In diesem Sinne bin ich im Übrigen natürlich noch immer dafür, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. (Abg. Rauch: So ein Blödsinn!) – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Martin Graf. (Abg. Martin Graf: So viel zum Martinstag! – Ruf bei der ÖVP: Hast ein Gansl mit?)


18.09.11

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Auch die Menschen vor den Bildschirmen begrüße ich recht herzlich bei dieser heutigen Debatte! Ich weiß nicht, ob ich nicht in einer Welt lebe, in der Regie­rungsparteien auf der einen Seite, Minister auf der anderen Seite am Ende einer totalen Realitätsverweigerung unterliegen.

Wenn ich mir das anschaue, feiern hier die beiden Regierungsparteien und auch der Herr Bundesminister mit Stückwerkzahlen – da 5 Millionen Euro, da


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100 000 Euro und so weiter – ein Budget ab, das bereits am Freitag nach der Beschlussfassung überholt ist, wie wir alle wissen. Dann wird es mit Ver­sprechungen garniert, dass man in der Zukunft da und dort Rücksicht nehmen wird. Wie hat es Kollegin Blimlinger genannt? – „Wir warten [...] einmal ab“. – Das ist doch keine Planungsgröße, die man sich im tertiären Bildungsbereich in Wirklichkeit vorstellt.

Sehr geehrter Herr Bundesminister, bei allem Respekt: Sie sind Wissenschafts­minister und nicht Finanzminister oder der Atlant des Finanzministers. Ich sage nur ein paar Beispiele, warum auch großes Misstrauen darüber herrscht, ob das tatsächlich alles eintrifft.

In den vergangenen Jahren wurden nicht immer die vollen Budgets ausbezahlt, Sie haben sie sich durch Bindung und so weiter in den Rücklagen behalten. Es sind 750 Millionen Euro alleine im Wissenschaftsbereich, die zwar in den Budgets der vergangenen Jahre abgebildet waren, aber gar nicht den Weg zu den Bildungseinrichtungen gefunden haben und jetzt in der Rücklage gelandet sind. Das heißt, das war schon in der Vergangenheit so.

Die Zukunft ist planbar, wir wissen ja die Zahlen hinsichtlich Inflation, Teuerung und Ähnlichen mehr. Da wundert es mich schon, dass hier so großartig gefeiert wird, und dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Opposition da nicht Beifall klatscht, sondern das genauso sieht. Ich meine, wenn drei ehemalige Rektoren – in jeder Regierungspartei sitzt einer, plus ein Rektor auf der Regie­rungsbank – die tertiäre Bildungspolitik mehr oder weniger wie einen Sparverein betreiben, dann fehlt mir das Verständnis. Kollegin Blimlinger verzeihe ich das, die hat ihre kaufmännische Ausbildung in der Tabaktrafik genossen (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS), aber alle anderen, die hier im Hohen Haus sind, wissen doch darüber Bescheid, was los ist.

Auf der einen Seite sind in den letzten zwei Jahren 4 Milliarden Euro allein mit dem Testregime dieser Bundesregierung zum Fenster hinausgeworfen worden. Auf der anderen Seite geht es dann bloß um eine Abgeltung der Teuerung, die


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wir heute schon kennen – 150 Millionen Euro, die noch fehlen, oder viel­leicht sind es 170 Millionen Euro –, und da zaudern und zögern Sie als Minister und spielen wie ein Finanzminister mit den Institutionen. So kann man das nicht betreiben, so erwirbt man auch kein Vertrauen in all diesen Institutionen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Realitätsverweigerung trifft es da schon eher. Ich führe noch ein anderes Beispiel an. Sie müssen, Herr Bundes­minister, bitte ganz dringend nicht nur im tertiären Bereich, sondern auch im Sekundarbereich und überall mit diesem COVID-19-Maßnahmengesetz, das Sie erlassen haben, endlich abfahren, denn die Leute können damit nicht ver­antwortlich umgehen. Ich nenne wieder ein Beispiel, im Ausschuss ist es schon erwähnt worden. Es ist auch immer die Frage des Vertrauens in die Wissen­schaft. Wenn solche Beispiele vorkommen, wird es nie Vertrauen in die Wissenschaft geben. Wenn zum Beispiel die WU Wien am heutigen Tag immer noch Stellenausschreibungen im Netz hat, in denen sie sagt:

„Unser Ziel ist es den Studierenden und Mitarbeitenden einen sicheren Präsenzbetrieb an der WU zu ermöglichen. Daher ist der Nachweis über eine vollständige Covid-19-Impfung Voraussetzung für eine Anstellung.“ – Dann schreiben sie weiter: Die Aufnahme an der WU ist „nur möglich, wenn im Bewerbungsverfahren die Bereitschaft geäußert wird, die Impfung gegen Covid-19 schnellstmöglich nachzuholen“ – sollte man sie nicht haben. „Bei Unter­zeichnung des Arbeitsvertrages ist eine entsprechende schriftliche Erklärung zu unterfertigen.“

Herr Bundesminister, Sie sind doch Rechtsaufsicht! So etwas kann man in Zeiten wie diesen einfach nicht stehen lassen, wenn am Ende die Wissenschafter an den Universitäten überhaupt nicht evidenzbasiert in diesem Bereich herum­schwur­beln. Sie schauen zu, wenn so etwas noch gemacht wird.

Ich kann nur sagen: Herr Minister, werden Sie zu einem echten Wissenschafts­minister! Setzen Sie sich für die Universitäten, für die Fachhochschulen ein, setzen Sie sich für die Bildungsinstitutionen grosso modo ein und leisten Sie


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nicht die Assistenz für den Herrn Finanzminister! Bilden Sie vor allem nicht wieder nächstes Jahr schon die nächsten Rücklagen für übernächstes Jahr, sondern lassen Sie der Universität und den Bildungseinrichtungen schon im Vorfeld Planungssicherheit, noch dazu wenn wir wissen, dass das Budget, das wir beschließen, am Freitag in diesem Punkt bereits überholt sein wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.15


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Smolle. – Bitte.


18.15.39

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Universitäten haben ein dreijähriges Budget, eine dreijährige Leistungsvereinbarungsperiode. Jetzt läuft 2022 bis 2024, das erste Jahr ist vorbei. Sie hatten für die drei Jahre eine Budgetsteigerung von 12,7 Prozent, damals bei der Annahme von rund 2 Pro­zent jährlicher Inflation. Das war natürlich ein gutes additives Plus. Nun haben wir eine viel stärkere Inflation, und dementsprechend kommen für die nächsten zwei Jahre 500 Millionen Euro zusätzlich und für das kommende Jahr noch einmal 150 Millionen Euro drauf, was bedeutet, dass für das Universitätsbudget von heuer auf nächstes Jahr eine Steigerung von gut 10 Prozent stattfindet.

Dieses Geld verdienen die Universitäten auch, denn die österreichischen Uni­versitäten leisten sehr viel. Es ist das erste Mal in der Geschichte, seitdem es Rankings gibt, dass drei österreichische Universitäten weltweit unter den top 200 zu finden sind. Und dass die Anzahl der Absolventinnen und Absolven­ten der Studienabschlüsse in den Indikatoren deutlich über dem Zielwert liegt, zeigt, dass die Universitäten auch in der Lehre mehr als ihre Hausaufgaben erfüllen.


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Schauen wir in der Forschung ein bisschen weiter – international –: Die österreichische Wissenschaft ist in der Lage, von den kompetitiv einzu­wer­benden Mitteln der Europäischen Union überproportional viel nach Österreich zu holen. Das ist ein weiteres Qualitätsmerkmal.

Nicht zuletzt spreche ich auch den Nobelpreis an. Das ist natürlich eine ganz persönliche Leistung von Anton Zeilinger (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS), aber dass eine solche Entwicklung auf österreichischem Universitätsboden möglich ist, lässt mich auch zuver­sichtlich in die Zukunft schauen.

Mein fast schon – nicht ganz – halbes Jahrhundert, das ich als Universitäts­angehöriger in verschiedenen Funktionen verbringe – als Student, ebenso auch als Rektor –, hat mir einen gewissen Grundoptimismus vermittelt und diesen auch verstärkt. Ich habe großzügigere Jahre erlebt, ich habe knappere Jahre erlebt, aber ich habe immer erlebt, dass es mit den österreichischen Univer­sitäten einen konstruktiven weiteren Weg gibt. Genau dieser Optimismus ist durch dieses Budget auch wieder bestätigt worden. Das Budget steht für Krisenbewältigung und Zukunftsinvestition, und dieses Geld, das an die Uni­versitäten geht, ist beides. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter. – Bitte.


18.18.46

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allem liebe Forscherinnen und Forscher! An Sie möchte ich mich besonders wenden, weil ich Sie bewundere. Weil ich bewundere, was For­scherinnen und Forscher arbeiten, freue ich mich, dass ich nach einem bekann­ten österreichischen Forscher, Kollegen Smolle, hier sprechen darf.


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Eines muss ich aber schon sagen: Wenn wir im Staatsgrundgesetz stehen haben: „Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei“, dann sage ich: Ja, aber leider ist sie in Österreich inzwischen frei von Vision. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Taschner: Bitte? Also Wissenschaft und Lehre sicher nicht!)

Herr Bundesminister, ich habe Ihnen zugehört und ich bin ein höflicher Mensch. Ich muss sagen: Ja, da hat jemand etwas vorgelesen. Wissen Sie, was mir aber gefehlt hat? – Mir hat dieser Spirit gefehlt. Mir hat das gefehlt, was ich sehe, wenn ich mit Forscherinnen und Forschern rede: dieses Glühen in den Augen, diese unglaubliche Arbeit, die sie leisten. Ich könnte das nicht, ich finde es unglaublich toll, dass Leute sich über Jahre – Prof. Zeilinger ist genannt wor­den – mit einem Thema beschäftigen und dann etwas Einmaliges heraus­bringen.

Diesen Menschen aber müssen wir doch etwas geben, und wir müssen ihnen verschiedene Sachen geben: erstens, wie gesagt, diesen Spirit und diese Vision, dass sie in Österreich richtig aufgehoben sind und dass man hier frei und ordentlich arbeiten kann; und das Zweite ist natürlich schon Geld, Geld spielt natürlich eine Rolle.

Wenn ich dann so eine Forscherin, ein Forscher bin, dann sehe ich: Da ist Wahlkampf in Oberösterreich, und es heißt: Na gut, stellen wir halt eine Uni hin! – Ich habe nichts gegen eine Universität in Oberösterreich, Kollege Hammer, ganz im Gegenteil, aber was ist mit der Planung vorher, dem Einbinden der Professorinnen und Professoren? (Abg. Taschner: Das ist platt, dieses Argument!) Das mit Prof. Hochreiter habe ich jetzt schon mehrfach gefragt: Der beste Forscher in Bezug auf künstliche Intelligenz ist bei der Gründung einer Digitaluniversität nicht eingebunden worden! Ganz im Gegenteil, heute sagt er: Wenn ihr das macht, dann gehe ich raus aus Österreich! – Was ist denn das für eine Planung? Das ist ja absurd! Deswegen noch einmal meine Frage: Haben Sie endlich mit ihm geredet?


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Also erstens ist es das Geld. Zum Geld ist aber noch etwas zu sagen. Ich habe auch mit Rektorinnen und Rektoren gesprochen, und die sagen: Na ja, zuerst haben sie gesagt, sie haben nichts. Jetzt haben sie schon 150 Millionen Euro mehr. Worauf soll ich mich einstellen? Dann haben sie gesagt, ich soll auf meine Rücklagen zurückgreifen. Wie erkläre ich das einerseits künftig einem Sponsor, wenn der sagt: Sie haben ja eh noch Rücklagen!? Andererseits ist es möglicher­weise auch ein Eingriff in die Autonomie. (Abg. Taschner: Bitte?!)  – So einfach, Herr Bundesminister, kann man es sich wirklich nicht machen.

Weil wir beim Thema Geld sind, komme ich zum nächsten Punkt: Man kann mit Geld natürlich jedenfalls etwas bewegen. Darüber habe ich mich mit Herrn Prof. Zielinski unterhalten. Er hat gesagt: Natürlich, als wir dieses Comprehen­sive Cancer Center gegründet haben, ging es um die Idee und alles Mögliche, aber es war natürlich auch Geld notwendig, um das gründen zu können! – Dieses Comprehensive Cancer Center hat inzwischen großartige Forschungsergebnisse erzielt; aber darüber hinaus: Ich wünsche allen in Österreich, dass man Prof. Zielinski und seine Kolleginnen und Kollegen nie braucht, aber wenn wir ihn brauchen, wissen wir, wir haben ihn und diese großartigen Leute, seine Kolleginnen und Kollegen, in Österreich. Gut, dass man ihnen damals das Geld, die Ausstattung und die Möglichkeit gegeben hat, das zu gründen! Wir brauchen wieder ähnliche Initiativen. Da bin ich wieder beim Spirit, und der fehlt leider. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe mit ihm auch darüber gesprochen, und er sagt: Ja, auch in der Krebs­forschung – bei Prominenten bekommt man das mit, wenn jemand an der Lunge oder am Herzen operiert wird – sind wir ganz weit vorne, beim Einsatz von Geld in anderen Bereichen könnten wir aber noch viel besser sein! – Warum sind wir nicht viel besser?

Damit komme ich zum nächsten, wie ich glaube, auch entsprechenden Punkt, nämlich zur Frage dieser Wissenschaftsfeindlichkeit. Die hat uns ja in den letzten zwei Jahren wirklich ganz massiv bewegt. Da bin ich froh, dass Prof. Zielinski mit dem Journalisten Herbert Lackner ein Buch geschrieben hat. Kollege Stöger hat


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es schon gelesen. Wenn es hier noch nicht gelesen wurde, möchte ich darauf hinweisen, das ist wirklich spannend: „Die Medizin und ihre Feinde“. (Der Redner hält das genannte Buch von Christoph Zielinski und Herbert Lackner in die Höhe.) Kollege Hammer, das ist ein Buch, keine Broschüre, sondern ein ernsthaftes Buch! (Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei NEOS und SPÖ. – Abg. Taschner: Auch unsere Broschüren sind ernsthaft!)

Ich freue mich aber über gedruckte Produkte aller Art, wenn sie hier angeboten werden und wenn wir uns über die Inhalte unterhalten. Ich freue mich auch, wenn es Initiativen für die Pflege gibt. Das werden wir auch alle einmal brauchen, und das ist schon in Ordnung. Das ist aber ein wirklich ganz tolles Buch, und da ich noch ein paar Minuten habe, lese ich Ihnen gerne etwas vor. (Abg. Taschner: Ja, bitte, gerne! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Was? Doch, ich habe noch Zeit. Seien wir jetzt wieder ganz ernst, bitte! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na ja, ich möchte auch einmal Professor sein!

„Seit Jahrhunderten muss sich die Wissenschaft, besonders die medizinische, gegen religiöse Spinner, Scharlatane, Verschwörungstheorien und gewissenlose Geschäftemacher wehren.“ – Seit Jahrhunderten und in den letzten Jahren auch, habe ich dazugesagt. – „Schon Andreas Hofer“ – nichts gegen die Tiroler, gar nichts gegen Andreas Hofer –, „der große Tiroler Freiheitsheld, glaubte, man würde den braven Katholiken mit der übrigens schon damals hochwirksamen Pockenimpfung den Protestantismus einpflanzen.“ (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS.) „Johann Wolfgang von Goethe hingegen war ein entschlossener Befür­worter der Impfplicht.“

Also halten wir uns lieber an Johann Wolfgang von Goethe, halten wir uns an die Aufklärung, halten wir uns an die Wissenschaft und seien wir froh darüber, dass es sie gibt!

Herr Bundesminister, aber auch das ist ein Punkt: Wir müssen den Menschen – auch das beschreibt Prof. Zielinski hier sehr gut –, die sagen: Wer weiß, ob das


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stimmt – und da geht es nicht um Impfung, da geht es um viele andere Behand­lungen auch –, wer weiß, ob ich dem vertrauen kann!, erklären, dass wir diese großartigen Forscherinnen und Forscher, Wissenschaftlerinnen und Wissen­schaftler in diesem Land haben, dass sie das können und dass wir ihnen vertrauen sollen – und nicht denen, die halt irgendwelche Verschwö­rungsthe­orien daherbringen.

Noch ein Thema – und jetzt komme ich nochmals auf das Thema künstliche Intelligenz zurück –: In den Ausschusssitzungen haben wir erfahren, dass wir, was die Forschung betrifft, noch sehr gut sind – wenn Prof. Hochreiter abwandert, nicht –, aber in der Umsetzung nicht. Jetzt lese ich aber in vielen internationalen Berichten – und ich kann nur allen raten, das auch zu lesen, weil es so spannend ist –, dass das Thema künstliche Intelligenz gerade eine sehr rasante Entwicklung macht. Für Laien, wie ich einer bin, kann ich das sehr einfach ausdrücken: Es geht darum, dass Computer nicht nur gefüttert werden, sondern dass diese Computer sich untereinander austauschen, voneinander lernen und selbst neue Forschungsergebnisse hervorbringen.

Es gibt gescheite Menschen, die inzwischen sagen: Möglicherweise wird ein Computer einmal einen Nobelpreis oder einen ähnlichen Preis bekommen, weil diese Geräte selbst etwas erfunden haben, selbst etwas Neues gebracht haben – natürlich von Menschen programmiert, aber sie lernen dann selber dazu. Auch das ist ein Bereich, bei dem ich mich frage: Warum machen wir nicht mehr dazu? Es wäre so wesentlich!

Herr Prof. Polaschek – so spreche ich Sie jetzt an, weil das auch ein ernstes Thema ist –, Sie sind ja Rechtswissenschaftler. Bitte sagen Sie dieser Fraktion, Herrn Wöginger und übrigens auch Landeshauptmann Drexler, von dem ich enttäuscht bin, der auf einmal – das habe ich ihm eigentlich nicht zugetraut – gegen die Menschenrechtskonvention auftreten will (Zwischenrufe bei der ÖVP – Abg. Gödl: ... Sie können lesen und schreiben!), erklären Sie bitte den Damen und Herren, was die Europäische Menschenrechtskonvention überhaupt ist! Sie wissen das natürlich.


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Erklären Sie Ihnen bitte, dass sie nicht nur im Verfassungsrang ist, sondern dass das auch ein Vertrag von ungefähr 46 Ländern ist. Das heißt, wenn ein Ver­trags­partner kommt und sagt: Wir ändern den Vertrag!, denn geht das ja gar nicht. Da muss ich nicht einmal Jurist sein, um das zu begreifen. Dann finde ich es wirklich beleidigend, dass diese Aussagen da immer wieder kommen. (Beifall bei NEOS und SPÖ.) Da würde ich Sie wirklich bitten, dass Sie in Ihrer Eigenschaft als Pro­fes­sor und als Rechtswissenschaftler das auch noch aufklären.

Nun bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Uni-Budget erhöhen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung, wird aufgefordert, in Nachverhandlungen über die UG31 des BFG 2023 einzutreten und eine Budgeterhöhung für die Universitäten zu gewährleisten, mit der sichergestellt ist, dass die Universitäten ihren Lehr- und Forschungsbetrieb ohne Einschränkungen fortführen können.“

*****

Dieser Entschließungsantrag ist hiermit eingebracht. (Beifall bei den NEOS.)

Vielleicht noch zum Schluss: Kollegin Maurer ist leider nicht mehr da. Was uns verbindet, ist, dass wir beide Hochschülerschaftsvorsitzende waren, ich in Wien, sie war es sogar bundesweit. Ich möchte wissen, was Kollegin Maurer bei so einem Budget als Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft gemacht hätte.

Das möchte ich jetzt ganz zum Schluss auch noch sagen: Ich finde es doch ein bisschen bedauerlich, dass in diesem Land, in dem es so viele gut ausgebildete Professorinnen, Professoren, Rektoren, Rektorinnen et cetera und Studenten,


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die ja hoffentlich ordentlich Power und Spirit haben, gibt, die Proteste so leise waren. Man hört ein bisschen etwas da und dort. Wir müssen uns ja nicht dauernd vor irgendjemandem verneigen, sondern wir können ja gerade dastehen und sagen: Wir wollen mehr! Wir brauchen mehr, weil es für unser Land gut ist, weil es wichtig ist, weil wir den Wohlstand in diesem Land erhalten wollen und weil wir das für unsere Kinder und Kindeskinder machen, weil wir es für die Zukunft machen, weil wir es miteinander machen!

In diesem Sinne: Bitte, stimmen Sie diesem Antrag zu! Es ist ein wesentlicher Schritt für eine bessere Zukunft in diesem Land. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Uni-Budget erhöhen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 183. Sitzung des Nationalrats über Bundesfinanzrahmengesetz 2023-2026 und Bundesfinanzgesetz 2023, TOP 11, UG 31

Der Bundesbudget-Entwurf 2023 stellt für die Universitäten und ihre Studierenden, Lehrenden und Forschenden eine grobe Enttäuschung und Bedrohung dar. Während in anderen Bereichen des Budgets volle Inflationsabgeltungen und somit Erhöhungen in der Größenordnung von 10% gewährt werden, fällt die Erhöhung für die Univer­sitäten in deutlich geringerem Maß aus. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, wie schlecht diese Bundesregierung mit Geld umgeht und wie zukunftsvergessen sie Budgets erstellt. Rückläufige Investitionen in tertiäre Bildung schwächen den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Österreich und die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.


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Mangelwirtschaft im Bildungsbereich, von den Kindergärten bis hin zu den Hoch­schulen, ist für ein Land, dessen wichtigster Schatz seine Menschen sind, ein grober Fehler.

Nach den Jahren der Corona-Pandemie und den langen Distance Learning Phasen an den Universitäten muss zumindest ohne Zweifel sichergestellt sein, dass der Lehr- und Forschungsbetrieb ohne Einschränkungen fortgeführt werden kann und die Stu­die­renden vollumfänglich in Präsenz unter regulären Bedingungen ihrem Studium nach­gehen können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, in Nachverhandlungen über die UG31 des BFG 2023 einzutreten und eine Budgeterhöhung für die Universitäten zu gewährleisten, mit der sichergestellt ist, dass die Universitäten ihren Lehr- und Forschungsbetrieb ohne Einschränkungen fortführen können.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Brandstätter, es obliegt mir, festzuhalten, ob ein Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht ist. Das tue ich hiermit. Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht. Er ist auch ordnungsgemäß unterzeichnet und steht daher mit in Verhandlung. (Ruf bei den NEOS: Frau Präsidentin, das ist sehr lieb! – Abg. Brandstätter: Ich nehme das zur Kenntnis! – Abg. Steinacker: Das könnte man schon vorher wissen!)

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bettina Rausch. – Bitte.



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18.29.12

Abgeordnete Mag. Bettina Rausch (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier und zu Hause! Ich steige jetzt nicht nur wegen der mangelnden Zeit nicht in eine außenpolitische Debatte ein, aber ich bedanke mich für den Buchtipp. Kollege Brandstätter weiß, dass ich seine Buchtipps immer sehr gerne annehme und weitergebe. So weiß ich, was ich zu lesen habe.

Damit komme ich zurück zum Thema Wissenschaft und Forschung. Es geht ja bei Wissenschaft und Forschung natürlich immer auch darum, einen Wettstreit der Ideen zu führen, zu neuen Erkenntnissen zu kommen, vielleicht neue Wahrheiten auszuloten – keine Frage.

Gleichzeitig aber brauchen Wissenschaft und Forschung immer wieder als Ausgangspunkt oder Common Ground auch Fakten, die außer Streit stehen müssen. Daher möchte ich Fakten, auch wenn sie die Opposition heute immer wieder negiert hat, noch einmal anführen, von denen wir schon von Bundes­minister Polaschek und auch von Kollegin Blimlinger gehört haben.

Das Budget im Bereich Wissenschaft und Forschung steigt auf 5,9 Milliarden Euro, das sind 500 Millionen Euro plus bis 2024. Mit dem Abänderungsantrag, der von uns eingebracht wird und im Raum steht, sind das noch einmal 150 Millionen Euro plus. Das ist heute schon vielfach gesagt worden, und das bedeutet auch, so wie uns Minister Polaschek aus seiner persönlichen Erfahrung heraus versichert hat, dass die Leistungsperiode 2022 bis 2024 nicht nur um 17 Prozent besser als die vorherige ausgestattet ist – auch das ein Fakt, das außer Streit stehen sollte –, sondern dass auch diese neue Periode gut bestritten werden kann.

Im Bereich Forschung, der von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern mehr­fach angesprochen wurde, stehen 510 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Das ist wohl der zukunftsweisende Bereich in diesem Budgetkapitel, bei dem wir auch guter Dinge sein können, dass da etwas weitergehen wird.


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Budgetierungsprozesse – wer diese aus Unternehmen, Wirtschaftsunternehmen kennt, auch aus Bildungsunternehmen, die die Universitäten in gewisser Weise durchaus auch sind, weiß das; ich weiß, der Vergleich hinkt zum Teil – verlaufen in Schleifen. Kollegin Blimlinger hat das, glaube ich, sehr eindrucksvoll aus ihrer Erfahrung heraus geschildert. Es ist manchmal ein zähes Ringen, aber am Ende des Tages kann man so auch noch Potenziale finden, sodass sich jeder bewegen kann und dank Kreativität und Lösungsorientierung aller beteiligten Partner und nicht nur des Bundes und des Staatshaushalts etwas getan wird.

Also vielleicht appelliere ich an alle hier, ihre Verantwortung wahrzunehmen, auch an uns, dass wir nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen, nicht noch mehr eskalieren, sondern mit Zuversicht und auch mit Konstruktivität auf die Debatte und die Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner einwirken. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.31


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. – Bitte.


18.32.02

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! 1,2 Milliarden Euro – diese Lücke klafft im Budget österreichischer Universitäten. (Abg. Michael Hammer: Sagt wer?) – Die Uni­versitäten sagen das, Herr Kollege Hammer! Die Universitäten haben das mit Zahlen belegt. (Abg. Taschner: Nein, haben sie eben nicht! – Abg. Michael Hammer: Haben sie nicht!) Rektorin Seidler hat im „Mittagsjournal“ auch ganz klar dar­gelegt, wie sich das zusammensetzt. (Abg. Michael Hammer: Und die ist jetzt der Maßstab, oder was?)

Die Wissenschaftsfeindlichkeit in diesem Land beginnt in den Reihen der ÖVP, wenn Sie die Universitäten und die Rektor:innen dieses Landes diffamieren und diese Budgetlücke anscheinend ignorieren. Mit Ankündigungspolitik – dort eine


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Million mehr, da eine Million mehr – machen Sie die Universitäten zu Bitt­stelle­rinnen. Österreichs Universitäten werden zu Bittstellerinnen gemacht, und das von einem Wissenschaftsminister, der selber einmal Rektor war. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Die Rache des Kurz, der an der Universität gescheitert ist!)

Was bringt diese Lücke im Budget mit sich? – Diese Lücke bringt möglicherweise wieder Distancelearning für Studierende. Diese Lücke bedeutet, dass mög­licherweise auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Hause müssen, weil Labore geschlossen werden. Verträge, die befristet sind, stehen vor der Verlängerung auf der Kippe. Die TU Wien bereitet eine temporäre Schließung vor. All das ist wirklich eine Bankrotterklärung dieser Regierung. Auch die Studierenden, auch die Mitarbeiter:innen sind mit horrenden Lebenshaltungs­kosten, Heizungskosten, Stromkosten zu Hause konfrontiert und werden damit im Stich gelassen. (Abg. Taschner: In der Stadt Wien schon, ja!)

Aber nicht nur das: Auch der FWF, der Wissenschaftsfonds, hat bereits ange­kündigt, dass im kommenden Jahr weniger Projekte genehmigt werden können. Weniger Projekte bedeuten weniger Forschungsnachwuchs. All das sind Schäden für unser Land, die nachhaltig sind und Jahre, möglicherweise Jahr­zehnte nachwirken werden, wenn Sie da nicht nachbessern. Das ist eine dramatische Bestandsaufnahme für dieses Wissenschaftsbudget (Abg. Michael Hammer: Furchtbar! Furchtbar!) und, ich sage es noch einmal, eine Bankrott­erklärung dieser Regierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Ausbau von Fachhochschulen steht auch schon längst auf dem Plan. Verhandelt wird auf den letzten Drücker, Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und auch potenziell Studierende werden dabei vollkommen ignoriert. Eine finanzielle Absicherung für die Fachhochschulen fehlt vollkommen. Was uns dieses Budget aber verdeutlicht, ist, dass das Geld sehr wohl da ist, wenn es um von der ÖVP gewünschte Projekte geht. (Abg. Taschner: In welchem Universum leben Sie, Frau Kollegin?) Und das ist wirklich ein hochgradig problematisches Projekt.


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Herr Kollege Taschner, Sie fragen mich, in welcher Welt ich lebe. (Abg. Michael Hammer: Professor Taschner!) – Herr Kollege Taschner! Wir sind hier im Nationalrat, und das heißt: Herr Kollege, denn wir sind 183 Abgeordnete, und keiner ist hier mehr wert als der andere, Herr Kollege Hammer, und schon gar nicht Sie. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Wenn Sie mich aber fragen, in welcher Welt ich lebe, dann sage ich Ihnen: Ich lebe in einer Welt, in der ich die Proteste, die auf den Straßen sind und von Studierenden, von Lehrenden, von Rektor:innen getragen werden, sehr wohl wahrnehme. (Abg. Michael Hammer: Von Klimaklebeaktivisten!) Das sind Proteste, die Sie ignorieren, Proteste, die vor den Toren des Wissenschaftsministeriums verhallen.

Sogar Kollegin Blimlinger hat in der Sendung „Hohes Haus“ anerkannt, dass die Forderungen, denen seitens des Ministeriums nachgegeben wird, zu wenig sind (Abg. Michael Hammer: Nein, die Forderungen sind zu viel! – Abg. Taschner: Zu viel!), dass das Geld, das da ausgegeben wird, zu wenig ist und dass es da eine Nach­verhandlung, eine Nachbesserung des Budgets braucht. Überall, bei allen Fraktionen in diesem Haus, ist das angekommen, nur nicht bei der ÖVP. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Es ist wirklich dramatisch, eine derartige Finanzierungslücke bei Wissenschaft und Forschung dermaßen zu ignorieren. Die Universitäten schreien auf, aber auch die Fachhochschulen haben ein Problem. (Abg. Michael Hammer: Ihr habt auch ein Problem!) Und die pädagogischen Hochschulen werden in diesem Diskurs nur sehr wenig mitgenommen. Das ist aber das, was unser Land braucht: starke Universitäten, starke Fachhochschulen, starke pädagogische Hoch­schulen. Das sichert unsere Zukunft! (Abg. Taschner: Und für die sorgen wir, Frau Kollegin!)

Vor über zehn Jahren hat es geheißen: Uni brennt! Heute heißt es: Uni friert! Ich möchte hier die Aussage einer Studentin bei den Protesten gestern in Graz


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wiedergeben, die gesagt hat: Auf geht’s Martin, her mit der Kohle! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

18.36


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gertraud Salzmann. – Bitte.


18.36.49

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus, aber auch liebe Zuseher daheim vor den Fernsehgeräten! Ja, zu späterer Stunde heute, nach einem langen Tag vieler Budgetdebatten sind wir bei der Bildung angelangt. Und die Bildung, meine Damen und Herren, ist ein ganz zentraler Schlüssel für die Entwicklung eines Landes, für die Entwicklung unserer Kinder, unserer Jugendlichen und letztendlich auch für die Frage, in welche Zukunft wir gehen. Diesem Aspekt, meine Damen und Herren, trägt das vorliegende Budget ganz klar Rechnung.

Ich möchte einiges zurechtrücken, was von meinen Vorrednerinnen und Vor­rednern gekommen ist. Erstens darf ich Ihnen versichern: Wir haben aus­gezeichnete Bildungseinrichtungen in unserem Land! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brandstätter: Ja, eh!) Wir haben ausgezeichnete Schulen, wir haben ausge­zeichnete Lehrerinnen und Lehrer, wir haben hervorragende Universitäten, hervorragende Fachhochschulen und auch hervorragende pädagogische Hochschulen, an denen tagtäglich ganz viel an Bildung und an Investition in die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen und unseres Landes geleistet wird. Das möchte ich hier festhalten und zugleich allen, die in diesen Bildungsprozess involviert sind, von dieser Stelle aus auch einmal ein ganz großes Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Schauen wir uns das Budget genauer an: 1,3 Milliarden Euro mehr für das kom­mende Jahr – so wie letztes Jahr schon über 1 Milliarde Euro im Jahr mehr, auch heuer wieder 1,3 Milliarden Euro mehr, Herr Minister. Da haben Sie sicher gut


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verhandelt. Wenn da jetzt vielleicht der Einwand kommt, dass da so viel in Personalkosten geht – ja, natürlich geht da viel in Personalkosten rein. Wie wird Bildung denn vermittelt? Wir setzen ja die Kinder nicht nur vor einen Computer und sagen: Lernt das selber! (Abg. Taschner: Herr Brandstätter macht das schon!), sondern das machen unsere bestens ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer, und daher geht natürlich auch ein ordentlicher Teil des Budgets in die Personal­kosten. Das liegt ja auf der Hand.

Darüber hinaus, Herr Minister, haben Sie es geschafft, im zukünftigen Budget die Gelder für das administrative, aber auch für das psychosoziale Unterstützungs­personal weiter zu erhöhen. Sie bauen auch das 100-Schulen-Projekt weiter aus, die Schülerbeihilfen werden erhöht, die Sommerschule wird stärker ausgebaut, und wir gehen auch stärker in die Elementarpädagogik, die ja ganz wichtig ist, hinein. Wir errichten Pflegeschulen. Da geht auch mit dem Pflegestipendium, mit dem Bonus für die Praktikantinnen und die Praktikanten ganz viel Geld hinein. Wir starten eine Offensive gegen den Fachkräftemangel. Es lässt sich da ganz vieles aufzählen, was sich in diesem Budget hervorragend abgebildet findet.

Auch ganz wichtig ist: Wir bauen auch die Digitalisierung weiter aus, das heißt, wir rollen nicht nur die Endgeräte aus, sondern wir gehen auch ganz stark in die digitale Grundbildung und geben den Schülerinnen und Schülern das mit, was notwendig ist.

Ein letzter Satz (Abg. Michael Hammer: Wirklich der letzte!): Auch das dritte Gemeindepaket, meine Damen und Herren, ist ein ganz wesentlicher Beitrag für die Bildung in unserem Land. Warum? – Ihr alle seid hoffentlich so wie ich auch in den Gemeinden unterwegs, und ich weiß, wie unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dieses Geld sinnvoll investieren: vielfach in die Errichtung und in den Ausbau von Kinderbetreuungsstätten und Schulen. Daher gehen wir mit der Bildung auch weiter in eine gute Zukunft. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.40



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Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


18.40.49

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, da wird jetzt viel über Geld geredet. Ich stehe jetzt den zweiten Tag unter dem Eindruck dieser Budgetverhandlungen und unter dem Eindruck des sich Hinauflizitierens, wofür wir jetzt noch mehr Geld ausgeben, wofür noch mehr zur Verfügung steht. Also das Geld ist ja geradezu abgeschafft.

Wir nehmen unseren Steuerzahlern 115 Milliarden Euro weg und kommen mit diesem vielen Geld trotzdem nicht aus – also nicht wir, sondern Sie als Bun­des­regierung – und machen weiter: 17 Milliarden Euro Defizit. Auch da wird gefordert: mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld. Ich bin überzeugt davon, dass das nicht das wirkliche Problem ist, sondern das wirkliche Problem ist meines Erachtens, dass das Bildungs- und Wissenschaftsministerium – ich rede jetzt vom tertiären Bereich, also dem Wissenschaftsbereich für die Universitäten, Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen – seine Aufgabe nicht wahrnimmt. Aus meinem Selbstverständnis müsste das Wissenschaftsminis­terium genau diese strategische Führungs- und Leitungsinstanz sein, die vielleicht nicht unbedingt Visionen hat, aber doch zumindest (Abg. Brandstätter: Ideen!) Ideen, Strategien hat, diese entwickelt, vorgibt, damit Sicherheit schafft, Perspektiven schafft, Vertrauen schafft. Nichts von dem stelle ich hier fest.

Da geht es um kleine Streitereien, um 150 Millionen Euro dort – oder nicht –, um 1,2 Millionen Euro da. Es geht um Streitereien mit der Rektorin der Technischen Universität Wien, die sagt: Wir brauchen in den nächsten zwei Jahren 1,2 Milliarden Euro! – Sie sagen: Sie brauchen nur 800 Millionen Euro, und von den 800 nehmen Sie einmal 300 aus Ihrer eigenen Rücklage! – Drei Tage später sagen Sie: Wir brauchen jetzt doch 150 Millionen Euro mehr, also


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950! – Das ist alles sprunghaft, auf der operativen Ebene schlecht gemacht, hat mit Strategie nichts zu tun.

Sie sollten sich damit beschäftigen, sich etwa Gedanken über den tertiären Bereich zu machen: Was sind die Aufgaben der Universitäten? Was sind die Aufgaben der Fachhochschulen? – Da gibt es unheimlich unterschiedliche Zugänge, Stichwort: Das eine sind Bildungseinrichtungen, das andere sind Ausbildungseinrichtungen, und Bildungseinrichtungen dienen einmal prioritär nicht der Deckung des Bedarfs der Wirtschaft. Das machen die Fachhochschulen als Ausbildungseinrichtungen. (Abg. Taschner: Na ja, die Medizinunis - -!)

Dann geht es auch darum – das haben wir Freiheitliche leider erfolglos im Rahmen unserer Regierungsbeteiligung angehen wollen –, dass die Universitäten und technischen Universitäten ein Profil entwickeln. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Wo ist die TU Graz besonders gut, wo die TU Wien? Und nicht 22‑mal den Bauchladen! Wenn Sie sich diese Gedanken gemacht hätten, dann wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit so ein Konstrukt wie das Institute of Digital Science Austria in Linz nicht zustande gekommen, denn das passt so überhaupt nicht in die Landschaft. Wir haben eine TU München, wir haben eine TU Wien, wir haben eine TU Graz: hervorragende technische Universitäten.

Das heißt, hier kommt nichts von Ihnen. Sie sind ja nicht einmal in der Lage, eine echte Studienplatzfinanzierung auf die Beine zu stellen. Auch das wurde von uns Freiheitlichen angestoßen, gefordert im Rahmen der Regierungsbeteiligungen 2018. Jetzt sagt mir Sektionschef Pichl: 2022 haben wir jetzt einmal die ersten Zahlen, damit wir überhaupt feststellen können, wie viel so ein Studienplatz kostet! – Also Sie segeln da ja vollkommen im Nebel herum! Diese Feststellung ist aber eine Conditio sine qua non, um überhaupt einen ressourceneffizienten Umgang mit den Steuergeldern zustande zu bringen!

Es wird immer nur über den Input geredet, niemand redet über den Output. Wir wissen doch, dass insbesondere unser tertiärer Bereich ein Riesenproblem mit


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genau dieser Relation hat, die nicht stimmt, die nicht optimal ist. Wir haben riesige Inputs, und wenn wir uns die Outputs anschauen, ich sage nur Stichwort Innovation Scoreboard et cetera, sehen wir, dass wir seit Jahrzehnten bei den Followern sind. Da passt doch irgendetwas nicht zusammen. Um Effizienz und Effektivität feststellen und messen zu können, braucht man das entsprechende Instrumentarium. Nichts davon ist in Ihrem Ministerium vorhanden.

Das würde uns dann auch in die Lage versetzen, eine ordentliche Finanzierung für die Universitäten nach einem dreistufigen Modell, nämlich Lehre – dann wissen wir genau, was die Lehre kostet –, Forschung – diese wäre wesentlich kompetitiver auszugestalten – und Infrastruktur aufzubauen, ein Steue­rungs­instrument. Da kriegen wir dann das Optimum von dem heraus, was wir an Steuergeldern hineinstecken. Nichts davon bringen Sie hier als an sich zustän­dige strategische Organisationseinheit zusammen.

Ich möchte mit den Fachhochschulen schließen: Das ist ja schon fast eine Satire. Die Fachhochschulkonferenz hat im Jänner 2022 ein ganz klares Forderungs­programm aufgestellt, und da stehen keine Grauslichkeiten drinnen, sondern die Notwendigkeiten für den Fachhochschulsektor, der ja seit ungefähr 30 Jahren eine Erfolgsgeschichte ist und, das wollen wir, auch eine Erfolgsgeschichte bleiben soll; aber mit so einer strategischen Führungsinstanz, wie Sie es hier als Minister, als Ministerium darstellen, wird das schwierig, weil Sie nicht einmal in der Lage sind, rechtzeitig eine Fachhochschulentwicklung zum Finanzierungsplan zur Verfügung zu stellen.

Jetzt haben wir Ende 2022. Wir kennen die Vorlaufzeiten auf den Fachhoch­schulen zur Planung von Studiengängen, zur strategischen Planung. Das sind doch nicht ein paar Monate! Nach Ihrem Plan findet jetzt, nachdem im Mai 2022 ein Kick-off-Meeting stattgefunden hat und dann offensichtlich monatelang nichts passiert ist, ein Stakeholdertreffen im ersten Quartal 2023 statt (Abg. Steinacker: ... überhaupt noch Redezeit?), das heißt, es sind nur wenige Monate. Die Fachhochschulen brauchen aber dringend eine Guidance, was ab Sep­tem­ber 2023 passiert. Jetzt werden Sie sagen: Da helfen wir ihnen mit den


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Rücklagen aus! – Das hat doch mit Planbarkeit und Verlässlichkeit und Vertrauen nichts zu tun!

Diese Rücklagen spielen überhaupt im gesamten Budget eine unrühmliche Rolle. Wir haben 17 Milliarden Euro Rücklagen, das heißt Gelder, die nicht verbraucht wurden. Das heißt aber gar nichts, die sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen, wenn der Herr Finanzminister das nicht genehmigt. Andererseits sitzen wir hier und beschließen ein Budget mit einer Blackbox, die 26 Milliarden Euro groß ist, fast ein Fünftel des Budgets, nämlich 17 Milliarden Euro Rücklagen und 9 Milliarden Euro Überschreitungsermächtigungen für die Minister, wo wir überhaupt keinen Zugang haben. Also da stellt sich mir schon grundsätzlich die Frage, inwieweit das wichtigste Recht des Parlaments, nämlich die Budgethoheit, überhaupt noch gewährleistet ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich schweife aber jetzt schon ein bisschen ab. Bleiben wir bei den Fachhoch­schulen: Ich sollte jetzt einen Entschließungsantrag einbringen, der liegt aber auf meinem Tisch, und ich würde Erwin bitten, mir den in Windeseile zu geben. (Abg. Angerer überreicht Abg. Kassegger erwähnten Antrag.) – Vielen Dank.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ausreichende Finanzierung der Fachhochschulen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, die Finanzierung der Fachhochschulen dauerhaft und langfristig planbar sicherzustellen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. – Abg. Martin Graf: Das war die beste Rede des Tages!)

18.48


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend ausreichende Finanzierung der Fachhochschulen

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran-schlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG31

Die Förderung des Bundes für den Fachhochschulsektor erfolgt auf Basis der Studienplatzbewirtschaftung nach dem Normkostenmodell. Je nach inhaltlicher Ausrichtung gibt es einen Fördersatz zwischen 7.667 und 9.735 Euro.

Die Fördersätze wurden erstmalig 2009, dann 2015 und zuletzt 2021 erhöht. Zurzeit beträgt der nominelle Fördersatz 8.366 Euro (1993: 6178 Euro). Laut Berechnung der Fachhochschulkonferenz (FHK) beträgt die Lücke zwischen Anpassung der Fördersätze und der Indexierung des Tariflohns 44,24 Prozent bzw. 3701,43 Euro. Stand 2021.

Inzwischen sind wir bei einer Inflation von über 10 Prozent und trotzdem wurde eine neuerliche Erhöhung der Fördersätze für das kommende Studiensemester 2022/23 von den Regierungsparteien abgelehnt.

Die Zusage einer Erhöhung von 10 Prozent ab 1. Jänner 2023, die im Budgetab­schuss gemacht wurde, kommt ersten sehr spät und zweitens deckt diese nur den halben Inflationsverlust ab. Eine dauerhafte und langfristig planbar Finanzierung schaut anders aus.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Bildung, Wissen­schaft und Forschung werden aufgefordert, die Finanzierung der Fachhochschulen dauerhaft und langfristig planbar sicherzustellen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Martina Kaufmann. – Bitte.


18.48.34

Abgeordnete Martina Kaufmann, MMSc BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus und alle, die uns noch zu Hause oder auf der Galerie zuschauen! Bildung ist nicht nur ein wichtiges Gut für jede Einzelne und jeden Einzelnen, sondern natürlich auch für uns als Wirtschafts­standort. Mit einer guten Bildung in Österreich gelingt es uns, auch einen gewissen Wettbewerbsvorteil zu erreichen.

Es ist keine einfache Situation – das habe ich heute schon einmal gesagt –, in der Zeit, in der wir uns befinden. Das spüren wir nicht nur auf der einen Seite, was die Institutionen, auch die Bildungsinstitutionen, angeht, sondern auch auf der anderen Seite daran, wie unsere Pädagoginnen und Pädagogen vor Ort in den Klassen, in den Lehrsälen und so weiter damit umgehen müssen. Deswegen möchte ich an dieser Stelle auch einmal ein großes Danke an alle Lehrenden ausschicken und an alle, die im gesamten Bildungsbereich rundherum arbeiten und dafür sorgen, dass unsere Kinder und jungen Menschen auch in Zukunft gut ausgebildet sind und damit auch unseren Wirtschaftsstandort stärken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Wenn sich Kollegin Holzleitner von der SPÖ hierherstellt und sagt: 1 Million da, 1 Million dort, eigentlich passiert nichts und unsere Hochschulen werden bankrottgehen!, und überhaupt eine Bankrotterklärung dieser Regierung aus­spricht, dann frage ich mich, welche Zahlen sie gelesen hat und ob das dann nicht vielleicht auch die Bankrotterklärung der SPÖ ist, wenn man irgendwie gar nicht auf die Zahlen eingehen kann. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben für unsere Universitäten für die nächsten drei Jahre bereits eine Planung beschlossen. Dort ist eine Steigerung enthalten. Aufgrund der Teuerung wurde auch schon eine Erhöhung mit eingepreist, und unser Herr Bundes­minister hat gestern noch einmal angekündigt, dass weitere 150 Millionen Euro für unsere Hochschulen zur Verfügung stehen werden, weil wir in diesen herausfordernden Zeiten sind.

Das ist nicht: 1 Million da, 1 Million dort, sondern das sind Millionen-, Milliar­denbeträge, die wir für unseren Hochschul-, für unseren Bildungsbereich in Österreich ausgeben. Ich glaube, darauf können wir wahnsinnig stolz sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Zwei Bereiche möchte ich noch schnell herausgreifen, weil ich glaube, dass sie für die Zukunft, für diesen Standort und für die Fachkräfte von morgen besonders wichtig sind: Das ist die Digitalisierung mit der digitalen Grundbildung und den Endgeräten, für die für das nächste Jahr auch 48 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Damit schaffen wir den Digitalisierungssprung auch in der Ausbildung bei unseren Kleinsten.

Der zweite Bereich sind die 8 000 Plätze, die in den Pflegeschulen zur Verfü­gung gestellt werden – damit können wir dem Fachkräftemangel in diesem Bereich auch ein Stück weit entgegenkommen –, plus die Kollegplätze, die im Elementarpädagogikbereich zur Verfügung gestellt werden, womit auch bereits im letzten Jahr begonnen worden ist. Auch da werden im nächsten Budget


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5 Millionen Euro eingepreist sein. Das ist ein wichtiger Schritt, um dem Fachkräftemangel auch in diesen Bereichen entgegenzuwirken.

Ich glaube, wir können im Bildungsbereich für unseren Wirtschaftsstandort Österreich gut in die Zukunft schauen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.51


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Petra Oberrauner zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


18.52.05

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher von zu Hause! Ich möchte einmal mit Herrn Kollegen Taschner anfangen, der immer wieder zynisch oder ironisch auf die Vergangenheit zurückkommt und ohne Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen, die damals waren, und ohne über­haupt irgendeine Adressierung irgendein Zitat herausholt. (Abg. Taschner: Die waren damals sehr viel besser, Frau Kollegin, als heute!) – Herr Kollege Taschner, ich glaube, Sie sind durchaus auch in der Lage, einmal zuzuhören, also bitte. (Abg. Michael Hammer: Er kann ja zuhören und reden!)

Ich möchte Ihnen das nur deshalb sagen, weil wir uns zu einem Zeitpunkt um Bildung gekümmert haben – noch unter Bruno Kreisky –, als die Bildung ein Selektionskriterium für Reiche und Arme war. (Abg. Michael Hammer: Das ist aber schon lange her!) Der Unterschied aber war – ich bitte Sie wirklich, zuzuhören –: Wir hatten ein Konzept. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Schulden machen! Schulden machen war das Kreisky-Konzept!)

Das Konzept von Bruno Kreisky hat geheißen: Chancengleichheit als Erstes und Verteilungsgerechtigkeit als Zweites. – Ich kann Ihnen nur sagen, das hat er ganz gescheit gemacht, denn aus dieser Formel ist Hochkonjunktur entstanden, und zwar für alle. (Abg. Taschner: Frau Kollegin, darüber kann man lange sprechen!)


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Da hat nicht mehr die ÖVP entschieden, ob die Leute am Sonntag arbeiten oder zu Hause bleiben können. (Abg. Taschner: Das hat jetzt mit Bildung wenig zu tun!) Das ist schon ein wesentlicher Unterschied. Diese Entwicklung hat uns Wohl­stand gebracht, hat Menschen wie mir die Möglichkeit gebracht, zu studieren, weil es nicht darum gegangen ist, ein paar Zahlen zu adressieren und nicht zu wissen, was man damit in Zukunft machen wird und welche Ziele man damit verfolgt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Ich verstehe diesen Zugang überhaupt nicht, dass man sagt: Für die Uni­versitäten haben wir genug! – Was heißt denn: Wir haben genug!? Wofür ist es notwendig? Gibt es einen Zukunftsplan für Bildung, Ausbildung und Wissen­schaft? (Abg. Taschner: Wir haben Leistungsvereinbarungen bei den Uni­versitäten, Frau Kollegin!) – Eine Leistungsvereinbarung ist kein Zukunftsplan. (Heiterkeit der Abgeordneten Taschner, Michael Hammer, Stocker und Zarits. – Abg. Stocker: Mit Leistung haben Sie sich schon immer schwergetan! – Abg. Zarits: Die SPÖ bringt’s nicht zusammen!) Entschuldigung, wenn ich Geld habe und Leistungen ver­einbare, dann muss ich als Politiker trotzdem einen Rahmenplan für so viele Millionen Euro haben. Haben Sie etwas vorgelegt? – Nein. Also wie sollen wir uns daran orientieren, was zukünftig notwendig ist? (Beifall bei der SPÖ.)

Dann höre ich: Zur Digitalisierung haben wir Geräte ausgeschickt!, von denen wir auch wissen, dass die geschickt wurden und dort gelassen wurden und dass die Gemeinden die Geräte installieren mussten und wir nicht darüber nach­denken – das ist nur ein kleines Beispiel –, ob wir die Kinder zu passiven Nutzern machen, die von Google abhängig sind, oder ob wir Open Source lehren und lernen lassen, damit die Kinder wissen, was sie benützen, damit sie auswählen können, was sie brauchen, und eine Ahnung von Datensicherheit haben.

Das ist alles wurscht, aber das sind die wesentlichen Fragen der Zukunft. (Abg. Taschner: Das machen wir ja gerade mit der digitalen Grundbildung!) Wie alt muss ein Kind sein, dass es Digitalisierung auch im Nervensystem verarbeiten kann? Das würde ich Sie gerne einmal bitten, einen Psychiater zu fragen. (Abg. Michael Hammer: Die schickt dich zum Psychiater! – Abg. Steinacker: Rudi, jetzt ist es so


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weit! –  Abg. Taschner: Ich brauch das Rezept, bitte! – Heiterkeit der Abgeordneten Michael Hammer, Steinacker und Taschner.)

Wir können nicht alles vom ersten Lebensjahr bis zum Tod nach unseren Vorstellungen organisieren. Es gibt auch fachliche Begründungen, warum man was zu einem bestimmten Zeitpunkt macht und mit wie viel Geld man das ausstattet. Das fehlt mir.

Sie haben keinen Plan für die Zukunft, Sie haben keinen Respekt vor den Menschen, die Ihnen das Geld zur Verfügung stellen, während es nur recht und billig ist, dass das auch der Bildung zukommt, denn für uns waren Bildung und Gesundheit seit Jahren und Jahrzehnten ein öffentliches Gut – undiskutierbar. Für Sie sind sie eine Bittstellerangelegenheit (Abg. Zarits: Geh bitte!), da Sie die Coronahelden bis heute nicht belohnt haben.

Sie sollten wirklich über Ihren Mindset nachdenken, denn das ist eine Ver­höhnung der Gesellschaft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Auch wieder so ein intellektueller Tiefflug!)

18.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Weber. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf. – Ruf bei der ÖVP: Endlich ein gescheiter Kärntner! – Abg. Michael Hammer: Ja, ein Lehrer, der was versteht davon!)


18.55.48

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie, aber auch zu Hause vor den Bildschirmen! Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Wir lernen auch nicht für die Lehrer, das möchte ich auch einmal sagen.

Wir müssen allen Auszubildenden die besten Voraussetzungen bieten, damit sie mittels Bildung Perspektiven, Chancen und somit auch eine Möglichkeit auf eine entsprechend gute Zukunft erhalten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 856

Im Budget 2022 überstieg das Budget für die Schulen des Bundes erstmals die magische Grenze von 10 Milliarden Euro. Im Budget 2023 gibt es eine weitere große Steigerung im Ausmaß von wiederum über 1 Milliarde Euro. Somit beträgt das Budget für die Bundesschulen im Budget 2023 erstmals über 11 Milliarden Euro.

Parlament und Regierung sind sich darin einig und eben auf dem richtigen Weg – vielen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Reimon.)

Auch das Budget für Wissenschaft und Forschung inklusive der Universitäten ist mit 5,9 Milliarden Euro so hoch wie noch nie zuvor. Da kommt es zu einer Steigerung von über 300 Millionen Euro. Gestern haben wir gehört, dass noch einmal 150 Millionen Euro zusätzlich für die Unis hinzukommen. Zusammen stehen im Jahre 2023 also insgesamt 17,2 Milliarden Euro für den Bildungs­be­reich in Österreich zur Verfügung. Des is ned nix. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Reimon.)

Wenn ich noch diverse Stimmen von der SPÖ in Erinnerung habe, kommt mir vor, dass es, wenn wir das doppelte Budget hätten, noch immer zu wenig wäre. Da fällt mir ein Spruch einer Faschingsgilde in Kärnten ein. Die sagen nämlich immer: Nia gnua. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Und lei-lei sagen sie auch zu den Roten!)

Ganz besonders möchte ich aber die Fortführung des Erfolgsprojektes – es ist für mich ein Erfolgsprojekt – Lehre mit Matura noch einmal hervorheben. Dafür sind wiederum entsprechende Mittel im Ausmaß von 12,4 Millionen Euro veranschlagt.

Als Lehrer der Landwirtschaftlichen Fachschule – das habe ich heute schon einmal zum Ausdruck gebracht – im wunderschönen Lavanttal kann ich bestätigen, wie wertvoll diese Ausbildungsmöglichkeit einfach ist.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 857

Nicht wenige unserer Schulabgänger wählen nämlich nach der Zeit, die sie bei uns verbringen, immer wieder diesen Ausbildungsweg Lehre mit Matura, und circa 10 Prozent der Lehrlinge bei uns im Bezirk Wolfsberg entscheiden sich für diesen dualen Ausbildungsweg.

Das ist im Vergleich ein Spitzenwert in Österreich. Ich bin nämlich – und bleibe es auch – ein Fan der Lehre mit Matura, denn durch diese gute schulische Ausbildung inklusive der Praxis an den Lehrbetrieben und deren Verwurzelung in der jeweiligen Region wird auch der Landflucht effektiv vorgebeugt, denn die Absolventen dieser Ausbildung bleiben zu einem hohen Maß in der Region, erhalten, gestalten und beleben den ländlichen Raum und halten diesen auch entsprechend in der Wettbewerbsfähigkeit.

Wir sehen da ganz deutlich: Die Regierung und das Parlament sind auch in der Bildungspolitik eindeutig auf dem richtigen Weg. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

18.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Bitte.


18.59.23

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dr. Helmut Brandstätter hat über Forscherinnen und Forscher geredet, und ich möchte ein gleich wichtiges Thema ansprechen, nämlich jenes der Lehrlinge und Facharbeiter.

Ich kann mich über die ÖVP in letzter Zeit irgendwie einfach immer nur ärgern. (Abg. Michael Hammer: Ha?) Ein junger Bursche, ein Asylant bei uns in der Gemeinde, hat Deutsch gelernt, ist mit dem Zug nach Klagenfurt gefahren und hätte dann in einem Gasthaus als Kochlehrling anfangen können. Es war aber nicht möglich, dass der Kochlehrling wird. (Abg. Michael Hammer: Wenn er anerkannt ist, kann er es eh machen!)


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Ihr seid doch 2017 mit Sebastian Kurz angetreten und habt gesagt, dieses Asylthema werdet ihr regeln. Ihr habt gesagt, es gibt die Balkanroute nicht mehr, die werdet ihr schließen, ihr habt gesagt, ihr werdet die Mittelmeerroute schließen. (Abg. Michael Hammer: Das haben wir nicht gesagt!)

Ihr habt gesagt, ihr werdet mit der Europäischen Union ausmachen, dass junge Leute, die da sind, dann letztendlich auch eine Lehre machen können: Überhaupt nichts habt ihr zusammengebracht! Ihr habt überhaupt nichts zusammen­ge­bracht, ihr seid nämlich, was dieses Asylthema betrifft, zu allem fähig und für nichts zu gebrauchen, das muss ich euch wirklich sagen, liebe ÖVP! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper. – Abg. Michael Hammer: Inferiore Rede!)

Ihr könnt es auch bei den Universitäten nicht, Herr Prof. Brandstätter hat auch gesagt, dass da etwas nicht passt. Es fehlen 1,2 Milliarden Euro, und ihr habt in Wirklichkeit für unsere Lehrlinge auch nichts übrig.

Bei einem bin ich schon bei Kollegen Weber: Die Lehre mit Matura ist in Ordnung. (Abg. Taschner: Ja, gut!) Was aber tut ihr für die normalen Lehrlinge? Warum schafft ihr nicht eine bessere Ausbildung und Allgemeinbildung in den Berufsschulen? (Abg. Michael Hammer: Die sind eh gut ausgebildet!) Warum ermöglicht ihr nicht mehr Deutschkenntnisse? Warum lasst ihr nicht mehr in die Schule gehen? Wieso ist das nicht möglich? (Abg. Michael Hammer: Was redet er denn ...?) Warum ist die Lehre so uninteressant für einen jungen Menschen? (Abg. Taschner: Und warum sind unsere Lehrlinge so gut bei den Skills?) – Herr Professor, zuzuhören ist ganz einfach, bei jedem redest du dazwischen. Ihr bringt keine Bildungspolitik zusammen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Ich verstehe es nicht, bei jedem wird dazwischengeredet.

Die Lehrlinge sind die Leistungsträger, sie sind die Leistungsträger, die wir in Zukunft brauchen. Der Fachkräftemangel kommt ja nicht von ungefähr, ihr wisst das ja schon seit Jahren. Ihr macht nichts in diese Richtung, und das ist ganz


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einfach etwas, zu dem ich sage: In der Bildungspolitik versagt ihr, weil ihr für die Lehrlinge nichts übrig habt! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Aha!)

19.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Totter. – Bitte. (Abg. Michael Hammer – in Richtung der sich zum Redner:innenpult bege­benden Abg. Totter –: Sag bitte einen Satz zu den Lehrlingen, das ist ja Unsinn ...!)


19.02.01

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und auf der Galerie! Bildung ist das wertvollste Gut, das wir Kindern und Jugendlichen mitgeben können, und auch im Erwachsenenleben sind wir stets gefordert, uns weiterzubilden.

Der Staat hat die Aufgabe, da gut zu unterstützen und die Rahmenbedingungen optimal zu gestalten. Wurde 2022 in Österreich so viel für Bildung ausgegeben wie noch nie zuvor, so gibt es auch für das kommende Jahr eine große Steigerung im Bildungsbudget. In der Zuständigkeit des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung stehen 2023 insgesamt 17,2 Milliarden Euro zur Verfügung, das ist ein beachtliches Plus von 1,3 Milliarden Euro.

Das beachtliche Plus schlägt sich selbstverständlich auch in den Schwer­punkt­setzungen nieder, nur einige davon möchte ich hier nennen. Für die Kofinan­zierung von psychosozialem Unterstützungspersonal im Pflichtschulbereich stehen zusätzlich 7 Millionen Euro bereit, dadurch wird eine Verdoppelung von 120 auf 240 Stellen ermöglicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Schulen, die Kinder und Jugendliche aus der Ukraine aufgenommen haben, erhalten zusätzliche Ressourcen für die Deutschförderung.


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Für die Offensive gegen den Fachkräftemangel – auch das wurde heute gesagt – sind bis 2026 350 Millionen Euro vorgesehen, damit können bis zu 8 000 Plätze in den neuen Pflegeschulen finanziert werden. Darüber hinaus sind 230 zusätz­liche Kollegplätze beziehungsweise 200 Millionen Euro in der Elementar­pädagogik vorgesehen. All diese Initiativen zeigen den großen Einsatz unseres Bildungsministers Martin Polaschek – vielen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Besonders hervorheben möchte ich aber den Ausbau der administrativen Assistenz im Pflichtschulbereich: Damit sich Lehrkräfte und Schulleitungen besser auf die pädagogische Arbeit konzentrieren können, werden für die Kofinanzierung im Pflichtschulbereich 2023 erstmals 15 Millionen Euro bereitgestellt, damit können bis zu 700 Stellen geschaffen werden. Ich bin stolz darauf, dass in meinem Bezirk in der Südoststeiermark dieser Prozess sehr erfolgreich aufgesetzt wurde und viele Pflichtschulen bereits von diesem wichtigen Projekt profitieren.

Auch die Digitalisierungsoffensive des Bundes schreitet zügig voran: Der Bund wendet im kommenden Jahr rund 48 Millionen Euro auf, den Großteil davon für die Bereitstellung von Endgeräten für Schülerinnen und Schüler. Frau Kollegin Oberrauner, nicht „die Gemeinden“ haben die Geräte aufgesetzt, sondern die Mobile Device Manager. Die gibt es bei uns in den Regionen, sie werden vom Bund bezahlt und haben unsere Schulen in diesem Bereich bestens unterstützt.

Ich werde daher nicht müde, zu betonen: Während SPÖ-Ministerinnen, egal ob Heinisch-Hosek oder Sonja Hammerschmid, stets nur von Digitalisierung gesprochen haben, aber in diesem Bereich leider nichts erreichen konnten, setzen wir das jetzt um, und das mit Erfolg! (Beifall bei der ÖVP.)

Vielen Dank auch an alle Kolleginnen und Kollegen, die diese Projekte an den Schulen mit viel Engagement und mit viel Einsatz durchführen! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

19.05



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Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Nurten Yılmaz. – Bitte.


19.05.56

Abgeordnete Nurten Yılmaz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Totter, Sie haben gesagt, wir hatten noch nie so ein hohes Bildungsbudget – wir hatten aber auch noch nie so eine hohe Inflation in Österreich, zumindest kann ich mich nicht erinnern.

Werte Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen kein Kind zurücklassen! Wir brauchen die beste Bildung für alle, egal ob man Sami, Anna-Sophie, Dana, Hubert oder Hussein heißt, und egal in welchem Grätzel man aufwächst. Jedes Kind soll die gleichen Chancen haben, jedes Kind soll individuell jene Förderung erhalten, die es braucht. Es geht um die Zukunft unserer Gesellschaft, und dafür benötigen wir mehr Ressourcen, gute Schulen, ein unterstützendes Umfeld und am besten ganztägige, inklusive Betreuung. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch immer leiden die Kinder und Jugendlichen sowie das Lehrpersonal und der gesamte Bildungsbereich extrem unter den Einschränkungen und Mehrbelas­tungen der letzten Jahre. Chronische Unterfinanzierung und die Pandemie haben zu enormen Rückständen im Bildungsbereich geführt, die wir übrigens noch über Generationen spüren werden.

Sehr geehrter Herr Minister, ich weiß, Ihr Lieblingssatz ist: Das werden wir uns anschauen!, aber die Zeit, in der wir uns etwas anschauen können, ist wirklich schon lange vorbei. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Brandstätter und Krisper.)

Eigentlich müssten bei den Regierungsparteien schon längst die Glocken läuten, sie müssten ein Budget vorlegen, das den aktuellen Herausforderungen im Bildungsbereich gewachsen ist. Sie aber legen – uns hier im Parlament und der


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Öffentlichkeit – ein Budget vor, das im Großen und Ganzen nur die aufgrund der Inflation steigenden Gehälter ausgleicht, aber keinen Euro für Strukturreformen hergibt. Das ist ein Stillstandsbudget, so wird sich nichts entwickeln und schon gar nicht etwas verbessern!

Ob Sie es gerne hören oder nicht, Österreichs Bildungssystem ist nicht in der Lage, all unseren Kindern die gleichen Chancen zu bieten. Das ist Fakt, das müssen Sie sich noch mehr anschauen. Die Zahlen liegen auf dem Tisch: Der Bildungserfolg ist in einem hohen Ausmaß von den finanziellen Mitteln der Eltern abhängig. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine nachhaltige Bildungspolitik bedarf eines massiven Ausbaus öffentlicher ganztägiger Bildungseinrichtungen, in denen individuell unterstützt und gemeinsam gelernt wird – davon sind wir leider Gottes noch weit entfernt. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Abg. Brandstätter: Leider Gottes!)

19.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte. (Abg. Martin Graf – in Richtung des sich zum Redner:innenpult begebenden Abg. Kucher –: Du musst auch zu jedem Thema reden! – Abg. Michael Hammer: Er versteht auch von jedem Thema gleich wenig!)


19.09.32

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin, die Uhr läuft schon. (Allgemeine Heiterkeit. – Ruf: Hat er vergessen, wie es geht?)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Taschner ist ein ausgezeichneter Mathematiker, und seit er zunehmend neben Kollegen Michael Hammer Platz nimmt, ist er durchaus auch zu einem sehr talentierten Populisten geworden. (Abg. Obernosterer: Er redet auch nur ... Gescheites!)

Wie er nämlich eingangs versucht hat, dieses sehr geringe Budget für den Wissenschaftsbereich schönzureden, war durchaus bemerkenswert. (Zwischenruf


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bei der ÖVP.) Er hat heute festgehalten: Man kann auch mit ein bisschen Budget ein bisschen etwas weiterbringen. – Das ist durchaus eine mutige These. Ich würde sagen, man könnte mit einem offensiven, mutigen Budget, wenn man es richtig einsetzt, noch mehr weiterbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich würde die These noch einmal steigern: Das Teuerste ist es wahrscheinlich, wenn man in junge Menschen gar nichts investiert, weil es uns in der Republik wirklich viel kostet, wenn wir jungen Menschen keine Zukunft geben. Deswegen war ich heute wirklich von der Rede der Frau Abgeordneten Kuntzl beeindruckt, die ganz stark aus einem menschlichen und zukunftsorientierten Ansatz eine offensive Hochschulpolitik für Österreich eingefordert hat: dass wir nämlich jungen Menschen Zukunft geben und dass es schon, gerade in einer Krisen­situ­ation, die Aufgabe wäre, alles dafür zu tun, dass junge Menschen – egal aus welchem Haushalt sie kommen, ob die Eltern arm oder reich sind – alle Chancen haben.

Als SPÖler tue ich mir leicht, wir sind ja nicht nur die Partei der Arbeit, sondern auch die der Leistung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: Tun wir die Arbeitslosengelder erhöhen! – Heiterkeit bei der FPÖ.) Dass wir dann erleben müssen – na, weil es nicht nur ums Erben geht, sondern weil wir uns dafür ein­setzen, dass junge Menschen, die fleißig sind, auch Chancen kriegen –, dass junge Menschen in Österreich einer Arbeit nachgehen (Abg. Michael Hammer: Erhöhen wir das Arbeitslosengeld!), weil sie daheim nicht das Geld haben, um sich das Studium leisten zu können, von der Bundesregierung bestraft werden und zusätzlich Studiengebühren zahlen müssen, ist nicht nur sozial ungerecht, sondern auch leistungsfeindlich. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ein ganz wesentlicher Punkt, der mir wirklich am Herzen liegt: Frau Kollegin Blimlinger, Sie haben ja unglaubliche Talente, also die Art und Weise, wie Sie blockieren können und Sand ins Getriebe streuen können, wenn es um die Medizinstudienplätze geht, hat wirklich viel Potenzial. (Abg. Blimlinger hebt den


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Daumen.) Gust Wöginger wird Sie noch in Richtung ÖVP abwerben. (Zwi­schenruf der Abg. Blimlinger.) So eine Blockade zu betreiben und so viel Sand ins Getriebe zu werfen ist wirklich schlimm.

Es ist doch tragisch, wenn man sieht, dass Tausenden jungen Menschen in Österreich, die sich beim Roten Kreuz engagieren, die sozial engagiert sind und sich einsetzen wollen, die Menschenleben retten wollen, jedes Jahr die Chance genommen wird, Medizin zu studieren, und dass dann Herr Lan­des­hauptmann Drexler in seiner Verzweiflung an einer Privatuniversität Millionen ausgeben muss (Zwischenrufe der Abgeordneten Blimlinger und Stögmüller), um Studienplätze zu kaufen, weil der eigene steirische Minister nicht auf ihn hört. (Abg. Maurer: Wer war denn in der Regierung, wo das eingeführt worden ist ...?) Das ist doch beschämend. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stögmüller: Zugangsbeschrän­kungen ...! – Zwischenruf der Abg. Blimlinger.)

Da geht es um die Chancen von jungen Menschen. Ich tue mir als Sozialde­mokrat sehr leicht. Neuerdings hat das Johanna Mikl-Leitner auch erkannt und ist nun eine große Befürworterin der sozialdemokratischen Forderungen nach Verdoppelung der Medizinstudienplätze in Österreich. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Dann wird sie noch abgekanzelt, sodass es dann heißt: Das ist eine Populistin, die kennt sich nicht aus! – So kann doch bitte die ÖVP nicht mit Johanna Mikl-Leitner umgehen. Die Frau hat eine Wahl zu schlagen, die kämpft verzweifelt für Medizinstudienplätze, übernimmt die SPÖ-Forderung, und die eigene ÖVP-Parlamentsfraktion sagt dann: Das ist eigentlich nur eine populistische Aussage von Johanna Mikl-Leitner! – Das ist doch kein Zugang. Geben wir jungen Menschen die Chance! Wir haben einen drohenden Ärztemangel. Wenn wir heute nicht handeln, wird es in Zukunft deutlich schlimmer werden.

Herr Bundesminister, der eigene Landeshauptmann ist verzweifelt, weil auch Sie immer wieder sagen: Wir reden darüber!, aber nicht handeln. Johanna Mikl-Leitner unterstützt die Forderungen der SPÖ. Es wäre schön, wenn auch die


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ÖVP im Parlament endlich jungen Menschen eine Chance geben würde. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

19.13


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.


19.13.15

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Bildungsminister, Wissenschaftsminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft. Das sagen ja manche so gerne, aber offen gesprochen: Ich kann den Satz einfach nicht mehr hören, wenn er nicht mit Leben gefüllt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Genau so würde ich dieses Budget für Bildung und Wissenschaft beschreiben: Die Ausbildung und Bildung von Kindern und Jugendlichen lost in diesem Budget der ÖVP und der Grünen fulminant ab. Es ist einfach ein Loserinnen- und Loserbudget. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Jahr 2023 wird es wieder so sein, dass nicht alle Kinder einen Kinderbil­dungsplatz haben, weil Ihre Kindergartenmilliarde eine klare Mogelpackung ist. Es sind heiße 200 Millionen Euro, und die werden von der Inflation auf­gefressen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird nächstes Jahr auch wieder so sein, dass Kinderkrippenplätze und Kindergartenplätze geschlossen werden müssen, weil es keine Elementar­päda­goginnen und -pädagogen gibt, und Sie tun nichts, um das zu ändern. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ihr Budget, Herr Bundesminister, erhält ganz klar diesen schlechten Status quo, in dem wir gerade stecken. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Es gibt wenig individuelle Förderungen für Kinder, null Innovation, ganztägige Schulformen spielen über­haupt keine Rolle mehr, und kulturelle Bildung fliegt aus den Lehrplänen. Der


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Lehrer:innenmangel wird im Budget völlig ignoriert, und diese Werbe­kampagne von 800 000 Euro wird das auch nicht wettmachen. Es macht dann etwas wett, wenn es endlich bessere Rahmenbedingungen gibt, mehr Sup­portpersonal in den Schulen, mehr administrative Kräfte. Dann, geschätzte Kolleginnen und Kol­legen, werden sich auch viele junge Leute wieder für ein Lehramtsstudium entscheiden und den Beruf auch wirklich gern ausüben wollen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

Apropos Studium: Die Universitäten, Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen gehen krachen. Sie gehen krachen, sie bluten aus. Es ist heute schon erwähnt worden: „Uni friert“ ist ein Hashtag, der gesetzt wird. Die Uniko hat bereits vor Wochen Alarm geschlagen. Studierende waren auf der Straße, um auf diese dramatische Situation aufmerksam zu machen. – Herr Minister, Sie haben bis vorgestern nicht einmal auf irgendwas reagiert (Abg. Michael Hammer: Da muss man cool bleiben!), und nun glauben Sie, mit diesen 150 Millionen Euro, die von Ihnen jetzt sozusagen vorgeschlagen worden sind, können Sie irgend­etwas retten. Ehrlich: Das ist nicht einmal ein Zuckerl. Es braucht diese 1,2 Milliarden Euro, und von denen sind wir weit, weit entfernt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es drohen Schließungen, Studierende und Lehrende werden auf der Strecke bleiben. Die Wissenschaft bleibt auf der Strecke – und das in Zeiten wie diesen: Stichwort Wissenschaftsskepsis. (Ruf bei der ÖVP: Die Sintflut kommt!) Herr Minister, als Politiker ist es verwerflich, der Wissenschaft und Bildung Gelder zu kürzen. Als ehemaliger Rektor, offen gesprochen (Abg. Michael Hammer: Ja, der weiß, von was er redet!), ist es mehr als unverständlich, dass Sie Ihre ehemaligen Kollegen und Kolleginnen ignorieren und sich anscheinend nicht bemüht haben, beim Finanzminister die notwendigen Gelder herauszuholen. (Beifall bei der SPÖ.) Sie werden Verantwortung tragen für diese dramatischen Situationen, die auf uns zukommen. Sie werden die Verantwortung dafür tragen. (Zwischenruf des Abg. Zarits.)


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Ich frage Sie ehrlich: Wann hören wir endlich auf Kinder und Jugendliche – ehr­lich auf Kinder und Jugendliche? Heute war anlässlich des Tags der Kinderrechte eine Gruppe, organisiert von den Kinderfreund:innen, hier im Haus. (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Michael Hammer: Von den roten Kinderfreunden!) Es waren Hort­kinder hier, die ganz klar - - (Abg. Michael Hammer: Von den roten Kinder­freun­den!) – Lassen Sie mich aussprechen! (Abg. Michael Hammer: Ja, die roten Kinderfreunde! Die roten!) Kinder haben uns mutig hier ihre Forderungen über­geben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Eine von diesen Forderungen lautet (eine Tafel mit der Aufschrift „Wir haben ein Recht auf Zukunft“ in die Höhe haltend): Wir haben ein Recht auf Zukunft.

Geben Sie diesen Kindern ihre Zukunft! – Vielen Dank. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall des Abg. Brandstätter.)

19.17


Präsidentin Doris Bures: Zwischenrufe sind ein parlamentarisches Instrument, um die Debatte möglicherweise auch zu bereichern. Zwischenrufe sind jedoch kein Instrument, den Kolleginnen und Kollegen am Rednerpult Respektlosigkeit entgegenzubringen. Ich wollte das jetzt abschließend auch noch einmal sagen. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS. – Rufe bei der ÖVP: Tschuldigung! – Das ist eine Frechheit ...!)

Ich beende die Beratungen zum Kapitel Bildung sowie Wissenschaft und For­schung. Die Sitzung wird nun bis morgen um 9 Uhr unterbrochen.

Wir starten morgen mit den Verhandlungen zu Frauen und Gleichstellung, Familie und Jugend.

Ich wünsche Ihnen allen noch einen schönen Abend.

Die Sitzung ist unterbrochen.


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19.18.17*****

(Die Sitzung wird am Mittwoch, dem 16. November 2022, um 19.18 Uhr unterbrochen und am Donnerstag, dem 17. November 2022, um 9.05 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


 


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09.05.10Fortsetzung der Sitzung: 9.05 Uhr

09.05.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich darf Sie am dritten Tag unserer Budgetberatungen recht herzlich willkommen heißen und darf die Sitzung wieder aufnehmen.

Ich begrüße auch die Damen und Herren auf der Galerie und die Damen und Herren, die zu Hause vor den Fernsehgeräten der Sitzung folgen.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Romana Deckenbacher, Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA, Dipl.-Ing. Georg Strasser, Carina Reiter, Mag. Andrea Kuntzl, Josef Muchitsch, Michael Seemayer, Rainer Wimmer, Lukas Hammer und Clemens Stammler.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Bundeskanzleramt hat über die Ver­tre­tung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA wird durch Vizekanzler Mag. Werner Kogler, Bundesminister Johannes Rauch durch Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. und ab 16 Uhr Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler durch Bun­desministerin Mag. Klaudia Tanner vertreten.

*****

Ich darf wie immer bekannt geben, dass ORF 2 die Sitzung bis 13 Uhr überträgt und ORF III bis 19.15 Uhr. Anschließend wird die Sitzung in der TVthek kommentiert übertragen. Auch die privaten Fernsehanstalten übertragen Teile unserer Sitzung.

Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben für heute eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ beschlossen. Daraus ergeben sich die folgenden Redezeiten,


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die ich noch einmal in Erinnerung rufen darf: ÖVP 156, SPÖ 108, FPÖ 88, Grüne 80 sowie NEOS 64 Minuten.

Die Abgeordneten, die keinem Klub angehören, haben eine Gesamtredezeit von 32 Minuten beziehungsweise 5 Minuten pro Debatte.

09.06.46UG 10: Frauen und Gleichstellung

UG 25: Familie und Jugend


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir setzen die Beratungen nunmehr mit UG 10: Frauen und Gleichstellung sowie UG 25: Familie und Jugend fort.

Hierüber findet eine gemeinsame Debatte statt.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Holzleitner. Das Wort steht bei ihr. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.


9.07.07

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Positiv ist anzu­mer­ken, dass das Frauenbudget steigt; das muss man auf jeden Fall sagen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir begrüßen diese Steigerung, müssen aber gleichzeitig auch kritisch beleuchten, was mit diesem Geld passiert, das können wir aber teilweise nicht, weil zum Beispiel ein Teil des Geldes sehr intransparent in den sogenannten Frauenfonds fließt, der sich leider der parlamentarischen Kontrolle komplett entzieht. Somit können Gelder ohne Kontrolle vergeben werden.

Mehr Budget gibt es außerdem beinahe ausschließlich für den Gewaltschutz. Werte Kolleginnen und Kollegen, der Gewaltschutz ist essenziell, das steht außer Frage. In einem Land, in dem wirklich wöchentlich Frauen ermordet werden, weil sie Frauen sind, sogenannte Femizide stattfinden, in dem wir Woche für Woche mit Gewalttaten an Frauen konfrontiert sind, ist Gewaltschutz wichtig. Jetzt


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steht die Männer-Fußball-WM vor der Tür und wir wissen, dass bei Sportgroß­events die Zahl der Gewalttaten noch einmal ansteigt. Alkohol fließt, die Lieblingsfußballmannschaft verliert – und die Wut wird oftmals zu Hause aus­gelassen. Da braucht es die unmissverständliche Botschaft: Nein zu Gewalt! Unmissverständlich! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Brandstötter.)

Der gefährlichste Ort für Frauen sind nach wie vor die eigenen vier Wände, insbesondere in Zeiten multipler Krisen. Neben dem Gewaltschutz ist es daher auch unabdingbar wichtig, die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen zu stärken, gerade wenn die 16 Tage gegen Gewalt vor der Tür stehen. Wir wissen aber: Die 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik gleicht einer Mogel­packung, es sind viel zu wenig Mittel vorgesehen und die werden von der Inflation aufgefressen.

Gesetzliche Regelungen, um den Genderpaygap zu schließen, gibt es de facto nicht, zum Beispiel ein Lohntransparenzmodell à la isländischem Vorbild vermissen wir gänzlich und auch Initiativen, dass bezahlte und unbezahlte Arbeit zwischen den Geschlechtern in Österreich endlich fairer aufgeteilt werden, denn das Private ist politisch, es ist deshalb politisch, weil wir einfach auch schauen müssen, wie in Familien in Österreich gelebt wird und wie Familie in Österreich gesetzlich geregelt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist auch deshalb ein wichtiges Thema, weil das Ergebnis der Zeitverwen­dungsstudie bald vor der Tür steht. Die Zeitverwendungsstudie wird uns wieder zeigen, dass Frauen den Großteil der unbezahlten Arbeit in Österreich erledi­gen – im Gegensatz zu den Männern –, den Großteil der unbezahlten Arbeit in unserem Land stemmen. Wo ist aber budgetiert, dass diese unbezahlte Arbeit endlich fairer zwischen den Geschlechtern aufgeteilt wird? Wo ist budgetiert, dass Frauenleben auch verbessert werden und Initiativen zur Väterkarenz auch wirklich irgendwo stattfinden?

Finnland macht es uns vor, dort hat man wirklich einen großen Schritt nach vorne gemacht, dass die Arbeit auch fairer zwischen den Geschlechtern


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aufgeteilt wird. Die ÖVP paktiert aber in diesem Bereich lieber mit Ländern wie Ungarn und auch mit Bischöfen in Tirol, denen die Selbstbestimmung von Frauen noch nie ein Anliegen war, werte Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wieder nicht budgetiert in diesem Voranschlag ist auch der Frauenbericht; der letzte ist mehr als zehn Jahre alt. Auch das Käthe-Leichter-Preisträgerin­nennetz­werk kritisiert das mittlerweile seit Jahren, weil ein Frauenbericht wesentlich wäre für Visionäre. Ambitionierte Frauenpolitik spiegelt sich in diesem Budget nicht wider, man findet keine moderne Frauenpolitik, die zu mehr Selbstbestim­mung für Frauen in allen Lebensbereichen führt. Das gibt es nicht, das wäre aber wirklich wichtig, auch in jedem einzelnen Teilbereich dieses Budgets. (Beifall bei der SPÖ.)

In jedem einzelnen Teilbereich, Frau Ministerin – und wir würden uns wirklich wünschen, dass Sie das Heft des Handelns in die Hand nehmen; Genderbud­ge­ting steht im Verfassungsrang, und der parlamentarische Budgetdienst erarbeitet seit Jahren auch wirklich gute Vorschläge, wie man dieses Genderbudgeting stärker in Zahlen gießen kann –, in jedem Hilfspaket muss berücksichtigt wer­den, welche Auswirkungen diese Hilfsleistungen auf die Geschlechter haben. Das passiert aber nicht.

Aber nun auch noch kurz zur Untergliederung 25: Die Bundes-Jugendförderung wird angehoben. Das ist gut, weil sie seit 20 Jahren einen Wertverlust von 60 Prozent erlitten hat – 60 Prozent! Sie wird jetzt um 20 Prozent erhöht, wir sprechen also nach wie vor von einer Lücke von 40 Prozent. Jugendorganisa­tio­nen leben am Existenzminimum, das können wir nicht von der Hand weisen.

Wenn wir gleichzeitig auch darüber sprechen müssen, dass mittlerweile jedes vierte Kind in Österreich von Armut betroffen oder bedroht ist, dann ist wirklich Feuer am Dach. Kinderarmut muss hier stärker auf die Agenda genommen werden. (Beifall bei der SPÖ.) Es reicht nicht aus, dass die Sozialleistungen valo­risiert werden. Auch eine Unterhaltsgarantie fehlt in diesem Budget. Es braucht


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Maßnahmen, die Kinderarmut wirklich eindämmen können, dass sie nicht weiterhin dramatisch ansteigt. – Das tut sie aber aktuell, werte Kolleginnen und Kollegen von der Bundesregierung! Die Kinderarmut steigt in einem der reichsten Länder der Welt. Beschämend!

Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die psychische Gesundheit nach wie vor ein riesengroßes Thema ist. In Oberösterreich ist in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein Triagesystem eingesetzt worden. Nur ein Viertel aller Kinder, die einen Psychiatrieplatz notwendig haben, bekommen diesen auch. (Abg. Schnedlitz: Wegen eurer Maßnahmen!) Eine Triage, werte Kolleginnen und Kollegen, dieses Thema ist nicht abgehakt, dieses Thema muss weiterhin behandelt werden.

Viele Lücken in diesem Budget – wenig für die Gleichstellung für die Frauen! (Beifall bei der SPÖ.)

9.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfurtscheller. – Bitte.


9.13.10

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer und Zuschau­e­rin­nen, einen wunderschönen guten Morgen aus dem Plenarsaal an unserem dritten Budgettag! Frau Kollegin Holzleitner hat gerade in ihrem Eingangs­state­ment gesagt, dass sie auch sehr erfreut darüber ist, dass das Frauenbudget erhöht worden ist. Dem kann ich mich nur anschließen.

Ich möchte mich zuallererst ganz, ganz herzlich bei unserer Frau Ministerin dafür bedanken, dass sie sich so stark dafür eingesetzt hat, dass das Frauenbudget auch heuer wieder höher angesetzt wird als im letzten Jahr, insgesamt um 32 Pro­zent. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich möchte Ihnen jetzt ganz kurz einen Überblick geben, wofür dieses Mehr an Geld verwendet wird, und dann auf den einen oder anderen Punkt noch ein Stück weit eingehen.

Dieses Mehr an Geld wird vor allem für die bessere finanzielle Ausstattung der Mädchen- und Frauenberatungsstellen eingesetzt. Diese können sich im nächsten Jahr auf ein Plus von 15 Prozent freuen. Seit dem Jahr 2020 werden insgesamt 33 Prozent mehr Unterstützung ausbezahlt. Ich glaube, das ist wirklich Geld, das an der richtigen Stelle landet, denn Frauen sollen wissen, dass sie sich, wenn sie in Nöten sind, egal welcher Art, an die Mädchen- und Frauenbera­tungs­stellen in Österreich wenden können und dort auch gut beraten und ver­sorgt werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Außerdem wird natürlich der Gewaltschutz gestärkt. Die Gewaltschutzzentren werden ausfinanziert; es hat ja letztes Jahr eine Vertragsvereinbarung für alle Gewaltschutzzentren in Österreich gegeben. Ich glaube, uns allen ist klar, wie wichtig es ist, dass die Niederlassungen in den Bundesländern gut ausgestattet sind und den Frauen mit Rat und Tat zur Seite stehen können.

Was uns aber auch sehr, sehr wichtig ist, ist, die Gleichstellung und Selbstbe­stim­mung der Frauen zu stärken. Wir müssen als Gesellschaft insgesamt den Weg beschreiten, dass wir alle die Verantwortung dafür übernehmen, dass unsere Mädchen und Frauen ein selbstbestimmtes Leben in Österreich führen können. Wir müssen sie finanziell, wirtschaftlich, aber auch in Bezug auf ihre mentale Stärke so ausstatten, dass sie in der Lage sind, gegen Ungerechtigkeiten aufzustehen, dass sie in der Lage sind, sich gegen Männer zu wehren, die es nicht gelernt haben oder es nicht wollen, mit Frauen ordentlich und auf Augen­höhe umzugehen. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Und jeder Euro, der dafür verwendet wird, ist unglaublich wichtig und vermehrt sich sozusagen mit dem Erfolg, den wir dadurch erzielen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Brandstötter.)


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In diesem Sinne ist es uns auch ganz wichtig, dass die Gleichbehandlungsanwalt­schaft jetzt mit mehr Geld ausgestattet wird und auch noch einmal zwei Planstellen dazubekommt. Dafür möchte ich mich auch sehr bedanken; das ist auch eine langjährige Forderung gewesen.

Zusammenfassend darf ich sagen, dass mir das Empowerment von Frauen extrem wichtig ist. Die Frau Ministerin betont wirklich jeden Tag, wie sehr es in unserer Gesellschaft notwendig ist, Mädchen und Frauen zu unterstützen und zu empowern. Ich möchte Sie wirklich alle ganz, ganz herzlich dazu aufrufen, in diese Richtung mit uns allen zusammenzuarbeiten, damit Österreich für Frauen und Mädchen weiterhin ein gutes Land sein kann. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.


9.17.30

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrtes Präsidium! Geschätzte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause vor den Fernsehgeräten! Indira Gandhi hat einmal gesagt: „Aufpassen muss man auf Minister, die nichts ohne Geld machen können, und auf Minister, die alles nur mit Geld machen wollen.“

Es ist unbestritten, seit 2019 hat sich das Frauenbudget etwas mehr als verdoppelt. Die Gewaltschutzzentren und die Beratungsstellen werden wieder aufgestockt. Aber natürlich ist diese Steigerung auch der Inflation geschuldet, um das aufrechtzuerhalten, was besteht, ohne dass wirklich sehr viel mehr Neues umgesetzt werden kann.

Natürlich kommt auch die Valorisierung der Familienleistungen bei den Frauen an, aber die große Flut ins Geldbörsel ist das jetzt auch nicht. Frauen wollen außerdem nicht von Familienleistungen abhängig sein, sondern finanziell


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unabhängig auf eigenen Beinen stehen. Frau Minister, wir haben es schon im Ausschuss besprochen, man hört es jeden Tag in den Nachrichten, liest es in der Zeitung: Die Mütter sind mit großer Unsicherheit konfrontiert, was das Kinder­betreuungsgeld angeht. Müssen sie sich die Untersuchungen für den Mutter-Kind-Pass jetzt selbst bezahlen? – So schaut finanzielle Sicherheit mit Sicherheit nicht aus, Frau Minister!

Die Frauen sind von den 11 Prozent Inflation, was eigentlich ein Durchschnitts­wert ist, überproportional betroffen. Frauen, die im Handel arbeiten, in der Gastro, im Tourismus, in der Pflege, in den ach so hochgelobten systemrelevan­ten Bereichen, können mit ihrem Gehalt gerade einmal das Nötigste abdecken. Sie sparen beim Lebensmitteleinkauf, Freizeitaktivitäten sind Luxus, und zur finanziellen Belastung kommt sukzessive eine stetig wachsende psychische Belastung dazu.

Wenn man genau hinsieht, dann sieht man, was im Budget fehlt. – Zu den Auswirkungen und Folgen der Coronakrise, der aktuellen Krisensituationen findet sich nichts im Budget, nichts, was den Frauen die täglichen Herausforde­rungen erleichtert. Den Antiteuerungsbonus hat die Inflation längst wegge­fressen, viele Gutscheine sind nicht angekommen, viele konnten nicht eingelöst werden. Die viel gelobte Pflegereform bringt viel zu wenig Positives für Frauen, sowohl für die pflegenden Angehörigen als auch in der stationären Pflege. Dort werfen Frauen tagtäglich sprichwörtlich das Handtuch. (Zwischenruf des Abg. Eßl.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wo also ist die Frauenpolitik sichtbar?

Der größte Teil des Budgets geht – wir haben es gesehen – in den notwendigen Gewaltschutz, weil man die Gewalt an Frauen in unserem Land einfach nicht in den Griff bekommt. Leider erleben wir auch einen nicht unwesentlichen Anteil an importierter Gewalt. Wir haben am Dienstag von der Frau Minister – die auch für Integration zuständig ist – gehört, dass das Integrationsbudget nur um 2 Pro­zent steigt. Sie erklären das mit dem sparsamen Einsatz der Mittel. Wir sagen:


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Das ist ein Budget auf Kosten der Sicherheit der Frauen und Mädchen in unserem Land! (Beifall bei der FPÖ.)

Deutsch- und Wertekurse anzubieten – und genau so haben Sie es formuliert: anbieten! – reicht nicht. Es braucht Verpflichtungen, es braucht Konsequenz, es braucht auch individuelle Deutschkurse und Alphabetisierungsangebote für all die zugewanderten Frauen, die in den Frauenhäusern Schutz suchen, weil deren Männer das moderne Frauenbild, das in Österreich herrscht, nie akzeptieren und schon gar nicht verstehen werden.

Sogar ÖVP-Bürgermeister stellen das fest. Ein ÖVP-Bürgermeister hat in einer Tageszeitung diese Woche festgestellt: Asylwerber streichen durch die Straßen und sorgen dafür, dass das Sicherheitsgefühl katastrophal ist.  (Abg. Loacker: Ihr mit eurem Gefühl!) Frau Minister, ich habe Sie im Budgetausschuss gefragt, was Sie als Frauenministerin beitragen, um das Sicherheitsgefühl im öffentlichen Bereich in Österreich zu verbessern, und Ihre Antwort war: Dafür ist die Polizei zuständig! – Das ist beschämend! Viele Punkte aus dem 15-Punkte-Programm der Landesfrauenreferentinnenkonferenz wären wichtiger als der Doppelpunkt, der neuerdings vor -innen verwendet wird. Mit dieser Ansprache wird schon lange keine Frau mehr sichtbar gemacht, eher das Gegenteil ist der Fall.

Wir vermissen aktive Frauenpolitik abseits von Gewaltschutz, der alles über­lagert. Warum ist es nicht möglich, die Armutsgefährdung von Frauen bereits im Arbeitsleben zu bekämpfen? – Es bräuchte gerechte Entlohnung, gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit und die Anrechnung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten in einer fairen Art und Weise, damit man nicht im Alter jedes Jahr auf eine gnädige Pensionserhöhung hoffen muss. Diese Frauen ersparen der Gesellschaft jährlich Milliarden von Euro und kriegen dafür 41 Prozent weniger Pension. Wo bleiben Ihre Maßnahmen, um diese Einkommensunterschiede zu schließen? Es braucht Projekte nicht nur für 100 Frauen, sondern für die Masse der Frauen in Österreich.


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Wie gesagt: Im Budget gibt es viel Geld für Gewaltschutz, es braucht aber Gewaltschutz und Frauenpolitik, mutige Ansätze, wo Frauen tagtäglich sehen und spüren – auch finanziell –, dass sich für sie etwas verbessert. Frauenpolitik muss sich an den Lebensumständen der Frauen in Österreich orientieren. Frau Minister, Sie sagen immer: Frauenpolitik ist eine Querschnittsmaterie! Da sind wir uns ja einig, aber wo sind die deutlichen Spuren, die Sie in den Budgets Ihrer Kollegen hinterlassen haben? Wir hören immer von den Rednern der Regie­rungsparteien – diese Woche sehr oft –: Auf diese Regierung könne man sich verlassen! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, besonders die Frauen in unserem Land: Auf diese Regierung kann man sich nicht verlassen; wer sich auf diese Regierung verlässt, ist verlassen. (Beifall bei der FPÖ.)

9.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Disoski. – Bitte.


9.23.04

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Das Frauenbudget hat eine sehr, sehr, sehr lange Durststrecke hinter sich: Zehn Jahre lang ist es unter sozialdemokratischen Kanzlern und sozialdemokratischen Frauenministerinnen nicht erhöht worden. Dann kam, Kollegin Ecker, die frauenpolitische Geisterbahnfahrt in Türkis-Blau, Kürzungen im Frauenbudget inklusive. Wir haben jetzt das Frauenbudget um 140 Prozent auf 24,3 Millionen Euro erhöht, und ja, ein Großteil davon fließt in den Gewaltschutz und in die Gewaltprävention, und das ist verdammt noch einmal notwendig, denn jede fünfte Frau in diesem Land ist von Gewalt betrof­fen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)


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Gewaltschutzorganisationen haben jahrelang mehr Geld für ihre wichtige Arbeit gefordert, sie sind von den vorigen Regierungen ignoriert worden, ihre Forde­rungen sind auf taube Ohren gestoßen. Wir hören nicht nur hin, sondern wir handeln. Wir haben beispielsweise – Kollegin Pfurtscheller hat es schon gesagt – das Budget für die österreichweit 197 Frauen- und Mädchenberatungsstellen seit 2019 sogar um knapp 50 Prozent erhöht, und damit wird diese wichtige Arbeit endlich auf solide Beine gestellt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Ich habe im Sommer mit meiner Kärntner Kollegin Olga Voglauer das Frauen­haus Klagenfurt besucht und mit den Mitarbeiterinnen gesprochen. Ich habe gefragt: Wo braucht ihr denn Unterstützung vom Bund? – Frauenhäuser sind ja bekanntlich in Landeskompetenz. Wissen Sie, was uns die Mitarbeiterinnen dort gesagt haben? – Sie haben uns gesagt: Jede dritte Frau, die in unserem Frauen­haus Schutz sucht, kehrt später wieder zum gewalttätigen Partner zurück, und sie tut das nicht aus Überzeugung, weil sie das will, sondern sie tut das, weil sie sich einfach keine eigene Wohnung leisten kann. Schaut bitte deshalb, dass ihr bei den Übergangswohnungen etwas hinbekommt!

Wir haben es hinbekommen, wir haben jährlich 3 Millionen Euro zusätzlich für Neustart- und Übergangswohnungen zur Verfügung gestellt, damit begleiten und unterstützen wir Frauen und deren Kinder bei ihrem Start in ein neues, gewaltfreies Leben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zusätzlich zum Frauenbudget haben wir auch in anderen Ministerien die Mittel für Gewaltschutz und Gewaltprävention erhöht, beispielsweise im Justizminis­terium oder im Sozialministerium und auch im Innenressort: 40 Millionen Euro zusätzlich stehen in diesen Ministerien, zusätzlich zu den Mitteln im Frauen­ressort, jährlich bis 2026 zur Verfügung. Gewaltschutz wird – und das ist ein Novum, ein absolutes Novum – in diesem Budget eigens ausgewiesen und hat endlich budgetär jene Priorität, die er braucht, nämlich die höchste. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Frauenpolitisch wichtig – wir haben es jetzt schon gehört – ist die ab 1. Jänner 2023 automatische Anpassung wichtiger Familien- und Sozialleistungen an die Inflation. Das wird für viele Frauen, insbesondere für alleinerziehende, mehr Geld bringen. Frauenpolitisch wichtig – wir haben es in den vergangenen Tagen schon gehört – ist die Pflegereform, für die es 1 Milliarde Euro in diesem Budget gibt. 500 Millionen Euro sind extra reserviert, damit die Gehälter und die Arbeitsbedingungen jener, die in der Pflege arbeiten, endlich verbessert werden können. Wieso ist das frauenpolitisch wichtig? – Na, weil wir wissen: Die Pflege ist nach wie vor weiblich.

Was machen wir noch? – Nach jahrelangem Stillstand haben wir mit der Kinder­gartenmilliarde jetzt eine wichtige Initiative gesetzt, mit der wir den öster­reichweiten Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen vorantreiben. (Ruf bei der SPÖ: Es gibt keine Milliarde!) – Klar wird es da laut im Sektor der SPÖ: Ihr habt es halt nicht gemacht, wir machen es. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir waren auch die erste Fraktion, die hier im Hohen Haus den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gefordert hat. Als Regierungspartei setzen wir das Schritt für Schritt um. Ihr habt es nicht gemacht, wir machen es. (Ruf bei der SPÖ: Oje, oje!)

Was wir auch machen, ist, dass wir einen wichtigen Schritt im Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs setzen. Das ist in den vergangenen Tagen präsentiert worden. Das ist die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen. 90 Prozent der Fälle werden durch HP-Viren übertragen. Bislang war es so, dass die Impfung bis zum elften Lebensjahr kostenlos war. (Ruf bei der SPÖ: Wer hat sie eingeführt?) – Ja, ihr habt eingeführt, dass sie gratis war, das ist euch auch zu danken; und wir sorgen dafür, dass sie bis zum 21. Lebensjahr gratis sein wird. Das ist ein Meilenstein im Kampf gegen Gebärmutterhalskrebs! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Weil von Kollegin Ecker auch der Mutter-Kind-Pass angesprochen wurde: So ein Blödsinn! Hören Sie bitte endlich damit auf, die Frauen und die Eltern zu verunsichern! Selbstverständlich werden die Leistungen weiterhin finanziell übernommen werden und kostenfrei bleiben, das ist jetzt schon ausreichend klargestellt worden. (Zwischenruf der Abg. Rosa Ecker. – Abg. Loacker: Wehe, es sagt jemand zu den Grünen Blödsinn!)

Sie sehen, dieses Budget bringt Österreich auch abseits von Gewaltschutz und Gewaltprävention frauenpolitisch einige wichtige, schon längst überfällige Schritte weiter. Das Gegenteil davon – und das muss man an dieser Stelle auch sagen – passiert, Kollegin Ecker, im türkis-blauen Oberösterreich. Dort wird nicht nur das Frauenbudget seit Jahren ausgehungert (Abg. Rosa Ecker: Wirklich?), dort hat auch die ÖVP-geführte Landesregierung einem ÖVP-Parteikollegen eine Auszeichnung verliehen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Rosa Ecker), nachdem dieser wegen Vergewaltigung und sexueller Übergriffe erstinstanzlich verurteilt worden war. (Rufe bei der SPÖ: Unerhört!) Das muss man sich einmal vorstellen! (Abg. Kassegger: Rechtskräftig oder erstinstanzlich?)

Ja, das ist unerhört, ich pflichte Ihnen bei, Kolleg:innen von der SPÖ; und was noch unerhörter ist: Die ÖVP im Bundesland übt sich in verharmlosender Rhetorik, spricht von einer „irritierenden Optik“ und macht dem Noch-Partei­kollegen die Mauer, statt dafür Sorge zu tragen, dass er schnell zum Ex-Partei­kollegen wird! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nein, diese Ehrung ist nicht irritierend, diese Ehrung ist ein brutaler Schlag ins Gesicht all jener Frauen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben, und mit dieser Ehrung verharmlost die oberösterreichische Landesregierung sexualisierte Gewalt gegen Frauen. Das ist unerhört, das ist ein Skandal, das ist in diesem Land einfach nicht tragbar! (Zwischenruf der Abg. Rosa Ecker.) Die Landesregie­rung kann nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen und so tun, als sei nichts passiert, als sei das normal, wenn einem mittlerweile auch rechtskräftig verurteilten Vergewaltiger eine Ehrung des Landes gegeben wird. Bitte, wo sind


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wir denn?! Das ist ja ein Wahnsinn! Nichts daran ist normal, absolut nichts daran ist normal!

Frau Ministerin, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, ich bitte Sie darum wirklich eindringlich: Wirken Sie auf Ihre Parteikolleginnen und Parteikollegen in Oberösterreich ein und sorgen Sie dafür, dass diese unsägliche, schändliche Ehrung zurückgenommen wird! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Brandstötter. – Bitte.


9.29.24

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Wir beginnen den Tag mit Frauen und Gleichbehandlung, das sieht man daran, dass die Reihen stark geleert sind – so viel zur Relevanz dieses Themas für viele Kollegen. (Abg. Stögmüller: Na hallo! Bei uns sind alle da!)

Ich möchte gleich damit beginnen, an das Regierungsprogramm zu erinnern. Darin ist zu lesen: „Frauenpolitik ist Gleichstellungspolitik. Sie rückt die Chancen­gleichheit von Frauen jeden Alters auf allen Ebenen des gesellschaftlichen, beruflichen und familiären Lebens in den Fokus. Das Ziel ist es, dass Frauen selbstbestimmt, ökonomisch unabhängig und frei von Gewalt“ und „Diskrimi­nierung leben.“

Das ist ein sehr schöner Satz. Die Frage ist: Was sehen wir jetzt davon auch in diesem Budget? – Positiv anzumerken ist – und das haben meine Vorredne­rin­nen schon gemacht –, dass es eine große Erhöhung des Budgets für den Bereich Gewaltschutz gibt. Das ist notwendig, das ist gut, und dafür auch vielen Dank, Frau Ministerin, von meiner Seite. 28 Femizide allein in diesem Jahr zeigen die Dimension dieses Problems, dieses Themas. Ein kleiner Sidestep: Ich finde es


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nach wie vor sehr schade, dass wir immer noch keine Definition des Wortes Femizid haben und es deshalb auch immer Debatten darüber gibt: War das denn ein Femizid? Ist das ein Femizid? Wir brauchen diese Definition, wir brauchen den Eingang von Femiziden auch in die Kriminalstatistik. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Aufgabe können wir auch nicht an Brüssel, an die EU-Kommission aus­lagern und sagen: Sollen die sich doch um eine europaweite Definition kümmern, und wir hängen uns dann dran!

Wie sieht es mit dem Rest des Budgets aus? – Der Rest ist leider nach unserer Ansicht mangelhaft, es ist wenig Zukunft in diesem Budget zu erkennen. Frauenpolitik ist nämlich nicht nur Gewaltschutz. Ich frage mich: Wo ist die Kinderbetreuung? Wo ist der Rechtsanspruch auf einen qualitätsvollen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr? Wo sind die Maßnahmen gegen Altersarmut? Wo ist das automatische Pensionssplitting? Das steht ebenfalls im Regierungsübereinkommen. Da ist bis heute nichts passiert. Wo sind die flexibleren Arbeitszeiten? Wo ist mehr Väterbeteiligung durch individuelle Ansprüche auf Karenz- und Kindergeld? Diese Liste lässt sich noch sehr lange fortsetzen.

Wenn wir hier nicht ansetzen, wenn wir hier nicht auf der einen Seite eine ordentliche Basis schaffen, auch für die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen, dann wird auf der anderen Seite das Gewaltschutzbudget immer mehr erhöht werden müssen, weil Frauen nicht unabhängig sind, weil Frauen nicht selbstbestimmt leben können und weil sie dann in diese Spirale geraten und da nicht mehr herauskommen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich wünsche mir für das Budget im nächsten Jahr einen stärkeren Fokus auf genau diese relevanten Zukunftsthemen, damit Frauen endlich ein selbst­be­stimmtes Leben führen können. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

9.32



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Sieber. – Bitte.


9.32.36

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Frau Staatssekretär! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das diesjährige Familienbudget ist für mich als Familiensprecher meiner Fraktion und, ich glaube, für uns alle wahrlich schon ein Grund zur Freude (Abg. Belakowitsch: Bloß nicht für die Familien!), denn, meine Damen und Herren, es gibt nicht nur eine namhafte Erhöhung bei diesem Familienbudget, sondern wir haben es nach vielen Jahren der Forderung geschafft, dass Familienleistungen valorisiert werden. Das ist sicherlich ein Meilenstein in der Familienpolitik.

Dennoch hört man heute hier, vor allem vonseiten der Opposition, aber auch schon in den Ausschüssen, oft Kritik, aber sie ist nicht ganz durchgängig. Zum einen wird gesagt – vor allem von Kollegin Rendi-Wagner –: Zu viel, es ist zu viel ausgegeben worden, ein Wahnsinn, was man da an Mitteln ausgibt! – Auf der anderen Seite, auch heute wieder: zu wenig, zu wenig, zu wenig! – Sie müssen sich einmal einig werden, was Sie denn nun wollen: mehr Geld oder weniger Geld? Aber da fehlt bei der Opposition die Linie. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

Meine Damen und Herren! Nein, ich bin kein Mann, der unbedingt mit Super­lativen um sich wirft und immer Superlative verwendet, aber schauen wir uns einmal das Budget, das wir heute hier vorliegen haben, an. Mit 8,12 Milliarden Euro sind 7,1 Prozent der Gesamtauszahlungen für die Familien für das kom­mende Jahr vorgesehen. Das sind in Zahlen gegossen 38,1 Millionen Euro oder 0,5 Prozent mehr. Nun würde man meinen, 38 Millionen Euro mehr, das ist ja gar nicht so verrückt viel, wenn wir uns 8,1 Milliarden Euro anschauen, aber, meine Damen und Herren, wir dürfen nicht übersehen – und auch der Budgetdienst hat das sehr klar herausgearbeitet –: Es war uns wichtig, dass wir im vergangenen Jahr Einmalzahlungen an Familien ausgeschüttet haben, um sie eben von den


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entsprechenden Teuerungen zu verschonen, um ihnen zu helfen, um den Fami­lien – und das war uns wichtig – unter die Arme zu greifen. Ohne diese Ein­malzahlungen, ohne diese Hilfen, die wir gewährt haben, wäre das Budget um satte 395 Millionen Euro gestiegen, und auch das, meine Damen und Herren, ist absolut ein Grund zur Freude. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Neßler.)

Der große Wurf ist aber tatsächlich mit der Valorisierung gelungen, mit der jährlichen Anpassung, der automatischen Anpassung der Familienleistungen um die jeweilige Teuerungsquote. Schauen wir uns einmal an, was das in den einzelnen Bereichen bedeuten wird! Die Familienbeihilfe wird um 5,8 Prozent erhöht; das sind über 208 Millionen Euro, die wir mehr an Familienbeihilfe ausschütten können. Auch das Kinderbetreuungsgeld – ebenfalls ein wichtiges Instrument der Familienpolitik – wird um über 45 Millionen Euro gesteigert. Die Familien können sich also darauf verlassen, dass wir für sie arbeiten.

Auch für die Schulbücher – ein lieb gewonnenes Instrument für die Eltern, die Schüler, die Kinder, die Lehrer in unserem Land – werden über 10 Millionen Euro mehr zur Verfügung gestellt, um auch da die Teuerung, die spürbar ist, abzu­gelten. Betreffend Freifahrten, Schülerfreifahrten – ganz wichtig für uns alle, etwas, das wir gerne in Anspruch nehmen – werden in Summe für den Linien­ver­kehr 15,8 Millionen Euro mehr ausgeschüttet, auch 4,1 Millionen Euro für den Gelegenheitsverkehr.

Auch bei den Familienberatungsstellen haben wir, wie so oft gefordert, es jetzt gemeinsam geschafft, eine Erhöhung um über 3 Millionen Euro zuwege zu bringen. Auch der Kinderschutz ist uns wichtig, deswegen werden dafür 0,9 Mil­lionen Euro mehr zur Verfügung gestellt. Wir arbeiten auch an und verhandeln entsprechende Weiterentwicklungen im Bereich des Kinderschutzes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Die Familienpolitik, die Entlastungen, die wir geben können, betreffen im Großen und Ganzen drei Bereiche: ob das die steuerliche


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Entlastung, die finanzielle Entlastung oder die Sachgüterunterstützung ist. Und in allen drei Bereichen, seit wir auch den Familienbonus Plus eingeführt haben, sind wir im internationalen Spitzenfeld. Für mich persönlich ist es eine große Freude, dass wir Familienpolitik wirklich herzeigen können. Meine Damen und Herren! Obendrauf ist es natürlich so, dass die Abschaffung der kalten Progression auch für die Familien wirken wird; auch das ist für die nächsten Jahre beschlossen.

Ich glaube, in Summe sagen zu können, wir haben nicht nur ein großartiges Budget, Frau Minister, für das ich mich bedanken möchte, sondern die Weichen, die wir gestellt haben, familienpolitisch, für die Zukunft, sind gut. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

9.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Wimmer. – Bitte.


9.37.45

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ich teile die Begeisterung des Kollegen der ÖVP nicht so ganz, was das Budget und vor allem die Ziele des Familienbudgets der UG 25 betrifft. Wenn ich es mit einem Wort beschreiben müsste, so wäre es: unambitioniert. Das trifft auf viele Bereiche zu: auf die Steigerung der Väterbeteiligung zum Beispiel. Sie soll im Jahr 2023 um nicht einmal 1 Prozent steigen, und das ist nicht wirklich ein ambitioniertes Ziel.

Dabei wurde im August 2022 eine EU-Richtlinie verabschiedet, nach der die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Väter und Mütter, also für beide, ermöglicht werden muss. Wann und wie diese Richtlinie in österreichi­sches Recht umgesetzt werden soll, ist uns nicht bekannt. Im Budget findet sich das jedenfalls nicht.


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Ein weiteres Thema ist die dringend notwendige Reform des Kinderbetreuungs­geldes. Auch hier ist der Status nicht budgetiert: kein Zeitplan, keine Ambitionen und auch keine Informationen dazu.

Der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen ist auch kein großer Wurf. Das Mehr an budgetären Mitteln wird vor allem durch die Preissteigerungen, durch die Inflation, durch das Mehr der Baukosten aufgefressen werden. Gespräche mit den Gemeinden zeigen bereits jetzt, dass der Ausbau der Kinderbetreu­ungs­einrichtungen einfach zurückgestellt werden muss, weil es finanzielle Engpässe in den Gemeinden gibt. Es ist also davon auszugehen, dass der Ausbau der Kin­derbetreuungseinrichtungen 2023 nicht voranschreiten wird und das Erreichen der Barcelonaziele in noch weitere Ferne rücken wird.

Im Regierungsprogramm wird auch angekündigt, dass Armutsbekämpfung ein ganz wichtiges Ziel dieser Regierung ist. Im Budget findet sich das leider nicht. Die Valorisierung der Familienleistungen ist ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung, zu einer echten Armutsbekämpfung braucht es aber mehr Ambitionen (Beifall bei der SPÖ), viel mehr Willen, viel mehr Maßnahmen, gerade dann, wenn es um Kinderarmut geht, Kinderarmut in Österreich.

Nun noch ein paar Worte zum Mutter-Kind-Pass: Das ist ja ein sehr aktuelles Thema und es wird viel darüber gesprochen. Sehr geehrte Damen und Herren! Die Umbenennung und die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes haben wir alle hier gemeinsam im Hohen Haus bereits im Juni 2021 beschlossen. Passiert ist seitdem nichts. Es wurde im Mai 2021 angefangen, den elektro­ni­schen Mutter-Kind-Pass zu entwickeln, aber auch da ist nach wie vor für die Eltern nichts spürbar. Das ist halt einfach nur eine Ankündigungspolitik. Der Ausbau der Leistungen, der gut, wichtig und richtig ist, ist nur angekündigt. Ich sage es einmal so: Hinsichtlich einer raschen und zeitnahen Umsetzung stimmt mich das nicht sehr optimistisch.

Bereits vor vier Wochen gab es Medienberichte und einen großen Aufschrei darüber, dass die Ärztekammer aufgrund der fehlenden Anpassungen der


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Honorare die kostenfreien Leistungen oder die Kassenleistungen für die Untersuchungen des Mutter-Kind-Passes einstellen will. Ich habe bereits zu diesem Zeitpunkt eine Anfrage an Sie, Frau Ministerin, und auch an Gesund­heitsminister Rauch gestellt, und dann ist wochenlang nichts passiert. Im Gegenteil: Es entsteht der Eindruck, dass vieles über die Öffentlichkeit ausge­richtet wird, anstatt das im Verhandlungszimmer zeitnah, rasch und vernünftig auszuverhandeln. Frau Bundesministerin, so werden Familien verunsichert. (Beifall bei der SPÖ.)

Das zaghafte Verhalten der Regierung bei den Honorarverhandlungen wirft natürlich Fragen auf. Wenn nicht einmal eine Errungenschaft wie der Mutter-Kind-Pass sicher ist, was kommt denn dann als Nächstes? Das verunsichert einfach. (Zwischenrufe der Abgeordneten Obernosterer und Sieber. – Ruf bei den Grünen: Unbeschreiblich!)

Frau Ministerin, Sie haben im Ausschuss versichert, dass Ihnen die kostenfreien Untersuchungen wichtig sind, aber nach wie vor gibt es keine Einigung mit der Ärztekammer. Im Budget sind die Mittel für die Erhöhung der Honorare und für den Ausbau des Mutter-Kind-Passes auch nicht vorgesehen – so ehrlich muss man sein. Ankündigungen sind uns zu wenig. (Beifall bei der SPÖ.) Wir erwarten eine rasche Umsetzung und vor allem auch eine ausreichende Finanzierung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

9.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grebien. – Bitte.


9.42.39

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Kolleg:innen! Wertgeschätzte Zuseher:innen zu Hause, aber auch hier im Hohen Haus! Wie Sie bereits von unserer Frauen­sprecherin Meri Disoski hören konnten, hat diese Bundesregierung das Budget für den Gewaltschutz für Frauen erneut aufgestockt. Mit der Erhöhung von


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5,9 Millionen Euro für das Jahr 2023 ist das Budget gesamt auf 24,3 Millionen Euro angewachsen, und das ist auch dringend notwendig. (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen, ich bin Sprecherin für Menschen mit Behinderungen, und da ist mir die Perspektive für Frauen mit Behinderungen immer extrem wichtig. Das Sozialministerium hat 2019 die Ergebnisse der von ihm in Auftrag gegebenen Studie „Erfahrungen und Prävention von Gewalt an Menschen mit Behinderun­gen“ veröffentlicht. Damit haben wir – 2019 erstmals – repräsentative Ergeb­nisse über die Situation von Menschen mit Behinderungen, die in Institu­tionen leben, die in Werkstätten tätig sind, die in psychosozialen Einrichtungen leben oder auch im Maßnahmenvollzug sind.

Insgesamt hat diese Studie aufgezeigt, dass Menschen mit Behinderungen deutlicher und häufiger von Gewalt betroffen sind als Menschen ohne Behin­derungen. Eine besonders gefährdete Gruppe innerhalb dieser Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die einen hohen Unterstützungsbedarf bei Grundbedürfnissen wie der Körperpflege haben, aber auch der Kommunikation. Es sind aber auch sehr viele Frauen mit Lernschwierigkeiten und gehörlose Frauen von sexueller Gewalt betroffen.

Die Studie zeigt auf, dass der Schlüssel für eine gewaltfreie Umgebung in einer Organisationskultur auf Basis der UN-Behindertenrechtskonvention fußen muss. Dazu gehören die Achtung der Würde der Person, die Selbstbestimmung, das Empowerment, zu wissen, was nicht in Ordnung ist, das zu benennen und auch, sich entsprechend rechtliche Unterstützung zu holen, die Selbstvertretung und Partizipation wie in den Netzwerken der Frauen- und Mädchenberatungsstellen, wie in den Gewaltschutzzentren, dass man als Frau mit Behinderung weiß: Ich werde dort genauso aufgenommen und genauso unterstützt wie eine Frau ohne Behinderung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Empfohlen werden darüber hinaus für die Trägereinrichtungen Gewaltschutz­konzepte, Interventionspläne, ausreichendes und geschultes Personal sowie


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barrierefreie Zugänge, und zwar nicht nur baulich: Auch die Informationen müssen in Leichter Sprache barrierefrei zur Verfügung stehen.

Was ist denn dazu seit 2019 passiert? – Zum einen wurde die Studie natürlich in Leichte Sprache übersetzt, weil es in der Arbeit mit Frauen mit Lernschwierig­keiten notwendig ist, damit sie das selbst auch gut verstehen können, selbst nachschlagen können. Das wurde seitens des Österreichischen Behinderten­ra­tes, der ja die Dachorganisation ist, verbreitet, verteilt, und er hat als Vorbild für seine Mitglieder selbst eine Gewaltschutzrichtlinie entwickelt und fordert auch die eigenen Mitglieder auf, diese in den Einrichtungen der Behindertenhilfe umzu­setzen.

Im letzten Budget hat das Sozialministerium unter Mitfinanzierung des Frauen­ministeriums das Projekt des Vereins Ninlil und des Vereins Leicht Lesen finanziert. Sie können sich vielleicht noch erinnern, ich habe eine Broschüre hergezeigt: „Kraft-Rucksack“. Das ist genau die Maßnahme der Selbstbestim­mung und des Empowerments. Das mag vielleicht in einer Broschüre daherkom­men, hat aber extreme Auswirkungen im positiven Sinne: dass Frauen mit Behinderungen erkennen und auch benennen können, was nicht in Ordnung ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im neuen Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen ist in der Maßnahme 37 festgehalten: „Frauen mit Behinderungen sollen unterstützt werden, körperliche und sexuelle Übergriffe von sich aus zu erkennen, zu benennen und zu melden.“ Die Zuständigkeiten haben da die Bundesländer, und diese haben sich auch im Nationalen Aktionsplan dazu bekannt, entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Die Bundesregierung wiederum hat ihre Aufgaben ebenso gemacht und wird im budgetierten Gewaltschutzpaket Frauen mit Behinderungen dezidiert berücksichtigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)


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Ich glaube, da sind wir uns einig: Jede Person soll in Österreich frei von Gewalt leben können. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte sehr.


9.47.47

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchergalerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Immer mehr Menschen geht aufgrund der Teuerung das Geld aus, aber nicht nur das Geld, sondern auch die Luft, weil sie nicht mehr wissen, wie sie sich das Leben, das Überleben leisten können, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Eine Mutter hat mir kürzlich erzählt, dass sie vor einem Jahr für ihre vierköpfige Familie für einen Wocheneinkauf im Supermarkt circa 120 Euro bezahlt hat. Jetzt sind es um die 180 bis 200 Euro, obwohl sie nichts anderes in ihrem Einkaufskorb hat als vor einem Jahr. Darüber müssen wir jetzt einmal nachden­ken, Frau Bundesminister, was das für unsere Familien, für Familien mit Kindern heißt. Daher ist die Indexierung der Familienleistungen längst überfällig, damit unsere Familien finanziell entlastet werden, denn durch die Teuerung sind die Familien die größten Verlierer – ich sage nur: Miete, Strom, Gas, Heizung, Essen!

Frau Bundesminister, genau vor einem Jahr – sogar auf den Tag genau – bin ich hier gestanden und habe in der Budgetdebatte zum Bereich Familie einen Antrag eingebracht, der genau das beschrieben hat. Darin haben wir gefordert, dass die Familienleistungen in so einem Ausmaß erhöht werden sollen, dass der Wert­verlust ausgeglichen wird, der in den letzten Jahren entstanden ist, und dass in Zukunft bei den Familienleistungen eine jährliche Indexanpassung sichergestellt werden soll. In den Ausschüssen haben wir einige Jahre immer wieder darüber


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gesprochen, auch mit Ihrer Vorgängerin – es ist vertagt worden, es ist nichts passiert.

Nun wird unser Anliegen zum Teil – nur zum Teil! – erfüllt, und die Familienleistungen werden ab Jänner 2023 mit einem Anpassungsfaktor von 5,8 Prozent erhöht – und das kann durchaus als Verdienst der Freiheitlichen angesehen werden.

Frau Bundesminister, es besteht aber nach wie vor Handlungsbedarf, nämlich bei weiteren Valorisierungen, und zwar bei zwei Freibeträgen: erstens bei den Kos­ten für auswärtige Berufsausbildung und zweitens beim Freibetrag für Kinder mit Behinderung. Wird für ein Kind erhöhte Familienbeihilfe bezogen und liegt eine Behinderung von mehr als 50 Prozent vor, gibt es einen monatlichen Freibetrag von 262 Euro. Dieser Betrag ist seit 1988, das heißt seit 34 Jahren, unverändert!

Ebenfalls seit 34 Jahren wurde der monatliche Pauschalbetrag von 110 Euro nicht erhöht, der gewährt wird, wenn Kosten für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes anfallen. Obwohl sich die Kosten für einen Heimplatz in den letzten 34 Jahren mehr als verdoppelt haben und die Inflation in diesem Zeitraum 117 Prozent beträgt, wurde dieser Freibetrag seit 1988 – 34 Jahre lang – nicht erhöht!

Frau Bundesminister, hat Ihnen das niemand gesagt? Wissen Sie das nicht? Haben Sie nie gesehen, dass da jetzt endlich etwas geändert werden muss? Wir können doch nicht die Familien und ganz besonders Familien mit Kindern mit Behinderung einfach im Regen stehen lassen und da die Freibeträge nicht erhö­hen. Das ist wirklich eine Schande! (Beifall bei der FPÖ.)

Daher fordern wir eine Verdoppelung sowie eine automatische Valorisierung dieser Freibeträge. Auch der Katholische Familienverband sieht da eine dringende Notwendigkeit einer Veränderung und finanziellen Verbesserung für Familien.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 893

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Finanzielle Verbesserungen für Familien“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, im Sinne aller österreichischen Familien und entsprechend den Forderungen des Katholischen Familienverbandes folgende Maßnahmen umzusetzen:

- Automatische Inflationsanpassung von Familienbonus Plus und Kindermehr­betrag ab dem Jahr 2025

- Verdoppelung sowie künftige automatische Valorisierung des monatlichen Pauschalbetrages (§ 34 Abs. 8 EstG) betreffend die Abgeltung der Mehrauf­wen­dungen wegen einer Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohn­ortes

- Verdoppelung sowie künftige automatische Valorisierung des in der Ver­ordnung über außergewöhnliche Belastungen im § 5 fixierten Freibetrages für Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Per­sonen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird.“

*****

Frau Familienminister, es ist höchste Zeit, dass nach 34 Jahren eine Anpassung vorgenommen wird, weil die Familien es brauchen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

9.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

betreffend finanzielle Verbesserungen für Familien

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­vor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.), UG 25 – Familie und Jugend

in der 183. Sitzung des NR am17. November 2022

Im Oktober 2022 wurde mit dem Teuerungs-Entlastungspaket Teil II die Kalte Pro­gression abgeschafft, also unter anderem die automatische Anpassung der wesentlichen Tarifelemente in der Einkommensbesteuerung um zwei Drittel der Inflationsrate sowie die Entlastung von Beziehern von Einkünften im Umfang des Volumens der noch nicht automatisch ausgeglichenen kalten Progression (ver­bleibendes Drittel) beschlossen.

In seiner Stellungnahme zu dieser Regierungsvorlage hat der Katholische Familien­verband das Vorhaben begrüßt,

die Grenzbeträge, die für die Anwendung der Steuersätze für Einkommensteile bis 1 Million Euro maßgebend sind, den Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag sowie den Unterhaltsabsetzbetrag (Abs. 4), den Verkehrsabsetzbetrag, den erhöhten Verkehrsabsetzbetrag und den Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag (Abs. 5 Z. 1 bis 3), die Pensionistenabsetzbeträge (Abs. 6), die Erstattung des Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrages, die SV-Rückerstattung und den SV-Bonus (Abs. 8) sowie die Einkommensgrenze für Partnereinkünfte beim Alleinverdienerabsetzbetrag künftig jährlich und automatisch der Inflation anzupassen.

Aber, so der Katholische Familienverband weiter:


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Laut Entwurf sollen der Familienbonus Plus und der Kindermehrbetrag nicht in die Inflationsanpassung einbezogen werden. Dies ist angesichts der massiven Erhöhung mit 1.1.2022 verständlich. Der Katholische Familienverband schlägt aber vor, diese Absetzbeträge ab 2025 in die automatische Inflationsanpassung einzubeziehen und dies in diesem Entwurf schon zu berücksichtigen.

Dringender Handlungsbedarf bei zwei Freibeträgen:

Kosten für auswärtige Berufsausbildung:

Bei dem Freibetrag nach § 34 Abs. 8 EStG betreffend die Abgeltung der Mehrauf­wendungen wegen einer Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, ist eine Inflationsanpassung dringend erforderlich. Der monatliche Pauschalbetrag von € 110,-- ist seit 1988 unverändert. Obwohl sich die Kosten für einen Heimplatz in diesen 34 Jahren mehr als verdoppelt haben und sich der Verbraucherpreisindex vom Jahresdurchschnitt 1988 bis Juli 2022 um 117,0 % verändert hat, wurde der Freibetrag seit 1988 nicht erhöht. Der Katholische Familienverband schlägt eine Verdoppelung dieses Pauschalbetrages vor und den Basisbetrag von € 220,-- ab dem Jahr 2023 jährlich und automatisch zu valorisieren.

Freibetrag für behinderte Kinder

Der in der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. 1996 idF. BGBl. II 2010/430 im § 5 fixierte Freibetrag für Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG erhöhte Familien-beihilfe gewährt wird, beträgt seit 1988 unverändert € 262,--/Monat. Auch dieser Betrag wurde seit 34 Jahren nicht wertangepasst. Der Katholische Familienverband schlägt daher vor, diesen Betrag ebenfalls zu verdoppeln und den so ermittelten Betrag ab dem Jahr 2023 jährlich und automatisch zu valorisieren.

Bereits im Zuge der Debatte zum Teuerungs-Entlastungspaket Teil II wurde in einem unselbständigen Entschließungsantrag zur Optimierung weitere dringend notwendige Maßnahme gefordert; unter anderem die Anpassung sämtlicher Beträge des Ein­kommensteuergesetzes an die Inflation.


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Um insbesondere die finanzielle Situation der österreichischen Familien weiter zu verbessern, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Finanzen werden aufgefordert, im Sinne aller österreichischen Familien und entsprechend den Forderungen des Katholischen Familienverbandes folgende Maßnahmen umzusetzen:

•          Automatische Inflationsanpassung von Familienbonus Plus und Kindermehr­betrag ab dem Jahr 2025

•          Verdoppelung sowie künftige automatische Valorisierung des monatlichen Pauschalbetrages (§ 34 Abs. 8 EstG) betreffend die Abgeltung der Mehrauf­wendungen wegen einer Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes

•          Verdoppelung sowie künftige automatische Valorisierung des in der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen im § 5 fixierten Freibetrages für Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 FLAG erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­gemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Ver­handlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Raab. – Bitte.


9.53.25

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Familien und vor allem Frauen sind unbestritten von der aktuellen Teuerungswelle besonders


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betroffen. Das Ziel unseres Budgets ist es, dass wir besonders Familien und Frauen in einer ohnehin sehr schwierigen und unsicheren Zeit Sicherheit geben.

Im Familienbereich machen wir das insbesondere durch deutliche Mehrleis­tungen für Familien, Frauen und ihre Kinder. Rund 8 Milliarden Euro werden wir im Budget im Jahr 2023 für Familien zur Verfügung stellen. Die Familienleis­tungen waren damit noch niemals so hoch wie in diesem Jahr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Diese Summe beinhaltet natürlich auch, dass alle Familienleistungen, die bei den Familien am Konto einlangen, an die Inflation angepasst werden. Das ist ein Meilenstein, den es bisher in der Historie der Familienleistungen noch nie gege­ben hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir verwenden das Geld insbesondere auch, um die Strukturen zur Unterstüt­zung der Familien auszubauen. Zum einen gibt es 400 Familienberatungsstellen in Österreich, die den Familien – besonders in schwierigen und belastenden Zeiten – mit Rat und Tat zur Seite stehen. Diese 400 Familienberatungsstellen werden ausgebaut, und es steht ein Mehrbudget von 3 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Eckpfeiler der psychosozialen Versorgung in Österreich wird damit gestärkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie wissen es, das Gratisschulbuch in Österreich ist eine Institution, um die uns ganz, ganz viele andere Länder innerhalb der Europäischen Union und darüber hinaus beneiden. (Ruf bei der SPÖ: Das hat ... SPÖ eingeführt!) Mit einem Mehrbudget von 12,4 Millionen Euro werden wir auch die Gratisschulbücher in Österreich ausbauen und auch in ein neues Zeitalter, in ein digitales Zeitalter, überführen, damit die Bildung der Kinder in unseren Schulen weiterhin gesichert ist.

Insbesondere wollen wir auch, dass die Kinder schlichtweg sicher zur Schule kommen. Die Gratisschüler- und -lehrlingsfreifahrt ist dafür eine wichtige Säule. In diesem Bereich unterstützen wir die Familien bei den laufenden Kosten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 898

Da ist mehr als eine halbe Milliarde Euro budgetiert, ein Plus von 18,8 Mil­lionen Euro im Bereich der Schülerfreifahrt, damit die Kinder weiterhin sicher zur Schule kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Neben der Erhöhung und Stärkung der Unterstützungsstrukturen für die Fami­lien wollen wir schlichtweg, dass die Familien am Ende des Tages mehr Geld am Konto haben. Daher passen wir alle Familienleistungen an die Inflation an. Ich sage: alle – von der Familienbeihilfe über den Mehrkindzuschlag, den Kinderabsetzbetrag, das Kinderbetreuungsgeld bis hin zum Familienzeitbonus und zum Schulstartgeld. Alle Familienleistungen werden steigen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Belakowitsch: Alle nicht!)

Von alldem profitieren 1,2 Millionen Familien und 1,9 Millionen Kinder in Österreich. Darüber hinaus ist es mir eine Freude, dass wir gestern verkünden konnten, dass wir eine Einigung beim Mutter-Kind-Pass erzielt haben: den neuen Eltern-Kind-Pass. Wir werden den Eltern-Kind-Pass in das digitale Zeitalter überführen, wir werden die Leistungen erweitern, sodass noch mehr Service für die Familien, besonders für die schwangeren Frauen und ihre Kinder, in Österreich zur Verfügung gestellt wird.

Wir werden auch das Wohl des Kindes nicht nur medizinisch in den Vordergrund stellen, sondern auch den Familien einen zusätzlichen Service zur Verfügung stellen, nämlich eine Elternberatung, auf die sie zugreifen können, bei der man sich darüber Gedanken macht, wie der neue Alltag mit dem ersten Kind aussieht, wenn man in einer völlig neuen Situation ist, bei der man sich auch darüber beraten lässt, wie das mit den Karenzmodellen, mit dem Kinderbetreuungsgeld, mit einer partnerschaftlichen Aufteilung der Pflichten und natürlich auch mit der Stärkung der Väterbeteiligung aussieht, die in diesem Sinn auch ein Element sein wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Mutter-Kind-Pass – also der neue Eltern-Kind-Pass – wird selbstver­ständlich, nur um jeden Zweifel auszuräumen, weiterhin das zentrale Element sein. Alle Leistungen sind gesichert und werden auch künftig gesichert


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sein. Der Mutter-Kind-Pass war und ist seit vielen Jahrzehnten eine Errun­gen­schaft, die die Säuglingssterblichkeit massiv reduziert hat. Selbstver­ständlich werden der Gesundheitsminister und ich sicherstellen, dass alle Leistungen auch in Zukunft umfassend zur Verfügung gestellt werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte noch gerne Folgendes zum Frauenbudget ausführen: Auch beim Frauenbudget haben wir in diesem Jahr eine wirklich deutliche Steigerung erzielt. Das Frauenbudget wurde über viele Jahre ausgedünnt und nunmehr – seit Beginn unserer gemeinsamen Legislaturperiode – können wir eine Steigerung von 140 Prozent verzeichnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeor­dneten der Grünen.) Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist wirklich ein strukturelles Investment in die österreichische Frauenpolitik und für alle, die für die Frauen in Österreich viel wertvolle Arbeit leisten und die Frauen unter­stützen. (Abg. Loacker: Ich bin dann auf die Erfolgsmessung gespannt!)

Ein Großteil dieses Budgets wird, wie auch bisher, in den Gewaltschutz fließen. Wir werden auch neue Schwerpunkte setzen, beispielsweise im Kontext von Schutz- und Übergangswohnungen für Frauen und Kinder, die hier besondere Unterstützung brauchen.

Darüber hinaus ist die Stärkung von Frauen und besonders von Mädchen in allen Lebenslagen selbstverständlich ein Schwerpunkt meiner Frauenpolitik und auch ein Schwerpunkt dieses Frauenbudgets, beispielsweise mit einem neuen Frauenfonds, den wir gegründet haben. Dieser heißt LEA und soll sich speziell an junge Frauen wenden. Wir wollen, dass Rollenklischees aufgebrochen werden, dass Rolemodels, die das bereits geschafft haben, in die Schulen gehen und dort Mädchen ab einem sehr frühen Alter darin bestärken, dass sie alles erreichen können, was sie möchten – dass sie auch jeden Beruf, den sie möchten, ausüben können (Abg. Belakowitsch: Wer hindert sie daran?) und dass sie schlichtweg ihre Träume verwirklichen können. Das ist das Ziel dieses Frauenfonds, daher stärken wir diesen Frauenfonds im kommenden Jahr auch budgetär. (Beifall bei der ÖVP.)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich ist die Frauenpolitik ein Quer­schnittsthema. Sie finden Steigerungen im Frauenbudget in vielen Ressorts – im Innenressort, im Justizressort, im Bildungsressort –, aber das Frauen­budget trägt auch zu einer strukturellen Sicherung für die Unterstützung der Frauen in Österreich bei. Ich bin sehr froh, dankbar und auch stolz, dass wir es geschafft haben, es um 140 Prozent zu steigern und damit den Frauen weitere Sicherheit zu geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steinacker. – Bitte.


10.01.06

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Mit­bürgerinnen und Mitbürger! Meine heutige Rede zu UG 10, zur Diskussion des Budgets für Frauen und Gleichstellung, widme ich allen Frauen in Öster­reich und unserem gemeinsamen Kampf gegen die Gewalt.

Frauen sind in der letzten Zeit immer mehr psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt gewesen. Es ist traurig, zu sehen, zu hören oder zu lesen, wie Frauen verprügelt, unterdrückt, vergewaltigt oder ermordet werden. 28 Femi­zide in diesem Jahr sind das traurige Ergebnis. (Ruf bei der FPÖ: Zuwande­rung!) In den letzten zehn Jahren, von 2010 bis 2020, sind in Österreich 319 Frauen ermordet worden – eine schockierende und traurige Bilanz.

Jede fünfte Frau in Österreich ist sexueller oder körperlicher Gewalt ausgesetzt. Das ist aber nur eine Form der Gewalt in Österreich, Gewalt tritt auch in anderen Formen, mit anderen Gesichtern auf: auf der psychischen Ebene, auf sozialer Ebene oder auf der ökonomischen Ebene. Wer hat schon einmal den Satz gehört: Ich gebe dir kein Geld, wenn du nicht Punkti, Punkti, Punkti?! – Das ist traurig, aber wahr. Wir müssen die Frauen in jeder Hinsicht stärken.


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Frau Bundesministerin, ich danke dir besonders für deinen Einsatz, insbesondere betreffend die Vernetzung der zuständigen Ministerien durch den Gewalt­schutzgipfel, die Vernetzung des Frauen- und Familienministeriums mit dem Innenministerium, wo Polizisten großartige Arbeit leisten – sie sind mittlerweile ausgebildet, um sorgsam und einfühlsam mit Opfern von sexueller Gewalt umzugehen –, die Verknüpfung mit der Justiz und die Verknüpfung mit dem Gesundheitsressort. Am Ende des Tages muss es in den verschiedenen Kliniken auch Gewaltschutzambulanzen geben, um diese Vorkommnisse entsprechend aufzeichnen zu können, um gegen die Gewalt an Frauen auch rechtlich vorgehen zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski, Ribo und Schwarz.)

Es widerspricht unseren Grundwerten, dass Frauen und Mädchen in Österreich kein selbstbestimmtes Leben führen können. Wie kann geholfen werden? – Es wird geholfen. Das ist vielleicht die gute Botschaft, die wir im Rahmen dieser Budgetdiskussion heute verkünden können. Wir haben Gewaltschutzzentren, in denen Frauen und Mädchen geholfen wird, in denen Opfern auch proaktiv geholfen wird. Wir haben Opferschutzeinrichtungen – danke an diese Opfer­schutzeinrichtungen, auch für ihre ehrenamtliche Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen) –, über 18 000 Menschen wurde in diesem Jahr geholfen: mit Beratungen, mit Unterstützung für Maßnahmen gegen die Gewalt und auch mit psychologischer Hilfe.

Letztendlich haben wir natürlich auch Familienberatungsstellen, um auch dorthin zu schauen. Deren Budget wird deutlich – um mehr als 3 Millionen Euro – erhöht, genauso wie die Sachkostenförderung für Kinderschutzzentren, denn die Gewalt beginnt leider, leider schon sehr früh im Leben mancher Kinder.

Im Justizressort haben wir uns das Thema Gewaltschutz ganz besonders zu Herzen genommen: Wir haben die psychosoziale Prozessbegleitung nicht nur für die Opfer, sondern erstmals auch für Kinder eingeführt. Das ist ganz wichtig, denn wenn Kinder Zeugen von Gewalt sind, brauchen sie Unterstützung, um im Prozess dann wirklich das Richtige auszusagen und keine dauerhaften Schäden


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von dem, was sie erlebt haben, zu bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Botschaft an die Frauen in Österreich: Es kann Ihnen geholfen werden, nehmen Sie die Hilfe an! Es gibt die Frauenhotline – 0800 222555, man kann sich die Nummer auch ganz leicht merken –: Rufen Sie dort an! Es wird Ihnen geholfen!

Meine große Bitte an die Männer in unserer Gesellschaft, in unserer Republik: Hören Sie auf, Gewalt gegen Frauen auszuüben! Es gibt die verschiedensten Formen der Gewaltprävention, auch Ihnen kann geholfen werden. Es muss nicht zur Gewalt kommen, es gibt andere Formen der Konfliktlösung. Nutzen Sie diese! Ich sage Ihnen, 28 Frauenmorde in diesem Jahr sind zu viel. In unserer Gesellschaft darf diese Art von Gewalt keinesfalls Platz haben. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

10.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.


10.05.24

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Ich habe Ihnen vorhin, als Sie über das Familienbudget gesprochen haben, gut zugehört. Ich muss sagen, ich glaube, es gibt da ein großes Miss­verständnis. Sowohl Sie als auch Kollege Sieber, der Familiensprecher der ÖVP, stellen sich hier im Plenum dar, als wären Sie der Robin Hood der Familien, derjenige, der den Reichen nimmt und den Armen, den Familien, die besonders belastet sind, gibt. Dabei vergessen Sie eines: Sie nehmen den Familien vorher das Geld, das Sie ihnen nachher zurückgeben.

Das kann man auch wirklich gut darstellen. Nehmen wir zwei Staaten, die in keinster Weise dafür bekannt sind, dass sie einen heruntergewirtschafteten Sozialstaat haben: Norwegen und Belgien. In beiden Ländern hat man ungefähr


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das gleiche Einkommen, also der Arbeitgeber hat die gleichen Kosten bei einer Vollzeitbeschäftigung, 58 000 Euro wären das. In Norwegen erhält der Arbeitnehmer, bei gleichen Kosten für den Arbeitgeber, im Jahr 4 000 Euro mehr und in Belgien sind es 6 500 Euro mehr, einfach weil es geringere Lohnnebenkosten und geringere Steuern gibt.

Was Österreich macht, ist nichts anderes, als durch hohe Steuern hohe Budgets zu verursachen und dann auch 8 Milliarden Euro für die Familien auszugeben. Sie nehmen es vorher den Familien, geben es ihnen nachher zurück und spielen Robin Hood.

Wenn man aber eine Figur suchen müsste, die für die ÖVP passend wäre, dann wäre es nicht Robin Hood, sondern eher der Sheriff von Nottingham. (Die Abgeordneten Wöginger und Steinacker: Der sitzt in Wien!) Wenn man das nach­schlägt, sieht man, der hat, ich will nicht sagen etwas Tyrannisches, aber er wird mit maßloser Steuerpolitik assoziiert.

Zu dem, dass Sie zuerst die Familien auspressen und es ihnen nachher zurück­geben, kommt dazu, dass Sie tatsächlich sehr ambitionslos sind. Ich habe mir das Budget im Detail angeschaut: Worum geht es denn im Familienbud­get? – Es geht darum, dass man eine wirkliche Wahlfreiheit schafft, meine Kollegin Brandstötter hat das vorhin auch schon gesagt, dass Männer und Frauen in einer Familie, aber auch Alleinerziehende wirklich die Wahlfreiheit haben, ihr Leben in ihrer Elternrolle und in ihrer Rolle in der Gesellschaft und Wirtschaft selbst zu gestalten.

Das klappt aber nur, wenn ausreichend Geld verfügbar ist und wenn ausreichend Kinderbetreuung und ausreichend Väterbeteiligung verfügbar ist. Schauen wir uns an, wie Sie als Ministerin die Ziele vorgeben; ich möchte nur zwei hervor­heben, damit man sich das als Zuhörer:in oder Zuseher:in auch einmal ganz klar vorstellen kann: Wir hatten im Jahr 2022 bisher eine Väterbeteiligung von 29,83 Prozent. Das heißt aber nur, mindestens einen Tag in der gesamten Zeit war ein Vater auch wirklich zu Hause. Was setzt man sich für ein Ziel für das


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nächste Jahr? – Im nächsten Jahr soll der Anteil von 29,83 Prozent auf 30 Prozent steigen. Diese 0,13 Prozent zeigen die Ambitionslosigkeit, die im Budget niedergeschrieben ist. (Beifall bei den NEOS.)

Wenn wir von einer Wahlfreiheit sprechen – und nicht nur an eine faire Aufteilung zwischen den Müttern und den Vätern in der Elternschaft denken –, dann sprechen wir natürlich auch über die Armutsgefährdung bei Allein­erziehenden. Betreffend Armutsgefährdungsquote, die klar definiert ist, gibt es in diesem Budget ein Ziel, nämlich die Reduktion der Armutsgefährdung. In der Vergangenheit, 2019, wurde die Armutsgefährdung um 14 Prozent redu­ziert, im Jahr 2020 – also während Corona, der Lockdowns, während viele ihre Jobs verloren haben – betrug das Minus 15 Prozent.

Was setzt man sich für ein Ziel für die nächsten Jahre? – Minus 12 Prozent. Man möchte die Armutsgefährdung weniger stark zurückschrauben als in Zeiten einer Pandemie, geringer als vor der Pandemie. Das bedeutet, in zentralen Elementen, wenn wir von Familienpolitik sprechen – in der Frage der Gleichberechtigung, in der Frage der Väterbeteiligung, in der Frage der Reduktion der Armutsgefähr­dung, in der Frage, wie wir mit Familien umgehen, in der Frage, wie Kinderbe­treu­ung stattfinden soll, in der Frage, wie die Familienministerin sich selbst auch in anderen Ressorts einbringt, damit mehr für Familien passiert –, passiert viel zu wenig.

Frau Ministerin, Sie arbeiten nicht im Sinne der Familien, Sie arbeiten auch nicht im Sinne eines soliden Budgets, und Sie sind vollkommen ambitionslos. Daher können wir dieses Budget auch nicht mittragen. (Beifall bei den NEOS. Abg. Steinacker: Also bitte!)

10.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ribo. – Bitte sehr.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 905

10.10.01

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Geschätzte Staatssekretärin, geschätzter Staatssekretär! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen auf der Galerie und zu Hause! 28 Femizide wurden in Österreich im Jahr 2022 begangen. Das ist erschreckend. Schaut man sich die Lebensgeschichten der Mordopfer an, zeigt sich auch: Gewalt gegen Frauen kennt keine Altersgrenze. Die Hälfte der 28 ermordeten Frauen war über 55, und ein Drittel war sogar älter als 75.

Diese traurigen Zahlen zeigen uns, dass gerade Seniorinnen von häuslicher Gewalt stark betroffen sind. Liest man die Statistik dazu, wer die Täter waren, so wechselt es sich immer ab: Sohn, Ehemann, Sohn, Ehemann. Diese Morde sind oft nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt eine hohe Dunkelziffer bei Gewalt an älteren Frauen. In dieser Gruppe ist das oft ein Tabuthema und mit sehr viel Scham verbunden. Und es ist ganz banal: Die Frauen sind oft zu Hause, gehen nicht mehr in die Arbeit, die blauen Flecken sind nicht so sichtbar, aber die finanzielle und psychische Abhängigkeit ist nach wie vor da.

Gewaltbeziehungen bestehen oft viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Im Alter verschärft sich aber die Situation. Warum? – Weil Frauen in ihrem Leben sehr viel Carearbeit machen, oft nur Teilzeit arbeiten und später natürlich eine nied­rige oder gar keine Pension bekommen und somit natürlich stark von Männern abhängig sind. Meine Damen und Herren, da ist es die Verantwortung der Politik, nicht wegzuschauen. Als Sprecherin für Senior:innen bin ich daher sehr froh, dass uns im Gewaltschutz, aber auch im Budget für Frauen nicht nur im Jahr 2023, sondern auch in den darauffolgenden Jahren sehr viel gelungen ist. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Für 2023 gibt es ein zusätzliches Gewaltschutzpaket in Höhe von fast 25 Mil­lionen Euro, für die Jahre 2023 bis 2026 gibt es zusätzlich zum Frauen­budget noch 40 Millionen Euro. (Beifall bei den Grünen.)


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Das Geld fließt auch in Maßnahmen, die älteren Frauen helfen, wie zum Beispiel die Kampagne „Mann spricht’s an!“, mit der das Tabuthema Männergewalt breit in den Medien angesprochen werden soll. Auch die finanzielle Aufstockung bei der Frauenhelpline kommt vor allem älteren Frauen zugute, weil diese ja nicht so mobil sind und da ein wirklich niederschwelliger Zugang zu Hilfe geboten wird. Ebenso erfolgt der Ausbau der Prozessbegleitung für Opfer von häuslicher Gewalt.

Natürlich haben wir auch in anderen Bereichen versucht, Frauen zu unter­stützen – Stichwort Erhöhung der Ausgleichszulage für Pensionen. Die Ausgleichszulage bekommen oft Frauen mit sehr niedrigen Pensionen. Es war uns ganz wichtig, da anzusetzen und diese Frauen zu unterstützen. Aber auch den pflegenden Angehörigen bieten wir natürlich mit der Pflegere­form genau dort Hilfe an: Stichwort Angehörigenbonus, Stichwort Erschwer­niszulage, womit eben auch pflegende Angehörige besonders unterstützt werden. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Pfurtscheller, Salzmann und Steinacker.)

Abschließend möchte ich aber noch an unser aller Verantwortung in der Gesell­schaft erinnern und auch an die Medien appellieren: Hören wir bitte auf, Gewalt an älteren Frauen zu entschuldigen oder sie sogar zu romantisieren! Wenn ein Mann seine demente Frau umbringt, weil er mit der Pflege oder mit was auch immer überfordert ist, dann ist das kein Erlösen. Das ist Mord! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Krisper.)

Wenn ein Sohn mit der Pflege der Mutter nicht zurechtkommt oder überfordert ist und sie misshandelt, dann ist das Gewalt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Loacker: Das ist ein Pflegeproblem!) – Das ist Gewalt. Überforderung ist die eine Sache und da muss natürlich Hilfe geboten werden, da muss eben auch der Staat unterstützen. Da sind wir natürlich dabei. Alle hier im Raum wissen, wie sehr nicht nur ich, sondern wir alle uns für diese Themen einsetzen. Es gibt jedoch


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nichts, wirklich nichts, meine Damen und Herren, was Gewalt an Frauen recht­fertigt. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

10.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. – Bitte.


10.15.27

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn uns dieses Budget eines zeigt, dann ist es das: Wir haben in Österreich vielleicht eine Medienministerin, wir haben vielleicht eine Familienministerin, zumindest für jene Familien, die in den aktuellen Krisen keine zu großen Probleme haben; was wir aber sicherlich nicht haben – Ihre Rede hat es leider gezeigt –, ist eine Frauenministerin, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Die Abgeordneten Pfurtscheller und Steinacker: Also bitte, Mario!)

Die Arbeiterkammer kritisiert völlig zu Recht, dass die Regierung die Frauen- und Gleichstellungspolitik fast ausschließlich auf den Gewaltschutz reduziert. (Abg. Michael Hammer: Dazu brauchen wir die Arbeiterkammer, oder was?) Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, Gewaltschutz ist eine der zentralen Herausforderungen im Bereich der Gleichstellung. Ich schließe mich meinen Kolleg:innen aber abso­lut an: Die Krise, die wir aufgrund von männlicher Gewalt gegen Frauen haben, braucht eine entschiedene politische Antwort. Genau diese Antwort liefert Ihr Budget aber nicht, Frau Ministerin.

Gerade angesichts der aktuellen Teuerung und Inflation sind die zusätzlichen Mittel im Bereich des Gewaltschutzes nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie liefern nämlich vor allem keine strukturellen Lösungen für die grundsätzliche Krise. Ja, es gibt mehr Geld für den Gewaltschutz, aber von großen Würfen sind wir weit entfernt. (Abg. Pfurtscheller: Bitte, Mario, das glaubst du ja selber nicht! Wer hat dir denn die Unterlage geschrieben? Selber denken und nicht einfach eine Unterlage von Kolleginnen übernehmen!) Ich weiß, Sie betonen immer, dass die


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meisten Mittel für den Gewaltschutz in anderen Ressorts liegen. Aber genau das meine ich ja, wenn ich sage: Wir haben keine Frauenministerin, wir haben keine Gleichstellungsministerin! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Pfurtscheller: Mein Gott!)

Diese Rolle müssten Sie, Frau Ministerin, beanspruchen. Sie müssten die Gesamtverantwortung für den Kampf gegen männliche Gewalt an Frauen, die Schlüsselrolle, die Koordinierung übernehmen, das tun Sie aber nicht. (Abg. Steinacker: Das tut sie doch! Jetzt mache ich gleich eine tatsächliche Berichtigung! Gewaltschutzgipfel, 6. Dezember!)

Schauen wir uns zum Beispiel einen zentralen Baustein im Gewaltschutz, näm­lich die präventive Arbeit mit Männern und Burschen, an: Da sind wir meilenweit von einer strukturellen Lösung entfernt. Die Männerberatungs­stellen hanteln sich von Projektförderung zu Projektförderung. (Abg. Pfurtscheller: Männerberatung ist im Sozialministerium, zu deiner Information! Wieder eine falsche Unterlage bekommen!) Das Budget bringt in diesem Bereich keine dringend benötigte Basisfinanzierung. Und wenn sich die Kollegin­nen von der ÖVP so aufregen, dann wissen sie, dass ich mit meiner Kritik Recht habe, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Sieber und Steinacker.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Solange wir nicht genug in die Gewaltpräventionsarbeit von und mit Männern investieren, werden wir das Gewaltproblem auch nicht wirksam in den Griff bekommen.

Zum Abschluss, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, seien wir ehrlich: Dieses Budget hat abseits des Gewaltschutzes kaum etwas zu bieten. Ja, es werden 1,8 Millionen Euro in den Frauenfonds gesteckt; das ist eine Einrichtung abseits der parlamentarischen Kontrolle. Sonst liefert die Regierung aber keine eigenen Schwerpunkte, kaum Projekte und vor allem nicht die strukturellen Antworten auf Ungleichbehandlungen und Diskriminierung, die wir so dringend brauchen.


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Wieder einmal gibt es kein eigenes Budget für die Gleichstellung der LGBTIQ-Community, keine Schwerpunkte im Kampf gegen Hatecrime, keine Mittel für Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit. Während Hassverbrechen gegen queere Menschen zunehmen, macht die Regierung einfach die Augen zu. Während gerade junge LGBTIQ-Personen massiv unter den psychosozialen Folgen der aktuellen Krisen leiden, tut die Regierung so, als gäbe es kein Prob­lem.

Während transidente Menschen von immer stärkeren Diskriminierungen betrof­fen sind und nicht einmal ihre Gesundheitsversorgung flächendeckend gesichert ist, schauen Sie weg. Die Regierung ignoriert diese Probleme genauso wie die Beschlüsse des Nationalrates zum Verbot von Konversionstherapien oder zum Schutz intergeschlechtlicher Kinder. Auf diese Gesetze warten wir immer noch, denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, Fakt ist: Es gibt in dieser Regierung keine Frauen- und keine Gleichstellungsministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

10.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf das Bundesrealgymnasium 23 aus der Anton-Krieger-Gasse recht herzlich bei uns begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Nationalrätin Jachs. – Bitte.


10.19.34

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Staatssekretäre! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gehört: Eine 50 Jahre alte Institution bekommt eine Verjüngungskur. Aus dem Mutter-Kind-Pass wird der Eltern-Kind-Pass, und es gibt mehr Geld. Das heißt, es gibt mehr Untersuchungen und mehr und gerechtere Leistungen. Zusätzlich wird das Ganze auch noch digital und kann vereinfacht verwaltet werden. Ich glaube, das ist eine Win-win-Situation für alle: für Eltern, Kinder, aber auch für Ärztinnen


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und Ärzte und für die Gesundheitsverwaltung. Das ist wirklich positiv. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Liebe Kollegin Wimmer, weil du es angesprochen hast, weise ich dich nur darauf hin: Die letzten zig Jahre war die SPÖ in Verantwortung. Ihr hattet es in der Hand, die Leistungen gerechter anzupassen. Ihr habt es nicht gemacht. Es ist wieder einmal diese Bundesregierung, bestehend aus ÖVP und Grünen, die das jetzt macht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Lieber Kollege Lindner – mein Vorredner –, du hast in deiner Rede struk­turelle Änderungen gefordert. Ja, wir geben dir strukturelle Änderungen, denn: Diese Bundesregierung kämpft mit aller Entschlossenheit gegen die Teuerung (Zwischenruf der Abg. Kucharowits), wir schaffen die kalte Progression ab – das habt ihr jahrzehntelang gefordert (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Kucharowits) –, wir valorisieren jetzt die Familienleistungen (weiterer Zwischenruf der Abg. Kucharowits) – das habt ihr auch jahrzehntelang gefordert, wir machen es jetzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich glaube, die Valorisierung der Sozialleistungen – das bedeutet die jährliche automatische Anpassung von Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld an den Verbraucherpreisindex – ist eine der wirklich wesentlichsten familienpoli­tischen Maßnahmen der letzten Jahre – neben der Einführung und Erhöhung des Familienbonus –, und auch das macht diese Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon gesagt, dieses Budget enthält ganz wesentliche strukturelle Änderungen. Ich lade Sie ein, mitzustimmen. (Abg. Belakowitsch: Nein!) Ich verstehe, dass Sie aus parteipolitischen Gründen (Abg. Belakowitsch: Nein, aus Überzeugung!) das Budget kritisieren und auch ablehnen. Es ist noch viel schlimmer, Frau Kollegin Belakowitsch, wenn Sie es aus Über­zeugung ablehnen, dass wir Familien unterstützen (Abg. Zanger: Das werd’ ich dann noch erklären, warum wir das aus Überzeugung ablehnen!), aber dann müssen Sie den Familien auch erklären (Abg. Belakowitsch: Familien sind ... im Budget! Das


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kann ich Ihnen schon auch sagen!), warum Sie ihnen keine Unterstützung zukom­men lassen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend noch ein Satz an dich, liebe Kollegin Meri Disoski: Auch wenn der Brief nur in Oberösterreich verschickt wurde, gebe ich dir trotzdem vollinhaltlich recht. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

10.22


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Staatssekretärin Plakolm. – Bitte sehr.


10.22.39

Staatssekretärin im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Geschätzter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Herren und Frauen Abgeordnete! Geschätzte Zuse­herinnen und Zuseher der heutigen Parlamentssitzung! Ein Budget ist immer die Antwort der Politik auf aktuelle und künftige Herausforde­rungen. Mit dem vorgelegten Budget der Bundesregierung geben wir diese Antwort in sehr, sehr schwierigen Zeiten mit noch nie da gewesenen Krisen.

Mit der Budgetplanung machen wir Österreich stärker, unabhängiger und auch sicherer für die Zukunft. Unser Anspruch ist es, dass Österreich nicht nur gut aus diesen Krisen kommt, sondern auch daran wächst. Finanzminister Magnus Brunner hat mit diesem Budget definitiv das Fundament für eine erfolgreiche Krisenbewältigung gelegt. Österreich hat in seiner Geschichte immer wieder bewiesen, dass es aus Krisen stärker herausgehen kann, als es hineingegangen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Stärker aus Krisen herauszugehen, das bringt mich auch zum Budget der Untergliederung 25: Ganz besonders freut mich bei diesem Budget, dass wir im Jugendbereich nicht nur wesentliche Verbesserungen umsetzen können, sondern auch deutliche Meilensteine für die Zukunft abbilden. Darunter sind auch zwei Maßnahmen, die es das erste Mal in der Geschichte dieser Republik gibt. Gerade die Jugendorganisationen in unserem Land, die außerschulische


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Jugendarbeit, haben in den Jahren der Coronapandemie in Zeiten von Lockdowns bewiesen, dass sie eine enorme Stütze für junge Menschen und insbesondere auch für Kinder sind.

Jugendvereine und -organisationen sind Orte zum Aufwachsen, zum Lernen, aber gleichzeitig auch zum Schließen von Freundschaften fürs Leben. Die Pandemie hat diese Systemrelevanz des Ehrenamts und der Vereine in Öster­reich noch einmal deutlicher gemacht. Diese letzten beiden Jahre waren definitiv nicht einfach, und aus diesem Grund möchte ich auch all denjenigen ein ausdrückliches und herzliches Dankeschön aussprechen, die es auch in schwierigen Zeiten, in Zeiten von Lockdown und Homeschooling geschafft haben, eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung für junge Menschen zu ermög­lichen, oftmals mit viel Kreativität (Abg. Belakowitsch: Wissen Sie eigentlich, dass das gar nicht möglich war, dass das alles zu war?), die aber gleichzeitig auch dafür gesorgt haben, dass auch in Zeiten der Pandemie ein Miteinander in der Gesellschaft, ein Miteinander der Generationen möglich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Insgesamt engagiert sich in Österreich beinahe die Hälfte aller Menschen über 15 Jahren freiwillig. Zusammen kommen sie auf insgesamt 14 Millionen Stunden ehrenamtlicher Arbeit pro Woche. Ehrenamt ist, und das kann ich nicht oft genug sagen, das Fundament, auf dem unser Miteinander in Österreich aufbaut, und unser Land lebt gleichzeitig auch von Menschen, die mehr tun als bloß ihre Pflicht.

Mit dem Budget für das kommende Jahr 2023 tragen wir dem auch deutlich Rechnung und legen gleichzeitig auf jeden fünften Euro, den die verbandlichen Jugendorganisationen im Rahmen der Bundes-Jugendförderung bekommen, einen sechsten Euro drauf. Das ist die erste Erhöhung seit Bestehen der Bundes-Jugendförderung, seit 21 Jahren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Ich freue mich sehr, dass es mir in meinem ersten Budget als Jugendstaats­sekre­tärin gelungen ist, die Bundes-Jugendförderung für die verbandlichen Jugend­organisationen um 20 Prozent zu erhöhen. Gleichzeitig hat aber natürlich auch die Pandemie bei vielen Jugendorganisationen Spuren hinterlassen. Viele haben auch ganz offen mit rückläufigen Mitgliederzahlen zu kämpfen. Genau aus diesem Grund verfeinern wir, zusätzlich zu dem Plus von 20 Prozent in der Bundes-Jugendförderung, auch die Staffelung nach Mitgliedern und verhindern damit, dass einzelne Organisationen aufgrund des Rückgangs der Mitglie­der­zahlen beispielsweise die Hälfte der Förderung verlieren können und damit in ernsthafte Schwierigkeiten bezüglich der Aufrechterhaltung ihres Betriebes und der großartigen Arbeit, die dort geleistet wird, kommen.

Seit Mitte dieses Jahres bin ich als Staatssekretärin auch für den Zivildienst zuständig. Über 14 000 junge Burschen leisten alleine im heurigen Jahr den Zivil­dienst und stellen sich damit in den Dienst der Allgemeinheit, sorgen für ein gutes Miteinander in der Gesellschaft, für Sicherheit und unterstützen gerade diejenigen, die sehr stark darauf angewiesen sind, dass es Hilfe und Betreuung gibt. Dafür ein herzliches Dankeschön an die vielen Tausend Zivildiener in unse­rem Land! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mir ist aber natürlich völlig bewusst, dass schöne Worte alleine keinen Sprit und keine Miete bezahlen werden. Genau aus diesem Grund war es mir als Zivildienststaatssekretärin wichtig, auch erstmalig in der Geschichte eine deutliche Erhöhung der Grundvergütung vorzunehmen. Wir erhöhen das Entgelt für Zivildiener und gleichzeitig auch für Grundwehrdiener um 140 Euro auf insgesamt 500 Euro. Das sind knapp 140 Euro mehr im Monat, und das ist gerade im Leben eines jungen Menschen ein ordentliches Geld. Aufsummiert auf neun Monate Zivildienst ist das sogar ein Plus von 1 260 Euro, also eine Erhöhung um 40 Prozent. (Abg. Belakowitsch: Die werden in Geld schwimmen!)

Keine Frage, der Zivildienst ist und bleibt ein Staatsdienst. Das spiegelt sich natürlich auch ganz klar in der Grundvergütung wider, aber es ist wichtig, dass wir gerade in Zeiten dieser enormen Teuerung insbesondere jungen Menschen


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unter die Arme greifen und diese in Zeiten der Teuerung auch extrem unter­stützen. Da macht es einen deutlichen Unterschied, ob man 1 260 Euro hat oder nicht hat. Denken wir etwa an 18-, 19-jährige Burschen, die gerade mit ihrer Ausbildung fertig sind, nach der Matura vielleicht den Zivildienst machen, später dann ein Studium beginnen, in eine WG ziehen und sich dann mit diesem Geld vielleicht einen Teil der Einrichtung leisten können. Oder auch wenn man vorher die Lehre abgeschlossen hat: Es macht einen Unterschied, ob man 1 260 Euro hat oder nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Abgeordnete! Zum Abschluss möchte ich als Jugendstaatssekretärin eines nicht unerwähnt lassen: Ein aus­geglichenes Budget ist und bleibt unser Anspruch, denn das Geld ist bekanntlich nicht abgeschafft. Gerade jetzt aber – in Zeiten einer noch nie dagewesenen Inflation und einer immensen Teuerung – braucht es auch höhere Ausgaben, mit denen wir die Menschen angesichts dieser Teuerung unterstützen und Öster­reich zukunftsfit machen. Mit dem vorgelegten Budget für das kommende Jahr erfüllen wir diese Aufgabe sehr, sehr gut, denke ich. In diesem Sinne freue ich mich sehr, dass wir gerade auch die junge Generation so stark unterstützen und damit einen großen Fokus auf das nächste Jahr legen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zanger. – Bitte sehr.


10.29.42

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Damen und Herren! Werte Kollegen! Wenn ich daheim bin, dann flattern mir – und Ihnen wahrscheinlich auch – immer so regionale Magazine in den Postkasten (eine Ausgabe des Magazins „Best of“ in die Höhe haltend), die ich mir dann sehr gern anschaue, weil auch viele betrieb­liche oder unternehmerische Sachen drin sind. Ich habe das über die letzten


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Monate verfolgt – oder eigentlich schon beginnend in den letzten zwei, drei Jahren –, und mir ist eines aufgefallen: Diese werden immer dicker; nicht deswegen, weil wir immer mehr Unternehmen in der Region haben, sondern deswegen, weil immer mehr Inserate und Anzeigen drinnen sind wie: Starte deine Ausbildung! Starte als Facharbeiter! Wir suchen dich! Mach Zukunft mit uns! – Es handelt sich also um Anzeigen, die die Unternehmer schalten, um Lehrlinge zu bekommen, um Lehrplätze anzupreisen.

Es geht mir jetzt nicht darum, dass man die Lehre in die Pflicht nimmt oder schaut: Wo sind die Probleme, warum haben wir keine? – Da kommen wir dann immer in diese Diskussion über das Image und weiß der Teufel was, die Bildung und Ausbildung. Mein Zugang zu dem Ganzen ist: Wir haben seit vielen Jahren ein Problem, das ist ein völliges Versagen der Familienpolitik in Österreich; denn was brauchen wir, um Lehrlinge zu bekommen? – Na ja, wir brauchen Kinder! (Heiterkeit bei den Grünen.) Ich als Vertreter eines Genres, das noch die traditio­nelle Familie im Blickfeld hat, und als Kämpfer für dieses Familienbild habe mich auf die Suche gemacht und mir angesehen, wie es woanders ausschaut. Da fällt einem natürlich sofort das Modell Ungarn auf. (Abg. Leichtfried: Da kennt sich der Herr Nehammer gut aus! Ruf bei den Grünen: Geh bitte!)

Ungarn, unser Nachbarstaat, hat sich vor vielen Jahren dazu bekannt, der Familie eine besondere Bedeutung beizumessen. Ungarn „schützt die Institution der Ehe und besagt, dass die Grundlage der Familie in der Ehe zwischen Mann und Frau und der Eltern-Kind-Beziehung liegt.“ (Abg. Disoski: Gut, dass Österreich nicht Ungarn ist, gell? Abg. Kickl: Jetzt müsst ihr euch Ungarn ...!) Es deklariert auch, seine „Bürger dazu zu ermutigen [...], ihren Kinderwunsch zu erfüllen“.

Die Ungarn haben eine Reihe von Maßnahmen. – Kollege Sieber, es gibt natürlich Überschneidungen, pass noch ein bisschen auf! Ich will jetzt nicht allzu kritisch sein, aber eine Grundlage für eine vernünftige Diskussion liefern. Es gibt Elternzeit – das geht vom Kleinstkinderbetreuungsgeld bis zur Kinder­betreuungsbeihilfe in den ersten drei Jahren. Natürlich wird auch auf die


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Wahlfreiheit Wert gelegt. Ungarn sagt: „Einer der Eckpfeiler unserer Familien­politik ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ (Abg. Leichtfried: Was heißt: „Ungarn sagt“?), also eh auch das, was wir sagen, und sie haben ein sehr intensives Kinderkrippensystem auf die Beine gestellt.

Es gibt Kinderverpflegungsgeld – das geht bis zum 18. Lebensjahr –, kostenlose Schulbücher – klar –; in Ungarn ist es aber auch wichtig, einer „Erhöhung der Beschäftigungsquote, einschließlich der Beschäftigung von Frauen“ Priorität einzuräumen. „Um die Beschäftigung von Frauen mit kleinen Kindern zu erhöhen und ihnen dabei zu helfen, Familie und Beruf miteinander zu vereinen, wurden zahlreiche staatliche Maßnahmen eingeführt.“

Interessant: Die Arbeitszeitmodelle wurden überarbeitet, unter anderem – auch so ein kleiner Benefit – haben Eltern „zusätzlich Anspruch auf weitere Urlaubs­tage“ – also zusätzlich zum gesetzlich gegebenen Urlaub – „abhängig von der Zahl der Kinder“. Das geht so weit, dass sie „maximal 7 Tage nach drei oder mehr Kindern“ Urlaub dazubekommen. Das finde ich ein sehr, sehr vernünftiges Modell. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt großzügige Steuervorteile für Familien (Abg. Leichtfried: Auf was willst du denn hinaus ...?), Steuervergünstigungen für erstverheiratete Paare – Mann und Frau natürlich und nicht irgendwelche anderen Kunstkonstrukte, wie sie bei uns gefördert werden (Ruf bei der SPÖ: Unfassbar!) – sowie Eigenheimförderung­sprogramme. Wir können uns das alles einmal im Detail anschauen, ich kann das jetzt nicht alles mit Fakten und Zahlen unterlegen, weil dazu die Zeit nicht reicht.

Es geht so weit, dass auch Hypothekardarlehen gesenkt werden. Es gibt Baby­darlehen in der Form, dass jedes „Ehepaar, bei dem die Ehefrau zwischen 18 und 40 Jahre alt ist“, „Anspruch auf ein zinsloses Mehrzweckdarlehen“ hat, bei dem es sogar so weit geht, dass erstens die Rate gedeckelt ist und zweitens Redu­zierungen von staatlicher Seite vorgenommen werden können, die so weit gehen, dass man nach der Geburt des dritten Kindes überhaupt nichts mehr zurückzahlen muss, also die Restschuld erlassen wird.


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Das sind sinnvolle Unterstützungsmaßnahmen, zum Beispiel für Jungfamilien! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Yılmaz: Die meisten Kinder in Europa gibt es in Frankreich!) Diesen fehlt ja am Anfang das Geld, und da wird auch viel gebraucht, es ist ja sehr kostenintensiv. Autokaufprogramme gibt es dort, also je mehr Kinder, desto größere Autos wird man brauchen (Abg. Leichtfried: Was ist mit Lastenrädern?) – das wird gefördert –, vollständige Befreiung von der Einkommensteuer für Frauen mit vier oder mehr Kindern, und auch Kinder­betreuungsgeld für Großeltern. Wenn man also schaut, dass die Kinder­betreuung in den eigenen Reihen stattfindet, gibt es auch Möglichkeiten, das finanziell zu unterstützen.

Würden wir in diese Richtung gehen und schauen, dass wir sozusagen auch in unserem Land wieder mehr Kinder auf die Welt bringen, bräuchten wir unsere Unternehmen keine teuren Inserate für Lehrlingsprogramme schalten zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Es geht um unsere Zukunft in diesem Land und es ist für mich nicht die sexuelle Vielfalt (Abg. Stögmüller: Was?), die man in Europa als Leitkultur zu implemen­tieren versucht (Abg. Stögmüller: Jetzt hör aber auf! Sexuelle Vielfalt ist ...!), die zukunftsfähig macht. Die Zukunftsfähigkeit ist in der normalen Familie von Vater, Mutter und Kind grundgelegt! (Beifall bei der FPÖ.) Wer diese Familien fördert, fördert eine Kultur des Lebens und der Zukunft. (Abg. Stögmüller: Da geht’s um Fetische!)

Es geht da jetzt nicht um einzelne Maßnahmen, Details oder Finanzierungs­fragen. Es geht um ein Bekenntnis zur traditionellen Familie, und das würde ich diesem Hohen Haus gerne abverlangen. (Beifall bei der FPÖ.)

10.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Dass Ungarn zur türkis-blauen Renaissance führt! Das ist ja unglaublich!)



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10.36.12

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Zum Kollegen von der FPÖ: Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich sagen soll, weil ich es einfach nicht verstehe, nicht nur wegen des Dialekts, sondern auch inhaltlich nicht. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Ja, Sie haben es gerade notwendig, mit dem Dialekt!) Ich meine, es kann ja nicht Ihr Ernst sein, dass man eine konservative Kampagne startet mit: Wir brauchen mehr Kinder!, und das ist dann die Familienpolitik in Österreich. Das ist ja komplett absurd. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine gute Familienpolitik (Abg. Belakowitsch: Und was ist für Sie ... Familienpolitik?), Herr Kollege, heißt, denjenigen zu helfen, die es ohnehin schon nicht einfach haben, und gerade im Kontext der multiplen Krisen, die wir haben, wissen wir, dass jede Krise diejenigen trifft, die es davor schon nicht einfach hatten. (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Wir wissen, dass Armut erhöht wird, wenn Krisen eintreten. Armut, speziell Kinderarmut, darf kein Schicksal sein, und die Bekämpfung von Armut, von Kinderarmut, ist unser täglicher politischer Auftrag.

Ein wichtiger Hebel dafür ist dieses Budget, und ein großer Posten im Budget ist die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen. Wir haben da 253 Millionen Euro für die Anhebung reserviert. Das heißt, dass, wenn in Zukunft die Preise für den täglichen Bedarf steigen, automatisch auch die Familien- und Sozialleis­tungen steigen. Für das Jahr 2024 wurde bereits eine Erhöhung von 575 Millio­nen Euro reserviert und für das Jahr 2026 dann fast eine halbe Mil­liarde Euro. Diese Maßnahme der Valorisierung wurde seit Jahrzehnten immer wieder gefordert. Diese Maßnahme wurde immer wieder versprochen, und es ist lange nichts passiert, bis wir sie vor Kurzem beschlossen haben! (Beifall bei Abge­ordneten der Grünen sowie des Abg. Sieber.)

Von dieser Maßnahme werden wirklich alle Familien noch viele, viele Jahre profitieren. Ich bin nicht wahnsinnig euphorisch, wenn es um politische Erfolge


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geht, aber das ist wirklich ein sozialpolitischer Meilenstein. (Beifall bei Abgeord­neten von Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Es wurde schon angesprochen: Genauso unterstützen wir Kinder, Familien, junge Menschen beispielsweise mit mehr Geld für Zivil- und Grundwehr­diener, deren Grundvergütung das erste Mal wirklich richtig angehoben wurde, mit der Erhöhung des Budgets für die Familienberatungsstellen um 3 Millionen Euro, mit über 1 Million Euro für jugendpolitische Maßnahmen. Außerdem wird die Basisförderung für Jugendorganisationen um 20 Prozent erhöht – da ist die letzte Erhöhung vor 21 Jahren passiert. Weil gerade Kinder und junge Menschen unter den multiplen Krisen leiden, war es besonders wichtig, dass da budgetär vorgesorgt wird.

Ich möchte jetzt aber noch auf zwei aktuelle Sachen eingehen. Die eine ist der Mutter-Kind-Pass. Weil da in der letzten Zeit und auch heute immer wieder massive Verunsicherung betrieben wurde und wird: Nein, wir wollen und wer­den den Mutter-Kind-Pass ganz sicher nicht abschaffen! Ganz im Gegenteil, wir werden den Pass weiterentwickeln und ausbauen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Der neue Mutter-Kind-Pass beziehungsweise Eltern-Kind-Pass kann sich mehr als sehen lassen. Wir digitalisieren ihn, es gibt zusätzliche Leistungen und den Ausbau von Beratungsangeboten.

Es sind auch – unter Anführungszeichen – „kleinere“ Sachen dabei wie bei­spielsweise der verpflichtende Hörtest für Neugeborene. Das ist vielleicht eine kleine Untersuchung, aber ist darum so wichtig, weil es da in der Vergangenheit immer wieder zu Fehldiagnosen wie beispielsweise Autismus gekommen ist. Genauso kommt Ernährungsberatung dazu, damit wir dem Baby von Anfang an die besten Chancen garantieren können. Zudem werden Beratungsangebote zum Thema Vereinbarkeit ausgebaut, gerade auch wenn es um das Bewusstsein für eine gerechte Aufteilung der unbezahlten Arbeit geht, wenn es um die Erhöhung von Väterbeteiligung geht.


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Ich glaube, die intensiven Verhandlungen haben sich gelohnt, denn es ist die größte Reform seit der Einführung 1974, und wir haben den Eltern-Kind-Pass ins 21. Jahrhundert geholt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Abschließend möchte ich noch ganz kurz die Gelegenheit nutzen, um auf die HPV-Impfung aufmerksam zu machen. Zwischen 130 und 180 Frauen starben in den letzten Jahren im Durchschnitt jährlich an Gebärmutterhalskrebs. 90 Pro­zent dieser Fälle gehen auf das HPV-Virus zurück, und das ist ein Virus, mit dem die meisten von uns im Laufe des Lebens infiziert werden. Das Mittel dagegen, die HPV-Impfung, kann bis zu 620 Euro kosten. Das haben wir jetzt geändert: Wir haben das Impfangebot ausgeweitet. Bis zum 21. Lebensjahr kann sich ab 2023 jeder und jede kostenlos impfen lassen. Das ist unglaublich wichtig, weil die Gesundheit keine Frage des Geldbörsels sein darf. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Noch ein Punkt, der mir besonders wichtig ist: Sexuelle Gesundheit ist leider noch viel zu oft ein Tabuthema, über das viel zu wenig gesprochen wird, daher ist es mir wichtig, zu betonen, dass es nicht nur eine Impfung für Frauen ist. Es ist eine Impfung für alle, es ist auch eine Impfung für Männer, die genauso daran erkranken können. Darum an alle jungen Menschen: Informiert euch, holt euch die Impfung zu eurem Schutz und zum Schutz anderer! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordneter Shetty. – Bitte.


10.42.34

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, insbesondere liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen! Sie haben 2020 mit viel Regenbogen und viel Pinkwashing plakatiert: „Wer macht Equality, wenn nicht wir“?


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Ich würde mir im ersten Teil der Rede gerne anschauen, ob es gelungen ist, Equality zu schaffen, insbesondere mit diesem Budget. Wir sehen, dass der homophobe Hass ansteigt – gerade diese Woche gab es zerstörte Vereinslokale in Graz –, das erste Mal seit Jahren gibt es wieder steigende Anfeindun­gen bei den Regenbogenparaden, auch der Hass im Netz steigt. Laut einer Stu­die der Grundrechteagentur trauen sich zwei Drittel aller schwulen und lesbischen Pärchen aus Angst vor Gewalt nicht, im öffentlichen Raum Händchen zu halten. Wir reden da nicht von Ungarn, wir reden von Österreich.

Frau Bundesministerin, ich habe Ihnen im Ausschuss eine ganz klare Frage gestellt, nämlich ob Sie vor diesem Hintergrund gedenken, ein neues Wirkungsziel im Budget einzuführen. Vielleicht zur Erklärung: Ein Wirkungsziel dient dazu, zu messen, wofür Geld ausgegeben wird, also auch eine Ziel­bestimmung festzulegen. Ich habe Sie gefragt: Was halten Sie von einem Wir­kungsziel Bekämpfung von Homo- und Transfeindlichkeit? – Ihre Ant­wort war kurz, aber sehr klar: Nein, das haben Sie nicht vor. – Das ist nur ein Ausdruck dessen gewesen, was wir auch im Budget sehen: Dieses Budget ist gleich­stellungspolitisch retro, es ist konservativ und nicht progressiv. (Beifall bei den NEOS.)

Dabei ist die Liste dessen, was man tun müsste, lang. Sie kennen, glaube ich, unsere Forderungen nach mehr expliziten Beratungsangeboten, nach Sen­si­bilisierungsarbeit in Schulen, in staatlichen Einrichtungen, bei der Polizei, in der Verwaltung. Die Grünen haben plakatiert: „Wer macht Equality, wenn nicht wir“? – Die Antwort nach drei Jahren in dieser Bundesregierung lautet: Sie schaffen es jedenfalls nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Gleichermaßen enttäuscht, wenn man ins Budget schaut, ist man im Hinblick auf die Pandemie der psychischen Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen. Die Kinder und Jugendlichen leiden immer noch, weil Sie zugesperrt haben (Abg. Belakowitsch: Ihr wart auch dabei!), weil Sie sie während der Pandemie wegge­sperrt haben, und Sie tun nichts, um das abzufedern (neuerlicher Zwischenruf der


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Abg. Belakowitsch) – immer noch nicht: ein paar Projekte da, ein paar Projekte dort, aber diese Millionen verpuffen wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wir wissen doch alle: Wenn wir die Pandemie der psychischen Gesundheit wirklich bekämpfen wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass Psychotherapie eine Leistung der Krankenkasse wird. Niemand versteht, warum die Versiche­rung bei einem gebrochenen Haxen zahlt, aber nicht bei einer gebrochenen Seele; und Sie reparieren das immer noch nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Nehmen Sie sich endlich der Kinder und Jugendlichen an! Sie sind es ihnen nach diesen Jahren der Pandemie schuldig. (Beifall bei den NEOS.)

10.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte sehr.


10.45.53

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­des­ministerin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Da wir jetzt unter anderem das Familienkapitel diskutieren, darf man, glaube ich, durchaus unabhängig vom ideologischen Zugang sagen, dass ein Familienbudget mit mehr als 8 Milliarden Euro – und wenn man sich den Pfad anschaut, sieht man, dass es über das Jahr 2023 hinaus weitergeht, in Richtung 2024, 2025, 2026 – wirklich eine sehr, sehr positive Entwicklung und sehr wertvoll für die Familien ist. Es liegt in Ihrem Verantwortungsbereich, Frau Bundesminis­terin. Danke für den entsprechenden Weg!

Das Familienbild, die Familienform ist in den letzten Jahrzehnten sicher anders geworden, es hat sich da viel verändert, es ist vielfältiger geworden. Ich glaube, dass wir, wenn man es diskutiert, vielleicht ein wenig Einkehr halten und uns anschauen sollten: Was haben wir als Gesellschaft denn für einen grundsätz­lichen Zugang zu Kindern? Da, glaube ich, müssen wir ein bisschen nachdenken, wenn


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man die Zahl der Kinder in Österreich betrachtet: Es liegt nicht an der Geld­leistung. Bei der Geldleistung sind wir ganz vorne, aber als Gesellschaft sollten wir vielleicht über den Zugang nachdenken. Wenn es nicht die eigenen Enkelkinder sind, wie schnell sind sie uns vielleicht zu laut oder sonst irgend­etwas? Da, glaube ich, darf man ein bisschen nachdenken.

Ich habe zumindest aus meiner Jugendzeit in Erinnerung, dass wir noch gelernt haben: Die Familie ist die Keimzelle des Staates. Ich sage es einmal anders: In der Familie lernt man vielleicht viel, was man auch später in größeren Einheiten braucht, wenn es um das Zusammenleben geht, wenn es um Umgangsformen geht: Wie gehen wir miteinander um?

Vielleicht können wir die letzten zweieinhalb Jahre Revue passieren lassen – die Coronapandemie und leider, seit dem 24. Februar heuer, den Angriffskrieg Putins in der Ukraine – und ein wenig in uns gehen und uns anschauen, wie wir für uns selber, jeder und jede für sich persönlich, definieren: Was heißt Solidarität für mich? Wie definieren wir Frieden? Ich habe einmal in der Schule das Folgende über den Frieden oder die Freiheit – das hängt ja ganz eng zusammen – gehört: Meine persönliche Freiheit hört dort auf, wo ich die Freiheit des anderen eingrenze. (Abg. Belakowitsch: Aha!)

Wie definieren wir das? (Abg. Kickl: Jetzt erklärst du uns einmal, was das genau heißt – das ist das Spannende! – Abg. Belakowitsch: Reden wir gleich mit Freiheit weiter!) Wie wertvoll ist Demokratie für mich, wenn in der Demokratie Ent­schei­dungen getroffen werden, die nicht meiner persönlichen Fasson oder Werte­haltung entsprechen, und was heißt wertschätzender Umgang für mich?

Da, glaube ich, sollten wir alle 183 uns ein wenig in den Spiegel schauen. Was ich von der Bevölkerung draußen mitbekomme (Abg. Kickl: Sind das die, die der Herr Schmid als Pöbel bezeichnet hat? Sind das die, oder?!): So, wie wir teilweise die Wortwahl treffen, wie wir miteinander diskutieren, tun wir dem Image der Politik nichts Gutes. Das heißt auch: Gegenseitig wertschätzender Umgang wäre


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wertvoll und, glaube ich, bringt uns insgesamt ein bisschen mehr Respekt bei der Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Räumts einmal euren Sauhaufen zusammen! – Abg. Wöginger: Genau dort fängt es an ...! – Abg. Kickl: Ja, das ist der Pöbel! Das ist das, was ihr als Pöbel bezeichnet habt! – Abg. Ottenschläger: Hallo, hallo, hallo! Was heißt „ihr“?! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Wöginger: Man muss nicht alles wiederholen! – Abg. Kickl: Solche Heuchler, echt!)

10.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte, Frau Abgeordnete.


10.48.51

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe nachgezählt: In der 51-seitigen Budgetrede des Herrn Finanzministers ist genau ein Kapitel mit insgesamt 23 Wörtern oder 166 Zeichen für Frauenpolitik enthalten. Diese Bilanz zeigt tatsächlich sinnbildlich den Stellenwert, den Frauenpolitik in dieser Regierung offenbar einnimmt.

Auch dann, wenn das Frauenbudget im Jahr 2023 erneut erhöht wird, was wir – das haben meine Kolleginnen und Kollegen heute alle betont – ausschließlich positiv sehen; auch dann, wenn die in den letzten Jahren getätigten Hilferufe der Frauen- und Mädchenberatungsstellen, die wirklich existenzielle Probleme haben, jetzt endlich erhört werden und es zu einer Erhöhung der Basisförderung kommen soll; auch dann, wenn im so wichtigen Kapitel Gewaltschutz erhöhte Mittel vorgesehen sind, was angesichts von 28 Frauenmorden und 25 Mordver­suchen und Fällen schwerer Gewalt allein in diesem Jahr auch dringend notwendig ist; und auch dann, wenn die hier beschlossenen zusätzlichen Mittel und Planstellen für die Gleichbehandlungsanwaltschaft endlich tatsächlich kommen sollen, kann ich als Frauenpolitikerin und Feministin mit diesem Frauen­budget nicht zufrieden sein, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen (Beifall bei


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der SPÖ), weil es gerade in Zeiten wie diesen frauenpolitische Maßnahmen braucht, die man nicht auf 23 Wörter reduzieren kann.

Wir erleben aktuell eine Zeit multipler Krisen, und wir wissen, dass Frauen schon alleine aufgrund der strukturellen Ungleichbehandlung von diesen Krisen – egal ob Corona, egal ob diese explodierende Inflation durch die Teue­rung – explizit schwerer, stärker und besonders betroffen sind. Konkrete Maßnahmen, die dem frauenpolitisch entgegenwirken, suchen wir aber verge­bens, die suchen wir in diesem Budget, Frau Ministerin, vergebens. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Wenn wir den Vergleich zu den Mitteln, die insgesamt in diesen Krisenpaketen, die geschnürt worden sind, aufgewendet werden, ziehen, dann erkennen wir, dass ein Frauenbudget von 24,3 Millionen Euro letztlich verschwindend klein ist. Wo waren Sie, Frau Ministerin, als man am Verhandlungstisch zusammen­gesessen ist und die Krisenpakete geschnürt worden sind? Frauenpolitische Maßnahmen sehen wir hier nicht!

Neben dem Gewaltschutz bleibt summa summarum am Ende des Tages für Frauen in diesem Land wenig übrig. Auch da – und das betone ich schon, Frau Ministerin – geht es um Ihre Glaubwürdigkeit. Wenn in Oberösterreich ein rechtskräftig wegen Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch verurteilter Sexualstraftäter durch die ÖVP-Landesrätin eine Ehrung erhält, dann ist das ein Schlag ins Gesicht aller von Gewalt betroffenen Frauen in diesem Land, dann ist das ein Schlag ins Gesicht von allen Frauen, die sexuelle Gewalt erleben. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Frau Ministerin, in dieser Situation erwarte ich mir von einer Frauenministerin, dass sie klar Position bezieht, dass sie Position für die Frauen in diesem Land bezieht, dass sie Position für von Gewalt betroffene Frauen in diesem Land bezieht. Gerade dann, wenn es sich um einen Parteifreund von Ihnen handelt,


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erwarte ich mir, dass Sie Position beziehen. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte.


10.52.26

Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseher! Ich möchte noch einmal kurz auf das Thema Gleichstellung und Gewalt eingehen, weil Gewalt, egal ob psychische oder physische, noch immer ein gesellschaftliches Tabuthema ist und öfter wegesehen als geholfen wird. Als Bundesbäuerin interessiert es mich natürlich besonders, wie es den Frauen in den Betrieben im Bereich der Land- und Forstwirtschaft geht. Wir als Bäuerinnen leben Gleichstellung auf unseren Familienbetrieben bestmöglich: vom gemeinsamen Eigentum über gemeinsame Arbeits- und Lebenswelt hin zur rechtlichen und sozialen Absicherung der Bäuerinnen. Es sind viele positive Errungenschaften, und dennoch tauchen auch da in Einzelfällen Gewalt und Unterdrückung auf. Wir erleben leider oftmals auch, dass vom nächsten Umfeld weggesehen wird, Hilfe und Unterstützung nicht angeboten werden. Oftmals wären nämlich Initiative und Courage aus dem Umfeld die erste, zielführendste Maßnahme, nämlich zielführender als die lauteste Forderung an die Politik. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine wertschätzende Frauenpolitik, denke ich, ist in diesem Budget trotzdem sehr gut abgebildet, findet sich als Querschnittsmaterie in vielen Ministerien und bringt uns auch mit den nun zur Verfügung stehenden Mitteln immer einen Schritt voran. Hervorzuheben ist noch einmal die Aufstockung für die Finanzie­rung von Start- und Übergangswohnungen für von Gewalt betroffene Frauen und Kinder, nämlich in der Höhe von plus 3 Millionen Euro. Frauen- und Mädchen­beratungsstellen erhalten noch einmal 1 Million Euro mehr.


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Ja, ich stimme einigen meiner Vorredner zu: Man kann mit Geld keine direkte Gewalt verhindern oder eine absolute Gleichstellung aller Menschen – denn wir sprechen nicht mehr nur von Mann und Frau – erreichen. (Abg. Belakowitsch: Sondern? Was haben Sie noch in dem Programm außer Mann und Frau? Können Sie das erklären? Mann, Frau, was gibt es da noch?) Wir können aber in die positive Bewusstseinsbildung dieser sowie kommender Generationen einwirken, um die gesetzten Gleichstellungsziele zu erreichen. Das tun wir, und das geht nur im wertschätzenden Miteinander, Frau Kollegin.

Zahlreiche Programme, die es bereits gibt – um nur einige zu nennen: Gewalt­schutzprogramme, Opferschutzprogramme, Prävention inklusive Täterarbeit –, sind Programme, die schlagend werden, wenn es bereits passiert ist. Die Aufarbeitung von Verbrechen ist Angelegenheit der Justiz, aber gerade da zeigt sich, dass der Abschluss des Verfahrens nicht gleich der Abschluss des Themas ist und ein erheblicher Aufwand an Nachbetreuung notwendig ist. Nur mit der Gleichstellung aller Menschen erreichen wir, dass Frauen und Gleichstellung in Zukunft kein Thema an sich mehr sind. Darauf wollen und müssen wir hin­arbeiten.

Abschließend möchte ich noch festhalten – und nämlich auch honorieren –, dass innerhalb der letzten drei Jahre das Frauenbudget mehr als verdoppelt wurde. – Vielen Dank, Frau Ministerin, für Ihren kontinuierlichen Einsatz, für Ihren Fokus auf die vulnerablen Gruppen, für die Bereitschaft, in diese Querschnittsmaterie zu investieren, und für die hervorragende Zusammenarbeit mit den anderen Minis­terien. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Neßler.)

10.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Disoski zu Wort gemeldet. – Bitte.


10.56.20

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Kollege Zanger hat vorhin in seiner Rede behauptet, eine normale Familie besteht aus Mutter, Vater, Kind. – Das ist


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nicht richtig. Jede Familie ist normal, egal ob sie aus Mutter, Mutter, Kind oder Vater, Vater, Kind oder in welcher Form sonst auch immer besteht. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Belakowitsch: Das ist eine politische Wertung! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

10.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das war keine Berichtigung, sondern eine politische Bewertung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. – Bitte.


10.56.48

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirm­geräten! Sie haben es ja jetzt gerade gesehen, wie eigenartig hier teilweise die Familie definiert wird. Natürlich sind Familien normal, so wie sie leben, und wir wissen, es gibt Familien mit Vater, Mutter, Kind, es gibt Familien mit Vater, Mutter, Stiefmutter, Stiefvater, Wiederverheirateten. Natürlich gibt es alle Möglichkeiten im 21. Jahrhundert, aber eines ist ganz klar, sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen: Die Keimzelle sind nun mal Mann und Frau und Kinder, anders werden Sie es auch nicht zusammenbringen. Die Biologie werden Sie nicht neu schreiben können. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es klingt vielleicht ein bisschen lieblich und pathetisch, aber die Familie ist die erste Keimzelle. Da lernen wir Liebe, da haben wir die erste Geborgenheit – und das ist so notwendig für diesen Staat, um starke Menschen für unser Land zu schaffen, die auch dieses Staatsgemeinwesen weiterführen können. Da schüt­teln die Grünen jetzt auch noch den Kopf. (Abg. Disoski: Weil es falsch ist und weil es ein Blödsinn ist!) Ich meine, ich frage mich ja manches Mal: In welcher Welt leben Sie denn eigentlich? Ich glaube aber, es ist ohnehin selbstredend. (Zwischenrufe des Abg. Schallmeiner.)


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Frau Minister, ich komme jetzt zu Ihnen, weil Sie zuständig für Familienpolitik sind: Die Familien sind die Verlierer dieser Krise. Sie haben zwar jetzt groß angekündigt, dass alle Familienleistungen valorisiert werden – ja, das ist recht schön und billig, dass Sie das tun, da es in den letzten 35 Jahren 60 Prozent Wertverlust gegeben hat –, was Sie aber nicht dazusagen, ist, dass bei vielen der Förderungen, die Sie außerhalb Ihres Familienressorts machen – da nenne ich zum Beispiel die Strompreisbremse –, die Familien durch den Rost fallen (Abg. Disoski: Durch den Rost fallen?!), da Sie sich wieder an den Zwei- und Dreiper­sonenhaushalten orientieren.

Wenn die Familien aber zwei, drei Kinder haben, Frau Minister, haben sie mehr Stromverbrauch, sie brauchen die Waschmaschine öfter, sie brauchen den Geschirrspüler öfter, sie haben die Kinder mit dem Laptop für die Schule, dem Telefon für die Schule. (Zwischenruf des Abg. Koza.) All das rechnen Sie hier nicht mit, das müssen die Familien selbstständig stemmen. Es gibt Familien, die vielleicht auch noch eine Großmutter, die sie pflegen, im Haushalt haben; da gibt es dann vielleicht noch mehr Wäsche. Das rechnen Sie alles nicht mit, das bürden Sie alles den Familien auf. Dazu kommt überhaupt gar nichts von Ihnen, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Es sind die Familien, die gerade jetzt vor Weihachten wieder sehen, dass sie im Stich gelassen werden, dass sie gerade jetzt mit ihren Kindern vielleicht keine Kekse backen können, weil die Butterpreise um 60 Prozent gestiegen sind. Da gibt es von Ihnen überhaupt nichts, da können Sie sich mit Ihren 5 Prozent sonst wohin stellen. Sie lassen die Familien tatsächlich im Regen stehen. Das sind die, die dieses Land aufrechterhalten, die in diesem Land die große Leistung bringen.

Daran ist die ÖVP vorbeigegangen. Das muss man ganz ehrlich sagen. Sie stellen sich hin und erzählen, wie viel Sie für Gewaltschutz machen. Ich sage Ihnen aber, was im Bereich Gewaltschutz wirklich fehlt: Man kann in den großen Ballungs­räumen seine Kinder nicht mehr alleine am Abend auf die Straße lassen, man kann Jugendliche in den Abendstunden nicht durch Wien schlendern lassen, weil sie dann der Gewalt ausgesetzt sind – der Gewalt jener, die Sie in das Land


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hereinlassen, da Sie keine Grenzkontrollen einziehen. Das ist die Gewalt, die wir haben. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen sowie der Abg. Krisper.) In Wien gab es innerhalb von zwei Wochen sechs Vergewaltigungen an jungen Mädchen – zuletzt einer Elfjährigen.

Wo schauen Sie denn da hin beim Gewaltschutz? Da müssen Sie endlich hin­schauen: Das sind die Bedürfnisse der Familien, das sind die Bedürfnisse der Kinder, der Jugendlichen und der Eltern, und da lassen Sie die Familien in Österreich vollkommen im Stich! Da können Sie sich mit Ihren Gewaltschutz­programmen sonst wohin stellen. Da müssen Sie endlich hinschauen, das brauchen Familien! – Da kommt von dieser Österreichischen Volkspartei gar nichts, im Gegenteil: Da lässt der Innenminister Zelte aufstellen, da wird dann beklatscht, dass alle kommen, da wird dann überlegt: Könnten wir? Sollten wir? Dürften wir?

Nein, Frau Minister, da haben Sie als Familienministerin eine zentrale Rolle, eine ganz, ganz zentrale Rolle: Sie müssen unsere Kinder schützen, Sie müssen unsere Jugendlichen schützen (Beifall bei der FPÖ) und Sie müssen den Familien auch wieder eine Möglichkeit zum Überleben, zum Durchschnaufen geben, dass die sich das Leben wieder leisten können, denn es ist nicht so, wie Sie immer glauben, dass jeder alles hat.

Jetzt haben Sie die Familien zwei Jahre lang wegen Corona eingesperrt, Kinder haben Sie eingesperrt, die Zahlen der psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind explodiert – und dann rühmen Sie sich dafür, dass Sie ein paar Millionen für ein bissel mehr Psychotherapie in die Hand nehmen. (Prä­sidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Sie hätten einfach offen lassen sollen. Sie könnten sich auch einmal hinstellen und sich bei den Familien entschuldigen für das, was Sie den Kindern angetan haben. Jetzt stellt sich die Jugendstaatssekretärin her und bedankt sich bei den Jugendorganisationen, weil sie so großartige Arbeit in der Pandemie geleistet haben.


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Frau Staatssekretärin! Es ist Ihnen vielleicht nicht bewusst, aber: Es war alles dicht in der Pandemie, es gab keinen Sportverein, es gab keine Musikschulen, alles zu, es gab keine außerschulische Jugendbetreuung, es war keine außer­schulische Jugendbetätigung möglich – und Sie bedanken sich bei irgend­welchen Vereinen. Man fragt sich ja wirklich bei dieser Volkspartei: Haben Sie eigentlich mitbekommen, was Sie den Menschen in den letzten Jahren angetan haben? Ich glaube nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie haben überhaupt nicht mitbekommen, wie Sie Familien gequält haben, wie Sie in die Familien hineinregiert haben, wie Sie sie gespalten haben, wie Sie den Streit in die Familien getragen haben. Das haben Sie gemacht! Sie waren nie für diese Familien da und Sie sind es auch heute nicht, und Sie lassen die Kinder auch weiterhin im Stich. Bis zum heutigen Tag werden die Kinder in den Schulen unter Druck gesetzt, werden sie teilweise von Lehrern ausgebremst; Kinder durften auf Ausflüge nicht mitfahren, weil sie nicht geimpft sind.

All das hat diese Österreichische Volkspartei in den letzten Jahren den Familien angetan – und jetzt stellen Sie sich her und spielen die große Familienpartei und machen sich auch noch darüber lustig, wenn Kollege Zanger hier ein Modell vorstellt, mit dem man vielleicht die Geburtenrate erhöhen könnte, was ja not­wendig wäre, nämlich die eigene, denn wir sehen ja, die Zugewanderten sind dann jene, die beim AMS bleiben, die sind nicht jene, die in den Arbeitsprozess hineingehen. Das haben Sie auch schon verstanden. Also schauen wir, dass wir unsere eigene Bevölkerung, unsere Familien so weit stärken, dass auch ein drittes und ein viertes Kind für viele Familien in unserem Land wieder leistbar wird, anstatt zuzulassen, dass sie alle nicht mehr wissen, wie sie über die Runden kommen sollen!

Das ist das Versagen der Regierung, und das haben Sie mit diesem Budget weiter fortgeschrieben. (Beifall bei der FPÖ.)

11.02



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 932

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Totter. – Bitte.


11.02.58

Abgeordnete MMag. Dr. Agnes Totter, BEd (ÖVP): Sehr geehrte Frau Prä­si­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bild­schirmen und auf der Galerie! Ich setze nun etwas unaufgeregter fort.

Die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft. Der Staat kann nicht funk­tionie­ren, wenn die Familien nicht gut funktionieren. Daher ist es natürlich unsere Aufgabe, unsere Familien bestmöglich zu unterstützen. In Österreich, meine Damen und Herren, können wir stolz auf die umfassende Unterstützung des Staates im Bereich der Familien sein, und, Frau Belakowitsch, die Familien werden definitiv nicht im Stich gelassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Vielleicht noch einen Satz dazu: Die ÖVP ist und bleibt die Familienpartei Nummer eins. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Loacker: Das ist ein italienisches Familienverständnis!)

Das beweisen wir auch mit dem nun vorliegenden Budget, das mit über 8 Milliarden Euro veranschlagt ist. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.– Sie sind noch immer aufgeregt, Frau Belakowitsch, es besteht aber keine Not­wen­digkeit dazu. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Das ist eine Steigerung um über 38 Millionen Euro. Diese Gelder werden vorwiegend zur Finanzie­rung von Familienleistungen verwendet, wobei wesentliche Familienleistungen ab 2023 auch valorisiert werden.

Lassen Sie mich nun die wichtigsten Schwerpunkte herausgreifen: Stei­gerungen im Budget haben wir bei der Familienbeihilfe, beim Kinderbetreu­ungsgeld, beim Wochengeld, beim Zivildienstgeld, bei den Schüler- und


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Lehrlingsfreifahrten sowie bei den Schulbüchern. Zusätzliche Mittel gibt es auch für die Kinderschutzzentren und Familienberatungsstellen.

Kinder und Jugendliche leiden besonders an den Folgen der Covid-19-Pandemie, und aus diesem Grund erhöhen wir die Fördermittel für die außerschulische Kinder- und Jugendarbeit, für Bundesjugendorganisationen um etwa 20 Prozent. Und das, meine Damen und Herren, ist die erste Erhöhung seit mehr als 20 Jah­ren, seit Bestehen des Bundes-Jugendförderungsgesetzes.

Ganz besonders hervorheben möchte ich aber die Leistungen der Gemeinden im Bereich der Kinderbetreuung. Unsere Kommunen, an ihrer Spitze die Bürger­meisterinnen und Bürgermeister, leisten Tag für Tag Großartiges für unsere Familien. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP.)

Als ich junge Mutter war, vor 24 Jahren, gab es in meinem Heimatort einen einzigen Kindergarten, der von halb acht bis 12 Uhr geöffnet war. Dieses Angebot wurde nicht nur in meiner Gemeinde, sondern in der gesamten Region über die Jahre sukzessive ausgeweitet. In unseren Gemeinden in der Süd­oststeiermark hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Neben zahl­reichen Kindergärten gibt es viele Kinderkrippen, Nachmittagsbetreuungen und viele weitere Kinderbetreuungseinrichtungen. Unsere Bürgermeister haben in den letzten Jahren mit Unterstützung des Landes und des Bundes in diesem Bereich enorm viel geleistet. Vielen Dank an alle, die dazu einen Beitrag leisten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.06


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Maximilian Köllner. – Bitte.


11.06.24

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Totter, ich glaube, mit dem Begriff Familienpartei ÖVP haben Sie gemeint, dass


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Sie Ihren Großspendern Geld und Steuervorteile zuschanzen. Ich glaube, das verstehen Sie unter Familienpartei. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lausch.)

Frau Ministerin, Sie haben in Ihr Regierungsprogramm geschrieben: „Die Bundesregierung bekennt sich zum Prinzip der Armutsbekämpfung“, und weiter: „Ein besonderes Augenmerk legt die Bundesregierung“ – ich bitte Sie, Frau Minister, auch einmal zuzuhören, das wäre höflich; danke schön – „auf die Bekämp­fung von Kinderarmut. Kein Kind darf in Österreich zurückgelassen werden.“ – Das steht so in Ihrem Regierungsprogramm.

Frau Ministerin, Sie könnten jetzt natürlich sagen, das Regierungsprogramm wurde geschrieben, als Sie noch nicht Familienministerin waren, aber ich gehe davon aus, dass auch Sie das Ziel, Armut und Armutsgefährdung zu senken, teilen.

Das Gegenteil ist aber der Fall, wie die Zahlen zeigen: Die Armutsgefährdungs­quote ist 2021 auf 17,3 Prozent gestiegen. Ich kann daher nicht nachvollziehen, wie Sie in der Beantwortung der Budgetanfragen zum Schluss kommen, dass die Armutsgefährdung in Österreich gesunken ist. Frau Ministerin, ja, wir leben ohne Zweifel in einer der turbulentesten und schwierigsten Zeiten seit Langem. Wir leben in einer Zeit, in der der Wohlstand, den unsere Großeltern und Eltern über Jahrzehnte aufgebaut haben, ernsthaft bedroht wird. Der Wohlstandsverlust zeigt sich darin, dass Dinge, die für den Großteil der Bevölkerung selbstverständ­lich sind, für viele Familien nicht möglich sind, wie zum Beispiel, einfach nur die Wohnung angemessen warm zu halten.

Aber wer sind denn die in solchen Fällen gesellschaftlich und sozial besonders Leidtragenden? – Es sind die Kinder, die ausgegrenzt werden, weil ihnen die Eltern keine neue Kleidung kaufen können oder weil sie nicht am Sportkurs teil­nehmen können, was oft auch mit gesundheitlichen Folgen verbunden ist. Die Kinder können aber nichts dafür.


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Kinder haben Rechte, aber nicht nur am Tag der Kinderrechte am 20. November, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Was brauchen wir also? – Wir brauchen einerseits als evidente Grundlage einen jährlichen Bericht über die Entwicklung und die Ursachen von Armut, um mit Treffsicherheit budgetäre Maßnahmen für Familien und Kinder setzen zu kön­nen; konkret zum Beispiel: eine Unterhaltsgarantie für den Fall, das Väter etwa das Zahlen der Gasrechnung der Unterhaltszahlung vorziehen. Das aber, Frau Ministerin, fehlt in Ihrem Budget.

„Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich“, sagte einst Bertolt Brecht. Solange Sie aber Ihren Großspendern Steuervorteile zuschanzen und die Übergewinne der Großkonzerne nicht abschöpfen, werden Sie die Armutsgefährdung in Öster­reich definitiv nicht senken können. (Beifall bei der SPÖ.)

11.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lukas Brandweiner. – Bitte.


11.10.02

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Das vorgelegte Budget ist die Antwort der Bundesregierung auf aktuelle und zukünftige Heraus­forderungen. Mit unserer Bundesministerin und unserer Staatssekretärin gibt es ein tolles Familien- und Jugendbudget. Außerdem freut es mich als Zivil­dienstsprecher, dass auch da kräftig investiert wird.

Ich beginne mit den Familien. Frau Ministerin, wir haben in den letzten Jahren bereits intensiv geholfen. Ich erinnere an die Einmalzahlung von 180 Euro Kindergeld zusätzlich, aber auch an die Erhöhung des Familienbonus Plus auf 2 000 Euro, und nächstes Jahr wird die Valorisierung der Sozialleistungen beschlossen. Das bedeutet, die Familienbeihilfe, der Mehrkindzuschlag, das


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Kinderbetreuungsgeld und der Familienzeitbonus werden jedes Jahr automatisch an die Inflation angepasst. – Sie sehen also, meine Damen und Herren, die Bundesregierung macht eine tolle Familienpolitik, und darauf können wir uns auch in Zukunft verlassen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

Ebenso Verlass ist auf unsere Jugendstaatssekretärin. Mit ihr sitzt eine junge, starke Stimme in der Bundesregierung. Das merkt man auch im Budget. So wird die Bundes-Jugendförderung um 20 Prozent erhöht. Das bedeutet, auf jeden fünften Euro kommt einer oben drauf – und dieses Geld für die Jugendvereine und -organisationen ist gut investiertes Geld. In diesen wird großteils ehren­amtlich gearbeitet, die jungen Menschen erfahren Halt in der Gesellschaft und Sie schließen Freundschaften fürs Leben, das habe auch ich selbst in vielen Organisationen erfahren dürfen. (Ruf bei der SPÖ: ... Familie!)

Daher danke ich wirklich allen, die sich da engagieren, von der Landjugend über die Schülerunion bis hin zum Jugendrotkreuz und vielen, vielen anderen: vielen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Besonders freue ich mich natürlich als Zivildienstsprecher – immerhin sprechen wir da von über 14 000 jungen Männern, die ihre Zeit für unsere Gesellschaft zur Verfügung stellen. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag in zahlreichen Einrichtungen wie dem Roten Kreuz und Pflege- und Betreuungszentren. Daher war es auch von Beginn an mein Ziel, diesen Zivildienst aufzuwerten. Mit dem kostenlosen Klimaticket ist uns dieses Jahr bereits ein sehr großer Wurf gelun­gen, und nun gibt es auch mehr Geld – die Frau Staatssekretärin hat es ausgeführt –: 140 Euro mehr an Grundvergütung. Das ist über die neun Monate gerechnet ein Plus von 1 260 Euro, bedeutet eine Erhöhung um fast 40 Prozent, also auch deutlich über der Inflation. Ich möchte hier auch meine Wertschätzung aus­drücken und den vielen jungen Männern, die ihren Dienst leisten, Danke sagen. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Stögmüller.)

Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Ich sage herzlichen Dank für Ihre Arbeit, freue mich auf die weitere Zusammenarbeit und darf schließen mit: Auf


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unsere Bundesregierung ist Verlass – die Familien können sich verlassen, die Jugend und auch der Zivildienst. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Disoski.)

11.13


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Alexandra Tanda. – Bitte.


11.13.50

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Ich möchte das sehr betonen, denn im Wirkungsziel 3 steht die Gleichstellung der Frau im Fokus, und so freut es mich ganz besonders, dass wir das hier auch wirklich an der Regierungsbank zeigen können und uns eine Frau Präsidentin vorsitzt.

Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie sowie Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Damit das Thema Gleichstellung tatsächlich funktioniert, genügt es nicht, nur die Politik in die Pflicht zu nehmen. Es ist ganz wichtig, dass wir als Gesell­schaft zusammenstehen und einen gesellschaftlichen Schulterschluss ermög­lichen. Vor allem im Bereich der ökonomischen Gleichstellung ist es wichtig, dass Unternehmungen aktiv werden und handeln.

Am Beispiel des Roten Kreuz Innsbruck kann ich sagen, das funktioniert, wenn alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenstehen. Wir haben das Thema Gleichstellung und Diversität in der Strategie 2026 fest verankert. Auch haben wir Kampagnen gestartet und führen diese seit zwei Jahren durch: eine Kam­pagne namens Taktgefühl sowie eine Kampagne zur Stärkung der Frauen im Rettungs­dienst.

Bei der Kampagne Taktgefühl geht es darum, dass die Mitarbeiter:innen sensi­bilisiert werden, Grenzüberschreitungen und Übergriffe zu erkennen, zu benennen und so auch zu verhindern. Aus dieser Kampagne ist inzwischen eine große Workshopgruppe entstanden, und alle Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter, alle freiwilligen Mitglieder besuchen diese Workshops. Das hat zum


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Wohlgefühl beigetragen und auch zur Erhöhung der Beteiligung von Frauen im Freiwilligen Sozialjahr im Rettungsdienst. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abge­ordneten Disoski und Maurer.)

Die zweite Kampagne, die wir gemacht haben, fand heuer im April statt. Sie wurde sogar in den deutschen Medien positiv aufgenommen, es wurde dort darüber berichtet; und zwar geht es da um die Erhöhung des Frauenanteils im Rettungsdienst. Den ganzen April ist das über soziale Medien, Printmedien, Radio gelaufen, um Frauen zu motivieren, den Beruf der Rettungssanitäterin zu ergreifen – mit dem Ziel der Erhöhung der Frauenquote im Sanitäts­dienst. Das ist auch gelungen: Wir sind von vormals 20 Prozent nun bei 26 Pro­zent Frauen, und es ist ganz – wie soll ich sagen?; eigentlich muss man das gar nicht mehr erwähnen – selbstverständlich, dass gilt: gleicher Lohn bei gleicher Leistung. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.) Unseren Equal-Pay-Day, den gibt es nicht, der ist am gleichen Tag wie bei den Männern.

Ihr seht also – und das ist mein großer Appell –, wenn man es tut, funk­tioniert es. Ich lade daher alle Arbeitgeberinnen, Arbeitgeber, Unterneh­merinnen und Unternehmer dazu ein, das Thema Gleichstellung selbst ernst zu nehmen, wahrzunehmen und in ihrer Geschäftsstruktur und -strategie fest zu verankern, denn es hilft – gerade auch jetzt bei dem Mitarbeitermangel –, dass man mehr Frauen motiviert, diese Berufe zu ergreifen, in denen Mangel herrscht, und nicht nur die Männer anspricht.

In diesem Sinn – gestern habe ich es auch schon einmal gesagt –: „Es gibt nichts Gutes, außer: Man tut es“. Also bitte steht für Gleichstellung ein! – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Maurer.)

11.17


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pia Philippa Strache. – Bitte.



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11.17.45

Abgeordnete Pia Philippa Strache (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Das Budget ist für die meisten eine relativ trockene Materie (Abg. Loacker: Schon lange nicht mehr gesehen!), dabei geht es um nichts Geringeres als den Gestaltungsspielraum für das kommende Jahr oder auch den Gestaltungsspielraum, der die Basis dafür legt, sichere und solide Rahmenbedingungen für die nächsten Jahre zu schaffen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich kann Ihnen ein Kompliment für den Frauen­fonds LEA machen – dieser ist zeitgemäß –, und ja, es ist Ihnen auch gelungen, dieses Budget deutlich aufzustocken und das zurückzuholen, was in den letzten Jahren Budget für Budget leider abgebaut wurde. Nun liegt es aber an Ihnen, diese Zahlen mit Herz und mit Empathie zu füllen.

Das fehlt mir, denn ich sehe auch, dass dieses Budget nicht zeitgemäß verteilt ist, dass es Frauen in den zahlreichen Lebensbereichen, in denen sie von der Krise oder den zahlreichen Krisen, wie wir sie derzeit erleben, immer häufiger belastet sind als Männer, nicht optimal begleitet, damit sie eben nicht in eine Situation kommen, in der sie mit ihren Sorgen alleingelassen werden oder als Bittstellerinnen auftreten müssen. Frauenpolitik ist eben keine ideologische Frage, sondern sie zeigt auf, welche Werte man in sich trägt, welchen Respekt man nicht nur oberflächlich an den Tag legt oder aus purer Effekthascherei lebt.

Empathie und Mitgefühl werden aber nicht ausreichen, außer man schafft es, einen finanziell sicheren Rahmen für die zahlreichen krisenbelasteten Frauen und Familien zu schaffen, Projekte ins Leben zu rufen, die Frauen in einem gewalttätigen oder an ihrer Belastungsgrenze liegenden Alltag nicht alleinlassen. Da ist es mir nicht genug, geschätzte Frau Ministerin, wenn Sie im Aus­schuss als Antwort sagen, dass dieser Bereich nicht in Ihrer Kompetenz liegt.


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Verstehen Sie mich nicht falsch: Ja, de facto ist es so, aber ist das zeitge­mäß? Ist es zeitgemäß, im Ausschuss zu sagen: Sicherheit für Frauen, dafür bin ich nicht zuständig? (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Ist es zeitgemäß, Frauen da im Stich zu lassen?

Auch wenn es stimmt, auch wenn die finanziellen Grundmittel nicht in Ihrem Kompetenzbereich liegen, können Sie doch eine breite Öffentlichkeit schaffen, ein Sicherheitsnetz für von Gewalt, Stress und anderen negativen Aspekten betroffene Frauen, um sie zu schützen und optimal zu unterstützen.

Die Idee der Emanzipation – das ist heute schon gesagt worden – ist, dass Frauen ihr Leben selbstbestimmt leben können. Die Politik muss aber heute – 100 Jahre später! – immer noch dafür kämpfen, dass das so ist. Die Situation für Frauen ist im besten Fall eine, die immer gleich bleibt, im schlechtesten Fall aber eine, die einfach nur noch schlechter wird – und diese Situation ist jetzt. Den schlechtes­ten Fall für Frauen und Familien gibt es jetzt, denn Frauen sehen sich nicht nur finanziell unter einem großen Druck oder in einer großen Abhängigkeit, sondern sie sehen sich auch psychisch derart unter Druck gesetzt, dass Depressionen mehr und mehr zunehmen.

Da sind wir auch schon beim nächsten zeitgemäßen Thema, auf das ich im Budget keine Antwort bekommen habe. War im Alltag gerade erst die Coronasituation eine enorme Belastung für viele Frauen und Familien, sind es jetzt die Teuerungen. Da gibt es auch eine deutliche Zunahme bei den Depressionen. Depression ist ein Thema, das in die Öffentlichkeit gehört, für das eine breite Öffentlichkeit geschaffen werden muss, ein Thema, für das Sie, geschätzte Frau Ministerin, eine breite Öffentlichkeit schaffen können und müs­sen, damit Betroffene nicht mit ihrer Angst, mit ihrem Gefühl der Leere und der Wertlosigkeit alleine zurückgelassen werden und Mütter – diese unfass­bar traurigen Beispiele gibt es tatsächlich – keinen anderen Ausweg mehr sehen, als sich und ihren Kindern das Leben zu nehmen, weil sie mit der Situa­tion nicht mehr zurechtkommen.


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Es liegt wirklich an Ihnen, einen wichtigen Baustein in Richtung mehr Sicherheit und Stabilität zu schaffen. Das, was wir in Österreich in diesem Bereich politisch zu bieten haben, ist einfach mangelhaft. Dass Betroffene – und dazu zähle ich nicht nur den Menschen, der mit der Depression zu kämpfen hat, sondern die gesamte Familie – derart im Stich gelassen werden und keine adäquate und vor allem rasche Hilfe bekommen, ist ein Versagen des Gesundheitsressorts und auch von Ihnen, liebe Frau Ministerin, weil dieses Thema eben nicht die notwen­dige Aufmerksamkeit bekommt.

Ihr Ministerkollege Faßmann hat einmal gesagt: Die Psychologie muss an die Schule kommen!, und so sage ich Ihnen: Die Psychologie muss auch zu den Frauen und betroffenen Familien kommen! – Es kann nicht sein, dass eine betrof­fene Jugendliche, die bereits versucht hat, sich das Leben zu nehmen, neun Monate warten muss, bis sie überhaupt stationär aufgenommen wird oder regel­mäßig Therapie bekommt. Ein Land sicher durch eine Krise zu steuern heißt eben auch, bei der Ausgestaltung eines Budgets flexibel genug zu sein und effizi­ent Maßnahmen ergreifen zu können.

Nehmen wir weitere tragische Beispiele: Es gab sie, die zahlreichen Femizide hier in Österreich. Gewaltschutzeinrichtungen in ganz Österreich berichten davon, schon längst an ihre Kapazitätsgrenze gelangt zu sein. Ängste, Depressionen, Schlaf­probleme, Stress: All diese Dinge treffen Frauen überproportional häufiger als Männer. Es handelt sich dabei nicht um ein geschlechterspezifisches Problem, sondern um ein soziales. Diese unsichere Lage von Frauen darf nicht ignoriert werden. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Suizidversuche, Verzweiflungs­taten sowie die zahlreichen Frauenmorde dürfen nicht ignoriert werden.

Sehr geehrte Frau Ministerin, lassen Sie Frauen, Kinder, gesamte Familien nicht alleine! Ich weiß, dass Sie eine empathische Person sind. Ich weiß, dass Ihnen die Anliegen wichtig sind. Sie sind selbst Mutter, und ich weiß auch, dass Sie in Ihrer Kompetenz und Ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich alles dafür tun würden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 942

(Präsidentin Bures gibt neuerlich das Glockenzeichen), wenn eine betroffene Mut­ter, die Hilfe sucht, vor Ihnen stünde, um ihr zu helfen. Es ist aber Ihre Ver­antwortung und es muss Ihr geringster Anspruch sein ...


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen nun den Schlusssatz formulieren, bitte.


Abgeordnete Pia Philippa Strache (fortsetzend): Ihr geringster Anspruch in Ihrer Funktion als Ministerin muss der sein, jeder einzelnen Frau in diesem Land, die betroffen ist, helfen zu wollen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)

11.24


Präsidentin Doris Bures: Mir liegen nun zu den Themenbereichen Frauen, Gleichstellung, Familie und Jugend keine Wortmeldungen mehr vor. Daher werde ich die Beratungen zu diesen Themenbereichen nun auch beenden.

11.24.15UG 14: Militärische Angelegenheiten


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur nächsten Untergliederung, zur Behandlung der UG 14: Militärische Angelegenheiten.

Ich begrüße Frau Bundesministerin Klaudia Tanner im Hohen Haus und erteile als erstem Redner Herrn Abgeordneten Robert Laimer das Wort. – Bitte.


11.24.38

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Der materielle Aufwuchs in der Landesverteidigung ist gegeben, wenn auch bei zaghafter Entwicklung und mit dem Mangel behaftet, dass eine völlig verunglückte Zentralstellen­re­form es verunmöglicht, dass derzeit überhaupt beschafft werden kann, da die Systemabteilungen Planung und Beschaffung aus der Hoheitsver­waltung herausgelöst und nachgeordnet wurden – Ihr geschasster General­sekretär lässt grüßen, Frau Ministerin!


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Zu begrüßen ist, dass durch die geplante Erhöhung eine Verbesserung der Mobilität der Einsatzkräfte erreicht wird, die Erhöhung des Schutzes und der Wirkung des Bundesheeres somit auch in Zukunft gewährleistet wird, die Autarkie zur Stärkung der Verteidigungsbereitschaft erhöht wird. Die Cyber­sicherheit ist herzustellen beziehungsweise müssen da viele Verbesserungen bewusst gemacht werden.

Allerdings verzerrt die ÖVP die Tatsachen. Sie sprechen vom größten Budget der Landesverteidigung aller Zeiten und stellen Behauptungen auf, die mit Real­politik nichts zu tun haben. Die medial martialisch inszenierte Leuchtrakete ist im internationalen Vergleich, Frau Bundesministerin, bestenfalls ein Advent­kerzerl.

Warum ist Kritik berechtigt? – Die realen Budgetzahlen bis 2026 bleiben weit hinter dem Anspruch von 1 bis 1,5 Prozent des BIP, sie liegen bei 0,87 Pro­zent. Durch budgettechnische Maßnahmen wie zum Beispiel der erstmaligen Einrechnung der Pensionszahlungen wurde ein Versuch unternommen, die Bud­getzahlen zu behübschen. Die reale Erhöhung beträgt allerdings 0,09 Prozent und das bedeutet – nach seriösen Daten des Wifo berechnet – 2026 0,87 Pro­zent und voraussichtlich in zehn Jahren 1 Prozent des BIP.

Frau Ministerin, der Aufbauplan 2032 ist eine politische Absichtserklärung, allerdings ohne Nachhaltigkeit. Im Schriftstück Aufbauplan ist übrigens die österreichische Landkarte in Camouflage getaucht. Warum eigentlich? – Ich frage mich, ob es da wieder um eine Tarnung geht. Es muss völlige Transparenz bei der Beschaffung von militärischem Gerät herrschen, und das werden wir auch einfordern. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ein Gebot der Stunde, eine gesamtstaatliche Entwicklung endlich ohne weitere Zeitverzögerung in Angriff zu nehmen. Die aktuell gültige Öster­reichische Sicherheitsstrategie ist zehn Jahre alt und gehört daher unverzüglich überarbeitet. Das sehen auch alle Experten so, bis auf die Entscheidungs­träger in Ihrem Ressort.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 944

Etwas skurril war die Ansage im Frühjahr dieses Jahres, im März ein Neutralitäts­paket von 10 Milliarden Euro einzurichten. (Abg. Höfinger: Skurril ist nur deine Rede! Das ist ja unglaublich!) Das Neutralitätspaket hat leider nie das Licht der Welt erblickt. Geld, Geld, Geld wird im Ressort für eine zeitgemäße Ausrüstung, für einen Aufbau einer wehrhaften Neutralität (Zwischenruf des Abg. Höfinger) und für internationale Einsätze und Friedensmissionen benötigt.

Der Ausbau der österreichischen Friedensmissionen zu einem weltweit aner­kannten Friedensheer ist weiterzuführen, um unser Image als Trittbrettfahrer endlich loszuwerden, und das Ganze in Verbund mit der UNO und nicht mit der Nato, denn die UNO, diese Weltorganisation, hat ihren Sitz in Wien, und darauf sind wir als Österreicherinnen und Österreicher, als neutrales Öster­reich auch stolz, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Bundesheer braucht eine gezielte Personaloffensive, eine gerechte Besol­dung, attraktive Rahmenbedingungen (Zwischenruf bei der ÖVP) und die Möglichkeit zur besseren Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben für die Soldatinnen und Soldaten. Die Personaloffensive, von Minister Doskozil seinerzeit verfolgt, wurde leider nicht im großen Ausmaß weiterverfolgt. Dem Staat drohen in der Verwaltung und beim Bundesheer massive Engpässe. Eine Pensionierungswelle steht bevor, circa 25 Prozent der Beschäftigten werden in den nächsten fünf Jahren in Pension gehen.

Die ÖVP-Ideologie – mehr privat, weniger Staat! – holt uns mittlerweile uner­bittlich ein, meine Damen und Herren. Zusätzlich schrillen in den Stellungs­straßen längst die Alarmglocken: Seit der Covid-Pandemie hat sich die Anzahl der Fälle von psychischen Beeinträchtigungen bei den potenziellen Rekruten mehr als verdoppelt – ein wirkliches Warnsignal.

Frau Minister, Sie sollten erkennen, dass die Reform gescheitert ist und dieser Postenschacher nicht durchgehen wird. Um jetzt überhaupt beschaffen zu können, muss ein neuer Posten ausgeschrieben werden, nämlich ein sehr hoch dotierter Posten: der stellvertretende Generalstabschef. Das haben sich die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 945

Soldatinnen und Soldaten, die in der Covid-Krise für Hinz und Kunz zuständig waren (Ruf bei der ÖVP: He!), nicht verdient!

Frau Minister, das Heeresbudget wurde als bombastische Leuchtrakete verkauft, es bleibt aber ein Adventkerzerl, und die groß angekündigte Reform ist leider kolossal gescheitert. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Friedrich Ofenauer. – Bitte.


11.31.14

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Lassen Sie mich zuerst zu meiner Rede von Dienstag zu den obersten Organen etwas festhalten: Es war damit von meiner Seite keine Relativierung der Ereignisse der Dreißigerjahre gemeint und auch nicht beabsichtigt – sollte das so verstanden worden sein, dann ent­schuldige ich mich dafür. Allerdings ist es genauso unangebracht, wenn Kollege Krainer dieses Parlament hier als Dollfuß-Parlament bezeichnet. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Maurer.)

Meine Damen und Herren, kommen wir nun zum eigentlichen Thema und zum richtigen und wichtigen Thema, nämlich der Landesverteidigung. Ich möchte mit einem Dank beginnen, mit einem Dankeschön an die Soldatinnen und Soldaten sowie die Beschäftigten des österreichischen Bundesheeres für ihren Einsatz im In- und im Ausland für die Sicherheit Österreichs. Ein herzliches Dankeschön dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Bundesministerin, auch Ihnen möchte ich sehr herzlich zu diesem Verhand­lungserfolg gratulieren und mich ebenfalls bei allen bedanken, die zu diesem Verhandlungserfolg beigetragen haben, sodass wir dieses Budget heute beschließen können. Die Sicherheitsarchitektur Europas ist erschüttert, deshalb wäre ein


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 946

gemeinsames Vorgehen wichtig und keine Frontalopposition, wie wir sie gerade in der vorigen Rede gehört haben. Mit der Sicherheit Österreichs darf nämlich kein parteipolitisches Kleingeld gewechselt werden, meine Damen und Herren!

Investitionen in die Sicherheit sind eine verteidigungspolitische Notwendigkeit, und gleich nach dem Angriff auf die Ukraine war auch fraktionsübergreifend klar: Wir brauchen mehr für das Heer, mehr Geld für das Heer. Jetzt gibt es jedoch mit dem Abstimmungsverhalten – bereits beim Landesverteidigungs-Finanzie­rungs­gesetz, und ich bin gespannt, wie das Abstimmungsverhalten beim aktuellen Tagesordnungspunkt sein wird – den verteidigungspolitischen Offen­barungseid, meine Damen und Herren.

Das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz bringt uns bis 2026 nämlich zu­sätzliche 5,25 Milliarden Euro für das österreichische Bundesheer, wurde aber von der Opposition nicht mitbeschlossen. Dieses Landesverteidigungs-Finan­zierungsgesetz bringt zusätzlich auch einen Landesverteidigungsbericht, der sicherheitspolitische Rahmenbedingungen, jährliche Strategien und vor allem Beschreibungen der Fähigkeitsentwicklungen vorgibt. Das, meine Damen und Herren, bringt eine nachhaltige Trendumkehr mit einer mehrjährigen Finan­zie­rung und vor allem einer langfristigen Absicherung.

Was aber tut die Opposition? – Zuerst fordern und dann nicht mitstimmen! Das Argument, dass es mehr hätte sein sollen, gilt bei Weitem nicht: Bis 2026 wer­den dem österreichischen Bundesheer nämlich 16 Milliarden Euro zur Verfügung stehen, und diese 16 Milliarden Euro müssen mit strategischer Rüstung und Planung dann auch entsprechend investiert werden.

Ja, meine Damen und Herren, die Organisationsreform der Zentralstelle muss evaluiert werden – das war immer klar, dass man nach der Umsetzung dieser neuen Organisationsform auch eine Evaluierung durchführt. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Deshalb mal die Hälfte gleich abschaffen!) Mit der Evaluierung und mit den Adaptierungen, die jetzt durchgeführt werden, ist auch sicher­gestellt, dass die Planung ermöglicht und die Rüstung beschafft werden können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 947

Die Bereiche, in die investiert werden muss, sind uns allen klar: Schutz und Wirkung der Soldaten, Miliz, geschützte Mobilität, Kampf-, Schützen-und Pionierpanzer, Autarkie der Kasernen, Cybersicherheit, Kommunikations­fähig­keit, Lufttransportmittel, Hubschrauber, Luftraumüberwachung. Nicht zuletzt braucht es außerdem Übungen, damit unsere Soldatinnen und Soldaten das, was sie im Ernstfall können müssen, auch üben können.

Es braucht eine Planung, die auf die dynamische Entwicklung der Zukunft abstellt, denn es geht um die dauerhafte Behauptung der Unabhängigkeit nach außen und die Unverletzlichkeit unseres Staatsgebietes. Zu diesem Zweck wurde ja die immerwährende Neutralität beschlossen, die wir mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen haben.

Der Ukrainekrieg hat gezeigt, dass die Inbesitznahme von Land, die Inbesitz­nahme von Gebieten mit konventionellen militärischen Fähigkeiten erfolgte, und das heißt, dass wir auch den Wiederaufbau dieser konventionellen militä­rischen Fähigkeiten vollziehen müssen. Dies ist notwendig, um die Unverletz­lich­keit des österreichischen Staatsgebietes sicherzustellen. Dieses Staatsgebiet endet nicht auf dem Gipfel des Großglockners, sondern geht auch darüber hin­aus: Es ist daher gut und wichtig und richtig, an einer Verbesserung der Luft­raumüberwachung und der Luftraumsicherung zu arbeiten und zu überlegen, ob eine Teilnahme am European Sky Shield möglich ist – all das natürlich im Rahmen der EU, im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungs­politik und unter Bedachtnahme auf die österreichische Neutralität.

Der Auftrag der Verfassung, unsere Neutralität mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidigen, ist in den letzten Jahrzehnten vernachlässigt worden – zu sicher schien unser geopolitisches Umfeld, und zu sicher haben wir uns gefühlt. Wir müssen daher vor allem auch wieder in die geistige Landesverteidigung investieren: in das Bewusstmachen von Bedrohungen, aber auch in das Bewusst­sein, was wir verteidigen. Was verteidigen wir? – Unsere demokratischen Freiheiten, unsere Möglichkeiten der Selbstbestimmung, unsere Freiheit und unsere Sicherheit, sprich unsere Zukunft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 948

Es geht darum, Handlungsanleitungen zu geben, ohne Angst und Panik zu schüren: Was tue ich, wenn Bedrohungen anstehen? Wie kann ich mich schüt­zen, wie kann ich aber auch die Einsatzkräfte unterstützen?

Die Landesverteidigung braucht einen umfassenden Ansatz, so wie das in der Verfassung geregelt ist: die militärische, die geistige, die zivile und die wirt­schaftliche Landesverteidigung. Diese militärische Landesverteidigung stärken wir jetzt im Interesse der Sicherheit Österreichs, und mein Aufruf an alle im Parlament vertretenen Fraktionen lautet jetzt: Marschieren wir gemeinsam für die Sicherheit Österreichs! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer. – Abg. Kassegger: Nein, die militärische stärkt ihr einmal genau nicht!)

11.37


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Robert Laimer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.37.12

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Eine tatsächliche Berichtigung zu den Aus­führungen von Kollegen Ofenauer: Wir vonseiten der SPÖ haben dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz in zweiter Lesung zugestimmt. (Zwi­schenrufe der Abgeordneten Stögmüller und Loacker.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen mit der Behauptung des Herrn Abgeordneten beginnen, die Sie dann berichtigen wollen. Wie war die Behauptung des Herrn Abgeordneten?


Abgeordneter Robert Laimer (fortsetzend): Ich berichtige (Abg. Stögmüller: Wen?) zu den Aussagen des Kollegen Ofenauer tatsächlich (Ruf bei der ÖVP: Was hat er gesagt?): Er hat von einer „Frontalopposition“ gesprochen, und dass die Oppo­sition nicht zugestimmt habe.

Die tatsächliche Berichtigung lautet: Wir haben dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz in zweiter Lesung zugestimmt, ebenso auch einem erwei­terten Antrag der FPÖ zur verfassungsmäßigen Ausrichtung diesbezüglich. –


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Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Loacker: Das ist keine Tatsächliche! – Abg. Ofenauer: Aber in dritter Lesung nicht ...!)

11.38


Präsidentin Doris Bures: Die Frage einer politischen Bewertung, wie sich die Opposition sozusagen darstellt, ist natürlich kein Sachverhalt. Wenn die Richtigstellung aber die Behauptung betrifft, dass einem Gesetzentwurf nicht zugestimmt worden sei, das aber nicht stimmt, dann ist das ein Sachverhalt.

Nun ist Abgeordneter Volker Reifenberger zu Wort gemeldet. – Bitte.


11.38.31

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf da vielleicht noch ein bisschen Aufklärung in die Sache bringen, Herr Kollege Laimer hat nämlich vollkommen recht: Sowohl die SPÖ als auch wir von der FPÖ haben dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz in zweiter Lesung zugestimmt. Wir haben dann nur in dritter Lesung, bei der nicht partiell über das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz, sondern über das gesamte Budgetbegleitgesetz abgestimmt wurde – in dem auch viel anderer Unsinn drinnen war (Ruf bei der ÖVP: Hoi, hoi!) –, dagegengestimmt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben auch noch einen Abänderungsantrag eingebracht, in den wir unsere Ergänzungen zum Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz gepackt haben.

Jetzt aber zum eigentlichen heutigen Thema, zum Budget: Leider ist es in Öster­reich so, dass immer erst etwas Tragisches passieren muss, bevor die Politik bereit ist, mehr Geld in unsere Sicherheit zu investieren. Nach dem Lawinen­un­glück in Galtür, das war im Februar 1999 – ich kann mich deswegen noch so genau erinnern, weil ich damals als Einjährig-Freiwilliger gerade beim Bundes­heer war –, gab es plötzlich Geld, um neue Hubschrauber zu kaufen, die Black-Hawk-Hubschrauber wurden dann angeschafft. Jetzt hat es einen Krieg in Europa


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gebraucht, damit es endlich zu einer merklichen Budgeterhöhung im Vertei­digungsbereich kommt. Es ist traurig und bedenklich, dass immer ein entsprechender Anlassfall benötigt wird und die Politik nicht verantwor­tungsbewusst und vorausschauend in unsere Sicherheit investiert.

Auch wenn die geplante Budgeterhöhung grundsätzlich positiv ist – immerhin wird erstmals die lange geltende Schallmauer von 3 Milliarden Euro durch­brochen –, bleibt trotzdem nüchtern festzuhalten, dass diese weniger hoch ist, als ursprünglich von Nehammer und Tanner versprochen. Man bedient sich darüber hinaus noch eines Budgettricks, indem man erstmals die Bundesheer­pensionen einrechnet, um das Etappenziel von 1 Prozent des BIPs zu erreichen. Das gelingt aber nicht einmal mit diesem Trick, und zwar nicht einmal annähernd.

Im Jahr 2026 sollen wir dann nach Ihren gefakten Berechnungen 1,5 Prozent des BIPs erreichen. Nach unseren seriösen Berechnungen – Herr Kollege DDr. Fuchs wird Ihnen das später noch genau vorrechnen – erreichen wir im Jahr 2026 aber nicht einmal dieses 1 Prozent des BIPs ganz, obwohl die Pensionen hineingerechnet werden, geschweige denn die von Ihnen, Frau Bun­desminister, behaupteten 1,5 Prozent des BIPs. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Bundesminister, Sie belügen uns in diesem Zeitraum bis 2026 - - (Bun­desministerin Tanner: Hallo! Hallo! Das ist unglaublich! – Ruf bei der ÖVP: Das ist ja unglaublich!)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, für den Ausdruck „Sie belügen“ erhalten Sie entweder ein Ordnungsruf oder Sie nehmen ihn auf der Stelle zurück. Darum würde ich Sie jetzt ersuchen, weil ich glaube, Sie wissen, dass das – in welcher Form auch immer – ein Ausdruck ist, den wir im Hohen Haus nicht verwenden.


Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (fortsetzend): Frau Präsidentin, dann lassen Sie es mich so ausdrücken: Die Frau Verteidigungsministerin (Abg.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 951

Deimek: Sagt die Unwahrheit!) stellt die Zahlen in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage bewusst falsch dar und schwindelt uns daher einen Betrag von 1,9 Milliarden Euro vor, den es gar nicht gibt. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wenn man dann nämlich auch noch die Bundesheerpensionen herausrechnen würde, dann würden wir von einem Betrag von 4,57 Milliarden Euro reden. (Beifall bei der FPÖ.)

Festzuhalten bleibt, dass wir auch mit Ihrem Budgettrick, die Pensionen da einzurechnen, bis ins Jahr 2026 dieses 1 Prozent, das eigentlich schon für heuer versprochen war, nicht ganz erreichen werden und im Jahr 2026 ganz, ganz weit weg von den 1,5 Prozent sind.

Von Nato-Ländern werden übrigens 2 Prozent des BIPs verlangt. Deutschland plant, sogar noch mehr als diese 2 Prozent auszugeben und darüber hinaus zusätzlich noch ein Sonderinvestitionspaket von 100 Milliarden Euro. Ein neu­traler Staat wie Österreich müsste eigentlich verhältnismäßig mehr Geld ausgeben als ein Staat, der einem Verteidigungsbündnis, einem Militärbündnis angehört.

Wesentlich wäre es aber auch noch, die völlig veraltete Sicherheitsstrategie zu überarbeiten, die inhaltlich aus dem Jahr 2011 stammt und im Jahr 2013 hier im Hohen Haus beschlossen wurde, also rund 20 Jahre alt ist. Die aktuelle Sicher­heitslage in Europa unterscheidet sich grundlegend von jener, die der nunmeh­rige Generalstabschef im Mai 2020 im Hinterzimmer eines Nachtlokals ausgewählten Journalisten vorgestellt hat und dabei die militärische Landesverteidigung für obsolet erklärt hat.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Überarbeitung der ,Österreichischen Sicherheitsstrategie‘“


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird in Anbetracht des Krieges in Europa aufgefordert schnellstmöglich die immer noch gültige Sicherheitsstrategie unter Einbeziehung aller im Hauptausschuss des Nationalrates vertreten Parteien zu überarbeiten.“

*****

Frau Bundesminister, ich darf abschließend zusammenfassen: Sie und Bundes­kanzler Nehammer haben großspurig viel angekündigt, können oder wollen Ihre Versprechungen jetzt nicht einhalten und bedienen sich falscher Zahlen und unseriöser Budgettricks, um in der Öffentlichkeit dennoch gut dazustehen. Das gelingt Ihnen aber nicht. Lesen Sie dazu nur den hervorragend recherchierten Artikel in der Tageszeitung „Die Presse“ von gestern. (Abg. Deimek: Die Anleihen an die ...! Die Frau Minister ist aus Niederösterreich!)

Das schaffen auch nur Sie, Frau Bundesminister: dass eine grundsätzlich positive Budgeterhöhung selbstverschuldet und vollkommen berechtigt als Niederlage empfunden und diskutiert werden muss. (Beifall bei der FPÖ.)

11.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Reifenberger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Überarbeitung der „Österreichischen Sicherheitsstrategie“

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes-voranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.), Untergliederung 14 – Militärische Angelegenheiten, in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 17. November 2022  


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Die Auszahlungen im Budget 2023 der UG 14 sind im BVA-E 2023 mit 3.317,9 Mio Euro veranschlagt. Die Hauptaufgaben der UG14 sind die militärische Landes­ver­teidigung sowie der Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handels­fähigkeit sowie die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren, die Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und die Hilfeleistung im Ausland bei Maßnahmen der Friedenssicherung, der humanitären Hilfe und der Katastrophenhilfe.

Dem Budgetbericht 2023 konnte entnommen werden:

Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine stellt eine sicherheits­politische Zäsur in Europa dar. Die seit dem Ende des Kalten Krieges in Europa existierende Friedensordnung wurde damit in ihren Grundfesten erschüttert. Diese Entwicklung bringt neue, weitreichende Herausforderungen mit sich und verlangt eine Neubeurteilung der bisherigen Sicherheitsstrategie Europas und Österreichs.

Schon die Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2021 besagt:

Zu Beginn des Jahres 2021 ist eine qualitative Veränderung in der Beurteilung der Risikolage Österreichs festzustellen. Die Sicherheitslage Österreichs ist nicht mehr bloß von einer allgemeinen und eher abstrakten Verschlechterung der Lage gekenn­zeichnet, vielmehr sind mehrere der bislang nur prognostizierten Szenarien nunmehr auch tatsächlich eingetreten.

Die Bundesregierung nahm am 1. März 2011 den Bericht über eine österreichische Sicherheitsstrategie zustimmend zur Kenntnis, in weiterer Folge wurde diese im Parlament bis 2013 diskutiert. Diese Sicherheitsstrategie beruht auf Informationen und Beurteilungen aus dem Jahr 2010 und ist somit mehr als veraltet und überholt. In der Ukraine führen Streitkräfte mit starken Panzer-Verbänden und anderen schweren Waffensystemen mit massiver Artillerie- und Luftunterstützung einen konventionellen Krieg. Der 24. Februar 2022 hat einen europäischen Epochen­wech­sel eingeleitet, dessen Konsequenz eine wesentlich verbesserte Verteidigungs­fähigkeit Europas sein muss.


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Die aktuellen und absehbaren Rahmenbedingungen für die Sicherheit Österreichs und der Europäischen Union unterscheiden sich grundlegend von jenen, die ein General im Mai 2020 in einem Hinterzimmer eines Nachtlokals Journalisten vorgestellt hat, nämlich die Abschaffung der militärischen Landesverteidigung. Dass es eines Krieges in Europa bedurfte, um diese Bewusstseinsänderung bei den Regierungsparteien herbeizuführen, ist eine Tragik.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird in Anbetracht des Krieges in Europa aufgefordert schnellstmöglich die immer noch gültige Sicherheitsstrategie unter Einbeziehung aller im Hauptausschuss des Nationalrates vertreten Parteien zu überarbeiten.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter David Stögmüller. – Bitte.


11.44.36

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Die Sicherheitslage in Europa hat sich in den letzten Monaten radikal verändert. Wenn ich den Reden hier jetzt so zuhöre: Einmal ist es zu wenig, einmal ist es zu viel Geld, einmal ist es dort zu wenig, einmal ist es da zu viel. Faktum ist: Wir haben das Budget angehoben. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Ich bin auch sehr froh darüber, dass wir die Risikolage wirklich erkannt und auch entsprechend gehandelt haben. Das war nicht einfach, aber wir haben uns zusammenge­schlos­sen und ein Rekordbudget für das Bundesheer zusammengebracht – nicht weil es so populär war, sondern weil es notwendig und richtig ist, das einzusetzen. (Beifall bei den Grünen.)


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Wir reden hier von einem Bundesheerbudget, das nach Jahren des Sparens und des Kürzens wieder eine Dynamik für unsere Streitkräfte ermöglicht, das ermög­licht, dass die österreichischen Verteidigungskapazitäten auch wieder gestärkt und an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden. Wir heben das Budget. Für das kommende Jahr werden es 3,3 Milliarden Euro sein, also um 600 Millionen Euro mehr. Das bedeutet um 22 Prozent mehr Geld. Das ist schon ein bissel etwas, da kann man schon etwas machen.

Es ist kein Budget – und das möchte ich hier auch ganz vehement feststellen –, das sich einfach dem Trend des internationalen Wettrüstens ergibt, das mehr Geld und mehr Waffen als die Lösung aller Probleme sieht, sondern es ist ein viel breiteres Budget. Es ist ein breiteres Budget, ein effizienteres, ein ausge­wogenes Budget, das auch langjährige Investitionsrückstände aufholt – auch zum Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten, die im Auslandseinsatz sind, die Assistenzein­sätze bei Katastrophen durchführen. Das verdienen sich die Soldatinnen und Soldaten nämlich, die auch für die Österreicherinnen und Österreicher und für alle Menschen, die hier leben, im Einsatz sind. Das ist wichtig und notwendig. (Beifall bei den Grünen.)

Bis 2026 werden knapp 1,7 Milliarden Euro in die verbesserte Mobilität investiert. Das werden Hubschrauber sein. Der erste wird dieses Jahr landen – auch das wird heute sicherlich wieder eine Diskussion sein –, nächstes Jahr werden wieder ein paar kommen.

Es werden 1,8 Milliarden Euro für den Schutz und die Wirkung unserer Sol­datinnen und Soldaten kommen, und es wird – dafür haben wir uns als Grüne auch sehr eingesetzt – 1 Milliarde Euro für die Nachhaltigkeit und Energie­unabhängigkeit geben. – Da auch vielen Dank an Ihr Haus, dass dort auch ent­sprechende Konzepte entwickelt werden. Die sind nämlich auch notwen­dig, um das Bundesheer ins 21. Jahrhundert zu bringen.


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Es geht nicht nur darum, dass wir mehr Ausrüstung bekommen, sondern auch darum, die Resilienz Österreichs zu stärken. Warum? – Noch einmal: Black­outresilienz, noch einmal: Katastrophenvorsorge. Das ist nichts Besonderes, aber das Bundesheer ist eine Schutzeinrichtung der Österreicherinnen und Öster­reicher und muss entsprechend vorbereitet sein. Da wird auch investiert. Ich glaube, das ist auch dringend notwendig. (Abg. Brandstätter: Richtig!)

Einen Punkt möchte ich noch anbringen: Wir werden mit dem Mehrbudget nicht mehr an Personalstand bekommen, gerade in den oberen Führungen. Unten würden wir uns wünschen, dass wir mehr Soldatinnen und Soldaten bekommen, aber wir werden den Beamtenapparat jetzt nicht noch mehr aufblähen. Meiner Meinung, unserer Meinung nach ist er bereits sehr aufgebläht. (Abg. Laimer: Jetzt haben wir gerade einen Stellvertreter als Generalstabschef ...!) Das Geld wird in der untersten Ebene, bei den Soldatinnen und Soldaten investiert, damit diese einerseits ihre Fähigkeiten ausbauen können und es dort andererseits mehr und auch bessere Sozialleistungen gibt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wird gerade bei Beschaffungen eine parteiunabhängige Aufsichtskommission geben. Wir haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten gesehen – ich bin ja selber im Untersuchungsausschuss, und in den Untersuchungsausschüssen im Haus haben wir uns immer wieder mit Beschaffungen beschäftigt, Eurofighter-Skandal als große Überschrift –, dass es ein Kontrollgremium geben muss, das im Vorfeld Beschaffungskriterien erstellt, diese Beschaffungen im Nachhinein kontrolliert und dieses Haus, nämlich uns Abgeordnete, darüber informiert, wie diese Beschaffungen abgewickelt worden sind und ordentlich abgeführt werden. Das ist sinnvoll und auch richtig. Früher haben wir nichts mitbekommen, erst durch einen Untersuchungsausschuss wurden wir darüber informiert.

Ein wichtiger Punkt, der in Zukunft auch umgesetzt wird: Dieses Haus, wir als Abgeordnete, als Wehrsprecherinnen und Wehrsprecher – zurzeit nur Wehrsprecher –, werden darüber informiert, welche Beschaffungen das Ministerium in Zukunft tätigen wird. Das haben wir bis jetzt nie wirklich


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mitbekommen. Wir haben uns die Schweiz als Vorbild genommen, wo Infor­mationen des Ministeriums quasi an die Abgeordneten herangetragen werden. Das wird es auch in Zukunft geben. Ich finde, es ist auch wichtig, dass wir mehr Transparenz bei diesen sehr teuren Beschaffungen bekommen.

Ich glaube also, wir haben da ein ausgewogenes Budget für die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher und aller Menschen, die hier leben, zusammenbekommen. Ich glaube, wir können schon darauf aufbauen, dass wir das die nächsten Jahre auch entsprechend ausbauen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.


11.49.49

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Zuseher:innen vor den Bildschirmen! Die Frau Bundesministerin – das haben auch schon einige andere erwähnt – spricht von einem Rekordbudget. Das ist etwas sehr Positives, und das begrüße ich auch, denn es geht einfach darum, Ver­säumnisse der letzten Jahre und Jahrzehnte auszuräumen und aufzuarbeiten. Das ist etwas, zu dem wir durchaus – und das ist etwas Positives – über alle Fraktionen hinweg einen gemeinsamen Zugang haben.

Sie versuchen aber, das alles immer als besonders toll zu verkaufen: Es ist einzigartig und großartig! Die Superlative der ÖVP kennen wir ja schon alle. Man muss aber ganz offen und ehrlich sagen: So toll ist auch nicht alles. Es gibt einige Beispiele, die sehr gut zeigen, in welchem Zickzackkurs die ÖVP oder diese Regierung in der Sicherheitspolitik, in sicherheitspolitischen Fragen unterwegs ist.


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Schauen wir uns die Zentralstellenreform an. Sie haben die Zentralstellenreform als ein großartiges Projekt präsentiert, auch im Sinne des Budgets für mehr Sparsamkeit in der Verwaltung, um damit mehr Geld hin zu der Truppe, für die militärische Landesverteidigung – zu dem Thema komme ich dann noch im Laufe der Debatte – zu bekommen. Faktum ist, diese Reform ist gescheitert. Diese Reform ist innerhalb von wenigen Wochen und Monaten kolossal gescheitert. Sie ist nicht einmal umgesetzt worden. Sie sind jetzt in einer Situation, in der Sie sie nicht umsetzen haben können. Ein Kernstück Ihrer Agenda ist gescheitert, und Sie stellen sich hin und sagen: Es ist alles toll und großartig! – Das ist nicht zu akzeptieren! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Ein großes Problem, das die ÖVP oder diese Bundesregierung nicht nur im Bereich Sicherheitspolitik, sondern allgemein hat, ist das Ankündigen und Ankündigen und Ankündigen. Am Ende aber wird nichts gehalten und nichts umgesetzt.

Es gibt noch viele andere Beispiele. Wir haben ganz aktuell – ich glaube, es gibt wenige Tage, an denen das so aktuell wie jetzt gerade ist – das Thema Luftraum­verteidigung zu diskutieren. Es ist ein großes Thema. Es gibt den Vorschlag, eine europäische Luftraumverteidigung zu machen, den Sky Shield. (Abg. Stögmüller: Da sind wir dabei!) Dieser Sky Shield wurde vor ein paar Wochen angekündigt – drei, vier Wochen, glaube ich, ist es her –, und Sie haben gesagt: Nein, da sind wir nicht dabei – weil Neutralität, Neutralität und Neutralität! (Bundesministerin Tanner: Weil Sie es nicht gefragt haben!) Das haben Sie zu Beginn gesagt. Mitt­ler­weile sind Sie dabei und sagen: Ja, das ist sinnvoll, da sollten wir dabei sein! – Das finde ich gut.

Jetzt müssen wir uns aber anschauen, wie wir diese Debatte führen. Wir führen sie auf einem elendiglichen Niveau. Warum haben Sie gesagt, Sie sind nicht dabei? – Sie haben gesagt, das geht wegen der Neutralität nicht, das ist von der Nato. Stimmt nicht! Es war von Anfang an ein Vorschlag, den Olaf Scholz als europäische Lösung vorgeschlagen hat. Da war kein Wort von Nato, nur Sie


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haben das dort verortet. Es ist immer ein Thema der Europäischen Union gewesen, es war immer die Perspektive der Europäischen Union.

Der nächste Schritt – das ist jetzt Fakt – ist, dass Sie jetzt sagen: Wir sind dabei! Plötzlich ist die Neutralitätsdebatte nicht mehr notwendig. Sie sagen das aber zu einem Zeitpunkt, an dem es eigentlich kein europäisches Thema mehr ist. Jetzt ist nämlich auch Großbritannien dabei. Wie gesagt, ich finde es großartig, dass wir da mitmachen, aber ich habe das Gefühl, Sie schauen sich selbst in den Spiegel und sagen jeden Tag etwas anderes, denn was Sie machen, ist fakten­befreit. Es ist vollkommen faktenbefreit, wie Sie da Argumente hin und her wälzen. (Beifall bei den NEOS.)

Stehen wir bitte dazu, dass wir die Landesverteidigung – Kollege Stögmüller hat das auch gesagt – ins 21. Jahrhundert bringen. Da müssen wir aber von diesem Schwarz-Weiß-Denken weg, das wir nach wie vor haben, da müssen wir weg von diesen Neutralitätsdiskussionen. Wir müssen offen und ehrlich sagen: Das sind die Herausforderungen der Jetztzeit, und die müssen wir angehen! Wir dürfen uns nicht hinter irgendwelchen Plattitüden verkriechen. (Beifall bei den NEOS.)

Wir haben viel zu oft in sicherheitspolitischen Diskussionen als Erstes einmal Bauchentscheidungen getroffen, die vielleicht auf Umfragen oder Meinungs­um­fragen oder was auch immer fußen, aber nicht auf der zentralen Frage, die dahinterstehen sollte: Wie machen wir Österreich sicherer? Wie geben wir den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes eine Perspektive, damit sie hier sicher leben können? Dort müssen wir hinkommen. Wir müssen weg von einem Zickzackkurs, den wir – dominiert durch die ÖVP – in sicherheitspolitischen Fragen seit Jahren haben.

Das sehen wir auch am Krisensicherheitsgesetz, auch das ist höchst aktuell. Das Krisensicherheitsgesetz, das Sie – ohne die Opposition wie angekündigt ein­zubinden – präsentiert haben, hat ganz viele massive Lücken. Eine Lücke, die ganz besonders auch für die Untergliederung, die wir gerade debattieren,


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nämlich das Landesverteidigungsbudget, gravierend ist, ist die ungeklärte Frage: Welche Rolle soll die Landesverteidigung spielen?

Sie haben in den letzten Wochen mehrfach gesagt, es geht um die militärische Landesverteidigung, es geht darum, die militärische Landesverteidigung sicherzustellen. Auch Kollege Ofenauer hat das gesagt. Es gab aber über die letzten Monate und Jahre eine Tradition in der ÖVP, genau das zu ver­hindern. Das hat Ihr Generalstabschef vor zwei Jahren im Café Bendl in einem legendären Hintergrundgespräch versucht, und mit dem Krisensicherheits­gesetz machen Sie genau das jetzt wieder.

Das Krisensicherheitsgesetz sieht vor, dass das österreichische Bundesheer für die Bevorratung von allen möglichen Dingen für den Fall der Krise zuständig ist. (Bundesministerin Tanner: Das machen wir ja jetzt schon!) Damit wird das öster­reichische Bundesheer zu einem technischen Hilfswerk degradiert. Das österreichische Bundesheer hat dann die Aufgabe, sich vorzubereiten, Wasser­kanister bereitzuhalten, falls der ÖVP-Bauernbund irgendwo unter einer Dürreperiode leidet und das als Krise bezeichnet, um dann dort Blumen gießen zu können oder Ähnliches tun zu können. (Bundesministerin Tanner: Das ist ja unglaublich! Was ist denn da los heute?)

Frau Bundesministerin, das ist die Aufgabe, die wir über dieses Krisen­sicherheitsgesetz, so wie es formuliert ist, zugewiesen bekommen. Das ist nicht zu akzeptieren. Sie wollen die militärische Landesverteidigung in so unsicheren Zeiten wie diesen weiterhin aushöhlen und damit Österreich kein Stückchen sicherer machen. Es fehlt Ihnen und dieser Bundesregierung von Anfang an komplett der Plan, wie das geschehen soll.

Das ist der nächste und ein ganz entscheidender Punkt: Die Debatte über die Österreichische Sicherheitsstrategie, die längst überfällig ist, wird von den Regierungsparteien im Keim erstickt. Wir müssen aufgrund der aktuellen Sicher­heitssituation die ÖSS schleunigst überarbeiten. Das sehen mittlerweile alle so. Das sehen alle Experten so, alle Politiker der Opposition hier in diesem Haus,


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aber die Bundesregierung, Sie, Frau Bundesministerin, und insbesondere der Bundeskanzler, der in den Lead gehen müsste, stehen da und tun nichts. Das ist nicht verantwortungsvoll, das ist verantwortungslos und das wird Österreich kein bisschen sicherer machen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den NEOS. – Zwi­schenruf des Abg. Deimek.)

11.56


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Klaudia Tanner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


11.56.39

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Hohen Haus und zu Hause vor den Bildschirmen! Wenn ich heute hier vor Ihnen stehe, dann tue ich das in großer Dankbarkeit – trotz der einen oder anderen Aussage, die zuvor gefallen ist.

Warum sage ich das? – Seit Beginn dieser Legislaturperiode wurde das Verteidi­gungsbudget dreimal erhöht – dank Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete (Abg. Deimek: Nicht wirklich! Hingefakt, wie es so schön heißt!), und weil Verteidigung im umfassenden Sinn so notwendig ist, notwendiger denn je zuvor. Seit dem 24. Februar ist die militärische Landesverteidigung ins Zentrum gerückt, hat sich wohl alles verändert, nicht nur hier in Österreich, sondern auf der ganzen Welt. Gerade die letzten Tage haben uns vor Augen geführt, wie notwendig die Entscheidungen sind, die, was das Verteidigungsbudget anbe­langt, in der Vergangenheit hier getroffen worden sind und jetzt noch vor uns stehen.

680 Millionen Euro mehr – allein vom heurigen auf das nächste Jahr! Das bedeutet, sehr geehrte Damen und Herren, dass wir das Baubudget für das Heer um beinahe 67 Prozent steigern und damit unsere Kasernen auf Vordermann bringen. Das bedeutet 66 Prozent mehr an Investitionen in die Mobilität zu Luft und zu Lande. Das bedeutet auch eine erstmalige Erhöhung des Grundentgelts


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für die Grundwehrdiener nach beinahe zehn Jahren; sie erhalten um 40 Prozent mehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Es sind insgesamt 16 Milliarden Euro in den nächsten vier Jahren, die wir sehr zielgerichtet und basierend auf einem Aufbauplan, der das österreichische Bundesheer in die moderne Zeit führen wird, investieren werden. Es sind drei Eckpunkte, in die wir investieren werden: die Autarkie – die Kasernen habe ich angesprochen –, den Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten, die Ausstattung mit moderner Bewaffnung und mit modernem Gerät (Abg. Deimek: Die über 25 Jahre alt sind! Das nennt man modern!) – nicht zum Selbstzweck, sondern zum Schutz von uns allen. Ich danke Ihnen jetzt schon dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Damit rufen wir gemeinsam die Mission vorwärts – begonnen am 26. Oktober – in jedem dieser Bereiche aus, damit eines nicht mehr passiert, sehr geehrte Damen und Herren: dass die soziale Sicherheit gegen die militärische Sicherheit ausgespielt wird; damit nicht mehr vergessen wird, dass die Sicherheit die Grundlage jedweden gesellschaftlichen Lebens in Österreich, in Europa und auf der ganzen Welt ist.

Ich bitte Sie auch um etwas anderes, ich bitte Sie um Unterstützung, was die umfassende Landesverteidigung anbelangt, insbesondere für den Bereich der geistigen Landesverteidigung. Gerade seit dem 24. Februar müssen wir wieder tagtäglich in unseren Familien erklären, was wir zu verteidigen haben. Die geistige Landesverteidigung darf nicht am Kasernenzaun enden; nein, dort hat sie zu beginnen, und ich bitte Sie um Ihre Unterstützung dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sobald wir gemeinsam das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz beschlos­sen haben, haben wir einen Aufbauplan für die nächsten zehn Jahre. Jetzt geht es darum, das alles auf die Straße zu bringen. Ich bin überzeugt davon, dass unsere Soldatinnen und Soldaten und die Zivilbediensteten in meinem Ressort


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das mit Nachdruck tun werden; nach so vielen Jahrzehnten, in denen man nicht investiert hat.

Daher ist die Antwort auf die Frage, wo wir investieren müssen, eine ganz ein­fache: überall, an jedem Eck und an jedem Ende. Jetzt können wir das tun – Ihrer aller Zustimmung vorausgesetzt. Gehen Sie mit bei der Mission vorwärts zur Sicherheit unserer Republik! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.01


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Michael Hammer zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.01.59

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben es gerade wieder aus dem Mund der Frau Bundesminister gehört: Mit diesem Budget machen wir einen gewaltigen Sprung vorwärts. Die strategische Ausrichtung benennt sich auch so.

Ich darf zur Budgetdebatte festhalten, da wir jetzt ja am dritten Tag angelangt sind: Positiv hervorzuheben ist, dass im Bereich Landesverteidigung von allen Fraktionen grundsätzlich einmal anerkannt wird, dass es mehr gibt, dass es wirklich ein Vorwärtsschritt ist. Das war ja nicht bei jedem Kapitel so, daher ist das positiv hervorzustreichen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Wir sind es natürlich gewohnt, dass man dann sagt: Aber es könnte, sollte noch mehr sein! (Abg. Stögmüller: Richtig!) – Das ist nichts Neues. Was es aber auch gibt, und das unterscheidet uns schon in manchen Bereichen, was beim Verteidi­gungsbudget dazukommt – ich habe das im Ausschuss auch schon gesagt –, ist, dass es da aus meiner Sicht eine entbehrliche semantische Diskussion gibt: Auf welches BIP beziehen sich die Prozentsätze, wie hoch sind die Prozentsätze ganz allgemein? – Das tut nichts zur Sache, das bringt dem Bundesheer nichts, das


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bringt den Soldatinnen und Soldaten nichts. Es bringt nur das etwas, was auf die Straße kommt (Abg. Stögmüller: Auf das Konto!) und was wir auf den Boden bringen (Abg. Stögmüller: Konto!), wie die Frau Bundesminister das gesagt hat, und dazu dienen dieses Budget und die Maßnahmen, die sich daraus ableiten. Darüber sollten wir sprechen, und das tun wir auch. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Das Budget ist wirklich ein großer Sprung vorwärts, und vor allem bringt das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz auch die Planungssicherheit, die wir brauchen, um entsprechend weiterzukommen.

Dieses Budget ist auch eine klare Ansage. Die Frau Bundesminister hat ja gerade auch die umfassende Landesverteidigung erwähnt. Ich glaube, wir müssen ein für alle Mal von der Philosophie weg, dass man die Sicherheitsvorkehrungen dann hochfährt, wenn man sie braucht. Wir haben in den vergangenen Jahren bei einigen Waffengattungen, bei einigen Systemen die Strategie gehabt, die Dinge einzumotten und sie in einem Mehrjahresplan wieder hochzufahren, wenn es notwendig ist. Das muss der Vergangenheit angehören. Sicherheit im Bereich Landesverteidigung muss man vorhalten, und sie muss permanent zur Verfügung stehen. Diese Gesetze und dieses Budget geben darauf auch die entsprechende Antwort. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

Wir können in allen Bereichen investieren – das ist halt auch eine Entwicklung, dass das notwendig ist –: in die Kaserneninfrastruktur, in die Mobilität, in die Mannesausrüstung; auch was die Entschädigung der Grundwehrdiener betrifft, vor allem auch in neue Fähigkeiten oder den Ausbau von Fähigkeiten im Cyber­raum, gegen Cyberbedrohungen; auch was den Katastrophenschutz betrifft und natürlich auch in den gesamten Bereich Luftraumüberwachung, dem wir uns ganz gezielt widmen müssen.

Wir stellen mit diesem Budget wirklich eine gute Grundlage dafür her, dass wir das österreichische Bundesheer, die Landesverteidigung zukunftsfit aus­richten und die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher gewährleisten


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können. Ich glaube, wir alle, Bürgerinnen und Bürger, sind aber auch aufge­for­dert, unseren Beitrag dazu zu leisten – geistige Landesverteidigung wurde angesprochen –, generell die Widerstandskraft und die Resilienz unserer Gesell­schaft zu stärken. Ich bin Präsident des Zivilschutz Oberösterreich. Das ist auch ein wichtiger Teil: die Eigenvorsorge, die Eigenverantwortung. Wir legen hier den Grundstein, dass wir im Bundesheer, in der Landesverteidigung etwas tun können, aber wir haben da gemeinsam noch einiges mehr zu erledi­gen, und dem stellen wir uns auch. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

12.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mario Lindner. – Bitte.


12.05.39

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Der Redner zieht sein Sakko aus. – Abg. Stögmüller: Sehr elegant!) Das (auf den Regenbogen auf seinem T-Shirt deutend) ist eine bildliche Botschaft für die Abgeordneten Zanger und Belakowitsch: Das und vieles mehr ist Familie in Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die LGBTIQ-Community hat mehr Mitglieder als Vorarlberg Einwohner:innen hat, mehr als Tirol Einwohner:innen hat, sie ist größer als Kärnten, größer als Salzburg und das Burgenland. Sie alle sind und sie alle haben Familie! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Frau Bundesministerin, ich fange heute mit etwas Ungewöhnlichem an, nämlich mit einem Lob, denn in diesem Budget finden sich gute Maßnahmen. Noch heuer wird der erste neue Hubschrauber aus den Sonderinvestitionsmitteln in Österreich landen. Mit den Leonardo-Hubschraubern werden wir nicht nur endlich die veralteten Alouette-III-Modelle auswechseln können, wir werden an den Standorten Aigen und Langenlebarn auch auf einen starken Beitrag für


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unsere Landesverteidigung und die Mitarbeit des Bundesheers beim Katastro­phenschutz und der Bergrettung setzen.

Ich freue mich, dass damit der langjährige Einsatz einer ganzen Reihe von Minis­terinnen und Ministern endlich zum Abschluss kommt und eine Initiative Ihres Vorgängers Hans-Peter Doskozil umgesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)

Wir reden bei diesem Projekt nicht nur über neue Hubschrauber, wir reden auch über die Absicherung unserer Kasernen, und diese Kasernen sind für viele Regionen zentrale Wirtschaftsfaktoren, große Arbeitgeber und vor allem Anlauf­stellen im Notfall.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, viel zu tun haben wir aber, wenn es um die Stärkung des demokratischen Grundauftrags im Bundesheer geht. Uns alle hat der Wiederbetätigungsfall eines Bundesheeroffiziers schockiert. Deshalb bin ich froh, dass die Regierung nun die Eckpunkte einer Reform angekündigt hat, mit der das Verbotsgesetz verschärft und derartigen Fällen endlich ein Riegel vorge­schoben werden soll. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)

Wir als SPÖ werden die genaue Umsetzung dieser Reform beurteilen, aber es ist wichtig, dass wir über alle Parteigrenzen hinweg das klare Bekenntnis abliefern: Für Wiederbetätigung gibt es in Österreich – und vor allem in unserem Militär – absolut keine Toleranz! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, gerade aus unserer historischen Verant­wortung heraus haben wir alle den Auftrag, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu schützen. Wir müssen Tag für Tag daran arbeiten, die Menschenrechte zu stärken und auszubauen. Das gilt für das Bundesheer, das gilt aber auch für alle hier im Parlament.

Deshalb bin ich umso schockierter, wenn ein Abgeordneter der ÖVP in die Medien geht und fordert, die Menschenrechtskonvention zu überarbeiten.


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(Zwischenrufe der Abgeordneten Kugler, Scharzenberger und Loacker.) Die Men­schenrechtskonvention ist kein Spaßdokument. Sie war die Reaktion auf eines der größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte, den Holocaust – ein Verbrechen, an dem Österreich Mitschuld hatte. Die Menschenrechte sind heute aktueller denn je.

Herr Klubobmann Wöginger, lassen Sie es mich ganz klar sagen: Menschen­rechte sind niemals verhandelbar! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.08


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic zu Wort. – Bitte.


12.09.02

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Minis­terin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Erst vorgestern haben viele von uns kurz die Luft angehalten, als wir gelesen und gehört haben, dass es auf polnischem Gebiet, 8 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, zwei Raketen­ein­schläge gab. Zuletzt wurde klar, dass es kein Angriff war, aber in der Zwischenzeit wussten wir nicht, ob es vielleicht doch ein Angriff auf Nato-Gebiet ist und ob Artikel 5 oder 4 zur Anwendung kommt.

Dieser Vorfall hat glaube ich für uns alle sichtbar gemacht, in welch fragiler Situation wir uns sicherheitspolitisch befinden und wie wichtig es ist, dass Österreich umgeben von Nato-Staaten ist. Auch wenn Österreich neutral ist, oder gerade deshalb, weil es neutral ist, kann es sich da eben nicht ausnehmen, sondern ist mittendrin und muss auf all diese aktuellen Herausforderungen entsprechende Antworten haben.

Spätestens da wurde vielen, glaube ich, auch klar, dass dieser Krieg nicht lediglich an den Grenzen Europas ist, nicht lediglich 600 bis 700 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt stattfindet, sondern dass unsere


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gesamte Sicherheitsinfrastruktur in Europa davon bedroht ist. Das heißt, die Herausforderungen sind noch komplexer geworden, auch für Österreich noch komplexer geworden. Ich finde, dieses Budget wird dem im ersten Schritt gerecht, und ich bin davon überzeugt, dass wir, wenn wir in der Bundesver­fas­sung von der umfassenden Landesverteidigung sprechen, sie auch gerade jetzt allumfassend denken müssen.

Ich möchte da zwei Bereiche, die mir besonders wichtig sind, herausgreifen: Zum einen fällt jetzt endlich zum Glück auch der Startschuss für den zivilen Friedens­dienst aus Österreich. Wir starten mit einem Pilotprojekt im Libanon, auf zwei Jahre gedacht, fürs Erste auch die Konfliktbewältigung im Auge behaltend. Wir möchten in Zukunft den zivilen Friedensdienst wirklich als außenpolitisches friedenspolitisches Instrument haben, das eben einer aktiven Neutralitätspolitik Österreichs gerecht wird.

Ein zweiter Bereich, der ganz wichtig ist, ist der Cyberbereich, wobei wir späte­stens seit dem Ukrainekrieg auch sehen, wie die Propaganda aus Russland verstärkt worden ist, nämlich um 216 Prozent seit dem Ukrainekrieg. Das heißt, im virtuellen Bereich haben wir es mit einer neuen Kriegsführung zu tun, mit einer hybriden Kriegsführung, wie es so schön heißt, und da gibt es nicht nur Angriffe seitens des Iran auf Israel, seitens Russlands auf die kritische Infrastruk­tur in der Ukraine oder andere europäische Staaten, sondern auch zum Beispiel aus Nordkorea, das versucht, an Technologien in der Welt heranzukommen, diese zu stehlen. Auch in Österreich in den Cyberbereich zu investieren und als neutraler Staat da auch einen Schwerpunkt zu setzen, das halte ich für ganz, ganz wichtig. (Beifall bei den Grünen.)

Peacekeepingmissionen weiter zu erhalten, den zivilen Friedensdienst für Öster­reich jetzt auch mit Leben zu füllen, zusätzlich auch die – international gesehen – wichtige Arbeit der Militärattachés zu stärken und wertzuschätzen, das sind, glaube ich, auch aus außenpolitischer Sicht sehr wichtige Schwerpunkte, und wir werden auf jeden Fall ein Auge darauf haben, dass genau in diesem Bereich


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unsere neutrale Sicherheits-, Landesverteidigungspolitik zum Tragen kommt. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.13


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hubert Fuchs. – Bitte.


12.13.17

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Bundesminister Tanner, Sie sprechen von einer Mission vorwärts, in Wirklichkeit befinden Sie sich jedoch mit Ihrer Reorganisationsreform bereits mitten in einem Rückzugsgefecht. Sie gehen auch mit dem Geld der Steuerzahler nicht sorgsam um. (Bundesministerin Tanner zeigt eine Grafik. – Ruf bei der FPÖ: Das kann niemand lesen!) Wir hatten bereits Gelegenheit, im Ausschuss darüber zu sprechen, ich möchte das Thema noch einmal anziehen.

Sie haben im Juni 2021 eine Reorganisation der Zentralstelle verfügt und diese Reorganisation konnte bis heute noch nicht zur Gänze umgesetzt werden. Zahlreiche Mitarbeiter der Zentralstelle, die eine Leitungsfunktion innehatten, haben diese Leitungsfunktion über Nacht verloren, und dieses Führungspersonal wurde von Ihnen durch Personen ersetzt, die sich keinem objektiven Aus­schrei­bungsverfahren unterziehen mussten. (Abg. Loacker: Das ist objektiv: Familie!) Diese Personen wurden auch nicht durch den Bundespräsidenten ernannt, Frau Bundesministerin, sondern haben ihre Leitungsfunktion lediglich per Minis­terweisung erhalten. Durch Ihre Handauflegung also, was natürlich völlig legitim ist, aber eine schlechte Optik hat, haben diese Personen ihre Leitungsfunktion erhalten.

Das heißt, sowohl die abgesetzten Leiter als auch die von Ihnen per Hand­auflegung beförderten Leiter bekommen dasselbe Gehalt. Der Steuerzahler muss also für zahlreiche gut dotierte Leitungsfunktionen im Ministerium doppelt


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zahlen, weil Sie, Frau Bundesminister, nicht in der Lage sind, Ihre eigene Organisationsreform umzusetzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser unhaltbare Zustand wird nach Ihren Aussagen im Ausschuss noch mindestens bis Juni 2023 andauern – dadurch wird sehr viel Geld verbrannt, das man sinnvoller hätte einsetzen können, zum Beispiel bei der Truppe, wo es an allen Ecken und Enden fehlt.

Ich darf abschließend nochmals das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz ansprechen – wir haben es bereits am Dienstag intensiv diskutiert –, und das, was mich da besonders bedenklich stimmt, Frau Bundesminister, ist: Wenn man sich die Erläuterungen zu Gemüte führt, dann sieht man, dass Sie da von Unions­bürgern, von EU-rechtlichen Verpflichtungen, aber auch von der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sprechen. Ich vermisse aber ein wichtiges Wort, und zwar das Wort Neutralität! Frau Bundesminister, auch das Bekenntnis Österreichs zur Neutralität stellt eine Verpflichtung dar, Österreich mit militä­rischen Mitteln zu schützen und verteidigen zu können.

Frau Bundesminister, das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz ist aber auch eine Mogelpackung. Sie haben selbst noch im April 2022 angekündigt, dass das Bundesheerbudget bis 2027 auf 1,5 Prozent des BIP angehoben werden soll. Ja, Sie haben aber nicht gesagt, welches BIP Sie da meinen. (Abg. Kassegger: Das BIP von 1843!) Das Bundesheerbudget erfüllt nicht einmal die Vorgaben des aktu­ellen Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetzes, in dem in den Erläuterungen ein Zielwert von 1 Prozent des BIP bis 2026 und 1,5 Prozent bis 2032 ange­kündigt sind. Das sind Zielwerte, Frau Bundesminister, die Sie in Ihrer Funktions­periode nie erreichen werden, und zwar auch dann nicht, wenn Sie die Pen­sionen hineinrechnen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminis­terin Tanner.)

In Wirklichkeit beträgt die Höhe des Bundesheerbudgets zumindest bis zum Jahr 2026 weniger als 1 Prozent, Frau Bundesminister (Bundesministerin Tanner: Ja, das war ganz großartig, was die ...! Das sieht man an den absoluten Zahlen!


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Schauen Sie es sich halt noch einmal genauer an!), und würden Sie es mit 1 Prozent des BIP ernst meinen, dann müsste das Budget 2023 bis 2026 um 2 Milliarden Euro höher sein. – Frau Bundesminister, Sie können sich gerne noch einmal zu Wort melden.

Frau Präsidentin, ich werde von der Frau Bundesminister in meiner Rede per­ma­nent gestört. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Abg. Höfinger – erheitert –: Du Armer!)

2023 liegt das Bundesheerbudget, Frau Bundesminister, mit 0,83 Prozent des BIP sogar unter dem Prozentwert von 2021. (Bundesministerin Tanner: Und über dem der Schweiz!) Die Verteidigungsministerin rechnet sich aber den Pro­zentwert schön – wir haben das schon intensiv diskutiert –, indem als Basis nicht das BIP des jeweils aktuellen Jahres herangezogen wird, sondern das BIP aus dem Jahr 2021.

Frau Bundesminister, Ihr Berechnungsmodell wäre auch eine Empfehlung an Ihre Regierungskollegen, nämlich einfach das jeweilige Ministeriumsbudget in Rela­tion zu irgendeinem BIP – 2021 – zu setzen. Und schon hätte man mit dem Finanz­­minister das höchste Budget aller Zeiten ausgehandelt. Wenn das BIP 2021 das Ganze nicht hergibt, dann nimmt man halt das BIP aus dem Jahr 2019. (Bundes­ministerin Tanner: Das wird nicht wahrer, wenn er es noch zehnmal sagt! – Abg. Kassegger: 2010, dann sind wir auf 2 Prozent!) – Frau Bundesminister, war das mit dem BIP 2021 Ihre Idee oder sind Sie da auf einen budgetären Taschenspie­ler­trick des Herrn Finanzministers reingefallen? Beides spricht nicht für Sie. Sie rechnen sich aber nicht nur den Prozentwert schön, sondern auch die im Landes­verteidigungs-Finanzierungsgesetz angekündigte Aufstockung des Budgets um 5,25 Milliarden Euro bis 2026.

Wir wissen, dass sämtliche inflationsbedingten Ausgabensteigerungen, insbeson­dere bei den Gehältern der Bundesheerbediensteten, ab 2023 zulasten dieser 5,25 Milliarden Euro gehen, das geht zulasten wichtiger Investitionsvorhaben. Angesichts der Rekordinflation, Frau Bundesminister, die wir derzeit haben –


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11 Prozent für Oktober –, wird von den 5,25 Milliarden Euro nomineller Steigerung real nicht mehr viel übrig bleiben.

Frau Bundesminister, beim Budget wurden Sie vom Finanzminister über den Tisch gezogen. Und wissen Sie, was das Traurige ist, Frau Bundesminister? (Abg. Höfinger: Ihre Rede!) – Sie haben es nicht einmal bemerkt. Frau Bundesminister, Verantwortung für Österreich sieht anders aus!

Herr Kollege in der ersten Reihe, der Sie mich gerade so süffisant angrinsen (Abg. Höfinger: Ich sage eh noch was dazu!): Sie können sich gerne zu Wort melden (Abg. Höfinger: Ich bin schon zu Wort gemeldet!), ich schaue mir Ihre Berechnun­gen dann an. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

12.20


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Corinna Scharzenberger. – Bitte.


12.21.03

Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir erleben eine veränderte Sicherheits­lage in Europa, eine veränderte Sicherheitslage, die durch den russischen Angriffs­krieg gegen die Ukraine ausgelöst wurde. Spätestens das hat uns deutlich gemacht, dass eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets und eine Stärkung der Wehrhaftigkeit unseres Landes unumgänglich sind. So ist es auch unumgänglich, das Notwendige dafür zur Verfügung zu stellen.

Die Bundesregierung setzt mit dem Budget für das Jahr 2023 einen Sicherheits­schwerpunkt: für die militärische, für die innere, für die soziale Sicherheit, aber auch für die Versorgungssicherheit. Kollege Reifenberger, Kollege Fuchs von der FPÖ, in den nächsten vier Jahren gibt es insgesamt 16 Milliarden Euro für das Heer. Das ist die größte Steigerung des Verteidigungsbudgets in der Geschichte des Bundesheers. (Beifall bei der ÖVP.) Damit wird unser Bundesheer nicht nur Investitionen in Infrastruktur, Ausrüstung und Ausbildung tätigen können,


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sondern insbesondere seinen verfassungsmäßigen Auftrag der umfassenden militärischen Landesverteidigung wieder vollumfänglich erfüllen können.

Damit das auch in der Praxis sichergestellt ist, werden unter anderem auch Hub­schrauber des Typs Leonardo angeschafft – zwölf davon werden in der Kaserne Aigen im Ennstal stationiert –, die ab 2023 sukzessive ausgeliefert werden. Auch die Wartung dieser neuen Hubschrauber erfolgt in der Werft in Aigen im Ennstal, was nicht zuletzt für meinen Heimatbezirk Liezen bedeutet, dass rund 260 damit verbundene Arbeitsplätze gesichert sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf für die Steiermark und in dem Fall besonders für meine Heimatregion sprechen und mich für den doch sehr intensiven und umfangreichen Austausch bei Ihnen, Frau Bundesministerin, und bei Ihrem gesamten Kabinett bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Die militärische Landesverteidigung ist nur ein – ein sehr wesentlicher – Bestand­teil einer umfassenden Sicherheitspolitik. Es zählt  – wir haben das heute schon gehört – auch die geistige Landesverteidigung, das ist die Vermittlung von Grundwerten wie Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, dazu. Die zivile Landesverteidigung, Warn- und Alarmdienste zu etablieren, zählt dazu und auch die wirtschaftliche Landesverteidigung, das heißt, im Ernstfall die Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern zu sichern, und noch vieles mehr. Insgesamt stärkt die umfassende Landesverteidigung Österreichs Resilienz für eine umfassende Krisenfestigkeit.

Frau Bundesministerin, ganz besonders erfreulich für mich ist auch, dass es jetzt endlich gelungen ist, die Grundvergütung für Grundwehrdiener – und zwar ab 2023 – bedeutend zu erhöhen. Das war meines Erachtens ein längst not­wend­iger Schritt in die richtige Richtung – dazu gehört es auch, die Sicherheits­politik umfassend breit zu denken.


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In Summe wird mit dem Budget 2023 auf die vorherrschenden Umstände reagiert und auch vorgesorgt. – Gratuliere, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der ÖVP.)

12.24


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


12.24.56

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Ein wichtiges Ziel im Budget sind autarke Kasernen. Diese sollten ja im Notfall, im Falle eines Blackouts oder einer anderen großflächigen Notsituation, als Sicherheitsinseln für die Bevölkerung und natürlich auch für die Soldaten und Soldatinnen zur Verfügung stehen. Die Bedrohungslagen in Europa sind mehr geworden, umso wichtiger ist die Autarkie der Kasernen. (Beifall der Abgeordneten Cornelia Ecker und Laimer.)

Wie schaut es in Österreich mit der Autarkie der Kasernen aus? Gibt es sie schon, ist es überhaupt möglich, dieses Konzept flächendeckend umzusetzen? – Es wird schwierig, denn eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung ist eine riesige Herausforderung. Es braucht eine Bevorratung von Versorgungs- und Verbrauchsgütern in wirklich großem Stil in unseren Kasernen. Ich erläutere das mittels eines Beispiels: Im Falle eines Blackouts muss eine Versorgungsun­abhängigkeit für 14 Tage möglich sein. Das heißt, es müssten Lebensmittel, Munition, Betriebsmittel und Verpflegungsmittel für über 30 000 Personen laufend zur Verfügung stehen.

Bis 2032 ist eine hundertprozentige Abdeckung geplant, und das, sehr geehrte Frau Bundesministerin, ist wirklich ein ambitioniertes Ziel, denn 2023, also im kommenden Jahr, beträgt der Zielwert gerade einmal 20 Prozent – das ist also ein hochgestecktes Ziel, das da noch vor uns liegt.


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Die Ausstattung der Kasernen mit Fotovoltaikanlagen zur Energiegewinnung ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Autarkie. Es freut mich, in diesem Zusammenhang sagen zu können, dass die Hessen-Kaserne in Wels laut Budget­plan bis zum Ende des Jahres 2024 damit ausgestattet werden soll. Auch andere umfangreiche weitere Investitionen in die Infrastruktur, in Gebäude, in das Equipment der Hessen-Kaserne sind geplant und wirklich dringend notwendig; wir konnten uns bei einem Besuch mit der Parlamentarischen Bun­des­heerkommission auch persönlich davon überzeugen. Es ist wichtig, dass diese notwendigen Maßnahmen dort getroffen werden. Wir werden auch genau darauf achten, dass das nicht nur Versprechungen für die Zukunft sind, sondern dass es sich dabei um echte Investitionen handelt, die vor Ort ankommen.

Ein anderes Wirkungsziel im Budget ist das Gleichstellungsziel. Das Bun­desheer möchte ein attraktiver Arbeitgeber für Männer, aber auch für Frauen sein. Das ist ein wichtiges Ziel. Es gibt einen leichten, sehr geringen Anstieg beim Frauenanteil des Bundesheeres, der aber bei Weitem noch nicht ausreichend ist. 40 000 Euro sind laut Ihnen, Frau Bundesministerin – so haben Sie es auch im Budgetausschuss gesagt –, die angemessenen Mittel für eine Arbeitsgruppe zur Frauenförderung im Jahr 2023. – Damit werden Sie nicht sehr weit kommen, damit werden Sie es nicht schaffen, dass das Bundesheer Vorbildwirkung hat. Die sollte es aber haben, gerade für den öffentlichen Dienst. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben die Möglichkeit, bewusstseinsbildend zu wirken, beispielgebend zu sein. Ich habe mir die 40 Maßnahmen im Frauenförderprogramm des Bun­desheeres angesehen: Alles, was da drinsteht, ist gut und wichtig, und ich sehe die theoretischen Bemühungen, aber ich erwarte mir auch, dass es aus­reichend Mittel für deren Umsetzung gibt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Höfinger. – Bitte.



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12.28.41

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe schon viele Debatten hier in diesem Haus erlebt, aber die, die jetzt zu diesem Budget geführt wird, ist eine der selt­samsten. (Abg. Deimek: Hängt vielleicht mit der niederösterreichischen Ministerin zusammen!)

Was ist denn die Ausgangssituation für diese Budgetdebatte? – Wir verfügen über das höchste Verteidigungsbudget, das es je in dieser Republik gab. Ich habe mir jetzt die Ausführungen meiner Vorredner von der Opposition angehört – begonnen bei Herrn Laimer, dem Wehrsprecher der SPÖ, bis hin zum Wehr­sprecher der FPÖ, Kollegen Reifenberger –, die in diesem Zusammenhang nur kritisiert haben. (Abg. Rauch: Berechtigt!) Da muss ich mich schon wundern, denn: Wer war denn in der Budget- beziehungsweise Ressortverantwortung vor Frau Bundesminister Tanner? – Es waren rote Verteidigungsminister und es war ein blauer Verteidigungsminister (Abg. Schnedlitz: Wo was weitergegangen ist!), nämlich Kunasek, Darabos und so weiter, die das österreichische Bundesheer nicht weitergebracht haben, die budgetär überhaupt nichts zustande gebracht haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Gegenteil: Die SPÖ wollte die Wehrpflicht abschaffen, in allen Ressorts wurde eingespart und in Wirklichkeit wurde heruntergewirtschaftet – ganz bewusst. Wir waren damals Koalitionspartner der SPÖ und haben händeringend versucht, das Wehrbudget zu halten; es war nicht möglich, es hinaufzusetzen. Das war nicht möglich.

Sie, Herr Kollege Laimer, stellen sich her und halten eine weinerliche Rede, was denn nicht noch alles hätte passieren sollen. (Abg. Laimer schüttelt den Kopf.) Das glaubt Ihnen doch kein Mensch! (Beifall bei der ÖVP.)

Erinnern Sie sich doch, was Sie mit dem österreichischen Bundesheer gemacht haben! Daher ist es jetzt wichtig, dass wir dieses Budget als Grundlage haben.


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(Zwischenruf des Abg. Reifenberger.) – Herr Kollege Reifenberger (Abg. Reifenberger: Halten Sie eigene Versprechungen ein! Mehr wollen wir gar nicht!), diese Woche hat Herr Kollege Bösch – er war vor 14 Tagen noch Wehrsprecher Ihrer Partei – in der Parlamentarischen Bundesheerkommission dieses Budget gelobt. Ich stelle mir in der Zwischenzeit die Frage, ob er deshalb aus euren Reihen gehen musste, ob er diese Funktion zurücklegen musste, weil er die Frau Bundesminister für dieses Budget gelobt hat (Heiterkeit bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ), meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Psycho­logen nennen das Projektion!)

Aber was steht jetzt an? – Das Wichtigste ist – leider verstärkt aufgrund eines tragischen Ereignisses am europäischen Kontinent, aufgrund dieser Kriegs­situation –: Man muss und kann jetzt wieder die militärische Landesverteidigung in den Fokus rücken. Es geht nun wirklich darum, wieder die Einheiten zu stärken, die das österreichische Bundesheer bedient, sie auszuweiten, sie für die umfassende Aufgabe, die sie zu erledigen haben, modern auszurüsten. (Abg. Loacker: ... ÖVP die letzten 36 Jahre!) Das beginnt bei den Standorten, das beginnt beim Gerät, bei der persönlichen Ausrüstung und geht bis hin zu Schulung und Ausbildung.

Die weiteren Punkte – das wurde schon erörtert – sind die umfassenden Aufgaben, die das Bundesheer erledigen muss. Ich denke, dafür ist jetzt eine gute Grundlage geschaffen worden. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Frau Bundesminister, vielen herzlichen Dank für diesen Einsatz! (Beifall bei der ÖVP.)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Axel Kassegger. – Bitte.


12.32.03

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Frau Präsidentin! Kollege Höfinger, vielleicht kann ich das eine oder andere klarstellen, was Fragen betrifft, die Sie geäußert haben.


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Die zentrale Frage, die sich mir stellt, ist jene der Glaubwürdigkeit: Kann man der ÖVP überhaupt noch glauben? Und diese Frage stellt sich einem ja immer dann, wenn das Reden und das darauffolgende Tun auseinanderklaffen. Dann hat man ein Problem. Soll ich das alles glauben, was hier geredet wird, oder nicht? Ich komme später darauf zurück.

Neutralität – da sind wir uns einig – ist ein hohes Gut, ist kostbar, muss vertei­digt werden, muss erhalten werden, muss gelebt werden – auch diplomatisch in der Politik –, verteidigt werden. Sie muss als Ultima Ratio natürlich auch mili­tärisch verteidigt werden. Das ist jetzt einmal eine Klarstellung, die ich hier tref­fen möchte: Wir reden bitte in der UG 14 über die militärische Landesver­teidigung – über die militärische Landesverteidigung! –, und wir reden jetzt nicht über einen technischen Hilfsdienst. Wir reden auch nicht über Coronapässe­überwachen am Flughafen, wir reden auch nicht über das Bewachen von Botschaften. Wir reden auch nicht über eine Art Taxiservice im Rahmen der Assistenzeinsätze. Das sind alles keine Aufgaben, die im Rahmen der militäri­schen Landesverteidigung wahrzunehmen sind.

Das heißt, das Bundesheer erfüllt eben mannigfaltige Aufgaben, deckt diese ab, die nichts mit militärischer Landesverteidigung zu tun haben, und da sind wir genau beim Thema: Es gibt mehr Geld, ja, aber wenn man das inflationsbereinigt, dann schaut die Welt schon wieder anders aus. Keine Frage, wir sind dafür, wir hätten gerne noch mehr Geld. – Punkt eins.

Punkt zwei: Vor allem hätten wir gerne, dass dieses Geld für die militärische Landesverteidigung und nicht für alle möglichen anderen Dinge verwendet wird. Wie komme ich darauf? – Wir haben jetzt gerade das Bundes-Krisensicher­heitsgesetz in der Pipeline. Wenn man sich das anschaut, nämlich § 11, was da das Bundesheer alles in Zukunft machen soll für den Fall, dass von der Bundesregierung eine Krise ausgerufen wird – im Übrigen mit der Zustimmung – alibihalber – des Hauptausschusses mit einfacher Mehrheit. Ich warne davor. Das ist etwas ganz Gefährliches. Das heißt de facto, dass die Regierung Krisen ausrufen kann. Und wir wissen, in Krisenzeiten ist dann die Neigung –


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sage ich einmal –, über Verordnungen und Ähnliches am Parlament vorbei zu regieren, sehr, sehr groß.

Was das Bundesheer da alles machen sollte: von der Umrüstung auf autarke und resiliente Kasernen – das ist ja noch okay – über Koordination und Maßnahmen der Versorgungssicherung der Bevölkerung: Haben wir kein Infrastruktur­ministerium, haben wir kein Wirtschaftsministerium? Schutz kritischer Infra­struktur: Haben wir kein Innenministerium? Sicherung der Versorgung mit systemrelevanten Gütern, Medizintechnik: Haben wir kein Gesundheitsminis­terium et cetera?

Wenn ich das jetzt in einem Satz zusammenfasse: Das Bundesheer soll der Back-up-Mistkübel für all jene Tätigkeiten und Dinge sein, die andere Ministerien nicht machen wollen. Da ist es um jeden Euro schade. (Beifall bei der FPÖ.) Da nützen uns die Erhöhungen auch nichts, weil sie eben nicht der militärischen Landesverteidigung zugutekommen.

Beispiel: Frau Bundesminister, für Sie ist seit dem 24. Februar die militärische Landesverteidigung ins Zentrum gerückt. Von einer strategischen Füh­rungsebene in einem Bundesministerium kann man sich eigentlich schon erwar­ten, dass man etwas vorausschauend plant. Selbstverständlich ist die mili­tärische Landesverteidigung in dem Sinn, wenn man vorausschauend geplant hätte, spätestens seit 2014 und seit den Ereignissen, die damals passiert sind, ins Zentrum gerückt und nicht erst seit 24. Februar 2022. Das zeigt ja auch Ihre Unfähigkeit, diese Dinge auch aus der strategischen Perspektive zu beurteilen und umzusetzen.

Mein nächstes Beispiel betrifft die Wiederherstellung der Fähigkeiten der Pan­zertruppe: Jetzt kommen Sie drauf, dass die Fähigkeiten der Panzertruppe wiederhergestellt werden müssen, wobei das für mich im Umkehrschluss heißt, dass die Fähigkeiten der Panzertruppe schon weg waren. Dass die Pan­zertruppe im Rahmen der militärischen Landesverteidigung notwendig ist, brauchen wir, glaube ich, nicht zu diskutieren. Also Sie kommen jetzt, 2022, drauf, diese


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Fähigkeiten wiederherzustellen, und glauben, mit zwei Panzergrenadier­bataillonen und einem Panzerbataillon ist dem Genüge getan. Das ist doch bitte lächerlich. Das ist lächerlich! Wir bräuchten, damit das überhaupt Sinn macht, ungefähr zwei Brigaden, das sind acht Bataillone, also ein Vielfaches davon. Dafür ist kein Geld da. (Abg. Rauch: Woher soll der Bauernbund das wissen?)

Was machen Sie? – Sie reparieren unsere Panzertruppe, die aus Leopard 2 A4 aus den Achtzigerjahren – aus den Achtzigerjahren! – besteht, und machen da Fahrwerksverbesserungen et cetera, weil offensichtlich für andere Dinge keine Mittel da sind. Das kann doch nicht zu einer Wiederherstel­lung der Fähigkeiten der Panzertruppe führen.

Schauen wir nach Polen! Die machen es anders, die beschaffen jetzt 900 Kampf­panzer, und zwar so intelligent, dass der Lieferant zugesagt hat, diese Panzer zum Teil auch in Polen produzieren zu lassen, damit Arbeitsplätze in Polen geschaf­fen werden. (Bundesministerin Tanner: Denken Sie an den Pandur! 70 Prozent Wertschöpfung in Österreich! Das wissen Sie auch!)

Wir haben Panzer aus den Achtzigerjahren und streichen sie neu an. Das ist Ihre Auffassung einer Wiederherstellung der Fähigkeiten der Panzertruppe. Das meine ich mit Glaubwürdigkeit. Ich glaube Ihnen das eben nicht, weil Ihr Reden und Ihr Tun dermaßen weit auseinanderklaffen. Ich glaube Ihnen auch nicht, dass es im Ministerium mit der Organisationsreform der Zentralstelle, die ja ein Abstinker der Sonderklasse war, nicht Ihr Ziel war, umzufärbeln. – Nein, nein, nein, es war nicht das Ziel, umzufärbeln! (Abg. Deimek: So was macht man in Niederösterreich nicht!)

Ich glaube Ihnen auch nicht, dass hinter Ihrer kreativen Art und Weise, Pro­zentsätze auszurechnen, indem Sie als Bezugsgröße das BIP von 2021 für eine Prozentzahl im Jahr 2026 nehmen, nichts steckt. Ich hätte einen Tipp für Sie: Nehmen Sie das BIP von 1995, dann sind wir nämlich über 2 Prozent! Das


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können Sie dann in der Kommunikation als Marketingprozentsatz darstellen. Das glaube ich Ihnen auch nicht, da haben Sie ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Ich glaube Ihnen auch nicht, dass Sie die letzte Kämpferin für die Erhaltung der Miliz sind – das Milizsystem ist im Übrigen auch verfassungsmäßig vorge­schrieben ist –, weil Ihr Handeln eben anders ausschaut. Ihr Kollege Platter hat die Miliz mehr oder weniger nicht abgeschafft, aber schwerstens beschädigt, indem er die Sechs-plus-zwei-Regelung abgeschafft hat, und Sie beharren darauf. Mit Ihnen ist nicht zu diskutieren, auch damals nicht, als wir Regierungs­verhandlungen hatten. Selbstverständlich hätten wir das gefordert. Sie von der ÖVP wollten das nicht. Sie haben ein Glaubwürdigkeitsproblem. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Schluss: Ich glaube Ihnen auch nicht, dass es Ihnen ein ernsthaftes Anliegen ist, das, was Sie eigentlich tun sollten, zu tun, nämlich die militärische Landes­verteidigung zu stärken. Wo bitte? Ich habe das Bundes-Krisensicherheitsgesetz mit den ganzen nichtmilitärischen Aufgaben erwähnt. Diese Maßnahmen, die Sie jetzt zur Wiederherstellung der Fähigkeiten der Panzertruppe vorhaben: Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie das ernst meinen, wenn Sie 50 alte Panzer neu anstreichen. Das kann es nicht sein! Sie haben ein massives Glaubwürdigkeits­problem, das daraus resultiert, dass das, was Sie reden, mit dem, was Sie tun, nicht übereinstimmt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Deimek: Das ist das Problem der ÖVP in Niederösterreich!)

12.39


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Smodics-Neumann. – Bitte. (Abg. Rauch: Sie werden uns jetzt die Farbe der Panzer erklären, oder?!)


12.39.54

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Frau Präsidentin! Ich darf von den Glaubensfragen der Freiheitlichen Partei wieder zurück zum Budget des österreichischen Bundesheers kommen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. Abg.


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Kassegger: Die Glaubwürdigkeit der Politik ist Ihres Erachtens nicht wichtig, oder!?) Sehr geehrte Frau Bundesminister! 5,3 Milliarden Euro bis 2026 und 680 Millio­nen Euro für 2023 – das sind jene Zahlen, die für das österreichische Bun­des­heer im Budget verankert sind: für Investitionen in Mobilität und Gerät, für Ausrüstung für Soldatinnen und Soldaten, für Investitionen in die Autarkie und Nachhaltigkeit der Kasernen, zur Stärkung der Verteidigungsbereitschaft und neben vielem anderen noch dazu – es wurde heute auch schon öfters erwähnt – für die Verbesserung im Besoldungsrecht für die Grundwehrdienerinnen und Grundwehrdiener, deren Vergütung um knapp 40 Prozent erhöht wird.

Ich habe es bei den Budgetverhandlungen für Kunst und Kultur schon erwähnt: Für mich ist es ein kluges Budget, wenn man kurzfristig investiert, aber auch langfristig und nachhaltig investiert und damit auch Wertschöpfung in Öster­reich generiert. Laut einem Factsheet der Wirtschaftskammer Österreich, ermittelt von der KMU-Forschung und dem AIT, gibt es bei den Investitionen vom Bundesheer ein Potenzial, dass zwischen 70 bis 90 Prozent der Wert­schöpfung dieser Investitionen in Österreich bleibt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf zitieren: Allein beim gepanzerten Radfahrzeug Pandur Evolution sind mehr als 200 österreichische Unternehmen mit Komponenten und Bestandteilen beteiligt; also die Wirtschaft ist auch Teil der Lösung.

Trotzdem (die Rednerin schweigt einen Augenblick) – ich habe jetzt einen kurzen Hänger gehabt –: Als wir vorhin über die ehemaligen Minister für Landes­verteidigung gesprochen haben, ist mir so ein bisschen der Vergleich in den Sinn gekommen, dass die vielleicht mehr Diätassistent als Landesverteidigungs­minister gewesen sind, weil der Gürtel in den letzten Jahrzehnten wirklich eng geschnallt war – daher ein großes Dankeschön sowohl an das militärische Personal als auch an das zivile Personal, das trotz dieser Engpässe ständig weitergearbeitet hat, weiter entwickelt hat und auch Vorbereitungen getroffen hat!


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Zwei Dinge möchte ich erwähnen: zum einen den jetzt schon installierten FH-Studiengang in der Theresianischen Militärakademie, mit 24 Studienplätzen besetzt, die werden schon in IKT ausgebildet; und – Sie kennen sie vielleicht von früheren Reden, denn sie war mir immer eine besondere Herzensangele­gen­heit – die Heeresbekleidungsanstalt, denn dort ist großes Know-how vorhanden, dort wird hervorragend ausgebildet, dort werden tolle Produkte entwickelt, die dann den Soldatinnen und Soldaten auch zugutekommen.

Derzeit hat das österreichische Bundesheer 76 offene Lehrstellen, von der Luftfahrzeugtechnik bis hin zur Schneiderei, von der Informationstechnologie bis hin zum Fahrzeugsattler. Da wird hoch spezialisiertes Know-how an die Jugend weitergegeben.– Herzlichen Dank dafür!

Gestatten Sie mir einen kleinen Sidestep: Davon, wie gut die Ausbildung in Österreich ist, können Sie sich übernächstes Wochenende, nämlich vom 24. bis 27. November, im Messezentrum Salzburg überzeugen und auch informieren, dort findet nämlich das Finale der Worldskills statt. – Ich lade Sie herzlich dazu ein!

Lassen Sie mich mit einem von mir ein bisschen anders übersetzten Zitat, das Sie wahrscheinlich alle kennen, schließen: Si vis pacem, para bellum! – Wer den Frieden will, muss für den Ernstfall vorbereitet sein. – Herzliche Gratulation! (Beifall bei der ÖVP.)

12.43


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte.


12.44.05

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minis­te­rin! Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, um mich an dieser Stelle bei allen Soldatinnen und Soldaten dieser Republik für ihre geleistete Arbeit in diesen so


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herausfordernden Zeiten zu bedanken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Österreich steht vor großen Herausforderungen, und die Entwicklungen in den letzten Monaten und gerade auch die Entwicklung in dieser Woche haben uns gezeigt, dass es sehr wichtig ist, über ein gut aufgestelltes Bundes­heer zu verfügen. Wir als Sozialdemokratie bekennen uns zur umfassenden Landesverteidigung und erachten es als unsere Pflicht, Frau Ministerin, unseren Soldatinnen und Soldaten nicht nur die nötige Ausrüstung, sondern auch die nötigen Geldmittel zur Verfügung zu stellen, damit sie ihren verfassungsmäßigen Auftrag auch gut erfüllen können.

Das Heeresbudget 2023 erfüllt diese Anforderungen leider nicht, Frau Minis­terin, das Geld im Börserl, mit dem unser Bundesheer wirtschaften kann, ist zwar gemessen am BIP mehr geworden – aber auch nur deshalb, weil die Pensions­zahlungen nun miteingerechnet wurden, um dieses Prozentziel zu erreichen, Herr Höfinger. Somit ist die große Ankündigung zu einem bloßen PR-Gag ver­kommen. Ich bin enttäuscht, Frau Ministerin.

Einen großen Platz im Budget wird die Heeresreform erhalten, doch ist diese aus meiner Sicht nicht einmal das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht. (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht nur, dass der Rechnungshof eine vernichtende Kritik an den Beschaffungs­plänen und der heimischen Sicherheitsstrategie geübt hat, sondern auch das mangelnde Controlling bei der Behebung des Investitionsrückstaus ist aus meiner Sicht eine reine Blamage.

Zusammenfassend kann ich am letzten Budgettag aus tiefster Überzeugung nur sagen: Wenn Schwarz-Grün Reformen planen, werden am Ende des Tages funktionierende Arbeitsabläufe zerstört, das Arbeitsumfeld für die Beschäftigten wird verschlechtert und die betreffende Organisation strukturell um Jahre


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zurückgeworfen. – Frau Ministerin, Ihre Reform ist leider gescheitert. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Fuchs und Reifenberger.)

12.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Manfred Hofinger. – Bitte.


12.46.38

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Cornelia Ecker, der erste Teil Ihrer Rede hat wirklich gut gepasst, aber der Schluss hat leider zu wünschen übrig gelassen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Meine Damen und Herren, die Begriffe Sicherheit und Verteidigung haben  mit 24. Februar, mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, eine ganz neue Bedeutung bekommen. Vor einigen Tagen haben wir gesehen, dass dieses Bedrohungsszenario immer weiter an uns herankommt, eine fehlgeleitete Rakete ist – von der Ukraine aus gestartet – in Polen explodiert. Man sieht daran, dass mögliche Eskalationen genauso uns in Österreich treffen könnten. Daher danke ich Ihnen, dir, Frau Bundesministerin, für diesen Vorstoß in Rich­tung Beteiligung an einem europäischen Luftraumüberwachungssystem, Sky Shield, etwas, das ich für Österreich für ganz, ganz notwendig erachte. Ich glaube, Ihr Einsatz in diese Richtung ist herauszustreichen. Eines ist dabei aber zu berücksichtigen, und zwar die Neutralität. Ich glaube aber, dass wir da mit einem gemeinsamen europäischen Verteidigungssystem gut aufgestellt sind.

Die Regierung hat in diesem Budget einen Schwerpunkt gesetzt, und das ist die Sicherheit. Wir werden das Budget schon im nächsten Jahr um 600 Millionen Euro, also um 22 Prozent, erhöhen, und wir werden das Budget von heuer, in Höhe von 2,7 Milliarden Euro, auf 4,7 Milliarden Euro im Jahr 2026 steigern. Das ist ein Rekordbudget und die größte Budgetsteigerung, die jemals im Verteidi­gungs­bereich stattgefunden hat.


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Wir werden unser Bundesheer attraktivieren und modernisieren müssen, wir werden in die Mobilität investieren, wir werden aber genauso in die Infrastruktur investieren. Die geistige Landesverteidigung, die ich für besonders wichtig halte, wurde schon angesprochen. Frau Bundesministerin, Sie haben vor wenigen Wochen die neu renovierte Stellungsstraße in Linz eröffnet, und genau das sind die Dinge, die, glaube ich, unsere jungen Leute brauchen, wenn sie den ersten Kontakt zum Bundesheer haben: gut aufgenommen zu werden.

Ich freue mich auch, dass das Entgelt für die Grundwehrdiener von 320 auf 500 Euro erhöht wird. Ich glaube, auch das trägt dazu bei, dass es moderner und attraktiver wird.

Ich möchte als regionaler Abgeordneter auch noch ganz kurz auf die Zehner-Kaserne, auf das Panzergrenadierbataillon 13 in Ried eingehen: Durch diese Budgeterhöhung wird eine Sanierung möglich. In den nächsten Jahren werden bis zu 40 Millionen Euro investiert werden, im ersten Bauabschnitt schon 7 Millionen Euro. – Frau Bundesministerin, herzlichen Dank dafür!

Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind, noch dazu, wenn wir auch der Autarkie der Kasernen Bedeutung schenken, und zwar im Bereich der Lebens­mittelversorgung als auch der Energieversorgung – der Versorgungssicherheit generell.

Frau Bundesministerin, herzlichen Dank nochmals dafür, dass Sie das Budget so gut verhandelt haben! Es ist wirklich ein Rekordbudget und es dient der Sicher­heit der Österreicherinnen und Österreicher. Abschließend möchte ich mich aber auch bei allen Soldatinnen und Soldaten für ihre geleistete Arbeit für die Sicherheit unserer Bürger recht herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

12.50


Präsidentin Doris Bures: Zum Themenbereich Militärische Angelegenheiten liegt mir nun keine Wortmeldung mehr vor. Daher beende ich die Beratungen dar­über.


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12.50.35 UG 34: Innovation und Technologie (Forschung)

UG 41: Mobilität

UG 43: Klima, Umwelt und Energie


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den nächsten Untergliederungen.

Hierüber finden die Debatten unter einem statt.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Alois Stöger. (Ruf bei der FPÖ: Bleibt die Regierungsbank frei?)

Herr Abgeordneter, bevor ich Ihnen das Wort erteile: Herr Vizekanzler Werner Kogler vertritt Frau Bundesministerin Gewessler, und deshalb begrüße ich ihn jetzt zu dieser Debatte hier im Hohen Haus. (Vizekanzler Kogler betritt den Saal und nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Herr Abgeordneter Stöger, Sie sind der erste Redner. – Bitte.


12.51.21

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Eines vorweg: Das Verkehrsbudget ist bei Weitem nicht das schlechteste, das ÖVP und Grüne in diesem Voranschlag festgelegt haben. Ich habe das immer gesagt: Im Bereich Verkehr hat man im Wesentlichen das fortgesetzt, was vonseiten der Sozialdemokratie 2007 eingeleitet worden ist, nämlich: eine ver­stärkte Entwicklung des öffentlichen Verkehrs voranzubringen. Dieser Weg ist fortgesetzt worden und – das gestehe ich gerne zu – auch auf hohem Niveau fortgesetzt worden.

Das heißt nicht, dass alles gut wäre und die Opposition nichts zu kritisieren hätte. Wir kritisieren natürlich, dass im Bereich der Asfinag jetzt viele Gelder aus dem Mobilitätswesen herausgenommen werden und als Dividende beim Bund landen. Uns wäre es – Herr Vizekanzler, ich sage das Ihnen heute


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deutlich – lieber gewesen, wenn eine Bundesministerin am Werk wäre, die die Verfassungsbestimmungen, die Gesetze einhält und die entsprechenden Beschlüsse, auch hinsichtlich Straßenplanungen, umsetzt. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu entscheiden, was im Bundesstraßengesetz steht, ist Aufgabe des National­rates, und der Nationalrat hat diese Entscheidung getroffen – daher wäre die Bundesministerin auch verpflichtet, diese Baumaßnahmen umzusetzen.

Das Budget ist auch von dem Vorhaben geprägt, dass man den Bahnausbau weiter vorantreiben will. Das ist gut. Wir brauchen eine kostengünstige Struktur, was die Tickets betrifft. Da ist im Bereich des öffentlichen Verkehrs etwas gelungen. Wir sind auch Vorbelastungen eingegangen – das ist richtig und gut.

Ich würde darum bitten, Herr Vizekanzler und auch Frau Bundesministerin: Setzen Sie sich intensiv mit meinem Antrag betreffend ein Bundesverkehrs­ziele­gesetz auseinander, den ich eingebracht habe! Damit könnten wir den öffent­lichen Verkehr stärken, das wäre klimagerecht und würde uns auch helfen, in den Gemeinden zu unterstützen. Das bräuchte mehr Aufmerksamkeit. Gerade im öffentlichen Verkehr wäre das möglich.

In diesem Sinne: Wir sehen einige gute Ansätze, im Gesamten ist das Budget leider nicht so, wie wir es wollen. – Besten Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig. – Bitte.


12.54.35

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! 2019 lag das Budget für die Untergliederung Mobi­lität bei 3,8 Milliarden Euro. Heute beschließen wir für 2023 5,5 Milli­ar­den Euro. Das ist ein Anstieg von 45 Prozent. Das ist ein Erfolg. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Das ist ein Erfolg für Arbeitnehmer:innen, die pendeln, für Studierende, für Lehrlinge, für Schüler:innen, für Senior:innen, die öffentlich unterwegs sind, und eröffnet neue touristische Möglichkeiten.

Das ist ein Erfolg unserer Klimaministerin und der Mehrheit hier im Hohen Haus. 10 Prozent des Budgets, nämlich über 500 Millionen Euro, liegen in dieser Karte (ein Klimaticket in die Höhe haltend). 506 Millionen Euro liegen hier in dieser Karte. Das Klimaticket Österreich ist ein Meilenstein in der österreichi­schen Mobilitätspolitik. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Vizekanzler Kogler zieht ein Klimaticket aus seiner Jackentasche und hält es ebenfalls in die Höhe.)

Das Klimaticket entlastet, fördert, schützt das Klima und erfordert natürlich zusätzliche Verkehrsangebote. Herr Vizekanzler, das Klimaticket Österreich ist unsere Erfolgsgeschichte für die Österreicherinnen und Österreicher, die mit einer Mehrheit hier im Parlament ermöglicht wurde. An dieser Stelle ergeht mein Dank an alle, die in zahlreichen Verhandlungen mit den Verbünden, mit den Bundesländern und mit den österreichischen Verkehrsbetrieben mitgearbeitet haben, und an alle, die ihre Zustimmung erteilt haben!

Die Länder bekommen noch zusätzlich 196 Millionen Euro an Unterstützung für regionale Tickets, für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, für neue Bestel­lungen für Bus und Bahn. Das ist Ausdruck einer gemeinsamen Überzeugung. Die Länder bekommen 123 Millionen Euro für die Regionalbahnen im Regio­nalbahnenpaket, das sind 123 Millionen Euro für die Regionen! Es gibt 15a-Ver­einbarungen im Ausmaß von 50 Millionen Euro für die Stadtregionalbahnen wie in Innsbruck, in Linz und bald auch in Graz. Morgen werden wir, glaube ich, einen schönen Beschluss fassen: die 15a-Vereinbarung für die Wiener U-Bahn.

Hohes Haus! Sollte das jemandem aufgefallen sein: Wir haben die Siebenmei­len­stiefel an. Wir haben mit Bodenhaftung und mit Weitblick die Nase vorne und machen eine Mobilitätspolitik für die Zukunft. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der ÖVP. – Abg. Rauch: Vorwärts Kameraden, es geht rückwärts!) –


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Ja, Herr Kollege, wir haben nicht nur die Siebenmeilenstiefel in der Mobilitäts­politik an, sondern wir machen auch einen Zug: Fit in Richtung Klimaneutralität! (Abg. Wurm: Habts auch Flügel?) Bei diesem Zug gibt es viele Haltestellen, bei denen auch blaue Pferdekutschen und auch rote Dampfrösser einen Platz haben. Ich glaube, wir brauchen alle für die Klimaneutralität in diesem Lande. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Klimawandel unterscheidet nicht nach Farben, dem Klimawandel sind auch Ideologien und liebgewordene Meisterwerke wurscht. (Ruf bei der FPÖ: Die Welt ist besser, Hermann, die Welt ist gerettet!) Vielmehr geht es darum: Es wird einfach ziemlich heiß, und dagegen sind Maßnahmen für unser Überleben zu setzen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Werte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Klimaschutz ist eine Überlebensfrage, und deshalb ist auch das Mobilitätsbudget so wichtig. Ich möchte noch zwei Bereiche herausheben: zum einen den ÖBB-Rahmenplan als die Hauptschlagader mit 19 Milliarden Euro bis 2028. Kollege Stöger hat es bereits gesagt, da sind viele Dinge schon in vorherigen Legislaturperioden in die Wege geleitet worden. Das war auch eine richtige Entscheidung, da auf die Bahn zu setzen.

Im Vergleich zu Deutschland investieren wir pro Einwohnerin und Einwohner das Doppelte in die Bahn. Wir investieren 3 Milliarden Euro im Jahr für den Bahnausbau – das ist gut so –, für einen besseren Taktfahrplan, die Verlagerung auf den Güterverkehr, den Ausbau des Nahverkehrs, die Elektrifizierung, die Schaffung von Barrierefreiheit. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Bereich: Mehr Kapazität zu schaffen ist notwendig, wenn mehr Menschen mobil unterwegs sind. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Rössler: Genau! – Abg. Fischer: Bravo!)

Nicht zu vergessen das Thema Dekarbonisierung: Wo individuelle Mobilität auch in Zukunft notwendig ist, wo man das Auto braucht, dort sollten wir sauber unterwegs sein. Im Budget sind 257 Millionen Euro für alle Möglichkeiten und


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Fördermodalitäten der Elektromobilität vorgesehen. Das ist ein wichtiger Beitrag für die Dekarbonisierung, für den Umstieg, für die Transformation in diesem Land.

Werte Abgeordnete! Mobilität in aller Vielfalt, auf allen Wegen, das ist unsere Devise – mit Zuversicht, mit Leidenschaft und gleichzeitig mit kühlem Kopf. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.00


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Walter Rauch, Sie gelangen jetzt zu Wort. – Bitte.


13.00.04

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Hohes Haus! Herr Vizekanzler, Sie sitzen heute auf der anderen Seite der Regierungsbank, Sie haben sich heute ein anderes Hütchen aufgesetzt, weil Frau Bundesminister Gewessler die Flügel benützt hat und mittlerweile 4 Ton­nen CO2 nach Scharm El-Scheich verflogen ist. (Abg. Wurm: Ja, haha! Abg. Pfurtscheller: Wie soll sie sonst nach ... kommen?) Das ist ja sehr spannend. Wie nennt man das so schön? Als Steirer – von Steirer zu Steirer – muss man das ja wissen: Wasser predigen und Wein trinken. In diese Richtung geht diese Aktion mittlerweile. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rössler und Schwarz.)

Es ist ja mittlerweile wirklich schon sehr, sehr bedenklich, wie man mit dem Budget und auch mit diesem Klimaextremismus, der da an den Tag gelegt wird, umgeht und da definitiv Stimmung macht. Auf der einen Seite haben wir mit der Mineralölsteuer, mit der Normverbrauchsabgabe schon hohe Steuern, gleich­zeitig setzt man da aber noch die CO2-Steuer drauf. Dem Bürger wird in dieser Art und Weise ohne Gegenleistung noch eine zusätzliche Belastung aufge­brummt. (Abg. Schwarz: Klimaticket!)

Was ist die Gegenleistung? – Wenn ich eine Abgabe, eine Steuer zahle, dann muss ich auch eine Gegenleistung haben. Diese Gegenleistung ist da nicht


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erkennbar, sehr geehrte Damen und Herren. Wo ist die Gegenleistung für diese Steuer? (Vizekanzler Kogler: Klimabonus!) – Ja genau, Klimabonus, das ist das Stichwort. Den Klimabonus zahlen Sie auf der einen Seite an Asylanten aus – das ist natürlich motivierend, noch mehr hierher nach Österreich zu bringen – und auf der anderen Seite an die Häfenbrüder. An die Häfenbrüder zahlen wir auch noch zusätzlich einen Fünfhunderteuroschein aus. (Abg. Brandstätter: Wegen dem Klimabonus kommt keiner, oder?) Egal, wie auch immer, der Punkt ist der: Es wird da Steuergeld verschwendet.

Herr Vizekanzler! Sie haben es selbst gesagt: Der Klimabonus wird mit der Gießkanne über alle hinweg verteilt und im Endeffekt sind die Belastungen, die die Bürger treffen, wesentlich, wesentlich höher, das merkt man auch. (Präsi­dent Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Ein wesentlicher Punkt: Der Herr Bundespräsident geht her und sagt: Ja eigent­lich zahlen wir 220 Millionen Euro an den Green Climate Fund. – Na super! Ich habe gar nicht gewusst, dass der Bundespräsident ein solch hohes Budget hat. Oder hat er das mit Ihnen abgestimmt? – Die Budgethoheit liegt noch hier im Hohen Haus und sonst nirgendwo, Herr Bundespräsident, das sollte Ihnen auch klar sein. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei den Grünen.)

Noch ein wesentlicher Faktor, weil es ja gerade so aktuell ist: diese Letzte Generation, die aktuell gerade über allem so drübersteht und die Wahrheit mit der Weisheit gefressen hat, ich sage es wirklich so klar: die Wahrheit mit der Weisheit gefressen hat (Abg. Rössler: Was ist eure Lösung? Abg. Schwarz: Es wäre gut, wenn ihr ... vorschlagt!): Sie beschmutzen und beschmieren das Leopold-Museum und verursachen Schaden – Kostenpunkt: 15 000 Euro. Gestern hat man die Uni besetzt, und man geht mit einer Aggression vor, geht in einer Art und Weise vor, die mittlerweile eigentlich schon extremistisch ist. Das hat extremistische Züge.


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Da braucht es konkrete Maßnahmen, keine Ausweitung der Gesetze, sondern da muss der Rechtsstaat eingreifen und klar Stopp sagen. Da ist die Linie über­schritten, da ist die rote Linie überschritten (Abg. Rössler: Wer bremst denn den Klimaschutz? Ihr seid die Bremser!), da ist ein klarer Stopp anzusetzen.

Es muss endlich so weit sein, dass diesen Aktivisten, diesen Beschmierern und Beschmutzern endlich Einhalt geboten wird, dass auf der einen Seite die Bevölkerung, vor allem unsere Kulturgüter, geschützt werden, und auf der einen Seite natürlich auch unsere Universitäten geschützt werden und dort frik­tionsfrei unterrichtet werden kann. Das muss in dieser Art und Weise auf den freien Universitäten gewährleistet sein, Herr Professor. Dieser Aktionis­mus muss gestoppt werden, das ist meine Forderung. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist der nächste Schritt? Was ist der nächste Schritt dieser Letzten Gene­ration? Was ist die nächste Aktion von Martha Krumpeck? – Sie hat ganz konkret gesagt, es sind alles Teams, sie weiß nicht, wo die nächsten Aktionen stattfinden. Das hat ja eigentlich fast schon ein bisschen so terroristische Züge. (He-Rufe bei den Grünen. – Vizekanzler Kogler: Also bitte, das gibt es ja nicht!) Das sind ja leicht terroristische Züge. Es kann ja nicht sein, dass heute Teams gebildet werden, und man nicht weiß, wo die nächste Aktion stattfindet. (Abg. Brandstätter: Also Terror ist etwas anderes!)

Ich frage mich wirklich: Was ist der Handlungseffekt hinter der Aktion? Mir fehlt in dem Punkt ein bisschen der Ansatz, ich habe eigentlich wirklich schon große Bedenken betreffend unsere Einrichtungen, unsere öffentlichen Einrichtungen, unsere Kunstwerke, die durch diese Menschen hier in Österreich eigentlich sehr, sehr gefährdet sind. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenrufe bei den Grünen.)

13.05


Präsident Ing. Norbert Hofer: Bitte, Herr Vizekanzler.



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13.05.13

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Ich melde mich einmal nur zu dem Erwartbaren hier von der Regierungsbank. Ich bin selber auf der anderen Seite der Regierungsbank Ohrenzeuge bei der Generaldebatte gewesen, ich habe in dem Kontext des völlig berechtigt aufgeworfenen Themas zu diesen Aktions­formen – das kann man so sehen, alles richtig, ich habe tatsächlich selber größte Bedenken – selber den Zwischenruf „Klimaterroristen“ vernommen. Das, glaube ich, hat damals auf dem Präsidium niemand gehört.

Gestern, das ist mir gerade eben berichtet worden, tauchte der gleiche Vorwurf bei der Rede des Abgeordneten Litschauer im Protokoll auf, aber ohne Zuord­nung. So, jetzt nehme ich mir heraus, dass ich von der Regierungsbank aus dazu etwas sage, von mir aus auch als Kunst- und Kulturminister, denn die Debatte soll hier ganz offensichtlich in eine Richtung gelenkt werden, dass man dann wieder wunderbar in den sogenannten sozialen Medien herumagitieren kann, das ist ja Ihr Hauptagitationsfeld als FPÖ-Abgeordnete.

Ich will das nicht unwidersprochen hinnehmen, ja, völlig unbeschadet dessen, wie der Nationalrat damit umgeht. Der Herr Abgeordnete hat es jetzt selber erwähnt, er hat ja selber von quasi drohenden terroristischen Aktionen gesprochen. Also ich finde, das kann man so nicht durchgehen lassen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sollten uns einmal damit beschäftigen, was Terrorismus ist. Das werde ich jetzt nicht machen, denn ich setze das bei allen anderen voraus, dass sie das wissen, im Übrigen auch bei Ihnen. Sie setzen das nur bewusst ein, um zu kampagnisieren.

Jetzt geht es noch gar nicht um die Aktionsform (Abg. Hafenecker: Doch!), es geht einfach darum, wohin man das treiben will. (Abg. Hafenecker: Die sind gefährlich! Die sind gefährlich, es gibt bereits Tote!) – Ich habe Ihnen eh schon angekündigt, dass ich größte Bedenken bei diesen Aktionsformen habe und


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einigen gegenüber sogar ablehnend bin. Aber darum geht es gar nicht, sondern es geht darum, dass Terrorismus etwas anderes ist. Und ich mag nicht, dass im österreichischen Nationalrat nach all unserer Geschichte (Ruf bei der FPÖ: Jetzt stell dir vor, wenn wir das ...!) das hier einfach unkommentiert dahergeredet werden kann. Das gibt es ja nicht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. Ruf bei der FPÖ: Wenn das ein Rechter macht!  Abg. Schnedlitz: Verteidigen und verharmlosen!)

Terrorismus hat sehr viel mit schwerster Gewalt gegen Menschen unter absicht­licher Inkaufnahme von Tod, von Verletzungen zu tun, im schlimmsten Fall – oder aus deren Sicht im besten Fall – massenhaft. (Abg. Hafenecker: Eine tote Frau in Berlin klagt an!) Deshalb sage ich Ihnen, dass das nicht durchgeht.

Jetzt wollen wir aber einmal schauen, was die Motive junger Menschen sind. (Ruf bei der FPÖ: Pfeifen Sie Ihre jungen Menschen zurück!) Was sind die Motive junger Menschen? Das ist viel interessanter, finde ich, und da kann man immer noch die Aktionsform ablehnen, und das haben Sie ja offensichtlich erreicht, obwohl ich selber nicht gegen einzelne Aktionsformen bin – ich nähere mich ja dem zwischen­durch eh an, damit Sie sich nicht zu schnell zu viel aufregen, es reicht ja schon, wenn ich mich aufrege – und das mit Recht.

Diese jungen Menschen sorgen sich. (Abg. Hafenecker: Junge Kriminelle!) Der Vorvorredner, der Abgeordnete hat ja schon gesagt, dass es auch um Über­lebensbedingungen geht. Wenn es um künftige Generationen geht, wenn die Sorge ist, dass das Leben an sich schwer beeinträchtigt ist, eigent­lich das Über­leben gefährdet ist, dann ist das ein starkes Motiv, etwas zu tun.

Jetzt könnte man immer noch sagen, die sollen dorthin gehen, wovon die Gefährdung ausgeht, denn die geht nicht von einem Kunstwerk aus – ja, das wäre auch mein Zugang. Man darf und kann viel blockieren.

Jetzt werde ich Ihnen etwas sagen, warum ich das für so wichtig halte, was Motive junger Menschen betrifft, gerade wenn es um Terrorismus, Gewalt und


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so geht (Abg. Rauch: Das ist Terrorismus und auch Gewalt!), das hat zum Beispiel auch mit Diktaturen zu tun, dort geht der Terrorismus vom Staat aus, auch das haben wir gehabt. Jetzt möchte ich einmal meine eigene politische Lebensgeschichte erzählen und diese 3 Minuten werden Sie sich anhören müs­sen.

Wir haben ja jetzt gerade die Fußballweltmeisterschaft – Sie werden vielleicht fragen: Spinnt der, ist der jetzt Sportminister, oder was ist er gerade? – Nein, ich sage Ihnen Folgendes: Als ich sechszehneinhalb Jahre alt war, hat die Fuß­ballweltmeisterschaft in Argentinien stattgefunden. In Europa – im Nachhinein schändlich, finde ich – war viel zu wenig davon da, dass man gesagt hat: Ja wir feiern den Fußball, ja, aber es ist eine Diktatur mit den grausamsten Men­schenrechtsverletzungen, eine Militärdiktatur Südamerikas, wie es nur einmal geht. (Beifall bei den Grünen.) Ich habe als 16-Jähriger die Berichte von Amnesty gelesen – ja, das ist einmal eine nützliche Einrichtung – und seither versuche ich, die immer hochzuhalten.

Wir Jungen haben in der Oststeiermark – bis Wien bin ich ja nicht einmal gekommen – Flugblätter von Amnesty weiterverteilt. Die haben eh erkannt, worum es geht: Fußball ja, Folter nein – das war die Parole und auch das Emblem.

Wie richtig und wichtig und wie wenige haben sich darum geschert! Wir haben „Buenos Dias Argentina“ von Udo Jürgens gesungen. Super. Die Alten wie ich kennen den Text vielleicht noch. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Wir hatten das Motiv, dass das nicht ungehindert vorbeiziehen kann und so ein Thema einfach Einzug halten muss und dass man wenigstens in Europa, wo wir das dürfen, darauf hinweist: Fußball ja, Folter nein. Sie können heute noch – ich weiß nicht, ob ich das empfehlen soll, denn dann finden Sie keinen Schlaf mehr – die Berichte darüber lesen, was diese Militärdiktatur den Menschen massenhaft angetan hat. Sie würden es kaum ertragen, so wie wir damals.


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Und die Jungen heute ertragen es nicht, was den nächsten jungen Generationen droht. Wenn es um die Zukunft geht, ist es immer schwierig – das damals war ja gleichzeitig –, ich verstehe das, aber die sorgen sich und das ist etwas anderes. (Abg. Schnedlitz: Sachbeschädigung, Lebensgefährdung ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Und jene, die sich um Menschen, die noch nicht einmal geboren sind, sorgen, als Terroristen zu bezeichnen, das gehört zum Schäbigsten, was hier im Haus jemals passiert ist. Das geht doch nicht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schnedlitz: Aber wenn es gegen Zuwanderung ist, ist es böse, oder? Wenn er gegen Zuwanderung ist, ist Aktionismus böse! – Rufe bei der FPÖ: Doppelmoral! Der Moralapostel moralisch am Ende!)

Trotzdem kann man jetzt immer noch gegen deren Aktionsform sein, denn wir könnten ja zwischen dem Motiv und der Wahl der Mittel unterscheiden. Wenn das nicht mehr möglich ist, weil es nicht in Ihre billige, rechtsextreme Agita­tionsform hineinpasst (Beifall bei den Grünen) und Sie das ganze Land mit Ihren Postings zukübeln wollen, dann mag Ihnen das unbenommen sein. (Abg. Schnedlitz: Sind wir ein bissl angesoffen, oder?! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber ich war lange genug Abgeordneter hier und lasse nicht zu, dass hier einfach so dahergeredet wird, auch weil es gerade am Präsidium nicht immer gehört wird. Da (auf die Regierungsbank deutend) hat man es eh gehört.

So, das sind doch die Zusammenhänge. In den dann folgenden Jahren hat es noch viele Auseinandersetzungen gegeben, die ganz anderer Art waren: Zwentendorf, Volksabstimmungen; alles, wovon ich erzähle, ist innerhalb von ein paar Monaten passiert. Das waren – nicht einmal gleich, denn ich war davor völlig unpolitisch – als Sechzehneinhalbjähriger meine Gründe, mir zu überlegen, dass ich mich, wenn ich einmal aus meinem Dorf herauskomme, zum Studieren oder was weiß ich, politisch engagieren werde. (Abg. Wurm: Zum Thema! Zur Sache, bitte! Zur Sache!)

Sie sollten nicht geringschätzen, was die Motive junger Menschen sind. Sie wissen ja nicht einmal, was Sie damit in der Gesellschaft anrichten. (Beifall bei den Grünen.) Aber es ist Ihnen ja nur recht.


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Es gab dann genügend Ereignisse in Österreich und in Europa, wo es Agitations­formen, Widerstandsformen gegeben hat. Ich darf Sie darüber informieren, dass wir ein paar Jahre später in meinem Dorf am Bauzaun einer geplanten Müll­deponie die Bundeshymne gesungen haben – da haben wir im Übrigen gemeinsam mit einem Freiheitlichen aus dem Südburgenland protestiert – und dafür verprügelt worden sind. Okay, ist so. Ich will das jetzt gar nicht höher hängen, ich sage Ihnen nur, dass jede Zeit ihre Aktionsformen hat. Ob es sie braucht, weiß ich nicht.

Und jetzt komme ich dazu, dass ich sage, ich finde es eh falsch. Ich finde es falsch, dass Kunstwerke attackiert werden, weil damit etwas anderes, ein anderes Symbol verbunden ist. (Beifall der Abg. Erasim.) Ich würde es aber richtig finden, wenn sich die gleiche Motivlage auf ein anderes Ziel konzentrieren würde, eben um diese Motive stärker klarzumachen.

Man muss das auseinanderhalten. Mein Plädoyer dient dazu, aufzuzeigen, dass Sie das absichtlich verwischen, und dem zu widersprechen. Danke, dass Sie es sich angehört haben. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller. – Abg. Hafenecker: Kein einziges Wort zum Verkehr; das muss man einmal zustande bringen bei dem Tagesordnungspunkt! Unglaublich! – Abg. Rauch: Ist ja nicht sein Thema! – Abg. Litschauer: Wer hat denn das Thema aufgemacht?! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.)

13.14


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Andreas Ottenschläger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.14.18

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Vizekanzler, danke auch für die Klarstellung, sie war sehr emotio­nal dargebracht. (Abg. Wurm – erheitert –: Welche Klarstellung war das jetzt?!) In einem Punkt haben Sie auf jeden Fall unsere Unterstützung, nämlich in der


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Debatte darüber, was man in diesem Land als Terrorismus bezeichnet und was nicht. Ich gebe Ihnen auf jeden Fall recht, da überspitzt die Freiheitliche Partei in jeder Form. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Schnedlitz: Wieder 1 Prozent weniger!)

Nun werde ich mich aber bemühen, wieder zurück zur Sache zu kommen. Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, wir debattieren ja das Budget und jetzt unter anderem das Kapitel Mobilität, das ein ganz wichtiges Budgetkapitel ist. Mit diesem Budget sichern wir die Mobilität für Menschen in Österreich in der ökologischen Dimension. Wir gestalten Mobilität attraktiv und leistbar.

Die Mobilität ist enorm wichtig für unseren Wirtschaftsstandort und damit auch für die Arbeitsplätze in Österreich. Ein zentraler Punkt dieses Kapi­tels ist – das wurde ja auch schon von meinen Vorrednern erwähnt – die Fortsetzung des Ausbaus der Bahninfrastruktur. Das ist wesentlich und ein Rückgrat für die Stärkung des öffentlichen Verkehrs.

Ich bringe ein Beispiel für die Zuseherinnen und Zuseher: Was passiert da? – Wir haben große Projekte, die sich noch im Bau befinden, wie zum Beispiel den Brennerbasistunnel oder auch den Koralmtunnel und den Semmeringtunnel. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) Zukünftig, wenn diese Projekte fertig gestellt sind, wird man auf der Südachse von Wien nach Klagenfurt mit der Bahn 2 Stunden 40 Minuten statt, wie heute, 4 Stunden unterwegs sein. Es wird also deutlich schneller und attraktiver und daher sind wir zuversichtlich, dass noch mehr Menschen dieses Angebot nutzen werden.

Gleichzeitig ist aber auch entscheidend, dass wir den Güterverkehr auf der Schiene attraktivieren. Da wird es nicht nur mehr finanzielle Mittel geben, sondern wir bauen auch die Digitalisierung der Schieneninfrastruktur aus. Das bedeutet, dass wir durch dieses zukunftsweisende europäische System auf dem bestehenden Schienennetz mehr Züge, mehr Güterverkehr unterbrin­gen können.


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Erwähnt wurde natürlich auch schon das Klimaticket, das wahnsinnig gut angenommen wird. Ich glaube, wir haben jetzt über 200 000 verkaufte Tickets in Österreich, was zeigt, dass das ein tolles, attraktives Angebot für die Menschen ist. Es ist einerseits eben als attraktives Angebot gemeint und ande­rerseits wird es sicherlich auch unsere herausfordernden Ziele, was den Klimaschutz betrifft, massiv unterstützen.

Aber auch der Individualverkehr wird gefördert. Im Bereich der E-Mobilität werden wir 257 Millionen Euro investieren: in E-Fahrzeuge, aber vor allem auch in die Ladeinfrastruktur, das ist der entscheidende Punkt, dass wir diese attraktivieren und weiter ausbauen. Fahrradwege werden gefördert, die aktive Mobilität grundsätzlich wird mit über 78 Millionen Euro gefördert; auch das ist sehr wichtig für das Miteinander aller Verkehrsteilnehmerinnen und Ver­kehrsteilnehmer.

Meine Damen und Herren, ich habe es schon gesagt: Die Mobilität ist ein enorm wichtiger Punkt für unseren Standort und für die Arbeitsplätze. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich an dieser Stelle einmal explizit bei den Unternehmen und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Transport- und Logistikbranche zu bedanken (Beifall des Abg. Prinz): bei den LKW-Fahrer:innen, bei den Busfahrern, bei den Piloten, bei all jenen, die tagtäglich dafür Sorge tragen, dass die Wirtschaft funktioniert. Ohne sie würde es nicht gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass die Konsumenten und die Industriebetriebe ordentlich versorgt werden können und nicht zuletzt auch, dass im Gesundheitsbereich alles funktioniert, verdanken wir all diesen Menschen, die da tagtäglich für uns unterwegs sind. Ein herzliches Danke dafür! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Helmut Brandstätter. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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13.18.50

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Klima wird sich Kollege Michael Bernhard noch ausführlich äußern, deshalb zunächst nur ein kurzes Wort zum Klimaterror: Wissen Sie, ich habe als Kor­respondent in Deutschland Terrorismus erlebt, dabei werden Menschen bewusst ermordet, und ich ersuche wirklich darum, dass dieses Wort hier nicht mehr verwendet wird. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn wir im Moment in Europa Terror erleben, dann ist es die Bombardierung der Städte in der Ukraine, wo auch ganz bewusst Menschen ermordet werden. Das ist sehr ernst.

Ich möchte aber zur Zukunft kommen und da ist mir eine Anekdote aus der Vergangenheit eingefallen: Er lag unter einem Baum und ihm fiel ein Apfel auf die Birne. – Sie wissen, von wem die Rede ist: Isaac Newton. Das war um 1660, glaube ich. Natürlich ist es nicht jedem gegeben, aus einem persönlichen Erlebnis eine wissenschaftliche Theorie zu entwickeln. Isaac Newton hat das getan und danach haben er und andere Forscherinnen und Forscher alles, was wir über Mechanik und die Anziehungskraft der Erde wissen, entwickelt.

Weil eben wie gesagt nicht jeder gleich ein Genie ist, müssen wir Wissen­schaft und Forschung, vor allem auch die Forschung, die dann angewandt wird, schon bewusst fördern. Ein Problem dieses Budgets ist aber, dass 4 Euro in die Vergangenheit investiert werden und nur 1 Euro in die Zukunft. Das merken wir gerade in diesem Bereich.

Ich möchte zwei Themen besonders herausgreifen: Das eine ist die ESA, die European Space Agency, und das zweite dann künstliche Intelligenz. Wir haben, und das ist das Positive in diesem Budget, das Budget für die ESA auf 67 Mil­lionen Euro erhöht. Das klingt zunächst einmal gut, aber wir haben zuvor ein Jahr lang gar nichts gemacht. Faktum ist, die ESA ist wirklich Zukunft, denn die


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Raumfahrt wird mit darüber entscheiden, wer künftig im Weltall dominiert und wer dort entscheidet. Faktum ist auch, dass wir da nach wie vor zu wenig investieren. Wir liegen bestenfalls im Mittelfeld, deutlich hinter der Schweiz – die haben 3,6 Prozent, wir haben nur 1 Prozent in der ESA; Belgien hat gar 5 Prozent –, und wir wissen, dass das Geld, das wir in die ESA investieren, großteils an österreichische Unternehmen zurückkommt. Deswegen ist es ein Problem, dass wir dort nach wie vor so wenig Geld ausgeben.

Wir haben einmal ein hervorragendes Gespräch mit Josef Aschbacher, dem Tiroler, der Chef der ESA ist, gehabt, in dem er uns sehr deutlich erklärt hat, warum es wichtig wäre, dass wir dort mehr investieren.

Das Zweite ist das Thema künstliche Intelligenz. Ich habe gehört, da soll es irgendwelche Kampagnen geben. Na ja, Medienkampagnen gibt es schon genug und dafür werden auch schon zu viele Millionen ausgegeben. Wo solch eine Kampagne notwendig wäre, wäre im Bereich Wagniskapital. Es gibt noch immer zu wenige Möglichkeiten für Unternehmerinnen und Unternehmer, ein Unter­nehmen in Österreich zu gründen, und einer der wesentlichen Bereiche, in denen man Unternehmen gründen wird und wo das in anderen Ländern schon ganz normal ist, ist die künstliche Intelligenz.

Deswegen habe ich Ihnen ein Buch mitgebracht (dieses in die Höhe haltend): „AI 2041“. Warum „2041“? Weil es in Amerika schon vor einem Jahr erschienen ist und erklären soll, was in den nächsten 20 Jahren passiert. Der eine Autor ist Kai-Fu Lee, den habe ich hier schon einmal vorgestellt, der hat auch zum Thema Silicon Valley versus China geschrieben, also: Wer wird in der künstlichen Intel­ligenz dominieren, die Amerikaner oder die Chinesen? In diesem anderen Buch kommt Europa gerade auf einer Seite vor. Hier ist es nicht viel besser. Das Interessante an diesem Buch – ich bin zwar nicht so ein Science-Fiction-Fan –: Qiufan Chen schreibt die Science-Fiction, was sich in den nächsten Jahren aus seiner Sicht entwickeln wird, und Kai-Fu Lee erklärt dann, was wirklich stattfinden wird. Es wird uns alle betreffen, ob wir wollen oder nicht.


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Ich bekomme auch immer wieder Mails, in denen es heißt: Beschäftigen Sie sich mehr mit dem, was in Österreich stattfindet! – Na ja, wenn wir in Österreich uns nicht mit künstlicher Intelligenz beschäftigen, dann werden es andere tun und uns deren Systeme aufzwingen.

Dazu kommt – und ich erkläre es noch einmal, ich habe es gestern schon gesagt –: Was heißt künstliche Intelligenz? – Dass die Computer nicht nur miteinander reden, sondern dass sie, ohne dass Menschen etwas eingeben, selbst neue Erkennt­nisse gewinnen. Das ist so notwendig und dagegen können wir uns nicht wehren. Wir können nur lernen, damit umzugehen, und das ist mein dringender Appell: dass wir lernen, damit umzugehen.

Es gibt einen Zukunftsforscher, der schon vor einigen Jahren gestorben ist, das ist Roy Amara. Von ihm gibt es Amaras Gesetz, das besagt: Wir neigen dazu, die kurzfristige Wirkung einer Technologie zu überschätzen, aber die lang­fristige zu unterschätzen. – Deswegen ersuche ich darum, dass wir diese langfristigen Auswirkungen nicht unterschätzen, denn: Ob es Gesundheit ist, ob es Verkehr ist, über den hier gesprochen wird, ob es Lernen ist, alle Bereiche unseres Lebens werden von dieser künstlichen Intelligenz betroffen sein.

Wie gesagt, Isaac Newton hat viel dazu erfunden. Irgendwo habe ich gelesen: Isaac Newton mit der Mechanik und dazu noch Kepler, der, schon vor Newton, durch Beobachtung schon sehr viele Daten gesammelt hat, das ist das, was die Zukunft ausmachen wird: das Sammeln von Daten und das Lernen der künst­lichen Intelligenz. Wenn wir uns nicht damit beschäftigen, dann bleiben wir hinten.

Mein Appell ist daher: Investieren wir mehr Geld in die ESA, in die künstliche Intelligenz, denn es wird unser Leben bestimmen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr.in Astrid Rössler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



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13.24.36

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Kolleginnen und Kollegen und Zuseherinnen und Zuseher! Ja, ich muss jetzt die schwierige Kurve von der künstlichen Intelligenz zur realen Intelligenz eines Umweltbudgets kriegen, aber ich versuche es natürlich. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Ich möchte gern den Fokus auf den Bereich Umwelt und Kreislaufwirtschaft richten, darauf, wie die Mittelverwendung im nächsten Jahr aussieht, weil das auch eine der Schlüsselmaterien für den Bereich des Klimaschutzes ist.

Ich möchte mit dem Naturschutz beginnen. Naturschutz, die intakten Öko­systeme, eine intakte Natur ist die Grundlage für die Erreichung der Klimaziele. Daher ist es, auch wenn es im Wesentlichen Ländersache ist, umso wichtiger, dass sich auch das Umweltministerium beteiligt und dazu beiträgt, Naturparks, Nationalparks, Naturschutz und vor allem den neuen Biodiversitätsfonds mit Leben zu erfüllen und damit wichtige Projekte letztlich auch für den Klimaschutz zu erreichen. 40 Millionen Euro sind – für die kommenden Jahre und auch für das nächste Jahr – an Projektförderung für die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme vorgesehen. Dazu zählen besonders Moore und andere was­sergebundene Lebensräume, die eine zentrale Rolle für die Speicherung von Kohlenstoff spielen.

Der zweite Bereich betrifft den Schutz gefährdeter Arten und Lebensräume. Wer weiß, dass jede dritte heimische Vogelart stark gefährdet ist? Wer weiß, dass die Hälfte unserer Amphibien und Reptilien vom Aussterben bedroht ist? Wer weiß, dass die Hälfte unserer Vielfalt an Lebensräumen stark gefährdet ist? Wir verlieren im wahrsten Sinne des Wortes die Vielfalt und Schönheit unserer Natur und damit die Grundlage für intakte Ökosysteme, die ein Schlüssel für die Bewältigung der Klimakrise sind. (Beifall bei den Grünen.)

Der nächste Bereich ist die Kreislaufwirtschaft: Rohstoffe sparen, Abfälle verrin­gern, Rohstoffe im Kreislauf führen. Abfallvermeidung ist eine der Grundlagen


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für die Steigerung der Energieeffizienz und die Reduktion des Energie­ver­brauchs. Echte Kreisläufe wie Mehrwegsysteme für Getränkeverpackungen haben wir auf den Boden gebracht – geschafft. Pfand auf Einwegsysteme: ist beschlossen, wird in einem Jahr in Kraft treten – ein wichtiger Beitrag. Und nicht zuletzt: Reparaturbonus – eine der Forderungen unter anderem auch des Klimarates. Danke an dieser Stelle für die hervorragende Arbeit, für die vielen guten Vorschläge zur Bewältigung der Klimakrise! Der Klimarat hat ausge­zeichnete Arbeit geleistet – und unter anderem auch das. Damit unterstützt der Klimarat auch unsere Arbeit und speziell die des Ministeriums.

Produkte müssen reparierbar sein. Ein Vernichtungsverbot für Neuwaren ist eine essenzielle Forderung, um dieser Verschwendung endlich Einhalt zu gebieten und vor allem Kunststoffverpackungen zu reduzieren, den Kunststoffmüll zu redu­zieren. Auch das fordert der Klimarat. Der Reparaturbonus setzt davon vieles um. Der Reparaturbonus ist genau das Instrument, mit dem die Lebensdauer und die Verwendungsdauer entscheidend verlängert werden können.

Wie schauen derzeit die Zahlen aus? – Seit April, also etwa sieben Monate haben wir jetzt den österreichweiten Reparaturbonus. Davor kennen wir die Erfahrungen in einzelnen Bundesländern; erfreulicherweise haben drei Bundesländer damit schon gestartet. Inzwischen sind knapp 300 000 Ansuchen gestellt worden, also 300 000 Mal wurde dieser Bonus angefordert. Es wurden 3 000 Partnerbetriebe gefunden, unter anderem – sehr erfreulich und ganz wichtig – auch sozioökonomische Betriebe, aber auch Industriebetriebe und der Handel haben sich inzwischen beteiligt.

Die durchschnittliche Auszahlungshöhe pro Reparaturbonus liegt bei etwa 100 Euro – also man sieht daran ungefähr die Größenordnung –, und die top fünf der reparierten Geräte sind erstens Mobiltelefone, zweitens Geschirrspüler, drittens Waschmaschinen, viertens Kaffeemaschinen, fünftens Notebooks. Also der Alltag – genau das, wo wir mit der Reparatur die Lebensdauer von Geräten verlängern wollen – wird erreicht. Ein großartiges Projekt, das wirklich verdient, vor den Vorhang geholt zu werden, und dem viel


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Applaus gebührt. Der Reparaturbonus schützt das Klima und schützt Res­sourcen. (Beifall bei den Grünen.)

13.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Julia Elisabeth Herr. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.29.14

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Bevor ich zu meinen Punkten komme, vielleicht noch eine kleine Anmerkung zum Herrn Vizekanzler. Er hat sich jetzt nämlich ziemlich emotional über die fehlende Kritik 1978 betreffend den Austragungsort der damaligen Fußball-WM, Argentinien, geäußert. – Damit haben Sie wahrscheinlich recht. Der Punkt ist: Ich würde mir diese Emotion auch wünschen, wenn es um die kommende Klimakonferenz geht. Die soll in Abu Dhabi stattfinden, und da brauchen wir weder über Umweltschutz noch über Menschenrechte zu sprechen. Auch da würde ich mir wünschen, dass sich Österreich dann vielleicht zu Wort meldet. Das ist bisher noch nicht passiert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kassegger: Das ist ja fast so schön wie Scharm El-Scheich!)

Wir diskutieren heute aber das Umweltbudget. Zuerst ein paar positive Punkte, denn man muss ehrlich sagen: Es gibt mehr Budget für Klimaschutz, und das freut auch uns, für einige Punkte, zu denen auch wir mehr Budget gefordert haben, beispielsweise für den Ausbau der Fernwärme, oder auch sonst, Budget für Energieeffizienzmaßnahmen – das alles ist wichtig.

Aber: Mehr Budget kann notwendige Gesetze nicht ersetzen. (Beifall bei der SPÖ.) Nur Geld auszugeben, ohne gesetzlichen Rahmen, ohne definierte Ziele – wo will man denn hin mit dem Geld? –, das ist einfach nicht gscheit! Österreich hat seit bald 700 Tagen keine gesetzlichen Klimaziele, wir haben einfach keine nationalen Klimaziele definiert. Ich glaube, wir sind das einzige Land in der EU, das keine nationalen Klimaziele hat.


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Deswegen habe ich bei allen Budgetberatungen, bei denen ich war, Minister, Ministerinnen gefragt: Wie viel CO2 wollen Sie eigentlich mit diesem Budget und den darin enthaltenen Maßnahmen für das kommende Jahr einsparen? (Ruf bei den Grünen: Wie viel CO2 sparen Sie ...?) – Leere, niemand kann das beantworten, denn es gibt diesen Plan ganz einfach nicht. Aber es liegt in Ihrer Verantwortung (Abg. Kassegger: Wie viel Co2 emittiert global Europa? In Prozent!), Sie müssen diese Ziele definieren.

Sie sprechen immer groß von der Klimaneutralität 2040. Diese unterstütze ich, die brauchen wir, aber ich weiß nicht, wo Sie sie ablesen – in irgendeiner Glaskugel, definieren Sie diese Klimaneutralität vielleicht in den Sternen? Ein wirklich wissenschaftliches Konzept, einen Plan, wie Österreich das erreichen kann, gibt es nach über zweieinhalb Jahren nicht! Das Beste aus bei­den Welten haben Sie versprochen! Legen Sie endlich ein Klimaschutzgesetz vor! Wir brauchen Klimaziele! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt komme ich zu einem weiteren Punkt: Als ich gehört habe, dass es jetzt endlich einen Fonds für die Transformation der Industrie gibt, habe ich mich gefreut. Wir fordern das seit Langem, die SPÖ-Anträge dazu liegen auf. Ja, wir müssen die heimische Industrie natürlich transformieren, umweltfreundlich machen, um den Standort zu modernisieren, aber auch, um die vielen Arbeits­plätze zu erhalten – natürlich.

Dann habe ich mir aber angeschaut – da geht es künftig um Milliarden, die in diesem Transformationsfonds stecken –: Wie wird denn das Geld verteilt? (Abg. Yılmaz: Cofag! – Ruf bei der FPÖ: Ungerecht!) Und dann war die Freude schon einmal ein bisschen gedämpft, denn erstens gibt es auch da keine Strategie, es gibt kein Konzept, es ist vollkommen unklar, in welche Richtung diese Transfor­mation überhaupt laufen soll. Sie beschließen halt jetzt einmal ein Budget. Da werden dann einzelne Projekte gefördert – aber ein Plan? Fehlanzeige!

Zweitens habe ich mir dann angeschaut: Wer entscheidet denn, wer das Geld bekommt? Da war es ganz aus mit der Freude, denn anstatt auf bewährte


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Systeme zu setzen, die für die Umweltförderung funktionieren – die gibt es ja; da sitzen alle Parteien drin, da sitzen die Sozialpartner drin –, wollen Sie schon wieder ein neues Instrument erfinden! Na da schrillen bei uns die Alarmglocken, die Cofag-Alarmglocken nämlich, wenn wir uns daran erinnern, wie Gelder in Österreich schon einmal vergeben wurden. (Beifall bei der SPÖ.)

Damals hat man nämlich auch gesagt, man vergibt jetzt Gelder für die Unter­nehmen im Zuge von Coronahilfsmaßnahmen – vorbei an der parlamentarischen Kontrolle, die wir jetzt auch beim Transformationsfonds nicht haben werden. (Abg. Zarits: Lercher!) Und was ist dann dabei herausgekommen? – Die ÖVP-Freunde wurden wieder einmal belohnt.

Ein Beispiel nur: Abgeordneter Hörl hat für sein Unternehmen 1,5 Millionen Euro bekommen (Abg. Egger: Der Kollege Lercher ...!), und das, obwohl er im ersten Coronajahr einen Gewinn von 1,7 Millionen Euro machte. (Abg. Zarits: Beschä­mend! Abg. Kühberger: Unerhört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Da können Sie noch so schreien, ich glaube, das ärgert auch viele, viele Wirtschafts­treibende, wie diese Gelder verteilt wurden. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder René Benko, der 10,2 Millionen Euro Förderung kassiert hat: Danach hat er sich selbst 100 Millionen Euro Dividende ausgeschüttet. Also: Man kann aus der Vergangenheit auch klüger werden, und deshalb bringen wir dazu auch einen Antrag  ein. Der Transformationsfonds ist nämlich viel zu wichtig, er braucht eine transparente Vergabe. Auch eine Überförderung muss ausgeschlos­sen werden und darf sich nicht wiederholen. Ich hoffe, Sie stimmen heute im Sinne des Umweltschutzes diesem Antrag zu.

Somit komme ich auch schon zu meinem dritten und letzten Punkt, den ich auch erwähnen will, der uns als Sozialdemokratie immer wichtig ist. Nämlich: Gibt es Bedingungen, zu denen Unternehmen Gelder aus diesem Transforma­tions­fonds bekommen? Wer ist da überhaupt berechtigt? – Für uns ist klar: Es braucht Bedingungen bei so viel Geld, beispielsweise Bedingungen wie die


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betriebliche Mitbestimmung, die Frauenförderung im Unternehmen, die Ausbil­dung von Lehrlingen, all diese Dinge, die so wichtig sind. Wer das nicht leistet, soll auch kein Budget bekommen. So einfach muss das sein!

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kühberger: Das ist eine Frechheit! Eine Frechheit!)

13.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

betreffend „Transformation der Industrie braucht Vorgaben und Strategie“

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11 Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023-BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) -UG 43

2023 sollen 175 Millionen Euro für die Transformation der Industrie bereitstehen. Ab 2024 steigt dieser Betrag auf 400 Millionen Euro an. Zusätzlich gibt es jährlich 190 Millionen Euro für Energieeffizienzmaßnahmen. Damit können Veränderungen in der heimischen Industrie auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft unterstützt und in die Wege geleitet werden. Das ist auch dringend nötig, denn die Herausforderungen sind groß und die Ziele hochgesteckt: Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Gas, Kohle und Öl bringt einen hohen Strombedarf mit sich, der selbstverständlich aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden muss. Produktionsprozesse müssen im Sinne eines geringeren Energie- und Ressourcenverbrauchs umgestaltet werden. Außerdem gilt es die Frage zu stellen: Sind alle Produkte mit einer klimaneutralen Zukunft kompatibel und wenn nein, lässt sich die Produktion auf Produkte umstellen, die den Klimaschutz sogar voranbringen, wie PV-Anlagen und Wärmepumpen?


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All diese Entscheidungen dürfen nicht allein auf unternehmerischer Ebene getroffen werden. Es braucht eine übergeordnete Strategie, wohin sich die österreichische Industrie künftig entwickeln soll und wie eine entsprechende Transformation und Dekarbonisierung gelingen kann. Nur so kann sichergestellt werden, dass die finanziellen Mittel auch dorthin fließen, wo sie das optimale Ergebnis für Klimaschutz, Industrie und Arbeitsplätze bringen. An einer solchen Transformationsstrategie führt kein Weg vorbei. Denn fehlt diese, droht zwischen einer Vielzahl zusammenhangloser Einzelprojekte das Ziel der Klimaneutralität 2040 aus den Augen zu geraten. Eine Strategie hilft auch, Förderungen zielgerichteter zu gewähren und so Überförderun­gen oder Mitnahmeeffekte – also die Förderung von Projekten, die aus rein betriebs­wirtschaftlichen Überlegungen auch ohne staatliche Unterstützung umgesetzt worden wären – zu verhindern.

Bei der Vergabe der Förderungen sollte eine bewährte Institution, beispielsweise die Kommission zur Umweltförderung im Inland, gewählt und auf eine breite Einbindung sowohl von Umwelt- und KlimaschutzexpertInnen als auch von ArbeitnehmerIn­nenvertreterInnen geachtet werden. Im Zuge der Corona-Hilfsgelder für Unterneh­men zeigte sich, dass neue Strukturen fehleranfällig sind. Doch gerade bei Klima­schutzmaßnahmen sollte jeder Cent bestmöglich eingesetzt werden.

Neben der Notwendigkeit Ziele, Strategie und Vergabe klar zu definieren, braucht es auch gesetzliche Vorgaben, welche Unternehmen gefördert werden dürfen und welche Pflichten mit einer Förderung einhergehen. Neben betrieblicher Mitbestim­mung, Lehrlingsausbildung und der Förderung von Frauen in der Technik sollten Unternehmen bereits einen betrieblichen Dekarbonisierungsfahrplan vorweisen können. Liegt dieser nicht vor, muss er vor der Vergabe der Förderung erstellt werden. So kann sichergestellt werden, dass nicht nur einzelne Schritte zur Prozess- oder Kostenoptimierung in der Produktion gefördert werden, sondern die Förderung in den Kontext der Dekarbonisierung des gesamten Betriebs eingebettet ist.

Anknüpfend an die übergeordnete Transformationsstrategie muss eindeutig sein, dass die Förderung nicht allein dem einzelnen Unternehmen dient, sondern dem Klimaschutz und der gesamten Gesellschaft in Österreich an sich. Unternehmen


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müssen sich daher an den Kosten selbst beteiligen, die Einbindung der ArbeiterInnen in den Prozess der Dekarbonisierung garantieren und Arbeitsplätze sicherstellen. Zu letzterem gehört auch das Entwickeln und Anbieten von innerbetrieblichen Umschulungs- und Weiterbildungsangeboten. Schlussendlich sind Resultate aus der Förderung so anzuwenden, dass sie den Klimaschutz in ganz Österreich voranbringen. Forschungsergebnisse sind daher zu veröffentlichen, denn die Idee des Transforma­tionsfonds kann nicht das Ankurbeln des Konkurrenzkampfs zwischen Unternehmen sein, sondern das gemeinsame Entwickeln und Umsetzen der bestmöglichen Lösung im Sinne des Klimaschutzes. Fallen Gewinne an, die auf die Förderung zurückzuführen sind, sollten diese entsprechend der Förderhöhe anteilsmäßig an den Staat gehen, um so im nächsten Schritt eine noch schnellere Transformation der Industrie zu finanzieren.

Die Transformation der Industrie ist eine Herausforderung enormen Ausmaßes. Die Finanzierung des Transformationsfonds ist dafür ein wichtiger Schritt. Jetzt braucht es die notwendigen strategischen und gesetzlichen Vorgaben, damit die Transfor­mation auf Kurs gebracht wird. Denn Geld allein garantiert noch keinen guten Klimaschutz. Es geht darum die Mittel bestmöglich und effizient einzusetzen. Nur dann können Klima, Unternehmen und die gesamte Gesellschaft profitieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert,

-            eine Transformationsstrategie auszuarbeiten, damit Investitionen in die Transformation der Industrie zielgerichtet gefördert und Überförderungen sowie Mitnahmeeffekte minimiert werden,

-            dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der sicherstellt, dass


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o            die Vergabe der Förderungen über bestehende, bewährte Instrumente wie beispielsweise die Kommission der Umweltförderung im Inland läuft.

o            die Förderung an konkrete Ziele zur Dekarbonisierung gebunden wird. Dazu zählen:

·        Steigerung der Energieeffizienz sowie Senkung des Ressourcenverbrauches im Produktionsprozess

·        Umstieg auf erneuerbare Energie

·        Umstieg auf nachhaltige, klimaschonende Produkte

·        Umstieg auf für den Klimaschutz notwendige Produkte (u.a. PV-Anlagen, Wärmepumpen etc)

o            ausschließlich Unternehmen gefördert werden, die folgende Kriterien erfüllen:

·        Betriebliche Mitbestimmung (Betriebsrat),

·        Ausbildung von Lehrlingen,

·        Unterstützung von Programmen zur Stärkung von Frauen in der Technik in- und/oder außerhalb des Unternehmens,

·        und ein betrieblicher Dekarbonisierungsfahrplan.

o            die Förderung an folgende Parameter geknüpft ist:

·        Beteiligung der Unternehmen an den Kosten der Dekarbonisierung,

·        Einbindung der ArbeitnehmerInnen,

·        Sicherung von Arbeitsplätzen,

·        Umgehende Veröffentlichung von im Zuge der Förderung entstehenden Forschungsergebnissen,

·        und finanzielle Beteiligung des Staates an Gewinnen, die Ergebnissen der Förderung entspringen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist gemäß § 53 Abs. 4 GOG ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1013

Zu Wort gemeldet ist Frau Mag. Dr.in Maria Theresia Niss. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.35.02

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Herr, ich finde es einfach beschämend. Jetzt hat es uns Kollege Hörl gestern eh erklärt: Er hat im Jahr 2020 einen Gewinn von 320 000 Euro gemacht. (Ruf bei der SPÖ: Das glaub ich ja gleich! – Abg. Zarits: Lercher! Also wirklich! Lercher!) Er hat im Jahr darauf einen Verlust von 1,7 Millionen Euro gemacht, das ist mehr als die Förderung. Und Sie, ganz ehrlich gesagt, stellen sich hierher und erzählen dem Publikum irgendetwas, das nicht stimmt, vernadern schon wieder Unternehmer. Ganz ehrlich gesagt: Das sind Leute, die Risiko nehmen, die Arbeitsplätze zur Verfügung stellen und die somit zum Wohlstand dieses Landes beitragen! (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall der Abgeordneten Schwarz und Scherak.) Schämen Sie sich! (Widerspruch bei der SPÖ.)

So, jetzt möchte ich zu einem freudigeren Thema kommen, nämlich zur Forschung. (Abg. Herr: René Benko muss sich schämen!) Gestern haben wir die Grundlagenforschung besprochen, heute darf ich über die angewandte Forschung sprechen, also jene Forschung, die unter anderem von Unterneh­men, die Sie immer so sehr kritisieren, gemacht wird.

Positiv ist, dass diese Unternehmen auch in den Krisen immer wieder starke Forschung gemacht haben. Wir sehen, dass beispielsweise in Pandemiezeiten die Unternehmen besonders forschungsintensiv werden. Das ist gut und richtig, denn genau in diesen Zeiten müssen sie natürlich auch den Grundstein für zukünftige Geschäfte legen, indem sie Forschung betreiben, in die grüne, in die digitale Transformation investieren, um somit auch langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1014

Im Budget 2023 haben wir im Bundesministerium für Klimaschutz, Energie und eben auch Technologie eine Steigerung von 7 Prozent auf 625 Millionen Euro erreichen können.

Erstens: Diese Steigerungen erfolgen einerseits im Bereich der für Europa, aber auch Österreich so wichtigen sogenannten Ipceis. Das sind europäische strategische Investitionsprojekte, mit denen wir die europäische Industrie und Wirtschaft wettbewerbsfähig halten möchten. Diese sind ganz entscheidend, und Österreich nimmt an vier wichtigen Projekten teil, einerseits im Bereich Batterien, im Bereich Wasserstoff, andererseits im Bereich der Mikroelektronik. Da konnten wir auch schon die ersten Erfolge erzielen, und wir stellen nächstes Jahr plus 70 Millionen Euro zur Verfügung. Was man dazusagen muss: Das kommt nicht nur aus dem Klimaministerium, es kommt auch zu einem Großteil aus dem Wirtschaftsministerium.

Andererseits gibt es Steigerungen im Bereich der Weltraumforschung und Technologie. Ich gebe meinem Kollegen Brandstätter recht: Da haben wir in Österreich große Chancen. Unsere Weltraumindustrie und -wirtschaft ist wirklich sehr, sehr Erfolg versprechend unterwegs. Deswegen ist es auch wichtig und richtig, dass wir da Steigerungen erzielen konnten.

Wir haben beispielsweise Unternehmen wie Peak Technology in Oberöster­reich, das Heliumtanks zur Verfügung stellt. Bei der Artemis-Mission, die gestern in der Früh starten konnte, sind österreichische Unternehmen – Magna Digi­tech – mit dabei, und andere Unternehmen sind bei der nächsten Mission, die eine sogenannte Sonde rund um den Mond zur Verfügung stellen soll, dabei.

Ich glaube also, das Potenzial ist hier hoch, und deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen konnten. Wir konnten auch im letzten Moment weitere 7 Millionen Euro aus der Rücklage auflösen, und wir werden uns dafür einsetzen, dass wir auch im nächs­ten Jahr noch zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen können. Da sind wir in


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1015

sehr, sehr konstruktiven Gesprächen mit dem Klimaministerium. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

Zuletzt zu auch klimarelevanten Forschungsförderungen in Höhe von 100 Millionen Euro: Das sogenannte Konjunkturpaket konnten wir weiterführen. Das ist wichtig, weil Österreich in genau den Bereichen wie zum Beispiel Mobilität, Kreislaufwirtschaft, Green Technology wirklich führend ist, wir diese Führungsstellung aber halten müssen; und deswegen müssen wir hier investieren.

Meine Damen und Herren, mit diesem Budget wurden starke Zeichen gesetzt, um unsere forschungs- und innovationsstarke Industrie wirklich weiter zukunftsfit zu machen und sie die Transformation gut überstehen zu lassen. Ich glaube, wir konnten einen Fortschritt machen. Ich möchte mich ganz herzlich bedanken, auch im Rahmen der Wirtschaft. Es ist ein zukunftsweisendes Budget, und deswegen, glaube ich, können wir diesmal zufrieden und froh darüber sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Dipl.-Ing. Gerhard Deimek. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.40.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Ich beginne meine Rede zum Forschungsbudget heute mit einem Zitat aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Heute liefern uns Erdbeobach­tungssatelliten täglich über 20 Terabyte“ Daten „zu allen Aspekten unseres Planeten. Europa stellt diese Daten kostenlos und frei zugänglich bereit, was die Transparenz im Bereich Klima unterstützt, aber auch die Technologie“ und „die Wissenschaft [...] weltweit fördert“, sagt der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA Josef Aschbacher, übrigens ein Österreicher.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1016

Wie schaut es jetzt wirklich mit den budgetären Mitteln aus, mit der Strategie dahinter? – Ich glaube, dass die Frau Bundesminister nach längerem Drängen und Drücken – nicht nur der Freiheitlichen, auch der anderen Oppositi­ons­parteien – zumindest einmal die Richtung erkannt hat, dass sie weiß: Forschung und Entwicklung im Allgemeinen, aber auch die Weltraumtechnologie bringen große Vorteile – kurzfristig, langfristig, aber auch mittelfristig.

Kurzfristig: Immer wieder wird beklagt, dass wir nicht genügend Daten und Aufzeichnungen über die globalen Veränderungen haben, die Weltraum­technologie unterstützen.

Wie schaut es mit den mittelfristigen Vorteilen aus? – Ganz grundsätzlich liefern Forschung und Entwicklung nicht nur kurzfristig Arbeitsplätze im Hochtech­nologiebereich, es sind auch die neuen Produkte, die Wirtschaft und Industrie auf den Markt bringen und die damit langfristig das Überleben dieser Betriebe sichern können.

Diesen Teil hat die Frau Bundesministerin, glaube ich, verstanden. Was aber noch zu kritisieren wäre, wäre der zweite Schritt. Es geht um die Höhe der Mittel, damit das für unsere österreichischen Betriebe auch wirklich – Kollegin Niss hat das schon angeführt – in dieser Breite umgesetzt werden kann. Unsere Wirtschaft und unsere Industrie können nicht nur im Weltraumbereich wesent­lich mehr, als derzeit an Mitteln zur Verfügung gestellt wird.

Dazu bringe ich auch noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Deutliche Aufstockung des Beitrags Österreichs für die European Space Agency (ESA)“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1017

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, den Beitrag Österreichs für die European Space Agency [...] deutlich aufzustocken.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Warum sind dieser Antrag und die Durchführung wichtig? – Ich glaube, weniger bei der Frau Bundesministerin zu kritisieren, sondern vor allem bei ihrem ehemaligen Staatssekretär und jetzigen Finanzminister: was der in seiner Zeit als Staatssekretär den Betrieben und der Wirtschaft zugesagt und dann nicht eingehalten hat und was er mit dem System der Rücklagen jetzt wieder macht. Bitte, nur zur Erinnerung für die grünen Fraktionskollegen: Die Rücklagen sind kein fixes Budget. Das ist die Möglichkeit, das unter Genehmigung des Finanzministers umzusetzen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wir wissen aus den letzten Jahren, aus unserer eigenen Koalition mit dem ÖVP-Finanzminister und aus der Koalition mit den roten Leuten davor: Das wird nicht kommen. (Abg. Niss: Wir haben schon ...!) Sie werden es sich wünschen dürfen, der Herr Finanzminister wird freundliche Worte verteilen, und er wird keine Mittel lockermachen.

Das ist das eigentliche Problem, das wir heute in Österreich und in der Republik haben: Es ist der Finanzminister der ÖVP, der für sinnvolle Projekte das Geld nicht freigibt. (Beifall bei der FPÖ.)

So sollten wir nicht mit Forschung, mit Entwicklung, mit neuen Technologien umgehen – vor allem, wenn wir so etwas wie Transparenz und vor allem eine entsprechende Transformation der Industrie wollen.

Wir reden immer davon, wir brauchen neue Technologien. Im Bereich der Verbrenner, der Automobiltechnik, werden jetzt etliche Konsequenzen auf die


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Industrie zukommen. Wenn Sie da nicht die geeigneten Produkte haben – und jetzt schaue ich natürlich wieder zu Ihnen, Frau Kollegin Niss –, dann werden Sie am Markt ein bisschen ein Problem haben: nicht nur die Automobilindustrie, auch die Stahlindustrie, die Grundstoffindustrie. Da bräuchte es einen Finanz­minister, der sich dessen bewusst ist und der nicht nur Zusagen macht, sondern das Geld auch freigibt. (Abg. Niss: Entschuldige, jetzt haben wir gerade 6 Milliarden Euro ...!) Österreich hätte sich das schon längst verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

13.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten DI Gerhard Deimek

und weiterer Abgeordneter

betreffend Deutliche Aufstockung des Beitrags Österreichs für die European Space Agency (ESA)

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoran-schlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG34

Der Anteil Österreichs für die ESA sinkt seit Jahren. 2017 betrug er noch 204 Millionen Euro (1,9 Prozent vom ESA-Gesamtbudget), 2020 waren es nur noch 190 Millionen (1,3 Prozent).

Im November wird das nächste ESA-Budget beschlossen; eine deutliche Aufstockung auf etwa 300 Millionen Euro wäre notwendig. Jeder eingezahlte Euro bringt drei bis fünf Euro Wertschöpfung und große Wachstumschancen für Hightech-Entwick­lungen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1019

Seit dem 1. März 2021 ist der Österreicher Josef Aschbacher Generaldirektor der ESA, in einem Interview stellte er vor seinem Antritt fest:

Österreich mag klein sein, es ist aber bei weitem nicht unbedeutend. Die Qualität ist top, sowohl technologisch als auch in der Wissenschaft, die in dem Fachgebiet zur besten der Welt zählt. Aber es gibt Potenzial, das zu vergrößern, auch wirtschaftlich und kommerziell. Weltraum, verknüpft mit IT, kann neue Felder öffnen. Die kommerzielle Raumfahrt wächst und ich möchte den Sektor entwickeln und neue Firmen in dem Bereich unterstützen.

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wissen/technologie/2087141-In-die-Sterne-schauen.html

Im Juli 2002 erhoffte Aschbacher noch, dass Österreich seine Beiträge zur ESA "signifikant erhöht". Andernfalls stehe zu befürchten, dass die hierzulande vorhandenen Kapazitäten im Weltraumbereich "gefährdet sind und ins Ausland abwandern. https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wissen/technologie/2153858-ESA-Chef-erwartet-hoehere-Beitraege-von-Oesterreich.html

Diese erhoffte signifikante Erhöhung ist im vorliegenden Budgetentwurf nicht zu finden.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, den Beitrag Österreichs für die European Space Agency (ESA) deutlich aufzustocken.“

*****



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1020

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Ing. Martin Litschauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.45.00

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Jugend! Ich gehe einmal zurück: 1997 ist das Buch „Blut für Öl“ von Hans Kronberger heraus­gekommen. Er ist leider nicht mehr unter uns. Er hat damals schon aufgezeigt, wo die Krisen der Energiewirtschaft liegen – damals beim Öl –, und auch aufgezeigt, dass wir die gleichen Krisen bei Gas zu erwarten haben. Seit mehr als zwei Jahrzehnten, ein Vierteljahrhundert, ist das schon bekannt – trotzdem hat man sich in die Abhängigkeit von Erdgas gestürzt.

Wir sind jetzt genau in dieser Krise angekommen, die Kronberger damals eigentlich schon vorgezeichnet hat. Das hat leider Gottes kaum jemanden gejuckt. Die Gasheizungen wurden eingebaut statt ausgebaut. Und genau daran arbeiten wir jetzt.

Weil ich vorhin von Kollegin Herr gehört habe, sie vermisst das Klimaschutz­gesetz: Mir ist ein Klimaschutzgesetz auch wichtig, aber eines mit Zähnen, das dann wirkt. (Abg. Schroll: Warum macht ihr keines?) Wenn ich an das alte Klimaschutzgesetz denke und mir da die Sanierungsoffensive anschaue (ein Säulendiagramm mit dem Titel „Sanierungsoffensive 2014 bis 2023“ in die Höhe haltend), dann frage ich mich schon: Wo hat das Klimaschutzgesetz damals, als ihr zum Beispiel den Bundeskanzler gestellt habt, gewirkt? (Abg. Einwallner: Dann machts eines! Machts eines! Machts ein Gesetz! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Herr, Kollross und Schroll.)

Da ist die Sanierungsquote hinuntergegangen, der Heizkesseltausch und die thermische Sanierung sind zurückgegangen. Nach welchen Daten – Kyoto und Paris waren damals auch schon bekannt – ist das dann gelaufen?


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Wir haben das jetzt umgebaut, wir haben den Turbo gezündet. Die Heizungen kommen raus: Raus aus Öl! Raus aus Gas! Wir haben ein neues Zahnrad eingebaut: Oben drauf gibt es jetzt die Förderung zum Heizkesseltausch für geringe Einkommen bis zu 100 Prozent, damit auch diese Gruppe erfasst wird. So wird Schritt für Schritt die ganze Maschinerie zur Transformation umgebaut. (Beifall bei den Grünen.)

Ich war im Herbst bei der Solarpreisverleihung von Eurosolar. Da durfte ich der Sozialbau AG den Solarpreis für ein ganz interessantes und gleichzeitig sehr einfaches Projekt übergeben – das ist immer sehr spannend –: Die schmeißen die Gasthermen raus und ziehen die Wärmeleitungen gleich durch den Kamin wieder ein. Oben auf den Dachboden kommt die neue Wärmezentrale – das kann zum Beispiel eine Wärmepumpe sein –, und schon ist das ganze Gassystem für ein komplettes Wohnhaus getauscht. So einfach kann es gehen, so einfach ist Transformation. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch beim Ökostromausbau: Natürlich gibt es da einen ganz klaren Plan, wo es hingeht. Der Plan bis 2030 steht sogar ganz detailliert im Gesetz. Mit dem geben wir uns aber noch gar nicht zufrieden, weil wir denken, auch da kann man noch einen Turbo drauflegen. Deswegen gibt es beim Klima- und Energiefonds nächstes Jahr 118 Millionen Euro extra und in den Folgejahren 150 Millionen Euro extra für den Ökostromausbau, um zum Beispiel Agrofotovoltaik zu unter­stützen.

Das ist innovative Technik: Da ernten wir Lebensmittel und produzieren gleich­zeitig Sonnenstrom. Auch da werden wir mit dieser Förderung Vorreiter in Europa.

Mit dem Transformationspaket, das hier aufgelegt worden ist, legen wir ein Paket zur Transformation der Wirtschaft in einer Größenordnung von 5 Milliar­den Euro vor. Das ist ein langfristiges Paket, um die CO2-Einsparungen durch


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Beihilfen über viele Jahre zu unterstützen, um auch langfristige Pakete zur Ener­gieeffizienzsteigerung und zum Ausbau der erneuerbaren Energien sicherzu­stellen.

Da wird ganz massiv am Umbau und an den Möglichkeiten der Industrie gear­beitet. Das sind ganz, ganz wichtige Dinge, und ich glaube, das haben wir sehr, sehr schnell auf die Schiene gebracht. Auch in diesem Bereich sind wir, glaube ich, in Europa bei den Vorreitern mit dabei. Ich kann deswegen nicht erkennen, dass wir da einen großen Nachholbedarf hätten, wie es zuerst vor­gestellt worden ist.

Wenn man dann, wie es später kommen wird, die Abschaffung der Meritorder fordert, dann sage ich: Da muss man halt ein Alternativsystem vorlegen, das dann auch angenommen wird, denn sie nur abzuschaffen wird die Strompreise nicht senken. Die sind im Direkthandel jetzt auch schon gestiegen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dr. Johannes Margreiter. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.49.35

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Vor allem aber auch werte Zuseherinnen und Zuseher, die diese Parlamentssitzung mitverfolgen! Das Mobilitätsministerium befindet sich nun seit knapp drei Jahren in grüner Hand. Seither wird einiges an Marketing für die Mobilitätswende betrieben. Ich will auch gar nicht abstreiten, dass in diesem Bereich auch einiges weitergebracht worden ist. Zur Mobilitäts­wende gehört aber auch die Verlagerung des Gütertransits von der Straße auf die Schiene. In diesem Bereich – das muss man leider feststellen – ist dem grünen Mobilitätsministerium bisher überhaupt nichts gelungen.


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Ich demonstriere das exemplarisch an der Transitachse Brennerroute: Noch immer wird gerade einmal knapp mehr als ein Viertel des Warentransits über die Brennerroute auf der Schiene abgewickelt, drei Viertel werden auf der Straße abgewickelt. Bis Ende September dieses Jahres haben 1,9 Millionen Transit-Lkw die Brennerroute befahren. Bis Jahresende ist zu erwarten, dass ein neuer Transitrekord von 2,5 Millionen Transit-Lkw auf dieser Strecke erreicht werden wird – verbunden mit allen negativen Auswirkungen für die Tiroler Bevölkerung: von Lärm über Feinstaub bis hin zu Abgasen.

Damit sind wir jetzt beim Mobilitätsbudget 2023. Als Indikator für die Erreichung des Wirkungszieles Forcierung der Mobilitätswende zur Erreichung der Klimaneutralität 2040 wird dort der Modal Split im Schienengüter­verkehr, also der Anteil, wie viel der gesamten Transportleistung über die Schiene abgewickelt wird, festgesetzt, und zwar in einer Höhe, über die ich sage, das ist wenig ambitioniert. Der Anteil ist von 2019 bis 2023 gleichbleibend mit 30 Prozent vorgesehen, erst für 2030 wird eine leichte Erhöhung auf 33 Prozent anvisiert. Das ist traurig und das zeigt, dass dem Mobilitätsminis­te­rium offenbar das Tiroler Transportproblem ziemlich wurscht ist.

Es reicht nicht, ab und zu mit den Verkehrsministerkollegen aus Deutschland oder Italien freundliche Gespräche zu führen. Zum Schutz der Bevölkerung reicht es auch nicht – was die notwendige Sanierung der Brennerautobahn betrifft –, sich auf längst überholte Gutachten oder auf Vereinbarungen, die es so gar nicht gegeben hat, zu berufen. Tatsache ist, dass es ein unakzeptabler Schildbürgerstreich ist, wenn im Zuge der Sanierung der Brennerautobahn die baufällig gewordene Luegbrücke wieder durch ein Brückenbauwerk und nicht durch einen Tunnel ersetzt wird. (Beifall der Abgeordneten Shetty und Wurm. – Abg. Wurm: Bravo, Hannes! Ein Schildbürgerstreich! Das ist grotesk!) Die Luegbrücke ist ein Dokument einer Mobilitätsgesinnung der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, als gar nicht genug Beton in die Landschaft gestellt werden konnte, um den Wirtschaftsaufschwung und den Wiederaufbau zu symbolisieren. Offenbar hängt unsere Frau Bundesministerin dieser überholten


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Mobilitätsgesinnung noch an, wenn sie ihre Möglichkeiten partout nicht nutzen will, die Asfinag dazu zu bewegen, dieses Bauprojekt zu überdenken und die Tunnelvariante zu forcieren. (Beifall bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Wurm. – Abg. Wurm: Bravo, Hannes!)

Diese Gleichgültigkeit gegenüber der Wipptaler Bevölkerung, die daraus hervor­leuchtet, enttarnt wirklich die Baustopps, die die Frau Ministerin so medien­wirksam verfügt hat, als reinen Marketinggag. Es geht nicht um die Bevölkerung, sondern es geht um grünes Marketing.

Innovative Mobilitätspolitik hat zwei Kriterien zu erfüllen. Erstens: Ihre Umset­zung hat eine dauerhafte Win-win-Situation für alle Beteiligten zu ergeben; und zweitens: Sie hat uns zwingend in eine klimaschonende Zukunft zu befördern. Was kann ein verantwortungsvolles Mobilitätsbudget dazu beitragen? – Ja, in jedem Fall mehr als das, was hier heute zur Beschlussfassung vorliegt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Wurm.)

13.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Johannes Schmuckenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Weidinger: Bravo, Schmucki!)


13.54.35

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vizekanzler, Sie haben in Ihren Ausführungen sehr gut und sehr persönlich Ihre politische Erweckung rund um die Fußballweltmeisterschaft in Argentinien und letztendlich diese feh­lende Sensibilität für die Vorgänge in diesem Land zu dieser Zeit dargestellt. Ich denke, das ist etwas sehr, sehr Wichtiges. Oft denke ich mir auch bei der Aus­einandersetzung mit der Gesellschaft, wenn man auf Symbole und Zeichen trifft, wie unsensibel mit manchen Dingen umgegangen wird. Als Beispiel nenne ich einen anderen großen Sohn Argentiniens, der später als Kommandant bei der Revolution in Kuba tätig war: Che Guevara. Er ist heute auf T-Shirts und


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verschiedensten Publikationen abgebildet, und die werden immer von der linken Seite stark getragen – auch da besteht wenig Sensibilität, sich zu distanzieren.

Das zeigt eigentlich ein Problem, das wir gerade in einer Zeit, in der auch die politische Diskussion immer heißer wird, gut im Auge behalten müssen, denn am Ende des Tages, wenn das Haus der Demokratie einmal brennt, wird es egal sein, ob der Benzinkanister in der linken oder in der rechten Hand getragen wurde. Wir müssen aufpassen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gerade der Klimaschutz eignet sich besonders zum Polarisieren, weil er bei den Menschen natürlich auch viele Ängste weckt. Es sind leider Gottes gerade jene Themen, die der größten Einigkeit von uns allen bedürfen, die am meisten Kraft haben, uns zu spalten – und der Klimaschutz ist so ein Thema. Das Klima­schutzgesetz wurde auch schon angesprochen: Wir erleben immer wieder viel Kritik im Hinblick auf dieses Gesetz, weil man einen sehr engen, fokussierten Blick hat, weil man glaubt, nur dieses Gesetz ist das Heilbringende. Man muss aber endlich erkennen – vor allem in Bezug auf dieses Budget –, was wir alles für den Klimaschutz tun.

In Deutschland wird gerade ein Klimaschutzgesetz diskutiert. Dazu sagt der deutsche Expertenrat: Wenn wir 2030 die CO2-Ziele erreichen wollen, müssen wir alle Hebel in die Hand nehmen! – All diese Hebel haben wir in Öster­reich mit diesem Budget längst in die Hand genommen. Es sind zwei Haupt­punkte: auf der einen Seite Ausbau der erneuerbaren Energie und auf der anderen Seite der Rückbau alter Heizungsanlagen. All das findet sich in unseren Maßnahmen.

Wir haben das Umweltförderungsgesetz massiv gestärkt. Es ist der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen drinnen. Wir haben den Klimabonus eingeführt. Wir haben das Kommunalinvestitionsgesetz gemacht, wobei 20 Prozent der Mittel für ökologische Maßnahmen im Ortskern aufgewendet werden. Im Zuge des Aufbau- und Resilienzplans werden 46 Prozent aller dementsprechenden von


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der Europäischen Union erhaltenen Mittel für Investitionen in die Klimaschutz­ziele aufgewendet. Ökostromgesetz, Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz, Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ermöglichen uns, jetzt in diese Energien noch stärker hineinzugehen. Das Biogasgesetz wird noch folgen. Auch mit der ökosozialen Steuerreform haben wir diesen Weg beschritten.

Wir werden hier zwar gerne für unsere da und dort verfehlten Klimaziele und die CO2-Systematik bekrittelt, aber Sie von der SPÖ sind sich dann doch nicht zu schade, dass Sie in Niederösterreich in Social Media gerade Inserate schalten, in denen Sie das Konterfei von ÖVP-Abgeordneten publizieren, die hier herinnen für Maßnahmen gestimmt haben, um CO2 einzudämmen. Das sollten Sie auch in Ihrer täglichen politischen Arbeit und nicht nur bei Ihren Reden bedenken! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In diesem Budget gibt es nun den Transformationsfonds für Erneuerbare von Bundesminister Magnus Brunner. Der Bundesfinanzminister setzt hier an allen Sektoren an, um wirklich Bewegung hineinzubringen. Wir werden hier auch die weiteren Schritte in die Zukunft setzen, um in der Klimapolitik letztendlich erfolgreich zu sein. Für die Politik geht es in Zukunft darum, dass wir jene Mittel, die wir noch zur Verfügung haben, so einsetzen und so begrenzen, dass es für Wirtschaft und Gesellschaft auch ertragbar ist. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

13.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Mag.a Dr.in Petra Oberrauner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.58.54

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher:innen im Parlament und geschätzte Menschen zu Hause! Ich möchte mich heute dem Thema widmen: Wo verliert Österreich die Innovationskraft?


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Österreich verliert sie bei den Frauen. Eine mangelnde Frauenquote in der Forschung bedeutet, dass in Österreich auf die Hälfte der Bevölkerung und die Hälfte der Innovationskraft im Land verzichtet wird. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung kritisiert in seinem Bericht, dass Österreich in Bezug auf die IKT-Absolventinnen sogar unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Österreich liegt im Bereich der Patentierung mit 8 Prozent auf dem letzten Platz, was den Frauenanteil betrifft. Bei der eigenen Zielsetzung des BMK ist der Erfolg enden wollend: Das Ziel ist 20 Prozent, aber in den Jahren 2019 bis 2022 sind wir von 14,9 Prozent auf 15,1 Prozent gekommen. Bei diesem Tempo wird das ein Jahrhundertprojekt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang die Patentamtspräsidentin Karepova zitieren, die gesagt hat: „Wenn 50 Prozent der Studierenden Mädchen sind, aber nur 25 Prozent Technik studieren, wenn 40 Prozent der Forschenden an der Uni Frauen sind, aber nur 16 Prozent in den Firmen, wo die meisten öster­reichischen Patente herkommen, und am Ende nur 9 Prozent der Patente von Frauen sind, dann besteht an jeder Stelle dieser Kette dringender Hand­lungsbedarf.“ – Das wäre einmal ein guter Ansatz für das Budget. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Punkt, wo wir Innovationskraft verlieren, ist bei unseren Kindern und bei der Kinderbildung. Solange die Kinderbildung nicht ausreichend finanziert ist – 1 Milliarde Euro wurde von uns gefordert, 2 Milliarden wurden vereitelt, jeder kennt die Geschichte –, so lange verzichten wir auch auf Innovation von den Kleinsten weg und können zu den Innovationleadern nicht aufschließen. Das ist auch Faktum.

Das sind die zwei Dinge, über die nachzudenken ich Sie gerne bitten würde.

Ich möchte aber auch etwas Positives sagen: In der Weltraumforschung haben wir Schritte gemacht, Gott sei Dank, immerhin ist es eine Schlüsseltechnologie, es sind 200 Firmen in Österreich davon betroffen. 1 Euro von diesen Mitteln, der in die Wirtschaft geht, bedeutet 3 bis 4 Euro. Das ist wichtig und das ist für


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uns auch etwas sehr Relevantes, denn die Zukunft, auch die technologische Zukunft, wird auch im Weltraum entschieden werden. Das ist das, was ich dazu sagen wollte.

Abschließend möchte ich sagen, mit der Budgeterhöhung können wir zufrieden sein. Es ist noch nicht genug, aber es ist zumindest ein großer Schritt: 2023 haben wir 67 Millionen Euro an ESA-Mitteln und wir haben das Budget für die Wahlprogramme immerhin von 17 Millionen Euro auf 48 Millionen Euro aufgestockt. Das wird auch heißen, dass die Betriebe an EU-Förderungen teilhaben können, zum Beispiel Boost, wofür wir uns mit den Kollegen von der Freiheitlichen Partei sehr eingesetzt haben.

Ich freue mich darüber, das ist wirklich ein Fortschritt und kein Rückschritt, und da kann ich nur gratulieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Weratschnig.)

14.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Dr.in Elisabeth Götze. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.02.20

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Werter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:in­nen auf der Galerie, aber auch zu Hause oder von wo Sie sonst zuschauen! Wir haben uns nicht abgesprochen, meine Kollegin Petra Oberrauner und ich, obwohl ich sie schätze, aber wir haben das gleiche Thema gewählt: Frauen in Forschung, in Technik, das ist ein wichtiges Thema.

Ich möchte gleich anschließen: Eines der Ziele, die sich das Klimaschutz­ministerium, über dessen Budget wir ja heute diskutieren, im Zusammenhang mit Forschung gesetzt hat, ist die Erhöhung der Beteiligung von Frauen an Innovation, an Forschung – ein ganz wichtiges Ziel. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Weidinger.)


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Ich glaube, wir wissen, warum es wichtig ist – nicht nur aus persönlichen Befindlichkeiten, nein; es geht auch nicht nur um allgemeine Gleichstellungs­themen, sondern es ist auch wichtig für die Wirtschaft. Die Beteiligung von Frauen insbesondere an Führungspositionen, an Teams macht diese Teams erfolgreicher, innovativer, auch krisensicherer, und dieses Potenzial lassen wir in Österreich noch liegen.

Economica hat errechnet: 670 Millionen Euro an Wertschöpfung könnten wir generieren, wenn wir gemischtere, diversere Teams hätten, aber – Spoiler – das BMK hat sein Ziel der Diversität und der Förderung von Frauen überwiegend erreicht. Das ist, glaube ich, wirklich eine gute Nachricht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Schauen wir uns an, was sie tun – man kann sich davon, glaube ich, schon auch Dinge abschauen. Das offensichtlich Einfachste ist einmal, die Sichtbarkeit der Frauen zu erhöhen, durch verschiedene Initiativen wie die Etablierung einer Datenbank von Forscherinnen, Forschern oder die Vorstellung der Forscherin des Monats und Ähnliches. Wichtig sind aber auch die spezifische Förderung von Studentinnen, um ihnen ihr Studium in naturwissenschaftlichen Fächern zu erleichtern, klare Quotenvorgaben für Projekte zur Beteiligung von Frauen, zum Beispiel als Projektleiterinnen, oder auch für die Besetzung von Jurys. Das ist ganz wichtig, um auch andere Perspektiven hineinzubekommen.

Die Aufsichtsräte zum Beispiel in der AWS, also der Förderbank, beziehungs­weise der Forschungsförderungsgesellschaft, der FFG, wurden zunehmend mit Frauen besetzt. Und auch in Verträgen, beispielsweise wenn es um die Ausrich­tung von Konferenzen geht, oder in Werkverträgen bezüglich Veranstaltungen werden Quotenvorgaben berücksichtigt.

Ein Thema, das ich noch ansprechen möchte: Start-ups, Jungunternehmen. Sehr viele Frauen gründen heute Unternehmen, ich finde, die Zahl ist sehr beein-


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druckend: Rund 45 Prozent der Neugründungen gehen auf Frauen, also Grün­derinnen, zurück, und ein Drittel der neu gegründeten Unternehmen wird von Frauen geführt. Das ist, finde ich, wirklich eine gute Nachricht.

Wie kann man das noch mehr unterstützen? – Das BMK unterstützt Start-ups bei der Markteinführung, wenn Frauen beteiligt sind. Es gibt einen Bonus von 10 Prozent, einen Frauenbonus oder einen Diversitätsbonus, wenn man so will, wenn eine Frau im Gründungsteam in führender Rolle ist und auch Anteile hält.

Ein tolles Beispiel – das möchte ich nur noch kurz erwähnen – sind zum Beispiel die Female Founders, die sich explizit um Frauen in Start-ups kümmern. Es gibt auch tolle Start-ups in Österreich, die von Frauen geführt werden, die zur Lösung unserer Probleme beitragen. Ich möchte nur erwähnen: Codary, von zwei Frauen geführt, die Jugendlichen von zehn bis 16 Jahren das Programmieren spielerisch beibringen – ein Unternehmen, das von Forbes unter den 30 besten Gründer:innen unter 30 geführt wird. Ich glaube, das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte in Österreich, made in Austria sozusagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zusammenfassend: Ich glaube, wir dürfen nicht länger auf das Potenzial der Frauen verzichten. Es gibt viele Herausforderungen, und Frauen können und wollen zur Bewältigung derselben beitragen, sie brauchen aber die richtigen Rahmenbedingungen dazu. Es braucht Unterstützung und es braucht manchmal auch Vorgaben, damit Frauen die Möglichkeit dazu bekommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.07


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.07.51

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Eines ist schon bemerkenswert: Die Klimaanlagenministerin Gewessler hat es


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zustande gebracht, schon in der zweiten Budgetwoche nicht hier zu sein, weil sie lieber mit ihrer Klimaklebersekte nach Ägypten gejettet ist, wahrscheinlich wieder mit dem Privatjet. Dann kommt das zustande, dass Sie hier sitzen, Herr Vizekanzler, und einmal gar nichts zum Thema sagen. Das muss man einmal zusammenbringen, dass wir hier über Verkehr, Innovation, Klima und sonstige Dinge sprechen, und Sie erzählen uns irgendetwas aus Argentinien in den Siebzigerjahren. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie hätten auch Bezug zur Jetztzeit nehmen können, Herr Vizekanzler, Sie hätten auch über Katar sprechen können, über die Fußball-WM, die dort stattfindet, aber das haben Sie natürlich bewusst ausgelassen, weil Katar ja das neue Freundschaftsland der Frau Ministerin ist, weil man versucht, dort Gas und Sonstiges zu kaufen. Also das ist das, was Sie machen, und das zeigt im Prinzip auch, wie kaputt die Regierung tatsächlich ist, dass es überhaupt keinen Sachverstand in dieser Regierung gibt und dass es Ihnen, der Sie irgendwann einmal den Anstand plakatiert und bemüht haben, genau wie allen anderen Grünen in der Regierung nur um Geld für eigene NGOs geht – das wird ja im Klimaschutzministerium ganz massiv umverteilt –, dass es Ihnen nur um Ideologie geht, dass Sie Ihre Agenda beinhart durchziehen und dass Sie über­haupt nicht im Sinn haben, der Bevölkerung zu helfen und sie in einer schweren Phase, wie wir sie momentan haben, zu unterstützen. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist der Grund dafür, warum die heute abwesende Ministerin von mir als gefährlich bezeichnet wird, weil sie genau das macht, was auch Sie vorher gemacht haben, nämlich all diese Aktionen der Klimakleber kleinzureden. (Abg. Litschauer: Ich empfehle, Kronberger nachzulesen!) Ja, man muss wirklich über den Extremismus reden, der hier stattfindet, und man muss die Dinge auch aussprechen. Na selbstver­ständlich – da stehe ich auch dazu, was ich vorgestern bereits beantragt habe –, selbstverständlich gehören die Klimakleber genau überwacht, das darf sich gar nicht zum Terrorismus auswachsen, und selbstverständlich gehören die auch in


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den Verfassungsschutzbericht hinein. So müsste man damit umgehen, Herr Vizekanzler, anstatt all diese Dinge kleinzureden. (Abg. Weratschnig: Die Ängste der FPÖ sind unergründbar! Unglaublich!)

Was haben die Grünen aus dem Ministerium gemacht? – Eine grüne Gelddruck­maschine. Meine Anfragen der letzten Wochen haben gezeigt, dass sie ganz, ganz massiv Geld in grüne Agenturen umverteilen, dass sie ganz massiv Geld in grüne NGOs umverteilen – das ist das, was sie mit dem Ministerium machen. Es ist eine Postenfabrik geworden. Sie haben dort gnadenlos umgefärbt, ärger als die ÖVP – und das muss man einmal zusammenbringen (Abg. Weidinger: Na, na, na, na!), auch das muss man zustande bringen –, und Sie haben sich dort mit den Umfragen noch dazu einfach ein linkes Beinschab-Tool aufgebaut. (Abg. Weratschnig: Wo ist da jetzt der fachliche Beitrag? Wo ist denn der fachliche Beitrag zur Mobilität, Herr Kollege? – Zwischenruf des Abg. Litschauer.) Sie machen nichts anderes, als es die ÖVP gemacht hat, und das muss man auch einmal sichtbar machen. – Jetzt wird Gott sei Dank Kollege Weratschnig auch wieder munter, das war damit ja auch bezweckt. (Ruf bei den Grünen: Das ist Bluewashing!)

Wenn es darum geht, die Bevölkerung zu karniefeln, dann sind Sie vorne dabei, das sieht man gleich einmal bei der Erhöhung der NoVA. Die Erhöhung der NoVA ist ein Faktor gewesen, der dazu geführt hat, dass nicht das erreicht worden ist, was Sie wollten, nämlich dass die Fahrzeugflotte erneuert wird, nein, das hat dazu geführt, dass sich die Leute keine neuen Autos mehr gekauft haben und dass sie jetzt mit den alten Autos weiterfahren. Ob das am Ende des Tages der Effekt ist, den Sie bewirken wollten, wage ich zu bezweifeln; im Prinzip ist es nur so, dass Sie den Bürgern das Geld aus der Tasche gezogen haben.

Der nächste Anschlag, den die Grünen bereits im Einklang mit der Europäischen Union planen, ist der Ausstieg aus den Verbrennungsmotoren. Sie setzen bedingungslos auf eine Karte, Sie setzen bedingungslos auf Elektromobilität, wissen dabei aber, dass die Rohstoffe für diese Fahrzeuge von Kindern gefördert werden, dass es hier um Kinderarbeit geht, dass es hier auch ganz, ganz massive


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soziale Ungerechtigkeiten gibt, auf denen diese E-Mobilität schlussendlich beruht. (Abg. Weratschnig: Und die derzeitigen Autos sind alle sauber?!)

Sie wissen, dass wir jetzt zu wenig Energie haben. Womit wollen Sie all diese Stromautos dann aufladen, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Abg. Litschauer: Das Kobalt im Verbrennungsmotor ist ja wurscht!) Sie wissen, dass wir nicht über die entsprechende Leitungsinfrastruktur verfügen, fahren trotzdem sehenden Auges gegen die Wand. Sie haben noch nicht einmal ein Recycling­programm angedacht, was Sie mit diesen Elektroautos, die schlussendlich zum Sondermüll werden, dann machen werden (Abg. Litschauer: Die Firmen stehen eh in Deutschland!), aber die Ministerin hält an diesen krausen Theorien fest. Sogar die Europäische Union – und darüber sollten Sie einmal nachdenken, Herr Vizekanzler – denkt schon laut darüber nach, dass dieses Aus für den Verbren­ner nicht haltbar sein wird. Sie krallen sich da weiterhin fest und agieren einmal mehr völlig irrational.

Genauso irrational – ich möchte schon fast sagen: zynisch – ist auch das, was Sie den Österreichern vor wenigen Monaten mit Ihrer CO2-Steuer aufoktroyiert haben. In einer Zeit der Teuerung, in der diese so hoch ist, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg noch nicht gehabt haben, gehen Sie her und verordnen den Bürgern eine CO2-Steuer.

Weil ÖVP-Abgeordnete da gerade so süffisant lächeln: Sie brauchen nicht zu lachen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, denn es ist Ihre Schuld, dass diese Grünen hier außer Rand und Band sein und dass sie solche Beschlüsse herbeiführen können (Zwischenruf des Abg. Weidinger), weil Sie mit sich selbst beschäftigt sind und weil Sie nicht mehr in der Lage sind, den kleinen linken Koalitionspartner in irgendeiner Art und Weise zu kontrollieren. Sie sind schuld daran, dass die Bürger unter der Teuerung ächzen und stöhnen müssen (Abg. Kühberger: Was ist mit den Maßnahmenpaketen?), Sie sind schuld daran, dass es die CO2-Steuer gibt (Abg. Weratschnig: Ja, das hätten die Freiheitlichen nicht zusammengebracht! Das macht den Unterschied aus!), Sie sind schuld daran, dass der grüne Schwanz mit dem schwarzen Hund wedelt, meine sehr geehrten


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Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Weratschnig: Das hätten die Freiheitlichen nicht zusammengebracht!)

Was gibt es sonst noch für Unsinnigkeiten? – Kollege Weratschnig, ich kann es dir gleich sagen: eine völlig verunglückte StVO-Novelle, ein rein programma­tisches Ding, um den Radfahrern ein bisschen zu gefallen, aber gleichzeitig machen Sie damit eine Spaltung der Gesellschaft perfekt. Der Autofahrer wird zum Menschen zweiter Klasse degradiert, und schlussendlich werden dadurch wieder nur Teuerungen verursacht. (Abg. Litschauer: Ihr habt die Autofahrer ...!)

Schauen Sie sich einmal zum Beispiel diese Abstandsregel bei den Parkplätzen an, die eineinhalb Meter, die es jetzt gibt – das schlägt gerade massiv medial auf: Es wird in Wien Tausende Strafen geben, bei denen man nicht einmal genau weiß, wie man die überhaupt exekutieren soll. Das heißt, Sie sind einmal mehr die Partei der Verbote, Sie sind einmal mehr die Partei der Obermoralisten, und schlussendlich machen Sie, wie schon erwähnt, den Autofahrer zu einem Bürger zweiter Klasse.

Ihr Mantra, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, ist: abzocken, verbieten und spalten. (Abg. Litschauer – erheitert –: Verbieten wollen Sie, nicht wir! Die Klimaaktivisten!)

Auch vor einem Rechtsbruch, meine sehr geehrten Damen und Herren – ich würde gar nicht so lachen, Herr Kollege –, machen Sie nicht Halt. Wenn man weiß, dass die Ministerin in einem politischen Willkürakt – und da sollte auch die ÖVP wieder genau zuhören – zwei Nationalratsbeschlüsse negiert und einseitig das Straßenausbauprogramm stoppt, dann weiß man, wozu diese linke Kaste, diese linke Partei imstande ist (Abg. Litschauer – erheitert –: Na, ihr macht Ent­schließungsanträge zum Rechtsbruch!): Sie negiert Nationalratsbeschlüsse – das ist Faktum, das ist das, was gerade passiert.

Ihnen wird das Lachen auch noch vergehen, Herr Kollege, schneller als Sie glauben. Da können Sie dann wieder die Au oder Sonstiges besetzen, aber ich


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gehe davon aus, dass Ihr Minderheitenprogramm nicht mehr lange durchgezogen wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber eines noch zum Abschluss, eine Möglichkeit möchte ich Ihnen schon noch geben: Es führt aus meiner Sicht kein Weg an Neuwahlen vorbei, damit man diesen Spuk da beenden kann, aber bis dahin haben Sie die Möglichkeit, der Bevölkerung etwas zurückzugeben, sich bei der Bevölkerung zu entschuldigen, denn wenn Sie nicht bereit sind, Straßen zu bauen und wenn Sie diese Beschlüsse negieren, dann brauchen Sie auch nicht davon auszugehen, dass man in Zukunft noch den Preis für Vignetten einhebt, für die Mautpflicht einhebt.

Genau deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aussetzung der Mautpflicht in Form der Vignette für Österreicher“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit die Asfinag ab 1.1.2023 die Vignettenpflicht für Schnellstraßen und Autobahnen, insbesondere für Öster­reicher, aussetzen kann.“

*****

(Abg. Litschauer: Warum kriegen das die Österreicherinnen nicht? Das ist eine Diskriminierung: Da sind die Frauen ausgeschlossen!)

Wie gesagt, da hätten Sie die Möglichkeit, einen Ihrer multiplen Schäden wieder gutzumachen. Ich hoffe, dass wir uns dann auch bei einer positiven Abstimmung sehen. (Beifall bei der FPÖ.)

14.15


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Entschließungsantrag

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

betreffend Aussetzung der Mautpflicht in Form der Vignette für Österreicher

eingebracht in der 183. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 16. November 2022 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­vor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG41

Mit einem eigenartigen Schreiben vom 25.6.2021 des BMK an die ASFINAG wurde festgehalten, dass keine Ausschreibungen für etwaige Bauphasen oder bauliche Vorbereitungsmaßnahmen vorzunehmen sind.

Inzwischen ist klargeworden, dass die zuständige Ministerin entgegen den bundes­gesetzlichen Vorschriften an einem Baustopp für die meisten – bereits geplanten und im Bundestraßengesetz normierten - Straßenbauprojekte festhält.

Somit entfällt auch ein riesiges Investitionsvolumen für die Asfinag, das unter ande­rem mit den Einnahmen durch den Verkauf der Vignette aufgebracht wird.

Statt Millionen an Dividenden an die Republik auszuschütten (2022 sind es bereits 235 Millionen Euro) soll die Asfinag die Mautpflicht in Form der Vignette aussetzen und damit die Österreicher in Zeiten massiver Teuerung entlasten.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, die


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gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit die Asfinag ab 1.1.2023 die Vignet­tenpflicht für Schnellstraßen und Autobahnen, insbesondere für Österreicher, aussetzen kann.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Eva-Maria Himmelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.15.49

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, in die Zukunft zu investieren. Durch die Forschung und Entwicklung in Betrieben, in Universitäten, in außeruniversitären Einrichtungen legen wir den Grundstein für eine wirtschaftliche Weiter­ent­wicklung, für die Lösung regionaler Probleme bis hin zu globalen Prob­lemen und schaffen Wohlstand und Sicherheit für zukünftige Generationen.

Das alles klingt jetzt sehr pathetisch, aber es ist dennoch zutreffend, und es ist mir wichtig zu betonen, dass in diesem Budget nicht auf die Zukunft vergessen wird. Klar geben wir auch sehr viel Geld aus – wir haben sehr viel Geld in den vergangenen Jahren ausgegeben, tun das auch jetzt und werden das auch in Zukunft tun –, um die Folgen der Krise abzufedern, aber gleichzeitig schaffen wir Investitionen in Bereichen, die darüber hinausgehen.

Ich bin sicherlich nicht diejenige, die jetzt zur Ehrenrettung der Grünen oder der Ministerin ausrücken muss, aber ich möchte hier gerade auch bei diesem Kapitel betonen, wie wichtig es ist, auch bei der Klimakonferenz präsent zu sein. Wir müssen auch zugeben: Österreich oder Europa wird nicht allein die Klimakrise, die Umweltkrise lösen, sondern wir müssen ganz viele Beteiligte auf globaler Ebene finden, die uns auf diesem Weg begleiten und da auch Maßnahmen set­zen. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)


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Wir setzen ganz konkrete Maßnahmen auch hier in diesen Kapiteln in diesem Budget, so werden Projekte im Bereich künstliche Intelligenz, die zur Ein­dämmung des Klimawandels und dadurch zum Schutz der Umwelt beitragen, unterstützt, wir wollen hoch hinaus durch die Förderung der Weltraumtech­nologie und wir sind am Start, wenn es um Forschung betreffend erneuerbare Energie und Zukunft der Batterie geht. Mobilitäts- und Energiewende, Klima­schutz, Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung sind nur ein paar der Stichworte, die sich in diesem Kapitel wiederfinden.

Was heißt das jetzt an konkreten Zahlen? – Schauen wir uns das an: Das Budget 2023 sieht im Bereich Innovation und Technologie, also im Forschungs­kapitel, 624,1 Millionen Euro für 2023 vor, das sind 42,5 Millionen Euro mehr beziehungsweise 7,3 Prozent. Ich danke Kollegin Oberrauner, die heute hier auch ein Lob dafür ausgesprochen hat – das ist etwas Seltenes bei dem, was wir dieser Tage gehört haben: entweder war alles zu wenig oder zu viel oder beides gleichzeitig. Ich freue mich, dass wir zumindest einmal in diesem Kapitel auch die Erwartungen der SPÖ erfüllt haben.

Wenn ich vielleicht noch eines draufsetzen darf, wenn ich das Förderbudget insgesamt anschauen darf: Die Forschungsausgaben des Bundes steigen um 7 Prozent auf über 4 Milliarden Euro, und ich glaube, darauf können wir durchaus stolz sein.

Es ist ein motivierendes Zeichen, wenn Unternehmen in Österreich investieren, wenn sie sich mit neuen Produkten und Dienstleistungen beschäftigen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Wir können stolz sein auf die klugen Köpfe in diesen Unternehmen, in den Universitäten, in den außeruniversitären Einrich­tungen und auf die Arbeit, die sie dort leisten. Wir brauchen diese, um über die Krise zu kommen und eine Perspektive zu schaffen. Daher darf ich auch ganz herzlich Danke sagen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.18



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.19.01

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Wir reden über das Umwelt- und Klimabudget 2023, und wenn man sich das Budget anschaut, hat man den Eindruck, diese Bundesregierung glaubt, dass Geld allein die Welt retten kann, und man muss ehrlicherweise sagen: Wenn man sich das im Detail anschaut, sieht man, dass das nicht funktionieren wird.

Die Grünen haben – und das haben wir immer wieder anerkannt –, was die Zielsetzung in der Klimakrise, in der Biodiversitätskrise betrifft, auch in der Frage des Flächenverbrauchs Ziele, die wir als NEOS durchaus teilen. Wir teilen auch das Ziel der Bundesregierung, die Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen.

Schauen wir uns das konkrete Budget an! Ich habe die Ministerin im Budget­ausschuss gefragt: Welches Ziel visieren Sie mit diesem Budget an? Gibt es da einen Pfad zur Klimaneutralität bis 2040 – das sind ja nur noch 17 Jahre –, oder sind es die europäischen Ziele bis 2050, oder ist es vielleicht ein Budget, das keines der beiden Ziele erreicht?

Sie konnte es mir nicht beantworten. Sie hat schlicht nicht gewusst, ob ihre Maßnahmen, die sie im nächsten Jahr setzt, in dem Ausmaß dem Pfad ent­sprechen, den wir international bereits zugesagt haben.

Das ist übrigens auch der Grund dafür, warum wir so vehement ein Klima­schutzgesetz fordern. Ein Klimaschutzgesetz würde genau diesen Pfad festschreiben, wie man zur Klimaneutralität 2040 kommt. Die Regierung verabsäumt es, die richtigen Gesetze zu verabschieden, und beschließt dann Budgets, von denen sie selbst nicht weiß, ob sie ausreichen, um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen.

Wie schaut denn das in der konkreten Gesetzgebung aus? Da kommt nämlich jetzt sehr oft: Wir geben da mehr aus, wir geben dort mehr aus, und wir sind


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überhaupt die grünste Bundesregierung, die diese Republik jemals erlebt hat! (Vizekanzler Kogler: Das stimmt auch!) Das Problem in der Sache ist, dass Sie Geld ausgeben, aber nicht überwachen, kontrollieren und definieren, wofür.

Ich möchte nur ein paar Beispiele erwähnen, damit man sich auch als Zuseher und Zuseherin ein Bild machen kann: Es gibt 49 Millionen Euro mehr für die thermische Sanierung. Das Problem ist, die Definition, was thermische Sanierung ist, ist seit drei Jahren ausständig. Man gibt also 49 Millionen Euro aus, weiß aber nicht genau, wofür.

In den Reden sagt man, es sind 5 Milliarden Euro für die Transformation der Industrie – im Budget finden sich 175 Millionen Euro und mit der Industrie hat man nicht gesprochen.

Man sagt: 48 Millionen Euro mehr für die Fernwärme, gibt aber gleichzeitig keinen Pfad vor, wann die fossile Energie aus der Fernwärme entfernt sein soll.

Man sagt: 190 Millionen Euro mehr für Energieeffizienzmaßnahmen, ist aber bereits seit mehr als zwei Jahren das Energieeffizienzgesetz schuldig, das genau definieren würde, wie wir Energie erfolgreich einsparen.

Man sagt: 40 Millionen mehr für die Klimafinanzierung. – Wir fragen die Frau Ministerin im Budgetausschuss: In welche Fonds soll das gehen? – Sie konnte uns nicht beantworten, wofür das Geld eingesetzt werden soll.

Man sagt: 20 Millionen Euro mehr für Leergutrücknahme. – Gleichzeitig ist es so, dass wir wissen, dass wir durch die Digitalisierung bei der Leergutrücknahme 90 Prozent der Kosten einsparen könnten. Diese Form der Einsparung wird vom Ministerium nicht geprüft.

Man sagt: 15 Millionen Euro mehr für die Reparatur von Elektrogeräten, Altgeräten. – Wir wissen genau, dass es nicht um den Bonus geht, sondern dass die hohen Lohnnebenkosten dafür sorgen, dass man in Österreich nicht kostengünstig reparieren kann.


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Das heißt, man nimmt im Klima- und Umweltbudget viel Geld in die Hand, weil man nicht wirklich Gesetze verabschieden will, die zu einer echten Trans­formation führen.

Wenn Sie wirklich bis 2040 Klimaneutralität wollen, wenn Sie eine wirkliche Verwandlung wollen, mit der wir mehr Lebensqualität haben, mit der wir innovative Unternehmen in unserem Land haben, mit der wir wirklich vorne mit dabei sind und mit der wir natürlich auch unserer historischen Verantwortung in der Weltgemeinschaft gerecht werden, dann beschließen Sie die richtigen Gesetze! Hören Sie auch auf die Expertinnen und Experten und machen Sie nicht solch eine Schaumschlägerpolitik wie derzeit! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

14.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Alois Schroll. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.23.00

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Galerie! Geschätzte Studentinnen und Studenten aus Waidhofen an der Ybbs! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ein Blick auf das Budget für den Teil Klima reicht für ein Urteil: Energie heißt das Thema und Ihre Arbeit hat damit nichts zu tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Auf der Förderseite wird zwar immer mehr Geld bereitgestellt, aber die wirklich wichtigen strukturellen und regulatorischen Maßnahmen bleiben aus, wie es zum Beispiel meine Kollegin Juli Herr heute schon angesprochen hat: 684 Tage kein Klimaschutzgesetz, 684 Tage kein Energieeffizienzgesetz, kein Erneuerbare-Wärme-Gesetz, kein Gasgesetz und, und, und – ich könnte noch vieles erzählen; es kommt noch ein bisschen etwas. (Zwischenruf des Abg. Weratschnig.)


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Man kann jetzt aber nicht sagen, dass nichts passiert, immerhin reiht sich ein Regierungsflop an den anderen; das kann man schon sagen. Ich kann euch heute ein Best-of davon bringen:

Energiegutschein: ein missglückter Versuch, mit Einmalzahlungen Wählerstim­men auf die Seite zu ziehen – alles verpufft!

Klimabonus und Antiteuerungsbonus (Abg. Litschauer hält ein Säulendiagramm mit dem Titel „Sonnenstrom in Österreich“ in die Höhe): nicht abgeschlossen. Über eine halbe Million Leute warten auf das Geld. Die Klimaschutzministerin, Energie­minis­terin hat versprochen, im September hat jeder sein Geld.

Jetzt kommt ein Negativlieblingsbeispiel von mir, die Abu-Dhabi-Reise: Minis­terin Gewessler ist damals bei ihrer ersten Reise mit der Bundesregierung in die Vereinigten Arabischen Emirate geflogen, natürlich im Privatjet. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.  Abg. Kassegger: Eine Musterdemokratie!) Ich habe eine parla­mentarische Anfrage eingebracht, in der ich sie gefragt habe, was im Memo­randum of Understanding drinnen steht. Ich habe gefragt: Was haben Sie in Abu Dhabi unterschrieben?, und die Antwort war – wirklich, hört zu, liebe Grüne! (Zwischenruf des Abg. Loacker–, sie weiß nicht, was drinnen gestanden ist, weil sie und das BMK nicht eingebunden waren. Na, was war das denn für eine Reise? Haben sie eine Urlaubsreise nach Abu Dhabi gemacht? (Zwischenruf des Abg. Weratschnig.) – Es ist so, lieber Kollege. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Die zweite Reise, es wird noch - - (Abg. Weratschnig: Das ist einfach unwahr! Reiner Populismus, Herr Kollege!) – Hört zu! Es wird noch besser. (Abg. Weratschnig: Reiner Populismus!) Zweite Reise am 26. Oktober: Ein Schiff wird kommen, ein Schiff mit LNG kommt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Litschauer: Populismus!) 3 900 Tonnen  Schweröl braucht das eine Schiff (Zwischenruf des Abg. Deimek) zum Herauf- und zum Hinunterfahren. (Abg. Hafenecker: ... Urlaub! – Zwischenruf bei den NEOS.) Und unsere Energieministerin hat uns im Ausschuss gesagt (Abg. Weratschnig: Das ist ein reiner - -! Unglaublich!),


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65 000 Haushalte kann man mit diesem Gas versorgen. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Was ist denn mit den anderen 4 235 000 Haushalten? – Weiß man nicht, kann man nicht sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zusammengefasst: Ignoranz, Versäumnisse und ein völlig planloses Zuschauen dieser Regierung. Anstatt das Problem wirklich an der Wurzel zu packen, was wir seit Monaten fordern, nämlich den Gaspreisdeckel, schaut ihr einfach weg, betreibt eure Einmal- und Gutscheinpolitik weiter (Abg. Schwarz: Auf den Gas­preis ...!) und glaubt, ihr seid damit erfolgreich – njet! Nix! Es geht einfach nichts mehr weiter. (Zwischenrufe bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Eines muss man der Bundesministerin - - (Vizekanzler Kogler: ... sollte nach Russland fahren, wo Sie vorher auch immer waren!) – Herr Vizekanzler, wenn Sie sagen - - (Vizekanzler Kogler: Sagen Sie mal was zur Gasabhängigkeit ...!) – Wenn Sie sagen, Herr Vizekanzler, wir sind die, die die Abhängigkeit von Russland - - (Vizekanzler Kogler: Alles Ihre Verantwortung!) – Hören Sie zu, jetzt bin ich dran! (Neuerliche Zwischenbemerkung von Vizekanzler Kogler. – Zwischenrufe bei den Grünen.) – Herr Vizekanzler, jetzt bin ich dran! Sie können sich dann melden! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Kainz.)

Wer hat denn in den letzten Jahrzehnten verhindert, dass Wasserkraftwerke gebaut werden, dass Windkraftwerke gebaut werden? Ihr habt euch überall angekettet. (Ruf bei der FPÖ: Klimaterroristen! – Zwischenrufe bei den Grünen.) Ihr wart jene, die das verhindert haben, so schaut es aus! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS. – Rufe bei den Grünen: Das ist ja unglaublich! Unfassbar!) – Untragbar, ja. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Regierungsverantwortung, betreiben nichts anderes als Symptombehandlung (Ruf bei den Grünen: Das ist ja eine reine blaue Regierungs- -! – Vizekanzler Kogler: Rot-blau!), die dahinterliegenden Ursachen sind Ihnen egal. Was ihr auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger treibt, ist ein energie- und sozialpolitisches Glücksspiel mit der Zukunft


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Österreichs (Ruf bei den Grünen: 20 cm neben dem Hafenecker!); ihr spielt euch damit. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Kogler.)

Was noch dazukommt, ist, Sie setzen bei diesem Glücksspiel immer auf null (Zwischenruf bei den Grünen); bei allen Themen, bei allen Vorschlägen, bei allen Projekten immer das Gleiche: die Zahl Null. (Ruf bei den Grünen: Biogas ver­hindern, aber Energie ...!) Mit überlegtem strategischem Handeln hat das nichts mehr zu tun. Wie am Roulettetisch gilt auch für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen auf dieser Regierungsbank: Rien ne va plus, nichts geht mehr! Treten Sie zurück! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Weratschnig: Das klingt nach rot-blauer Vision! Das ist die rot-blaue Vision der Zukunft! Das ist schon die Vorbereitung für Rot-Blau! Unglaublich!)

14.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Tanja Graf. – Bitte, Frau Abge­ordnete. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von Grünen und SPÖ.)


14.27.39

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! (Abg. Matznetter: Die Regie­rung ...!) Geschätzter Vizekanzler! Geschätzter Staatssekretär! Herr Matznetter, Kollegin Graf ist am Wort, wenn ich bitten darf! (Abg. Weratschnig: Das war jetzt die rot-blaue Auflage!)

Das Einzige, das von der ganzen Rede von Herrn Kollegen Alois Schroll und von der SPÖ bei mir hängen geblieben ist, ist, dass Sie nicht einverstanden sind, dass ein Haushalt einen Energiescheck bekommt, dass Sie nicht einverstanden sind, dass ein Klimascheck ausgezahlt worden ist, wo jeder 500 Euro bekommen hat, dass die Kinder 250 Euro bekommen. (Ruf bei der SPÖ: Das sind Almosen, Frau Kollegin, Einmalzahlungen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ein herzliches Dankeschön an die SPÖ, dass Sie nicht einverstanden sind, dass unsere Öster­reicherinnen und Österreicher das ausbezahlt bekommen haben, ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Litschauer und Weratschnig.)


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Nun aber zum Wesentlichen: Die Energiewende funktioniert nur, wenn wir alle an einem Strang ziehen, das muss uns klar sein. Der Staat leistet auch da seinen Beitrag (Zwischenruf des Abg. Kassegger), indem er eben in der Unterglie­de­rung 43, bei der es um Klima, Umwelt und Energie geht, für das Jahr 2023 3,6 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Bis 2026 wird die Mittelbereitschaft 14,8 Milliarden Euro ausmachen. Der Bund leistet seinen Beitrag.

Klimaschutz und Umweltschutz spielen natürlich in allen Ministerien eine Rolle. Es ist eigentlich jeder und jede gefragt, der seinen Beitrag leisten sollte, könnte und müsste.

Ich möchte hier aber trotzdem noch einmal den wesentlichen Beitrag hervor­heben. An erster Stelle steht für uns der Transformationsfonds für die energieintensiven Unternehmen. Wir möchten mit den 4,9 Milliarden Euro, die in den nächsten Jahren dafür ausbezahlt werden, sicherstellen, dass unsere Betriebe auch den Schritt in die Energiewende schaffen, denn nur mit unseren Betrieben werden wir Arbeitsplätze sichern und auch den Wirtschaftsstandort Österreich absichern können.

Transformation ist der eine Teil, der zweite wichtige Teil ist natürlich der Ausbau der erneuerbaren Energie, auch um unabhängiger zu werden. Mein Kollege Schmuckenschlager hat es schon erwähnt, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz ist am Weg, es ist ein wichtiger Schritt gewesen.

Was wir in diesen Tagen jetzt auch gemacht haben, ist die wichtige Gemeinde­milliarde, aus der unter anderem 500 Millionen Euro für Energieeffizienz, für den Umstieg auf erneuerbare Energieträger investiert werden. Das bringt Wert­schöpfung und Arbeitsplätze in den Regionen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren, eine rasche Energiewende wird uns nicht nur mit einer Technologie gelingen, sondern es braucht eine Vielzahl davon. So vielseitig und facettenreich unser Österreich ist, so vielfältig sollte auch der Energiemix sein.


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Wie schon anfangs erwähnt: Wir werden es nur gemeinsam schaffen, es braucht viel mehr Innovationen, mehr angewandte Forschung, mehr technologischen Fortschritt, mehr Expertise und vor allem, meine Damen und Herren, mehr Fachkräfte für die Energiewende. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Weidinger: Bravo!)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.30.52

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ja, wir haben jetzt Budgetwoche, und ich möchte noch einmal ein paar Dinge in Erinnerung rufen, die in diesem Zusammenhang mit Sicherheit eine Rolle spielen, nämlich die Zahl 17 Milliarden Euro Defizit, der Zinsendienst steigt auf 8 Mil­liar­den oder 9 Milliarden Euro, und dann die Ansage, die ich im Laufe dieser Woche zum Beispiel seitens der ÖVP gehört habe, wir hätten ein ausgewogenes, balanced Budget. Also davon kann man wirklich beim besten Willen nicht reden, wenn man 17 Milliarden Euro Defizit macht. In einer Zeit, in der die Zinsen steigen, kann man weder von einem ausgewogenen, balanced Budget sprechen und schon gar nicht von einem zukunftsfitten Budget, das uns zukunftsfit macht. Das Gegenteil ist der Fall! (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

Wenn Finanzminister Brunner in weiterer Folge davon spricht, dass wir uns bis 2026 auf einem sehr guten Konsolidierungspfad befinden, und ich mir die Zahlen dazu anschaue – 10 Milliarden Euro Defizit 2024, 10 Milliarden Euro Defizit 2025 und 9 Milliarden Euro Defizit 2026 –, dann kann ich da beim besten Willen keinen Konsolidierungspfad erkennen. Da erlauben Sie mir schon die Fest­stellung, dass ich leichte Probleme mit Ihrer Glaubwürdigkeit habe. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Kommen wir aber nunmehr zum Klima- und Umweltbereich – ich sage bewusst: Klima- und Umweltbereich. Dazumal war es die Umweltpolitik, das ist die Politik


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für unsere unmittelbare Umwelt, jetzt ist es die Klimapolitik, für die man sehr, sehr viel Geld in die Hand nimmt – ich zitiere jetzt teilweise meine Vorredner –, 5 Milliarden Euro für die Transformation, Milliarden Euro für Frau Bundes­minister Gewessler, um die Klimaziele zu erreichen.

Kollegin Graf hat vorhin gesagt, wir sollten doch alle an einem Strang ziehen. Vollkommen richtig! Da bin ich aber Globalist: Ich würde einmal empfehlen, mit diesem Begehr nach China, nach Indien und in die USA zu gehen und dort zu sagen, dass wir jetzt alle an einem Strang ziehen sollen, denn die machen alle bei dieser Klimapolitik nicht mit. Vielmehr gehen die Europäer, die ganze 8 Prozent des CO2 weltweit emittieren, als leuchtendes Beispiel voran, und zwar zu einem ganz, ganz hohen Preis, der unseres Erachtens viel zu hoch ist. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Weratschnig: Also sollen wir warten aufs Klima?)

Reden Sie einmal mit den Chinesen und den Indern, und setzen wir uns zusam­men, dann ziehen wir gemeinsam an einem Strang und dann reden wir weiter und retten das Klima der Welt, aber gehen Sie nicht da in Europa mit Milliarden Euro voran. (Abg. Weratschnig: Warten wir ein Jahrzehnt aufs Klima?) Von der Leyen spricht von 55 Prozent Treibhausgasreduktion. Das kostet 750 Milliarden Euro. 5 Milliarden Euro für die Transformation, Milliarden Euro für das Bundesministerium, 2 Milliarden Euro für das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (Abg. Weratschnig: Spielen wir Klimamikado!): Vergessen Sie bitte nicht, wer das alles bezahlen soll! Das sind wir, das sind die österreichischen Bürger, die das am Ende zahlen, und das finden wir weder ausgewogen noch vernünftig.

In der Klima- und Energiepolitik muss doch auch die Vernunft etwas zählen, und vernünftig wäre, dass wir selbstverständlich aus verschiedenen Gründen auch den Umstieg auf Erneuerbare machen wollen, aber das muss doch mit anderen Zielen, die wir gleichzeitig zu verfolgen haben, ausgewogen sein, nämlich beispielsweise jenem der Erhaltung der Versorgungssicherheit. Die wird mit hochvolatilen Wind- und PV-Anlagen nicht sichergestellt, die wird auch nicht sichergestellt, indem wir uns in neue Abhängigkeiten begeben, also alte gegen neue austauschen. Und die wird auch nicht mit dem Märchen sichergestellt –


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und ich spreche da bewusst von einem Märchen –, dass Öl und Gas von den Mengen her kurz- bis mittelfristig durch Wind- und PV-Anlagen zu ersetzen wären.

Das geht sich einfach nicht aus, denn wir reden da von zehnfachen Mengen: Für 90 Terawattstunden, das wissen Sie, brauchen wir Gas, und für ungefähr 140 Terawattstunden Öl. Die Gesamtproduktion der Windräder und der PV-Anlagen in Österreich sind 10 bis maximal 15 Terawattstunden, und der ganze Ausbauplan bis 2030 sieht den Ausbau um weitere 20 Terawattstunden vor, was jetzt PV und Wind betrifft. Dann sind wir bei 30, 35 Terawattstunden, da fehlen dann aber immer noch über 200 Terawattstunden. Also das geht sich beim besten Willen nicht aus.

Der dritte Punkt, der immer zu berücksichtigen ist und den Sie völlig ausblenden, ist die Leistbarkeit, sind die Kosten. Die kostengünstige Energie ist doch ein Grundproduktionsfaktor für eine erfolgreiche Wirtschaft, für eine erfolgreiche Industrie, damit ein Grundfaktor für die Schaffung von Arbeitsplätzen und damit ein Grundfaktor für die Schaffung von Wohlstand. Das blenden Sie völlig aus. Es wird dann so lapidar festgestellt: Na ja, die Amerikaner haben ein Fünftel der Energiekosten, die wir haben!, oder: Wir haben die fünffachen Energiekosten, die die Amerikaner haben! Das geht sich dann am Ende, was den wirtschaft­lichen Erfolg betrifft, was den Standort Europa, Deutschland, Österreich betrifft, nicht aus.

Was wird folgen? – Die Industrie wird abwandern und damit werden Arbeits­plätze verloren gehen, vernichtet werden und damit Wohlstand beschädigt und vernichtet. Das ist doch nicht vernünftig. Also ich ersuche schon, auch in diesem durchaus wichtigen Bereich Vernunft walten zu lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenig vernünftig ist auch das Geld-im-Kreis-schick-Spiel CO2-Steuer auf der einen Seite und Klimabonus auf der anderen Seite. Ich bringe jetzt nur die Kurzversion. Das hat mit Vernunft nichts zu tun. Wenig vernünftig ist es auch, im Rahmen des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes, das jetzt ja sozusagen in der


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Pipeline ist, Anlagegüter mit erheblichem Wert vor Ende der Nutzungsdauer, und zwar weit vor Ende der Nutzungsdauer, auf den Müllhaufen zu schmeißen. Welcher vernünftige Mensch macht so etwas? – Kein vernünftiger Mensch, aber die Regierung will sämtliche Gasheizungen, Ölheizungen und so weiter einfach wegschmeißen. Das ist doch ökonomisch ein Schildbürgerstreich zulasten unserer Bürger. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist auch nicht unbedingt vernünftig, die strategische Gasreserve, nachdem man in einer Panik draufgekommen ist, dass wir das vielleicht bräuchten, zu Irrsinnspreisen einzukaufen, 20 Terawattstunden um 4 Milliarden Euro. Wenn man das strategisch erkannt hätte, und wir haben auch vorher schon gefordert, es den Deutschen nachzumachen, wenn man das also ein, zwei Jahre früher gekauft hätte, hätte das einen Bruchteil davon gekostet. – Ist ja nur Steuerzah­lergeld, wir haben’s ja. – Nein, wir haben’s nicht! Wir machen 17 Milliarden Euro Defizit bei steigenden Zinsen.

Meritorder ist vom Kollegen von den Grünen schon angesprochen worden. Erstens einmal ist es jetzt nicht prioritär unsere Aufgabe als Oppositionspartei, da Änderungen herbeizuführen, sondern es ist eine Aufgabe auf europäischer Ebene. Natürlich gibt es da Alternativsysteme, das iberische Modell, es gibt Systeme, nach denen man die Märkte zwischen einem Grundlastmarkt, der geregelt ist, und einem Spitzenmarkt, der durchaus frei bleiben kann, trennt. Da gibt es genug, aber es fehlt der politische Wille. Es wird uns erzählt, es sei alles so schwierig und so kompliziert. Das erzählt mir meistens jemand, der Dinge nicht machen will.

Sie wollen das nicht machen, die Europäische Union will das nicht machen. Warum nicht? – Weil die Situation ja jetzt herrlich ist. Und da sind wir jetzt bei den bösen Energiekonzernen, die sich Milliarden Euro verdienen. Das ist richtig, die verdienen sich Milliarden Euro. Aber wer sind denn die bösen Energie­konzerne in Österreich? – Das sind doch in der Masse der Verbund, der mehr oder weniger im Staatseigentum steht, und die Landesenergieversorger im Landeseigentum. Was passiert denn dann mit den Milliarden und Millionen Euro,


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die sie an Gewinn machen? – Die werden im Rahmen der Gewinnausschüttung verwendet, um dann irgendwelche Budgetlöcher in Niederösterreich, im Burgenland, in Kärnten oder bei Ihnen, Herr Finanzminister Brunner, zu stopfen. Und wer zahlt das am Ende? – Wieder der Bürger. Das ist doch nicht vernünftig.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „umgehendes Aussetzen des ,Merit-Order-Prinzips‘ zur Strom­preis­festsetzung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich umgehend und mit Nachdruck auf Europäischer Ebene für ein sofortiges Aussetzen des sogenannten ,Merit-Order-Prinzips‘ zur Strompreisfestsetzung einzusetzen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

14.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger und weiterer Abgeordneter

betreffend umgehendes Aussetzen des „Merit-Order-Prinzips“ zur Strompreis-festsetzung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen


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(1787 d.B.) (UG 43 Klima, Umwelt und Energie) in der 183. Sitzung des Nationalrats am 17. November 2022

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der seit Monaten extrem steigenden Gaspreise auch als Folge der Sanktionspolitik gegenüber Russland stößt das derzeit zur Anwendung kommende Strompreisbildungssystem auf Europäischer Ebene auf zunehmendes Unverständnis und massive Kritik.

So führt das sogenannte Merit-Order-Prinzip, wonach jene an der Strombörse anbietenden Kraftwerke, die billigeren Strom produzieren, zuerst zur Deckung der Nachfrage herangezogen werden, letztlich dann aber das teuerste zur Deckung der Nachfrage benötigte Kraftwerk, sprich: Gaskraftwerke, den Preis bestimmt, in der jetzigen Situation zu einer zusätzlichen Befeuerung der Strompreise.

Somit bestimmt gegenwärtig die letzte erforderliche Kilowattstunde aus einem Gas­kraftwerk den Preis, der letztlich vom Kunden zu zahlen ist. Die in Österreich wesentlich günstigere Stromproduktion, bspw. durch die heimische Wasserkraft oder Windenergie, kommt aufgrund dieser in der jetzigen Situation mehr als absurd anmutenden Preisbildungsmethodik nicht beim Konsumenten an.

Dies führt derzeit dazu, dass die Stromproduzenten den Strom, der in Österreichs Haushalten verbraucht wird, derzeit um 4,4 Milliarden Euro über den Herstellungs-kosten verkaufen, wie das österreichische Online-Tarifvergleichsportal durchblicker.at kürzlich errechnete.

„2023 werden es nach jetzigem Stand allein im ersten Jahresviertel 2,7 Milliarden Euro sein“, so der Energieexperte von durchblicker.at, Stefan Spiegelhofer. Jährlich verbrauchen Österreichs Haushalte gemeinsam rund 18 Terawattstunden (TWh) Strom. Rund 85 Prozent davon stammen aus erneuerbaren Energiequellen.

Die höchsten Zufallsgewinne entstehen im österreichischen Strom-Mix in der Wasser-kraft, in der Windenergie und bei Biomasse. (09.09.2022/ https://help.orf.at/-stories/3215025/)


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In Krisenzeiten, wie diesen kann es daher nicht sein, dass günstig hergestellter Strom aus Wasserkraft, Solarenergie oder Wind zum selben Preis verkauft wird, wie der aufgrund des Gaspreisexplosion viel teurer produzierte Strom. Auch wenn das Merit-Order-Prinzip unter „normalen“ Marktbedingungen funktioniert, so ist es jetzt geeignet, am Rücken der Bevölkerung die Preise künstlich in die Höhe zu treiben. Während Energieunternehmen dadurch Rekordgewinne schreiben, stürzt die Stromrechnung unzählige Menschen in Existenznot und gefährdet den Wohlstand im Land.

Eine dringende Entkoppelung der Strom- von den Gaspreisen und somit ein Aussetzen des Merit-Order-Prinzips auf unbestimmte Zeit ist daher ein Gebot der Stunde und im Interesse der heimischen Bevölkerung umgehend mit Nachdruck zu verfolgen.

Spät aber doch erfolgt nun auch beim österreichischen Bundeskanzler Nehammer ein Umdenken.

Noch im Mai dieses Jahres wurde von Seiten des Finanzministeriums klargestellt, dass aufgrund der aktuellen Strom-Gaspreis-Kopplung derzeit auch Stromunternehmen von den steigenden Gaspreisen, deren Stromproduktion zu einem überwiegenden Anteil aus Erneuerbarer Energie stammt, profitieren, man die derzeitige Art der Strompreisbildung nicht in Frage stelle. (06.05.2022/SN)

Wurden bisher somit auch von Seiten der österreichischen Bundesregierung ent­sprechende Forderungen nach einer Entkoppelung der Strom- und Gaspreise belächelt oder überhaupt abgelehnt, so fordert nun auch Nehammer genau dieses, was angesichts der Untätigkeit der letzten Monate geradezu zynisch in den Ohren derer klingen mag, die nicht mehr wissen, wie sie ihre Stromrechnungen begleichen sollen.

„Wir müssen diesen Irrsinn, der sich derzeit auf den Energiemärkten abspielt, endlich stoppen“, so Nehammer. „Man muss den Strompreis vom Gaspreis entkoppeln, und er muss sich wieder an die tatsächlichen Kosten der Erzeugung annähern“, so Nehammer weiter.


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Die Europäische Kommission hat sich jedoch in diesem Zusammenhang bis dato lediglich auf Ankündigungspolitik beschränkt und noch keine konkreten Initiativen zur dringend erforderlichen Entkopplung der Strom- von den Gaspreisen vorgelegt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich umgehend und mit Nachdruck auf Europäischer Ebene für ein sofortiges Aussetzen des sogenannten „Merit-Order-Prinzips“ zur Strompreisfestsetzung einzusetzen."

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Johann Singer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.40.04

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und vor den Bildschirmen! Wir besprechen zu diesem Tagesordnungspunkt eine Fülle von Themen. Ich möchte mich besonders mit dem ÖBB-Rahmenplan 2023 bis 2028 beschäftigen, und das aus Sicht des ländlichen Raumes.

Mir ist natürlich klar, dass die Errichtung des Systems Südbahn – gemeint ist die Bahnstrecke zwischen Wien und Klagenfurt –, der Bau des Brennerbasistunnels oder die Fertigstellung des viergleisigen Ausbaus der Westbahnstrecke zwischen Wien und Wels natürlich die zentralen Eckpunkte dieses Rahmenplanes sind.


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Insgesamt ist ein Budgetvolumen von 19 Milliarden Euro bis 2028 vorgesehen. Dieses Volumen bedeutet eine große Herausforderung für die jeweiligen Budgets in den betroffenen Jahren.

Wir investieren damit mehr in die Bahn und in die Bahninfrastruktur als viele andere europäische Länder und setzen damit die Zielsetzungen des Regierungsprogramms um, nämlich mit entsprechenden Investitionen in allen Bundesländern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich darf ein paar Punkte beziehungsweise Schwerpunkte aus Sicht des ländlichen Raumes herausgreifen und diese Sichtweise mit praktischen Beispielen aus meinem Heimatbundesland Oberösterreich versehen.

Zum einen werden die Bahnstrecken ausgebaut und attraktiviert. In Ober­österreich betrifft das die Pyhrnbahnstrecke, die Salzkammergutbahn, die Hausruckbahn, die Mühlkreisbahn und die Summerauer Bahn.

Die Elektrifizierung der Bahnstrecken ist ein wesentlicher Teil dieses Rahmenprogramms. Die Mattigtalbahn, die Innkreisbahn, die Donauuferbahn und die Almtalbahn in Oberösterreich sind davon betroffen.

Die Modernisierung der Bahnhöfe wurde auch schon angesprochen. Wichtig auch für den ländlichen Raum sind der barrierefreie Zugang zur Bahn selbst, der Ausbau des Services auf den Bahnhöfen und Park-and-Ride-Anlagen. Park-and-Ride-Stellplätze sind gerade für die Pendler sehr wichtig. In Oberöster­reich sind bis 2026 insgesamt 2 400 zusätzliche Stellplätze vorgesehen.

Apropos Pendler: Das bringt mich zu einer Forderung, die ich schon mehrfach aufgestellt habe: Wir brauchen auch im ländlichen Raum, in dünn besiedelten Räumen, Transportdienstleistungen für die Menschen, sogenannte Mikro-ÖV-Systeme. Diese tragen letztendlich auch zur Stärkung des öffentlichen Verkehrs generell und zur Attraktivierung des Klimatickets für die Menschen im ländlichen Raum bei.


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Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin sicher, dass mit diesem ÖBB-Rahmen­plan der Schienenverkehr weiter verbessert wird und dass wir damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen sowie Bravoruf des Abg. Weidinger.)

14.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Yannick Shetty. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.43.46

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor ungefähr drei Jahren habe ich so wie wahrscheinlich viele Kolleginnen und Kollegen hier meine erste Rede im Nationalrat gehalten – das war noch bevor die Koalition ihre Arbeit aufgenommen hat –, und ich kann mich, wie wahr­scheinlich auch viele Kolleginnen und Kollegen, natürlich sehr gut an die erste Rede erinnern.

Ich habe darin eine Dystopie gezeichnet, die gar nicht so abstrakt ist, nämlich das Bild, das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IPCC zeichnen für den Fall, dass wir so weitertun wie jetzt, ohne etwas zu ändern.

Ich habe beispielhaft aufgezählt, wie Österreich und Europa in 20, 30, 40 oder 50 Jahren ausschauen werden, wenn wir in Richtung 2  2,5 oder 3 Grad Erwärmung gehen oder vielleicht sogar darüber hinaus: In Italien, Griechenland und Spanien wird die Wasserversorgung am Rande des Kollaps sein, und die Versteppung in Österreich, nämlich in der Donauebene und im Burgenland, wird in vollem Gange sein – wenn wir so weitermachen wie bisher.

Ich hatte die Hoffnung – wie viele andere junge Menschen auch, glaube ich –, dass diese Regierung zwar nicht in allen Fragen alles besser machen wird – es ist eine Regierung, der wir nicht angehören –, aber dass sie zumindest in dieser Frage des Klimaschutzes eine Trendwende einläuten würde.


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Dass das jedoch nicht passiert ist, sehen, glaube ich, alle Abgeordneten hier, egal welcher Partei. Dass wir eine Trendwende im Klimabereich geschafft haben, würde, glaube ich, niemand ernsthaft hier behaupten.

Ich frage mich Folgendes, wenn ich Sie, Herr Vizekanzler, oder die Klimaminis­terin anschaue: Sie sitzen in so gewichtigen Positionen, haben so viel Macht und Einfluss, und was ich da nicht verstehe, ist, dass man da nicht vielleicht so einen egoistischen Antrieb hat, zu sagen: Ich will, dass in 20, 30 Jahren die nachfol­genden Generationen sagen: Der Vizekanzler Kogler, die Klimaschutzministerin Gewessler, die haben sich richtig ins Zeug gehaut, die haben für den Klimaschutz wie Löwen gekämpft! – Würden Sie das über sich sagen? (Abg. Obernosterer: Tun wir eh!) Das würden Sie über sich sagen? Na ja, ich weiß nicht. Davon können sich die Menschen, glaube ich, selber ein Bild machen.

Ich glaube, das, was eher übrig bleibt, ist, dass Sie Sodexo-Gutscheine durchs Land verschicken und dann Klimaschutz drüberschreiben, aber das hat mit Klimaschutz wirklich wenig zu tun. (Beifall bei den NEOS.)

Das Fazit nach drei Jahren dieser Regierung ist: kein Klimaschutzgesetz. Wir haben es heute schon gehört: Wir sind damit Schlusslicht in Europa. 5 Milliarden Euro an Subventionen für fossile Energie werden weiter ausgeschüttet und es wird keine echte ökologische Steuerreform umgesetzt.

Stattdessen feiern Sie jeden kleinen Erfolg – ja, es gibt kleine Erfolge – als Rettung des Weltklimas. Beispielsweise verkaufte der Abgeordnete Hammer die Erhöhung des Fahrradbudgets so, als ob damit das Weltklima gerettet würde. (Zwischenrufe der Abgeordneten Michael Hammer und Weidinger.)

Es gibt einen Begriff für solch ein Verhalten, und ich möchte Ihnen vorlesen, wie man dieses Verhalten beziehungsweise diesen Begriff definiert: „den Versuch von Organisationen, durch Kommunikation, Marketing und Einzelmaßnahmen ein ,grünes Image“ zu erlangen, ohne entsprechende Maßnahmen“ systematisch zu verankern. Greenwashing nennt man dieses Verhalten und Greenwashing


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sieht man auch im Budget: viel Oberflächliches, wenig Substanzielles. Es ist kein Klimabudget und es ist auch kein Zukunftsbudget.

Die Hoffnung, die ich hatte und die viele junge Menschen hatten, wird durch dieses Budget wieder einmal enttäuscht. Wir werden natürlich weiter dranbleiben, auch im kommenden Jahr, damit hier eine Trendumkehr endlich, endlich möglich wird. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.47.31

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer:innen auf der Galerie und vor den Bildschirmen! Herr Kollege Shetty, ja, das Weltklima kann man nur retten, indem jeder und jede einen Beitrag dazu leistet, egal ob es eine Privatperson ist, ob es ein Unternehmer, eine Unternehmerin oder ein Arbeitnehmer ist, ob es junge oder ältere Menschen sind.

Auch das Radfahren, auch wenn Sie das jetzt lächerlich machen wollen, kann einen Beitrag leisten; denn wenn ganz, ganz viele Menschen auf der Welt mit dem Rad fahren, hilft das dem Klima auch. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte in meiner Rede gerne zur Mobilität in den ländlichen Regionen einen Input geben. Es war nämlich so: Bei der letzten Budgetdebatte im Novem­ber 2021 wurde von der Frau Ministerin und vom damals noch Herrn Staats­sekretär Brunner der Mobilitätsmasterplan 2030 angekündigt. Jetzt liegt er vor. Ich weiß nicht, wer von Ihnen ihn sich schon angeschaut hat, ich kann Ihnen aber sehr ans Herz legen, das zu tun. Er bringt sehr viele Inputs und Gedankenanstöße auch zum motorisierten Individualverkehr (Abg. Loacker:


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 ... „Gedankenanstöße“, ist auch sehr toll!) – lieber Herr Kollege, melden, heraus­kommen, selber reden, nicht hereinschreien! (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen) –, zum motorisierten Individualverkehr, der ganz speziell Menschen wie mich aus den ländlichen Regionen betrifft.

Auch wenn Kollege Shetty meint, dass kleine Beiträge nicht wichtig sind, können auch die Menschen im ländlichen Raum zur Rettung des Klimas beitragen, indem sie versuchen, Individualverkehr zu vermeiden, zu verlagern oder indem wir den Individualverkehr verbessern.

Dieser Mobilitätsplan hat zwei Aussagen, die, glaube ich, recht interessant sind, und vor allem hält er uns vor Augen, dass Dinge auch machbar und umsetzbar sind. Er geht nämlich davon aus, dass bis 2040 der Anteil des moto­risierten Individualverkehrs nach Personenkilometern von 70 Prozent auf 54 Prozent und nach Wegen von 61 Prozent auf 42 Prozent gesenkt werden sollte.

Ich glaube, das sind realistische Ansätze; das ist nichts, wozu man sagen müsste, das sind Träumereien, das kriegen wir sowieso nie hin. Da kann sich wirklich jeder selber ein Stück weit an der Nase nehmen und versuchen, seinen Beitrag zu leisten.

Auf Grundlage dieses Masterplans wurde dieses Nationale Forum Klimaneutrale Mobilität eingerichtet, in dem die Gemeinden, der Bund, die Länder und viele andere Stakeholder vertreten sind. Die versuchen dort, Wege und Lösungen zu finden, auch für die ländlichen Regionen, um Verbesserungen zu erreichen.

Ich glaube – und das jetzt nur ganz kurz, 1 Sekunde –, das Klimaticket hat auch für die Menschen in den ländlichen Regionen einen Denkanstoß gebracht, weil viele vorher nicht erlebt haben, wie sinnvoll es sein kann, die Öffis zu benutzen. Da in diesem Ticket schon alle Kosten enthalten sind, ist man jetzt natürlich versucht, nicht nur mit dem Zug nach Wien zu fahren,


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sondern halt ab und zu auch den Bus zu benutzen, weil er ja im Preis enthalten ist.

Ich muss damit schließen, weil meine Redezeit zu Ende ist. Ich glaube, man könnte darüber sehr viel diskutieren – ich hoffe, dass wir das im nächsten Jahr auch tun werden. Ich wünsche noch einen schönen Nachmittag. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Bravo!)

14.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Melanie Erasim. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.51.21

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­gin­nen und Kollegen! Herr Vizekanzler! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Frau Abgeordnete Pfurtscheller, Sie haben anscheinend das ÖVP-Memo nicht bekommen, denn Sie haben jetzt in Ihrer Rede den Mobilitäts­masterplan 2030 sehr überschwänglich gelobt. Meines Wissens – bessern Sie mich bitte aus! – hat die ÖVP in der Regierungssitzung gegen genau diesen Masterplan gestimmt, deshalb ist dieser ausschließlich ein Ministeriumsdoku­ment und kein Dokument der gesamten Regierung. (Abg. Pfurtscheller: Deshalb darf ich ihn trotzdem gut finden, oder?) Man sieht also schon, wie divergierend die Informationen da wirk­lich sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte jetzt auf das Budget zurückkommen: Kein anderes Ressort vereint so viele zukunftsweisende Themen in seinem Zuständigkeitsbereich: Forschung, Mobilität, Klima, Umwelt, Energie, und das nicht erst seit der Rede des Herrn Vize­kanzlers, in der er sich vor allem zu 45 Jahre zurückliegenden Themen ge­äußert und noch kein Wort über die Zukunft verloren hat!

Herr Vizekanzler, wir können uns sehr gerne zusammensetzen und die Vergan­genheit und auch die Jetztsituation der Abuelas de Plaza de Mayo besprechen, die mein irrsinniges Mitgefühl haben. Ich bin jedoch der Meinung, dass die


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Bevölkerung es verdient hat, dass in die Zukunft geschaut wird – fehlende Verordnungen und Gesetze im Energie- und Klimabereich; undurchsichtiges Kompetenzkuddelmuddel im Forschungsbereich; Verhindern dringend not­wen­diger Verkehrsinfrastrukturprojekte entgegen geltender Gesetzeslage; teilweise unzumutbare Zustände für die Pendlerinnen und Pendler, vor allem wenn ich da an die leidgeplagten Pendlerinnen und Pendler im Weinviertel und an die unfassbar vielen Beschwerden denke.

Weil Abgeordnete Tanja Graf die Einmalzahlungen gelobt hat: Selbst wenn man versucht, denen etwas Positives abzugewinnen, muss man sagen, nicht einmal das habt ihr auf die Reihe bekommen, Stichwort Sodexo-Gutscheine. Diese Firma muss anscheinend mit mehreren Millionen Euro bedacht werden, denn der Vertrag läuft ja noch bis 2023 weiter. 140 000 offene Fälle beim Klimabonus und Berichte von nicht erreichbaren Hotlines zeigen einmal mehr, dass Sie mit der Gesamtsituation überfordert sind.

Ich möchte noch kurz auf das Thema Schiene eingehen. 505 Millionen Euro werden die Kosten des Klimatickets 2023 bereits betragen. Der Umstieg auf die Bahn ist, so wie ich das beobachte, leider nicht ganz so gelungen, wie man sich das gewünscht hat, weil es ja das Angebot geben muss, um auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen.

Da freut es mich, wenn jetzt kurz vor der niederösterreichischen Landtagswahl Ankündigungspolitik gemacht wird, dass da zum Beispiel ein zweigleisiger Ausbau der Laaer Ostbahn oder der Nordwestbahn versprochen wird. Wenn man sich aber den ÖBB-Rahmenplan ansieht, der auch nur bis 2028 geht, sind da lediglich Planungsmaßnahmen inkludiert. Da verstehe ich dann wie­de­rum auch nicht, dass die Partei, der Demokratie so wichtig war, nicht einmal darauf wartet, dass die Debatte zum ÖBB-Rahmenplan im Verkehrs­ausschuss vorübergegangen ist, bevor man sich dazu äußert.

Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, ich verspreche Ihnen, ich werde auch nach dem 29. Jänner, nach den niederösterreichischen Landtagswahlen, hier


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stehen und entweder Sie, Herr Vizekanzler, oder die Frau Bundesministerin, wenn sie wieder den Weg ins Hohe Haus schafft (Abg. Disoski: Geh bitte!), daran erinnern, dass das versprochen wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich werde daran erinnern, damit nicht dasselbe eintritt wie vor den Wahlen 2019, als alle Parteien für die Reaktivierung des Schweinbarther Kreuzes gestimmt haben, sich diese aber auch in diesem Budget nicht wiederfindet. (Beifall bei der SPÖ.)

Hören Sie auf, sich selbst zu rühmen, hören Sie auf, an den Bedürfnissen der Menschen, vor allem im ländlichen Raum, vorbeizuregieren, und hören Sie auf, diese Republik wie eine NGO zu führen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Nikolaus Prinz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.55.56

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vize­kanzler! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Erasim, nur ein kurzer Gedanke, weil Sie sich ein bisschen echauffiert haben, dass Frau Bundesminister Gewessler nicht im Plenarsaal oder im Parlament ist: Das hat ganz einfach einen logischen Hintergrund, denn sie ist bei der Weltklimakonferenz, und ich glaube, es ist auch legitim, dass die österreichische Umweltministerin dort ist. (Abg. Scherak: Sie ist sonst auch nicht viel da!) Das ist einfach kein wert­schät­zender Umgang miteinander im Parlament, das sollte man nicht notwendig haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Herr Vizekanzler, damit darf ich mich an Sie als Vertreter wenden: Ich wollte Frau Bundesminister Gewessler eine Bitte mitgeben, bei der es um die För­deran­suchen für Fotovoltaik geht. Die Erfahrung der letzten Förderansuchen hat nämlich gezeigt, dass das nicht ganz reibungslos abläuft.


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Vielleicht ist es möglich, dass man zukünftig nicht nach dem – unter Anführungs­zeichen – „Windhundsystem“ vorgeht, also danach, wer am schnellsten ist, sondern dass man bei Fotovoltaikförderungen beispielsweise einen Zeitraum für Anträge definiert – von meinetwegen sieben Tagen, zehn Tagen oder 14 Tagen –, und wer ansucht, der ist dabei. Der Fördersatz richtet sich dann danach, und wenn es nicht so viel Geld und zu viele Ansuchen gibt, dann muss man mit dem Fördersatz runter.

Bei der Bevölkerung stößt die Art, wie das die letzten paar Male gelaufen ist, auf relativ laute und massive Kritik – vielleicht kann man in Zukunft umdenken. Das wollte ich nur insofern mitgeben, als es wichtig ist, dass wir in Österreich die Potenziale der erneuerbaren Energie nutzen, egal ob es Fotovoltaik ist, ob es Was­serkraft ist, ob es Windenergie ist oder auch Biomasse ist. Das ist daher, glaube ich, wertvoll.

Wenn wir CO2 binden wollen und von Umweltschutz sprechen, dann muss uns bewusst sein, dass es eine nachhaltige und standortgerechte Bewirtschaftung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen braucht.

Wir müssen schon auch da und dort nachdenken – das gilt natürlich für alle hier herinnen – und in den Spiegel schauen. Wenn man an die Diskussionen denkt, die es in den letzten Wochen auf europäischer Ebene darüber gegeben hat, was bei Energie nachhaltig und was nicht nachhaltig ist, dann sage ich offen, dass ich ein Problem damit habe, wenn man so tut, als wäre Biomasse – also Wald, Holz – nicht nachhaltig, aber Atomenergie auf der anderen Seite schon. Da muss man, glaube ich, ein bisschen aufpassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir von Umweltschutz und CO2-Bindung sprechen, ist auch eines wichtig, zu sagen: Die beste Bindung von Kohlenstoff gibt es mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung, und das gilt auch für den Wald – also diesen nicht aus der Pro­duktion nehmen, sondern bewirtschaften! Das dient einerseits der Umwelt­sicherheit, dient aber auch der Versorgungssicherheit.


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So gesehen haben wir in Österreich viele Möglichkeiten, dass wir da etwas tun. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, und das nicht erst seit heute, sondern schon längere Zeit. Auf diesem Weg sollten wir auch in der Zukunft bleiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Klaus Köchl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.58.44

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde – das kann man eigentlich sagen – ist das Verkehrsbudget in Ordnung. Für uns – und für mich als Kärntner – ist aber überhaupt nicht in Ordnung, dass da ein Projekt völlig igno­riert wird, nämlich die Forderung nach einer eigenen  Trasse für den Güter­verkehr entlang des Wörthersees.

Ich möchte daran erinnern, dass der damalige Infrastrukturminister Jörg Leichtfried im Jahre 2017 einen von allen Kärntner Parteien, von der Wirtschaft in Kärnten und von Kärntner Bürgerinitiativen mitgetragenen Fünfpunkteplan unterzeichnet hat. Realisiert werden sollten Sofortmaßnahmen zum Lärmschutz, aber auch Planungsarbeiten für den Neubau einer Güterverkehrsumfahrung zwischen Klagenfurt und Villach als Grundlage für die Aufnahme in den Rahmen­plan und das Zielnetz 2040. In den ÖBB-Rahmenplan ist das aber nicht eingegangen – das ist einfach unerträglich und das darf es auf keinen Fall geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Vizekanzler, richten Sie bitte der Ministerin aus, dass sie das mit Kärnten in dieser Art und Weise nicht machen kann!

Die Kärntner Landespolitik, angeführt von Herrn Landeshauptmann Peter Kaiser, ist zu Recht sehr erbost, dass im ÖBB-Rahmenplan die geforderte Güterstrecke


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im Zentralraum nicht berücksichtigt wurde. Das Projekt ist völlig ignoriert worden.

Es gibt bis 2028 knackige 19 Milliarden Euro für den Rahmenplan der ÖBB, aber ihr seht da keine Planung vor. Das ist gegenüber der Kärntner Bevölkerung im Zentralraum unzumutbar – 200 000 Menschen leben dort. Alle Tourismus- und Gastronomiebetriebe sind damit einverstanden, dass das gemacht wird. Man ist sich da einig, und Sie ignorieren das total. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann es mir nicht vorstellen, dass es sich die Grünen in Kärnten leisten können, einfach zu sagen: Das mache ich nicht, das tue ich nicht, das interessiert mich nicht!

Ich glaube, wenn man bedenkt, dass die Opposition – damals ist ja Frau Natio­nalrätin Voglauer in Kärnten in Opposition gewesen – sagt, es gibt zig Studien von diesen Trassen zwischen Villach und Klagenfurt, und es sei nun wichtig, weg von den Studien hin zur Umsetzung zu kommen: Jetzt hat sie in Wien die Mög­lichkeit dazu. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Herr Vizekanzler, sagen Sie das bitte Ihrer Ministerin! Das muss ganz einfach in das Rahmenprogramm, denn das ist für 200 000 Menschen in Kärnten uner­träglich. (Beifall bei der SPÖ.)

15.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hörl. – Bitte. (Abg. Kucher: Kollege Hörl: Da geht es um Tourismus, wo die Grünen nichts machen! – Abg. Krainer: Das ist das Seilbahnministerium!)


15.01.41

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Präsident! Herr Vizekanzler! Wir sprechen heute vom mächtigsten Ministerium überhaupt. Nur, damit man sich


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einen Begriff machen kann: 3,66 Milliarden Euro werden für die Unterglie­derung 43: Klima, Umwelt und Energie, zur Verfügung stehen, für die Mobilität noch einmal 5,5 Milliarden Euro – das ist ein Drittel mehr als das Landes­budget Tirols –, dann für Innovation, Technologie und Forschung, für Klima und Umweltschutz noch einmal 634 Millia- - Millionen Euro – da kommt man ja schon durcheinander (Heiterkeit der Abgeordneten Litschauer, Lindner und Krainer  Abg. Krainer: Das ist gleich wie bei den eigenen Förderungen: „Ich wollte gar nicht ansuchen, es ist mir passiert!“) –, und für den Transformationsfonds, der auch demnächst zur Verfügung steht, 5,7 Milliarden Euro.

Kollege Hermann Weratschnig hat der Frau Bundesminister ja bereits die Sie­benmeilenstiefel angelegt. Ich denke wirklich, dass es ein beeindruckendes Budget ist. Für die Koalition bedeutet es natürlich auch sehr viel an Verantwor­tung für Österreich, es muss auch richtig eingesetzt werden.

Neben der ganzen Infrastruktur wird mit diesem Budget unter anderem auch die Industrie transformiert – ganz besonders wichtig: die energieintensive Industrie wie etwa die Leder-, Papier-, Stahl-, Chemie- und Düngermittelindustrie –, um Treibhausgasemissionen im Produktionsprozess zu reduzieren – ein Gebot der Stunde –, aber auch um unsere Abhängigkeit von fossilen Energieimporten zu verringern und damit unseren Wirtschaftsstandort zu stärken.

Aus Verantwortung kommenden Generationen gegenüber ist der Ausstieg aus dem Karbonzeitalter, glaube ich, ein Gebot der Stunde, weil man die Ressourcen der Welt schont, aber auch wegen wirtschaftlicher Interessen unserer Länder – das darf nicht vergessen werden –, um zu verhindern, dass viele Milliarden Euro und viel Wirtschaftskraft in Länder abfließen, die meist keinem demokratischen System verhaftet sind. Wir, die Bundespolitik, sollen und müssen diesen Wandel wie ein verantwortungsbewusster Unternehmer vorantreiben. Diese sind ohnehin bestrebt, so viel Energie wie möglich einzusparen.

Wenn der Staat da unterstützend eingreift, ist das positiv, aber die wirtschaft­liche Vernunft gebietet das ohnehin. Aufzupassen ist nur darauf, dass staatliche


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Eingriffe – die immer mit Bürokratie einhergehen und meist auch in Regelungen eingreifen – nicht Kräfte in den Unternehmen binden, die wir dringend brauchen, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.

Ein Gedanke vielleicht noch: Ich finde es auch sehr gut, dass wir sehr viel in Batterie- und Wasserstofftechnologie investieren. Wir versuchen ja auch, die Zillertalbahn im Zillertal mit Wasserstoff zu betreiben. Danke auch dafür.

Auch wenn die Frau Minister, Herr Vizekanzler, sehr, sehr kritisch ist, was den Einsatz von Wasserstoff als Antrieb im Zugverkehr und im Verkehr insge­samt betrifft, bitte ich, noch einmal darüber nachzudenken, denn Tirol hat beim Transitverkehr das große Problem und nicht bei der Industrie. Ich glaube, es wäre auch ganz wichtig, dass wir technologieoffen an den Verkehr herangehen und schauen, dass wir mit Wasserstoff eine Lösung für unser Transitproblem finden.

Wir tragen dieses Projekt selbstverständlich mit. Ich denke, dass wir da gemein­sam in der Verantwortung sind, und ich wünsche der Frau Bundesminister viel Glück. Um das mit den Worten des Kollegen Schroll zu sagen, der sich ja hier in Französisch geübt hat: Il y a beaucoup plus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf darauf hinweisen, dass nach Kollegin Kirchbaumer noch einmal Kollege Köchl als Redner eingetragen ist und der Entschließungsantrag, von dem mir vorhin kundgetan wurde, dass er schon eingebracht worden ist, dann verlesen wird; das muss seine Ordnung haben. Derzeit ist der Antrag noch nicht in Verhandlung.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Laimer zu Wort. – Bitte sehr.


15.05.12

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Um eine


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echte Energiewende herbeizuführen, die nachhaltig und auch zukunftsorientiert ist sowie Impulse für den heimischen Arbeitsmarkt, den rot-weiß-roten Wirtschaftsstandort und die regionale Infrastruktur setzt, haben die Grünen mit der ÖVP definitiv auf das falsche Pferd gesetzt.

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen auch ein Beispiel aus meinem Heimatbundesland Niederösterreich, um das zu verdeutlichen: Im Jahr 2011 wurden die Regionalbahnen von den Österreichischen Bundesbahnen an das Land Niederösterreich übertragen – sozusagen verländert. Die machtver­sessene ÖVP Niederösterreich hat da ganze Arbeit geleistet: Sie hat nicht nur etliche Nebenbahnen geschlossen, sondern auch gleich die Gleise herausge­rissen wie etwa im Ybbstal, frei nach dem Motto: Wo kein Gewinn, da auch keine Schiene.

Das Land Niederösterreich wurde dafür im Jahr 2011 zu Recht mit der Ver­kehrs­himbeere, einer Negativauszeichnung, bedacht. Betroffen von diesem infra­strukturellen Schildbürgerstreich waren ausnahmslos Regionen in ganz Nieder­österreich.

Meine Damen und Herren, ganz Österreich weiß: So wird es nichts mit Nach­haltigkeit, wenn jemand mit einer konservativen Partei regiert. Gerade vor diesem Hintergrund ist der moralische Fingerzeig der Grünen auf die Pendle­rinnen und Pendler keinesfalls gestattet.

Hunderttausende Beschäftigte sind beispielsweise in Niederösterreich mit ihrem Kfz unterwegs, um ihren Lebensunterhalt für sich und ihre Familien zu ver­dienen. Aufgrund fehlender Alternativen müssen sie in ihre gebrauchten Diesel­autos steigen, um zur Arbeit zu fahren und wieder nach Hause zu kommen. Die ÖVP ist nicht willens, eine deutliche Verbesserung für die arbeitende Bevöl­kerung herbeizuführen. Teile von Niederösterreich befinden sich daher noch immer in der ökologischen Steinzeit.


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Meine Damen und Herren, die Unverfrorenheit aber ist: Seit mehr als zehn Jahren verspricht die ÖVP Niederösterreich – laut neuen Medienberichten ja nur mehr die Niederösterreich-Partei ohne ÖVP, ohne Schwarz und ohne Türkis – vor jeder Landtagswahl, den öffentlichen Verkehr zu modernisieren.

Im Wahlkampf überbieten sich schwarze Spindoktoren regelmäßig mit Bot­schaf­ten und Slogans: mehr Schnellbusse, mehr Schnellbahnen, zum Beispiel eine verbesserte Anbindung an die Landeshauptstadt St. Pölten. – Nach der Land­tagswahl im Jänner wird das alles wieder vergessen sein; wir aber werden nicht vergessen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Energiewende steht in der ÖVP auf keiner Agenda. Warum auch? Diese Partei ist vielmehr als Gesamtpartei ein Fossil und damit für die Energiewende gänzlich ungeeignet. (Abg. Kühberger: Geh bitte! Wer hat denn die ökosoziale Marktwirtschaft erfunden, Herr Kollege? – Abg. Schnabel: Unerhört!)

Was kostet es aber, wenn wir die Energiewende nicht schaffen? – Falls wir die Klimawende nicht schaffen, zahlen wir 9 Milliarden Euro, müssen wir uns für diese Emissionen freikaufen. Das ruiniert unseren Wirtschaftsstandort, und dem folgt eine Deindustrialisierung des Standortes. Damit ist unser Wirtschafts­standort nicht nur beschädigt, sondern endgültig kaputt.

Leider hat auch die Frau Ministerin – darüber kann ich nicht hinweggehen – 1,5 Jahre gebraucht, um die nötige Marktprämienförderung für das Erneuer­baren-Ausbau-Gesetz zu erlassen. Das nenne ich Ökopolitik auf der Kriechspur. Das ist nur ein Beispiel, das exemplarisch für die Zeitlupen­klima­politik Österreichs steht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.



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15.09.14

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Die UG 41: Mobilität, ist ein wichtiges Kapitel, das auch entsprechend mit 5,5 Milliarden Euro dotiert ist. Das Thema Mobilität spielt eine große Rolle, weil Personen reisen wollen, weil Personen zu ihrem Arbeitsplatz fahren müssen und weil Güter bewegt und befördert werden müssen. Eine Politik von Motivation und Anreizen anstatt von Geboten und Verboten ist jedenfalls mein Zugang zu einer erfolgreichen Umsetzung eines Vorhabens.

Mit dem Klimaticket ist dies auch zweifelsohne gelungen, wenn auch öffentliche Zuschüsse notwendig sind. Für 2023 sind dazu 170,2 Millionen Euro an Zuschüssen geplant.

Im Bundesland Salzburg hat Landesrat Schnöll gemeinsam mit Landeshauptmann Wilfried Haslauer ähnliche, darüber hinausgehende länderspezifische Angebote geschaffen, und damit ist in Summe ein wesentlicher Beitrag zur Bewältigung der Energiekrise und der Klimakrise geleistet.

Meine geschätzten Damen und Herren, zur Attraktivität gehört aber nicht nur ein Ticket als Angebot, sondern vor allem die nötige Infrastruktur. Es geht daher darum, bei der Bahn und auch beim Straßennetz Infrastruktur zu errichten, Infrastruktur zu erhalten. Gerade in den ländlichen Gebieten sind Verkehrsver­bin­dungen nicht immer im gewünschten oder im notwendigen Ausmaß vorhanden.

Weil im Budget auch 50 Millionen Euro zur Förderung von Stadtregionalbahnen festgeschrieben sind, darf ich noch einmal auf den dringenden Wunsch des Landes Salzburg hinweisen: Die Lokalbahn soll vom Hauptbahnhof bis nach Hallein verlängert und der erste Abschnitt bis zum Mirabellplatz bald in Angriff genommen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens ist der lawinensichere Ausbau der Bahnstrecke im Bereich des Pass Lueg bereits ein längerer Wunsch und sollte auch zeitnah umgesetzt werden.


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Im ÖBB-Vorbelastungsgesetz ist der Wert für die Begründung von Vorbelastun­gen im Zeitraum von 2023 bis 2028 um 10 Milliarden auf 56,7 Milliarden Euro erhöht worden. Bei dieser Erhöhung handelt es sich nicht nur um steigende Zinszahlungen, sondern auch um Betriebszuschüsse und Investitionen. Deshalb habe ich die begründete Hoffnung, dass auch diese Wünsche zeitnah umgesetzt werden können.

Ein letzter Wunsch noch betreffend die UG 43 – Kollege Prinz hat es auch schon angesprochen –: Förderungen für erneuerbare Energie sind wichtig, aber die Förderkriterien und die Förderabwicklung sollten praxisgerecht und praktikabel und für den Förderwerber kalkulierbar weiterentwickelt werden. Zudem wäre es auch notwendig, einen Schwerpunkt für den Ausbau des Stromnetzes zu setzen, um verbesserte und leistbare Netzzugangsbestimmungen zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köllner. – Bitte.


15.13.09

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Beginnen wir vielleicht mit dem Hightechland, mit dem Forschungsstandort Österreich. Wir reden hier im Hohen Haus immer vom Ziel, von den Innovationsfollowern zu den Innovationsleadern zu werden. Es gibt als Hightechstandort in der Tat große Herausforderungen, wenn es zum Beispiel um die Transformation der Automobilbranche oder der Klimatechnolo­gie geht.

Ohne entsprechendes Budget werden wir aber nicht nach vorne kommen, ich denke, das ist auch selbstredend. Das vorliegende Budget ist daher erschreckend unambitioniert, es fehlt bis auf die Weltraumforschung an Schwerpunktsetzun­gen und einer langfristigen Budgetierungsstrategie. (Beifall bei der SPÖ.)


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Generell erweist sich das Budget bei genauerer Betrachtung als Mogelpackung, da von der Erhöhung um 42 Millionen Euro lediglich eine reale Erhöhung um 10 Millionen Euro bleibt. Es werden die Klimaschutzforschung und die Ipcei-Projekte als aktuelle Budgeterhöhung angeführt, obwohl diese noch auf das Budget von 2022 zurückgehen. Das heißt, so groß ist die Erhöhung dann gar nicht, überhaupt wenn wir noch die explodierten Energiekosten und die hohe Inflation berücksichtigen.

Auch mittelfristig ist der Ausblick auf die Budgetjahre 2024 bis 2026 nicht son­derlich rosig. Anstatt dass vorausschauend geplant wird und für die Ent­wicklung von Schlüsseltechnologien langfristige Finanzierungspfade geschaffen werden, wird die Forschung quasi zurückgefahren. Diese fehlenden Investitionen am Forschungs- und Technologiestandort werden uns wohl eher früher als später noch teuer zu stehen kommen. (Abg. Schnabel: Das Gegenteil ist der Fall! 3 Milliarden Transformationsfonds bis 2030!) – Herr Kollege, Sie können sich im Anschluss gerne zu Wort melden. (Beifall bei der SPÖ.)

Dabei wären Investitionen vor allem im Bereich der angewandten Forschung und der Ausbildung von Fachkräften äußerst sinnvoll. Obwohl sie wichtige Schnittstellen zwischen Forschung und Wirtschaft sind, bekommen zum Beispiel die Fachhochschulen kaum Geld. Beispiel FH Burgenland: Das Budget der FH Burgenland wurde seit Jahren nicht erhöht. (Abg. Zarits: Soll das Land was tun!) Was ist die logische Konsequenz? – Trotz vorhandenem Interesse und der Nachfrage an Fachkräften können keine weiteren Studienplätze bereitgestellt werden.

Summa summarum: So wird es wohl nichts mit den Innovationsleadern. (Beifall bei der SPÖ.)

15.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Höfinger. – Bitte sehr.



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15.16.07

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein großes zukunftsträchtiges Kapitel, das wir jetzt diskutieren, innovative Technologien, Mobilität, aber auch wenn es um die Fragen der Umwelt und Weiterentwicklung unserer Energieversorgung geht. Das ist also nicht nur für die aktuelle Situation immens wichtig, sondern auch für die Zukunftsentwicklung dieses Landes.

Ich möchte nur ganz kurz auf einen Punkt hinweisen, den Kollege Laimer angesprochen hat, wenn es um die Bahngleise in Niederösterreich geht. Er hat das Beispiel gebracht, das Land Niederösterreich hätte einige Nebenbahnen eingestellt. (Zwischenruf des Abg. Laimer.) Ja, wissen Sie, Herr Kollege Laimer, warum das Land Niederösterreich überhaupt alle Nebenbahnen übernommen hat? – Weil die Österreichischen Bundesbahnen damals unter Generaldirektor Kern all diese Nebenbahnen komplett eingestellt hätten, und das Land Nieder­österreich hat diese Bahnen gerettet. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war Kollege Kern, der die Infrastruktur des Landes im wahrsten Sinne des Wortes entkernt hat, und dafür haben wir 2017 aber auch die SPÖ entkernt. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Zum Thema Energie: Wir haben eine hervorragende Ausgangssituation, was die ökologische Energiegewinnung in diesem Land und den CO2-Kreislauf betrifft. Wir haben zum einen eine funktionierende kleinräumige Land­wirtschaft mit unheimlich vielen Facetten im Umweltbereich. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Es gibt neben einer funktionierenden Forstwirtschaft nicht nur vielerlei Kulturen, die von den heimischen Bäuerinnen und Bauern angepflanzt oder gesät werden, sondern viele landschaftliche Elemente, viele besondere Zusatz­leis­tungen, die am Umweltsektor erbracht werden, machen unser Land nicht nur liebens- und lebenswert, sondern leisten auch einen enor­men öko­lo­gischen Beitrag zu unse­rer Gesamtbilanz. – Das ist das eine.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1073

Das Zweite: Dieser Umbau findet gerade statt, wir müssen uns aber darüber im Klaren sein, dass wir ihn Schritt für Schritt auch dynamisieren, schneller machen. Wir verfügen nämlich in Österreich über unheimlich viele natürliche Ressourcen an erneuerbaren Energien. Wir sind ein reiches Land an Wind, an Wasser, an Sonne, an nachwachsenden Rohstoffen. An uns wird es jetzt liegen – von den Gemeinden begonnen über jeden einzelnen Haushalt, über die Länder bis eben zum Bund –, diesen Mix an unseren Möglichkeiten optimiert einzusetzen.

Wir haben große Branchen, die momentan große Energieeinheiten brauchen. Das werden auch in absehbarer Zukunft nach wie vor Gas oder fossile Treiber und Brennstoffe sein. Das wissen wir. Wenn wir aber den Spielraum, der uns am anderen Sektor zu Verfügung steht, für das Eigenheim, für die Energieversor­gung der kleinen und mittleren Wirtschaft, ausnützen, dann haben wir ein riesi­ges Potenzial. Darauf müssen wir uns zubewegen.

Die ersten Schritte sind gemacht, es liegt an uns, dieses Budget auch wirklich in Taten umzusetzen. Ich kann Sie nur alle einladen, dabei auch mitzuwirken, denn es schafft Wertschöpfung, es hilft unserer Umwelt, es stabilisiert das Land. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.


15.19.43

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Sehr viel Ideologie, Traumtänzerei zum Thema Umwelt und Klima – kommen wir zur Realität. Die Realität ist jene, dass in Österreich Hunderttausende, um nicht zu sagen Millionen, unter den explodierenden Kos­ten im Bereich Energie ganz massiv leiden.

Ein Thema möchte ich heute zum wiederholten Male aufwerfen: das Thema Grundversorgung von Strom und Gas, das jeden Bürger in Österreich betrifft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1074

Wir Freiheitlichen versuchen seit dem Sommer, diese Bundesregierung, im Speziellen die grünen Minister – ist ja traurig genug –, nämlich sowohl Gewessler als auch Rauch, dazu aufzufordern und zu bewegen, endlich die Gesetzeslage, die wir in Österreich haben, durchzusetzen. Sowohl Frau Minister Gewessler als auch Herr Minister Rauch sind nicht in der Lage, geltendes Gesetz zum Schutz von Hunderttausenden Haushalten in Österreich durchzusetzen.

Ich möchte es noch einmal kurz erklären: Die Europäische Union hat ja vor mehr als 20 Jahren den Energiemarkt liberalisiert. Im Zuge dessen hat es eine Richt­linie gegeben, in der quasi diese Grundversorgung für Bürger und Kleinunter­neh­mer bis 50 Mitarbeiter – ganz, ganz wichtig Richtung ÖVP, das sind weit über 90 Prozent der Betriebe in Österreich – gesetzlich definiert wurde. Wir sprechen über gültiges Recht in Österreich.

Jeder von ihnen hat die Möglichkeit, einen Grundversorgungstarif zu bekom­men, was Strom und Gas betrifft. Der Tarif, der vorgeschrieben ist, ist definiert. Was passiert? – Die Energieanbieter, und zwar entweder im Landes­eigentum der Sozialdemokraten oder der ÖVP oder der jeweiligen Koalitionspartner, wehren sich mit Händen und Füßen, dieses gültige Recht durchzusetzen. Ganz im Gegen­teil: Sie verhalten sich ungesetzlich, und alle schauen zu! Alle schauen zu, und die Leidtragenden sind die Menschen, die das bezahlen müssen. Da geht es um Milliarden, die die Energiewirtschaft auf diesem Weg lukriert, und zwar unrecht­mäßig! Das ist eindeutig definiert.

Ich möchte es noch einmal kurz sagen: Wir haben zumindest einmal in Kärnten – Kollege Angerer über die FPÖ Kärnten – einen Antrag eingebracht, und in Kärnten ist Folgendes passiert: Dieser Grundversorgungstarif beim Strom wurde von knapp 70 Cent auf 13 Cent reduziert. Da sieht man einmal, was für Schweinereien seit Monaten passieren, und alle schauen zu! (Abg. Weidinger: Oh! Schweinereien!) Der Vizekanzler ist jetzt schon gegangen, offensichtlich weil es ihm peinlich ist. (Abg. Weratschnig: Na, der kommt schon wieder! – Abg. Maurer: Darf er vielleicht auch einmal kurz rausgehen?!) So, und was passiert jetzt? – Der Tarif wurde zumindest auf das angepasst, was gesetzlich vorgeschrieben ist;


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aber zurzeit nur in Kärnten. In anderen Bundesländern, wie Tirol, Salzburg oder Wien, wird nach wie vor dieser überhöhte Tarif von jedem Bürger kassiert.

Jetzt plötzlich kommt die SPÖ in Kärnten auf die Idee, diesen gesetzlich zugesicherten Tarif nicht mehr jedem zu geben, sondern nur noch Personen, die von der GIS-Gebühr befreit sind – was eindeutig dem Gesetz wider­spricht. Und jetzt plötzlich wollen alle von ÖVP und SPÖ, die Grünen sowieso, dass das auf dem Klagsweg, der, wie wir alle wissen, Jahre bis Jahrzehnte dauern kann, entschieden wird. Das kann nicht die Lösung sein. Wir als Freiheit­liche wollen, dass Gesetz Gesetz bleibt und nicht zum Schaden von Hun­derttausenden die Energieversorger im Zusammenspiel mit den Parteien und den jeweiligen Landesregierungen von den Bürgern abkassieren. Das kann nicht sein!

Es ist gesetzlich vollkommen klar, aber offensichtlich sind wir die einzige Partei, die das auch umsetzen will. Die NEOS stehen zumindest auf dem Standpunkt, dass sie auch die Gesetzeslage exekutiert haben wollen. Das, was in Kärnten passiert, in Wien oder auch in Tirol, ist schlichtweg eine Schwei­nerei, ist ungesetzlich – ich sage es ganz deutlich –, und da muss endlich aufge­räumt werden. (Abg. Kucher: Was ist jetzt mit der Hochleistungsstrecke in Kärnten?) Endlich muss hier aufgeräumt werden! Wir als Freiheitliche verlangen, dass sofort die Grundversorgung, wie es im Gesetz steht, was Strom und Gas betrifft, für jeden Bürger in Österreich richtig exekutiert wird, ohne das auf die lange Bank zu schieben.

Dasselbe verlangen wir für alle Kleinunternehmer bis 50 Mitarbeiter in Öster­reich. (Abg. Kucher: Kein Wort von Hochleistungsstrecke!) Auch die haben ein Recht darauf, die Tarife so zu bekommen, wie sie im Gesetz definiert sind. Wir werden nicht lockerlassen, wir bringen heute neuerlich einen Antrag ein. Ich bin gespannt, wie die Abstimmung erfolgt. Ich kann Sie nur auffordern, vor allem Sie von der Sozialdemokratie, das zumindest in den Bundesländern, wo ihr an der Macht seid, korrekt umzusetzen. Bei der ÖVP habe ich jede Hoffnung


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verloren und bei den Grünen sowieso. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit des Abg. Köchl.)

15.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Laimer. – Bitte.


15.24.57

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Kollege Höfinger behaup­tete, die ÖBB hätten Nebenbahnen unter Christian Kern eingestellt. – Das ist unrichtig.

Ich berichtige tatsächlich: Die ÖBB haben die Regionalbahnen an das Land Niederösterreich mit Vertrag übergeben und für deren Betrieb bezahlt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, das ist ein politisches Statement.

Rebecca Kirchbaumer ist die Nächste, die zu Wort gemeldet ist. – Bitte.


15.25.33

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen und liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor TV und via Livestream! 5,5 Milliarden Euro sind für den Mobilitätsbereich in diesem Budget vorgesehen, und besonderes Augenmerk wird auf den Ausbau der Schieneninfrastruktur gelegt.

Unser Ziel ist es ja, dass wir die Mobilität in Österreich verändern, dass wir besonders den Güterverkehr auf die Schiene verlagern. Aber nicht nur die Verlagerung auf die Schiene ist wichtig, sondern auch die Straßeninfrastruktur muss unterstützt und auch saniert werden, beziehungsweise müssen auch


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Neubauten Raum finden. (Zwischenruf des Abg. Rauch.) Wir werden 110 Millio­nen Euro in die Straßeninfrastruktur investieren, und der Ausbau der E-Mobilität ist auch ein wichtiges Zeichen für die Zukunft.

Die Sanierung der Brenner-Autobahn ist ein sehr wichtiges Beispiel dafür, wie unterschiedlich man die Dinge sehen kann. Ob das ein Tunnel wird oder ob wir die Brücke sanieren werden, wird die Zukunft zeigen, aber dass sie saniert werden muss, ist, glaube ich, unumstritten. Ganz, ganz wichtig ist dabei auch, die Diskussion nicht nur über den transitierenden Lkw-Verkehr von 2,5 Millionen Fahrten pro Jahr zu führen, sondern auch über die 9,5 Millionen transitierenden Pkw. Wenn wir den Prognosen Glauben schenken dürfen, dann wird der Verkehr auf bis zu zwölf Millionen transitierende Pkw ansteigen. Das sind erschreckende Zahlen.

Die Mobilität ist ein Thema, das sehr, sehr wichtig ist: für unsere Wirtschaft, für unsere Freiheit, für unsere Infrastruktur in Österreich und somit auch für den Standort Österreich und die dazugehörigen Arbeitsplätze. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mobilität bedeutet Freiheit, Mobilität bedeutet Wirtschaft, Mobilität bedeutet Wohlstand; Wirtschaft bedeutet Wohlstand, und Wohlstand bedeutet Frei­heit. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

15.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köchl. – Bitte.


15.28.12

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ich möchte nur einen Entschließungsantrag einbringen, worauf ich in meiner Rede vorhin vergessen habe, möchte mich aber vorab sehr herzlich bei Dr. Jo­han­nes Margreiter von den NEOS bedanken, dass er mitgegangen ist, und bei meinen Kärntner Kollegen Erwin Angerer und Christian Ragger, denn es ist


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schon ein irrsinnig wichtiger Antrag für Kärnten, zukunftsweisend für die nächs­ten 20, 30 Jahre.

Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Erwin Angerer, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Kärntner Güterverkehrs­trasse“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die Umsetzung einer Güterverkehrstrasse für Kärnten (Entlastungsstrecke samt Lärmschutzmaßnahmen nördlich des Wörthersees inkl. Umfahrungen der Städte Klagenfurt und Villach) in den ÖBB-Rahmenplan sowie in das Zielnetz aufzu­nehmen, dies entsprechend dem BFG finanziell zu bedecken und unmittel­bar die Planungsarbeiten zu beginnen.“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.29

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Klaus Köchl, Dr. in Petra Oberrauner, Erwin Angerer; Mag. Christian Ragger, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Umsetzung der Kärntner Güterverkehrstrasse“

eingebracht im Zuge der Debatte Top 11 Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des


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Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 41

Mit der Fertigstellung der Koralmbahn im Jahr 2026 (laut Planung) wird Kärnten an das Schienennetz der wichtigsten Nord-Süd-Transversalen Europas angeschlossen. Den damit verbundenen Vorteil im Hinblick auf Infrastruktur, Wirtschaftsstandort und Klimapolitik steht die Frage des Lärmschutzes für die Anrainerinnen und Anrainer – vor allem an der sogenannten Wörtersee-Trasse zwischen Klagenfurt und Villach – gegenüber.

Auf Basis eines gemeinsamen Dringlichkeitsantrags aller im Kärntner Landtag vertretenen Parteien zum Thema „Umsetzung der Kärntner Interessen auf der Bahntrasse im Zentralraum Klagenfurt – Villach“ wurde am 31. Mai 2017 von allen Regierungsmitgliedern des Landes Kärnten sowie vom damaligen Verkehrs­minister Jörg Leichtfried ein Memorandum of Understanding unterfertigt. Dieses beinhaltet:

1.         Lärmschutz

2.         Forschungsinitiative und Testanwendungen Lärmreduktion im Infrastrukturbetrieb

3.         Förderung Flüster-Güterzüge

4.         Planungsarbeiten für eine Güterverkehrsumfahrung zwischen Klagenfurt und Villach

5.         einen gemeinsamen Lenkungsausschuss zwischen BMVIT (heute BMK), ÖBB & Land Kärnten

Unverantwortlich und im Interesse der Kärntner Bevölkerung schlicht inakzeptabel ist der Umstand, dass im aktuellen Rahmenplan 2023-2028 keinerlei Planungen für eine eigene Güterverkehrstrasse im Kärntner Zentralraum vorgesehen sind.


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Im vom Güterbahnlärm betroffenen Zentralraum Kärntens leben rund 200.000 Menschen und befinden sich hunderte Tourismus- und Gastronomieunternehmen. Tatsache ist, dass Lärm gesundheitsschädlich ist.

Auch im Hinblick auf klimapolitische Erwägungen ist die Möglichkeit, mehr Güterver­kehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, von großer Bedeutung: jede Tonne Fracht auf der Schiene bringt rund 15-mal weniger CO2-Ausstoß als mit dem Transport per Lkw.

Durch die Verlagerung des Güterverkehrs auf eine eigene Strecke lässt sich der Personenverkehr entsprechend verbessern. Dies entspricht auch der Gesamtstrategie des Kärntners Mobilitätsmasterplan 2023.

Aus den genannten Gründen ist es notwendig rasch Maßnahmen zu ergreifen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird aufgefordert, die Umsetzung einer Güterverkehrstrasse für Kärnten (Entlastungsstrecke samt Lärmschutzmaß­nah­men nördlich des Wörthersees inkl. Umfahrungen der Städte Klagenfurt und Villach) in den ÖBB-Rahmenplan sowie in das Zielnetz aufzunehmen, dies entsprechend im BFG finanziell zu bedecken und unmittelbar die Planungsarbeit zu beginnen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Der Entschließungsantrag ist jetzt ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kühberger.



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15.29.36

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Herr Kollege Wurm hat von Realität gesprochen. Herr Kollege Wurm, die Freiheitliche Partei, glaube ich, ist selbst ein Realitätsverweigerer (Abg. Lindner: Redezeit einschalten, Herr Präsident!), denn wenn wir von erneuerbaren und von sauberen Energien reden, dann sind die günstig, sauber, wir haben sie selbst in der Hand – und es entscheidet nicht irgendeiner ganz weit weg, ob es bei uns in Österreich in unseren Wohnungen im Winter kalt oder warm ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Staats­sekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Öster­reicher! Im Zusammenhang mit der Klimaveränderung liefern die Wissen­schaftler ja Prognosen und Berechnungen, nach denen es wirklich um die Jahr­hundert­wende sehr kritisch wird. Da läuft es mir, wenn ich das anspreche, kalt über den Rücken, wenn ich an die Trockenheit, an diese Wetterextreme, die da auf uns zukommen, denke.

Ich glaube, wir dürfen davor nicht die Augen verschließen, wir alle sind da gefor­dert, dass wir Verantwortung übernehmen, jeder Einzelne auf unserem Planeten, dass wir für unsere Natur, für unsere Umwelt, aber auch für unsere nächste Generation diese Verantwortung übernehmen und sie auch leben.

Ich habe mich zu dieser Untergliederung des Budgets, Klima und Energie, extra zu Wort gemeldet, weil das ganz, ganz wichtig ist, weil wir im Budget 2023 da einen wichtigen Punkt drinnen haben, und zwar die Transformation der erneuerbaren Energien. Das bedeutet, dass wir von den fossilen Energien weg und hin zu den erneuerbaren kommen.

Meine Damen und Herren! Besonders freut mich auch, dass unser Landeshaupt­mann der Steiermark Christopher Drexler einen Weg eingeschlagen hat, durch den er die Steiermark zu einer Modellregion für erneuerbare Energien macht (Zwischenruf des Abg. Rauch), und vor allem sind wir Bürgermeister bereit, daran mitzuarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)


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Wir als Bürgermeister müssen natürlich alles bereitstellen, damit wir diesen Weg gehen können, etwa im Zusammenhang mit Fotovoltaik. Ich selbst habe zu Hause auf meinem Gebäude eine Fotovoltaikanlage. Wir brauchen hier in ganz Österreich circa 12 000 Hektar, und ich möchte schon sagen – da unterstütze ich sehr unsere Jungbauern, die das sagen –: Dächer vor Äcker!, ja, das ist wichtig, wir werden es aber nicht ganz schaffen, denn 12 000 Hektar Dach­flächen werden wir nicht haben, aber wir müssen schauen, dass wir nicht hochwertige Ackerflächen dafür verwenden, sondern wir müssen darüber nachdenken, wie wir diese Energiewende schaffen.

Mit dem vorliegenden Budget haben wir, glaube ich, ein wichtiges Fundament gesetzt, dass uns diese Energiewende auch gelingen wird, im Sinne unserer zukünftigen Generationen hier in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

15.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Wurm zum zweiten Mal. – Bitte.


15.32.30

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ja, ich war jetzt so aufgeregt aufgrund dieses Gesetzesbruchs der Grünen, der ÖVP und leider Gottes auch der Sozialdemokratie, was die Grundversorgung betrifft (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP), dass ich vergessen habe, den Antrag einzubringen. Das hole ich jetzt gerne nach.

Ich bringe folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesetzes­konforme Grundversorgungstarife bei Energielieferanten in Österreich“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1083

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, um überprüfen zu lassen, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten verlautbarten Tarife für die Grundversorgung der Höhe nach den Bestimmungen der §§ 77 ElWOG bzw. 124 GWG entsprechen.“

*****

Ganz kurz noch einmal: Es findet hier ein eklatanter Gesetzesbruch zum Schaden von Hunderttausenden Österreicherinnen und Österreichern und unzähligen, Tausenden Betrieben in Österreich statt – bis auf die Freiheitlichen schauen alle zu. Wir werden nicht ruhen, bis dieses Gesetz endlich umgesetzt wird, ohne dass langjährige Prozesse für jeden persönlich drohen.

Die Bundesregierung hat Möglichkeiten einzugreifen, und auch die Bundes­län­der, die Regierungen in den Bundesländern können jederzeit, jeden Tag gravierende Strafen für die Energieversorger verhängen, wenn sich diese nicht an das Gesetz halten. Es passiert nur leider nicht.

Ich sage es noch einmal: Diese Regeln und Gesetze sind eindeutig! Und ich sage auch noch einmal, da Frau Gewessler wieder einmal nicht hier ist: Die Regie­rungsparteien haben vor einem Monat diese Strompreisbremse mit 4,5 Milliar­den Euro beschlossen, die gar nicht notwendig gewesen wäre, wenn die Energieversorger in diesem Bereich in Österreich gesetzesgemäß agieren würden.

Das heißt, man hat 4,5 Milliarden Euro Steuergeld hier für das nächste Jahr sinnlos ausgegeben. Auch darauf möchte ich hinweisen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Peter Wurm


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1084

und weiterer Abgeordneter

betreffend gesetzeskonforme Grundversorgungstarife bei Energielieferanten in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 11: Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvor­anschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) (UG 43 Klima, Umwelt und Energie) in der 183. Sitzung des Nationalrats am 17. November 2022

Die „Grundversorgung“ bei Energielieferanten ist im § 77 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010 sowie den Bestimmungen in den jeweiligen Landesgesetzen für Strom bzw. im § 124 Gaswirtschaftsgesetz (GWG) 2011 für Gas geregelt.

Diese „Grundversorgung“ gibt es im Energiesektor für Strom und Gas, aber etwa nicht für Fernwärme. Und diese „Grundversorgung“ gilt für Haushalte und Kleinunter­nehmen (weniger als 50 Mitarbeiter, Jahresverbrauch kleiner als 100.000 kWh Strom bzw. Gas, Jahresbilanzsumme höchstens 10 Mio EUR). Anwendungstechnisch trifft das Gesetz aber eine wesentliche Unterscheidung zwischen Haushalten und Kleinunternehmen, da für -Haushaltskunden der Grundversorgungstarif nicht höher sein darf als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl der Kunden versorgt wird und bei -Kleinunternehmen der Grundversorgungstarif nicht höher sein darf, als jener Tarif, der gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet!

Die „Grundversorgung“ basiert auf einer EU-Gesetzgebung (Strombinnenmarkt­richtlinie bzw. Gasbinnenmarktrichtlinie), wobei die Strombinnenmarktrichtlinie explizit den Begriff „Grundversorgung“ verwendet (Artikel 27) und die Gasbinnen­marktrichtlinie lediglich hervorhebt, dass die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden ergreifen müssen (Artikel 3 Abs. 3).


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1085

Mit der „Grundversorgung“ determiniert der Gesetzgeber somit einen Kontra­hie­rungszwang für die jeweiligen Strom- bzw. Gaslieferanten. Es kann sich somit jeder Haushalt bzw. Kleinunternehmer an einen beliebigen Versorger, der im zutreffenden Versorgungsgebiet Endverbraucher beliefert, mit dem Ansuchen der „Grundver­sorgungsbelieferung“ wenden, und die betroffenen Lieferanten müssen dem auch nachkommen. Alle Energielieferanten bei Strom und Gas haben ihren Grundversor­gungstarif in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Die näheren Bestimmungen über die Belieferung zur Grundversorgung sind auch in den Allgemeinen Geschäfts­bedingungen jeweils anzuführen.

Auf der Internetseite der E-Control sind umfangreiche Informationen zur „Grundver­sorgung“ unter https://www.e-control.at/abschaltung verfügbar.

Nachfolgend die innerstaatlichen gesetzlichen Grundlagen für die „Grundversorgung“ bei Energielieferanten:

Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010:

§ 77. (Grundsatzbestimmung) (1) Stromhändler und sonstige Lieferanten, zu deren Tätigkeitsbereich die Versorgung von Haushaltskunden zählt, haben ihren Allgemeinen Tarif für die Grundversorgung von Haushaltskunden in geeigneter Weise (zB Internet) zu veröffentlichen. Sie sind verpflichtet, zu ihren geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zu diesem Tarif Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen, mit elektrischer Energie zu beliefern (Pflicht zur Grundversorgung). Die Ausführungsgesetze haben nähere Bestimmungen über die Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG für die Grundversorgung vorzusehen.

1.         (2) Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, zu dem die größte Anzahl ihrer Kunden, die Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sind, versorgt werden. Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Unternehmer im Sinne des § 1


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1086

Abs. 1 Z 1 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, der gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet. Dem Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG der sich auf die Grundversorgung beruft, darf im Zusammenhang mit der Aufnahme der Belieferung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt.

2.         (3) Gerät der Verbraucher während sechs Monaten nicht in weiteren Zahlungsverzug, so ist ihm die Sicherheitsleistung rückzuerstatten und von einer Vorauszahlung abzusehen, solange nicht erneut ein Zahlungsverzug eintritt.

3.         (4) Bei Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen auf die Pflicht zur Grundversorgung sind Netzbetreiber, unbe­scha­det bis zu diesem Zeitpunkt vorhandener Zahlungsrückstände, zur Netzdienstleistung verpflichtet. Verbrauchern darf im Zusammenhang mit dieser Netzdienstleistung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Abs. 3 gilt sinngemäß. Im Falle eines nach Berufung auf die Pflicht zur Grundversorgung erfolgenden erneuten Zahlungsverzuges, sind Netzbetreiber bis zur Bezahlung dieser ausstehenden Beträge zur physischen Trennung der Netzverbindung berechtigt, es sei denn der Kunde verpflichtet sich zur Vorausverrechnung mittels Prepaymentzahlung für künftige Netznutzung und Lieferung. § 82 Abs. 3 gilt im Falle des erneuten Zahlungsverzugs sinngemäß. Die Verpflichtung der Prepaymentzahlung besteht nicht für Kleinunter­nehmen mit einem Lastprofilzähler.

4.         (5) Eine im Rahmen der Grundversorgung eingerichtete Prepayment­funktion ist auf Kundenwunsch zu deaktivieren, wenn der Endverbraucher seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände beim Lieferanten und Netzbetreiber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreiendes Ereignis eingetreten ist.

Grundversorgung Gas im Gaswirtschaftsgesetz 2011


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§ 124.

(1) Erdgashändler und sonstige Versorger, zu deren Tätigkeitsbereich die Versorgung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG zählt, haben ihren Allgemeinen Tarif für die Grundversorgung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG in geeigneter Weise (zB Internet) zu veröffentlichen. Sie sind verpflichtet, zu ihren gel­tenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zu diesem Tarif Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, und Kleinunternehmen, die sich ihnen gegenüber auf die Grundversorgung berufen, mit Erdgas zu beliefern (Pflicht zur Grundversorgung). Die Regulierungsbehörde ist ermächtigt, nähere Bestimmungen über die Zumutbarkeit einer Grundversorgung und über die Gestaltung der Tarife für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmen für die Grundversorgung durch Ver­ordnung festzulegen.

(2) Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG darf nicht höher sein als jener Tarif, zu welchem die größte Anzahl ihrer Kunden, welche Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG sind, versorgt wer­den. Der Allgemeine Tarif der Grundversorgung für Kleinunternehmen darf nicht höher sein als jener Tarif, welcher gegenüber vergleichbaren Kundengruppen Anwendung findet. Dem Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG, der sich auf die Grund­versorgung beruft, darf im Zusammenhang mit der Aufnahme der Belieferung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt.

(3) Gerät der Verbraucher während sechs Monaten nicht in weiteren Zahlungsverzug, so ist ihm die Sicherheitsleistung rückzuerstatten und von einer Vorauszahlung abzu­sehen, solange nicht erneut ein Zahlungsverzug eintritt.

(4) Bei Berufung von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Klein­unternehmen auf die Pflicht zur Grundversorgung sind Netzbetreiber, unbeschadet bis zu diesem Zeitpunkt vorhandener Zahlungsrückstände, zur Netzdienstleistung verpflichtet. Verbrauchern darf im Zusammenhang mit dieser Netzdienstleistung keine Sicherheitsleistung oder Vorauszahlung abverlangt werden, welche die Höhe


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einer Teilbetragszahlung für einen Monat übersteigt. Abs. 3 gilt sinngemäß. Im Falle eines nach Berufung auf die Pflicht zur Grundversorgung erfolgenden erneuten Zahlungsverzuges, sind Netzbetreiber bis zur Bezahlung dieser ausstehenden Beträge zur physischen Trennung der Netzverbindung berechtigt, es sei denn der Kunde verpflichtet sich zur Vorausverrechnung mittels Prepaymentzahlung für künftige Netznutzung und Lieferung. Der Netzbetreiber kann die Prepaymentzahlung ausschließlich aus sicherheitstechnischen Gründen ablehnen. § 127 Abs. 3 gilt im Falle des erneuten Zahlungsverzugs sinngemäß. Die Verpflichtung zur Prepay­mentzahlung besteht nicht für Kleinunternehmen mit einem Lastprofilzähler.

(5) Eine im Rahmen der Grundversorgung eingerichtete Prepaymentfunktion ist auf Kundenwunsch zu deaktivieren, wenn der Endverbraucher seine im Rahmen der Grundversorgung angefallenen Zahlungsrückstände beim Versorger und Netz­betrei­ber beglichen hat oder wenn ein sonstiges schuldbefreiendes Ereignis eingetreten ist.

Von zentraler Bedeutung ist, dass die Tarife der Energiepreise, die die Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten den Endkunden, dh. Haushalten und Kleinunternehmern, auch tatsächlich den Bestimmungen des § 77 Elektrizitäts-wirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) 2010 (ElWOG) bzw. § 124 Gaswirtschaftsgesetz (GWG) entsprechen. Deshalb muss die zuständige Bundes-ministerin dafür Sorge tragen, dass die zuständige Behörde überprüft, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen Lieferanten verlautbarten Tarife für die Grundversorgung der Höhe nach den Bestimmungen des § 77 ElWOG  bzw, 124 GWG entsprechen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, um überprüfen zu lassen, ob die seitens der Strom- und Gashändler und sonstigen


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Lieferanten verlautbarten Tarife für die Grundversorgung der Höhe nach den Bestimmungen der §§ 77 ElWOG bzw. 124 GWG entsprechen.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Abgeordneter Stark ist der Nächste. – Bitte sehr.


15.34.54

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Kollege Kühberger hat in seiner Rede den Begriff Transformation verwendet, diesen Begriff möchte ich jetzt auch aufgreifen, weil sich weite Bereiche des Budgets mit dieser Transformation beschäftigen.

Transformation der Gemeinden, der Wirtschaft, der Gesellschaft, eine Transformation, die ihren Ursprung nicht in der Klimakrise hat, sondern auch in der Ukrainekrise, wo es um Katastrophen für Menschen geht, in der Ukrainekrise, die aber auch in Europa schmerzhafte Impulse mit sich gebracht hat und die Notwendigkeit dieser Transformation mehr und mehr in den Vordergrund rückt. Lassen Sie mich dazu fünf Punkte erwähnen!

Punkt eins: die Gemeinden. Das Gemeindepaket umfasst auch 500 Millionen Euro für diese Transformation in den Gemeinden. Das ist ein gigantischer Betrag, der den Gemeinden hier in den nächsten beiden Jahren zur Verfügung steht, um ihren Beitrag zur Transformation zu leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Punkt zwei: das Gesamtklima. 14,8 Milliarden Euro – 14,8 Milliarden Euro! – stehen in diesen nächsten Jahren zur Verfügung, um die Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz zu verändern.


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Punkt drei – heute schon oft erwähnt –: die Mobilität. Im Bereich der Mobilität wird sich in den nächsten Jahren aufgrund dieses Budgets so viel tun wie in den Jahrzehnten davor nicht. Ich erwähne nur den ÖBB-Rahmenplan, der bis 2026 Investitionen in der Höhe von rund 500 Millionen Euro vorsieht; auch das ist eine gigantische Summe.

Punkt vier: die Wirtschaft – auch sie wurde heute schon mehrfach genannt. Auch dieses Budget ermöglicht es der Wirtschaft, vor allem der energie­inten­si­ven Wirtschaft, hier Transformationsschritte nicht nur einzuleiten, sondern wirklich umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Budget der Zukunft, und ich bin bei der Kollegin Kaufmann, die gestern hier die Bundeshymne zitiert hat: „Land der Hämmer, zukunftsreich“. Das gilt auch für diese Untergliederung des Budgets: Sie macht die Wirtschaft zukunftsfit. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum letzten Punkt: zu den Haushalten. Auch für die Privatpersonen, die Haushalte schafft dieses Budget Möglichkeiten, um sich zukunftsfit zu machen, um fossile Energieträger gegen nachhaltige, gegen erneuerbare Energie­träger zu tauschen. Das ist ein gigantischer Impuls für die gesamte Gesellschaft, für die Privathaushalte in unserem Land.

Und zum Schluss – meine Damen und Herren, daher bitte ich Sie alle um Zustimmung –: Dieses Budget ist eine gute Basis für die Zukunft unseres Landes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Weidinger. – Bitte.


15.37.57

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Mein Vorredner Christoph Stark, selbst Bürgermeister in Gleisdorf, hat meiner Meinung nach sehr viele


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wesentliche Punkte hier ausgeführt, worum es im Kern geht, nämlich: konkrete Vorschläge zu machen und mit einem Budget sicherzustellen, sodass wir gemeinsam eine Basis haben, dass wir Österreich nachhaltig, dass wir Österreich sozial gerechter und dass wir Österreich auch klimafit gestalten. (Abg. Rauch: So hat er das nicht formuliert!)

Das sind die entscheidenden Punkte. Daher macht es mich wirklich nach­denklich, wenn Kollege Abgeordneter Yannick Shetty, 27 Jahre alt, heute hier ein pessimistisches Bild zeichnet.

Man kann politisch immer unterschiedlicher Meinung sein und auch Kritik üben, das ist notwendig, aber ich glaube, es ist wirklich auch notwendig, dass wir gerade gemeinsam mit der Jugend, mit jungen Menschen diesem Land eine positive Perspektive geben. Und das macht die Bundesregierung, das macht die Parlamentsmehrheit mit diesem Budget. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Shetty: Das Schlimme ist, dass Sie das ernst meinen! Das ist das Problem, Sie meinen das ernst!)

Die politische Verantwortung tragen aber wir alle gemeinsam, wir 183 hier in diesem Parlament, die Tausenden Gemeinderäte und die Vertreter in den Bundesländern. Wenn wir nicht gesamtheitlich einen Plan für uns gemeinsam entwickeln, werden wir diese Energiewende nicht schaffen.

Wir werden sie deswegen nicht schaffen, weil wir unsere Haltung nicht geändert haben. Wir haben so viele Themen, wo wir miteinander streiten, wo wir diskutieren, wo manchmal auch die Menschen zu Recht den Eindruck haben, dass politisch Dinge vom Zaun gebrochen werden, nur damit man Schlag­zeilen produziert, aber tun wir das bei diesem Thema nicht. Stellen wir die Klimapolitik außer Frage!

Warum ist das so notwendig für uns? – Weil es ja in der Sache schon so kompliziert ist. (Abg. Shetty: Das ist sogar den Grünen peinlich, Kollege Weidinger! Oder?)


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Keiner von Ihnen hat, glaube ich, noch nicht die Erfahrung gemacht, dass man eine solche E-Mail bekommt – ich habe gerade eine bekommen. Drei Bauern aus dem Gegendtal wollen eine Fotovoltaikanlage installieren und sich beim Kärntner Netzbetreiber anschließen. Leider bekommen sie die Nachricht, dass das momentan nicht möglich ist. Jetzt könnte man natürlich darüber lamentieren (Abg. Shetty: Nein, bitte nicht weiter lamentieren!) und fragen: Wer ist schuld? Aber diese Schuldfrage bringt uns nicht weiter – sondern die Verantwortung.

Die Netze wurden nach einem bestimmten Bedarf ausgerichtet – zu einer Zeit, als der Verbraucher nur ein Konsument war und kein Produzent. Das hat sich schlagartig geändert. Daher brauchen wir neue Partnerschaften, Partnerschaften mit den Haushalten, damit die Kosten günstiger werden, damit man weniger zu zahlen hat, wenn man selber Energie produziert. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir müssen eine neue Selbstbestimmung schaffen und gemeinsam einen Masterplan verfolgen. Die gute Nachricht: Es liegt in unseren Händen! Dieses Budget wird ja von den Zahlen her von keiner Partei infrage gestellt. Es wird klar zum Ausdruck gebracht, dass wir sehr, sehr viel Steuerzahlergeld – und das ist das Geld der Österreicherinnen und Österreicher – in die Hand nehmen, um den Weg in die Zukunft zu bereiten – und es ist unsere Verant­wor­tung, jetzt gemeinsam politische Entscheidungen auf allen Ebenen zu treffen, damit wir auch diesen gemeinsamen Traum, nämlich ein klimafittes Österreich bis 2030 fortfolgend, realisieren können.

In diesem Sinne appelliere ich an Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen: Wenn Sie nicht dem Gesamtbudget Ihre Zustimmung erteilen können, so stim­men Sie doch diesem Kapitel zu, damit wir ein klares Zeichen für einen erfolgreichen Weg Österreichs setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kucher: Was ist mit der Hochleistungsstrecke? Die ist ja so wichtig!)

15.41



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf unsere Gäste aus Bayern, die sich für einen Meinungs- und Gedankenaustausch in der Arbeitsgruppe Wissenschaft und Kunst in Österreich befinden, recht herzlich auf der Galerie begrüßen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schnabel. – Bitte.


15.41.53

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Geschätzte Gäste aus Bayern! Hohes Haus! Herr Kollege Shetty, Kollege Weidinger hat vorhin Ihre Rede etwas kritisiert. Wenn Sie sagen, es ist keine Trendwende in diesem Budget zu sehen, Herr Kol­lege Shetty von den NEOS, dann muss ich Ihnen sagen: Machen Sie die Augen auf, fahren Sie durch das Land und sehen Sie sich einmal genau an, wie viele Fotovoltaikanlagen zum Beispiel allein in den letzten drei Jahren installiert wurden! Heuer, im Jahr 2022, werden wir eine neue Höchstzahl an neu installierten Fotovoltaikanlagen erzielen und dementsprechend mit 1,6 Gigawatt an neuer Leistung einen ganz wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Geschätzte Kollegen von der Freiheitlichen Partei, es ist in allen Reden, die Sie zum Thema Umwelt und Klimaschutz halten, immer das Gleiche, und das erinnert mich an die ehemalige Firma Nokia. Die haben auch gesagt, eine neue Art von Mobiltelefon würde keinen Erfolg haben. Dann hat der I-Phone-Chef ein neues Mobiltelefon vorgestellt und damit eine große Trendwende eingeleitet. Genauso werden wir mit einer neuen Technologie auch diese Energiekrise bewältigen und die Energiewende einleiten können. (Abg. Shetty: Die ÖVP ist aber nicht das I-Phone in der Metapher!)

Kollege Stark hat schon das 500-Millionen-Euro-Paket für die Gemeinden genannt; in Summe stellen wir den Gemeinden 1 Milliarde Euro im nächsten Jahr zur Verfügung. Das ist ganz, ganz wichtig, weil vor allem der Klimaschutz vor Ort, in den Gemeinden, in den Kommunen anfängt, und somit können auch die


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Gemeinden einerseits vorangehen, andererseits auch die Bevölkerung zum Beispiel über Energiegemeinschaften hin zu einer Energiewende unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch – und das ist für die E-Mobilität auch wichtig – für die Installierung der Ladeinfrastruktur sind neue, zusätzliche Mittel vorgesehen. Das ist wichtig, damit einerseits natürlich die EU-Vorgaben, die für zehn Elektroautos einen Ladepunkt vorsehen, eingehalten werden, andererseits aber auch die Bevölke­rung stärker motiviert wird, auf CO2-neutrale Fahrzeuge umzusteigen. Die Ladeinfrastruktur muss sichergestellt sein, damit immer aufgeladen werden kann.

In der Steiermark gehen wir gemeinsam mit der SPÖ sehr vorbildlich voran. Wir haben ungefähr 960 Hektar für neue Energieproduktionsflächen auserkoren, die gemeinsam mit 39 Gemeinden umgesetzt werden. Wir werden in der Steiermark bis 2030 250 neue Windkraftanlagen installieren, um auch für den Wirtschafts­standort günstige und nachhaltige Energie zur Verfügung stellen zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eine große Herausforderung bleibt, die gibt es noch – bitte, geschätzter Herr Vizekanzler, nehmen Sie das mit –: Wir brauchen einen Netzinfrastrukturplan, der innovativ sein muss, der aber auch die digitale Komponente ganz stark beinhalten muss und der auch mit dem Thema Wasserstoff verschränkt werden muss. Gerade auch die Speicherung von Überschussenergie ist ein wesentliches Thema, die Stromnetze müssen dementsprechend adaptiert werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gahr. – Bitte.



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15.45.37

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Das Mobilitätsbudget spielt in viele Bereiche hinein. Es geht um Gesundheit, es geht um Umwelt, es geht um Wirtschaft, es geht vor allem um Lebensqualität. Daher ist es wichtig, dass wir gezielt in nachhaltige Mobilität investieren. Es muss der öffentliche Personennahverkehr ausgebaut werden, es muss die E-Mobilität ausgebaut werden, es müssen aber auch alternative Energie­quellen verstärkt zum Einsatz kommen.

Es ist erfreulich, dass im Mobilitätsbereich das Budget ansteigt und dass relativ viel Geld, 3 Milliarden Euro, für den Ausbau der Bahninfrastruktur bereitgestellt wird. Ich darf hier schon einmal lobend erwähnen, dass es in den letzten Jahren absolut gelungen ist, die Bahn in Österreich zu modernisieren, was den Ausbau der Infrastruktur betrifft, und somit ein verbessertes Angebot zu schaffen.

Als Tiroler darf ich auf den ÖBB-Rahmenplan eingehen. Es werden bis 2028 in Österreich insgesamt 19 Milliarden Euro bereitgestellt; für mein Heimatbun­desland sind 4 Milliarden Euro vorgesehen. Es gibt viele, viele Projekte in jedem Bundesland, und jeder Abgeordnete hat natürlich einmal vorrangig auch die Projekte seines Landes im Fokus. Wir jedenfalls wollen ein Terminal in Wörgl, wir brauchen in Schaftenau den Knoten Radfeld, wir wollen bestehende Bahn­höfe aktivieren, wir wollen den Verschiebebahnhof in Hall ausbauen und damit Möglichkeiten zur Verlagerung schaffen, wir wollen Bahnhöfe umbauen, aber wir wollen vor allem eines: Wir wollen den Brennerbasistunnel ehestmöglich fertigstellen. Das ist meine große Bitte: dass wir gemeinsam möglichst zeitnahe dieses Projekt realisieren können.

Und weil Kolleginnen und Kollegen aus Bayern hier sind: Ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir gemeinsame Anstrengungen unternehmen, was den Zulauf betrifft, dass wir den Zulauf und natürlich auch den Ablauf Richtung Italien schaffen.


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Es gibt große Herausforderungen. Für mich sind vier Dinge ganz entscheidend: Wir müssen Verkehr verlagern, wir müssen Verkehr flüssig gestalten, wir müssen die Menschen entlang der Verkehrsadern entlasten und wir müssen – das ist auch meine Bitte an den Herrn Vizekanzler –, wenn wir verkehrsentlastende Maßnahmen setzen, wenn es um Lärmschutz und vieles andere mehr geht, die Bevölkerung miteinbinden.

In diesem Sinne abschließend meine Bitte – es wurde heute schon einige Male erwähnt –: Im Wipptal gibt es das Projekt Lueg. Aus meiner Sicht ist es absolut sinnvoll, neue Wege zu beschreiten, und ich hoffe und wünsche mir, dass man diesbezüglich ehestmöglich vernünftige Gespräche aufnimmt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandweiner. – Bitte.


15.48.31

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen und auf der Galerie! Dass die SPÖ Niederösterreich schon im Vorwahlkampf ist, hat man an einer Schmutzkübelkampagne in den sozialen Medien gegen uns Abge­ordnete gemerkt, aber dass Abgeordnete heute hier weitermachen, dass Kollege Laimer, ohne Fakten zu nennen, auch gegen die Regionalbahnen schießt, ärgert mich persönlich.

Er hat die Ybbstalbahn angesprochen. – Zu Ihrer Information: Da war der Deckungsgrad gerade einmal bei 4 Prozent. Mittlerweile hat Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko dafür gesorgt, dass alle Betriebe mit einem Bus angefahren werden, und auf dem Nachfolgeprojekt, der Radtrasse, sind mittlerweile in einem Jahr mehr Leute mit dem Rad unterwegs als davor in zehn Jahren mit der Bahn –


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also ein sehr erfolgreiches Projekt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich könnte jetzt noch viele aufzählen, die Waldviertelbahn zum Beispiel oder die Mariazellerbahn, eine der modernsten Bahnen in Europa, genauso den Thayatal-Radweg, der entstanden ist, aber ich möchte auch auf das Budget zu sprechen kommen, denn dort finden sich sehr erfreuliche Zahlen.

Ich möchte drei Schwerpunkte herausgreifen: zum einen Investitionen in die Straße und in die Bahn und zum anderen auch in die digitale Infrastruktur. Gerade bei uns im Waldviertel ist das extrem wichtig. Wir brauchen Straßen­verbindungen sowohl für den öffentlichen Verkehr als auch für den Indivi­dualverkehr. Ich bin sehr dankbar dafür, dass da laufend in Projekte investiert wird, angefangen von Spurzulegungen für sicheres Überholen, aber auch Kriechspuren oder Beschleunigungsstreifen, die sehr wichtig sind. Dank dafür an unseren Mobilitätslandesrat, der das immer vorantreibt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ebenso ergeht der Dank aber auch für die blau-gelbe Bahnoffensive. Es wird sehr viel Geld mit dem Bund investiert. Für uns ganz wichtig ist natürlich die Franz-Josefs-Bahn, die bis 2027 modernisiert werden soll. Hierfür sind 355 Mil­lionen Euro vorgesehen. Aber auch die Direktanbindung von Horn ist ein tolles Zukunftsprojekt, hierfür sind 191 Millionen Euro budgetiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Einen dritten Schwerpunkt habe ich eingangs erwähnt – und das freut mich ganz besonders –: Neben der Mobilität zählt nämlich auch die digitale Anbindung als wichtiges Projekt für schnelles und stabiles Internet, gerade in einer ländlichen Region, wie wir eine sind. Da werden zusätzlich 300 Mil­lionen Euro investiert. Großer Dank geht daher auch an unseren Staatssekretär Florian Tursky, aber auch an unseren Landesrat Jochen Danninger, der uns da wirklich großartig unterstützt hat.


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Das freut mich besonders, weil auch meine Heimatgemeinde da zum Zug kommt. Wir haben ein tolles Zukunftsprojekt mit neun Gemeinden. Es werden 70 Millionen Euro investiert. Über 8 000 Haushalte bekommen eine Glas­faseranbindung direkt ins Haus. Das ist wie gesagt eine tolle Aufwertung und ein großartiges Zukunftsprojekt. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen, Sie sehen, wir investieren in die Infrastruktur, sowohl in die Straße, in die Bahn als auch in die digitale Infrastruktur. Damit helfen wir vor allem dem ländlichen Raum und den Menschen, die dort leben. (Beifall bei der ÖVP.)

15.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Vize­kanzler. – Herr Vizekanzler, bei Ihnen steht das Wort.


15.52.28

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Betreffend Regierungsbank: Ich habe die Seite gewechselt, damit Sie erkennen, dass ich die Frau Bundesminis­terin vertrete. Bei manchen ist das offensichtlich nicht ganz angekommen.

Herr Präsident, vielleicht wäre das einmal eine nützlich Übung, in der Präsidiale dieses geschätzten Hohen Hauses zu erheben, wie viele Abgeordnete wirklich der Meinung sind, dass Österreich auf der Weltklimakonferenz von kompetenter und bester Seite vertreten sein soll – oder eben nicht. Dann ziehen wir vor­sichtshalber einmal die Abgeordneten der freiheitlichen Fraktion ab (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP), die sind da wenigstens ehrlich. Ich habe aber den Verdacht, wenn man sich die Protokolle der Reden von heute ansieht, dass da noch einmal ein paar mehr dabei waren. Ja, Sie müssen halt mit mir vorliebnehmen.

Solche Redebeiträge würde ich mir von einer Partei, die ihrerseits ja auch in einigen Landesregierungen vertreten ist, nicht unbedingt erwarten. Da könnten


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wir ja genauso gut darüber reden – weil vorhin die steirische Koalition ange­sprochen wurde –, ob Vertreter der steirischen Landesregierung über­haupt noch irgendwo hinfahren sollen, wenn sie denn dort gebraucht werden. Dann machen wir das halt auf diesem Niveau; ich kann dem nichts abgewinnen.

Ich sage nur so viel: Man muss sich nicht jeden Unfug gefallen lassen, auch nicht in der Regierung und auf der Regierungsbank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Das ist ja völliger Schwachsinn, unseriös – unehrlich, unseriös! Wenn diese Frage beantwortet ist, dann kann man noch zusätzlich die Frage beantworten, ob die Frau Bundesministerin mit dem Ruderboot hätte hinfahren sollen oder sich hätte anders fortbewegen sollen. Klären Sie das in Ihrer Fraktion! (Heiterkeit und Beifall bei Grünen und ÖVP.) Wir werden das mit den Landesregierungen besprechen, die sich da in dieser Richtung vielleicht noch vernunftbegabter benehmen. Ja, das ist auch ernst gewesen. Das hat vielleicht ein bissl seltsam geklungen, aber der Anlassfall war ja auch seltsam genug.

Jetzt aber zu noch Ernsterem: Was hier ein bissl untergeht, glaube ich, ist die gemeinsame Klammer, ist der Ansatz, ist die Idee, die diese drei Unter­gliederungen in diesem Ministerium vereint, und das sind tragische, in mancher Hinsicht auch fast dramatische, jedenfalls – und im doppelten Sinne des Wortes – hoch brennende Fragen, die uns da beschäftigen. Deshalb möchte ich versuchen, ein paar Einordnungen aus Sicht der Regierung vorzunehmen, und gehe nicht auf jede – durchaus verständliche – Detailanregung – oft auch Forderung – zu verschiedenen Untergliederungen ein.

Ich habe in der Vorbereitung die Fragen aus dem Budgetausschuss zu diesen Untergliederungen und auch die Antworten größtenteils nachgelesen und hätte erkannt, dass das meiste dort abgedeckt war, weil sich manche hier herinnen natürlich noch viel stärker damit beschäftigt haben. Es wird Sie wahrscheinlich auch freuen, wenn ich jetzt nicht zu allem im Detail Stellung nehme, denn das geht ja auch auf Ihre Zeit hier.


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Das andere scheint mir schon wichtig zu sein: Wie sind wir hier im Haus vor acht Monaten, neun Monaten oft noch dagesessen und haben von einer Zeiten­wende gesprochen, auch die Sozialdemokratie? – Ja, es ist eigentlich noch schlimmer gekommen. Fürchten wir uns nicht! Es hat auch Lösungen gegeben. Ja, es ist eigentlich schlimmer gekommen. Ja, es ist bis heute so: Es herrscht Krieg in Europa. Es ist aber auch ein Wirtschaftskrieg. Dieser hat ganz massive Fronten im Energiebereich. Es handelt sich mithin auch um einen Energiekrieg. Das sollte man einmal zur Kenntnis und vielleicht auch zum Anlass nehmen, dass diese Erkenntnis einen Beitrag leisten kann, dass wir hier – würde ich meinen – schon die Verpflichtung haben, ein paar Dinge gemeinsam außer Streit zu stellen, ein paar Fragen gemeinsam zu stellen, auch wenn die Antworten nicht überall die gleichen sein müssen; aber sie sollten zumindest so sein, dass sie uns nicht unversöhnlich zurücklassen.

Das heißt, an dieser Front, im wahrsten Sinn des Wortes, tut sich sehr viel. Da muss man schauen, was man dann in den Auswirkungen dagegen tun kann; ich werde es gleich ein bissl erläutern. Und die zweite große Frage, die von diesem tragischen, bestialischen Angriffskrieg Putins unabhängig ist, ist schlechthin, und dann aber für die gesamte Weltbevölkerung, eine Lebensfrage – ja, manche sagen: eine Überlebensfrage, und völlig zu Recht. Wir hatten das Thema schon ein bissl an anderer Stelle.

Also das sind doch die zwei ganz großen Fragen, die im Raum stehen: die Frage von Krieg und Frieden und was das für die Energieversorgung und damit für die Notwendigkeit der Energiewende heißt – da steckt es ja beide Male drinnen: die Notwendigkeit der Energiewende –, und zweitens: Wie geht es mit dem Planeten an sich, aber jedenfalls einmal mit dem Klima weiter? (Beifall bei den Grünen.)

Was können Europa und ein so kleines Land wie Österreich beitragen – zuge­geben: ein kleines Land? Es muss doch die Erkenntnis reifen, dass alles, was in die Energiewende geht, richtig ist, und zwar in dem Sinn, wie es einige schon


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länger – ich will da keine Noten verteilen – vor sich sehen, die Vorhaben arti­kulieren und auch schon Maßnahmen umsetzen, da die Energiewende der Schlüssel ist, wenn schon nicht für alles, dann aber für vieles und für alles, was notwendig ist, damit wir überhaupt vom Fleck kommen.

Die Lage ist dramatisch und bedrohlich. Deshalb sollten wir sehen, dass das, was schon länger richtig und wichtig war, es jetzt noch mehr ist – jetzt erst recht! Und es ist richtig und wichtig, die Energiewende, und zwar in einem Sinn von: Raus aus den Fossilen und rein in die Erneuerbaren!, zu erkennen. – So weit, so gut, möchten Sie sagen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann schauen wir einmal hin! Wozu führt das im Übrigen? Da stimmen wir in der Bundesregierung im Übrigen völlig überein – völlig überein! –, wir scheuen den Begriff nicht, gar nicht: Es handelt sich um Sicherheitsfragen. Deshalb haben wir uns auch am Nationalfeiertag auch mit der Energiesicherheit – und mit allen anderen wichtigen Fragen – beschäftigt. Diese Erkenntnis muss aber auch ein­mal reifen.

Ich danke allen Fraktionen hier im Haus – über die Regierungsfraktionen hinaus –, die dazu mit einen Beitrag leisten, den Diskurs so zu führen, aber auch versuchen, in der Antwortgebung zumindest den gemeinsamen Korridor fest­zulegen. Mehr Sicherheit durch die Energiewende, über den Weg von mehr Unab­hängigkeit: Das ist ja ganz logisch. Am Schluss erzeugt das, wo wir uns – die meisten – hoffentlich wieder treffen, auch mehr Freiheit. Sicherheit, Unabhän­gigkeit und Freiheit: das alles über ein Instrument, was mich natürlich sehr freut. Es kommt hoffentlich immer mehr aus dem Nachhaltigkeitsbereich. Sicherheit, Unabhängigkeit, Freiheit, Nachhaltigkeit: Wir müssen einmal das Große sehen! (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Das heißt: Raus aus den Fossilen! Das ist auch eine große wirtschaftliche Frage, wenn uns die Inflation jetzt so drückt – ja, zugegeben. Es ist nicht nur – aber malen wir da nicht nur schwarz-weiß; ich appelliere jetzt sozusagen auch an mich selbst – die fossile Inflation, die uns treibt und drückt und auch zu


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Lösungen drängt, aber es ist vor allem die fossile Inflation. Wir sollten also zu den vier Punkten von vorhin noch hinzufügen, dass es auch um mehr Wirtschaftlichkeit und mehr soziale Tragfähigkeit gehen wird. Das muss man einmal, glaube ich, erkennen, und dann kann man die Dinge ordnen und gerne auch über die Instrumente reden: Was heißt denn das? Wie viele gesetzliche Rahmenvorgaben brauchen wir? Was ist steuerlich zu regeln? Und wiederum: Wo brauchen wir Subventionen? – Ja, auch die wird es brauchen, und die haben natürlich mit dem Budget zu tun.

Ich kann überhaupt keinen Sinn darin erkennen, diesen Widerspruch, der hier im Haus nur teilweise aufgriffen wird, einfach so stehen zu lassen: Den einen ist es viel zu viel, den anderen ist es zu wenig. – Es fällt den meisten gar nicht auf, dass sie sich hier in einem permanenten Widerspruch äußern. Das darf im Diskurs sein, aber wir müssen die Lage analysieren und die Dinge ordnen, und das versuche ich jetzt noch einmal: Wir haben es mit der Notwendigkeit von Klima- und Umweltschutz zu tun, wir haben die Versorgungssicherheit zu leisten, die Resilienz, wie es jetzt gerne heißt. Das hat ganz viel mit Unabhängigkeit, der Preisstabilisierung zu tun und, siehe da – und das vergessen wir wieder immer öfter –, das hat alles auch sehr viel mit Chancen zu tun, mit den heimischen Arbeitsplätzen, mit der heimischen Wertschöpfung, wenn wir es richtig und rasch genug machen.

Diejenigen, die im Rahmen der nationalen Möglichkeiten – dazu werde ich noch etwas sagen – vorne dabei sind – im Rahmen der nationalen Möglichkeiten; nicht die Industrie vertreiben –, haben dann, wenn andere folgen müssen – und wenn sie nicht folgen, haben wir ein anderes Problem auf diesem Planeten –, die Vorteile, auch in der Kosten- und Investitionsfrage. Die, die hintendran sind, haben die Nachteile. Deshalb sollten wir auch schauen, dass in diesem Sinne der Rubel in der Region rollt und nicht zu Putin! Das muss einmal eine Erkenntnis sein. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Hintner und Salzmann. Abg. Krainer: Ich hätte gesagt, der Euro; ist mir wichtiger als der Rubel!)


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Und wenn wir uns schon anhören müssen, wie sich die Frau Umweltministerin zu bewegen hätte, dann darf ich schon eines noch einmal adressieren – nicht an alle Fraktionen gleich –: Wenn man hier schon mit dieser Verve und mit dieser billigen, wenn auch lauten Polemik zu Felde zieht, dann möchte ich zumindest den Wunsch äußern, dass mit der gleichen Energie darüber nachgedacht wird, wer uns überhaupt in diese Abhängigkeit von Putins Gas gebracht hat, und da sollten Sie (in Richtung SPÖ) auch einmal in sich gehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Niemand von uns ist davor gefeit, weltpolitische Entwicklungen falsch einzu­schätzen, auch ich nicht, auch die Grünen nicht, aber den Mund so voll zu nehmen und keine Silbe darauf zu verwenden, was der Anteil der Sozialdemo­kratie ist, dass wir uns überhaupt in dieser Situation wiederfinden, ist doch anachronistisch, bei allem Wahlkampf – jetzt sind wir eh schon in Niederöster­reich gelandet; ich hätte es auch so verstanden –, aber da muss doch so viel Lauterkeit vorausgesetzt werden dürfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ord­neten der ÖVP.) Wer hat uns dort hingebracht? (Abg. Kollross: Na, der Koali­tionspartner vielleicht!) – Ja, mag ja sein, ich sage ja, niemand ist gefeit. Ich habe mir das mit Russland auch anders vorgestellt. Ich zitiere mich jetzt nicht wieder selber, um mich zu loben, aber: Dass diese Gasabhängigkeit eine Dod­lerei ist, das war schon erkennbar.

Wenn wir heute einen Bankmanager finden würden – das war ja eh nach der Finanzkrise –, der zu 80 Prozent – zu 80 Prozent! – auf ein einziges Pferd (den Daumen in die Höhe haltend) setzt: Der wär’ im Häf’n – der wär’ im Häf’n! – Das haben aber welche (Zwischenruf der Abg. Kucharowits) in der OMV und in der politischen Umgebung – dort schon in abgeschwächter Verantwortung – verant­wortet. (Zwischenrufe der Abgeordneten Herr und Schroll.) Das ist natürlich tragisch, aber es ist trotzdem nicht falsch.

Ich plädiere ja nur deshalb dafür, das so zu erkennen, damit wir uns heute besser leisten können, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Niemand war vor Fehlern gefeit! Das aber zu negieren und den anderen die Welt zu erklären – wenn


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uns heute diejenigen die Welt erklären, die uns dort hingeführt haben, dann klingelt es bei mir einmal (den Zeigefinger vor einer Schläfe kreisförmig bewegend): Hoppla! (Beifall bei den Grünen), und wenn ich dann noch sehe, dass es keinen Erkenntnisprozess gibt, dann klingelt es (die vorhin beschriebene Geste erneut ausführend) noch mehr.

Deshalb, glaube ich, haben wir alle uns unserer Verantwortung zu stellen. Wenn man in dieser Krise nicht zwischen einer Opposition und einer solchen, die immer mehr nicht davor zurückschreckt – nicht einmal hier im Nationalrat –, ein­fach darauf los zu kampagnisieren, ungetrübt von jedem Sachverstand, unterscheiden kann – dann stimmt doch etwas nicht. (Rufe bei der SPÖ: Hallo! Jetzt reicht es aber! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ja das Problem, finde ich. (Beifall bei den Grünen.)

Dann gibt es auch andere Beiträge hier herinnen. Es geht ja nicht um alle Abge­ordneten gleichzeitig. Ich will Ihnen ja nur erklären, dass wir zumindest konsistent bleiben sollen, und das habe ich manchmal schon vermisst. Jetzt werden Sie (in Richtung SPÖ) wieder sagen, wieso ich dazu komme, das von der Regierungsbank aus zu erzählen. Ja, das ist Ihr Recht, aber ich sage es deshalb, weil ich appelliere, dass wir über alle Verantwortungsträger hin­weg, in den Gemeinden, in den Ländern – also immer die Regierungen –, in den Landesregierungen und in der Bundesregierung und auch in den gesetzge­benden Körperschaften, in so einer Krise eine gemeinsame Verantwortung haben. – Das meine ich. (Beifall bei den Grünen.)

Dann können wir gerne darüber reden, was da die beste Abmischung ist. Ich sehe da viele Beiträge als berechtigt an. Das Geld alleine ist es nicht, das stimmt. Es wird auch mehr Gesetze brauchen, auch da gebe ich Ihnen (in Rich­tung SPÖ) recht. Es ist eh eine alte Weisheit aus der Umweltökonomie, dass wir mehrere Instrumente gleichzeitig brauchen: erstens die Rahmenge­setzgebung, zweitens die Taxes, drittens die Subsidies, also gesetzliche Rahmen, Steuerreformen und natürlich die Förderungen – na ganz klar, da spricht ja alles dafür. Eines alleine wird es nicht sein. Dafür müssen wir


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bei aller mittel- und langfristigen Vision kurzfristig komplett pragmatisch vorgehen. Da sollten wir uns ja wieder treffen.

Es wird von allem etwas brauchen. Deshalb glaube ich – und da ist halt für mich bei einer Budgetdebatte Anlass –, dass man da vor allem und zunächst einmal auf die finanziellen Mittel schauen sollte. Da entdecken wir schon große Plus­punkte, denke ich. Dann kann man immer noch darüber diskutieren – das habe ich vor allem von den Abgeordneten der NEOS vernommen; ich finde das völlig berechtigt –, dass wir dann, wenn es mehr ist, erst recht schauen müssen, ob jeder Euro effizient eingesetzt ist. Das ist völlig logisch. Da kann es auch unter­schiedliche Einschätzungen geben. Das aber nur einmal dazu, dass es nicht schlecht ist, dass es einmal grundsätzlich die Möglichkeit gibt, wesentlich mehr zu investieren.

In der UG 43, die ja die prominenteste hier in der Debatte war, sind es um 790 Mil­lionen Euro mehr, nur von einem Jahr auf das andere. Wenn wir das mit vorigen Budgets vergleichen, sehr geehrte Damen und Herren – vielleicht bauen Sie (in Richtung SPÖ) das gleich in Ihren nächsten Redebeitrag ein –, dann stellen wir fest, dass das gegenüber vielen Vorgängerregierungen eine Vervielfachung ist. Vieles von dem, was wir da erleben, ist zum Teil, verglichen mit dem Jahr 2019, eine Verzehnfachung, und das wirkt sich natürlich aus. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Prinz und Diesner-Wais.)

Es wurde ja erwähnt – die Gäste aus Bayern sind weg (in Richtung Besucher­galerie) –, es wirkt sich im massiven Fotovoltaikausbau aus. Früher habe ich mich immer geärgert: Da fährt man mit dem Railjet über das Deutsche Eck und dann sieht man, kaum ist man in Bayern, viel größere Flächen an Fotovoltaik (Abg. Krainer: Ja, aber nur weil der Zug so langsam fährt, dass man was sieht! ... fährt der Zug so schnell, da siehst ja nichts!) als in Österreich. (Abg. Litschauer hält eine Tafel mit der Überschrift „Sanierungsoffensive 2014 bis 2023“ und einem Säulendiagramm in die Höhe.)  Jetzt aber holen wir in Railjetgeschwindigkeit auf, und das ist gut so. Ähnlich ist es beim Wind. (Beifall bei den Grünen.)


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Der Heizkesseltausch hat eine große soziale Komponente, weil wir für die einkommensschwächsten 20 Prozent der Haushalte de facto alle Kosten des Tausches zahlen – nicht 100 Prozent und auch nicht bis auf das Detail versprochen, denn dann würden die Installateure das ja sofort einpreisen, aber fast. Das ist groß. Da sieht man auch, dass – und da haben Sie von der Sozialdemokratie ja völlig recht, so denke ich – Ökologie und Soziales zusammen gedacht werden müssen, und zwar nicht nur gedacht, sondern auch umgesetzt.

In der Mobilitätswende ist es das Gleiche: viel, viel mehr Geld. Man kann da immer noch diskutieren – das tun Sie ja –, was jetzt im ÖBB-Rahmenplan, was in der Asfinag drinnen sein soll, okay. Mit diesen Budgets gibt es aber einmal wesentlich mehr Möglichkeiten. Die Mittel gehen nicht nur in den Schienen­infra­strukturausbau, sie gehen auch in die Elektroladeinfrastruktur, in den Bereich, in dem wir beginnen – Busse, Transportfahrzeuge und Lastwagen –, mit der E-Mobilität voranzukommen, und so weiter und so fort.

Bei der Transformation in Bezug auf die Industriebetriebe – weil das gebracht wurde – stellen wir dann fest, dass auch einmal viel Geld da ist. Sie haben natürlich recht, wenn Sie einfordern, dass man natürlich noch eine entsprechende Struktur braucht, damit die Mittel zielgerichtet und vernünftig vergeben werden. Ich bin da aber sehr zuversichtlich, und wir haben ja alle Hinweise darauf. Es wird wissenschaftliche Jurys und Beiräte geben, die uns beraten werden, wie wir das angehen sollen.

Für die Industrie ist es aber mal gut. Es ist ein Gerücht, dass mit den Industrie­vertretern nicht darüber verhandelt wurde. Ich weiß nicht, wen Sie da alles meinen, die nicht verhandelt hätten. Die Frau Bundesminister, die heute eben nicht hier sein kann, und ich haben das dort sehr wohl besprochen, und zwar ausführlich und öfter. Ich glaube, da sollte man – wenn man es schon nicht schätzen kann – zumindest nichts anderes behaupten. Das muss man zwischen­durch auch einmal erwähnen dürfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Abg. Rauch: Das ist der Schlussapplaus!)


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Ja, die Bedeutung der Gesetze soll man nicht unterschätzen. Wir haben jetzt schon so viel übers Geld geredet. Die Abgeordneten der NEOS sind sehr stark darauf eingegangen – ich meine, zu Recht. Es geht natürlich schon um die Zielsetzung, um die Rahmensetzung, die vielleicht auch eine gewisse Verbind­lich­keit erzeugt. Deshalb ist es natürlich sinnvoll, ein Klimaschutzgesetz zu haben, das solchen Ansprüchen auch genügt. Da arbeiten wir daran. Das ist nicht immer gleich leicht. Das muss man, glaube ich, akzeptieren.

Der Vorteil ist natürlich, dass man dann nicht nur normativ einen Fahrplan entdecken kann, sondern auch die Zielabweichungen feststellen kann. Da haben Sie schon recht. Es wird vielleicht auch noch andere Gesetze brauchen. Es sollte uns aber nicht daran hindern, zu erkennen, dass in Bezug auf andere Bereiche sehr wohl viel in der Gesetzgebung passiert ist: das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und – jetzt auch wieder bei Ihnen im Haus – das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das zum Teil genau einlöst, was da gefordert wurde, dass nämlich nicht nur über Geld, sondern auch entsprechend über Vorgaben gesteuert wird. Ja, das passiert, aber noch nicht überall und noch nicht überall fertig – nichts zu widersprechen.

Ich frage mich nur, wie hoch die Geschwindigkeit im Klimaschutz bei den Vor­gängerregierungen beziehungsweise in den Jahren davor war. Ich glaube, einer solchen Reflexion darf man sich ruhig stellen. Jetzt geht es nicht nur ums Geld, weil einen da jeder Vergleich mit Vorgängerregierungen sicher macht, es geht auch darum, zu schauen, bei welcher Regierung wirklich mehr Ambition drinnen liegt. Ich glaube, auch da macht der Vergleich sicher, obwohl wir noch lange nicht dort sind, wo wir sein wollen und wo wir hingehören. Also d’accord: Na, dann krempeln wir gemeinsam die Ärmel auf! Ein bissel Zeit, sich dem zu stellen, wird ja sein, auch in den entsprechenden Ausschüssen.

Eines sage ich schon noch dazu: Es ist immer ein Kompromiss, es sind immer Abwägungsfragen. Ich will beide Seiten verstehen. Heute habe ich schon für eine einmal Stellung genommen. Es haben aber auch Industrievertreterinnen und Industrievertreter ein Argument, ein für mich ganz wichtiges Argument. Wir


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leben eben nicht nur in der Lehrbuchökonomie, wir leben in einem realen Land, in einem kleinen Land in Europa, in einer offenen Volkswirtschaft. Wir können die Ziele relativ weit treiben. Bei den Maßnahmen wird es schon schwieriger. Dafür werden wir oft auch vom Regierungspartner kritisiert. Das verstehe ich, darüber können wir ja offen reden.

Nur umgekehrt müssen wir verstehen – weil wir in den Zielen und auch in den Maßnahmen sehr ambitioniert sind –, dass wir einen Punkt gemeinsam haben sollten, nämlich wie man auf die Frage – die nicht leicht zu beantworten ist – der Festsetzung nationaler Spielräume antworten soll. Am Schluss kann und soll es natürlich – bei aller Ambition – nicht sein, dass die Gefahr erzeugt wird, dass in Österreich ansässige, vor allem produzierende Betriebe, die in der Regel – auch aus ökologischer Sicht – auf höchstem Niveau produzieren, lang­fristig – eh nicht sofort – vertrieben werden, um es einfach auszudrücken. Das halte ich schon für wichtig. Deshalb ist nicht jedes Ziel und jede Forderung über Nacht umsetzbar. Ich verstehe das.

Warum ist das so wichtig? – Weil Österreich, die Bevölkerung – wir alle, wenn Sie so wollen – eine Wertschöpfung daraus bezieht. Es geht um viele, viele Arbeitsplätze. Das muss auch in die Abwägung hineinkommen. Das würde ich auch mit den Freundinnen und Freunden von Fridays for Future so disku­tieren. Wir brauchen beide Sichtweisen, sonst kommen wir nicht voran: kurzfristig pragmatisch und mittelfristig visionär und durchaus radikal. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Redezeit!)

Ich weiß, dass ich hier schon eine Zeit lang rede, aber ich bin ja ein paarmal aufgefordert worden, und sage auch nur mehr knapp etwas zur UG 41 und zur UG 34. Es gibt auch da Mittelausweitungen wie nie zuvor (Zwischenruf des Abg. Matznetter), das sollten Sie zumindest nicht wegwischen: 450 Millionen Euro in der UG 41 – Verkehr – und immer noch ein Plus von mehr als 40 Millio­nen Euro in der UG 34.


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Ich möchte nur eines sagen, damit es im Protokoll steht: Die Bundesministerin handelt, was den Umgang mit der Asfinag und den dort gelagerten Themen betrifft, völlig im Rahmen ihrer Kompetenzen, so gesehen legal, und auf Basis von Gutachten und damit abgesichert – weil das für Sie so ein relevantes Thema war. Das sollte nicht unerwähnt bleiben, nachdem sie selber nicht hier ist. Ein bissel etwas habe ich gesagt, was in diesen Verkehrsprojekten passiert, das werde ich jetzt natürlich weglassen.

Dann komme ich noch zur Innovation. Auch da ist es so, dass die Schwerpunkt­setzung einerseits zielgerichtet ist, und es gibt natürlich auch themenoffene - - (Abg. Krainer: Du redest gerade den Grünen die Zeit weg! Alles über 20 Minuten wird ihnen abgezogen! – Abg. Matznetter: Schau, weil du weiter als Minister redest, Werner, und nicht als Vizekanzler!) – Ja, jetzt Ende der Zurufe, weil es sonst noch länger wird (Heiterkeit bei SPÖ und Grünen); aber danke für den Hinweis!

In der Innovation geht es genauso um diese Schwerpunkte – Energiewende, Verkehrswende, Kreislaufwirtschaft – und auch um die neuen Ansätze betreffend eine Stadtökologie. Geld ist natürlich nicht alles, da haben Sie recht, aber ohne Investitionen wird vieles nicht sein. Wenn es um so viel geht, darf es auch um viel Geld gehen. Deshalb sollten Sie das berücksichtigen. (Abg. Krainer deutet auf seine Uhr, macht das Time-out-Zeichen und führt den Zeigefinger quer über den Hals.) – Danke, Herr Kollege Krainer. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Holzner. – Bitte.


16.17.47

Abgeordnete Dipl.-Ing. Andrea Holzner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Genau darum geht es jetzt: gemeinsam an einem Strang ziehen und miteinander Probleme lösen!


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Ein paar Ansätze noch aus der Untergliederung Innovation und Technologie des Budgets – am Ende dieser langen Debatte heben wir jetzt noch einmal kurz zu den Sternen ab –: Während das Budget für Innovation und Technologie insge­samt um 7,3 Prozent erhöht wird, wird das Budget für die Europäische Weltraum­agentur um 33,9 Prozent erhöht, weil Weltraumforschung wichtig ist. Man denke nur an satellitengestützte Kommunikationssysteme. Natürlich beteiligen wir uns – als Beitrag zur ökologischen und digitalen Transformation – über­proportional an den europäischen Initiativen Mikroelektronik und Batterien, Mikroelektronik und Wasserstoff.

Die Bedeutung von Forschung und Entwicklung sieht man daran, dass 28 Pro­zent des Wirtschaftswachstums in Österreich durch Forschung und Inno­vation erzielt werden. 23 Prozent aller Betriebe stellen Marktneuheiten her. Wir gehören daher zu den starken, innovativen Volkswirtschaften und möchten natürlich zu den führenden aufrücken, deshalb gehen über 55 Prozent des Bud­gets in die Forschungsförderung. Wir möchten das Interesse und die Begeis­terung für Naturwissenschaften und Technik weiter wecken, vor allem auch bei Mädchen und Frauen.

Kollege Brandstätter von den NEOS stellt hier gerne Bücher vor, die ich immer sehr interessant finde. Ich möchte kurz von der Langen Nacht der Forschung aus unserem Bezirk Braunau erzählen. Mich hat das heuer im Mai begeistert: wenn innovative Betriebe ausstellen, Lehrlinge am Tüfteln Feuer gefangen haben, HTL-Schüler und mittlerweile auch -Schülerinnen ihre Projekte vorstellen, expe­rimentieren und man den Forschergeist, den Spirit spürt, den Herr Brandstätter so oft vermisst. Der ist in Österreicher vorhanden. In Österreich hat Inno­vation Tradition. Unsere Schulen nehmen schon lange am Bewerb Jugend forscht teil – so wird auch dieser mit diesem Budget gefördert. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sind ein dynamischer Wirtschaftsstandort mitten im Herzen Europas mit einer Forscherquote von über 3,2 Prozent. Vielen Dank für dieses zukunftsfähige Budget, es wird zur Lösung zukünftiger


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Herausforderungen beitragen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller.)

16.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Entschuldigung, das ist eben erst auf meinem Bildschirm aufgeschlagen. Entschuldigung!

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Herr. – Bitte.


16.20.58

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Der Herr Vizekanzler hat jetzt sehr lange ausgeholt und sich dabei wortreich unter anderem an der Opposition abgearbeitet. Da gibt es aus unserer Sicht jetzt nur ein paar Dinge klarzustellen, da gar sehr vieles in seinen Ausführungen in Richtung Sozial­demo­kratie adressiert war. (Abg. Hanger: Was stimmt, das stimmt!)

Herr Vizekanzler, Sie haben davon gesprochen, dass die Energiewende unab­dingbar erfolgen muss, damit wir nicht mehr vom Gasdiktator Putin abhängig sind. Ja, wir unterstützen dieses Ziel. Ich möchte Sie daran erinnern, wer eigentlich das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das ÖVP und Grüne so stark abgefeiert haben, mit der Zweidrittelmehrheit ermöglicht hat. (Beifall bei der SPÖ.) Wir stehen zu diesen Zielen, wir wollen 100 Prozent erneuerbare Energie und raus aus der fossilen. Das ist für uns klar. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Weratschnig: Umso unverständlicher ...!)

Zweitens will ich daran erinnern, wer eigentlich jetzt gerade das Erneuerbare-Wärme-Gesetz mitverhandelt. Auch dafür braucht es nämlich eine Zweidrit­tel­mehrheit, und wir als Sozialdemokratie sind dazu bereit, weil wir wieder sagen: Wir stehen zu diesen Klimazielen, wir wollen 100 Prozent saubere Raum­wärme, auch für alle privaten Haushalte. Wir wollen das sozial gerecht. Wir stehen zu diesen Zielen und wir verhandeln es. (Beifall bei der SPÖ.)


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Wenn wir heute hier einfordern, dass auch das Klimaschutzgesetz endlich auf den Weg gebracht werden muss, dann auch nur deshalb, weil wir ja ebenfalls bereit sind, genau das zu verhandeln, weil wir auch tatsächlich zum Ziel der Klimaneutralität 2040 stehen und weil wir das umgesetzt wissen wollen, Herr Vizekanzler. Deshalb glaube ich, Sie müssen sich mit Ihrem Appell (mit abge­winkelten Armen zuerst in Richtung der Sitzreihen der SPÖ und dann in jene der ÖVP deutend) ein bisschen drehen. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, es war der Kollege von der ÖVP, der gesagt hat, für ihn ist es kein Problem, wenn kein Klimaschutzgesetz kommt. – Für uns schon. Wir ver­sprechen das, wir wollen das mit Ihnen gemeinsam umsetzen. Also sollten Sie vielleicht die Appelle in die andere Richtung senden, dorthin, wo sie angebracht sind. Wir wollen den Klimaschutz, und zwar sozial gerecht. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.  Abg. Herr geht zur Regierungsbank und reicht Vizekanzler Kogler die Hand.)

16.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Mir liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen vor. Somit sind die Beratungen zu diesem Themenbereich beendet.

16.23.15

UG 15: Finanzverwaltung

UG 16: Öffentliche Abgaben

UG 23: Pensionen – Beamtinnen und Beamte

UG 44: Finanzausgleich

UG 45: Bundesvermögen

UG 46: Finanzmarktstabilität

UG 51: Kassenverwaltung

UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträge sowie


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Text des Bundesfinanzgesetzes und restliche Teile der Anlage I einschließlich Anlagen II bis IV


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur UG 15: Finanzverwaltung, zur UG 16: Öffentliche Abgaben, zur UG 23: Pensionen – Beamtinnen und Beamte, zur UG 44: Finanzausgleich, zur UG 45: Bundesvermögen, zur UG 46: Finanzmarktstabilität, zur UG 51: Kassenverwaltung, zur UG 58: Finanzierungen, Währungstauschverträge sowie zum Text des Bundesfinanzgesetzes und den restlichen Teilen der Anlage I einschließlich Anlagen II bis IV.

Hierüber finden die Debatten unter einem statt.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. – Bitte.


16.23.44

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget kann man sich natürlich immer inputorientiert – das heißt, man sagt einfach, wie viel Geld man für eine Maßnahme oder für eine Frage ausgibt – oder outputorientiert anschauen. Was heißt das? – Inwie­fern hat man mit diesem Geld die Welt verändert? Was hat sich dadurch verändert?

Da natürlich die Outputorientierung – inwiefern man die Welt verändert – immer leichter zu sehen ist, wenn es schon vorbei ist, kann man sich die Covid-19-Hilfen als ein einfaches Beispiel anschauen. Dafür nehmen wir das Regie­rungsprogramm her. Das Regierungsprogramm hat ein Ziel definiert, das ich für absolut richtig halte, nämlich die Anzahl der Kinder in Österreich, die von Armut betroffen oder bedroht sind, zu halbieren.

Zu Beginn der Legislaturperiode war das circa jedes fünfte Kind, das heißt, von 100 Kindern waren 20 von Armut betroffen oder von Armut bedroht. An Covid-Hilfen haben wir – ich weiß es nicht, Herr Finanzminister – 30, 40 Milliarden Euro ausgegeben, und die Frage ist: Was hat sich dadurch für die Kinder in


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diesem Land verändert? Was hat das für die bedeutet? – Das Ergebnis der Regie­rungsarbeit ist, dass von 100 Kindern nicht 20 Kinder von Armut bedroht oder betroffen sind, sondern 25. Das heißt, die Kinderarmut ist gestiegen. – Kein gutes Zeugnis!

Auf der anderen Seite: Wie hat sich die Covid-Politik oder haben sich die Covid-Hilfen zum Beispiel bei unserem Kollegen Abgeordneten Franz Hörl ausgewirkt? Vom Jahr 2020, vom ersten Covid-Jahr, gibt es ja bereits eine Bilanz von ihm: Er hat die Gewinne seines Betriebes vergrößert, er hat 1,7 Millionen Euro Gewinn gemacht, und hat in diesem Jahr 150 000 Euro Förderung bekommen. Das heißt, die Covid-Förderung hat seinen Gewinn vergrößert.

Es war übrigens nie vorgesehen, dass wir Förderungen auszahlen, damit irgendjemand mehr Geld verdient oder seine Gewinne vergrößert, sondern es ist bei den Covid-Hilfen immer darum gegangen, dass die Einkommensverluste minimiert werden. (Beifall bei der SPÖ.) Jetzt sehen wir in der Praxis: Die Kinder­armut ist gestiegen, die Gewinne des Herrn Hörl sind auch gestiegen. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Ich glaube nicht, dass das das Ziel war.

Da stellt sich aber sofort die erste Frage: Herr Finanzminister, haben Sie das Geld von Herrn Hörl schon zurückverlangt? Haben Sie schon gesagt: Hey, wir haben dir nicht Geld gegeben, damit deine Gewinne steigen, zahle bitte die 150 000 Euro aus dem Jahr 2020 zurück! (Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Hat Kollege Hörl das Geld schon zurückbezahlt? – Die Wahrheit ist: Er (in Richtung Bundesminister Brunner) hat es nicht zurückverlangt und er (in Richtung Abg. Hörl) hat es nicht zurückbezahlt. Das ist ein vernichtendes Urteil für die Politik der ÖVP. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Gahr und Hanger.)

Es ist so, ja. Dass Ihnen das unangenehm ist, das glaube ich, das ist uns allen hier unangenehm, aber es liegt an ihm (in Richtung Bundesminister Brunner), dass er das zurückverlangt, und an ihm (in Richtung Abg. Hörl), dass er es zurückbezahlt.


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Aber nicht nur Herr Hörl soll das Geld zurückzahlen, sondern alle Betriebe, die ihre Gewinne durch die Covid-Hilfen vergrößert haben, denn dafür waren die Covid-Hilfen nämlich nie da. Die waren nie dazu da, dass sich irgendjemand eine goldene Nase verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man sich anschaut, welche Auswirkungen zum Beispiel die Steuerleistung von Konzernen, von Stromkonzernen auf das Budget hat: Man würde anneh­men, dass jene, die jetzt diese Übergewinne machen, ab nächstem Jahr und eigentlich schon heuer mehr Steuern als bisher zahlen. Ist das das Ergebnis der Politik? Kollege Kopf? – Nein, das Ergebnis der Politik ist: Die zahlen weniger Steuern, denn Sie senken die Steuern für Verbund, OMV und so weiter, die diese Rekordgewinne heuer und nächstes Jahr machen werden. Für die senken Sie die Steuern und erhöhen sie nicht. – Das geht nicht! Das geht nicht, so einem Budget können wir niemals zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage ist natürlich auch: Was macht der Finanzminister? Er hat das Finanzressort – eigentlich so etwas wie das Epizentrum der ÖVP-Korruption – vor nicht einmal einem Jahr übernommen, und die Frage ist: Was hat er gemacht? Hat er dort aufgeräumt? Wir erinnern uns: vor einem Jahr Beinschab-Tool, die Hure der Reichen, sprich die Dienstleistung, dass Herr Wolf rechts­widrigerweise um ein paar Millionen Euro weniger Steuern zahlt.

Hat er dort aufgeräumt? Ist das Finanzministerium jetzt das Vorbild für die korruptionsfreie Zone? (Bundesminister Brunner: Ist schon besser geworden!) Wie viele Mitarbeiter, die beim Beinschab-Tool involviert waren, haben Sie denn entlassen? (Ruf bei der ÖVP: Sie sind nicht der Richter!) Haben Sie irgendwelche dienstrechtlichen Maßnahmen gesetzt? Wie viele haben Sie gesetzt? – Eine. (Abg. Gödl: Herr Krainer, du bist nicht der Richter! Du brauchst nichts zu verleumden! Du bist ein Verleumder! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Nein, er ist der zuständige Finanzminister, er hat alle Akten.

Entschuldigung, kennen Sie den Bericht der Internen Revision zum Beinschab-Tool? (Abg. Gödl: Du bist nicht der Richter!) Kennen Sie den? Da sind Dutzende


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Mitarbeiter involviert gewesen, und es gibt keine Konsequenzen. (Abg. Gödl: Bist ein Verleumder!) Nein, es sind dieselben Leute. Derjenige, der die ganzen Mittel für „Österreich“ bewilligt hat, ist heute der oberste Beamte für unser Budget und sitzt auch hier. Was macht der, der die Dienstleistung für Herrn Wolf gemacht hat, heute? – Er ist Gruppenleiter im Finanzministerium und ist zuständig für die Steuerpolitik in diesem Land. Was macht der, der Kollegen Wöginger geholfen hat, den ÖVP-Bürgermeister rechtswidrigerweise zum Leiter eines Finanzamts zu machen? – Der ist jetzt Leiter vom Finanzamt Österreich und schreibt dem Untersuchungsausschuss, dass er Akten und Unterlagen nicht schickt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Der ist selber betroffen.

Der Finanzminister sagt nicht, er darf nichts mit dem Untersuchungsausschuss zu tun haben, weil er ja selber Gegenstand der Ermittlungen zur ÖVP-Korruption ist, nein, er schreibt uns Briefe, in denen steht, dass er uns, dem Untersuchungs­ausschuss, der die ÖVP-Korruption aufarbeiten soll, die Akten und Unterlagen nicht schickt. (Abg. Hanger: Du bist zerfressen!) Das ist es, was der Finanzminister macht. (Abg. Gödl: Du bist der pragmatisierte Verleumder!)

Sorgt er dafür, dass das Finanzministerium eine korruptionsfreie Zone wird? (Abg. Michael Hammer: Was tun sie denn mit dir, wenn der Ausschuss aus ist?) – Nein, im Gegenteil: Er prolongiert das System der ÖVP-Korruption im Finanzminis­terium. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger: Was du behauptest, ist ja schwachsin­nig!) Er prolongiert nämlich, dass die ÖVP für drei Gruppen in diesem Land Politik macht: für die Millionäre, für die Konzerne und für die ÖVP selbst.

Jeder Tag, an dem das noch der Fall ist, ist ein verlorener Tag, und ich frage mich wirklich: Wie lange wollen die Grünen dieses System noch stützen? Wie lange? – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Hafenecker und Krisper.)

16.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kopf. – Bitte.



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16.31.00

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Geschätzte Damen und Herren Zuseherinnen und Zuseher! Der Chefredakteur einer renommierten Schweizer Tageszeitung hat kürzlich einmal geschrieben, dass er nicht in einem Land leben möchte – und er hat Österreich gemeint –, in dem die Vorverurteilung inzwischen zur schärfsten politischen Waffe geworden sei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scherak: In der Schweiz sind aber auch nicht so viele Ermittlungsverfahren ...!)

Herr Kollege Krainer, da ich davon ausgehe, dass der Finanzsprecher einer Partei wie der SPÖ den Unterschied zwischen Bilanz und Erfolgsrechnung, also Gewinn- und Verlustrechnung, eines Unternehmens kennt (Abg. Krainer: Das eine ist Teil des anderen!), nehme ich an, dass das, was du gerade in Richtung des Kollegen Hörl vorverurteilend gesagt hast, wider besseres Wissen gesagt wurde und damit schlicht und einfach genau dieser Vorverurteilung dient. Und das ist wirklich verabscheuungswürdig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Wenn du dich informiert hättest, hättest du erkennen können, dass Kollege Hörl in seiner Bilanz des Hotels einen kumulierten Unternehmensgewinn aus den Vorjahren von 1,7 Millionen Euro hat und dass er in den Jahren 2020 und 2021 einen Verlust von fast 1,5 Millionen Euro erleiden musste – natürlich stark corona- und auslastungsbedingt – und dass deswegen die Förderungen, die er bekommen hat, weder rechtswidrig noch unmoralisch waren, sondern letzten Endes dem Überleben des Unternehmens gedient haben. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Alles unredlich! Zwei Jahre zusammen! Ich habe nur vom Jahr 2020 gesprochen! Das ist eine unredliche Argumentation!)

Meine Damen und Herren, wenden wir uns jetzt aber doch der aktuellen Budgetdebatte zu. Es ist notwendig, dass wir uns vor allem mit dem beschäf­tigen, was vor uns steht.


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In den kommenden Jahren stehen wir vor enormen Herausforderungen: Wir müssen für alle, für die privaten Haushalte und für die Unternehmen, die Leistbarkeit von Energie sicherstellen. Wir müssen die Dekarbonisierung unseres Energiesystems standortverträglich umsetzen. Wir müssen die Wettbewerbs­fähigkeit des Produktionsstandortes Österreich sicherstellen. Und wir müssen das Auskommen der Menschen sichern, indem sich Leistung in diesem Land weiterhin lohnt.

Meine Damen und Herren, das Budget 2023 und auch der Bundesfinanzrahmen bis 2026 enthalten gleichermaßen Kriseninstrumente auf der einen Seite wie auch Zukunftskonzepte auf der anderen Seite. All das ist dazu angetan, die Her­ausforderungen der Zukunft zu bewältigen.

Es gibt eine ganze Reihe von Investitionen und Höherdotierungen in diesem Budget: Pflege, Digitalisierung, Sicherheit und Verteidigung, Bekämpfung des Fachkräftemangels, Medienvielfalt, Filmstandort, angewandte Forschung, Investitionskraft der Gemeinden, Elementarpädagogik und schulische Bildung, Kunst, Kultur, Sport werden in der Regel in zusätzlichem Ausmaß dotiert.

Meine Damen und Herren, dieses Budget ist außerdem gekennzeichnet von milliardenschweren Zuschüssen zur Abfederung der Energiepreissteigerung und von einer Stärkung der Kaufkraft durch dauerhafte Senkung der Steuersätze bei Lohn- und Einkommensteuer und die Abschaffung der kalten Progres­sion.

Die regelmäßige Valorisierung der Sozialleistungen wird die Kaufkraft der Menschen erhalten. Die Entlastung der Betriebe bei den Lohnnebenkosten, aber auch bei der Körperschaftsteuer wird deren Existenz absichern und deren Ertragskraft sichern, ebenso milliardenschwere Investitionen in die standortver­trägliche Transformation der energieintensiven Produktion wie in die Trans­formation unserer Transport- und auch Raumwärmesysteme.


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Meine Damen und Herren, das sind sowohl Krisensicherungsinstrumente und Krisenbekämpfungsinstrumente als letzten Endes auch zukunftsgestaltende und zukunftssichernde Investitionen für die Menschen in diesem Land. Dieses Budget ist geeignet, den aktuellen Krisenauswirkungen zu begegnen. Es ist aber auch geeignet, die zukünftigen Herausforderungen zu meistern.

Eines soll auch gesagt sein: Ja, wir machen zusätzliche Schulden. Das ist in dieser Krisensituation notwendig, genau das wird Ihnen auch jeder Experte sagen. In solchen Situationen ist das gefragt. Wir werden aber natürlich auch danach trachten und trachten müssen, dass wir die Schuldenquote wieder herunterbrin­gen, und auch das geschieht. Mit dem Finanzrahmen bis 2026 wird sich die Schuldenquote wieder in Richtung 70 Prozent stabilisieren – nicht von selber, sondern durch unsere Maßnahmen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

Zur Ergänzung bringe ich noch zwei Abänderungsanträge der Abgeordneten Gabriel Obernosterer und Jakob Schwarz ein:

Einmal zum Bundesfinanzgesetz, 1669 der Beilagen, bei dem es im Wesentlichen darum geht, die Medienförderung zu erhöhen, und nicht zuletzt auch darum, das neue Geschäftsmodell der „Wiener Zeitung“ mit 35 Millionen Euro abzusichern und die Sportförderung um 40 Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen.

Das findet sich natürlich im zweiten Abänderungsantrag zum Bundesfinanz­rahmengesetz, 1670 der Beilagen, auch wieder. Die schon erwähnten Dinge finden sich natürlich auch im Finanzrahmen wieder, ebenso wie die Über­schreitungsermächtigung für den Wissenschafts- und Bildungsminister für die Unis mit 150 Millionen Euro und auch der zweite Zweckzuschuss für die Gemeinden mit weiteren 500 Millionen Euro.

*****

Meine Damen und Herren, das alles sichert die Zukunft sowohl für die einzelnen Menschen und Haushalte als auch für die Betriebe in Österreich und legt damit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1120

einen wesentlichen Grundstein zur Sicherung unseres Wohlstandes auch in Zukunft. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

16.38

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz,

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1669 d. B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1669 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I lauten die Schlusssummen wie folgt:

 

„Allgemeine Gebarung

Geldfluss aus der Finanzierungstätigkeit

 

(Beträge in Millionen Euro)

Auszahlungen

115 197,457

150 283,326

Einzahlungen

98 087,994

167 392,789

Nettofinanzierungsbedarf

17 109,463

 

Finanzierungsüberschuss

 

17 109,463“

2. In Artikel VI Z 8 wird der Punkt am Ende des Satzes durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 9 angefügt:

              „9. bei der Voranschlagsstelle 31.02.01 für nicht abschätzbare Erfordernisse, die direkt oder indirekt durch Energiekosten hervorgerufen werden, insbesondere für energieintensive Universitäten, in Höhe von bis zu insgesamt 150 Millionen Euro, wenn die Bedeckung im Finanzierungshaushalt durch Kreditoperationen sicherge­stellt ist.“


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3. In der Anlage I der im Titel bezeichneten Regierungsvorlage sind in der Unter­gliederung 10 – Bundeskanzleramt, der Untergliederung 17 – Öffentlicher Dienst und Sport sowie in der Untergliederung 58 – Finanzierungen, Währungs­tauschverträge die Beträge folgender Detailbudgets zu ändern:

„Detail-budget

Mittelverwendungsgruppe/ Mittelaufbringungsgruppe

 

von

abzuändern

um

 

auf

 

 

(Beträge in Millionen Euro)

10.01.04

Transferaufwand

66,364

35,340

101,704

10.01.04

Auszahlungen aus Transfers

66,364

35,340

101,704

17.02.02

Transferaufwand

80,000

40,000

120,000

17.02.02

Auszahlungen aus Transfers

80,000

40,000

120,000

58.01.01

Einzahlungen aus der Aufnahme von Finanzschulden

80 507,309

75,340

80 582,649“

4. Die Betragsänderungen sind auch in den entsprechenden Globalbudgets, in der Übersicht Globalbudgets sowie bei den von den Änderungen jeweils betroffenen Summenbeträgen der Anlagen I, I.a, I.b, I.c, I.d, I.e und III zu berücksichtigen.

Begründung

Zu Z 2:

Es können den Universitäten durch anhaltend hohe Energiepreise direkt und indirekt Zusatzbelastungen entstehen, die unter Umständen von den mehrjährigen Leis­tungsvereinbarungen nicht mehr abgedeckt werden können. Dafür soll im Budget Vorsorge getroffen werden.

Zu Z 3:

Zur Weichenstellung in der heimischen Medienförderung, Schaffung lückenloser Medientransparenz sowie eines neuen Geschäftsmodells für die Wiener Zeitung befindet sich ein legistisches Medienpaket in Vorbereitung. Mit dem Bundesgesetz über die Förderung des qualitätsvollen Journalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs (QJF-G) sollen journalistische Arbeitsplätze abgesichert sowie vielfältige Inhalte in diesem Bereich sichergestellt werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1122

Mit dem Bundesgesetz über die Wiener Zeitung GmbH und Einrichtung einer elektro­nischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes (WZEVI-G) wird eine elektronische Verlautbarungs- und Informationsplattform (EVI) sowie ein Media Hub Austria für österreichische Journalistinnen und Journalisten geschaffen. Daraus ergibt sich ein Mittelbedarf in der Untergliederung 10 Bundeskanzleramt von insgesamt 35,34 Millionen Euro.

Die vom Bund gemäß § 20 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, für Zwecke der Sportförderung nach den §§ 6 bis 13 Bundes-Sportförderungsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 100/2017, zur Verfügung gestellten Mittel werden ab 2023 auf jährlich 120 Mil­lionen Euro angehoben. Daraus ergibt sich ein um 40 Millionen Euro erhöhter Mittelbedarf in der Untergliederung 17 Öffentlicher Dienst und Sport. Im Rahmen der UG 58 werden die erforderlichen Anpassungen vorgenommen, um die Finanzierung sicherzustellen. Durch vorliegenden Abänderungsantrag sollen die zusätzlich erfor­der­lichen Mittelverwendungen in den Untergliederungen 10 und 17 im BFG 2023 integriert werden.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz

Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanz­rahmengesetz 2023 bis 2026 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 – BFRG 2023-2026) (1670 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanz­rahmengesetz 2023 bis 2026 erlassen wird (Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 – BFRG 2023-2026) (1670 d.B.), wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1123

1. Die Tabelle in § 1 erhält hinsichtlich der Obergrenzen der Auszahlungen der Rubriken 0,1, 3 und 4 für die Jahre 2023 bis 2026 und hinsichtlich der Gesamtsumme an Auszahlungen für die Jahre 2023 bis 2026 die folgende Fassung:

„Rubrik

Bezeichnung

Art der Auszahlungsbeträge

Jahr (Beträge in Millionen Euro)

2023

2024

2025

2026

 

 

 

 

 

 

 

0,1

Recht und Sicherheit

fix

13.526,126

13.818,662

14.073,903

14.726,480

 

 

 

 

 

 

 

3

Bildung, Forschung,

Kunst und Kultur

fix

18.732,058

18.439,571

18.841,727

19.364,939

 

 

 

 

 

 

 

4

Wirtschaft,

Infrastruktur und

Umwelt

 fix

29.121,770

14.997,610

13.434,724

12.927,701

 

 

variabel

2.813,716

2.460,786

2.488,239

2.538,079

 

Summe 4

 

31.935,486

17.458,396

15.922,963

15.465,780

 

 

 

 

 

 

 

Gesamtsumme

123.538,487

110.153,910

113.004,166

116.266,293“

2. Die Tabelle in § 2 erhält hinsichtlich der Obergrenzen der Auszahlungen der Untergliederungen 10, 17, 31 und 44 für die Jahre 2023 bis 2026 folgende Fassung:

„Unter-

Bezeichnung

Jahr (Beträge in Millionen Euro)

gliederung

2023

2024

2025

2026

10

Bundeskanzleramt

596,810

562,569

543,105

544,768

17

Öffentlicher Dienst und Sport

297,276

244,029

241,250

226,372

31

Wissenschaft und Forschung

6.088,602

6.102,566

6.297,275

6.429,451

44

Finanzausgleich

2.003,318

2.008,064

1.550,805

1.600,645

 

hievon fix

892,137

848,445

348,445

348,445

 

hievon variabel

1.111,181

1.159,619

1.202,360

1.252,200“

Begründung

Zur Weichenstellung in der heimischen Medienförderung, Schaffung lückenloser Medientransparenz sowie eines neuen Geschäftsmodells für die Wiener Zeitung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1124

befindet sich ein legistisches Medienpaket in Vorbereitung. Daraus ergibt sich ein zusätzlicher Mittelbedarf in der Untergliederung 10 Bundeskanzleramt von insgesamt jährlich 35,34 Millionen Euro.

Die vom Bund gemäß § 20 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, für Zwecke der Sportförderung nach den §§ 6 bis 13 Bundes-Sportförderungsgesetz 2017, BGBl. I Nr. 100/2017, zur Verfügung gestellten Mittel werden ab 2023 auf jährlich 120 Millionen Euro angehoben. Daraus ergibt sich ein um 40 Millionen Euro erhöhter Mittelbedarf bei der Untergliederung 17 Öffentlicher Dienst und Sport.

In der Untergliederung 31 wird die Überschreitungsermächtigung für die Univer­sitäten gemäß Artikel VI Z 9 BFG 2023 berücksichtigt.

Der im Kommunalinvestitionsgesetz 2023 vorgesehene Zweckzuschuss soll von 500 Millionen Euro auf 1 Milliarde Euro erhöht werden. Da die KIG-Mittel von den Gemeinden in den Jahren 2023 und 2024 in Anspruch genommen werden können, ist der erhöhte Mittelbedarf iHv. 500 Millionen Euro in der Untergliederung 44 Finanzausgleich im Finanzjahr 2024 im BFRG 2023-2026 entsprechend zu berücksichtigen.

Um die Auszahlungen haushaltsrechtskonform sicherzustellen, sind die normierten Auszahlungsobergrenzen der Rubriken 0,1, 3 und 4 sowie in den Untergliede­­run­gen 10, 17, 31 und 44 im BFRG 2023-2026 entsprechend anzuheben.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Abänderungsanträge wurden verteilt, sie sind ausreichend unterstützt und stehen somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


16.38.22

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir haben diese Woche das


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1125

Budget für das nächste Jahr und auch den Finanzrahmen bis 2026 diskutiert und kommen heute zum Abschluss. Wir haben sehr genau zugehört, aber tatsächlich ist einfach das herausgekommen, was wir von Anfang an gesehen haben: dass das, was diese Woche präsentiert worden ist, ein zukunftsvergessenes Flickwerk ist.

Herr Finanzminister, wir haben uns erwartet, dass Sie hier mit der Aussage auftreten, wie Sie dieses Land verbessern wollen, wie Sie dieses Land in die Zukunft führen wollen, wie Sie aus der Krise herauskommen wollen. Ja, es ist nicht alles schlecht, was vorgelegt worden ist (Zwischenruf der Abg. Baumgartner), aber es ist tatsächlich so, dass eben genau diese großen Fragen nicht beant­wor­tet sind. (Abg. Baumgartner: Na sowieso!) Sie werden mit diesem Budget nichts erreichen. Sie haben auf die Jungen vergessen. Sie haben im Bildungsbudget einfach gar nichts von dem abgebildet, was so dringend notwendig wäre, um in die Zukunft zu gehen. (Beifall bei den NEOS.)

Oder lassen Sie uns über die Klimaziele reden, liebe Grüne! Mit dem, was da abgebildet ist, werden Sie krachend gegen die Wand fahren. Sie werden nicht einmal in die Nähe der Klimaziele, die Sie ja selber definiert und die wir alle in diesem Haus beschlossen haben, kommen. Was den Wirtschaftsstandort betrifft, so würde ich Ihnen, Kollege Kopf, gerne zustimmen, dass wir da etwas geschaffen haben, aber: Wir haben nichts getan, um diesen Wirtschaftsstandort besser zu machen und vor allem zukunftsfit zu machen. Die Diskussion, die wir führen, ist jene über die Frage, ob die halbe Industrie ins Ausland abwandern wird. Das ist wirklich dramatisch.

Und zum Thema Korruption: Auch zum Thema Transparenz – um das Problem zu lösen – sehen wir herzlich wenig. Auch da ist diese Bundesregierung einfach nach wie vor säumig.

Ich glaube also, dass Sie bei diesem Budget tatsächlich vergessen haben, die großen und die wichtigen Fragen zu stellen, und deswegen ist es auch das geworden, was es ist: ein zukunftsvergessenes Flickwerk. (Beifall bei den NEOS.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1126

Und dann kommen wir zu Ihrer UG, zu Ihrem Budget, zur UG 45, und da muss man ganz schlicht und einfach sagen: Na, das ist tatsächlich die Königinmutter aller Gießkannen, die da vorgestellt wird – denn das haben Sie ja gut gemacht, also Geld wird ja reichlich ausgegeben. Warum sage ich das? – Weil in der UG 45 zum Beispiel auch die Cofag enthalten ist, und – wir haben es schon mehrmals gesagt und werden es immer wieder sagen – die Cofag ist Freunderlwirtschaft und Intransparenz in einen rechtlichen Rahmen gegossen. (Beifall bei den NEOS.)

Ich werde hier jetzt nicht darangehen, Einzelne vor den Vorhang zu zerren – das würde ich nicht machen, das steht mir auch nicht zu. Die Richtlinien sind, wie sie sind, und sie sind einfach falsch – und auch das wissen Sie, Herr Finanzminister.

Was mich aber schon ärgert und was ich wirklich sagen muss, ist, dass Sie nichts daran ändern. Wie geht es denn weiter? – 2023 geht es genauso weiter: Im Budget sind wieder 1,1 Milliarden Euro für die Cofag vorgesehen, und man hat sich, weil es ja noch weitergehen könnte, auch noch eine MVÜ, also so eine Mittelverwendungsüberschreitung, gegönnt; also Sie können noch einmal 2,5 Milliarden Euro abheben und diese tatsächlich am Parlament vorbeischmug­geln, denn die können Sie ausgeben, wie Sie wollen. Das ist natürlich in Zeiten wie diesen auch nicht vertrauensbildend. Es würde mich wirklich interessieren, wie Sie da immer wieder zu den gleichen Schlüssen und, verdammt noch mal, auch zu den gleichen Fehlern kommen.

Und weil wir schon bei den gleichen Fehlern sind: Stromkostenzuschuss – die nächste Gießkanne, die da wieder ausgepackt wird und wurde. Wir sehen es, wenn wir nur nach Niederösterreich schauen. Manche von Ihnen haben vielleicht gestern Abend ferngeschaut und ein bisschen ORF geschaut, und da wurde ausgerechnet: Ein durchschnittlicher Zweipersonenhaushalt in Niederösterreich kriegt im Augenblick Geld zurück! – Das ist das, was Sie mit Ihrem Stromkostenzuschuss geschaffen haben. (Beifall bei den NEOS.)

Damit sind wir schon beim Föderalismus angelangt, der zusehends immer mehr ein Förderalismus wird und in dieser Phase wirklich mehr und mehr degeneriert.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1127

Schon in der Pandemiebekämpfung hat man es ja gesehen, wie sich diese ökonomischen Dummheiten des Bundes – und das muss man einfach auch in dieser Härte sagen – auch auf die Bundesländer übertragen haben. Da ging es nach dem Motto: Was die im Bund können, na, das können wir im Land noch besser!

Genau das ist ja passiert: 405 unterschiedliche Fördertöpfe – meine Damen und Herren, lassen Sie es sich auf der Zunge zergehen: 405 unterschiedliche Fördertöpfe! – gibt es in diesem Land, 115 auf Bundesebene, 290 auf Landes­ebene. Da kann man dann ehrlich gesagt diesen Absurditäten nicht mehr viel hinzufügen.

Steuergeld wird beim Fenster rausgeschmissen, das ist 2023 ebenfalls das Motto. Und wenn jetzt noch einmal – denn das ist ja dann das Gegenargument, das vor allem vonseiten der ÖVP so gerne vorgebracht wird – die Aussage kommt: Wir sind ja so viel besser durch die Krise gekommen!, dann möchte ich Sie bitten, sich die internationalen Zahlen von Ökonomen anzuschauen: Es ist schlicht und einfach falsch. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte versöhnlich enden – wir werden auch im nächsten Jahr zusam­menarbeiten –, und ich möchte deshalb versöhnlich enden, weil zumindest eine Kleinigkeit gelungen ist, die einen Hauch von Transparenz in den ARP – das ist der Aufbau- und Resilienzplan – bringen wird. Wir haben da tatsächlich etwas geschafft – nicht viel, aber zumindest eine Kleinigkeit –, nämlich einen gemeinsamen Antrag von uns NEOS, Kollegen Obernosterer und Kollegen Schwarz, in dem es darum geht, dass über den ARP jetzt einfach besser berichtet wird und auch die Öffentlichkeit vor allem besser über diese Reformen unter­richtet wird. Ich möchte diesen Antrag hiermit einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Berichterstattung über Umsetzungsstand Aufbau- und Transparenzplan“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1128

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird ersucht, dem Nationalrat vierteljährlich im Rahmen des Budgetvollzugs über den Umsetzungsstand der im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplanes von Österreich eingereichten Reformen und Investitionen und die damit einherge­henden budgetären Auswirkungen zu berichten.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Litschauer.)

16.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Gabriel Obernosterer, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Berichterstattung über Umsetzungsstand Aufbau- und Transparenzplan

eingebracht im Zuge der Debatte in der 183. Sitzung des Nationalrats über Bundesfinanzgesetz 2023 (BFG 2023) – TOP 11 (UG 51)

Mit dem befristeten Instrument der Aufbau- und Resilienzfazilität (Recovery and Resilience Facility - RFF) stehen den EU Mitgliedstaaten insgesamt 672,5 Mrd. EUR an Darlehen und Zuschüssen zur Unterstützung von Reformen und Zukunfts­investitionen zur Verfügung. Zur Abrufung der Mittel mussten die Mitgliedstaaten unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und wichtiger Stakeholder Nationale Aufbau- und Resilienzpläne erstellen, in denen die terminliche Umsetzung und Finan­zierung von Reformen und Investitionen in Zukunftsbereiche (wie zB Bildung, Digitalisierung, Erneuerbare Energien) dargelegt werden sollte. Ziel dieser Pläne ist es, in allen EU Mitgliedstaaten Ressourcen gezielt in Zukunftsreformen und Inves­titionen zu kanalisieren und dabei auch europaweite Synergieeffekte zu nützen, um die EU auf einen höheren Wachstumspfad zu heben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1129

Die Auszahlung der Mittel ist somit nicht nur an die Genehmigung des Plans durch die Europäische Kommission geknüpft, sondern auch eine nachweisbare Umset­zung von Maßnahmen im Form von zu erreichenden Meilensteinen. Österreich reichte - nach einem Konsultationsprozess einen Nationalen Aufbau- und Resilienzplan mit Reformen und Investitionen in Höhe von insgesamt 4,5 Mrd. EUR ein - gemeinsam mit entsprechenden Umsetzungsschritten, Zeitplänen und Meilensteinen. (1) Im September 2021 überwies die EK die erste Tranche der Zahlungen der Recovery und Resilience Facility an Österreich in Höhe von 450 Mio. EUR. (2)

Öffentlichkeit und Nationalrat über den ARP-Umsetzungsstand informieren

Bisher wurde von Seiten der Bundesregierung dem Nationalrat im Rahmen der Berichterstattung zum Europäischen Semester und der Öffentlichkeit über die Website www.eu-aufbauplan.at gesamthaft über den Umsetzungsstand des Natio­nalen Aufbau- und Resilienzplans und die damit einhergehenden Zahlungsströme berichtet.

Angesichts der derzeitigen Energiekrise und eines drohenden wirtschaftlichen Abschwungs sind strukturelle Reformen und Investitionen in die Energiewende und andere Wachstumsbereiche, wie Bildung, Primärbildung, Forschung und Digita­lisierung dringender notwendig denn je. Nationalrat und Öffentlichkeit sollten daher noch häufiger über die Umsetzung des ARP informiert werden.

Quellen:

1.         https://www.bundeskanzleramt.gv.at/eu-aufbauplan/der-eu-aufbauplan.html

2.         https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_21_4067

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1130

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird ersucht, dem Nationalrat vierteljährlich im Rahmen des Budgetvollzugs über den Umset­zungsstand der im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplanes von Österreich einge­reichten Reformen und Investitionen und die damit einhergehenden budgetären Auswirkungen zu berichten."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht, damit steht er in Verhandlung.

Abgeordneter Schwarz ist der nächste Redner. – Bitte.


16.44.48

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte auch versöhnlich beginnen: Ich freue mich darüber, dass dieser gemeinsame Antrag zum RRF gelungen ist.

Ich möchte gleich fortsetzen, nämlich: Was mich schon ein bisschen irritiert, ist: Wir haben über den Finanzrahmen 5 Milliarden Euro für die Industrie vorge­sehen, 19,2 Milliarden Euro für die Dekarbonisierung der Mobilität alleine bei den ÖBB – und die NEOS suchen und finden die Zukunft im Budget nicht. Das ist schon ein bisschen überraschend. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeor­dneten der ÖVP. – Abg. Meinl-Reisinger: Der magere Applaus sagt alles!)

Eingehen möchte ich aber in erster Linie auf einen anderen Punkt, und zwar hat die SPÖ mehrfach während des Budgetplenums und am Montag auch per Aussendung behauptet – ich zitiere –: Dieses Budget enthält „keine Maßnahmen [...], um die Preise zu senken“. – Jetzt sind wir es ja gewöhnt, dass man im Sinne der eigenen Story die Sachverhalte ein bisschen hin- und herbiegt, aber so vorbereitet und wiederholt und ohne Anlass oder ohne dazu irgendwie provo­ziert worden zu sein, einfach glatt die Unwahrheit zu behaupten, ist schon ein


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1131

ziemlich miserabler Stil, und das möchte ich jetzt im Zusammenhang mit der UG 45 kurz behandeln.

Und zwar ist es so, dass die Regierung natürlich in der Mehrzahl Maßnahmen gesetzt hat, die die Einkommen der Menschen in Österreich erhöhen und weniger direkt die Preise senken, und zwar deshalb, weil quer durch die Bank die Expertinnen und Experten genau diese Vorgangsweise empfehlen, erstens weil die Unterstützung, die Mittel automatisch ankommen – also wenn ich 500 Euro Klimabonus aufs Konto überwiesen kriege, dann sind eben 500 Euro am Konto, während man bei einer Senkung der Umsatzsteuer oder Ähnlichem nicht weiß, ob das wirklich bei den Leuten ankommt – und zweitens weil die Menschen die Freiheit haben, mit den 500 Euro zu tun, was sie für richtig halten, und nicht gezwungen werden, die 500 Euro direkt in den Tank zu stecken, wie das der Fall wäre, wenn man zum Beispiel die Mineralölsteuer senkt.

Tatsache ist aber auch, dass wir viele Maßnahmen gesetzt haben, die tatsächlich direkt die Preise senken – und das kann man ja nicht einfach wegleugnen –: Zum einen haben wir bereits zu Beginn des Jahres die Ökostrompauschale ausge­setzt, zweitens im Mai die Elektrizitätsabgabe auf das EU-Minimum gesenkt, drittens das Gleiche bei der Erdgasabgabe gemacht. Das ist auch nach­zu­lesen: Im Budget, in der UG 16, sieht man, wie die Energieabgaben deshalb sinken. Diese Maßnahmen sind schon lange in Kraft und wirksam.

Und jetzt kommt eben in der UG 45 auch noch die Strompreisbremse dazu. Diese deckelt Strompreise für einen Grundbedarf von 2 900 Kilowattstunden mit 10 Cent die Kilowattstunde. Das ist genau die direkte und schnelle Hilfe, die ihr seit Monaten fordert, und wenn man sie dann umsetzt, dann versucht ihr, sie irgendwie wegzuleugnen. Das ist wirklich ein bisschen miserabel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich würde jetzt gerne anhand eines Beispiels verdeutlichen, wie diese Strompreisbremse wirkt und was sie konkret für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet: Zum Beispiel hätte eine Studentin, die im November eine neue


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1132

Wohnung in Graz bezieht, mit dem günstigsten Tarif im November 100 Euro monatlich für Strom bezahlt. Ab 1. Dezember tritt die Strompreisbremse in Kraft, und damit werden die Stromkosten für diese Studentin halbiert. Das sind 600 Euro Ersparnis im Jahr – ohne irgendeinen Antrag, ohne Bürokratie, direkt auf der Stromrechnung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das heißt, diese Strompreisbremse reduziert die Preise – im Gegensatz zu dem, was Sie behaupten –, sie ist aber trotzdem sozial treffsicher, und das ist eine ziemliche Kunst. Das gelingt dadurch, dass Menschen, die ein höheres Einkommen haben, typischerweise einen höheren Stromverbrauch haben und deshalb von dieser pauschal gedeckelten Grundmenge von 2 900 Kilowatt­stunden weniger profitieren als Menschen, die ein geringeres Einkommen haben.

Deshalb ist das – und darauf möchte ich auch noch eingehen – wesentlich sozial treffsicherer als die von Ihnen so sehr gepriesene und umschwärmte deutsche Gaspreisbremse. Es hört sich ja, wenn Sie von dieser reden, fast so an, als hätten die deutschen Nachbarn damit sowohl die Energie- als auch die Teuerungskrise gelöst. Man muss sich noch genau anschauen, wie das dann ausgestaltet ist, aber auf den ersten Blick ergeben sich dort schon einmal eine Reihe von Problemen.

Das erste ist: Diese Gaspreisbremse ist zwar im Oktober schon angekündigt worden, aber es gibt sie noch nicht. Die deutsche Gaspreisbremse ist bis jetzt eine Ankündigung, und es wird voraussichtlich bis März dauern – also wenn der Winter schon fast vorbei ist –, bis sie umgesetzt wird.

Zweitens: In Deutschland heizen 50 Prozent der Haushalte mit Gas, in Österreich ist es nur ein Viertel. Das heißt, bei uns müsste man sich natürlich überlegen: Was ist mit Pellets, mit Holz, mit Öl und so weiter?, weil eine Maßnahme, die sich auf Gas alleine bezieht, natürlich nur einen kleinen Teil der Haushalte erreichen würde.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1133

Drittens: das Budget. Die Maßnahme in Deutschland kostet 200 Milliarden Euro, 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts; also weil Sie sagen, wir werfen quasi den Problemen Geld hinterher: Das wäre eine richtige Milliardenschleuder.

Und letzter Punkt: Die deutsche Gaspreisbremse ist nach dem Modell, das bis jetzt vorliegt, weniger sozial treffsicher als unsere Strompreisbremse. Sie orientiert sich nämlich am Letztverbrauch in den Vorjahren, und das heißt: Wenn man eine 300-Quadratmeter-Villa und einen Swimmingpool dazu mit Gas beheizt hat, dann kriegt man bei dieser Gaspreisbremse mehr, als wenn man eine Zweizimmerwohnung geheizt hat. Das ist natürlich nicht sehr sozial treffsicher.

Deshalb: Ich bin immer dafür, dass man sich daran orientiert, was in anderen Ländern gemacht wird, auch in anderen Ländern der EU, man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Man muss aber auch nicht alles abkupfern, insbesondere wenn es noch gar nicht existiert. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.


16.50.15

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auch mit etwas Positivem beginnen. (In Richtung Bundesminister Brunner:) Die Beilage „Entwicklungszusammenarbeit“ zum Budget ist wirklich ein tolles Werk, weil sie die Möglichkeit gibt, von dieser sehr komplizierten Berechnung der Official Development-Assistance einen Eindruck zu kriegen und auch wirklich durchzusteigen. Also: Danke! Das gibt es seit Jahren, aber gut, dass es sie weiter gibt – das ist auch gesetzlich so geregelt.

Aus dieser Beilage stammt unter anderem dieses Diagramm (den Ausdruck eines Tortendiagramms in die Höhe haltend), das zeigt, wie die Official Development-Assistance in Österreich 2023 zusammengesetzt sein wird. Sie


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1134

sehen da unten diesen großen fetten roten Brocken. Dieser macht 63 Prozent unserer ODA aus, und das sind 63 Prozent Schall und Rauch, denn das ist die Entschuldung des Sudans, die mit 2,58 Milliarden Euro zu Buche schlägt. Und ich kenne niemanden hier, ich glaube, inklusive des Finanzministers, der auch nur ansatzweise glaubt, dass der Sudan nächstes Jahr entschuldet wird. Hauptsache aber, wir blasen unsere Entwicklungszusammenarbeitsvorschau groß, groß auf.

In Wirklichkeit ist nicht allzu viel dahinter. Das ist das Problem. Es ist eine Art von Windfall-Prognoseszenario, bei dem man halt damit rechnet oder hofft, dass irgendetwas zufällig passiert. Es passiert aber nicht!

Ich möchte daher einen Entschließungsantrag einbringen, weil ich davon überz­eugt bin, dass es notwendig ist, unsere Entwicklungszusammenarbeit finanziell aufzustocken. By the way (neuerlich den Ausdruck in die Höhe haltend und auf das Diagramm deutend), diese 4 Prozent, das ist die Austrian Development Agency, die viel gelobte; diese 3 Prozent, die viel gelobten, das ist die humanitäre Hilfe. – Das macht das Kraut nicht fett, um es einfach so zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, was Österreich bei der Landesverteidigung zusammenbringt, nämlich 600 Mil­lionen Euro zusätzlich in einem Jahr zu investieren, sollte uns in zwei Jahren auch bei der Entwicklungszusammenarbeit gelingen. Das würde dann 1,2 Milliarden Euro ausmachen und würde echt etwas hergeben – dann würden wir uns diesen 0,7 Prozent, die wir eigentlich anstreben, wirklich nähern.

Ich bringe also folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und Auslandskatastro­phenfonds“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1135

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, mit der die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und internationale Finanz­institutionen im Jahr 2023 bis 2024 politisch akkordiert so umfassend ange­hoben werden, dass ab dem Jahr 2024 die ODA-Quote auf Dauer mit 0,7% BNE erfüllt wird.“

*****

Auf Dauer, und nicht mit irgendwelchen Fantasiezahlen; auf Dauer und wirklich. (Beifall bei der SPÖ.)

Einen zweiten Entschließungsantrag möchte ich auch noch einbringen. Es ist das Thema der Stunde: Die Inflation ist bei 11 Prozent; es sind Energie, Treibstoffe, unter anderem auch gute Kollektivvertragsabschlüsse – danke auch an unsere Gewerkschaften, die das hinkriegen, dass die Beschäftigten auch wirklich diese Teuerungen stemmen können. All diese Zahlungen – all das – belasten natürlich NGOs, Rettungs- und Sozialorganisationen in einem exorbitant großen Ausmaß.

Es ist wirklich zu befürchten, dass sie, wenn sie nicht mehr Geld bekommen, Leistungen reduzieren müssen, und diese reduzierten Leistungen würden sich dann auf die Schwächsten der Gesellschaft, auf die Ärmsten, auf die Verwund­barsten auswirken, wenn es zum Beispiel keine Krankentransporte oder keine Pflegedienste mehr gibt.

Darum möchte ich einen weiteren Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entlastungspaket für Rettungs- und Sozialorganisationen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, mit


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der ein umfassendes finanzielles Unterstützungspaket für Rettungsorgani­satio­nen und NGOs geschnürt wird, um deren Einrichtungen und Dienstleistungen, trotz der enormen Preissteigerungen, vollumfänglich aufrecht erhalten zu können.“

*****

Ich denke, beides sind wirklich, wirklich notwendige Maßnahmen, weil es da auch um das Ansehen und um das Zusammenhalten in unserem Land geht, und ich hoffe sehr, dass sich da irgendetwas in diese Richtung bewegen wird. Die Betroffenen hätten es nämlich in der Tat verdient. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

16.54

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS

Genossinnen und Genossen

betreffend: Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und Auslandskatastrophenfonds

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 45

Begründung

Seit vielen Jahren verfehlt Österreich die aus internationalen Vorgaben definierte ODA-Quote von 0,7% BNE, im Jahr 2021 betrug sie zuletzt nur 0,31%. Im Budgetvoranschlag für 2023 sinken die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und den Auslandskatastrophenfonds von 2022 und 2023 um 15,5 Mio. €, was einer


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nominellen Kürzung von -6,7% entspricht, und das obwohl die Mittel schon allein aus Gründen der stark gestiegenen Inflation steigen müssten. Die Beiträge zu inter­nationalen Organisationen steigen im Wesentlichen um den bei der EZA gekürzten Betrag (+ 16 Mio. €) - das Gesamtbudget dieser beiden Positionen bleibt zum Vorjahr damit weitgehend unverändert (+0,5 Mio. €).

Eine markante Erhöhung des Budgets für Entwicklungszusammenarbeit und der Zahlungen an internationale Finanzinstitutionen, einschließlich verstärkter humanitärer Hilfe für die Menschen in der Ukraine, ist dringend notwendig! Wenn eine Budgeterhöhung im Bereich Landesverteidigung um ca. +600 Mio. € möglich ist, wird auch ein Bruchteil dieser Summe für eine zusätzliche Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit möglich sein. Dies nicht nur im Jahr 2023, sondern auch für die Folgejahre, um mit einer gesetzlichen Verpflichtung endlich die ODA-Quote zur Gänze zu erfüllen. Die Bundesregierung hat sich im Regierungspro­gramm auf die schrittweise Erhöhung der ODA-Mittel auf 0,7% verständigt.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufge­fordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, mit der die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und internationale Finanzinstitutionen im Jahr 2023 bis 2024 politisch akkordiert so umfassend angehoben werden, dass ab dem Jahr 2024 die ODA-Quote auf Dauer mit 0,7% BNE erfüllt wird.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Mario Lindner

Genossinnen und Genossen

betreffend: Entlastungspaket für Rettungs- und Sozialorganisationen


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eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (1669 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bun­des­voranschlages für das Jahr 2023 (Bundesfinanzgesetz 2023 – BFG 2023) samt Anlagen (1787 d.B.) – UG 45

Begründung

Die Schnellschätzung der Statistik Austria für die Inflation im Oktober 2022 liegt bei 11% gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres und selbst im Vergleich zum Vormonat ist eine Steigerung um +1% zu verzeichnen. Hauptpreistreiber sind Energie und Treibstoffe, die Teuerung hätte mittlerweile fast alle Bereiche erfasst.1 

Die Rettungsorganisationen und NGOs sehen sich einem enorm verschärften Kostendruck ausgesetzt, dem sie auf Dauer nicht stand halten können2. Die Aus­gaben steigen durch die Inflation, mit den allgemein gestiegenen Kosten, erhöhen sich auch die zu zahlenden Löhne- und Gehälter. Es wurde bereits angekündigt, dass, sollten keine finanziellen Hilfsmaßnahmen beschlossen werden, die angebotenen Leistungen reduziert oder Einrichtungen geschlossen werden müssten. Sozialmärkte verzeichnen in der aktuellen Krise leider hohe Kundenzuwächse, auch die Nachfrage nach Pflegedienstleistungen steigt, und Rettungs- und Krankentransporte müssen weiterhin erfolgen bzw. nehmen ebenfalls zu.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen wird aufge­fordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Gesetzesvorlage zuzuleiten, mit der ein umfassendes finanzielles Unterstützungspaket für Rettungsorganisationen und NGOs geschnürt wird, um deren Einrichtungen und Dienstleistungen, trotz der enor­men Preissteigerungen, vollumfänglich aufrecht erhalten zu können.“

1https://statistik.at/fileadmin/announcement/2022/10/20221031VPIFlashEstimateOktober2022.pdf


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2 https://www.samariterbund.net/aktuell/detail/samariterbund-an-bundesregierung-wir-brauchen-einen-rettungsschirm-fuer-ngos-13909/

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Beide Entschließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen somit mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Abgeordneter Lopatka. – Bitte.


16.54.59

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Bayr kennt sich in der Entwicklungszusammenarbeit gut aus, und daher halte ich es für nicht ganz fair, den Finanzminister für Regeln zu kritisieren, die die OECD und der Pariser Club festlegen – was die Darstellung der Entschuldungen betrifft. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Bayr.)

Das ist nicht das Machwerk des Finanzministers – eine irreführende Dar­stel­lung –, das ist das Regelwerk der OECD. Sie wissen es ganz genau, Frau Kollegin Bayr. (Abg. Bayr: Aber man braucht’s deswegen nicht ins Budget zu nehmen!) – Na, selbstverständlich haben wir das wahrheitsgemäß darzustellen!

Sie haben aber auch noch andere Entschließungsanträge eingebracht; bei jeder Budgetdebatte gibt es viele Anträge. Wir werden in rund einer Stunde über mehr als 50 solcher Anträge abstimmen. Kollegin Bayr, wir sind ja auch beide Mitglied der österreichischen Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, und Sie haben auch einen Antrag eingebracht, den wir eigentlich in Straßburg diskutieren sollten, der mit der Budgetdebatte hier wenig zu tun hat. Ich möchte aber schon dazu Stellung nehmen, weil nämlich niemand – niemand! – von uns die Geltung der Menschenrechte infrage gestellt hat – niemand, sage ich Ihnen! (Abg. Bayr: Die Überarbeitung!)


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Was wir als Parlamentarier, wenn wir uns ernst nehmen, aber schon diskutieren sollten, ist, ob wir wollen, dass durch Richterrecht eine zunehmende Verselb­stständigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes erfolgt. Das ist schon unsere Aufgabe als Gesetzgeber, da hinzusehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krisper: Es hat sich nichts geändert an der Rechtsprechung!)

Ich sage Ihnen – und ich nenne nur ein Beispiel –: Wenn eine Abschiebung einer Flüchtlingsfamilie (Zwischenruf des Abg. Hafenecker) von der Schweiz nach Italien als Verstoß gegen das Folterverbot gesehen wird, gemäß Artikel 3 der EMRK (Abg. Krisper: Das ist schon ewig so!), dann muss eine parlamentarische Debatte darüber möglich sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Wo sehen Sie bei diesem Vorgehen eine verbotene erniedrigende Behandlung? Der Gerichtshof hat das so gesehen, meine Damen und Herren. (Abg. Bayr: Ja, weil’s auf den Fall ankommt! Abg. Scherak: Warst du dort dabei, Reinhold? Oder - -!) – Was wir tun sollten, Frau Kollegin Bayr  und ich schätze Sie –, ist, im Europarat gemeinsam mit unseren anderen Kollegen diese Debatte mit der gebotenen Sachlichkeit zu führen. Warum?  Bei heuer 100 000 Asylanträgen in Österreich möchte ich schon die Möglichkeit haben, Rücküberstellungen in Europa vorzunehmen (Abg. Krisper: Dann kümmern Sie sich um die Bedingun­gen ...!), in EU-Staaten, meine Damen und Herren! Das sollten alle Fraktionen so sehen! Auch die NEOS sollten das so sehen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krisper: Ungarn!)

Meine Damen und Herren, das ist auch eine Errungenschaft der Europäischen Union, dass wir bei den Menschenrechten weltweit führend sind. (Abg. Krisper: Dann machen Sie das ..., dann können wir wieder zurückführen! – Zwischenruf der Abg. Bayr.) Menschenrechtsschutz ist uns wichtig, aber wir werden nicht tatenlos und wortlos bleiben (Abg. Kassegger: Wortlos bleibt ihr eh nicht, aber ihr bleibt tatenlos! Das ist ja euer Problem!), wenn wir eine Entwicklung sehen, die zulasten der österreichischen Bevölkerung geht.


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Es versteht niemand, dass wir diese Rücküberstellungen nach Italien, nach Slowenien nicht vornehmen können. (Zwischenruf der Abg. Bayr.) Daher – ich will nicht so lange sprechen –: Selbstverständlich bekennen wir uns zur Europä­ischen Menschenrechtskonvention, aber wir nehmen unsere parlamentarische Verantwortung sehr ernst und lassen uns da von niemandem das Wort nehmen.

Ihrem Antrag können wir zustimmen, ohne jede Aufregung; die Diskussion ist zu führen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

16.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. – Bitte. (Abg. Stocker: Jetzt kommt die Entschuldigung, hoffentlich!)


16.59.01

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, das ist eine tatsächliche Berichtigung.

Abgeordneter Kollege Kopf hat vor Kurzem behauptet, die Gaspingerhof F. Hörl GmbH hätte 2020 und 2021 einen Verlust geschrieben.

Ich berichtige tatsächlich: Gemäß dem Firmenbuchauszug für das Jahr 2020 hat die Gaspingerhof F. Hörl GmbH 2020 einen Gewinn von 380 800,91 Euro gemacht. Die Covid-Hilfen im selben Zeitraum betrugen 157 426,01 Euro. (Ruf bei der ÖVP: Wie schön der Neid!) Das heißt, wir alle haben den Gewinn von Franz Hörl durch die Hilfen mitfinanziert. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Für das Jahr 2021 ist im Firmenbuch noch keine Bilanz eingereicht, deswegen können wir gar nicht sagen (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager), wie hoch der Gewinn oder der Verlust 2021 war. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.  – Abg. Michael Hammer: Aber Sie haben es behauptet! – Abg. Krainer – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Das stimmt, der Herr Kopf hat es behauptet!)

17.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist Abgeordneter Loacker gemeldet. – Bitte.



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17.00.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Am Ende von drei langen Budgettagen diskutieren wir jetzt in einem Block acht Untergliederungen zusam­men, von der Finanzverwaltung über die Beamtenpensionen und den Finanz­ausgleich bis hin zu dem, was die Bundesfinanzierungsagentur macht. Mehrere wichtige große UGs werden da vermanscht – und das zu einem Zeitpunkt, zu dem alle schon ein bisschen müde sind, nach drei Tagen –, während wir in den letzten drei Tagen ganz kleine UGs mit wenigen Milliönchen in epischer Breite zerlegt haben. Ich halte das prozessual für falsch. Man sollte sich für die Zukunft überlegen, diesen großen, milliardenschweren Untergliederungen mehr Raum zu geben, denn da geht es um wirklich viel Geld, das man nicht am Schluss noch in der Hektik abarbeiten sollte. (Beifall bei den NEOS.)

Diskutiert werden in der Untergliederung 16 alle öffentlichen Abgaben, also wirklich Milliardenpakete. Da geht es auch um den Themenkreis, den Kollege Krainer angesprochen hat, beispielsweise um die Frage: Wie besteuern wir denn Unternehmen?, und vielleicht auch: Welche Hilfen sollten sie bekommen?

Wir sind der Meinung, man sollte vielleicht weniger Steuern einheben und dann gnädig verteilen, sondern vielleicht vorher schon die Steuerlast senken. Eine Überlegung wäre, anstelle von Hilfszahlungen einen Verlustrücktrag zu ermög­lichen. Was heißt das? – Ein Unternehmen, das irgendwann Gewinne gemacht hat und den Verlust aufgrund beispielsweise der Covid-Krise zurückverschieben kann, muss dann weniger Steuern für den Gewinn zahlen. Das hat den Vorteil, dass man einen Verlustrücktrag nur nützen kann, wenn man einen Gewinn gemacht hat. Das heißt, man schüttet nicht Hilfsgelder an Unternehmen aus, die eigentlich sowieso schon am Ende ihrer Kräfte sind, die ökonomische Zombies sind. Insofern wäre es besser, mit Verlustrückträgen statt mit Hilfszahlungen zu arbeiten.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unkompliziert Entlasten: Einführung eines Verlustrücktrags“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, in dem Unternehmen die Möglichkeit gegeben wird, betriebliche Verluste aus dem Jahr 2022 in die Vorjahre rückzutragen.“

*****

(Zwischenbemerkung von Bundesminister Brunner.)

Dann diskutieren wir hier auch die Beamtenpensionen. Es ist gerade das Gutachten der Alterssicherungskommission bekannt geworden: Was wir jetzt wissen, ist, dass die Zahlen, die wir hier diskutieren und beschließen, eigentlich schon Makulatur sind, weil die Alterssicherungskommission von viel schlech­teren Zahlen ausgeht. Das Loch bei den Pensionen ist viel größer.

Wir haben gestern schon die Sozialversicherungspensionen diskutiert. Bei den Beamtenpensionen geht die Alterssicherungskommission von 13,3 Milliarden Euro für nächstes Jahr und von 16,7 Milliarden Euro schon für 2027 aus – ein Plus von einem Viertel bei den Beamtenpensionen. Da geht es um bescheidene 314 000 Bezieher. Wenn man sich das anschaut: Bei den Sozialversicherungs­pensionen, die mit einem ähnlichen Betrag auskommen, reden wir von über 2 Millionen Beziehern. Reformschritte in dem Bereich: null Komma null.

Das ist es, was Kollegin Doppelbauer gemeint hat, als Sie gesagt hat: „Sie haben [...] die Jungen vergessen.“ – Das, was Sie da machen, ist gut und nett für die alten Menschen, aber wir müssen ja die Pensionssysteme so aufbauen, dass die, die in 30, 40, 50 Jahren in Pension sind, auch noch gut davon leben können. Dafür fehlt jeder auch noch so kleine Reformschritt.


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Es steht in jedem Regierungsprogramm: Wir wollen das tatsächliche Pensions­antrittsalter an das gesetzliche heranführen. – Das kopieren Sie – copy, paste – von einer ÖVP-Regierung zur nächsten, egal wer der Koalitionspartner ist. Nur: Es passiert original genau gar nichts. Das würde ich gerne einmal sehen, denn wenn wir nämlich im nächsten Jahr nicht 13,3 Milliarden Euro für Beamtenpen­sionen ausgeben müssten, dann wäre beispielsweise auch viel mehr Luft für die Anliegen der Kollegin Bayr. Das sind ja dann im Vergleich Pimperlbeträge – ich mag es keineswegs kleinreden – zu diesen Milliarden, die da verschoben werden.

Wir könnten uns ganz viele Debatten ersparen, wenn wir dort, wo es um wirklich große Beträge geht, echte Reformschritte setzten. (Beifall bei den NEOS.)

17.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Unkompliziert Entlasten: Einführung eines Verlustrücktrags

eingebracht im Zuge der Debatte in der 183. Sitzung des Nationalrats über Bundesfinanzgesetz 2023 (BFG 2023) – TOP 11/UG 16

Angesichts der vielen schweren Krisen, die zu einer Vervielfachung der Energiepreise und der aktuell hohen Inflation geführt haben, sowie einer anhaltenden Still­standspolitik vonseiten der österreichischen Bundesregierung, die für die im EU-Vergleich hohen Abgabenlast und einem schweren Arbeitskräftemangel verant­wort­lich sind, haben es österreichische Unternehmen nicht leicht. Es verwundert nicht, dass diese immer mehr mit Sorge in die Zukunft blicken. Die aktuelle Austrian Business Checks Umfrage des KSV 1870 zeigt, dass die Zahlungsmoral sinkt und Unternehmen zunehmend bei geplanten Investitionen auf die Bremse steigen.


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Laut dieser Umfrage wollen nur noch 34 % zu Jahresbeginn geplante Investitionen setzen - ein alarmierender Wert (1).

Die Bundesregierung reagiert mit den immer gleichen Mitteln. Immer neue För­derungen werden erfunden. Diese werden lange verhandelt, dann präsentiert und im Anschluss wird wieder lange nachverhandelt, bis man sich auf konkrete Details einigt. Unternehmen können bei all dem nur zusehen und anschließend sich durch den komplizierten Förderdschungel kämpfen. Mit einer einfachen Maßnahme kann man vielen Unternehmen sehr rasch helfen. Wie während der Covid-Pandemie soll die Möglichkeit eingeführt werden, Verluste für 2022 gewinnmindernd berücksichtigen zu können. Unternehmen erhalten damit eine zeitnahe Liquiditätsspritze in Form einer Steuererstattung. Für Jahresabschlüsse, die bereits gemacht wurden, sollen Unternehmen den Verlustrücktrag nachträglich einbringen können. Die Verrechnung des Verlustes 2022 sollte dabei betragsmäßig unbegrenzt und mit den Gewinnen der Jahre 2021 und 2020 ermöglicht werden.

Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) hat in der Publikation "Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen zur Abfederung hoher Energiekosten" ebenfalls diese Maßnahme empfohlen und diese (in Kombination mit liquiditäts­stützenden Garantien) als effizienter und treffsicherer als die Maßnahmen der Bun­desregierung gewertet (2).

Die Methode des Verlustrücktrags hat zudem den Vorteil, dass sie nur Unternehmen hilft, die zumindest in manchen Jahren Gewinne schreiben. Ökonomische Zombies, die in den letzten Jahren aus verschiedenen Gründen entstanden sind, können von Verlustrückträgen eher weniger bis gar nicht profitieren.

1. https://www.ksv.at/pressemeldungen/geht-abwaerts-zahlungsverhalten-verschlechtert

2. https://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument.jart?publikationsid=69820&mime_type=application/pdf


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufgefor­dert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf vorzulegen, in dem Unternehmen die Möglichkeit gegeben wird, betriebliche Verluste aus dem Jahr 2022 in die Vorjahre rückzutragen."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungs­ge­mäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.


17.04.55

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Abgeordneter Lopatka hat im Zuge seiner Ausführungen gerade behauptet, dass die OECD in Form des Pariser Clubs dem Finanzminister vorgäbe, wie er die Entschuldungen zu behandeln hätte und wie er die Entschuldungen in der Budgetvorschau darstellt.

Ich berichtige tatsächlich: Das ist nicht der Fall. Die OECD legt in der Tat über Beschluss des Pariser Clubs fest, wann welches Land entschuldet wird. Der Beschluss für den Sudan erfolgte in der Tat schon im Sommer 2021, trotzdem ist es klar, dass das aufgrund der politischen Situation, aufgrund der Militärdiktatur nicht funktionieren wird. (Abg. Lopatka: Tatsächliche Berichtigung! – Abg. Steinacker: Stopp, stopp! Für eine tatsächliche Berichtigung ist das schon sehr lange!)

Der Finanzminister ist aufgrund der Vorgaben der OECD in keiner Weise dazu gezwungen, das in der Art und Weise in der Vorschau darzustellen. Zum Beispiel war es früher immer: ein Drittel, ein Drittel, ein Drittel, jetzt ist es: zwei Drittel,


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nichts, ein Drittel. Das hat mit der OECD und den OECD-Vorgaben genau gar nichts zu tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

17.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte.


17.06.05

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Werte Mit­glieder dieser Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher:innen hier und zu Hause! Das ist die Schlussdebatte dieser Budget­tage, und ich beziehe mich auf die UG 44: Finanzausgleich, in der es um die Aufteilung der Mittel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geht.

Wir haben es in der Anfangsdiskussion schon einmal kurz besprochen: Unter anderem beschließen wir Unterstützungsmaßnahmen für die Gemeinden im Volumen von 1 Milliarde Euro. Das ist ein ganz wichtiges Unterstützungspaket für die Gemeinden, und zwar geht es einerseits darum, dass wir ihnen bei den gestiegenen Energiekosten helfen wollen (Abg. Kollross: Wie geht das? Wie geht das? Gar nicht!), sie bei Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen sowie in den Ausbau der Erneuerbaren unterstützen. Das sind zum Beispiel die Sanierung von Gebäuden – Gemeindegebäude, Schule, Kindergarten, aber auch Sportgebäude und Ähnliches –, der Ausbau der Erneuerbaren vor Ort – Foto­voltaik ist allgemein bekannt, aber man kann auch aus Abwasser Energie gewinnen oder ein Fernwärmeheizwerk mit Biomasse errichten (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP) –, und es ist auch möglich, energie­effiziente Geräte anzuschaffen, allerdings keine fossil betriebenen Geräte (Zwischenrufe bei der SPÖ), denn das wäre ein Rückschritt, sondern elektrisch betriebene Geräte, beispielsweise Fahrzeuge für den Fuhrpark oder auch Rasenmäher.

Ein wichtiger Punkt, der aus meiner Sicht da auch hineingehört, ist die soge­nannte Energieraumplanung, also dass sich eine Gemeinde einmal Gedanken


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macht: Wo kommt denn unsere Heizwärme überhaupt her? Wer verbraucht wie viel? – Es geht da wirklich um eine Energiebuchhaltung, wie sie viele Gemeinden auch schon haben, aber manche noch nicht. Da wäre es gut, genauer hinzu­schauen, und dabei können wir sie unterstützen. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Kollross.)

Wir haben hier also einerseits diese Unterstützung der Energieeffizienz, und zweitens geht es um die Unterstützung breiter Gemeindeinvestitionen. Ich glaube, auch das ist sehr wichtig. Die Gemeinden haben mit Liquiditätsschwierig­keiten zu kämpfen, und wir übernehmen die Kosten, die sie eh zu stemmen haben, bis zur Kanalsanierung oder der Schulerrichtung, dem Kindergartenaus­bau – jetzt zum Beispiel in Niederösterreich ein Thema. Die Investitionen, die die Gemeinden bereits vorhaben, werden zusätzlich mit 50 Prozent und weiteren Förderungen unterstützt. Es gibt also immer die Möglichkeit, die 50 Prozent noch durch weitere Förderungen aufzustocken und somit das Geld abzuholen. Diese Unterstützung ist also wirklich sehr umfassend. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was wir dadurch erreichen, ist einerseits Liquidität für die Gemeinden, aber gleichzeitig auch, von dieser Abhängigkeit von den Fossilen wegzukommen, energieeffizient zu werden und dadurch auch wirklich mittel- und langfristig die Kosten massiv zu reduzieren. Ich glaube, das ist ein großer Wurf.

Ein Punkt, den ich noch erwähnen möchte, ist nicht Teil dieser Milliarde, sondern man könnte sagen, es ist eine Milliarde plus 75 Millionen, denn de facto schüttet der Bund zusätzlich 75 Millionen Euro aus, ohne jegliche Anfor­derung an Investitionen.

Auch Kollegen von der ÖVP haben mich letztens darauf angesprochen. Das ist also ein echter Zuschuss für alles, was die Gemeinden brauchen können. (Abg. Kollross: Nein, ist es nicht! – Abg. Loacker: Die schwimmen eh schon im Geld!) Damit stellen wir sicher, dass die Gemeinden gut durch 2023 und auch durch die


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nächsten Jahre kommen. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

17.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Tursky. – Bitte sehr.


17.10.23

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Florian Tursky, MBA MSc: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Nach drei Tagen Budget­debatte freue ich mich ganz besonders, jetzt nicht als Finanzstaatssekretär, sondern in dem Fall als Digitalisierungsstaatssekretär zu Ihnen zu sprechen, und zwar über die wohl größte Transformation, die die Wirtschaft seit der Globa­lisierung durchmacht, nämlich die Digitalisierung. Diese Digitalisierung geht Hand in Hand mit der Energiewende, man spricht von der sogenannten Twin­transition.

Es geht darum, ob wir in Österreich, ob wir in Europa, ob wir als Unternehme­rinnen und Unternehmer, Gesellschaft, Schülerinnen und Schüler und alle, die an diesem Prozess beteiligt sind, schlussendlich zu Digitalisierungsgewinnern oder Digitalisierungsverlierern werden.

Es ist ähnlich wie die Erfahrungen, die wir bei der Globalisierung gemacht haben. Die Transformation macht vielen Menschen Angst. Wie bei der Globalisierung müssen wir darauf schauen, dass Menschen nicht auf der Strecke bleiben. Wie bei der Globalisierung müssen wir auch darauf schauen, dass einzelne Regionen nicht auf der Strecke bleiben. Wir dürfen auch nicht die gleichen Fehler wie bei der Globalisierung machen, die wir vielleicht damals gemacht haben. Erinnern wir uns zurück, dass ein quer stehendes Schiff im Suezkanal dazu geführt hat, dass unbeteiligte Firmen in Österreich Kurzarbeit anmelden mussten! Vergessen wir nicht, dass wir beinahe die letzte Penicillinproduktion in Europa, in Kufstein, verloren hätten!


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Dabei geht es um verschiedene Themen, auf die ich ganz kurz eingehen will. Einerseits geht es dabei um die Infrastruktur, die wir sicherstellen müssen. Alle zwei Jahre verdoppelt sich das weltweite Datenaufkommen. Unser Ziel als Bundesregierung ist es, bis ins Jahr 2030 eine gigabitfähige, bundesweit flächendeckende Infrastruktur zu bekommen. Einerseits geht es um das mobile Netz, damit meinen wir 5G und Folgegenerationen. Aktuell gibt es noch 2 100 unterversorgte Katastralgemeinden in Österreich. Unser Ziel ist es daher, bis Ende 2024 davon 1 700 zu versorgen – die Auflagen dazu sind bereits erstellt – und den Rest kurz danach.

Andererseits geht es um den Glasfaserausbau, also den kabelgebundenen gigabitfähigen Internetempfang. Wir haben es dabei in den letzten Monaten und Jahren geschafft, einen enormen Boost hereinzubekommen. Über 6 Milliarden Euro werden privatwirtschaftlich investiert. Das ist aber nicht genug. Genauso wie wir früher – aber auch heute noch – sehr, sehr viel in die Straßeninfra­struktur, in die Infrastruktur mit Stromversorgung investiert haben, geht es jetzt darum, viel in die Glasfaserinfrastruktur, in die Infrastruktur für das schnelle Internet zu investieren, da es schlussendlich darum geht, eine Chancengleichheit zwischen den verschiedenen Regionen herzustellen.

Da kann privat investiert werden, wo es sich auszahlt, da müssen wir aber fördern, nämlich genau dort, wo es sich nicht auszahlt. (Abg. Kucharowits: ... auch in die Daseinsvorsorge kommen, Herr Staatssekretär!) Wir haben diesbezüglich bereits 1,4 Milliarden Euro in die zweite Breitbandmilliarde investiert, und ich freue mich sehr, dass wir mit dem nun vorliegenden Budget bis zum Jahr 2026 weitere 400 Millionen Euro vorsehen. Dadurch wird die zweite Breitbandmil­li­arde eigentlich zur zweiten und dritten Breitbandmilliarde, denn es werden 1,8 Milliarden Euro investiert.

Zum Zweiten, dem E-Government: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind damit konfrontiert, dass sich die Menschen von uns erwarten, dass die Verwaltung heute so einfach funktioniert wie das neueste Smartphoneapp. So


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einfach wie das neueste Datingapp sollte also auch die Verwaltung funktio­nieren, sollte es auch funktionieren, einen neuen Reisepass zu beantragen, sollte es möglich sein, sich umzumelden. Alles andere – und das muss uns bewusst sein – führt zu Frustration. So haben wir in den vergangenen Jahren bereits über 200 Anwendungen im Digitalen Amt digitalisiert. (Zwischenruf des Abg. Kollross.) Wir schaffen es aber bis ins Jahr 2024, alle Amtswege zu digitalisieren. Begonnen haben wir mit dem digitalen Führerschein, den bereits viele Öster­reicherinnen und Österreicher nutzen konnten – und auch die Polizei konnte bereits die ersten abnehmen.

Bis ins Jahr 2023, also noch nächstes Jahr, führen wir den digitalen Zulassungs­schein, einen Altersnachweis, das Klimaticket und auch die digitale E-Card dann am Handy ein. Wir bringen damit die Verwaltung von einer Hol- in eine Bring­schuld, das, was wir schlussendlich auch schaffen sollten.

Stellen Sie sich vor: Ein neues Kind wird geboren – wir haben gestern ja den neuen digitalen Eltern-Kind-Pass vorgestellt –, und in der Folge werden den Eltern gleich Antworten auf folgende Fragen angeboten: Welche Möglichkeiten gibt es auf Elternkarenz? Wie viel bekommt man? Wie kann man die Services entsprechend nutzen? – Das ist eine Verwaltung, so wie ich sie mir im 21. Jahr­hundert vorstelle. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.) Dafür müssen wir in die neue Usability dieser verschiedenen Applikationen investieren. Dafür investieren wir alleine auch in der UG 15 im kommenden Jahr 108,6 Millionen Euro und bis ins Jahr 2026 über 370 Millionen Euro.

Als letzter Punkt ist es mir sehr wichtig, das Thema digitale Souveränität und Cybersicherheit anzusprechen. Das ist ein Thema, das enorm an Bedeutung gewinnen wird. Über 80 Prozent aller weltweiten Daten, dessen müssen wir uns bewusst sein, befinden sich nicht in Europa. Wir begeben uns dadurch in eine Abhängigkeit von Systemen, auf die wir keinen Zugriff haben. Es wird also an uns sein, insbesondere im europäischen Regelregime darauf zu schauen, wie wir eine digitale Souveränität Europas sicherstellen können. Dabei – und das sage ich ganz offen – geht es um keine digitale Souveränität Österreichs, sondern um


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eine digitale Souveränität, darum, ein Framework zu schaffen, auch die großen Player, die meistens aus den Vereinigten Staaten oder aus China kommen, in ein Regelwerk zu zwingen – und das funktioniert, wie wir es bereits bei der Daten­schutz-Grundverordnung gesehen haben. (Abg. Kucharowits: Aber welche Punkte kommen noch, Herr Staatssekretär?)

Ich möchte da ganz besonders auch den Bereich der Cybersecurity und Cyber­defence erwähnen, wo in den nächsten Jahren das Bundesministerium für Landesverteidigung und das Innenministerium enorme Investitionen vornehmen.

All das bedeutet bis ins Jahr 2026 ein Mehr von insgesamt 1,2 Milliarden Euro für die Digitalisierung. Es geht darum – ich darf darauf zurückzukommen –, die Chancen der Digitalisierung zu nützen, damit wir alle zu Digitalisierungsgewin­nern werden und auch ein neuer Wohlstand durch Digitalisierung entsteht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Einwallner. – Bitte.


17.17.37

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staats­sekretär! Ja, zugegeben: Es sind herausfordernde Bedingungen und heraus­fordernde Zeiten, um ein Budget zu erstellen. Es gibt die Pandemie, noch die Auswirkungen der Pandemie, den Krieg in Europa und natürlich die enormen Teuerungen, die auf uns zukommen.

Selbst nach drei Tagen intensiver Diskussion über dieses Budget muss man aber halt leider sagen – man kann es wirklich auch so zusammenfassen –, dass nicht zu wenig Geld ausgegeben wird, sondern es wird schlicht und einfach falsch ausgegeben, unkontrolliert ausgegeben und planlos ausgegeben. Das ist leider das Problem, das wir seit Beginn dieser Budgetdiskussion sehen. Wir sehen


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Bereiche, für die wir mehr Budgetmittel haben: Ich nehme jetzt den Sicher­heits­bereich heraus, egal ob das Inneres oder Landesverteidigung ist, wo mehr Mittel vorhanden sind. Man muss da aber auch ganz genau hinschauen, wofür man dann das Mehr an Mitteln, die da vorhanden sind, verwendet. Dazu komme ich dann später noch.

Jetzt noch eine kurze Replik auf Ihre Ausführungen, Herr Staatssekretär, da Sie davon sprachen, welche Herausforderungen wir haben: Ganz dramatisch ist es aber gerade im Budgetbereich Bildung und Forschung, denn da haben ja selbst die Vertreter der Regierungsparteien suchen müssen, um irgendeinen positiven Ansatz in diesem Budget zu finden. In diesem Bereich sind also wirklich große Lücken und große Versäumnisse vorhanden, die jetzt ein bisschen, aber bei Weitem nicht ausreichend nachgebessert werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ganz ähnlich ist es bei den Maßnahmen, die wir gegen die Teuerung setzen, wie wir den Menschen helfen. Da gibt es halt grundsätzlich unterschiedliche Ansätze zwischen den Konzepten der Regierung und unseren. Sie versuchen es mit Einmalzahlungen, die ganz, ganz schnell verpuffen. Wir haben einen anderen Ansatz – ja, das ist richtig –, wir sagen, man muss in den Markt eingreifen. Bei einem Markt, der so verrücktspielt, hat die Politik die Verantwortung, auch einzugreifen (Beifall bei der SPÖ), und da braucht es halt Politik, die den Mut hat, da auch Maßnahmen zu setzen. Und ja, das ist eine Gaspreisbremse, ja, das ist ein Winterbonus, den es jetzt braucht, dass die Menschen im Winter auch heizen können, dass man ihnen eine Rechnung erlässt, so ähnlich wie beim deutschen Beispiel. Ja, solche Maßnahmen muss man setzen, denn ich glaube, wir können es nicht allein dem Markt überlassen, denn der erfüllt das nicht, von dieser Seite wird den Menschen nicht geholfen werden.

Ich sage noch eines – dass das jetzt am Schluss in der Diskussion nicht zu kurz kommt –: Dieses Abschöpfen der Zufallsgewinne – wenn etwas schon Zufallsgewinn heißt!? – muss man, glaube ich, anpacken; das muss man tun. Es ist mehr als gerecht, dass jene, die durch Zufall viel, viel mehr Gewinn haben, auch einen Beitrag leisten. Das wäre eine Politik, die den Menschen


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schlussendlich auch hilft, und das wäre eine zukunftsweisende Budgetpolitik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte sehr.


17.20.53

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf eines vorwegschicken, und zwar an Kollegin Bayr gerichtet, die heute die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit kritisiert hat, denn ich kann und möchte das, auch in Absprache mit Kollegen Lopatka, nicht so stehen lassen: Österreich hat noch nie so viel in die Entwicklungszusammen­arbeit investiert wie in diesem Budget. (Beifall bei der ÖVP.) Österreich verkennt da nicht seine Verantwortung, gerade auch bei der Ukrainehilfe, und will auch da tätig sein. Das sei an dieser Stelle gesagt.

Ich möchte mich aber vor allem in diesem Block jetzt dem Thema Breitband widmen. Danke dem Herrn Staatssekretär, der hier schon vieles vorwegge­schickt hat. Die Zuständigkeit für das Thema Breitband ist ja über die letzten Jahre immer wieder von Ressort zu Ressort gewandert. Ich glaube, es ist gar nicht so schlecht, dass das Thema nun im Finanzressort beheimatet ist, denn wie angesprochen braucht es auch in Zukunft finanzielle Mittel, um das Thema Glasfaser, hohe Bandbreiten, gigabitfähige Bandbreiten, die wir bis 2030 für jeden Haushalt sicherstellen wollen, zu stemmen, gerade im ländlichen Raum, gerade dort, wo der Markt nicht ausbaut.

Digitalisierung bedingt auch eine gute Infrastruktur. Mit Hilfe des Wieder­auf­bauprogramms der EU-Kommission investieren wir daher bis 2026 rund 1,4 Milliarden Euro, insgesamt 1,8 Milliarden Euro, um den Ausbau der heimi­schen Infrastruktur sicherzustellen. Ein Teil wurde bereits in diesem Jahr in zwei Förderprogrammen ausgeschrieben: ein Programm zum Thema offene Netze,


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das die passive Infrastruktur fördert und ein bisschen von der Diensteebene entkoppelt, und ein Programm, das sich vor allem an bestehende Telekom­muni­kationsanbieter richtet, um Anreize in jenen Gebieten zu schaffen, die unter­versorgt sind und bis dato nicht vom Markt versorgt worden sind.

Gerade beim ersten, beim Open-Net-Programm, haben wir eine wirklich große Nachfrage verzeichnet, was auch dazu geführt hat, dass der Herr Staatssekretär die Mittel, die bei 450 Millionen Euro gelegen sind, auf 750 Millionen Euro aufgestockt hat. Das ist, glaube ich, ein wichtiges Zeichen, um zu signalisieren, wir wollen den Ausbau und sind auch dazu bereit, auszubauen.

Es ist, glaube ich, auch wichtig, dass wir auf den Ausbau der Glasfaserinfra­struktur setzen. Das ist eine nachhaltige Investition, denn die technische Entwicklung zeigt, dass immer mehr Bandbreite möglich ist, und da müssen wir für die Zukunft entsprechend gerüstet sein. Natürlich müssen wir auch noch in die Take-up-Rate, also in die Nutzung dieser Glasfaserinfrastruktur, investieren. Das können wir am besten, wenn wir entsprechende Anwendungen und Services anbieten.

Und da bin ich beim Herrn Staatssekretär, wenn er sagt, da kann die öffentliche Hand, der Staat auch ein Vorreiter, ein Vorbild sein, wenn es um Anwendungen geht. Es ist schon das Thema E-Führerschein, bis hin zur Ausweitung auf eine Ausweisplattform, angesprochen worden. Wir sehen aber auch in anderen Res­sorts, dass Digitalisierungsvorhaben umgesetzt werden: der Eltern-Kind-Pass, der elektronisch abgewickelt werden soll, die Polizei, in deren Ausstattung investiert wird, deren Arbeit durch Investitionen, die getätigt worden sind, unterstützt wird.

Vergessen wir nicht den Bildungsbereich, bei dem wir in die technische Infra­struktur investieren, also in die Geräte selbst, in die WLAN-Struktur, in die Infrastruktur, wie die Schule angebunden ist, aber auch in die digitale Grund­bildung, die so wesentlich für die zukünftige Generation ist, die das ent­sprechende Wissen mitbringen soll.


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Im Jahr 2023 schaffen wir es, 256 Millionen Euro in Digitalisierungsmaßnahmen zu investieren, was sich über die ganze Bandbreite der Ressorts erstreckt. Natürlich braucht es da eine Koordinierungsfunktion. Ich danke dem Herrn Staatssekretär, der da sehr ambitioniert gestartet ist, und freue mich auch auf die zukünftige Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.


17.25.07

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Das Thema Digitalisierung hat der Herr Staatssekretär ja schon angesprochen, und das ist ein überaus wichtiges. Deswegen genügt es mir schon seit Jahren nicht, was die Bundesregierung in diesem Bereich liefert, weil das sehr oft Sonntagsreden sind, das einfach sehr oft weit, weit weg von den Fakten ist und da sehr viel Oberflächliches, Showpolitik passiert, sehr viele Sachen präsentiert werden, bei denen dann oft sehr wenig dahinter ist. Das haben wir schon ganz am Anfang beim Digitalen Amt gesehen et cetera.

Ich finde es trotzdem positiv, dass es bei Ihnen zumindest angekommen ist, dass das das Zukunftsthema schlechthin ist, und dass wir das endlich in ein Staats­sekretariat gegossen haben.

Ich habe Ihnen zugehört und muss sagen, es sind halt einige Fakten nicht ganz richtig. Wenn Sie darüber sprechen, wie großartig wir beim Glasfaserausbau sind, dann stimmt das einfach nicht. Wir sind laut der letzten OECD-Studie diesbezüglich Drittletzter; da gibt es noch ganz viel Aufholbedarf. Da wird es nicht genügen, wenn man jetzt sagt: Ja, wir wollen da ein bisschen was machen und wir haben dafür einige Millionen bereitgestellt!


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Darüber hinaus muss man ganz offen und ehrlich sagen, auch Ihnen, Herr Staatssekretär: Das, was wir alle gehofft haben, nämlich dass in diesem Parlament endlich die reine Showpolitik verschwindet, ist nicht passiert. Es gibt sie nach wie vor, und Sie stehen wie kaum jemand anderer dafür. (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und SPÖ.)

Ich habe gestern gelesen: „Papierverbot – erstes Kabinett nun komplett digital“. – Ich finde das großartig, aber ganz ehrlich: Dass das die Schlagzeile ist, die unser Digitalisierungsstaatssekretär im Jahr 2022 liefert, ist schon ein bisschen, ja, schwierig. Da sollte eigentlich viel mehr kommen.

Da sind wir genau bei diesem Thema Show und Oberflächlichkeit, das ja diese Bundesregierung auszeichnet – würde ich fast sagen. Ich habe mir nämlich das Budget von Ihnen genau angeschaut. Neben den Dingen, die Sie alle ange­sprochen haben und die auch positiv sind, bin ich auf eine Zahl gestoßen, die mich schon etwas schockiert hat, und zwar zum Thema Öffentlichkeitsarbeit. Es war bisher so, dass in Ihrem Ressort, das es damals noch nicht so gegeben hat, also in Ihrem Bereich, 350 000 Euro im Jahr für Öffentlichkeitsarbeit ausge­geben wurden. Wissen Sie, wie viel es jetzt ist? – 3,6 Millionen Euro!

Wir haben einen neuen Staatssekretär, und das Erste, was er macht: Er macht sein Öffentlichkeitsarbeitsbudget zehnmal so groß, wie es bisher war. Das ist nur Show und nichts anderes! 3,6 Millionen Euro, die man in Bildung investieren könnte, in Tablets für die Schulen, wo sie notwendig wären (Beifall bei den NEOS), 3,6 Millionen Euro, die wir in die WLAN-Infrastruktur der Schulen investieren könnten, 3,6 Millionen Euro, die wir investieren könnten, um das zu machen, was wirklich notwendig wäre, nämlich das Digitale Amt endlich weiterzubringen. Ich weiß nicht, ob es mittlerweile geht – den Nebenwohnsitz ummelden geht nicht, den Hauptwohnsitz schon. Das ist ja lächerlich im Jahr 2022! Das sind die Dinge, die anzugehen wären.

3,6 Millionen Euro, die wir in den Breitbandausbau, den Sie erwähnt haben, stecken könnten. Noch viele andere Sachen könnte man damit machen:


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Unternehmensportal, One-Stop-Shop – 3,6 Millionen Euro, die dorthin gehören würden. Aber Sie machen stattdessen Folgendes: Sie stecken das Geld in die Öffentlichkeitsarbeit, machen weiterhin Showpolitik, und das auf Kosten der nächsten Generationen, wie man das in diesem ganzen Budget leider viel zu häufig sieht. (Beifall bei den NEOS.)

17.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Zorba. – Bitte.


17.28.32

Abgeordneter Süleyman Zorba (Grüne): Herr Präsident! Sehr geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuseherinnen und Zuseher! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Frau Staatssekretärin! Wieder ein bisschen zurück zu den Fakten: Es gibt ein Thema, das sich wie ein roter Faden durch das ganze Budget zieht, durch verschiedene Kapitel und Detailbereiche, und das ist die Digitalisie­rung, von der Bildung über die Justiz, den Infrastrukturausbau, die Sicherheit bis – nicht zuletzt – zum E-Government.

Lassen Sie uns zunächst über die Infrastruktur reden: Digitalisierung ist natürlich mehr, als nur Glasfaserkabel im Boden zu verbuddeln, aber eben genau das ist die Basis, auf der man aufbauen kann. Ich bin sehr froh darüber, dass wir dafür ausreichende Mittel zur Verfügung stellen. Wie es der Herr Staatssekretär schon angesprochen hat: Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf festgelegt, bis 2030 das ganze Land mit gigabitfähigen Anschlüssen zu versorgen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man sich die Daten dazu ansieht, stellt man fest, dass wir letztes Jahr schon unser Ziel für dieses Jahr übertroffen haben, und da kommt noch einmal zusätzlich etwas drauf: Kommendes Jahr werden noch einmal zusätzlich 400 Millionen Euro zu den bestehenden Förderungen in die Hand genommen,


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um den Breitbandausbau zu forcieren. (Beifall bei den Grünen.) Davon pro­fitieren hauptsächlich private Haushalte in ländlichen Regionen sowie Unternehmerinnen und Unternehmer.

Ein weiteres Thema ist die Digitalisierung der Verwaltung. Im Budget stehen daher 40 Millionen Euro für den Ausbau von digitalen Lösungen zur Verfügung. Das beinhaltet vor allem auch die Weiterentwicklung und Ergänzung von Plattformen, die heute schon bestehen, unter anderem oesterreich.gv.at oder das Unternehmensserviceportal. Diese Investitionen sind insofern wichtig, da diese Plattformen auch eine große Popularität haben. Im Jahr 2021 hatte die Plattform oesterreich.gv.at über 100 Millionen Aufrufe; die Zielsetzung waren 60 Millionen Aufrufe. Da macht jede Investition Sinn, um sie weiterzuent­wickeln. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zuletzt wurde auch eine sehr praktische und datenschutzfreundliche Möglichkeit des digitalen Führerscheins geschaffen. Noch einmal danke dafür, dass wir das auf die Beine stellen konnten.

Damit nicht genug, stehen noch weitere Mitteln für bereits bestehende Maßnah­men zur Verfügung: Finanzonline, das wir alle kennen, und das im letzten Jahr eingeführte Verfahren Once Only. Dabei geht es darum, Bürokratie abzubauen und Behördengänge zu digitalisieren, dadurch werden Mehrfachmeldungen vermieden. Das bedeutet, ohnehin schon bekannte Daten werden durch Register- und Systemverbünde zwischen den Verwaltungsstellen ausgetauscht. Das spart Zeit und ist eine Entlastung für Unternehmerinnen und Unternehmer. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch aus einer anderen Untergliederung gibt es noch erfreuliche Nachrichten. So stellen wir beispielsweise der Silicon Austria Labs insgesamt bis zu 70 Millionen Euro zur Verfügung. Wenn wir als Europäerinnen und Europäer unabhängig von Techgiganten aus den USA und China werden wollen, müssen wir eben unsere Technologiesouveränität bewahren und stärken und die


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Produktion auch nach Europa holen. Besonders erfreulich ist, dass da auch das Bundesministerium für Klimaschutz einen Fokus auf Chips for Green gelegt hat.

Zuletzt möchte ich noch auf die Justiz zu sprechen kommen. Dort werden zahlreiche Impulse für eine digitale Justiz, eine Justiz 3.0 gesetzt. Obwohl die österreichische Gerichtsbarkeit jetzt schon in vielen Bereichen der Digita­lisierung Vorreiter ist, bauen wir dies noch weiter aus. Ein Hauptaugenmerk ist die Verkürzung von Verfahrensdauern bei einer vollelektronischen Verfah­rensführung. Außerdem werden mit den zur Verfügung gestellten Mitteln zusätzliche Staatsanwaltschaftsposten eingerichtet und eigene IT-Expert:innen eingestellt, und das alles zur Bekämpfung der derzeit am stärksten steigenden Kriminalitätsform: der Cyberkriminalität.

Insgesamt lässt sich also sagen, dass aus Digitalisierungssicht das Budget ein Impulsgeber für Fortschritt und Krisenfestigkeit ist. Mit dem Ausbau der Breitbandinfrastruktur unterstützen wir Haushalte in ländlichen Regionen, mit Investitionen in Zukunftstechnologien sichern wir unsere Unabhängigkeit auch aus ökologischer Sicht und für die ökologische Transformation. Mit dem Budget schaffen wir also eine solide Basis für die Zukunft. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Oberrauner. – Bitte.


17.33.20

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Zuseher von zu Hause und natürlich auch Gäste im Haus! Sehr geehrter Herr Staatssekretär, wir freuen uns, dass Sie heute zu uns gesprochen haben. Wir würden Sie auch bitten, dass Sie vielleicht einmal eine Gesamt­strategie im nächsten Ausschuss oder Anfang des Jahres vorlegen, damit wir wissen, wo Ihre Ziele liegen und was Sie als Gesamtkonzept haben.


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Natürlich ist der Breitbandausbau eine der wichtigsten Grundlagen, damit wir in der Digitalisierung weiterkommen. Bis jetzt sind wir auf Platz zehn von 27 Mit­gliedsländern. Das ist kein so ein schlechtes Ergebnis; im ländlichen Raum gibt es noch ziemlich viele Probleme.

Sie haben ja gesagt, dass Sie jetzt sehr viel Geld dafür in die Hand nehmen werden und dass da etwas weitergebracht wird. Im Budget 2023 stehen 248,5 Millionen Euro, das sind 2 Millionen Euro mehr, als wir für die gesamten Investitionen gehabt haben – insofern ist das betreffend die finanzielle Lage nicht stark akzentuiert.

Ich sehe ein, dass Sie das Digitale Amt forcieren wollen und dass Sie die Digitalisierung in die Breite bringen wollen, aber ich lege schon Wert auf die Feststellung, dass die Bevölkerung auch das Recht haben muss – besonders beim Digitalen Amt –, auch analog zu ihrem Recht zu kommen. Es gibt genügend Leute, die in einem Alter sind, in dem sie sich die Digitalisierung nicht antun wollen, und auch diese haben als Bürgerinnen und Bürger das Recht, zu ihren Daten, zu ihren Rechten und zu ihren Formularen zu kommen. Ich glaube, wenn man digital sagt, muss man analog mitdenken. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite, das ich anfügen möchte, ist: Das Breitbandnetz ist Teil der kritischen Infrastruktur. Wir haben gelernt, was es bedeutet, wenn kritische Infrastruktur in Abhängigkeiten endet. Deshalb haben wir uns schon vor Längerem darüber unterhalten, ob es nicht PPP-Modelle geben soll, bei denen der Staat für die Infrastruktur verantwortlich ist – zum Beispiel die Gemeinden, die ja sowieso graben; und 70 Prozent der Kosten sind jene der Gemeinden für die Grabearbeiten –, und dann das Breitband sozusagen für Anbieter am freien Markt zur Verfügung gestellt wird, zu fairen Preisen, die wir dann siebenjährig oder zehnjährig wieder ausschreiben könnten, ausgeschrieben wird. Das wäre eine Überlegung wert und würde viel für die Souveränität bringen.

Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, sind die Funkmasten, die viel dazu beitragen, dass das überhaupt funktioniert. Es gibt 7 900 Sendemasten von


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A1, und wir hören, dass es immer wieder die Idee gibt, diese zu veräußern. Wir wollen nicht, dass diese Masten verscherbelt werden – das ist kritische Infrastruktur! –, und da die Öbag beteiligt ist, legen wir Wert darauf, dass der Staat auch kontrolliert, was da passiert, und dass er um jeden Preis ver­hindert, dass so etwas stattfindet. Funkmasten sind nämlich essenziell für die Kommunikation und für die Digitalisierung, und es ist nicht egal, wer diese Funkmasten besitzt und um wie viel Geld er sie vermietet. Da muss der Zugang gesichert sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Noch etwas, das ich Ihnen gerne ans Herz legen würde, ist das Thema Open Source, weil die zunehmend gewünschte Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung natürlich nicht auf Open Source setzt. Sie sollte aber darauf setzen, weil wir sonst immer von amerikanischen Anbietern und von deren Daten­speicherung, und das sind ja unsere Daten, abhängig sind. Ich frage mich, wie wir zum Beispiel bei einem Blackout zu unseren Daten kommen. Auch die Software, die die Kinder von Anfang an in der Schule lernen, ist Microsoft. Das ist ein großer Fehler, weil die Kinder wissen sollten, was sie als aktive Nutzer brauchen, und dafür brauchen sie Open Source. Sie sollten nicht vom ersten Tage an, an dem sie mit Digitalisierung zu tun haben, passive, abhängige Kunden werden.

Ich möchte zum Schluss nur eine Studie der Europäische Union zu diesem Thema erwähnen, die besagt, dass eine Open-Source-Strategie die Investitionen und die Abhängigkeit verringert, und zwar haben Investitionen in Open Source ein Kosten-Nutzen-Verhältnis zwischen 1 : 4 und 1 : 10, senken die Gesamtbe­triebskosten im öffentlichen Sektor und fördern hohe Softwareentwicklungs­fähigkeiten. Ich glaube, dass das ein Thema wäre, über das man nachdenken soll.

Zum Schluss noch eine Anmerkung: Digitalisierung als Querschnittsmaterie hätte ein Ministerium verdient. Es wäre uns wichtig gewesen, dass es nicht in einem Staatssekretariat landet. (Beifall bei der SPÖ.)


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Aber wie dem auch sei, auch Humanismus und Ethik sollten Sie bei Ihren Über­legungen mitdenken, denn das sind Aspekte, die bestimmt zu diesem Thema gehören, weil das die Gesellschaft verändern wird, und da sollten wir schon mit­reden, wie das ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hanger. – Bitte.


17.38.22

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir stehen am Ende einer dreitägigen Budgetdebatte, und es ist immer wieder bemerkens­wert, wie unterschiedlich ein und dasselbe Werk beurteilt werden kann. Ich bin sehr dafür, dass wir Fakten sprechen lassen. Ich möchte ein paar Fakten aus dem aktuellen Budgetentwurf und auch aus der mittelfristigen Finanzplanung noch einmal zusammenfassen.

Das zentrale Thema, das die Menschen in Österreich beschäftigt, ist natürlich die Teuerung. Dazu darf ich festhalten, dass 8,4 Milliarden Euro budgetiert sind, um dieser Teuerung entgegenzutreten – Energiekostenzuschuss, Pendlerpauschale und vieles andere mehr –, ich möchte aber auch erwähnen: Die wichtigste Maßnahme zur Bekämpfung der Teuerung sind die Lohn- und Gehaltsverhand­lungen.

Da möchte ich schon Folgendes erwähnen, weil er natürlich auch indirekt für das Budget relevant ist: Maßgeblich ist der Abschluss der Metaller, bei dem man auf der einen Seite die Wettbewerbsfähigkeit sichern musste, aber auf der anderen Seite natürlich auch die Kaufkraft. Der erste Abschluss ist gemacht, und das sichert natürlich die Kaufkraft der Menschen, und die ist enorm wichtig.


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Es gibt 18 Milliarden Euro an Entlastungsmaßnahmen bis 2026 durch die öko­soziale Steuerreform, weitere 18 Milliarden Euro an Entlastung durch die Abschaffung der kalten Progression – viele Jahre wurde sie gefordert, endlich ist sie da; das ist ein ganz wichtiger Schritt –, und die Sozialleistungen werden valorisiert. Es gibt mehr Geld für das Bundesheer, für die Sicherheit, die Pflege­reform – ein ganz wichtiger Aspekt –, die Digitalisierung ist angesprochen worden und, und, und – diese Liste ließe sich wirklich noch lange fort­setzen.

Das ist natürlich ein unglaublich offensives Budget. Das ist ein Budget, das unglaublich in die Zukunft gerichtet ist, weil wir natürlich in der Zukunft den Wohlstand in Österreich erhalten wollen. (Abg. Matznetter: Ziemlich unglaublich, was ...!)

Da möchte ich einen Aspekt ansprechen, der mir sehr wichtig ist: Natürlich werden wieder Schulden gemacht. Gerade für einen ÖVP-Verantwor­tungsträger ist das immer so eine Situation – mit Schulden muss man schon sehr vorsichtig umgehen, auch wenn alle Experten sagen, das ist momentan das Gebot der Stunde. (Abg. Krainer: Das stimmt überhaupt nicht! Das hat kein Experte gesagt!) Immerhin steigt der Schuldenstand auf 400 Milliarden Euro. Wir müssen aber auch zurück zu einer nachhaltigen Budgetpolitik, und im mittelfristigen Finanzrahmen ist auch diese nachhaltige Budgetpolitik abgebildet, weil die rela­tive Verschuldung, sprich die Schulden bezogen auf das Bruttoinlandspro­­dukt, in der mittelfristigen Finanzplanung sogar zurückgeht.

Abschließend möchte ich noch zweimal Danke sagen, einerseits an all jene, die dafür verantwortlich sind, dass wir diesen Wohlstand haben, dass wir diese Steuern auch einnehmen und ausgeben können – das ist unsere wettbewerbs­fähige Wirtschaft gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die letztlich wirklich tagtäglich dafür verantwortlich sind, dass wir diesen Wohl­stand in Österreich haben.


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Zum Zweiten möchte ich mich ganz ausdrücklich bei unserer Finanzverwaltung bedanken. Gerade bei der Budgeterstellung ist die Finanzverwaltung enorm gefordert. Da wurde wirklich sehr gute professionelle Arbeit geleistet. Dafür möchte ich mich auch ausdrücklich bedanken. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lercher. – Bitte.


17.41.36

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! (Abg. Hanger: Redest du jetzt zur Cofag?) – Herr Kollege, da kannst du schon schreien, aber die Wahrheit ist doch das: Ihr habt die Mehrheit in diesem Hause, damit kann man es auch ändern. (Abg. Hanger: Das war eine Frage!) Nehmt unsere Vorschläge an, dann haben wir diese Debatte nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hanger: Das war eine Frage!) Das ist das, was euch Herr Matznetter vorgeschlagen hat. Diese moralische Verantwortung hat die Mehrheit im Haus, weil ihr die Rahmenbedingungen beschließt. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Herr Finanzminister! Ich werde mich nicht auf das Positive, das es zweifels­ohne auch im Budget gibt, konzentrieren, sondern unsere Ablehnung begründen. Da Kollege Leichtfried ja einmal hier mit den Zehn Geboten begon­nen hat, habe ich mir überlegt: Was sind die zehn Gründe, die uns zu einer Ablehnung bewogen haben? – Ich möchte Ihnen diese vor Augen führen, Herr Finanz­minister, weil sie, glaube ich, wichtig sind.

Erstens: Dieses Budget senkt nicht die Inflationsrate im Land. (Ruf bei den Grünen: Das stimmt nicht! – Abg. Hanger: Ein Budget kann nicht die Inflationsrate senken! So viel zur wirtschaftspolitischen Kompetenz!)

Zweitens: Dieses Budget schafft keinen Gaspreisdeckel. (Beifall bei der SPÖ.)


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Drittens: Dieses Budget enthält keine Gegenfinanzierung. Massensteuer statt Vermögensteuer, das ist Ihr Motto, meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Viertens: Dieses Budget hat die falsche Verteilungswirkung. Vermögende profitieren viel stärker als der Durchschnitt im Land. (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt ja überhaupt nicht! – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Fünftens: Dieses Budget ist zukunftsvergessen. Oder wieso sonst demonstrieren die Studierenden Hand in Hand mit den Rektorinnen und Rektoren in diesem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren?

Sechstens: Dieses Budget schafft nicht die Energiewende.

Siebtens: Dieses Budget schafft nicht die nötigen Kinderbetreuungsplätze. (Abg. Obernosterer: Das musst du alles aufschreiben!)

Achtens: Dieses Budget behebt nicht den Ärztemangel und die Zweiklassen­medizin in diesem Land.

Neuntens: Dieses Budget schafft bei uns in den Regionen nicht die notwendigen Infrastrukturprojekte. Das kann ich als Obersteirer Ihnen auch beweisen.

Zehntens: Dieses Budget wird die Sorgen und Nöte der ganz normalen Leute in diesem Land nicht weniger machen, sondern mehr. Der Druck bei den vielen wird größer. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, wenn Sie nicht erkennen wollen, dass es jetzt an der Zeit ist, in einen Markt einzugreifen, der nicht mehr funktioniert, dann reden Sie und regieren Sie an der Realität in Österreich vorbei. Das braucht es, und Sie sind dazu nicht bereit – deswegen: Ablehnung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Da muss sogar der Finanzminister nachdenken!)

17.44



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Abgeordnete Baumgartner. – Bitte.


17.44.23

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben jetzt drei Tage lang das Budget diskutiert. Ich habe sehr aufmerksam zugehört: Der Interpretationsspielraum ist wirklich gewaltig, was mein Vorredner, Herr Kollege Lercher von der SPÖ, gerade eindeutig bewiesen hat.

Ich habe es in meiner Rede am Dienstag bereits gesagt, die Wirtschaftsexperten aller Parteien waren sich einig: Dieses Budget ist ein gutes.

Bei wirtschaftlicher Not ist es gerechtfertigt, Maßnahmen zu setzen, die das Budget belasten. Natürlich ist uns bewusst, dass wir das Budget mittelfristig konsolidieren müssen, aber die Kernaufgabe eines Staates ist nun einmal, in Zeiten wie diesen seinen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen und Sicherheit zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Die nachhaltige Transformation unserer Wirtschaft zum Schutz des Klimas und der Energieversorgungssicherheit in Österreich ist eine Herausforderung, der wir uns stellen. Nur so nehmen wir die Chance wahr, unseren Wirtschaftsstandort zu stärken, nur so schaffen und erhalten wir Arbeitsplätze und nur so schützen wir unsere Natur.

Da kommen unter anderem wir Gemeinden ins Spiel. Es freut mich als Bürger­meisterin ganz besonders, dass die Bundesregierung die Arbeit der Gemeinden schätzt und dass unsere Position wirklich wertgeschätzt wird. Das merkt man auch an der Gemeindemilliarde, die uns jetzt wieder zur Verfügung gestellt wird. Die Gemeinden sind – ich habe es von dieser Stelle aus schon mehrmals gesagt – der Wirtschaftsmotor Nummer eins; wir investieren in die Region, wir schaffen


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die Wertschöpfung in der Region und wir schaffen damit auch Arbeitsplätze vor Ort. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem neuen Gemeindepaket wird die Energieautonomie der Gemeinden mit 500 Millionen Euro gefördert. Damit leisten die Gemeinden einen enormen Beitrag zur dezentralen Energieversorgungssicherheit. Weitere 500 Millionen Euro investieren wir in Infrastrukturprojekte. Durch die Unterstützung der Bundesregierung – insgesamt sind es 3,8 Milliarden Euro – können wir Gemein­den trotz der Pandemie und massiver Teuerung dringend notwendige Inves­titionen in die Infrastruktur und in den Klimaschutz tätigen.

Wir Gemeinden werden weiter investieren: in den Ausbau und in die Sicherung der Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger, aus Verantwortung für morgen und aus Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkelkin­dern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schwarz.)

17.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.


17.47.27

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Nach drei Tagen Budgetberatungen möchte ich, nachdem wir noch einige Redezeit haben, noch einmal kurz zusammenfassen, was so meine Eindrücke sind.

Ich habe es bei der vorigen Rede schon angedeutet: Ich glaube, dass die Regie­rungsparteien, insbesondere die ÖVP, ein massives Problem mit der Glaub­würdigkeit haben. Ich habe es vorhin erläutert: Wenn das Reden und das Tun auseinanderklaffen, dann gibt es das Problem, dass die Leute Ihnen nicht glauben.

Die zweite Möglichkeit, dass man das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit verliert, ist jene, dass Sie den Bezug zur Wirklichkeit, zur Realität verlieren. Das Budget ist ja immer auch ein Abbild, ein Spiegel der Politik, der Regierung


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nicht nur des letzten Jahres, sondern der letzten Jahre. Was Sie da in ver­schie­denen Bereichen gemacht haben, spiegelt ja genau das wider, nämlich einen totalen Verlust an Glaubwürdigkeit. Wenn ich Ihre Migrationspolitik in Erinne­rung rufe, wo die Balkanrouten geschlossen wurden, wo der Innenminister den harten Maxi spielt und sagt, der Grenzschutz ist da – nichts von dem ist da. Die Leute sehen in der Wirklichkeit eben etwas ganz anderes. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sehen: Ihre Coronapolitik mit 100 000 Toten und Wünschen an Ungeimpfte für ungemütliche Weihnachten und sogar der Androhung, dass sie sich illegal im Land befänden, wenn sie die Impfpflicht, die dann Gott sei Dank nicht geko­mmen ist, nicht umsetzen; Ihre Einschätzungen und Märchen zur Inflation – das ist nicht ausschließlich dem Krieg geschuldet, sondern einer völlig verfehlten Geldpolitik der EZB, selbstverständlich auch einer völlig verfehlten Coronapolitik mit Lockdowns und Lieferkettenproblematiken, die dann zu einem Nachfrage­überhang geführt haben; Ihre EU-Politik, wo Sie uns hier in Österreich erzählen, was Sie alles machen, und Frau Edtstadler sagt, wir haben keine Schuldenunion, das ist keine Schuldenunion – jeder sieht, dass das selbstverständlich eine Schuldenunion ist –, wir werden sicherstellen, dass die EU stabile Finanzen hat. Die EU hat sich noch nie um ihre eigenen Regeln gekümmert. Sie sprechen da in Brüssel offensichtlich eine andere Sprache als hier.

Jetzt komme ich zum Budget: Da gibt es dieselben Muster. Sie reden tatsächlich von einem – ich habe genau zugehört – ausgewogenen, balancierten Budget, das wir da hätten. Sie produzieren 17 Milliarden Euro Defizit, also da von einem ausgewogenen, balancierten Budget zu sprechen, ist nicht nur an der Grenze zum Realitätsverlust, das ist Realitätsverlust. (Beifall bei der FPÖ.)

Sie sprechen davon, dass wir ein zukunftsfittes Budget haben und dass Sie die Konsolidierung angehen. Wenn ich in die Planungen für die nächsten Jahre schaue, so finde ich dort für 2024 10 Milliarden Euro Defizit, für 2025 minus 10 Milliarden Euro, für 2026 minus 9 Milliarden Euro. Da kann man doch nicht von einem Konsolidierungspfad sprechen.


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Wenn wir uns das vorliegende Budget anschauen, dessen Beschluss ja das höchste, wichtigste Recht eines Parlaments ist, wie Sie da mit Ausgabe­ermächtigungen agieren – die SPÖ scheint das überhaupt nicht zu interessieren; ich würde an Ihrer Stelle ein bisschen zuhören beziehungsweise möchte ich darum ersuchen, dass Sie mir zuhören –, wie Sie da mit den Rücklagen umgehen, so ist das eine Blackbox. (Zwischenruf der Abg. Holzleitner.) Also 20 Prozent des gesamten Budgets sind eine Blackbox. Da kann man ja nicht mehr davon reden, dass Sie uns da offen, transparent und nachvollziehbar etwas als Entschei­dungsgrundlage vorlegen. Sie erwarten jetzt von uns, dass wir dem hier zustimmen. Wir werden dem allein schon aus diesem Grund, aber auch aus mehreren anderen Gründen nicht zustimmen.

Wenn wir Freiheitliche in den Spiegel schauen, dann sehen wir bestimmte Dinge, nämlich genau die Dinge, die ich vorhin erwähnt habe: eine verfehlte Corona­politik, eine verfehlte Geldpolitik, eine verfehlte Schuldenpolitik und eine völlig verfehlte, weil unausgewogene und sündteure – und das sehen wir ja an den Budgetzahlen – Klimapolitik. Wir als Europäer glauben, im Alleingang die Welt retten zu müssen, wohingegen China, Indien et cetera nicht bereit sind, diesen Weg mitzugehen. Das führt letztlich zur Vertreibung der europäischen, öster­reichischen Industrie und damit zur Vernichtung von Arbeitsplätzen.

Wir sehen eine völlig verfehlte Sanktionspolitik, die, und das wird ja immer evidenter, der Europäischen Union, Deutschland und Österreich großen Schaden zufügt. Wir sehen eine völlig verfehlte Migrationspolitik, auch das sehen wir dramatisch an den Budgetzahlen. Da explodieren die Kosten. Da geht es ja nicht nur um die Vernichtung von Wohlstand, da geht es ja auch um die Gefährdung und Verringerung unserer Sicherheit und vor allem auch um die Gefährdung unseres sozialen Friedens.

Sie sehen das alles offenbar nicht beziehungsweise Sie sehen es mögliche­rweise anders beziehungsweise Sie wollen das nicht sehen. Damit sind wir wieder im Bereich des totalen Realitätsverlustes, der völligen Realitätsverwei­gerung.


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Ich persönlich und wir Freiheitliche haben da ein ganz, ganz schlechtes Gefühl, und zunehmend, das zeigen ja auch die Umfragen, haben die Menschen in unserem Lande selbiges auch. Also bitte fangen Sie entweder an, in den Spiegel zu schauen und der Wahrheit und Wirklichkeit ins Auge zu blicken und Ihr Verhalten und Ihre Taten mit dem in Einklang zu bringen, was Sie reden, oder treten Sie ab. (Beifall bei der FPÖ.)

17.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hintner. – Bitte.


17.53.22

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe mir auch drei Tage lang die Reden der Opposition angehört und ich habe mich gefragt: Bin ich eigentlich in Österreich? Bin ich in einem anderen Land? Bin ich auf einem anderen Kontinent? Sie haben in diesen drei Tagen wirklich die Meisterschaft des Schlechtredens gewonnen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Und Sie die Meisterschaft des Schlechtmachens! – Abg. Kassegger: Sie müssen in den Spiegel schauen, Herr Kollege!)

Die Kollegin von den NEOS hat in ihrer Rede gemeint, dass es eine Überför­derung in Bezug auf den niederösterreichischen Strompreisrabatt gäbe. Ich darf festhalten, dass das Land Niederösterreich diese Maßnahme selbstverständlich auch als sozialpolitische sieht und es den Menschen, die betroffen sind, ganz egal ist, welches Mascherl dieses Geld hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Nach dem Budget ist vor dem Budget, und als Bürgermeister darf ich natürlich auch die zukünftigen Finanzausgleichsverhandlungen ansprechen, auch im Sinne der Subsidiarität, da die Gemeinden die wichtige Basis für die Daseinsvorsorge, für die Infrastruktur sind.


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Ich darf mich auch im Namen vieler Gemeinden recht herzlich dafür bedanken, dass wir die Pakete, die wir schon erwähnt haben, beschlossen haben. Auch das jüngste Paket ist ein Beispiel, und für die 20 Gemeinden des Bezirks Mödling bedeutet es an die 12 Millionen Euro zusätzlich, die jetzt in entsprechende Maßnahmen fließen können.

Grundsätzlich: Wenn ich mir so einen Ertragsanteilszettel anschaue und sehe, welche Abzüge ich für viele Dinge habe, für die wir als Gemeinden im eigent­lichen Sinn nicht zuständig sind, dann würde ich mich freuen, wenn am Ende dieser Finanzausgleichsverhandlungen mehr Netto vom Brutto stehen würde, auch mehr Geld für die Gemeinden in Eigenverantwortung. Wir haben es heute schon oft gehört, dass die Familie die Keimzelle des Staates ist, und die Gemeinden sind die Keimzellen des Staatsgefüges.

Liebe Österreicher! Viele Entlastungen der Bundesregierung haben Sie bereits erreicht, viele folgen in den nächsten Monaten. Behalten Sie bitte in Erinnerung, dass die SPÖ gegen alle Entlastungsmaßnahmen gestimmt hat! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Brunner. – Bitte.


17.56.36

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegin, lieber Kollege! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Das Budget, das wir heute abschließend diskutieren, steht natürlich unter Einwirkung der aktuell sehr herausfordernden Zeiten, in denen wir leben. Darin enthalten sind, und wir haben es in den letzten Tagen ja ausführlich diskutiert, Maßnahmen gegen die Teuerung für die Bürger, für die Unternehmen, für die Gemeinden, aber auch Maßnahmen für die Versorgungssicherheit im Energiebereich.


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Aber, auch das wurde ausführlich debattiert und diskutiert, wir setzen auch Schwerpunkte im Sicherheitsbereich, im Transformationsbereich, und, was mir besonders wichtig ist, wir setzen auch strukturelle Maßnahmen, die seit Jahr­zehnten diskutiert, aber nie umgesetzt wurden, wie beispielsweise die Abschaf­fung der kalten Progression und die Valorisierung der Sozialleistungen, und eben auch Schwerpunkte, die für die Zukunft dieses Landes ganz wesentlich sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn ich auf die Redebeiträge der vergangenen Tage hier im Hohen Haus zurückblicke, dann habe ich den Eindruck, dass offenbar sogar aus Sicht der Opposition an diesem Budget nicht alles schlecht ist. Zum Teil gab es ja sogar ungewöhnliches Lob, von ungewöhnlicher Seite – Herr Kollege Krainer, vor allem von Ihnen, das hat mich doch sehr überrascht, aber durchaus positiv überrascht. (Abg. Scherak: Ja, Lob kann man sich nicht aussuchen!) – Ja, genau!

Deshalb darf ich mich zum Abschluss dieser Budgetdebatte wirklich für die zumeist sehr differenzierte und sachliche Diskussion der vergangenen Wochen bedanken. Das ist nicht selbstverständlich, und dafür möchte ich mich natürlich bei den Regierungsparteien, aber durchaus auch bei der Opposition bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich gibt es Unterschiede, natürlich gehen wir in den Detailbewertungen auseinander. Das ist, so glaube ich, auch keine Überraschung und auch nicht ungewöhnlich. Die Regierungsfraktionen, wir in der Bundesregierung sehen in diesem Budget eine Antwort auf die aktuellen Probleme und auch wichtige Weichenstellungen für die Zukunft. Mir ist natürlich bewusst, dass diese Sicht­weise von den Oppositionsparteien nicht zur Gänze geteilt wird.

Mir ist aber auch bewusst, dass es am Ende dieses Budgeterstellungsprozesses Bereiche und Gruppen gibt, die nicht ganz zufrieden sind. Aber auch da bitte ich zu bedenken, unter welchen Umständen dieses Budget erstellt wird. Wir haben nicht unendlich viel Geld zur Verfügung und wir haben bei aller Notwendigkeit


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von Krisenhilfe auch eine Verantwortung gegenüber den kommenden Gene­rationen, auch auf die Entwicklung der Schulden zu schauen.

So wie wir im Bund und vor allem in einzelnen Ressorts dieser Bundesregierung Schwerpunkte beim Budget setzen und setzen müssen, müssen das auch die Verantwortlichen in anderen Bereichen tun – in Unternehmen, in Institutionen, in Ländern, in Gemeinden.

Vielleicht nicht für jedes Projekt ist jetzt in diesen Krisensituationen die richtige Zeit. Wir können nicht alle Entwicklungen, alle globalen Entwicklungen, alle Krisen dieser Welt zu 100 Prozent abfedern. Wir können auch keine Garantie abgeben, dass kein einziger Österreicher, keine einzige Österreicherin, keine Institution, keine Firma, kein Unternehmen die Auswirkungen der Teuerung spürt; aber wir können das Versprechen abgeben, dass der Staat da ist, wenn man ihn braucht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das, sehr geehrte Damen und Herren, haben wir in den vergangenen drei Jahren mit unterschiedlichen Krisen und Herausforderungen bewiesen, und das werden wir auch weiterhin tun, wenn es notwendig ist. Wir haben während der Pande­mie geholfen und wir unterstützen auch jetzt intensiv in dieser sehr herausfor­dern­den Zeit.

Kernaufgabe des Staates ist es aus meiner Sicht, seinen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen, sie zu unterstützen, eine gewisse Sicherheit zu geben. Das haben wir geleistet und das werden wir auch leisten.

In diesem Sinne darf ich mich für die weitgehend konstruktive Debatte ganz herzlich bedanken und um eine möglichst breite Zustimmung zu diesem Budget bitten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Matznetter. – Bitte.



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18.01.35

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Frau Staatssekretärin, schön, dass Sie hier sind! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren, die Sie uns auch nach einer solch langen Budgetdiskussion am Abend vor den Abstim­mungen noch folgen! Eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen haben hier ausgeführt, dass dieses Budget zukunftsvergessen ist, und ich bedaure es wirklich, dass ich dieser Aussage leider zustimmen muss. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Widerspruch bei ÖVP und Grünen.)

17 Milliarden Euro Defizit mit Anstieg – und Kollege Hanger von der ÖVP hat es uns ja vorgerechnet: 365 Milliarden Euro gehen rasch auf 400 Milliarden Euro – ohne eine Gegenfinanzierung hier vorzulegen, das kann man ja wohl nicht als zukunftsbedacht bezeichnen!

Dabei hätten Sie viele Möglichkeiten gehabt. Sie erhöhen die Steuern dort, wo diese Steuererhöhung die Inflation antreibt, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem wir für November ein Hoch seit über 70 Jahren, nämlich 11,5 Prozent Teuerung, befürchten müssen, jetzt, im laufenden Monat. Dann erhöhen Sie was? – Die CO2-Steuer, und zwar mit 1. Jänner.

Weil gerade die netten Kollegen vom ÖVP-Wirtschaftsbund hier vor mir sitzen: Gestern – ich kann mich noch daran erinnern – habe ich den Herrn Wirt­schaftsminister um eine Garantie ersucht, dass, wenn ab 1. Jänner die deutsche Wirtschaft ihre Prozesswärme, sprich vor allem das Erdgas, um 7 Cent pro Kilowattstunde bekommt, wir gleichziehen, weil wir unseren Betrieben und den Tausenden Beschäftigten hier nicht zumuten können, in einen dauerhaften Wettbewerbsnachteil zu kommen.

Ich habe verlangt, dass er garantiert, dass wir in solch einem Fall gleichziehen, denn es ist ein Binnenmarkt, eine Währungsunion. Unsere Firmen liefern nach Deutschland, die deutschen Firmen liefern hierher; und wenn wir nicht gleichziehen, verlieren unsere Firmen in kurzer Zeit Marktanteile.


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Und was machen die Kollegen vom ÖVP-Wirtschaftsbund? – Die kommen hierher und halten mir vor, dass ich gegen die Interessen gehandelt hätte. Das ging so weit, dass sie gesagt haben, ja, aber ich habe ja eine Funktion in der Wirtschaftskammer! (Abg. Zarits: Ist eh traurig!)

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Dieselben Abgeordneten, die im Wirtschaftsparlament einen klaren Beschluss haben, dass die CO2-Steuer bei dieser Inflation aufgeschoben werden muss, lehnen unseren Antrag vom Inkraft­treten hier ab! Dieselben Abgeordneten! (Abg. Kickl: Für die ÖVP ist das kein Problem!) Das müssen Sie sich geben, meine Damen und Herren! Und sie halten mir vor, dass das, wenn ich die Wirtschaft schützen will, um Tausende Arbeitsplätze zu erhalten, gegen die Wirtschaft sei! (Ruf bei der ÖVP: Aber die Förderungen müssen wir zurückzahlen!) – Bei den Förderungen!

Gestern hat die Abgeordnete Herr – bleiben wir gleich dabei – Ihnen Herrn Benko und seine Gruppe vorgehalten, weil Sie behauptet haben, da hätte niemand die Dividenden bezahlt bekommen. Schweigsam sind Sie seither darüber.

Das ganze Konstrukt Ihrer Covid-Hilfen ist an sich schon ein bürokratischer Wahnsinn, aber dass es dann passieren kann, dass überfördert wird, liegt an der ganzen Konstruktion.

Ich habe Ihnen in die Augen geschaut, als Sie im März 2020 den § 32 Epide­miegesetz mit dem Verdienstentgang gestrichen haben. Sie haben das nämlich den Unternehmen weggenommen. Sie haben sie zu Bittstellern degradiert. Tausende haben es bis heute nicht bekommen und andere haben die Taschen gefüllt. (Abg. Stocker: ... jetzt die Förderungen weg!) Das war Ihre Politik, Ihre Verantwortung, Ihre Situation!

Nun verlangen Sie aber, dass wir diesem Budget zustimmen, obwohl Sie munter weitermachen, nicht bereit sind, sich zu entschuldigen, nicht bereit sind, einen Kurswechsel zu machen, meine Damen und Herren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1177

Ich bleibe gleich bei der Frage, wie gut dieses Land geführt ist. Es ist ja nicht so, dass, wie die ÖVPler in Vieraugengesprächen sagen, die Grünen schuld wären, weil sie nicht zustimmen.

Ich helfe ja: Die Grünen können sich ja ein Beispiel nehmen bei der grünen Regierungsfraktion in Berlin. Dort ist nämlich der Grüne Robert Habeck Wirtschaftsminister, der bei der CO2-Steuer sehr wohl eingesehen hat, dass jetzt der falsche Zeitpunkt ist. Vielleicht könntet ihr von denen lernen. Er sorgt dafür, dass im Dezember – das ist der Antrag, den Kollegin Rendi-Wagner eingebracht hat – keine Strom- und Gasrechnung zu zahlen ist – Winterhilfe.

In Deutschland machen die Grünen da mit und bei uns? – Wir machen mit, dass ihr nicht endlich „Game over“ sagt zu dieser Politik der ÖVP.

Ändert eure Position! Macht den Weg frei für Neuwahlen! Vielleicht haltet ihr von den Grünen euer Ergebnis. Und ich schwöre Ihnen, meine Damen und Herren: Alles ohne Dominanz der ÖVP wird ein besseres Land werden, und damit auch ein besseres Budget. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Vorsicht, bitte! Ein Roter sollte nicht schwören!)

18.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Litschauer. – Sie haben noch 2 Minuten. Bitte.


18.07.22

Abgeordneter Ing. Martin Litschauer (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache es kurz: Zum Kollegen Kassegger: Ich weiß, Sie wollen keinen Klimaschutz umsetzen, Sie wollen auf China warten. Sie wollen wahrscheinlich auf die Klimaflüchtlinge warten. Das ist die Politik, die Sie verfolgen, aber das ist die Politik, die wir nicht verfolgen – auf den Punkt gebracht. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Zu den Kollegen Lercher und Matznetter: Das iberische Modell ist lange propagiert worden. Was haben wir davon erlebt in Spanien? – Plus 20 Prozent


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Gasverbrauch, klimaschädliche Maßnahmen. Die Spanier finanzieren die Stromexporte nach Frankreich. Das ist auch nicht das Modell, das wir wollen.

Wenn wir jetzt vom Gaspreisdeckel reden: 2008/2009 hatten wir bereits Gaspreise von 85 Euro, Sie fordern jetzt 50 Euro. Damals hatten wir zufällig eine SPÖ-Regierung. Die hat damals von einem Gaspreisdeckel nichts wissen wollen. Schon spannend: Wenn man in Regierungsverantwortung ist, gibt es keinen Gaspreisdeckel, sonst schreit man recht laut danach. (Beifall bei Abgeord­neten von Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Erasim.)

Die Wirkung ist aber natürlich auch spannend, denn genereller Gaspreisdeckel heißt, Sie subventionieren Swimmingpools, Penthousewohnungen, alles, wo Gas verbraucht wird; auch wenn es Luxus ist, ist Ihnen egal, Hauptsache der Gas­preisdeckel ist durch. So werden wir es nicht machen.

Die Deutschen schauen von uns ab. Der Stromkostenzuschuss wird kopiert und den Energiekostenzuschuss für Unternehmen haben wir schon lange umgesetzt. Wir sind nämlich den Deutschen weit voraus. Die schauen nach Österreich, was bei uns passiert, und nicht wir müssen nach Deutschland schauen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ein letzter Tipp: Lesen Sie die „Börsen-Zeitung“! Der Ex-Wirtschaftsweise Volker Wieland hat gesagt, das, was Deutschland hier tut, ist höchstgefährlich, denn das bringt die Teuerung in den nächsten Jahren, weil es die Investitionen im Energiebereich verschleppt. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie Bravoruf des Abg. Haubner. – Abg. Martin Graf: Es ist ein verzweifeltes Klatschen bei der ÖVP!)

18.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.



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18.09.23

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Frau Staats­sekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Zuerst einmal ein ganz kurzes Resümee der letzten drei Tage dieser Budgetdebatte: Es hat damit begonnen, dass die SPÖ-Vorsitzende hier an diesem Pult dem Finanzminister der Bundesregierung vorgeworfen hat, wir würden zu viele Schulden machen.

Das Interessante dabei ist: Bei eigentlich jedem einzelnen Kapitel, das wir hier in den letzten drei Tagen durchdiskutiert haben, stellen sich dann Abgeordnete der SPÖ hier ans Rednerpult und fordern: mehr Geld, mehr Geld, mehr Geld! – Da fragt man sich schon, ob Sie eigentlich eins und eins zusammenzählen können und wie glaubwürdig Ihre Kritik dann eigentlich ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Zu den für die österreichischen Unternehmen in der Coronakrise notwendigen Förderungen durch die Cofag – wir haben es in den letzten drei Tagen schon öfters gehört –: Erstens kann man – vor allem Sie, meine Damen und Herren Zuseher – alle Förderungen ab 10 000 Euro im Transparenzportal einsehen, und das ist Transparenz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zweitens gibt es für diese Förderungen Richtlinien, die für alle Unternehmen gleichermaßen gelten – für alle! –, also hören Sie bitte auf, Frau Kollegin Doppelbauer von den NEOS, da immer von Freunderlwirtschaft zu sprechen! (Abg. Doppelbauer: Ja was denn sonst?) Das steht Ihnen als hoffentlich kon­struktive Oppositionspartei nicht. (Abg. Steger: ... gar nicht!) Es gilt für alle das gleiche Recht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwi­schenruf des Abg. Loacker.)

Was, drittens, wirklich sehr interessant ist: Wissen Sie, wer im Herbst 2020 den viel kritisierten Umsatzersatz, über den wir hier immer wieder diskutieren, gefordert hat? – Es war die SPÖ, es waren die Freiheitlichen und es waren


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Vertreter der NEOS, die das gefordert haben! Das wurde dann umgesetzt – und jetzt ist auf einmal wieder alles falsch und wird kritisiert. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Sie können das gerne nachlesen. Es konnte gar nicht schnell genug gehen. Jetzt aber beobachtet man die berühmte Schaukelstuhlpolitik: Man fordert etwas, das wird umgesetzt und im Nachhinein sagt man, man weiß davon nichts. – Das ist Kindesweglegung, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Wir stehen dazu. Wir haben rasch geholfen und das war wichtig, denn es hat viele Unternehmen in diesem Land gerettet – nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zum Abschluss: Ich finde es, nobel ausgedrückt, mehr als befremdlich – und jetzt schaue ich in Richtung der SPÖ (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) –, dass Sie einen Kollegen, der Unternehmer ist, der in seiner Region wahnsinnig viel investiert hat, der in den letzten Jahrzehnten viele Arbeitsplätze geschaffen hat, von denen viele Familien profitieren, der für Wohlstand in seiner Region sorgt, hier so durch den Kakao ziehen! Es ist beschämend, was Sie hier machen, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es ist ein Tiefpunkt. Es ist wirklich ein Tiefpunkt in dieser parlamentarischen Auseinandersetzung, Einzelne hier herauszugreifen. Es gibt Gott sei Dank zahlreiche Unternehmer, die für Arbeitsplätze sorgen und die genauso wie alle anderen richtig behandelt werden müssen, wenn es darum geht, die Unter­nehmen zu retten und für Arbeitsplätze zu sorgen! (Anhaltender Beifall und Bravo­ruf bei der ÖVP und Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Scherak. – Zwischenrufe der Abgeordneten Matznetter und Stöger. – Ruf bei der ÖVP: Hätten wir einen Betriebs­rat, hätten wir schon eine Klage!)

18.13


18.13.41

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1181

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, darf ich fragen, ob wir das tun können: SPÖ? Grüne? NEOS? FPÖ? – Danke schön.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend Bundesfinanzrahmengesetz 2023 bis 2026 in 1670 und Zu 1670 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kolle­gen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend §§ 1 und 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1182

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist das gleiche Stimmverhalten. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 11: Bundesfinanz­gesetz 2023 samt Anlagen in 1669 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Doppelbauer vor.

Ich werde zunächst über die Anlagen I bis IV und dann über den Text des Bun­desfinanzgesetzes 2023 abstimmen lassen und dabei – entsprechend dieser Systematik – die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile zur Abstimmung bringen.

Die zum Entwurf des Bundesfinanzgesetzes 2023 samt Anlagen eingebrachten Entschließungsanträge werde ich im Anschluss an die dritte Lesung in der Reihenfolge ihrer Einbringung zur Abstimmung bringen.

Wir kommen zunächst zur getrennten Abstimmung über die Untergliede­rungen 01 sowie 03 bis 06 in der Anlage I in der Fassung der Regierungs­­vorlage.

Wer erteilt seine Zustimmung? – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Untergliederungen 10, 17 und 58 und weitere Teile der Anlage I sowie die Anlagen I.a bis I.e und III eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1183

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Anlagen I, I.a bis I.e und III sowie über die Anlagen II und IV in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer ist dafür? – Das ist ebenfalls die Mehrheit, daher angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Text des Bundesfinanz­ge­set­zes 2023.

Die Abgeordneten Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel I und VI eingebracht.

Wer dafür ist, der wird um dementsprechende Zustimmung gebeten. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Textes des Bundesfinanzgesetzes 2023 samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer dafür ist, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Damit ist die zweite Lesung des Bundesfinanzgesetzes 2023 samt Anlagen beendet.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer tut das auch in dritter Lesung? – Das ist ebenfalls das gleiche Stimmver­halten. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zu den Abstimmungen über die zu Tagesordnungspunkt 11 eingebrachten Entschließungsanträge in der Reihenfolge ihrer Ein­bringung.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhalt der Wiener Zeitung als Tageszeitung“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1184

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der ‚Pauschalen Reise­aufwandsentschädigung‘ (PRAE) für gemeinnützige Sportvereine“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sportkonto einführen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket zum Schutz des heimischen Kulturgutes vor Beschädigungen und Zerstörungs­aktio­nen durch Klimaaktivisten“.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen bitten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Koppelung der österreichi­schen Steuergelder für die Entwicklungszusammenarbeit an Rückübernahme­abkommen als Mussbestimmung“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stopp der neutralitätsverletzenden Zahlungen an die Kriegspartei Ukraine“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1185

Wer dafür ist, der wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Achtung der Europäischen Men­schenrechtskonvention (EMRK)“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, daher angenommen. (274/E) (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einbeziehung der Insassen von Justizanstalten in die gesetzliche Krankenversicherung“.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abschluss von Staatsverträgen zur Forcierung der Haftverbüßung der in Österreich verurteilten Ausländer im Heimatland“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen.  – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Amesbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „23 Maßnahmen zur De-Attraktivierung Österreichs als Zielland für illegale Wirtschaftsmigranten und Scheinasylanten für 2023“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ries, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Finanzielle Besserstellung der Exekutive“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1186

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufnahme von Klimaterrorismus und -extremismus in den Verfas­sungsschutzbericht“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zuwanderungsstopp in den österreichischen Sozialstaat jetzt – ‚Unser Geld für unsere Leute‘“.

Wer dafür ist, der wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend „einen Inklusionsfonds und die umfassende sozialversicherungsrechtliche Absicherung für Menschen mit Behinderungen“:

Wer dafür ist, der wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Echte Pensionsanpassung statt sozialpolitischem Falschspielertrick“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entgeltbonus für Pflegeberufe beitrags- und steuerfrei auszahlen“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1187

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „jährliche Erstellung eines Berichts über Entwicklung und Ursachen von Armut und Armutsgefährdung in Österreich“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz betreffend ein VKI-Finanzierungsgesetz 2023“:

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Krankenanstaltenfinanzierung 2023 –150 Mio. Euro zusätzlich jetzt!“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kassasturz und Transparenz bei der Covid-19-Impfstoff­beschaffung – Offenlegung aller Verträge jetzt!“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verdoppelung der Medizinstudienplätze im Kampf gegen den Ärztemangel“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „flächendeckender Ausbaus der Primärversorgung in Österreich“:

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1188

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Stöger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmenpaket gegen die Armutsgefährdung von arbeitslosen Menschen und deren Familien“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitslosenversicherungssystem und AMS-Schulungen dürfen nicht zum Ausländer-Arbeitsamt verkommen – Stopp der weiteren unqualifizierten Zuwanderung in den österreichischen Arbeitsmarkt und den Sozialstaat“:

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „keine Mehrbelastungen für Zwangsmitglieder der Wirt­schafts­kammern Österreich durch infolge der Teuerung steigende Kammerbei­träge“:

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „touristische Vermietung – Tohuwabohu beenden / nachvollziehbare, praktikable einfache Strukturen schaffen“:

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „verbindliche Reduzierung chemisch – synthetischer Pestizide und Forschungsstrategien für schonende Alternativen“:

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1189

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenlawine Stoppen – Entlastungspaket für die Landwirtschaft“.

Wer dafür ist, der wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Brückl, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Budget für Fördermaßnahmen statt für teure Covid-Tests“:

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Uni-Budget erhöhen“:

Wer dafür ist, der wird um ein Zeichen der Zustimmung gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ausreichende Finanzierung der Fachhochschulen“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Finanzielle Verbesserungen für Familien“:

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Überarbeitung der ‚Österreichischen Sicherheits­strategie‘“:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1190

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Transformation der Industrie braucht Vorgaben und Strategie“:

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Deimek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Deutliche Aufstockung des Beitrags Österreichs für die European Space Agency (ESA)“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aussetzung der Mautpflicht in Form der Vignette für Österreicher“.

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „umgehendes Aussetzen des ‚Merit-Order-Prinzips‘ zur Strom­preisfestsetzung“:

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kucher, Angerer, Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der Kärntner Güterver­kehrstrasse“:

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1191

Entschließungsantrag der Abgeordneten Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gesetzeskonforme Grundversorgungstarife bei Energielieferanten in Österreich“:

Wer ist dafür? – Das ist ebenfalls die Minderheit.

Entschließungsantrag der Abgeordneten Doppelbauer, Obernosterer, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Berichterstattung über Umsetzungsstand Aufbau- und Transparenzplan“:

Das ist einstimmig. (275/E)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Erhöhung der Mittel für Entwick­lungs­zusammenarbeit und Auslandskatastrophenfonds“.

Wer dafür ist, der wird um ein dementsprechendes Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entlastungspaket für Rettungs- und Sozialorgani­sa­tionen“:

Wer ist dafür? – Das ist die Minderheit.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Unkompliziert Entlasten: Einführung eines Verlustrücktrags“:

Wer dafür ist, der wird um ein Zeichen gebeten. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich darf mich für die außergewöhnliche Disziplin bei der Abstimmung herzlich bedanken.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll183. Sitzung, 183. Sitzung des Nationalrats vom 15., 16. und 17. November 2022 / Seite 1192

18.27.58Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2909/A(E) bis 2966/A eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 18.28 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Die Sitzung ist geschlossen.

18.28.25Schluss der Sitzung: 18.28 Uhr

 

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