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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

69. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Donnerstag, 10., und Freitag, 11. Dezember 2020

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

69. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Donnerstag, 10., und Freitag, 11. Dezember 2020

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 10. Dezember 2020: 9.05 – 24.00 Uhr

Freitag, 11. Dezember 2020: 0.00 – 1.01 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz ge­troffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 895/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden

5. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden

7. Punkt: Bericht über den Antrag 968/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförde­rungs­gesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert wer­den

8. Punkt: Bericht über den Antrag 969/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleit­gesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden


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9. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das COVID-19-Begleitgesetz Vergabe geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 498/A der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober

11. Punkt: Bericht über den Antrag 260/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Darstellung und parlamentarische Begleitung der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele in Österreich

12. Punkt: Siebenter Zusatzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Rege­lung vermögensrechtlicher Beziehungen vom 23. Juni 1960

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die alt­katholische Kirche und das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechts­ver­hältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (Versicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Bankwesengesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz geändert werden

16. Punkt: Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds

17. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und ‑umgehung samt Protokoll

18. Punkt: Bericht über den Antrag 1109/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­ge­setz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgaben­ord­nung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuerver­gütungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz und das Kommunalsteuer­ge­setz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG)

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-FondsG, das Härtefallfondsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das 22. COVID-19-Gesetz und das ABBAG-Gesetz geändert werden (COVID-19-Transparenzgesetz)

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1112/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1111/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,


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mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden

22. Punkt: Bericht über den Antrag 1110/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden

23. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz, das Passgesetz 1992, das Führerscheingesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1126/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Eli­sabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­minis­terin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG) geändert werden

25. Punkt: Bericht über den Antrag 1113/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Eli­sabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, das Ziviltechnikergesetz 2019 und das Bilanz­buchhaltungsgesetz 2014 geändert werden

26. Punkt: Bericht über den Antrag 1123/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 und das KWK­Gesetz geändert werden

28. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisations­gesetz 2010 geändert wird

29. Punkt: Fortschrittsbericht 2020 nach § 6 Klimaschutzgesetz

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG-No­velle 2020) geändert wird

31. Punkt: Änderungen des Protokolls von 1998 zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend persistente organi­sche Schadstoffe

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996, das Bundeskrimi­nalamt-Gesetz, das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009 und das Biozidprodukte­gesetz geändert werden

33. Punkt: Bericht über den Antrag 1031/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Lebensmittelverschwendung verhindern

34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und das Unfallunter­suchungsgesetz geändert werden

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird

36. Punkt: Bericht über den Antrag 636/A(E) der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine rasche Umsetzung der ÖBB­Elektrifizierung im ÖBB-Rahmenplan 2020-2025


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37. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird

38. Punkt: Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 34

Ordnungsrufe ......................................................................................................  155, 338

Geschäftsbehandlung

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA betreffend Entfernung eines Transparents ......................................................................................................................................... 44

Antrag der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 1018/A(E) der Abgeord­neten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ermöglichung der Aufnahme von schutzbedürftigen Kindern durch Länder, Städte, Gemeinden und Zivilgesellschaft“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 14. Dezember 2020 zu setzen – Ablehnung .............................................................................................................  85, 348

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG      ............................................................................................................................... 86

Wortmeldungen betreffend die Erteilung eines Ordnungsrufes:

Mag. Hannes Amesbauer, BA ............................................................................... ... 157

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 159

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ... 160

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. ... 160

Antrag des Abgeordneten Kai Jan Krainer, die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Bankwesengesetz, die Bundesabgaben­­ord­nung, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichts­ge­setz 2018 und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes 487 d.B., gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG an den Finanzausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................  235, 235

Antrag des Abgeordneten Kai Jan Krainer, den Bericht 492 d.B. des Finanzausschusses über den Antrag 1109/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­des­ge­setz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuer­gesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bun­desabgaben­ordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungs­ge­setz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuer­maßnahmen­gesetz – COVID-19-StMG), gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG an den Finanzausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ..............................................  235, 235

Antrag des Abgeordneten Kai Jan Krainer, den Bericht 493 d.B. des Finanz­ausschusses über den Antrag 1111/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger,


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Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchs­abgabe­gesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden, gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG an den Finanzausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ..................  235, 235

Antrag des Abgeordneten Kai Jan Krainer, den Bericht 494 d.B. des Finanz­aus­schusses über den Antrag 1110/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG an den Finanz­ausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ............................................................................  235, 236

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................. 240

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 240

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Doris Bures ............................................................................................ 349

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................ 352

Aktuelle Stunde (14.)

Thema: „Warum riskieren Sie eine Generation ,Corona‘, Herr Bundes­kanzler?“              ............................................................................................................................... 34

RednerInnen:

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ......................................................................... ..... 34

Vizekanzler Mag. Werner Kogler ........................................................................... ..... 37

Claudia Plakolm ............................................................................................................ 42

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .................................................................................. 44

Hermann Brückl, MA .................................................................................................... 46

Barbara Neßler .............................................................................................................. 47

Mag. Gerald Loacker .................................................................................................... 49

Nico Marchetti ............................................................................................................... 50

Eva Maria Holzleitner, BSc .......................................................................................... 52

Dr. Susanne Fürst ........................................................................................................ 54

Lukas Hammer ........................................................................................................ ..... 56

Yannick Shetty ........................................................................................................ ..... 57

Aktuelle Stunde – Aktuelle Europastunde (15.)

Thema: „Europaweiter Einsatz gegen Gewalt an Frauen“ ...................................... 59

RednerInnen:

Mag. Meri Disoski ......................................................................................................... 60

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M..................................................................... 62

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ...................................................................... 65

Petra Bayr, MA MLS ..................................................................................................... 66

MEP Mag. Roman Haider ............................................................................................. 67

MEP Dr. Monika Vana .................................................................................................. 69

Henrike Brandstötter .............................................................................................. ..... 70

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ..... 71

Sabine Schatz .......................................................................................................... ..... 73

Rosa Ecker, MBA .................................................................................................... ..... 74

Mag. Faika El-Nagashi ............................................................................................ ..... 75

MEP Claudia Gamon, MSc (WU) ................................................................................. 77

MEP Dr. Angelika Winzig ....................................................................................... ..... 78

MEP Mag. Evelyn Regner ....................................................................................... ..... 79


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Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ..... 80

Michel Reimon, MBA .............................................................................................. ..... 82

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................ ..... 83

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 34

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 84

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (481 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG) (516 d.B.) .......................................................................................... 86

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (463 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlas­sen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (509 d.B.) ................................................................................................. 86

RednerInnen:

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ ..... 86

Sigrid Maurer, BA ................................................................................................... ..... 89

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ..... 91

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ..... 94

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ..... 95

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... ..... 98

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ............................................................. ... 100

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 102

Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................. ... 105

Dr. Harald Troch ...................................................................................................... ... 107

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ........................................................ ... 108

Alexander Melchior ................................................................................................. ... 111

Mag. Thomas Drozda .............................................................................................. ... 112

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ... 113

Mag. Peter Weidinger ............................................................................................. ... 114

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................ ... 115

Mag. Johanna Jachs ............................................................................................... ... 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Begleitmaßnahmen zur tatsächlichen Wirksamkeit der Rechts­mittel bezüglich ‚Hass im Netz‘ für Kinder und Jugendliche“ – Ablehnung .............................................................................  88, 137

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 516 und 509 d.B. ........................................ 136

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (478 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geändert werden (517 d.B.) ...................................................................................................................... 119

RednerInnen:

Mag. Christian Drobits ........................................................................................... ... 119

Mag. Ulrike Fischer ................................................................................................. ... 121

Ing. Mag. Volker Reifenberger ............................................................................... ... 122

Dr. Christian Stocker .............................................................................................. ... 125


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Annahme des Gesetzentwurfes in 517 d.B. ................................................................ 138

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 895/A der Abge­ordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwalts­anwär­ter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden (587 d.B.) ......................................................................................................... 126

5. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden (588 d.B.) ......................................................................................... 126

RednerInnen:

Mag. Philipp Schrangl ............................................................................................ ... 126

Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................. ... 127

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 129

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ... 132

Mag. Felix Eypeltauer ............................................................................................. ... 134

Bundesministerin Dr. Alma Zadić, LL.M. ............................................................. ... 135

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 587 und 588 d.B. ........................................ 139

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (462 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (510 d.B.) ................................. 140

7. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 968/A der Ab­geordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförde­rungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (511 d.B.) ......................................................................................................... 141

8. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 969/A der Abge­ordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das Verwaltungs­gerichts­hofgesetz 1985 geändert werden (512 d.B.) 141

9. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das COVID-19-Begleitgesetz Ver­gabe geändert wird (513 d.B.) ....................................................................................................................................... 141

10. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 498/A der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober (514 d.B.) ....................................................................................................................................... 141

RednerInnen:

Michael Schnedlitz .................................................................................................. ... 141

Alexander Melchior ................................................................................................. ... 143

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ... 144

Mag. Christian Drobits ........................................................................................... ... 146

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ ... 146


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Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ........................................................ ... 148

Henrike Brandstötter .............................................................................................. ... 149

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. ... 152

Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................. ... 153

Johann Singer ......................................................................................................... ... 154

Mag. Georg Bürstmayr ........................................................................................... ... 155

Entschließungsantrag der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „drastische Reduzierung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenverträge Mediaagenturleistungen Bund und Kreativ­agenturleistungen Bund“ – Ablehnung  151, 167

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 510, 511, 512 und 513 d.B. ............................. 167

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 514 d.B. ..................................................... 168

11. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 260/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Darstellung und parlamentarische Begleitung der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele in Österreich (515 d.B.) ............ 156

RednerInnen:

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA ............................................................................. 156

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................... 158

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ........................................................ ... 161

Dr. Astrid Rössler ................................................................................................... ... 162

MMMag. Gertraud Salzmann ................................................................................. ... 163

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 515 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 260/A(E)         ............................................................................................................................. 168

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 515 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Verstärkte Einbindung des Parlaments bei der Umsetzung der SDGs“ (118/E) ....... 168

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (404 d.B.): Siebenter Zusatzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung vermögensrechtlicher Beziehungen vom 23. Juni 1960 (507 d.B.) ............................................................................................... 164

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (405 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsver­hältnisse der Evangelischen Kirche, das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche und das Gesetz betreffend die Regelung der äuße­ren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert werden (508 d.B.) ...................................................................................................................... 164

RednerInnen:

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ... 164

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 165

Bundesministerin MMag. Dr. Susanne Raab ....................................................... ... 165

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ ... 166

Genehmigung des Staatsvertrages in 507 d.B. ........................................................... 168

Annahme des Gesetzentwurfes in 508 d.B. ................................................................ 169


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 9

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (249 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (Versicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020) (486 d.B.) ...................................................................................................................... 169

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (474 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Bankwesengesetz, die Bundesabgabenor­dnung, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichts­ge­setz 2018 und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz geändert werden (487 d.B.) ...................................................................................................................... 169

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (465 d.B.): Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds (489 d.B.)      169

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (355 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll (490 d.B.) .................................... 169

RednerInnen:

MMag. DDr. Hubert Fuchs ......................................................................................... 170

Franz Leonhard Eßl .................................................................................................... 170

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ... 171

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ ... 172

Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................. ... 175

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA ......................................................... ... 175

Angela Baumgartner .............................................................................................. ... 176

Karlheinz Kopf ......................................................................................................... ... 177

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 178

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 486 und 489 d.B. ........................................ 236

keine Beschlussfassung des Gesetzentwurfes in 487 d.B. im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 GOG   ............................................................................................................................. 236

Genehmigung des Staatsvertrages in 490 d.B. ........................................................... 237

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1109/A der Abge­ordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebühren­ge­setz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteu­ergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förderungs­prüfungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG) (492 d.B.) .......................................................................................................... 179

19. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (468 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-FondsG, das Härtefallfondsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das 22. COVID-19-Gesetz und das ABBAG-Gesetz geändert werden (COVID-19-Transparenzgesetz) (488 d.B.) ...................................................................................................................... 179


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 10

20. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1112/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden (491 d.B.)         179

21. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1111/A der Abge­ordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuer­ge­setz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden (493 d.B.) ............................................... 179

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1110/A der Abge­ordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden (494 d.B.) .......................................................................................... 179

RednerInnen:

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 180

Karlheinz Kopf ......................................................................................................... ... 184

MMag. DDr. Hubert Fuchs ...................................................................................... ... 194

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................. ... 197

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ... 199

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA ......................................................... ... 201

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 202

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................ ... 203

Mag. Meri Disoski ................................................................................................... ... 208

Christian Hafenecker, MA ................................................................................  208, 227

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 211

Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................. ... 213

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 214

Dr. Elisabeth Götze ................................................................................................. ... 216

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ... 217

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck .................................................... ... 218

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ... 220

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................ ... 221

Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 226

Gabriel Obernosterer ........................................................................................  226, 229

Josef Schellhorn (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 233

Andreas Kollross .................................................................................................... ... 233

Erwin Angerer ......................................................................................................... ... 234

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“ – Ablehnung ...........................................................................................................  182, 238

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Manfred Hofinger, Mag. Dr. Ja­kob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Gemein­definanzen in der Krise“ – Annahme (119/E) ..............................................................................................................................  213, 238

Entschließungsantrag der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reparaturen begünstigen nicht nur bei Schuhen und Klei­dung“ – Ablehnung .  225, 239

Annahme der fünf Gesetzentwürfe in 492, 488, 491, 493 und 494 d.B. (nament­liche Abstimmung)         ............................................................................................................................. 237

Verzeichnis des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung .................................... 241


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 11

23. Punkt: Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (469 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das E-Govern­ment-Gesetz, das Passgesetz 1992, das Führerscheingesetz und das Kraftfahr­gesetz 1967 geändert werden (495 d.B.) ............................................................................................................................. 243

RednerInnen:

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ............................................................................ ... 243

Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA ...................................................................... ... 244

Mag. Dr. Petra Oberrauner ..................................................................................... ... 246

Christian Hafenecker, MA ...................................................................................... ... 246

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ... 247

Hermann Weratschnig, MBA MSc ......................................................................... ... 248

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... ... 250

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck .................................................... ... 251

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ ... 252

Entschließungsantrag der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Alois Stöger, diplômé, Christian Hafenecker, MA, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung des Gesetzesvorschlages in 979/A (Änderung des Führerscheingesetzes) im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens“ – Annahme (120/E)            249, 253

Annahme des Gesetzentwurfes in 495 d.B. ................................................................ 253

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1126/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG) geändert werden (591 d.B.) ......................................................................................................... 253

25. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1113/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschafts­treuhand­berufsgesetz 2017, das Ziviltechnikergesetz 2019 und das Bilanzbuchhaltungs­gesetz 2014 geändert werden (592 d.B.) .............................. 254

RednerInnen:

Erwin Angerer ......................................................................................................... ... 254

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 258

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................ ... 259

Dr. Elisabeth Götze ................................................................................................. ... 261

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 262

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck .................................................... ... 263

Andreas Ottenschläger ....................................................................................  265, 268

Maximilian Lercher ................................................................................................. ... 265

Laurenz Pöttinger ................................................................................................... ... 266

Mag. Jörg Leichtfried (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 267

Mag. Dr. Petra Oberrauner ........................................................................................ 267

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Sicherstellung des Betriebs von Dorfläden zur Rettung der Nahversorgung durch Änderung der Gewerbeordnung“ – Ablehnung ..........................................................................  256, 289


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 12

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Wahrung der Unabhängigkeit der Ziviltechni­kerIn­nen“ – Ablehnung  260, 290

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 591 und 592 d.B. ........................................ 289

Gemeinsame Beratung über

26. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1123/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002 geändert wird (593 d.B.)          269

27. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (476 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 und das KWK­Gesetz geändert werden (594 d.B.) ...................................................................................................................... 269

28. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage (471 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ­organisationsgesetz 2010 geändert wird (595 d.B.) .............................................................................................................. 269

RednerInnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 269

Tanja Graf ................................................................................................................ ... 272

Alois Schroll ............................................................................................................ ... 273

Lukas Hammer ........................................................................................................ ... 276

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ......................................................... ... 286

Christoph Stark ....................................................................................................... ... 287

Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA .......................................................................... ... 288

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 593, 594 und 595 d.B. ..................................... 290

Gemeinsame Beratung über

29. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Fortschrittsbericht 2020 nach § 6 Klimaschutzgesetz, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-206/502 d.B.) ............................................................ 292

30. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (472 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG-Novelle 2020) geändert wird (505 d.B.)          292

RednerInnen:

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 292

Lukas Hammer ........................................................................................................ ... 293

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................ ... 294

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 295

Julia Elisabeth Herr (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 297

Michael Bernhard ....................................................................................................... 297

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ....................................................  299, 302

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 300

Joachim Schnabel .................................................................................................. ... 300

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 303

Kenntnisnahme des Berichtes III-206 d.B. .................................................................. 311

Annahme des Gesetzentwurfes in 505 d.B. ................................................................ 312

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 13

31. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (406 d.B.): Änderungen des Protokolls von 1998 zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend persistente organische Schadstoffe (503 d.B.) ..... ... 304

Berichterstatterin Dr. Astrid Rössler .......................................................................... 305

32. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (467 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996, das Bundeskriminalamt-Gesetz, das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009 und das Biozidproduktegesetz geändert werden (504 d.B.) .................. 304

RednerInnen:

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 305

Dr. Astrid Rössler ................................................................................................... ... 306

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ... 307

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 308

Michael Bernhard .................................................................................................... ... 309

Robert Laimer .......................................................................................................... ... 310

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ... 311

Genehmigung des Staatsvertrages in 503 d.B. ........................................................... 312

Beschlussfassung im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG hinsichtlich 503 d.B. ......... 312

Annahme des Gesetzentwurfes in 504 d.B. ................................................................ 312

33. Punkt: Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den An­trag 1031/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Lebensmittelverschwendung verhindern (501 d.B.) ................................................................................................... 312

RednerInnen:

Petra Wimmer .......................................................................................................... ... 312

Mag. Ulrike Fischer ................................................................................................. ... 313

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 314

Mag. Peter Weidinger ............................................................................................. ... 316

Peter Schmiedlechner ............................................................................................ ... 317

Mag. Felix Eypeltauer ............................................................................................. ... 318

Dr. Astrid Rössler ................................................................................................... ... 319

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................ ... 320

Clemens Stammler ................................................................................................. ... 321

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................ ... 321

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 501 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 1031/A(E)      ............................................................................................................................. 322

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 501 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Aktives Vorgehen gegen Lebensmittelverschwendung“ (121/E) ............................ 322

Gemeinsame Beratung über

34. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (470 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und das Unfalluntersuchungs­gesetz geändert werden (547 d.B.)          ............................................................................................................................. 322

35. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (477 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird (549 d.B.) ............................................ 322


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 14

36. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 636/A(E) der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine rasche Umsetzung der ÖBB­Elektrifizierung im ÖBB-Rahmenplan 2020-2025 (551 d.B.) .............................................................. 323

RednerInnen:

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ... 323

Hermann Weratschnig, MBA MSc ......................................................................... ... 323

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 327

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek ..................................................................................... ... 327

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ......................................................... ... 329

Klaus Köchl ............................................................................................................. ... 330

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................. ... 330

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................ ... 331

Johann Singer ......................................................................................................... ... 332

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 333

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 547 und 549 d.B. ........................................ 347

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 551 d.B. ..................................................... 348

Gemeinsame Beratung über

37. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (473 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (548 d.B.) ..................... 334

38. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (464 d.B.): Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960 (550 d.B.) ................................................................... 334

RednerInnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................ ... 334

Hermann Weratschnig, MBA MSc ......................................................................... ... 335

Christian Hafenecker, MA ...................................................................................... ... 336

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ... 338

Alois Schroll ............................................................................................................ ... 340

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................ ... 340

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................ ... 342

Joachim Schnabel .................................................................................................. ... 343

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) ........................................... ... 344

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... ... 344

Bundesministerin Leonore Gewessler, BA ......................................................... ... 345

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................ ... 346

Mag. Ulrike Fischer ................................................................................................. ... 347

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 548 und 550 d.B. ........................................ 348

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 85

569: Bundesgesetz, mit dem das Depotgesetz geändert wird

605: Österreichisch-Jüdisches Kulturerbegesetz – ÖJKG

Berichte ......................................................................................................................... 85


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 15

Vorlage 43 BA: Bericht gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2020; BM f. Finanzen

Vorlage 44 BA: Monatserfolg Oktober 2020 sowie COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfondsgesetz; BM f. Finanzen

Vorlage 45 BA: Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds für November 2020; BM für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-203: Bericht betreffend Österreich Institut G.m.b.H.; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2020/44; Rechnungshof

III-204: Bericht betreffend Zivile Flugsicherung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2020/45; Rechnungshof

III-211: Bericht betreffend Förderungen in der Siedlungswasserwirtschaft – Reihe BUND 2020/46; Rechnungshof

Anträge der Abgeordneten

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Aktionsplan für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen (1130/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mehr individuelle Freiheit beim Kinderbetreuungsgeld (1131/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Konversionstherapien stoppen“ – einstimmige Entschließung von 2019 endlich umsetzen! (1132/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp den frei­willigen Zusatzmodulen des AMA-Gütesiegels (1133/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1134/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1135/A)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Visa für in Belarus verfolgte Demokratieaktivist_innen (1136/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung einer Daten­strategie für Krisenzeiten (1137/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend drastische Reduzierung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenverträge „Mediaagenturleistungen Bund“ und „Kreativagenturleistungen Bund“ (1138/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Angleichung der Fristen zur Geltendmachung von Belästigungen in der Arbeitswelt auf drei Jahre (1139/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ermöglichung eines wirk­samen Monitorings durch die GAW (1140/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Österreichs Beitrag zur Welthungerhilfe (1141/A)(E)


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Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Start-Up Finan­zierung durch Wachstumsfonds (1142/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung des AMS-Algorithmus (1143/A)(E)

Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfluss österreichischer EZA in Fokusländern in Krisen (1144/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einberufung des Sani­tätsrats (1145/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundesweit koordinierte Ener­gieraumplanung gemäß Regierungsprogramm endlich umsetzen (1146/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesamtstrategie für den notwendigen Netzausbau schaffen (1147/A)(E)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ständige Einsatzbereitschaft am Hubschrauberstützpunkt Klagenfurt (1148/A)(E)

MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ablehnung der EU-Verordnung zur Bewältigung von Krisensituationen und Situationen höherer Gewalt im Bereich Migration und Asyl (1149/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung und Adaptierung der abschlagsfreien Pensionen mit 540 Beitragsmonaten für alle Berufs­gruppen (1150/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsatzersatz für alle Zuliefer­betriebe und indirekt vom zweiten Lockdown betroffene Unternehmen (1151/A)(E)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konsequenzen aus dem Datenschutz-Skandal des AMS (1152/A)(E)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutsch­för­derung auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse (1153/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Digitale Souveränität (1154/A)(E)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahrung der Unab­hängigkeit der ZiviltechnikerInnen (1155/A)(E)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ablehnung der EU-Verordnung zur Bewältigung von Krisensituationen und Situationen höherer Gewalt im Bereich Migration und Asyl (1156/A)(E)

Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Erwachsenen­lehre für ArbeitnehmerInnen im Tourismus (1157/A)(E)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Vergleichbarkeit von Endgelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbraucherzahlungskonten und den Zugang zu Verbraucher­zah­lungs­konten mit grundlegenden Funktionen (VZKG) geändert wird (1158/A)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abstimmung des NAP Rechts­extremismus und des NAP Antisemitismus (1159/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 17

Anfragen der Abgeordneten

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Regulation gegen sichere Verschlüsselung auf EU-Ebene (4312/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Regulation gegen sichere Ver­schlüsselung auf EU-Ebene (4313/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Regulation gegen sichere Verschlüsselung auf EU-Ebene (4314/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend ASFINAG Ersatzmaut (4315/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Beraterverträge“ (4316/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Kosten für CoV-19-Testungen (4317/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Auftragsvergabe seitens der AUVA an die WWAC BeteiligungsgmbH (4318/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Dienstfreistellungen (4319/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Leistungsschau in Zeiten von Corona (4320/J)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Corona-Maßnahmen im Asylbereich (4321/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Von der „Adler-Runde“ zur „Geier-Runde“ (4322/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Von der „Adler-Runde“ zur „Geier-Runde“ (4323/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Albtraum säumige Bauträger“ (4324/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pensionsversicherungszeiten-Ankauf durch Sozialämter (4325/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Albtraum säumige Bauträger“ (4326/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wer haftet bei Einbruch in SB Safe­anlagen? (4327/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Umset­zung der CVD (Clean Vehicles Directive) (4328/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 18

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend COVID-19-Massentests an Schulen (4329/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend der Radikalisierung von Kindern und Jugend­lichen an muslimischen Schulen (4330/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend der Radikalisierung von Kindern und Jugendlichen an musli­mischen Schulen (4331/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend COVID-19-Massentests an Schulen (4332/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Anzeigepflicht für Mediendiensteanbieter (4333/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Evaluierung des „Nationalen Aktionsplans Behinderung 2012-2020“ (4334/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Objektschutz des Stadttempels in der Seitenstettengasse (4335/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Mitwirkung des Oscar-Preisträgers Stefan Ruzowitzky an den Feierlichkeiten des virtuellen Nationalfeiertags 2020 (4336/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Dubiose Streamingsdienste (4337/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend betrügerische Krypto-Plattformen-Folgeanfrage zu 3070/AB (XXVII. GP) (4338/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Waffengewalt an Schule in Oberösterreich (4339/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Facharztausbildung für Kiefer­orthopädie in Österreich (4340/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Folgeanfrage zur Anfrage 3264/J – Netzwerk Kulinarik – Chronologie eines Versagens (4341/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend land- und forstwirtschaftliche Flächen in den Nachbarstaaten (4342/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Gewalt an Schulen (4343/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend mangelnde Kontrolle von Moscheen (4344/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Parkplätze Salzburger Vorstadt/Braunau (4345/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 19

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage zur Anfrage Nr. 3366/J hinsichtlich der sexuellen, psychischen und physischen Gewalt gegenüber Senioren (4346/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Fristen für das auslaufende Diplomstudium Lehramt (4347/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Konsumentenschutz im schwarz-grünen Regierungsprogramm 2020-2024 – Folgeanfrage zu 691/AB (XXVII. GP) (4348/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend der Nachsicht bei Mutter-Kind-Pass Untersuchungen hinsichtlich des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld (4349/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend der Grundversorgung mit öffentlichem Verkehr vs. Stilllegen von Bahnhöfen (4350/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die Misswirtschaft im BMLV und die Menge an alimentierten Arbeitslosen im Österreichischen Bundesheer (4351/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Personelle Ausstattung des Kabinetts (4352/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gewalt an Schulen (4353/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend war Wien-Attentäter sicher kein Informant? (4354/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verleih von Beatmungsgeräten ins Ausland (4355/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Portugiesisches Berufungsgericht hält PCR-Tests für unzuverlässig und hebt Quarantäne auf (4356/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Kündigung der Standortsicherung durch die MAN Truck & Bus Austria in Steyr (4357/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend land- und forstwirtschaftliche Flächen in den Nachbarstaaten (4358/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend land- und forstwirtschaftliche Flächen in den Nachbarstaaten (4359/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Arzneimittelrückstände im Trinkwasser (4360/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend Zwangsheirat in Österreich (4361/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 20

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­verteidigung betreffend Kosten des virtuellen Nationalfeiertags 2020 (4362/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Verbraucherbildung und Informations­maßnahmen für Konsumenten im Bereich der Finanzdienstleistungen (4363/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Anzeigen wegen Zwangsheirat – Folgeanfrage (4364/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Projekt „Zielland Österreich“ (4365/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Massenflucht auf die Kanaren (4366/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Linksextremismus in Österreich (4367/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Messerdrohung in der Westbahn (4368/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Schein-Exekution in Traun (OÖ) (4369/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend sachlicher Einsatzbereich österreichischer Polizeibeamter im Grenzraum zwischen Serbien und Nordmazedonien (4370/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend der Nachsicht bei Mutter-Kind-Pass Untersuchungen hinsichtlich des Bezu­ges von Kinderbetreuungsgeld (4371/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Abschaffung der Hacklerregelung durch Unsozialminister Rudolf Anschober (4372/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der Nachsicht bei Mutter-Kind-Pass Untersuchungen hinsichtlich des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld (4373/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Sonntagsöffnung des Handels nach dem Covid-19-Lockdown? (4374/J)

David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend War Jan Marsalek eine Vertrauensperson bzw. Konfident des BVT’s? (4375/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und Integration betreffend der Budgetierung und Förderung von Projekten für Frauen (4376/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Intensivressourcen der Kran­kenhäuser (4377/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Gudenus-Chats und Ermittlungsverfahren in der BVT-Causa (4378/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 21

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beitragsforderungen der Sozial­versicherungsträger (Folgeanfrage 11/2020) (4379/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialversicherung: Offenle­gung der Gebarungsvorschaurechnungen (Folgeanfrage 11/2020) (4380/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Magna und Finanzministerium (4381/J)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Umsetzung des Pakts für mehr Tierwohl (4382/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Corona-Freiheitspass“ für Österreich (4383/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend christenfeindliche Attacken in Wien (4384/J)

Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Terroranschlag in Wien am 2. November 2020 (4385/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Terror in Wien: Informationsbeschaffung nach § 8 Abs 2 PStSG (4386/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Verwen­dung von Mauteinnahmen aus externen Kosten (4387/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen wegen Falschaussagen vor dem „Ibiza“-Untersuchungs­aus­schuss (4388/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend Gewichtung akademischer Titel im Bewer­bungsverfahren des Bundes (4389/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Rechnungshofes betreffend Fragen zur Pflichtrücklage der Wirtschaftskammern (4390/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Intransparente Beschaffung von SARS-CoV-2-Antigen-Tests (4391/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend österreichweite, flächendeckende Implementierung der „Frühen Hilfen“ (4392/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Lärm­belastung bei ÖBB-Verschubarbeiten in Graz-Gösting (4393/J)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend EU-Mercosur-Abkommen (4394/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 22

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend EU-Mercosur-Abkommen (4395/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digi­ta­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Folgeanfrage: Regierung und Rotes Kreuz: Maskenbeschaffungsprobleme (4396/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage: Regierung und Rotes Kreuz: Maskenbeschaffungsprobleme (4397/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Intransparente Beschaffung von SARS-CoV-2-Antigen-Tests (4398/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Zusammensetzung der Untersuchungskommission zum Terroranschlag von Wien (4399/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zusammensetzung der Untersuchungskommission zum Terroranschlag von Wien (4400/J)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ausbau von Finanzschulungen (4401/J)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Lüftung und Luftreinigung in Schulklas­sen (4402/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Krisenbeitrag der AUA-Luxuspensionisten – Gewessler und Blümel untätig (4403/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Massentestungen für PädagogInnen und weitere Sicherheitsmaßnahmen an Bildungseinrichtungen (4404/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Grippeimpfungen für PädagogInnen (4405/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend wie sieht der Plan für die Öffnung der Schulen aus? (4406/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsatzsteuersenkung auf 5% und Umsatzersatz für die Kulturbranche (4407/J)

Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Neubestellung des Public-Value-Beirats (4408/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­ver­teidigung betreffend der Maßnahmen zur Blackout-Vorsorge in Österreich (4409/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend der Maßnahmen zur Blackout-Vorsorge in Österreich (4410/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 23

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend der Maßnahmen zur Blackout-Vorsorge in Österreich (4411/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend der Maßnahmen zur Blackout-Vorsorge in Öster­reich (4412/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend der Maßnahmen zur Blackout-Vorsorge in Österreich (4413/J)

Robert Laimer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend der Maßnahmen zur Blackout-Vorsorge in Österreich (4414/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Datenpanne bei Corona-Mas­sentests (4415/J)

Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend die Nutzung der Stiftskaserne als ORF-Ausweichstudio (4416/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Die Massentests und das Bundesheer (4417/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Bereitschaft für Corona Massentest Assistenz (4418/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Mehrkosten der Luftraumüberwachung durch den Wegfall der Saab 105 (4419/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend betreffend Dauer der Kurzarbeit (4420/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Supervision für Polizei-Beamt_innen während des und nach dem Anschlag in Wien (4421/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Krisenbeitrag der AUA-Luxuspensionisten – Gewessler und Blümel untätig (4422/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Umsatzersatz (4423/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Fragen zum Umsatzersatz (4424/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einflussnahme auf Aktenlieferungen an den Untersuchungsausschuss (4425/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Wahrnehmung der Fürsorgepflicht gegenüber der Wirtschafts- und Korrup­tionsstaatsanwaltschaft (4426/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 24

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Immobilienverwertung und Projekt Pentagon (4427/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Einflussnahme auf Ermittlungen der WKStA (4428/J)

*****

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Natio­nalrates betreffend geheimer Medientermin des Nationalratspräsidenten während der Sondersitzung infolge des islamistischen Terroranschlags am 05. November 2020 (22/JPR)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Umstrittene Gebetsfeier im Parlament (23/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3575/AB zu 3577/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3576/AB zu 3579/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3577/AB zu 3576/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3578/AB zu 3573/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3579/AB zu 3575/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3580/AB zu 3580/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3581/AB zu 3574/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3582/AB zu 3612/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3583/AB zu 3578/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kolle­gen (3584/AB zu 3581/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3585/AB zu 3583/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3586/AB zu 3617/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 25

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3587/AB zu 3584/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3588/AB zu 3585/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3589/AB zu 3586/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3590/AB zu 3588/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3591/AB zu 3599/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (3592/AB zu 3595/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3593/AB zu 3587/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3594/AB zu 3593/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3595/AB zu 3591/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3596/AB zu 3590/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3597/AB zu 3582/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3598/AB zu 3596/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3599/AB zu 3594/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen (3600/AB zu 3603/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3601/AB zu 3598/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3602/AB zu 3592/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3603/AB zu 3589/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (3604/AB zu 3868/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 26

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3605/AB zu 3597/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3606/AB zu 3606/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (3607/AB zu 3633/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3608/AB zu 3605/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3609/AB zu 3622/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3610/AB zu 3628/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3611/AB zu 3623/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3612/AB zu 3615/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (3613/AB zu 3600/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3614/AB zu 3609/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kol­legen (3615/AB zu 3719/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3616/AB zu 3766/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (3617/AB zu 3817/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3618/AB zu 3608/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3619/AB zu 3613/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (3620/AB zu 3624/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3621/AB zu 3602/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3622/AB zu 3616/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 27

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen (3623/AB zu 3630/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (3624/AB zu 3625/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3625/AB zu 3611/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3626/AB zu 3604/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3627/AB zu 3627/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3628/AB zu 3619/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3629/AB zu 3620/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3630/AB zu 3621/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolle­ginnen und Kollegen (3631/AB zu 3601/J)

der Bundesministerin für Frauen und Integration im Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3632/AB zu 3607/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3633/AB zu 3614/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3634/AB zu 3618/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolle­ginnen und Kollegen (3635/AB zu 3631/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (3636/AB zu 3636/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3637/AB zu 3610/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3638/AB zu 3626/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3639/AB zu 3629/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (3640/AB zu 3632/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3641/AB zu 3635/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 28

der Bundesministerin für Frauen und Integration im Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (3642/AB zu 3634/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3643/AB zu 3644/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3644/AB zu 3713/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (3645/AB zu 3724/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3646/AB zu 3666/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3647/AB zu 3665/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3648/AB zu 3714/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3649/AB zu 3729/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3650/AB zu 3638/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (3651/AB zu 3646/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3652/AB zu 3730/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen (3653/AB zu 3647/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen (3654/AB zu 3645/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (3655/AB zu 3671/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (3656/AB zu 3683/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3657/AB zu 3651/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (3658/AB zu 3637/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 29

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Kolleginnen und Kollegen (3659/AB zu 3670/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (3660/AB zu 3718/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (3661/AB zu 3716/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen (3662/AB zu 3669/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (3663/AB zu 3739/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen (3664/AB zu 3649/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3665/AB zu 3642/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3666/AB zu 3639/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3667/AB zu 3641/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3668/AB zu 3640/J)

der Bundesministerin für Frauen und Integration im Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3669/AB zu 3643/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (3670/AB zu 3648/J)

der Bundesministerin für Frauen und Integration im Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (3671/AB zu 3650/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (3672/AB zu 3704/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen (3673/AB zu 3660/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (3674/AB zu 3700/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (3675/AB zu 3688/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 30

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (3676/AB zu 3717/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3677/AB zu 3679/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (3678/AB zu 3655/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3679/AB zu 3656/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3680/AB zu 3707/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3681/AB zu 3693/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3682/AB zu 3680/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3683/AB zu 3653/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3684/AB zu 3658/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (3685/AB zu 3659/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (3686/AB zu 3676/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (3687/AB zu 3682/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (3688/AB zu 3691/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3689/AB zu 3695/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3690/AB zu 3696/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3691/AB zu 3686/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3692/AB zu 3692/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3693/AB zu 3697/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 31

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3694/AB zu 3662/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (3695/AB zu 3698/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (3696/AB zu 3661/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (3697/AB zu 3701/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3698/AB zu 3663/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (3699/AB zu 3667/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (3700/AB zu 3689/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3701/AB zu 3677/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Vorderwinkler, Kolleginnen und Kollegen (3702/AB zu 3654/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (3703/AB zu 3674/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3704/AB zu 3694/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3705/AB zu 3727/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (3706/AB zu 3699/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (3707/AB zu 3690/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (3708/AB zu 3684/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (3709/AB zu 3715/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3710/AB zu 3732/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen (3711/AB zu 3673/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 32

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3712/AB zu 3708/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3713/AB zu 3668/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (3714/AB zu 3702/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (3715/AB zu 3706/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (3716/AB zu 3687/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (3717/AB zu 3720/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (3718/AB zu 3721/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (3719/AB zu 3664/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (3720/AB zu 3722/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (3721/AB zu 3728/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3722/AB zu 3733/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3723/AB zu 3709/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3724/AB zu 3710/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3725/AB zu 3711/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (3726/AB zu 3712/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Mahrer, Kolleginnen und Kollegen (3727/AB zu 3672/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (3728/AB zu 3725/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3729/AB zu 3678/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen (3730/AB zu 3703/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 33

der Bundesministerin für Frauen und Integration im Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz, Kolleginnen und Kollegen (3731/AB zu 3685/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3732/AB zu 3657/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolle­ginnen und Kollegen (3733/AB zu 3675/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolle­ginnen und Kollegen (3734/AB zu 3681/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen (3735/AB zu 3723/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen (3736/AB zu 3705/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3737/AB zu 3744/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (3738/AB zu 3726/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen (3739/AB zu 3736/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3740/AB zu 3740/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen (3741/AB zu 3735/J)

der Bundesministerin für Frauen und Integration im Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (3742/AB zu 3742/J)

der Bundesministerin für Frauen und Integration im Frauen und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen (3743/AB zu 3743/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen (3744/AB zu 3734/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen (3745/AB zu 3738/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3746/AB zu 3741/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen (3747/AB zu 3737/J)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 34

09.05.04Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.05.06*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Abgeordnete! Ich darf die 69. Sitzung des Nationalrates eröffnen und Sie, die Journa­listinnen und Journalisten und die Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehgeräten recht herzlich begrüßen.

Die nicht verlesenen Teile des Amtlichen Protokolls der 67. Sitzung sowie das Amtliche Protokoll der 68. Sitzung vom 26. November 2020 sind in der Parlamentsdirektion auf­gelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Kira Grünberg, Mag. Maria Smodics-Neumann, Nurten Yılmaz, Mag. Gerald Hauser, Herbert Kickl, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic und Mag. Nina Tomaselli.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung ge­macht:

Bundeskanzler Sebastian Kurz wird durch Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler und Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. durch Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck vertreten.

*****

Ich darf bekannt geben, dass die Sitzung von ORF 2 bis 13 Uhr, wie üblich, und von ORF III bis 19.15 Uhr übertragen wird; anschließend wird sie kommentiert in der TVthek übertragen.

09.06.17Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Warum riskieren Sie eine Generation ,Corona‘, Herr Bundeskanzler?“

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Klubobfrau Meinl-Reisinger.

Ich darf Herrn Vizekanzler Kogler und Frau Bundesministerin Edtstadler herzlich be­grüßen.

Bitte, Frau Meinl-Reisinger.


9.06.34

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Werter Herr Vizekanzler – heute in Vertretung des Bundeskanzlers hier anwesend! Sehr geehrte Damen und Herren!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 35

Liebe alle, die uns heute zuschauen! Wir haben für die Aktuelle Stunde heute den Titel „Warum riskieren Sie eine Generation ,Corona‘, Herr Bundeskanzler?“ gewählt – und ja, damit blicken wir nicht nur auf die jetzige Situation, sondern ganz tief in die Heraus­forderungen, in die Aufgaben im Jahr 2021 hinein, denn eines ist uns ganz besonders wichtig: Gerade bei so einer Krise hilft es nicht, die aktuellen Herausforderungen immer nur von Tag zu Tag, auf Sicht anzugehen, sondern es ist wichtig, auch mit einer Per­spektive in die Zukunft zu schauen und nach vorne zu blicken, welche Heraus­forde­rungen, welche massiven Herausforderungen auf unser Land, auf unsere Gesellschaft, auf die Menschen zukommen.

Warum tun wir das? – Nun, Österreich hat im internationalen Vergleich die zweite Coronawelle im Herbst sehr, sehr schlecht gemanagt. Die Anzahl der Toten hat mittlerweile ein wirklich schrecklich trauriges Rekordniveau erreicht, und sie steigt wei­ter – bedauerlicherweise –, muss man sagen, wenn man sich die Anzahl der Infizierten in höheren Altersgruppen, wenn man sich die Anzahl der Infizierten in Alten- und Pfle­geheimen anschaut.

Diese Regierung hat es also nicht geschafft, jene Menschen, die dem größten Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs, dem größten Risiko einer Hospitalisierung, wie das heißt, also einer Behandlung im Spital, aber vor allem auch einer intensivmedizinischen Betreuung, und auch dem größten Risiko eines tödlichen Verlaufs in Alten- und Pfle­geheimen ausgesetzt sind, zu schützen. Gleichzeitig bricht die Wirtschaft in Österreich in dramatischer Weise ein. Die OECD sieht Österreich, wenn man das Jahr 2020 und die Prognosen für 2021 und 2022 betrachtet, an zweitletzter Stelle hinter Portugal, was die Erholung angeht.

Wir stehen also wirklich schlecht da – in puncto Gesundheitszahlen, in puncto Todes­zahlen, aber auch in puncto Wirtschaft und Arbeitslosigkeit. Es gibt immer mehr Arbeits­lose; und neue Arbeitsplätze, neue Jobs, Aufschwung, Zuversicht, das alles ist mit Ihrer Politik nicht in Sicht. Ich weiß, ich habe das jetzt schon oft gehört, für die Regierung und die Regierungsparteien sind immer die anderen schuld. Die Hölle, das sind die anderen, das kennen wir auch aus der Literatur. Das sind die Menschen in Österreich, die Ge­fährder sind, die Bürgerinnen und Bürger, das ist die Opposition, das sind die Bun­des­länder, das sind die Jungen, die da irgendwie unverhältnismäßig Party gemacht haben.

Schauen wir jetzt aber einmal gemeinsam in die Zukunft!

2021 werden wir hoffentlich, dank einer Impfung, die breitflächig zur Verfügung stehen wird und die auch wirklich funktioniert und Schutz bietet, den gesundheitlichen Aspekt der Krise überwunden haben.

Übrig bleibt eine Gesellschaft, die vielleicht sogar vereinzelt Gewinner kennen wird: Viele Menschen, die dank eines abgesicherten Jobs im staatlichen Umfeld – also Bundes­bedienstete, Landesbedienstete –, aber auch in Teilen der Privatwirtschaft nicht be­troffen sind, und auch Menschen, die in Pension sind, werden keine Einkommens­einbußen und keine dramatischen Chancenverluste haben. Es wird aber auch eine Ge­sellschaft sein, die massive Verlierer kennen wird: Arbeitslose, Selbstständige, die vor der Pleite stehen, und viele, viele junge Menschen.

Einmal mehr – Sie kennen das schon von uns NEOS, wir sagen das seit März – mahnen wir eine Balance in der Krisenbekämpfung ein, auch für 2021, wenn wir auf dem Weg heraus aus der Krise sind. Gesundheit, Gesellschaft, Bildung, Soziales und Wirtschaft – all das muss bei den politischen Entscheidungen im Blick sein. Wir fordern aber auch eine Balance mit Blick auf diejenigen, die von der Krise besonders hart getroffen sind. Das sind aktuell alte Menschen in Pflege- und Altenheimen, die Sie nicht ausreichend schützen. Das sind zukünftig junge Menschen, denen Sie Chancen, Perspektive und Zukunft rauben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 36

Die Krise trifft die junge Generation doppelt: aktuell und direkt, was ihr Leben betrifft, was ihre Bildung betrifft, was den Zugang zu einer Lehrstelle betrifft, was vielleicht die Chance betrifft, einen ersten Job im Arbeitsleben zu bekommen. Sie trifft die Stu­die­renden, die gerade das erste Semester beginnen und im Fernunterricht sind. Sie trifft Jugendliche, die in einer Zeit, in der das für die persönliche Entwicklung so wichtig ist, keine sozialen Kontakte haben. Sie trifft die jungen Menschen, die ein Auslandssemester geplant hatten und dieses nicht durchführen können. Sie trifft die jungen Menschen, die zu den Bildungsverlierern gehören, die in der Zeit des Homeschoolings nicht erreicht werden konnten. Sie trifft gerade die, die ohnehin schon massive Startschwierigkeiten haben und für die die Politik eigentlich für Chancengerechtigkeit sorgen sollte. Sie trifft junge Selbstständige, die keine Aufträge bekommen; das ist gerade am Beginn des Selbstständigendaseins, wenn man mit Hoffnung und Zuversicht an die Sache herangeht, eine dramatische Situation. Sie trifft junge Menschen, die jetzt schon arbeitslos sind, weil eine Neuanstellung derzeit de facto unmöglich ist.

Wir müssen also im Interesse unserer Kinder, im Interesse der Jungen dringend tätig werden – und zwar wirklich tätig werden! –, um Reformen anzugehen, den Arbeitsmarkt für die Jungen abzusichern, Lehrstellen abzusichern, Bildungschancen abzusichern und vor allem auch die sozialen Auswirkungen der Coronakrise auf diese jungen Menschen abzufedern. Und ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das ist ein Marathon und kein Sprint – wie schon die Coronabekämpfung –, mit einer Pressekonferenz und einer Schlagzeile kommen Sie nicht durch. Das Gute ist aber: Vorschläge liegen auf dem Tisch. Vorschläge von uns, auch von anderen Fraktionen, liegen haufenweise auf dem Tisch, und was wir uns jetzt erwarten, das sind ein Plan und eine Strategie, und zwar eine Strategie, die dazu führt, dass es nicht so weit kommt, dass wir dereinst sagen müssen, dass wir eine verlorene Generation, eine Generation Corona haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Alarmglocken schrillen – was Sie erken­nen, wenn Sie auf den Bildungsbereich schauen, darauf, wie viele Kinder und Jugend­liche dort nicht erreicht wurden, wie denen Chancen geraubt wurden und was das auch für deren weiteren Lebensweg bedeuten kann; wenn Sie auf die Arbeitsmarktdaten schauen: 38 000 junge Menschen sind ohne Arbeit, Tendenz steigend, ein Plus von 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr, 8 000 Jugendliche mehr.

Oder: Lehrstellenmarkt. Mit Stand September ist die Anzahl der offenen Lehrstellen im Vergleich zum Vorjahr um 19,4 Prozent gesunken. Auf 10 500 Lehrstellensuchende kommen 7 600 Lehrstellen. Wie man so schön sagt: Das geht sich nicht aus. Das hat Auswirkungen auf die Erwerbsbiografie, die dramatisch und längerfristig sind.

Dazu kommt noch, dass mit Ihrer Politik des Koste-es-was-es-Wolle der Schulden­ruck­sack immer größer wird. Das heißt, auch das werden unsere Kinder dereinst ausbaden müssen. Umgekehrt müssen wir bei der Frage der nachhaltigen Absicherung der sozia­len Netze für diese Jungen in puncto Pensionen zugeben, dass wir heuer schon 24 Milliarden Euro bei den Pensionen zuschießen, weil unser Beitragssystem nicht ausreicht, um das für unsere jungen Menschen abzusichern. Wir müssen da dringend gegensteuern.

Diese Krise hat gezeigt, wo wir überall Reformbedarf haben. An kleinen Schräubchen drehen und Pressekonferenzen geben, die sehr viel PR-Geld kosten – sehr viel PR-Geld, das Sie sich jetzt wieder gönnen! –, das hat vielleicht bis jetzt gereicht. Das reicht in Schönwetterzeiten, aber nicht in Krisenzeiten. Wir müssen jetzt ernsthaft die Reformen für die jungen Menschen, für eine gute Zukunft unseres Landes angehen, und für diese Reformen braucht es eine breite Basis.

Ich fordere daher einen Zukunftskonvent, ausgehend vom Verfassungskonvent, der leider in ganz vielen Bereichen nie wirklich in die Kraft gekommen ist. Machen wir – vom


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Parlament ausgehend – einen Zukunftskonvent! Widmen wir uns den Fragen der Chancen der Zukunft, der Innovation, des Wohlstands der Zukunft, aber natürlich auch den Fragen des Föderalismus, weil wir es uns simpel nicht mehr leisten können, uns zurück­zu­lehnen, Pressekonferenzen und Schlagzeilen zu präsentieren und den Jungen die Zukunft zu rauben. (Beifall bei den NEOS.)

Wir krempeln also die Ärmel auf – das ist mein Vorschlag –, wir packen an für 2021, wir stellen das Jahr 2021 unter das Motto: Zuversicht und Zukunft. Die Krise und die Chancen der jungen Menschen sind in den Mittelpunkt zu stellen – diese Krise ist Anlass genug, um das endlich zu tun –, damit wir mit Zuversicht nach vorne in eine innovative Zukunft, die allen Menschen Chancen auf Wohlstand bietet, gehen. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Schmidhofer und Strache.)

9.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Vizekanzler Werner Kogler. – Bitte.


9.16.26

Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Vizekanzler Mag. Werner Kogler: Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete! Es ist erstens zweifel­los richtig, dass die junge Generation besonders von den Auswirkungen dieser Corona­pandemie betroffen ist – das würde ich sofort unterstreichen. Zweitens sollten wir trotzdem nicht so tun, als ob nicht in vielen Ländern ähnliche Probleme wären und ja auch ähnliche Maßnahmen eingeleitet werden. Ich sage das nur nebenbei, weil aus meiner Sicht in letzter Zeit die Debatte sozusagen ein bisschen aus dem Lot zu kommen droht.

Ich gehe sehr gerne darauf ein, was hier vorgeschlagen wurde, weiß aber nicht – ich sage es gleich vorweg –, ob ein Konvent für die Dringlichkeit der Probleme, die wir haben, das optimale Instrument ist. Ich bin da sehr offen, ich würde ja vorschlagen, dass wir diese verschiedenen Maßnahmen, die die Jungen positiv betreffen sollen, auf der parlamentarischen Ebene in den Fachausschüssen, aber auch in fraktionellen Be­sprechungen diskutieren. Warum starten wir nicht gleich einmal mit runden Tischen, wenn das bis jetzt vermisst worden ist – mir wäre das sehr, sehr wichtig –, um alle Fraktionen miteinzubinden? Ich sage das, damit das nur einmal von der Einordnung her passt.

Das Schicksal des Verfassungskonvents, das schreckt mich ein bisschen. Ich habe ja mit Aufmerksamkeit verfolgt, was die Klubobfrau der NEOS in der „Pressestunde“ gesagt hat. Da waren im Übrigen viele sehr gute Anregungen dabei, die hier in den 10 Minuten gar nicht Platz hatten. Das möchte ich ausdrücklich anerkennen. Ein Verfassungs­konvent ist aber gerade in Österreich, glaube ich, nicht bestbeleumundet; gut gemeint – und Sie kennen das Schicksal von gut gemeint. Ich weiß auch nicht, ob die drängende und dringende – ich glaube, da haben wir mehr Übereinstimmung, als viele vermuten – Föderalismusfrage in dieser Kürze gelöst werden kann, sodass sich das alles für die junge Generation dann ausgeht, die jetzt zumindest laut Titel dieser Aktuellen Stunde einmal im Vordergrund stehen soll.

Erstens, zusammengefasst: Ja, das Thema ist wichtig, es ist richtig gesetzt, es ist etwas zu tun, aber jetzt muss man es einmal richtig einordnen. Weltweit hat diese Pandemie eine Wirtschaftskrise ausgelöst, gefolgt – logischerweise – von einer Beschäf­tigungs­krise, und ja, es gibt auch im Bildungsbereich, im Ausbildungsbereich und betreffend die Situation der Jungen eine gewisse Asymmetrie. Deshalb ist da dann gegenzusteuern und deshalb ist schon mit Beginn des Jahres 2021 – auch darin würde ich überein­stimmen – ein Maßnahmenkatalog weiter zu vertiefen, der dazu führt, dass nicht nur für


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Wirtschaft und Arbeitsmarkt, sondern auch für die Bildung und die Chancen der Jungen 2021 ein Comebackjahr wird. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gelingen kann – gerade unter den Voraussetzungen, die wir in Österreich haben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Natürlich kann man auch internationale Vergleiche strapazieren, aber ich würde es dann schon einmal dort hintun, wo es die Menschen, in dem Fall die Jungen, im Leben wirklich betrifft. Ja, da gibt es verschiedene Kennzahlen und Prognosen. Ich schlage vor: Schauen wir uns das nach einem Jahr rückwirkend an, sowohl hinsichtlich Bekämpfung der Gesundheitskrise als auch hinsichtlich Arbeitsmarkt und Wirtschaft! Jetzt kann ich aber dort, wo es die Leute wirklich betrifft, sagen: Ja, es ist tragisch, dass es coronabedingt fast 100 000 Arbeitslose mehr sind, aber im internationalen Vergleich sind wir mit der Arbeitslosigkeit in Österreich sicher bei den Besten. – Dies nur, damit das auch dazu­gesagt ist, ich will ja die OECD-Prognose, die hier genannt wurde, nicht infrage stellen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Es wird schon einen Sinn machen – ich weiß, dass dieses Argument auch schon dem Versuch der Perforierung ausgesetzt war – und es darf schon gesagt werden, dass es bei Ländern – es sind nicht sehr viele –, die einen ähnlich hohen Anteil an Tourismus haben – in Österreich ist er über 15 Prozent –, natürlich einen besonderen Impact auf die Wirtschaft gibt, wo man sich dann rasch herausinvestieren muss; das ist ja klar. – Ich komme gleich dazu, das wird auch den Jungen helfen.

Bei diesen Wirtschaftszahlen ist aber schon die jeweilige Wirtschaftsstruktur zu berück­sichtigen, das würde das Gebot der Seriosität sein. Für die offiziellen Kennzahlen ist es gut, dass wir mit dem Tourismus immer so gefahren sind – Sie wissen ja, dass die Grünen jetzt nicht unbedingt die Verfechter eines Wirtschaftswachstums jeglicher Art sind, aber wenn es um diese nackten Zahlen geht, wie Wohlstand jetzt eben gemessen wird, war und ist das natürlich ein ganz, ganz wichtiger Beitrag. In Zukunft wird es gut sein, wenn wir uns die Wirtschaft betreffend ein bisschen differenzierter aufstellen, das Tourismuskonzept vielleicht da oder dort auch ein bisschen anders denken, angehen, dann wird auch dieser Einschlag nicht so stark sein.

Jetzt ist es aber so! Und das, was ich wirklich nicht einsehe, ist, dass wir alle Jahre Jubelgesänge abfeuern, wie toll das alles ist – und dann gibt es diesen Impact, und dann ist auf einmal alles schlecht. Wir müssen also die Dinge schon auch mit einem gewissen Sachverstand und auch mit Optimismus für das nächste Jahr erstens einmal analysieren und zweitens dann aber auch die entsprechenden Maßnahmen einleiten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Und ja, ich stehe nicht an – vielleicht schauen ja ein paar Junge bei der Übertragung zu –, zuzugestehen oder zu bekennen oder nachzuvollziehen, wie schwierig das jetzt sein muss – das ist für mich nachvollziehbar, wenn ich an die Zeit denke, als ich selbst 16, 17 oder 20, 21 Jahre alt war –, dass alles nicht so wie sonst stattfinden kann. Die Frau Klubobfrau hat vieles aufgezählt – Bildung, Ausbildung, letztlich Unis und so weiter, aber auch das normale Leben –, was ja die Jugend ausmacht: andere treffen, reisen, feiern, alles, was da dazugehört. Ja, das ist massiv eingeschränkt, und deshalb der Dank an all jene, die da auch zum Schutz der anderen mitmachen. Das muss man auch einmal den Jungen gegenüber zum Ausdruck bringen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Dieses „Schau auf dich, schau auf mich“ kann auch eine Generationenfrage sein. Es sind nicht alle Jungen, das ist genauso wie bei den Menschen mittleren Alters oder bei den Älteren, die sich genau an alles halten oder versuchen, einen Beitrag zu leisten – ich will das gar nicht schönreden –, es sind nicht alle, sonst stünden wir nicht so da, wie wir dastehen – das spielt schon auch eine Rolle –, aber es sind viele, und an diese geht der Dank. Schau auf dich! – Die Jungen schauen auf die Alten, wenn wir jetzt noch ein


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paar Monate versuchen, da gemeinsam durchzukommen. Der Auftrag und die Parole lauten jetzt: durchhalten und zusammenhalten! – Das ist doch völlig logisch, und ich denke, das gilt für alle hier herinnen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich gehe aber gerne auf ein paar Bereiche ein, die, wie ich glaube, ganz wesentlich sind: Bei den Schulen haben gerade die NEOS immer wieder Vorschläge, und ich verfolge mit Aufmerksamkeit, was da medial bezüglich dessen, was der neue Bildungsstadtrat in Wien vorhat, rüberkommt. Ich habe das Gespräch mit ihm noch nicht führen können, aber es ist ja auch unser Anliegen, ein gutes Verhältnis zu haben. Es ist eine neue Koalition, die es noch nicht gegeben hat. Ich entnehme aber den Medien, dass es da einige Initiativen gibt, die auch verstärkend auf das aufbauen, was die Bundesregierung und der Herr Bildungsminister vorschlagen. Ich habe es extra mit diesem noch vor­besprochen, damit ich mich hier nicht unvorbereitet in eine Diskussion begebe.

Ich fasse also zusammen: Bei den Schulen ist es natürlich verständlich, dass man diese so lange wie möglich offen halten will – für alle, in allen Jahrgängen Regelbetrieb. Sie wissen ganz genau, dass es da unterschiedliche – schon von der Wissenschaft kom­mend – Zugänge gibt, was das Infektionsgeschehen in Schulen betrifft. Wäre das alles so eindeutig, dass dort genau gar nichts passiert, dann wäre ja alles ganz leicht. Aber ist es so leicht? Sollten wir es uns so leicht machen? Wir sind nicht dazu gewählt worden, um es uns leicht zu machen. Das sind immer schwierige Abwägungsfragen, das ist doch völlig logisch! Ja, es gibt ein geringeres – verständigen wir uns darauf – Infektions­geschehen an Schulen; okay! Sie sind nicht die großen Treiber – Zitat Bildungsminister. Angesichts dessen, dass im Schulbereich weit über eine Million Menschen in Österreich in Kontakt kommen, sind aber auch viel geringere Zahlen ein Problem, auch in der Pandemie. Das ist einfach so, ich will das nicht weggeredet wissen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Sie wissen aber ganz genau, dass ich persönlich der Meinung bin, dass man die Schulen möglichst offen lassen soll. Es hat ja auch keine schlechte Lösung gegeben, sondern eine, wie ich meine, gute Lösung, wie oft im Kompromiss. Wir haben für zweieinhalb Wochen den Betrieb auf Homeschooling umgestellt, aber anders als im Frühjahr, denn die Schulen waren offen für alle, die es brauchen, und diejenigen, die es brauchen, sind viel weiter definiert worden als vorher. Ich denke, das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Es ist aber völlig richtig, dass für die Zukunft alles dafür getan werden muss, dass gerade die Schulen immer wieder ganz vorne mit dabei sind, wenn es darum geht, dass in dem Sinn gelockert wird, dass möglichst viele Lebensbereiche – ja, ein Ausbildungsbereich ist auch ein Lebensbereich – offen zu halten sind. Da würden wir ja übereinstimmen, es bleibt aber trotzdem eine Abwägungsfrage. Ich hoffe, dass wir mit den Maßnahmen, die jetzt gesetzt werden, auch für die Zukunft so gut durchkommen, dass wir gerade bei den Schulen mindestens auf dem jetzigen Level weiterarbeiten können, ja mehr noch, auch die fünften, sechsten und siebenten Klassen wieder hereinholen können.

Was wird es dazu brauchen? – Die Tests, also Teilausschnitte dieser Massentest­pro­gramme – ich glaube, da stimmen wir überein, Frau Klubobfrau, zumindest habe ich Sie in der Pressestunde so verstanden –, können da eine Rolle spielen. (Abg. Meinl-Reisinger: Sie müssen eine Rolle spielen! ...!) Deshalb wäre es gut, wenn wir bei den Lehrerinnen und Lehrern zu regelmäßigen Testphasen kommen – das ist auch kein schlechter Ausschnitt, was das ganze Schulgeschehen und vielleicht sogar die Bevölkerung betrifft. Ob es bei den Schülerinnen und Schülern immer gelingt, ist eine andere Frage. Das ist in Vorbereitung, aber logistisch gar nicht so einfach, da wird es Unterstützung brauchen. Der Herr Bildungsminister ist diesbezüglich dahinter, weil das eben so wichtig ist. Lehrerinnen und Lehrer regelmäßig zu testen, das ist schon auch


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keine kleine Aufgabe, aber das sollten wir schaffen. Das wird helfen, dass die Schulen dann mit einem besonderen Status weiter in die Zukunft arbeiten können.

Apropos Zukunft: Es gibt einige Initiativen, die genau auf die Situation Rücksicht neh­men, die da wären: die Förderunterrichtseinheiten gerade für die Abschlussklassen oder Maturaklassen massiv zu verstärken und zusätzlich, so gut es geht, auch für jene, die einen besonderen Förderbedarf haben. Es ist uns natürlich klar, dass in einer solchen Situation, bei einem solchen Schulbetrieb diejenigen, die es ohnehin schon schwerer haben, noch schneller zurückbleiben und der Bildungsgap auseinandergeht.

Das ist nun nicht neu, das ist in einer solchen Situation klar, aber deshalb gehört ja mit den Gegenmaßnahmen genau dort angesetzt. Und auch da gibt es entsprechende Initiativen. Ich kann nicht alle aufzählen, die es da gibt, aber ich möchte eine besonders hervorheben, auch weil ich den Eindruck habe, dass auch Bildungsstadtrat Wiederkehr da genau mit in der Spur ist: Das sind die Lerncafés, die von anderen betreut werden. Das ist eine gute Initiative, darunter kann man sich etwas vorstellen. Das wird jetzt verstärkt ausgerollt. Mit solchen Initiativen kann man natürlich schon gut weiterkommen, auch ins nächste Jahr hinein.

Ich darf Ihnen aber betreffend die Bildungs- und Arbeitsmarktchancen der Jungen ein anderes Ziel und die ganzen Maßnahmen dazu, die sehr, sehr viel bringen werden, ans Herz legen. Es wundert mich, dass das gar nie gefallen ist, aber wir dürfen nicht ver­gessen, dass wir trotz – ich sage: trotz! – dieser Gesundheitskrise und der Wirtschafts- und der Beschäftigungskrise, die zwangsläufig folgen, eine wirklich noch viel schlim­mere, dahinter lauernde Krise für Generationen haben. Jetzt geht es vielleicht um Jahrgänge – ich will das nicht kleinreden –, aber die Klimakrise ist eine Krise, die uns noch ganz anders treffen wird, und da, glaube ich, ist es wichtig, in Österreich, in Europa gegenzusteuern, damit der Kontinent einen entsprechenden Beitrag leisten kann. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Amesbauer: Könnt ihr ohne Krisen gar nichts machen? Ihr seid ja Krisen...!)

Da geht es ja genau um die Chancen, und jetzt rennen die Dinge sozusagen genau zusammen, wie es gehört. Am Arbeitsmarkt gibt es große Probleme, und wir haben uns darauf verständigt, uns aus der Krise herauszuinvestieren. Im Sektor Investitionen im Bereich des Klimaschutzes ist wesentlich mehr gelungen, als alle erwartet hätten. Es geht nicht mehr um eine Klimamilliarde, die immer gefordert wurde, mittlerweile sind es viele Klimamilliarden für die nächsten Jahre – viele! Es fehlt jetzt die Zeit, das alles auszuführen, ich will es nur vom globalen Ansatz her denken.

Wenn Sie sich um die Schulden sorgen machen, muss ich sagen: Es ist aber schon logisch, dass es zuerst einmal darum geht, dass Geld aufgenommen werden muss, und die einzig relevante Frage ist, genauso wie in einem Betrieb: Wohin geht das Geld? – Das sind Investitionen – und das ist richtig. Da entstehen Jobchancen, nein, nicht nur Chancen, sondern auch entsprechende Arbeitsplätze. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Allein mit den Ökoprogrammen, die jetzt aufgesetzt werden, geht es um Zigtausend, und wenn man es über eine Legislaturperiode denkt, um über 100 000 Arbeitsplätze. Das ziehen nicht wir uns irgendwo heraus, sondern das ist ja fundiert, das sagen die Wirt­schaftsforschungsinstitute.

Das halte ich für mindestens so wichtig, wenn es um die nächste Generation geht, weil sie weiß – das erkennen Sie, wenn Sie mit den Jungen von den entsprechenden Initia­tiven reden –, weil die Jungen wissen, dass sie die erste Generation sind, die die Auswirkungen dieser Klimakrise spürt, aber wahrscheinlich die letzte, die noch etwas dagegen tun kann, und das treibt sie an und das ist gut. (Zwischenruf der Abg.


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Belakowitsch.) Da kommt auch Innovation rein, und das schätze ich so an den Jungen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Wir können ja hier nicht einfach als Depressionsverbreiter auftreten.

So soll es dann sein, denn die sind ja echt kreativ. In den Rankings der besten Argumente, wenn es um Innovation geht, gefällt das den Jungen am besten – vielleicht haben Sie es schon gehört, dann verzeihen Sie, dass ich das hier sage –, sie sagen: Ja, das sind die Chancen. Wir können nicht jeden Kohlenstoff, der irgendwo im Öl verschlammt ist oder in der Kohle steckt, rausbuddeln. Die Steinzeit ist auch nicht deshalb zu Ende gegangen, weil den Menschen die Steine ausgegangen wären. – Das ist ein Ansatz, mit dieser Kreativität muss man reingehen, und so sind die drauf. (Heiter­keit und Beifall bei Grünen und ÖVP.) Deshalb verdienen sie sich auch entsprechende Anwaltschaften. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Wenn Sie die soziale Frage und die Pensionen ansprechen, dann erlauben Sie mir, Folgendes zu sagen: Da bin ich lieber in der Gemeinschaft mehrerer Fraktionen zu Hause und bin nicht auf die Vorschläge des Kollegen Loacker angewiesen, wenn es um Pensionen geht. Sorry, das muss gesagt sein. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischen­ruf des Abg. Loacker.)

Es wird immer darum gehen, wofür das aufgenommene Geld ausgegeben wird. Und ich darf abschließend, weil Sie den Sozialbereich angesprochen haben, aufzählen, was da alles gemacht wurde, weil das gerne untergeht – man darf ja zur Sozialpolitik hier herinnen unterschiedliche Ansichten haben, ich kann gar nicht auf all das eingehen, das ist auch nicht Aufgabe der Mitglieder der Bundesregierung, aber ich bitte schon, und das betrifft mehrere Fraktionen, zur Kenntnis zu nehmen, dass es mittlerweile ein soziales Absicherungspaket gibt, ja, wegen der Krise; hätten wir sonst vielleicht eh nicht alles gemacht, aber ich bitte, zur Kenntnis zu nehmen, was es alles gibt! –:

Bildungsbonus, da geht es genau darum: 180 Euro im Monat bei Aus-, Um- und Weiter­bildung; Lehrlingsbonus 3 000 plus 1 000 Euro, wenn es ein kleiner Betrieb ist – das haben viele in Anspruch genommen. – Vielleicht sollten wir Ihnen die Zahlen wirklich öfters schicken, ja, vielleicht ist das ein Defizit, und ich meine das ohne Ironie. (Zwi­schenruf des Abg. Scherak.) Aber das gibt es: Lehrlingsbonus, Bildungsbonus (Abg. Belakowitsch: Steigende Arbeitslosenzahlen! Steigende Insolvenzen!), weiters: Kinder­bonus von 360 Euro, 360 Euro pro Kind. – Das ist nicht nichts! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn Sie ständig das Arbeitslosengeld und die Erhöhung runterdodeln wollen, dann sage ich Ihnen schon – auch in diese Richtung –: 900 Euro sind nicht nichts für jeman­den, der ein geringes Arbeitslosengeld hat! Wie abgehoben ist denn diese Argumen­tation?! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

All das hilft auch den Jungen! – Und wenn hier behauptet wurde, es hätte keine Ein­kommensteuer- und keine Lohnsteuersenkung gegeben, dann weise ich das ab­schließend zurück, denn diese Argumentation ist genauso unseriös, denn die ist ja völlig fakten­widrig. Natürlich hat es das gegeben und natürlich hilft es in den Familien auch den Jungen, wenn diese sozialen Absicherungspakete gelingen.

Wir sind sogar so weit gegangen, dass wir aufgrund der Schwierigkeit des öster­reichischen Abgabensystems noch jene begünstigt haben, die gar keine Steuern zahlen, weil sie so wenig verdienen. Also muss man in die Sozialversicherung hineingehen. Auch das haben wir gemacht.

In diesem Paket geht es, wenn das ganz ausgerollt ist, um bis zu 2 Milliarden Euro, und zwar nur in diesem Abgaben- und Steuersenkungsbereich. Also, bitte schön: Alle auf


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den Boden kommen und gemeinsam zusammenarbeiten! (Anhaltender Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

9.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Plakolm. – Bitte.


9.34.26

Abgeordnete Claudia Plakolm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Guten Morgen, geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Monate, fast das gesamte Jahr 2020 waren eine riesengroße Herausforderung für alle Generationen, aber ganz besonders auch für uns Junge. (Abg. Belakowitsch: Sind Sie noch Schülerin?)

Jugendliche zählen sicherlich zu den großen Verlierern dieser Coronakrise, unabhängig davon, in welchem Land sie leben. (Ruf: Die großen Verlierer der Regierung!) Fortgehen und Freunde treffen, Klassenfahrten, Maturabälle, Auslandssemester, Sponsionen, Hochzeiten, vieles davon musste heuer abgesagt werden (Abg. Amesbauer: Weil ihr es verboten habt!) und vieles kann leider auch nicht nachgeholt werden, das gilt für eine ganze Generation. (Abg. Belakowitsch: Und wer hat es ...?)

Beim Stichwort Risikogruppen denken wir vor allem an ältere und meist vorerkrankte Menschen, an wen wir aber beim Wort Risikogruppen selten denken, sind Kinder und Jugendliche. (Abg. Belakowitsch: Weil?) Jugendliche haben zwar kaum Angst um ihre körperliche Gesundheit, wohl aber um ihre psychische Gesundheit. Das zeigt sich auch im Demokratiemonitor, einer Jugendumfrage der Parlamentsdirektion, die diese Woche veröffentlicht wurde, und diese Sorgen gilt es ernst zu nehmen.

Ich verwahre mich aber dagegen, liebe Kollegen der NEOS, eine ganze Generation als lost abzustempeln. – Liebe Kinder und Jugendliche, ihr seid absolut nicht lost! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Es sind gerade die jungen Leute, die für Zusammenhalt in unserer Gesellschaft sorgen, die tolle Initiativen ins Leben gerufen haben und mithelfen, Risikogruppen zu schützen und vor allem zu unterstützen. (Abg. Belakowitsch: Im Gegensatz zur Regierung, die hat das nämlich nicht zusammengebracht!) Es sind gerade junge Leute, die heute im Einsatz sind und unser Land am Laufen halten – im Zivildienst, beim Bundesheer, als Freiwillige bei den Blaulichtorganisationen –, und es sind gerade junge Leute, die bra­vourös die größte Krise der Zweiten Republik meistern. Und deshalb hat unsere Ge­sellschaft, unsere Jugend auch eine Perspektive, eine Zukunft. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Mir haben in den letzten Wochen ganz, ganz viele Jugendliche geschrieben. Die haben es so satt, irgendwo zu lesen, dass sie lost wären. Ja, sie stehen und standen in den letzten Monaten vor anderen Herausforderungen als in den Jahren zuvor, aber sehen wir bitte auch die positiven Seiten. Viele Jugendliche, Schüler und Maturanten schreiben mir, dass sie in diesen Monaten so viel mehr gelernt haben – und alles Dinge, die in keinem Lehrplan stehen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Da meine ich jetzt nicht, dass man im Lockdown das Backen von Bananenbrot lernt, sondern strukturiertes und selbstständiges Arbeiten an Projekten, an Aufgaben, den Umgang mit digitalen Arbeits­tools, Eigenverantwortung und vieles, vieles mehr. (Abg. Belakowitsch: Ja, super!)

Eltern schreiben mir, dass sie mit Volksschülern ganz, ganz viel im Bereich Eigenver­antwortung gemacht haben, Haushalt und dergleichen. Das kommt im Klassenzimmer ohnehin oft zu kurz, und dafür war jetzt Platz. (Abg. Belakowitsch: Was reden Sie da bitte für einen Blödsinn?!)


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Ich bin absolut kein Fan davon, immer nur Probleme zu sehen und nichts zur Lösung beizutragen – diesen Job überlasse ich gerne der Opposition –, und darum sehe ich auch die Chancen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischen­ruf des Abg. Amesbauer.)

Darum sehe ich insbesondere auch für Jugendliche in diesen schwierigen Monaten Chancen: im Bereich der Digitalisierung, im Job, auf der Universität, in den Schulen, am Stammtisch mit Freunden (Abg. Belakowitsch: Welcher Stammtisch?), der halt jetzt ins Internet verlagert wurde. Die Maßnahmen der Regierung sind absolut richtig, um die Digitalisierung voranzutreiben, in den Breitbandausbau weiterhin zu investieren und diesen zu finanzieren. (Abg. Belakowitsch: Also darum machen wir einen Lockdown und schließen die Schulen! Meinen Sie das alles ernst?) Ich bin auch der Meinung, dass Distancelearning und digitale Lernplattformen etwas sind, was uns auch nach der Pandemie begleiten soll.

Der Student, der von zu Hause aus Vorlesungen besuchen kann (Abg. Belakowitsch: Wunderschön!), der es leichter unter einen Hut bringt, zu studieren und eine Familie, einen Job nebenbei zu haben; die Schülerin, die ergänzend zum Unterricht zu Hause Inhalte selbstständig wiederholen kann (Abg. Belakowitsch: Großartig!) – und die Bundesregierung hat mit dem Plan zur digitalen Schule, mit einer eigenen digitalen Schulbuchaktion genau da auch den richtigen Schwerpunkt gesetzt. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Belakowitsch: Unfassbar! Denken Sie bitte nach, bevor Sie sprechen!)

Denken wir an die moderne Arbeitswelt, auch darin liegen Chancen für die nächsten Generationen: Homeoffice, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Coworking Spaces und dergleichen. Im März war es in vielen Bereichen noch undenkbar, von zu Hause aus zu arbeiten, mittlerweile ist Homeoffice kein Fremdwort mehr, sondern Alltag für viele Menschen. Arbeitnehmer müssen nicht mehr tagtäglich in den Zentralraum pendeln (Abg. Belakowitsch: Das ist eine gefährliche Drohung ...!), im Stau stehen, können sich flexibler ihre Zeit einteilen, und das kommt auch den Familien zugute.

Corona hat gezeigt, wo wir Aufholbedarf haben und was wir aus dieser Krise lernen, aber Corona hat uns auch ganz klar gezeigt, worin Chancen für die Zukunft liegen. Und nur dann, wenn wir den Fortschritt auch zulassen, können wir besser aus der Krise kommen als andere Länder. Unser Land braucht junge motivierte, kreative, mutige Leute, die Österreich zu einem attraktiven Standort machen.

Liebe Jugendliche, ihr seid absolut nicht lost. Ihr habt eine tolle Zukunft vor euch, die wird jetzt gestaltet und die gestaltet ihr auch absolut mit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Abschließend noch ein Wort zu den NEOS: Wenn wir über die Zukunft reden, müssen wir auch über das Thema Klimaschutz reden, wie es unser Vizekanzler schon vorgemacht hat. Die Bundesregierung hat sich da ambitionierte Ziele vorgenommen, um 2030 100 Prozent der benötigten Energie aus erneuerbaren Quellen zu produzieren. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abgeordnete der ÖVP entrollen ein Transparent mit der Aufschrift „NEIN zu rot-pinker Atomkraft! JA zum Klimaschutz!“, wobei der erste Teil in roter und der zweite Teil in türkiser Farbe geschrieben ist, und halten dieses in die Höhe.)

Etwas schmunzeln musste ich, als ich gelesen habe, dass die Aktuelle Stunde zur Jugend- und Zukunftspolitik gerade von den NEOS kommt. Offenbar war das ein Versuch, hier wieder zurückzurudern, da in Wien im Punschkrapferlregierungsprogramm absolut nichts enkelfittes drinnen ist. (Zwischenrufe bei den NEOS sowie der Abg. Belakowitsch.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!



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Abgeordnete Claudia Plakolm (fortsetzend): Und diese Woche ist dann noch eine neue Facette dazugekommen: Die NEOS-Chefin Meinl-Reisinger hält den schnellen Ausstieg aus der Atomenergie für einen Fehler. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Wei­tere Zwischenrufe bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Atomenergie gut finden, das macht sonst keiner.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte, Frau Abgeordnete!


Abgeordnete Claudia Plakolm (fortsetzend): Wir wollen keine Generation Corona und keine Generation Atomenergie! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.)

9.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Klubobfrau Rendi-Wagner. (Abg. Scherak: Zur Geschäftsbehandlung!)

Entschuldigung, Kollege Scherak, ich habe das jetzt nicht gesehen. – Zur Geschäfts­behandlung, bitte.

*****


9.41.00

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich hätte nur eine Bitte an Sie: Da Sie sonst, wenn irgendwo Transparente ausgerollt werden, oder bei etwaigen Taferln, die in die Höhe gehalten werden, sehr rasch darum bitten, sie hinunterzunehmen, wäre es wichtig, das auch im eigenen Parla­mentsklub so zu machen und sehr rasch zu reagieren! (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

9.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Scherak, das waren nicht einmal 30 Sekunden, und das letzte Mal habe ich 40 Sekunden gewartet. Ich weise das zurück, dass ich in irgendeiner Form ungleich behandle! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.) Ich habe jedes Transparent – jedes Transparent! – mindestens 30 Sekunden zugelassen. (Ruf bei der SPÖ: Falsch! Das ist so ungerecht! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. Zwischenrufe bei der FPÖ.) So ist es.

*****

Frau Abgeordnete Klubobfrau Rendi-Wagner ist zu Wort gemeldet. – Bitte.


9.41.50

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Vizekanzler, ich habe Ihnen gut zugehört, und eigentlich bin ich das, was ich von Ihnen in den letzten 10 Minuten jetzt gehört habe, nicht gewohnt, vor allem nicht diesen Hochmut (Ruf bei der ÖVP: Hochmut! Ha, ha!) und diese Arroganz, die Sie uns, dem Hohen Haus, hier entgegenbringen (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie des Abg. Loacker), indem Sie uns auffordern, auf den Boden zurückzukommen. Ich denke, Herr Vizekanzler, das steht Ihnen in dieser Form auch nicht zu.

Ja, wenn es der Boden der Realität ist, dann ist das genau dort, wo wir als Sozial­demo­kratie tagtäglich sind. Deswegen sage ich Ihnen auch: Keiner von uns hat je behauptet, dass die Bundesregierung nichts macht, aber ich sage auch, dass es nicht genug ist, dass es der Dimension dieser Krise nicht gerecht wird (Abg. Sieber: Ja, ja, ja! – weitere


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Zwischenrufe bei der ÖVP), dass kein Plan dahinter ist und dass es nicht treffsicher ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Coronakrise, und vieles wurde dazu schon gesagt, fordert uns alle. Sie fordert uns alle, in allen Lebensbereichen, aber einige Gruppen unserer Gesellschaft fordert sie ganz besonders – das sind die älteren Menschen, das sind die Frauen, die Alleinerzie­herInnen und, ja, das sind die Jungen, die Jugendlichen und die Kinder. Es sind eine Million Schülerinnen und Schüler, die gerade zum zweiten Mal wochenlang zu Hause gesessen sind, und Zehntausende von ihnen waren für die Schule, für ihre Lehrerinnen und Lehrer nicht erreichbar.

Herr Vizekanzler, wir nehmen schon zur Kenntnis, dass es eine wissenschaftliche Dis­kussion darüber gibt, was das Gefährdungspotenzial und Infektionsrisiko in Schulen betrifft, aber eines ist klar: Es hätte immer ein funktionierendes Sicherheitskonzept an den Schulen geben müssen! Es wäre seit Beginn der Schule, seit September notwendig gewesen, darüber nachzudenken, und nicht erst jetzt nach neun Monaten Coronakrise! (Beifall bei der SPÖ.) Das wäre notwendig gewesen, das steht außer Zweifel, und dieser Meinung sind übrigens alle Expertinnen und Experten, darüber gibt es keine Diskussion.

Es sind auch junge Menschen, die eine Lehre beginnen wollen, die mit der Schule fertig sind, die ins Arbeitsleben eintreten könnten, die aber keinen Job und keinen Lehrplatz finden. Es sind junge ArbeitnehmerInnen, die ein paar Monate vor der Krise, ein paar Jahre vor der Krise ihre Karriere begonnen haben, und die die ersten waren, die in dieser Arbeitsmarktkrise den Job verloren haben. Ja, sie alle werden durch diese Krise und teilweise auch durch das Missmanagement der Bundesregierung um viele ihrer Chancen beraubt. – Das ist Zukunft.

Es sind 40 000 junge Menschen, die derzeit keinen Job haben, das sind somit 25 Pro­zent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Deutschland hat die Hälfte an zusätzlichen Arbeitslosen, daher, Herr Vizekanzler, hinkt der internationale Vergleich. Eine ganze Generation droht, wenn nichts gemacht wird, auf dem Abstellgleis zu landen, denn das heißt vor allem Perspektivenlosigkeit, die junge Menschen ein Leben lang wie einen schweren Rucksack mitschleppen – und das darf nicht passieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da gilt es, entschlossen und entschieden zu handeln, mit einem Plan für gerechte Bildungschancen, Ausbildungschancen für junge Menschen – jene Chancen, die dieses Virus so schamlos bedroht. Das Wichtigste wäre, und ich komme darauf noch einmal zurück, alles zu tun, damit der Unterricht ein sicherer Unterricht wird, Sicherheitskon­zepte nicht nur am Papier auszuarbeiten, sondern auch in allen Schulen Österreichs umzu­setzen. (Abg. Steinacker: ...! Wir machen das! ... Direktoren in Österreich!) Rüsten wir aber unsere Schulen endlich auch für den digitalen Unterricht, so wie es sein soll! Stellen wir für jedes Kind ein Tablet oder einen Laptop dafür bereit! Holen wir die Schulen endlich aus dem digitalen Steinzeitalter heraus! Die Ganztagsschulen sollten endlich nach dem Vorbild Wiens ausgebaut werden. Das wäre zu tun. Ein Zukunftskonvent – vor einem Jahr haben wir darüber gesprochen, nichts ist in der Zwischenzeit passiert.

Die Coronapandemie ist noch lange nicht überstanden, das wissen wir alle. Es gilt, gemeinsam viel zu tun, um einen weiteren Lockdown zu verhindern. Wir müssen die Infektionszahlen unter Kontrolle halten, und Massentests sind ein Teil einer Strategie, ein Mosaikstein. Und wenn nach den öffentlichen Massentests jetzt viel über Wieder­holungen und regelmäßiges Testen gesprochen wird, dann wäre ein Ansatz, regelmäßig freiwillige Selbsttests zu Hause in den Wohnzimmern zu machen. Die Möglichkeiten sind da, und ich glaube, wir können es uns alle nicht leisten, in dieser Krise auf neue Mög­lichkeiten zu verzichten.


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Gehen wir in den kommenden Monaten mutig neue Wege, um einen Lockdown zu vermeiden, um gemeinsam sicher voranzuschreiten! Das brauchen wir, das braucht unsere nächste Generation, und ich hoffe, wir ziehen da an einem Strang. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

9.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brückl. – Bitte.


9.47.04

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister Edtstadler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Herr Vizekanzler, wir alle haben Ihnen gut zugehört. Ich meine, Sie stellen sich hierher, schwurbeln etwas von Steinzeit, klopfen hier Sprüche. Das, und ich gebe Frau Klubobfrau Rendi-Wagner da völlig recht, zeugt von Hochmut, Herr Vizekanzler. (Zwischenrufe der Abgeordneten Obernosterer und Steinacker.) Sie wissen schon, worum es hier geht?! – Es geht um die Zukunft unserer Kinder, es geht darum, ob unsere Kinder eine Bildung erhalten, eine Ausbildung erhal­ten, es geht darum, ob unsere Kinder sich eine Existenz aufbauen können, es geht darum, dass sie ein soziales Leben führen können, dass sie Freundschaften begründen können, dass sie Familien gründen können, und es geht darum, dass sie den Schulden­berg von heute abbauen. Und Sie, Herr Vizekanzler, stehen dann hier und reden, wenn es um die Zukunft unserer Kinder geht, davon, dass wir irgendwelche Steine durch die Gegend und durch die Zeit wälzen, und Sie sagen dann noch dazu: Schauen wir einmal! – Das war nämlich der wörtliche Ausdruck: Schauen wir einmal! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist der Ausdruck der puren Hilflosigkeit.

Ich werfe Ihnen, Herr Vizekanzler, und auch Ihrer Regierung nicht vor, dass Sie im Frühjahr dieses Jahres die gesamte Bevölkerung in Quarantäne geschickt haben, dass die Wirtschaft zum Erliegen gekommen ist, dass das soziale Gefüge völlig aus den Fugen geraten ist. Was ich Ihnen aufgrund Ihrer Ausführungen aber vorwerfe, Herr Vize­kanzler, ist die Tatsache, dass Sie diese Situation offensichtlich gar nicht so ernst nehmen und so dramatisch sehen, wie sie tatsächlich ist. Ich werfe Ihnen auch vor, dass Sie seit März dieses Jahres nicht an einer strategischen Lösung der Probleme, unserer Probleme, gearbeitet haben. Sie befinden sich mit Ihrer Regierung auf einer Irrfahrt, und Sie sind bis heute ohne geeignetes Kartenmaterial, sozusagen ohne Sextant, planlos durch den Nebel der Coronapandemie gesegelt.

Spätestens zum Zeitpunkt des ersten Lockdowns, spätestens im März, Herr Vizekanzler, hätten Sie daran arbeiten müssen, hätten Sie damit beginnen müssen, an einer lang­fristigen Strategie zur Lösung der Probleme zu arbeiten. Stattdessen haben Sie immer nur reagiert. Sie haben eine Verbotskultur gefördert, Sie haben Grund- und Freiheits­rechte eingeschränkt und Sie haben eine Kommunikationskultur eingeführt, die hinter verschlossenen Türen und lediglich als Einbahnstraße von oben nach unten vonstat­tengeht. Und das ist die Kritik, die ich an Ihrer Vorgehensweise übe. Das ist kein Krisen­management, sondern es zeugt einerseits von Hilflosigkeit, es zeugt, so wie auch Klubobfrau Rendi-Wagner gesagt hat, von Hochmut, und es ist andererseits auch eine Vermessenheit, Meinungen nur dann zu hören, wenn sie in Ihrem Sinne sind. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Unsere Kinder, unsere Jugendlichen befinden sich seit beinahe zehn Monaten immer wieder in einer gesellschaftlichen und sozialen Isolation. Diese Isolation bringt größte Gefahren für unsere Jugend mit sich: Bildungsstopp, Bildungsverlust, Unsicherheit, Zukunftsängste.

Der Bundeskanzler hat diesen Herbst im Alleingang, entgegen aller Expertenmeinun­gen, auch entgegen der Meinung des Koalitionspartners, Herr Vizekanzler, die Schulen


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zum zweiten Mal de facto geschlossen, die Schüler, die Lehrer in ein Distancelearning geschickt; und das, obwohl nachweislich bekannt ist – und auch Sie haben das heute schon gesagt –, dass die Schulen nicht die Treiber des Infektionsgeschehens sind. Es wurde, denke ich, so wie üblich, die Verantwortung vom Herrn Bundeskanzler abge­schoben, so, wie er es immer tut, wenn etwas schiefläuft, so, wie er es auch heute tut, Herr Vizekanzler, und die Verantwortung auf Sie überträgt, die er eigentlich heute hier wahrnehmen sollte. Er hat, was die Schulschließungen betrifft, ganz einfach sprich­wörtlich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Die Entscheidung, die Schulen de facto zu schließen, war falsch, sie war ein Fehler. Sie stellt eine Zäsur im Leben unserer Kinder dar, Präsenzunterricht kann niemals durch Distancelearning ersetzt werden. Die Folgeschäden beschränken nicht nur das Bil­dungsniveau und die Berufsaussichten unserer Kinder, sondern sie stellen auch eine Last für unsere Kinder dar, die auf ihr Gemüt, auf ihre Seele und auf ihr Wesen drückt. Die Folgeschäden sind, wie wir leider sehen müssen, tiefgreifend, sie sind nachhaltig und sie sind dramatisch, wenn man bedenkt, dass sich allein der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die Angstzustände entwickeln, im Zuge der Krise mehr als vervierfacht hat.

Die Schulschließungen genauso wie die Massentests sind der Entscheidungsgewalt des Bundeskanzlers entsprungen; und was war die Folge? – Die Menschen haben es nicht verstanden; logisch eigentlich, denn wo liegt der Sinn, die Schulen zu schließen, wenn sich dort nicht das große Infektionsgeschehen abspielt. Wo liegt der Sinn, wenn Menschen in Massen getestet werden, obwohl sie gesund sind? Wo liegt der Sinn, dass die Kinder während des Unterrichts Masken tragen müssen? Warum werden keine Plexiglaswände eingesetzt, so wie hier?

Hohes Haus! Diese Regierung gibt Milliarden an Förderungen und Entschädigungen aus, manches ist sinnvoll, manches nicht, aber ich frage Sie, Herr Vizekanzler: Wo sind die Budgetmittel für Begleitmaßnahmen, um sicherzustellen, dass die Folgeschäden aus dem Schullockdown möglichst gering gehalten werden? Es darf - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Hermann Brückl, MA (fortsetzend): - - unter unseren Kindern keine Lockdownverlierer, keine Coronaverlierer geben! Herr Vizekanzler, geben Sie unseren Kindern wieder ihren Mut, geben Sie ihnen wieder ihre Freude und geben Sie ihnen wieder ihre Zuversicht zurück, sie haben es sich verdient, es ist ihre Zukunft! (Beifall bei der FPÖ.)

9.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Neßler. – Bitte.


9.52.52

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Vorredner und Vorrednerinnen, man kann die Regierung natürlich kritisieren, das ist auch legitim, und es sind unbestritten auch Fehler passiert. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass wir jetzt alles tun müssen, um den Coronavirus zu bekämpfen und die Gesundheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger bestmöglich zu schützen.

Liebe NEOS! Niemand hier, wirklich niemand riskiert eine Generation Corona, und das wissen Sie! Auch ist niemand hier für die Coronapandemie verantwortlich! Sie haben recht: Ja, es ist die Aufgabe der Politik, uns bestmöglich durch die Coronakrise und auch wieder heraus zu führen. Genau deshalb sind wir laufend dabei, die größten Härten – und darüber hinaus – abzufedern, beispielsweise – es wurde schon einiges genannt –


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im Familienbereich mit der Aufstockung des Familienhärtefonds oder beim großen Thema Jugendarbeitslosigkeit. Wir haben zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um die Jugendarbeitslosigkeit im Kontext der Wirtschaftskrise so gering wie möglich zu halten, beispielsweise durch die Aufstockung der überbetrieblichen Arbeitsplätze, die Lehrlings­kurzarbeit oder die Lehrlingsförderung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir sind nicht nur dabei, die größten Härten abzufedern, wir denken auch jetzt schon an die Zukunft. Erinnern Sie sich beispielsweise an die Kinderkostenstudie, bei der es genau um die Zukunftschancen geht, darum, eine neue Bemessung für die Familien­leistungen zu erzielen. Die Coronakrise ist nicht vorbei, aber gleichzeitig hat unser Kampf gegen Kinderarmut erst begonnen.

Weil Sie immer und immer wieder von den Schulschließungen sprechen: Unsere Posi­tion ist klar, die Schulen waren offen und werden auch immer offen sein, und das Gegen­teil wird auch nicht richtiger werden, indem Sie es immer wieder behaupten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: ... geschlossen!)

Natürlich wäre es uns lieber gewesen, wir hätten so etwas wie einen normalen Unter­richt, aber wir leben derzeit leider in keiner normalen Zeit. Die Bildungsschere gibt es nicht erst seit Corona, die Bildungsschere gibt es schon seit Jahrzehnten. (Neuer­licher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Da müssen wir auch ansetzen, bevor die schulische Laufbahn überhaupt beginnt, Stichwort frühe Hilfen.

Noch ein Satz zu den Pensionen: Was ich nicht verstehe, ist, dass damit angefangen wird, hier Gruppen gegeneinander auszuspielen (Zwischenruf des Abg. Loacker), denn junge Menschen haben sicher nichts davon, wenn ihre Großeltern in Altersarmut leben müssen. Generationenfairness ist auch keine Einbahnstraße. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Noch ein Satz zur FPÖ – wobei ich nicht viel Redezeit dafür aufwenden möchte (Ruf bei der FPÖ: Ein Fehler!), aber so viel dazu –: Die FPÖ empfiehlt den Leuten wirklich, sich nicht testen zu lassen. (Abg. Deimek: Es geht um jahrelang gepflegte Vorurteile! Da darf man nicht abweichen!) Die Politik der FPÖ in Bezug zur Coronapandemie lässt sich am besten mit dem Aufdruck auf einer Zigarettenschachtel beschreiben: Sie können Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zufügen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm: Du bist ja selber Raucherin, Barbara!)

Klar ist, wir müssen jetzt, egal ob jung oder alt, gemeinsam durch diese Krise gehen, mit gegenseitiger Achtsamkeit, mit gegenseitiger Unterstützung, denn diese Krise hat uns auch eines gezeigt: wie wichtig Solidarität in der Krise ist. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Brückl und Deimek.)

Zum Schluss: Ganz ehrlich, man kann nicht von einer Generation Corona sprechen, weil die Coronapandemie in absehbarer Zeit ein Ende nehmen wird (Abg. Wurm: Ah!), aber wofür es keine schnelle Impfung geben wird, das wird die Generation Klimakrise sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Da vermisse ich schmerzlich Ihren Beitrag, liebe NEOS. Da wird kein Abstandhalten, keine Impfung und kein Masken­schutz helfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Klimakrise geht es um die Lebensgrundlage unserer Kinder, und auch wenn das Thema jetzt zu Unrecht in den Hintergrund gerückt ist: Die Politik, die wir heute machen, wird die Realität von morgen sein, und die wird vor allem die nächste Generation auch dann noch mit voller Wucht treffen, wenn über die Coronapandemie nur noch in den Geschichtsbüchern zu lesen ist.


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Darum tun wir alles dafür, gleichzeitig die Klimakrise zu bekämpfen. Wir nützen die Zeit als Wendepunkt und setzen jetzt schon Konjunkturmaßnahmen, denn nochmals, liebe Kolleginnen und Kollegen: Bei der Klimakrise geht es um nichts Geringeres als um die Zukunft unserer Kinder und unserer Enkelkinder. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

9.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


9.57.58

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vize­kanzler! Sie haben gesagt, Sie brauchen meine Vorschläge nicht, jetzt sind Sie trotzdem genötigt, diese anzuhören. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Kogler.)

Die Jungen sind die großen Verlierer dieser Krise, und das kann man nicht schönreden und nicht wegreden. Und ja, Sie können einwenden, dass die an Corona Verstorbenen im Schnitt über 80 sind, aber das ist im Wesentlichen ein Ergebnis der Versäumnisse der Regierung – weil Sie diese Gruppe nicht gut genug geschützt haben, haben wir unter den besonders Hochbetagten so viele Verstorbene. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Deimek und Rauch.)

Andere haben das geschafft. Da könnte man auch zu Ihrem grünen Parteikollegen nach Tübingen schauen, dort hat man gezielt die Alters- und Pflegeheime geschützt, damit die Menschen im Leben mehr Freiheit haben können. Dort gibt es viel weniger Todes­opfer als in allen anderen vergleichbaren Städten.

Langfristig zahlen die Jungen, und Sie haben ein Stück weit recht, Herr Vizekanzler, das ist nicht zur Gänze vermeidbar, aber ein Stück weit schon. Diese Regierung hat sich entschieden, Politik so zu machen, wie man in Österreich in den letzten 75 Jahren Politik gemacht hat, nämlich Klientelpolitik. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Deimek und Rauch.) Dazu muss man sich überlegen, wer die zuverlässigen Wähler und wer diese Klientelgruppen sind, für die da Politik gemacht wird. Es sind mehr Wähler über 70 als unter 30, und so wird hier auch gearbeitet.

Es ist – Kollege Brückl hat es vorhin richtig gesagt – eigentlich einer ganzen Schüler­generation ein Schuljahr ausgefallen, denn der Betrieb war im Sommersemester 2020 de facto schon geschlossen. Auch, wenn es Kollegin Neßler zum wiederholten Mal schönredet: Die Tatsache, dass jemand in die Schule kommen darf und dort betreut wird, ist nicht gleichbedeutend mit Unterricht und Lernen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Das kann einen regulären Unterricht nicht ersetzen, dann lernt man halt so viel Mathe­matik, wie ein durchschnittlicher Grüner beherrscht, aber das reicht fürs Leben nicht.

Die Jungen zahlen aber auch danach drauf (Zwischenruf des Abg. Sieber): Wo finden sie jetzt ein Praktikum oder eine Schnupperstelle, durch die sie sich für den späteren Jobeinstieg bewähren können? – Es nimmt sie keiner auf. Wo finden sie nach Abschluss der Schule eine Stelle? – Jeder Betrieb ist jetzt im Regelfall froh, wenn einer in Pension geht oder wenn eine Frau in Karenz geht und man die Stelle nicht nachbesetzen muss, weil die wirtschaftlichen Aussichten so ungewiss sind, weil diese Regierung von einem Lockdown in den nächsten stolpert und die Konsequenzen nicht einmal bis zur nächsten oder übernächsten Woche zu Ende gedacht sind.

Unter diesen Voraussetzungen können keine neuen Jobs entstehen. Jetzt sagen Sie: Na, es sind eh nur 100 000 Arbeitslose, die anderen haben mehr! – Ja, Mama, die ande­ren haben auch einen Fünfer! Das ist der Zugang, den Sie haben. (Beifall bei den NEOS sowie der Abgeordneten Deimek und Rauch.)


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Haben Sie sich angeschaut, wie die Langzeitarbeitslosigkeit, besonders bei den Jungen, gestiegen ist? – Bei Menschen unter 35 Jahren ist die Langzeitarbeitslosigkeit, also die Arbeitslosigkeit, die länger als sechs Monate dauert, um 140 Prozent gestiegen, und bei Menschen bis 24 Jahre um 800 Prozent. Ihre Regierung macht Politik auf Kosten der Jungen, und das haben Sie zu verantworten. Sie brauchen nicht damit zu kommen, dass es für die Arbeitslosen eh einen Bildungsbonus von 180 Euro gibt – die brauchen keinen Bildungsbonus, die brauchen einen Job! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sie sagen: Wir haben ja 360 Euro Kinderbonus ausbezahlt! – Ja, ohne zu schauen, wer es braucht. Auch alle Eltern, die hier im Parlament sitzen, haben 360 Euro pro Kind be­kommen. Auch die Beamten, die Fixgehälter haben, haben 360 Euro pro Kind bekom­men. Den Kinderbonus haben nicht jene bekommen, die ihn brauchen, sondern Sie sind mit der Gießkanne hingegangen, um das Geld blind zu verteilen. Dazu haben Sie Schul­den aufgenommen, und das zahlen die Jungen auch. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die Arbeitslosigkeit wäre noch viel höher, würde sie nicht versteckt werden. Junge Leute, die jetzt keine Lehrstelle finden, gehen in eine weiterführende Schule, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Die schlagen in der Arbeitslosenstatistik nicht auf. Jungakademiker, die jetzt mit der Uni fertig sind und gerne einen Job antreten würden, hängen noch ein Masterstudium an, weil sie dazu gezwungen sind. Sie würden gerne arbeiten gehen, sie kriegen aber keinen Job. Das ist versteckte Arbeitslosigkeit, die Sie in Ihrer Statistik nicht sehen.

Sie sagen: Ja, wir machen Schulden, wir investieren! – Ich frage: Was ist das für eine Investition, wenn ich das Geld mit der Gießkanne verteile? 360 Euro für jedes Kind, auch für jene Eltern, die es nicht brauchen, eine Pensionserhöhung von 3,5 Prozent – das sind keine Investitionen. Das bedeutet, Geld auszugeben, ohne zu schauen, wer es braucht. Sie haben nicht nur die Ausgleichszulage für die Bedürftigen erhöht, Sie haben 3,5 Prozent mit der Gießkanne ausgeschüttet, während die Arbeitnehmer in der Metallindustrie, wenn sie überhaupt noch einen Job haben, 1,45 Prozent erhalten. Das sind diejenigen, die das finanzieren müssen.

Wer zahlt in zehn Jahren die Spitäler? Wer zahlt in zehn Jahren die Pensionen? Wer zahlt in zehn Jahren den öffentlichen Dienst, wenn die Jungen heute keine Ausbildung, keine Praktika, keine Lehrstellen und keine Jobs nach dem Studium bekommen? Das haben Sie zu verantworten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marchetti. – Bitte.


10.03.12

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich glaube wirklich allen, die gesprochen haben, dass sie sich um die Generation der Jugendlichen in diesem Land ernsthaft Sorgen machen, aber ich finde es schade, dass man so etwas in den Debatten in letzter Zeit extra betonen muss.

Sie fordern ja zum Beispiel einen Zukunftskonvent. Ich habe über diesen Vorschlag nachgedacht und bin darauf gekommen, dass Sie eine Institution fordern, in der alle Fraktionen gemeinsam über Zukunftsfragen, Bildung, Digitalisierung und die Verfassung diskutieren. Ich habe mir gedacht, dass es das eigentlich schon gibt, das ist doch eigentlich die ursächliche Aufgabe des Parlaments. Wir sollten uns dieser Aufgabe vielleicht wirklich einmal stärker widmen, anstatt dauernd nur politisches Kleingeld zu


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wechseln. (Abg. Scherak: Bei einer Regierungsfraktion, die alles vertagt, sollte man ein bisschen aufpassen! – Zwischenruf des Abg. Eypeltauer.) Reden wir über die wichtigen Fragen der Zukunft! Wir sind gerne dabei, weil es das Parlament aus diesem Grund auch gibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weil auch angesprochen wurde, dass die Schulden auf Kosten der nächsten Gene­rationen gehen, möchte ich jetzt etwas zur Schuldenpolitik sagen: Ja, ich gehöre auch zu denen, die sagen, ein ausgeglichener Haushalt ist nachhaltig und wichtig. Warum ist er das? – Weil man sich Spielräume erarbeitet, die man dann nutzen kann, wenn man sie braucht. Als überzeugter Vertreter dieser Theorie sage ich: Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem man diesen Spielraum braucht, an dem man investieren muss, weil genau das die Basis für ein Wirtschaftswachstum ist, um Arbeitsplätze für eben jene Generation zu schaffen, von der Sie gesprochen haben. (Abg. Scherak: Gießkanne!) Das geht nicht auf Kosten dieser Generation, sondern das ist die Basis für diese Generation, damit sie in diesem Land Chancen, Arbeitsplätze und eine gute Zukunft vorfindet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scherak: 3,5 für Luxuspensionisten!)

Das müsste man so sehen, wenn man ernsthaft darüber diskutiert. Zu dieser Ernst­haftigkeit komme ich jetzt auch: Liebe NEOS und liebe FPÖ, ich habe noch im Ohr, wie Ihre Fraktionen in den letzten Monaten immer wieder gefordert haben: testen, testen, testen! (Ruf bei den NEOS: Aber gescheit!) Jetzt testen wir flächendeckend. (Abg. Hammerschmid: Ja, einmal!) Und was höre ich jetzt? – Unnötig, braucht man nicht! (Abg. Heinisch-Hosek: So nicht!) Gehen Sie da nicht hin, ist eh ein Flop!

Obwohl die Tests in manchen Bundesländern noch nicht einmal begonnen haben, wissen Sie schon, dass sie ein Flop sind. (Abg. Heinisch-Hosek: Man muss mehrmals testen!) Sie sind aktiv Teil einer Demobilisierung. Das ist verantwortungslos, das verstehe ich nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischen­rufe bei SPÖ und FPÖ.)

Gerade bei den Jungen haben wir Mobilisierungsprobleme. (Zwischenruf des Abg. Brandstätter.) Sie könnten anfangen, gegen eine Generation Corona zu kämpfen, indem Sie die jungen Menschen dazu ermutigen und davon überzeugen, dass es sinn­voll ist, zu testen, damit wir schneller aus der Krise kommen und sie mehr Chancen haben.

Kollegin Belakowitsch hat den Vogel abgeschossen, indem sie gemeint hat: Nein, gehen Sie nicht testen, weil Sie sonst in den Weihnachtsfeiertagen vielleicht in Quarantäne gehen müssen! Übersetzt heißt das: Wir wollen die Freiheit, unsere Familie anzu­stecken, oder wie!? Das kommt noch dazu von einer Ärztin. Das ist so zynisch, dass ich wirklich nur noch hoffen kann, dass junge Leute da nicht zuschauen und nicht glauben, dass Politik so funktioniert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Nun auch noch ein Wort zu den NEOS: Kollege Loacker ist ja, glaube ich, einer der letzten Liberalen, der den NEOS geblieben ist. Ich verstehe diese Staatsgläubigkeit nicht, die Sie da an den Tag legen. Als wäre für alles die Bundesregierung verantwortlich und als könnte sie alles alleine machen. Das ist nicht die Realität. Es gibt keine Rückerstattung der verlorenen Stunden, die in den letzten Monaten nicht mit Familie und Freunden verbracht werden konnten. Das gibt es nicht, das kann die Politik nicht leisten. Es gibt kein All-inclusive-Hilfspaket, das alle Sorgen abnehmen kann. Wir als Vertreter der Politik müssen auch sagen, was wir leisten können und was nicht. Das können wir nicht leisten. Das müssen wir auch ehrlich sagen. Es ist für alle eine harte Zeit. Wir können nur schauen, wo wir es den Menschen leichter machen können. Wir können nicht alles machen. Das müssen wir auch einmal in dieser Ehrlichkeit und Deutlichkeit sagen.


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Ich wünsche mir, dass wir gerade jetzt schauen, dass alle Institutionen – alle Lan­desregierungen, in denen auch Ihre Parteien vertreten sind, die Bundesregierung, die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer, auch die ÖH – alles dafür tun, um diese Härte­fälle abzufedern. Es ist einfach so. Es ist keine einfache Zeit, aber es ist eben unsere Zeit. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Wenn wir zusammenhalten, wenn wir wirklich schauen, dass jeder das Beste gibt, wenn wir beim Testen mitmachen, wenn wir schauen, dass wir das, was uns weiterbringt, auch wirklich forcieren – alle Parteien gemeinsam, wir als Politik –, dann kommen wir auch schnell aus dieser Krise und es gibt auch keine Lost Generation, wie uns alle einreden wollen.

Auch das hat Auswirkungen, wenn wir der Jugend mitgeben: Ihr seid lost, ihr seid verloren, ihr habt keine Zukunft! Auch das macht etwas mit den Menschen. Vielleicht geben wir ihnen Hoffnung, vielleicht geben wir ihnen Zuversicht und Chancen für die Zukunft: Ihr seid nicht lost, sondern ganz im Gegenteil, die ganze Zukunft liegt vor euch! Wir schauen, dass die Basis für den Aufschwung so schnell wie möglich da ist und dass wir diesen Aufschwung genießen können! Ihr werdet am meisten davon profitieren! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Holzleitner ist zu Wort gemel­det. – Bitte sehr.


10.08.31

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wenn hier von Parlamentarismus und davon gesprochen wird, dass die Opposition nur schimpft und böse ist, dann frage ich mich wirklich, ob man mit Scheuklappen in den Ausschüssen sitzt. Der überwiegende Teil der Anträge in den Ausschüssen kommt von der Opposition. Was passiert damit? – Abgelehnt, vertagt, abgelehnt, vertagt! (Zwischenruf des Abg. Sieber. – Ruf bei der ÖVP: Wird schon einen Grund haben!)

Morgen haben wir solche Anträge aus dem Unterrichtsausschuss in Hülle und Fülle auf der Tagesordnung. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Ich finde es wirklich anmaßend von den Regierungsparteien, wenn es heißt, dass von der Opposition nichts kommt, weil wir etwas tun, und zwar in diversen Bereichen. Das kann man sich ruhig ein Stück weit abschauen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Wenn es um einen Zukunftskonvent geht, auf dem man alles noch einmal zusammen­fasst, so halte ich auch das für einen guten, konkreten Vorschlag, mit dem man leben kann. In den Ausschüssen liegt aber eigentlich schon so viel, und für alles hätten wir wirklich konkrete Vorschläge gemacht.

Wenn hier mehrfach die Klimakrise diskutiert wird, freue ich mich auf die Diskussion zum Klimavolksbegehren nächste Woche. Schauen wir, was davon umgesetzt wird! Schauen wir, was die Regierungsparteien dann wirklich machen, welche Forderungen, die dort konkret am Tisch liegen, sie auch wirklich in die Regierungsarbeit mitnehmen und tatsächlich umsetzen! Das ist nämlich noch ein weiterer Schritt.

Da der Demokratiemonitor schon angesprochen worden ist: Ja, junge Menschen sind innovativ und kreativ, aber wir wissen auch ganz konkret, dass gerade die, die jetzt schon finanzielle Nöte und andere Sorgen haben – wie bekomme ich eine Lehrstelle?, wie bekomme ich einen Job?, wie kann ich mir mein Leben finanzieren? –, oftmals von politischer Teilhabe – dazu gehört auch das Gehen auf eine Demo – ausgeschlossen sind.

Ich finde es also wirklich fast auch ein bisschen überheblich, zu sagen, junge Menschen sind kreativ und innovativ und sie sollen halt ein bisschen mehr tun, wenn man schwarz


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 53

auf weiß im Demokratiemonitor einfach sehen kann – zum dritten Mal durchgeführt, von der Parlamentsdirektion mit Sora in Auftrag gegeben –, dass viele junge Menschen aufgrund anderer Sorgen in ihrem Leben leider nach wie vor von politischer Teilhabe ausgeschlossen sind.

Es ist gut, dass wir nun zur parlamentarischen Primetime über die Bedürfnisse von jungen Menschen reden, weil das im letzten halben Jahr viel, viel zu wenig gemacht worden ist. Wann redet man über junge Leute? – Wenn man einen Sündenbock braucht, weil wieder so exzessiv Party gemacht worden ist. Wenn man einen Sündenbock braucht, weil dort oder da die Eigenverantwortung wieder viel zu wenig in Acht ge­nommen wird. Das ist die Diskussion, die im letzten halben Jahr über junge Menschen geführt worden ist, aber es ist nie über das geredet worden, was sie in dieser Zeit wirklich wollen und was sie wirklich brauchen, und das ist eigentlich sehr viel.

Die Jugendarbeitslosigkeit – das war schon ein Thema – ist immens hoch, vor allem auch bei den Studierenden, die von Nebenjobs leben, die von Nebenjobs in der Gastro leben – wenn wir schon über den Tourismus reden, Herr Vizekanzler. Was passiert? – Es kommt eine UG-Novelle, die den Druck noch mehr erhöht, aber kein Sozialtopf im Familienministerium, im Wissenschaftsministerium oder sonst irgendwo. Man lässt sie einfach kalt im Regen stehen und hofft, dass die ÖH oder die Gemeinden eh irgendetwas tun, aber sonst macht man nichts. Das ist wirklich sehr dramatisch, weil man gerade die Studierenden – wir wissen, es ist leider ein Faktum, dass viele einen Job brauchen, um sich das Leben zu finanzieren – einfach im Regen stehen lässt, obwohl eine klare Übernahme von Verantwortung seitens der Bundesregierung maximal notwendig wäre. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

65 000 Jugendliche und junge Menschen sind nach wie vor Arbeit suchend oder in Schulungen, das haben auch die Dachverbände der Sozialwirtschaft wieder dargelegt, nämlich mit den Zahlen von November 2020. Dass das ein massives Problem für die Zukunft ist, wissen wir auch: Jobeinstiegschancen, das spätere Lebenseinkommen und so weiter; das zieht sich wie ein roter Faden durch die komplette Biografie der Personen.

Die Taskforce, die seitens der Bundesregierung notdürftig eingerichtet worden ist, kann einfach nur ein Rohrkrepierer sein – das sieht man anhand dieser Zahlen –, sonst hätten wir nicht 25 Prozent mehr bei den jungen Menschen, die ohne Hacken dastehen. Das ist ein Faktum. Was ist passiert? – Viel zu wenig. Die jungen Menschen brauchen aber diese Arbeitsmarktchancen – Beschäftigungsprogramme, Arbeitsplätze, Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst –, um auch ihnen eine krisensichere Daseinsvorsorge für die Zukunft zu garantieren. Der öffentliche Dienst wäre eine Möglichkeit, um Lehrstellen und sichere Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen, und auch da ist einfach viel, viel zu wenig passiert.

Ein Thema möchte ich zum Schluss noch mitnehmen. Ich weiß nicht, wie oft wir als SPÖ im letzten halben Jahr auch das Thema Kindergesundheit angesprochen haben. Wir haben es schon gehört: Ohne Freundinnen und Freunde zu Hause sitzen, vielleicht sogar alleine, ohne Grün draußen, ohne Garten et cetera – das Fußballtraining ist aus­gefallen, das Vereinsleben ist de facto völlig stillgestanden, außer man hat sich ehren­amtlich engagiert und irgendwie Nachbarschaftshilfe organisiert –, ist ja für viele, gerade für ganz kleine, junge Menschen, also Kinder sehr dramatisch.

Es ist ja auch nicht so, dass diese sagen können, sie gehen jetzt einfach mal schnell einkaufen. Für sie ist das Vereinsleben vollkommen ausgefallen, und das ist sehr dra­matisch. Die digitale Jugendarbeit war der letzte Rettungsanker - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte, Frau Kollegin!



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 54

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (fortsetzend): Ja! – Auch da sucht man leider vergeblich jegliche finanzielle Absicherung des Bundes. Vieles ist kommunal finanziert und wir wissen, die Gemeinden stehen unter Druck. Ich würde mir auch da seitens des Bundes einen finanziellen Absicherungstopf wünschen, dass man sagt: Ja, Jugendarbeit ist - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (fortsetzend): Es gilt, zu schauen, dass Jugend­arbeit auch weiterhin möglich ist und krisensicher gemacht wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.


10.14.30

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vize­kanzler! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum riskieren Sie, die Bundesregierung, eine Generation Corona? – Das ist wirklich eine berechtigte Frage. Ich konzentriere mich auf die Situation an den Schulen und Universitäten, weil ich dort die Situation in den letzten Monaten für die Jungen, für die Schüler besonders bedrückend finde.

Ich habe es mit großer Sorge vernommen, dass der Herr Bundeskanzler gestern in einem Interview betont hat, dass ihn ein in Deutschland von der Nationalen Akademie der Wissenschaften veröffentlichtes Papier sehr bestärkt hätte. Dieses sei auch für Österreich hilfreich und sehr mutig gewesen, denn darin sei die Rede davon, dass der harte Lockdown und die Schulschließungen über einen langen Zeitraum hinweg berechtigt gewesen wären – für Deutschland werden sie darin auch noch vor den Weihnachtsferien und bis weit darüber hinaus empfohlen. Der wissenschaftliche Befund dieser Experten sei darin ganz klar, und er, der Bundeskanzler, fühle sich dadurch bestärkt. – Das hat bei mir ein Schauern ausgelöst, denn ich sehe es vollkommen an­ders.

Der Experte, der da führend tätig war, war Universitätsprofessor Dr. Drosten, der Chef­politvirologe in Deutschland – man kann es nicht anders bezeichnen. Dieser hat schon vor zehn Jahren bei der Schweinegrippe wirklich fundamental danebengehauen. Es laufen in Deutschland und in den USA Sammelklagen gegen seine PCR-Tests; er wird wohl auch ein bisschen etwas an diesen Tests, die er entwickelt hat, mitverdienen. Vor ein paar Tagen hat er den ungeheuerlichen Satz gesagt: Jeder soll sich verhalten wie ein Infizierter! (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) – Tut mir leid, wenn wir das machen, dann landen wirklich wir alle, die gesamte Gesellschaft und nicht nur die Kinder und Jugendlichen, in der Psychiatrie. (Beifall bei der FPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Warum? – So ein Ansatz kann in keine gute Zukunft führen. Es gab jetzt die Mas­sentests. 566 000 Menschen haben sich testen lassen, davon waren ungefähr 2 000 positiv, wovon über den Daumen gut die Hälfte, so kann man, glaube ich, sagen, falsch positiv waren. Das ist eigentlich erfreulich, aber trotzdem wird die Schraube immer weitergedreht, und am meisten kommen die Kinder und Jugendlichen unter die Räder. Die Maßnahmen dürfen nicht mehr schaden als das Virus. Bei den Kindern und Jugendlichen ist das schon eingetreten, bei ihnen wird keine Rücksicht genommen, ihnen wird viel zu viel zugemutet.

Sie haben gesagt, im Ausland seien auch solche Maßnahmen gesetzt worden – schauen wir auf Österreich, schauen Sie sich unsere Experten an! Es gibt da den Universitäts­professor Kerbl, der nicht irgendwer ist, sondern der Vorstand der Abteilung für Kinder-


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und Jugendheilkunde in Leoben. Sie werden ihn wahrscheinlich kennen, er ist Top­kinderarzt oder der Topkinderarzt und wahrlich kein Regierungskritiker an und für sich. Er hat nach acht Monaten Corona betreffend Kinder und Jugendliche eine Bilanz gezogen: Kinder sind Gott sei Dank sehr, sehr selten von der Coronaerkrankung betroffen. Es hat noch keinen Todesfall gegeben. Sie sind keine Superspreader, sie töten ihre Großeltern nicht, was ihnen ja durch diese Angstpolitik beinahe suggeriert worden ist und was furchtbar belastend für die Kinder war. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Die Übertragung bei Kindern und durch Kinder ist sehr gering und im klinischen Geschehen – da geht es ja um die Belastung des Gesundheitssystems – spielen sie keine Rolle. Das ist eigentlich sehr erfreulich.

Daher: Man muss die Kinder und Jugendlichen in der Schule in Ruhe lassen. Alles, was da in leuchtenden Farben geschildert worden ist, das Homeschooling sei so toll und man habe Zeit fürs Brotbacken gehabt: Die Kinder gehören in die Schule! Die Kinder müssen etwas lernen, sonst haben sie keine Zukunft! (Beifall bei der FPÖ. – Die Abgeordneten der FPÖ halten Tafeln mit dem Parteilogo der FPÖ und der Aufschrift „Keine Masken­pflicht im Unterricht“ sowie der Abbildung eines Kindes mit Mund-Nasen-Schutz in die Höhe.)

Es wurde eine Stimmung aufgebaut, die für die Kinder einfach unglaublich belastend ist. Es wurden die Direktoren dazu gebracht, Briefe an die Eltern zu schicken, in denen strengste Strafen angekündigt wurden, wenn die Kinder die Abstandsregeln nicht einhalten, wenn sie die Maskenpflicht verletzten. Sie sind mit Vorschriften – lüften, Abstand halten, Masken – überfrachtet, das sind alles psychische Belastungen, Angst­zustände. (Abg. Amesbauer: Sadismus!)

Wir müssen da bitte die Reißleine wieder ziehen. Der negative Höhepunkt ist wirklich diese Maskenpflicht im Unterricht, stundenlang, 6 bis 8 Stunden, das ist auch laut Bil­dungsminister unzumutbar, untragbar. Ich glaube, jeder, der mit Kindern zu tun hat, weiß, dass das - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Tafeln bitte wieder runtertun, es ist mehr als eine halbe Minute! (Abgeordnete der FPÖ bringen die Tafeln zwischen den Glastrenn­wänden in ihren Bankreihen an.)


Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Es ist einfach aus hygienischen Ge­sichtspunkten nicht sinnvoll. Bitte beachten Sie das: Es ist auch kein gelinderes Mittel, wie hier von mehreren Parteien verbreitet wird, nein, es ist ein ungeeignetes Mittel! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kann Ihnen versprechen, wir Familien, wir achten darauf, dass wir die Kinder nur gesund in die Schule schicken, bei Symptomen bleiben sie sofort zu Hause – wir Eltern machen das. Wir haben sie dazu angehalten, Abstand zu halten, Hände zu waschen, natürlich – das haben wir immer gemacht, bei allen Infektionskrankheiten, das ist unser Teil. Bitte schaffen Sie aber noch besser heute als morgen diese Maskenpflicht ab! Sie können diese gesundheitlichen und psychischen Schäden, die dadurch eintreten wer­den, nicht verantworten. Nachdem die Bundesregierung - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich um den Schlusssatz bitten!


Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (fortsetzend): Ich bin eine Frau, ich probiere es mit einer anderen Methode, wenn ich mit Kritik nicht zum Ziel komme. Ich bin mir nicht zu schade, Sie zu bitten, sich wirklich dafür einzusetzen, Sie beide vielleicht (in Richtung Vizekanzler Kogler und Bundesministerin Edtstadler), dass die Maskenpflicht zumindest während des Unterrichts so schnell wie möglich wegkommt. Bitte! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

10.20



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 56

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Lukas Hammer ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.20.14

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen hier mit der Opposition, mit den NEOS, mit der SPÖ, harte, aber, ich glaube, wichtige Debatten darüber, wie wir die Coronapandemie bekämpfen, wie wir Maßnahmen setzen, wie wir darauf reagieren. Was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, tun, dass Sie überall ohne Maske herumrennen, dass Sie den Leuten sogar ausreden, dass sie eine Maske tragen, dass Sie Menschen sagen, sie sollen sich nicht testen lassen, das ist in einem unglaublichen Maße unverantwortlich. Es ist wirklich eine Zumutung! (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Es ist eine Zumutung! (Abg. Amesbauer: ... die Masken zu testen! Sie sagen ...!)

Ja, diese ganze Zeit ist eine Zumutung, für ganz Österreich (Abg. Amesbauer: Wir las­sen uns von Ihnen überhaupt nichts sagen!), für alle Menschen in diesem Land, für mich, für meine Familie, die leider auch selbst und direkt betroffen ist (Abg. Belakowitsch: Ja, meine auch!) – so wie viele, viele andere Familien in Österreich. Es ist eine Zumutung für unsere Freiheit (Abg. Belakowitsch: Das ist die Regierung! Die Regierung ist die Zumutung!), für unsere Freundschaften, für unser Familienleben; dieses Virus, das Virus, es raubt Menschenleben, es raubt Arbeitsplätze (Abg. Amesbauer: Die Regierung ist schuld! Die Regierung ist schuld!) und es raubt Chancen, gerade von jungen Menschen. (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Nein, es ist keine böse Verschwörung, dieses Virus. Wir können darüber reden, warum dieses Virus entstanden ist. Wir können über den Umgang mit der Natur reden, über Zoonosen, falls Sie sich vielleicht darüber schon Gedanken gemacht haben, aber diese Pandemie ist keine böse Verschwörung irgendeiner Bundesregierung irgendwo auf der Welt. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Das ist ja unglaublich!)

Und ja, wir kämpfen dagegen. (Abg. Amesbauer: Sie reden ...!) Haben wir alles perfekt gemacht? – Nein, wie keine Regierung auf dieser Welt, weil es so eine Pandemie in unserer Zeit noch nie gab. (Abg. Belakowitsch: Überall haben die Schulen offen, nur bei uns nicht!) Wir haben sicher nicht alles perfekt gemacht, aber wir kämpfen jeden Tag und unermüdlich.

Aber diese Krise, diese Pandemie, sie wird vorübergehen. Wir werden Opfer betrauern, Menschen, die an dem Virus gestorben sind, Menschen, die sich selbst das Leben ge­nommen haben, weil sie verzweifelt waren (Abg. Belakowitsch: Na wunderbar!) – ja, so etwas gibt es auch. (Abg. Belakowitsch: Es ist Aufgabe der Regierung, zu ..., nicht zu fördern!) Wir werden Schäden reparieren. Wir werden die Versäumnisse in der Bildung, so gut, wie es geht, wieder aufholen. Wir werden die Krise mit Zusammenhalt und allen notwendigen Maßnahmen und hoffentlich auch bald mit einem Impfstoff überwinden. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Meine ältere Tochter wird sich irgendwann einmal dunkel an dieses verfluchte Jahr 2020 erinnern, mit Homeschooling, mit Lockdown und mit allem, was die Kinder dieses Jahr alles durchmachen mussten. Für meine Enkelkinder wird dieses Jahr hoffentlich einfach eine historische Zäsur sein, so wie für uns heute die Schweinegrippe, ah, die Spanische Grippe. (Abg. Belakowitsch: Schweinegrippe, ja genau! – Heiterkeit und weitere Zwi­schen­rufe bei der FPÖ.)

Unsere Verantwortung ist es, diese Krise so schnell wie möglich zu einem Kapitel in den Geschichtsbüchern zu machen (Abg. Belakowitsch: Genauso wie die Schweine­grippe!), und unsere Verantwortung ist es auch, dass es später einmal überhaupt noch


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Geschichtsbücher gibt, denn die andere Wahrheit über diese Generation ist: Die Corona­krise wird vorübergehen, aber die Klimakatastrophe – der Vizekanzler hat es schon angesprochen – rollt immer schneller. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) – Auch die Klimakrise leugnen Sie, genauso wie die Coronapandemie. (Abg. Amesbauer: Was heißt da leugnen?) Das macht es nicht besser, aber auch gegen die Klimakrise gibt es keinen Impfstoff. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Amesbauer: ... Pharisäer!)

Ich hatte im letzten Wirtschaftsausschuss eine kleine Diskussion und einen Streit mit Kollegen Matznetter von der SPÖ. (Abg. Belakowitsch: Weil Sie so gescheit sind!) Er wollte einfach nicht verstehen, warum wir kein Fördergeld für den Kauf neuer Diesel­autos ausgeben. Herr Kollege, damit husten Sie dieser Generation, die von der Klimakrise betroffen ist, ohne Maske direkt ins Gesicht.

Gerade weil wir allen jungen Menschen in Österreich derzeit so viel abverlangen, haben wir aus meiner Sicht die verdammte Pflicht, die Fehler aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Dazu gehört zum Beispiel auch eine Abwrackprämie. Wir werden auch weiterhin keine Dieselautos fördern. Stattdessen – und darauf bin ich sehr stolz, dass wir das durchgesetzt haben – gibt es seit August eine Investitionsprämie für alle Klima­schutzinvestitionen bis 50 Millionen Euro. Wir haben ein riesiges Paket für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs bereitgestellt, allein 17,5 Milliarden Euro für den Bahnausbau.

Wir werden - - Wir haben das Budget für die thermische Sanierung (Abg. Belakowitsch: Wir werden, wir haben, wir wollen!) versiebenfacht. Wir werden ab nächstem Jahr jedes Jahr 1 Milliarde Euro für den Ökostromausbau aufstellen, zusätzlich zum Budget, das gibt 100 000 Arbeitsplätze. 100 000 Arbeitsplätze! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch: Ja genau! ... keine Arbeitslosen! ...!) – Ja, ja.

Wir stecken mehr Geld als jemals zuvor in die Rettung dieses Planeten, in den Klima­schutz und wir starten heute mit einer Ökosteuerreform, die wir nächstes Jahr mit einer Bepreisung des Klimakillers CO2 vollenden werden. (Abg. Belakowitsch: Ihr werdet gar nichts mehr ...!)

Mit all diesen Maßnahmen leisten wir einen Beitrag dazu, dass aus dieser Generation nicht die Generation Klimakollaps wird, denn darauf steuern wir derzeit zu. Und wir sorgen gleichzeitig dafür, dass wir so schnell wie möglich die wirtschaftlichen Folgen dieser verfluchten Pandemie endlich überwinden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Shetty. – Bitte.


10.26.01

Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute schon mehrfach gehört, wir kennen alle die Bezeich­nungen für die Generation X, Y, Z. Jetzt hat uns leider auch die aktuelle Gesundheits­krise um eine Generation reicher gemacht, nämlich um die Generation Corona, um – wie sie von manchen leider schon bezeichnet wird – eine verlorene Generation.

Die Generation Corona ist aber weniger dieser Gesundheitskrise geschuldet – wir alle wissen, dass die jungen Menschen gesundheitlich von Corona, also vom Virus direkt weniger betroffen sind –, sondern vor allem dem misslungenen Krisenmanagement der Bundesregierung, und ja, wie ich finde, in manchen Bereichen einem Totalversagen der Bundesregierung geschuldet! Wir haben es heute schon gehört: Wie kann es sein, dass der Kanzler im Alleingang die Schulen zusperrt, die Kinder wegsperrt, es aber gleichzeitig


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nicht schafft, unsere ältesten Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Pflegeheimen zu schützen? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Im November waren 40 Prozent aller Covid-Toten Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen. Wie kann das sein? Wie ist das möglich? Und wie ist es möglich, dass diese Zahlen nicht veröffentlicht werden, dass sie vertuscht werden und dass niemand darüber berichtet? – Sie versagen beim Schutz der älteren Menschen auf der ganzen Linie und im Gegenzug schränken Sie die Rechte der jungen Menschen unverhältnis­mäßig stark ein: ihr Recht auf Bildung, ihr Recht auf Ausbildung und ihr Recht auf Chancen.

Der erste Lockdown war hart, er war notwendig – wir alle hier im Parlament haben ihn übrigens mitgetragen –, aber der zweite Lockdown hätte, vor allem in den Schulen, verhindert werden können und hätte auch verhindert werden müssen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Aber wer ist, wenn es nach Ihnen geht, schuld? – Zuerst waren es die rücksichtslos feiernden Jugendlichen, wie der grüne Minister Anschober gesagt hat, dann waren es die Menschen mit Migrationshintergrund, wie es der türkise Kanzler entgegen den Fakten behauptet hat, aber jedenfalls nie schuld sind die Verantwortungsträger und Verantwortungsträgerinnen.

Tatsache ist, dass die jungen Menschen, die gerade im Bildungssystem die Grundsteine für ihr zukünftiges Leben legen wollen, die sich ein stabiles soziales Umfeld aufbauen wollen, die im Berufsleben Fuß fassen wollen, die in eine erste eigene Wohnung ziehen möchten, die eine Familie gründen wollen, die sich eben eine Zukunft aufbauen wollen, dass diese jungen Menschen gerade zusehen, wie ihre Zukunftsvorstellungen wie Seifenblasen zerplatzen. Wenn es jemals einen Generationenvertrag gegeben hat, dann haben Sie ihn mit Corona endgültig aufgekündigt.

Ich möchte Ihnen das anhand des Arbeitsmarktes, der psychischen Gesundheit von Jugendlichen und des Schuldenberges, der weiter anwächst, kurz skizzieren. Am Arbeitsmarkt – das haben Kollege Loacker und andere ja schon ausführlich berichtet – zeigt sich, dass die Jugend am härtesten von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit betroffen ist, und zwar von allen, im Vergleich mit allen anderen Gesellschaftsgruppen.

In den letzten Monaten ist die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich um 11,8 Prozent gestiegen, Tendenz steigend. Staatliche Programme gegen Altersarbeitslosigkeit gibt es einige, aber für die Jugend wird viel zu wenig gemacht – und das, obwohl bekannt ist, dass sich vor allem bei den unter 25-Jährigen lange Unterbrechungen der Erwerbsdauer besonders langfristig und negativ auf die Einkommen und Jobchancen auswirken.

Aber nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern auch betreffend die Gesundheit, nicht durch Corona, nicht durch die Krankheit selbst, aber was die psychische Gesundheit angeht, sind die Jungen besonders hart getroffen. Aktuelle Studien der Universität Wien, aber auch internationale Studien zeigen wie in keiner anderen Altersgruppe bei der Jugend Extremwerte auf. So sind zum Beispiel die Werte für depressive Belastungen in der Gruppe der bis zu 25-Jährigen nahezu explodiert.

Und entgegen unzähligen Expertenmeinungen hat der Bundeskanzler außerdem die Schulen im Alleingang geschlossen – wir haben es heute schon mehrfach diskutiert –, statt im Sommer ein umfassendes Sicherheitskonzept mit regelmäßigen Tests, Schutz­masken und ausreichend Raum in den Schulen zu erarbeiten.

Auch beim leidigen Thema Pensionen – wir haben es heute schon gehört – zahlen im wahrsten Sinne des Wortes die Jungen wieder drauf. Konkret: In einer Krise, in der wir mit einem massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit konfrontiert sind, erhöhen Sie unter anderem die Luxuspensionen, also zum Beispiel die Pensionen für Altpolitiker, ohne


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Deckelung, also jene Fixeinkommen, die von der Krise absolut nicht betroffen sind, und das passiert nicht zum ersten Mal. Unter anderem durch solche nicht nachhaltigen und nicht treffsicheren Maßnahmen steigt der Budgetzuschuss und vergrößert sich das Loch im Budget, was das Pensionssystem betrifft, auf mehr als 24 Milliarden Euro. Diesen Schuldenberg haben natürlich auch wieder die jungen Menschen zu tragen.

Kurz noch zum Thema Pensionen: Wenn die Bundesregierung und insbesondere Kollege „Sozialsprecher“ – unter Anführungszeichen, wie ich in dem Zusammenhang sagen würde – Markus Koza im Ausschuss, aber auch hier im Plenum bei der Argumen­tation gegen ein generationengerechtes Pensionssystem und eine Pensionsreform ein­wendet, dass die Jungen ja ohnehin erben würden, dann ist das an Zynismus – gerade vonseiten der Grünen – nicht zu überbieten. (Beifall bei den NEOS.)

Nicht nur, dass ich erstens glücklich bin, dass meine Eltern und Großeltern am Leben sind und hoffentlich noch lange leben, und zweitens – unabhängig davon – ich nicht und niemand in Österreich davon abhängig sein sollte, wie viel er erbt und ob er erbt: Nicht jeder Mensch hat etwas zu vererben. Gerade bei den Grünen hätte ich erwartet, dass dafür Bewusstsein da ist.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ihr Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!


Abgeordneter Yannick Shetty (fortsetzend): Ganz grundsätzlich frage ich mich, wie es sein kann, dass unter dem jüngsten Bundeskanzler der Republik dermaßen auf die junge Generation vergessen wird, dermaßen auf die junge Generation gepfiffen wird (Zwi­schenruf der Abg. Steinacker), und deswegen möchte ich mit einem Appell an Sie, Herr Vizekanzler, aber auch an die anderen Mitglieder der Bundesregierung schließen: Es ist nicht so, wie Sie einmal gesagt haben, Herr Vizekanzler, - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ihr Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Yannick Shetty (fortsetzend):  - - dass man ein Jahr wartet, und dann schauen wir einmal, sondern Sie müssen jetzt handeln, wenn wir nicht wollen, dass die Schäden der Krise für die jungen Menschen irreparabel sein werden. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Rauch.)

10.31


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist somit geschlossen.

10.32.05Aktuelle Europastunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen somit zur Aktuellen Europastunde mit dem Thema:

„Europaweiter Einsatz gegen Gewalt an Frauen“

Folgende Mitglieder des Europäischen Parlaments wurden für die Teilnahme an der Aktuellen Europastunde nominiert: Abgeordnete Winzig, Abgeordnete Regner, Abgeord­neter Haider, Abgeordnete Vana und Abgeordnete Gamon. Ich darf die Damen und Herren Mitglieder des Europäischen Parlaments recht herzlich in unserer Mitte be­grüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Disoski. – Sie haben 10 Minuten als Begründerin, auch die Frau Minister soll die Redezeit von 10 Minuten einhalten, und alle weiteren Redner haben 5 Minuten. Bitte sehr.



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10.33.15

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justiz­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist der letzte Tag der internationalen Kampagne 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, die am 25. November begonnen hat. Auf der ganzen Welt wird in diesen 16 Tagen auf die Bedrohung von Frauen und Mädchen durch männliche Gewalt aufmerksam gemacht. Weltweit rückt in diesen 16 Tagen das Recht von Frauen und Mädchen auf ein gewaltfreies Leben in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit, und das tun auch wir Grüne heute am internationalen Tag der Menschenrechte mit der Aktuellen Europa­stunde hier im Hohen Haus. Wir rücken damit die schwerste geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzung in das Zentrum des heutigen Plenartages. (Unruhe im Saal.) Jetzt hören Sie (in Richtung FPÖ) mir vielleicht auch zu.

Frauenverachtende, misogyne Altherrenwitze, sexistische Werbungen, verbale Beleidi­gun­gen, obszön-vulgäres Nachrufen auf der Straße: Jede Frau, die heute hier sitzt, jede Frau, die mir gerade zuhört, ich würde fast sagen, jede Frau in ganz Europa weiß ganz genau, wovon ich gerade spreche.

Zigaretten, die auf nackter Haut ausgedämpft werden, eine gebrochene Nase, ge­schwollene Augen, blutige Platzwunden im Gesicht, schmerzhafte Hämatome am ganzen Körper, Prellungen und Knochenbrüche, intime Berührungen gegen den eigenen Willen, wenn mit einem Penis oder etwas anderem gegen den eigenen Willen in den eigenen Körper eingedrungen wird: Statistisch gesehen weiß EU-weit jede dritte Frau, wovon ich gerade gesprochen habe. Statistisch gesehen ist jede dritte Frau ab ihrem 15. Lebensjahr von physischer und/oder sexueller Gewalt betroffen.

Dieses schockierende Gewaltausmaß belegt eine Erhebung zu Gewalt an Frauen, die von der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte im Jahr 2014 durchgeführt worden ist. Die Zahlen sind schockierend, sie sind aber vor allem auch ein dringender Handlungsappell, ein Handlungsauftrag an uns alle, an die Politik, um europaweit mit der notwendigen Entschlossenheit Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen umzusetzen – Maßnahmen, zu deren Umsetzung sich Österreich mit der Ratifizierung der sogenannten Istanbulkonvention auch völkerrechtlich verpflichtet hat.

Die Istanbulkonvention ist das wichtigste Rechtsinstrument gegen Gewalt an Frauen und sieht zur Bekämpfung dieser Gewalt sehr umfassende Maßnahmen zur Bewusstseins­bildung, zur Gewaltprävention, zum Schutz von Opfern und zur wirksamen Strafverfol­gung der Täter vor. Eine unabhängige ExpertInnenkommission hat den Umsetzungs­stand der Istanbulkonvention in Österreich im Jahr 2014 evaluiert und hat uns in einigen Bereichen sehr dringenden Nachholbedarf attestiert. Die Bundesregierung hat im laufen­den Jahr in vielen, damals von den Expertinnen und Experten völlig zu Recht kritisierten Punkten wichtige Verbesserungen umgesetzt; vier davon möchte ich hervorheben.

Der erste Punkt betrifft Hass im Netz. Hass im Netz kann grundsätzlich jede und jeden von uns treffen. Aus Studien wissen wir, dass sich Hass im Netz vermehrt gegen Frauen, gegen Menschen aus der LGBTIQ-Community und gegen Menschen mit Migrations­biografie richtet – zuletzt immer häufiger auch dezidiert gegen Musliminnen und Mus­lime. Damit richtet er sich also gegen jene Menschen, die oft mehrfach marginalisiert und strukturell benachteiligt sind. Die Folge ist, dass sich diese Menschen aus dem Internet zurückziehen.

Mit einem europaweit beachteten Gesetzespaket gegen Hass im Netz, das wir später hoffentlich mit breiter Zustimmung beschließen werden, schaffen wir nun jene Rah­menbedingungen, mit denen sich die Betroffenen künftig einfach, rasch und kosten­günstig gegen Hass im Netz zur Wehr setzen können. Wir setzen damit eine zentrale, in der Istanbulkonvention vorgesehene Maßnahme zum Schutz vor Gewalt in der digitalen


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Welt um, und das ist gut und wichtig so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der zweite Punkt ist die in der Istanbulkonvention vorgesehene juristische und psychosoziale Prozessbegleitung für Kinder und Jugendliche, die Zeuginnen und Zeugen von Gewalt werden. Wieso ist das wichtig? – Weil Kinder oft jahrelang in inner­familiären Gewaltbeziehungen leben. Sie hören die Schreie aus dem Nebenzimmer, sie sehen, wie die Mutter oder Geschwister geschlagen werden, und sie erleiden dadurch oft Traumata, die lebenslange Folgen haben können. Dazu gab es bislang eine große Lücke, die die Justizministerin nun schließt. Ab 2021 wird diesen Kindern, den stummen Zeuginnen und Zeugen von Gewalt, der Opferstatus zuerkannt. Künftig erhalten damit auch sie juristische Prozessbegleitung und psychosoziale Betreuung. Gewaltschutz­expertInnen sprechen von einem Meilenstein im Gewaltschutz von Kindern und Jugendlichen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Der dritte Punkt, den ich akzentuieren möchte, ist die Erhöhung der Mittel für Gewalt­schutz und Opferschutz. Wir haben die Mittel für Gewaltschutz und Opferschutz deutlich erhöht: in der Justiz, im Frauenministerium, im Innenministerium und in anderen Minis­terien. Die Justizministerin hat eine wichtige Trendwende im Justizbudget erreicht und so auch wichtige Verbesserungen im Opferschutz zur Umsetzung bringen können. Das war sehr, sehr dringend und sehr, sehr wichtig.

Die Bundesregierung hat außerdem das Budget des Frauenministeriums, aus dem sehr viele Opferschutz- und Gewaltschutzmaßnahmen zentral mitfinanziert werden, um 43 Prozent erhöht. Zehn Jahre rot-schwarze Regierungen waren gleichbedeutend mit stagnierenden Mitteln, die türkis-blaue Regierung hat die Mittel im Frauenbudget zuletzt sogar gekürzt – nun gibt es also endlich die dringend notwendige signifikante Erhöhung der Mittel. Ich sage es immer und sage es auch hier: Klar ist auch, dass weitere Erhöhungen folgen müssen. Weitere Erhöhungen werden folgen, damit wir das Gewalt­schutznetz in Österreich strukturell weiter stärken und engmaschiger ausbauen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich komme zum vierten und letzten Punkt, nämlich der opferschutzorientierten Täter­arbeit. Wieso ist diese wichtig? – Weil wir die Gewaltspirale nur dann durchbrechen können, wenn wir mit jenen arbeiten, die Gewalt ausüben, und das sind die Täter. Das ist bewusst nicht gegendert, weil es tatsächlich hauptsächlich Männer sind, die Gewalt ausüben. Wir haben dazu in der letzten Sitzung des Innenausschusses einen Fünfpar­teienantrag beschlossen, und ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen Fraktionen ausdrücklich für die Zustimmung bedanken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Diese vier Beispiele, die ich ausgewählt habe, zeigen, dass Österreich entschlossen und konsequent an der Umsetzung der Istanbulkonvention arbeitet. Zeitgleich – wir sind ja in der Europastunde – wird sie in anderen europäischen Staaten aber infrage gestellt und ausgehöhlt.

Die Slowakei, Bulgarien, Ungarn und Polen wollen aus dem europäischen Abkommen gegen Gewalt gegen Frauen aussteigen. In den beiden letztgenannten Staaten stehen Frauen und auch LGBTIQ-Rechte schon länger unter Dauerbeschuss. Zuletzt wurden in Polen LGBTIQ-freie Zonen eingerichtet, und nun möchte die dortige rechtskonservative Regierung ihre Gewaltausübung verstärken, indem sie die reproduktiven Selbstbestim­mungsrechte von Frauen beschneidet und ein Abtreibungsverbot durchsetzt.

Geht es nach Orbán, soll in Ungarn die Ehe als Verbindung zwischen Mann und Frau in den Verfassungsrang gehoben werden. Jener Mann, aus dessen Feder die ent­sprechende Zeile stammen soll, ist ein Gründungsmitglied von Fidesz und war bis vor Kurzem auch EU-Delegationsleiter seiner Partei, bis er bei einer Schwulensexparty in


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Brüssel verhaftet worden ist. Dazu fällt mir nur ein Wort ein, und dieses Wort ist Heuchelei. (Beifall bei den Grünen.)

Wir Grüne beobachten die Auswüchse des eben skizzierten politischen Katholizismus mit großer Sorge. Wir stehen in voller Solidarität hinter den LGBTIQ-Communitys in den genannten Ländern und hinter den Frauen in Polen, die seit Monaten für ihre repro­duktiven Selbstbestimmungsrechte auf die Straße gehen. Jenen, die diese zu beschnei­den versuchen, möchte ich abschließend mit der amerikanischen Anwältin, Feministin und Bürgerrechtlerin Florynce Kennedy antworten: Könnten Männer schwanger werden, wäre Abtreibung ein Sakrament. (Beifall bei den Grünen.)

10.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Zadić. – Bitte.


10.41.45

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Die heutige Europastunde mit dem Titel „Europaweiter Einsatz gegen Gewalt an Frauen“ greift ein sehr wichtiges Thema auf, denn Gewaltschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Frage, die wir nur gemeinsam lösen können.

Leider gehört Gewalt gegen Frauen in Österreich und in Europa nicht der Vergangenheit an. Wenn wir uns die Zahlen zum Beispiel zu den Femiziden, den Frauenmorden, anschauen, so sehen wir auch in Österreich erschütternde Zahlen. Im Jahr 2019 wurden in Österreich 39 Frauen ermordet, viele davon von ihren Ex-Partnern oder Familien­mitgliedern. Das Jahr 2018 stellt ein trauriges Rekordjahr dar: In diesem Jahr wurden sogar 41 Frauen ermordet.

Doch man muss überhaupt nicht bei den Morden ansetzen, um herauszufinden, wie allgegenwärtig Gewalt gegen Frauen ist, nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Weltweit ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen. EU-weit erlebt die Hälfte der Frauen sexuelle Belästigung oder Übergriffe ab dem 15. Lebensjahr.

Diese Zahlen, meine Damen und Herren, sind schockierend, denn jede und jeder von uns kennt nach dieser Statistik eine Frau, die Gewalt erfahren hat, jede und jeder von uns kennt eine Frau, die sexuelle Belästigung erfahren hat. Das bedeutet, Gewalt an Frauen ist real, Gewalt an Frauen ist überall und sie ist leider trauriger Alltag.

Auf europäischer Ebene haben wir zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um uns gegen Gewalt an Frauen in Europa zu wehren. Ich bin im regelmäßigen Austausch mit den Justizministerinnen und Justizministern anderer Mitgliedstaaten. Es sind zahlreiche Maßnahmen, die auf den Weg gebracht wurden und die aktuell besprochen werden.

Zuletzt waren es Maßnahmen gegen Gewalt und Hass im Netz, die auch als Thema beim informellen JustizministerInnenrat der EU besprochen wurden. Es wurde auch das Arbeitsprogramm der portugiesischen Ratspräsidentschaft vorgestellt, und einer der Schwerpunkte ist die EU-Strategie für Opferrechte, denn diese soll eine hohe Priorität unter der portugiesischen Ratspräsidentschaft bekommen. Gleichzeitig soll auch der Schutz der vulnerablen Personen eine besondere Bedeutung haben. Es wird schon im ersten Halbjahr eine Konferenz zu diesem Thema geben, bei der hoffentlich auch die ersten Maßnahmen auf den Weg gebracht werden können.

Außerdem – das wurde schon angesprochen – wird auch diskutiert, ob die EU als Gesamtes der Istanbulkonvention beitreten kann. Der Rat der Europäischen Union wartet mit Spannung auf das Gutachten des Gerichtshofes hinsichtlich der Frage, ob ein Beitritt zulässig wäre. Ein Beitritt wäre aus meiner Sicht jedenfalls wichtig und richtig.


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Alle Mitgliedstaaten haben das Übereinkommen unterzeichnet, 21 haben es ratifiziert, und der Rat wird auch weiterhin darauf einwirken, dass das Istanbuler Übereinkommen auch von den anderen Mitgliedstaaten ratifiziert wird. Wir hoffen daher, dass es auch auf europäischer Ebene rasch viel Bewegung und zahlreiche Maßnahmen geben wird, die wir gemeinsam auf den Weg bringen können. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Auch im Justizministerium haben wir einige Maßnahmen auf nationaler Ebene gesetzt, um uns gegen Gewalt an Frauen zu wehren. Zu Beginn der Coronapandemie haben wir uns dieses Problems bewusst angenommen, denn die Frauenministerin und ich haben uns zusammengesetzt und gesehen: Überall auf der Welt, wo ein Lockdown verhängt wurde, gibt es Probleme hinsichtlich Gewalt an Frauen. Gerade die Situation eines verstärkten Lockdowns, in der man in einem Haushalt, auf engem Raum die Zeit rund um die Uhr zusammen verbringen muss, kann dazu führen, dass Gewalt an Frauen und in der Familie eskaliert. Wir haben daher zahlreiche Maßnahmen gesetzt.

Ich war zu diesem Zeitpunkt sowie auch später mit zahlreichen Frauenorganisationen in Kontakt, mit Gewaltschutzorganisationen, mit der Interventionsstelle, weil es einfach wichtig war, aus den Erfahrungen des Lockdowns und aus den Maßnahmen, die wir gesetzt haben, zu lernen. Wir haben gestern auch ein Treffen mit der Allianz gewaltfrei leben gehabt, bei dem wir uns insbesondere über die Erfahrungen mit dem Lockdown ausgetauscht haben.

Wir haben auch erkannt, dass wir zahlreiche Maßnahmen, die wir damals gesetzt haben, ins Dauerrecht überführen können. Dazu möchte ich ein paar Beispiele nennen: Wir haben im Lockdown gesehen, dass es wichtig wäre, eine einstweilige Verfügung bei Gericht auf elektronischem Wege beantragen zu können. Die vielen, vielen positiven Rückmeldungen, die wir dazu bekommen haben, haben uns dazu bewogen, dass wir diese Maßnahme ins Dauerrecht überführen.

Warum ist das so wichtig? Warum ist es wichtig, dass Frauen auf elektronischem Wege einstweilige Verfügungen zum Schutz vor Gewalt beantragen können? – Meine Damen und Herren, viele Frauen trauen sich nicht aus dem Haus, viele Frauen haben Angst, auf dem Weg zum Gericht gesehen zu werden, sie haben Angst, dass ihr gewalttätiger Mann vielleicht erfahren könnte, dass sie gerade zum Gericht geht. Daher gibt es jetzt die Möglichkeit, dass die Opferschutzorganisationen die betroffene Frau vertreten und im Namen der Frau bei Gericht selbst eine einstweilige Verfügung im Bereich des Ge­waltschutzes beantragen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich glaube, dass das eine sehr große Erleichterung für viele, viele Frauen ist, und zwar nicht nur im Lockdown, sondern allgemein.

Wie bereits von Abgeordneter Disoski erwähnt, haben wir auch den Bereich des Opfer­schutzes massiv ausgeweitet. Wir haben das Budget für den Opferschutz aufgestockt, insgesamt um zusätzlich 4,2 Millionen Euro, und haben diesen Opferschutz auch auf Hass und Gewalt im Internet ausgeweitet. Das ist deswegen so wichtig, weil Hass und Gewalt, Gewalt gegen Frauen  diese strukturelle Gewalt gegen Frauen  oftmals im Internet beginnen. Es ist daher wichtig, den Frauen in diesen Momenten die Unter­stützung zu geben, nicht nur die psychosoziale Unterstützung, sondern auch die juris­tische Prozessbegleitung, damit sie sich effizient, effektiv, rasch und vor allem mutig zur Wehr setzen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben den Opferschutz auch für Kinder ausgeweitet. Kinder sind die stillen Zeugen der Gewalt, insbesondere der häuslichen Gewalt, und Kinder werden sehr oft, wenn sie dann vor Gericht aussagen müssen, retraumatisiert. Bis jetzt war es so, dass viele Kinder, die traumatisiert sind, auf Spenden angewiesen waren, beziehungsweise die Frauenschutzorganisationen, die Kinderschutzorganisationen auf Spenden angewiesen waren, um diese Kinder zu unterstützen. Wir haben jetzt die Prozessbegleitung für


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Kinder, die häusliche Gewalt erleben, die erleben, wie ihre Mütter geschlagen werden, ausgeweitet, sodass auch sie psychosoziale und juristische Prozessbegleitung bekom­men. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Meine Damen und Herren, der Kampf gegen Gewalt an Frauen ist eine gesamtgesell­schaftliche Aufgabe. Dieser Kampf betrifft nicht nur die Justiz, er betrifft nicht nur die Polizei, er betrifft auch nicht nur das Frauenressort, er betrifft uns alle. Wenn wir etwas ändern wollen, wenn wir auch als Bundesregierung etwas ändern wollen, wenn wir als Gesellschaft etwas ändern wollen, wenn wir Gewalt an Frauen massiv reduzieren wollen, dann müssen wir auch über die Machtverhältnisse sprechen. Wir müssen über Sexismus reden, wir müssen über die gefährlichen Folgen patriarchaler Strukturen sprechen. Wir müssen auch die gesamtgesellschaftlichen Ursachen für Gewalt an Frauen ansprechen. Und wir müssen uns auch der sozialen Frage stellen, denn die Freiheit und Sicherheit von Frauen ist immer auch eine Frage der ökonomischen Abhängigkeit von Frauen. Daher geht es auch um den Bildungsbereich, es geht um den sozialen Bereich, es geht um Aufklärungsarbeit, es geht um Präventionsarbeit. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Wir alle sind gefordert, einen Beitrag zu leisten. Auch wir alle in der Bundesregierung sind gefordert, unseren Beitrag zu leisten, und ich kann Ihnen versichern, dass wir das auch alle tun. Der Kampf gegen Gewalt an Frauen kann uns nur gemeinsam gelingen.

Zum Abschluss möchte ich nicht nur an die vielen Maßnahmen erinnern, die wir auf den Weg gebracht haben oder auf den Weg bringen können, sondern ich möchte mich auch an die Mädchen in diesem Land wenden, die gerade aufwachsen und vielleicht zum ersten Mal mit Wörtern wie hysterisch, emotional oder Furie zum Schweigen gebracht werden. Diesen Mädchen möchte ich sagen: Eure Meinung zählt, sprecht sie aus! Lasst euch nicht kleinkriegen und hört nicht auf die anderen, denn ihr habt das Recht, eure Meinung zu sagen! (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Ich möchte mich auch an jene Frauen wenden, die gerade in Angst vor ihren Partnern leben. Diesen Frauen möchte ich sagen: Ihr seid nicht alleine! Holt euch Hilfe! Zahlreiche Frauenschutzorganisationen, Gewaltschutzzentren, die Interventionsstelle bieten Schutz und Unterstützung – egal in welcher Sprache.

Ich möchte mich auch an alle in Österreich lebenden Menschen wenden und ihnen sagen: Zivilcourage ist das wichtigste Mittel gegen Gewalt an Frauen. Schaut hin, wenn ihr etwas seht! Sagt, wenn ihr etwas hört! Oft kann die Hilfe durch Außenstehende den entscheidenden Unterschied machen, denn die Person, die diese Hilfe am dringendsten braucht, kann oftmals nicht danach fragen.

Zu guter Letzt möchte ich mich auch an alle Organisationen wenden, die bereits seit Jahren und Jahrzehnten diesbezüglich unglaublich wichtige Arbeit leisten. Den vielen Organisationen möchte ich hier meinen Dank aussprechen, denn Sie leisten Unglaubliches und unterstützen zahlreiche Frauen in Notsituationen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, wir haben einen weiten Weg hinter uns, aber wir haben auch noch einen weiten Weg vor uns. In diesem Sinne: vielen herzlichen Dank fürs Zuhören. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

10.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Pfurtscheller ist zu Wort gemel­det. Die Redezeiten betragen ab jetzt wieder 5 Minuten. – Bitte.



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10.54.31

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich ganz herzlich bei den Grünen bedanken, im Speziellen bei meinem Gegenüber, Frauen­sprecherin Meri Disoski, dass sie dieses Thema für die heutige Europastunde gewählt haben. Das gibt uns die Gelegenheit und stellt sicher, dass wir heute, am letzten Tag der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, noch einmal über dieses wichtige Thema sprechen können – und das auch noch dazu zur Primetime. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Vorrednerinnen haben ja schon eine Zahl genannt, die sowohl für die EU als auch für die ganze Welt gilt: Jede dritte Frau in der EU hat nach ihrem 15. Lebensjahr körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. Ich habe aber auch noch drei andere, nicht minder erschreckende Zahlen für Sie – ebenfalls aus EU-Statistiken –: 35 Prozent der Frauen haben kontrollierendes Verhalten des aktuellen oder eines Ex-Partners erfahren; jede Woche sterben circa 50 Frauen in der EU an häuslicher Gewalt; und etwa 74 Prozent der Europäer denken, dass Gewalt an Frauen in ihrem Land verbreitet ist – 74 Prozent sind drei Viertel, und trotzdem passiert noch so viel.

Dem Europarat verdanken wir – meine Kolleginnen haben schon darüber berichtet – ein wirklich wirkmächtiges Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt: die sogenannte Istanbulkonvention. Erstmals wurde damit ein internationales Übereinkommen und ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, der die Unterzeichnerstaaten dazu verpflichtet, mit entsprechenden gesetzlichen und anderen Maßnahmen für den Schutz von Frauen vor jeder Form von Gewalt zu sorgen. Die Einhaltung wird von der sogenannten Grevio-Kommission überprüft, die darüber berichtet.

Es gibt schon einige Grevio-Berichte über verschiedene Länder der EU, die Teil der Istanbulkonvention sind. Sehr viele Fortschritte wurden zufriedenstellend bewertet, es wurde aber auch mehrfach kritisiert, dass der Fokus bis jetzt eher auf häuslicher Gewalt lag und andere Formen von Gewalt, wie zum Beispiel die Gewalt an behinderten Frauen oder auch Kinderehen, noch nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Die Frau Ministerin hat es schon gesagt: Mit Stand November 2020 haben alle EU-Mitgliedstaaten die Istanbulkonvention unterzeichnet, aber leider fehlen noch die Rati­fizierungen von sechs EU-Staaten, und – das wurde von Kollegin Disoski auch schon erwähnt – in einigen Ländern, wie zum Beispiel Polen, gibt es auch Tendenzen, sich wieder aus der Konvention zurückzuziehen. Meiner Meinung nach, geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen, wäre dies ein wirklich großer Verlust, ein völlig falsches Zeichen und ein dramatischer Rückschritt im Bemühen, sich geeint mit aller Kraft gegen die Gewalt an Frauen zu stemmen.

Bitte erlauben Sie mir, da heute auch der Tag der Menschenrechte begangen wird, einen Sidestep: Was derzeit in Polen und Ungarn gegen die LGBTIQ-Community vorgenom­men oder in Betracht gezogen wird und teilweise auch schon umgesetzt ist, halte ich für absolut furchtbar. Ich halte das für ein Europa, in dem wir alle in Freiheit leben wollen, in dem jeder Mensch seine Entscheidungen selber treffen kann, in dem wir uns als humanistisch bezeichnen, für absolut untragbar, und ich hoffe, dass die EU die ent­sprechenden Mittel und Wege finden wird, diese Länder davon zu überzeugen, dass sie wieder auf den sozusagen richtigen Weg gelangen. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Bayr.)

Auch in Österreich wurde bereits eine Prüfung durch die Grevio-Kommission vorge­nommen, und es gab einerseits viel Lob für gesetzte Maßnahmen, andererseits aber auch viele Anregungen für Verbesserungen. Diese werden unter der Führerschaft von


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Frau Ministerin Raab sukzessive umgesetzt, und auch Frau Ministerin Zadić leistet mit ihrem Ministerium einen sehr großen Beitrag. – Sie haben es jetzt auch gerade aus­geführt; ich möchte mich im Namen der ÖVP ganz herzlich dafür bedanken. Vielen herzlichen Dank.

Zum Beispiel hat Frau Ministerin Raab vor ein paar Tagen ein neues Handbuch prä­sentiert, das sich mit kulturell bedingter Gewalt an Frauen und Mädchen beschäftigt.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (fortsetzend): Ich muss schon zum Schlusssatz kommen? – Gut; ich wollte das noch länger ausführen, aber anschei­nend ist mir die Zeit heute wirklich davongelaufen.

Ich möchte mich herzlich für alle Maßnahmen aller Ministerinnen und Minister bedanken, was den Schutz der Frauen und auch den Schutz der Mädchen betrifft.

Ich hätte noch einen schönen Abschlusssatz gehabt, aber den werde ich anderes Mal vortragen, wenn ich mehr Zeit habe. – Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.


11.00.20

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen – und nicht mehr Herren – auf der Ministerbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin froh, dass wir heute, am letzten Tag der 16 Tage gegen Gewalt, die Möglichkeit haben, darüber auch hier zu diskutieren. Ich bin froh, dass wir dies am internationalen Tag der Menschenrechte tun, und ich bin froh, dass wir in dieser Europastunde auch wirklich ganz Europa in den Blick nehmen, nicht „nur“ – unter Anführungszeichen – die EU, sondern wirklich ganz Europa, weil die Istanbulkonvention, wie schon gesagt worden ist, eine Europaratskonvention ist und einfach das beste legistische Mittel weltweit, das wir momentan haben, um gegen Gewalt national vorgehen zu können.

Es ist natürlich ausgesprochen befremdlich und macht Angst, dass sie immer noch viele Länder nicht ratifiziert haben. Ich möchte da Russland, die Ukraine oder Großbritannien als sehr wichtige große Länder nennen, aber auch Nachbarstaaten von uns, Tschechien, die Slowakei und Ungarn, haben sie noch nicht ratifiziert.

Die Diskussion ist schon geführt worden: Dass Länder darüber nachdenken, wieder auszutreten, ist wirklich nicht nur befremdlich, sondern, ich würde sagen, beängstigend, vor allem für die Frauen dort. Schauen wir uns einmal an, was denn da gesagt wird oder welche Gründe vorgebracht werden, warum man aus der Istanbulkonvention austreten oder ihr vielleicht am besten gar nicht beitreten soll: Da wird zum Beispiel behauptet, wenn man der Istanbulkonvention beitritt, dann werden Männer und Frauen abgeschafft und es gibt nur mehr Gender, das ist eine Gefahr für die Familie. – Das ist natürlich Unsinn.

Oder es wird gesagt, dass man, wenn man der Istanbulkonvention beitritt, seine Kultur ändern muss. – Ja, also wenn eine Kultur darin besteht, dass es normal ist, dass ein Mann seine Frau schlägt, finde ich es eigentlich ganz gut, dass man seine Kultur ändern muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird auch behauptet, dass man mit der Ratifizierung der Istanbulkonvention quasi die gleichgeschlechtliche Ehe einführt. – Nichts davon ist wahr. Die Istanbulkonvention ist schlicht und ergreifend eine Konvention, die hilft, Frauen vor Gewalt zu schützen, von


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häuslicher Gewalt bis hin zu weiblicher Genitalverstümmelung. Es ist nicht mehr, aber auch nicht weniger, und darum ist diese Konvention so unglaublich wichtig! (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Geschlechtsspezifische Gewalt hat viele Facetten. Momentan ist es zufälligerweise so, dass ich die große Ehre habe, dem Ausschuss für Gleichstellung und Nichtdiskriminie­rung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vorzusitzen. Mit Evelyn Regner, der Vorsitzenden des Gleichstellungsausschusses des Europäischen Parla­ments, arbeite ich sehr eng zusammen. Wir zwei Österreicherinnen bilden eine sehr, sehr enge Achse und versuchen, genau diese falschen Argumente zu entkräften. Wir arbeiten wirklich mit Fakten und natürlich auch daran, dass die Europäische Union endlich ratifiziert. Das wäre sehr, sehr fein.

Wenn ich über die Zusammenarbeit zwischen Europarat und Europäischer Union rede, dann bin ich auch schon bei etwas, was ich mit feministischem Multilateralismus um­schreiben möchte. Es ist 25 Jahre her, dass die vierte Weltfrauenkonferenz in Peking stattgefunden hat, die ein wirklicher Aufbruch für Frauen gewesen ist, denn erstmals wurde klargestellt, dass ein Leben frei von Gewalt ein Menschenrecht ist, dass Frauen­rechte Menschenrechte sind, und es wurden das erste Mal sexuelle und reproduktive Rechte definiert.

Lassen Sie mich zum nächsten Thema kommen, nämlich genau zu diesen sexuellen und reproduktiven Rechten, die unglaublich unter Druck sind: Schauen wir zum Beispiel nach Polen, wo gerade der Verfassungsgerichtshof – nicht zu verwechseln: der polni­sche Verfassungsgerichtshof ist mehr ein Gremium der Regierungspartei PiS als ein unabhängiges Gericht – geurteilt hat, dass es in Zukunft so gut wie immer illegal ist, in Polen eine Schwangerschaft zu beenden, was Frauen in die Illegalität treibt, Frauen durch eine ungewollte Schwangerschaft durchzwingt. Das ist ein massiver struktureller Eingriff in die Menschenrechte dieser Frauen.

Es ist sehr, sehr toll zu sehen, dass es nicht nur innerhalb des Parlaments in Polen, sondern auch außerhalb massive Proteste gibt. Über 400 Parlamentarierinnen und Parlamentarier, auch von fast allen Fraktionen dieses Hauses, haben einen Brief an die polnische Regierung unterzeichnet, mit der Aufforderung, das zu beenden, weil es nicht sein kann, dass wir einen so großen Rückschritt machen und dass Frauen ihre sexuellen und reproduktiven Rechte mit einem Federstrich einfach genommen werden. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

Mir ist jetzt leider auch die Redezeit ausgegangen. Ich wollte noch gerne über toxische Maskulinität reden (Abg. El-Nagashi: Nächstes Mal!) – genau, das nächste Mal –, weil Gewalt in Wirklichkeit ein Männerproblem ist.

Stattdessen möchte ich zum Abschluss noch sagen: Wenn Sie sich für das Thema näher interessieren und die Frage von Frauenpolitik, sexuellen, reproduktiven und Frauen­rechten und Gewalt gegen Frauen auch von einem internationalen Aspekt her beleuchtet sehen wollen, dann kann ich Ihnen sehr dazu raten, die „Frauen*solidarität“ zu abon­nieren, das ist eine tolle Zeitschrift (eine Ausgabe der genannten Zeitschrift in die Höhe haltend), die es verdient, gelesen zu werden. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

11.05


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Roman Haider. – Bitte.


11.06.00

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Roman Haider (FPÖ): Frau Präsident! Meine Damen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren


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zu Hause vor den Fernsehgeräten! Gewalt gegen Frauen ist leider eine traurige Tat­sache, die die Menschheit seit jeher begleitet. Umso erfreulicher ist es daher, dass sich in unserer westlichen Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten vieles zum Besseren gewendet hat. Besonders wichtig ist dabei ein Bewusstseinswandel. Gewalt gegen Frauen gilt in unserer Kultur zum Glück nicht mehr als Kavaliersdelikt, ganz im Gegenteil: Es herrscht ein allgemeiner Konsens der Ablehnung und Verurteilung solcher Taten, und das ist auch gut so. Leider werden wir Gewalt gegen Frauen nie ganz verhindern können, aber das Umdenken in der westlichen Welt ist die Grundlage für ein energisches Vorgehen gegen dieses schreckliche Phänomen.

Leider erleben wir gerade in Europa in dieser Frage derzeit aber einen ganz gewaltigen Rückschlag. Im Jahr 2015 hat Europa die Grenzen, die Tore für Migranten aus aller Welt weit geöffnet. Damit hat Europa aber auch die Tore für eine neue Welle der Gewalt gegen Frauen geöffnet. Die weit überproportionale Belegung der heimischen Frauen­häuser mit Migrantinnen ist ja auch ein Ausdruck dieser schlimmen Entwicklung.

Auch außerhalb der Familie, im öffentlichen Raum hat die Gewalt gegen Frauen ganz neue Dimensionen angenommen. Die Silvesternacht in Köln und ähnliche Vorfälle, sogar in österreichischen Städten, waren ja ein erster negativer Höhepunkt dieser Ent­wicklung. Es ist bezeichnend, dass gerade jene, die diesen Migrantenansturm am lautesten begrüßt haben, bei diesen negativen Entwicklungen ganz besonders lautstark schweigen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da meine ich wirklich explizit die Antragsteller dieser Europastunde. Wenn es um kulturbedingte Gewalt gegen Frauen geht, dann schweigen Sie! Dass diese neue Gewaltwelle ihre Wurzeln in einer archaischen und uns völlig fremden Kultur hat, ist unbestritten: Ehrenmorde, Zwangsehen, Genitalverstümmelung, sexuelle Massenüber­griffe von wilden Horden – das hat es in Europa noch nie gegeben. Das sind die Früchte genau der Saat, die die Willkommensklatscher und die Multikultifetischisten vor fünf Jahren gelegt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit der Masseneinwanderung aus islamischen Ländern haben Sie die Tore für eine neue Flut an Frauenmorden, Vergewaltigungen, Gewalt in der Familie und jegliche Art von sexuellen Übergriffen geöffnet. Angesichts der Stellung der Frau in islamischen Gesell­schaften ist das auch nicht wirklich verwunderlich. (Zwischenruf der Abg. Disoski.)

Weil diese Gewaltwelle aber nicht in Ihr ideologisches Konzept passt, schweigen Sie dazu. Das muss man sich einmal wirklich vorstellen: Gerade die angeblichen Oberfemi­nistinnen der GrünInnen schweigen dazu, weil sie sonst zugeben müssten, was sie den Frauen in Europa mit ihrer ungezügelten Migrationspolitik angetan haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage es ganz klar: All die linken Promigrationsfetischisten tragen ein gehöriges Maß an Mitschuld für diese Gewaltepidemie gegen Frauen in Europa. Das sind die Früchte Ihrer Politik! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

In Ihrer ideologischen Verblendung sind Sie ja nicht einmal in der Lage, Zahlen, Daten und Fakten anzuerkennen. Die Frau Justizministerin, Ihre eigene Justizministerin, hat es heute eh schon gesagt: 2014 hat es 19 Morde an Frauen in Österreich gegeben, 2019 waren es 39, 46 Prozent der Täter kamen aus dem Ausland. Das ist eine klare Sprache, die die Zahlen sprechen, und darum begrüße ich es auch ganz explizit, wenn im Par­lament über Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen diskutiert wird. Wenn aber die vielfältigen kulturellen und religiösen Hintergründe für diese Gewalt ausgeblendet wer­den, dann stößt mir das eben sauer auf und dann habe ich große Zweifel, ob man es wirklich ernst meint mit dem Kampf gegen Gewalt an Frauen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.10



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Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist das Mitglied des Euro­päischen Parlaments Monika Vana. – Bitte.


11.11.17

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Monika Vana (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die legendäre Johanna Dohnal hat einmal gesagt: „Für Frauen ist der vorgeblich sichere Hort der Familie ein sehr gefährlicher Platz: das Ausmaß an tätlicher Gewalt im privaten Zusammenleben ist ein unvorstellbar großes.“ – Sie sagte dies 1993 anlässlich des internationalen Tages der Menschenrechte. 27 Jahre später hat sich daran erschreckend wenig geändert. Erschreckend und traurig ist auch, dass die FPÖ es heute wieder einmal nicht schafft, dieses ernste Problem zu erkennen und ihm Respekt zu zollen, sondern wieder eine Hetze gegen Flüchtlinge betreibt, wieder verwässert, wieder ablenkt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es wurde schon erwähnt: Weltweit ist jede dritte Frau von Gewalt betroffen, und EU-weit musste die Hälfte der Frauen ab 15 Jahren sexuelle Belästigung oder Übergriffe erleben.

Wir beobachten in Europa einen generellen Backlash in der Frauenpolitik, und vor allem werden wieder mehr und mehr Frauen Opfer von Gewalt, verschärft durch die Corona­pandemie, die uns alle trifft, Frauen aber ganz besonders, in der Gesellschaft, in ihren Arbeitswelten, in ihrem Privatleben, in ihrem Zuhause.

Bezug nehmend auf den heutigen internationalen Tag der Menschenrechte und den Abschlusstag der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen haben wir Grüne für diese Europa­stunde das Thema „Europaweiter Einsatz gegen Gewalt an Frauen“ gewählt, weil das Thema aktueller und drängender ist, als es sein sollte, und weil wir Politiker und Politikerinnen aktiv werden müssen, denn es kann nur mit aller Deutlichkeit immer wieder gesagt werden: Gewalt an Frauen ist eine Menschenrechtsverletzung, Gewalt an Frauen ist inakzeptabel und der Kampf gegen Gewalt an Frauen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Europaparlament kämpft seit seiner ersten Entschließung 1986 dafür, den Kampf gegen Gewalt an Frauen zur politischen Priorität der Europäischen Union zu machen und aufzustehen – gegen strukturelle Gewalt, physische und psychische Gewalt, gegen sexuelle Belästigung, Menschenhandel, Zwangsheirat, weibliche Genitalverstümmelung und viele Formen der Gewalt mehr.

Anlässlich der jüngsten Kampagne des Europaparlaments, I stand up for women, haben Abgeordnete aus fünf Fraktionen auf Initiative der Grünen einen dringenden Appell an Kommissionspräsidentin von der Leyen gerichtet, eine Vielzahl von wichtigen legislati­ven und rechtsverbindlichen Maßnahmen auf EU-Ebene zu setzen. Dazu gehören die sofortige Ratifizierung der Istanbulkonvention durch die Europäische Union – es wurde schon mehrfach erwähnt – zur Garantie eines gleichwertigen Schutzes vor Gewalt für alle Frauen in Europa.

Die Kommission soll eine Richtlinie zu geschlechtsspezifischer Gewalt vorlegen, um Mindeststandards in allen Mitgliedstaaten zu schaffen. Es braucht eine Stärkung der Opferrechte und die Aufnahme von geschlechtsspezifischer Gewalt in die Liste der EU-Crimes – wie es mit Hass im Netz ja bereits vorgesehen ist. Und es braucht natürlich eine massive Aufstockung des EU-Budgets für den Gewaltschutz, vorrangig die Stär­kung des Daphne-Programms. Ich denke, Evelyn Regner, die nach mir spricht und Vorsitzende des Femm-Ausschusses im Europaparlament ist, wird hier sicher noch näher dazu Stellung nehmen können.

Es braucht aber natürlich mehr, meine Damen und Herren, es braucht – und das wurde auch schon erwähnt – die Bekämpfung der strukturellen Ursachen von Gewalt an


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Frauen. Das sind bestehende Machtverhältnisse, das ist die ungleiche Verteilung von Ressourcen, von Vermögen, von Einkommen, von Bildung, denn es kann nicht oft genug gesagt werden: Sozioökonomische Gleichstellung ist einer der Schlüssel für das Em­powerment von Frauen – weltweit, europaweit und auch in Österreich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind noch lange nicht am Ziel. Das Europaparlament hat vor zwei Wochen mit einer starken Stimme für die sexuelle und reproduktive Gesund­heit als Menschenrecht und die Verurteilung der Handlungen in Polen gesprochen. Lassen Sie uns gemeinsam für eine starke feministische Frauenpolitik kämpfen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Henrike Brandstötter. – Bitte.


11.16.01

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolle­ginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte vorweg kurz auf Herrn Haider eingehen: Gewalt – ja, die hat schon ein Mascherl, ein männliches Mascherl, aber sie hat keinen Pass. Ich kann Ihnen versichern, ich bin am Land aufgewachsen, zu einer Zeit, als es dort eigentlich niemanden mit Migrationshintergrund gab, und sowohl ich als auch meine Freundinnen können ein Lied davon singen, was denn im Umfeld von Feuerwehrfesten und Discos hinter den Haus­mauern im Dorf so abgeht. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Also hier wieder eine bestimmte Menschengruppe herauszupicken und dieser das in die Schuhe zu schieben ist ein wirklich billiges Ablenkungsmanöver, und ich zeige Ihnen gleich noch einmal, warum Gewalt keinen Pass hat. (Beifall bei NEOS und Grünen.)

Sie können sich jetzt mit mir auf eine kleine Reise durch Europa begeben. Vielleicht packen Sie auch etwas zum Schreiben ein, einen Notizblock, was man halt so braucht. Der erste Stopp führt uns nicht weit, er führt uns zu unserem Nachbarn Deutschland. Es ist die größte Volkswirtschaft Europas, hat eine Frau an der Spitze, man ist dort sehr korrekt. Pro Jahr werden dort 300 Mädchen und Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet.

Wir nehmen dann unsere Regenschirme und fliegen wie Mary Poppins nach Groß­britan­nien. In London trinkt man ständig Tee, isst dazu kleine Sandwiches und Shortbread. Es gibt eine Königin und 150 Femizide jedes Jahr.

Wir reisen weiter, wir überqueren den Ärmelkanal und landen in Frankreich, dem Land der Romantiker, wo alle Schriftsteller werden wollen und Liberté, also Freiheit, eines der höchsten Güter ist. Man isst Croissants, trinkt Rotwein und tötet durchschnittlich 150 Frauen und Mädchen jedes Jahr.

Es geht weiter nach Italien – eine wahre Schatzkiste für alle Kunstliebhaber, auch bekannt für die gute Küche und die exzellent gekleideten Fußballer. Dort werden pro Jahr um die 100 Femizide begangen.

Wir steigen dann in einen Nachtzug, dank ÖBB, fahren wieder nach Hause, und hier ist es ja auch sehr schön, wie wir wissen. Es gibt die Sisi, es gibt den Fritzl, wir haben das Schnitzel erfunden. Pro Jahr werden hier um die 40 Mädchen und Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet. (Abg. Amesbauer: Sie haben Schweden vergessen! Da ist die größte Migrantengewalt an Frauen!)

Zusammenfassend: In Europa werden jeden Tag durchschnittlich zehn Frauen aufgrund ihres Geschlechts getötet, und wir wissen, meist ist der Täter der Partner, Ex-Partner


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oder ein enger Angehöriger. Das Zuhause ist statistisch gesehen der gefährlichste Ort für Frauen.

Wir haben heute auch schon gehört, dass jede zweite Frau in Europa seit ihrem 15. Le­bensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt oder erlebt hat, aber nur jedes dritte Opfer meldet sich auch bei der Polizei oder einer entsprechenden Organisation. Und dann taucht zu allem Überfluss auch noch eine weltweite Pandemie auf. Corona ist für alle schrecklich und eine Zumutung, aber besonders betroffen sind wieder einmal die Frauen, und zwar gleich auf zwei Ebenen: zum einen durch häusliche Gewalt und zum anderen am Arbeitsmarkt.

Zum Ersteren, zu Corona und dem Zuhause: Wo ist man während einer Pandemie? Man ist zu Hause, und das bedeutet leider auch, dass die häusliche Gewalt zunimmt. Es ist auch die Zahl an Betretungsverboten in Österreich seit März um 13 Prozent gestiegen. In Italien übrigens war die Anzahl der Anrufe bei Antigewaltschutzzentren im März um 75 Prozent höher als zu Nichtpandemiezeiten. Corona multipliziert also häusliche Gewalt, das ist eine Tatsache. Auch eine Tatsache ist, dass unser Frauenbudget genau 0,015 Prozent des gesamten Budgets ausmacht, das wird bei der Umsetzung der Istanbulkonvention zum Schutz von Frauenrechten nicht besonders helfen.

Die zweite Folge der Pandemie ist für Frauen die hohe Gefahr von Jobverlust, von Arbeitslosigkeit. Wir alle wissen, Corona bedeutet Wirtschaftskrise, Corona bedeutet leider auch Arbeitslosigkeit. Wenn es knapp wird, dann sind die Frauen die Ersten, die draufzahlen: Sie werden zum Beispiel gekündigt, weil sie eh bald in Karenz gehen oder weil sie, wie das auch demnächst gewünscht ist, zwangsweise, wenn sie schwanger sind, ab der 14. Schwangerschaftswoche zu Hause bleiben sollen, wenn sie Kunden­kontakt haben, oder sie stecken eben zurück und kümmern sich um Homeschooling und Co, weil es nicht anders geht, nicht anders zu schaffen ist und weil ja eh er mehr verdient.

Wenn es so weitergeht, dann sind wir auch bald im Gleichbehandlungsmittelalter. Wir kennen alle noch die Geschichten unserer Mütter und Großmütter von Frauen, die finanziell völlig von ihrem Mann abhängig waren, die wie ein Schulkind Taschengeld bekommen haben, ein monatliches Haushaltsgeld zugeteilt bekommen haben, die Abrechnungen, Belege dafür vorlegen mussten – und die sich natürlich auch nicht scheiden lassen konnten, denn: Wovon sollten sie leben?

Ich persönlich möchte nicht mehr dorthin. Ich will, dass die Reise für Frauen und Männer weg von Gewalt hin zu Gleichberechtigung und einem gewaltfreien Leben geht, und zwar in ganz Europa, in dem Europa, wo wir uns rühmen, die Menschenrechte erfunden zu haben, und auch sonst ganz gerne die Nase hoch tragen, wenn wir anderen Menschen erklären, wie sie zu leben haben. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Disoski.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.


11.21.34

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus und geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ja, diese Europastunde ist ein ganz wichtiges Signal, ein ganz starkes Zeichen für all diejenigen, die in Österreich leben, für all diejenigen, die diese Fernsehübertragung sehen, ein starkes Zeichen im Rahmen der Kampagne Orange the World. Wir haben in den letzten zwei Wochen etliche öffentliche Gebäude in orangem Licht erstrahlen lassen. Es geht darum, aufmerksam zu machen – aufmerksam zu machen auf das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen.


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Die Gewalt kann körperlich sein. Sie beginnt mit kleinen Handgreiflichkeiten, die dann zu Verletzungen führen, zu Angst, zu Gewalt, aber leider immer öfter auch zum Tod. Die Gewalt kann psychisch sein, wenn Frauen und Mädchen manipuliert und eingeschüch­tert werden. Die Gewalt kann sexuell sein, wenn Frauen und Mädchen misshandelt und missbraucht werden. Gewalt ist aber auch strukturell. Das bedeutet, dass Gesellschafts­systeme ungleiche Machtverhältnisse, Einkommensnachteile, geringere Bildungschancen eher verstärken denn verringern, wenn nicht gegen sie angekämpft wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Gewalt erscheint in so vielen Formen. Sie wird oft im Privaten ausgetragen und ertragen, doch Gewalt gegen Frauen geht uns alle an. Wir dürfen nicht wegschauen, wir müssen hinschauen und wir müssen aktiv etwas dagegen tun. Zivilcourage ist gefragt. Die große Unite-Kampagne der Vereinten Nationen will mit verschiedenen Maßnahmen die Gewalt gegen Frauen bis 2030 beenden. Na ja, bis 2030 – da müssen wir, und das ist unsere Aufgabe und Verantwortung, weltweit solidarisch sein, jeder in seinem Bereich, in Europa und in Österreich, gegen diese Gewalt ankämpfen und jene, die aus diesem Prozess aussteigen, wieder mitnehmen. Das ist unsere Verantwortung.

Für viele ist körperliche Gewalt leider die einzige Möglichkeit, mit Konflikten umzugehen. Viele haben nie gelernt, Probleme anders zu lösen – zu diskutieren, zu besprechen und gemeinsam Lösungen zu finden. Wir müssen daher auf allen Ebenen versuchen, durch bessere Bildung und Kommunikation Menschen in die Lage zu versetzen, Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Was tun wir in Österreich? Was brauchen die Opfer? – Das Wichtigste für die be­troffenen Frauen und Mädchen ist der Schutz vor den Gewalttätern und der Zugang zu Unterstützung. Das kostet Geld, das ist es uns aber auch wert. Ich muss als betroffene Frau wissen: Wohin kann ich mich wenden? Wo bekomme ich Hilfe und Unterstützung? Wie kann ich dieser Gewaltspirale entrinnen, und wie kann ich mich bewusst für ein Leben ohne Gewalt entscheiden?

Die Bundesregierung tut viel in diesem Bereich, mit den Informationskampagnen, auch heute wieder mit den Inseraten, aber nicht nur damit: Es werden auch verschiedene Folder, die genaue Hinweise geben, in den Apotheken, in den Geschäften aufgelegt, denn gerade in der Zeit der Pandemie ist es leider verstärkt zu Konflikten im Familien­bereich gekommen.

Wir haben – in Ausführung und gemäß einer Empfehlung der Istanbulkonvention – seit Herbst 2019 in allen Bundesländern mindestens eine Beratungsstelle für Betroffene von sexueller Gewalt. Unsere Frauenministerin Susanne Raab hat erstmals auch einen Förderaufruf gestartet, um konkrete Projekte gegen Gewalt an Frauen zu unterstützen. 14 Projekte sind da ins Leben gerufen worden, und es war uns 1,25 Millionen Euro wert.

Wir kämpfen auch, die Bundesregierung kämpft auch gegen die Gewalt an Frauen aus der Tradition heraus, gegen diese traditionsbedingte Gewalt, unter der Frauen und Mädchen ganz besonders viel leiden müssen. Möglich ist das, weil wir das Frauenbudget jetzt zweimal erhöht haben. Wir haben das höchste Frauenbudget seit vielen Jahren: 43 Prozent plus. Jeder Euro ist es wert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Rahmen des Gewaltschutzpakets haben wir im vergangenen Jahr viele Verbes­serungen für Opfer von Gewalt eingeführt. So können die Betroffenen zum Beispiel jetzt, um ihren Gefährdern zu entkommen, den Namen und die Sozialversicherungsnummer ändern, und damit sind sie nicht mehr so leicht auffindbar – ein ganz wesentlicher Punkt.


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Heute werden wir uns anschließend noch dem Thema Hass im Netz widmen, denn nicht nur in der realen Welt, auch im Internet gibt es viel Gewalt, und da werden wir Maß­nahmenbündel beschließen, die den Opfern helfen.

Zum Schluss möchte ich sagen: Wir haben viel erreicht, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Wir müssen viele mitnehmen, zielgerichtet alles tun, damit Gewalt an Frauen und Mädchen in Zukunft der Vergangenheit angehört. Lassen Sie mich daher sagen: Ich glaube daran, dass wir es schaffen können. Ich glaube, dass ein Großteil der Männer nicht gewalttätig ist und gemeinsam mit uns Frauen für Rechte von Frauen und Kindern kämpft, denn Frauen sind keine Objekte, die man besitzen kann und auf die irgend­jemand einen Anspruch hat. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie des Abg. Kucher.)

Ich hoffe auf eine Zukunft: Ich hoffe auf eine Zukunft, in der sich keine Frau und kein Kind mehr vor Gewalt fürchten müssen. Und ich weiß, dass wir alle miteinander alles tun werden, damit diese Hoffnung Realität wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.27


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte.


11.27.11

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerin­nen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist noch nie, zumindest soweit ich mich erin­nern kann, so viel von Risikogruppen und Risikogebieten gesprochen worden wie in diesem Jahr. Bei geschlechtsspezifischer Gewalt gehören mehr als 50 Prozent der Bevölkerung zur Risikogruppe, nämlich die Frauen, und die eigenen vier Wände sind das größte Risikogebiet. Wir alle kennen die Zahlen: Unabhängig von Alter, sozialer Stellung und, Herr Kollege Haider, unabhängig von Herkunft und Religion (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen) ist jede dritte Frau in Europa zumindest einmal in ihrem Leben Opfer von physischer oder sexueller Gewalt.

Dennoch haben Länder wie die Türkei oder Polen angekündigt, aus der Istanbul­kon­vention zur Beseitigung von Gewalt an Frauen und Kindern auszusteigen, und das, obwohl es in Polen zum Beispiel nur 591 Frauenhausplätze für gezählte 65 000 Opfer im Jahr gibt, wobei die Dunkelziffer in diesem Fall sicher um einiges höher ist. In Ungarn beispielweise will man den Vertrag bewusst nicht ratifizieren, und in Polen erleben wir, dass Frauen für das Recht auf Abtreibung auf die Straße gehen müssen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Entwicklung in Europa ist sehr besorgnis­erregend, aber für viele dieser Länder auch nicht weiter überraschend. Die österreichische Bundes­regierung muss da ganz klar Position beziehen und für Frauenrechte und Gewaltschutz intervenieren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. El-Nagashi.)

Es reicht aber auch beim Gewaltschutz nicht, immer nur mit dem Finger auf Vorgänge in anderen Ländern zu verweisen. Österreich hat die Istanbulkonvention unterzeichnet und ratifiziert, und wir waren eines der ersten Länder, die auch überprüft worden sind. Im Grevio-Bericht, das haben wir heute auch schon gehört, sind viele, viele Maßnahmen festgehalten, die notwendig sind, um Gewaltschutz weiter auszubauen. Würden wir alle diese Maßnahmen, die darin angeführt sind, umsetzen, wäre ein Vielfaches des gesamten Frauenbudgets notwendig, nämlich ungefähr 210 Millionen Euro.

Ein Punkt, der im Grevio-Bericht auch erwähnt wird, ist opferschutzorientierte Täter­arbeit. Wir werden morgen – wahrscheinlich kurz vor Mitternacht, denke ich, wenn ich mir die Tagesordnung ansehe – hier die dafür notwendige Gesetzesvorlage auch be­schließen. Darin sind sechs bezahlte Beratungsstunden für die Gewalttäter vorge­sehen – das ist richtig und wichtig. Gleichzeitig merken Opferschutzorganisationen aber schon seit Jahren an, dass sie pro Opfer, sprich pro von Gewalt betroffener Frau, maximal 5 Stunden im Jahr für Beratung zur Verfügung haben. Da darf es zu keinem


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Ungleichgewicht kommen, und die Gewaltschutzeinrichtungen brauchen auch ent­sprechende finanzielle Mittel, um diese Beratung fortsetzen zu können (Beifall bei der SPÖ), gerade weil, wie wir wissen, diese Gesundheitskrise, diese Coronapandemie, nicht nur europaweit, sondern auch in Österreich zu einer tatsächlichen Gewaltkrise für Frauen geworden ist. Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen führen zu häuslicher Gewalt, wir haben das am Anstieg von Betretungsverboten gesehen. Wir haben volle Frauenhäuser, und Gewaltschutzeinrichtungen vermerken, dass es mittlerweile auch zu einem Anstieg bei der telefonischen Beratung gekommen ist.

Ein Ausbruch aus der Gewaltsituation ist vielen Frauen gerade in Zeiten des Lockdowns auch dadurch erschwert oder gar nicht mehr möglich, weil der Gewalttäter in der ge­meinsamen Wohnung ist. Angesichts dieser Situation, sehr geehrte Damen und Herren, ist die Erhöhung des Frauenbudgets ein wichtiger Erfolg – aber das reicht nicht aus.

Wir fordern deshalb ein zusätzliches Gewaltschutzmaßnahmenpaket in Höhe von 5 Millionen Euro. Das ist nur ein kleiner Bruchteil, wenn wir uns anschauen, wie viel Geld in dieser Krise insgesamt bereits aufgewendet worden ist. Wir erinnern uns: „Koste es, was es wolle“ – und dieses Koste-es-was-es-Wolle muss auch für gewaltbetroffene Frauen und gewaltbetroffene Kinder gelten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Maurer und Rössler.)

Wenn Sie Gewaltschutz ernst nehmen, dann diskutieren Sie in den Ausschüssen auch die Anträge der Opposition, die zu diesem Thema vorgebracht werden! Diskutieren Sie ernsthaft und gehen Sie auf unsere Vorschläge ein, anstatt sie immer nur ins Nirwana zu vertagen! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.32


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosa Ecker. – Bitte.


11.32.25

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Sehr geschätzte Damen und Herren hier und zu Hause! Es sind mehr als 62 Millionen Frauen EU-weit, jede Dritte von Gewalt betroffen, jede Zehnte von sexueller Gewalt betroffen, jede 20. vergewaltigt – 62 Millionen Frauen EU-weit! Es sind 3 500 Todes­opfer, kurz gesagt: neun Mordopfer jeden Tag, davon mindestens sieben Frauen. Die Zahlen steigen, auch in Österreich haben sie sich von 2014 bis 2018 verdoppelt.

Es gibt keine Rechtfertigung! Es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt an Frauen, für sexuelle Gewalt, für physische Gewalt, für psychische Gewalt, für Zwangssterilisation, für Zwangsverheiratung. Es gibt keine Rechtfertigung für weibliche Genitalverstüm­me­lung, für Ehrenmorde. Es gibt keine Rechtfertigung – keine traditionelle, keine religiöse, keine emotionale, auch nicht jene der Überforderung. (Beifall bei der FPÖ.)

Frauenmorde werden diskutiert, aber die Dunkelziffer ist sehr hoch, denn: Die Watschen hat sie sich verdient! – Das hört man leider noch zu oft; Stichwort Täter-Opfer-Umkehr.

Die Lockdowns haben zu einem erschreckenden weltweiten Anstieg von Gewalt gegen Frauen geführt: Mehr als 83 Polizeieinsätze in den ersten 31 Tagen in Spanien, 30 Pro­zent mehr Meldungen von Gewalttaten in den ersten elf Tagen in Frankreich. Die Lehren aus der laufenden Situation müssen noch gezogen werden, auch in Österreich. In Spanien gibt es ein Gesetz, wonach Ferienunterkünfte vorübergehend als Frauenhäuser verwendet werden können. Auch bei uns sind die Hotels geschlossen und die Frauen­häuser voll, das wäre also auch eine Alternative. Es gibt eine SOS-Funktion in der App für öffentliche Sicherheit in Spanien; sie ist unkompliziert: einmal wischen, einmal drücken, und man ruft direkt die Polizei. Frau Minister (in Richtung Bundesministerin Raab), das wäre doch auch etwas für uns, Copy-and-paste wäre mit Sicherheit erlaubt.


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Es gab 64 Sitzungen zum Pekinger Aktionsprogramm, die Beendigung von Praktiken wie weiblicher Genitalverstümmelung und Kinderheirat, Frühverheiratung, Zwangs­heirat – all das sind Ziele der Vereinten Nationen. Es sind steigende brisante Probleme. Was macht die EU? – Sie gibt politische Willenserklärungen ab, leider ohne Rechtskraft. Es gibt die EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter, die Istanbulkonvention, das Übereinkommen gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt und seit 2019 auch die Forderung nach einer Strategie zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt. 2014 gab es eine Entschließung, Gewalt gegen Frauen der schweren Kriminalität hinzuzufügen. Es gibt Forderungen und Entschließungen, aber keine Verringerung der Zahl von Straftaten, kein Sinken der Zahl von Gewalttaten gegen Frauen.

In einigen Ländern ist die Rate der Strafverfolgungen niedrig, die Verurteilung bei häuslicher Gewalt ist schwierig, die Justizsysteme sind unterschiedlich. Was macht Österreich? – Die Regelung der Gewaltpräventionsberatung wird erst Mitte des nächs­ten Jahres die ersten Gewalttäter betreffen. Das Parlament beschäftigt sich mit Opfer­schutzausbau und Vertretung bei einstweiligen Verfügungen. Alles gut damit?

Eines hat aber offensichtlich auch die Frauenministerin letztendlich erkannt: Gewalt hat Tradition in bestimmten Communitys. Es gibt eine neue Broschüre mit dem Schwerpunkt Gewalt im Kontext von Kultur und Tradition. Ich darf daraus zitieren: „Die Familie oder die Community sieht nicht in ‚Gewalt im Namen der Ehre‘ ein Problem, sondern in den Töchtern, die sich den traditionellen Gewaltmustern nicht beugen wollen. [...] Die Tochter [...] ist [...] die Feindin“.

„Eine erfolgreiche Bekämpfung von ‚ehrkulturellen‘ oder traditionsbedingten Gewalt­for­men braucht die Einbeziehung der Männer.“

Meinen Respekt für diese Erkenntnis, aber das hätte man auch schon früher haben können! Wir haben davor immer gewarnt, wir haben Anträge dazu gestellt, diese fanden aber keine Mehrheit. Gewalt gegen Frauen geht uns alle an, die Politik und die Gesell­schaft. Die EU wird das Problem nicht lösen.

Es sind jetzt noch zwei Ministerinnen da, aber es darf sich jede angesprochen fühlen: Frau Minister, verstärken Sie Ihr Engagement und Ihren Einfluss! Bewahren Sie Frauen vor Gewalt durch Wiederholungstäter, die beim letzten Mal davongekommen sind! Es braucht Versorgungsstandards für die Opfer, Anspruch auf zeitnahe Therapie. Ver­stär­ken Sie die Sensibilisierungsprogramme der Sicherheitsbehörden und die forensi­sche Spurensicherung bei Gewalt an Frauen! Und: Betretungsverbote müssen auch über­wacht werden.

Sehr geehrte Frau Minister, sorgen Sie für eine entsprechende Schnittstelle zwischen den Themen häusliche Gewalt und Kinderschutz, regen Sie Selbstverteidigungskurse in den Schulen an und, sehr geehrte Frauenministerin, schließen Sie endlich die Lücken in der Versorgung! In Österreich fehlen nach wie vor 100 Frauenhausplätze. (Beifall bei der FPÖ.)

11.37


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Faika El-Nagashi. – Bitte.


11.38.08

Abgeordnete Mag. Faika El-Nagashi (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Kein Feminismus ohne Antirassismus und kein Antirassismus ohne Feminismus: Vor fast 30 Jahren sind 24 Frauen aus der ganzen Welt, Feministinnen, politische Aktivistinnen aus Ländern des globalen Nordens und des globalen Südens, am Campus der Rutgers University in New Jersey zusam-


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mengekommen und haben die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen erfunden. Selbstver­ständlich war das nicht einfach eine Erfindung, die Aktion stützte sich auf Jahre und Jahrzehnte feministischer Kämpfe für Frauenrechte, gegen Gewalt an Frauen, für die Selbstbestimmung von Frauen und gegen Repression.

Heute sind die 16 Tage eine der anerkanntesten und längsten Kampagnen für Frauen­rechte weltweit. Sie hat in einer Zeit vor dem Internet begonnen, war als Brücke zwischen Frauenrechten und Menschenrechten gedacht, noch bevor wir mit einer Selbstver­ständ­lichkeit von Frauenrechten als Menschenrechte gesprochen haben, und wurde über die Jahre von Tausenden feministischen Aktivistinnen und feministischen Organisationen zu einer globalen Bewegung gemacht. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Brandstötter.)

Dabei waren die 16 Tage immer ganzheitlich, immer inklusiv und immer intersektionell.

Selbstbestimmung, Selbstständigkeit und Sicherheit: Das sind Schutzfaktoren für Frauen gegen Gewalt – nicht Verbote, nicht Kleidungsvorschriften, nicht Disziplinierungen, nicht Repressionen, nicht Verdächtigungen, nicht Kriminalisierungen, weder im privaten noch im öffentlichen Raum. Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen muss Gewalt gegen alle Frauen meinen, von jeder Seite und in jeder Form. Wir können nicht über Frauenrechte sprechen, ohne über alle Frauen zu sprechen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und wir können nicht über Frauenrechte sprechen, ohne heute insbesondere über die Rechte von Musliminnen und über ihre Betroffenheit von antimuslimischem Rassismus zu sprechen, einer diskriminierenden und gewaltvollen Erfahrung und für viele Lebens­realität. Die Opfer antimuslimischer Gewalt sind überwiegend sichtbare Musliminnen, die Kopftuch tragen. Sie stehen im Zentrum medialer Debatten, in denen über sie entweder als Opfer von Unterdrückung oder als Täterinnen des sogenannten politischen Islam gesprochen wird. Sie sind das Ziel von politischen Maßnahmen, die vorgeblich ihre Emanzipation wollen.

Wir können nicht über Frauenrechte sprechen, ohne über alle Frauen zu sprechen. Die Übergriffe auf Musliminnen sind nach der Terrornacht in Wien weiter gestiegen. Die Beratungsstelle Zara berichtet davon, dass häufig ein direkter Bezug zu den Anschlägen hergestellt wird, dass Musliminnen als Terroristen beschimpft werden. Dabei sind die gemeldeten Angriffe nur die Spitze des Eisbergs.

Vor Kurzem hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft ihren Bericht für die Privatwirtschaft vorgelegt, und darin stellt sie fest, dass sich Diskriminierung und antimuslimischer Rassismus in der Arbeitswelt vor allem gegen Musliminnen richten, die ein Kopftuch tragen. Dabei wissen die Betroffenen oft gar nicht, dass sie sich wehren können und wo sie Diskriminierung melden können. Oft sind sie zu eingeschüchtert, sie denken, es ist besser, zu schweigen, als sich noch verletzlicher zu machen.

Sowohl die Beratungsstelle Zara als auch insbesondere die Dokumentationsstelle Islam­feindlichkeit und antimuslimischer Rassismus leisten da unschätzbare Arbeit. Heute, am 10. Dezember, am Tag der Menschenrechte, feiert die Dokumentationsstelle Islam­feind­lichkeit und antimuslimischer Rassismus ihr sechsjähriges Bestehen. Ehrenamtliche MitarbeiterInnen leisten dort unermüdliche Arbeit, indem sie Vorfälle dokumentieren und veröffentlichen, Betroffene unterstützen, Informationsveranstaltungen abhalten und das Hauptaugenmerk auf die Ermächtigung der Betroffenen legen. Von mir seien an dieser Stelle dem gesamten Team ein großer Dank und die herzlichsten Glückwünsche und viel Kraft für diese wertvolle und wichtige Arbeit übermittelt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen muss Gewalt gegen alle Frauen meinen, von jeder Seite und in jeder Form. Die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen sind populär, und das ist


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gut so, keine Frage, aber sie sind kein Accessoire und kein Feigenblatt. Sie lassen sich nicht zum Kampf gegen Frauen instrumentalisieren – nicht gegen Sexarbeiterinnen, nicht gegen Migrantinnen, nicht gegen Musliminnen, nicht gegen das Recht auf Abtrei­bung, nicht gegen sexuelle Rechte, nicht gegen Frauenrechte.

Zum Abschluss noch einmal: ohne Feminismus kein Antirassismus und ohne Antiras­sismus kein Feminismus! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.43


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt das Mitglied des Europäischen Parlaments Frau Claudia Gamon. – Bitte.


11.43.39

Mitglied des Europäischen Parlaments Claudia Gamon, MSc (WU) (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Gewalt gegen Frauen ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst; umso be­schämender ist es, dass wir in unserer zivilisatorischen Entwicklung noch nicht weiter­gekommen sind. Ganz im Gegenteil: Wir müssen heuer enorme Rückschritte erleben, weil die Gewalt während der Covid-Krise so stark zugenommen hat.

Der Lockdown hat den Tätern ununterbrochen Möglichkeit, Zugang und Macht gegeben, Kontrolle über ihre Opfer zu haben. Gleichzeitig haben Familien während dieser Aus­gangsbeschränkungen auch Fluchtmöglichkeiten verloren. Sie haben soziale Unter­stützungs­netze nicht mehr in greifbarer Nähe, der Zugang zu Hilfsdiensten und Unter­künften ist eingeschränkt. Es gibt finanzielle Unsicherheit, es gibt die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Und all das hat das Gewaltrisiko natürlich noch weiter erhöht.

Das Schlimme ist – wie meine Kollegin Henrike Brandstötter schon gesagt hat –, dass überall in Europa dieselbe Situation besteht. Die WHO hat zum Beispiel festgestellt, dass die Notdienste überall in Europa bei den Anrufen von Frauen, die in Not sind, einen Anstieg von bis zu 60 Prozent verzeichnet haben. Wir haben im Europäischen Parlament mit Entschließungen gearbeitet, wir haben Aufrufe an die Kommission gestartet, um Opfer nicht alleine zu lassen und vor allem dieses Thema auch im Europäischen Parla­ment ins Zentrum der politischen Arbeit zu rücken.

Meine Fraktion Renew Europe, die Liberalen im Europäischen Parlament, hat dazu auch einen Aktionsplan verfasst. Wir können und müssen bei diesem Thema in Europa – gemeinsam – noch viel stärker zusammenarbeiten, uns besser koordinieren, uns besser abstimmen. Das wäre wirklich ein Schritt, um Frauen in ganz Europa zu helfen und sie zu unterstützen. (Beifall bei den NEOS.)

Es geht dabei auch um ganz konkrete Dinge. Es gibt zu dem Thema Gewalt an Frauen immer viele Worte, es gibt viele Reden dazu, es gibt viele Bekenntnisse dazu, wie wichtig das Thema ist. Dabei gäbe es ein paar relativ praktische Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, die man auch einfach umsetzen könnte. Es gibt viele Mitgliedstaaten, die auch schon viel getan haben. Es tut sich auch in Österreich sehr viel, und Österreich ist ja in den letzten 30 Jahren auch sehr oft sehr positiv mit der Arbeit, die im Kampf gegen Gewalt an Frauen geleistet wird, aufgefallen. Es geht aber noch so viel mehr! Ich habe oft wenig Verständnis dafür, warum diese vergleichsweise einfachen Dinge nicht ge­macht werden.

Zu diesen Vorschlägen gehört zum Beispiel, dass die Helplines für Frauen in Not europaweit ausgebaut werden oder dass es eine einheitliche europaweite Nummer gibt, die Frauen überall wählen können – vor allem auch in Zeiten, in denen wir alle viel mobiler sind. Es müssen aber zum Beispiel besonders vulnerable Gruppen auch einen Zugang haben, zum Beispiel Frauen, die auf der Flucht sind. Warum gibt man denen


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nicht einfach eine einheitliche Nummer in Europa, bei der sie sich melden können? Ich habe kein Verständnis dafür, warum das nicht geht.

Wir müssen Best Practices besser untereinander austauschen. Zum Beispiel gibt es in der Europäischen Union relativ wenig vergleichbare Daten zum Thema Gewalt an Frauen. Es wäre enorm wichtig, bei der Datenerhebung stärker zusammenzuarbeiten, weil es ja auch darum geht, Gewaltmuster zu erkennen. Diese haben sich ja auch in Krisensituationen wiederum sehr stark geändert, aber wir können es aufgrund von in Europa nicht vorhandenen Daten nicht wissen und auch nicht vergleichen. Das ist wieder etwas, das man sehr einfach machen könnte.

Es bräuchte auch ein neues EU-Protokoll zu Gewalt gegen Frauen in Krisen- und Notstandszeiten, weil das eben ganz spezielle Situationen sind, in denen wir uns jetzt befinden, und niemand kann uns sagen, dass wir nicht wieder in einer ähnlichen oder auch in einer anderen Notsituation sein werden, die europaweit auftreten wird, in der wir ein koordiniertes, einheitliches Vorgehen brauchen, einen Plan, mit dem wir gewappnet sein müssen.

Es ist auch wichtig, dass Frauen und zivilgesellschaftliche Organisationen in dieses Thema eingebunden werden, wenn es darum geht, Maßnahmen gegen die Coronakrise zusammenzustellen. Warum gibt es da nicht ein besseres Zusammenarbeiten? Ich ver­stehe es einfach nicht! Es geht mir nicht in den Kopf, warum man diese einfachen Dinge nicht umsetzen kann.

Es ist ein europaweites Thema, es ist ein weltweites Thema. Wir müssen besser zusam­menarbeiten, um unseren Beitrag zu leisten, damit die Zivilisation eben ein Stück weiterkommt und damit wir diese Schande, die seit Beginn der Menschheit besteht, endlich beenden können. Dass wir das nicht hinkriegen, haben wir nur selbst zu ver­antworten. Deshalb: Schauen wir nicht weg! Schauen wir hin! Helfen wir Frauen in Not und tun wir wirklich etwas gegen diese beschämende Situation! – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

11.48


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Mitglied des Europäischen Parlaments Angelika Winzig. – Bitte.


11.48.57

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat wirklich traurig, dass es im 21. Jahrhundert noch notwendig ist, über dieses Thema zu sprechen, aber offensichtlich haben viele noch nicht verstanden, dass man Konflikte mit Worten und mit einer konstruktiven Diskussion und nicht mit barbarischer Gewalt austrägt.

Gewalt an Frauen ist in erster Linie eine Schwäche, die eine nicht unbeträchtliche Gruppe von Männern offensichtlich hat. Daran gibt es nichts zu beschönigen, das ist mit Sicherheit kein Kavaliersdelikt, das ist einfach kriminell. Das gehört bestraft, psycho­logisch behandelt, und die Gefährder müssen auch eigenverantwortlich gegen ihre Schwäche ankämpfen.

Während in Österreich – wir haben es schon gehört – jede fünfte Frau von sexueller und körperlicher Gewalt betroffen ist, ist es auf EU-Ebene jede dritte. Für die Europäische Volkspartei ist der Kampf gegen Gewalt an Frauen eine der Prioritäten: So hat unsere Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits zu ihrem Amtsantritt angekündigt, dass sie darauf achten wird, dass die Istanbulkonvention ratifiziert wird – aber nicht nur das: Sie hat das Thema auch als eine der Prioritäten für den kommenden G20-Gipfel eingebracht.


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Natürlich müssen auch die finanziellen Mittel vorhanden sein. In der Einigung zum nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen, die am 10. November zwischen dem Europä­ischen Parlament und dem Rat getroffen wurde, ist sogar beinahe eine Verdoppelung des Vorschlags im Vergleich zum letzten MFF auf 1,6 Milliarden Euro für das Programm Justice, Rights and Values vorgesehen.

Wichtig ist mir persönlich auch eine Kampagnisierung, um das Bewusstsein in der Bevölkerung zu erhöhen, aber auch die Zivilcourage zu stärken. Das geschieht sehr aktiv sowohl durch die Europäische Kommission als auch von unser Seite im Europäischen Parlament aus.

Was allerdings noch fehlt, sind valide beziehungsweise vergleichbare Daten zu vielen Themen wie zum Beispiel Zwangsverheiratung oder Genitalverstümmelung, aber auch zum Mädchenhandel. Eurostat hat daher 2020 in Zusammenarbeit mit dem Euro­päischen Institut für Gleichstellungsfragen eine umfassende Erhebung begonnen, deren Ergebnisse 2023 vorliegen werden. Anhand dieser können wir die Maßnahmen ganz genau anpassen, um Frauen zu helfen und den Tätern das Handwerk zu legen.

Mein Weihnachtswunsch ist, dass künftig alle Frauen, die mit Gewalt konfrontiert sind, ein Licht am Ende des Tunnels sehen – wir tun dafür sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene einiges –, sie sollen den Mut zu Veränderungen aufbringen, damit sie ohne Angst in Freiheit leben können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zum Abschluss noch ein Satz: Nur schwache Männer schlagen Frauen – starke unter­stützen sie und stehen gleichberechtigt an ihrer Seite! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist das Mitglied des Euro­päischen Parlaments Evelyn Regner. – Bitte.


11.52.37

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Evelyn Regner (SPÖ): Frau Präsi­den­tin! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Abgeordnete des National­rates und Mitglieder des Europäischen Parlaments! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Was passiert im Schatten der Coronapandemie? – Gewalt; vor allem die Zahlen be­treffend häusliche Gewalt schnellen in die Höhe. Allein in Österreich gibt es 38 Prozent mehr Anrufe bei der Frauenhelpline gegen Gewalt, in anderen europäischen Ländern schaut es nicht viel anders aus.

Gewalt gegen Frauen betrifft uns alle – gut, dass wir dieses Thema heute thematisieren. Sie, Kanzler Kurz, haben in den letzten Monaten so viele Krisenpressekonferenzen gehalten, aber Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufgrund der Lockdowns war da niemals ein Thema. 20 Frauen wurden allein in diesem Jahr in Österreich von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet, 22 sind dem Tod nur knapp entkommen – erschreckende Zahlen!

Wenn wir auf die weltweiten Zahlen schauen: 137 Frauen sind es, die täglich nur deshalb ermordet werden, weil sie Frauen sind – nur deshalb! Heute, am Tag der Menschen­rechte, am letzten der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, müssen uns diese Zahlen eines eindeutig vor Augen führen: Die größte, die am weitesten verbreitete, die systema­tischste Menschenrechtsverletzung richtet sich gegen Frauen, ist jene der Gewalt gegen Frauen und Gewalt gegen Kinder. Es gilt deshalb: Frauenrechte sind Menschenrechte!

Heute ist der Geburtstag meiner Tochter, sie wird 14 Jahre alt. Wir schulden es der Generation dieser Mädchen, dass sie ein Mehr an Gleichstellung erleben, dass sie ein Mehr an Schutz beim Kampf gegen die Gewalt erleben. (Beifall bei SPÖ, Grünen und NEOS.)


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Die Gleichstellung der Geschlechter ist eines der Hauptziele der Europäischen Union und auch in Artikel 7 der österreichischen Bundesverfassung verankert. Ich erwarte mir, dass in diesem Bereich sowohl auf europäischer Ebene als auch von der Bundes­regierung aktiv effektive Schritte gesetzt werden. Was macht die Regierung? – Sie inseriert in Tageszeitungen, dass Gewalt ein privates Problem wäre, anstatt Hilfsnum­mern zu veröffentlichen – das ist schlichtweg inakzeptabel, denn das Private ist politisch!

Österreich darf nicht Polen und Ungarn werden. Wir sehen, die Istanbulkonvention erfordert einen aktiven Einsatz. Wir im Europäischen Parlament – Monika Vana ist im Gleichstellungsausschuss aktiv dabei – arbeiten eng mit dem Europarat, mit Penny Bayr zusammen, damit jene Länder, die die Istanbulkonvention bisher nicht umgesetzt haben, dies ändern. Das erfordert unser aller Einsatz.

Im Europäischen Parlament fordern wir die Kommission auf – und sie ist mehr als willens –, auf europäischer Ebene Schritte zu setzen, nicht nur als EU der Istanbul­konvention beizutreten, sondern auch einen Plan B zu haben, nämlich ein Gewaltschutz­programm für Frauen vorzulegen. Dieser Plan B bedeutet, aktiv eine Richtlinie zu schaffen, damit Frauen und Mädchen in Europa geschützt werden, und dafür setze ich mich als Vorsitzende des Ausschusses ganz stark ein. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Wichtig ist es auch, Gewalt an Frauen in die Liste der Eurocrimes aufzunehmen. Wir brauchen einen Mindestschutz, Mindeststandards und eine Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg. Das ist einer unserer großen Aufträge für die Arbeit im Europäischen Parlament in den nächsten Jahren.

Wir sehen in einigen EU-Staaten aber auch einiges an Positivem, von dem wir lernen können. Ich möchte mein liebstes Beispiel Finnland hervorheben: Finnland ist jenes Land, das die Coronakrise besonders effektiv bekämpft, und dazu gehört auch ein natio­naler Aktionsplan, um die Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Finnland vergleicht Zahlen, Daten und Fakten und schafft auf diese Art und Weise eine bessere Zusam­menarbeit zwischen der Justiz, den Verwaltungsbehörden und den NGOs.

Wir schulden unseren Mädchen und unseren Frauen, in Österreich wie in Europa, uns dafür einzusetzen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

11.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Susanne Fürst. – Bitte.


11.57.32

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich schließe gleich an die Worte meiner Vorrednerin an und nehme Bezug auf die Istanbulkonvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Es ist eine Selbst­verständlichkeit, natürlich: Jedes Land kämpft gegen Gewalt, auch gegen Gewalt an Frauen und Kindern. Dafür gibt es vor allen Dingen das Strafrecht, da müssen geeignete Mittel vorgesehen sein, damit es zu einer wirksamen Strafverfolgung kommt, und natürlich muss man da schon auch in die Prävention investieren.

Die Istanbulkonvention ist ein völkerrechtlich bindendes Instrument und verpflichtet die Staaten eben, wirksam gegen Gewalt an Frauen vorzugehen. Mehrere Vorrednerinnen haben hier aber auch schon wieder moralisierend erwähnt, dass es Länder gibt, die die Konvention nicht umsetzen, die sie ablehnen – und dafür stellen meine Vorrednerinnen sie an den Pranger. Auch meine Vorrednerin tut sich da hervor und prangert Ungarn und Polen an: Weil sie die Konvention nicht umsetzten, nicht ratifizierten, würden sie Gewalt an Frauen schüren oder gutheißen und sich nicht gegen Gewalt an Frauen aussprechen.


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Das ist nicht richtig! Man muss schon auch ansprechen, warum diese Länder sich gegen die Umsetzung der Istanbulkonvention wehren und dass diese sich eben nicht aus­schließlich der Bekämpfung echter Gewalt gegen Frauen widmet, sondern dass da sehr wohl – auch wenn das heute schon bestritten wurde – eine Ideologie dahintersteckt, die man ablehnen darf.

Ungarn und Polen haben sehr wohl ein ausreichendes Strafrecht, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, und sie haben auch Frauenhäuser und Präventionsmaßnahmen. Sie wehren sich jedoch gegen die Ideologie, die ihnen da aufgezwungen werden soll – und meiner Meinung nach zu Recht. Die Konvention geht nämlich davon aus, dass die Ursache für Gewalt immer bereits in der Erziehung liegt und in der Kindheit vorgegeben wird. Daher müssen jetzt auch schon kleine Buben lernen, dass Mädchen und Buben gleichwertig sind. – Ja, natürlich, aber da soll schon wieder Sexualkundeunterricht für Kleinstkinder stattfinden, man muss gleich daran arbeiten und erziehen; aber nicht die Familien sollen die Kinder erziehen, sondern der Staat soll eingreifen.

Es beinhaltet den Ansatz, dass die Geschlechter nicht biologisch sind, sondern soziale Konstruktionen; und es wird angegeben, dass dieses Geschlecht eben nicht durch die Biologie und die Natur determiniert wird, sondern durch gesellschaftlich geprägte Rollen und Verhaltensweisen, die da den Männern und Frauen zugewiesen werden. Das sehen aber nun einmal nicht alle so. Die Konvention negiert da einfach die naturgegebene Verschiedenheit von Männern und Frauen, Verhaltensunterschiede seien nur sozial verursacht und seien schon per se diskriminierend.

Man muss also sehr aufpassen, wenn da von Gewalt die Rede ist. Wir verstehen darun­ter echte körperliche Gewalt. In dieser Konvention wird der Gewaltbegriff aber sehr, sehr weit und exzessiv definiert, weil zum Beispiel schon ein Familienleben mit einer klas­sischen Rollenaufteilung – wenn die Frau sich mehr der Kindererziehung widmet und mehr Hausarbeit leistet als der Mann – sozusagen schon als überaltertes Verhal­tens­muster, das gesellschaftlich zugewiesen wurde, und schon als Teil der strukturellen Gewalt angesehen wird. Das lehne ich aber entschieden ab. So machen das auch Ungarn und Polen, und sie haben dazu jedes Recht – ohne gescholten zu werden, dass sie nichts gegen Gewalt an Frauen machten. (Beifall bei der FPÖ.)

Zur Coronapolitik kann ich nur sagen: Es wird schon so sein, dass da die Gewalt gegen Frauen und auch gegen Kinder oder die Konflikte und Aggressionen zugenommen haben. Da muss man aber schon vor allen Dingen die Regierungsparteien und auch die Parteien, die den Lockdown unterstützt haben, in die Pflicht nehmen. Das ist eben für Familien, die auf engstem Raum zusammenwohnen, bei denen die Kinder zu Hause sind, in denen Männer und Frauen rund um die Uhr beisammen sind, eine unglaublich belastende Situation, in der sich die Aggression steigert. Da sollte man wohl eher zunächst einmal schauen, dass man Lockdown, Schulschließungen und so weiter möglichst kurz hält oder nicht mehr wiederholt. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ein Fehler in dieser Konvention ist ja auch, dass sie bezeichnenderweise nur auf Bezie­hungstaten eingeht, die es gibt und die man bekämpfen und bestrafen muss; sie be­schäftigt sich aber nicht mit den Übergriffen auf der Straße, die aber auch ein bedeutendes Problem darstellen – und da frage ich mich schon, ob uns da nicht Ungarn und Polen um einiges voraus sind. Ich halte es daher für total unangebracht, auf diese Länder loszugehen; dasselbe gilt für die Rechtsstaatlichkeitsdebatte: Es soll nur Ideologie aufgedrängt werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.02


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 82

12.03.05

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Zu einem so späten Zeitpunkt in der Debatte sollte eigentlich schon fast alles gesagt sein. Mir ist aufgefallen, was nicht vorgekommen ist, und das finde ich relativ spannend: Mehrere Redner und Rednerinnen haben die beiden großen Studien, die wir zu Gewalt an Frauen haben, erwähnt: dass weltweit ein Drittel der Frauen über 15 Jahren im Laufe ihres Lebens Opfer von Gewalt wird, dass es nach einer anderen Studie in Europa bis zu 50 Prozent der Frauen sind. Worüber niemand gesprochen hat, weil wir keine Zahlen dazu haben, ist, wie viel Prozent der Männer Gewalt gegen Frauen ausüben. Wir wissen es nicht.

Wir können aus diesen Studien, die wir haben, Schlüsse ziehen. Wenn ich es auf diesen Plenarsaal herunterbreche: 72 Frauen wurden als Abgeordnete angelobt, von diesen 72 werden nach diesen Studien im Laufe ihres Lebens ein Drittel bis die Hälfte – 24 bis 36 – Opfer von Gewalt. Das muss man sich einmal vor Augen halten, denn das können wir uns vor Augen halten. Was wir uns nicht vor Augen halten können, ist, wie viele Schläger da eigentlich herumrennen und diese Taten begehen – und ich finde, dieser Debatte muss man sich stellen, sollte man sich stellen. Dazu fehlen offensichtlich die Daten, wenn man es nicht einmal hier im Parlament so diskutieren kann.

Wir haben einen Vorschlag: Gerade vorhin haben wir relativ spontan und ad hoc be­sprochen, dass wir uns darum kümmern sollten, diese Daten zu bekommen, um das nächste Mal, wenn wir eine solche Debatte führen, diese auf Zahlenbasis auch über die Männer zu führen – und nicht nur über die Frauen, die davon betroffen sind. Das geht, die Mittel dazu gibt es Gott sei Dank – und da sind wir gleich bei der Europadebatte, weil das nicht nur ein österreichisches Thema und nicht nur für Österreich interessant ist.

Die Europäische Union stellt ihre Politik in diesem Bereich in den nächsten sieben Jahren um, mit dem Budget für die nächsten sieben Jahre, das wir jetzt diskutieren. Das ist eine interessante Sache, durch Zusammenlegung wurde ein neuer Fonds geschaffen: 400 Millionen Euro für Aufklärungsarbeit, für frauenpolitische Arbeit und Rechtearbeit. Das klingt nach wahnsinnig viel Geld, umgelegt auf sieben Jahre und 27 Mitgliedstaaten sind das 2 Millionen Euro pro Land und pro Jahr, die nun für Aufklärungsarbeit und Informationsarbeit in diesem Bereich zur Verfügung stehen. Dieses Geld kann man aller­dings nutzen, muss man nutzen und muss man einsetzen – und das ist auch europaweit wichtig.

Wie haben es gehört: Drei Nachbarländer Österreichs – Ungarn, Slowakei und Tschechien – haben die Istanbulkonvention noch nicht ratifiziert, dort spielt das keine Rolle. Die Situation in Polen bringt Frauen tatsächlich realpolitisch unter Druck. Bulgarien hat nicht unterzeichnet. Es ist wichtig, dass wir in diesem Bereich europäische Politik machen, weil es möglich ist, aufklärende, unterstützende und beratende Organisationen von der europäischen Ebene aus zu finanzieren. Wenn diese in Polen oder sonst wo kein Geld bekommen, dann können wir das auf europäischer Ebene machen. Das ist wichtig und gehört mit dem nächsten europäischen Budget unterstützt. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Gabriela Schwarz.)

Ich finde, wir müssen aber nicht mit dem Finger auf andere EU-Mitgliedstaaten zeigen. In Österreich ist Gewalt von Vätern gegenüber ihren Kindern erst seit Ende der Sieb­zigerjahre strafbar, und Vergewaltigung in der Ehe ist erst seit Ende der Achtzigerjahre verboten. Wir sind die erste Generation, der das überhaupt verboten ist. Bis dahin war es legal. Tun wir doch bitte nicht so, als ob das bei uns kein Problem und kein Thema wäre!

Wenn ihr von der FPÖ euch hierherstellt und sagt: Oh, unsere Kultur hat sich von der Gewalt abgewendet!, ja, bitte, dann geht und kniet am Grab von Johanna Dohnal nieder, dafür, dass sie das in Österreich geschafft hat – nämlich gegen eure Politik und gegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 83

eure Kultur. Wir haben es geschafft, dass hierzulande Gewalt gegen Frauen nicht mehr legitimiert werden kann, aber genau ihr mit eurer konservativen Rechtspolitik habt jahr­zehntelang dagegen gekämpft, dass diese Frauenrechte durchgesetzt werden können. Gegen euch haben wir das durchgesetzt (Abg. Amesbauer: ... ÖVP!), gegen euch haben wir das geschafft, Gott sei Dank! (Beifall bei den Grünen.)

Wie gesagt, wir müssen nicht mit dem Finger auf Polen oder sonst wohin zeigen, wir werden uns dagegen wehren müssen, dass es einen Backlash gibt. Wir werden immer dagegen kämpfen müssen, wenn in Österreich Stimmen laut werden, dass man Schwan­gerschaftsabbrüche wieder einmal zur Diskussion stellt (Heiterkeit der Abgeordneten Bösch und Kassegger) und Studien erhebt und sonst etwas, wenn der politische Katholizismus beginnt (Abg. Amesbauer: Sie meinen jetzt die Frau Kugler!), im Parlament ein und aus zu gehen. Dann werden wir sehr wachsam sein müssen und keinen Fußbreit weichen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.08


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter ist nächster Redner. – Bitte.


12.08.26

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Diese Debatte dreht sich um ein anderes Virus. Der Evolution hat es gefallen, bei den verschiedenen Arten die Geschlechter unterschiedlich auszustatten: Wir kennen Arten mit pfauenhaft schönen Männchen und unscheinbaren Weibchen, wir kennen drohnenhafte Männchen und bienenfleißige Weibchen, und ja, dann gibt es noch den Menschen, und beim Menschen ist es halt so, dass die Männer mit körperlicher Überlegenheit ausgestattet sind. Das mag evolutionsgeschichtlich durchaus Sinn gehabt haben, heute wirkt sich diese körperliche Überlegenheit toxisch aus, toxisch wie ein Virus, und das Virus heißt Gewalt gegen Frauen.

Es ist aber nicht nur körperliche Gewalt, wir reden auch von Abhängigkeiten emotionaler und wirtschaftlicher Natur. Dieses Virus, das das Leben von so vielen Menschen und Familien vergiftet, kostet auch Menschenleben. Wir haben von dieser Statistik heute schon gehört. Und auch hier in Österreich ist die Infektionszahl viel zu hoch.

Machen wir uns nichts vor: Das Virus ist in allen Gesellschaftsschichten verbreitet. Da brauchen wir nicht Bevölkerungsgruppen auseinanderzudividieren, egal ob mit Migra­tionshintergrund oder autochthon oder was immer, egal ob reich oder arm. Ich weiß es aus meiner Berufspraxis: In allen Gesellschaftsschichten kommt es vor. Die Langzeit­folgen dieses Virus, von dem wir jetzt, in dieser Debatte, sprechen, sind nicht weniger schwerwiegend als die des Coronavirus. Das muss uns klar sein.

Als Justizsprecher meiner Fraktion möchte ich anerkennend die justiz- und sicherheits­politischen Anstrengungen hervorheben, die in den letzten Jahren unternommen wurden, um Betroffenen besser zu helfen. Die psychosoziale Prozessbegleitung, das Betretungs- und Annäherungsverbot, die Möglichkeiten, einstweilige Verfügungen zu erlassen: All das wurde in den letzten Jahren – vollkommen zu Recht – stark ausgebaut. Die Gewaltschutzzentren in den Bundesländern leisten hervorragende und wichtige Arbeit. Ich möchte ihnen dafür ganz besonders danken. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Gerade als Justizsprecher ist es mir aber ein beson­deres Anliegen, zu betonen: Gewaltschutz ist keine Aufgabe, die alleine die Gewalt­schutzeinrichtungen oder die Gerichte betrifft. Die Gerichte sind quasi das letzte Auffangnetz, die Ultima Ratio des Strafrechtes. Diese zieht erst dann, wenn schon etwas


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 84

passiert ist und wenn es manchmal traurigerweise schon zu spät ist. Die toxische Verbindung von Gewaltbereitschaft und emotionaler Verstrickung, wie es sie in diesen Fällen oft gibt, macht aber auch das Strafrecht oft zahnlos, wenn Frauen in der Haupt­verhandlung plötzlich die Aussage verweigern und den Gerichten dann nichts anderes übrig bleibt, als freizusprechen. Gerade unlängst, am 7.12., gab es wieder einen Fall: „‚Raubüberfall‘ war häusliche Gewalt“. (Der Redner hält einen Ausdruck in die Höhe.) Das sind die Themen, bei denen man sieht: Das Strafrecht kommt zu spät.

Das ist wichtig, auch die Beratung ist wichtig, aber noch viel wichtiger wäre es, präventiv zu arbeiten. Da kommt den Medien eine wichtige Aufgabe zu. Mich stört es immer wieder, wenn man in den Medien von häuslicher Gewalt liest. Da wird von Bezie­hungs­dramen gesprochen anstatt von brutalen Morden, die passiert sind. Da muss sich etwas ändern, weil nur diese Änderung auch dazu führt, dass sich das Bewusstsein ändert, und dieses Bewusstsein müssen wir in der Phase der Evolution, in der wir uns jetzt befinden, endlich einmal zu Gewaltfreiheit führen. Da sind schon die Männer ganz besonders angesprochen.

Daneben spielt aber auch die wirtschaftliche Situation der Frauen oft eine Rolle. Ich weiß das. Frauen sind in ihrer Dispositionsfähigkeit oft so abhängig von Männern, dass dies eine Rolle spielt, wenn es darum geht, ob die Anzeige aufrechterhalten wird, ob sie eine Aussage machen wollen. Da ist das Unterhaltsrecht gefragt, da werden wir am Unter­haltsrecht schrauben müssen, damit wir den Frauen mehr Unabhängigkeit einräumen und mehr Unabhängigkeit verschaffen, damit sie sich aus der Gewalt befreien können.

Wir müssen aber noch früher ansetzen: Gewaltschutz fängt schon in der Erziehung, in Schulen, in Bildungseinrichtungen an. Wir müssen das präventiv der Jugend einimpfen. Das ist die Impfung gegen dieses Virus: dass Gewalt in zwischenmenschlichen Bezie­hungen nie, nie und niemals Platz haben darf.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen nun den Schlusssatz formu­lieren, bitte.


Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (fortsetzend): Mein abschließender Appell: Schauen wir aufeinander! Schauen wir aufeinander, so wie wir das gelernt haben, so wie es die Kampagne im Zusammenhang mit Corona uns gezeigt hat, damit wir die Sensibilität gewinnen, damit wir dieses Virus der Gewalt gegen Frauen endgültig besie­gen! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.14


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

12.14.22Einlauf und Zuweisungen


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4312/J bis 4428/J

Schriftliche Anfragen an den Präsidenten des Nationalrates:

22/JPR und 23/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 3575/AB bis 3747/AB


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 85

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Depotgesetz geändert wird (596 d.B.)

Österreichisch-Jüdisches Kulturerbegesetz – ÖJKG (605 d.B.)

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergeb­nisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2020 (Vor­lage 43 BA)

Monatserfolg Oktober 2020 sowie COVID-19 Berichterstattung, gemäß § 3 Abs. 4 COVID-19 Fondsgesetz, § 3b Abs. 4 ABBAG-Gesetz und § 1 Abs. 5 Härtefallfonds­gesetz, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 44 BA)

Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Non-Profit-Organi­sationen Unterstützungsfonds für November 2020, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (Vorlage 45 BA)

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Österreich Institut G.m.b.H.; Follow-up-Über­prüfung – Reihe BUND 2020/44 (III-203 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Zivile Flugsicherung; Follow-up-Überprüfung – Reihe BUND 2020/45 (III-204 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend Förderungen in der Siedlungswasser­wirt­schaft – Reihe BUND 2020/46 (III-211 d.B.)

*****

Fristsetzungsantrag


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Stephanie Krisper beantragt hat, dem Ausschuss für innere Angelegen­heiten zur Berichterstattung über den Antrag 1018/A(E) eine Frist bis 14. Dezember 2020 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 2, 4 und 5, 6 bis 10, 12 und 13, 14 bis 17, 18 bis 22, 24 und 25, 26 bis 28, 29 und 30, 31 und 32, 34 bis 36 sowie 37 und 38 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.


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Redezeitbeschränkung


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP 185, SPÖ 128, FPÖ 105, Grüne 95 sowie NEOS 76 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 38 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich ersuche um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Damit gehen wir in die Tagesordnung ein.

12.16.301. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (481 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG) (516 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (463 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (509 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


12.17.16

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bun­desregierung! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! In unserer Welt gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, der Allgemeinheit Mitteilungen, Meinungen und Infor­mationen zukommen zu lassen, und das mit einer Reichweite, die nahezu unbegrenzt ist. So trägt die moderne Kommunikation zu Information, Meinungsfreiheit und Vielfalt bei. Tatsache ist aber leider auch, dass manche irregeleitete Personen diese Möglich­keiten dazu nützen, Unwahrheiten über Fakten und Verschwörungstheorien schnell in einem großen Kreis von Menschen zu verbreiten. Jede und jeder von uns stößt immer wieder auf derartige – ich nenne sie jetzt einfach einmal so – Fakenews.

Ein derartiges Verhalten, sehr geehrte Damen und Herren, darf in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Bisher standen Betroffene dem relativ machtlos gegenüber. Das wird sich nun ändern, und darüber bin ich schon sehr froh.

Der Justizteil des Gesetzespaketes wurde im Ausschuss mit einem gemeinsamen Ziel gut debattiert und mit Zustimmung fast aller Fraktionen vorbereitet. Anregungen und Kritikpunkte aus dem Begutachtungsverfahren wurden im Großen und Ganzen berück­sichtigt und in den Gesetzesvorschlag eingearbeitet.

Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein Gesetzespaket mit dem Ziel, Hass im Netz einen Riegel vorzuschieben. Opfer sollen damit besser geschützt werden, und das Begehren


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 87

der Unterlassung soll einfacher durchsetzbar werden. Auch der Bereich des soge­nannten Upskirting – ich erinnere an meinen diesbezüglichen Antrag, Frau Ministerin, den ich bereits im Dezember 2019 eingebracht habe – wurde berücksichtigt. Das uner­wünschte Fotografieren insbesondere unter den Rock von Frauen beziehungsweise das Anfertigen von Nacktfotos oder Nacktvideos ohne Wissen oder Einwilligung der Betrof­fenen werden nunmehr ausdrücklich unter Strafe gestellt.

Die SPÖ wird diesem Gesetzespaket im justiziellen Teil daher ihre Zustimmung geben, weil damit ein Schritt in die richtige Richtung gemacht wird. Ein Wermutstropfen ist dabei jedoch, dass der Strafrahmen für das bloße Anfertigen dieser Bilder von dem ursprüng­lich vorgesehenen einen Jahr auf sechs Monate reduziert wurde. Damit ist die Straf­drohung im internationalen Vergleich schon sehr gering. Um es klar zu benennen: Es geht um sexuelle Gewalt gegen Frauen, es geht um Grenzüberschreitungen, es geht um unzulässige Machtausübung. Heimlich intime Fotos zu machen und dann womöglich im Netz zu verbreiten ist ein schwerer Angriff auf die Integrität von Menschen, insbesondere von Frauen und Mädchen. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist kein Kavaliersdelikt, daher sollte auch die Strafdrohung dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechen. Wir werden daher einen Abänderungsantrag einbringen, der den Strafrahmen wieder mit einem Jahr fest­legt.

Ich möchte aber an dieser Stelle auch einen Hilferuf von SOS-Kinderdorf aufgreifen, der zu Recht auf besondere Betroffenheit von Kindern und Jugendlichen hinweist, und bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Begleit­maßnahmen zur tatsächlichen Wirksamkeit der Rechtsmittel bezüglich ‚Hass im Netz‘ für Kinder und Jugendliche“

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, sicher zu stellen, dass speziell Kinder und Jugendliche tatsächlich Zugang zu den in der Regierungsvorlage vorgesehenen Rechtsmittel haben.

Dazu braucht es zum einen den Abbau von Zugangshürden, wie

- der Befreiung von der Gerichtsgebühr und damit ein gänzlicher Entfall der Kosten­ersatzpflicht für Minderjährige;

- die verpflichtende Prozessbegleitung für Minderjährige;

- die Möglichkeit, einen Antrag nach § 549 ZPO gleichzeitig mit dem Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung stellen zu können – ansonsten wäre der Rechts­schutz gegen Gewalt und Hass im Netz für Minderjährige faktisch langsamer und damit weniger wirksam als für Erwachsene!

Zum anderen müssen Kinder und Jugendliche überhaupt einmal erfahren, welche Rechte sie haben. Nur dann können sie sie auch wahrnehmen. Dazu braucht es:

- niederschwellige und für Kinder und Jugendliche verständliche Informationen, sowie kostenlose Beratung darüber, welche Möglichkeiten sie haben, sich gegen Gewalt und Hass im Netz zu wehren.

- Plattform-Betreiber müssen dazu angehalten werden, ihre Meldeverfahren entsprechend niederschwellig und kindgerecht zu gestalten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 88

- Und nicht zuletzt müssen die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte das notwendige Wissen haben, damit Kinder und Jugendliche zu ihrem Recht kommen. Dazu sind drin­gend spezifische Informationskampagnen bzw. Ausbildungsoffensiven bei Polizei, Rich­terschaft und Staatsanwaltschaft notwendig.“

*****

Ich hoffe doch auf ein Einsehen und ein Einlenken sowie auf Ihre Zustimmung. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.23

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Eva Maria Holzleitner BSc

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Begleitmaßnahmen zur tatsächlichen Wirksamkeit der Rechtsmittel bezüglich „Hass im Netz“ für Kinder und Jugendliche

eingebracht im Zuge der Verhandlung über den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (481 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG) (516 d.B.)

(TOP 1)

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, sicher zu stellen, dass speziell Kinder und Jugendliche tatsächlich Zugang zu den in der Regierungsvorlage vorgesehenen Rechtsmittel haben.

Dazu braucht es zum einen den Abbau von Zugangshürden, wie

•             der Befreiung von der Gerichtsgebühr und damit ein gänzlicher Entfall der Kostenersatzpflicht für Minderjährige;

•             die verpflichtende Prozessbegleitung für Minderjährige;

•             die Möglichkeit, einen Antrag nach § 549 ZPO gleichzeitig mit dem Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung stellen zu können – ansonsten wäre der Rechts­schutz gegen Gewalt und Hass im Netz für Minderjährige faktisch langsamer und damit weniger wirksam als für Erwachsene!

Zum anderen müssen Kinder und Jugendliche überhaupt einmal erfahren, welche Rechte sie haben. Nur dann können sie sie auch wahrnehmen. Dazu braucht es:

•             niederschwellige und für Kinder und Jugendliche verständliche Informationen, sowie kostenlose Beratung darüber, welche Möglichkeiten sie haben, sich gegen Gewalt und Hass im Netz zu wehren.

•             Plattform-Betreiber müssen dazu angehalten werden, ihre Meldeverfahren ent­sprechend niederschwellig und kindgerecht zu gestalten.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 89

•             Und nicht zuletzt müssen die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte das notwendige Wissen haben, damit Kinder und Jugendliche zu ihrem Recht kommen. Dazu sind dringend spezifische Informationskampagnen bzw. Ausbildungsoffensiven bei Polizei, Richterschaft und Staatsanwaltschaft notwendig.

Begründung

Bereits im Zuge des Begutachtungsverfahren haben SOS-Kinderdorf und andere Kinderrechts- und Kinderschutzorganisationen darauf hingewiesen, dass der Schutz, die Rechte und die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen gemäß dem Verfassungs­gesetz zu den Rechten von Kindern besonders in der garantierten Wirksamkeit des Gesetzes stärkere Beachtung finden muss. Denn die Ausgestaltung des geplanten Rechtsschutzes entscheidet letztlich darüber, ob Kinder und Jugendliche sich in der Praxis tatsächlich wirksam gegen Gewalt und Hass im Netz wehren können. In der geplanten Art und Weise können sie das nicht!

Bereits 2018 hat eine von SOS-Kinderdorf beauftragte Studie1 gezeigt, dass fast 30% aller Kinder und Jugendlichen von sexueller Gewalt im Internet betroffen sind. Häufig wissen Kinder und Jugendliche aber gar nicht, welches Verhalten strafbar ist und nur 8% erstatten Anzeige. Eine Auswertung von 600 anonymen Protokollen der Helpline Rat auf Draht zeigte zudem, dass Kinder und Jugendliche, wenn sie sich gegen sexuelle Belästigung und Gewalt im Netz wehren möchten, auf zahlreiche Hürden stoßen2. So fehlt etwa auch der Polizei oft das nötige Wissen im Umgang mit Gewalt im Netz. Nicht selten wird Opfern suggeriert, sie seien selbst schuld an der Situation und ihnen geraten, sich von der jeweiligen sozialen Online-Plattform zurückzuziehen, statt Anzeige zu erstatten. Ohne diese Aspekte mitzubedenken, geht jede noch so gut gemeinte Initiative gegen Gewalt und Hass im Netz letztlich ins Leere. Ohne Betroffene altersgerecht zu informieren, zu begleiten und zu stärken, bleibt ein solches Gesetz ohne relevante posi­tive Auswirkungen.

1 https://www.sos-kinderdorf.at/so-hilft-sos/einsatz-fur-kinderrechte/sicheronline/studie

2 https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200818_OTS0075/mehr-schutz-fuer-jugendliche-bei-sexueller-belaestigung-im-netz

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächste gelangt Frau Klubvorsitzende Sigrid Maurer zu Wort. – Bitte.


12.23.33

Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es ist heute ein besonderer Plenartag für Tausende Betroffene von Hass im Netz. Ich freue mich auch persönlich sehr, dass wir heute ein effektives, umfassendes Paket zur Be­kämpfung von Hass im Netz verabschieden können. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Erlauben Sie mir bitte, an diesem Tag auch ein bisschen aus meiner persönlichen Erfah­rung mit diesem Thema zu sprechen. (Oh-Rufe bei der FPÖ.) Der Hass begleitet mich persönlich seit meinem allerersten Interview in einer österreichweit erscheinenden Tageszeitung vor elf Jahren. (Abg. Amesbauer: Mei!) Ich glaube, dass den meisten Frauen im Raum Ähnliches passiert ist. Der Hass gehört für uns PolitikerInnen zum


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 90

Alltag, es ist für uns völlig normal, dass wir sexistisch beschimpft werden, dass wir abge­wertet werden, dass grausliche Witze über uns gemacht werden, dass wir bedroht werden, dass uns Vergewaltigung gewünscht wird, dass uns Vergewaltigung teilweise angedroht wird, dass uns der Suizid nahegelegt wird, dass uns der Tod gewünscht wird und das auch explizit in Gewaltdrohungen endet.

Das ist leider Realität für uns Politikerinnen und Politiker, insbesondere für uns Frauen, und wir sind es gewohnt. Wir sind aber in einer privilegierten Situation, wir können uns  wenn die Drohungen ganz massiv sind anwaltliche Vertretung leisten und wir können die Öffentlichkeit adressieren. Die meisten Betroffenen von Hass im Netz können das nicht, und für diese Betroffenen ist dieses Paket so extrem wichtig. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe mich in den letzten Jahren nicht ganz freiwillig sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Es ist Ihnen allen die sogenannte Bierwirtcausa bekannt, ein wirklich skurriler Fall, der für große Empörung und auch große Diskussion in der Öffentlichkeit gesorgt hat und der gewissermaßen die in diesem Bereich leider sehr oft klassische Täter-Opfer-Umkehr bestätigt hat, wozu es sehr breite Diskussionen gab.

Dieser Fall hat für sehr viel Aufmerksamkeit und Bewusstsein gesorgt. Ich habe Tau­sende Nachrichten von Leuten bekommen, die geschrieben haben: Ich wusste ja über­haupt nicht, dass das tatsächlich so schlimm ist! Mir haben ganz, ganz viele Betroffene geschrieben: Teenager, deren Ex-Freunde von ihnen Nacktfotos in Whatsapp-Gruppen, in Facebook-Gruppen gepostet haben; Frauen, die im Internet wüst beschimpft worden sind, weil sie ihre Meinung gesagt haben, die ihre Accounts offline nehmen mussten, weil sie den Hass nicht mehr ausgehalten haben. Besorgte Väter haben sich bei mir gemeldet und gefragt, was sie denn zum Schutz ihrer Töchter tun können, denn sie wollen nicht tatenlos zuschauen, wie der Hass über die jungen Frauen hereinbricht.

Ich habe in den vergangenen Jahren auf all diese Anfragen die ganz oft Hilferufe waren: was soll ich tun, was kann ich tun? , die ich bekommen habe, nur sehr unbe­friedigend antworten können. Meine Antworten haben geheißen: Lösch es! Blockier den Account, blockier die Leute, die dir das schreiben! Gehe einmal eine Zeit lang offline! Melde es bei der Meldestelle Zara und lasse prüfen, ob eine Klage möglich ist! Bei der geltenden Rechtslage ist es bis jetzt so, dass in den allermeisten Fällen von Hass im Netz keine Klage möglich ist. Wenn eine Klage möglich ist, dann nur mit einem erheb­lichen Kostenrisiko und mit einer sehr, sehr langen Prozessdauer. – Das ändern wir heute mit diesem Paket. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Betroffene von Hass im Netz wollen vor allem eines: dass es schnell aufhört und dass es sie nicht mehr betrifft, dass sie sich nicht mehr damit beschäftigen müssen. Wir schaffen mit diesem Paket ein Eilverfahren, das einzigartig ist, das bereits in anderen europäischen Ländern für Aufmerksamkeit sorgt und möglicherweise nachgeahmt wird. Wir führen ein Schnellverfahren ein, das Betroffenen ermöglicht, innerhalb von wenigen Tagen einen Unterlassungsbescheid zu erhalten. Das funktioniert so, dass ein Formular ausgefüllt wird, das mit den Screenshots an das Bezirksgericht geschickt wird, und das Bezirksgericht entscheidet dann innerhalb weniger Tage, was damit zu passieren hat. Wenn das Posting oder die Privatnachricht die Menschenwürde herabwürdigt, dann kommt ein Unterlassungsbescheid, und der Hassposter muss die Gerichtsgebühren in der Höhe von 108 Euro tragen.

Wir verschärfen den Paragrafen zu Cybermobbing. Der von mir erwähnte Fall, ein einmaliges Hochladen von Nacktfotos, fällt bis jetzt nicht unter diesen Paragrafen – in Zukunft wird er das sehr wohl tun.

Wir stärken mit diesem Gesetzespaket den Opferschutz, wir stärken die Persönlich­keits­rechte und wir ermöglichen psychosoziale Prozessbegleitung für die Betroffenen von


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Hass im Netz. Der Hass kann so massiv sein, dass es zu massiven psychischen Beeinträchtigungen kommt; dazu haben wir sehr viele Berichte. Das ist auch ein ganz maßgeblicher Meilenstein in diesem Paket. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ein weiterer ganz, ganz zentraler Punkt betrifft die großen Plattformen. Facebook und Twitter haben ihre eigenen Regeln, ihre Communityregeln, aber erstaunlicherweise sind sie derzeit so, dass beispielsweise antisemitische Hetze wochenlang stehen bleibt und trotz Meldung nicht gelöscht wird, während andere Inhalte hingegen sofort gelöscht werden. Facebook kann es also, es will es bis jetzt nur nicht. Wir nehmen Facebook, Twitter und die anderen Internetgiganten in die Pflicht. Sie können sich in Zukunft nicht mehr ihrer Verantwortung entziehen. (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Die Freiheitlichen fürchten jetzt um die Meinungsäußerungsfreiheit. Das mag auch daran liegen, dass die Freiheitliche Partei jene Partei ist, die am häufigsten wegen Verhetzung verurteilt wird und bei der es auch am meisten sogenannte Einzelfälle gibt, aufgrund derer sie Postings löschen lassen müssen – so gerade wieder geschehen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Das, worum es bei diesem Gesetzespaket geht, ist genau das Gegenteil, nämlich das Sichern der Meinungsäußerungsfreiheit, denn es gibt ein Grundrecht auf freie Meinungs­äußerung für alle Menschen. Es gibt jedoch kein Grundrecht auf die Verbreitung von Hass im Netz. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Mit diesem Gesetzespaket ermöglichen wir, dass sich Betroffene nicht zurückziehen müssen, dass Betroffene weiterhin ihre Accounts, ihre Profile im Internet behalten können, weiterhin ihre Meinung äußern dürfen und können und nicht von den Hass­postern und Hetzern verdrängt werden.

Es ist ein sehr, sehr langer Kampf von ganz, ganz vielen Beteiligten – JournalistInnen, AktivistInnen, NetzaktivistInnen – gewesen, und ich möchte auch dem Justizministerium und dem Bundeskanzleramt ganz explizit danken. Deren Beamtinnen und Beamte haben Hervorragendes geleistet, um dieses Paket auf den Weg zu bringen, das in Europa tatsächlich einzigartig ist und das, so glaube ich, auch Nachahmer finden wird. Wir wissen, wir können den Hass nicht abschaffen, aber mit diesem Paket können wir ihn wesentlich effektiver bekämpfen, und darüber freue ich mich wirklich sehr. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen, ÖVP und SPÖ.)

12.32


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Susanne Fürst. – Bitte.


12.32.30

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Hass im Netz ist angeblich das größte Problem unse­rer Gegenwart; das sehe ich nicht so. Ich sehe den Hass auf der Straße, den Hass in der Realität und die Gewalt in der Realität als noch viel größeres Problem. Es ist aber zuge­gebenermaßen ein Problem, dem man auch mit dem vorhandenen Strafrechts­instru­men­tarium beikommen kann, wenn man es noch um eine schnelle, effektive Durchsetzung ergänzt. Dagegen ist nicht das Geringste einzuwenden, es ist geboten, dass sich Jugendliche, Frauen, wer auch immer entblößt und entwürdigt wird schnell gegen Pos­tings wehren können, sodass diese verschwinden. Wenn jemand Beleidigun­gen aus­gesetzt ist, gefährlich bedroht wird: Wir haben dafür die Strafrechtstatbestände üble Nachrede, Beleidigung, Drohung und so weiter. Es geht also nur um die Durch­setzung.

Mir geht es um den Teil, in dem die Plattformen behandelt werden, denn dieser Teil schießt weit über das Ziel hinaus. Dieser Teil beinhaltet natürlich sehr wohl eine meinungsfreiheitsbeschränkende Maßnahme. (Beifall bei der FPÖ.)


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Das neue Gesetz nimmt Anleihen bei einigen internationalen Gesetzen, wie etwa dem deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz, und sieht vor, dass große Plattform­betrei­ber – Facebook, Twitter und Co – unter Androhung extrem hoher Bußgelder veranlasst werden, Hinweise auf vielleicht – vielleicht oder vielleicht auch nicht – strafbare Inhalte unter großem Zeitdruck zu bearbeiten und zu löschen. Natürlich führt das dazu, dass sie zuerst einmal lieber mehr löschen, als eine hohe Strafe zu riskieren. Bewertet und geprüft wird das Vorliegen möglicherweise strafbarer Inhalte nicht von Gerichten, sondern von Mitarbeitern von Facebook, oder sie lagern es an externe Dienstleister wie an Correctiv in Deutschland aus. Das heißt, es bestimmen dann Konzerne, Konzern­politik, damit verbundene Ideologie darüber, was bei uns hier gepostet wird und was nicht, was unter Hass zu verstehen ist und was nicht, was gelöscht wird und was nicht. Das ist so der Fall, auch wenn das dann sicherlich von der Frau Minister bestritten werden wird. Ja, es gibt Beschwerdemöglichkeiten, aber wenn massenhaft gelöscht wird, wird man irgendwann nachgeben und das akzeptieren müssen. (Beifall bei der FPÖ.) Insofern entscheiden dann die Konzerne, was ein Bruch mit unserer sonstigen Straf­rechtspflege ist.

Warum greift man auf dieses Mittel der Löschung auf dem Umweg über die Plattformen zurück? Man könnte das auch anders lösen, wie es zum Beispiel schon im Mediengesetz für Medieninhaber, für die Onlineforen von Zeitungen gelöst ist. Wenn diese Hinweise auf unzulässige Inhalte bekommen, dann haben sie nur eine ganz kurze Frist zum Löschen. Sie kommen dem Löschauftrag in beinahe allen Fällen nach, dann ist das Problem erledigt. Sonst hat man die Möglichkeit, zu Gericht zu gehen. Auch da gibt es dann kurze Fristen, innerhalb derer darüber entschieden wird, ob das Posting zulässig ist oder nicht. Das könnte man für die Social Media genauso machen. Man könnte jeden Betreiber einer Facebook-Seite in die Pflicht nehmen. Ich denke, das wäre auch gut, damit man jedem seine Verantwortung klarmacht: Wenn man öffentlich auftritt, ist man auch für den Inhalt verantwortlich. So könnte man auch Kinder und Jugendliche schützen.

Warum geht man also den Umweg über Facebook, sodass sich die Plattformen ein­mischen und etwas selbst löschen müssen? – Weil das Ziel ein anderes ist! Es gibt auch ein dahinterstehendes Ziel, und unsere Frau Verfassungsministerin Edtstadler hat es auch relativ klar – gar nicht so sehr zwischen den Zeilen – ausgesprochen. Sie hat schon öfter gemeint, dass es das Ziel ist, die neuen Technologien von Hass und Desinformation freizuhalten, um so die Nutzer zu schützen. Nur so könne es gelingen, europäische Werte wie Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu stärken.

Hass, diese Emotion soll offensichtlich aus dem Netz eliminiert werden. Desinformation: Was ist das? Wer hat die Wahrheit gepachtet? Wer weiß, was Information ist und was Desinformation ist? Es gibt schon viele Gesetze in anderen Ländern, aus denen man ablesen kann, wohin die Reise gehen soll. Das Problem ist: Hass und Desinformation – Hatespeech und Fakenews – sind völlig unbestimmte Begriffe, die im Strafrecht eigent­lich nichts zu suchen haben. Zum Beispiel Diebstahl: Ich stehle einem Dritten eine fremde, bewegliche Sache. Da weiß jeder: Wenn ich das tue, mache ich mich strafbar; klare Sache! Bei Hatespeech oder dem Verbreiten von Desinformation ist es ein großes Problem, wenn so etwas strafbar ist. Ich weiß nicht, ab wann die Schwelle der Straf­barkeit überschritten ist. Das kann man nicht sagen. Da das jetzt schon so weit definiert worden ist, darf man schon sehr vieles nicht mehr sagen, was mit dem Strafrecht nicht das Geringste zu tun hat. Hatespeech ist so quasi zum Codewort für alles politisch Inkorrekte geworden. Fakenews sind eigentlich regierungskritische Informationen, die nicht erwünscht sind und deshalb gelöscht werden. Das ist mehr als unerfreulich, und damit haben wir einen tiefen Eingriff in die Grundrechte. (Beifall bei der FPÖ.)


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Solche weichen Begriffe wie Menschenwürde, Verletzung der Seele sind ja alle recht und schön, aber wir können nicht unverwundet durchs Leben gehen. Das ist zu diffus. Die Menschen haben nicht nur ein Grundrecht auf Meinungsfreiheit, Meinungsäuße­rungs­freiheit, sondern auch Informationsfreiheit. Ich möchte, wenn ich mit jemandem spreche, wenn ich in den sozialen Medien aktiv bin, debattieren, mich mit Menschen auseinandersetzen können, die vom äußersten linken Spektrum bis hin zum rechten Spektrum alles abdecken. Nur so kommen wir zu fruchtbringenden Auseinanderset­zun­gen. Die Grenze ist im Strafrecht festgelegt, sie ist bei Gewalt und bei Drohungen über­schritten, natürlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Wo die Reise hingeht, sieht man an vielen, vielen Beispielen. Es geht nur um den Schutz von bestimmten Gruppen, andere Gruppen werden nicht geschützt. Es geht darum, Äußerungen zu eliminieren, die der Klimamainstreamauffassung widersprechen. Islam­kritik ist nicht erwünscht, Einwanderungskritik ist nicht erwünscht, traditionelle Familien­bilder sind nicht mehr erwünscht und auch Satire fällt schon sehr oft dem Löschwahn zum Opfer. Das sind nur ein paar Beispiele aus dem Ausland dafür, was jetzt zu uns kommen wird. Jede Kritik am Islam ist also Islamophobie. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft hat sich über dieses Gesetz schon sehr gefreut. Das sollte uns doch nachdenklich machen, weil er nun natürlich jede Islamkritik als Hass im Netz bezeichnen und verfolgen kann. Ich bin übrigens auch gespannt, ob so wie in Deutsch­land nur die deutsche Hassrede verfolgt wird oder ob wir uns auch die Hassreden in türkischer und arabischer Sprache ansehen.

Aussagen gemäßigter Muslime – es gibt zum Beispiel in Frankreich fremde muslimische Enklaven –, dass die Angriffe im Namen des Islam zunehmen werden: Hassrede, 10 000 Euro Strafe in Frankreich.

Die unkontrollierte Anwesenheit unbegleiteter Minderjähriger ist ein Problem, da viele beim Alter schwindeln und Verbrechen begehen werden: Anzeigen wegen Diskriminie­rung, Hassrede, Aufstachelung zum Hass. Die Meldung: Ein Jugendlicher wurde von fünf Schwarzafrikanern verprügelt!, sie stimmt, sie ist nachweislich wahr, aber: Fake­news, geht nicht. Auch betreffend Zitaten aus offiziellen Kriminalstatistiken, wenn da zum Beispiel vorkommt, dass die Afghanen bei Vergewaltigungen überproportional auf der Täterseite zu finden sind, also wenn ich das zitiere, heißt es: Aufstachelung zum Hass, Schüren von Vorurteilen.

Es wird auch der Bundeskanzler dann ein Problem mit seinen Aussagen haben, wenn er sagt, das Virus wird aus dem Ausland eingeschleppt – ob es stimmt oder nicht, dass 60 Prozent der Coronakranken in den Krankenhäusern Migranten sind, ist egal.

Es gibt schon Judikatur: Auch wahre Tatsachen dürfen nicht benannt werden, weil sie eben auch unter Hassaufstachelung fallen. Es geht da um Macht, es geht da nicht nur darum, Aufrufe zu Hass und Gewalt schnell zu eliminieren. Es geht darum, sich die Deutungshoheit, die Meinungsmacht, die Regulierung der Debatte zurückzuholen. Es soll zur Löschung von vollkommen legalen Statements, die aber kontrovers sind und eben den Regierungen nicht passen, kommen. Das ist eine traurige Entwicklung.

Die Meinungsfreiheit war von der höchstgerichtlichen Judikatur auch immer als solche gemeint. Meinungen können auch verstören, Meinungen können verletzen, ja, weil sie eben ein breites Spektrum umfassen. Wir können oft die Meinung von anderen Men­schen nicht verstehen, aber die Grenze ist eben nur bei Gewalt. Und jetzt wird da völlig eingegriffen, wird dieser verfassungsrechtliche Grundsatz niedergeschmettert. Eine Argumentation, Debatte dazu zählt nicht mehr – und daher ist das Ganze eine Attacke auf dieses Grundrecht und hat mit Rechtsstaatlichkeit, mit Menschenrechten, mit Demo­kratie oder Stärkung der Demokratie nichts zu tun. Im Gegenteil: Der Demokratie wird damit ein Eck eingeschlagen.


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Wahrheit, was Information ist, was Desinformation ist, kann nicht vorgegeben werden, sie ist immer ein Produkt von vielen langen, oft jahrelangen Auseinandersetzungen. Das kann nicht verordnet werden, sondern die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit und der Auseinandersetzungen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.42


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Michaela Steinacker. – Bitte.


12.42.50

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Minis­terinnen! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Frau Kollegin Fürst, zuallererst muss ich mich an Sie wenden, denn Ihre zynische Einleitung, die Art, wie Sie über die Wichtigkeit des Themas Hass im Netz gesprochen haben, ist nicht angebracht! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Amesbauer: Wollen Sie jetzt auch schon entscheiden, was angebracht ist?!) Wir sprechen heute, an einem der großartigsten Tage des Parlamentarismus, über wichtige Maßnahmen, über Maßnahmen, die notwendig und wichtig sind, um dem Phänomen Hass im Netz in einer neuen digitalen Welt zu begegnen. Bitte nehmen Sie diesen Ihren Zynismus zurück! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine Vorrednerinnen haben schon einige Eckpunkte dieses Gesetzespakets erläutert. Ich möchte anhand eines Beispiels schildern, was sich mit den heutigen Gesetzes­beschlüssen für Opfer von Hass im Netz ändert, vor allem im Justizteil.

Stellen wir uns vor, ein junges Mädchen, nennen wir sie Julia, postet am Samstag­nachmittag ein Foto von sich beim Kaffeetrinken in der Wiener Innenstadt öffentlich auf Facebook, Instagram, wo auch immer. Wenige Minuten später kommentiert ein User, der Julia hasst – aus welchen Gründen auch immer; vielleicht hat sie vor Kurzem mit ihm Schluss gemacht –, mit wüstesten Beschimpfungen, aber nicht nur das, er kopiert das Bild, er bearbeitet es pornografisch, versieht es mit perfiden Kommentaren und teilt es in seinem Netzwerk. Das verunstaltete Bild verteilt sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Netzwerken. Julias Freunde, Studien- und Arbeitskollegen, sie alle sehen dieses Bild und sprechen sie darauf an. Julia ist fassungslos. Sie ist erschüttert, vermutlich zuerst einmal gelähmt und weiß nicht, was sie tun soll.

Was können wir Julia raten? Was kann sie in Zukunft tun, wenn wir heute dieses gute Paket beschließen? – Julia möchte wahrscheinlich hauptsächlich, dass dieses wider­wärtige Posting sofort gelöscht wird. Das kann sie nunmehr bei Gericht – auch online mit ihrer Bürgerkarte und Handysignatur – beantragen. Sie muss nur einen Screenshot des Postings anhängen, und das Gericht wird binnen kurzer Zeit den Poster mit der Löschung beauftragen, gegebenenfalls auch, das ist auch eine Möglichkeit, mit sofortiger Wirkung.

Das ist das neue Hass-im-Netz-Schnellverfahren. – Von meinem Vater habe ich gelernt: Wer schnell hilft, hilft doppelt. Das ist auch für mich immer eine Maxime meines Handelns. Und gerade aufgrund der Schnelligkeit und der großen Reichweite des Inter­nets ist diese sofortige gerichtliche Hilfe unglaublich wichtig – unglaublich wichtig, Frau Kollegin Fürst! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Gerichtsgebühren sind mit 107 Euro sehr gering, und wenn das Gericht Julia recht gibt, dann müssen sie vom Hassposter gezahlt werden. Sie kann darüber hinaus gegen­über diesem beleidigenden User, wenn er anonym ist und sich hinter einer Fake-ID versteckt, auch einen Antrag auf Herausgabe der Nutzerdaten stellen. Dann wird die IP-Adresse ausgeforscht oder der Hassposter mit sonstigen Nutzerdaten identifiziert.


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Nicht nur das, darüber hinaus setzen wir auch im Strafrecht relevante Bestimmungen, nämlich dass sie dann, wenn dieses Posting auch strafrechtlich unter üble Nachrede oder Beleidigung fällt – und das wird in dem Fall, den ich Ihnen soeben geschildert habe, wohl der Fall sein –, auch strafrechtlich gegen diesen Poster vorgehen kann. Das ist neu und deswegen erwähne ich es an diesem Punkt. Nicht die Paragrafen 111, 113 oder 115, das sind üble Nachrede, Beleidigung oder der Vorwurf der schon abgetanenen gerichtlich strafbaren Handlung, also diese Straftatbestände, sind neu, sondern dass man ohne Kostenrisiko diese Privatanklage erheben kann. Das ist neu und das ist gut und richtig.

Julia kann zudem als Opfer von Hass im Netz psychosoziale und juristische Prozess­begleitung in Anspruch nehmen. Das bedeutet, sie wird von professionellen Opferschüt­zern zu den Verhandlungsterminen begleitet und im Verfahren unterstützt.

Ein anderes Beispiel: Christina und Anna kommen gerade vom Fußballtraining zurück in die Umkleidekabine, sie gehen duschen, sie ziehen sich um und bemerken dabei, dass sie von einem Spanner heimlich gefilmt werden. Das war bisher nicht gerichtlich strafbar, denn wenn diese Bildaufnahmen nicht verbreitet wurden, dann blieb lediglich der Tatbestand, dass er gefilmt hat. Dadurch, dass es nicht verbreitet wurde, hatte das aber keine Strafrelevanz.

Für Christina und Anna macht es aber einen Unterschied, ob dieser Spanner, der sie gefilmt hat, nunmehr zur Rechenschaft gezogen werden kann, egal ob er das verbreitet oder ob mehrere Personen dieses Video sehen.

Allein das Wissen, dass ohne jemandes Zustimmung Nacktaufnahmen gemacht werden, ist ganz entsetzlich. Wir haben daher den neuen Tatbestand geschaffen und mit einer Strafdrohung von bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, im Fall der Verbreitung bis zu 12 Monaten, versehen. Das ist ein Strafmaß, das sich gut in das Strafgefüge einordnet, von der Höhe her in die entsprechenden Strafbestimmungen in unserem Strafgesetz­buch einfügt.

Wir verabschieden heute ein Gesetzespaket, das den Opfern schnell und unbürokratisch hilft. Wir stärken das Bewusstsein der Menschen, dass man sich gegen Hass im Netz wehren kann und man nicht einfach hinnehmen muss, was dort in diesem Bereich passiert.

Ich bin stolz darauf, dass wir das heute verabschieden können. Ich danke allen Betei­ligten für die Diskussion, für die konstruktive Zusammenarbeit auf dem Weg zu dieser großartigen und wichtigen Novelle. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie der Abg. Kucharowits.)

12.48


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.


12.49.02

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist Tag 16 von 16 Tagen gegen Gewalt. Jede fünfte Frau ist von Gewalt betroffen, ob körperlich, seelisch, psychisch oder sexuell. Hass im Netz ist Gewalt, und wir haben die Aufgabe, Gewalt, ob im analogen oder im digitalen Leben, ganz klar zu stoppen.

Wir als Sozialdemokratie fordern das schon seit Jahren, nämlich eine umfassende Initiative gegen Gewalt im Netz. Staatssekretärin Duzdar hat damals schon einiges auf den Weg gebracht. Ich halte es für ganz besonders wichtig, heute wirklich einen wichtigen und niederschwelligen Schritt zu setzen, ein Fundament, um Hass im Netz


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auch wirklich zu bekämpfen. Deshalb, Frau Justizministerin, hat Ihre Regierungsvorlage, die wir absolut für richtig halten, unsere volle Unterstützung. Ich möchte auch betonen, dass wir es als ganz besonders positiv hervorstreichen, dass das Begutachtungs­verfahren ernst genommen wurde, dass ExpertInnen gehört wurden und dass einiges davon auch eingearbeitet wurde. So stellen wir uns das offen gesprochen auch vor. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

Warum halten wir das auch für richtig? Warum muss man endlich etwas tun? Man braucht sich nur die Zahlen vor Augen zu führen: 2 521 Meldungen bezüglich Hass im Netz sind im vergangenen Beratungsjahr von September 2019 bis August 2020 bei Zara eingelangt. Bei 80 Prozent der gemeldeten Fälle handelt es sich ganz klar um Rassismus, und es sind vorwiegend Frauen und Mädchen, die von Hass im Netz be­troffen sind.

Die gemeldeten Fälle von antimuslimischen Übergriffen nach dem Terrorakt in Wien lagen bereits nach der dritten Woche bei der Zahl 80. Es ist also dringend notwendig und es war dringend notwendig, ein wirklich wirkungsvolles Instrument auf die Beine zu stellen.

Wir sind der Meinung, dass das Mandatsverfahren, das Eilverfahren wirklich ein nieder­schwelliges und richtiges Instrument ist, das unkompliziert und vor allem wirklich betrof­fenenfreundlich ist und vor allem auch für alle gilt.

Gleichzeitig – es ist erwähnt worden, aber ich möchte es trotzdem hervorstreichen – wird mit dem Gesetz auch einiges Neues in Ergänzung zu dem niederschwelligen Eilver­fahren implementiert. Upskirting ist dabei ganz, ganz zentral, denn wenn eine Frau, ein Mädchen nicht fotografiert werden will, ob im Genitalbereich, im Schambereich, die Brust, wo auch immer, dann darf das ganz einfach nicht passieren, und es ist ganz, ganz wichtig, dass das jetzt auch strafrechtlich verfolgt werden kann. Deshalb gibt es auch dafür unsere volle Unterstützung, wobei ich Folgendes anmerken darf: Wir stellen uns ein höheres Strafausmaß vor – und ein Abänderungsantrag dazu ist bereits verteilt worden –, wir wollen zur ursprünglichen Fassung von bis zu einem Jahr zurück. (Beifall bei der SPÖ.)

Positiv ist auch die Ausweitung des Cybermobbingparagrafen. Ganz ehrlich: Aus der Vergangenheit haben wir gelernt, dass es da Adaptierungen benötigt, das heißt, es muss schon ab dem ersten Mal gelten. Wir finden es sehr, sehr gut, dass das jetzt auch Teil des Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetzes ist.

Unverständlich ist ein Paragraf, und ich habe es auch im Ausschuss erwähnt, in dem es um den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch im Gesetz geht und der wirklich eine Schieflage, was das Machtverhältnis von ArbeitgeberInnen im Vergleich zu den Arbeit­neh­merInnen betrifft, implementiert. Da geht es nämlich darum, dass ein Arbeitge­ber/eine Arbeitgeberin auch gegen die Zustimmung der ArbeitnehmerInnen ein Verfah­ren einleiten kann. Das halten wir für problematisch, und deshalb bringe ich auch einen Abänderungsantrag, der Ihnen allen vorliegt, ein, mit welchem wir ganz dezidiert die Zustimmung der ArbeitnehmerInnen fordern. Wir bitten da dementsprechend auch um Zustimmung.

Im Großen und Ganzen, Frau Ministerin, ist es ein Gesetz, das wir wirklich für wichtig halten – nämlich frauenpolitisch, feministisch, und, ich darf hier auch als Netzpolitikerin reden, netzpolitisch. Die Netzsperren sind aus dem Gesetzestext draußen, das war eine wichtige Sache. Es ist, wie gesagt, ein Gesetz, das im Sinne vieler Tausender Mädchen und Frauen, im Sinne vieler Opfer von Gewalt im Netz ist.

Jetzt aber zum zweiten Teil des Pakets: Frau Ministerin Edtstadler, Ihr Kommunikations­plattformen-Gesetz schafft aus unserer Sicht keine Balance zwischen Hass im Netz und


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Meinungsfreiheit, und in Ihrem Gesetzespaket wird ganz klar die Macht hin zu den Kon­zernen verschoben. Künftig sollen Facebook und Twitter entscheiden können, was gelöscht und was nicht gelöscht wird, es braucht da auch keinerlei Qualifikationsprofil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort. Ganz ehrlich, das ist eigentlich eine Privatisierung des Rechts (Zwischenruf des Abg. Gerstl), und das lehnen wir ganz klar und dezidiert ab! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff und Scherak.)

Außerdem verstehen wir den Alleingang auf nationaler Ebene nicht. Sie wissen, wir warten alle auf den DSA, auf den Digital Service Act, der von der Kommission eigentlich gestern, letzte Woche, jetzt aber vielleicht nächste Woche vorgelegt werden sollte. Nein, Österreich macht einen Alleingang, noch dazu mit einem schlechten Beispiel, nämlich der österreichischen Version des deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. (Ruf bei der ÖVP: Aber das stimmt ja gar nicht!) Wir werden dieses Paket wie gesagt ganz klar ablehnen.

Sehr geehrte KollegInnen, ich darf Sie um Zustimmung zu unserem Abänderungsantrag, der Ihnen vorliegt, bitten und freue mich, dass wir heute am 16. Tag gegen Gewalt an Frauen mit dem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz einen wichtigen gesetzlichen Schritt zu mehr Opferschutz setzen und Hass im Netz ein Stück weit stoppen; gut so! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.54

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Katharina Kucharowits, Genossinnen und Ge­nossen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (481 d.B.) Bundes­gesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz, HiNBG) (516 d.B.)

eingebracht in der 69. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2020 zu TOP 1

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der vorliegende Gesetzesentwurf wird wie folgt abgeändert:

1.          In Art. 1 Änderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzesbuches lautet in Z 2 § 20 Abs. 2 wie folgt:

„(2) Wird in einem Medium im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Arbeit- und Dienstnehmers dieser in seinem Ansehen oder seiner Privatsphäre verletzt und ist dieses Verhalten geeignet, die Möglichkeiten des Arbeit- oder Dienstgebers den Arbeit- oder Dienstnehmer einzusetzen, nicht unerheblich zu beeinträchtigen oder das Ansehen des Arbeit- oder Dienstgebers erheblich zu schädigen, so hat dieser unabhängig vom Anspruch des Arbeit- oder Dienstnehmers einen eigenen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung. In diesem Fall ist die Zustimmung des betreffenden Arbeit- oder Dienst­nehmers einzuholen. Entsprechendes gilt für ehrenamtlich tätige Organe einer Körper­schaft.“

2.          In Art. 8 Änderung des Strafgesetzbuches lautet in Z 2 § 120a samt Überschrift wie folgt:

„§ 120a. (1) Wer absichtlich eine Bildaufnahme der Genitalien, der Schamgegend, des Gesäßes, der weiblichen Brust oder der diese Körperstellen bedeckenden Unterwäsche


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einer anderen Person, die diese Bereiche gegen Anblick geschützt hat oder sich in einer Wohnstätte oder in einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, ohne deren Einwilligung herstellt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wenn die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit gleicher oder strengerer Strafe bedroht ist, wer eine durch eine Tat nach Abs. 1 hergestellte Bildaufnahme einem Dritten zugänglich macht oder veröffentlicht.

(3) Der Täter ist nur mit Ermächtigung der verletzten Person zu verfolgen.“

Begründung

Zu 1.

Bei dem gegenständlichen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch handelt es sich zwar um einen originären Anspruch der ArbeitgeberInnen, dieser wurzelt aber dennoch in Persönlichkeitsrechten der ArbeitnehmerInnen. Und da es hier vor allem um die Persönlichkeitsrechte der ArbeitnehmerInnen geht, die (natürlich) auch im Arbeitsver­hältnis zu schützen sind, ist zu regeln, dass ArbeitgeberInnen nur unter Einbeziehung der betroffenen ArbeitnehmerInnen dagegen vorgehen können.

Zu 2.

Heimliche intime Fotos von Frauen und Mädchen zu machen und dann womöglich noch im Netz zu verbreiten, ist ein schwerer Angriff auf die Integrität von Frauen und Mädchen und keinesfalls eine Ehrenbeleidigung. Insofern war die Herabsetzung des Strafrahmens im Grundtatbestand in der Regierungsvorlage – gegenüber dem Entwurf – auf sechs Monate kritikwürdig. Mit dem Strafmaß von sechs Monaten würde der neue Tatbestand in eine gewisse Nähe von Bagatelledelikten gerückt werden.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, wurde auch an alle Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.


12.54.45

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Werte MinisterInnen! Hohes Haus! Vorweg: Ich kann sehr viel von dem, was insbesondere Kollegin Kucharowits zum ersten Teil des Gesetzes, aber auch von dem, was Kollegin Maurer zum ersten Teil des Gesetzes gesagt hat, unterschreiben. Es ist uns ein wich­tiges Anliegen, klar zu sagen: Selbstverständlich halten wir die Schritte, die in diesem Paket zivilrechtlich wie strafrechtlich gesetzt werden, für sehr sinnvoll und absolut überfällig und werden diesen auch zustimmen.

Es gibt aber einen zweiten Teil des Gesetzes – und das hast du, Kathi, auch schon gesagt –, das ist der Teil betreffend Kommunikationsplattformen-Gesetz, der eben am viel kritisierten und zu Recht kritisierten NetzDG Deutschlands angelehnt ist. Es ist nämlich so, dass dieses sowohl in Deutschland selbst als auch von der Europäischen Kommission sehr stark kritisiert wurde, wodurch es nachträglich zu Änderungen gekommen ist – und wir werden genau dasselbe auch da wieder erleben.

Darüber hinaus, das muss man ganz ehrlich sagen, hat dieser Teil des Gesetzes, ein grundsätzliches Problem. Er ist durchgehend innovationshemmend, und zwar genau dort, wo er kleine und mittlere europäische Unternehmen betrifft, die dann eben gegen


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die Monopolmacht, gegen die dieses Gesetz eigentlich vorgehen will, nämlich jener der Großen – Google, Facebook und Co –, nicht standhalten werden.

Wo ich das genau verorte, möchte ich Ihnen an ein paar Punkten erläutern. Es sind unzählige, die zu erläutern sich leider in den wenigen Minuten hier nicht ausgeht, aber schauen wir uns einmal die Zielgerichtetheit an: Zielgerichtet würde bedeuten, dass man wirklich die Großen erwischt. Es wurde jetzt eine Umsatzgrenze von 500 000 Euro und eine Grenze von 100 000 Usern eingezogen. Das bezieht sich natürlich nicht auf die Großen, denn die Großen sind sowieso gefangen, sondern man bezieht da insbeson­dere kleine, innovative, neue europäische Unternehmen ein, und genau die werden es sein, die darunter leiden werden. Genau das ist das Problem, und das zeigt, dass genau dieses Gesetz innovationshemmend ist, kurzsichtig und nicht langfristig durchdacht ist.

Das zweite Thema sind die Strafen: Die Strafen sind mit einer Maximalhöhe von 10 Millionen Euro bemessen. 10 Millionen Euro sind für ein kleines europäisches, innovatives Unternehmen existenzgefährdend, das wird es danach nicht mehr geben. Sie sperren das mit Ihrem Gesetz aus. Für Google, Facebook und Co sind 10 Millionen Euro, die sie in Österreich zu zahlen oder auch nicht zu zahlen haben – auch dieses System ist absurd –, die Portokassa. Den Großen ist dieses Gesetz egal, und dement­sprechend ist es auch da kurzfristig und undurchdacht.

Und dann kommt der große Punkt, den ich ganz besonders spannend finde: Das ist der Zeitpunkt, den Sie gewählt haben, um diese österreichische Variante des NetzDG umzusetzen. Der Zeitpunkt ist jener, zu dem wir eigentlich wissen, dass der Digital Services Act kommen sollte und eigentlich schon da ist, also in Vorbereitung ist, und es ist genau der Zeitpunkt, knapp bevor – mittlerweile ist sie da, nämlich im Ausschuss – die Stellungnahme von der Europäischen Kommission da war.

Das finde ich durchaus spannend, denn wenn man sich Stellungnahmen der Euro­pä­ischen Kommission zu ähnlichen Gesetzen, beispielsweise in Frankreich, anschaut, dann sind die durchaus vernichtend. In Frankreich wurde explizit darauf hingewiesen, dass man solch eine nationale Gesetzgebung unterlassen soll, weil das genau dem europäischen Gemeinsamen widerspricht. Das europäische Gemeinsame ist genau bei solchen Themen wichtig, denn: Glauben Sie wirklich, dass Facebook und Google sich wegen Österreich ändern werden? – Nein. Es wird nur gesamteuropäisch funktionieren, und deswegen wäre es wichtig, dass wir gesamteuropäisch zusammenarbeiten und das möglichst schnell tun. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Darüber hinaus gibt es noch eine Sache, die man sich – gerade wenn man über diese großen Plattformen redet – anschauen muss, nämlich: Ist es wirklich notwendig, das zum jetzigen Zeitpunkt einzuführen? Es gibt Studien, die klar belegen, dass gerade das Löschen bei den Plattformen momentan sehr, sehr gut funktioniert – auch Sie kennen diese Studien, die die Europäische Kommission unter anderem veröffentlicht und auch vorangetrieben hat –, das heißt, dass 90 Prozent der Meldungen innerhalb von 24 Stun­den überprüft werden und von jenen Betroffenes innerhalb von 24 Stunden 75 Prozent gelöscht wird.

Das zeigt auch da ein überhastetes Agieren, insbesondere in dem Bereich, der Sie, Frau Edtstadler, betrifft, und genau das ist etwas, was ich nicht nachvollziehen kann, denn es gäbe auf europäischer Ebene die Möglichkeit, mitzuziehen, gemeinsam an einer euro­päischen Lösung zu arbeiten, die uns alle viel weiter bringen würde. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg. Kucharowits.)

12.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte schön.



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12.59.36

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Im Feb­ruar 2020, glaube ich, haben wir es angekündigt. Danach gab es viele, viele Sitzungen mit Expertinnen und Experten, viele Arbeitsgruppensitzungen, in die wir NGOs ein­gebunden haben, Betroffene eingebunden haben, und nach zahlreichen Verhandlungs­runden im Sommer und Anfang September haben wir, gemeinsam mit Kanzleramts­ministerin Edtstadler, ein umfassendes Maßnahmenpaket in die Begutachtung geschickt. Ich möchte mich vorweg dafür bedanken, dass wir mit diesem Paket wirklich nicht nur einzelne kleine Teile regeln, sondern wirklich ein umfassendes Paket auf den Weg bringen, das sich diesem gesamtgesellschaftlichen Phänomen stellt.

Wir wissen, das Internet und die sozialen Medien haben die Art, wie wir miteinander kommunizieren, nachhaltig verändert. Die neuen Technologien haben viele Vorteile gebracht, aber eben auch eine neue Form von Gewalt, nämlich Hass und Gewalt im Netz. Daher freue ich mich, dass wir gemeinsam dieses umfassende Paket, das sich genau diesem Thema widmet, auf den Weg bringen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Angriffe im Netz, die Gewalt im Netz reichen von vermeintlich harmlosen Belei­digungen über gezielte Bloßstellungen bis hin zu Gewalt, zu Morddrohungen, zu Verge­waltigungsaufrufen. Die Zahl der Betroffenen steigt auch immer weiter an. Im Juni dieses Jahres hatten wir leider einen neuen negativen Rekord, 340 Fälle wurden allein im Juni bei der Beratungsstelle von Zara gemeldet. Das sind alarmierende Zahlen, die uns alle zum Handeln auffordern. Knapp die Hälfte dieser Meldungen ist nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle auch strafrechtlich relevant.

Aufgrund der Zahlen aus diesem Jahr, aber auch aus der Vergangenheit haben wir für dieses Paket ein Ziel vor Augen gehabt, nämlich das Ziel, dass sich diese vielen Be­troffenen endlich rasch, kostengünstig und auch wirksam zur Wehr setzen können. Wie hat das in der Vergangenheit ausgeschaut? – In der Vergangenheit war es so, dass viele Betroffene, viele Frauen, viele Mädchen sich einfach nicht getraut haben, diesen Weg zu gehen, weil der Weg zum Gericht, zum Urteil ein langer war, ewig gedauert hat, sehr, sehr viel Geld abverlangt hat – manchmal ging das bis in den vierstelligen Bereich –, und vieles von dem, wie man am Ende des Tages feststellen musste, ja nicht einmal klagbar war. Das hat zu vielen Kosten und letzten Endes dazu geführt, dass sich viele Menschen nicht zur Wehr gesetzt haben.

Was aber waren die Folgen? – Die Folgen waren, dass sich Menschen, die sich im Internet äußern wollten, viele Frauen, viele Mädchen, aus dem Internet zurückgezogen haben, weil sie sich einfach diese Scham nicht geben wollten, weil sie sich einfach diesem Hass und dieser Hetze nicht aussetzen wollten, und sie haben das Internet einer kleinen Gruppe von lauten und aggressiven Leuten überlassen. Damit zerstörte diese kleine Gruppe von Lauten und Aggressiven unsere Gesprächskultur, unseren respekt­vollen Umgang miteinander.

Dieses Gesetz ist auch deshalb so wichtig, weil es das wieder zurückgibt: Es macht das Internet, diesen Raum, wieder zu einem Raum, wo sich Menschen äußern wollen, wo Menschen auch die Möglichkeit haben, ihre Gedanken zu äußern, ohne Gefahr zu laufen, dem Hass oder der Hetze ausgesetzt zu sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Lassen Sie mich vielleicht einen kurzen Überblick über die wichtigsten Verbesserungen, die wir heute vorschlagen, geben! Vieles davon wurde ja schon genannt, daher würde ich nur ein paar Highlights herauspicken: Erstens – und ich bin wirklich sehr froh, dass uns das auch gelungen ist –: Wir haben ein neues Verfahren auf den Weg gebracht. Wir


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haben ein neues Eilverfahren ermöglicht, welches den Betroffenen, die in ihrer Men­schenwürde verletzt wurden, auch die Möglichkeit gibt, sich rasch und kostengünstig zur Wehr zu setzen. Mit einem Onlineformular, das an ein Bezirksgericht geschickt werden soll, kann man beantragen, dass die Aussage, dieses Posting rasch gelöscht und somit nicht mehr im Internet verbreitet wird.

Zweitens: Wenn die Schwelle des Strafrechts erreicht wird: Wir haben auch dort einige Verbesserungen vorgenommen, um sich tatsächlich den heutigen Problemen der Kom­munikation im 21. Jahrhundert zu stellen. Wir haben im Strafrecht im Bereich des Cyber­mobbings nachgeschärft. Bislang war der Straftatbestand des Cybermobbings nur dann erfüllt, wenn es sich um einen Wiederholungsfall handelte. In Zukunft wird es möglich sein, dass auch bei einem einmaligen Vergehen dieses als Cybermobbing strafbar sein wird.

Ebenfalls haben wir beim Tatbestand der Verhetzung nachgeschärft. Bislang war es so, dass man nach dem Tatbestand Verhetzung nur dann bestraft wurde, wenn sich die Beleidigung auf eine gesamte Gruppe bezogen hat. Jetzt ist es auch möglich, bestraft zu werden, wenn die Beleidigung gegen eine Person ausgesprochen wird, und das nur deswegen, weil sie zu einer bestimmten Gruppe gehört.

Das Upskirtingverbot wurde auch schon erwähnt. Es ist leider ein Phänomen, das sich gesellschaftlich immer stärker verbreitet, gerade in der jugendlichen Szene, wo man einfach unbemerkt unter den Rock fotografiert, im Schambereich fotografiert. Das haben wir jetzt auch unter Strafe gestellt.

Ein besonders wichtiger Punkt, den ich hier auch noch einmal herausstreichen möchte, ist der Opferschutz. Es war mir persönlich besonders wichtig, dass der Opferschutz weiter ausgebaut wird und dass er auf die Gewalt- und Hassdelikte im Internet ausge­weitet wird – das auch deswegen, weil viele Frauen und viele junge Frauen enorm darunter leiden, wenn sie im Internet beschimpft werden. Viele trauen sich nicht, in die Schule zu gehen, weil sie diesem Hass und dieser Hetze ausgesetzt wurden. Daher ist es wichtig, ihnen dieses Werkzeug in die Hand zu geben, damit sie sich wirklich mutig gegen Beleidigungen und gegen diese Hetze und diesen Hass wehren können. Daher haben wir den Opferschutz ausgeweitet und die psychosoziale und juristische Prozess­begleitung für typische Hass-im-Netz-Delikte ermöglicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte betonen, dass es uns auch sehr wichtig war, bei der Arbeit an diesem Gesetz viele Expertinnen und Experten zu hören, NGOs zu Wort kommen zu lassen, aber auch Betroffene zu Wort kommen zu lassen. Es war uns im Justizministerium wichtig, alle Möglichkeiten auszuloten, die notwendig sind, um sich effizient, rasch und kostengünstig gegen dieses widerliche Phänomen wehren zu können.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen Expertinnen und Experten bedanken, die dazu beigetragen haben, dass dieses Gesetzespaket mit dieser breiten Mehrheit heute auch beschlossen werden kann. Im Begutachtungsverfahren kamen dankens­wer­terweise zahlreiche Stellungnahmen. Wir haben ungefähr 140 Stellungnahmen erhalten, die das Projekt ausdrücklich gelobt, aber auch zahlreiche Verbesserungen vorge­schlagen haben. Ich möchte mich auf diesem Weg bei den Beamtinnen und Beamten in der Zivilrechtssektion, aber auch in der Strafrechtssektion bedanken, weil sie wirklich Tag und Nacht gearbeitet und trotz der Coronakrise und all dieser Erfordernisse, die die Coronakrise mit sich gebracht hat, dieses umfassende Paket umgearbeitet haben und es jetzt auf den Weg bringen, sodass es wirklich am 1. Jänner in Kraft treten kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, mit diesem Paket schützen wir Menschen, die sich im Internet bewegen. Wir schützen sie vor Angriffen, wir schützen sie vor Übergriffen, und gleichzeitig


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schützen wir unsere Meinungsfreiheit, denn keiner soll dem Hass ausgesetzt werden, nur weil er sich traut, im Internet seine Meinung zu sagen. Wir machen das Internet ein Stück mehr zu dem Ort, der es eigentlich sein sollte: frei, offen, für jede und für jeden zugänglich. Genauso wie in der echten Welt gilt auch im Internet: Es ist kein rechtsfreier Raum und auch dort muss die Rechtsstaatlichkeit gewährleistet sein.

In diesem Sinne freue ich mich, dass wir im Justizausschuss eine sehr intensive Dis­kussion dazu geführt haben, und ich freue mich, dass das Gesetzespaket im Justizaus­schuss eine breite Zustimmung erfahren hat. Das spricht, finde ich, auch für die hohe Qualität der Arbeit der Legistinnen und Legisten im Justizministerium, denen ich aus­drücklich noch einmal für diesen Entwurf danken möchte. – Ich hoffe sehr, dass Sie dem Gesetzespaket zustimmen, und freue mich, wenn das am heutigen Tag der Men­schenrechte passiert. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie der Abg. Herr.)

13.10


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Harald Stefan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.10.37

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Steinacker hat heute schon ein bisschen gezeigt, wohin die Reise geht, indem sie festgestellt hat, dass der Redebeitrag von Frau Kollegin Fürst aus unseren Reihen unangebracht ist. Ja, vielleicht ist es eben das, worum es hier ein bisschen geht.

Ich möchte für die FPÖ und für Frau Kollegin Fürst schon klarstellen, dass es uns ein großes Anliegen ist, dass Menschen vor Beleidigung, Herabwürdigung, Mobbing, Dro­hungen, Gewaltaufrufen und so weiter geschützt werden, und zwar ganz besonders im Internet und ganz besonders jene Personen, die am schwächsten in der Gesellschaft sind, also Minderjährige und unterstützungsbedürftige Erwachsene. Für die gilt das, das ist uns ein großes Anliegen. Es ist uns auch ein besonderes Anliegen, dass es schnell geht, dass diese Menschen im Internet geschützt werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Gleichzeitig muss es ein rechtsstaatliches Vorgehen und eine möglichst geringe Ein­schränkung der Meinungsäußerungsfreiheit geben. Das sind unsere Grundsätze, mit denen wir an das Thema herangehen. Was die Regierung aber unter dem reißerischen Titel Hass im Netz vorlegt, geht in eine ganz andere Richtung. Das beginnt schon bei der Diktion. Das Wort Hass beschreibt ein Gefühl, und ein Gefühl ist insofern nicht Teil einer Rechtsordnung, da diese nicht definiert, was damit gemeint ist. Auch Liebe kommt im Gesetz nicht vor, auch im Eherecht kommt Liebe nicht vor. Sie ist keine Vor­aus­setzung für eine Ehe. Ebenso wenig ist Hass ein juristischer Begriff. Das ist nun einmal so. Es handelt sich um ein Gefühl. Es ist daher höchst problematisch, auf diesem Begriff ein derartiges Gesetzespaket aufzubauen.

Wenn wir uns nur das Zitat der Frau Justizministerin in Erinnerung rufen, das sie am Anfang dieser Diskussion erwähnt hat und das mir gut gefallen hat: „Wenn wir ehrlich sind, hat jeder auch ein gewisses Gespür dafür, ob eine Grenze überschritten wird oder nicht.“ – Genauso ist es. Es gibt dafür ein Gespür. Somit stellt sich eben die Frage: Ist es Hass oder reden wir von wirklichen Delikten? – Dann ist es etwas anderes.

Ein ähnliches Problem haben wir mit dem Begriff der Fakenews, also mit Falsch­mel­dungen. Es ist so heikel, diesen Begriff so hervorzuholen. Wer bestimmt, was Fakenews sind? Wer bestimmt das? Haben wir eine moderne Inquisition, die das festlegt? Schauen wir zurück ins Mittelalter oder in die frühe Neuzeit, als bestimmt wurde, wer die Wahrheit sagt? Wer nicht die Wahrheit sagte, wurde möglicherweise sogar exekutiert. Ist es das, ganz überspitzt formuliert? Wer bestimmt das?


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Wir wissen genau, wobei es sich um Fakenews handelt. Soll doch jemand sagen: Die Erde ist eine Scheibe!, auch wenn es wissenschaftlich widerlegt ist. Das tut uns doch nicht weh. Es gibt genug Menschen, die das vielleicht glauben oder es zumindest pro­pagieren. Die Schöpfungsgeschichte aus der Bibel, also wie die Erde entstanden ist, ist zum Beispiel insofern Fakenews, als dass sie wissenschaftlich widerlegt ist. (Zwi­schenruf des Abg. Drozda. – Heiterkeit des Abg. Scherak.) Trotzdem würden wir niemals auf die Idee kommen, sie zu verbieten und da vielleicht das Strafrecht anzu­setzen. Letztendlich kommen wir aber dorthin, wenn wir diese Begriffe so verwenden. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scherak.)

Damit ich auch etwas Positives sage: Natürlich umfasst dieses Paket auch positive Punkte. Frau Kollegin Fürst hat es zum Teil auch schon angesprochen. Wir sind für das Verbot unbefugter Bildaufnahmen. Das war auch eine Initiative, die wir mitgetragen haben. Wir sind für die Ausweitung der Maßnahmen gegen Cybermobbing. Wir sind froh, dass es eine Gebührenbefreiung bei Privatanklagen gibt, und auch der Opferschutz und die Prozessbegleitung gehören im Sinne meiner Aussagen zu Beginn meiner Rede zu jenen Themen, die wir unterstützen.

Erstaunlich ist allerdings der Zeitpunkt, zu dem dieses Gesetz vorgelegt wird. Wenn genau in diesen Tagen auf europäischer Ebene über dieses Thema unter dem Stichwort Digital Services Act debattiert wird und wir bereits vorweg Kritik dafür bekommen haben, dass wir das heute vorlegen, dann finde ich das wirklich erstaunlich, und zwar nicht weil es sich um einen Alleingang handelt – für einen solchen hätten wir als FPÖ durchaus Sympathie –, sondern weil das Paket genau von ÖVP und Grünen vorgelegt wird, die ja immer sagen: Es ist wichtig, dass wir europäisch vorgehen!

Denken wir zum Beispiel nur an die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei! Wie oft haben wir verlangt, dass wir diese endlich einstellen? Das große Argument lautete immer: Nein, das kann man nicht allein machen, kein Alleingang, da müssen wir gemeinsam vor­gehen! Man muss seine eigenen Argumente schon ernst nehmen, wenn man da so vorgeht. Dass man dieses Paket unbedingt heute vorlegen muss, zeigt, dass da irgendetwas im Busch ist. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt zu den konkreten Punkten des Kommunikationsplattformen-Gesetzes, eines Kern­stücks dieses gesamten Pakets: Wenn ein Nutzer ein Posting, das er für strafrechtlich bedenklich hält, sieht, meldet er dieses – so weit, so gut. Jetzt muss der Plattform­be­treiber dieses aber innerhalb fixer Fristen löschen – wenn es offensichtlich rechts­widrig ist, innerhalb von 24 Stunden, wenn es fraglich ist, innerhalb von sieben Tagen. Wer bestimmt nun, was offensichtlich und was vielleicht fraglich ist? Wer bestimmt überhaupt, dass etwas rechtswidrig ist? – Irgendein Mitarbeiter eines privaten Unternehmens be­stimmt das. Das ist kein rechtsstaatliches Vorgehen. Das ist ein Auslagern der Zensur an einen privaten Unternehmer. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Drozda.)

Welche Interessen hat der private Unternehmer? – Der private Unternehmer verfolgt ein Geschäftsmodell. Er will Gewinn machen. Ihm geht es nicht darum, den Rechtsstaat oder die Meinungsfreiheit zu fördern – keineswegs. Er will Gewinn machen. Wenn er Schwierigkeiten bekommt, wird er entsprechend handeln. Genau das ist der Punkt. Ich kann so gezielt Meldungen organisieren, ich kann mich gezielt – dafür muss ich mich nur mit anderen zusammenschließen – immer wieder über eine bestimmte Person beschwe­ren. Das führt zu einem Verfahren. Bei fünf Beschwerden innerhalb eines Monats – das geht relativ schnell – wird ein Verfahren eingeleitet, was wiederum dazu führen kann, dass dieses Unternehmen hohe Strafen bekommt.

Was wird im Zweifelsfall also passieren? – Das Unternehmen wird Postings schon im Vorfeld löschen. Genau das ist der Punkt. Ich kann somit also gezielt Menschen aus


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dem Internet vertreiben. Das trifft nicht nur Freiheitliche oder schon gar nicht nur Frei­heitliche, auch wenn Frau Kollegin Maurer das als großes Argument angeführt hat. Wenn ich eine solche Büchse der Pandora öffne, trifft es jeden. Das kann sich auch gegen Tierschützer richten (Abg. Deimek: Gegen die Grünen!), wenn sich der Bauernbund zusammenschließt und sagt: Wir machen eine Initiative gegen Tierschützer! Auf diese Weise werden die vielleicht aus dem Internet verdrängt werden. Das kann in jede Richtung gehen, vergessen Sie das nicht, wenn Sie das heute hier beschließen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Scherak.)

Ein Bonmot am Rande: Wenn ein solches Unternehmen Strafen bekommt, dann kann es sein, dass diese Strafen von jenen Unternehmen, die Werbeeinschaltungen machen, abgezogen werden. Das heißt, dass das österreichische Unternehmen, das zum Bei­spiel bei Facebook Werbeeinschaltungen bucht, angezapft wird. Dieses Unterneh­men muss dann die Strafe für jenes Unternehmen bezahlen, das tatsächlich zu bestrafen wäre, und muss darüber hinaus weiterhin für die Werbung beim Unternehmen bezahlen. Das heißt, dass das österreichische Unternehmen doppelt bezahlen muss. Es wird bestraft und diskriminiert. Das nur als Bonmot am Rande in Bezug auf dieses Gesetz. Das ist wirklich sehr durchdacht, das muss man schon sagen.

Ein Punkt noch, weil immer wieder von Netzsperren die Rede war: Netzsperren, also die Möglichkeit, eine Webseite überhaupt zu sperren, seien etwas ganz Furchtbares, heißt es. Dagegen sind viele Grüne sogar demonstrieren gegangen, sie haben sich massiv dagegen ausgesprochen. Im ersten Entwurf, den das Justizministerium vorgelegt hat, war diese Möglichkeit definitiv enthalten. Ich war sehr erstaunt, dass das von den Grünen geführte Ministerium überhaupt Netzsperren vorsieht. Dann wurde diese Möglichkeit im Zuge der Begutachtung entschärft. Man hat sie herausgenommen. In den Erläuternden Bemerkungen steht jedoch ausdrücklich: Vorläufig wird auf Netzsperren verzichtet. (Abg. Deimek: Das ist die Netzneutralität der Sigi Maurer!)

Was heißt vorläufig? – Man hat es grundsätzlich vor und sobald es technisch endlich einmal möglich ist, wird man es machen. Das heißt, das, wogegen eine Partei unter anderem angeblich gestanden ist, wird da umgesetzt. Das ist auch ein ganz massiver Eingriff. Dazu brauche ich dann eine Internetpolizei und eine Zensurinfrastruktur. Man kann sich anschauen, wie das funktioniert, China macht das sehr konsequent.

Ich komme damit schon fast zum Schluss. Es gäbe noch einige Punkte, die ich gerne anführen würde, aber dazu reicht meine Redezeit nicht. Ich würde gerne über die Verhetzung und diese fehlgeleitete Änderung im Verhetzungsparagrafen sprechen, der zur Definition der Begriffe Beleidigung und Verhetzung beinahe identische Formulie­rungen verwendet, was dazu führen wird, dass es am Bezirksgericht keine Ver­hand­lungen aufgrund von Beleidigung mehr geben wird. Stattdessen wird alles mit einer sechsfach höheren Strafdrohung an das Landesgericht weitergeleitet werden. Auch das ist eine völlig falsche Initiative, ein völlig falscher Schritt, der nur zu einer Kriminalisierung führt, die in der Form nicht notwendig ist.

Ich komme daher zum Schluss. Ich kann wirklich nur an Sie als Regierungsparteien appellieren, dass Sie das noch einmal überdenken, daran denken, auf welch gefähr­liches Terrain Sie sich mit diesem Gesetzespaket begeben. Sie riskieren damit eine massive Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit für einen wahrscheinlich relativ kurzfristigen medialen Erfolg, und das noch dazu zu einem völlig missglückten Zeit­punkt – also bitte: zurück an den Start! (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

13.20


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Agnes Sirkka Prammer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



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13.20.44

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Mit dem Gesetzespaket gegen Hass im Netz, das schon im türkis-grünen Regierungsprogramm vorgezeichnet wurde, wird vor allem die Position der Opfer enorm gestärkt. Deshalb war es uns wichtig, das genau so umzusetzen. Es werden nicht pla­kativ Strafbestimmungen erhöht oder Strafdrohungen verschärft – nein! –, sondern es werden den Opfern wirkungsvolle Mittel in die Hand gegeben, mit denen es möglich ist, Rechte effektiv durchzusetzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich muss mit meiner Redezeit etwas haushalten und kann deshalb leider nicht auf alles eingehen, worauf ich gerne eingehen möchte. Nur ganz kurz zu dem immer wieder ge­nannten Thema der Einschränkung der Meinungsfreiheit: Niemand wird irgendjeman­dem verbieten, zu sagen: Die Erde ist eine Scheibe!, aber zu sagen: Die Erde ist eine Scheibe und du gehörst runtergeschmissen!, geht einfach nicht. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Zarits. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Durch das neue Mandatsverfahren gibt es nun die Möglichkeit, bei besonders schwer­wiegenden Verstößen, die das Opfer in seiner Menschenwürde verletzen, mit einem Formular und einem Screenshot einen Unterlassungsauftrag zu erwirken, und es ist nicht mehr notwendig, sich durch alle Instanzen zu klagen, während das verletzende Posting munter weiterverbreitet werden kann. Durch diese Möglichkeit, die vorläufige Vollstreckung des Unterlassungsauftrages auszusprechen, kann das Gericht wirksam dafür sorgen, dass besonders verletzende Postings zuerst verschwinden und dann der Prozess ge­führt wird. Das ist tatsächlich ein Meilenstein und eine sehr, sehr deutliche Verbes­se­rung.

Zuständig dafür ist das Bezirksgericht. Zu Beginn gibt es aber auch den Rechtszug bis hinauf zum Obersten Gerichtshof. Das ist quasi eine eingebaute Evaluierung des Gesetzes und bietet die Möglichkeit, dass die Rechtsprechung des Höchstgerichts dieses Gesetz mit Leben und Klarheit erfüllt.

Es gibt auch im strafrechtlichen Bereich eine Neuerung, die eine einfachere Rechts­durchsetzung ermöglichen wird. Bei vielen Hasspostings war das Problem, dass man gar nicht wusste, wer der Täter eigentlich ist, dass man selbst nur irgendeinen frei ge­wählten Usernamen kennt, aber nur dagegen vorgehen kann, wenn man weiß, welche Person in Wirklichkeit dahintersteckt. Es gibt nun die Möglichkeit, dass das Gericht damit beauftragt werden kann, diese Person herauszufinden, damit man wirkungsvoll gegen diese Person vorgehen kann.

Bevor ich weiterspreche, muss ich noch einen Abänderungsantrag einbringen, mit dem einerseits ein redaktionelles Versehen behoben und andererseits klargestellt wird, dass es den Verteidigungskostenersatz auch im Rechtsmittelverfahren geben wird. Ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (516 der Beilagen) über die Regie­rungsvorlage (481 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG)

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 9 Z 29 lautet § 33a Absatz 2:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 106

„(2) Der Anspruch auf Einziehung besteht im Fall der üblen Nachrede nicht, wenn ein Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 2 Z 2 oder 4 vorliegt. § 33 Abs. 2 zweiter Satz ist anzu­wenden.“

2. In Artikel 10 Z 12 wird das Wort „Hauptverfahren“ durch die Wendung „Haupt- und Rechtsmittelverfahren“ ersetzt und nach dem Wort „ersetzen“ die Wendung „ , sofern nicht ohnedies eine Ersatzpflicht nach Abs. 4 vorliegt“ angefügt.

3. In Artikel 10 wird nach Z 12 folgende Z 12a eingefügt:

„12a. In § 395 Abs. 1 wird nach der Wendung „Abs. 4“ die Wendung „oder Abs. 4a“ eingefügt.“

4. In Artikel 10 Z 13 wird nach der Wendung „§ 393a Abs. 4a“ die Wendung „ , § 395 Abs. 1“ eingefügt.

*****

(Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Kollegin, könnten Sie bitte noch ergänzen, dass der Nationalrat das in zweiter Lesung beschließen wolle? Das steht davor.


Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (fortsetzend): Ich hätte noch so vieles zu sagen. Was ich aber auf jeden Fall noch sagen möchte, ist: Mit diesem Gesetz wird ein Gesetz geschaffen, das die Rechte und die Möglichkeiten der Opfer ausbaut und das zu mehr Rechtsdurchsetzung führen wird. Genau dadurch wird das gleichzeitig auch dazu führen, dass sich potenzielle Täter in Zukunft ihre Formulierungen besser überlegen, bevor sie sie posten. So kann nicht nur Hass im Netz besser und wirkungsvoller sank­tioniert, sondern auch nachhaltig bekämpft werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Bitte gehen Sie noch nicht, Frau Kollegin! Sie müssen bitte den einen Satz noch sagen: Der Nationalrat möge in zweiter Lesung beschließen! – Das sind leider die Vorgaben, die wir haben.


Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (fortsetzend): Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen, was ich vorhin gesagt habe. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

13.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses (516 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (481 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Bekämpfung von Hass im Netz getroffen werden (Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz – HiNBG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 9 Z 29 lautet § 33a Absatz 2:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 107

„(2) Der Anspruch auf Einziehung besteht im Fall der üblen Nachrede nicht, wenn ein Ausschlussgrund nach § 6 Abs. 2 Z 2 oder 4 vorliegt. § 33 Abs. 2 zweiter Satz ist anzuwenden.“

2. In Artikel 10 Z 12 wird das Wort „Hauptverfahren“ durch die Wendung „Haupt- und Rechtsmittelverfahren“ ersetzt und nach dem Wort „ersetzen“ die Wendung „ , sofern nicht ohnedies eine Ersatzpflicht nach Abs. 4 vorliegt“ angefügt.

3. In Artikel 10 wird nach Z 12 folgende Z 12a eingefügt:

„12a. In § 395 Abs. 1 wird nach der Wendung „Abs. 4“ die Wendung „oder Abs. 4a“ eingefügt.“

4. In Artikel 10 Z 13 wird nach der Wendung „§ 393a Abs. 4a“ die Wendung „ , § 395 Abs. 1“ eingefügt.

Begründung

Zu Z1

§ 33a Abs. 1 MedienG in der Fassung der Regierungsvorlage enthält im Vergleich zum Ministerialentwurf (50/ME XXVII. GP) keine Ziffern mehr; der Inhalt der Z 2 des § 33a Abs. 1 MedienG idF des Ministerialentwurfs wurde aus dem Gesetzestext gestrichen. Die Bezugnahme auf Abs. 1 Z 2 in Abs. 2 der Bestimmung ist daher obsolet (offen­kundiges Redaktionsversehen) und soll daher entfallen.

Zu Z 2 (§ 393 Abs. 4a StPO):

Wie von der Generalprokuratur im Rahmen des Begutachtungsverfahrens angeregt, soll die Pflicht des unterliegenden Privatanklägers zum Ersatz der Verteidigungskosten des Angeklagten nicht nur für das Hauptverfahren, sondern auch ausdrücklich für die Ver­teidi­gungskosten des Rechtsmittelverfahrens festgelegt werden.

Durch Ergänzung der Wendung „, sofern nicht ohnedies eine Ersatzpflicht nach Abs. 4 vorliegt“ am Ende soll darüber hinaus klargestellt werden, dass eine Ersatzpflicht nach Abs. 4a in jenen Fällen vorliegt, in denen eine solche nicht ohnedies bereits nach Abs. 4 (die auch allfällige Verteidigungskosten eines Verfahrens über einen Antrag nach § 71 Abs. 1 zweiter Satz StPO umfasst) besteht. Dies betrifft insbesondere den Fall, dass der Privatankläger den Vorwurf wissentlich falsch erhoben hat (vgl. § 390 Abs. 1a StPO).

Zu Z 3 und Z 4 (§ 395 Abs. 1 StPO, § 514 Abs. 46 StPO):

§ 395 Abs. 1 StPO regelt die Bestimmung der Kosten der Vertretung der obsiegenden Partei durch das Strafgericht. Die Ergänzung trägt dem Umstand Rechnung, dass nunmehr gegenbenfalls auch Kosten nach § 393 Abs. 4a StPO zu bestimmen sind.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Besten Dank. Der Antrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und er steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Harald Troch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.25.38

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein österreichischer Schüler nimmt sich das Leben. Dieser Bub war 13 Jahre alt, lebte in Kärnten und hieß Joel. Joel wurde auf Facebook massiv attackiert, es waren eigentlich Mobbingattacken. Seine Würde wurde attackiert, seine Scham tief verletzt,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 108

und zwar durch ein Öffentlichmachen von Initimitäten, von Nacktheit, von sexueller Orientierung tief verletzt. Homosexualität wurde in den Raum gestellt und gegen seinen Willen ein Outing vorgenommen.

Der Bub wurde in den Tod getrieben. Das war damals vor 2016, also bevor der erste Schritt zu einer strafrechtlichen Verfolgung von Cybermobbing gemacht wurde. Von den Behörden, die damals eben noch keine gesetzliche, strafrechtliche Grundlage zur Ver­folgung hatten, wurde gesagt: Na ja, es war halt ein Jugendstreich! – Das Internet kann aber eine Waffe sein, das Internet kann auch eine Waffe von Jugendlichen und von Kindern sein.

Was der SPÖ da besonders wichtig ist, das ist natürlich der Opferschutz. Man muss sich da auch die Wehrlosigkeit, die Gelähmtheit von Menschen vorstellen, über die Dinge preisgegeben werden, aber nicht nur preisgegeben werden – das klingt ja noch positiv –, sondern mittels derer Verletzungen und Entwürdigung stattfinden.

Heutzutage verdienen Menschen auch im Internet Schutz, Schutz vor Stalking, Schutz vor Upskirting, also das Unter-den-Rock-Fotografieren oder Fotografieren des Intim­be­reichs gegen den Willen der Person, und dieser Schutz ist ein klares Menschenrecht. Es geht da um brutale Straftaten, die die Opfer verzweifeln lassen, die sie gelähmt hinter­lassen. Es ist eben kein Bubenstreich, es ist eben kein Kavaliersdelikt, wenn man diese Entwürdigungen vorantreibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Cybermobbing ist psychische Gewalt. 2016 haben wir mit dem § 107c Strafgesetzbuch den ersten Schritt gemacht, dagegen vorzugehen. Natürlich ist es aber eine legistische Gratwanderung. Ich stehe hundertprozentig für freie Meinungsäußerung ein, aber eine freie Meinungsäußerung ohne Rassismus, eine freie Meinungsäußerung ohne Sexis­mus, ohne Homophobie, eine freie Meinungsäußerung ohne Verletzung und ohne Dis­kriminierung von Personen oder Personengruppen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Natürlich muss man beim Grundrecht auf freie Meinungsäußerung wachsam sein. Für eine Zensur bin ich nicht zu haben. Eine Hintertür, durch die eine Zensur durch von Onlinekonzernen gesetzten Algorithmen noch möglich gewesen wäre, ist ja geschlossen worden. Daher kommen für die SPÖ auch Uploadfilter nicht infrage. Die ersten Entwürfe sind da noch korrigiert worden.

Die Gesetzwerdung ist gelungen. Ich darf auch der Bundesministerin für Justiz und den vielen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Justizministerium zur raschen und umfas­senden Arbeit sehr gratulieren.

Abschließend noch zum EU-Aspekt: Ja, eine europaweite Gesetzgebung ist notwendig. Ich glaube aber, es ist dieser österreichische, sagen wir, durchaus frühe Akt der Ge­setzwerdung trotzdem insofern positiv zu bewerten, als es durchaus auch als Beitrag zu einer Gesetzwerdung auf europäischer Ebene zu verstehen ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Mag.a Karo­line Edtstadler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.


13.29.49

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Zuse­herinnen und Zuseher! Ich bin ganz offen: Ich freue mich sehr, dass ich heute ge­meinsam mit der Justizministerin dieses große Paket Hass im Netz hier auch mit Ihnen besprechen und diskutieren kann. Es ist ein guter Tag, wenn wir über Hass im Netz sprechen. Es ist ein noch besserer Tag, wenn Sie heute die Möglichkeit haben – und ich


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hoffe, Sie tun das mit großer Mehrheit –, auch ganz konkrete Maßnahmen zu setzen, die Opfern von Gewalt, Opfern von Hass im Netz auch helfen können. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Bereits als Staatssekretärin im Innenministerium habe ich mich ganz vehement gegen Gewalt an Frauen eingesetzt. Ich durfte die Taskforce Strafrecht leiten, gemeinsam mit dem Innen- und dem Justizministerium unter der Leitung von zwei Arbeitsgruppen von Sektionschef Pilnacek und Sektionschef Vogl haben wir hierzu bereits viele Maßnahmen vorgelegt, die strengere Maßnahmen im Strafrecht vorgesehen haben, wenn es um Gewalt an Frauen ging, und die bessere Möglichkeiten für den Opferschutz und die Täterarbeit vorgesehen haben. All das hat im Dritten Gewaltschutzgesetz gegipfelt, das seit 1.1. dieses Jahres in Kraft ist. – Dafür auch ein Dankeschön an Sie, die Sie das beschlossen und vorangetrieben haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Im Moment erleben wir eine Pandemie, wir befinden uns mitten in der zweiten Covid-19-Infektionswelle. Wir kämpfen alle in Europa mit sehr ähnlichen Problemen und wir schät­zen auf der einen Seite natürlich die Möglichkeiten, die wir haben, digital miteinander ohne physischen Kontakt in Kontakt zu bleiben, uns austauschen zu können. Diese digitalen Möglichkeiten haben aber auch eine negative Seite; das ist die noch intensivere Nutzung von sozialen Medien und, mit dem einhergehend, die noch raschere und unkontrolliertere Verbreitung von Hass im Netz, der ganz genau definiert ist. – Darauf komme ich noch zu sprechen.

Deshalb ist es aus meiner Sicht tatsächlich ein Meilenstein, dass wir heute über das Kommunikationsplattformen-Gesetz sprechen, das Ihnen zum Beschluss vorliegt, das in das große Maßnahmenpaket Hass im Netz eingebettet ist.

Worum geht es? – Österreich geht voran, Österreich ist da Tempomacher in der Euro­päischen Union auch für die Europäische Kommission. Österreich hat von den Erfah­rungen der anderen Staaten gelernt. So viele gibt es da noch nicht, das darf ich auch dazusagen, weil zuerst erwähnt worden ist, dass es da schon eine Reihe gibt. Es gibt in Deutschland das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das auch nachgebessert worden ist und von dem wir auch gelernt haben. Es gab auch einen Versuch in Frankreich, ein ähnliches Gesetz auf den Weg zu bringen, das am eigenen Verfassungsgericht in Frank­reich gescheitert ist – aber daraus haben wir auch gelernt und die Dinge und Kritikpunkte aufgegriffen. Es geht darum, Opfern rasch zu helfen, Opfern, die beleidigt werden, Opfern, die rechtswidrigen – und ich sage das ganz deutlich –, strafrechtswidrigen Dingen im Internet ausgesetzt sind. Darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wenn hier immer wieder insbesondere seitens der FPÖ von Zensur die Rede ist, muss ich sagen, dann finde ich diese Diskussion wirklich, gelinde gesagt, irritierend. Es ist im Gesetz, im Kommunikationsplattformen-Gesetz ganz konkret aufgezählt, was wir unter Hass verstehen. Das Wort Hass kommt im Gesetz in dieser Form nicht vor, sondern es sind die Strafrechtstatbestände aufgelistet: Drohung, Nötigung, Mord, Verhetzung, anti­semitische Verhetzung, Verbotstatbestände. (Abg. Stefan: Wer entscheidet? – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Wer entscheidet, was Hass ist?) Das ist eine abschließende Liste. Diese Inhalte hat eine Plattform in Zukunft zu löschen, und zwar innerhalb von sieben Tagen, wenn es einer näheren Prüfung bedarf, innerhalb von 24 Stunden, wenn es auch für einen Laien leicht erkennbar ist, dass es sich dabei um solche Tatbestände handelt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Frau Abgeordnete Kucharowits, ich finde es bedauerlich, dass Sie sich nicht näher mit den Dingen auseinandersetzen und zum Schluss kommen, dass mit diesem Gesetz die Plattformen die Entscheidungshoheit hätten, was gelöscht wird oder nicht. Ganz im Gegenteil: Wir geben den Plattformen jetzt einen klaren gesetzlichen Rahmen vor und


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sagen ihnen, was zu löschen ist, und zwar zumindest, denn die Kommunikations- und Communityplattformen haben nach wie vor die Möglichkeit, ihre eigenen Standards zu setzen und auch über dieses Niveau oder unter dieses Niveau, je nachdem, von welcher Seite man es betrachtet, zu gehen. Das heißt, jetzt nehmen wir die Verantwortung in die Hand und geben ihnen klare rechtliche Rahmenbedingungen vor, innerhalb derer sie löschen müssen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich würde mich freuen, wenn Sie sich damit noch einmal auseinan­der­setzen.

Ein zweiter Punkt ist mir ganz wichtig zu betonen: Haben Sie schon einmal versucht, ein derartiges Posting aus den sozialen Netzwerken wegzubekommen? – Sie haben nor­malerweise keine Ansprechpartner, Sie suchen ewig herum, bis Sie jemanden finden. Zukünftig müssen diese Plattformen leicht erreichbar sein, sie müssen ein Meldesystem einrichten, an das sich jeder User schnell wenden kann. Sie müssen einen Zustellbe­vollmächtigten nennen, damit auch, wenn der erste Schritt, das Löschen erledigt ist, für die Justizministerin, für die Behörden der Justiz Ansprechpartner da sind, denen man zustellen kann. Das ist ein ganz, ganz entscheidender Vorteil. Ich sage Ihnen auch: Es ist jetzt die Zeit, zu handeln und diese Dinge einzurichten. Deshalb freue ich mich, dass das heute behandelt wird und, beginnend mit nächstem Jahr, auch tatsächlich in Kraft treten kann. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Steinacker: So ist es!)

Damit komme ich zur europäischen Dimension des Ganzen. Ja, wir brauchen eine euro­päische Lösung für das Ganze, das sage ich auch ganz bewusst als Europaministerin. Wir wollen, dass das in Europa einheitlich gelöst wird, dass alle Opfer von derartigen Hasspostings die Möglichkeit haben, sich an soziale Medien und die Netzwerke zu wenden, um diese löschen zu lassen. Ich sage Ihnen aber auch, es wird noch einige Zeit dauern, bis diese europäische Lösung da ist. Das ist nicht etwas, was jetzt nur ich sage, sondern erst vor wenigen Tagen, am 8. Dezember, hatten wir den Rat Allgemeine Ange­legenheiten. Die Vizepräsidentin Věra Jourová, die sich im Übrigen auch mit Desinfor­mation und Fakenews, aber auch mit Hass im Netz beschäftigt, hat ihren European Democracy Action Plan präsentiert. Sie hat gesagt, ja, auch sie will eine europäische Lösung, aber machen wir uns nichts vor – das ist ein ziemlich wörtliches Zitat –, es wird noch Jahre dauern, bis diese europäische Lösung tatsächlich vorliegt, selbst wenn sie dann hoffentlich Mitte Dezember präsentiert wird; im Übrigen hätte sie schon vor einigen Tagen oder Wochen präsentiert werden sollen, was bisher nicht der Fall war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir sehen dieser europäischen Lösung wirklich händeringend entgegen. Ich wirke mit der Europäischen Kommission darauf hin, dass das vorgelegt wird. Wir werden unsere Erfahrungen, die wir in den nächsten Jahren machen werden, einbringen, wir sind stän­dig in Kontakt. Wir haben auch eine sehr umfangreiche Stellungnahme der Euro­päischen Kommission bekommen, in der die Sorge geäußert wird, dass sich das beißen könnte, wenn denn einmal der Digital Services Act in Kraft sein wird, aber bis dahin begrüßt die Europäische Kommission diese Initiative und teilt die Ziele, die wir mit diesem Kommuni­kationsplattformen-Gesetz verfolgen.

Deshalb möchte ich diese Ankündigung, die ich schon oft gemacht habe, dass wir natürlich auf die europäische Ebene Rücksicht nehmen und auch darauf eingehen, was die Kommission dann irgendwann präsentieren wird, auch tatsächlich manifestieren. Genau deshalb werden die Abgeordneten der Regierungsfraktionen auch noch einen Abänderungsantrag einbringen, damit wir eine Evaluierung dieses Gesetzes vorneh­men, spätestens im Jahr 2022, um auch auf alle Dinge, die sozusagen auf europäischer Ebene dann hoffentlich schon passiert sein werden, eingehen zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nein, wir können nicht länger warten. Es ist jetzt Zeit, zu handeln. Wir wollen jetzt den Opfern bestmögliche Unterstützung anbieten,


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wenn sie von Hass im Netz betroffen sind. Ich darf es noch einmal sagen: Es geht nicht um irgendetwas, es geht um strafrechtswidrige Inhalte, die rasch gelöscht werden müssen, noch bevor die Zivil- und Strafgerichte der Justiz eingreifen können, damit möglichst schnell eine Erleichterung für die Opfer eintritt.

Das, was Sie heute hoffentlich hier mit breiter Mehrheit beschließen werden, ist ein Meilenstein. Das setzt neue Maßstäbe in Österreich und in Europa. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

13.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alexander Melchior. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.39.23

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren! Wir haben heute auch das Kommunikationsplattformen-Gesetz auf der Tagesordnung. Karoline Edtstadler hat es gerade angesprochen, es ist wirklich ein Meilenstein. Ich bin sehr froh darüber.

Wir sind uns ja alle hier in diesem Raum sicher darin einig, dass das Internet für uns ganz viele Vorteile gebracht hat: sei es, dass wir viele unserer Informationen aus dem Internet beziehen, dass wir dort bestellen können – hoffentlich alles regional – oder dass Amtswege und Co dort erledigt werden können. Wir haben aber heute auch schon einige Geschichten über Schattenseiten des Internets gehört, über Dinge, die tagtäglich passieren und auch einigen hier im Raum, die mit großen Anfeindungen umgehen mussten, schon passiert sind.

Wir haben heute auch schon gehört, dass es etwas ist, an das sich die Menschen schon gewöhnt haben. Ich bin ganz klar und deutlich: Ich möchte nicht, dass man sich daran gewöhnt, sondern ich möchte, dass wir gemeinsam dagegen vorgehen, und das werden wir heute mit diesem Gesetz machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist etwas – es wurde heute hier schon einiges angesprochen –, bei dem wir natürlich auch ganz stark an die Eigenverantwortung der Nutzerinnen und Nutzer appellieren müssen, wir aber auch – und das geschieht jetzt endlich – die Plattformen, auf denen das stattfindet, stärker in die Pflicht nehmen müssen. Wir werden ein leichtes und trans­parentes Meldesystem etablieren und heute hier beschließen, durch das Plattformen gezwungen sind, ihre Systeme dementsprechend anzupassen. Darüber hinaus müssen rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden, und diese – weil es ja heute auch schon angesprochen worden ist, auch die Ministerin hat es angesprochen – sind auch taxativ im Gesetz aufgelistet.

Außerdem: Man mag es kaum glauben, aber es war in der Vergangenheit oftmals ein Problem, dass es bei diesen Plattformen keine Ansprechpartner gegeben hat, und oftmals sind diesbezügliche Meldungen ins Leere gelaufen.

All diese Maßnahmen werden noch nicht auslösen, dass Hass im Netz nicht mehr stattfindet, aber es werden die ersten Maßnahmen gesetzt, um wirklich dagegen vorzu­gehen, und deswegen möchte ich mich bei allen, die dabei mitgewirkt haben, ganz herzlich bedanken. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Weil Kollege Stefan von der Freiheitlichen Partei es angesprochen hat: Es gibt ja ohnehin auf europäischer Ebene eine Initiative, die in diese Richtung geht. – Wir haben es gerade von Karoline Edtstadler gehört: Es wird noch Monate, wahrscheinlich Jahre dauern, bis diesbezüglich etwas auf den Weg kommt. Wichtig wird sein, dass wir alle – damit meine ich uns Abgeordnete, alle Menschen, die damit zu tun haben, die MinisterInnen –


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uns einbringen und versuchen, die Erfahrungen, die wir in diesem Bereich gemacht haben, einfließen zu lassen. Ich bin überzeugt davon, dass wir das machen werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Thomas Drozda. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.42.57

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Ministerinnen! Ich bin völlig der Meinung, dass es richtig ist, etwas gegen Hass im Netz zu unternehmen. Es ist auch richtig, es jetzt zu tun, und es ist auch richtig, es zu tun, ohne auf die europäische Initiative zu warten. Ich bin selbst 2016 im Ministerrat gesessen (Zwischenruf des Abg. Gerstl), dort haben wir Maßnahmen diskutiert. Es ist seither nichts passiert, und die Basis der EU für das, worüber wir dabei reden – die E-Commerce-Richtlinie –, ist aus dem Jahr 2001, damals war Mark Zuckerberg 16 Jahre alt und Facebook noch nicht gegründet – nur damit wir wissen, über welches Problem wir hier reden. Selbstverständlich ist es begrüßenswert, dass man das jetzt klar adressiert.

Allerdings gibt es zwei Probleme, die ich nicht verschweigen und nicht aussparen kann: Das eine betrifft die Idee, dass der Arbeitgeber ohne Zustimmung der Betroffenen Maß­nahmen gegen Hass im Netz setzen und klagen kann. Das ist voraufklärerisch und meines Erachtens wirklich absurd. Es war Joseph II., der die Leibeigenschaft aufge­hoben hat – Sie wissen, dass im Zuge des Begutachtungsverfahrens dieses Thema im Zusammenhang mit der Leibeigenschaft diskutiert wurde. Ich ersuche dringend darum, unserem Abänderungsantrag in diesem Zusammenhang zu folgen. (Beifall bei der SPÖ.)

Problem Nummer zwei: Natürlich ist es immer ein Balanceakt zwischen den schutz­würdigen Interessen, über die heute schon sehr viel Richtiges und Notwendiges gesagt wurde, auf der einen Seite und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite. Ich mache mir keine Sorgen über die Frage, ob in Zukunft effektiv gelöscht wird und das gut und professionell vonstattengeht. Ich mache mir allerdings große Sorgen über die Frage, was passiert, wenn überschießend gelöscht wird, und wie man dann zu seinem Recht kommt. Ich finde, man kann das nicht – das ist heute schon gesagt worden – privaten Digital­konzernen überlassen. Das ist letztlich eine Sache, in der es rechtliche Möglichkeiten geben muss.

Weil wir aber über eine Unterlage des Verfassungsausschusses reden, komme ich nicht ganz umhin, auch den vorgestrigen Abend noch einmal in Erinnerung zu rufen – diese Messe, die hier im Parlament stattfand. (Abg. Gerstl: Das war keine Messe!) Wir wissen von der Eröffnung des Parlaments 1883, es war die Eröffnung eines multinationalen Parlaments, eines – wie Karl Renner es genannt hat – Völkerbundes im Kleinen. Gebets­stunden fundamentalistischer Gruppen, egal welcher Religionsgemeinschaft, laufen dem Geist und dem Gedanken dieses Parlaments ganz klar zuwider. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.) Ich erwarte mir von allen Abgeordneten, aber besonders vom jetzt nicht anwesenden Präsidenten des Hohen Hauses, dass er ein Vertreter der Überparteilichkeit ist – politisch, aber auch religiös. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Ich werde dem Herrn Präsidenten noch ein Wort von Seneca dem Jüngeren mitgeben. Er hat nämlich Folgendes gesagt – ich zitiere –: Religion gilt dem gemeinen Manne als wahr, dem Weisen als falsch und dem Herrschenden als nützlich. – Zitatende. Weder das Amt des Nationalratspräsidenten noch die Religion hat den Herrschenden als nützlich zu dienen. Wir sind VertreterInnen des Volkes, und dafür sind wir gewählt. (Beifall bei der SPÖ.)

13.46



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.46.45

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Minis­terinnen! Ich finde die Debatte besonders spannend, weil wir alle, glaube ich, auf einem sehr sachlichen Niveau – das ist ja hier im Haus nicht immer so – versuchen, die Frage, wie man Hass im Netz bekämpfen kann, zu debattieren, und ÖVP und Grüne dabei vermitteln, dass sie den Stein der Weisen gefunden haben und jetzt wissen, wie man das macht. Drei Oppositionsparteien – alle drei meiner Meinung nach immer sachlich, und ich werde mir Mühe geben, das weiterhin zu bleiben – zeigen einzelne Probleme auf, aber man tut so, als würden diese Probleme nicht existieren. Das finde ich einiger­maßen irritierend, weil es überhaupt nicht, wie wir das leider sonst manchmal haben, um Kritik geht, die aus parteipolitischen Gründen daherkommt, sondern sowohl die SPÖ als auch die Freiheitlichen als auch wir NEOS haben versucht, ganz schwerwiegende Probleme herauszufinden und sie hier zu adressieren. Es wird aber einfach darüber hinweggegangen und gesagt: Das ist ja alles kein Problem!

Was sind diese Probleme? – Sie sind teilweise schon angesprochen worden: Natürlich besteht weiterhin die Gefahr des Overblockings. Wenn ein Unternehmen, ein Dienste­anbieter, die Verpflichtung hat, etwas, was offensichtlich rechtswidrig ist, innerhalb von ein paar Stunden oder einer Woche zu löschen, wird es natürlich, um etwaige Strafen nicht zahlen zu müssen, Overblocking betreiben und Inhalte löschen – ja, selbst­verständlich, das ist ja ganz logisch. Deswegen werden natürlich auch – ich hoffe nicht, aber es wird so sein – unangenehme und unpopuläre Äußerungen vorsichtshalber gelöscht werden. Das ist natürlich eine Gefahr für die Meinungsfreiheit.

Es ist richtig, zu sagen: Ja, wir wollen, dass alle weiterhin im Internet ihre Meinung äußern können! – Dann geht es aber auch darum, dass man Overblocking verhindert.

Es ist auch ein großes Problem – und das ist offensichtlich insbesondere bei den Grünen nicht angekommen –, dass es dabei zu einer Privatisierung der Strafrechtspflege kommt. Ich bin sonst ein großer Freund von Privatisierungen, aber nicht dort, wo es um die grundsätzlichen Aufgaben des Staates geht – und die Strafrechtspflege ist eine dieser grundsätzlichen Aufgaben. Wenn Sie jetzt an Unternehmen auslagern, dass die entscheiden, was strafbar ist und was nicht – und das möglichst noch innerhalb von ein paar Stunden –, dann ist das ein Problem. (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Es bringt auch nichts, wenn man sagt: Na ja, in letzter Instanz ist dann eh ein Gericht zuständig. – Ich habe schon im Ausschuss versucht, das zu erklären – damals habe ich, glaube ich, Kollegen Stefan als Beispiel genommen, jetzt nehme ich Kollegen Drozda, weil er vor mir dran war –: In erster und zweiter Instanz entscheidet Kollege Drozda darüber, was gesagt werden darf, in letzter Instanz ein Gericht – dann ist ja alles in Ordnung. (Zwischenruf des Abg. Drozda.) So funktioniert das Strafrecht nicht, so funktioniert die Strafrechtspflege nicht. Dafür sind Gerichte zuständig – nicht Privat­personen und auch keine privaten Unternehmen! (Beifall bei NEOS, SPÖ und FPÖ.)

Ein weiterer Punkt, den ich darin einigermaßen obskur finde – Kollege Stefan hat es schon teilweise angesprochen –, ist diese nachempfundene Drittschuldnerexekution, die Sie da vorsehen. Was wird in Zukunft passieren? – Facebook bekommt eine Strafe aus­gesprochen, weil ein Posting nicht gelöscht worden ist, und hat keinen Bevollmächtigten gegen Hass im Netz. Dann wird es so sein, dass eine österreichische Behörde ein Zahlungsverbot an ein österreichisches Marketingunternehmen aussprechen wird, die dürfen dann also nicht an Facebook zahlen. Dieses Zahlungsverbot kann ausge­sprochen werden, ohne dass es irgendeinen Zustellversuch gegeben hat, an Facebook beispiels­weise. Es ist auch so, dass der Betrag weit über die Höhe der Strafe hinausgehen kann:


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Man müsste 5 000 Euro Strafe zahlen, aber das Zahlungsverbot kann auf 100 000 Euro gehen. Das ist eine sehr eigenwillige Rechtsansicht. Die KommAustria behält übrigens den Rest ein und wäre dann eventuell dazu verpflichtet, ihn an Facebook zu überweisen. Auch diese Konstruktion finde ich einigermaßen skurril.

Es kommt noch besser: Das Zahlungsverbot soll nach Ihrem Gesetz schuldbefreiend wirken. Ich stelle mir das sehr spannend vor: Facebook versucht einmal, beim öster­reichi­schen Marketingunternehmen die Zahlung einzuklagen. Die werden sagen: Ja, großartig, wir haben zwar einen Vertrag nach irischem Recht, aber im österreichischen Gesetz steht, das Zahlungsverbot ist schuldbefreiend. – Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, das ist ein massives Problem für österreichische Unternehmen, die natürlich werden zahlen müssen! (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

Dann glauben Sie auch noch, dass Sie Vorsorge getroffen haben, weil im Gesetz steht, man kann als österreichisches Marketingunternehmen eh den Rechtsweg bestreiten. – Ja, wo kommen wir denn da hin? Der Staat Österreich hat eine Strafe an Facebook ausgesprochen, und ich muss mich als österreichischer Unternehmer darum kümmern, dass ich den Rechtsweg bestreite und das Zahlungsverbot meiner eigenen Schuld entsprechend nicht rechtskonform ist. Das ist ja vollkommen absurd. Das ist vonseiten der Grünen vielleicht verständlich, in Bezug auf eine früher einmal unternehmerisch denkende Partei wie die ÖVP ist es einigermaßen absurd, einem österreichischen Unternehmen, das nichts mit der ganzen Situation zu tun hat, zu sagen: Ihr könnt eh den Rechtsweg bestreiten.

Wir werden ja dem justiziellen Teil in fast allen Bereichen zustimmen; nur noch kurz zu meinem letzten Punkt, dem Verhetzungsparagrafen: Es geht ja nicht nur darum, wie Sie immer sagen, dass zu Hass und Gewalt aufgestachelt wird und dass das jetzt strafbar ist. Nein, es geht auch darum, dass es in Zukunft so ist: Wenn jemand eine andere Einzelperson aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten weltanschaulichen Gruppe – die Frau Justizministerin hat es angesprochen – verächtlich macht, wird das weiter unter Strafe gestellt, und nicht nur das, sondern es ist ein Offizialdelikt, das die Staatsanwalt­schaft verfolgen muss, und die Strafandrohung wird um das Achtfache höher.

Ich sage Ihnen etwas: Ich halte so etwas für grundfalsch. Ich bin nicht der Meinung, dass man Menschen aufgrund von beleidigenden Aussagen bis zu zwei Jahre ins Gefängnis sperren sollte. Das ist aus meiner Sicht schlichtweg falsch. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

13.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Peter Weidinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.52.35

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Justizministerin! Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler! Hohes Haus! Ich teile nicht deine Meinung, aber ich werde alles dafür tun, dass du sie sagen kannst. – Dieses Zitat wird dem französischen Literaten und Philosophen Voltaire zugeschrieben. Er hat das in einer Zeit gesagt, als Kaiser und Könige noch das Sagen hatten und diese darüber befunden haben, was richtig und was falsch ist. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Mittlerweile leben wir Gott sei Dank in einer aufgeklärten Demokratie, übrigens mit einer Verfassung, auf die wir alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier unseren Eid ge­schworen haben, viele von uns, auch ich persönlich, mit dem Beisatz „so wahr mir Gott helfe“. Wir haben die Aufgabe, die Meinungsfreiheit vor Missbrauch zu schützen, meine Damen und Herren! Mit diesem Bundesgesetz werden Maßnahmen zum Schutz der Nutzerinnen und Nutzer auf Kommunikationsplattformen festgeschrieben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer. – Abg. Amesbauer: Also Zensur heißt jetzt Schutz!)


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Die Abgrenzung ist ganz klar, meine Damen und Herren: Es ist das Strafgesetzbuch, es sind die strafrechtlichen Tatbestände, die darin aufgelistet sind: gefährliche Drohung, Nötigung, terroristische Straftaten und pornografische Darstellung von Minderjährigen. Mit diesem Gesetz haben wir als österreichischer Gesetzgeber erstmals eine klare Handhabe gegen die großen ausländischen Kommunikationsplattformen – wir wissen ja alle, welche es sind: Facebook, Twitter und Co. Wir müssen nicht mehr nur auf die Freiwilligkeit der Konzerne und auf das, was in deren Communityrichtlinien steht, setzen, sondern wir haben klare Vorgaben, wie das in Österreich auszuschauen hat, wenn jemand einen Tatbestand erfüllt: Wie es die Frau Bundesministerin ausgeführt hat, muss der Beitrag binnen 24 Stunden, wenn die Rechtswidrigkeit leicht nachzuvollziehen ist, und sonst binnen sieben Tagen gelöscht werden.

Was schaffen wir damit, meine Damen und Herren? – Erstmals schaffen wir einen juristischen Weg und betreten in Europa Neuland, und das aus richtigen und logischen Gründen, weil wir ja auch die Hüter der individuellen Freiheit sind. Wir schaffen hier einen Weg, wie wir juristisch erstmals auch Ansprechpartner dieser großen Internetgiganten werden, die natürlich – wie viele sagen – über viel mehr Macht verfügen als so manches Land; dass wir in einen Prozess kommen, dass wir die Spielregeln vorgeben. Es wird ein Register geschaffen, in dem man alle Meldungen, die in diesen Tatbestand fallen, auflisten muss. Es wird eine Evaluierung stattfinden.

Es ist Frau Bundesministerin Karoline Edtstadler zu gratulieren, dass dieser europäische Meilenstein hier im österreichischen Parlament mit einer Mehrheit, so hoffe ich, be­schlossen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Es besteht keine Gefahr des Overblockings, meine Damen und Herren, denn seien wir einmal ehrlich: Werden die großen Kommunikationsgiganten jetzt gleich in Sorge sein, dass alle Österreicherinnen und Österreicher nur mehr Unfug – Verzeihung, Unfug dürfen sie ja weiter sagen –, nur mehr tatbestandsrechtlich relevante Punkte posten werden? – Das wird nicht der Fall sein. Ich habe da viel mehr Vertrauen in die Öster­reicherinnen und Österreicher.

An die Adresse der NEOS, die ehemalige selbsternannte wirtschaftsliberale Partei: Ein ordnungspolitisches Prinzip ist, dass man die Grundrechte und auch die Meinungs­freiheit verteidigt. Daher ist es auch notwendig, klare Spielregeln vorzugeben. Auf die­sem Boden werden sich europäische Start-ups bilden und vielleicht bessere Kommuni­kationsplattformen schaffen, als wir sie gekannt haben.

Zusammenfassend darf ich festhalten, meine Damen und Herren: Mit diesem Gesetz beenden wir heute ein Kapitel des Wilden Westens für Kommunikationsplattformen und geben dem Rechtsstaat, nämlich dem robusten Rechtsstaat, als Sheriff die Instrumente in die Hand, um dem Missbrauch der Meinungsfreiheit entgegenzutreten, um den Schutz für uns Bürgerinnen und Bürger auf diesem Weg zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

13.56


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Dr. Johannes Margreiter. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.57.02

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Kollege Weidinger, Ihr Wort in Gottes Ohr: Möge es tatsächlich gelingen, dass dieses Paket Hass im Netz alle Probleme so löst, wie es der Intention dahinter entspricht. Ich habe, in Kenntnis der Gerichtspraxis, in Kenntnis des Justiz­be­triebes, meine Zweifel.


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Dennoch stehe ich überhaupt nicht an, mich als Justizsprecher meiner Fraktion durchaus zufrieden zu äußern, vor allem einmal dazu, wie dieses Gesetz zustande gekommen ist. Da wurde Parlamentarismus in sehr guter Form praktiziert. Es wurden Vorschläge aus dem Begutachtungsverfahren – es hat sehr viele Stellungnahmen im Begutachtungs­verfahren gegeben – aufgegriffen, und auch von der Intention her kann sich dieses Paket grundsätzlich sehen lassen.

Es stellt teilweise wirklich sehr, sehr gravierende Eingriffe in fundamentale justizielle Gesetze, vor allem in unser ABGB, in unser Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, dar. Unser ABGB ist ja das älteste Zivilgesetz der Welt. Es ist seit dem Jahr 1811 un­unterbrochen – ausgenommen in der dunklen Zeit des Nationalsozialismus – in Kraft, früher im Habsburgerreich und jetzt in der Republik Österreich. Es ist also über 200 Jahre alt. Es ist gewissermaßen die Heilige Schrift unserer Zivilrechtsordnung, die ja durchaus bewährt und ausdifferenziert ist.

Wenn man sich jetzt die Novelle ansieht, wie da in dieses Gesetz eingegriffen wird, so kann man sich durchaus positiv dazu äußern. Man begibt sich da auf juristisch äußerst heikles Terrain, auf dem sich der Gesetzgeber wirklich mit großem Vorbehalt und viel Fingerspitzengefühl bewegen soll, und das scheint gelungen zu sein. Abzuwarten wird sein, wie die Praxis mit dem Gesetz umgeht.

Ich glaube nicht, dass es so einfach sein wird, dass da ein Formblatt, das aufliegt, einfach online eingereicht wird, und dann wird schon gelöscht werden. In der Praxis wird sich das als wesentlich aufwendiger erweisen. Wir müssen als Gesetzgeber diese Sache sehr, sehr genau im Auge behalten und evaluieren. Ich würde mir erwarten, dass wir uns das im Justizausschuss genau ansehen, und wahrscheinlich wird es in einem abseh­baren Zeitraum auch zu Nachbesserungen kommen müssen.

Generell aber ist es ein Gesetz, mit dem man zufrieden sein kann, ein Gesetz, das ein Problem, das einfach der gesellschaftliche Wandel, der technische Wandel mit sich bringen, angeht, lösen will. Da ist ein guter Wille vorhanden, das erkennen wir an, und wir wünschen diesem Gesetz, dass es seine Intention auch erreichen möge. Die Bedenken, die dagegen bestehen in den Bereichen Kommunikationsplattformen sowie auch Strafgesetz  haben ja die Kollegen Scherak und Hoyos-Trauttmansdorff bereits ausgeführt.

Von unserer Seite gibt es also Zustimmung zu diesem Gesetz. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Mag. Johanna Jachs. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.00.37

Abgeordnete Mag. Johanna Jachs (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einige von uns hier haben schon Erfah­rungen mit Hass im Netz gesammelt, und ich glaube, das muss uns zu denken geben. Klar ist, dass wir Politikerinnen und Politiker in einer exponierten Lage sind und dass wir uns vielleicht auch eine dickere Haut angeeignet haben als manche andere. Klar ist aber auch, dass es unsere Aufgabe ist, dass wir denjenigen, die diese dicke Haut nicht haben oder die nicht so in der Öffentlichkeit stehen wie wir, sodass wir das eventuell schon gewohnt sind, ein Werkzeug in die Hand geben, damit auch sie sich schnell und effektiv gegen Hass im Netz und gegen solche feigen und anonymen Angriffe wehren können.

Ich durfte hier am Rednerpult vor einigen Wochen schon zum Thema Upskirting sprechen. Darum freut es mich ganz besonders, dass wir heute hier ein Gesetz beschließen, das auch das Anfertigen und Verbreiten von Upskirts unter Strafe stellt, denn für uns ist es


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wirklich ganz klar, dass das kein jugendlicher Leichtsinn ist, sondern wirklich unter Strafe gestellt gehört. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Europa schaut auf uns, denn wir machen mit diesem heute zu beschließenden Gesetz vieles neu! Wir sind in einer neuen Zeit, wir leben nicht mehr im Mittelalter, wie Kollege Stefan gesagt hat, und deshalb ist es auch wirklich wichtig, dass wir neue Gesetze beschließen, die mit der Zeit gehen, und nicht an einem Punkt stehen bleiben, an dem uns die moderne Technik einfach schon überholt hat.

Liebe Kollegen von den NEOS, ich verstehe auch nicht, warum Sie hier herinnen so verunsichern, denn meiner Meinung nach ist es schon sehr wichtig, dass Plattformen, die mit ihrem Geschäftsmodell Gewinn machen, gewisse Schutzmechanismen für ihre User einbauen. Ich versichere Ihnen also, liebe Kollegen von FPÖ und NEOS: Es geht nicht um Maßnahmen, die die Freiheit überschießend einschränken, sondern es geht wirklich darum, dass wir die Menschen vor feigen Angriffen schützen und ihnen ein effektives Werkzeug in die Hand geben. Ich hoffe, dass auch Sie sich davon überzeugen können, denn wir werden das in den nächsten beiden Jahren evaluieren – die Frau Bundesminister hat es schon angesprochen.

Ich bringe daher nun folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer, BSc, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolle­ginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungs­vorlage (463 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikations­plattfor­men-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (509 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 wird in § 8 nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

»(2a) Die Aufsichtsbehörde hat im Rahmen des über das Jahr 2022 zu erstellenden Tätigkeitsberichts (§ 19 Abs. 2 KOG) mit Unterstützung der Beschwerdestelle die Effizienz der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen und Verhaltens­pflich­ten und die diesbezüglichen Entwicklungen innerhalb der zwei vorangegangen Kalen­derjahre zu evaluieren.«

2. In Art. 1 lautet § 10 Abs. 2 Z 1 lit. f wie folgt:

»f) entgegen § 4 Abs. 1 und Abs. 2 seiner Berichtspflicht nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unvollständig nachkommt,«

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Eva-Maria Himmelbauer BSc, Mag.a Agnes Sirkka Prammer,

Kolleginnen und Kollegen


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zum Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (463 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird (509 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 wird in § 8 nach Abs. 2 folgender Abs. 2a eingefügt:

              »(2a) Die Aufsichtsbehörde hat im Rahmen des über das Jahr 2022 zu erstellenden Tätigkeitsberichts (§ 19 Abs. 2 KOG) mit Unterstützung der Beschwer­destelle die Effizienz der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen und Verhaltenspflichten und die diesbezüglichen Entwicklungen innerhalb der zwei voran­gegangen Kalenderjahre zu evaluieren.«

2. In Art. 1 lautet § 10 Abs. 2 Z 1 lit. f wie folgt:

              »f)         entgegen § 4 Abs. 1 und Abs. 2 seiner Berichtspflicht nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unvollständig nachkommt,«

Begründung

Zu Z 1:

Die zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes vorzunehmende Evaluierung, die im gemäß § 19 Abs 2 KOG von der KommAustria zu erstellenden Tätigkeitsbericht (veröffentlicht im Jahr 2023 bezüglich des Beobachtungszeitraums 2021/2022) Nieder­schlag finden soll, dient dem Erkenntnisgewinn, inwieweit die vorgesehenen Maßnah­men zur rechtspolitischen Zielsetzung, die Anzahl rechtswidriger Inhalte (§ 2 Z 8) auf Kommunikationsplattformen zu verringern, beitragen konnten. Zugleich kann dieser Teil des Berichts dazu genutzt werden, den politischen Entscheidungsträgern in Gesetz­ge­bung und Vollziehung (der Bericht ist nach § 19 Abs. 4 KOG dem Nationalrat vorzulegen) über die Eignung, Treffsicherheit und Erforderlichkeit der innerstaatlichen Maßnahmen im Lichte der zu erwartenden einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben (ausgehend vom Vorschlag der Kommission für einen „Digital Services Act“ im Dezember 2020) Auskunft zu geben.

Zu Z 2:

Die Ergänzung in Z 1 dient der Bereinigung eines Redaktionsversehens.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und er steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort ist nun dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Tagesordnungspunkte 1 bis 5 und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 119

14.04.383. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (478 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immo­bilienkreditgesetz geändert werden (517 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Christian Drobits. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


14.05.08

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Nun, bei diesem Tagesordnungspunkt sieht es auf den ersten Blick so aus, als würde er eine Erfolgsgeschichte beinhalten, nämlich dass aufgrund eines Spruches des Europäischen Gerichtshofes zu einer EU-Richtlinie Gesetze für Verbraucherinnen und Verbraucher in Österreich im positiven Sinne verän­dert werden.

Das ist deshalb erfolgt, weil der Europäische Gerichtshof in der Causa Lexitor angerufen worden ist, um festzuhalten, dass bei einer vorzeitigen Kreditrückzahlung grundsätzlich auch die laufzeitunabhängigen Kosten, wie Bearbeitungsgebühren und so weiter, er­mäßigt werden müssen. Damit ist eine Änderung der Gesetze notwendig, und zwar des Verbraucherkreditgesetzes und in weiterer Folge auch des Hypothekargesetzes.

Es sind zwar vermutlich die Gesamtkosten gemeint, ein großes Problem, das wir aller­dings haben, ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens: Ab wann soll diese Regelung gelten und ab welchem Zeitpunkt sollen dann die Verbraucherinnen und Verbraucher etwas davon haben? – Geschätzte Frau Bundesminister, bereits im Ausschuss wurde meiner­seits erwähnt, dass ich zwar dankbar bin, dass diese EU-Richtlinie jetzt umgesetzt wird, ich aber glaube, dass beim Inkrafttreten mit einem Zeitpunkt pro futuro, so wie es jetzt im Gesetzentwurf steht, nur Kosten reduziert wurden und Geld gespart wurde, nicht aber das Gesetz richtlinienkonform umgesetzt worden ist.

Es ist ein Im-Stich-Lassen der Verbraucherinnen und Verbraucher, es ist vor allem ein Im-Stich-Lassen derjenigen, die einen Wohnkredit mit hohen Bearbeitungsgebühren haben, und ich bin der Meinung, dass wir aufgrund der Staatshaftung, die die Republik Österreich bei der richtlinienkonformen Umsetzung hat, danach trachten müssen, dass wir nicht eine Umsetzung pro futuro machen, sondern zumindest ab dem 11.9.2019, dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Urteils des Europäischen Gerichtshofes.

Wir sind auch der Meinung, dass dieser Zeitpunkt gerade in Zeiten der Covid-Krise passt, denn: Was sollen diejenigen, die von Covid betroffen sind, dazu sagen, dass sie bei einer Umschuldung nur pro futuro in den Genuss einer Ermäßigung der Gesamt­kosten kommen, also erst im Nachhinein, und nicht bereits ab 11.9.?

Ich bringe daher, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, im Sinne meiner Fraktion, aber auch der NEOS, folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 120

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Artikel 1 - -


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, wir haben vereinbart, dass Sie den Antrag nicht vorlesen müssen. Er wird gemäß § 53 Abs. 4 GOG eingebracht, die Erläuterung ist ausreichend.


Abgeordneter Mag. Christian Drobits (fortsetzend): Ich möchte dazu noch ausführen, dass es nicht sein kann, dass wir eine EU-Richtlinie und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Endeffekt nicht richtlinienkonform umsetzen, weil wir vielleicht glauben, dass das Geld dafür nicht da ist. Ich glaube auch, dass wir diese Richtlinie auch deshalb umsetzen müssen, weil sich in weiterer Folge der Bundesrat damit wird beschäftigen müssen und er diesem Gesetz in der Bundesratssitzung aufgrund der Inkrafttretens­bestimmung vielleicht auch nicht zustimmen wird. In diesem Sinne bitte ich die Regie­rungsparteien noch einmal, diesen Gesetzentwurf, vor allem hinsichtlich der Inkrafttre­tens­bestimmung, zu überdenken und vielleicht doch noch unserem Abänderungsantrag zuzustimmen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der NEOS.)

14.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (478 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilien­kreditgesetz geändert werden (517 d.B.)

eingebracht in der 69. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2020 zu TOP 3

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1.          Art. 1

              Änderung des Verbraucherkreditgesetzes

              In Z 6 soll § 29 Abs. 12 lauten wie folgt:

„(12) § 16 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2020 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 11. September 2019 geschlossen oder gewährt werden.

2.          Art.2

              Änderung des Hypothekar- und Immobilienkreditgesetzes

              Z 8 soll lauten wie folgt:

              Dem § 31 werden folgende Absätze 5 und 6 angefügt:

(5) §§ 5, 9, 10, 11 und 27 sowie die Bezeichnung des 4. Abschnitts in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. xxx/2020 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft und sind auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 ge­schlossen oder gewährt werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 121

(6) § 20 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. xxx/2020 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 11. September 2019 geschlossen oder gewährt werden.

Begründung

Die Sanierung der österreichischen Rechtslage bedeutet - auch in Form der nun beantragten Änderungen - nur die Herstellung eines teilweisen richtlinienkonformen Zustandes, da alle anderen Kreditnehmer, die ab dem Inkraftreten des VKrG am 11.10.2010 einen Kredit abgeschlossen haben, ausgenommen bleiben und mit ihren Ansprüchen auf den Gerichtsweg verwiesen sind. Daher sollten zumindest auch alle vorzeitigen Rückzahlungen ab Veröffentlichung des Lexitorurteils umfasst sein und nicht nur künftige Rückzahlungen.

Art 1

Damit ein richtlinienkonformer Zustand für VerbraucherInnen hergestellt wird, ist es nicht nur notwendig, dass Verträge ab dem Lexitor-Urteil des EuGH erfasst sind, sondern zusätzlich sollten allen vorzeitigen Rückzahlungen, die ab dem 11. September 2019 gemacht wurden, auch berücksichtigt werden.

Art 2

Da es in der Wohnimmobilienkredit-RL und im HIKrG die gleichen rechtlichen Bestim­mungen gibt, wie in der Verbraucherkredit-RL und im VKrG sollte bei der Sanierung der Gesetzeslage nach dem Lexitorurteil für den Bereich der Verbraucherkredit-RL auch für Wohnkredite die gleichen gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Darüber hinaus ist die Relevanz der vorzeitigen Rückzahlung bei langjährig laufenden Wohnkrediten groß und die Ermäßigung der Gesamtkosten wegen der hohen Kredit­beträge viel höher als bei typischen Verbraucherkrediten.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag wurde, wie schon vorhin erwähnt, gemäß § 53 Abs. 4 GOG verteilt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer. – Bitte, Frau Abgeord­nete.


14.09.14

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr ge­ehrter Herr Vorsitzender! Tja, ein sperriges Thema: Verbraucherkreditgesetz, Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz. Beide werden heute im Sinne des Verbraucherschutzes verbessert und geändert. Wir wollen gemeinsam über eine Gesetzesvorlage abstimmen, die Verbesserungen im Konsumentenschutz bringt.

Im Einzelnen geht es um die Umsetzung des Lexitor-Urteils vom 11. September 2019. Anlassfall war Polen; die Verbraucherorganisation Lexitor hat unzufriedenen Verbrauche­rinnen, Verbrauchern insofern geholfen, als sie beim EuGH vorstellig geworden ist, und der EuGH hat entschieden, dass laufzeitabhängige und laufzeitunabhängige Kosten zu reduzieren sind. Dieses Urteil bringt uns etwas für den Verbraucherschutz, und zwar insofern, als nun zum Beispiel auch von der Bank geforderte Bearbeitungsgebühren, die man am Anfang eines Kredites zahlt, anteilig zu ersetzen sind.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 122

Um es noch einmal zusammenzufassen: Mit der Gesetzesvorlage, über die wir heute abstimmen, wird das Verbraucherkreditgesetz nicht nur angepasst, sondern im Sinne der Verbraucher verbessert. Es wird eine richtlinienkonforme Rechtslage hergestellt, und dafür gilt es zu danken. Damit reduzieren wir auch die Kosten für die Konsumentinnen und Konsumenten, wenn sie zum Beispiel einen Verbraucherkredit zurückzahlen. – Das ist jetzt einmal die Pflicht.

Nun aber zur Kür: Ganz so, wie mein Vorredner das angesprochen hat, ist es nämlich nicht. Wir gehen über das, was die Richtlinie verlangt, hinaus, und zwar ist der Zeitpunkt des Inkrafttretens nicht der Zeitpunkt der Novelle, sondern wir gehen zurück zum Urteil Lexitor, das heißt zum 11. September, und zweitens werden auch das Hypothekar- und das Immobilienkreditgesetz entsprechend angepasst, sodass ab jetzt auch dort die Kosten anteilig zu reduzieren sind.

Letztendlich ist das ein wichtiger Schritt für den Konsumentenschutz. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Krisper.)

14.11


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.11.48

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Hohes Haus! Worum geht es? – Der Europäische Gerichtshof hat in einer Entscheidung festgestellt, wie die EU-Richtlinie über die Rechte der Verbraucher bei vorzeitigen Kreditrückzahlungen auszulegen sei. Diese Entscheidung hat gezeigt, dass wir diese EU-Richtlinie in Österreich mangelhaft, und zwar zulasten der Konsumenten und zugunsten der Banken, umgesetzt haben.

Der EuGH hat judiziert, dass bei vorzeitiger Kreditrückzahlung die Gesamtkosten des Kredits zu ermäßigen sind und nicht nur die laufzeitabhängigen Kosten, so wie das in Österreich bisher gesetzlich vorgesehen ist. Daher gibt es jetzt legistischen Handlungs­bedarf, aber leider wird der Spruch des Europäischen Gerichtshofes mit der vorliegen­den Regierungsvorlage wieder nur halbherzig umgesetzt. Dies zeigt auch die scharfe Kritik des Obersten Gerichtshofes im Begutachtungsverfahren.

Unser erster Kritikpunkt ist jener, dass die vorliegende, im Vergleich zum Istzustand zwar korrektere, aber noch immer nicht korrekte Umsetzung der EU-Richtlinie erst für Ver­braucherkredite gelten soll, die nach dem Stichtag 11. September 2019, also dem Datum der EuGH-Entscheidung, geschlossen beziehungsweise gewährt wurden. Es wäre aber doch nur logisch und fair, auch ältere Verbraucherkredite, die nach der fehlerhaften innerstaatlichen Umsetzung der Richtlinie abgeschlossen wurden, miteinzubeziehen; das wäre der Stichtag 11. Juni 2010. In Wahrheit ist diese halbherzige Novelle nichts anderes als ein ÖVP-Geschenk für die heimischen Banken, zu denen ja durchaus ein gewisses Naheverhältnis besteht.

Sollte der Europäische Gerichtshof mit dem heutigen Gesetz im Zusammenhang mit älteren Kreditverträgen befasst werden, die zwischen 2010 und 2019 abgeschlossen wurden, dann wird er dieses Gesetz mit hoher Wahrscheinlichkeit aufheben. Bis dahin geht es weiter auf Kosten der Konsumenten und zugunsten der Banken, und alles nur, um den Banken für Kredite aus neun Jahren EU-rechtswidrige Bankspesen zuzu­schan­zen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 123

Unser zweiter Kritikpunkt ist jener, dass das Wort Gesamtkosten bewusst vermieden wird und immer nur von Kosten gesprochen wird. In den erläuterten Bemerkungen zur Regierungsvorlage steht etwas Erstaunliches, und ich zitiere daraus: „Wenngleich die Richtlinie im Zusammenhang mit der vorzeitigen Rückzahlung ebenfalls den Begriff ,Gesamtkosten‘ verwendet, sollte [...] aus Sachlichkeitserwägungen von einem engeren Verständnis der erfassten Kosten ausgegangen werden.“ – Zitatende.

Das ist schon erstaunlich, denn in der Regierungsvorlage steht also sinngemäß drinnen: Wir halten die EU-Richtlinie in diesem Punkt für unsachlich und setzen sie daher bewusst nicht korrekt um. – Das ist eine interessante Einstellung für selbsternannte Europa­parteien und keinesfalls konsumentenfreundlich. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher bringe ich hiermit den folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen: 

Der dem obenstehenden Bericht angeschlossene Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 Ziffer 5 wird das Wort „Kosten“ durch „Gesamtkosten“ ersetzt.

2. In Artikel 1 lautet die Ziffer 6 § 29 Abs. 12 wie folgt:

„(12) § 16 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. xxx/2020 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 11. Juni 2010 geschlossen beziehungsweise gewährt werden, sofern die vorzeitige Rückzahlung nach dem 31. Dezember 2020 geleistet wird.“

*****

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, folgen Sie Ihrem Herzen! Fühlen Sie sich nicht der Bankenlobby verpflichtet und stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend wünsche ich Ihnen, Frau Bundesminister, alles Gute für die bevor­stehenden Wochen. Es gibt nichts Schöneres auf der Welt als das Wunder der Geburt eines Kindes. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.16

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Ing. Mag. Reifenberger, Mag. Harald Stefan

und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (478 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobilien­kreditgesetz geändert werden (517 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 124

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der dem obenstehenden Bericht angeschlossene Gesetzesantrag wird wie folgt ge­ändert:

1. In Artikel 1 Ziffer 5 wird das Wort „Kosten“ durch „Gesamtkosten“ ersetzt.

2. In Artikel 1 lautet die Ziffer 6 § 29 Abs. 12 wie folgt:

„(12) § 16 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2020 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist auf Kreditverträge und Kreditierungen anzuwenden, die nach dem 11. Juni 2010 geschlossen beziehungsweise gewährt werden, sofern die vorzeitige Rückzahlung nach dem 31. Dezember 2020 geleistet wird.“

Begründung

Der Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. Nr. L 133 vom 22.05.2008 S. 66, ist vor dem Hintergrund der Erwägungen der Richtlinie, insbesondere in Bezug zu Punkt 20, der den Begriff „Gesamtkosten“ genau darstellt, zu sehen:

„(20) Die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher sollten sämtliche Kosten umfassen, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern, Entgelte für Kreditvermittler und alle sonstigen Entgelte, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kredit­vertrag zu zahlen hat, mit Ausnahme der Notargebühren. Die tatsächliche Kenntnis des Kreditgebers von diesen Kosten sollte objektiv beurteilt werden, wobei die Anforderun­gen an die berufliche Sorgfalt zu berücksichtigen sind.“

Der EuGH begründet in seiner Entscheidung unter Punkt 28, dass es sich ausschließlich um „Gesamtkosten“ und nicht um den ungenaueren Begriff „Kosten“ handeln könne, folgendermaßen: „In Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 wurde demnach das Recht des Verbrauchers auf Ermäßigung der Kosten des Kredits bei vorzeitiger Rückzahlung dadurch konkretisiert, dass der allgemeine Begriff „angemessene Ermäßigung“ durch den präziseren Begriff „Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits“ ersetzt und ergänzt wurde, dass sich diese Ermäßigung auf die „Zinsen und Kosten“ zu beziehen hat.“ Daraus schließt der EuGH und urteilt: „Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucher­kredit­verträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass das Recht des Verbrauchers auf die Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits bei vorzeitiger Kreditrückzahlung sämtliche dem Verbraucher auferlegten Kosten um­fasst.“

Die Regierungsvorlage, da nur die „Kosten“ und nicht die „Gesamtkosten“ und Kredit­verträge und Kreditierungen, die nach dem Urteil des EuGHs und nicht ab dem 11. Juni 2010 (Inkrafttreten der RL Richtlinie 2008/48/EG) gewährt oder geschlossen wurden, Berücksichtigung fanden, ist daher anfällig für weitere Prozesse an den ordentlichen Gerichten Österreichs, wenn das Verbraucherkreditgesetz, BGBl. I Nr. 28/2010, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 93/2017, nicht entsprechend des Abänderungsantrages geändert in Kraft tritt.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und er steht auch mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 125

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Christian Stocker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.16.19

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja hier schon von meinen Vorrednern angesprochen worden: Es geht um die Umsetzung der Richtlinie hinsichtlich der vorzeitigen Rück­zahlung von Verbraucherkrediten.

Anlassfall ist das Urteil des EuGH im sogenannten Lexitor-Fall vom 11.9.2019, die Rechte der Verbraucher bei der vorzeitigen Kreditrückzahlung betreffend. Aus diesem Urteil ergibt sich ein Spannungsverhältnis hinsichtlich der innerstaatlichen Umsetzung dieses Themas im Verbraucherkreditgesetz und der Auslegung des EuGH in diesem Urteil. Der Unterschied ist, dass der EuGH im Gegensatz zu unserer gesetzlichen Regelung sämtliche dem Verbraucher auferlegten Kosten als vom Mäßigungsrecht um­fasst ansieht, während in unseren gesetzlichen Bestimmungen derzeit nur die laufzeit­abhängigen Kosten erfasst sind.

Auf welche Kosten ist dieses Mäßigungsrecht nun anzuwenden? – Es ist richtig, wie mein Vorredner gesagt hat, dass der EuGH das sehr weit auslegt und in dieser Richtlinie von Gesamtkosten gesprochen wird, ich meine aber, dass diese Sachlich­keits­erwä­gungen, die zu einer Verengung dieser Auslegung führen, durchaus angemessen sind.

Worin besteht das engere Verständnis dieser Kosten? – Klar ist, dass jene Kosten, die dem Verbraucher bekannt gegeben werden, wenn er sein Kreditverhältnis eingeht, und die die Gesamtbelastung des Kredites betreffen, davon umfasst sind, und dass aller­dings jene Kosten, wie zum Beispiel Notariatskosten oder auch Vermittlungskosten für den Kredit, davon nicht mehr umfasst sind.

Im Gegensatz zu meinen Vorrednern meine ich auch, dass es sachgerecht ist, wenn das Inkrafttreten dieses Gesetzes zwar zum Zeitpunkt der Urteilsfällung erfolgt, das Wirk­samwerden aber erst für jene Kredite, die nach dem 1.1.2021 zurückgezahlt werden, eintreten soll, weil – und das ist ein Grundthema der Legistik – man mit Rückwirkungen sehr vorsichtig sein soll, weil es letztlich auch um den Vertrauensschutz geht. Das war das, was uns dabei geleitet hat, und nicht der Umstand, dass wir irgendjemandem oder dem Bankensektor da etwas zuschanzen wollen.

Es soll auch nicht verschwiegen werden, dass es eine sinngleiche Anwendung dieser Bestimmungen im Hypothekar- und Immobilienkreditgesetz geben soll. Das heißt, dass die Regelungen auch für diese Kreditverhältnisse anwendbar sind. Letztlich ist es auch so, dass diese Gesetzesänderung Ausnahmeausweitungen bei Wohnimmobilien­kredi­ten für Verbraucher im Zusammenhang mit der Wohnbauförderung bewirkt, das heißt eine Besserstellung der Verbraucher durch eine leichtere Kreditgewährung im Förder­bereich für den Wohnbau.

Insgesamt ist dies daher eine begrüßenswerte Änderung zugunsten der Verbraucher, die durchaus sachgerecht ist und den Interessen aller Beteiligten, vor allem aber der Verbraucher, gerecht wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Nein.

Wie vereinbart verlege ich auch diese Abstimmungen an den Schluss der Verhand­lungen über die Tagesordnungspunkte 1 bis 5 und fahre in der Erledigung der Tages­ordnung fort.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 126

14.20.144. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 895/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleit­gesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden (587 d.B.)

5. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden (588 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Mag. Philipp Schrangl. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.20.59

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Ich bin hier Kontraredner, da wir diesem Gesetz heute nicht zustimmen werden. Es sind sehr viele Dinge drinnen, die auch wir befürworten, allerdings sehen wir dieses Gesetz nicht als Gesundheitsmaßnahme, sondern vor allem als Sparmaßnahme.

Wir denken, dass die mündliche Einvernahme, das Erscheinen vor Gericht für die Urteilsfindung wichtig sind, auch als Spezialprävention für den Beschuldigten oder rechtskräftig Verurteilten. Wir glauben nicht, dass man diesen speziellen Zweck über audiovisuelle Übertragung so gut erfüllen kann. Daher sind wir dafür, dass man, sobald es möglich ist und wo es möglich ist – Gerichte haben genügend Platz, bieten genügend oft die Möglichkeit, weit genug auseinander zu sitzen –, wieder zur öffentlichen und unmittelbaren Verhandlung zurückzukehrt.

Es geht in dieser Debatte auch um zwei Mietrechtsthemen, und als Bautensprecher möchte ich mich auch dazu äußern.

Grundsätzlich ist es gut, wenn wir in dieser schwierigen Situation den Mieter entlasten, wir dürfen aber die Relation nicht aus dem Auge verlieren. Wir haben jetzt schon einmal die Mieter sehr stark entlastet und die Vermieter sehr stark belastet. Einer großen Versicherung, einer großen Bank tut es vielleicht nicht weh, ein kleiner Zinshausbesitzer, bei dem für drei von sechs Wohnungen die Mietzahlungen gestundet werden, kämpft wahrscheinlich schon ums eigene Überleben. Dort müssen wir ein bisschen aufpassen, und daher stimmen wir auch gegen die Anträge meiner Kollegin Ruth Becher, weil wir finden, dass man zum Beispiel jetzt dazu übergehen könnte, auf die Kaution – das ist eine Rücklage des Mieters beim Vermieter – zurückzugreifen, und dass dann der Mieter, sobald er wieder zahlen kann, diese Rücklage, diese Kaution wieder auffüllen muss.

Sehr geehrte Frau Bundesminister, ich wünsche auch Ihnen alles Gute in den nächsten Monaten. Ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute, auch Ihnen, meine Kollegen! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.23


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer. – Bitte, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 127

14.23.30

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Schon wieder – ja, leider schon wieder – ist es notwendig, Regelungen zu verlängern, mit denen schwerwiegende Folgen der Pandemie abgefedert werden sollen. Es ist notwendig, weil wir immer noch mittendrin in dieser Gesundheitskrise stecken.

Die Regelungen, die wir heute hier zum Beschluss vorliegen haben, bringen zunächst einmal Erleichterungen für jene Menschen – wir haben es gerade gehört –, die im April, Mai, Juni von der Möglichkeit Gebrauch machen mussten, die Mietzinse zu stunden. Und nein, es wird niemanden in Bedrängnis bringen. Es wird schwierig sein, es wird genauso schwierig sein, wie es für alle anderen schwierig ist, ja natürlich, keine Frage, aber diese Mietzinse liegen schon sehr lange zurück und es sind in der Zwischenzeit neue fällig geworden, die ja auch zu bezahlen sind. Diese Erleichterung nimmt ganz vielen Menschen die Angst vor der Wohnungslosigkeit, vor allem in Kombination damit, dass auch Räumungsexekutionen jetzt nicht vollzogen werden dürfen.

Angst wird vielen Menschen aber auch noch in einem ganz anderen Bereich genommen, und zwar den Menschen, die von Gewalt in der Familie betroffen sind, weil, wie wir heute schon gehört haben, die Gewaltschutzeinrichtungen dauerhaft die Möglichkeit behalten sollen, dass sie Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung einbringen dürfen. Das ist eine wirklich große Erleichterung, ein ganz wesentlicher Schritt und eine ganz große Errungenschaft für diese Menschen, denen es sowieso wirklich schlecht geht. (Beifall bei den Grünen.)

Auch Unternehmen, die aufgrund der wirtschaftlichen Krise in eine Notlage geraten sind, erhalten weiterhin eine Erleichterung. Für sie wird die Möglichkeit verlängert, dass bei Überschuldung kein Insolvenzantrag gestellt werden muss, weil es immer noch nicht möglich ist, eine valide Fortbestehensprognose zu erstellen. Dazu muss ich folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht und Antrag des Justizausschusses (588 der Beilagen) betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden“

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 3 werden nach der Novellierungsanordnung 1. folgende Novellierungs­anord­nungen 1a und 1 b eingefügt:

„1a. In § 9 Abs. 1 wird das Datum ,31. Jänner 2021‘ durch das Datum ,31. März 2021‘ ersetzt.

1b. In § 9 Abs. 3 werden die Daten ,31. Jänner 2021‘ jeweils durch das Datum ,31. März 2021‘ ersetzt.“

2. In Artikel 3 wird nach der Novellierungsanordnung 3. folgende Novellierungs­anord­nung 3a. eingefügt:

„3a. § 17 Abs. 6 lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 128

,(6) § 13 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 113/2020 tritt mit Ablauf des 31. Jänner 2021 außer Kraft.‘“

3. In Artikel 3 lautet die Novellierungsanordnung 4.:

„4. § 17 werden folgende Abs. 7 und 8 angefügt:

,(7) §§ 1, 9, 11a samt Überschrift und § 17 Abs. 3 und 6 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft.

(8) §§ 6, 7, 11 und 15 treten mit 30. Juni 2021 außer Kraft. § 9 tritt mit 31. März 2021 außer Kraft. § 11a tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.‘“

*****

Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.27

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht und Antrag des Justizausschusses (588 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 3 werden nach der Novellierungsanordnung 1. folgende Novellierungs­anord­nungen 1a und 1 b eingefügt:

„1a. In § 9 Abs. 1 wird das Datum „31. Jänner 2021“ durch das Datum „31. März 2021“ ersetzt.

1b. In § 9 Abs. 3 werden die Daten „31. Jänner 2021“ jeweils durch das Datum „31. März 2021“ ersetzt.“

2. In Artikel 3 wird nach der Novellierungsanordnung 3. folgende Novellierungs­anord­nung 3a. eingefügt:

„3a. § 17 Abs. 6 lautet:

„(6) § 13 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 113/2020 tritt mit Ablauf des 31. Jänner 2021 außer Kraft.““

3. In Artikel 3 lautet die Novellierungsanordnung 4.:

„4. § 17 werden folgende Abs. 7 und 8 angefügt:

„(7) §§ 1, 9, 11a samt Überschrift und § 17 Abs. 3 und 6 in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft.

(8) §§ 6, 7, 11 und 15 treten mit 30. Juni 2021 außer Kraft. § 9 tritt mit 31. März 2021 außer Kraft. § 11a tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 129

Begründung

Durch die Änderung soll auch die Aussetzung von der Insolvenzantragspflicht bei Über­schuldung bis Ende März 2021 verlängert werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Mag. Ruth Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.27.33

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Coronakrise macht einige Verlängerungen von Fristen und Vereinfachungen notwendig, beispielsweise Videoübertragungen zur Beweis­auf­nahme bei Gericht, erweiterte Fristen beim Insolvenzverfahren oder auch erleichterte Identitätsfeststellung bei Notaren bei der Gründung einer GesmbH. Das sind Bestim­mungen, die bestimmten Menschen das Leben in ihren Berufen erleichtern, wie zum Beispiel Juristen, Unternehmern und so weiter. Diese Bestimmungen werden über­wie­gend bis Ende Juni verlängert.

Es gibt aber auch Menschen, auf die bei dieser großzügigen Verlängerung der Fristen vergessen wurde. Dazu zählen beispielsweise Kinder von alleinerziehenden Müttern. Uns als SPÖ hat es sehr verwundert, dass die Frist für die erleichterte Geltendmachung beim Unterhaltsvorschuss nicht bis 30. Juni verlängert werden soll. Im Gesetz steht der 31. März 2021, das heißt nur drei statt sechs Monate. Das Coronavirus macht keinen Unterschied zwischen Menschen und Berufen, und ich verstehe nicht, warum ÖVP und Grüne diese Erleichterungen so ungleich verteilt haben. Daher fordern wir eine Gleich­stellung, und ich werde im Anschluss einen Abänderungsantrag dazu einbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Bereich Wohnen hat es während der Krise des ersten Lockdowns geheißen, es gibt Menschen, die ihre Miete nicht bezahlen können. Diese Menschen mussten ihre Miete nicht gleich bezahlen, sondern hatten bis Ende Dezember, also bis Ende dieses Monats, dafür Zeit, plus 4 Prozent Verzugszinsen. Der heutige Entwurf sagt, dass diese Menschen die Miete doch nicht jetzt zurückzahlen müssen, sondern erst bis März, wieder mit 4 Prozent Verzugszinsen.

Das ist aus unserer Sicht eine schlechte Lösung. ÖVP und Grüne tun so, als würden sie sich um die Menschen, die ihre Miete nicht zahlen können, kümmern, das tun sie aber nicht, denn wer seine offene Miete bis jetzt nicht zahlen kann, kann sie bis März höchst­wahrscheinlich auch nicht bezahlen. Ich frage daher: Warum helfen Sie nicht direkt und verzögern das Problem und dessen Folgen?

Diese Menschen brauchen direkte Hilfe, sie brauchen einen Sicher-Wohnen-Fonds, der bei den Betriebskosten einspringt und Härtefälle bei Mietrückständen abfängt. Die Regierung muss aber auch mit einem Mietentfallfonds helfen, der vor allem kleinen Vermietern hilft, wobei die Vermieter dann solidarisch diesen Fonds bespeisen.

Da die Regierung beim Thema Wohnen bis jetzt leider noch keinerlei sinnvolle Lösung getroffen hat, wird sie das bis Ende März auch nicht zustande bringen. Bis Ende Juni hätte sie mehr Zeit, darüber nachzudenken und es zu schaffen. Daher bringe ich folgen­den Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 130

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht und Antrag des Justizausschusses, 588 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Im Artikel 3 Z 1 wird das Datum „31. März 2021“ durch das Datum „30. Juni 2021“ er­setzt.

*****

Weiters bringe ich in Bezug auf die erleichterte Geltendmachung von Unterhalts­vor­schüssen – ich habe das vorhin bereits erläutert – folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses über den Antrag 895/A, 587 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

In Art. I (Änderung des 1. Covid-19-Justiz-Begleitgesetzes) wird in Z 1b das Datum „31. März 2021“ durch das Datum „30. Juni 2021“ ersetzt.

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.32

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher,

Genossinnen und Genossen,

zum Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundes­ge­setzes, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das COVID-19-Justiz-Begleit­gesetz und das EIRAG geändert werden (588 d.B.)

eingebracht in der 69. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2020 zu TOP 5

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 131

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 3 Z 1 wird das Datum „31. März 2021" durch das Datum „30. Juni 2021 ersetzt.

Begründung:

zu Z 1 (§ 1):

Der vorübergehende Ausschluss der gerichtlichen Einforderung von Zahlungs­rück­ständen des Wohnungsmieters aus dem zweiten Quartal 2020 soll, angeglichen an Ver­längerung anderer gerichtlicher Fristen, wie etwa auch bei Delogierungen, bis 30. Juni 2021 erfolgen. Die Verlängerung der temporären Aussetzung der Klagbarkeit des Anspruchs um weitere sechs Monate ist deshalb erforderlich, weil durch den neuerlichen Lockdown auch über den Jahresbeginn hinaus Probleme bei der Nachzahlung der angelaufenen Zahlungsrückstände zu erwarten sind.

Die Verlängerung auf sechs Monate kann auch für die Arbeit an echten Lösungen genutzt werden, wie etwa die Schaffung eines „Sicher-Wohnen-Fonds“ sowie eines Mietenentfall-Fonds, um die Menschen vor Delogierungen auch in pandemiefreien Zeiten zu schützen.

Die Abdeckung aus einer vom Mieter übergebenen Kaution soll ebenfalls für weitere sechs Monate ausgeschlossen werden.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen,

zum Bericht des Justizausschusses über den Antrag 895/A der Abgeordneten Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. Covid-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das gesellschaftsrechtliche Covid-19-Ge­setz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden (587 d.B.)

eingebracht in der 69. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2020 zu TOP 4

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

In Art. I (Änderung des 1. Covid-19-Justiz-Begleitgesetzes)

Wird in Z 1b das Datum „31. März 2021“ durch das Datum „30. Juni 2021“ ersetzt.

Begründung

Die Frist für die erleichterte Geltendmachung von Unterhaltsvorschüssen sollte nach dem Ausschussbeschluss bis 31. März 2021 verlängert werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 132

Dazu ist festzustellen, dass zahlreiche andere zeitliche Verlängerungen in der vorlie­genden Gesetzesvorlage bis zum 30. Juni 2021 erfolgen, insbesondere gerichtliche Fristen. Die vorliegende Fristverlängerung ist für die betroffenen Kinder bzw. deren Mütter von besonderer Bedeutung und es soll die gegenständliche Fristverlängerung ebenfalls bis zum 30. Juni 2021 erfolgen.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Abänderungsanträge sind ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und stehen somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Mag. Klaus Fürlinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.32.17

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir müssen oder dürfen feststellen, dass es keinen Nachteil ohne Vor­teil gibt, und wenn wir aus dieser großen Krise, aus dieser Gesundheitskrise, gepaart mit Social Distancing, herauskommen, dann nehmen wir, glaube ich, auch ein bisschen etwas Positives mit. Das Positive ist, dass wir manche Formaltermine, manche formal­rechtlichen Erfordernisse vielleicht nicht mehr dadurch bewältigen müssen, dass wir in Vielzahl wohin reisen, viel Zeit aufwenden und viele Kilometer zurücklegen, sondern manche Dinge einfach im kurzen Weg digital per Videokonferenz erledigen können.

Das ist das, was wir mit diesem Gesetz jetzt in der Verlängerung ermöglichen und wo wir bei manchen Punkten darüber nachdenken werden müssen, ob wir es nicht irgend­wie ins Dauerrecht überführen – was wir mit einem Teil dieses Gesetzespaketes sehr wohl machen.

Wir ermöglichen Vereinen, ihre dringend notwendigen Jahreshauptversammlungen – und das war zu Beginn dieses Jahres doch eine große Frage – digital abzuhalten. Wir ermöglichen Versammlungen im Gesellschaftsrecht, die digital abgehalten werden können, bis hin – wir ändern dazu das Anwaltsberufsrecht – zu den Vollversammlungen der einzelnen Rechtsanwaltskammern, die ebenfalls so abgehalten werden können.

Ein aus meiner Sicht besonders bedeutender Punkt ist, dass wir vorbereitende Tag­satzungen bei Gerichten weiterhin digital abhalten können – das ist ein ganz entschei­dender Punkt, denn da fährt man oft 30, 40, 50 Kilometer zu einem Bezirksgericht für einen 15-Minuten-Termin, bei dem eigentlich nur zu dritt zwischen zwei Anwälten und dem Richter abgestimmt wird, wie das Verfahren läuft, welche Beweise aufgenommen werden und wann es stattfindet. Es ist ein besonders positiver Punkt dieser Novelle, dass das auch weiterhin möglich sein wird.

Ich verhehle nicht, dass ich die Skepsis jener, die meinen, dass Beweisaufnahmen dafür nicht unbedingt geeignet sind, teile. Der unmittelbare Eindruck eines zu vernehmenden Zeugen oder vorzulegende Urkunden werden das meiner Meinung nach verhindern. Ich darf aber jene, die Skepsis anmelden, bereits jetzt mit dem Hinweis trösten, dass die Richterinnen und Richter in diesem Land sehr gut wissen, was möglich ist, und es in der Praxis auch genau so umsetzen und vorher fragen, ob es digital abgeführt werden kann. Daher: In der Praxis kein Problem! Es findet nicht statt, wenn die Parteien damit nicht einverstanden sind.

Ich möchte auch aus anwaltlicher Sicht Ihnen, Frau Ministerin, und dem Hauptausschuss danken, dass wir es geschafft haben, die Pauschalabgeltung für die vielen Verfahrens­hilfen – 20 000 Fälle im Jahr –, die die Anwälte kostenlos für die Bevölkerung leisten, diese für die Pensionen verwendete Pauschalabgeltung, endlich über den Satz von


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 133

50 Prozent hinauszuheben, sodass sie künftig 21 Millionen Euro als Abgeltung erhalten werden.

Am Schluss meiner Rede, meine Damen und Herren, möchte ich mich der Reihe der Kolleginnen und Kollegen vor mir anschließen und auch einen Abänderungsantrag stel­len:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag. Agnes Sirkka-Prammer, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (587 der Beilagen) über den Initiativ­antrag (895/A): Bundesgesetz, mit dem das erste COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschafts­recht­liche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 3 Z 4 lautet der zweite Satz des § 4 Abs. 2:

„§ 1 sowie § 2 Abs. 1, 2 und 3 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2021, § 2 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2020 mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.“

*****

Meine Damen und Herren, ich hoffe es kennt sich jeder aus. – Danke für die Aufmerk­samkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Mag.a Agnes Sirkka Prammer

Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses (587 der Beilagen) über den Initiativantrag (895/A): Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

In Artikel 3 Z 4 lautet der zweite Satz des § 4 Abs. 2:

„§ 1 sowie § 2 Abs. 1, 2 und 3 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2021, § 2 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2020 mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.“

Begründung

Durch die Änderung soll klargestellt werden, dass § 2 Abs. 4 und 5 in der Fassung vor der Änderung durch das vorliegende Bundesgesetz mit Ende des Jahres außer Kraft


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 134

treten, während die neue Fassung des § 2 Abs. 4 mit 1. Jänner 2021 in Kraft tritt und in dieser Fassung mit 31. Dezember 2021 außer Kraft tritt.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Mag. Felix Eypeltauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.36.35

Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Ge­schätzte Frau Ministerin! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Die Fristerstreckungen, über die wir heute sprechen, betreffen auch das Thema der Mieten, und auch da erleben wir leider, dass in den Regierungsfraktionen nicht jenes Maß an Wirtschaftsverständnis vorherrscht, das wir brauchen würden. Ich möchte Ihnen an zwei Beispielen erklären, warum ich glaube, dass das so ist.

Mieter, die im ersten Lockdown ihre Miete nicht zahlen konnten, bekommen dafür länger Zeit. Das haben wir einstimmig beschlossen, und das ist auch wichtig so, denn es hilft Mieterinnen und Mietern, die die Krise besonders hart trifft, vorerst. Es gibt aber eine Sache, die – damals wie heute – weder ich noch Expertinnen und Experten noch Prak­tiker verstehen: Wieso verbieten die Regierungsfraktionen es Vermietern, die einen Miet­ausfall haben, in die Kaution zu greifen, wenn doch die lebensnahe Lösung so einfach wäre? Ich habe sie Ihnen vor ein paar Monaten erklärt, und ich mache es wieder, weil ich noch immer glaube, dass es richtig ist (Zwischenruf der Abg. Steinacker):

Der Vermieter bekommt Zugriff auf die Kaution – auf eigenes Risiko. Das spart dem Mieter im Übrigen auch 4 Prozent Zinsen, die er ansonsten irgendwann einmal berappen muss, spätestens dann, wenn die Frist ausläuft. So könnte ein Mietausfall unbürokratisch und ohne unnötige Kosten kompensiert werden.

Stattdessen aber liegen die Kautionen völlig ungenützt auf den Sparbüchern bei einer sehr geringen Verzinsung und werden von der Inflation aufgefressen. Auch das Argu­ment der Einklagbarkeit der Kaution, das das letzte Mal vorgebracht wurde, zieht ja nicht, denn wenn wir es als Gesetzgeber schaffen, die Einklagbarkeit von Mietzinsen temporär zu unterbinden, dann schaffen wir das natürlich genauso auch bei der Kaution. – Wie so oft ist es auch in diesem Fall: Jeder, der Wirtschaft versteht, hat kein Verständnis für das, was die Regierung da tut.

Ein zweiter Punkt, bei dem man sieht, dass es der Regierung im Bereich Wohnen einfach auch an Lebensnähe fehlt: Wir alle haben nach einer Lösung gesucht, wie befristete, ablaufende Mietverträge in den ersten Monaten der Krise weiterlaufen können. Das war wichtig, beim Räumungsaufschub gibt es aber überhaupt keine Differenzierung: Er hilft auch jenen Menschen, die eine Wohnung in arger Weise vernachlässigen, beschädigen oder die Hausgemeinschaft massiv zerstören. Genau dieses Verhalten schützen die Regierungsfraktionen! Das versteht kein Mieter, der auch weiterhin um 4 Uhr in der Früh Lärmbelästigungen erdulden muss oder der sich durch ein verdrecktes Stiegenhaus kämpfen muss. Das hilft auch keinem Mieter, es hilft keinem Vermieter, und da wäre es wirklich wichtig, dass man auch einmal mit Lösungskompetenz und mit Lebensnähe an die Dinge herangeht, anstatt nur mit Hochglanzmarketing und mit Pressekonferenzen. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

14.39


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr.in Alma Zadić. – Bitte schön.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 135

14.39.15

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte mich hier in aller Kürze zu den Tagesordnungspunkten 4 und 5 zu Wort melden. Das sind die Anträge der Abgeordneten Steinacker und Prammer, und es geht um die Verlängerungen ausgewählter Covid-Maßnahmen im Justizbereich.

In erster Linie geht es darum, Menschen zu helfen, aus dieser Krise zu kommen. Wir wissen, dass Corona auch wirtschaftliche Folgen für ganz, ganz viele Menschen – für Unternehmer wie für Verbraucher, für Klein- und Mittelbetriebe – hat, und da müssen wir uns tatsächlich Maßnahmen überlegen. Daher möchte ich Ihnen in aller Kürze einen Überblick über die Maßnahmen geben.

Vieles wurde schon genannt, ich möchte speziell auf das Wohnrecht eingehen, denn das war ja auch Thema in der Debatte.

Durch die Einkommensverluste können MieterInnen mit ihrer Miete unverschuldet in Verzug geraten sein. Jeder, der im Frühjahr seine Miete nicht zahlen konnte, hatte die Möglichkeit, diese bis Ende des Jahres nachzuzahlen. Da wir aber wissen, dass die Coronakrise länger dauert, als uns allen lieb ist, haben wir mit den vorliegenden Anträgen diese Möglichkeit bis zum 31. März 2021 verlängert. Das heißt, alle, die aufgrund der Coronakrise unverschuldet Mietrückstände aus dem Frühjahr haben, be­kom­men jetzt die Möglichkeit, diese über einen längeren Zeitraum zurückzuzahlen.

Nach wie vor gilt – und ich möchte da ein paar Meldungen zum Thema Kaution aufgreifen –: Selbstverständlich wäre es sinnwidrig, wenn wir jetzt sagen würden, dass die Vermieter automatisch auf die Kaution zugreifen können, denn das würde dazu führen, dass sofort eine Pflicht ausgerufen wird, diese Kaution wieder aufzufüllen. Das bedeutet, dass der Mieter de facto die Miete gleich nochmals zahlen muss. Wir würden mit diesem Gesetz dann eben keine Erleichterungen für die Mieter und die Mieterinnen schaffen, wenn wir diese einseitige Möglichkeit, die Kaution anzugreifen, jetzt ins Leben rufen. Es gibt aber sehr wohl eine Möglichkeit, auf die Kaution zuzugreifen, und zwar dann, wenn sich Mieter und Vermieter darauf einigen, dass der Rest oder eben der Mietrückstand aus der Kaution beglichen wird und damit nicht automatisch eine Auffüllpflicht entsteht. So ist es sehr wohl möglich, auf die Kaution zuzugreifen. Wie gesagt, das setzt aber eine Einigung voraus und darf keine Auffüllpflicht auslösen.

Darüber hinaus stehen im Antrag auch andere Maßnahmen, die ebenfalls relevant und wichtig sind, wie zum Beispiel die vereinfachte Einbringung von Unterhalts­vorschuss­anträgen. Die Verlängerung steht deswegen aktuell im Raum, weil es sich bewährt hat, dass man nicht erst ein Exekutionsverfahren führen muss, bevor man einen Unter­haltsvorschuss beantragt. Auch da haben wir die Gebührenbefreiung noch einmal verlängert, weil es wichtig ist, dass Frauen, Alleinerziehende, die einen Unterhalts­vor­schuss beantragen, das sehr einfach und unbürokratisch machen können.

Es gibt zwei Regelungen, die in diesem Paket vorgesehen sind, die wir ins Dauerrecht überführen, weil sie sich in der Praxis bewährt haben. Zum einen ist das die Möglichkeit zur Errichtung der elektronischen Notariatsakte und zur Vornahme bestimmter notarieller Amtshandlungen auch auf elektronischem Weg. Des Weiteren haben wir die Möglichkeit zur vereinfachten GmbH-Gründung über das Unternehmensserviceportal verlängert, weil wir gesehen haben, dass es sich bewährt hat, dass vereinfachte GmbH-Grün­dungen jetzt auch elektronisch durchgeführt werden können.

Bei den Mitgliedern des Justizausschusses möchte ich mich für die konstruktive Dis­kussion bedanken, die vergangene Woche stattgefunden hat, und bei den Beamten meines Hauses bedanke ich mich für die Ausarbeitung dieser Maßnahmen. Ich hoffe,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 136

die Maßnahmen finden auch Ihre Zustimmung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.44


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen der Tagesordnungspunkte 1 bis 5.

14.44.09Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 5


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 1 bis 5, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vor­nehme.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, frage ich die Klubs, ob eine Sitzungs­unterbrechung gewünscht ist. – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz, in 481 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinacker, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen und ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Yildirim, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters liegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Stefan sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Scherak vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen sowie von den Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 1 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Abgeordneten, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Yildirim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Art. 1 Z 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 8 Z 1 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Abgeordneten, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Yildirim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Art. 8 Z 2 eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 137

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur getrennten Abstimmung über Art. 8 Z 2 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 8 Z 4 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Art. 9 Z 1 bis 8 sowie 13 bis 19 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist wiederum einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Steinacker, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 9 Z 29 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 10 Z 1 und 6 des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Mandatare, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Steinacker, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Art. 10 Z 12 und 13 sowie Einfügung einer neuen Z 12a in Art. 10 eingebracht.

Jene Abgeordneten, die dafür sind, bitte ich um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein diesbezügliches Zeichen. – Mehrheitlich angenommen.

Nun kommen wir zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Begleitmaßnahmen zur tatsächlichen Wirksamkeit der Rechtsmittel bezüglich ‚Hass im Netz‘ für Kinder und Jugendliche“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Kommunikationsplattformen-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz geändert wird, in 509 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 138

Hiezu haben die Abgeordneten Himmelbauer, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Himmelbauer, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherkreditgesetz und das Hypothekar- und Immobi­lienkreditgesetz geändert werden, in 517 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Drobits, Dr. Marg­reiter, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Ing. Mag. Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen be­troffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ing. Mag. Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 5 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Drobits, Dr. Margreiter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 6 eingebracht.

Wer diesen Änderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minder­heit. Der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Ing. Mag. Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf Art. 1 Z 6 bezieht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abge­lehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 139

eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist ange­nommen.

Die Abgeordneten Mag. Drobits, Dr. Margreiter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mandatare, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das Gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz und die Rechtsanwaltsordnung geändert werden, in 587 der Beilagen.

Hierzu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Yildirim, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinacker, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen be­troffenen Teile – auch hier wieder der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Yildirim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Steinacker, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 140

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, das GmbH-Gesetz, das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz und das EIRAG geändert werden, in 588 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Becher, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Steinacker, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes fol­gend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Becher, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Art. 3 Z 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschuss­berichtes abstimmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Steinacker, Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 3, Einfügung neuer Ziffern 1a, 1b und 3a sowie Änderung der Ziffer 4 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Somit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

14.56.246. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (462 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (510 d.B.)


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7. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 968/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Presseförderungsgesetz 2004, das Publizistikförderungsgesetz 1984 und das ORF-Gesetz geändert werden (511 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 969/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Ver­waltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das Verwaltungsgerichtshof­ge­setz 1985 geändert werden (512 d.B.)

9. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bun­desverfassungsgesetzes, mit dem das COVID-19-Begleitgesetz Vergabe geändert wird (513 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 498/A der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b wider den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kon­sumentenschutz Rudolf Anschober (514 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 10 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden. Es sind dies Berichte sowie ein Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses.

Frau Bundesministerin, ich darf Ihnen für die kommenden Wochen alles Gute wünschen.

Hinsichtlich der einzelnen Ausschussberichte verweise ich auf die Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte schön, Herr Abge­ord­neter.


14.56.54

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich werde während meines Redebeitrages live einen Coronatest durchführen, damit Sie sehen, wie wertlos und fehlgeleitet diese Massentestungen sind. Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es aber nicht grundsätzlich um die Coronatests, sondern auch um die von uns Freiheitlichen eingebrachte Ministeranklage gegen Herrn Ge­sundheitsminister Anschober. Sehr geehrte Damen und Herren, im Zusammenhang mit der Ministeranklage sind Sie als Abgeordnete heute quasi die Geschworenen, links neben mir ist die Ministeranklagebank – auch wenn er nicht hier ist –, und die sehr geehrten Damen und Herren Zuseher zu Hause, die Österreicherinnen und Österreicher, sind die Zeugen.


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Bei dem, was man nämlich dem Gesundheitsminister, aber auch seinem Kumpanen, dem Kanzler, zur Last legen kann, ist die Beweislage erdrückend. Begonnen bei den absolut absurden Massentestungen, die zurzeit durchgeführt werden, die nichts anderes als eine groß angelegte Umverteilung von zig Millionen Euro Steuergeld von der Bevölkerung in Richtung Pharmaindustrie sind, bis hin zur Einschränkung und zum Ausverkauf unserer Freiheitsrechte, kann es so nicht weitergehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, da bin ich auch schon bei den Massentestungen. Ich habe einen Test direkt aus einem Ministerium mitgebracht, mit dem auch die Massen­tests durchgeführt werden, und für den „Patienten“ – unter Anführungszeichen – han­delsübliches Cola. Ich darf jetzt den Test insofern durchführen, als ich Cola nehme und auf den Testkit, den Sie auch für den Massentest verwenden, auftrage. (Der Redner träufelt mittels Wattestäbchen einige Tropfen einer braunen Flüssigkeit aus einem Glas auf einen Covid-19-Antigentest. – Ruf bei der ÖVP: So ein Blödsinn!) – Ja, dieser Test, den Sie mit Steuergeld angekauft haben – mit mehr Steuergeld, als nötig gewesen wäre, um die Hacklerpension aufrechtzuerhalten –, ist ein Blödsinn. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie wertlos dieser Test ist, werden wir am Ende meiner Rede sehen, wenn das Ergebnis vorliegt, sehr geehrte Damen und Herren. Sie sprechen von Blödsinn, bezahlen tut das die Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber weiter im Text: Nicht nur, dass Sie hier eine groß angelegte Umverteilung vom Steuer­zahler in Richtung Pharmaindustrie und Co anstreben, durch Ihren unstrukturier­ten Lockdown haben Sie Firmenpleiten, eine Wirtschaftskrise und eine Sozialkrise aus­gelöst. Sie haben Existenzen zerstört, von Familienunternehmen bis hin zu betroffenen Arbeitslosen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sehr geehrte Damen und Herren! Sie nehmen unseren Kindern die Bildung, das haben wir heute schon gehört, und Sie zwingen unsere Kinder, Masken zu tragen, obwohl wir mittlerweile wissen, dass die Masken in den Schulen überhaupt nichts bringen! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie behandeln unzählige Patienten nicht mehr und produzieren somit einen Gesund­heitsnotstand, der teilweise schlimmere Auswirkungen hat als das Virus selbst. Versagt haben Sie bis jetzt bei der Aufstockung der Bettenkapazitäten und des Personals, um der Krise entgegenzuwirken – noch nicht einmal begonnen haben Sie damit!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben unser Land in eine Diktatur light geführt und eine solche errichtet, Sie haben den Österreicherinnen und Österreichern Grundrechte genommen! (Zwischenruf des Abg. Gerstl, der wiederholt den rechten Arm hebt. – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.) – Sie haben recht, Herr Kollege von der ÖVP, das ist unglaublich! Den Österreicherinnen und Österreichern haben Sie Freiheitsrechte genommen: die Freiheit, sich frei zu bewegen, die Freiheit, Familie und Freunde zu sehen, aber auch die Meinungsfreiheit. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Meinungsfreiheit haben sie den Menschen insofern genommen, als, wenn jemand Ihren Maßnahmen – zu Recht – kritisch gegenübersteht, Sie die Bürger, die Österreiche­rinnen und Österreicher verächtlich machen! Sie denunzieren die Bevölkerung als Covidioten, als Gefährder, als Aluhutträger, wenn man zum Beispiel die Fragwürdigkeit Ihrer Tests anspricht und die Korrektheit Ihrer Tests infrage stellt. (Ruf bei der ÖVP: Zur Sache! – Abg. Hörl: Da schämt sich sogar der Hofer!)

Konkret hat der Gesundheitsminister auch den ihm anvertrauten Rahmen seiner Mög­lichkeiten in rechtswidriger Weise schuldhaft überschritten, indem er Verordnungen er­lassen hat, die gesetzlich nicht gedeckt waren, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Opfer und Geschädigten Ihres Verhaltens sind die Österreicherinnen und Öster­reicher: vernichtete Existenzen, gescholtene Kinder, zerstörte Firmen und Arbeitslose –


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eine Krise, die Sie herbeigeführt haben, die ihresgleichen sucht. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Sehr geehrte Damen und Herren, mittlerweile liegt auch das Testergebnis Ihrer Steuer­geldverschwendung vor. (Der Redner hält den Covid-19-Antigentest in die Höhe.) Ich darf sagen: Herr Präsident, wir dürften jetzt ein Problem haben, denn wir haben einen positiven Coronatest im Parlament – dieses Cola (auf das am Rednerpult stehende Glas mit brauner Flüssigkeit zeigend) hat nämlich einen positiven Coronatest ausgelöst. (Ruf bei der ÖVP: Du hast ein Problem!)

Ich weiß jetzt nicht, wie Sie damit umgehen, aber, sehr geehrte Damen und Herren: Mit solchen Dingen werfen Sie zig Millionen Euro Steuergeld aus dem Fenster, anstatt für echten Schutz der Alten- und Pflegeheime zu sorgen, anstatt endlich Geld in unsere Krankenhäuser zu investieren und den Gesundheitsbereich nicht finanziell auszu­hun­gern.

Sehr geehrte Damen und Herren Regierungsmitglieder, Sie haben das Vertrauen der Menschen absolut verwirkt, Sie haben gezeigt, dass Sie unser Land nicht durch diese Krise führen können, sondern unser Land ausschließlich gegen die Wand fahren. Allein dieser Test zeigt ja, wie lächerlich Ihre Maßnahmen und Ihre Politik mittlerweile sind – bezahlen muss sie der österreichische Steuerzahler. Wenn Sie auch nur ein bisschen Rückgrat haben, sehr geehrte Damen und Herren, dann treten Sie geschlossen zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

15.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Melchior. – Bitte.


15.03.11

Abgeordneter Alexander Melchior (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich ja zur AVMD-Richtlinie sprechen, möchte jetzt aber noch etwas zu Kollegen Schnedlitz von den Freiheitlichen sagen: Ich verstehe echt nicht, was du da machst – ich hatte die ganze Zeit die Hoffnung, dass das kein Cola ist, sondern Bacardi Cola, das hätte irgendwie dein Verhalten entschuldigt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich kann aber eines absolut nicht verstehen: Die Freiheitliche Partei hat von Anfang an nichts dazu beigetragen, die Situation, die wir im Moment haben, auch nur im Entfern­testen zu verbessern – und jetzt redest du auch noch die Tests schlecht und redest die Maßnahmen schlecht. Haltet euch halt irgendwann einmal an die Maßnahmen, dann würde es um einiges besser gehen! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ihr habt große Panik, dass Neuwahlen kommen werden und macht sogar Aussendungen dazu. (Abg. Belakowitsch: Wo? Wo ist eine Aussendung?) – Ich sage euch eines: Ihr könnt euch ruhig entspannen, es wird keine Neuwahlen geben! Wir sind für die Öster­reicherinnen und Österreicher da, wir setzen uns ein, wir schauen, dass Maßnahmen gesetzt und eingehalten, dass Menschenleben gerettet werden – es wäre total super, wenn ihr auch einmal einsteigen würdet! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hafenecker: Keiner hat die Absicht, Neuwahlen auszurufen! – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Eigentlich geht es aber um die AVMD-Richtlinie – ein wirklich sehr sinnvolles Anliegen –, die wir heute auf den Weg bringen. Jeder kann sich erinnern, wie es früher war: Da hat es FS1 und FS2 gegeben, und man hat sich entscheiden können, ob man sich „Wetten, dass..?“ anschaut oder nicht. Wenn das nicht der Fall war, hat man irgendwann am Abend die Bundeshymne gehört, anschließend gab es das Testbild und es war vorbei. Mittlerweile gibt es eine ganz andere Situation, es gibt zig Privatsender, es gibt Streamingdienste en masse, und für diese braucht es einen Rahmen, und es braucht


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Wettbewerbsfähigkeit. Um diese sicherzustellen, sind da einige Dinge auf den Weg gebracht worden.

Ein paar Punkte möchte ich herausstreichen. Da geht es etwa um das Thema Barriere­freiheit, darum, dass die Fernsehanstalten aufgefordert werden, Maßnahmen zu setzen, um die Barrierefreiheit auszubauen. Der ORF wird sogar verpflichtet, den prozentuellen Anteil barrierefreier Inhalte jedes Jahr zu steigern. Das sind einige wichtige Maßnahmen, davon bin ich überzeugt. (Ruf bei der FPÖ: Da wünscht ihr euch gleich wieder den Nehammer her, oder?)

Der zweite Punkt, der auch von Bedeutung ist, betrifft das Thema Jugendschutz. Da geht es darum, sicherzustellen, dass gewisse Inhalte, die über Streamingdienste verfügbar sind, für Minderjährige nicht zugänglich sind. Darüber hinaus kommt ein Beschwerde­system, mit dem sichergestellt wird, dass man auf diesen Plattformen rechtswidrige Inhalte oder Ähnliches rasch melden kann.

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz, ganz herzlich bei unserem Koalitionspartner bedanken: Danke für die guten Verhandlungen diesbezüglich. Ich freue mich, wenn diese Richtlinie zur Umsetzung kommt! – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Abgeordnete Fürst. – Bitte.


15.06.31

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß nicht, wer Ihnen erzählt hat, dass wir Neu­wahlen wollen würden – nein, sicher nicht! Das, was ihr da jetzt angerichtet habt, das müsst ihr schon selber ausbaden, ihr bleibt jetzt schön im Amt! (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Vorwurf, dass wir nicht bei allen Maßnahmen mittun würden: Wir tun bei allem mit, was vorgeschrieben ist – wir müssen uns daran halten –, vor allem bei jenen Dingen, die vernünftig sind. Wir waren aber in den Familien immer schon vernünftig, wir haben be­treffend Infektionskrankheiten immer mit Eigenverantwortung gehandelt und diese auch überlebt, auch unsere Kinder. Ich meine, Sie müssten halt auf Wirksamkeit und Recht­mäßigkeit der Maßnahmen Rücksicht nehmen und diese nachweisen, und das tun Sie nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Dass Sie sich hier über die Massentests und diesen Versuch alterieren – na bitte: 566 000 Menschen haben bisher teilgenommen, davon sind 2 000 beim ersten Test positiv. Gut die Hälfte war falsch positiv, das heißt, Sie haben da ein paar Hundert Leute aus dem Verkehr gezogen, wie Sie das bezeichnen. Das ist eben die vollkommen falsche Strategie, dieser Versuch des Ausmerzens der Infektionskrankheit, das funk­tioniert nicht – wir müssen mit dem Virus leben, wie wir schon gelernt haben, mit ver­schiedenen anderen Infektionskrankheiten und Viren zu leben! (Beifall bei der FPÖ.)

Im Übrigen, und um zum Tagesordnungspunkt der Ministeranklage zu kommen: Das Ganze ist eben auch verfassungsrechtlich nicht in Ordnung, denn man darf nur ver­hält­nismäßige, sachlich gerechtfertigte Maßnahmen setzen, deren Wirksamkeit dann bitte auch bewiesen wird – das alles ist bisher noch nicht geliefert worden!

Der Anlassfall für die Ministeranklage war das generelle Betretungsverbot öffentlicher Orte per Verordnung des Gesundheitsministers im Frühjahr. Das war gesetzlich nicht gedeckt, war rechtswidrig, das ist die objektive Tatseite. Da ist es ja nicht um nichts gegangen, ich meine, da sind Menschen eingesperrt worden – nämlich wir alle –, da haben Menschen ihren Arbeitsplatz verloren, haben wesentliche Einkommenseinbußen erlitten, und Kinder sind nicht in die Schule gegangen. Das war rechtswidrig.


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Bei der subjektiven Tatseite geht es um einen Vorsatz, um die Schuld. Ich nehme einmal an, dass der Gesundheitsminister es zumindest fahrlässig in Kauf genommen hat, dass das eine rechtswidrige Maßnahme ist – denn die Alternative wäre, dass er es nicht verstanden hat, dass er mit der Verordnung das Gesetz überschreitet, und das wäre jetzt noch weniger schmeichelhaft. Das ist also das Erste, es gab eine rechtswidrige, schuld­hafte Maßnahme.

Danach kam der Ostererlass, der wurde zurückgezogen und ist mittlerweile Geschichte. Man hat aber die Absicht bemerkt und ist darüber verstimmt, denn da sollten überhaupt ohne jede gesetzliche Grundlage – nicht nur in Überschreitung dieser, sondern ohne gesetzliche Grundlage – die privaten Zusammenkünfte geregelt werden, und das noch dazu intransparent per Erlass. Auch da ist es wieder schmeichelhafter für den Ge­sundheitsminister, denke ich, wenn man sagt, er hat es in Kauf genommen und gewusst, dass das rechtswidrig ist, denn sonst hätte er es nicht verstanden. Also ich möchte damit nicht leben.

Im Sommer sind dann die VfGH-Erkenntnisse gekommen, viele Maßnahmen sind aufgehoben worden. Es müsste nun jeder in der Bundesregierung – auch der Gesund­heitsminister – wissen, wie man verfassungskonform vorgeht. Man muss die rechtlichen Grundlagen klar, konkret und mit ausreichender Bestimmung formulieren und es muss nachvollziehbar sein, wann die Maßnahmen greifen, wann die Grundrechtseingriffe beginnen. Das Ganze muss zeitlich, persönlich und sachlich auf die allernotwendigsten Fälle beschränkt werden, es muss tagtäglich überprüft werden und auch sofort wieder aufgehoben werden, wenn es nicht notwendig ist.

Die nachhaltige Wirksamkeit muss nachgewiesen werden; das ist momentan besonders interessant, weil das nun im Herbst schon der zweite Lockdown ist. Ist diese Maßnahme nachhaltig wirksam? Es braucht auch eine Interessenabwägung, man kann den Fokus nicht nur auf das Coronavirus, nur auf das Krankenbett, nur auf das Intensivbett richten, wenn sich rundherum rechts und links schon die Kollateralschäden türmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Grund, warum wir hier über diese Ministeranklage reden, ist nicht nur Oppositions­getöse, sondern es geht ja weiter, es ist ein Dauerdelikt, dass man da so rechtswidrig vorgeht. Wir haben inzwischen die COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, den zweiten allgemeinen Lockdown, wir haben eine gesetzliche Grundlage, das heißt aber nicht, dass es rechtmäßig ist, denn es braucht die sachliche Rechtfertigung, die Verhältnis­mäßigkeit und die Wirksamkeit.

Dazu möchte ich Ihnen schon etwas sagen: Der Herr Gesundheitsminister ist nicht da, er ist so wie ich aus Oberösterreich, und ich habe mir dort die vierte Novemberwoche angesehen: leider 133 Verstorbene, bei denen am Totenschein sozusagen Corona drauf­steht. Zur Lebenserwartung, das ist wieder tröstlich, ist zu sagen, das durch­schnitt­liche Sterbealter lag bei 81,8 Jahren, und damit sogar ein bisschen über der sonstigen Lebenserwartung. 131 von den 133 hatten Vorerkrankungen – daraus kann man schon ein bisschen sehen, für wen das Coronavirus wirklich gefährlich ist. Ein Großteil stammt aus den Alters- und Pflegeheimen, Infizierte gelangten von dort dann ins Krankenhaus und haben natürlich auch Intensivbetten benötigt. Da denkt man schon: Wenn wirklich nur alte Leute betroffen sind, wenn die größte Risikogruppe, wie wir mittlerweile wissen, aus den Alters- und Pflegeheimen kommt und Sie es in neun Monaten nicht geschafft haben, diese Risikogruppe zu schützen, dann ist aber der Lockdown für alle leider eben­falls unverhältnismäßig, denn diese Menschen waren bitte nie auf der Straße.

Es ist also sozusagen ein Dauerdelikt, und daher beharren wir auf der Ministeranklage. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.12



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 146

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Drobits. – Bitte.


15.12.36

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf seitens meiner Fraktion zu den Tagesordnungspunkten 6 bis 10 kurz Position beziehen.

Anfangen möchte ich mit Punkt 10, der Ministeranklage. Ich denke, es ist richtig, dass man politische und rechtliche Verantwortlichkeit einfordert, es ist auch richtig, dass man Aufklärung verlangt, nur, was den Zeitpunkt betrifft, unterscheiden sich unsere Meinun­gen, Herr Kollege Schnedlitz. Ich bin der Meinung, dass es richtig und klar ist, dass man nach der Bekämpfung der Pandemie die Verantwortlichkeit klärt. Deshalb finden wir, meine Fraktion, dass momentan nicht der richtige Zeitpunkt für Ministeranklagen ist. Daher haben wir auch diesem negativen Ausschussbericht in der Form zugestimmt. Wir meinen zwar wie Sie, dass Aufklärung notwendig ist – aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt.

Hinsichtlich der parlamentarischen Zusammenarbeit: Man sieht bei den Tagesordnungs­punkten 7 bis 9, dass es wichtig ist, Covid-Maßnahmen zu verlängern. Wir brauchen das, wir brauchen diese Covid-Maßnahmen, es muss gearbeitet werden. Insbesondere angesichts der Zweidrittelmehrheit, die heute für diese Verfassungsgesetze erforderlich ist, in denen es um Kommunikationsmöglichkeiten für Verfassungsgerichtshof und Ver­waltungsgerichtshof geht, denke ich, dass wir zusammenarbeiten müssen, zusammen­halten müssen und diese Gesetze auch beschließen müssen, weil sie wichtig sind, damit auch diese wichtigen Instrumente der parlamentarischen Demokratie weiterarbeiten können.

Genauso wichtig ist auch Tagesordnungspunkt 9: dass wir im Vergabegesetz gewisse Möglichkeiten geben und integrieren; das war zeitlich nicht gewährt. Der Verwaltungs­gerichtshof hat nunmehr die Möglichkeit, auf Dauer die Tätigkeiten im Sinne dieser Kommunikation durchzuführen; das wird den Bestimmungen des Verfassungsgerichts­hofes angepasst.

Abschließend zu Tagesordnungspunkt 6, bei dem es um die Umsetzung der EU-Richt­linie für audiovisuelle Kommunikation geht. Da haben wir eine Ablehnung ausge­sprochen, und zwar aus folgenden Gründen: weil wir der Meinung sind, dass diese Richtlinie zu wenig ausgenutzt worden ist, dass diese Richtlinie gerade im Bereich des Konsumen­tenschutzes, wenn es um unsere jungen Konsumentinnen und Konsumenten geht, zu wenig ausgenutzt wird und im Prinzip auch die Kinder und Jugendlichen zu wenig schützt.

Wir glauben auch, dass die Barrierefreiheit, die ja in der UN-Behinderten­rechtskon­ven­tion vorgeschrieben ist, nicht entsprechend umgesetzt wird – und auch zu wenig ist.

Und auch was das Gesetz zu Hass im Netz, das wir heute beschließen, betrifft, sind wir der Meinung, dass da zu wenig drin ist und Verbesserungsbedarf besteht.

Deshalb haben wir diesem Tagesordnungspunkt im Ausschuss eine Ablehnung ausge­sprochen. Die Positionen zu den Tagesordnungspunkten 6 bis 10 sind somit klar. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

15.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.


15.15.47

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Bevor ich zu audiovisuellen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 147

Medien komme, schon noch ein Wort an Frau Kollegin Fürst, die sagt, wir müssen mit dem Virus leben: So, wie Sie agieren, werden wir mit dem Virus sterben! Das ist das Problem. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Zanger.) Würden Sie ein bisschen Vernunft annehmen, wäre das gescheit (Heiterkeit der Abg. Fürst), denn dann brauchten wir nicht mit dem Virus zu sterben. (Abg. Amesbauer: Frechheit!) Also nehmt euch irgendwie einmal bei der eigenen Nase (Zwischenruf des Abg. Stefan) und überlegt, was für einen Blödsinn ihr da macht. (Abg. Hafenecker: ... die Masken einmal gescheit auf!)

Aber nun zum Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, zu dem ich eigentlich sprechen will: Kollege Melchior hat es schon angesprochen, und ich möchte auch an dieser Stelle sagen, dass da ja die Basis, um die es gegangen ist, die Umsetzung einer Richtlinie war. Wir haben gemeinsam über einen doch beträchtlichen Zeitraum hinweg, auch unter Einbindung vieler Stellungnahmen in der Begutachtung, einen Weg zwischen einerseits dem Vorwurf des Gold Plating und andererseits dem ausschließlichen Eins-zu-eins-Umsetzen der Richtlinie gefunden. Mein Vorredner hat gesagt: zu wenig, zu wenig, zu wenig! – Ich weiß schon, der SPÖ ist es immer zu wenig, aber ihr habt lange Zeit gehabt, etwas zu machen, und gerade was Barrierefreiheit betrifft, habt ihr nichts gemacht. Wir haben etwas gemacht, und das ist wesentlich mehr, als in der Richtlinie vorgesehen ist.

Die Barrierefreiheit ist ein ganz zentraler Bereich und betrifft eben alle audiovisuellen Medien, insbesondere eben auch Videosharingplattformen und alles, was sozusagen in diesem Bereich angeboten wird. Andererseits haben wir uns aber bemüht, kleinere Medienunternehmen, die sozusagen vor allem im Kunst- und Kulturbereich agieren und all diese Dinge nicht wirklich umsetzen können, weil sie einfach zu wenig Geld haben oder zu klein sind, oder den Fußballverein, der einmal die Jugendmeisterschaft filmt, von diesen Regelungen weitgehend auszunehmen.

Was für uns auch ein ganz wichtiger Punkt ist, ist die Erhöhung der europäischen Formate, was Film und andere Erzeugnisse betrifft. Auch bei Netflix müssen also in Zukunft 30 Prozent der Produkte europäische Produktionen sein. Ich glaube, das ist ein Beginn dessen, dass der europäische Film- und Fernsehsektor, sage ich jetzt einmal, im Produktionsbereich gestärkt wird.

Barrierefreiheit habe ich schon erwähnt. Ein weiterer Bereich, der in dieser Umsetzung der Richtlinie zentral ist, ist die einfache Sprache. Da geht es darum, dass es verständ­liche, einfache Sprache ist, für diejenigen, die vielleicht nicht so mit dem Sprachlichen mitkönnen, das leider sehr oft verwendet wird. Das ist gerade bei Ereignissen wie dem Terroranschlag am 2. November ganz zentral, dass es auch in diesem Bereich schnelle Informationen gibt.

Vielleicht als Abschluss: Ein weiterer Bereich ist die ganze Frage der Werbung und Promotion für zu fetthaltige und zu süße Nahrungsmittel, insbesondere vor Kindersen­dungen. Auch da wird es eine Einschränkung geben.

Wie gesagt, wir haben zwischen den Konsumentinnen und Konsumenten auf der einen und der Wirtschaft auf der anderen Seite einen, wie ich finde, goldenen Mittelweg gefunden, und ich freue mich, dass wir dieses Gesetz beschließen werden.

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Jeitler-Cincelli.)

15.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesminister Edtstadler ist zu Wort gemel­det. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 148

15.19.41

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte zunächst zu TOP 6, zur AVMD-Richtlinie, Stel­lung nehmen und auch anführen, dass ich heute in dieser Funktion den Bundeskanzler im Hohen Haus vertreten darf. Er war gemeinsam mit mir im Verfassungsausschuss, als es um diesen Punkt gegangen ist. Er kann leider nicht an dieser Sitzung teilnehmen – und auch das sei ganz explizit gesagt, weil im Rahmen der Aktuellen Stunde einmal die Frage angesprochen worden ist, warum er nicht da ist –, weil er nämlich heute in der Früh nach Brüssel geflogen ist. Dort findet heute – heute und morgen aller Voraussicht nach – der Europäische Rat statt und es steht eine ganze Reihe von sehr, sehr wichtigen Entscheidungen an, bei denen es auch darum geht, wie wir uns in Europa weiterent­wickeln.

Da passt die AVMD-Richtlinie gut dazu. Das ist nämlich ein Lehrbeispiel dafür, wie man in Europa gemeinsam vorgehen kann. Das betrifft jetzt außerdem genau das, was bei den Tagesordnungspunkten zu Hass im Netz und zum Kommunikationsplattformen-Ge­setz von einigen kritisiert worden ist: dass wir da nicht auf die europäische Richtlinie oder Verordnung warten. In diesem Fall ist es eine EU-Richtlinie, die wir umsetzen, und zwar setzen wir sie als einer der ersten Mitgliedstaaten um. Ich weiß schon, dass es relativ spät ist, wenn man die Umsetzungsfrist miteinbezieht, aber nur Dänemark und Schwe­den haben bisher Umsetzungen vorgenommen.

Ich darf auch noch eines hinzufügen: Der Umstand, dass im Kommunikations­platt­formen-Gesetz Bestimmungen zu Videos nicht enthalten sind, ist darauf zurückzuführen, dass es in der AVMD-Richtlinie um Videosharingplattformen geht, und genau deshalb haben wir sie nicht ins Kommunikationsplattformen-Gesetz hineingegeben.

Inhaltlich ist schon sehr vieles gesagt worden. Ich darf auf das verweisen, was Abge­ordneter und Generalsekretär Axel Melchior und jetzt auch Abgeordnete Blimlinger dazu gesagt haben. Es geht darum, barrierefreien Zugang zu schaffen, es geht darum, die Medienvielfalt in Österreich aufrechtzuerhalten, ja, es geht auch um die Ausweitung der Jugendschutzbestimmungen.

Ich denke, das ist etwas, das gerade bei der Umsetzung von Richtlinien immer in einer sehr ausbalancierten Art und Weise gemacht werden sollte. Wir wollen kein Gold Plating, sondern wir wollen die Richtlinie so umsetzen, dass wir natürlich genau diese Vorgaben und diese vereinbarten europäischen Ziele auch gut erreichen können.

Zu TOP 7 und 8: Wenn es darum geht, Covid-Maßnahmen zu verlängern, möchte ich auch nur ein paar Eckpunkte festhalten. Wir alle haben gehofft, als wir sie im März vor­gelegt haben, als auch Sie sie im Frühling hier im Hohen Haus in großer Einigkeit beschlossen haben, dass gegen Ende des Jahres die Pandemie überstanden ist. Das ist nicht der Fall, und wenn Sie sich in Europa umschauen, dann sehen Sie, dass alle Staaten der Europäischen Union mitten in der zweiten Welle sind und dagegen ankämpfen. Deshalb ist es wichtig, dass diese Maßnahmen verlängert werden, aber dass es auch eine Sunsetclause gibt, also dass es einen Zeitpunkt gibt, zu dem sie wieder außer Kraft treten.

Von Abgeordnetem Drobits ist angesprochen worden, dass es heute eine Zweidrittel­mehrheit braucht, denn es geht auch um Dinge, die in der Bundesverfassung festgelegt sind, so zum Beispiel die Möglichkeit, im Ministerrat auch mit Videokonferenzen Be­schlüsse zu fassen, was gerade in Zeiten der Pandemie lebensrettend sein kann und auch notwendig ist, um in Kontakt zu bleiben. Deshalb möchte ich mich explizit an dieser Stelle auch schon jetzt, im Voraus, und in der Hoffnung, dass es auch so passiert, dafür bedanken, dass Sie das mit großer Mehrheit mittragen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 149

Es gibt aber auch ein paar Dinge, die ins Dauerrecht übernommen werden sollen, und zwar wird auf Bitte des Verwaltungsgerichtshofes hin heute ein Abänderungsantrag eingebracht werden, damit manche Dinge im Falle besonderer, außerordentlicher Verhältnisse dann auch tatsächlich in Form von Videokonferenzen beschlossen werden können, und – auch das ist in einer lebendigen Demokratie so – wir beseitigen einige Unsicherheiten, nämlich wenn es zum Beispiel darum geht, Präsenzquoren für die An­wesenheit bei Abstimmungen in dieser Form festzuhalten. Insgesamt sind das Maßnah­men, die notwendig sind.

Wir haben wirklich guten Grund, uns bei der Verwaltung und auch der Justiz – ich darf auch betreffend einen Punkt die Frau Justizministerin hier formell vertreten – zu bedan­ken, dass trotz dieser außergewöhnlichen Umstände alles so gut weitergegangen ist, die Republik funktioniert hat, die Verwaltung und die Justiz weitergearbeitet haben.

Wir und Sie als Repräsentanten des Souveräns, des Staates haben alles dazu bei­getragen, um die Rahmenbedingungen entsprechend auf den Weg zu bringen. Vielen Dank auch von dieser Stelle aus an alle, die weitergearbeitet haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Brandstötter ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.24.41

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger daheim vor den Bildschirmen, vor allem Sie daheim vor den Bildschirmen! Es geht aktuell darum, ob Sie auch in Zukunft in Österreich Qualitätsmedien konsumieren können, die kritisch und unabhängig recherchieren und berichten. Das ist nämlich nicht nach dem Gusto unserer Regierung.

In unserem Nachbarland Ungarn hat Ministerpräsident Orbán die Medien drangsaliert. Er hat das sehr offensichtlich gemacht, hat dadurch auch offenen Widerstand erzeugt, viel Reibung erzeugt und auch ein Schlaglicht darauf geworfen. Er war erfolgreich, aber noch erfolgreicher wird Sebastian Kurz sein. Der macht das viel smarter, er kauft sich die Medien einfach.

Schon bisher war das Inseratenvolumen allein der Bundesregierung in Nichtkrisenzeiten mit 20 Millionen Euro deutlich höher als in Deutschland. Die deutsche Regierung – Deutschland ist dann doch zehnmal so groß wie Österreich – kommt nämlich mit 15 Millionen Euro pro Jahr in Nichtkrisenzeiten aus, um ihre Bürgerinnen und Bürger zu informieren. (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Hier denkt man sich: Warum denn nicht klotzen? – Man hat einfach gleich zwei Ausschreibungen an den Start geschickt. Gesucht wird zum einen eine Kreativagentur für die kommenden vier Jahre, die für 30 Millionen Euro diverse Dinge, Kreativleistungen – dazu gehören Logos, vielleicht ein lustiges Maskottchen –, entwickelt, um das Beste aus beiden Welten zu kommunizieren.

Weil man der Menschheit ja auch über seine fantastischen Ideen berichten muss, hat man eine zweite Ausschreibung am Start. Diese umfasst ebenfalls vier Jahre. Gesucht werden in diesem Fall drei Leadagenturen, um für – bitte festhalten! – 180 Millionen Euro Inserate, Banner und Plakate zu gestalten. (Beifall bei den NEOS.)

180 Millionen Euro werden in den nächsten vier Jahren verjuxt und verjubelt, um Inserate und Ähnliches zu buchen. Das sind pro Jahr 45 Millionen Euro. Wir werden also in Zukunft pro Jahr mit Regierungswerbung um 45 Millionen Euro beglückt. Damit ist diese Regierung der größte Werbekunde, den Österreich je gesehen hat. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 150

Ich habe mir einmal ausgemalt, wie man sich das Leben von Herrn und Frau Österreicher dann in Zukunft in dieser schönen neuen Kommunikationswelt vorstellen kann. Gemein­sam mit Mediaplanungsexperten habe ich einen Mediaplan erstellt – den stelle ich Ihnen (in Richtung ÖVP) auch gerne zur Verfügung; da ersparen Sie sich wieder ein paar Millionen Euro – und habe gefragt: Was bekommt man denn für dieses Geld?

Sie bekommen unter anderem pro Woche 1 176 Fernsehspots zu je 30 Sekunden, ge­recht verteilt zwischen ORF und Privaten. 1 176 Spots, das sind knapp 36 000 Sekun­den, das sind 10 Stunden Werbespots pro Woche. Da sind aber die täglich bis zu vier Pressekonferenzen mit Liveübertragungen noch nicht eingerechnet.

Die Regierung kann sich zusätzlich auch jede Woche 60 ganzseitige Inserate in Tages­zeitungen kaufen. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie viele Tageszeitungen es eigentlich in Österreich gibt. Da muss man den Begriff überregional schon sehr groß­zügig aus­legen, damit jede Tageszeitung dann nur eine Regierungsseite pro Woche enthält. Sie können außerdem Österreich flächendeckend mit einer immerwährenden Plakatkam­pagne überziehen, alle zwei Wochen neu an 3 500 Standorten im ganzen Land. Hinzu kommen dann auch noch Radiowerbung, Werbung in sozialen Netzwerken und natürlich in der Google-Suche.

Sie müssen sich also schon richtig anstrengen, um dieses viele Geld auszugeben. Da fragt man sich natürlich: Wozu? Wozu diese ganze Propaganda? Was und wen wollen Sie denn eigentlich kontrollieren?

Das reicht Ihnen aber nicht. Sie schaffen ja auch ein Konstrukt, damit wir als parla­mentarische Opposition nicht nachvollziehen können, wie viel Geld eigentlich wohin fließt. Öffentlich sind nämlich nur die Aufträge an die sogenannten Leadagenturen. Was die dann mit dem Geld machen, an wen sie Aufträge weitervergeben, das entzieht sich jeder parlamentarischen Kontrolle und das ist empörend. (Beifall bei den NEOS.)

Ich weiß auch, warum Sie das tun. Bei den vielen Anfragen, die ich zu diesen Themen gemacht habe, hat sich erstaunlicherweise immer wieder herausgestellt, dass es Men­schen aus dem ÖVP-Umfeld waren, die Aufträge erhalten haben, oft auch Aufträge, für die sie völlig unqualifiziert sind. Da macht ein Strategieberatungsunternehmen plötzlich Grafik, ein parteinaher Werber ist plötzlich Nachhaltigkeitsexperte und kriegt dafür Auf­träge. (Abg. Hörl: ... einen Baldrian!) Mit Ihrem unverschämten Werbebudget schwächen Sie die Medienlandschaft in Österreich, statt vernünftige Medienpolitik zu betreiben.

Das ist jetzt auch der Lackmustest für die Grünen. Seid ihr Teil dieser Propaganda­ma­schine oder nicht? Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dras­ti­sche Reduzierung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenverträge Mediaagenturleistungen Bund und Kreativagenturleistungen Bund“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Volumen der Rahmenverträge Media­agentur­leistungen Bund (Geschäftszahl 5202.03733) und Kreativagenturleistungen Bund (Geschäftszahl 5202.03685) drastisch zu beschränken, anstatt die festgesetzten 210 Millionen Euro an Steuergeld für Regierungs-Kommunikation zu verschwenden.“

*****

Danke. (Beifall bei den NEOS.)

15.30


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 151

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

betreffend drastische Reduzierung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenverträge Mediaagenturleistungen Bund und Kreativagenturleistungen Bund

eingebracht im Zuge der Debatte in der 69. Sitzung des Nationalrats über Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden (510 d.B.) – TOP 6

Die Regierung hat am 02.11.2020 über die BBG Rahmenverträge über 180 Millionen für vier Jahre für Mediaagenturleistungen Bund (Geschäftszahl 5202.03733) sowie 30 Millionen für vier Jahre für Kreativagenturleistungen Bund (GZ: 5202.03685) ausge­schrieben. Das bedeutet: Die Regierung plant von 2021 bis 2024 über 52 Millionen Euro an Steuergeld pro Jahr für Öffentlichkeitsarbeit, PR, Inserate und Agenturleistungen auszugeben. Das sind 1 Millionen Euro pro Woche. Es lässt sich nicht nachvollziehen, welche Kreativleistungen in der Höhe von 7,5 Millionen Euro pro Jahr von der Regierung noch zugekauft werden müssen. Das sind Budgets, die beispielsweise viele inter­natio­nale Filmproduktionen in den Schatten stellen. Zum Vergleich: Der Film „Liebe“ von Michael Haneke, der u.a. eine Goldene Palme in Cannes gewonnen hat, hatte ein Budget von ca. 7,3 Millionen Euro. Das unterstreicht die absurd hohe Summe die aus­gegeben werden soll, um die Bevölkerung über die eigene Arbeit zu informieren. Das Problem ist überdies, dass die Regierung weder transparente Kriterien angibt, nach denen die Mittel verteilt werden, noch sinnvolle, festgeschriebene Kommunikationsziele der Regierung existieren, nach denen man die umgesetzten Kampagnen evaluieren könnte. Vielmehr werden seit Jahren immer mehr Steuermittel an Medien verteilt. Vor allem aber wird mit den ausgeschriebenen Etats für "Leadagenturen" ein Konstrukt geschaffen, dass sich jeder parlamentarischen Kontrolle entzieht. Subauftrag­nehmer_in­nen der insgesamt 4 Leadagenturen (eine wird für den Kreativetat gesucht, drei für den Media-Etat) und deren Leistungen sind vom Interpellationsrecht nicht erfasst. Somit werden u.a. potentiellen Scheingeschäften Tür und Tor geöffnet.

Die Inserate und Kampagnen der Regierung übersteigen schon jetzt die staatliche Presseförderung (8,86 Millionen Euro/Jahr) um eine Vielfaches und sind damit die größte staatliche "Fördermaßnahme" für Medien in Österreich. Das heißt: Hier wird mit voller Absicht der Markt verzerrt und Geld ohne nachvollziehbare Kriterien aus-bezahlt. Die sich immer wiederholende Regierungsmär von der Reichweite als Kriterium stimmt leider ebenfalls nicht, wie eine Studie des Medienhaus Wien zu den Inseratenausgaben der Regierung in Tageszeitungen 2018/2019 bewies. Darin zeigt sich, dass die Regierung verschiedene Wertigkeiten für verschiedene Medien hat, sie bezahlt 5,15 Euro pro Leser_in von Österreich; für Heute 3,89 Euro; für Presse 2,72 Euro; für Krone 2,21 Euro; für SN 1,9 Euro. Der Boulevard (Krone, Österreich, Heute) wird auffällig bevorzugt.

Inserate sind jedoch keine Medienförderung. Aus diesem Grund muss es das Ziel sein, die teuren PR-Kampagnen der Regierung zu reduzieren und nicht vier Jahre im Voraus mit einem äußerst üppigen Budget festzuschreiben. Dass es anders geht, hat die Regierung Bierlein bewiesen. Brigitte Bierlein reduzierte in ihrer kurzen Amtszeit die Ausgaben für Inserate im BKA um 98% von 955.000 auf 17.000 Euro und ihr Innen­minister Peschorn im BMI um 93% von 920.000 auf 65.000 Euro – ohne, dass sich die Bevölkerung schlechter informiert gefühlt hätte.

Es braucht ein Ende der starken, intransparenten Wettbewerbsverzerrung durch die Regierung und dieser Steuergeldverschwendung. Außerdem fordern wir NEOS seit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 152

Jahren mehr Transparenz bezüglich der Vergaben und eine Ausweitung der Bekanntgabe- und Meldepflichten. Darüber hinaus braucht es nachvollziehbare und verbindliche Richt­linien für die Inseratenvergabe und festgeschriebene Kommunikationsziele von Seiten der Regierung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Volumen der Rahmenverträge Mediaagen­tur­leistungen Bund (Geschäftszahl 5202.03733) und Kreativagenturleistungen Bund (Geschäftszahl 5202.03685) drastisch zu beschränken, anstatt die festgesetzten 210 Millionen Euro an Steuergeld für Regierungs-Kommunikation zu verschwenden. "

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht damit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Gerstl. – Bitte.


15.30.38

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zwei Bemerkungen zu meinen Vorrednern: Erstens, liebe Frau Kollegin von den NEOS, liebe Henrike! Wo bist du jetzt? (Abg. Brandstötter hebt die Hand.)  Liebe Henrike! Vor zehn Jahren waren wir noch gemeinsam bei der ÖVP Wien (Zwischenruf der Abg. Brandstötter) und haben gemeinsam gegen die Informationspolitik der SPÖ gekämpft.

Damals war dir das, was in Wien an Werbung ausgegeben wurde, noch zu viel. Heute stimmt ihr von den NEOS den SPÖ-Werbebudgets ohne Abstriche, ohne einen einzigen Abstrich zu. Lasst euch das ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei der ÖVP. –Zwischen­rufe bei den NEOS.)

Herr Kollege Schnedlitz! Ein Antigentest ist nicht dazu da, dass man ihn ins Colaglas hält. Ein Antigentest ist dazu da, um damit entweder einen Rachenabstrich oder einen Nasenabstrich zu machen. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Warum wird meistens ein Nasen­abstrich gemacht? – Weil bei einem Nasenabstrich keine Verfälschung möglich ist. Wenn man einen Rachenabstrich macht, dann darf man eine halbe Stunde davor nichts trinken. Es ist aber wieder ein Teil Ihrer Politik: Verunsicherung, Verunsicherung, Ver­unsicherung. (Abg. Zanger: Das ist euer Job!) Nehmen Sie Verantwortung für die Republik wahr! (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Hafenecker.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt aber auch etwas Positives zur Opposition sagen. Die Frau Bundesministerin hat es zuvor erwähnt, wir haben in diesem Gesetzes­paket, das wir jetzt diskutieren, auch einen Punkt dabei, der den Verwaltungsgerichtshof betrifft: Wir ermöglichen da für außergewöhnliche Verhältnisse ganz besondere Bestim­mungen, und das schaffen wir nicht nur für diese Situation, nicht nur zeitlich befristet, sondern im Dauerrecht. Dazu hat die SPÖ auch Ja gesagt und dafür möchte ich ein ausdrückliches Danke sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Damit komme ich zum Antrag, den Frau Kollegin Fürst schon vorgetragen hat, den Antrag vom 28. April 2020. Also es ist seither mehr als ein halbes


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Jahr vergangen, jetzt kann man sagen, okay, am 28. April wollte Doktor – ah, kein Doktor – Klubobmann Kickl Herrn Anschober keinen politischen Erfolg gönnen, denn da waren alle noch davon überzeugt, dass wir wirklich die Kontakte reduzieren müssen. So, das war am 28. April. In der Zwischenzeit hat der Verfassungsgerichtshof über 100 Ent­scheidungen getroffen, wobei er 80 dieser Covid-Fälle für richtig gehalten hat und nur 20 aufgehoben hat. Es waren bei diesen 80 viele dabei, die auch die Antragsteller zurückgezogen haben, also in 80 Prozent der Fälle waren die Maßnahmen, die vom Gesundheitsministerium ausgingen, positiv und richtig. (Ruf bei der SPÖ: Gratuliere!)

Jetzt hätte Herr Kollege Schnedlitz auch sagen können, er zieht den Antrag vom 28. April zurück, denn der ist ja heute nicht mehr aktuell. Nein, er will ihn aufrechterhalten, denn es geht ihm um den politischen Erfolg, darum, dass er einen Politiker einer anderen Partei im Glauben, sich selbst drüberstellen zu können, anpatzt. Nein, Herr Kollege Schnedlitz, das erkennt die Bevölkerung, so verhält man sich nicht! In einer Pandemie hat man zusammenzustehen und zusammenzuhalten. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Meinl-Reisinger: Und deshalb ... polizeiliche Kontrolle im Privatbereich ...! ... Zusam­men­arbeit ...!)

Es geht in diesem Punkt ganz genau darum (Abg. Meinl-Reisinger: ... Zusammen­arbeit!), dass wir nämlich in einem Rechtsstaat leben und dass man ein Instrument, das auf eine Staatsgerichtsbarkeit ausgerichtet ist, einsetzt. Sie schlagen hier vor, Herrn Minister Anschober zum Verfassungsgerichtshof zu zerren und ihn dort der Staats­ge­richtsbarkeit zu unterwerfen, weil Sie vorgeben, er hätte schuldhaft ein gesetzwidriges Verhalten gesetzt.

Niemand in Österreich glaubt, dass er im April dieses Jahres schuldhaft etwas gegen die österreichischen Gesetze und gegen die österreichische Bevölkerung gemacht hat. Nur Sie wollen einen politischen Erfolg, nein, Sie stellen sich damit auf eine Stufe, wie Sie es schon einmal gemacht haben, als Sie eine Hausdurchsuchung im BVT veranlasst haben. (Zwischenruf der Abg. Krisper. – Abg. Hafenecker: Das war die ÖVP!) Das war dieselbe Stufe, auch die wurde für rechtswidrig erklärt, und da versuchen Sie wieder, ein Verfassungsinstrument in einer rechtswidrigen Anwendung zu benutzen. Das ist nicht die Art, wie wir uns in einem Rechtsstaat benehmen. Lassen Sie sich das ins Stammbuch geschrieben sein! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Hafenecker: Im Vergleich zum Gerstl ist der Kickl wirklich Doktor!)

15.35


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Prammer. – Bitte.


15.35.52

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Zuerst zum wesentlichen Teil: Wir schaffen, wie schon gesagt, für den Ver­waltungsgerichtshof eine ganz wichtige und vor allem dauerhafte Möglichkeit, öffentliche Verhandlungen auch per Videokonferenz zu führen und vor allem – ein ganz wichtiges Instrument – geben wir die Möglichkeit, dass Akten, die bei den Behörden ohnehin digitalisiert vorhanden sind, dem Verwaltungsgerichtshof auch auf digitale Weise vorgelegt werden. Es ist eigentlich in der jetzigen Zeit eine Selbstverständlichkeit, es war bisher nicht möglich, jetzt ist es das. Der Verwaltungsgerichtshof befürwortet diese Mög­lichkeit ausdrücklich, es ist eine sehr wichtige und richtige Lösung.

Zur Ministeranklage: Eine Ministeranklage ist ein ganz, ganz wesentliches parlamen­tarisches Kontrollinstrument. Sie stellen sich hier ins Hohe Haus, veranstalten ein Spektakel mit Lebensmitteln und nicht zuletzt mit wichtigen, wertvollen und dringend be­nötigten Antigenschnelltests (Zwischenruf bei der FPÖ) und machen damit irgendwelche


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 154

sinnbefreiten chemischen Experimente. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) So wollen Sie eine Ministeranklage begründen? Das ist aber nicht Ihr Ernst? (Ruf: Möglicherweise ist von 40 000 Tests noch einer übrig gewesen?) Aber gut, ursprünglich war sie ja durchaus ernsthaft eingebracht und auch ernsthaft begründet, wenn auch unserer Ansicht nach inhaltlich nicht nachvollziehbar.

Was Sie angekreidet haben, ist eine Verordnung, von der Sie sagen, die war gesetz­widrig, von der auch der Verfassungsgerichtshof gesagt hat, sie war gesetzwidrig. Was Sie aber entweder vergessen haben oder ich habe die Begründung überhört oder Sie haben es tatsächlich nicht ausgeführt: Eine Verfehlung ist nur dann eine Verfehlung, wenn sie auch schuldhaft geschieht. Das können Sie natürlich nicht begründen, weil es nicht vorliegt, dafür hätte der Herr Bundesminister ja quasi sehenden Auges wissentlich und willentlich eine Verordnung beschließen müssen, die dem Gesetz nicht entspricht. Wie kommen Sie denn darauf, dass Sie dafür irgendeinen Anhaltspunkt finden könnten? Woher nehmen Sie denn diesen Anhaltspunkt? Warum missbrauchen Sie dieses wert­volle Instrument, indem Sie es auf diese Art und Weise begründen und ausführen?

Es ist tatsächlich so, dass geprüft wurde, welche Maßnahmen notwendig sind. Es wurde vom Verfassungsgerichtshof nachgeprüft. Wir haben dann – ich habe das auch schon ein­mal ausgeführt – in der Folge gesehen, wie gut begründet sämtliche weiteren Verord­nun­gen gewesen sind. Aus diesem Grunde ist auch im gegenständlichen Fall eine Ministeran­klage vollkommen verfehlt und daher abzulehnen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.


15.39.15

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte zu Beginn noch einmal auf die Rede des Kollegen Schnedlitz replizieren, der in seinen Ausführungen von einer „Diktatur light“ sprach. Ich möchte diese Diktion aufs Schärfste zurückweisen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrter Herr Präsident, ich bitte Sie, zu überprüfen, ob dieser Ausdruck nicht einen Ordnungsruf nach sich ziehen hätte müssen. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Wir haben heute bereits – und ich darf damit zur Tagesordnung zurückkommen – mehr­fach über befristete Coronasonderregelungen gesprochen. Auch bei den gegen­ständ­lichen Tagesordnungspunkten ist eine Reihe von solchen Beschlüssen notwendig, näm­lich die Beschlussfassung über eine Verlängerung bis Mitte 2021.

Worum geht es konkret? – Es geht um den Einsatz von Videotechnologie in Ver­wal­tungsverfahren und bei Verwaltungsgerichten, es geht um Einschränkungen des Parteienverkehrs bei gleichzeitiger Wahrung der Parteienrechte. Es soll auch weiterhin möglich sein, per Verordnung bestimmte Zeiten von den Verjährungsfristen auszu­neh­men, wenn dies zur Verhütung der Verbreitung des Coronavirus geboten erscheint.

Eine weitere beantragte Änderung betrifft das Bundes-Verfassungsgesetz. Damit soll es unter anderem Kollegialorganen der Gemeinden wie Gemeinderäten oder Gemeinde­vorständen bis Ende Juni 2021 möglich sein, Beschlüsse per Videokonferenz bezie­hungs­­weise im Umlaufweg zu fassen, nur dann natürlich, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Hintergrund der Schaffung dieser Möglichkeit ist, dass Gemeinden weiterhin ihre Aufgaben erfüllen können, damit zum Beispiel Projekte vorantreiben können oder Verfahren im Sinne der Bürgerinnen und Bürger weiterführen beziehungsweise beenden können. Manche Gemeinden mussten von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch machen. Daraus gibt es also schon erste Erfahrungen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 155

So wie in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen dürfen wir auch im Gemeinde­bereich nachdenken, ob nicht Verfahrensweisen, die wir im Zuge der Pandemie ange­wandt haben, auch in Zukunft einen Platz haben sollen. Als Bürgermeister kann ich mir zum Beispiel durchaus vorstellen, dass Sitzungen des Gemeindevorstands unter be­stimmten Voraussetzungen auch künftig alternativ per Videokonferenz abgehalten werden könnten. Zurückhaltender bin ich da bei Gemeinderatssitzungen, für die ja die Teilnahmemöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger vorgesehen ist. Transparenz muss natürlich gewährleistet sein. So hat das Land Oberösterreich aktuell beschlossen, dass, soweit Sitzungen von Kollegialorganen öffentlich sind, zu gewährleisten ist, dass diese Sitzungen via Livestream im Internet oder in einer anderer geeigneten Weise mitverfolgt werden können. Und noch einmal, weil es mir wichtig ist: Bei all dem muss natürlich die Transparenz hochgehalten werden, sie darf nicht eingeschränkt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir müssen jetzt Rahmenbedingungen schaffen, um die Zeit der Pandemie bestmöglich bewältigen zu können. Wir dürfen aber auch darüber nachdenken, welche positiven Aspekte davon wir in die Zukunft hinein mitnehmen wollen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Bürstmayr ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.43.43

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, ich möchte mit Ihnen über das schöne jiddische Wort Chuzpe sprechen. Sie reden eine Pandemie klein, seit sie auf dieser Welt ist! Sie verharmlosen eine Erkrankung, die mittlerweile allein in Österreich 4 000 Menschen das Leben gekostet hat! Sie geben von diesem Podium aus den Rat, sich vor Weihnachten, bevor man seine Verwandten besucht, nicht testen zu lassen. Sie stimmen, wo Sie nur können, gegen jede Maßnahme zur Eindämmung dieser Pandemie! (Abg. Amesbauer: Das stimmt nicht!) Sie veranstal­ten in diesem Haus in völliger physikalisch-chemischer Ahnungslosigkeit Pseudoexperi­mente auf diesem Podium. Sie desavouieren den wichtigsten Wissenschaftler auf diesem Gebiet im deutschen Sprachraum, Christian Drosten. (Abg. Amesbauer: Ja, genau!) Und Sie wollen den Gesundheitsminister vor den Verfassungsgerichtshof zerren.– Das, meine Damen und Herren, ist Chuzpe! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Und weil Sie vielleicht die Bedeutung dieses Wortes immer noch nicht begriffen haben, darf ich sie Ihnen übersetzen: eine dreiste Unverschämtheit. – Ich danke fürs Zuhören. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Amesbauer: Bravo!)

15.45

15.45.17*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe mir das Protokoll der Aussage des Herrn Abgeordneten Schnedlitz kommen lassen: „Sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben unser Land in eine Diktatur light geführt und eine solche errichtet, Sie haben den Österreicherinnen und Österreichern Grundrechte genommen!“ – Dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

*****

Die Abstimmung wird an den Schluss der Verhandlungen verlegt, wie das die Tages­ordnung vorgibt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 156

15.45.5011. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 260/A(E) der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Darstellung und parlamentarische Begleitung der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele in Österreich (515 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 11.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Jeitler-Cincelli. – Bitte.


15.46.14

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzen­der! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen – mittlerweile sind es zwei! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Ich möchte mich jetzt doch noch kurz auf den vorigen Tagesord­nungspunkt beziehen. Herr Amesbauer, weil Sie vorhin so verwirrt geschaut haben: Natürlich hat Ihre Kollegin gesagt, man soll sich vor Weihnachten nicht testen lassen. Ich habe das Gefühl, das mit diesem Colatest hier vorne ist so die Liga der testoste­rongesteuerten Kronprinzen des Herrn Kickl, die da um die Gunst buhlen, wer wohl besser aussteigt und irgendwann ans Ruder kommt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte nehmen Sie das Wort „testosterongesteuert“ zurück! – Bitte.


Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (fortsetzend): Das nehme ich selbst­verständlich zurück. Vielleicht gibt es doch ein paar Damen, ich weiß nicht, viele sind nicht mehr übrig, vielleicht können doch ein paar einwirken, die sehen, dass wir in einer Sondersituation sind, in der es wichtig wäre, dass die gesamte Gesellschaft zusam­menhilft und sich nicht auseinanderdividieren lässt. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Jetzt zum eigentlichen Punkt: Das Thema, zu dem ich heute hier sprechen möchte, sind die SDGs. Wir haben jetzt die Möglichkeit, dass wir einen wichtigen Umsetzungsschritt in der Implementierung der SDGs im österreichischen Parlament schaffen. Die Volks­partei hat mich zur SDG-Sprecherin ernannt, und ich freue mich sehr über diese neue Aufgabe. Meine Rolle hier im Parlament in diesem Bereich sehe ich als über Frak­tionsgrenzen hinaus verbindende, ganz im Sinne der Sustainable Development Goals, wie sie gemeint sind.

Warum ich sie angenommen habe? – Ich habe dieses Colour Wheel bei mir. Ich glaube, es beschreibt genau, was dieser Pin auch beschreibt: Es ist freudvoll, es ist vielfältig, es ist bunt, es ist vereinend, es ist eine Querschnittsmaterie, und meine politischen Schwer­punkte sehe ich im Moment genau darin. Mit Wirtschaftspolitik, Umweltpolitik und Außenpolitik laufen da viele Themen zusammen, die wir über die Grenzen hinweg bearbeiten können. Es ist für mich auch ein Zukunftsradar und eine große Chance für unsere heimischen Unternehmen.

Was sind die SDGs? – Ich habe das jetzt einmal mitgebracht (ein Plakat, auf dem die SDGs dargestellt sind, in die Höhe haltend), da meine Kollegin vorhin gefragt hat: Was hast du da eigentlich? Ich bin draufgekommen, dass ganz viele bei uns eigentlich überhaupt keine Ahnung haben, was diese 17 Felder bedeuten, woher sie kommen und wofür sie stehen.

Also: 17 Ziele, 169 Unterziele, 193 Staaten der UNO haben sie unterschrieben. Wir haben Antworten, wir suchen gemeinsam Antworten auf umweltpolitische, soziale und wirtschaftliche Herausforderungen in der globalisierten Welt unserer Zeit. Ziel soll sein,


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Frieden zu schaffen, Wohlstand weltweit zu sichern, Ungleichheiten zu beseitigen, eine neue globale Partnerschaft zu leben und unseren Planeten zu schützen.

Wie setzen wir jetzt diese Agenda 2030, wie sie auch genannt wird, um? – Astrid Rössler und ich durften neulich – initiiert vom Ban Ki-moon-Zentrum – an einer Onlinepodiums­diskussion teilnehmen und Sir Ban Ki-moon hat dort die Wichtigkeit der nationalen Parlamente bei der Implementierung dieser Ziele erwähnt. Dadurch ist es uns jetzt auch gelungen, einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Ich bedanke mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen, dass das wirklich ein Fünfparteienantrag geworden ist, sprich, dass das gesamte Haus an einem Strang gezogen hat, dass wir im Parlament jetzt regelmäßig über Fortschritte, die wir machen, diskutieren dürfen. Mein Wunsch wäre, das in dem Bereich bitte in einer respektvollen Art, wertschätzend, positiv und in einer freudvollen Haltung zu tun. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich möchte, dass wir miteinander versuchen, hier Brücken zu bauen, alle Zielgruppen einzubinden.

Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Karoline, danke dafür, dass du dich diesbezüglich so verstärkt einsetzt und ein ganz klares Bekenntnis der Regierung abgegeben hast! Danke auch an die interministerielle Arbeitsgruppe, die sich hier bereits engagiert hat, an unseren Präsidenten und seine Stellvertreter, die uns den Rahmen und hoffentlich auch die Ressourcen geben werden, um da aktiv zu werden und diese Agenda auch aktiv ins Parlament einzubringen.

Ich spreche heute dezidiert eine Einladung an alle aus, die Lust haben, da mitzuarbeiten. Wir werden eine Arbeitsgruppe bilden, damit alle an diesem Prozess teilnehmen können, nämlich als ersten Schritt einer Reise. Ich lade auch zur Mitarbeit über die Parteigrenzen hinweg ein, damit wir zu Brückenbauern und zu Botschaftern werden können.

Es gibt so viele Themen, bei denen wir, glaube ich, die gleichen Ziele haben, nur unterschiedliche Zugänge. Das habe ich neulich bei einem gemeinsamen Gespräch mit KollegInnen von anderen Fraktionen erfahren. Ich glaube, wir brauchen manchmal mehr Verständnis füreinander, mehr Austausch, mehr Diskurs.

Die SDGs, glaube ich, sind eine ganz wunderbare Form dafür. Machen wir diese SDGs zu einem einenden Leitmotiv sowohl für diese Koalition als auch bei der Zusammenarbeit aller Fraktionen in diesem Haus! – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Amesbauer zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

*****


15.51.11

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Geschätzte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sie haben Abgeordnetem Schnedlitz einen Ordnungsruf erteilt mit der Begründung, er habe den Begriff „Diktatur light“ verwendet. Sie haben das auch damit begründet, dass er von einer Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte gesprochen hat.

Wenn man Ordnungsrufe nicht nur erteilt, wenn die Würde des Hauses verletzt oder jemand beleidigt wurde – da sind sie vollkommen angebracht und in Ordnung –, sondern aufgrund einer Meinungsäußerung, einer Wertansicht, dann ist das äußerst proble­ma­tisch, Herr Präsident.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 158

Das sollte auch den anderen Klubs zu denken geben, vor allem angesichts der Tatsache, dass Sie uns hier mit einem Abänderungsantrag für morgen einen Beschluss hinknallen, ohne Begutachtung und so weiter, mit dem Inhalt, dass die Polizei jetzt auch in Privat­haushalte gehen darf, um Kontrollen vorzunehmen, um da mit polizeistaatlichen Maß­nahmen vorzugehen. Das ist ein absoluter Tabubruch! (Anhaltende Zwischenrufe der Abg. Pfurtscheller.)

Wir haben einen Präsidenten, der zu Überparteilichkeit verpflichtet ist und hier aufgrund einer Meinungsäußerung, einer Wertäußerung einen Ordnungsruf erteilt. Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Ich hoffe, dass das auch in der Präsidiale diskutiert wird und dass wir da auch Unter­stützung von den anderen Klubs haben, denn wenn wir so anfangen, dass man hier als Abgeordneter in einer freien Rede, in der Ausübung seines freien Mandates seine Meinung nicht mehr frei äußern kann, dann müssen wir wieder einmal an Ihrer Objek­tivität zweifeln, Herr Präsident!

Ganz kurz noch – und das ist vielleicht auch für die Kollegen interessant, denn das passt ganz gut zum Thema dieser fehlenden Objektivität, die Sie hier in der Vorsitzführung immer wieder unter Beweis stellen (Zwischenruf der Abg. Steinacker) –: In einem der Artikel „Politik Backstage von Josef Votzi“ ist die Rede von „Sobotkas Top-Secret-Offen­sive gegen Kickl“. Das war nämlich am Tag, als wir die Sitzung aufgrund des Terror­anschlages vom 2. November gehabt haben.

Da haben Sie in Ihrer Funktion als Nationalratspräsident Journalisten zu einem Hinter­grundgespräch eingeladen, das geheim war (Zwischenruf der Abg. Steinacker) – das gehört sehr wohl zur Vorsitzführung und zur Objektivität des Präsidenten dazu –, wo Sie gesagt haben, es darf nicht einmal nach außen dringen, dass das Treffen stattgefunden hat. Der einzige Zweck war es, einen Oppositionspolitiker anzupatzen, nämlich Herbert Kickl. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Präsident, ich fordere von Ihnen, dass Sie im Sinne der Geschäftsordnung und im Sinne des freien Mandats die freie Rede und die freie Meinungsäußerung hier schützen und nicht sabotieren! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

15.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe das Protokoll der Aussagen des Herrn Schnedlitz zitiert. Seine Rede enthält die die Würde des Hauses verletzende Unter­stellung einer „Diktatur light“. Das ist nicht eine Situation einer Meinung, sondern das ist eine Feststellung. Wir leben in einer Demokratie, und gerade dieses oberste Organ der Volksvertretung ist Repräsentant einer Demokratie und keiner Diktatur. Aus diesem Grund habe ich einen Ordnungsruf ausgesprochen. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Höfinger: Völlig richtig, Herr Präsident!)

*****

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Bayr. – Bitte.


15.54.35

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da könnten wir jetzt ans SDG 16 anknüpfen – starke Institutionen, Zugang zum Recht –, aber ganz generell: Es ist gut, dass wir als Parlament jetzt in die Gänge kom­men. Die SDGs sind 2015 beschlossen worden, wir sollten diese Ziele eigentlich 2030 erreichen. Das heißt, ein Drittel der Zeit ist schon um. Es ist also wirklich höchst an der Zeit, dass wir als Parlament etwas dafür tun, weil es eben notwendig ist, komplexen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 159

Herausforderungen, komplexen Problemen auch komplexe Antworten und Problem­lösun­gen entgegenzustellen, und das werden wir in der Form, wie wir das jetzt momen­tan tun, nicht schaffen. Ich meine jetzt nicht nur uns hier im österreichischen Parlament, dasselbe trifft für die Vereinten Nationen, für die Europäische Union, für alle Ministerien, die in Silos denken, zu. Wir denken und arbeiten in Ausschüssen. Wir sollten uns viel mehr untereinander austauschen, weil das eine wirklich befruchtende Diskussion sein kann.

Es ist fein, dass auch die Regierungsparteien meinem Antrag gefolgt sind, dass wir uns da jetzt auf einen gemeinsamen Antrag einigen konnten. Ich erläutere vielleicht, was mir wichtig wäre, dabei zu berücksichtigen, wenn wir dann 2021, wie es im Antrag steht, einen Weg finden, das Parlament miteinzubeziehen: Ich glaube, die SDGs müssen in allen Ausschüssen diskutiert werden, weil alle einen konkreten Bezug dazu haben kön­nen.

Es wäre wichtig, sowohl retrospektive Berichte von den Ministerien in den Ausschüssen zu haben als auch Vorhabensberichte, sodass klar herauskommt, wer zu welchem Ziel was tut. Es braucht eine klare und auch öffentlich zugängliche Übersicht: Wer ist eigentlich für welches Ziel zuständig, national und international? Welche Ziele in Öster­reich gibt es dafür? In welcher Frist? Mit welchen Mitteln? – All das wäre etwas, das die Erreichung ein bisschen klarer machen würde, wo wir uns als Haus besser einbringen könnten.

Vielleicht als Abschluss: Heute am Vormittag hat das albanische Parlament zu einem Round Table geladen, an dem sie sich damit auseinandergesetzt haben, was sie im albanischen Parlament tun können, um die SDGs umzusetzen. Sie haben dafür eine Broschüre der Interparlamentarischen Union verwendet, in der es um ein Self-Assess­ment Tool geht, anhand dessen man sich als Parlament selbst einschätzen kann, welche Potenziale man hat und was man tun muss.

Was ich besonders cool gefunden habe, war, dass da heute am Vormittag die Vorsitzen­den und -StellvertreterInnen aller Ausschüsse eingeladen waren – die haben auch einen eigenen SDG-Ausschuss, der war da natürlich auch vertreten –, ebenso Regierungs­mitglieder und andere Stakeholder. Ich glaube, dass man sich manchmal auch Länder wie Albanien oder die Tschechische Republik als Vorbilder nehmen könnte, wenn es um die SDGs geht – die sind da wirklich gut drauf –, von ihnen Ideen holen könnte, wie es denn geht, auch Parlamente in die Umsetzung miteinzubeziehen. Ich bin zu jeder Zusammenarbeit im Sinne der guten Sache bereit und freue mich darauf. – Vielen lieben Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung: Abgeordneter Loacker. – Bitte.

*****


15.57.56

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Ich glaube, Kollege Haubner wäre noch vor mir dran gewesen, wenn ich es richtig im Auge gehabt habe.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Entschuldigung, ich habe das nicht gesehen und nicht wahrgenommen. Entschuldigung!


Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (fortsetzend): Im Anschluss an die Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung des Kollegen Amesbauer: Ich gebe Ihnen insofern recht, als


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auch ich die Formulierung „Diktatur light“ nicht gewählt hätte. Man muss aber auch eines sehen: Es ist nicht persönlich beleidigend, es wurde niemand persönlich herabge­wür­digt. Es ist eine politische Einschätzung, vielleicht überspitzt formuliert, und ich finde, man muss es, auch wenn man die Meinung persönlich nicht teilt, im Haus aushalten, dass die Debatte eine Zuspitzung erfährt.

Insofern kann auch ich den Ordnungsruf nicht nachvollziehen, weil er eben keine Herabwürdigung und Beleidigung einer Person war. (Beifall bei NEOS und FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Leichtfried zur Geschäftsbehand­lung. – Bitte.


15.58.56

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Ich möchte vorausschicken, dass ich den Inhalt der Rede des Kollegen nicht teile und auch nicht das Gefühl oder den Eindruck hätte, dass hier irgendetwas in Richtung Diktatur oder „Diktatur light“ entsteht.

Ich finde aber auch, dass es, wie Kollege Loacker gesagt hat, in einem Parlament legitim sein muss, vor einer Entwicklung zu warnen, wenn sie so empfunden wird, als ob sie gewisse Züge einer möglichen Diktatur vor sich hintragen würde.

Wie gesagt, ich teile diese Meinung auf keinen Fall, aber ich sehe darin auch keine per­sönliche Beleidigung oder Desavouierung, sondern das Abgeben eines politischen Standpunktes. Ich würde Sie daher ersuchen, diesen Ordnungsruf doch zu überden­ken. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ, FPÖ und NEOS.)

15.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Gerstl. – Bitte.


16.00.01

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter Herr Präsident! Die österreichische Bundesverfassung hat ganz wenige Prinzipien (Ruf bei der FPÖ: Die ÖVP auch!), und ein Prinzip der österreichischen Bundesverfassung ist das der Demokratie. (Ruf bei der FPÖ: Das sind mehr Prinzipien, als Sie haben!) Und wer die Grundprinzipien unserer Bundesverfassung in Zweifel stellt und glaubt, dass wir in diesem Land hier bereits nach Art einer Diktatur handeln, der hat wirklich Grenzen überschritten! (Abg. Krisper: Meinungsfreiheit!)

Ich halte es daher für wichtig, dass wir uns von solchen Formulierungen abgrenzen, dass wir uns von solchen Tendenzen abgrenzen und dass wir solche Tendenzen auch nicht herbeirufen, denn wir wehren uns mit Händen und Füßen dagegen. Wir leben in einem Rechtsstaat, und es ist wichtig, dass wir diesen verteidigen und nicht andere Tendenzen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Da dieser Ausdruck gefallen ist, als wir gerade im Vorsitz gewechselt haben, habe ich mir das Protokoll kommen lassen, weil ich immer gerne vorher zweimal nachdenken möchte und sehr oft keinen spontanen Ordnungsruf erteile, sondern erst einen im Nachhinein.

Ich stehe natürlich dazu, weil ich mir das auch überlegt habe, und ich habe das, glaube ich, auch klar begründet. Ich glaube, es ist nicht als ein diktatorisches Handeln oder ein zur Diktatur hinführendes, sondern als Diktatur beschrieben worden. Ich darf das noch


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 161

einmal darlegen. Aber wir können auch gerne in der Präsidiale darüber diskutieren. (Ruf bei der FPÖ: Sagen Sie uns, was wir noch sagen dürfen, das ist vielleicht einfacher!)

*****

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Edtstadler. – Bitte.


16.01.40

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Verfassungsministerin möchte ich an dieser Stelle und gerade vor dem Hintergrund dieser Diskussion daran erinnern, dass heute der Tag der Menschenrechte ist.

Die Menschenrechte sind von engagierten Menschen zu einem Zeitpunkt entstanden, als gerade die Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges hinter der Generation gelegen sind, um zu verhindern, dass sich so etwas wiederholt.

In diesem Zusammenhang und weil wir jetzt auch über die SDGs reden, möchte ich schon sagen, dass wir eine breite Basis in Europa geschaffen haben, nämlich über die Europäische Union hinaus, weil es der Vorläufer der Europäischen Union war, eine Parallelstruktur, nämlich der Europarat, der diese für jetzt insgesamt 47 Mitgliedstaaten festlegt. Und auf dieser Basis der Demokratie, der Menschenrechte, der Rechtsstaat­lichkeit aufbauend, wo wir Diktatur hoffentlich ein für alle Mal überwunden haben, wollen wir jetzt auch mit den 17 SDGs weiterarbeiten, um in eine gute Zukunft zu gehen.

Um das zu machen, hat Österreich heuer den ersten Freiwilligen Nationalen Bericht zur Umsetzung bei den Vereinten Nationen eingebracht – einer noch größeren, noch mehr Staaten umspannenden und viele Mitgliedstaaten umfassenden internationalen Organi­sation. Wir ziehen hier alle an einem Strang. Die Präsentation war im Juli, ich durfte diese für die österreichische Bundesregierung wahrnehmen.

Ich darf an dieser Stelle auch sagen, dass es viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bundeskanzleramt waren, und zwar schon vor der Zeit, als ich Bundesministerin im Haus werden durfte, die daran gearbeitet haben, die Erfolgsgeschichten zusammenzutragen, Best-Practice-Modelle zu erarbeiten und auch in einem Bericht niederzulegen, Innovationen auch für andere Bereiche zu entwickeln, Ideen zu entwickeln.

Ich möchte an dieser Stelle auch ganz besonders der Abteilungsleiterin Mag. Schneeberger für diese unglaublich tolle Arbeit danken. Es ist ein Bericht, der in zwei Sprachen vorliegt und den wir auch dem österreichischen Parlament vorgelegt haben. Und weil die Präsentation eben in die Zeit der Pandemie gefallen ist, war das eine Präsentation nur auf virtuelle Art und Weise. Ich finde, dass dieser Bericht viel mehr Aufmerksamkeit verdient hat, und möchte daher auch die Diskussion hier im Hohen Haus mit Ihnen als Abgeordnete weiterführen. Ich möchte, dass wir diese breite Einbindung von vielen Stakeholdern vorantreiben, dass wir gemeinsam darauf hinarbeiten, diese Ziele Stück für Stück zu erreichen.

Das wichtigste Kapitel dafür – wir haben es in vielen Ausschüssen schon diskutiert; ich schaue Frau Abgeordnete Jeitler-Cincelli an, ich schaue Frau Abgeordnete Rössler an – ist das Ausblickskapitel, sind diese Zielsetzungen. Die interministerielle Arbeitsgruppe wird jetzt eine Steuerungsgruppe einsetzen. Warum? – Damit man hier eine Priorisie­rung vornehmen kann, damit man wirklich klar festlegt, was man in welcher Zeit auf welche Art und Weise erreichen möchte.

Es geht um insgesamt drei, eigentlich vier Schwerpunkte: Es geht um Frauen und Jugend, es geht um Leaving no one behind, es geht um Klima und Klimaanpassungsreaktionen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 162

und es geht um Digitalisierung – es könnte also aktueller nicht sein. Ich möchte mit Ihnen gemeinsam noch in vielen Veranstaltungen, Diskussionsrunden darüber reden, das in die Bevölkerung hinaustragen, denn das ist auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir alle gemeinsam lösen müssen und nur gemeinsam lösen können.

In diesem Sinne – die Frau Abgeordnete hat darauf hingewiesen –: Es gab bereits eine Veranstaltung gemeinsam mit dem Ban Ki-moon Centre und dem Bundeskanzleramt. Ich bin davon überzeugt, es werden noch viele solcher Veranstaltungen folgen, und ich darf schon jetzt ganz herzlich dazu einladen, an diesem Prozess, der noch Jahre dauern, sich aber lohnen wird, auch aktiv teilzunehmen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

16.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rössler. – Bitte.


16.05.44

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Die globalen Nachhaltigkeitsziele – der heutige Antrag zielt darauf ab, die weitere Behandlung, die weitere Umsetzung der globalen Nach­haltigkeitsziele festzulegen oder einen gewissen Weg vorzuzeichnen.

Was sind diese globalen Nachhaltigkeitsziele? – Sie sind in Österreich nicht wirklich so bekannt, wie sie es verdienen würden, es sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung 2015 bis 2030. Ein Drittel davon haben wir schon konsumiert, zehn Jahre bleiben uns noch, um diese 17 Ziele mit Engagement zu verfolgen. Es ist ein Aktionsplan. Er wurde im September 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen und inzwischen doch von 193 Regierungen unterzeichnet. Auch Österreich hat sich bereits sehr früh, 2016, mit einem Ministerratsvortrag deklariert. Dieser Aktionsplan dient den Menschen, der Erde und dem Wohlstand.

Was sollen diese globalen Nachhaltigkeitsziele bewirken? – Eines davon ist heute schon prominent diskutiert worden, es ist das Nachhaltigkeitsziel fünf: Elimination aller Formen von Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Also Gleichstellung und gegen Diskriminierung, das ist ausdrücklich eines dieser Ziele. Diese Ziele dienen den Menschen: ein Leben in einer gesunden Umwelt, gegen Armut und Hunger, Zugang zu sauberem Wasser, Gesundheit, Bildung. Diese Ziele dienen der Erde: eine nachhaltige und umweltverträgliche Nutzung, Schutz und Erhalt der Vielfalt, der Meere und auch der Kampf gegen den Klimawandel. Und letztlich dienen die Ziele dem Wohlstand: ein erfülltes Leben führen zu können, ein erfülltes Leben, Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und technischen Fortschritt zu haben; das Ziel Nummer zwölf – nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster – ist eines davon.

Die Umsetzung, so wie sie heute hier beschlossen werden soll, heißt, diesen 17 Zielen mit Nachdruck zum Erfolg zu verhelfen.

Es ist eine Querschnittsmaterie, das Parlament möge eingebunden werden, die Zivil­gesell­schaft, die NGOs, die Wissenschaft, die Wirtschaft. Vielleicht oder wahrscheinlich werden wir nicht alle diese 17 Ziele erreichen können, umso mehr braucht es heute diesen ersten Schritt in der Umsetzung. Dazu braucht es Beharrlichkeit und auch die Überzeugung, dass mit vielen kleinen Beiträgen, mit vielen kleinen Schritten bis 2030 große Fortschritte bewirkt werden können. – 17 Ziele für eine bessere Welt. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

16.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Salzmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 163

16.08.57

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuseher daheim vor den Bildschirmen! Wir haben jetzt schon einiges über die SDGs gehört. Dies ist für mich ein wirklich erfreulicher Tagesordnungspunkt am heutigen langen Sitzungstag. Diese SDGs geben Hoffnung, ja, aber sie sind zugleich auch Auftrag für uns alle.

Beim Gipfeltreffen der Vereinten Nationen im September 2015 wurde die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beschlossen. 193 Mitgliedstaaten der UNO haben sich ge­meinsam verpflichtet, diese 17 nachhaltigen Entwicklungsziele in den Jahren bis 2030 auch in ihren Staaten umzusetzen. Letztendlich ist es ein großer Auftrag und eine große Bewegung im regionalen Bereich, im nationalen Bereich, aber auch im internationalen Bereich, um diese 17 Entwicklungsziele auch voranzutreiben. Der Schwerpunkt ist ein dreifacher, nämlich das Soziale, die Wirtschaft, aber auch die Umwelt, da soll die nachhaltige Entwicklung vorangetrieben werden.

Ich möchte nur einige Beispiele nennen – für jene, denen die SDGs bis jetzt noch nicht wirklich bekannt waren: Es ist zum einen die Armutsvermeidung, es ist zum anderen aber auch die Eindämmung des Hungers, es sind die Bereiche Gesundheit und Wohl­ergehen, in denen man sich weiterentwickeln möchte, es ist aber auch die hochwertige Bildung ein Ziel. Wir haben heute schon ganz viel über Bildung gehört; wir sehen, wie wichtig sie ist und welchen wesentlichen Stellenwert die Bildung einnimmt.

Ein weiterer Punkt ist die Geschlechtergleichheit, auch darüber haben wir in der heutigen Sitzung schon vieles gehört. Ein weiteres Entwicklungsziel, das in diesen 193 Ländern vorangetrieben werden soll, ist der Zugang zu sauberem Wasser sowie auch zu sau­berer Energie. Menschenwürdige Arbeitsplätze, meine Damen und Herren, das ist für mich auch ein ganz wesentliches Entwicklungsziel, wie auch der nachhaltige Kon­sum, der Frieden und die Gerechtigkeit.

Meine Damen und Herren! Der internationale Austausch, den wir in diesem Bereich über den nationalen Austausch hinaus pflegen, ist für uns auch wichtig. Ich persönlich darf im internationalen parlamentarischen Netzwerk im Bereich der Bildung mitarbeiten. Gerade im Bereich der Bildung – wenn wir in Österreich bleiben – haben wir vieles auf dem Weg Richtung 2030 schon geschafft. Ich nenne nur einige wesentliche Punkte: Wir haben zum Beispiel das Leistungs- und Bildungsniveau der Schüler in den letzten Jahren gut heben können. Die neueste Timss-Studie zeigt, dass wir gerade in Mathematik bei den Schülern eine wirklich enorme Steigerung durchgemacht haben. Weiters auch die Pflicht­schulabschlüsse: Es konnten viele nachgeholt werden; gerade Frauen sind davon betroffen. Für sehr wesentlich erachte ich auch die Maßnahmen zur Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit, ich nenne dazu nur das Hinführen der Mädchen in die Mint-Bereiche.

Gerade heute, am Tag der Menschenrechte, lassen Sie mich abschließend bitte auch darauf verweisen, dass heute die Initiative 16 Tage gegen Gewalt an Frauen endet. Bitte schauen wir immer hin, wo immer wir Gewalt sehen! Für uns in der Politik muss es immer Auftrag sein, diesen Frauen und auch den Kindern, die von Gewalt bedroht und betroffen sind, Schutz und Hilfe zu gewährleisten, die Frauen wirklich auch in Schutz zu nehmen und ihnen gesetzliche Maßnahmen an die Hand zu geben, damit sie diesen Schutz auch durchsetzen können. Wir müssen eine Bewusstseinsbildung in unserer Gesellschaft schaffen. Solidarität, Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung, das, meine Damen und Herren, ist das Fundament eines friedlichen Zusammenlebens, und jeder Einzelne von uns ist dazu eingeladen, seinen Beitrag zu leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

16.13



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 164

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an das Ende der Verhandlungen über die Vorlagen des Verfassungsausschusses.

16.13.0712. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (404 d.B.): Sie­benter Zusatzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung vermögensrechtlicher Beziehungen vom 23. Juni 1960 (507 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (405 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die alt­katholische Kirche und das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechts­verhältnisse der israelitischen Religionsgesellschaft geändert werden (508 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Steinacker. – Bitte.


16.14.04

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rinnen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Mit den beiden uns heute vorliegenden Regierungsvorlagen valorisieren wir die jährlichen Wiedergutmachungsleistungen an die katholische, die evangelische und die alt­katho­lische Kirche sowie an die israelitische Religionsgesellschaft. Im Ministerrat am 8. Juli wurde das beschlossen, heute gießen wir das in Gesetzesform. Es handelt sich um keine Förderung, sondern um Entschädigungszahlungen für Güter, die vom NS-Regime be­schlag­nahmt wurden und von der Republik nicht mehr restituiert wurden.

Grundlage der Zahlungen an die katholische Kirche ist der Vermögensvertrag aus 1960 zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl. Nach dem Anschluss von 1938 war der Religionsfonds vom NS-Regime beschlagnahmt worden; aus dem Fonds wurden seinerzeit Priestern – bis 1939 – ein bescheidenes Gehalt gezahlt und die kirchliche Baulast getragen.

Österreich hat sich schon 1955 mit dem Staatsvertrag von Wien zu Wiedergut­machungs­zahlungen verpflichtet. Diese Wiedergutmachungszahlungen setzen sich laut Vermö­gensvertrag aus zwei Teilen zusammen: einem variablen, der jährlich valorisiert wird, und einem Fixbetrag, der erst dann valorisiert wird, wenn die Inflation die 20-Prozent-Marke überschreitet. Das ist passiert, und zwar schon im Jahr 2018, und daher werden wir diese Anpassung auch rückwirkend ab dem Jahr 2018 vornehmen. Der jährliche Fixbetrag wird um 3,4 Millionen Euro erhöht und beträgt nunmehr insgesamt 20,7 Mil­lionen Euro.

Gleichzeitig haben wir auch die Zahlungen an die evangelische Kirche, an die altkatho­lische Kirche und an die israelitische Religionsgesellschaft entsprechend angepasst. Und damit wir es im Anpassungsvorgang in Zukunft ein bisschen einfacher haben, wird,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 165

wenn diese Schwelle von 20 Prozent überschritten ist, die Valorisierung per Verordnung oder durch Notenaustausch vorgenommen.

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass das alles sinnvoll, richtig und notwendig ist, und es ist vor allem auch wichtig, dass es vertraglich fixiert ist. Die Vereinbarung ist ein Zeichen der guten Zusammenarbeit Österreichs mit den verschiedenen Kirchen und Religionsgemeinschaften. Ich bin überzeugt davon, dass das der richtige Weg ist, und die Einstimmigkeit im Verfassungsausschuss hat das ja bestätigt. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

16.16


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kuntzl. – Bitte.


16.16.45

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat schon ausgeführt, dass es bei diesem Tagesordnungspunkt um die Indexanpassung für Kirchen und Religionsgemeinschaften geht. Das ist eine gute Gelegenheit, an dieser Stelle die Arbeit, die Leistungen von Kirchen und Religionsge­meinschaften zu würdigen, für die Leistungen, die sie für die Gesellschaft durch karitative Tätigkeit erbringen, und dafür, dass sie vielen Menschen Halt geben. Die SPÖ unterstützt daher diese Indexanpassung und wird der Vorlage ihre Zustimmung geben.

Das gibt aber auch Anlass, in diesem Zusammenhang festzustellen, dass jeder seine Aufgabe hat, einerseits die Kirchen und andererseits der Staat, die Politik. Die Sozial­demokratie, sehr geehrte Damen und Herren, vertritt entschieden den Ansatz der Tren­nung von Staat und Kirche. Beide sollten ihre Aufgabe eigenständig wahrnehmen, die Interessen dürfen aber nicht vermischt werden. Damit bin ich bei der Gebetsstunde, die in der Öffentlichkeit für Irritation und Verwunderung gesorgt hat, denn es gilt als un­umstößlich, dass in einem säkularen Staat Religion Privatsache ist.

Aus unserer Sicht ist die Trennung von Staat und Religion strikt einzuhalten (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS), umso mehr als wir alle wissen, dass dies ein heikles Verhältnis, ein historisch belastetes Verhältnis ist, und wir sollten aus der Geschichte gelernt haben. Und es ist ein schwerwiegender Unterschied, Herr Präsident, ob sich Abgeordnete privat zu einem gemeinsamen Gebet treffen, oder ob Sie, Herr Präsident, offiziell in das Parlament zu einer Gebetsstunde einladen und diese Ge­betsstunde offiziell über die Parlamentshomepage gestreamt wird. Das, Herr Präsi­dent, ist eine klare Verletzung des Prinzips der Trennung von Staat und Religion. (Beifall bei der SPÖ.) Und es ist eine politische Instrumentalisierung von Religion für mediale Insze­nierung, und das ist nicht zuletzt eine Respektlosigkeit gegenüber den religiösen Gefüh­len von Menschen.

Wir sollten aus der Geschichte gelernt haben, und von Ihnen, Herr Präsident, als dem höchsten Repräsentanten des Parlaments, als einem der höchsten Repräsentanten unserer Republik, erwarten wir, dass Sie hier mit der entsprechenden staatspolitischen Verantwortung agieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

16.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Raab. – Bitte.


16.20.04

Bundesministerin für Frauen und Integration im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Zusehe­rinnen und Zuseher! In aller Kürze zum Tagesordnungspunkt: Wir wollen mit der vorlie­genden Regierungsvorlage zum Vermögensvertrag die entsprechenden Begleitgesetze


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ändern und somit die Fixbestandteile der zustehenden Leistungen an die katholische Kirche, an die evangelische Kirche und die altkatholische Kirche sowie die israelitische Religionsgesellschaft an die Inflation anpassen.

Das sind Bestimmungen, die sich aus dem Staatsvertrag ergeben, Verpflichtungen, die sich aus Artikel 26 des Staatsvertrages von 1955 ergeben und die im Zusammenhang mit den NS-Vermögensentziehungen stehen. Es handelt sich also um Zahlungen und Entschädigungsleistungen aufgrund von Enteignungen seitens des NS-Regimes.

Die Anpassungen sind jetzt schon lange angestanden. Seit 2018 haben wir den Fix­betrag von 20 Prozent, die Steigerung, erreicht, um diese Anpassungen auch vorzu­nehmen. Ich habe daher Gespräche mit den Religionsgesellschaften geführt und ich danke auch Ihnen für die Diskussion im Verfassungsausschuss, für die breite Zustim­mung; ich hoffe auch auf eine breite Zustimmung des Nationalrates heute.

Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, um allen Kirchen und Religionsgemeinschaften für die gute Zusammenarbeit zu danken, auch während der Coronakrise. Ich habe gesehen, dass die Kirchen und Glaubensgemeinschaften, alle 16 an der Zahl, einen wertvollen Beitrag leisten, um Menschen in der Krise Hoffnung zu geben. Das halte ich für sehr wichtig, um Menschen in der Krise besonders zu unterstützen. Das ist ein absolut wertvoller Beitrag zu unserem gesellschaftlichen Zusammenleben, den wir sehr schätzen sollten. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.


16.22.08

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch vor den Bildschirmen! Wir unterzeichnen oder geneh­migen heute den Siebenten Zusatzvertrag mit dem Heiligen Stuhl zur Regelung vermö­gensrechtlicher Fragen, die aus den Vermögensentziehungen während des National­sozialismus resultierten.

Es war die Beschlagnahme des Religionsfonds durch die Nationalsozialisten, und die Position der katholischen Kirche gegenüber dem Nationalsozialismus war – wenn man es sozusagen ein bisschen euphemistisch sagt – ambivalent, es gab einen großen Teil, der den Nationalsozialismus unterstützt hat, aber es gab auch einen Teil, der im Widerstand war; insbesondere in den Klöstern gab es den Widerstand. Nichtsdestotrotz wurde der katholischen Kirche auf dem Gebiet der Republik Österreich der Religions­fonds entzogen, und nach 1945 gab es eine sehr langwierige Geschichte der Restitution.

Da muss auch ein Wort an die SPÖ gerichtet werden: Es war allen voran Bruno Kreisky, der sich bemüht hat, eine Lösung zu finden, auch im Sinne der Aussöhnung zwischen Kirche, katholischer Kirche und Staat, deren Verhältnis damals ja nicht so besonders gut war. Es geht natürlich nicht, Frau Abgeordnete Kuntzl, um die Trennung von Religion und Staat, sondern es geht um die Trennung von Kirche und Staat, da bin ich ganz bei Ihnen. Das sollte wirklich sehr genau getrennt werden, aber wie Sie wissen, gibt es in Österreich zahlreiche Verträge, die diese Trennung zwischen Kirche und Staat nicht ermöglichen, wie eben zum Beispiel das Konkordat – was nicht notwendigerweise dazu führen muss, dass man im Parlament Gebetsstunden macht. Da bin ich völlig bei Ihnen.

Ich finde es sehr gut, dass diese Verträge mit dem Heiligen Stuhl und in der Folge auch mit den anderen seit 1960 anerkannten Religionsgesellschaften und Kirchen, nämlich den Protestanten, den Altkatholiken und der israelitischen Religionsgesellschaft, immer


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wieder erneuert beziehungsweise sozusagen auch in den Beträgen angepasst werden, es also eine Wertsicherung dafür gibt.

In diesem Sinne bin ich im Übrigen dafür, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden soll. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

16.24

16.24.53 Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 6 bis 13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Verfassungsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Bevor wir in den Abstimmungsprozess eingehen, richte ich die Frage an die Klubobleute: Können wir abstimmen? – Ja.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz, das KommAustria-Gesetz, das ORF-Gesetz und das Privatradiogesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 510 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer dem in dritter Lesung die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „drastische Reduzie­rung der Summe für die momentan ausgeschriebenen Rahmenverträge Mediaagentur­leis­tungen Bund und Kreativagenturleistungen Bund“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Ruf bei der SPÖ: „Koste es, was es wolle“! – Ruf: Tut uns leid!)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012, das KommAustria-Gesetz, das Pres­seförderungsgesetz 2004 sowie weitere Gesetze geändert werden, samt Titel und Eingang in 511 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, an­genommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer nimmt den Gesetzentwurf auch in dritter Lesung an? – Das gleiche Stimmverhalten, wieder mehrheitlich. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Verwaltungsrechtliche COVID-19-Begleitgesetz und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 geändert werden, samt Titel und Eingang in 512 der Beilagen.

Da im vorliegenden Gesetzentwurf eine Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes sowie Verfassungsbestimmungen enthalten sind, darf ich zunächst feststellen, dass im


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Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten gegeben ist.

Ich darf nun die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen, um ein beja­hendes Zeichen ersuchen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich wieder um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das COVID-19-Begleitgesetz Vergabe geändert wird, samt Titel und Eingang in 513 der Beilagen.

Es handelt sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf wieder um ein Bundesverfassungs­gesetz, ich stelle gemäß § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Daher bitte ich jetzt um ein entsprechendes Stimmverhalten. Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich stelle wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer dem auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit.

Ich stelle wiederum ausdrücklich die Zweidrittelmehrheit, die dafür erforderlich ist, fest. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Verfassungs­ausschusses, seinen Bericht 514 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Tagesordnungspunkt 11: Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 515 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 260/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 515 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Verstärkte Einbindung des Parlaments bei der Umsetzung der SDGs“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (118/E)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Verfas­sungsausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Siebenter Zusatzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zur Regelung vermögensrechtlicher Bezie­hungen vom 23. Juni 1960, in 404 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes die Genehmigung zu erteilen.


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Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über äußere Rechtsverhältnisse der Evangelischen Kirche, das Bundesgesetz über finanzielle Leistungen an die altkatholische Kirche und das Gesetz betreffend die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der israelitischen Religions­gesellschaft geändert werden, samt Titel und Eingang in 405 der Beilagen.

Wer diesem die Zustimmung erteilt, den bitte ich, das zu tun. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Wer erteilt auch in dritter Lesung seine Zustimmung? – Das ist ebenfalls einstimmig. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

16.30.3514. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (249 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 geändert wird (Versiche­rungs­aufsichtsrechtsnovelle 2020) (486 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (474 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Bankwesengesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanz­marktaufsichtsbehördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz geändert werden (487 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (465 d.B.): Bundes­gesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungs­fonds (489 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (355 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Be­seiti­gung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll (490 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 bis 17 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich möchte den Herrn Finanzminister begrüßen.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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16.31.31

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister, der soeben noch hier war! Hohes Haus! Geschätzte Öster­reicherinnen und Österreicher! Ich spreche zu TOP 15, zur Änderung des Konten­register- und Konteneinschaugesetzes. Die Novellierung des § 4 Abs. 5 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz wird von Finanzminister Blümel in den Erläuterungen als „sprachliche Anpassung“, welche „der Klarstellung“ dient, bezeichnet. In Wirklichkeit ist das keine Klarstellung, sondern ein Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit. Die geplante Neuregelung würde bedeuten, dass im Zuge einer Betriebsprüfung beziehungsweise Außenprüfung ohne jeglichen Anlass Einschau in das Kontenregister durchgeführt wer­den kann, selbst wenn es sich bloß um eine routinemäßige periodische Betriebsprüfung handelt und keinerlei begründeter und substanziierter Verdacht der Unrichtigkeit der Abgabenerklärung besteht.

In diesem Zusammenhang darf ich aus der Stellungnahme der Kammer der Steuer­berater und Wirtschaftsprüfer vom 20.7.2020 zitieren: „Die Prüfung hinterrücks mit einer Kontenregistereinsicht beginnen zu lassen, über die erst im Nachhinein eine Information gemäß § 4 Abs. 6 KontRegG ergeht, lässt jegliche auch verfassungsrechtlich geschützte persönliche Privat- und Berufssphäre außer Acht.“ – Treffender könnte man es nicht formulieren. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Auch im Zuge einer Betriebsprüfung sollte dem Abgabepflichtigen zuvor die Gelegenheit gegeben werden, allfällige Zweifel an der Richtigkeit der Abgabenerklärung durch eine entsprechende Klärung zu zerstreuen, bevor eine Einschau in das Kontenregister erfolgt. (Abg. Loacker: Wenn die Polizei in die Wohnung darf, darf auch die ... ins Konto schauen!)

Betreffend die geplante Änderung ist weiters darauf hinzuweisen, dass diese mit der im Verfassungsrang stehenden Regelung über das Bankgeheimnis, § 38 Bankwesen­gesetz, nicht vereinbar ist beziehungsweise einer Verfassungsmehrheit bedürfte. Nach § 38 Abs. 2 Bankwesengesetz, der eine Verfassungsbestimmung darstellt, wird das Bankgeheimnis nur hinsichtlich einer Auskunft nach § 4 Kontenregistergesetz – das ist jene Regelung, die zum Zeitpunkt der Regelung des § 38 BWG bestanden hat – eingeschränkt. Es handelt sich dabei um einen statischen, nicht um einen dynamischen Verweis.

Die nunmehr weitergehende Einschränkung des Bankgeheimnisses bedürfte daher einer Verfassungsbestimmung. Diese Rechtsansicht wird auch vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag vertreten. Aus denselben Gründen ist auch die geplante Änderung des § 8 Abs. 3 Kontenregister- und Konteneinschaugesetz abzulehnen. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

16.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Eßl. – Bitte.


16.35.01

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich nehme Bezug auf Tagesordnungspunkt 16: Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds. Im Wesentlichen geht es darum, dass wir die Oesterreichische Nationalbank ermächtigen, dem Inter­nationalen Währungsfonds im Namen der Republik und im Rahmen dieser Neuen Kreditvereinbarungen einen Kreditrahmen von höchstens 3 636 980 000 Euro an Son­der­ziehungsrechten einzuräumen. Das ergibt für Österreich kaum eine Veränderung, weil die Nationalbank nach den geltenden Gesetzen auch jetzt schon in der Lage gewesen wäre, 3,6 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen.


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Insgesamt ist es aber trotzdem von Gewicht, weil eine Durchsetzung in allen Mitglied­staaten zu einer Verdoppelung dieser Sonderziehungsrechte führen wird. Damit werden mehr Möglichkeiten für den Internationalen Währungsfonds geschaffen, um dort, wo es notwendig ist, auch entsprechend zu helfen.

Wir wissen, dass der Internationale Währungsfonds eine zentrale Säule der inter­natio­nalen Finanzstruktur ist. Dieser Fonds finanziert sich aus der Quote, also aus den Mitteln, die von den einzelnen Mitgliedstaaten eingezahlt werden. In Österreich ist, wie gesagt, die Oesterreichische Nationalbank dazu ermächtigt, für die Republik tätig zu werden. Mit Stand April 2020 hat der IWF 189 Mitgliedstaaten. Zu den größeren zählen die USA, Japan, China, Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien. Österreich hält dort zum Beispiel mit 0,83 Prozent Kapitalanteil 0,81 Prozent der Stimmenanteile.

Wenn ein Mitglied Zahlungsschwierigkeiten hat, kann es beim IWF Hilfe beanspruchen. Anschließend werden unter bestimmten Auflagen auch befristete Kredite vergeben, die mit Zinsen zurückzuerstatten sind. Wir kennen Beispiele, bei denen das auch in der jüngsten Vergangenheit sehr gut funktioniert hat. Rumänien, Argentinien, Griechenland oder Irland haben solche Kredite in Anspruch genommen.

Darüber hinaus unterstützt der Internationale Währungsfonds auch Entwicklungsländer in Afrika, Asien oder Südamerika bei der Erarbeitung von Wirtschaftskonzepten und fördert diese durch direkte Geldbeihilfen der gebenden Mitgliedstaaten. Ähnlich wie die Kreditvergabe ist auch die Entwicklungszusammenarbeit meist an Bedingungen gekoppelt, zum Beispiel an Demokratiestärkung oder Korruptionsabbau.

Gerade in Krisenzeiten reichen die Mittel oft nicht aus, um eine wirksame Hilfe zu ge­währen und den Bedarf zu decken. Dann werden diese Neuen Kreditvereinbarungen aktiviert. Dies ist gerade auch in Zeiten der Covid-Pandemie der Fall. Die Neuen Kredit­vereinbarungen umfassen zusätzliche Mittel, die dem IWF von 40 Staaten zur Verfügung gestellt werden. Ich habe eingangs schon geschildert, wie der Titel des heute zu beschließenden Gesetzentwurfes lautet. Es besteht derzeit Handlungsbedarf, weil diese Neuen Kreditvereinbarungen Ende 2022 auslaufen würden und eben beabsichtigt ist, diese Mittel in Summe aufzustocken.

Wenn wir von 3,6 Milliarden Euro auf 3,637 Milliarden Euro aufstocken, bedeutet das für Österreich eine Erhöhung um 1 Prozent. Österreich leistet damit jedoch einen dringen­den Beitrag zur Globalisierung, zur globalen Finanzmarktstabilität und kommt seinen internationalen Verpflichtungen entsprechend nach. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Scherak. – Bitte.


16.39.29

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Herr Finanz­minister! Kollege Fuchs hat uns in seinen sehr kenntnisreichen Ausführungen ja schon erklärt, worum es bei der Ausweitung der Einschau ins Kontenregister geht. Er ist als Steuerberater und als jemand, der sich im Finanzrecht ausgezeichnet auskennt, ja dafür berufen.

Ich habe danach kurz auf die RednerInnenliste geschaut und überlegt, ob sich von der ÖVP irgendjemand mit unternehmerischem Hintergrund zu Wort melden wird. Kollege Eßl war als Mitglied des Bauernbundes hier, Frau Kollegin Baumgartner wird im An­schluss noch reden – ich glaube, sie ist Mitglied im ÖAAB. Es ist aber schon bezeich­nend, dass sie offenbar gar nicht mitbekommen haben, was da passiert, was da gemacht wird – vielleicht hat es Kollege Kopf mitbekommen –, oder sie wollen es verschweigen.


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Es ist ja eh nicht so, dass in Österreich vom Bankgeheimnis noch viel übrig ist. Vor vier Jahren haben Sie – damals ÖVP und SPÖ – mit der Einführung des Kontenregisters die Möglichkeit geschaffen, dass Behörden und Gerichte ohne irgendeinen richterlichen Beschluss in das Kontenregister Einschau halten können. Das heißt, man kann ohne richterlichen Beschluss, ohne dass vorher ein Richter drübergeschaut hat, nachschauen, wer wo welche Konten hat, wer wo ein Depot hat, wer ein Sparbuch hat.

Ich halte das schon für einen unfassbaren Eingriff in die bürgerlichen Freiheiten, und wir NEOS haben damals deswegen auch klar dagegengestimmt. Das ist nichts anderes als eine finanzielle Vorratsdatenspeicherung.

Allen, die jetzt glauben: Das ist ja nicht so schlimm, es ist doch egal, ob jemand nach­schauen kann, wo ich ein Konto habe!, möchte ich sagen: Das ist natürlich nicht egal, weil aufgrund der Auflistung, wer wo wie viele Konten hat, sehr viele Rückschlüsse auf den höchstpersönlichen Lebensbereich möglich sind, und diese Rückschlüsse halte ich für extrem problematisch.

Wir haben damals auch klar gesagt, dass man sich nur Deutschland anschauen muss, da man an diesem Beispiel schon erkennt, wie problematisch das ist. Es hat immer ge­heißen: Na ja, da wird es zu ganz wenigen Einschauen ins Kontenregister kommen. Wir haben 2017 in Österreich 6 200 Einschauen gehabt, und diese Zahl ist natürlich wie auch in Deutschland massiv angestiegen: 2019 waren es schon 7 500. Das war völlig absehbar. In Deutschland sind die Zahlen noch mehr explodiert, da schaut halt jeder irgendwann bei der Abgabenbehörde ins Kontenregister rein und schaut, wo der Nach­bar sein Konto hat. Wir haben davor immer gewarnt, und Sie haben die Warnungen nicht ernst genommen.

Jetzt opfern Sie auch noch den Rest des Bankgeheimnisses auf dem Altar des Popu­lismus, und das mit einer „Klarstellung“ – unter Anführungszeichen –, wie Kollege Fuchs auch schon richtig gesagt hat: In Zukunft soll es bei ganz normalen routinemäßigen Betriebsprüfungen möglich sein, dass Einschau in das Kontenregister genommen wird. Ohne jeglichen Anlass darf in Zukunft in das Kontenregister hineingeschaut und nach­geschaut werden, wer wo ein Konto hat. (Beifall bei NEOS und FPÖ.)

Sie erklären in den Erläuterungen, das sei eine Klarstellung. – Es ist schlichtweg keine Klarstellung. Sowohl der Rechtsanwaltskammertag als auch andere Institutionen haben klar gesagt, dass es wohl verfassungswidrig ist, dass ohne begründete Bedenken – ohne irgendwelche Bedenken, ob die Abgabenerklärung richtig ist – ins Kontenregister Einschau gehalten werden darf. Ich wundere mich schon über die ÖVP, die früher einmal Unternehmerpartei war, dass sie den Unternehmerinnen und Unternehmern in Öster­reich so viele Prügel vor die Füße wirft und immer noch weitermacht.

Sie schränken nicht nur die unternehmerische Freiheit ein, Sie schränken auch bürger­liche Freiheiten ein, und Sie werden sich irgendwann bei den Unternehmerinnen und Unternehmern in Österreich für Ihre Politik entschuldigen müssen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Fuchs.)

16.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Yildirim. – Bitte.


16.42.59

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Finanzminister! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Steuertransparenz und vor allem Steuergerechtigkeit sind uns seitens der SPÖ wirklich sehr, sehr wichtig. Uns, sehr geehrte Damen und Herren, geht das, was die Regierung hier vorgelegt hat, zu wenig weit. Ich möchte Ihnen das kurz anhand eines Beispiels erläutern – ich spreche übrigens


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zum Tagesordnungspunkt 15, Herr Präsident, bei dem es um die Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie geht.

Überlegen Sie einmal, wie es Finanzbediensteten geht, wenn sie einen steuerlichen Vorgang überprüfen wollen, bei dem ein ausländischer Investor – und davon hatten wir phasenweise zum Beispiel aus Russland viele, da geht es um Drittländer – plötzlich Millionen von Euro auf den Tisch legt, sie aber nicht fragen dürfen, woher denn das Geld kommt. Bei österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern oder EWR- und EU-SteuerzahlerInnen hingegen müssen sie schon nachfragen.

Das ist das, was mir Sorge macht, und das ist das, was uns, der SPÖ, in dieser Regie­rungsvorlage zu wenig weit geht. Wo ist da die Gerechtigkeit, wenn wir womöglich in Verruf geraten, weil wir als Republik Österreich Zufluchtsort für Steuersünder sind? Das stört uns massiv, und das wollen wir nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Steuerbetrug können wir nur international bekämpfen, und zwar nur, wenn wir die ent­sprechenden Instrumente haben.

Wir haben zunächst in der Debatte im Ausschuss die Zustimmung gegeben, allerdings mit Vorbehalt, und seit über einer Woche Gespräche geführt. Wir haben einen Antrag formuliert, den ich jetzt hier einbringen möchte.

Wenn Sie diesen Antrag annehmen, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Re­gierungsparteien, gehen wir sehr gerne mit, wenn Sie es nicht tun, allerdings nicht. Falls Sie es nicht tun, haben wir einen Rückverweisungsantrag vorbereitet und geben Ihnen damit die Chance, nachzubessern. Ich möchte folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 8 (Änderung des Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz) wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 1 wird zu Ziffer 1a, und davor wird folgende Z 1 eingefügt:

„1. In § 1 Abs. 2 wird der Punkt in Z 18 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 19 angefügt:

„19. Gesellschaften und sonstige juristische Personen deren Sitz sich nicht im Inland oder nicht in einem anderen Mitgliedstaat befindet, sofern sie sich verpflichten, Eigentum an einer im Inland gelegenen zu erwerben.“

2. Nach Z 3 wird folgende Z 3a eingefügt:

„3a. In § 6 Absatz 5 wird nach der Wortfolge „eingetragene organschaftliche Vertreter“ die Wortfolge „und Gründer“ eingefügt.

3. In Z 7 wird die Wortfolge „§ 5a Abs. 1 Z 3, § 5a Abs. 5 und 8,“ durch die Wortfolge „§ 1, § 5a Abs. 1 Z 3, § 5a Abs. 5 und 8, § 6,“ ersetzt.“

*****

Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren: Es geht uns darum, dass wirklich jeder Investor willkommen ist, aber es darf nicht dazu führen, dass finanzkräftige ausländische


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 174

Grundeigentümer die Situation, ob in Wien oder in einem Tal in Tirol, noch einmal ver­schärfen.

Steuergerechtigkeit und Steuertransparenz können wir nur gemeinsam erwirken. In diesem Sinne hoffe ich auf Ihre Zustimmung. Andernfalls liegt der Rückver­weisungs­antrag der SPÖ bereits vor. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.47

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim

Genossinnen und Genossen

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (474 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kontenregister und Konteneinschaugesetz, das Finanzmarkt-Geldwäsche­gesetz, das Bankwesengesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzmarktaufsichts­behördengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Wirtschaftliche Eigen­tümer Registergesetz geändert werden (487 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

Artikel 8 (Änderung des Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz) wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 1 wird zu Ziffer 1a, und davor wird folgende Z 1 eingefügt:

„1. In § 1 Abs. 2 wird der Punkt in Z 18 durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 19 angefügt:

„19. Gesellschaften und sonstige juristische Personen deren Sitz sich nicht im Inland oder nicht in einem anderen Mitgliedstaat befindet, sofern sie sich verpflichten, Eigentum an einer im Inland gelegenen zu erwerben.“

2. Nach Z 3 wird folgende Z 3a eingefügt:

„3a. In § 6 Absatz 5 wird nach der Wortfolge „eingetragene organschaftliche Vertreter“ die Wortfolge „und Gründer“ eingefügt.

3. In Z 7 wird die Wortfolge „§ 5a Abs. 1 Z 3, § 5a Abs. 5 und 8,“ durch die Wortfolge „§ 1, § 5a Abs. 1 Z 3, § 5a Abs. 5 und 8, § 6,“ ersetzt.“

Begründung

Bei dem Erwerb von Grundstücken sollen auch ausländische nicht in Österreich oder dem EU-Raum ansässige Unternehmen in den Anwendungsbereich des Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetzes fallen. Zusätzlich zu den organschaftlichen Vertretern sol­len auch die Vereinsgründer in das Register aufgenommen werden.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungs­gemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Prammer. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 175

16.47.53

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Eines ist klar: Geldwäsche ist kein Kavaliersdelikt. Es geht um die Finanzierung schwer krimineller, mafiöser Strukturen, es geht um die Finanzierung terroristischer Vereinigun­gen, von Waffen- über Menschen- bis zu Drogenhandel. All die dort erworbenen Gelder müssen reingewaschen werden. Ohne die Aussicht, das illegale Geld auch im legalen Verkehr verwenden zu können, gäbe es keinen Profit, und ohne Profit kein organisiertes Verbrechen.

Es ist auch klar, dass illegales, unsolidarisches Verhalten in Form von Steuerhinter­ziehung zwangsweise mit Geldwäsche endet. Jenen, die ihren fairen Beitrag für die Gesellschaft nicht leisten wollen, die nicht einmal den vorgeschriebenen Beitrag leisten, müssen Hürden in den Weg gestellt werden.

Mit dem heute vorliegenden Gesetz können wir den Kontrolloren weitere effiziente Instru­mente in die Hand geben. Ganz grundsätzlich ist die Umsetzung der 5. Geldwäsche­richtlinie ein richtiger Schritt im Rahmen der Bekämpfung von Geldwäsche. Trotzdem bleibt gerade in für Geldwäsche anfälligen Sektoren, wie zum Beispiel im Immo­bilienbereich oder in der Juwelier- oder Glücksspielbranche, noch einiges zu tun. Gerade aus diesen bargeldintensiven Bereichen gibt es verdächtig wenige Verdachts­meldun­gen.

Ich möchte einige wenige Punkte aus diesem Programm in aller Kürze hervorheben. Besonders wichtig für einen starken Vollzug ist die Erweiterung der Amtshilfe, insbe­sondere die Möglichkeit der Kooperation zwischen den Finanzbehörden und der Geld­wäschemeldestelle, der Finanzmarktaufsicht.

Ebenso positiv zu sehen ist auch die Erweiterung der Kooperation zwischen den Kredit­instituten. Geldwäsche ist ein extrem vernetztes und komplexes Unterfangen, die Kom­munikation braucht deshalb einen klaren rechtlichen Rahmen.

Darüber hinaus begrüßen wir auch die Möglichkeit des Einsatzes von künstlicher Intelligenz durch Banken zur Erfüllung ihrer Pflicht. Das Transaktionsmonitoring soll ermöglichen, dass State-of-the-Art-Algorithmen verwendet werden können. Dabei ist es wesentlich, dass diese Algorithmen und auch deren Wartung Teil der Aufsicht durch die Kontrollinstanzen sind.

All das sind wesentliche Verbesserungen, auch wenn man immer noch etwas ver­bes­sern könnte. Frau Kollegin, ich kann Ihnen hier nun keine Antwort auf Ihre vorhin gestellte Frage geben. Wir bleiben in Kontakt, wir bleiben im Gespräch, bis zur Abstim­mung oder darüber hinaus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Blümel. – Bitte.


16.51.04

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf das vorliegende Paket kursorisch eingehen, zunächst auf die Versicherungsaufsichts­rechts­novelle. Im Wesentlichen geht es darum, dass eine Anpassung der Produkte von Versicherungsunternehmen an jene der Pensionskassen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge vorgenommen wird. Insbesondere betrifft das die Informationspflichten von Anwartschafts- und Leistungsberechtigten sowie die Bestimmungen betreffend Ver-


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tragskündigungen. Durch diesen Angleichungsprozess sollen Wettbewerbsverzerrun­gen zwischen Versicherungen und Pensionskassen verhindert und damit die soge­nannte zweite Säule der Altersvorsorge in Österreich gestärkt werden.

Zum Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds ist schon einiges gesagt worden. Der IWF leistet einen wichtigen Beitrag zur internationalen Bewältigung dieser Krise. Die Finanzierung wird über sogenannte Sonderziehungsrechte der verschiedenen Mitgliedstaaten vollzogen. Die Erhöhung für Österreich ist nur in einem sehr geringen Ausmaß notwendig: Bisher war der gesetzliche Rahmen 3,6 Milliarden Euro, er wird auf 3,637 Milliarden Euro erhöht.

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Argentinien ist, glaube ich, ein wichtiger Schritt für alle Unternehmen, die mit diesem Land Geschäfte machen. Es ist so wie alle Doppel­besteuerungsabkommen darauf ausgerichtet, dass es zu keiner doppelten Besteuerung kommen soll, aber auch darauf, dass der Steueraustausch besser funktioniert, um Steuervermeidungen durch Verlagerung von Gewinnen zu verhindern.

Bei der Umsetzung der 5. Geldwäscherichtlinie gibt es offensichtlich unterschiedliche Auffassungen, was mich auch in der Argumentation ein wenig wundert, denn soweit ich das mitbekommen habe, ist es den NEOS zu weitgehend und zu streng, der SPÖ zu wenig weitgehend und zu wenig streng, und deswegen stimmen beide nicht zu. Das wäre eigentlich das perfekte Signal, dass der Kompromiss funktioniert hat.

Ich nehme dennoch zur Kenntnis, dass Sie nicht dazu beitragen wollen, dass die 5. Geld­wäscherichtlinie jetzt schon umgesetzt werden kann, obwohl es wichtige Maßnahmen wären mit dem Ziel, Ermittlungsmöglichkeiten der Behörden zur Bekämpfung von Geld­wäscherei, Terrorismusfinanzierung und anderen Straftaten zu verbessern. Das sollte unser gemeinsames Anliegen sein. Ich kann mich auch erinnern, dass es Kritik daran gab, dass die 4. Geldwäscherichtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt worden ist, im Sommer auch im Zuge der Frage Commerzialbank im Burgenland, immer wieder kommt die Frage Cum-Ex-Fälle et cetera auf. All das könnte zum Teil mit der Umsetzung dieser Geldwäscherichtlinie verbessert werden.

Ich kann Sie nur ersuchen, dem Ihre Zustimmung zu geben. Ich habe eigentlich auch die Debatte im Ausschuss als sehr konstruktiv und fast schon konsensuell empfunden, und ich kann Sie nur ersuchen, die Bekämpfung von Geldwäsche ein Stück weit zu erleichtern, indem Sie die Verfassungsmehrheit zur Verfügung stellen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Baumgartner. – Bitte.


16.54.30

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Mit der Novelle sollen Vorgaben der 5. Geldwäscherichtlinie umgesetzt werden. Ich bin jetzt irgendwie verwundert, weil ich schon dachte, dass fast alle Fraktionen mitstimmen, da diese Novelle wirklich wichtige Maßnahmen umfasst, die das Ziel haben, Ermittlungs­mög­lichkeiten der Behörden zur Bekämpfung von Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung und anderen schweren Straftaten zu verbessern. (Zwischenruf bei den NEOS.)

Um den fairen Wettbewerb aufrechtzuerhalten, werden nicht nur die Schließfächer der Kreditinstitute in das Kontenregister aufgenommen, sondern auch die gewerblichen Schließfächer. Dadurch wird ein Schlupfloch für das Verheimlichen von Vermögen, das aus Geldwäsche oder anderen Straftaten herrührt, gestopft.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 177

Herr Kollege Scherak, du hast nicht ordentlich über mich recherchiert. Ja, ich bin ÖAAB-Mitglied, ich bin auch Bauernbundmitglied, ich bin auch Bürgermeisterin und bis vor drei Jahren war ich Bankmitarbeiterin, und zwar über 20 Jahre in einer kleinen Bankstelle, in der ich wirklich alles gemacht habe, vom normalen Kassageschäft über Wertpapier­beratungen, und das Kreditgeschäft habe ich auch noch gemacht. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Es war für uns wirklich sehr anstrengend, immer alle Auflagen zu erfüllen; das war eine Zettelwirtschaft. Wir waren wirklich manchmal überfordert, wir Mitarbeiter waren aber immer froh darüber, dass es Regeln gab, die uns natürlich in unserer Arbeit abgesichert haben.

Die Novelle zum Kontenregister- und Konteneinschaugesetz ist auch dafür ein wichtiges Regelwerk. Der Entwurf wurde natürlich im Vorfeld mit der Wirtschaftskammer und mit den Bankenvertretern abgestimmt. Der Bankenwirtschaft war bewusst, dass derartige Änderungen in der nationalen Rechtslage erforderlich sind, um die Geldwäscherichtlinie umzusetzen und Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden. Das Bankgeheimnis bleibt natürlich weiterhin aufrecht, es wird nur die Erteilung von Auskünften aus dem Konten­register auf einige Behörden erweitert, und zwar auf das BVT, die Geldwäsche­melde­stelle, das Bundeskriminalamt, die Nationalbank und das Bundesministerium für Inneres.

Natürlich kann aus heutiger Sicht noch nicht gesagt werden, dass durch die Einsicht­nahme des BVT Anschläge wie der Terroranschlag in Wien verhindert werden können, es ist aber sicher ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung und vielleicht in weiterer Folge zur Verhinderung von Terrorismus.

Ein wichtiger Meilenstein ist auch ein auf künstlicher Intelligenz basierendes Trans­aktionsmonitoring, welches Listen von auffälligen Transaktionen erstellt, welche wiede­rum von den Bankmitarbeitern kontrolliert werden, wodurch auch kein Problem mit dem Datenschutz besteht.

Zusammenfassend kann ich nur festhalten, dass dieses Gesetz einen weiteren wesent­lichen Schritt zur Verbesserung des Systems zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung darstellt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

16.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. (Ruf bei der ÖVP: Doch, schau!)

Die Debatte ist noch nicht geschlossen. Ich darf Abgeordnetem Kopf das Wort erteilen. – Bitte.


16.58.01

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ganz kurz noch eine Anmer­kung zum Geldwäschegesetz  kurz gesagt, es sind mehrere Gesetze –: Wir haben im An­schluss an den Finanzausschuss, in dem nahezu alle Fraktionen dieser Gesetzes­vorlage noch zugestimmt haben – nahezu alle, Kollege Fuchs, nicht alle –, eine Be­sprechung über zusätzliche Wünsche einzelner Fraktionen geführt.

Es kam dann gestern von der SPÖ-Fraktion der Wunsch nach einem Abänderungs­antrag, der sich auf zwei Dinge bezieht, die grundsätzlich durchaus diskussionswürdig sind, nämlich einmal die Einbeziehung von ausländischen Unternehmen, die Liegen­schaften im Inland erwerben wollen, und auf der anderen Seite auch die Einbeziehung von Gründern von Vereinen, weil beides natürlich durchaus geeignet sein kann, Geld­wäsche zu betreiben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 178

Nur ist dieser Antrag seitens der Sozialdemokratie insofern unvollständig, als natürlich im Zuge dessen auch Gesetze wie das E-Government-Gesetz oder bei den Vereinen zum Beispiel das Vereinsgesetz geändert werden müssen oder im Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz beispielsweise die Definition des wirtschaftlichen Eigentü­mers ergänzt oder geändert werden müsste. Insofern können wir diesen Abänderungs­antrag so, in dieser Form, nicht akzeptieren, weswegen nun die Sozialdemokratie angekündigt hat, diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen zu wollen.

Dieses Gesetz beinhaltet Verfassungsbestimmungen, es ist nicht mit der verfassungs­mäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit zu rechnen. Ich bedauere das sehr und er­suche die Damen und Herren noch einmal, dem Gesetzentwurf in dieser Form zuzu­stimmen. Wir haben auch angeboten, das Finanzministerium über einen Entschließungs­antrag aufzufordern, diese zwei Sachverhalte in weiterer Folge nachzuliefern.

Wir sind weiterhin dazu bereit, auch diese beiden Sachverhalte gesetzlich zu regeln, aber wenn, dann vollumfänglich. Deswegen noch einmal mein Appell: Stimmen Sie diesem wichtigen, zur Verhinderung von Geldwäsche notwendigen Gesetz jetzt zu, und ich sichere Ihnen zu, dass wir bereit sind, in weiterer Folge auch für diese zwei Tat­bestände eine gesetzliche Grundlage zu schaffen!

In diesem Sinne würde ich Sie bitten, dieses Gesetz jetzt nicht zu verhindern, sondern ihm zu­zustimmen. Wie gesagt, wir regeln die anderen beiden Punkte sehr zeitnah, wenn es geht, schon im Jänner. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Krainer. – Bitte.


17.01.21

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielleicht in Ergänzung: Worum geht es bei der Geldwäsche? Wir haben uns das genau angesehen und haben uns auch angesehen, wie andere europäische Länder diese Geldwäscherichtlinie umgesetzt haben – zum Beispiel Deutschland, sehr ähnliche Rechts­lage zu uns –, und da sind wir draufgekommen, dass es in Österreich Lücken bei der Umsetzung gibt. Wir haben ganz konkret auf diese zwei Lücken auf­merksam gemacht, haben circa 30 Stunden vorher den Regierungsfraktionen, allen Fraktionen hier im Haus einen Abänderungsantrag übermittelt, deutlich früher, als die Regierungsfraktionen uns Abänderungsanträge für heute, die wesentlich länger sind, übermittelt haben. – Nur zur Fairness, wer hier fair zu wem ist. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Die Vorhalte, die kamen, vor allem von der ÖVP, waren, es sei unklar, ob das euro­pa­rechtlich hält und ob das überhaupt richtlinienkonform ist. Da kann ich alle beruhigen: Das ist seit fast einem Jahr in Deutschland in Gesetzeskraft. Das ist europarechtlich erprobt. Es geht darum, dass zum Beispiel bei Personen, die sich aus Russland über Konstruktionen Immobilien, egal, ob in Tirol oder in der Wiener Innenstadt, kaufen, heute nicht überprüft wird, ob das Geld sauber ist und wer hinter diesen Konstruktionen steht.

Bei allen anderen wird das untersucht, aber bei Personen aus Drittstaaten nicht. Das wollten wir einfach reparieren! Das ist unser Vorschlag. Wenn es heißt, es sei zu wenig Zeit: Kein Problem, wir stellen einen Rückverweisungsantrag. Es gibt nächste Woche eine Sitzung des Finanzausschusses, wir können das nächste Woche im Finanz­aus­schuss sofort wieder behandeln, haben es dann wieder im nächsten Plenum.

Es ist halt ein weiteres Beispiel dafür, dass Kollegin Plakolm nicht recht hat. Es gibt hier sehr konstruktive Vorschläge der Opposition. Die Regierung ist herzlichst eingeladen, diesen zu folgen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.03



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 179

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Finanzausschusses und fahre in der Tagesordnung fort.

17.03.4218. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1109/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungs­ge­setz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuer­maßnahmengesetz – COVID-19-StMG) (492 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (468 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das COVID-19-FondsG, das Härtefallfondsgesetz, das Arbeits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Bundesgesetz über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, das 22. COVID-19-Gesetz und das ABBAG-Gesetz geändert werden (COVID-19-Transparenzgesetz) (488 d.B.)

20. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1112/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz 1977 geändert werden (491 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1111/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert wer­den (493 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1110/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pan­demie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden (494 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 18 bis 22 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Es sind dies Berichte des Finanzausschusses.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Der erste Redner ist Herr Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte.


17.04.12

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich kann gleich das nächste Beispiel bringen, nicht nur für konstruktive Oppositionsarbeit, sondern auch für die Fähigkeit von Regie­rungs­parteien, Oppositionsanträge abzuschreiben.

Wir haben ja gestern spät in der Nacht einen Abänderungsantrag bekommen (einen Antrag in die Höhe haltend) – und siehe da, das ist wortwörtlich vom SPÖ-Antrag abge­schrieben, der fast auf den Tag genau ein Jahr alt ist. Vielen Dank fürs Abschreiben! Wir unterstützen diesen Teil sehr gerne. Da geht es darum, dass für Monatshygieneprodukte nicht mehr der volle Mehrwertsteuersatz zu zahlen ist; wortwörtlich abgeschrieben. Kollegin Plakolm hat gemeint, die Opposition sei nicht konstruktiv. – Mag sein, aber abschreiben kann die Regierung noch alle Tage. Vielen Dank in diesem Punkt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Zu den wesentlichen Fragen, mit denen wir uns jetzt in dieser Debatte beschäftigen: Die erste Frage ist: Wer bekommt überhaupt diese Covid-19-Hilfe? Kommt diese Hilfe an? Das, was wir ja alle erlebt haben, ist, dass am Anfang, also vor allem im ersten Halbjahr, die Hilfe zu wenig war, zu spät kam oder nicht angekommen ist, und das, was wir jetzt sehen, beim Lockdown zwei, ist, dass mit der vollen Gießkanne überall hingegossen wird und nicht treffsicher agiert wird.

Es ist vollkommen richtig, vor allem Klein- und Mittelbetriebe, Wirte und so weiter zu unterstützen, aber wenn wir erfahren, dass zum Beispiel ein Glücksspiellokal, ein Glücks­spielcafé die unglaubliche Summe von 280 000 Euro nur für den Lockdown zwei bekommt – das ist das Vierzigfache des Jahresgewinns des Vorjahrs! –, dann wissen wir, diese Hilfe ist auf jeden Fall falsch.

Nein, wir wollen Glücksspiel, wir wollen Wetten nicht mit Steuergeld subventionieren. Das wollen wir nicht und das unterstützen wir auch nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Auf der einen Seite wissen wir, dass Herr Graf, der Eigentümer und Gründer von Novomatic, ich glaube, der zweitreichste Österreicher mit circa 6,5 Milliarden Euro Privatvermögen ist. Den müssen wir jetzt aus Steuermitteln mit 2,4 Millionen Euro unterstützen. 2,4 Millionen Euro für jemanden, der eh genug hat! Ganz ehrlich gesagt, das brauchen wir nicht. Das ist nicht treffsicher! Nein, wir wollen hier weder die Novomatic noch Herrn Graf noch die Glücksspielindustrie subventionieren. Das ist nicht der Bereich, bei dem wir sagen, dass dort die Hilfe hingehört und dass die Hilfe richtig ankommt. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Dafür fehlt die Hilfe bei all jenen, die indirekt von der Krise betroffen sind. Das sind zum Beispiel Taxiunternehmen, das sind Veranstalter, die Kulturveranstaltungen ausrichten, das sind natürlich auch viele freie Selbstständige, kleine Veranstalter, Tontechniker, Lichttechniker, Fotografen et cetera – dort, wo die Hilfe überall nicht ankommt, nämlich gar nichts ankommt. Das ist ein Problem: Auf der einen Seite viel zu viel Geld für die Glücksspielindustrie, aber dafür kein Geld für kleine Selbstständige, die es wirklich brauchen.

Die nächste Frage und die entscheidende Frage – und mit dieser Frage werden wir uns noch jahrelang beschäftigen – ist die Frage: Wer bezahlt denn die Kosten? Wer bezahlt denn diese Krise am Ende des Tages? Das, was wir sehen, ist, dass es viele Länder gibt, die zum Beispiel Vermögensteuern, Vermögensabgaben einführen und sagen: Ja, die oberen Zehntausend sollen einen Beitrag von 2, 3, 4, 5 Prozent ihres Vermögens leisten. Das passiert in Argentinien, das wird in Großbritannien überlegt, das wird in


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Spanien überlegt. Das wird in vielen Ländern überlegt, nur in Österreich sagt die ÖVP, alle sollen einen Beitrag leisten, nur die Milliardäre nicht, nur nicht die Spender der Kurz-ÖVP.

Diese Auseinandersetzung werden wir noch führen, denn ich sage Ihnen eines: Am Ende des Tages werden auch die Milliardäre einen Beitrag zur Finanzierung dieser Krise leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein dritter, ganz wesentlicher Punkt ist: Was sind denn die Bedingungen für die Hilfe? Wenn wir einem Unternehmen helfen, kriegt es das Geld einfach so oder gibt es irgend­welche Bedingungen dafür? Zum Beispiel kann es ja die Bedingungen geben, dass Arbeitsplätze gerettet werden müssen, dass Leute nicht entlassen werden dürfen, dass der Standort garantiert werden muss und dass die Firmen ihre Steuern ordentlich zahlen müssen und auch gezahlt haben müssen.

Jemand, der, sage ich einmal, die ganze Zeit Steueroasen genützt hat, also der seine Beiträge nicht ordentlich in die Gemeinschaftskasse zahlt, dem sollen wir dann, wenn er ein Problem hat, wenn es ihm schlecht geht, aus der Gemeinschaftskasse Geld geben?!

Jetzt schauen wir uns an: Was macht die Regierung? – Das schönste Beispiel ist die AUA-Rettung. Da ist es wichtig, dass die Managerboni gerettet werden, dass die Dividenden gerettet werden. Die Arbeitsplätze sind egal, der Standort ist egal, und ob die ehrlich ihre Steuern zahlen, ist dem Finanzminister auch egal. Im Gegenteil! Er unterschreibt im Vertrag bei deren Rettung, dass Steuern und Abgaben in Zukunft für gewisse Teile bewusst nicht in Österreich gezahlt werden, sondern in Luxemburg, weil es in Luxemburg billiger ist.

Der Finanzminister selber handelt aus, dass im Zuge der Rettung der AUA Abgaben und Steuern nicht mehr in Österreich bezahlt werden. Das muss man sich einmal vorstellen! Dazu sagen wir: Nein, das geht mit uns sicher nicht! Jemand, der Hilfe verdient, soll sie bekommen, aber es gibt auch gewisse Regeln: dass er seine Leute nicht hinauswirft, dass er seine Steuern zahlt und dass der Betrieb nicht ins Ausland verlagert wird. Das sind die Grundbedingungen, die jeder erfüllen muss, und das passiert in der Praxis nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen darf ich einen Entschließungsantrag einbringen, in dem wir diese Punkte fordern: eine Solidarabgabe für Onlinekonzerne und Millionäre zur Finanzierung der Krise und dass zum Beispiel nicht Glücksspielunternehmen gefördert werden, sondern dass das Geld vernünftig ausgegeben wird.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, wenn Sie diesen Entschließungsantrag einbringen, müssen Sie ihn im vollen Text verlesen, sonst gilt er als nicht eingebracht.


Abgeordneter Kai Jan Krainer (fortsetzend): Das kann ich gerne machen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine gerechte Krisenbewältigung und -finanzierung sicherzustellen und folgende Punkte zur Umsetzung zu bringen:

1. Die Einführung einer Solidarabgabe für Onlinekonzerne wie Amazon und für Millionäre zur Finanzierung der Kosten der Krise ist sicherzustellen.


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2. Die Überförderungen mittels Umsatzersatz etwa bei Luxushotels für nicht verkauften Champagner oder bei Glücksspielunternehmen für Wetteinsätze sind einzustellen. Die dadurch freiwerdenden Budgetmittel sind stattdessen armutsgefährdeten und arbeits­losen Menschen (Erhöhung der Nettoersatzrate um 70%) zur Verfügung zu stellen.

3. Es braucht wirksame Wirtschaftshilfen für Unternehmen, die indirekt hart von den Lockdowns betroffen sind (vom Taxigewerbe bis zu Kultur-Veranstaltern).

4. Die Wirtschaftshilfen sind an ein umfassendes Dividendenverbot (rückwirkend und für die Zukunft) sowie eine umfassende Arbeitsplatzgarantie zu koppeln.

5. Die Kürzungen der Pensionen für alle künftigen Pensionistinnen und Pensionisten sowie die Abschaffung der abschlagsfreien Pension nach 45 Arbeitsjahren sind zurück­zunehmen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.11

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordnete Kai Jan Krainer

Genossinnen und Genossen

Betreffend: Solidarabgabe für Millionäre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 18

50 Milliarden Euro wurden seitens der Bundesregierung für die Kosten der Corona Krise bisher veranschlagt. Angesichts des Coronakrisenmanagements mit traurigen Spitzen­werten bei Infektions- und Todeszahlen und dem damit verbunden zweiten Lockdown und einem wahrscheinlichen dritten Lockdown im Jänner wird diese Summe wohl weiter steigen.

Während die Wirtschaftshilfen im ersten Lockdown zu gering und zu bürokratisch aus­gefallen sind und dadurch binnen weniger Wochen 200.000 Menschen ihren Job ver­loren haben, zeichnen sich die Hilfen im zweiten Lockdown durch eine besonders geringe Treffsicherheit aus.

Der "Falter" berichtet beispielsweise von enormen Summen die Glücksspielanbietern und Wettcafés durch einen undifferenzierten Umsatzersatz erhalten. Ein Wettbüro bekam für den November/Dezember eine Hilfszahlung von fast 280.000 Euro. Dieser Betrag entspricht dem 40-Fachen (!) des Jahresgewinns aus 2018. Novomatic erhält für seine Admiral-Sportwettenbüros sowie die Glücksspielsalons eine Hilfszahlung von 2,4 Mio. Euro (!). Novomatic Gründer Johann Graf ist mit einem geschätzten Vermögen von rund 6,5 Mrd. Euro der zweitreichste Österreicher hinter Dietrich Mateschitz. Ein Mensch mit 6,5 Mrd. Euro an Vermögen erhält aus dem österreichischen Steuertopf eine För­derung in der Höhe von 2,4 Mio. Euro nur durch den Umsatzersatz im November – die Kurzarbeitsförderung kommt hier noch hinzu.

Gleichzeitig gibt es für viele Unternehmen, die indirekt von den Lockdowns betroffen sind, wenig bis gar keine Hilfen – dazu zählen zum Beispiel Taxiunternehmen oder Veranstalter von Kulturveranstaltungen.


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Österreich zählt in Europa zu den Ländern mit den höchsten Steuern auf Arbeit und den niedrigsten auf Vermögen – und wenn es erklärtes Ziel der Regierung ist, zur alten Normalität zurückzukehren, dann ist das für vieles schön und gut, aber sicher nicht für die Steuerfrage. Es kann nämlich nicht so sein, dass die ArbeitnehmerInnen, die mehr als 80% der Steuern und Abgaben zahlen, die Dummen sind und die Corona-Krise finanzieren. Insbesondere dann nicht, wenn die Bundesregierung den Luxushotels Cham­pagnerflaschen, die sie zu Silvester nicht verkaufen können, mit 50% subventioniert. Der Champagner wird nämlich nicht schlecht, er wird einfach im nächsten Jahr verkauft.

Gegen die Rettung von kleinen Gast- und Wirtshäusern ist nichts einzuwenden – ganz im Gegenteil, ihnen muss mehr geholfen werden – aber das Steuergeld zu ver­schwenden für die Überförderung von Luxushotels und Glücksspielunternehmen, kommt einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben gleich und ist das Gegenteil von treffsicheren Wirtschaftshilfen.

In Spanien und Argentinien werden Vermögensteuern für Millionäre zur Finanzierung der Krise eingeführt. Der deutsche Finanzminister macht sich für die Einführung einer solchen Vermögenssteuer in Deutschland stark. Aber was passiert in Österreich?

Statt Onlinekonzernen wie Amazon oder Multimillionären wie Johann Graf einen Solidarbeitrag abzuverlangen, kürzt die Regierung die Pensionen für zukünftige Pen­sionistinnen und Pensionisten und streicht die abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeits­jahren.

So kann es nicht weitergehen, wir müssen jetzt über eine gerechte Krisenfinanzierung sprechen und dafür die Weichen stellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine gerechte Krisenbewältigung und -finanzierung sicherzustellen und folgende Punkte zur Umsetzung zu bringen:

1.          Die Einführung einer Solidarabgabe für Onlinekonzerne wie Amazon und für Mil­lio­näre zur Finanzierung der Kosten der Krise ist sicherzustellen.

2.          Die Überförderungen mittels Umsatzersatz etwa bei Luxushotels für nicht ver­kauften Champagner oder bei Glücksspielunternehmen für Wetteinsätze sind einzu­stellen. Die dadurch freiwerdenden Budgetmittel sind stattdessen armutsgefährdeten und arbeits­losen Menschen (Erhöhung der Nettoersatzrate auf 70%) zur Verfügung zu stellen.

3.          Es braucht wirksame Wirtschaftshilfen für Unternehmen, die indirekt hart von den Lockdowns betroffen sind (vom Taxigewerbe bis zu Kultur-Veranstaltern).

4.          Die Wirtschaftshilfen sind an ein umfassendes Dividendenverbot (rückwirkend und für die Zukunft) sowie eine umfassende Arbeitsplatzgarantie zu koppeln.

5.          Die Kürzungen der Pensionen für alle künftigen Pensionistinnen und Pensionisten sowie die Abschaffung der abschlagsfreien Pension nach 45 Arbeitsjahren sind zurückzunehmen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Antrag ist jetzt ordnungsgemäß eingebracht, auch aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Karlheinz Kopf. – Bitte.


17.11.53

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier in diesem Hohen Haus im Zusammenwirken mit der Bundesregierung in den letzten neun Monaten im Rahmen dieser unsäglichen Pandemie und ihrer Auswirkungen auf die Menschen in Österreich und natürlich auch auf die Wirtschaftstreibenden in Österreich eine ganze Reihe von sehr, sehr wirksamen Hilfsinstrumenten auf die Reihe gebracht und in der Zwischenzeit auch Milliardenbeträge – ganz konkret schon in der Größenordnung von über 20 Milliarden Euro – zur Auszahlung beziehungsweise zur Zusage gebracht, was vielen, vielen Betrieben in Österreich das Überleben sichert und viele Hunderttausend Arbeitsplätze in diesem Lande sichert.

Selbstverständlich binden wir diese Förderungen auch an ganz bestimmte Voraus­setzungen, zum Beispiel an das steuerliche Wohlverhalten dieser Unternehmen. Das ist in den Richtlinien dieser einzelnen Förderinstrumente sehr konkret ausgeführt, und wir beschließen heute für alle Förderungen, die wir künftig – ab dem 1.1. nächsten Jahres – noch aufsetzen, eine allgemeine steuerliche Bestimmung desselben Wortlautes, damit man das künftig nicht mehr in den einzelnen Richtlinien festhalten muss. Es sind, Kollege Krainer, in diesen verschiedenen Förderinstrumenten selbstverständlich auch Arbeits­platz­garantien im Sinne von Kündigungsverboten enthalten. Selbstverständlich halten auch wir das zum Beispiel beim Umsatzersatz für ein Gebot der Stunde und eine Not­wendigkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Was wir heute im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes beschließen, ist eine ganze Reihe von neuen zusätzlichen steuerlichen Maßnahmen. Wir haben in der Vergan­genheit neben direkten Förderungen für Unternehmen, aber auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon eine Reihe von Steuererleichterungen beschlossen. Ich darf nur beispielsweise an die Umsatzsteuersenkung auf 5 Prozent für die Gastronomie, die Hotellerie, Kulturveranstalter, Medien, aber auch für Bücher und E-Books erinnern. Wir senken jetzt im Sinne einer Kreislaufwirtschaft und der Vermeidung einer Wegwerf­men­talität die Mehrwertsteuer auf Reparaturleistungen und machen vieles andere mehr.

Wir beschließen auch das Weitergelten verschiedenster steuerlicher Erleichterungen. Wir modifizieren und verbessern die Kleinstunternehmerpauschalierung, und wir führen weitere Maßnahmen gegen die Steuervermeidung namens Zinsschranke ein, um zu verhindern, dass bei der Körperschaftsteuer unlauter auf Kosten des Fiskus und der Allgemeinheit gespart wird. Wir verlängern auch die Garantien, beispielsweise beim AWS und bei der ÖHT, im Rahmen des KMU-Fördergesetzes, neben vielen anderen Punkten mehr.

Ich verhehle nicht, dass wir mit unserem Koalitionspartner heute auch eine gesetzliche Maßnahme beschließen, die für uns in der Wirtschaft schmerzhaft ist. Die drastische Erhöhung der NoVA über die nächsten Jahre hinweg, die insbesondere die Kleintrans­porter und Klein-Lkws für Wirtschaftstreibende betrifft, schmerzt sagenhaft – das sage ich Ihnen – und ist ein Zugeständnis an unseren Koalitionspartner, das uns wehtut, aber Partnerschaft ist Partnerschaft und ist Geben und Nehmen. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.) – Der Applaus kommt von dort drüben. (Heiterkeit des Redners. – Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Meine Damen und Herren, ein Hinweis auf weitere verschiedenste Steuererleich­terun­gen sei hier noch angebracht. Damit das Ganze aber auch wirksam werden kann – vor allem zwei weitere Maßnahmen wirksam werden können –, bringe ich auch noch einen Abänderungsantrag zum COVID-19-Steuermaßnahmengesetz der Abgeordneten


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Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen ein. Der Antrag ist ob seiner Länge verteilt worden; ich erwähne zwei Punkte daraus:

Es ist zum einen sehr wertvoll, dass, wenn der Freibetrag für die Teilnahme beispiels­weise an Betriebsveranstaltungen nicht ausgeschöpft ist – jetzt, wenn natürlich keine Weihnachtsfeiern und so weiter stattfinden können –, anstelle dessen auch Gutscheine an die Mitarbeiter ausgegeben werden können. Bis zu einem Wert von 365 Euro sind diese steuerfrei – um nur einen Punkt zu erwähnen.

Der zweite Punkt – ganz, ganz wichtig für die Unternehmerinnen und Unternehmer – ist ein Ratenzahlungsmodell für die gestundeten Steuern, die ja schon ab dem 15. Jänner fällig wären; dies wird jetzt auf das Zahlungsdatum 31.3. verschoben, und in weiterer Folge kann die Rückzahlung dieser gestundeten Steuern auf bis zu 36 Monate erstreckt werden, und diese können in Raten rückgeführt werden.

Das sind zwei ganz, ganz wichtige Maßnahmen, die sich in diesem Abänderungsantrag wiederfinden. Er ist, wie gesagt, verteilt worden.

Meine Damen und Herren! Es sind ganz, ganz wichtige Maßnahmen zur steuerlichen Entlastung von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in Österreich, und ich darf Sie um Ihre Zustimmung zu diesen Maßnahmen ersuchen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA,

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 1109/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommen­steuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förde­rungsprüfungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG), in der Fassung des Ausschussbe­rich­tes (492 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Antrag in der Fassung des Ausschussberichtes 492 d.B. wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

1. Die Z 1 (§ 17 Abs. 3a) erhält die Bezeichnung „3.“ und die bisherigen Z 2 bis 21 erhalten die Bezeichnungen „4.“ bis „23.“.

2. Vor Z 3 (§ 17 Abs. 3a) werden folgende Z 1 und 2 eingefügt:

„1. In § 6 Z 2 lit. a lautet der vorletzte Satz:

„Eine pauschale Wertberichtigung für Forderungen ist unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 7 des Unternehmensgesetzbuches in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2015 zulässig.“

2. In § 9 Abs. 3 entfällt der erste Satz und folgender letzter Satz wird angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 186

„Rückstellungen im Sinne des Abs. 1 Z 3 dürfen jedoch unter den Voraussetzungen des § 201 Abs. 2 Z 7 des Unternehmensgesetzbuches in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2015 pauschal gebildet werden.““

3. In der nunmehrigen Z 8 (§ 77 Abs. 4a) lautet Z 1 lit. b wie folgt:

              „b)         Bezug von Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung,“

4. Nach der nunmehrigen Z 11 (§ 108h Abs. 1 Z 2) wird folgende Z 11a eingefügt:

„11a. In § 124 Z 5 tritt an die Stelle der Wortfolge „31. Dezember 2020“ die Wortfolge „31. Dezember 2023“.“

5. In der nunmehrigen Z 23 (§ 124b) werden folgende Z 371 und 372 angefügt:

              „371.    Wird im Kalenderjahr 2020 der Freibetrag für die Teilnahme an Betriebs­ver­anstaltungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 14 nicht oder nicht zur Gänze ausgeschöpft, kann der Arbeitgeber im Zeitraum von 1. November 2020 bis 31. Jänner 2021 Gutscheine im Wert von bis zu 365 Euro an seine Arbeitnehmer ausgeben. Diese Gutscheine stellen einen steuerfreien geldwerten Vorteil aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 14 dar.

              372.     § 6 Z 2 lit. a und § 9 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 sind erstmalig anzuwenden für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen. Dabei gilt:

              a)          Eine pauschale Forderungswertberichtigung darf auch für Forderungen erfolgen, die in Wirtschaftsjahren entstanden sind, die vor dem 1. Jänner 2021 enden.

              b)          Eine pauschale Rückstellung darf auch gebildet werden, wenn der Anlass für deren erstmalige Bildung in Wirtschaftsjahren liegt, die vor dem 1. Jänner 2021 enden.

              c)          Die gemäß lit. a und lit. b zu berücksichtigenden Wertberichtigungs- und Rückstellungsbeträge sind auf das Wirtschaftsjahr, das nach dem 31. Dezember 2020 beginnt, und gleichmäßig auf die folgenden vier Wirtschaftsjahre zu verteilen.“

II. Artikel 2 (Änderung des Körperschaftsteuergesetzes 1988) wird wie folgt geändert:

Z 4 (§ 12a) wird wie folgt geändert:

a) In Abs. 5 wird in der Z 1, 2 und 3 das Wort „Einzelabschluss“ jeweils durch das Wort „Jahresabschluss“ ersetzt.

b) Nach Abs. 8 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) Bei der Ermittlung des Zinsüberhangs im Sinne des Abs. 3 bleiben Zinsauf­wen­dungen für Darlehen außer Ansatz, die nachweislich und ausschließlich zur Finan­zierung von langfristigen öffentlichen Infrastrukturprojekten innerhalb der Europäischen Union von allgemeinem öffentlichen Interesse verwendet werden. Ausgenommen davon sind Atomkraftwerke und klimaschädliche Infrastrukturprojekte, wobei der Bundes­minis­ter für Finanzen im Einvernehmen mit der Bundesministern für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie ermächtigt wird, die Voraussetzungen näher mit Verordnung festzulegen. Bei der Ermittlung des steuerlichen EBITDA im Sinne des Abs. 4 bleiben Einkünfte aus langfristigen öffentlichen Infrastrukturprojekten außer Ansatz.“

III. Artikel 3 (Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994) wird wie folgt geändert:

1. Z 3 lit. d lautet wie folgt:

„d) Nach § 28 Abs. 52 wird folgender Abs. 53 angefügt:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 187

„(53)

              1.          § 1 Abs. 3, § 10 Abs. 2 Z 9 und 10 sowie Anlage 1 Z 35, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2020, treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft und sind erstmals auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 ausgeführt werden bzw. sich ereignen.

              2.          Das Vereinigte Königreich gilt als Gemeinschaftsgebiet und Mitgliedstaat hinsichtlich:

              a)          der Waren, die aus dem Gebiet des Vereinigten Königreichs in das Gebiet eines Mitgliedstaats oder umgekehrt befördert oder versandt werden, sofern die Beför­derung oder Versendung vor dem 1. Jänner 2021 beginnt und nach dem 31. Dezember 2020 endet;

              b)          der Rechte und Pflichten von steuerpflichtigen Personen in Bezug auf die vor dem 1. Jänner 2021 ausgeführten Umsätze mit einem grenzüberschreitenden Element zwischen dem Gebiet des Vereinigten Königreichs und einem Mitgliedstaat sowie in Bezug auf die unter lit. a fallenden Waren. Dies gilt bis 31. Dezember 2025 und mit folgenden Einschränkungen:

              aa)        Erstattungsanträge eines im Gebiet des Vereinigten Königreichs ansäs­sigen Unternehmers sind spätestens am 31. März 2021 zu stellen.

              bb)        Berichtigungen von Erklärungen gemäß § 25a Abs. 6 oder Art. 25a Abs. 12 sind vor dem 1. Jänner 2022 abzugeben.

              3.          Unabhängig von § 6 und Art. 6 sind die Lieferung, der innerge­mein­schaftliche Erwerb und die Einfuhr von COVID-19-In-vitro-Diagnostika und COVID-19-Impfstoffen, sowie eng mit diesen Diagnostika oder Impfstoffen zusammenhängende sonstige Leistungen steuerfrei. Bei diesen Umsätzen tritt abweichend von § 12 Abs. 3 der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nicht ein.

              4.          Der Unternehmer kann auf die Anwendung der Z 3 verzichten.

              5.          Z 3 und 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2020 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft und sind auf Umsätze und sonstige Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Jänner 2023 ausgeführt werden bzw. sich ereignen.““

2. Nach Z 3 wird folgende Z 4 angefügt:

„4. In Anlage 1 (zu § 10 Abs. 2 UStG 1994) wird nach Z 34 folgende Z 35 angefügt:

              „35.       Waren der monatlichen Damenhygiene aller Art (aus Unterpositionen 3924 90, 4014 90, 0511 99 39 und 9619 00 der Kombinierten Nomenklatur).““

IV. Artikel 5 (Änderung der Bundesabgabenordnung) wird wie folgt geändert:

1. In Z 9 (§ 323c) lautet lit. c:

„c) Abs. 13 lautet:

„(13) Unbeschadet aller sonstigen Vorschriften des § 212 Abs. 2 sind ab 15. März 2020 bis 31. März 2021 keine Stundungszinsen vorzuschreiben. Ab 1. April 2021 bis 31. März 2024 betragen die Stundungszinsen zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basis­zinssatz pro Jahr.““

2. Z 10 (§ 323e) lautet:

„10. § 323e lautet samt Überschrift:

„COVID-19-Ratenzahlungsmodell


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 188

§ 323e. (1) Abweichend von § 212 Abs. 1 besteht nach Maßgabe der Abs. 2 bis 3 die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrück­standes (Abs. 2 Z 1) in angemessenen Raten in zwei Phasen über die Dauer von längstens sechsunddreißig Monaten. Die Zinsen betragen zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr. Die gleichzeitige Gewährung einer Zahlungs­erleichterung gemäß § 212 ist ausgeschlossen.

(2) Für die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

              1.          Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, die überwiegend zwischen dem 15. März 2020 und dem 31. März 2021 fällig geworden sind einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 1 gelegen sind.

              2.          Der Antrag auf Ratenzahlung ist ab dem 4. März 2021 bis zum 31. März 2021 einzubringen.

              3.          Der Ratenzahlungszeitraum endet am 30. Juni 2022.

              4.          Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige einmal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

              5.          Die während des Ratenzahlungszeitraumes an eine Abgabenbehörde geleisteten Zahlungen können weder nach der Insolvenzordnung – IO, RGBl. Nr. 337/1914 noch nach der Anfechtungsordnung – AnfO, RGBl. Nr. 337/1914, angefochten werden.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden.

(3) Für die Phase 2 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gilt Folgendes:

              1.          Gegenstand des Antrags auf Ratenzahlung sind Abgabenschuldigkeiten, für die bereits die Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells gewährt worden ist, die aber in diesem Ratenzahlungszeitraum nicht vollständig entrichtet werden konnten, einschließlich die der Höhe nach bescheidmäßig festgesetzten Vorauszahlungen an Einkommen- oder Körperschaftsteuer, hinsichtlich derer die Zahlungstermine in der Phase 2 gelegen sind.

              2.          In Phase 1 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells wurden zumindest 40% des überwiegend CO-VID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) entrichtet und es ist kein Terminverlust (§ 230 Abs. 5) eingetreten.

              3.          Der Antrag ist vor dem 31. Mai 2022 einzubringen.

              4.          Der Ratenzahlungszeitraum beträgt längstens einundzwanzig Monate.

              5.          Der Antragsteller hat glaubhaft zu machen, dass er den aus der Phase 1 verbliebenen Abgabenrückstand zusätzlich zu den laufend zu entrichtenden Abgaben innerhalb des beantragten Ratenzahlungszeitraumes der Phase 2 entrichten kann.

              6.          Innerhalb des Ratenzahlungszeitraumes kann der Abgabepflichtige einmal einen Antrag auf Neuverteilung der Ratenbeträge stellen.

Abgesehen von den Voraussetzungen für die Gewährung der Ratenzahlung ist im übrigen § 212 BAO anzuwenden.

(4) Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welcher Form die Glaubhaftmachung gemäß Abs. 3 Z 5 zu erbringen ist.““

V. Artikel 9 (Änderung des COVID-19-Förderungsprüfungsgesetzes) wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 189

1. Die Änderung des § 13 erhält die Bezeichnung „3.“.

2. Vor Z 3 werden folgende Z 1 und 2 eingefügt:

„1. In § 2 Abs. 3 wird nach der Wortfolge „in diesem Gesetz“ die Wortfolge „oder in einer auf § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes gestützten Verordnung“ eingefügt.

2. Der Text des § 8b erhält die Absatzbezeichnung „(1)“ und es wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Abs. 1 gilt nicht für Zuschüsse auf Grundlage der Verordnung BGBl. II Nr. 503/2020.““

Begründung

Zu I.:

Zu Z 2 und Z 5 (§ 6 Z 2 lit. a und § 124b Z 372):

Das bisher in § 6 Z 2 lit. a vorletzter Satz normierte generelle Verbot der pauschalen Wertberichtigung für Forderungen soll aufgegeben werden. Aufgrund der COVID-19-Krise hat die Thematik der Forderungswertberichtigung für Unternehmen zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Pauschale Wertberichtigungen von Forderungen sollen daher künftig unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein. Damit trägt die Regelung in einem besonders praxisrelevanten Bereich auch zur Vereinheitlichung von Unter­nehmens- und Steuerrecht im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 bei und leistet gleichzeitig einen Beitrag zu dem mit dem RÄG 2014 verstärkt in Aussicht gestellten und auch im Regierungsprogramm 2020-2024 ausgewiesenen Ziel der Schaf­fung einer „Einheitsbilanz“.

Im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss ist die Bildung pauschaler Forde­rungs­wertberichtigungen nach Maßgabe von § 201 Abs. 2 Z 7 UGB idF BGBl. I Nr. 22/2015 bereits möglich. Danach muss die Bestimmung eines Wertes, die nur auf Basis von Schätzungen möglich ist, auf einer umsichtigen Beurteilung beruhen; liegen jedoch statistisch ermittelbare Erfahrungswerte aus gleich gelagerten Sachverhalten vor, so sind diese zu berücksichtigen. Die Neuregelung des § 6 Z 2 lit. a vorletzter Satz knüpft inhaltlich an § 201 Abs. 2 Z 7 UBG an; eine pauschale Wertberichtigung von Forde­rungen soll damit unternehmensrechtlich und steuerrechtlich nach einheitlichen Voraus­setzungen erfolgen können. Mit der Neuregelung soll den – durch die COVID-19-Krise verstärkten – Bedürfnissen der Unternehmen entsprochen, pauschal gegen unterschied­liche (Ausfall-)Risiken vorzusorgen. Vor diesem Hintergrund soll die pauschale Wertberichtigung für Forderungen erstmals bereits in Wirtschaftsjahren möglich sein, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen und dabei auch für Forderungen erfolgen kön­nen, die bereits in vor dem 1. Jänner 2021 endenden Wirtschaftsjahren entstanden sind. Die Nachholung der pauschalen Forderungswertberichtigung für diese „Forderungs­altbestände“ soll jedoch über fünf Jahre verteilt erfolgen. Durch die Neuregelung soll für Unternehmen eine umfassende Möglichkeit geschaffen werden, für den krisenbedingt zu erwartenden erhöhten Wertberichtigungsbedarf auch steuerwirksam vorsorgen zu können. Die Maßnahme soll damit insbesondere kleine und mittlere Unternehmen in Kri­senzeiten stärken.

Zu Z 2 und Z 5 (§ 9 Abs. 3 und § 124b Z 372):

Die Bildung von Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften setzt den Nachweis konkreter Umstände voraus, auf Grund der im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen oder mit dem Entstehen einer Verbindlichkeit bzw. eines Verlustes ernsthaft zu rechnen ist. Das Erfordernis des Vor­liegens konkreter Umstände im jeweiligen Einzelfall stand der Bildung von Pauschalrück­stellungen auf Basis von statistisch ermittelbaren Erfahrungswerten der Vergangenheit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 190

bisher regelmäßig entgegen (vgl VwGH 20.10.2010, 2007/13/0085, zur Frage der pau­schalen Bildung einer Gewährleistungsrückstellung nach § 9 Abs. 3 EStG 1988 ohne Eintritt eines konkreten Garantiefalles). Künftig soll jedoch die pauschale Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten nach Maßgabe der in § 201 Abs. 2 Z 7 UGB genannten Voraussetzungen auch steuerlich ausdrücklich zulässig sein. Damit soll die Bildung pauschaler Rückstellungen – wie auch die Vornahme pauschaler Forde­rungswertberichtigungen – unternehmensrechtlich und steuerrechtlich nach einheit­lichen Voraussetzungen erfolgen können. Die Bildung pauschaler Rückstellungen hat folglich auf einer umsichtigen Beurteilung zu erfolgen; liegen bei einem Unternehmen statistisch ermittelbare Erfahrungswerte der Vergangenheit aus gleich gelagerten Sachverhalten (z. B. bezogen auf bestimmte Produktkategorien) vor, sind diese bei der pauschalen Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten heranzuziehen. Die gebün­delte Berücksichtigung einer Vielzahl einzelner, aber gleichartiger Einzelrisiken – wie sie insbesondere bei der Herstellung von Massenprodukten eine Rolle spielt – soll dadurch künftig auch steuerlich ermöglicht werden, wodurch in einem weiteren praxisrelevanten Bereich ein Beitrag zu einem verstärkten Gleichklang von Unternehmens- und Steuer­recht im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 5 Abs. 1 geleistet werden soll.

Wie pauschale Forderungswertberichtigungen soll auch die Bildung pauschaler Rück­stellungen erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden sein, die nach dem 31. Dezember 2020 beginnen. Eine pauschale Rückstellung darf auch gebildet werden, wenn der Anlass für deren erstmalige Bildung in vor dem 1. Jänner 2021 endenden Wirtschafts­jahren liegt. Diese Nachholung soll über fünf Jahre verteilt erfolgen.

Zu Z 3 (§ 77 Abs. 4a Z 1 lit. b):

Im Zusammenhang mit dem Krankengeld soll das Kontrollsechstel nicht nur in jenen Fällen nicht zur Anwendung kommen, wenn kein Entgeltfortzahlungsanspruch mehr gegenüber dem Arbeitgeber besteht, sondern auch bereits bei Bezug von Teilkranken­geld. Denn auch beim reduzierten Entgeltfortzahlungsanspruch sinken die laufenden Bezüge, weshalb auch hier die Ausnahme vom Kontrollsechstel gerechtfertigt erscheint.

Zu Z 4 (§ 124 Z 5):

Die in § 124 vorgesehenen Sonderregelungen für die Übertragung von Anwartschaften und Leistungsverpflichtungen aus Pensionszusagen und direkten Leistungszusagen auf Pensionskassen sind nur für Übertragungsstichtage bis 31. Dezember 2020 anwendbar. Um eine weitergehende Anwendung zu gewährleisten, soll die Regelung für Übertra­gungsstichtage bis 31. Dezember 2023 verlängert werden.

Zu Z 5 (§ 124b Z 371):

Die rechtlichen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 führen dazu, dass in vielen Fällen übliche Betriebsveranstaltungen (z. B. Weihnachtsfeier) aus­fallen werden. Mit der Maßnahme soll ermöglicht werden, die Mitarbeiterbindung zum Unternehmen – auch ohne Betriebsveranstaltung – zu stärken. Wenn im Kalenderjahr 2020 der steuerfreie Vorteil aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen nicht oder nicht zur Gänze genutzt werden konnte, soll der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Gut­scheine bis maximal 365 Euro steuerfrei gewähren können. Damit soll der Konsum in Österreich gefördert und die Ertragslage von heimischen Unternehmen gestärkt werden. Idealerweise sollen demnach sowohl die Arbeitgeber beim Erwerb der Gutscheine als auch die Arbeitnehmer bei der Einlösung der Gutscheine den Fokus auf regionale Unter­nehmen legen.

Voraussetzung für die Steuerfreiheit soll sein, dass die Gutscheine im November 2020 bis Jänner 2021 ausgegeben werden. Die Steuerbefreiung soll sowohl Gutscheine von


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Einzelhändlern als auch von Verbänden von Einzelhändlern (z. B. Einkaufsmünzen) um­fassen.

Diese Gutscheine sind ein steuerfreier geldwerter Vorteil aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen und daher aufgrund der bestehenden Bestimmungen in § 5 Abs. 2 lit. c KommStG und § 41 Abs. 4 lit. c FLAG von den Lohnnebenkosten (Kom­munalsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds) befreit.

Der Freibetrag über Sachzuwendungen bis zu einer Höhe von 186 Euro jährlich soll von dieser Maßnahme unberührt bleiben bzw. können die beiden Höchstbeträge auch in einem Gutschein kumuliert werden.

Die Abhaltung einer Betriebsveranstaltung ist wie bisher nicht Voraussetzung dafür, dass Sachzuwendungen steuerfrei sind.

Zu II.:

Zu lit. a (§ 12a Abs. 5):

Auch wenn es sich beim Begriff „Einzelabschluss“ um einen rechtswissenschaftlich geläufigen Begriff handelt, soll in Abs. 5 eine Anpassung an den vom Unternehmens­gesetzbuch verwendeten Rechtsbegriff „Jahresabschluss“ erfolgen.

Zu lit. b (§ 12a Abs. 9):

Nach Art. 4 Abs. 4 lit. b ATAD steht es den Mitgliedstaaten frei, Zinsaufwendungen vom Anwendungsbereich der Zinsschranke auszunehmen, die für Darlehen zur Finanzierung langfristiger öffentlicher Infrastrukturprojekte verwendet werden. Bei öffentlichen Infra­strukturprojekten innerhalb der Europäischen Union handelt es sich den Vorgaben der ATAD entsprechend um Projekte, bei denen sowohl der Projektbetreiber, die Fremd­kapitalkosten, die Vermögenswerte als auch die Einkünfte in der Union belegen sind. Bei einem „langfristigen öffentlichen Infrastrukturprojekt“ handelt es sich nach der Definition der ATAD um ein Projekt „zur Bereitstellung, zum Ausbau, zum Betrieb und/oder zur Erhaltung eines umfangreichen Vermögenswerts, der von einem Mitgliedstaat als im allgemeinen öffentlichen Interesse stehend betrachtet wird“. Bei derartigen Infrastruk­turprojekten in Verbindung mit dem öffentlichen Sektor ist nur von einem geringen BEPS-Risiko auszugehen, weshalb die Zinsschranke diesfalls nicht kostensteigernd wirken soll. Die vollständige Ausnahme von derartigen Infrastrukturprojekten von der Zins­schranke in Abs. 9 soll den Vorgaben der ATAD entsprechend dadurch umgesetzt werden, dass weder die Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit derartigen Infra­struk­turprojekten bei der Ermittlung des Zinsüberhangs nach Abs. 3 noch die korrespondierenden Einkünfte bei der Ermittlung des steuerlichen EBITDA im Sinne des Abs. 4 zu berücksichtigen sind. Die Zinsschrankenregelung soll aber jedenfalls für Dar­lehen zur Finanzierung von Atomkraftwerken und klimaschädlichen Infrastruktur­pro­jekten angewendet werden. Der Bundesminister für Finanzen wird im Einvernehmen mit der Bundesministern für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie ermächtigt, die Voraussetzungen näher mit Verordnung festzulegen.

Zu III.:

Zu Z 1 und Z 2 (§ 28 Abs. 53 und Anlage 1 Z 35 (zu § 10 Abs. 2 UStG 1994)):

Wie im Regierungsprogramm vorgesehen, soll der Steuersatz für Damenhygieneartikel gesenkt werden. Ab 1.1.2021 soll daher die Lieferung, der innergemeinschaftliche Erwerb und die Einfuhr derartiger Produkte dem ermäßigten Steuersatz von 10% unter­liegen. Unter die Begünstigung fallen Erzeugnisse für Zwecke der Monatshygiene aller Art: Hygienische Binden (Einlagen) und Tampons aus Stoffen aller Art (aus Unterposition 9619 00 der Kombinierten Nomenklatur); Hygienegegenstände aus Kunststoffen (Menstru­ationstassen, Menstruationsschwämmchen, aus Unterposition 3924 90 der Kombinierten


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Nomenklatur); Waren zu hygienischen Zwecken aus Weichkautschuk (Menstru­ations­tassen, aus Unterposition 4014 90 der Kombinierten Nomenklatur); natürliche Schwäm­me tierischen Ursprungs (Menstruationsschwämmchen, aus Unterposition 0511 99 39 der Kombinierten Nomenklatur) und Periodenhosen (Slips und andere Unterhosen mit einer eingearbeiteten saugfähigen Einlage, zur mehrfachen Verwendung, aus Unter­position 9619 00 der Kombinierten Nomenklatur).

Die echte Steuerbefreiung für COVID-19-In-vitro-Diagnostika und COVID-19-Impfstoffe sowie eng mit diesen Diagnostika oder Impfstoffen zusammenhängende sonstige Leistungen, soll mit 1. Jänner 2021 inkrafttreten.

Zu IV.:

Zu Z 1 (§ 323c Abs. 13):

Parallel zur Verlängerung bzw. Neugewährung von Stundungen bis zum 31. März 2021 werden in diesem Zeitraum auch keine Stundungszinsen festgesetzt. In weiterer Folge soll für den Zeitraum ab 1. April 2021 bis 31. März 2024 zu Unterstützung der Bewältigung der Covid-19-Pandemie ein niedrigerer Stundungszinssatz in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz festgelegt werden.

Zu Z 2 (§ 323e):

Die COVID-19-Pandemie hat sich in erheblichem Ausmaß nachteilig auf die Liquidität der Abgabepflichtigen ausgewirkt. Deshalb ist ein großer Teil der Abgaben, die nach dem 15. März 2020 fällig geworden sind, gestundet worden. Mitunter hat sich der ge­stundete Abgabenbetrag zu einer derart hohen Summe aufgestaut, dass ein Abbau unter den regulären Vorgaben des § 212 BAO nicht oder nur mit unzumutbaren Auswirkungen möglich zu sein scheint. Daher soll für die bis 31. März 2021 aufgelaufenen Abgaben­schuldigkeiten ein Sonderregime eingeführt werden, welches in seinen Grundsätzen mit der Österreichischen Gesundheitskasse abgestimmt wurde. Sieht sich der Abgabe­pflich­tige außer Stande, die überwiegend im Zeitraum 15. März 2020 bis 31. März 2021 fällig gewordenen und noch nicht entrichteten Abgabenschuldigkeiten sofort zu begleichen, soll für die Abtragung dieser Verbindlichkeiten ein Sonderregime zur Verfügung stehen, das im Gesamten eine lex specialis zu § 212 Abs. 1 darstellt. Das in Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 1 vorgesehene Abgrenzungskriterium der Fälligkeit nach dem Zeitraum vor und nach dem 15. März 2020 ist erforderlich, um zwischen Alt- und Neuverbindlichkeiten aus Vor-Covid- bzw. Covid-Zeiträumen sachgerecht differenzieren zu können. Es kommt daher zunächst darauf an, dass die aufgelaufenen Abgabenrückstände ab dem 15. März 2020 nicht entrichtet werden konnten. Gibt es daneben noch Rückstände aus Zeiten vor dem 15. März 2020, kann eine Ratenzahlung gemäß Abs. 2 und 3 dennoch bewilligt werden, wenn überwiegend – also im Ausmaß von mehr als 50 % – Rückstände aus dem Zeitraum nach dem 15. März 2020 gegeben sind, wobei – wie auch in dem in Raten zu entrichtenden Betrag – die bescheidmäßig festgesetzten Einkommen- oder Körper­schaftsteuervorauszahlungen, deren Zahlungstermin im Ratenzahlungszeitraum der Phase 1 gelegen sind, einzubeziehen sind. Liegen in einem höheren Ausmaß Rück­stände aus Zeiträumen vor dem 15. März 2020 vor, kann eine Ratenbewilligung unter den Voraussetzungen des § 212 Abs. 1 für die Dauer von höchstens 12 Monaten ge­währt werden.

Abs. 1 schließt die parallele Gewährung von zwei Ratenzahlungsmodellen aus, zumal sich dies bereits durch die angeordnete Abgrenzungsregelung zwischen Vor- und Covid-Zeiträumen ergibt. Die Stundungszinsen für die Inanspruchnahme des COVID-19-Ratenzahlungsmodells sollen 2 % über dem Basiszinssatz betragen.

Für überwiegend aus dem Covid-19-Zeitraum stammende Abgabenrückstände soll ein Zwei-Phasen-Modell vorgesehen werden: Zunächst kann gemäß Abs. 2 vom 4. März bis


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zum 31. März 2021 ein Antrag auf Ratenzahlung gestellt werden, der von der Abgaben­behörde für einen Ratenzahlungszeitraum zu bewilligen ist, der bis zum 30. Juni 2022 läuft (Phase 1).

Während der Laufzeit der Phase 1 wird zeitlich begrenzt die Anwendbarkeit der Anfech­tungsbestimmungen der Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914, sowie der Anfech­tungsordnung, RGBl. Nr. 337/1914, für die Ratenzahlungen im Sinne des Abs. 2 und die während des Ratenzahlungszeitraumes der Phase 1 geleisteten sonstigen Zahlungen an die Abgabenbehörden (neu fällig werdende Abgabenbeträge) ausgeschlossen (Z 5). Diese zeitlich befristete Sonderregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Finanz­verwaltung durch rasche, großzügige und unkomplizierte Bewilligung von Ratenzah­lungsersuchen einen maßgeblichen Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten möchte. Das COVID-19-Ratenzahlungsmodell ist damit eine Fortsetzung der bereits seit März 2020 laufenden Maßnahmen des Bundes zur Bewältigung der aufgrund der COVID-19-Pandemie entstandenen Liquiditätsengpässe. Neben den direkten Förderungen wie insbesondere Unterstützungen aus dem Härtefallfonds, Fixkostenzuschuss und Um­satzersatz, wurden auch umfassende abgabenrechtliche Unterstützungsmaßnah­men umgesetzt: ua Herabsetzung von Einkommensteuer- und Körperschaftsteuer­voraus­zahlungen, Verlustrücktrag, Verzicht auf Stundungszinsen und Säumniszuschläge sowie Abgabenstundungen. Abgabenstundungen werden bereits seit März 2020 großzügig gewährt und wurden wiederholt gesetzlich verlängert. Die Verlängerung der Stundungen bis 31. März 2021 erfolgte aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorgaben ohne Rück­sicht auf die Bonität des Abgabenschuldners. Die in der COVID-19-Krise gestundeten Beträge werden zum März 2021 ein Ausmaß erreicht haben, das eine geordnete und planbare Rückführung in Teilbeträgen über einen längeren Zeitraum erforderlich macht. Dafür ist das Regelregime des § 212 Abs. 1 BAO insofern nur bedingt geeignet, als dieses eine Prüfung der erheblichen Härte und der Gefährdung der Einbringlichkeit erfordert. Diese Prüfung würde sowohl eine zeitliche Verzögerung mit sich bringen, als auch viele Betroffene aufgrund ihrer aktuellen Liquiditätssituation ausschließen. Daher soll die Gewährung der Ratenzahlung in der Phase 1 aufgrund ausdrücklicher gesetz­licher Vorgaben ohne Rücksicht auf die Bonität des Abgabenschuldners erfolgen, damit die betroffenen Abgabenschuldner rasch ihre Abgabenrückstände abtragen können und eine möglichst hohe Anzahl von Betroffenen von einer zu erwartenden wirtschaftlichen Erholung profitieren kann. Da die anfechtungsrechtliche Nachforschungspflicht durch den gesetzlichen Anspruch auf Ratenzahlung nach dem COVID-19-Ratenzahlungs­mo­dell unabhängig von der Bonität des Antragstellers ins Leere ginge, ist ein Ausschluss der Anfechtung der während der Phase 1 an den Abgabengläubiger geleisteten Zah­lungen sachgerecht.

An die Phase 1 kann sich Phase 2 anschließen, wenn in der Phase 1 angemessene Monatsraten vereinbart und auch tatsächlich entrichtet worden sind, die vollständige Abtragung des Rückstands aber während 15 Monaten nicht möglich war und in der Phase 1 kein Terminverlust eingetreten ist. Die Angemessenheit der Monatsraten in der Phase 1 wird dahingehend konkretisiert, dass während der Phase 1 zumindest 40% des überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes – also der Summe aus sämtlichen Abgabenschuldigkeiten einschließlich der im Ratenzahlungszeitraum noch fällig werdenden Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen – auch tat­sächlich entrichtet worden ist.

Unter diesen Voraussetzungen kann für den in der 15. Monatsrate der Phase 1 ausge­wiesenen Restrückstand vor dem 31. Mai 2022 eine sich daran anschließende weitere Ratenzahlung für die Dauer von längstens 21 Monaten beantragt werden. Diese kann von der Abgabenbehörde bewilligt werden, wenn die Abstattung dieses Abgaben­rück­stands innerhalb des beantragten Ratenzahlungszeitraums möglich ist. In welcher Form der Abgabepflichtige glaubhaft machen muss, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht,


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dass der gesamte Betrag, der der Ratenzahlungsvereinbarung zugrunde liegt, auch tatsächlich einbringlich sein wird, ist mit Verordnung gemäß Abs. 4 festzulegen. Dabei sind die Ansprüche an die vorzulegenden Unterlagen zu staffeln: Je höher der Betrag der abzutragenden Abgabenschuldigkeiten und je länger die Laufzeit der Raten­zahlungsvereinbarung sind, desto höhere Anforderungen werden an die zu erbrin­genden Nachweise (z. B. aktuelle Daten aus der Buchhaltung, betriebs­wirt­schaftliche Planungsrechnung usw.) gestellt. Im Rahmen der Prüfung des Ratenzah­lungs­antrages kann die Abgabenbehörde weitere Unterlagen abverlangen oder gegebenenfalls eine Liquiditätsprüfung (§ 147 Abs. 2 BAO) durchführen.

In beiden Phasen soll die Möglichkeit bestehen, jeweils einmal innerhalb eines Ratenzahlungszeitraums eine Neuverteilung der Raten zu beantragen (Abs. 2 Z 4 und Abs. 3 Z 6). Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn eine nicht erwartete Abgaben­nachforderung festgesetzt wird, die entweder eine fristgerechte Entrichtung der nächs­ten Monatsrate verunmöglicht oder die ebenfalls verteilt über den Ratenzahlungs­zeit­raum entrichtet werden soll.

Zu V.:

Mit dem gegenständlichen Abänderungsantrag sollen im CFPG die aufgrund der Ge­währung des Lockdown-Umsatzes (Verordnung BGBl. II Nr. 503/2020) erforderlichen Anpassung vorgenommen werden. Erstens soll sich die Haftungsbegrenzung für die Bediensteten der Bundesfinanzverwaltung auch auf die Berechnung des Lockdown-Umsatzersatzes und andere in Verordnungen, die sich auf § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes stützen, vorgesehenen Tätigkeiten erstrecken. Zweitens soll der im Hinblick auf die Erweiterung des Anwendungsbereiches des § 1 Z 1 lit. a CFPG zu weit gefasste Wortlaut des § 8b CFPG eingeschränkt werden, weil der Lockdown-Umsatzersatz keine Ergänzungsgutachten erfordert.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, ist ausreichend unterstützt, wurde auch an alle Abgeordneten verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Hubert Fuchs. – Bitte.


17.19.03

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Österreicherinnen und Öster­reicher!

Ich spreche zu TOP 22, zum Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der Covid-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden.

Die Mittel für die Coronahilfsmaßnahmen werden zur Gänze aus den Beiträgen der österreichischen Steuerzahler finanziert, daher sollte es auch eine Selbstverständlichkeit sein, dass Steuersünder keine Coronaförderungen erhalten beziehungsweise, sofern Steuersünder Förderungen erhalten haben, diese auch zurückzahlen müssen. Das von der schwarz-grünen Regierungskoalition eingebrachte Bundesgesetz, mit dem Corona­förderungen an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, wird dem Gesetzes­ziel – keine Förderungen für Steuersünder – nicht gerecht. Mit diesem Steuersünder­schutzgesetz – so möchte ich es bezeichnen – stellt Schwarz-Grün sicher, dass Steuer­sünder erhaltene Förderungen eben nicht zurückzahlen müssen. Ich möchte nunmehr auf die einzelnen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes näher eingehen.


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§ 1 dieses Bundesgesetzes stellt sicher, dass sich Unternehmer nach Abschluss der Förderungsgewährung steuerunehrlich verhalten können und dennoch die Förderungen nicht zurückzahlen müssen.

§ 4 dieses Bundesgesetzes stellt sicher, dass Steuersünder nur dann Förderungen zurückzahlen müssen, wenn die Förderstelle innerhalb von fünf Jahren vom miss­bräuchlichen Verhalten des Steuersünders Kenntnis erlangt.

Besonders skandalös ist § 9. § 9 dieses Bundesgesetzes stellt sicher, dass Steuer­sünder die erhaltenen Förderungen nicht zurückzahlen müssen, wenn die Rechtsgrund­lage der Förderung bereits 2020 beschlossen wurde, was aber bei den meisten Coronahilfsmaßnahmen der Fall sein wird.

§ 10 dieses Bundesgesetzes stellt sicher, dass Steuersünder die erhaltenen Förde­rungen nicht zurückzahlen müssen, wenn das missbräuchliche Verhalten des Steuer­sünders erst nach dem 31.12.2025 entdeckt wurde beziehungsweise die Förderungen nicht bis zum 31.12.2025 zurückgefordert wurden.

Kommen wir nun zur schwarz-grünen Definition des steuerlichen Wohlverhaltens in § 3. Nach § 3 Z 2 liegt beispielsweise steuerliches Wohlverhalten auch dann vor, wenn das Unternehmen jährlich maximal 500 000 Euro Zinsen und Lizenzgebühren an Konzern­gesellschaften in Steueroasen beziehungsweise an Niedrigsteuerländer gezahlt hat. Sofern aber der Unternehmer eine Offenlegung in der Körperschaftsteuererklärung vergisst, gilt der Unternehmer trotzdem als steuerehrlich, wenn die vergessenen Zinsen und Lizenzgebühren den Betrag von 100 000 Euro nicht überschreiten. Die Erläuterun­gen dieses Bundesgesetzes sprechen da großzügig von einer Toleranzgrenze. Be­stimmte Beträge, Zinsen und Lizenzgebühren bis 100 000 Euro muss man also in der Steuererklärung nicht angeben. Das fällt unter Bagatellgrenze, und damit gilt man trotzdem als steuerehrlich. – Ist das nicht unfassbar? (Beifall bei der FPÖ.)

Beispielsweise gelten nach der Ziffer 4 auch Unternehmer, die lediglich Finanzordnungs­widrigkeiten im Sinne des Finanzstrafgesetzes begehen, als steuerehrlich.

Ich darf nun auf diese kleinen Steuersünden eingehen, die man nach der Definition von Schwarz-Grün begehen darf und wobei man dennoch als steuerehrlich gilt.

Einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Finanzstrafgesetz macht sich zum Beispiel schuldig, wer vorsätzlich durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen unge­rechtfertigte Abgabengutschriften geltend macht. Das heißt, das vorsätzliche Einreichen einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung ist für Schwarz-Grün kein Problem.

Einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49b Finanzstrafgesetz macht sich beispielsweise schuldig, wer vorsätzlich die Verpflichtung zur Übermittlung des länderbezogenen Be­richtes gemäß dem Verrechnungspreisdokumentationsgesetz dadurch verletzt, dass meldepflichtige Punkte nicht oder unrichtig an das Finanzamt übermittelt werden. Auch das ist für Schwarz-Grün kein Problem.

Einer Finanzordnungswidrigkeit nach § 49c Finanzstrafgesetz macht sich beispielsweise auch schuldig, wer vorsätzlich eine Pflicht nach den Bestimmungen des EU-Melde­pflichtgesetzes dadurch verletzt, dass unrichtige Informationen gemeldet werden. Ich darf vielleicht kurz darauf hinweisen, dass es beim EU-Meldepflichtgesetz darum geht, dass man dem Finanzamt grenzüberschreitende Gestaltungen im Bereich der Steuern melden muss. Wenn man diese Meldepflicht vernachlässigt beziehungsweise verletzt, ist das für Schwarz-Grün überhaupt kein Problem.

Weitere Details dieses Steuersünderschutzgesetzes von Schwarz-Grün möchte ich Ihnen ersparen. Durch dieses Bundesgesetz schützt die schwarz-grüne Regierungs­koalition nicht die Steuerzahler, sondern die Steuersünder.


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Wir werden diesem Steuersünderschutzgesetz ganz sicher nicht zustimmen und haben dementsprechend einen Abänderungsantrag eingebracht, der schon verteilt wurde oder im Begriff ist, verteilt zu werden. Ich glaube, ich habe diesen Antrag, der im Wesentlichen die Punkte, die ich hier aufgezählt habe, saniert, ausreichend begründet. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

17.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten MMag. DDr. Hubert Fuchs

und weiterer Abgeordneter

zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1110/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden (494 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichtes 494 d.B. wird wie folgt geändert:

1. § 1 (1) lautet:

Ausschluss von der Förderung

§ 1. (1) Unternehmen, denen eine Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie gewährt wird, müssen sich für einen Zeitraum von fünf Jahren vor der Antragstellung und für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Antragstellung steuerlich wohlverhalten haben.

2. § 3 lautet:

Steuerliches Wohlverhalten

§ 3. Ein Unternehmen hat sich steuerlich wohlverhalten, wenn

1. beim Unternehmen in den letzten drei veranlagten Jahren kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch im Sinne des § 22 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, vorliegt, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat;

2. das Unternehmen in den letzten fünf veranlagten Jahren nicht vom Abzugsverbot des § 12 Abs. 1 Z 10 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (KStG 1988), BGBl. Nr. 401/1988, oder von den Bestimmungen des § 10a KStG 1988 (Hinzurechnungs­be­steuerung, Methodenwechsel) betroffen gewesen ist;

3. das Unternehmen keinen Sitz oder eine Niederlassung in einem Staat, der in der EU-Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt ist hat;

4. über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanz­strafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden ist.

3. § 4 lautet:

Rückzahlungsverpflichtung


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§ 4. Wurde eine Förderung des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an ein Unternehmen, das sich steuerlich nicht wohlverhalten hat, ausgezahlt und erlangt die Stelle, welche die Förderung gewährt hat, davon Kenntnis, hat sie diese vollständig zurückzufordern, wenn sich das nicht bereits aufgrund des Fördervertrages oder auf­grund unmittelbar anwendbaren Rechts der Europäischen Union ergibt.

4. § 9 und § 10 lauten:

Inkrafttreten

§ 9. Dieses Bundesgesetz tritt rückwirkend mit 1. Jänner 2020 in Kraft und ist auf Förderungen anzuwenden, deren Rechtsgrundlage erstmals nach dem 31. Dezember 2019 in Kraft getreten ist.

Außerkrafttreten

§ 10. Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2035 außer Kraft.

Begründung

Der Antrag 1110/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden in der Fassung des Ausschussberichtes 494 d.B. wird dem Gesetzesziel „Keine Förderungen für Steuersünder“ nicht gerecht, vielmehr wird sichergestellt, dass Steuer­sünder die erhaltenen Förderungen nicht zurückzahlen müssen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Ja, Herr Abgeordneter, Sie haben den Abänderungsantrag ordnungsgemäß eingebracht und in den Grundzügen erläutert. Er steht daher mit in Verhandlung.

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.


17.26.12

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist ein besonderer Tag im Kampf gegen den Klimawandel, ein Tag der Wende im Kampf gegen den Klimawandel und ein besonderer Tag auch für den Klimaschutz in Österreich. Eine Forderung, die von den Klimaforscherinnen und Klimaforschern, wie ich auch einmal einer war, seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten vorgebracht wird, und zwar jene nach einer ökosozialen Steuerreform als wesentlichem und notwendigem Bestand­teil einer effektiven Klimapolitik, wird nämlich mit dem Beschluss des heutigen Tages zu TOP 21 zumindest in Komponenten auf den Weg gebracht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Vorredner sind teilweise auf Details zu anderen Tagesordnungspunkten einge­gangen, ich aber möchte eigentlich einen Schritt zurück machen und quasi die Frage stellen: Wozu braucht es eigentlich eine ökosoziale Steuerreform? – Man könnte ja – Kollege Krainer spricht sich oft dafür aus – ordnungspolitisch eingreifen; man könnte etwa verbieten, größere Autos zu kaufen, man könnte vorschreiben, dass Tickets für öffentlichen Verkehr Teil eines Gehalts oder Lohns sein müssen, man könnte vor­schreiben, dass Güter auf der Schiene transportiert werden müssen, man könnte auch die Reparatur von zerbrochenen oder kaputten Gegenständen vorschreiben.


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In manchen Bereichen mag solch ein ordnungspolitischer Zugang sinnvoll und not­wendig sein, die ökosoziale Steuerreform jedoch ist ein wesentlich eleganterer Zugang. Sie schafft nämlich die Möglichkeit, dass Menschen immer noch die Entscheidungs­hoheit haben, sich für die eine oder andere Sache zu entscheiden – wenn man unbedingt möchte, kann man sich immer noch den dicksten Stinker kaufen –, man verliert nur eben den Vorteil, dass man die Kosten, die dadurch für die Allgemeinheit entstehen, an die Allgemeinheit abgeben und übertragen kann. Stattdessen muss man selbst für die Kosten aufkommen – das ist der große Vorteil der ökosozialen Steuerreform. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eßl.)

Kurz gesagt: Man ist nicht mehr der Depperte, wenn man sich klimafreundlich verhält, sondern klimafreundliches Verhalten hat einen finanziellen Vorteil.

Der zweite große Vorteil der ökosozialen Steuerreform, von Steuern als Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels ist das Steuern. Steuern, und da gibt es einige kuriose Beispiele in der Geschichte: Ich erinnere an die Fenstersteuer im 19. Jahrhundert in Großbritannien oder in Frankreich, die dazu geführt hat, dass die Leute in ihre Häuser keine Fenster mehr eingebaut haben, bis hin zu billigen Mietzinshäusern, die gar keine Fenster mehr gehabt haben, um sich Geld zu ersparen. Daran erkennt man: Steuern und eine Steuerreform sind wirksam und helfen dabei, Emissionen zu reduzieren, wenn wir sie richtig einsetzen, und ich glaube, das tun wir mit diesen nächsten Schritten im Zuge der ökosozialen Steuerreform. (Beifall bei den Grünen.)

Wie setzen wir diese Steuerungskraft jetzt also frei? – Aus meiner Sicht tun wir das insbesondere bei der Anschaffung von Neuwagen. Da kommt oft die Kritik: Na ja, bei Neuwagen sei ja noch keine Emission freigesetzt, das passiere ja erst im Betrieb, man bräuchte also eine CO2-Steuer oder eine MÖSt-Erhöhung. – Gerade aber beim Kauf des Neuwagens habe ich als Konsumentin, als Konsument die Möglichkeit, mich für ein verbrauchsintensives, verschmutzendes Fahrzeug, für ein sauberes oder für keines zu entscheiden. Wenn ich möchte, kann ich mir ja zu dem Zeitpunkt die Frage stellen, ob ich nicht lieber mit dem Rad unterwegs bin. Deshalb ist das der Zeitpunkt, an dem die größte Lenkungswirkung erzielt werden kann. Wenn man nicht sozusagen Abzocke betreiben will, sondern tatsächlich Lenkung erreichen möchte, ist das der Moment, an dem man steuerlich eingreifen muss.

Ähnlich verhält es sich auch bei den anderen Punkten, zum Beispiel bei der Sach­bezugsbefreiung. Ich glaube, das ist wirklich ein Durchbruch. Es kann dazu führen, dass das Öffiticket zu einem ganz normalen Bestandteil von Dienst- und Arbeitsverträgen wird, dass man sich einen Teil des Gehalts in Tickets für den öffentlichen Verkehr auszahlen lässt.

Auch beim Güterverkehr ist damit, glaube ich, eine Wende gelungen. Die Maut für den Lkw-Verkehr wird erhöht – damit wird der Transport von Gütern am Lkw teurer –, gleichzeitig die Elektrizitätsabgabe bei der Bahn gesenkt und damit der Transport auf der Bahn günstiger.

Ähnlich ist es auch bei den Reparaturen: Wir haben den Umsatzsteuersatz von 20 auf 10 Prozent gesenkt. Damit werden Reparaturen interessanter und man schmeißt nicht alles weg, sondern gibt der Sache noch eine zweite Chance, wenn das möglich ist.

Ich glaube, was jetzt passiert ist, ist ein erster wichtiger Schritt, es ist nicht die gesamte Steuerreform. Wir haben quasi versprochen, die ersten Teile kommen mit 2021, das ist damit eingelöst, und die anderen Teile – Pendlerpauschale, Tanktourismus und Dienst­wagenprivileg – werden gemeinsam mit dem generellen CO2-Preis im Laufe des Jahres beziehungsweise im nächsten Jahr folgen. (Beifall bei den Grünen.)


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Damit wird klimafreundlichen Technologien zum Durchbruch verholfen – das sieht man zum Beispiel bei der NoVA –, es ist aber auch quasi ein Anreiz für die Leute, sich klimafreundlich zu verhalten. Es wird Emissionen reduzieren, aber die Entscheidungen werden eben nicht von der Regierung aufoktroyiert, sondern die Leute können selbst entscheiden, ob sie sich nachhaltig verhalten wollen oder nicht – aber man hat zumindest keinen Vorteil mehr davon, wenn man es nicht macht. – Gut.

Dann möchte ich noch ganz kurz zu den anderen Tagesordnungspunkten kommen und beginne mit Abgeordnetem Fuchs: Sie sagen, das ist quasi ein Beförderungsgesetz für Steuersünder. – Es ist ein Gesetz gegen aggressive Steuervermeidung beziehungs­weise bekommen Leute, die das machen, keine Coronaförderungen. Da mag es dann noch im Detail Kritikpunkte geben, aber dass es dieses Gesetz gibt, ist natürlich eine Verbesserung der Situation und führt dazu, dass, wenn aggressive Steuervermeidung generell passiert, kein Anspruch auf Coronaförderungen besteht.

Dass es nicht rückwirkend wirkt, ist, glaube ich, auch nachvollziehbar. Das hat auch Abgeordneter Kopf letztes Mal schon breiter ausgeführt. Wir haben ja in den gesamten Förderungstools, die es bisher gibt, insbesondere beim Fixkostenzuschuss, diese Regelung vorgesehen: Wenn in der Vergangenheit aggressive Steuervermeidung be­trieben worden ist, gibt es keinen Anspruch auf den Fixkostenzuschuss.

Zu einer anderen Forderung, die Sie, Herr Abgeordneter Krainer, erhoben haben, nämlich dass Dividendenauszahlungen und Managerboni beschränkt werden, möchte ich sagen, das ist auch in diesen Richtlinien beim Fixkostenzuschuss bereits berück­sichtigt.

Damit noch zu einem letzten Punkt und zu Herrn Graf: Den Umsatzersatz mag man quasi kritisch sehen, in manchen Bereichen ist es auch zu Überförderungen gekommen, aber was man daran nicht kritisch sehen kann, ist, dass der Umsatzersatz eine Hilfe ist, die schnell und unbürokratisch ankommt. Das war auch das Ziel, deswegen gibt es ihn, weil es davor auch sehr oft die Kritik gab, dass es viel zu aufwendig ist, bis man zu den Zahlungen kommt, und beim Umsatzersatz ist das sicher nicht der Fall. Wenn man jetzt hergeht und quasi den Herrn Graf irgendwo in den Erläuterungen ausschließt, dann fängt man natürlich an, das Ganze wieder kompliziert zu machen, was eben gerade nicht die Intention dieses Umsatzersatzes gewesen ist. Deshalb glaube ich, dass es in der Form, wie es gemacht worden ist, am Ende auch passt.

Ich bitte um Zustimmung, insbesondere zu den wichtigen klima- und umweltpolitischen Steuerveränderungen, die wir zustande bringen, freue mich aufs nächste Jahr und hoffe, dass wir da noch einiges weiterbringen. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.33


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer ist als nächste Red­nerin zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.33.20

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Wir waren ja gerade erst vor knapp drei Wochen hier im Hohen Haus, weil wir eine Sondersitzung hatten, da bei einem Gesetz gepfuscht worden ist. Dieser Fehler musste ausgebügelt werden, weil es sonst jetzt kein Budget 2021 geben würde. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Das war der traurige Höhepunkt einer Serie von legistischen Pannen, die in letzter Zeit, in den letzten Monaten passiert sind. Jetzt muss man natürlich einmal fragen: Woran liegt denn das eigentlich?

Ein Grund dafür ist jedenfalls, dass die Bundesregierung leider immer öfter auf die Begutachtungsverfahren verzichtet, bei denen eben ExpertInnen und Stakeholder


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einbringen können, was noch zu verbessern wäre. Dann passiert auch alles auf den letzten Drücker, und dann wird es durch die unterschiedlichen Ausschüsse durchge­peitscht, das haben wir ja in letzter Zeit immer öfter gesehen. Und ja, dann verlieren Sie halt über alle Initiativanträge und Abänderungsanträge, die da so laufend hereinkom­men, den Überblick – und was ist das Resultat? – Das Resultat sind einfach Fehler, es sind legistische Pannen, die massive Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger, vor allem auch auf die Unternehmerinnen und auf die Unternehmer haben.

Was passiert jedoch? – Anstatt daraus zu lernen, geht es einfach lustig so weiter! Ich meine, es ist wirklich frappierend: Gestern Nacht kamen dann noch Abänderungs­an­träge herein; am Ende der Budgetwoche, am Freitagabend – man muss sagen: Freitag­nacht –, wurde eine lange Liste an Anträgen geschickt. Das wurde dann am Dienstag darauf durch den Finanzausschuss gepeitscht, und jetzt stehen wir hier und diskutieren heute im Plenum über diese Anträge.

Ganz ehrlich, das ist halt das, was ich meine: So entsteht Pfusch. Das interessiert offen­bar weder die Bundesregierung, noch interessiert es offenbar die Abgeordneten von Türkis/Schwarz-Grün. Pleiten-, Pech- und Pannenstrategie, das ist, wie es scheint, die neue Struktur und die neue Methode, mit der die Regierung arbeitet, und ich befürchte, das wird sich leider auch nicht mehr ändern.

Schauen wir uns die Vorlagen an: Punkt 1 ist ein legistisches Herbstpaket zur Pandemie, so heißt es zumindest. Hineingepackt wurde natürlich viel mehr, nämlich auch Dinge, die mit der Covid-Krise genau gar nichts zu tun haben, und das ist ehrlich gesagt ein bisschen Kraut und Rüben, wenn man sich das Ganze anschaut. Wenn man sich dieses Paket anschaut, bekommt man einen Eindruck, dass man sagt, die Bundesregierung hat auf den Kalender geschaut und dann gesagt: Ups, es ist Dezember! Da haben wir jetzt ganz viel verschlafen, machen wir es halt noch schnell!

Das ist wirklich schade, weil in diesem Paket ganz viele Dinge drinnen sind, die extrem wichtig und auch sehr gut wären und die wir auch unterstützen würden, aber ohne eine genaue Begutachtung und vor allem auch ohne eine Wirkungsfolgenabschätzung kön­nen wir einfach nicht mitgehen – vor allem auch deshalb nicht, weil die ersten Exper­tinnen und Experten bei uns schon wieder anklopfen und sagen, da sind schon wieder legistische Schlampereien passiert, bis hin zu einem Feedback, in dem es heißt, dass das auch nicht halten wird und dass einiges in dieser neuen Legistik verfassungs­recht­lich wirklich problematisch ist.

Dann möchte ich noch kurz auf die Neufassung der NoVA eingehen – ein weiterer Initiativantrag, den wir auch in der letzten Sitzung des Finanzausschusses hatten, der heute als der erste Schritt der ökologischen Steuerreform verkauft werden soll. In Wahr­heit wird da nichts ökologisiert. Was passiert, ist nichts anderes als eine versteckte Steuererhöhung: Sie machen einfach den Erwerb von größeren Autos, die theoretisch natürlich mehr CO2 emittieren, teurer. Sie machen übrigens auch kleinere Autos teurer.

Was Sie bei dieser ganzen Geschichte nicht berücksichtigen, ist der CO2-Ausstoß bei der Verwendung des Fahrzeuges, und darum würde es ja eigentlich gehen, wenn man wirklich eine ökologische Steuerreform auf den Weg bringen möchte. Was Sie hier machen, ist eine kleine Beruhigungspille für Ihr eigenes Klientel, denn nichts anderes ist das, was Sie vorlegen.

Unser Ansatz ist eine aufkommensneutrale ökologische Steuerreform mit einer echten Bepreisung des CO2-Ausstoßes bei einer gleichzeitigen Entlastung des Faktors Arbeit durch Senkung von Steuern und Lohnnebenkosten. Das ist der nachhaltigere, das ist der bessere Weg. Dass die Grünen – so fair muss man sein – da jetzt kein Interesse an einer steuerlichen Entlastung der Wirtschaft und der Menschen haben, das haben sie auch nie behauptet, und das ist okay, aber dass die ÖVP als die ehemalige Wirtschaftspartei


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da mithüpft und das so durchgehen lässt, das kann wahrscheinlich nur dem Umstand geschuldet sein, dass es in den meisten anderen politischen Bereichen umgekehrt ist und dort die Grünen mit zusammengebissenen Zähnen dastehen und sagen: Ja, da müssen wir halt mitgehen! – Vor zwei bis drei Jahren hätten sie das aber nicht gemacht, da wären sie noch aufrecht gestanden und hätten dagegen argumentiert. (Abg. Ottenschläger: Und in Wien ...? – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Hanger und Haubner.)

Und dann richtet der Vizekanzler heute aus, wir NEOS wären abgehoben?! Ganz im Ernst? – Sie haben wirklich viele Hoffnungen in diesem Land geschürt. Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern sehr viel versprochen, als Sie gemeinsam angetreten sind, aber was Sie hier vorlegen, das ist eben nicht das Beste aus zwei Welten, sondern das, was Sie hier vorlegen, ist einfach nur enttäuschend. (Beifall bei den NEOS. – Zwischen­ruf des Abg. Haubner.)

17.38


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Gernot Blümel zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


17.38.45

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da die Hilfen in der bisherigen Debatte schon einige Male angesprochen worden sind, vielleicht nochmals ein kurzer Überblick. Wir als Bundesregierung haben ja bisher ein sehr großes Volumen zur Verfügung gestellt, um Arbeitsplätze und Unter­nehmen in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen, und zwar von Kurzarbeit, Ga­rantien, Stundungen bis hin zu direkten Hilfen. In Summe sind bisher 28,5 Milliarden Euro rechtsverbindlich zugesagt worden oder bereits geflossen. Beim Fixkosten­zu­schuss Phase eins und zwei sowie dem Umsatzersatz gemeinsam sind bisher fast 140 000 An­träge mit einem Gesamtvolumen von 2,5 Milliarden Euro von Unternehmen eingebracht worden. Ausbezahlt wurden dabei bereits 1,8 Milliarden Euro.

Eine Analyse des Internationalen Währungsfonds, die in Österreich vom IHS aufgegrif­fen worden ist, hat gezeigt: Österreich hat im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung innerhalb der Europäischen Union das größte Rettungspaket geschnürt, nämlich insgesamt 8 Pro­zent des BIP, das ist doppelt so viel wie der EU-Schnitt von 4 Prozent des BIP. Das kann sich zur Unterstützung der Arbeitsplätze und der Unternehmen wirklich sehen lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie wissen, der Lockdown hat teilweise verlängert werden müssen, um die Infektions­zahlen weiterhin zu reduzieren. Deswegen haben wir auch den Umsatzersatz in den Dezember hinein verlängert. Die Unternehmen, die weiterhin geschlossen haben müs­sen, werden bis Ende des Jahres 50 Prozent des Umsatzes im Dezember erhalten. Die Beantragung erfolgt, wie schon bewährt, über Finanzonline. Ab 16.12. wird dieser Dezember-Umsatzersatz für die behördlich geschlossenen Betriebe beantragbar sein. Das werden Zusatzkosten von in etwa 1 Milliarde Euro sein.

Der Umsatzersatz kann aber natürlich keine langfristige Maßnahme sein, das ist völlig klar. Als eines von zwei Ländern innerhalb der Europäischen Union bauen wir daher einen Fixkostenzuschuss bis 3 Millionen Euro auf, der de facto eine Verlustabdeckung ist. Der Fixkostenzuschuss bis 800 000 Euro und der Fixkostenzuschuss Phase zwei mit bis zu 3 Millionen Euro stehen dann als Alternative zur Verfügung und bieten eine bessere Unterstützung, als das in den allermeisten anderen europäischen Ländern der Fall ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Trotz eines gewissen Hoffnungsschimmers am Horizont, trotz der Impfung, die hoffent­lich bald auch in Österreich anwendbar sein wird, stehen wir nicht am Ende, sondern


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mitten in dieser globalen Wirtschafts- und Gesundheitskrise. Es ist daher notwendig, dass viele der bestehenden Maßnahmen und Unterstützungen verlängert werden, bis diese Krise vorüber ist. Wir haben daher ein legistisches Überwinterungspaket geschnürt, um die notwendigen gesetzlichen Änderungen umzusetzen; dieses liegt Ihnen mit dem COVID-19-Steuermaßnahmengesetz vor.

Vom Antrag umfasst ist die Verlängerung der ermäßigten Umsatzsteuer in den Bereichen Gastronomie, Hotellerie, Kultur bis Ende des Jahres 2021. Mitumfasst ist die Verlän­ge­rung der Steuerbegünstigung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den verschie­densten Bereichen, wie etwa bei der Pendlerpauschale und anderen Zulagen. Umfasst ist ebenso die Verlängerung der anstehenden Abgabenstundungen und der Entfall von Vorschreibungen von Anspruchszinsen bis 31. März.

Allein die Steuerstundungen und die Herabsetzung von Vorauszahlungen haben insge­samt ein Volumen von 6,5 Milliarden Euro ausgemacht. Das war wichtig, weil damit auch Liquidität direkt in den Unternehmen verblieben ist.

Die Regierungsfraktionen werden im Zuge der Debatte auch einen Antrag einbringen, um eine adaptierte Rückzahlung möglich zu machen. Bisher hat nämlich die gesetzliche Ratenzahlungskonstruktion vorgesehen, dass eine maximale Gesamtdauer von zwölf Monaten bei einem Zinssatz von 4,5 Prozent über dem Basiszinssatz angesetzt werden muss, um eben die Steuerschulden zurückzuzahlen. Jetzt ändern wir das und verlängern den Rückzahlungszeitraum auf bis zu 36 Monate und reduzieren den Zinssatz auf 2 Prozent über dem Basiszinssatz.

Im Abänderungsantrag ebenso enthalten ist auch die Umsetzung von steuerbefreiten Weihnachtsgutscheinen bis 365 Euro pro Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer. Sie wissen ja, die Weihnachtsfeiern können heuer nicht stattfinden, aber um dennoch die verdiente Anerkennung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vonseiten der Arbeitgeber möglich zu machen, wollen wir diese Maßnahme ergreifen.

Eine weitere Gesetzesinitiative sieht die Novelle des KMU-Förderungsgesetzes sowie des Garantiegesetzes von 1977 vor. Durch diese Änderungen kann der Haftungsrahmen für die so wichtigen Covid-19-Überbrückungsgarantien durch die AWS beziehungsweise die ÖHT über das Jahr hinaus bis Ende Juni 2021 verlängert werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) – Vielen Dank.

Abschließend möchte ich noch kurz auf das COVID-19-Transparenzgesetz eingehen, das ebenfalls heute beschlossen wird. Das Finanzministerium hat schon jetzt die ge­setzlichen Anforderungen zur Berichtspflicht betreffend die Covid-19-Hilfsmaßnahmen zum Teil übererfüllt. Nichtsdestotrotz ist die Regierung bemüht, die Transparenz weiter zu erhöhen, und wir haben uns dabei auch an den Vorschlägen des Budgetdienstes des Parlaments orientiert. In Zukunft wird es daher neben den bereits bestehenden Be­richtspflichten des BMF über Auszahlungen aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds an den Budgetausschuss auch eine Berichtspflicht der einzelnen Ressorts im Rahmen der jeweiligen Fachausschüsse geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.


17.45.15

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerinnen! Geschätzter Herr Minister! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Krainer hat gemeint, im Frühjahr war es zu wenig, im Herbst ist es zu viel. Das macht mich ganz sicher, dass wir goldrichtig liegen, meine Damen und Herren (Beifall


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bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen), mit unseren Maßnahmen, mit denen wir die Unternehmerinnen und Unternehmer auf diesem Weg durch die Krise begleiten.

Es ist ja unser Ziel, dass wir die Unternehmerinnen und Unternehmer mit Maßnahmen begleiten, die sie unterstützen, den Weg durch die Krise zu finden, um dadurch auch die Arbeitsplätze abzusichern. Wir wollen alles unternehmen, um den Wirtschaftsstandort Österreich weiterhin in Form zu halten und für die Zeit nach der Krise auch entsprechend aufgestellt zu sein.

Frau Kollegin Doppelbauer, Sie sagen, es sind viele Maßnahmen. Ja, es sind viele Maßnahmen, und ich verstehe nicht ganz, warum die NEOS diese Maßnahmen kriti­sieren. Warum sind Sie dagegen, dass wir die Gastronomie und die Hotellerie entlasten und ihnen die Mehrwertsteuer auf 5 Prozent heruntersetzen? (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Warum sind Sie dagegen, dass wir den Buchhandel entlasten und da die Umsatzsteuer auf 10 Prozent heruntersetzen? Warum sind Sie dagegen, dass wir die Kultur unterstützen? Das müssen Sie den Menschen erklären. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Doppelbauer.)

Ich kann mir nur vorstellen, dass das vielleicht ein wenig Ihrer neuen Linie geschuldet ist, dass Sie halt den Wiener Kurs, den rot-pinken Kurs hier ein wenig mittragen und hauptsächlich von der Kritik leben. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Schellhorn.)

Meine Damen und Herren, ich denke, wir haben hier viele Maßnahmen gesetzt, die wichtig und richtig sind.

Eine der gebeuteltsten Branchen ist die Reisebürobranche – an dieser Stelle danke, Frau Minister, und danke, Herr Minister –, und auch für diese haben wir in der letzten Zeit Maßnahmen gesetzt, die für diese Branche überlebensnotwendig sind. In dieser Branche arbeiten 10 000 Menschen, auch diese Arbeitsplätze sind uns ganz wichtig. Und wenn wir jetzt, weil ein Großversicherer aus der ganzen Haftungsabsicherung für die Reisebüros aussteigt, das als Republik übernehmen, dann ist das ganz, ganz wichtig und entscheidend. Ich glaube, wir können uns bei den Reisebüros bedanken, dass sie jetzt so lange durchgehalten haben und den Weg gemeinsam mit uns gegangen sind, und jetzt ist es so weit, dass wir diese für sie ganz wichtige Maßnahme gesetzt haben. Danke dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Kollege Kopf hat es ja angeschnitten, ich rede auch nicht gerne über Schmerzen, ich rede gerne über Erleichterungen und über Unterstützungen, aber es ist halt wie in der Ehe: Da gibt es auch Maßnahmen, die der Partner vornimmt, die man halt dann einfach mitträgt, um das Gesamte langfristig abzusichern.

Meine Damen und Herren, reden Sie also nicht alle Maßnahmen schlecht, sondern unterstützen Sie uns! Es sind viele Maßnahmen, die die Unternehmer in der Krise begleiten, die die Arbeitsplätze sichern und die den Standort Österreich gut in die Zukunft bringen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.48


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte.


17.48.54

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich muss Kollegin Doppelbauer recht geben: Wir setzen die beliebte Serie „Pleiten-, Pech- und Pannendienst“ in verschiedener Form fort. Es ist halt blöd, wenn wir


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immer den Spoiler liefern, sodass die Menschen schon wissen, was auf sie zukommt, wenn es dann konkret wird.

Versuchen wir es einmal zusammenzufassen: Der eine Teil ist einmal die Pannenhilfe, die wir leisten. Wie Kollege Krainer schon gesagt hat, wir haben Rückverweisungs­anträge. Für die, die den parlamentarischen Prozess nicht kennen: Da geht es darum, dass man vernünftig in angemessener Zeit diskutieren kann, um zu gescheiteren Lösun­gen zu kommen. – Hilfestellung eins.

Weitere Hilfestellung: Ich bringe einen Antrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1109/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kolle­gen ein. Darin geht es im Wesentlichen darum, die Probleme, die im Einkommen­steuer­recht bestehen, zu beheben, Sozialpläne richtig zu behandeln oder auch bereits 2020 dafür zu sorgen, dass es im Zusammenhang mit dem Jahressechstel nicht zu einer Nachforderung kommt. – Eine kleine Hilfestellung für die Regierungsparteien.

Die Frage bei all dem ist halt, ob das nur den Eheproblemen geschuldet ist – das wäre jetzt die These von Peter Haubner –, dass also Schwarz-Grün offenbar vom kurzen Honeymoon direkt in die Ehekrise gekommen ist. Das mag ja sein (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ), es stellt aber keine Begründung dafür dar, dass man es nicht mehr kann.

Und, lieber Peter Haubner, sich im Zusammenhang mit der Maßnahme für die Reise­büros zu bedanken, nachdem diese bisher monatelang keine Hilfe bekommen haben – und der Rest der indirekt Betroffenen bis heute keine hat –, sowie angesichts dessen, dass wir Branchen haben, die bis jetzt auf Hilfe warten und gleichzeitig jetzt wieder zugesperrt werden, wogegen der Waffenhandel offen gelassen wird und gleichzeitig in demselben Lockdown die Wettbüros das Geld kriegen – das ist doch nicht nur Dilet­tantismus, das ist falsch! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt könnten wir darüber reden, ob der Grund für den Dilettantismus darin liegt, dass Sie die Serie „Pleiten-, Pech- und Pannendienst“ erfolgreich weitertreiben wollen, oder ob es Böswilligkeit ist. Ich bin ja ein gutgläubiger Mensch, und mit manchen haben wir ja durchaus ein vernünftiges Gesprächsklima, also wäre anzunehmen, dass es auf Unfähigkeit zurückzuführen ist, dass Menschen Fixkostenanträge immer noch nicht aus dem Fixkostenzuschuss der Phase eins für die restlichen drei Monate stellen können, dass man für einen Fixkostenzuschuss der Phase zwei zwar einen Antrag stellen kann, aber immer noch ein Formular vorfindet, das nicht ausfüllbar ist.

All das könnte Unfähigkeit sein, aber es gibt Indizien dafür, dass es nicht alleine das ist. Es ist ein Kampf zwischen beiden, in dem die ÖVP die Grünen jetzt monatelang wie eine Drohne ferngesteuert hat und halt jetzt bei diesem Gesetz eine Retourkutsche gekom­men ist. (Zwischenruf des Abg. Jakob Schwarz.)

Darf ich vorlesen, was der ÖVP Wirtschaftsbund, was Kurt Egger, der Nachfolger von Peter Haubner, am 4. Dezember geschrieben hat? – Sie haben jetzt eine Konzession machen müssen, und sie haben die Konzession machen müssen, weil sie euch bisher ferngesteuert haben.

Nur: Die ÖVP kann und will es nicht, lieber Jakob Schwarz, und der Grund, warum es schiefläuft, seid nicht ihr, sondern das ist die ÖVP. Sie wollen es nicht! Deswegen wollen sie auch keine Kontrolle der Cofag-Mittel, und deswegen durften wir im Parlament keinen Ausschuss haben, um das zu überprüfen: weil eure Unfähigkeit, das zu führen, nicht überprüft werden soll. Dagegen werden wir uns immer wehren, meine Damen und Her­ren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.52


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 205

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Kai Jan KrainerDr. Christoph Matznetter

Genossinnen und Genossen

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1109/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgaben­ordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Internationale Steuerver­gütungsgesetz, das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz und das Kommunalsteuer­ge­setz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG) (492 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes) wird wie folgt geändert:

1. Nach der Z 1 werden folgende Z 1a,  Z 1b, Z 1c und Z 1d eingefügt:

„1a. § 19 wird wie folgt geändert:

a)          In Abs. 1 lautet die Z 2:

 „2) In dem Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden, gelten als zugeflossen:

-             Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c, das Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG, das Wiedereingliederungsgeld gemäß § 143d ASVG oder Umschulungsgeld gemäß § 39b AlVG,

-             versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe oder an deren Stelle tretende Ersatzleistungen,

-             Nachzahlungen im Insolvenzverfahren sowie

-             Förderungen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 4, mit Ausnahme der in § 3 Abs. 2 genannten Bezüge.“             

b)          Abs. 2 lautet:

„(2) Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt Abs. 1 zweiter Satz. Rückzahlungen von Einnahmen gemäß Abs. 1 Z 2 erster und zweiter Teilstrich gelten in dem Kalenderjahr als abgeflossen für das der Anspruch bestand bzw. für das sie getätigt wurden. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung bleiben unberührt.“

1b. In § 20 Abs. 1 Z 7 lautet der zweite Satz:

„Entgelt ist die Summe aller Geld- und Sachleistungen, ausgenommen Abfertigungen im Sinne des § 67 Abs. 3, Entgelte die sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 6 darstellen, Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozial­plänen als Folge von Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungsgesetzes oder vergleichbarerer gesetzlicher Bestimmungen anfallen und Aufwandsersätze, die an einen aktiven oder ehemaligen Dienstnehmer oder an eine vergleichbar organisatorisch eingegliederte Person geleistet werden.“

  


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 206

1c. In § 20 Abs.1 lautet die Z 8:

„Aufwendungen oder Ausgaben für Entgelte, die beim Empfänger sonstige Bezüge nach § 67 Abs. 6 darstellen, soweit sie bei diesem nicht mit dem Steuersatz von 6% zu versteuern sind. Bezüge, die bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Rahmen von Sozialplänen als Folge von Betriebsänderungen im Sinne des § 109 Abs. 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungs-gesetzes oder vergleichbarerer gesetzlicher Bestim­mungen anfallen, fallen nicht unter die nichtabzugsfähigen Aufwendungen und Aus­gaben.““

   1d. In § 35 Abs.1 wird der Betrag von „6 000 Euro“ auf den Betrag von „7 200 Euro“ geändert.

2. Z 9 lautet:

              „In § 108h Abs. 1 Z 2 wird folgender Satz angefügt:

              „Die Zukunftsvorsorgeeinrichtung hat dem Steuerpflichtigen kostenfrei jeweils schriftlich für die Jahre 2020 und 2021 bis zum 31. März des Folgejahres detaillierte Informationen zum jährlichen Veranlagungsergebnis unter besonderer Berücksichtigung der Covid-19-Krisen bedingten Entwicklung auf seine Ansprüche zu geben.“

3. In Z 21 zu § 124b wird nach Z 366 folgende Z 366a bis Z 366c eingefügt:

„366a. § 19  und § 20 in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. xx/2020, ist erstmalig anzuwenden, wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2021 anzuwenden, oder die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben oder durch Veranlagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungs­zeit­räume, die nach dem 31. Dezember 2020 enden.

366b. § 35 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020 ist erstmalig anzuwenden,

- wenn die Einkommensteuer veranlagt wird, bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2021,

- die Einkommensteuer (Lohnsteuer) durch Abzug eingehoben  oder durch Veranlagung festgesetzt wird, für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2020 enden.

366c. Im Jahr 2021 beträgt der steuerfreie geldwerte Vorteil aus der der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen (§ 3 Abs. Z. 14) (insbesondere Betriebsausflüge, kulturelle Veranstaltungen, Betriebsfeiern) € 730,--. Dabei empfangene Sachzuwendungen blei­ben bis zu einer Höhe von € 372,-- steuerfrei. Diese Beträge sind um die im Jahr 2020 steuerfrei erhaltenen Vorteile und Sachzuwendungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 14 zu kürzen.““

4. In Z 21 zu § 124b lautet die Z 368

„368. § 69 Abs. 2, 3 und 4 Z 1, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020, sind erstmalig für Lohnzahlungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 enden. § 67 Abs. 2 sowie § 77 Abs. 4a, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020, sind erstmalig für Lohnzahlungszeiträume anzu­wenden, die nach dem 31. Dezember 2019 enden.“

Begründung

zu Z 1, ad  Z 1a (§ 19): Die Besteuerung des Rehageldes bzw. Krankengeldes ist derzeit so gestaltet, dass es bei längeren Verfahrensdauern und kumulierten Zahlungen in einem Jahr für die Anspruchsberechtigten zu ungerechtfertigten Steuernachteilen kommt, wenn diese Gelder im Zeitpunkt des Zuflusses gemeinsam besteuert werden. Würde für


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die Besteuerung statt auf den Zuflusszeitpunkt auf das Kalenderjahr, für das der Anspruch besteht, abgestellt werden, ließe sich die höhere Besteuerung nach der derzeitigen Regelung glätten.

zu Z 1, ad  Z 1b und Z 1c (§ 20): Mit diesen Ergänzungen soll klar gestellt werden, dass Sozialplanzahlungen im Sinne des § 109  Abs. 1 Z 1 bis 6 des Arbeitsverfassungs­gesetzes oder vergleichbarer gesetzlicher Bestimmungen, unabhängig von der steuer­lichen Behandlung dieser Zahlungen bei den Empfängern nicht unter das Abzugsverbot des § 20 EStG fallen.

zu Z 1, ad  Z 1d (§ 35): Mit dem Stabilitätsgesetz 2010 wurden die Bestimmungen zum Alleinverdienerabsetzbetrag novelliert. Um sich daraus ergebende Nachteile für Steuerpflichtige, die außergewöhnliche Belastungen in Anspruch nehmen müssen, zu beseitigen, wurde gleichzeitig in § 35 EStG eine Änderung aufgenommen, dass ohne Vorliegen des Alleinverdienerabsetzbetrages auch die Ausgaben für die Behinderung des (Ehe-)Partners/(Ehe-)Partnerin, wenn diese nicht mehr als 6.000 € p.a. verdienen, im Wege des Freibetrages berücksichtigt werden können. Es erscheint allerdings steuer­lich nicht gerecht, wenn dieser Betrag seit mehr als zehn Jahre nicht angepasst wurde, weshalb eine Inflationsanpassung um 20% (VPI 2020) auf 7.200 € vorgeschlagen wird.

Die Regelung stellt darauf ab, dass die Kosten der Behinderung des (Ehe-)Partners zu einer Reduktion der individuellen Steuerbelastung führen, da der Freibetrag die Steuer­bemessungsgrundlage kürzt. Bei Lohnanpassungen hat aber, soweit die damalige Grenze von 6.000 € inzwischen überschritten wurde, weder der behinderte (Ehe-)Partner noch der bisher steuerpflichtige (Ehe-)Partner, der den Freibetrag bisher in der eigenen Steuererklärung in Anspruch nehmen konnte, den gewünschten steuerlichen Effekt aus der Regelung. Durch die Anhebung des Betrages soll dieser Umstand zumin­dest teilweise beseitigt werden. Da es sich um eine begünstigende Regelung handelt, kann das Inkrafttreten rückwirkend ab 1.1.2020 erfolgen.

zu Z 2, ad  Z 9 (§ 108h): Die zu erwartenden Auswirkungen der Covid-19 Krise auf die Veranlagungsergebnisse der Zukunftsvorsorge sollen dem Steuerpflichtigen kostenfrei im Laufe des ersten Quartals 2021 für das Jahr 2020 und im Verlauf des ersten Quartals 2022 für das Jahr 2021 als detaillierte Information zur Verfügung gestellt werden.

zu Z 3, ad  Z 366a und 366b (§ 124b): Da aufgrund der COVID-19 Krise im Jahr 2020 Betriebsveranstaltungen nur sehr eingeschränkt möglich sind, wird die Möglichkeit eingeräumt, diese Veranstaltungen im Jahr 2021 nachzuholen, ohne dass es für die Be­schäftigten zu steuerlichen Nachteilen kommt. Die Freibeträge für den steuerlichen Vorteil aus der Teilnahme aus Betriebsveranstaltungen sowie für damit zusammen­hängende Sachzuwendungen werden für das Jahr 2021 verdoppelt. Allfällige im Jahr 2020 zugeflossene Vorteile oder Sachzuwendungen kürzen allerdings diese Freibe­träge. Damit wird gewährleistet, dass den Beschäftigten durch die COVID-19 Krise keine steuerlichen Nachteile entstehen, wenn Betriebsveranstaltungen vom Jahr 2020 ins Jahr 2021 verschoben werden. 

zu Z 4, ad  Z 368 (§ 124b): Die günstigere Berechnungsmöglichkeit des Kontrollsechstels zu Gunsten der ArbeitnehmerInnen soll lt. den Regierungsfraktionen erst ab dem Jahr 2021 in Kraft treten. Das bedeutet, dass ÖVP und Grüne die Steuerpflichtigen bei sinken­den Einkommen ausgerechnet im Jahr der Krise um eine Aufrollung zu ihren Gunsten „schnalzen“. Um diese steuerliche Ungleichbehandlung insbesondere im Jahr 2020 zu beseitigen, sollen die Inkrafttetensbestimmungen getrennt werden: der Teil, der die Tarif­änderung betrifft (§ 69), tritt mit 2021 in Kraft, jene Änderungen der §§ 67 und 77, die die Sanierung des Kontrollsechstels betreffen, treten rückwirkend per 1.1.2020 in Kraft und


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können somit in der Lohnverrechnung des laufenden Jahres 2020 zum Wohle der Arbeit­nehmerInnen noch berücksichtigt werden.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Antrag wurde an die Abgeordneten verteilt, in den Grund­zügen erläutert und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Meri Disoski. – Bitte.


17.53.03

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Ministerin­nen! Sehr geehrter Herr Minister! Von den Science-Fiction-Gefilden des Kollegen Matznetter wieder in die reale Welt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir beschließen heute unter anderem auch eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes, und damit setzen wir etwas um, wofür Feministinnen und feministische Aktivistinnen seit Jahren kämpfen, nämlich eine Senkung des Steuersatzes auf Menstruationsprodukte. (Beifall bei den Grünen.)

Berechnungen zufolge durchleben Frauen in ihrem Leben etwa 500 Zyklen in 40 Jahren. Wir haben demnach an fast 3 000 Tagen unseres Lebens die Regel, und dafür geben wir in dieser Zeit im Schnitt rund 2 700 Euro für Menstruationsartikel aus. Während andere Länder wie zum Beispiel Frankreich, Großbritannien, Australien oder auch Deutschland die Steuer auf Menstruationsartikel bereits gesenkt hatten, sind diese in Österreich auch im Jahr 2020 noch immer mit 20 Prozent in der Kategorie der Luxus­güter besteuert und somit höher als Sekt, Opernbesuche oder andere Dinge, obwohl Menstruationsartikel keine Luxusgüter sind, sondern einfach jene Produkte, die wir tagtäglich, Monat für Monat als Teil unseres Grundbedarfs brauchen.

In Österreich haben sowohl das Frauenvolksbegehren, das von über 500 000 Menschen unterstützt worden ist, als auch eine Petition auf der Plattform aufstehn.at, die von 30 000 Personen unterzeichnet worden ist, als auch die Erdbeerwoche schon seit Langem eine Senkung dieser ungerechtfertigt hohen Umsatzsteuer auf Menstruations­produkte gefordert. Auch wir Grüne haben uns bekanntlich immer schon für die Senkung des Steuersatzes eingesetzt. Bereits im Mai 2017 hat eine grüne Kollegin von mir einen entsprechenden Antrag im Hohen Haus eingebracht; er wurde damals von der rot-schwarzen Regierung in den Finanzausschüssen vertagt, vertagt, vertagt. (Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Schau dir doch die Protokolle dazu an, Kollege Krainer, bevor du dich hier herausstellst und behauptest, die Koalition hätte irgendetwas von euch abge­schrieben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Als grüne Frauensprecherin freue ich mich sehr darüber, dass wir heute mit der Senkung des Steuersatzes von 20 auf 10 Prozent für Menstruationsartikel wie Binden, Tampons, Menstruationstassen und Menstruationsschwämmchen endlich eine steuerliche Unge­rech­tig­keit gegenüber Menstruierenden beenden. Der geringe Steuersatz ist mit 1.1.2021 gültig, und ich möchte abschließend an die Hersteller plädieren, dass sie diese Senkung auch tatsächlich weitergeben. (Beifall bei den Grünen.)

17.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte.


17.55.42

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Regierungs­mitglieder! Ich beziehe mich auf die NoVA-Erhöhung, und ich finde es ja schade, dass


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die beiden Haupttäter in dieser Sache, Vizekanzler Kogler und Verkehrsministerin Gewessler, nicht anwesend sind, denn man muss schon wissen, wie die Genese dieser NoVA-Erhöhung eigentlich vonstattengegangen ist, und eigentlich ist das, was passiert ist, auch skandalös.

Es war eine Nacht-und-Nebel-Aktion, man hat dieses Ding ohne Begutachtung einfach auf die Reise geschickt, und heute soll es auch schon beschlossen werden. Eines möchte ich schon sagen: Kollege Schnedlitz hat vorhin von einer sich anbahnenden Diktatur gesprochen, und ich werde das auch unterstützen, auch mit der Gefahr im Nacken, dass ich dafür einen Ordnungsruf bekomme. Man sieht ganz einfach, werte Kollegen vor allem von der ÖVP, wie lästig Ihnen der parlamentarische Betrieb ist, wie oft das Parlament ausgebremst wird, wie oft Ausschüsse nicht befasst werden und wie oft es auch nicht zu entsprechenden Begutachtungen kommt – und genau das ist eben auch jetzt passiert. (Beifall bei der FPÖ.)

Weil ich vorhin von der Genese der NoVA-Erhöhung gesprochen habe: Diese dient ja einzig und alleine nur dazu, die grüne Klientel zu beruhigen, die gerade irgendwie ihre Pfründe in Wien verloren hat, die ständig darunter leidet, dass die Grünen die Politik der ÖVP schon vollkommen in sich aufgesogen haben und dass die Grünen am Ende des Tages kein einziges Ökothema über die Rampe bringen, weshalb sie in Wahrheit – zu Recht, wie ich glaube – auch von den eigenen linken Parteimitgliedern und Sympathi­santen entsprechend unter Druck gesetzt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die österreichische Bevölkerung ist aber nicht dazu da, die Befindlichkeiten der Grünen auszubaden, nur weil ihr gerade irgendwie eine Sinnkrise habt und nicht wisst, wie ihr euch politisch aufstellen möchtet, sondern die österreichische Bevölkerung hat das Anrecht, dass vernünftig mit ihr umgegangen wird und sie nicht einfach nur irgendwelche politischen Geplänkel ausbaden muss.

Wenn wir schon über grüne Politik reden, dann möchte ich von den Grünen einmal wissen, wie sie das erklären, was mit dieser NoVA-Erhöhung jetzt genau erreicht werden soll. Wissen Sie, was Sie damit erreichen? – Auf jeden Fall nicht, dass auf Euro-6-Motoren umgestellt wird und dass die Flotte erneuert wird. Nein, die Erhöhung der NoVA führt eben genau dazu, dass ältere Autos länger in Betrieb bleiben, weil man sich keine neuen kauft. Das heißt also, die Erreichung Ihrer Umweltstandards, die Sie ständig einfordern, haben Sie damit selber verschoben. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ja, ich habe es vorhin schon gesagt: Sie bremsen damit auch den parlamentarischen Prozess aus. Es ist auch unglaublich zynisch, wenn Kollege Schwarz, so wie vorhin, sich hierherstellt und sagt: Na ja, wenn man es sich nicht leisten will, soll man sich überlegen, mit dem Fahrrad zu fahren. – Herr Kollege, ich weiß ja nicht, auf welchem Planeten Sie leben, aber Österreich besteht nicht nur aus dem 7. Bezirk und aus Ihren Bobovierteln. Ich komme aus dem Bezirk Lilienfeld. Da fahren Sie einmal von Sankt Aegyd am Neuwalde bis zur nächsten Bezirkshauptstadt Lilienfeld, und dann schauen wir weiter. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Also zu sagen: Nehmt euch ein Rad, wenn ihr euch das Auto nicht leisten könnt!, ist mehr als zynisch, und es lässt auch ein bisschen einen Rückschluss darauf zu, wie Sie eigentlich gepolt sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Absenkung des CO2-Freibetrages ist aus meiner Sicht vollkommen willkürlich ge­macht, die Deckelung der NoVA genauso. Sie beschließen damit jetzt mit, dass die Kosten von Motorrädern in der Anschaffung um bis zu 30 Prozent erhöht werden. Auch das ist hochinteressant – Sie haben offensichtlich vergessen, dass auch Ihre Bobo­kollegen im 7. Bezirk mit der Vespa herumdüsen. (Abg. Stögmüller: Elektro-Vespa!) Auch die können dann schlussendlich mehr dafür hinblättern. (Ruf bei den Grünen: E-Roller!)


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Wenn ich mir dann auch noch anschaue, was dem Kollegen Kopf dazu einfällt – der sagt: Ja, das ist alles schmerzhaft und es tut uns eh leid, aber schauen wir einmal! –, dann denke ich mir, das kann zwei Hintergründe haben: Entweder Kollege Kopf weiß, es wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird, und Sie sind bald Geschichte, oder die Selbstaufgabe der ÖVP ist auch bereits im Gang.

Ich finde es schon unerhört, dass man dann in der medialen Berichterstattung liest, dass man damit jetzt ein NoVA-Schlupfloch gestopft hätte. Wissen Sie, was dieses NoVA-Schlupfloch war? – Sie belasten mit dieser NoVA-Erhöhung jetzt auch noch kleine und mittlere Betriebe über Gebühr. Ich möchte nur ein paar Beispiele bringen: Für einen Iveco Daily zum Beispiel – das ist ein Pritschenwagen – erhöhen Sie die Kosten bis 2024 um 17 630 Euro. MAN TGE, ein allradangetriebenes Lieferfahrzeug: Da erhöhen Sie bis 2024 um sage und schreibe 24 000 Euro. Das ist auch spannend, wenn man das dann kaufen soll. Und der Mercedes Sprinter, den auch jeder kennt, wird durch Ihre Maßnahmen bis 2024 um 17 026 Euro teurer.

Jetzt stelle ich mir schon die Frage, wenn Sie sagen, die großen Stinker und die Luxusobjekte müssen weg: Na glauben Sie, dass ein Mercedes Sprinter ein Luxusobjekt oder ein Statussymbol ist – oder dass man ihn schlicht und ergreifend zum Arbeiten braucht? Und wenn Sie dann anführen, das werde steuerlich absetzbar sein: Na entschuldigen Sie, Sie haben ja gemeinsam mit der ÖVP bereits die Wirtschaft ruiniert! Man muss ja zuerst einmal Steuern zahlen, damit man etwas absetzen kann. Das wird für 2020 sicherlich nicht der Fall sein und auch später schwieriger werden. – Das ist einmal das eine.

Und dann überlege ich mir auf der anderen Seite, wo diese Firmen schlussendlich dann ihre Kosten wieder hereinbringen sollen, meine sehr geehrten Damen und Herren. – Ja, natürlich bei der österreichischen Bevölkerung, bei den Konsumenten. Die werden für Ihre großartigen Ideen dann bluten müssen.

Das Gleiche gilt auch für die Familienfahrzeuge. Auch da möchte ich Ihnen einen Spiegel vorhalten. Wieder: Sie reden von großen Stinkern und von Ferraris. Soll ich Ihnen sagen, wie viele Ferraris im letzten Jahr zugelassen worden sind? – Das waren 56 Stück. Und wenn Sie vielleicht noch wissen wollen, wie viele Lamborghinis: Das waren 40 Stück. Da erhöhen Sie die Preise und wollen irgendwie argumentieren, dass da großartig viel Geld freigemacht und die Umwelt damit gerettet wird! Das ist eine Doppelmoral der Sonder­klasse, denn auf der anderen Seite nehmen Sie die Kohle ganz woanders: Sie ziehen das Geld den Österreichern zum Beispiel beim Skoda Octavia aus der Tasche. Wissen Sie, wie viele da zugelassen werden? – 7 500 Stück sind da zugelassen worden, und das macht die Masse aus. Das gilt auch für viele andere Fahrzeuge: Beim VW Sharan, das ist ein Familienfahrzeug, oder beim Ford Galaxy holen Sie sich in der Masse das Geld heraus. Das hat nichts mit einer ökosozialen Steuerreform und sonst irgendetwas zu tun, sondern das ist in Wahrheit ein Beleg dafür, wie sehr Sie schon auf dem Holzweg sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ja auch der Grund, warum Sie sich hier ständig von einem Missgeschick zum nächsten hanteln. Bundesministerin Gewessler, die untätigste Ministerin, macht gemeinsame Sache mit Finanzminister Blümel, der sich 86 Mal an nichts erinnern kann und ständig die Nullen vergisst. (Abg. Loacker: Aber sie freut sich total!) Also da sieht man ja schon, dass Sie nur mehr mit Notverordnungen und mit Krisen umgehen können und in Wirklichkeit am liebsten hätten, dass das Parlament komplett ausgeklinkt wird. Sie antizipieren jetzt schon wieder die Klimakrise, dabei sind wir mit der Gesundheitskrise noch gar nicht fertig, und so stellen Sie sich in der Zukunft vor, Österreich zu regieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nein, das ist eben nicht so, und – ich habe es vorher schon einmal gesagt – wenn Sie so weitermachen und ständig einen Krisenfall


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nach dem anderen ausrufen, nicht einmal mehr in der Lage sind, Anträge so zu schrei­ben, dass sie schlussendlich auch beschlossen werden können, ohne dass wir eine Sondersitzung brauchen, dann sehen wir, wo wir gelandet sind.

Daher abschließend noch einmal: Deswegen müssen Sie sich einfach den Vorwurf ge­fallen lassen, dass Sie mit diesem Gesetz 41 000 Arbeitslose in der Automobilbranche und in angeschlossenen Gewerbebetrieben riskieren. Sie müssen sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie genau nichts für die Umwelt tun, weil Sie gerade damit die Erneuerung der Flotte behindern. Und schlussendlich müssen Sie sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie tatsächlich diktatorische Ansätze zeigen. Ich sage es noch einmal: So geht man mit einem Parlament und auch mit der österreichischen Bevöl­kerung nicht um. (Beifall bei der FPÖ.)

18.03


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger. – Bitte, Frau Ministerin.


18.03.12

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Speziell der gesamte Tourismus, die Reisebranche, die Veranstalter, die Freizeitwirtschaft und auch die Gastronomie sind zweifelsohne die hauptbetroffenen Branchen dieser weltweiten Coronapandemie. Besonders hart getroffen, weil sie natürlich von der Reisefreiheit leben, sind die Reisebüros, und ich muss Herrn Abgeordnetem Matznetter da wirklich vehement widersprechen: Wir haben von Beginn dieser Krise an versucht, für die Reisebüros immer wieder auch Sonderlösungen zu finden. Das ist ein Bereich, der sehr speziell ist.

Wir haben bereits im Fixkostenzuschuss Phase eins die Möglichkeit geschaffen, dass eben auch Personalkosten geltend gemacht werden konnten, weil vor allem das ge­samte Reisegeschäft von einem halben Jahr rückstorniert werden musste. Der Fix­kostenzuschuss Phase eins wurde also schon speziell auf die Reisebüros angepasst, und vor allem der Fixkostenzuschuss Phase zwei mit dem Verlustersatz und der Mög­lichkeit der Abschreibung der frustrierten Aufwendungen wird für die Reisebüros eine massive Unterstützung bieten, und das ist richtig und gut so, weil das nämlich in Österreich unsere Spezialisten für das Reisegeschäft sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir sehen aber zusätzlich noch ein schwieriges Problem auf uns zukommen, und das ist die Frage der Insolvenzabsicherung der Reisebranche. Bisher hat es ja einen großen globalen Reiseversicherer gegeben, das Versicherungsunternehmen HDI Global, das sich per 1. Dezember 2020 aus dem weltweiten Versicherungsmarkt zurückzieht. Das betrifft auch in Österreich extrem viele Unternehmen, und auch alle anderen Versicherer haben ihr Angebot für die Pauschalreiseversicherung in Österreich eingestellt. Das ist vor allem der aktuellen weltweiten Pandemie geschuldet. Da der Versicherungs- und Banken­markt derzeit nicht bereit ist, dieses Risiko für die Branche zu übernehmen, haben wir ein vorübergehendes System gebaut, um die Reiseveranstalter, die Reise­büros da bestmöglich zu unterstützen. Das heißt, dass wir für eine zeitlich befristete Überbrückung die Grundlage für eine Insolvenzabsicherung über die Österreichische Hotel- und Tourismusbank schaffen.

Die Reisebürobranche in Österreich ist durch sehr viele Kleinunternehmen geprägt. Es dominieren die Betriebe mit ein bis neun Beschäftigten, und insgesamt üben aktuell über 2 600 Betriebe das Reisebürogewerbe in Österreich aus. Ohne diesen Insolvenzschutz für Kundengelder – und ich glaube, das ist vor allem der wichtige Punkt – dürften die


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Reiseveranstalter keine Pauschalreisen mehr anbieten, weil die EU-Pauschal­reise­richt­linie den vollen Insolvenzschutz vorsieht. Das würde einem Berufsverbot gleichkommen.

Mit dem heutigen Antrag, und da darf ich mich sehr herzlich beim Hohen Haus be­danken, schaffen wir die Unterstützung, die diese Branche für das Jahr 2021 ganz drin­gend braucht.

Wir bekommen auf jeden Fall im nächsten Jahr unsere Reisefreiheit wieder zurück, und da wird es Spezialisten brauchen, die für Urlaubserlebnisse sorgen. Deswegen ist diese Unterstützung in Form der Insolvenzabsicherung, die wir heute beschließen, so wichtig.

Auch eine sehr wichtige Unterstützungsmaßnahme für die gesamte Tourismus-, Gastro­nomie- und Freizeitbranche ist die Verlängerung der Umsatzsteuersenkung, des Haftungspaketes und vor allem auch der Regelungen hinsichtlich Steuerstundungen. Durch die Verlängerung der Umsatzsteuersenkung in der Höhe von 5 Prozent auf das gesamte Jahr 2021 werden sehr viele der Verluste abgedeckt. Die Senkung betrifft alle Speisen und Getränke, sowohl alkoholfreie als auch alkoholische Getränke. Davon umfasst sind aber auch Schutzhütten und Buschenschankbetriebe. Auch die gewerb­liche Beherbergung, Pensionen, die Privatzimmervermietung und die Überlassung von Ferienwohnungen und Grundstücken für Campingzwecke sind von dieser Verlängerung umfasst.

Darüber hinaus werden wir auch weiterhin Theateraufführungen, Tierparks, Museen, die zoologischen und botanischen Gärten, Naturparks und Kinos von dieser Steuersenkung profitieren lassen, und auch Schausteller, die ja in Österreich zum großen Teil zum Freizeitgeschehen dazugehören, kommen in den Genuss des reduzierten Steuersatzes.

Ganz entscheidend für uns ist aber vor allem auch die Verlängerung des Haftungs­rahmens für die Überbrückungsfinanzierung. Das war eigentlich das erste Instrument, das wir gemeinsam mit der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank – bereits im März – ins Leben gerufen haben, das Zigtausende Betriebe in Anspruch genommen haben und mit dem wir wirklich auch die Möglichkeit geschaffen haben, die Betriebe durch diese sehr, sehr schwierige Zeit zu bringen. Das ist eine Maßnahme, die sehr gerne und gut angenommen wird. Für die ÖHT steht ein Haftungsrahmen von 1,6 Mil­liarden Euro zur Verfügung, der auf Basis der verlängerten Ermächtigung in der Folge auch bis 30. Juni 2021 genutzt werden kann.

Des Weiteren werden wir die Steuerstundungen weiter verlängern, und zwar bis 31. März 2021. Es werden zudem keine Stundungszinsen vorgeschrieben, also auch das ist eine ganz, ganz entscheidende und wichtige Maßnahme, damit wir unsere Betriebe durch diese Zeit, durch diese Coronakrise bekommen.

Geschätzte Damen und Herren, die Gastronomie, die Landgasthäuser, die Lokale, die Bars sind ein ganz wichtiger Teil unseres gesellschaftlichen Lebens. Genauso schaffen die Hotellerie, die Beherbergungsbranche, der gesamte Tourismus unvergessliche Urlaubserlebnisse in Österreich. Wir dürfen auch unsere Veranstalter nicht vergessen, die dazu beitragen, dass der gesamte wirtschaftliche Bereich lebt, wenn man an Messen, an Kongresse denkt, und es sind vor allem unsere Freizeitbetriebe, die uns immer wieder auch Erholung und Unterhaltung bieten.

Wir sind ein Land der Kulinarik, wir sind ein Land der Gastfreundschaft, und wir müssen alles dafür tun, dass wir diese Branchen bestmöglich durch diese besonders schwierige und harte Zeit bringen. Ich darf Sie, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, um Unterstützung bitten. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.09


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Manfred Hofinger. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 213

18.10.05

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Frau Präsidentin! Liebe Vertreter der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider hat uns die Coronakrise nach wie vor stark im Griff. Herr Bundesminister Blümel hat es gesagt: Alle Maßnahmen, die wir setzen, dienen der Erhaltung der Arbeitsplätze und der Stärkung der Wirtschaft, vor allem im gebeutelten Tourismus und in der Gastronomie. Mit dem Steuermaßnahmen­gesetz werden wir heute Verlängerungen schaffen, die wir unbedingt brauchen.

Ich möchte vielleicht einen kleinen Punkt herausnehmen, der für mich persönlich in den vergangenen Tagen ganz interessant war. Für die Betriebe ist das Betriebsklima etwas ganz Wesentliches. Da die Weihnachtsfeiern heuer leider ausfallen müssen, fragen viele Betriebe bei den Gemeinden um Gutscheine und so weiter und so fort an. Ich glaube, diese steuerbegünstigten Gutscheine schaffen mit den 365 Euro pro Mitarbeiter, die als Betriebsausgabe gezählt werden können und auch für den Arbeitnehmer lohnsteuerfrei sind, eine Möglichkeit für Betriebe. Das ist ein ganz wesentlicher Beitrag, auch etwas Freude in die Weihnachtszeit zu bringen, ohne die großen Zusammenkünfte zu brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn wir über Steuern reden, müssen wir aber auch über Gemeinden reden. Die Ge­meindefinanzen sind sehr stark von den Ertragsanteilen abhängig. Das sind die Steuer­einnahmen des Bundes. Leider dauert die Krise sehr lange an. Wir haben ein wunder­bares Gemeindemilliardenpaket geschaffen, das Investitionen stärkt. Die Gemeinden sind die größten Auftraggeber in den Regionen.

Leider dauert die Krise aber zu lange an, daher brauchen wir auch da ein zweites Paket. Ich freue mich wirklich, dass es zwischen der Regierung – vor allem Finanzminister Blümel – und Gemeindebundpräsident Riedl schon Gespräche darüber gibt, schon Vor­schläge eingeholt werden, wie wir die Liquidität der Gemeinden auch für das nächste Jahr stärken können. Ich möchte mich dafür nochmals recht herzlich bedanken.

Abschließend möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ing. Manfred Hofinger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird ersucht, ein weiteres Hilfspaket für die Gemeinden zu schnüren, damit diese auch in der Krise die Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen aus der Daseinsvorsorge ausreichend ge­währleisten können.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Manfred Hofinger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Christoph Stark, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 214

betreffend Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1109/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuer­gesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alko­hol­steuergesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das COVID-19-Förde­rungsprüfungsgesetz und das Kommunalsteuergesetz 1993 geändert werden (COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG) (492 d.B.) (Top 18)

Die Coronakrise hat massive Auswirkungen auf das Leben der Österreicherinnen und Österreicher – weder die gesundheitlichen noch die wirtschaftlichen Folgen sind bis heute klar abschätzbar.

Um Österreich bestmöglich durch diese herausfordernde Zeit zu bringen, folgt die Bundesregierung bei all ihren Hilfsmaßnahmen denselben Grundsätzen. Priorität hat immer die Rettung von Menschenleben, von Arbeitsplätzen und Unternehmen sowie die Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und die Stärkung des Wirtschaftsstandortes.

Genau dieser Logik folgt auch das Gemeindepaket in Höhe von 1 Milliarde Euro, mit dem der Bund bis zu 50 Prozent der Investitionen übernimmt, um direkt vor Ort Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu sichern.

Es werden damit Projekte unterstützt, die im Zeitraum 1. Juni 2020 bis 31. Dezember 2021 begonnen werden oder bereits ab 1. Juni 2019 begonnen wurden, wenn die Finanzierung aufgrund der Mindereinahmen als Folge der Coronakrise nicht mehr möglich ist.

Hinsichtlich der Ertragsanteile sowie der Kommunalsteuern der Gemeinden ist im Jahr 2020 aufgrund der anhaltenden Krise mit Mindereinnahmen gegenüber dem Vorjahr zu rechnen, eine Besserung der Entwicklung der Ertragsanteile ist erst im Jahr 2022 zu erwarten. Neben diesem Konjunkturpaket braucht es daher noch zusätzliche finanzielle Maßnahmen, welche die Gemeinden dabei unterstützen sollen, die Daseinsvorsorge sicherzustellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird ersucht, ein weiteres Hilfspaket für die Gemeinden zu schnüren, damit diese auch in der Krise die Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen aus der Daseinsvorsorge ausreichend gewährleisten können.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte.


18.12.56

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsident! Geschätzte Frau Minister! Herr Finanzminister! Sie haben völlig zu Recht die Form Ihrer Hilfen im Jahr 2020 genannt –


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 215

den doch bürokratischen Aufwand beim langsamen Starten, die wirklich schnelle Hilfe im November – und auch rückblickend erwähnt, dass manches richtig und manches falsch oder nicht so gut gelaufen ist. Dem kann ich mich nur anschließen.

Die Frage, Herr Finanzminister, ist aber: Was passiert nach dem 7.1.? Das scheint mir auch die Parallele zu sein. Wir dürfen nämlich nicht zu spät draufkommen, wann wir reagieren oder vorsorgen müssen. Das ist eines der Themen, die mich eigentlich die ganze Zeit beschäftigen.

Frau Minister Köstinger hat auch die Wichtigkeit des Tourismus hervorgehoben. In der „FAZ“ ist letzte Woche gestanden, für Österreich ist der Tourismus wichtiger als die Automobilindustrie für Deutschland. Das stimmt tatsächlich. (Abg. Hörl: Das ist so!)

Dabei geht es mir aber dann auch darum, dass es nicht nur den Hotelier oder den Wirten ums Eck gibt, sondern dass es auch die mittelbaren Unternehmer gibt, wie im Tourismus zum Beispiel die Textilreiniger, die all diese Bereiche erledigen, von denen der Touris­mus auch mittelbar lebt. Die sind nicht direkt vom Tourismus, sondern von der Leis­tungsintensität der Touristik abhängig. Das ist eines der wichtigen Dinge. Man muss ganz ehrlich sagen, da ist relativ wenig gelaufen. Den Bereich betraf ja auch der Auf­schrei der Reisebürounternehmer, die gesagt haben: Okay, wir sind auch davon betrof­fen.

Ich denke, ich muss jetzt auch einmal die Hand für jene wie meine Textilreinigungsfirma, die Textilreinigungsfirma Leitgeb, heben. Diese Betriebe sind eigentlich nur im Touris­mus tätig und erfüllen zu 100 Prozent diese Dienstleistungen, sind davon mittelbar enorm betroffen und erhalten de facto fast keine Hilfe. Vielleicht finden wir hier auch dementsprechend Möglichkeiten.

Wenn es jetzt um die Zukunft geht, glaube ich, dass uns Neiddebatten nicht weiter­helfen – wenn Kollege Krainer von Champagner spricht und übrigens vergessen hat, dass der österreichische Schaumwein zum Teil genauso gut wie der Champagner ist, nur nicht aus der Champagne kommt. Das ist eine regionale Bezeichnung. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Neiddebatten helfen uns da auch nicht weiter, genauso wenig wie diese NoVA-Ge­schichte, die mich wahnsinnig ärgert, denn der Tanktourismus wird ja weiter be­stehen. Kollege Schwarz hat gesagt, nächstes Jahr kommt wahrscheinlich – so wie ich das herausgehört habe – eine kräftige MÖSt-Erhöhung, damit der Tanktourismus abgestellt wird. De facto zahlst du für das Auto doppelt so viel, und dann zahlst du für die MÖSt auch so viel. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich glaube, es wird ein bisschen dramatisch werden. Mit dem Fahrrad werden wir uns nicht weiterbewegen.

Wenn es um Solidarbeiträge geht, wie sie Kollege Krainer angesprochen hat: Die Solidarbeiträge werden uns nicht weiterhelfen. Das Einzige, was volkswirtschaftlich wirklich nutzen wird, ist, dass wir den Faktor Arbeit dramatisch entlasten, damit die Arbeitslosen wieder in Arbeit kommen. Das wird uns weiterhelfen, nämlich den Faktor Arbeit so zu entlasten, dass die Mitarbeiter mehr verdienen und weniger kosten. Das ist der springende Punkt!

Der nächste Punkt, den Sie jetzt angehen sollten, Herr Finanzminister, sind eigen­kapital­stärkende Maßnahmen für die Unternehmer.

Der zweite Punkt sind Beteiligungskapitalbereitstellungsmaßnahmen, eventuell auch in Form eines Mezzanine-Kapitals.

Das Dritte ist, dass wir es endlich angehen müssen, zu sanieren statt zu schließen, denn im Jahr 2021 werden viele Unternehmen davon betroffen sein, die eben laut dem jetzi­gen Insolvenzrecht keine Chance mehr haben. Wir müssen also Sanierungsmaßnahmen


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einleiten. Das würde ich mir wünschen – und keine Neiddebatten. Wir müssen jetzt vor­denken.

Wir brauchen auch jetzt Klarheit, der Tourismus braucht jetzt Klarheit, was nach dem 7.1. ist, und der Tourismus braucht Klarheit, wie es im Sommer weitergeht, aber nicht, weil wir schon den Impfstoff haben, sondern weil es wirtschaftlich auch dement­sprechende Maßnahmen braucht, die ins Jahr 2022 hineingehen. (Beifall bei den NEOS.)

18.17


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Elisabeth Götze. – Bitte.


18.17.55

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Ministerinnen! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben heute schon gehört: Steuern, Steuern, Umsatz erhalten. Ich möchte noch einmal die zwei Punkte von diesem Steuerpaket herausgreifen, die mir besonders wichtig sind.

Der erste ist die Mobilität. Wir wollen, dass die Art von Mobilität, die gut für uns alle und für die Umwelt ist, günstiger wird. Dazu zählen beispielsweise das Jobticket – also öffentliche Mobilität –, das Radfahren, aber auch der Güterverkehr auf der Schiene. (Beifall bei den Grünen.)

Gleichzeitig muss die Mobilität, die schlecht für das Klima ist, die schlecht für die Umwelt ist, die schlecht für die Luft ist, teurer werden. Daher die NoVA, und daher – ja, wir stehen dazu –: SUV-Fahren wird in Zukunft teurer. (Beifall bei den Grünen.)

Allerdings heißt ökosozial auch, dass es eine Entlastung der Menschen durch die Steuerreform gibt. In Summe geht es sich aus, und ich kann mich entscheiden, ob ich mein Geld für das Autofahren ausgebe oder andere Formen der Mobilität finde. Übrigens: Elektromobilität ist natürlich von der NoVA ausgenommen.

Das zweite Beispiel betrifft das Reparieren, auch das wurde schon angesprochen. Wie oft ist es mir schon passiert, dass ich mir überlegt habe: Lasse ich das jetzt reparieren? Dann habe ich abgewogen, und eigentlich war es günstiger, etwas neu zu kaufen.

Das kann es doch nicht sein, dass es günstiger ist, etwas wegzuwerfen, als es zu reparieren! Das versuchen wir zu ändern und umzukehren, indem die Umsatzsteuer auf Reparaturen gesenkt wird. (Beifall bei den Grünen.)

Aus ökologischen Gründen braucht es eine Kreislaufwirtschaft und gleichzeitig die Schonung von Ressourcen. Reparaturen von Fahrrädern wollen wir fördern, das habe ich schon gesagt, aber beispielsweise auch von Schuhen, anderen Lederwaren und Kleidung.

Es kommt noch eine Senkung der Mehrwertsteuer in einem anderen Bereich, über die ich mich freue: Die Mehrwertsteuer auf Menstruationsartikel wird auf 10 Prozent halbiert. In diesem Fall hoffen wir, dass die Mehrwertsteuersenkung wirklich an die Konsu­men­tinnen weitergegeben wird – das wurde schon angesprochen. (Beifall bei den Grünen.)

Ein viertes Beispiel der Umsatzsteuersenkung: Wir behalten die Unterstützung für Tou­rismus, für Gastronomie und auch für Buchgeschäfte bei, da bleibt es infolge der Krise bei der halben Mehrwertsteuer von 5 Prozent bis Ende 2021. Das ist also eine Unter­stützung, die im Normalfall nicht an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergege­ben wird, sondern die soll bei den Betrieben bleiben, damit ihnen im Unternehmen höhere Deckungsbeiträge bleiben und die Handelsspanne größer wird. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Singer.)


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Zu den Unterstützungsleistungen: Wir haben hier im Laufe des Jahres schon ganz viel beschlossen, von Non-Profit-Organisationen-Unterstützungsfonds und Kurzarbeit über Fixkostenzuschuss und Kreditgarantien bis hin zu Umsatzersatz und Familien­härte­fonds – also eine Fülle von Unterstützungsleistungen. Was wir heute beschließen wer­den, ist das COVID-19-Transparenzgesetz, und in diesem Zusammenhang sind mir drei Punkte wichtig.

Erstens: Das Gesetz legt inhaltlich genau fest, worüber der Nationalrat, worüber wir Abgeordnete informiert werden.

Zweitens: Der fachlich zuständige Minister, die fachlich zuständige Ministerin informiert den zuständigen Ausschuss über diese Punkte, das heißt, da kann ein Gespräch, ein Dialog stattfinden. Beim Härtefallfonds beispielsweise wird es Ministerin Köstinger sein, die dem Landwirtschaftsausschuss berichten wird, und die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort wird im Wirtschaftsausschuss darüber berichten.

Das ergibt Sinn, aber gleichzeitig brauchen wir drittens auch noch den Überblick, und das wird im Finanzausschuss beziehungsweise im Budgetausschuss stattfinden: Der Finanzminister wird dort über den Gesamtstand der Unterstützungszahlungen berichten, und wir werden das gut im Auge haben.

In diesem Zusammenhang auch ein Danke an den Budgetdienst: Viele Vorschläge des Budgetdienstes konnten bei diesem COVID-19-Transparenzgesetz umgesetzt werden. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Reinhold Einwallner ist der nächste Red­ner. – Bitte.


18.23.26

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich nehme in meinem Redebeitrag Bezug auf den Tagesordnungs­punkt 22, es geht da um das „steuerliche Wohlverhalten“. Steuerliches Wohlverhalten, da wird sich wahrscheinlich der eine oder andere Arbeitnehmer, die eine oder andere Arbeitnehmerin fragen: Hm, was ist denn das? – Ganz zu Recht werden die das hinter­fragen, denn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben keinen Gestaltungsspiel­raum, wenn es darum geht, Steuern zu zahlen. Sie bekommen ihr steuerliches Wohl­verhalten jeden Monat am Lohnzettel dokumentiert, meine Damen und Herren. (Ruf bei der ÖVP: Und Unternehmer zahlen keine Steuern, oder wie?)

Jetzt könnte man natürlich sagen, na ja, es gibt schon einen guten Hintergrund, dass man Covid-Förderungen an die ehrliche Steuerleistung koppelt, das ergibt Sinn. Wie aber macht das diese Regierung? Was versteht diese Regierung unter steuerlichem Wohlverhalten? – Jetzt kann man von der ÖVP nicht viel erwarten, wenn es um steuer­liches Wohlverhalten geht, das ist hinreichend dokumentiert. (Abg. Kirchbaumer: Hallo, hallo, hallo! – He-Rufe bei der ÖVP.) Erst letzte Woche wurde ein ehemaliger ÖVP-Finanzminister zu acht Jahren Haft verurteilt – ich glaube, mehr Dokumentation braucht man gar nicht, wenn es um steuerliches Wohlverhalten in diesem Land geht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Hörl: Jetzt reicht es aber!) Dass es aber die Grünen da so billig geben, ist wirklich verwunderlich. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Meine Damen und Herren! Steuerliches Wohlverhalten heißt für diese Regierung, dass es einen Freibetrag von 100 000 Euro gibt – um 100 000 Euro kann man die Bemes­sungs­grundlage vorsätzlich verkürzen und bekommt immer noch eine Förderung! Das ist im Sinne der ÖVP und der Grünen offenbar steuerliches Wohlverhalten – erklären Sie das einmal einem Arbeitnehmer, einer Arbeitnehmerin oder einem EPUler, der diese Spielräume eben nicht hat!


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Jetzt könnte man sich die Frage stellen, ob diese Regierung zumindest darauf geachtet hat, dass Unternehmen keine Förderungen bekommen, wenn sie Tochterunternehmen in Steueroasen haben – nein, hat sie nicht, das ist nach wie vor möglich. Nur der Antragsteller darf keinen Sitz in einer Steueroase haben, aber wenn der ganze Konzern die Steuern am österreichischen Fiskus vorbeischafft, dann ist es nach wie vor möglich, dass er Förderungen erhält, und das ist ein Fehler, der korrigiert gehört. (Beifall bei der SPÖ.)

Der nächste Punkt betrifft die Frage, wann all diese Regelungen in Kraft treten: Sie treten mit 1.1.2021 in Kraft, und wir sehen das kritisch. Von Anfang an haben wir gesagt: Förderungen nur dann, wenn sich die Unternehmerinnen und Unternehmer an die steuerlichen Regeln halten – von Beginn der Krise an.

Jetzt sind wir in der Situation, dass diese Vorschriften mit 1.1.2021 in Kraft treten sollen. Das Ansinnen von Kollegen Fuchs, dass er sagt, wir müssten das rückwirkend be­schließen, ist verständlich und auch nachvollziehbar – wir glauben nur, dass es verfas­sungsrechtlich Probleme dabei geben wird, das rückwirkend zu regeln. Man hätte das gleich zu Beginn machen sollen, man hätte das von Anfang an ordentlich und gescheit machen sollen – aber nicht so, denn von diesem Gesetz fühlen sich die ehrlichen Steuerzahler gefrotzelt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.27


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Margarete Schramböck zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.27.08

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Wertes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist ein ganz besonderer Tag, denn es ist wieder ein Tag, an dem wir Unternehmen helfen können. Das österreichische Wirtschaftssystem ist ein Ökosystem, das aus unterschiedlichsten Unternehmen besteht: kleinen Unternehmen, großen Unter­nehmen, Leitbetrieben und Familienbetrieben, es sind Betriebe in den unterschied­lichsten Branchen. Es ist ganz, ganz wesentlich, dass wir den Fokus darauf legen, zusammenzuhalten und im Schulterschluss diesen Betrieben zu helfen.

Es ist wichtig, für jedes einzelne Unternehmen in Österreich zu kämpfen, und wir sind angetreten, um genau das zu tun. Wir tun das mit diesem Paket, das heute vorgelegt wurde und hoffentlich auch mit den Stimmen aller beschlossen wird, denn den Unternehmen zu helfen kann niemals falsch sein. Unser Ziel ist es, jedem einzelnen Unternehmer in Österreich zu helfen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir überlegen, was in dieser Krise wichtig ist, dann ist die Antwort: Es ist wichtig, Liquidität zu erhalten, und in dieser Krise ist es auch wichtig, Anreize zu schaffen. Beides ist uns gelungen. Wir haben die Liquidität in den ersten Monaten hochgehalten, wir haben es geschafft, dass die Anzahl der Insolvenzen geringer ist als je zuvor. Wir haben es geschafft, die Unternehmen durch diese Krise zu bringen. Es geht darum, Strukturen zu erhalten – es geht nicht darum, kleine Dinge da und dort zu kritisieren, sondern es geht darum, die Strukturen der österreichischen Betriebe in dieser Krise zu bewahren, damit sie Arbeitsplätze erhalten und die Zukunft der Österreicherinnen und Österreicher absichern können. (Beifall bei der ÖVP.)

Schauen wir uns eine Maßnahme besonders an, nämlich die Garantien: Die Garantien waren in den unterschiedlichen Branchen ein voller Erfolg – wir haben schon gehört, besonders im Tourismus –, gerade für die KMUs, es sind 16 900 Garantien in Höhe von 2,6 Milliarden Euro in Anspruch genommen worden. Das AWS hat diese Anträge in hoher Geschwindigkeit abgearbeitet, wofür ich mich bei dem zuständigen Team bedanken


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möchte. Es ist wichtig, diese Maßnahmen, die sich bewährt haben – das sind Maßnah­men, über die Unternehmer uns sagen, dass sie gut sind –, auch entsprechend zu ver­längern. (Abg. Loacker: Kaufhaus Österreich!)

Wir befinden uns in der größten Weltwirtschaftskrise, die wir je erlebt haben – wir erleben den größten Rückgang der Wirtschaft, den wir uns denken können und den nicht einmal unsere Väter erlebt haben. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Loacker.) Dennoch ist es wichtig, dass wir nach vorne schauen, und da gibt es die ersten Analysen, wie es denn im nächsten Jahr weitergeht und welche Maßnahmen wir gegenwärtig setzen müssen, damit es den Unternehmen im nächsten Jahr gut geht.

Eine davon ist die Investitionsprämie, die Impulse setzt – über die werden wir heute noch sprechen –, eine zweite ist die Sparquote. Ja, wir haben es geschafft, dass die Men­schen in Österreich noch Einkommen haben, anders als in anderen Ländern. Ja, wir haben es geschafft, dass sie etwas auf die Seite legen können, dass sie sparen können, dass sie darauf achten können, wie es mit ihnen weitergeht – wenn die Wirtschaft wieder anläuft, dann ist dieses Geld verfügbar, und wir müssen gemeinsam schaffen, dass es in den Konsum fließt. Dieser Konsum wird im nächsten Jahr kommen, davon bin ich überzeugt – und das können wir auch gemeinsam erreichen, indem wir sicherstellen, dass die Österreicherinnen und Österreicher in dieser Krise auch weiterhin Geld zur Verfügung haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer ganz wichtiger Punkt für die Unternehmen ist die Aussicht auf Impfstoffe – und ja, da ist Österreich mit der Europäischen Union ganz weit vorne mit dabei, und ja, das erhöht nicht nur kurzfristig die Börsenkurse, sondern Tests auf der einen Seite und Impfungen auf der anderen Seite geben den Unternehmen die Möglichkeit, Hoffnung zu schöpfen.

Ein vierter Faktor ist, dass Unsicherheiten im nächsten Jahr zurückgehen werden – und zwar Unsicherheiten, was den Welthandel betrifft. Wir werden das Thema Brexit über­standen haben, wenn es auch schwierig ist, und auch die Situation mit den USA wird sich wieder zunehmend klären. All diese Inputs zeigen ganz klar, dass es nicht eine Maßnahme ist – und das möchte ich Ihnen auch mitgeben, weil immer nach dieser einen Maßnahme gefragt wird –: Es gibt nicht die eine Maßnahme, die hilft. Es liegt ein Maß­nahmenbündel über 50 Milliarden Euro, die zur Verfügung stehen, vor – Maßnahmen, die weitergeführt werden, und ja, es werden neue Maßnahmen dazukommen, damit wir auf die unterschiedlichen Branchen und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse in ver­schiedenen Zeiten eingehen können. Ja, das wird kommen, aber ich bin ganz sicher, dass wir damit die Zukunft vieler Unternehmen und vieler Arbeitsplätze in Österreich absichern – auch wegen der Maßnahmen, die heute gesetzt werden.

Lassen Sie mich nur ganz kurz auf eine Maßnahme eingehen, auf die meine Kollegin Elli Köstinger schon eingegangen ist, weil sie wichtig ist: Die Reisebürobranche macht 2 Milliarden des Umsatzes in Österreich aus und ist wichtig für den Standort. Es ist auch ganz wichtig, dass Sie heute vermeiden können, dass die Wirtschaftsministerin etwas tun müsste, was sie nie tun wollte – dass die Grundlage für ein Gewerbe wegfällt. Es würde nämlich 400 Unternehmen treffen, wenn diese Maßnahme heute nicht beschlos­sen wird.

Darum bedanke ich mich auch für die gute Zusammenarbeit mit Elli Köstinger und mit Gernot Blümel, denn gemeinsam haben wir es geschafft, eine Vorlage zu schaffen, damit das nicht notwendig wird und wieder einem Teil unserer Wirtschaft – diese ist ein Öko­system aus unterschiedlichen Betrieben – geholfen wird, über diese Phase hinwegzu­kom­men. Somit können wir danach im nächsten Jahr sagen, wir haben alles getan, um die Strukturen zu erhalten und dann gemeinsam wieder zu wachsen, damit die Österreicherinnen


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und Österreicher weiter in Wohlstand in Österreich leben können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Andreas Hanger. – Bitte.


18.33.38

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir behandeln die verschiedensten Themenbereiche unter diesen Tagesordnungspunkten, und ich darf auch versuchen, so einen kleinen Streifzug durch diese unterschiedlichen Themen zu machen.

Ich möchte mit der Geldwäscherichtlinie beginnen. Liebe SPÖ, das finde ich schon ganz spannend: im Ausschuss noch quasi zu argumentieren und zu sagen, ja, das ist ein Beitrag, um Geldwäsche besser bekämpfen zu können, und im Plenum dann wieder dagegen zu sein. – Das muss man einmal den Wählerinnen und Wählern erklären, das ist schon eine sehr beachtliche Leistung, die da gebracht wird. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Stimmen Sie mit, bringen Sie vielleicht später die Verbesserungs­vor­schläge ein! (Zwischenruf des Abg. Kollross.) Man könnte natürlich glauben, Verbes­serungsvorschläge der SPÖ sind manchmal fast wieder eine Drohung. Das ist schon eine besondere Verhaltensweise, liebe SPÖ, das möchte ich ausdrücklich betonen (Beifall bei der ÖVP); sogar Kollegin Doppelbauer stimmt zu, das entnehme ich dem zustimmenden Nicken. (Abg. Matznetter: ... falschen Anschuldigung!)

Zweites Thema, Transparenzgesetz: Grundlage für die schnellen Hilfen – und ich erin­nere zum Beispiel an den Umsatzersatz in der Gastronomie, 14 Tage später können Hilfen ausbezahlt werden – war eine Ermächtigung, die das Parlament dem Herrn Finanzminister, dem Finanzministerium gegeben hat, im Gegenzug gibt es natürlich umfangreiche Berichtspflichten. Diese Berichtspflichten wurden noch einmal ausge­dehnt, das stärkt die Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und der Regierung, und das begrüßen wir natürlich ausdrücklich.

Drittes Thema: NoVA-Erhöhung. Ich scheue dieses Thema nicht. Einleitend möchte ich einmal präzisieren: Alle reden immer von der NoVA-Erhöhung, aber wir reden von der NoVA-Erhöhung für Fahrzeuge mit einem hohen CO2-Ausstoß. Herr Kollege Pöttinger, ich bin schon bei dir, du hast natürlich recht (Abg. Loacker: Es zahlt jeder Wiener ... Steuer!): Wenn du dich als Unternehmer ökologisch verhalten willst, dann sollten auch die technischen Mittel da sein – dieser Hinweis der Wirtschaft ist total richtig, und ich glaube, man muss gut darauf schauen, lieber Kollege Schwarz, dass diese Wahlfreiheit, die du angesprochen hast, auch gegeben ist. Im Grunde ist es aber natürlich richtig, dass wir steuerliche Maßnahmen in den Feldern mit hohem CO2-Ausstoß setzen, weil – und davon bin ich schon auch überzeugt – es in den verschiedensten Feldern Maß­nahmen braucht, wenn wir die Klimaschutzziele erreichen wollen, die wir, glaube ich, alle gemeinsam erreichen wollen. Da wurde vieles auf den Weg gebracht, das möchte ich ausdrücklich betonen – gerade auch mit dem neuen Budget –, aber wir brauchen noch eine stärkere Ökologisierung des Steuersystems.

Frau Kollegin Doppelbauer, ich habe das auch im Ausschuss schon gesagt: Ich finde, das NEOS-Konzept greift viel zu kurz. (Abg. Doppelbauer: Nein!) Einfach nur zu sagen, man erhöht die MÖSt oder macht einen CO2-Preis und senkt auf der anderen Seite die Abgaben für Arbeit, greift zu kurz. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Es ist ein bisschen differenzierter.


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Wir müssen auf soziale Gruppen schauen: Wie gehen wir mit der Bevölkerungsgruppe um, die ein geringes Einkommen hat, die zum Beispiel keine Steuern zahlt? (Abg. Deimek: Steuer ...!)

Wir müssen ganz dezidiert auf den Wirtschaftsstandort schauen, das sage ich auch aus­drücklich – denn was haben wir davon, wenn wir ein ökologischer Musterschüler sind, aber eine hohe Arbeitslosigkeit haben?

Zum Dritten brauchen wir auch einen Ausgleich zwischen dem städtischen Raum (Zwi­schenruf der Abg. Doppelbauer) und dem ländlichen Raum – natürlich ist es im städti­schen Raum einfacher, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen, als im ländlichen Raum. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Das ist eine spannende Aufgabe. Ich glaube, wir haben eine gemeinsame Grundlage, und ich möchte wirklich diese Wahlmöglichkeit, diese Anreizsysteme unterstreichen; das Ziel muss sein, ein klimafreundliches Agieren zu belohnen. Ich glaube, mit dieser Grundlage haben wir eine sehr gute Basis für die Diskussionen (Abg. Deimek: Genau! Indem wir ihnen das ...!) in den nächsten Wochen und Monaten, auf die ich mich persönlich auch sehr freue.

Abschließend möchte ich noch ein Thema ansprechen, das mir wirklich am Herzen liegt – Kollege Hofinger hat schon davon geredet –, das ist diese Gutscheinaktion. Nun wissen wir, dass wir nach wie vor in der größten Pandemie, in der größten Gesund­heitskrise und in der größten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik sind – auch wenn es manche nicht wahrhaben wollen. (Abg. Deimek: Wenn die Leute dann arbeitslos sind, machen s’ kein Auge mehr zu ...!)

Es tut mir schon sehr weh, wenn ich bemerke, dass das manchmal trotz hoher Infek­tionszahlen und trotz einer Situation, in der wir möglicherweise im Jänner einen dritten Lockdown brauchen, so heruntergespielt wird. Die Weihnachtsfeiern können nicht stattfinden – und die Idee dieser 365-Euro-Gutschein-Möglichkeit, die ganz stark von unserem Klubobmann kommt, von unserem ÖAAB-Bundesobmann August Wöginger, der das mit Klubobfrau Maurer verhandelt hat, hat einfach einen dreifachen Nutzen: für die Unternehmen – sie können etwas Gutes tun (Zwischenruf bei der SPÖ) und können das steuerlich absetzen – es ist attraktiv für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weil dieser Gutschein natürlich lohnsteuerfrei und auch frei von Sozialversiche­rungs­beiträ­gen ist, und – das ist mir wichtig und das möchte ich auch als Appell an die Unternehmen richten: Besorgen Sie Gutscheine aus Ihrer Region! –, es kann die regionale Wirtschaft stärken – das können Gastronomiebetriebe sein, das können regionale Lebensmittel­händler sein, das kann der Bioladen sein und vieles andere mehr.

Nutzen Sie diese Möglichkeit, sie ist eine gute Alternative – und noch einmal ein großes Dankeschön unserem ÖAAB-Bundesobmann, der das federführend verhandelt und auf den Boden gebracht hat! – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.38


Präsidentin Doris Bures: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Julia Herr. – Bitte.


18.38.40

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Regierungs­mit­glieder! Liebes Hohes Haus! Bei den vorliegenden Anträgen der Regierung zeigt sich ganz einfach und ganz klar: Es gibt keinerlei Plan für eine gerechte Finanzierung dieser Krise und auch für eine gerechte Ausgestaltung der Bekämpfung dieser Krise.

Wir haben in den letzten Monaten eigentlich unfassbare Zustände miterlebt. Wir haben gesehen, wie auf der einen Seite der Milliardär Stefan Pierer für seinen Konzern KTM


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zwar staatliche Kurzarbeitsgelder in Millionenhöhe beansprucht hat (Abg. Kirchbaumer ... na, nicht ...!), aber trotzdem noch genug Gewinn übrig hatte, um sich selbst die meisten Dividenden auszuzahlen – auch in Millionenhöhe, Steuergeld im Übrigen –, und auf der anderen Seite haben wir dann aber gesehen, wie die wirklichen Systemerhalter und Systemerhalterinnen in den Supermärkten und in den Pflegeheimen, für die wir hier geklatscht haben, noch immer auf ihre Sonderprämie oder auf ihre Lohnerhöhung warten. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben erlebt, wie der Glücksspielkonzern Novomatic unlängst allein 2,4 Millionen Euro an Steuergeld bekommen hat. Größter Profiteur war im Übrigen der Milliardär und Eigentümer Johann Graf. Er hat ein Vermögen von circa 7 Milliarden Euro. Ich weiß jetzt nicht, ob er der reichste oder der zweitreichste Österreicher ist, aber auch für ihn gab es das Steuergeld.

Auf der anderen Seite haben wir erlebt, dass arbeitslose Menschen mit einer Einmal­zahlung von ein paar Hundert Euro abgespeist wurden.

Wir haben erlebt, wie Amazon mitten in der Krise plötzlich dreimal so viel Umsatz gehabt hat, weil die Buchläden zu hatten, und dabei zugeschaut, und wir haben dann auf der anderen Seite erlebt, wie der Vizekanzler ganz stolz verkündet hat: Die bekommen jetzt eh ein paar Hundert Euro.

Diese Krise reißt die Schere zwischen Arm und Reich, die ohnehin seit Jahren aus­einandergeht, noch weiter auf, und das ist nicht hinzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.) Es braucht eine gerechte Finanzierung dieser Krise, denn sie trifft uns alle. Es darf nicht sein, dass die große Mehrheit sie schultert, während sich einige wenige auf Kosten der Mehrheit bereichern.

Wir müssen unser Steuersystem aber nicht nur gerechter machen, wir müssen es auch ökologischer, umweltfreundlicher machen, und da hat die Regierung vor Kurzem eine ökosoziale Steuerreform präsentiert – auch heute ja wieder –, die leider ein sehr kleiner Wurf geblieben ist und die auch wieder einmal ohne Begutachtung sehr überraschend und schnell, an einem Samstag, präsentiert wurde.

Einige Maßnahmen, die heute vorliegen, sind trotzdem gut, muss ich sagen, wenn wir uns etwa die Befreiung der Bahn von der Energieabgabe anschauen. Es ist komplett absurd, dass die ÖBB als umweltfreundliches Reisemittel bisher mehr Steuern auf den selbst erzeugten Biostrom zahlen mussten als eine Fluglinie prozentuell für Kerosin.

Das heißt, diesen Punkt beispielsweise unterstützen wir, aber selbst da erkennt man die Halbherzigkeit dieser Reform, denn Sie haben den Gesetzestext extra genau so gestaltet, dass das nur für Schienenfahrzeuge mit Wechselstrom, nicht aber für jene mit Gleichstrom gilt. Was heißt das auf Deutsch? – Das heißt, dass Sie die Wiener Linien ausschließen.

Dahin gehend liegt auch ein Abänderungsantrag vor. Wenn wir den öffentlichen Ver­kehr wirklich fördern wollen, dann machen wir bitte keine halben Sachen, sondern dann schützen wir auch die regionalen Verbindungen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben vorhin auch ganz großartig verkündet, die Reparaturen würden jetzt günstiger. Das finden wir auch gut, das wollen wir auch, aber wenn wir uns jetzt anschauen, was das tatsächlich betrifft, dann sehen wir: Schuhe und Gewand, Lederwaren, Bettwäsche und Fahrräder. Aus! – Das ist die große, abgefeierte Steuersenkung, die Sie hier ver­künden.


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Alles, was Haushaltsgeräte wie etwa Waschmaschinen, Kühlschränke, Kaffeemaschinen betrifft, alles, was Handys, Laptops betrifft, alles, was diese Unmengen an Elektroschrott, den man dringend reduzieren muss, verursacht, ist da ja gar nicht dabei.

Dahin gehend bringe ich folgenden Abänderungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Repara­tu­ren begünstigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ergänzend zu jenen Bereichen, die von der Um­satzsteuersenkung für Reparaturleistungen erfasst sind, unverzüglich eine Reparatur-Prämie von 50% der Gesamt-Reparatursumme von maximal 600 Euro pro Person und Jahr einzuführen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Antrag, den Sie jetzt verlesen haben, war ein Ent­schließungsantrag, Frau Abgeordnete.


Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (fortsetzend): Genau. – Danke schön.

Da mir die Zeit jetzt ausgeht, komme ich auch schon zum Schluss, obwohl ich auf viele weitere Punkte eingehen könnte – auch wieder einmal auf die Frage, was mit der Wir­kungsfolgenabschätzung ist. Die gibt es nämlich schon wieder nicht. Wie viel CO2 Sie einsparen, wissen Sie schon wieder nicht.

Es fehlen auch ordnungspolitische Maßnahmen. Es lässt sich nicht alles mit höheren Steuern oder mit höheren Preisen regeln. Manchmal braucht es einfach eine ordnungs­politische Maßnahme, mit der man zum Beispiel klarstellt, bis wann überhaupt Fahr­zeuge mit Antriebssystemen, die umweltschädlich sind, noch in Betrieb sein dürfen und ab wann nicht mehr. Dann haben auch alle Zeit, sich bis dahin leistbare Alternativen zu überlegen und diese zu entwickeln.

Das heißt, die Liste ist lang. Es gibt sehr viel zu tun. Ich hoffe, Sie nehmen beide Anträge an. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.44

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Finanzausschusses (493 d.B.) über den Antrag 1111/A der Abge­ordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen


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betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normver­brauchsabgabegesetz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Artikel 3 lautet:

„Artikel 3

Änderung des Elektrizitätsabgabegesetzes

Das Elektrizitätsabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996, zuletzt geändert durch das Bundes­gesetz BGBl. I Nr. 103/2019, wird wie folgt geändert:

1. In § 2 wird am Ende der Z 4 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 5 angefügt:

              „5.         aus erneuerbaren Primärenergieträgern von Eisenbahnunternehmen bzw. von BetreiberInnen von Straßenbahnen selbst erzeugter Bahnstrom (elektrische Energie mit der Nennfrequenz von 16,7 Hertz sowie Gleichstrom zum Betrieb von Straßen-/Gleichstrombahnen), soweit dieser von Eisenbahnunternehmen bzw. Betrei­berInnen von Straßenbahnen zum Antrieb und Betrieb von Schienenfahrzeugen verwen­det wird. Eisenbahnunternehmen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Betreiber von Haupt- und Nebenbahnen. Als selbst erzeugt gelten auch jene Mengen von Bahnstrom, die innerhalb eines Unternehmens im Sinne des § 3 Abs. 4 des Kommunal­steuer­gesetzes 1993, BGBl. Nr. 819/1993, erzeugt und an andere Konzerngesellschaften ge­liefert werden.“

2. In § 4 werden folgende Abs. 3 und 4 angefügt:

„(3) Die Abgabe auf Bahnstrom aus anderen als erneuerbaren Primärenergieträgern und auf Bahnstrom, der nicht von Eisenbahnunternehmen bzw. BetreiberInnen von Straßen­bahnen selbst erzeugt wurde, beträgt 0,0018 Euro je kWh. Auf Antrag des Eisen­bahnunternehmens bzw. des Betreibers /der Betreiberin von Straßenbahnen, welche/s/r nicht selbst erzeugten nachweislich zum Steuersatz nach Abs. 2 versteuerten Bahn­strom zum Antrieb und Betrieb von Schienenfahrzeugen verwendet hat, kommt eine Vergütung in Höhe von 0,0132 Euro je kWh zur Anwendung. Der Antrag auf Vergütung ist nur für volle Kalendermonate zulässig und bei sonstigem Verlust des Anspruchs bis zum Ablauf des auf die Verwendung folgenden Kalenderjahrs bei dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt zu stellen.

(4) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, durch Verordnung das Verfahren für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 2 Z 5 und der Vergütung der Elektrizitätsabgabe nach Abs. 3 insbesondere betreffend Antragstellung und Nachweise näher zu regeln.“

3. In § 7 wird folgender Abs. 9 angefügt:

„(9) § 2 Z 4 und 5 und § 4 Abs. 3 und 4, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2020, sind vorbehaltlich der zeitgerechten Erfüllung allfälliger EU-recht­licher, insbesondere beihilfenrechtlicher Verpflichtungen auf Vorgänge nach dem 30. Juni 2021 anzuwenden. Abs. 8 zweiter und dritter Satz gilt sinngemäß.““


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Begründung

In Ergänzung zum Initiativantrag 1111/A (XXVII. GP) wird festgelegt, dass auch Be­trei­berInnen von Straßenbahnen (gemäß Eisenbahngesetz) von der vorgesehenen Be­güns­tigung umfasst werden, wodurch der städtische elektrifizierte öffentliche Verkehr deutlich attraktiviert wird und somit klimafreundliche Mobilität gestärkt wird. Die Begüns­tigung erfasst demnach auch Gleichstrom zum Betrieb von Straßen-/Gleichstrom­bah­nen.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

Eingebracht zum TOP 18 COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – COVID-19-StMG) (492 d.B.)

betreffend: Reparaturen begünstigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung

Bei der Regierungsklausur im Frühjahr wurde die Klimaschutzmilliarde als „das beste Konjunkturprogramm“ angekündigt. Teil diese Ankündigung war auch die Begünstigung von Reparaturen. In der Regierungs-PR wurde diese Steuersenkung dann so ange­kündigt: „Außerdem werden wir mit einer Umsatzsteuersenkung auf Reparaturen von 100 Millionen Euro einen Beitrag gegen die Wegwerfgesellschaft leisten und entsprechende Dienstleistungen unterstützen.“

Auf Grund der bekannten steuerrechtlichen Vorgaben seitens der EU, die einer Steuer­senkung gewisse Grenzen setzt, schlugen die Abg. Julia Herr und Dr. Christoph Matznetter stattdessen die Einführung einer Reparatur-Prämie in Höhe von 50% der Gesamt-Reparatursumme vor, bei maximal 600 Euro pro Person und Jahr (689/A(E) XXVII. GP). Diese Reparaturprämie würde unmittelbar konjunkturwirksam werden, das lokale Ge­werbe stärken und verhindern, dass die Begünstigung der Reparatur nicht bei den KundInnen ankommt (wie das bei der Steuersenkung analog zur Gastronomie der Fall sein könnte).

Entscheidender Vorteil wäre auch, dass die Reparatur-Prämie über alle Produkt­kate­go­rien hinweg anwendbar wäre und nicht nur – so wie der Vorschlag der Regierung – ledig­lich

„Reparaturdienstleistungen (einschließlich Ausbesserung und Änderung) betreffend Fahrräder, Schuhe, Lederwaren, Kleidung oder Haushaltswäsche“ umfasst.

Es ist ökologisch sinnvoll, die Reparatur von „Bettwäsche, Tischdecken, Polsterbezügen oder Vorhängen“ zu fördern, ein intelligenter Anreiz für Reparaturen muss allerdings auch z.B. Elektrogeräte (v.a. Haushaltsgeräte) umfassen, damit Umwelt und Klima aus­reichend davon profitieren. Deshalb soll eine Reparatur-Prämie für jene Bereiche ge­schaffen werden, die von der Steuersenkung nicht umfasst sind.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 226

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ergänzend zu jenen Bereichen, die von der Um­satzsteuersenkung für Reparaturleistungen erfasst sind, unverzüglich eine Reparatur-Prämie von 50% der Gesamt-Reparatursumme von maximal 600 Euro pro Person und Jahr einzuführen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag, der verlesen wurde, ist aus­reichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung. Der Abänderungsantrag zum Elektrizitätsabgabegesetz wurde an die Abgeordneten verteilt und in den Grund­zügen erläutert und ist daher auch eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gerald Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.44.46

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Abgeordneter Hanger hat gesagt, dass die NoVA nur auf die großen Autos erhöht werde. – Ich berichtige tatsächlich: Für einen Fiat 500 Firefly Hybrid war bisher keine NoVA zu zahlen, und jetzt werden es schon 173 Euro sein. Da beginnt es schon. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

18.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte.


18.45.23

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Tourismus­minis­terin! Frau Wirtschaftsministerin! Herr Finanzminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich bin einer der letzten Redner zu diesen Tagesordnungspunkten, die wir gleich zur Abstim­mung bringen.

Wenn man die Ausführungen der Oppositionsparteien jetzt verfolgt hat, dann könnte man meinen, es gibt eigentlich nichts, was richtig ist. Es ist einfach alles falsch, was da gemacht wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Glaubt mir: So ist es nicht, so ist es sicher­lich nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage euch jetzt nur eines dazu: Wird schnell gearbeitet, wie es diese Regierung aufgrund der Coronakrise tut, ist es falsch, viel zu schnell; es kann ja hier und da einmal auch irgendein Formfehler passieren; das geht alles miteinander nicht. Wird zu langsam gearbeitet, heißt es, die Leute müssen viel zu lang darauf warten. Es ist einfach alles falsch. Wisst ihr, wann es richtig ist? – Wenn eine der Oppositionsparteien wieder in der Regierung sitzt. Dann ist nämlich alles richtig, und sonst ist alles falsch.

Seit ich hier im Parlament bin, hat noch keine Regierung einen so großen Zuspruch in der Bevölkerung gehabt wie die Regierung unter unserem Kanzler Kurz und unserem Vizekanzler Kogler, weil sie eben mit dieser Krise umgehen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Rauch: Vielleicht sind sie nicht mehr lang in der Regierung!)

Der Herr Finanzminister und die Ministerinnen haben inhaltlich schon alles ausgeführt. Ich sage es noch einmal dazu: Die Regierung hat auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft geholfen, und zwar beispielhaft für ganz Europa.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 227

Firmen, die bis zum 15. März zahlungsfähig waren, sind es auch heute noch. Das haben diese Regierung und Finanzminister Blümel damals versprochen, und so ist es. Wenn einer meint, dass es nicht so ist, dann soll er herauskommen und das sagen. Er kann nicht herauskommen, weil ich mich auch erkundigt habe.

Jetzt sage ich nur anhand eines einzelnen Punkts, warum laut euch alles falsch ist, egal was daherkommt: Ich kann mich daran erinnern – es steht heute wieder auf der Tages­ordnung –, Frau Bundesminister, Herr Finanzminister, als es um die Mehrwertsteuer­sen­kung gegangen ist. Die SPÖ hat ganz klar dagegen gestimmt. Wisst ihr, was die Argu­mente waren? – Das ist nicht gut, das geht nicht; die müssen ansuchen, die müssen irgendwo einen Antrag einbringen; wir müssen ihnen Gutscheine geben; die Umstellung von der Mehrwertsteuer von 20 auf 5 und von 10 auf 5 Prozent – dieser Arbeitsaufwand und diese Bürokratie!

Zu jedem von euch, der in einem Gasthaus gewesen ist, wird der Wirt gesagt haben: Das ist die beste, unkomplizierteste und einfachste Förderung gewesen, die in dieser Republik jemals auf den Tisch gebracht wurde. Die verlängern wir jetzt bis zum Ende des Jahres. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist schon immer so gewesen, dass dort, wo man daheim ist, der Euro am wenigsten Wert hat. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Schauen wir aber vielleicht einmal, was man inter­national über Österreich sagt! Der Herr Finanzminister hat schon gesagt, was der IWF gesagt hat: Österreich liegt bei diesen Hilfen für den Arbeitsmarkt und für die Wirtschaft europaweit an erster Stelle.

Wisst ihr, was die Universität Oxford sagt? – Indem das Ausmaß der Wirtschaftshilfe quantifiziert wird, zeigt sich, dass Österreich früh stark reagiert hat, konstant ein sehr hohes Niveau beibehalten hat und dieses im Oktober weiter ausgebaut hat. – Ich meine, die Oxford-Universität in Amerika ist sicher nicht von uns beeinflusst. Hört euch einfach einmal an, was international gesagt wird! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wisst ihr, was die deutschen Zeitungen schreiben, zum Beispiel die „Welt“? Von der wissen wir, dass sie wirklich ein qualifiziertes, seriöses Blatt ist: „Österreich gelingt, woran Deutschland [...] scheitert“. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Matznetter: ... Arbeitslose! – Abg. Kucher: Da musst du doch selber lachen!) Während in Deutschland noch an der Software für die Novemberhilfe gearbeitet wird – die Deutschen haben sie früher ver­kündet als unser Finanzminister –, ist im Nachbarland Österreich bereits ein großer Teil davon ausgezahlt. – Zitatende. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Leute, das ist Arbeiten, und dem, der seit dem 15. März Tag und Nacht arbeitet das sage ich euch ganz ehrlich , sei da und dort ein kleiner Formfehler erlaubt. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Wisst ihr, wer keine Fehler macht? Derjenige, der in der Loge sitzt und nur g’scheit redet, der kann nichts falsch machen.  Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.50


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte. (Abg. Obernosterer wendet sich an Präsidentin Bures.) – Herr Abgeordneter, Sie können sich noch einmal zu Wort melden. Ich habe dem nächsten Redner bereits das Wort erteilt. – Bitte, Herr Abgeordneter Hafenecker.


18.50.28

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich habe immer gesagt, Kollege Obernosterer wäre der bessere Finanzminister gewesen. Ich hoffe, es wird irgendwann einmal zum Umdenken kommen. Wir haben jetzt auch die besten Wirtschaftsdaten aus dem Lesachtal erhalten – danke vielmals! (Heiterkeit und Beifall bei FPÖ und SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 228

Es passieren heute hier im Hohen Haus generell interessante Dinge. Ich habe früher auch frenetischen Applaus von Teilen der Grünen dafür bekommen, dass ich infrage gestellt habe, ob die NoVA-Änderung so, wie sie ist, tatsächlich so zielführend ist. Ich habe es mir zu Herzen genommen, liebe Kollegen von den Grünen, ich werde euch jetzt entsprechende Hilfe bieten und einen Abänderungsantrag einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen

über den Antrag 1111/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizit­äts­abgabegesetz geändert werden (493 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichtes 494 d.B. wird wie folgt geändert:

1. Artikel 2 entfällt.

2. Artikel 3 wird zu Artikel 2.

*****

Das heißt nichts anderes, als Ihren untauglichen NoVA-Erhöhungsversuch entsprechend rückgängig zu machen. Ich denke, es wäre ein Gebot der Stunde.

Da es offensichtlich auch bei den Grünen diesbezüglich schon eine Spaltung gibt, bin ich dafür, dass wir dann darüber namentlich abstimmen, damit Sie am Bundeskongress auch sagen können, wer schlussendlich doch gegen die NoVA-Erhöhung war. (Beifall bei der FPÖ. Zwischenruf bei den NEOS.)

18.52

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, MMag. DDr. Hubert Fuchs

und weiterer Abgeordneter

über den Antrag 1111/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ein­kommensteuergesetz 1988, das Normverbrauchsabgabegesetz und das Elektrizitäts­abgabe­gesetz geändert werden (493 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag in der Fassung des Ausschussberichtes 494 d.B. wird wie folgt geändert:

1. Artikel 2 entfällt.

2. Artikel 3 wird zu Artikel 2.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 229

Begründung

Die geplanten Änderungen im Normverbrauchsabgabegesetz führen zu massiven Steuermehrbelastungen. Laut „Österreichs Automobilimporteuren handelt es sich dabei nicht um eine Spreizung nach ökologischen Gesichtspunkten sondern um eine Steuer­erhöhung über alle Fahrzeugklassen hinweg – vom Kleinwagen bis zum Familien­fahrzeug.

Darüber hinaus wird die NoVA erstmalig auch für leichte Nutzfahrzeuge (bis 3,5t) fällig. Die neue NoVA trifft daher insbesondere KMUs.

Eine derart hohe finanzielle Belastung für die Wirtschaft und den Konsumenten, insbe­sondere für Familien mit Kindern, ist gerade in der Coronakrise mehr als unverständlich. Die Änderungen im Normverbrauchsabgabegesetz sind daher zu streichen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Jetzt ist noch einmal Herr Abgeordneter Gabriel Obernosterer zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Einmal geht noch! – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Ruf: Kärnt’n is’ lei ans!)


18.52.18

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Noch einmal: Frau Präsidentin! Meine Damen Ministerinnen und Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe leider vorhin vergessen, dass wir noch einen Abänderungsantrag einzubringen haben – er wurde, glaube ich, auch verteilt (Zwischenrufe bei der SPÖ) –, und zwar der Abgeord­neten Karlheinz Kopf und Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen. Es geht dabei um die Haftungen der ÖHT für die Reisebüros.

Die Frau Bundesministerin hat das in der Tiefe schon erklärt. Ich sage noch zwei Sätze dazu: Es geht darum, dass die einzige Versicherung, die diese Ausfälle der Reisebüros gemacht hat, aufgrund der Coronakrise ausgestiegen ist. Die Haftungen, die diese Ver­sicherung übernommen hat, übernimmt jetzt bis zu einer Maximalsumme von 300 Millio­nen Euro und im Einzelfall bis zu 20 Millionen Euro die ÖHT.

*****

Damit ist dieser Abänderungsantrag, glaube ich, ordentlich eingebracht worden. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP. Bundesministerin Köstinger: Super, danke!)

18.53

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Karl Schmidhofer, Barbara Neßler

Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 230

das Garantiegesetz 1977 geändert werden (1112/A), in der Fassung des Berichts des Finanzausschusses (491 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I werden vor der Z 1 folgende Z 1 bis 4 eingefügt:

„1. Dem § 1 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Eine weitere Aufgabe des Bundes ist es, das bei der Absicherung der Ansprüche von Reisenden gemäß der Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/2083/EU sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG, ABl. Nr. L 326 vom 11.12.2015 S. 1, im Falle der Insolvenz von Reiseleistungsausübungsberechtigten im zweiten Halbjahr 2020 eingetretene Marktversagen zeitlich befristet auszugleichen.“

2. Dem § 1 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Die Maßnahmen zugunsten der Reiseleistungsausübungsberechtigten haben das Ziel, die Abdeckung des Risikos im Sinne des § 3 Abs. 1 der Pauschalreiseverordnung in der Fassung BGBl. II Nr. 260/2018 (PRV), unabhängig von der Unternehmensgröße der Reiseleistungsausübungsberechtigten zu ermöglichen.“.

3. Nach § 4 Abs. 2 wird folgender Abs. 2a angefügt:

„(2a) Die Richtlinien für die Maßnahmen zur Abdeckung des Risikos im Sinne des § 3 Abs. 1 der PRV sind von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Touris­mus zu erlassen.“

4. Dem § 6 Abs. 2 wird ein „.“ angefügt.“

2. In Artikel I erhält die ursprüngliche Z 1 die Bezeichnung Z 5, danach werden folgende Z 6 bis 10 angefügt:

„6. Nach § 7 Abs. 2a wird folgender Abs. 2b angefügt:

„(2b) Der Bundesminister für Finanzen darf bis zum 30. Juni 2021 für die ÖHT Ver­pflichtungen gemäß Abs. 1 zur Abdeckung des Risikos im Sinne des § 3 Abs. 1 der PRV bis zu einem ausstehenden Gesamtobligo von 300 Millionen Euro und im Einzelfall bis zu einem jeweils ausstehenden Gesamtbetrag von 20 Millionen Euro sowie nur für Verträge mit einer maximalen Laufzeit von zwölf Monaten übernehmen. Unbeschadet des Abs. 4 erster Satz hat die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Touris­mus hierfür zur Wahrung der Rechte und Interessen des Bundes nach Anhörung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen einen weiteren Beauftragten und einen Stellvertreter dieses Beauftragten zu bestellen. Abs. 4 letzter Satz sowie die Abs. 5, 6 und 7 sind anzuwenden. Die ÖHT hat zum Zwecke der Risikovorsorge für Zahlungen aus den ge­mäß diesem Absatz übernommenen Haftungen eine eigene Rücklage zu bilden. Diese Rücklage darf nur für Zahlungen aufgrund dieser Haftungen verwendet werden. Diese Rücklage ist getrennt von den sonstigen Rücklagen gemäß Abs. 1 zu führen und im Jahresabschluss der ÖHT auszuweisen. Die ÖHT hat insbesondere Haftungs­entgelte, Rückflüsse aus Haftungszahlungen, Rückflüsse aus der Betreibung von auf die ÖHT übergegangenen Forderungen und Rückflüsse aus der Verwertung von Sicherheiten in diese Rücklage einzustellen.“

7. In § 10 Abs. 1 wird die Wortfolge „in Angelegenheiten der KMU der Tourismus- und Freizeitwirtschaft sowie der Veranstaltungen und Kongresse“ durch die Wortfolge „in Angelegenheiten der KMU der Tourismus- und Freizeitwirtschaft, der Veranstaltungen


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und Kongresse sowie der Abdeckung des Risikos im Sinne des § 3 Abs. 1 der PRV“ ersetzt.

8. § 10 Abs. 2 lautet:

„(2) Mit der Vollziehung des § 2 Abs. 2, § 7, ausgenommen des Abs. 2b, 2. und 3. Satz, des § 8 Abs. 1 und des § 9 ist der Bundesminister für Finanzen, mit der Vollziehung des § 7 Abs. 2b, 2. und 3. Satz, ist die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen und mit der Vollziehung des § 8 Abs. 2 der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen betraut.

9. In § 10 Abs. 13 entfällt die Wortfolge „und am 31. Dezember 2021 außer Kraft“. Folgender Satz wird angefügt:

„§ 1 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 zweiter Satz, in § 5 Abs. 1 die Wortfolge „sowie der Veranstaltungen und Kongresse“, in § 6 Abs. 1 die Absatzbezeichnung (1) und der Abs. 2, in § 10 Abs. 1 die Wortfolge „sowie der Veranstaltungen und Kongresse“ und § 10 Abs. 1a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 116/2020 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.“

10. In § 10 wird folgender Abs. 15 angefügt:

„(15) § 1 Abs. 1 letzter Satz und Abs. 2 letzter Satz, § 4 Abs. 2a, § 7 Abs. 2b und die Wortfolge „der Veranstaltungen und Kongresse sowie der Abdeckung des Risikos im Sinne des § 3 Abs. 1 der PRV“ in § 10 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2020 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft. Bestehende Haftungen des Bundes, die aufgrund des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2b übernommen worden sind, werden durch das Außerkrafttreten nicht berührt.““

Begründung

Zu § 1 Abs. 1 und Abs. 2:

Die Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen wurde mit dem Bundesgesetz über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen (Pauschalreisegesetz – PRG) BGBl. I Nr. 50/2017 umgesetzt. Die Umsetzung der Verpflichtungen zur Insolvenzabsicherung ist in der auf § 127 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, BGBl.  Nr. 194 idF BGBl. I Nr. 65/2020, gestützten Verordnung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schafts­standort über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen (Pauschalreise­verordnung – PRV) BGBl. II Nr. 260/2018 geregelt.

Nach der PRV haben Veranstalter von Pauschalreisen und Vermittler von verbundenen Reiseleistungen (Reiseleistungsausübungsberechtigte) durch eine entsprechende Insol­venzabsicherung unter anderem die Erstattung von bereits entrichteten Beträgen (Anzahlungen oder Restzahlungen), die Rückbeförderung der Reisenden und gegebe­nenfalls die notwendigen Kosten für die Fortsetzung der Reise für den Fall ihrer Insol­venz sicherzustellen. Die Sicherstellung dieser Verpflichtung kann durch Abschluss eines Versicherungsvertrages, Beibringung einer Bankgarantie oder Garantieerklärung einer Körperschaft öffentlichen Rechts erfolgen.

In den letzten Monaten haben sich europaweit Versicherungen aus diesem Geschäfts­feld zurückgezogen. Bestehende Versicherungsverträge wurden (auch infolge des mit der COVID-19-Krise einhergehenden erhöhten Insolvenzrisikos) gekündigt oder nicht verlängert. Auch eine Absicherung über eine Bankgarantie ist praktisch unmöglich geworden. Daher wird mit dieser Novelle für den Bund die Möglichkeit geschaffen unter


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Heranziehung des bestehenden Haftungsinstrumentes im KMU-Förderungsgesetz zeit­lich befristet dieses Marktversagen auszugleichen und dadurch den zuständigen Be­hörden sowohl innerstaatlich als auch auf EU-Ebene die Zeit für die Erarbeitung einer dauerhaften Lösung mit den betroffenen Wirtschaftsakteuren zu geben.

Zu § 4 Abs. 2a:

§ 4 Abs. 2a legt fest, dass die Richtlinien für die Maßnahmen zur Abdeckung des Risikos im Sinne des § 3 Abs. 1 der PRV in die Zuständigkeit der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus fallen.

Zu § 6 Abs. 2:

Es erfolgt eine Bereinigung eines formellen Fehlers.

Zu § 7 Abs. 2b und § 10 Abs. 15:

Die Absicherung der Ansprüche von Reisenden gemäß der Richtlinie (EU) 2015/2302 kann nunmehr anhand der Vorgaben der PRV durch Übernahme einer Bankgarantie durch die ÖHT erfolgen. Gemäß § 6 PRV hat sich die ÖHT im Garantievertrag zur Erbrin­gung jener Leistungen zu verpflichten, die dem Reisenden aus einem dem § 5 PRV entsprechenden Versicherungsvertrag zustehen. Die Garantiesumme bestimmt sich nach § 4 PRV. Mit dem neuen § 7 Abs. 2b wird zur Ermöglichung der Abdeckung etwaiger Ausfälle, die die ÖHT aufgrund von Zahlungen aus diesen Garantieverträgen erleidet und welche nicht durch die dafür geschaffene Rücklage gedeckt werden können, der Bundesminister für Finanzen zur Übernahme von Schadloshaltungsverpflichtungen zugunsten der ÖHT ermächtigt. Das Gesamtobligo für diese Haftungen wird mit 300 Mio. Euro, das Obligo im Einzelfall (Garantie je Reiseleistungsausübungsberechtigten) mit 20 Mio. Euro festgelegt. Die von den Reiseleistungsausübungsberechtigten zu leistenden Haftungsentgelte sind in die Rücklage einzustellen. Da es sich lediglich um eine vor­übergehende Maßnahme handelt, dürfen seitens des Bundesministers für Finanzen Schadloshaltungsverpflichtungen lediglich bis zum 30. Juni 2021 und nur für Garantie­verträge der ÖHT mit einer maximalen Laufzeit von zwölf Monaten über­nommen werden (vgl. § 5 Z 4 PRV). Die in § 10 Abs. 15 vorgesehene Außerkrafttretens­bestimmung dient ebenfalls der zeitlichen Befristung der Maßnahmen zum Ausgleich des Marktversagens. Gemäß § 5 PRV hat sich die Versicherung und somit (vgl. § 6 PRV) auch die Garantie der ÖHT auch auf alle Buchungen zu erstrecken, die innerhalb eines Monats nach dem garantievertraglichen Endtermin getätigt werden und bei denen die gebuchte Reise spätestens zwölf Monate nach Ablauf dieser Nachhaftungsfrist endet. Somit können Haftungen des Bundes grundsätzlich bis zum 31. Juli 2023 bestehen. § 10 Abs. 15 letzter Satz stellt daher klar, dass diese Bundeshaftungen vom Außerkrafttreten des § 7 Abs. 2b nicht berührt werden. Da die staatlichen Maßnahmen zum Ausgleich des Markt­versagens möglichst kurz bestehen sollen, werden die gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2a zu erlassenden Richtlinien zweckmäßigerweise soweit möglich weitere Ver­kürzungen der Dauer der Maßnahmen vorsehen.

Aufgrund der speziell notwendigen Expertise mit dem Geschäftsmodell der Reiseleis­tungs­ausübungsberechtigten ist in § 7 Abs. 2b vorgesehen, dass neben den bereits bestehenden Beauftragten gemäß § 7 Abs. 4 und der COVID-19-BeauftragtenV für die Haftungsübernahmen gemäß § 7 Abs. 2b ein eigener Beauftragter und ein Stellvertreter bestellt werden. Aufgrund der speziellen Thematik ist auch eine weitgehende Einbindung der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Bundesminis­terin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus in diese Bestellung zweckmäßig.

Zu § 10 Abs. 1:

Es erfolgt eine Klarstellung hinsichtlich der Zuständigkeit.


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Zu § 10 Abs. 13:

Es erfolgt eine Bereinigung eines formellen Fehlers.

*****


Präsidentin Doris Bures: Jetzt ist der Antrag ordnungsgemäß eingebracht, er wurde in den Grundzügen erläutert, an die Abgeordneten verteilt, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Josef Schellhorn zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.53.47

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Abgeordneter Obernosterer hat in seiner Aufregung behauptet, dass Oxford in Amerika liegt. – Ich berichtige tatsächlich: Die Universität Oxford liegt im District Oxfordshire, an der Themse, 90 Kilometer nordwest­lich von London. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie Heiterkeit und Beifall des Abg. Obernosterer.)

18.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte.


18.54.24

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Regierungsmit­glieder! Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! Ich möchte zu dem mehr oder weniger still und heimlich – so ist es mir zumindest fast vorgekommen – eingebrachten Entschließungsantrag zum Thema Gemeindefinanzen kurz Stellung nehmen und möchte das, was da gerade zu praktizieren versucht wird, nicht unkommentiert stehen lassen.

Ich möchte bei Kollegen Hanger beginnen, der in Richtung SPÖ gemeint hat, dass das eine besondere Verhaltensweise ist. Ich glaube, dass wir gerade, was die ÖVP und auch die Grünen betrifft, eine ganz besondere Verhaltensweise erleben, nämlich dass sie jetzt auf einmal das Thema – wie wir euch und auch dem Herrn Minister seit einem halben Jahr beizubringen versuchen –, wie notwendig es wäre, den Gemeinden endlich zusätz­liche finanzielle Hilfen zu gewährleisten, erkennen und dazu hier schnell einen nichts­sagenden Entschließungsantrag einbringen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich finde es schon ein bisschen ein starkes Stück, dass wir vor drei Wochen hier die Budgetdebatte hatten und das Budget beschlossen haben und die Regierung es nicht einmal geschafft hat, das ins Budget aufzunehmen, nämlich dass die Gemeinden wirk­lich zusätzliche finanzielle Hilfen bekommen. Das heißt, das, was ihr jetzt machen wollt, ist in Wirklichkeit gar nicht gedeckt, was das Budget betrifft. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ich möchte nur daran erinnern, wie da alle der Reihe nach aufmarschiert sind, leider auch ÖVP-Bürgermeister, als wir vor drei Wochen gesagt haben, wie notwendig es wäre, dass jetzt endlich etwas passiert, da es sonst Leistungskürzungen oder Gebühren­erhö­hungen gibt. Ihr seid alle aufmarschiert und habt gesagt, das ist ja alles kein Problem, wir sollen nicht alles schlechtreden. Du hast mit deinen 31 Bürgermeistern geredet, hast gesagt, die haben alle kein Problem. Jetzt wieselst du hin und her, ganz aufgeregt seid


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ihr eine halbe Stunde hin und her gerannt, damit ihr einen Entschließungsantrag zusam­menbringt, mit dem ihr euch selber auffordert, zu arbeiten, mit dem ihr euch selber auf­fordert, etwas zu tun – mehr ist das in Wirklichkeit nämlich nicht. (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Deshalb will ich ganz einfach nur festhalten – auch für die Öffentlichkeit –: Was ihr da jetzt einbringt, ist wahrscheinlich nur dafür gedacht ist, dass man wieder einmal etwas ankündigt, dass man vielleicht wieder einmal eine Schlagzeile produziert. Ihr bringt eigentlich ein, dass ihr euch selbst auffordert, ein Hilfspaket für Gemeinden zu be­schließen. Entschuldigung, ihr bräuchtet es nur zu tun, ihr müsst euch doch nicht selbst auffordern! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Oder bedeutet es vielleicht – denn in diesem Entschließungsantrag wird auch der Finanzminister aufgefordert –, dass euch möglicherweise auch schon aufgefallen ist, dass es im Finanzministerium ein Stück Arbeitsverweigerung gibt? (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Ist der Entschließungsantrag vielleicht dazu gedacht, den Finanz­minister endlich dazu aufzufordern, seine Arbeit korrekt und ordentlich zu machen? Ist das der Grund, warum es diesen Entschließungsantrag gibt?

Ich wäre der Meinung, dass, wenn man schon ein Thema übernimmt, das wir jetzt ein halbes Jahr hier herinnen thematisieren und euch dabei teilweise händeringend ersuchen, da endlich etwas zu tun, ein bisschen mehr herauskommen sollte als drei Zeilen Ent­schließungsantrag, in denen ihr euch selber auffordert, etwas zu tun. Wichtig wäre, dass ihr endlich sagt, wann es kommt, wie es kommt und in welcher Höhe es kommt. Das bleibt ihr nämlich auch in diesem Antrag schuldig. Erspart uns deshalb dieses Schau­spiel, denn es ist nicht mehr als nur ein Schauspiel! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

18.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte.


18.58.18

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerinnen! Herr Finanzminister! Ich kann eigentlich nahtlos an meinen Bürgermeisterkollegen Kollross anschließen, der den Entschließungsantrag, den Sie sich heute wieder einmal selbst gestellt und eingebracht haben – dass man den Gemeinden jetzt endlich helfen möchte –, erwähnt hat.

Also ich muss euch sagen, wir haben schon vor über einem halben Jahr gefordert, dass man den Gemeinden helfen muss. Das war ja nicht etwas, was nicht absehbar war, es fehlen über 2 Milliarden Euro. Heuer schließen die Gemeinden ihre Haushalte mit minus 10 bis 15 Prozent der Ertragsanteile ab. Das heißt, jede Gemeinde wird heuer einen Abgang ausweisen müssen. Im nächsten Jahr werden die Einnahmen durch die restrik­tiven Maßnahmen, die durch diese Covid-Regierung gesetzt werden, noch einmal sinken. Das heißt, den Gemeinden steht das Wasser nicht nur bis zum Hals, sondern es reicht schon bis über den Kopf.

Das ist eine völlig verantwortungslose Politik, die den Gemeinden gegenüber betrieben wird. Der Bund gibt 25 Prozent mehr Geld aus, nimmt Schulden auf, die Länder machen es genauso, und ihr wisst genau, dass die Gemeinden das von sich aus nicht können, weil sie an entsprechende Genehmigungen des Landes oder des Bundes gebunden sind. Ihr lasst die Gemeinden bis zum Schluss hängen, das ist verantwortungslose Politik! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Gemeinden sorgen für Kinderbetreuung, Altenbetreuung, sie erhalten die Schulen und, und, und – sie sorgen für alles, was im täglichen Leben gebraucht wird, was in den Familien gebraucht wird. Ihr treibt es bis zur Spitze, ihr lasst es eskalieren, und am Schluss kommt ein Nullachtfünfzehn-Entschließungsantrag: Der Herr Bundesminister,


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die Regierung wird aufgefordert, den Gemeinden zu helfen. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Letzte Woche haben die Gemeinden einen Brief bekommen. Der Herr Bundeskanzler hat zuvor eine Pressekonferenz gegeben und dort gesagt: Jetzt werden Massentests durchgeführt. – Der Brief lautet sinngemäß: Die Gemeindemitarbeiter haben diese Tests durchzuführen, die Gemeinde hat diese Tests zu organisieren. Die Feuerwehr hat dort mitzuhelfen und die organisatorischen Tätigkeiten zu übernehmen. – Ihr würdet das ja nicht einmal auf die Reihe bekommen, wenn ihr die Gemeinden nicht hättet, aber ihr lasst diese Verwaltungsebene in unserem föderalen Staat bis zum Schluss hängen. Das ist peinlich! (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

19.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Finanzausschusses.

19.00.55Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 14 bis 22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Finanzausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Wünschen die Klubs eine Sitzungsunterbrechung? – Das ist nicht der Fall.

Zunächst ist über die vorliegenden Rückverweisungsanträge abzustimmen.

Zu Tagesordnungspunkt 15 liegt ein Rückverweisungsantrag des Abgeordneten Krainer vor.

Ich lasse sogleich darüber abstimmen, diesen Verhandlungsgegenstand nochmals an den Finanzausschuss zu verweisen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters liegt zu Tagesordnungspunkt 18 ein Rückverweisungsantrag des Abgeord­neten Krainer vor.

Ich lasse auch darüber abstimmen, diesen Verhandlungsgegenstand nochmals an den Finanzausschuss zu verweisen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Auch zu Tagesordnungspunkt 21 liegt ein Rückverweisungsantrag des Abgeordneten Krainer vor.

Auch darüber lasse ich abstimmen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 236

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Auch zu Tagesordnungspunkt 22 liegt ein Rückverweisungsantrag des Abgeordneten Krainer vor.

Ich lasse auch darüber sogleich abstimmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend Ver­sicherungsaufsichtsrechtsnovelle 2020 samt Titel und Eingang in 249 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz, das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz, das Bankwesengesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 474 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Yildirim, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Mag.a Yildirim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 8 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehr­heit. Der Gesetzentwurf ist somit angenommen. Auch hier stelle ich ausdrücklich die verfa- - (Ruf bei der SPÖ: Nein!) – Ich korrigiere: Der Gesetzentwurf ist nicht ange­nommen, und es liegt somit kein Gesetzesbeschluss vor.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Neuen Kreditvereinbarungen mit dem Internationalen Währungsfonds samt Titel und Eingang in 465 der Beilagen.


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Finanz­ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Argentinischen Republik zur Beseitigung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung und -umgehung samt Protokoll, in 355 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Entwurf betreffend COVID-19-Steuermaßnahmengesetz in 492 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen, ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abge­ord­neten Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Krainer vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend und unter Berücksichtigung des Verlangens auf getrennte Abstimmung – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen las­sen.

Die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag be­treffend Artikel 1, Einfügung neuer Ziffern 1a bis 1d eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt.

Die Abgeordneten Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1, Einfügung neuer Ziffern 1 und 2 sowie daraus resultierender Umnummerierungen und Änderungen der neuen Ziffer 8 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.

Die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 9 (alt) eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung der vorhin angenommenen Umnummerierungen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Artikel 1, Einfügung einer neuen Ziffer 11a sowie neuer Ziffern 371 und 372 in Ziffer 23 (neu) eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 238

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 21 (alt), Einfügung neuer Ziffern 366a bis 366c sowie Änderung der Ziffer 368 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abge­lehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung der vorhin angenommenen Umnum­merierung sowie Einfügungen in Ziffer 23 (neu).

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 sowie Art. 3 Z 3 lit. d eingebracht.

Wer diesen Änderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen sogleich zur getrennten Abstimmung über den Zusatzantrag der Abge­ordneten Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 4 in Artikel 3.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist mehr­heitlich angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag der Abgeordneten Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Artikel 5 und 9.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Änderungen beitreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist mehrheitlich in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Solidarabgabe für Millio­näre statt Steuer-Millionen für Glücksspielkonzerne und Luxushotels“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Manfred Hofinger, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (119/E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 239

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Reparaturen begüns­tigen nicht nur bei Schuhen und Kleidung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Entwurf betreffend Covid-19-Transparenzgesetz samt Titel und Eingang in 488 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KMU-Förderungsgesetz und das Garantiegesetz geändert werden, in 491 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nom­men.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz, das Normverbrauchsabgabe­ge­setz und das Elektrizitätsabgabegesetz geändert werden, in 493 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen, ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Herr, Kolleginnen und Kollegen sowie ein Verlangen auf namentliche Abstimmung vor.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betrof­fenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend und unter Berücksichtigung des Verlangens auf namentliche Abstimmung – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 240

Die Abgeordneten Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungs­antrag betreffend Streichung des Artikels 2 sowie daraus resultierende Umnum­merierung eingebracht.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordneten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für die Streichung des Artikels 2 und die daraus resultierende Umnummerierung stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stim­men, folglich „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Bitte achten Sie sorgfältig darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen!

Ich bitte nunmehr den Herrn Schriftführer Abgeordneten Schallmeiner, mit dem Namens­aufruf zu beginnen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Schallmeiner und Gahr werfen die Abge­ordneten den Stimmzettel in die Wahlurne.)

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.20 Uhr unterbrochen und um 19.26 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 171; davon „Ja“-Stimmen: 40, „Nein“-Stimmen: 131.

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Hafenecker, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 241

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Amesbauer, Angerer;

Bernhard, Bösch, Brandstätter Helmut, Brandstötter Henrike, Brückl;

Deimek, Doppelbauer;

Ecker Rosa, Eypeltauer;

Fiedler, Fuchs, Fürst;

Graf Martin;

Hafenecker, Hofer, Hoyos-Trauttmansdorff;

Kainz, Kaniak, Kassegger, Krisper, Künsberg Sarre;

Lausch, Loacker;

Margreiter, Mühlberghuber;

Ragger, Rauch, Reifenberger, Ries Christian;

Schellhorn, Scherak, Schmiedlechner, Schnedlitz, Shetty, Stefan, Steger Petra;

Wurm;

Zanger Wolfgang.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Baumgartner, Bayr, Becher, Berlakovich Nikolaus, Blimlinger, Brandweiner, Bures, Bürstmayr;

Deckenbacher, Diesner-Wais, Disoski, Drobits, Drozda;

Ecker Cornelia, Einwallner, El-Nagashi, Engelberg, Eßl;

Fischer, Fürlinger;

Gahr, Gerstl, Gödl, Götze, Graf Tanja, Grebien, Greiner Karin, Großbauer;

Hamann Sibylle, Hammer Lukas, Hammerschmid, Hanger Andreas, Haubner, Hechenberger, Heinisch-Hosek, Herr, Himmelbauer, Hintner, Hofinger Manfred, Höfinger Johann, Holzleitner, Hörl;

Jachs, Jeitler-Cincelli;

Kaufmann, Keck, Kirchbaumer, Köchl, Köllner, Kollross, Kopf, Koza, Krainer Kai Jan, Kucharowits, Kucher Philip, Kugler Gudrun, Kühberger, Kuntzl;

Laimer, Leichtfried, Lercher, Lindinger, Litschauer, Lopatka;

Mahrer, Marchetti, Matznetter, Maurer, Melchior, Minnich;

Neßler, Neumann-Hartberger, Niss Maria Theresia, Nussbaum;

Obernosterer, Oberrauner Petra, Ofenauer Friedrich, Ottenschläger;

Pfurtscheller, Plakolm, Pöttinger, Prammer, Prinz;

Reimon, Reiter, Rendi-Wagner, Ribo, Rössler;

Salzmann, Saxinger, Schallmeiner, Scharzenberger, Schatz, Scheucher-Pichler, Schmidhofer, Schmuckenschlager, Schnabel, Schroll, Schwarz Gabriela, Schwarz Jakob, Seemayer, Sieber Norbert, Silvan, Singer Johann, Smolle, Sobotka, Stammler, Stark, Steinacker, Stocker, Stöger Alois, Stögmüller, Strache, Strasser;


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 242

Tanda, Taschner, Totter, Troch;

Vogl, Voglauer, Vorderwinkler;

Weber, Weidinger, Weratschnig, Wimmer Petra, Wimmer Rainer, Wöginger;

Yildirim;

Zarits Christoph, Zopf, Zorba.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes. – Ich bitte die Damen und Herren, die Plätze einzunehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Herr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abge­lehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID-19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, in 494 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten MMag. DDr. Fuchs, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend die §§ 1, 3, 4, 9 und 10 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abge­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 243

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetz­entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

19.29.0423. Punkt

Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (469 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz, das Passgesetz 1992, das Führerscheingesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geän­dert werden (495 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.29.31

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf zum E-Govern­ment-Gesetz sollen weitere Schritte gesetzt werden, um das Agieren im Internet für Konsumentinnen und Konsumenten mittels elektronischer ID zu verbessern und um Möglichkeiten zu schaffen, die bis dato nicht so einfach waren.

Das ist prinzipiell begrüßenswert, aber es fehlt zu diesem Gesetz die Datenschutzfolge­abschätzung und die Fragen der Datensicherheit sind nicht ausreichend beantwortet worden, auch im Ausschuss nicht, aber darauf werden Petra Oberrauner und Katharina Kucharowits noch eingehen.

Ich möchte mich eigentlich auf die Technologie per se und den Umgang mit dieser Tech­nologie fokussieren, denn uns fehlt für den Beschluss von Detailmaßnahmen wie diesen die wesentliche Basis. Und was ist das? – Es fehlt uns eine breit getragene, gesell­schaftlich diskutierte nationale Strategie im Umgang mit Digitalisierung und künstlicher Intelligenz, denn künstliche Intelligenz ist dabei, unsere Lebens- und Arbeits­welten kom­plett über den Haufen zu werfen, und damit müssen wir uns als Gesellschaft auseinan­dersetzen.

Was es gibt, ist ein Papier des Robotikrates, ja – aber dieses Papier ist weder im Aus­schuss noch im Hohen Haus diskutiert worden und noch nicht vorgestellt worden. Ich möchte Sie daher zu einem Gedankenexperiment mitnehmen: Was wäre, wenn wir nicht nur UserInnen von Computern, von Daten und Software wären, was wäre, wenn wir nicht nur EmpfängerInnen wären, die gefiltert durch Algorithmen mit einseitigen Informationen auf Social Media und im Internet überhäuft würden, oder was wäre, wenn wir nicht nur elektronisch einen Führerschein beantragen könnten, sondern wenn wir alle zumindest


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 244

ansatzweise verstehen könnten, wie diese Technologien funktionieren, wenn wir eine Kontrolle darüber hätten, wenn wir als Gesellschaft einen Diskurs darüber führen wür­den, was wir uns von künstlicher Intelligenz erwarten? Es ist nämlich nicht alles, was Technologie kann, gut, und das sage ich als Technologin aus Überzeugung.

Es gibt ein Land, das sich diesem Prozess, dem breiten gesellschaftlichen Diskurs, ge­stellt hat, und das ist wieder einmal – wenig überraschend – Finnland. Bereits seit 2016 lernen alle Schülerinnen und Schüler ab der 1. Klasse mit ganz spielerischen Program­mierübungen den Umgang mit künstlicher Intelligenz, um begreifbar zu machen, was diese Technologie kann, und um sie zu nutzen. Aber nicht nur die Kleinen lernen, auch die Erwachsenen werden geschult. Die Lehrerinnen und Lehrer genauso wie die Seni­orinnen und Senioren, denn es gibt dort einen sechswöchigen Onlinekurs mit 5 bis 10 Wochenstunden zur Ausbildung der Gesellschaft, um eben im Anschluss einen Diskurs darüber führen zu können, was Finnland sich von künstlicher Intelligenz wünscht.

550 000 Menschen haben diesen Kurs bereits absolviert. Darauf aufgesetzt wurde eine Challenge für Unternehmen, und auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien haben mitgemacht und diese Kurse absolviert. So ist ein breiter Dialog möglich.

Was Finnland noch gemacht hat, ist Folgendes: Es hat bereits intensiv in künstliche Intelligenz, in Forschung und Entwicklung in diesem Bereich investiert, und zwar Hun­derte Millionen Euro, und das seit Jahren! Somit sind sie wieder einmal Vorreiter in Europa. Sie sind Innovationleader und nicht Innovationfollower wie wir.

Es braucht also eine intelligente Strategie, einen breiten gesellschaftlichen Diskurs, um zu definieren, wo uns die Reise mit Digitalisierung, mit künstlicher Intelligenz hinführen soll. Genau das, dass wir das auch in Österreich machen, würde ich mir so sehr wün­schen. Stellen wir uns dem Thema neue Technologien, stellen wir uns dem Thema künstliche Intelligenz! Schauen wir, dass wir unsere Menschen mit den Grundkom­peten­zen ausstatten können, dass wir ihnen das Know-how in die Hand geben, um mitzuge­stalten! (Beifall bei der SPÖ.) Schauen wir, dass wir in Forschung investieren, damit uns dieser Prozess gelingen kann, damit wir zu Innovationleadern werden und damit wir in Europa Lösungen zum Thema künstliche Intelligenz bekommen und es nicht immer den Amerikanern oder den Chinesen überlassen, I-Clouds und Sonstiges zu schaffen.

Gestalten wir unsere Zukunft! Das wünsche ich mir von uns allen, vom Parlament, von den Regierungsfraktionen  und den Dialog dazu. Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.34


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Mag.a Dr.in Maria Theresia Niss. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.34.23

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich verstehe es jetzt ehrlich gesagt nicht ganz, Kollegin Hammerschmid! Ihr schafft es einfach, jedes Thema irgendwie schlechtzureden. Man kann ja nicht das Weiterbringen der E-ID, des M-Governments damit schlechtreden, dass man sagt, es liegt die Strategie für künstliche Intelligenz noch nicht vor. Das ist ja absurd! Das eine hat mit dem anderen nicht wirklich etwas zu tun. Ich glaube, das ist wirklich kein Grund, dagegenzustimmen, wie ihr es ja heute machen werdet – im Gegenteil. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass wir heute einen weiteren und einen wichtigen Schritt in Richtung E- beziehungsweise in Richtung M-Government gehen werden. Wir haben schon mit dem Digitalen Amt die Möglichkeit geschaffen, Amtswege einfach und elektronisch direkt über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 245

das Smartphone zu erledigen, sich dadurch den Weg zum Amt zu ersparen, Zeit zu sparen und vor allem eine Zettelwirtschaft zu ersparen, und man muss sagen, gerade in Zeiten von Corona ist das ja nicht nur angenehm, sondern es ist ehrlich gesagt auch gesundheitsschonend.

Viele Österreicher haben schon Erfahrung mit dieser Handyapp. 45 Prozent der Öster­reicher besitzen eine, und das Gute ist, wir gehen jetzt eben einen Schritt weiter, weil wir den Zugang noch einfacher machen. Früher war das mit der Handysignatur so, dass man zwei Geräte braucht. Heutzutage ist das allein mit dem Smartphone möglich, wenn man diese sicheren Merkmale, wie zum Beispiel eine Face-ID oder eine Touch-ID, hat. Die Anmeldung funktioniert ganz einfach über ein Gerät, und das ist gut so. Der Prozess ist einfach und klar: Man muss mindestens 14 sein, man muss ein Smartphone mit einer Touch-ID oder einer Face-ID besitzen und man muss die App Digitales Amt installiert haben. Ich glaube, einfacher kann es uns nicht gemacht werden.

Mit dieser elektronischen Identität legen wir auch den Grundstein dafür, dass wir Aus­weise später digital verfügbar machen, also ganz einfach auf dem Handy verfügbar machen, wie wir das beispielsweise mit dem Führerschein und mit dem Zulassungs­schein planen. Und ich muss sagen, ich bin sehr froh darüber. Ich vergesse – ich bin ehrlich – immer wieder einmal den Zulassungsschein, und in Zukunft führe ich ihn immer mit, denn mein Handy habe ich einfach immer dabei. – Das ist wichtig, und darüber freue ich mich schon einmal sehr.

Die Möglichkeit einer E-ID über das Handy unterscheidet uns auch grundlegend und positiv von anderen Ländern. Wir sind da einen Schritt weiter. In anderen Ländern, die eine E-ID – so wie sie es nennen – haben, ist das oft noch immer eine digitale Karte. Wir haben sie tatsächlich auf dem Smartphone drauf und sind somit auch wirklich Vorreiter in Europa.

Wir sind beim Thema E-Government, und das möchte ich schon einmal betonen, insgesamt ganz weit vorne. Wir sind in Europa nach Estland und nach Malta auf Platz 3, und ich kann ganz ehrlich sagen, darüber kann man sich auch einmal freuen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Jakob Schwarz und Weratschnig.)

Unsere Digitalisierungsministerin hat das Thema E-Government immer sehr gepusht, was wir auch an der Einführung des Digitalen Amts gesehen haben, und die Folge ist, dass wir uns im Bereich E-Government, mobiles Government weit nach vorne bewegt haben. Wir haben eine Verbesserung um knapp 25 Prozent, und mit der Einführung der E-ID werden wir jetzt noch einmal einen grundlegenden Schritt nach vorne machen.

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass das Digitale Amt und oesterreich.gv.at auch international als Best-Practice-Modelle oder -Projekte tituliert werden, und das, meine Damen und Herren, ist objektiver als die Kritik der Opposition. (Beifall des Abg. Taschner.)

Auch im Hinblick auf die Einführung einer europäischen E-ID ist dieser Schritt ent­schei­dend, denn 2021 soll im Auftrag der Staats- und Regierungschefs ein Vorschlag von­seiten der Europäischen Kommission präsentiert werden, und wir sind dann schon einen Schritt vorne.

Meine Damen und Herren, das Digitale Amt wird von der Hälfte der Österreicher be­sessen und von einem Großteil auch aktiv genutzt. Es ist ein wichtiger Beitrag zum M-Government, zum Bürokratieabbau und zur Simplifizierung. Die E-ID ist eine Weiterent­wicklung dieses Digitalen Amts und von damit zusammenhängenden Vorteilen, und ich würde sagen, das ist ein klassischer Fall von Stärken. Freuen wir uns auf die Mög­lichkeiten, die wir mit der Einführung dieser E-ID schaffen! Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten El-Nagashi und Weratschnig.)

19.38



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 246

Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Mag. Dr. Petra Oberrauner ist nun zu Wort ge­mel­det. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.39.02

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseher zu Hause! Ich möchte mich auf den Bereich der Entwicklung des elektronischen Identitätsnachweises beziehen. Das ist grundsätz­lich ein begrüßenswerter Schritt, um auch das digitale Service im öffentlichen Bereich zu verbessern. Wenn es jedoch um biometrische Daten geht, das sind Fingerabdrücke, Augenerkennung, dann ist es schon zumutbar, dass man da ein zweites Mal nachfragt, besonders sorgfältig damit umgeht und verantwortungsbewusst handelt.

Die Bundesarbeitskammer und der Datenschutzrat haben bemängelt, dass sehr kom­plexe technische Vorgänge, die für die Menschen relevant sind, in der Novelle rudimen­tär und unverständlich beschrieben sind, aber datenschutzrechtlich Relevanz haben. Wir sind deshalb der Meinung, dass diese Novelle für alle leicht verständlich sein muss, dass der elektronische Identitätsnachweis technisch so funktionieren muss, dass man nach­vollziehen kann, was mit den eigenen sensiblen Daten passiert, was damit gemacht werden darf – nicht kann, darf. Der Fingerabdruck ist immerhin etwas Einzigartiges.

Gerade bei so sensiblen persönlichen Daten wie einem Fingerabdruck ist die ungewollte Verwendung – dass wir, die Konsumenten und die Bevölkerung nicht wissen, wo die Daten hinkommen – einfach auszuschließen. Wir sind dafür, dass wir in der Sprache so viel Klarheit haben, dass wir im Rechtsbereich wissen, was passiert und was nicht pas­siert, und dass wir, wenn wir einen digitalen Fingerabdruck oder eine Augenerkennung als Identitätsnachweis abgeben, auch wissen und sicher sein können, dass diese Daten bei uns bleiben und nicht missbräuchlich verwendet werden.

Ein weiterer Punkt, der zumindest uns als SPÖ grundsätzlich wichtig ist, ist die Freiheit der Entscheidung. Es muss auch die Möglichkeit für die Bürger geben, die das nicht digital abwickeln wollen, ganz analog, ganz simpel einen Antrag für einen Pass auszu­füllen. Es muss immer eine Alternative geben. Es ist ein Grundrecht, dass man im öffent­lichen Bereich seine Rechte als Bürger analog wahrnehmen kann. Das gilt vor allem für diejenigen, die solche Geräte nicht haben, die die technische Kenntnis nicht haben, und für diejenigen, die halt vorsichtig sind und nicht möchten, dass ihre Daten digital ver­waltet werden. Hinter den Plattformen auf ihren Smartphones stehen immer noch inter­nationale Konzerne, und deshalb sind wir der Meinung, dass die Novelle um diese Punkte korrigiert und erweitert, und, wie Kollegin Hammerschmid schon gesagt hat, die fehlende Datenschutzfolgeabschätzung unbedingt nachgeholt werden muss.

Wenn das erledigt ist und wir einen Vorschlag bekommen, den auch ein normaler Bür­ger, eine normale Bürgerin versteht, damit sie wissen, was mit ihren Daten passiert, damit sie wissen, wenn sie so einen Identitätsnachweis auf ihrem Handy haben, was damit passieren kann oder was nicht passieren darf, wenn das sichergestellt ist, dann werden wir uns den Text natürlich anschauen und vielleicht zustimmen. Aber in der Form ist er uns zu unsicher, zu wenig verständlich und zu rudimentär. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.42.33

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Wir haben den elektronischen Führerschein eigentlich immer schon befürwortet


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 247

und werden das auch heute tun. Wichtig ist zum einen, wie die Kollegin vor mir schon gesagt hat, dass die Datenschutzgrundregeln eingehalten werden, dass wirklich nach­voll­ziehbar ist, dass die Daten vertraulich behandelt werden und dass kein Missbrauch passieren kann. Zum anderen ist natürlich wichtig, dass es auf Freiwilligkeit beruht. Für uns ist der elektronische Führerschein die logische Konsequenz: zuerst der Papierfüh­rer­schein, dann der Scheckkartenführerschein und jetzt eben auch die Möglichkeit des elektronischen Führerscheins auf freiwilliger Basis.

Ich denke, grundsätzlich hat man eine schon lange Forderung der FPÖ umgesetzt. Datenschutz ist wichtig. Wie dann schlussendlich der Führerscheinentzug – sollte einer vorkommen – in Zukunft ausschaut, ob dann das Handy abgenommen wird oder nicht (erheitert), muss man vielleicht noch im Detail diskutieren; aber ich denke, es liegt ein guter Vorschlag vor. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Bösch: Bravo!)

19.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.43.39

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben ein Gesetz vor uns, das Änderungen im E-Government-Gesetz, im Passgesetz, im Führerscheingesetz und im Kraftfahrgesetz beinhaltet; ein Gesetz, das so ungemein kompliziert und so schwer lesbar ist, dass man sich fragt, ob das Absicht ist oder eine schnelle Aktion, die nicht ausgegoren ist. Ich glaube, es ist beides.

Konkret geht es bei der Materie nämlich um einen weiteren Schritt: darum – es ist erwähnt worden –, eine E-ID zu implementieren. Diese dient dann auch als Grundlage, um den E-Führerschein ab dem Frühling 2021 für alle verfügbar zu machen. Auch im Passwesen sind Änderungen vorgesehen, basierend auf der E-ID; wie genau, kann aber leider noch nicht beantwortet werden.

Eines ist klar: Die Daten des elektronischen Identitätsausweises sollen als Grundlage für all das herangezogen werden. Außerdem sollen Daten auch Dritten zur Verfügung gestellt werden – ja, mit Einwilligung des Users oder der Userin. Aber wie genau geht das mit der Privatsphäre und dem Schutz von Daten zusammen? Frau Ministerin, es ist eine Materie, die wahnsinnig große offene Fragen beinhaltet, die einfach nicht beant­wortet wurden, nicht im Ausschuss und auch heute nicht; vielleicht kommt das noch, aber bislang nicht. Es geht um sehr, sehr sensible Daten und vor allem um den Umgang damit.

Wo ist die Datenschutzfolgeabschätzung, Frau Ministerin? Warum meinen Sie, es bräuchte keine? Welches Unternehmen ist mit der Programmierung der E-ID beauftragt? Und wie garantieren Sie, wenn Technik oder biometrische Daten – es war vorher schon die Rede von Face-ID oder Touch-ID – von HerstellerInnen von Smartphones und Be­triebssystemen mitbenutzt werden, dass diese Daten gesichert verarbeitet und nicht rechtswidrig genutzt werden? Und: Können Sie garantieren, dass Datenübermittlungen in die USA zu großen Konzernen ausgeschlossen werden? (Beifall bei der SPÖ.)

Die Nutzung der Daten der E-ID für private Unternehmen muss auch eindeutig der DSGVO entsprechen, und ich darf wirklich auf die ganz, ganz große Kritik des Datenschutzrats verweisen, dessen Stellungnahme keinen Niederschlag gefunden hat. Ich finde es höchst problematisch, dass der Rat da überhaupt nicht eingebunden war, und ich frage mich ganz ehrlich: Warum eigentlich nicht?

Zusammenfassend darf ich nochmals betonen: Auf den ersten Blick scheint eine E-ID als Weiterentwicklung der BürgerInnenkarte ungemein praktisch, ehrlich. Auf den zweiten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 248

Blick ist Vorsicht angebracht: Die Novelle ist nämlich unverständlich, lässt Fragen offen, hat den Datenschutzrat nicht eingebunden, und es ist unsicher, ob sie DSGVO-konform ist. Deshalb unser Fazit: Für uns gibt es aus diesen Gründen definitiv keine Zustim­mung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.46.55

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Frau Ministerin! Werte Abgeordnete! Die vorliegenden Novellen bieten die Grund­lage für die Weiterentwicklung des Konzepts Bürgerkarte bis hin zum elektronischen Identitätsnachweis. Es geht dabei vor allem darum, Vorarbeiten und Begleitmaßnahmen für ein Pilotprojekt, das ab April 2021 starten sollte, grundzulegen. Was braucht es dazu? Es braucht Adaptierungen und Ergänzungen, was die Technologie und die Umsetzung betrifft; und natürlich, wie bereits erwähnt, sollte diese Materie freiwillig und aus­schließ­lich bei Einwilligung der Betroffenen passieren, das ist, glaube ich, ganz zentral. Das sollte auch im Passwesen so umgesetzt werden.

Mit der Novellierung des Führerscheingesetzes und des Kraftfahrgesetzes soll die Grundlage für einen digitalen Führerschein und auch für den digitalen Zulassungsschein geschaffen werden. Es gibt dann also zukünftig auch keine Mitführungspflicht mehr, das sollte auch ein Ziel sein. Ich verweise auch hier auf das Kapitel über Maßnahmen zur digitalen Verwaltung im Rahmen des Regierungsübereinkommens, wo wir das geregelt und vereinbart haben.

Der elektronische Führerschein ist also ein wesentlicher Schritt, ein sinnvoller Einsatz der Digitalisierung. Wir gehen mit der Zeit, in der Überzeugung, sehr sensibel mit Daten umzugehen, Kosten zu sparen, Abläufe zu erleichtern und natürlich größtmögliche Transparenz walten zu lassen.

Im Rahmen des Verkehrsausschusses gab es auch eine Debatte zu einem Antrag der SPÖ, des Abgeordneten Stöger. Nach dieser Debatte hat sich der Verkehrsausschuss im Nachhinein darauf geeinigt, einen Entschließungsantrag aller Fraktionen zum Antrag des Abgeordneten Stöger einzubringen, der im Verkehrsausschuss vertagt wurde. Ich möchte folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Alois Stöger, diplô, Christian Hafenecker, MA, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Prüfung des Gesetzesvorschlages in 979/A (Änderung des Führer­schein­gesetzes) im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, unter Einbindung der Bundesländer die im Antrag 979/A vorgeschlagene Gesetzesänderung zu prüfen, die beschriebenen offenen Fragen zu klären und einem Begutachtungsverfahren im Rah­men der nächsten Novelle des Führerscheingesetzes zuzuführen.“

*****

Zwei Sätze noch zu diesem Antrag: Worum geht es da? – Der Antrag bezweckt vor allem, die Möglichkeit zu prüfen, Führerscheinverlängerungen aufgrund von ärztlichen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 249

Gutachten von Stempelgebühren und Verwaltungsabgaben zu befreien. Nicht betroffen sind die Kostenersätze; betroffen sind circa 20 000 Menschen, vor allem auch Menschen mit Behinderung. Wir sprechen da, glaube ich, von einer sehr wichtigen Maßnahme, die zu prüfen wäre. Das wäre der Sinn dieses Antrages. Ich bitte um eine breite Zustim­mung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Alois Stöger, diplômé, Christian Hafenecker, MA, Hermann Weratschnig, MBA MSc, Dr. Johannes Margreiter

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Prüfung des Gesetzesvorschlages in 979/A (Änderung des Führerschein­ge­setzes) im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 23.) Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung über die Regierungsvorlage (469 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das E-Government-Gesetz, das Passgesetz 1992, das Führerscheingesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (495 d.B.)

Der im Verkehrsausschuss am 1. Dezember 2020 mit Mehrheit vertagte Antrag (979/A) der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Christian Hafenecker, MA, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führer­scheingesetz geändert wird, sieht auf Anregung des Anwalts für Gleichbehandlungs­fragen für Menschen mit Behinderung den Entfall der mit der Verlängerung einer befristeten Lenkberechtigung verbundenen Gebühren vor.

Zur Realisierung dieses Vorhabens ist es erforderlich, den Aufkommensentfall der Ge­bühren aufgrund einer solchen Befreiung zu errechnen, zu klären, wer die Kosten der ausstellenden Behörde trägt bzw wie der Kostenersatz für die Ausstellung gestaltet wird, und sicherzustellen, dass auch der Amtsarzt abgegolten wird, da auch diesem ein Kostenersatz zusteht.

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, unter Einbindung der Bundesländer die im Antrag 979/A vorgeschlagene Gesetzesänderung zu prüfen, die beschriebenen offenen Fragen zu klären und einem Begutachtungsverfahren im Rah­men der nächsten Novelle des Führerscheingesetzes zuzuführen.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 250

19.50.48

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Frau Bun­des­minis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ganz grundsätzlich begrüßen wir die Innovationsfortschritte rund um die E-ID, insbesondere auch, nachdem durchaus einige Anmerkungen in der Begutachtung mitgenommen wurden.

Ich möchte aber ganz grundsätzlich zum ganzen Themenblock Digitalisierung ein bisschen etwas sagen, weil das, glaube ich, oft untergeht. Kollegin Niss hat vorhin davon gesprochen, dass wir großartig sind und dass wir Dritter in Europa sind. Dazu muss man fairerweise sagen, nicht nur wir als Österreich haben einige Dinge verschlafen, sondern eben ganz Europa oder sehr viele Staaten in Europa – bis auf Estland und Malta, die vor uns liegen, die in vielen Schritten wirklich wesentlich weiter sind.

Wenn man sich anschaut, wie Estland aufgestellt ist, und sich ein bisschen vorstellt, wo wir heute in Österreich wären, wenn wir damals mitgemacht hätten: Estland hat schon im Jahr 2002 eine E-ID eingeführt. 18 Jahre ist das her, das heißt, die E-ID in Estland ist de facto seit heuer schon volljährig. Da sieht man, wie weit wir in vielen Dingen hinten sind. Zum Vergleich: In Österreich wurde 2002 das Melderegister digitalisiert.

Schauen wir uns an, wie Estland mit den Begleiterscheinungen, die die Digitalisierung mit sich bringt, umgeht: Digitalisierung ist ja nicht nur, irgendwelche Dinge einzuführen oder Prozesse auf digitale Prozesse umzustellen, sondern es gibt natürlich Begleit­erscheinungen und Maßnahmen, die in die Wege geleitet werden müssen, zum Beispiel betreffend das Thema Cybercrime, Cyberangriffe und so weiter.

Estland hat 2007 einen großen Cyberangriff gehabt und musste reagieren, und seitdem ist es in Europa absolute Spitze, weil sie halt am besten aufgestellt sind, weil sie die Lehren daraus schon im Jahr 2007 gezogen haben und wir da leider bis heute noch nicht wirklich einen Schwerpunkt gesetzt haben.

Auch wenn man darüber hinausschaut, Thema Blockchain: ein Thema, bei dem wir alle glauben, es sei so supermodern und so weiter. – Estland setzt seit 2008 auf die Block­chain, seit 2008 ist die Blockchain ein integraler Bestandteil von allen E-Government-Systemen in Estland. Das Ganze ist integriert in das System X-Road. Dieses X-Road wurde 2001 eingeführt, das ist 19 Jahre her. In Österreich wurde zu diesem Zeitpunkt das Datenschutzgesetz erlassen.

Sie sehen, wir sind in vielen Dingen noch lange nicht Spitzenklasse. Ich warne davor, dass wir uns hier jetzt abfeiern und sagen: Ja, E-ID, endlich ist es so weit! – Ja, endlich ist es so weit und es ist ein wichtiger Schritt, aber es sind noch ganz viele Schritte zu machen, denn wir liegen in vielen Punkten mehr als 20 Jahre hinter der Spitze; und das ist Estland, und mit denen müssen wir uns aus meiner Sicht vergleichen.

Vielleicht allgemein zur KI-Strategie, weil das auch hier im Parlament in letzter Zeit immer wieder Thema war: Estland hat seit 2019 eine solche, in Österreich warten wir noch darauf. Ich hoffe, dass sie hier auch bald vorgelegt wird. Ich hoffe, dass es nächstes Jahr wirklich so weit ist, denn genau das sind die Schritte, die wir setzen müssen, um wirk­lich in der Weltspitze anzukommen, und da genügt die E-ID, wie wir sie heute hier be­schließen werden, leider noch nicht. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Hammerschmid.)

19.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Margarete Schramböck zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 251

19.54.06

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen, die ganz konkret genannt worden sind, aber grundsätzlich auch sagen, dass die elektronische Identität, der elek­tronische Identitätsnachweis ein wichtiger Schritt ist. Ja, es ist ein Baustein, den wir in einer digitalen Verwaltung umsetzen, aber ein wichtiger Baustein. Es stimmt, dass an­

dere Länder, nicht nur Estland, sondern auch andere, diese elektronische Identität und diesen Nachweis bereits haben.

Umso wichtiger ist es, dass Sie heute zustimmen, dass wir in Österreich die elektro­nische Identität einführen. Ich habe bereits in der ersten Regierung, der ich angehört habe, damit begonnen. Es ist jetzt an der Zeit, diese elektronische Identität den Öster­reicherinnen und Österreichern zur Verfügung zu stellen.

Wichtig ist dabei auch, dass es etwas ist, das man nutzen kann, aber nicht nutzen muss, und dass der Erwerb der elektronischen Identität an die Passausgabe geknüpft ist und man jedes Mal, wenn man zum Beispiel den Pass erneuert, diese elektronische Identität bekommen kann, wenn man sie haben möchte.

Was auch ganz wichtig ist, ist, dass wir jene, die die Handysignatur im Moment verwen­den, auch überführen. Das sind über eine Million Menschen; 1,2 Millionen Österreiche­rinnen und Österreicher nutzen diese schon, und das nicht nur einmal im Jahr, sondern täglich oder oft, für unterschiedliche Dienste. Ihnen müssen wir auch die Möglichkeit geben, diesen Service entsprechend zu nutzen.

Um auf ein paar Ihrer Themen einzugehen: Der Datenschutzrat ist genannt worden. Wir waren in der Sitzung des Datenschutzrates. Ich kann Ihnen versichern, der Datenschutz­rat hat Stellungnahmen abgegeben, wir haben sie Punkt für Punkt abgearbeitet und diese Vorschläge aus unterschiedlichen Bereichen wurden in zahlreichen Änderungen zum Begutachtungstext eingearbeitet. Ich bedanke mich bei allen, die an dem Video­termin, den ich angeboten habe, teilgenommen haben, alle aus dem FID-Ausschuss und noch weitere, wo wir viele der offenen Fragen auch entsprechend diskutieren konnten.

Estland wurde angesprochen. – Ja, Estland hat seine Lösungen, seine digitale Verwal­tung auf der grünen Wiese gebaut. Wir sind ein Land, das eine lange Tradition in der Verwaltung hat, ähnlich wie Deutschland und andere Länder. Wenn man zum Beispiel Malta anschaut, das ist auch ein sehr kleiner Staat, dann sieht man, dass es wichtig ist, dass wir den unmittelbaren Zugang auch jenen ermöglichen, die nicht so sehr in dieser digitalen Welt zu Hause sind, dass die Amtswege also alle auch persönlich gemacht werden können. Das ist mir ganz wichtig, wir haben einen großen Anteil an älterer Bevöl­kerung. Auch, wenn wir in einer bestimmten Lebenslage entscheiden, dass wir gerne persönlich hingehen, dann soll und muss das möglich sein. Das ist zum Beispiel in Vorzeigeländern, die auch immer wieder genannt werden, aber hinter uns liegen, was die digitale Verwaltung betrifft, wie etwa Dänemark, nicht möglich. Ich kann Ihnen versichern, dass wir das nicht tun werden, für uns ist es immer wichtig, dass die Wahl­mög­lichkeit besteht.

Es ist auch das Thema der digitalen Kluft angesprochen worden. Darauf möchte ich auch eingehen und einladen, denn auch wir haben so eine Plattform, nicht nur Finnland. Wir haben die Plattform Fit4Internet, wo Kurse für Ältere angeboten werden, diese haben wir forciert. Wir sind jetzt sogar ins Fernsehen gewechselt, weil es nicht mehr möglich ist, dass die ältere Generation persönlich erreicht werden kann. Die digitale Kluft schließen zu wollen ist, glaube ich, etwas, das uns eint und wo es entsprechende Maßnahmen gibt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 252

Die Sicherheit bei der elektronischen Identität und dem elektronischen Identitäts­nach­weis ist gewährleistet, denn es ist vollkommen zu unterscheiden: Es wird in dieser elek­tronischen Identität nichts gespeichert, da sind keine Daten drauf. Auch die Sicherheits­maßnahmen wie der Irisscan oder der Fingerprint bleiben auf dem Gerät, die werden nirgends hin übertragen. Was Sie damit tun können, ist, Amtswege zu machen – und das sicherer, als es früher der Fall gewesen ist, denn diese Sicherheit ergibt sich auch daraus, dass diese elektronische Identität zum ersten Mal eine Behörde ausgibt. In dem Fall ist es die Passbehörde, das ist dieser erste Check. Wenn Sie diese elektronische Identität dann haben, können Sie sie für Amtswege einsetzen, Sie müssen aber nicht.

Es ist nicht der allumfassende Schritt in einer digitalen Verwaltung, aber es ist ein ganz wichtiger Punkt, dass wir hier aufholen, dass wir diesen Punkt erfüllen, dass wir da nicht zurückliegen und den Österreicherinnen und Österreichern auch zusätzliche Services anbieten, deshalb bitte ich Sie sehr um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

19.59


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer gelangt zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.59.40

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Österreich hat sich in den vergangenen Jahren einen sehr guten Ruf im Bereich des E-Government erarbeitet. Eine Vergleichs­studie, die, glaube ich, heute noch nicht zur Sprache gebracht worden ist, ist der E-Government-Benchmark, der uns attestiert, dass rund 87 Prozent der Digitalisierungs­vorhaben in der Verwaltung umgesetzt worden sind und wir einen Nutzungsgrad von circa 62 Prozent erreichen. Das ist ein sehr beeindruckender Wert, der uns an die Spitze Europas katapultiert hat. Klar ist aber: Wir wollen und werden uns auf dieser Position nicht ausruhen, denn es gibt natürlich noch vieles mehr zu tun. Gerade in der Amtszeit von Frau Bundesministerin Schramböck ist sehr viel in diese Richtung passiert, vor allem in Richtung Digitalisierung der Verwaltung. Ein Beispiel, das ich auch herausgreifen möchte, ist das Digitale Amt, das den Bürgerinnen und Bürgern sehr viele Funktionen zur Verfügung stellt.

Mit dem heute zu beschließenden E-Government-Gesetz legen wir nun auch die Grund­lage für weitere digitale Dienste. Wir entwickeln die Handysignatur weiter zur E-Identity, zur elektronischen Identität, und schaffen dadurch mehr Sicherheit. Wir setzen auf bestehende Sicherheitsmaßnahmen, die sich in anderen digitalen Diensten bereits etabliert haben – Fingerprint oder Face-ID sind schon angesprochen worden –, ohne, und das vielleicht auch an die SPÖ gerichtet, auf biometrische Daten zuzugreifen, sondern wir nützen bestehende Sicherheitsmechanismen auf mobilen Endgeräten. Ähnliches, was Datensicherheit und Datenschutz betrifft, schaffen wir auch in anderen Bereichen. Wir nützen einfach die bestehenden Möglichkeiten.

Die Argumente, die vonseiten der SPÖ gekommen sind, kann ich nur als vorgescho­ben bewerten, weil man halt diesem Gesetz einfach nicht zustimmen möchte. (Abg. Kucharowits: Das ist ein Scherz, oder? – Abg. Greiner: Das waren sehr gute und präzise Fragen!) Nicht nur im Ausschuss, sondern auch bei einem eigenen Termin mit der Frau Bundesministerin haben wir genau diese Punkte, die von Kollegin Oberrauner angesprochen worden sind, behandelt: das Thema, dass kein Zugriff auf biometrische Daten stattfindet. Es wird nicht mit US-amerikanischen Konzernen oder Ähnlichem gearbeitet oder sonst irgendetwas dahin gehend genutzt. Die technische Komplexität des Gesetzes ist auch der Technik geschuldet, weil das Gesetz natürlich auch die technische Implementierung darstellen muss. Dementsprechend ist es formuliert. Ich habe natürlich Verständnis im Hinblick auf Anmerkungen betreffend Lesbarkeit und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 253

diesbezügliche Möglichkeiten im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses, aber natürlich muss das Gesetz auch das wiedergeben, was am Ende des Tages umgesetzt werden muss.

Zur Datenschutzfolgeabschätzung, die angeblich fehlt: In der Videokonferenz mit Kollegin Oberrauner und mit dem Ministerium ist noch einmal darauf hingewiesen wor­den, dass die Datenschutzfolgeabschätzung natürlich im Zuge der Umsetzung gemein­sam mit dem Datenschutzbeauftragten des Ministeriums stattfindet. Ich möchte das explizit erwähnen, weil es im Rahmen dieses Termins extra angesprochen worden ist.

Danke an das Ministerium, dass wir diese Fragestellungen nach dem Ausschuss, in dem sie aufgekommen sind, auch noch einmal behandeln konnten. Ich glaube, dass wir hiermit einen guten Gesetzentwurf vorgelegt haben, mit dem wir für die Digitalisierung in der Verwaltung und in vielen anderen Bereichen sorgen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

20.03

20.03.21

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Bericht des Ausschusses für Forschung, Innovation und Digitalisierung.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, frage ich, ob die Klubs eine Unter­brechung wünschen. – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 469 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten And­reas Ottenschläger, Alois Stöger, Christian Hafenecker, Hermann Weratschnig und Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Prüfung des Gesetzes­vorschlages in 979/A (Änderung des Führerscheingesetzes) im Rahmen eines Begut­achtungsverfahrens“.

Ich bitte die Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (120/E)

20.04.4924. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 1126/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG) geändert werden (591 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 254

25. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 1113/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhand­berufsgesetz 2017, das Ziviltechnikergesetz 2019 und das Bilanzbuchhaltungs­gesetz 2014 geändert werden (592 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 und 25 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.05.48

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir behandeln jetzt zum dritten Mal das Inves­titionsprämiengesetz – grundsätzlich eine vernünftige Wirtschaftsförderung. Es ist eine gute Sache, dass man Investitionen fördert. Wir haben auch von Anfang an gesagt, dass man das machen kann – es ist auch sinnvoll –, haben aber immer dagegengestimmt, weil die Abwicklung, wie die vieler anderer Hilfspakete auch, nicht über das Finanz­minis­terium, sondern über das AWS läuft.

Was man aber beim Investitionsprämiengesetz sieht und auch sehen muss, ist, dass es funktioniert. Und warum funktioniert es? – Weil es die Unternehmer selbst in der Hand haben. Die Unternehmen, die investieren, sind natürlich die Unternehmen, die gute Um­sätze machen, denen es auch in der Krise gut geht. Viele andere, denen es schlecht geht, denken nicht über das Investieren nach, sondern darüber, wie sie über die Runden kommen. Auf die hat man leider in der Krise ziemlich vergessen, man hat sie alleinge­lassen.

Schauen wir uns die Hilfspakete dieser Bundesregierung insgesamt an: Betreffend Ge­meindefinanzierungen haben wir heute schon das Kommunalinvestitionspaket ange­sprochen. Das Kommunalinvestitionspaket ist leider völlig danebengegangen, es erzielt leider keine Wirkung. 1 Milliarde Euro wurde den Gemeinden fiktiv zur Verfügung ge­stellt, bisher haben sie – laut einer Anfragebeantwortung des Finanzministeriums – 150 Millionen Euro davon abholen können. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Es sind also erst 15 Prozent dieser Milliarde für Investitionen an die Gemeinden geflossen. Diese Investitionen fehlen natürlich in der Wirtschaft. Die Gemeinden sind mittlerweile einfach nicht mehr in der Lage, die Kofinanzierung aufzustellen oder diese 18 Kriterien zu erfüllen, die für Investitionen gelten, für die sie diese Mittel verwenden können. Das ist also ein völlig falscher Ansatz, der völlig wirkungslos ist, in der Wirtschaft nicht ankommt und der Wirtschaft auch kaum helfen wird.

Mit dem Härtefallfonds wurden 2 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. 700 bis 800 Mil­lionen Euro wurden bisher ausgezahlt, das sind circa 30 Prozent. Die Erfolgsquote ist also relativ gering, Frau Minister. Betreffend Fixkostenzuschuss gab es lange Diskus­sionen mit der EU, bis man den Fixkostenzuschuss Phase zwei überhaupt wieder auf die Reihe gebracht hat; viele Unternehmer leiden darunter, können keine Anträge stellen.

Mit dem Umsatzersatz hat man gewissen Branchen erstmals schnell geholfen – das stimmt –: Gastronomie und Beherbergungsbetriebe haben schnell 80 Prozent ihres Um­satzes erstattet bekommen. Ihr habt das einfach von den Deutschen abgeschaut. Die Deutschen rudern mittlerweile schon zurück, weil sie sagen, der Ansatz Umsatzersatz war falsch. Man kann ja nicht den Umsatz ersetzen, sondern man muss eigentlich den


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Gewinn, den Deckungsbeitrag und die Fixkosten ersetzen – das ist gerecht. Die einen kriegen 80 Prozent Umsatz ersetzt, sind damit überfördert, und die anderen kriegen gar nichts.

Es gibt leider viele, die übrig bleiben und gar nichts bekommen, Frau Minister. Sie wissen das, Sie sind von einer Betroffenen direkt kontaktiert worden, haben ihr dann auch zurückgeschrieben, dass sie das Thema im nächsten Wirtschaftsausschuss behandeln werden. Es geht um ein Unternehmen in Bad Gastein – Herr Kollege Schellhorn wird es vielleicht kennen –, um einen Verkaufsshop, der durch den Rost fällt, der gar nichts kriegt.

Die Antwort, die die Unternehmerin nach dem Wirtschaftsausschuss vom Ministerium erhalten hat, war – sie hat uns das schriftlich mitgeteilt –, sie bekommt leider nichts. Sie ist eine Zulieferin und ist abhängig von Gewerbebetrieben oder von der Gastronomie und von den Gästen, die natürlich ausbleiben, hat natürlich einen totalen Umsatz­ein­bruch und bekommt gar nichts, bleibt in der Luft hängen. Das betrifft eine gesamte Branche – den ganzen Zuliefererbereich der Gastronomie, mit den Getränkehändlern und, und, und –, die es wirklich schwierig hat und gar nichts bekommt.

Von Ihrer Partei, Frau Minister, wird immer von Regionalisierung, von der Unterstützung des ländlichen Raumes gesprochen, und da ist auch die Gewerbeordnung ein Thema – wir haben schon im letzten Wirtschaftsausschuss darüber diskutiert.

Die Problematik der Dorfläden: Die Dorfläden werden heute vielfach von Bauern, von Selbstvermarktern ins Leben gerufen und fallen dann auf einmal in die Gewerbeordnung, als Nächstes fallen sie dann in die Öffnungszeitenverordnung und, und, und. Sie kriegen Probleme, müssen wieder zusperren, können ihre Produkte nicht verkaufen.

Was tut die ÖVP? – Wie immer: Sie bringt eine Petition ein. Herr Nationalrats­abgeord­neter Ofenauer hat für die betroffene Gemeinde Neidling in Niederösterreich, die genau solch ein Problem mit dem Dorfladen hat, eine Petition eingebracht, gesagt, dass er ihnen mit der Petition helfen und das unterstützen wird. Ich habe im Wirtschaftsaus­schuss einen entsprechenden Antrag eingebracht, dass man die Gewerbeordnung entsprechend ändert. Genau diese Forderung der Neidlinger, die Herr Ofenauer unter­stützt, und das, was Sie in Ihrer Petition fordern, Herr Ofenauer, habe ich mit diesem Antrag damals im Wirtschaftsausschuss am 2. Dezember eingebracht, und ich werde das jetzt noch einmal einbringen. (Abg. Hanger: ... Tagesordnungspunkt 24: Investi­tions­prämiengesetz!)

Alle Neidlinger, die jetzt vielleicht zuschauen, und alle anderen, die Dorfläden betreiben und Probleme mit der Gewerbeordnung haben, sollten jetzt beobachten, wie die ÖVP mit ihrer Doppelbödigkeit hier handeln wird. Ich traue mich zu wetten, dass der Antrag heute wieder abgelehnt wird und dass ihr dem nicht zustimmen werdet, dass die Gewerbeordnung entsprechend angepasst wird. Ihr lasst die Leute im Regen stehen. Ihr erklärt ihnen, dass ihr sie mit entsprechenden Petitionen unterstützt – die verlaufen dann im Sand. Sie werden einmal im Ausschuss behandelt und das war es dann.

Deshalb mache ich heute die Nagelprobe und stelle folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Sicher­stel­lung des Betriebs von Dorfläden zur Rettung der Nahversorgung durch Änderung der Gewerbeordnung“

Der Nationalrat wolle beschließen:


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„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit welcher sichergestellt wird, dass Direktvermarkter (Dorfläden, Selbstbedie­nungs­läden) bei Erfüllung bestimmter Kriterien nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fallen. Kriterien dafür könnten die Gemeinnützigkeit, eine einge­schränkte Produktpalette oder eine inadäquate Lebensmittelversorgung vor Ort sein.“

*****

Da das fast wortgleich in der Petition der ÖVP, von Herrn Ofenauer steht, gehe ich davon aus, dass Sie heute auch zustimmen – eigentlich gehe ich nicht davon aus, denn Sie werden es wieder ablehnen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

20.12

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer und weiterer Abgeordneter

betreffend die Sicherstellung des Betriebs von Dorfläden zur Rettung der Nahversorgung durch Änderung der Gewerbeordnung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 24: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1126/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesminis­terin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird und das Bundesgesetz über eine COVID-19 Investitionsprämie für Unternehmen (Investitionsprämiengesetz – InvPrG) geändert werden (591 d.B.) in der 69. Sitzung des Nationalrates am 10. Dezember 2020

Wie den Erläuterungen zum gegenständlichen Antrag 1126/A, mit dem unter anderem das Investitionsprämiengesetz geändert wird, entnommen werden kann, ist die Investi­tionsneigung der österreichischen Unternehmen infolge der COVID-19 Krise noch immer zurückhaltend. Wenn nun mit der Erhöhung des Volumens für die Investitionsprämie durch diesen Antrag Anreize für Investitionen verstärkt werden soll, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade für kleine Betriebe in ländlichen Gemeinden auch andere Impulse wie die Stärkung der regionalen Wertschöpfung von großer Bedeutung sind.

Die Stärkung und der Ausbau der Selbstvermarktung sind seit vielen Jahren ein heiß­diskutiertes Thema. Landwirtschaftlich geführte Betriebe setzen vermehrt auf die Inves­tition in Hofläden oder Direktvermarktung. Die Idee hinter einem Dorfladen bzw. einer Dorfspeis ist es, regionale Wertschöpfung über die Gemeinden zu fördern und zu unter­stützen. So können auch die Gemeinden und Dörfer von einem Dorfladen profitieren und als zentrale Verkaufsstelle für unterschiedliche Selbstvermarkter einen Beitrag zum Vertrieb regionaler Produkte schaffen.

Dorfläden bedeuten Nahversorgung mit Lebensmitteln in einer Gemeinde, in der es keinen anderen Nahversorger mehr gibt, qualitativ hochwertige bäuerliche Produkte aus der Region, einkaufen im sicheren Laden durch flexible Öffnungszeiten, Unterstützung der regionalen Wertschöpfung, einen Beitrag zum Klimaschutz durch kurze Transport­wege und „Reanimation“ von Dörfern und Aufwertung des ländlichen Raumes zur Ver­meidung von Abwanderung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 257

Dorfläden werden in der Regel als Verkaufsstelle ohne Personal geführt und basieren auf Selbstbedienung, jedoch mit einem modernen Kassensystem, das es den Kunden erlaubt, alle Produkte an einer Computerkassa in bar oder bargeldlos und kontaktlos mit Bankomatkarte zu bezahlen.

Aktuell sind die Existenz und Neuerrichtung von Dorfläden durch gesetzliche Missstände und Rechtsunsicherheit bedroht, wie eine Petition (37/PET) der Vorstandsmitglieder des „Vereins Dorfleben“ in Neidling vom 14. September 2020 zeigt. Der örtliche Dorfladen in Neidling stand aufgrund rechtlicher Probleme und Missstände bereits mehrmals kurz vor der Schließung.

Konkret geht es dabei um bestehende Gesetze, wie die Gewerbeordnung und das Öff­nungs­zeitengesetz bzw. auf Grundlage des Öffnungszeitengesetzes erlassene Verord­nungen durch die Landeshauptmänner, die nicht mehr zeitgemäß sind und bis dato wenig Rücksicht auf nachteilige Entwicklungen im ländlichen Raum und auf die Pande­mie nehmen.

Zum Weiterbetrieb des Dorfladens in Neidling, mussten beispielsweise die Öffnungs­zeiten rigoros verkürzt und an die NÖ Öffnungszeitenverordnung angepasst werden. Dies stellt vor allem für Beschäftigte in zeitlich herausfordernden Schlüsselberufen ein Problem dar und verringert auch die Möglichkeit zur „Kontaktvermeidung“ in Corona-Zeiten. Zudem verlangt die geltende Rechtslage, dass ein Lebensmittelhandel nach Ge­werbeordnung angemeldet werden muss.

Wie der „Verein Dorfleben“ fordert, braucht es umgehend gesetzliche Änderungen, um neue innovative Konzepte der Nahversorgung in den Gemeinden im ländlichen Raum zu ermög­lichen. Es muss für einen gemeinnützigen Verein möglich werden, solche Selbstbedie­nungs­­stellen ohne großen bürokratischen Aufwand zu betreiben, wo nicht nur regionale bäuer­liche Direktvermarkter, sondern auch 25 Prozent regionale Gewerbe­treibende der Lebens­mittelgrundversorgung rechtlichen Raum finden und ihre Waren anbieten können.

Der Österreichische Gemeindebund führt in seiner Stellungnahme (111/SPET vom 18.11.2020) zur Petition aus, dass „weder die Gewerbeordnung an sich, noch die darin enthaltenen Vorschriften in Frage gestellt werden. Es drängt vielmehr, die bestehenden Regelungen ihrem eigentlichen Zweck entsprechend zu adaptieren und an die realen wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Starre Regulative müssen an die Lebens­realität angepasst und ‚konkurrenzlose Dorfläden‘ aus dem strengen Regime der GewO ausgenommen werden, um einige so dringend benötigte Impulse für den länd­lichen Raum zu setzen.“

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­hen­den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, mit welcher sichergestellt wird, dass Direktvermarkter (Dorfläden, Selbstbedie­nungs­läden) bei Erfüllung bestimmter Kriterien nicht in den Anwendungsbereich der Gewerbeordnung fallen. Kriterien dafür könnten die Gemeinnützigkeit, eine einge­schränkte Produktpalette oder eine inadäquate Lebensmittelversorgung vor Ort sein.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 258

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.12.22

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! An und für sich geht es ja jetzt bei diesem Tagesordnungspunkt um die Investitionsprämie, aber da Kollege Angerer die Wirtschaftsunterstützungen angesprochen und wieder auf Deutschland verwiesen hat, muss ich sagen: Ganz verstehe ich die Kritik nicht, denn zuerst ist in Deutschland alles perfekt und alles läuft gut, das sollen wir uns als Vorbild nehmen, dann machen wir ähnlich dem deutschen Modell einen Umsatzersatz – wir haben ihn allerdings besser gemacht, denn bei uns funktioniert er, bei uns funktioniert er sehr gut –, und dann kriti­sieren Sie das auch. (Beifall bei der ÖVP.) Manchmal kommt es mir so vor (Zwischenruf bei den NEOS): Hauptsache Kritik, irgendetwas bleibt schon hängen.

Ich kann Sie aber beruhigen, der Internationale Währungsfonds – ich glaube, das ist ein guter Maßstab – sieht Österreich bei den Unterstützungsmaßnahmen in der Führungs­position. Wir wenden – der Herr Finanzminister hat es heute schon gesagt – 8 Prozent des BIPs auf, um Ausgaben und Steuererleichterungen für die Wirtschaft und damit verbunden auch für die Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Damit liegen wir – das muss man sich auch auf der Zunge zergehen lassen – 3 Prozent über dem europäischen Durchschnitt, meine Damen und Herren. Ich denke, wir geben da viel Geld für die richtigen Maßnahmen aus. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte mich nun aber der Investitionsprämie widmen. Ich glaube, die Inves­titions­prämie ist eine der Maßnahmen, die wir gerade jetzt brauchen, dass wir Unternehmer, die jetzt normal nicht investieren würden, weil es momentan ein bisschen schwierig ist, unterstützen, damit sie investieren.

Das Erfreuliche an dieser Investitionsprämie ist, dass sie vor allem von Kleinst- und Kleinunternehmen in Anspruch genommen wird, die in Digitalisierung und in Ökolo­gisie­rung investieren. Das ist also genau das, was wir erreichen wollten, und das, was uns als Standort innovativ in die Zukunft bringt.

Ich kann aus meinem Wahlkreis berichten, dass auch große Industrieunternehmen, die Investitionen auf die nächsten drei Jahre verschoben hätten, jetzt investieren und auch wesentlich zur Absicherung von Arbeitsplätzen beitragen, nämlich nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch von Unternehmen, die dann die Umsetzung dieser Vorhaben begleiten. Es ist also schon eine Win-win-Situation: für den, der investiert, für den, der dort arbeiten kann, und es sichert auch noch die Arbeitsplätze ab – eine Maßnahme, die punktgenauer nicht sein könnte, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

Wenn man sich nun auch das Gesamtvolumen der letzten Zeit anschaut, sieht man, es wurden mit diesen 2,4 Milliarden Euro, die bis jetzt abgerufen wurden, Investitionen von ungefähr 22 Milliarden Euro ausgelöst – ich denke, das ist doch ein ganz wesentlicher Punkt für die Wirtschaft in Österreich. Insgesamt sind es 55 000 Anträge, also 55 000 Klein-, Kleinstunternehmer, Großunternehmer, KMUs; wir erreichen mit dieser Unterstützung alle. Das ist die richtige Maßnahme für den Wirtschaftsstandort, deshalb bitte ich Sie um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

20.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 259

20.15.56

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben ja heute schon viel über den „Pleiten-, Pech- und Pannendienst“ geredet: Wir leisten wieder einmal Pannenhilfe, indem wir im Zusammenhang mit der Investitionsprämie natürlich zustimmen, dass das wieder erhöht wird.

Kolleginnen und Kollegen, wer Herrn Abgeordnetem Haubner zugehört hat, weiß: Es sind bereits 2,4 Milliarden Euro abgerufen. Wieso schaffen Sie es nicht, dass wir jetzt vielleicht auf 4 Milliarden Euro gehen, damit wir uns nicht in kurzer Zeit hier wieder versammeln? – Eine kurze Frage nur am Rande. (Zwischenbemerkung von Bundes­ministerin Schramböck.) Wie gesagt, wenn unsere Pannenhilfe gebraucht wird, dann helfen wir.

Ich möchte gleich fortsetzen in der Pannenhilfe, nämlich beim zweiten Thema: Wir werden den Covid-19-Maßnahmen beim Berufsrecht zustimmen, allerdings droht dort eine andere Pleite und Panne, nämlich bei den Ziviltechnikern. Bei der Umsetzung der Regierungsvorlage, die jetzt hier im Haus ist, hat man nicht bedacht, dass es, wenn man interdisziplinäre Gesellschaften als Gesellschafter einbezieht, passieren kann, dass die Ziviltechniker in einer Ziviltechnikergesellschaft in Wahrheit nicht mehr 50 Prozent der Stimmrechte haben und damit genau das unterlaufen wird, was wir verhindern wollen, nämlich dass man sich quasi einkauft und dann jede größere Baufirma ihren Zivil­techniker hat und keine Freiberufler mehr braucht.

Herr Präsident! Aus diesem Grunde bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wah­rung der Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird aufgefordert, den Ministerialentwurf 40/ME zur Änderung des Ziviltechnikergesetzes in einer Weise abzuändern, in der sichergestellt wird, dass auch durchgerechnet bei mehrstöckigen Kapitalbeteiligungen mindestens 50 Prozent des Kapitals einer Ziviltechnikergesell­schaft wirklich von ZiviltechnikerInnen gehalten werden und somit die Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften gewährleitet ist.“

*****

Ich werbe dafür: Machen wir proaktiv Pannenhilfe, dann haben wir weniger Hoppalas!

Ein kleiner Nachsatz, Herr Kollege Haubner: Ja, der Umsatzersatz ist unbürokratischer, aber die gleichen Unternehmerinnen und Unternehmer, die das möglicherweise rasch für den Lockdown eintippen konnten, können gleichzeitig seit ein paar Tagen den Fixkos­tenzuschuss Phase zwei beantragen. Ich empfehle jedem, sich einmal das Formular auf FinanzOnline anzuschauen. Ich bin ja aus 40 Jahren Steuerberaterei einiges gewohnt, aber dass der Scherz: Das ist kompliziert, da wird man einen Steuerberater brauchen!, jedes Mal Wirklichkeit wird, ist unnötig.

Ein Formular, bei dem man vorher Zeiträume bis in die Zukunft ankreuzt und dann Felder hat, bei denen man nicht weiß, ob sie für einen Monat oder ein Jahr sind: Ehrlich gesagt, das ist eine Sudoku-Aufgabe, die man vielleicht am Sonntag löst. Überarbeitet das!


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 260

Wiederum: Wir kommen gern zur Pannenhilfe. Fortsetzung von „Pleiten-, Pech- und Pannendienst“ folgt sicher. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

20.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Genossinnen und Genossen

Betreffend: Wahrung der Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 25 Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 1113/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017, das Ziviltechnikergesetz 2019 und das Bilanz­buchhaltungsgesetz 2014 geändert werden (592 d.B.)

Der EuGH stellte mit seinem Urteil vom Juli 2019 im Rahmen eines Vertrags­verlet­zungs­verfahrens fest, dass Österreich aufgrund des Berufsgesetzes der Tierärzte, Patent­anwälte und der Ziviltechniker gegen Unionsrecht verstoßen habe. Zur Herstellung eines europarechtskonformen Zustands wurde eine Novelle des Ziviltechnikergesetzes geschrieben.

Diese Novelle bietet jedoch Schlupflöcher, die die Unabhängigkeit der Ziviltechni­kerIn­nen gefährden könnten. Diese Schlupflöcher entstehen aufgrund von möglichen Ver­schach­telungen. In der Novelle ist festgehalten, dass mindestens 50 Prozent des Kapitals von Ziviltechnikergesellschaften von berufsbefugten ZiviltechnikerInnen, Zivil­technikergesellschaften oder interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften gehalten werden müssen. Diese Mindest-Kapitalbeteiligung ist wichtig, um die Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften sicherzustellen. Problematisch ist nun die Schaffung und Beteiligungsmöglichkeit der interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften. Diese interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaften müssen ihrerseits eine Mindest-Kapital­beteiligung von 50 Prozent durch berufsbefugten ZiviltechnikerInnen, Ziviltechnikerge­sell­schaften oder interdisziplinäre Ziviltechnikergesellschaften aufweisen.

Hier kann es zu möglichen Verschachtelungen kommen, die den Kapitalanteil berufs­befugter ZiviltechnikerInnen an einer „klassischen“ Ziviltechnikergesellschaft auf unter 50 Prozent drücken. Dazu kommt es beispielsweise, wenn eine interdisziplinäre Zivil­technikergesellschaft einen Kapitalanteil von 50 an einer „klassischen“ Ziviltechnik­ge­sell­schaft hält und an dieser interdisziplinären Ziviltechnikergesellschaft berufsbefugt ZiviltechnikerInnen einen Kapitalanteil von 50 Prozent halten. Dadurch liegt der Anteil, den berufsbefugt ZiviltechnikerInnen „durchgerechnet“ an der „klassischen“ Ziviltech­niker­gesellschaft halten, bei unter 50 Prozent.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort wird aufgefordert, den Ministerialentwurf 40/ME zur Änderung des Ziviltechnikergesetzes in einer Weise abzuändern, in der sichergestellt wird, dass auch durchgerechnet bei mehrstöckigen Kapitalbeteiligungen mindestens 50 Prozent des Kapitals einer Ziviltechnikergesellschaft


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 261

wirklich von ZiviltechnikerInnen gehalten werden und somit die Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften gewährleitet ist.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Dr.in Elisabeth Götze. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.19.33

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Wertes Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Sehr geehrte Frau Ministerin – Entschuldigung, dass ich Sie zuletzt nenne; schön, dass Sie noch so lange hier sind!

22 Milliarden, diesen Betrag haben wir vorhin gehört, und das ist so ein unfassbarer Betrag, dass ich mir die Mühe gemacht habe, zu überlegen: Wie viel Geld ist das denn? Wie kann man das irgendwie begreifen? Ich habe dann gefunden: 1 Million Euro in Hunderteuroscheinen – Fünfhunderter gibt es ja kaum mehr, ich hatte auch noch nie einen – sind 30 Zentimeter. Das heißt, wenn man 22 Milliarden Euro tatsächlich in Hun­derteuroscheinen aufeinanderstapeln würde, würde man sowohl den Großglockner als auch den Dachstein erreichen, und zwar vom Meeresniveau aus, 6 600 Meter. Also es ist unfassbar! Das ist der Betrag, der bereits durch die Investitionsprämie ausgelöst wurde.

Das ist das, was Unternehmen, weil sie die Investitionsprämie in Anspruch nehmen, investieren. (Abg. Deimek: Wie schnell steigt eine Boeing auf diese Höhe?) Der Anreiz, diese Investitionsprämie in Anspruch zu nehmen, ist also offensichtlich äußerst hoch, und was wir damit erreichen, ist, dass Unternehmen in die Zukunft blicken, dass sie zuversichtlich investieren. Sie investieren zu einem ganz erheblichen Maß in die Be­reiche, in denen die Investitionsprämie besonders hoch ist – 14 Prozent für ökologische Investitionen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

40 Prozent, rund 1 Milliarde Euro, der insgesamt 1,2, 1,3, knapp 1,4 Milliarden Euro, sind also bisher bereits in ökologische Investitionen gegangen, 17 Prozent in Digitalisierung, und auch ein paar Investitionen in Health & Lifesciences. Der Rest der Investitionen geht in sonstige Investitionen, das sind 7 Prozent. Ja, wir haben Autos mit fossilem Antrieb von dieser Investitionsprämie ausgenommen, weil wir beispielsweise E-Autos stärker fördern wollen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein Beispiel: Die Firma Mayr-Melnhof hat im steirischen Frohnleiten eine riesige Inves­tition getätigt, 100 Millionen Euro. Sie beschäftigt dort circa 570 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hat 100 Millionen Euro in eine neue Kartonmaschine mit digitalen Sen­soren investiert, sodass weniger Recyclingfasereinsatz nötig ist und der Karton dünner und leichter wird. Das zeigt, Digitalisierung in diesem Kontext ist auch für die Umwelt gut, also weniger Ressourcenverbrauch. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das ist offenbar eine sehr große Firma, die sehr viel investiert. Leider können Unter­nehmen ja die Investitionsprämie erst ab einem Mindestbetrag von 5 000 Euro berech­nen. Daher freut es mich besonders, dass auch kleine Unternehmen zu einem erheb­lichen Teil die Investitionsprämie in Anspruch nehmen. Kleinstunternehmen stellen knapp 65 Prozent der Anträge, und das sind immerhin 40 Prozent der gesamten beantragten Volumina.

Wir beschließen so gesehen heute die dritte Milliarde der Investitionsprämie. Vielleicht, wenn Unternehmen im neuen Jahr mutig weiterinvestieren – bis Ende Februar ist ja die


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Antragstellung noch möglich –, müssen wir noch einmal nachbessern. Ich kann mir Schlimmeres vorstellen. Das ist wirklich gut investiertes Geld – Geld, das in unsere Zukunft, in Arbeitsplätze in Österreich und in die Zukunft der Unternehmen investiert wird. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

20.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Josef Schellhorn. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.24.16

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Vorred­nerin Kollegin Götze hat gemeint, dass 22 Milliarden Euro an Investitionen durch die Investitionsprämie ausgelöst wurden. Das ist grundsätzlich falsch, weil wir ja von einer Erweiterung der Investitionsprämie sprechen, und, Frau Minister, wir haben betreffend diese Erweiterung der Investitionsprämie auch schon im Ausschuss darüber gesprochen, dass wir grundsätzlich glauben, dass das zu kurz gegriffen ist. Selbst wenn Sie auf 4 Milliarden Euro gingen, werden diese bald einmal aufgebraucht sein, weil es ja das wichtigste Grundprinzip ist, Anreize zu schaffen, damit investiert wird, damit die Unter­nehmen zum einen investieren und zum anderen andere beauftragen, die Arbeitsplätze schaffen.

Kollege Angerer hat auch einen wichtigen Punkt eingebracht – und damit komme ich jetzt wieder weg von dieser Investitionsprämie, ich wollte das nur richtigstellen –: Die mittelbar betroffenen Unternehmen, die jetzt nicht so sehr mit dem Tourismus befasst sind, haben enorme Schwierigkeiten. Da sind Zulieferer dabei, da sind aber auch ganz andere Unternehmen dabei, die eben nichts mit der Verabreichung von warmen und kalten Speisen zu tun haben.

Bevor ich zur Digitalisierung komme: Der Staatsapparat ist ein Bereich, dass Sie eine Gewerbeordnungsreform brauchen. Wenn Sie Arbeitsplätze schaffen, dann müssen wir auch über eine Gewerbeordnungsreform nachdenken. Da waren wir schon immer mit der FPÖ auch auf einer Linie, dass so schnell wie möglich eine Gewerbeordnungsreform gemacht werden sollte: Neue Gewerbe schaffen auch neue Arbeitsplätze. Es hat mich schon erstaunt, dass Sie diesem Staatsapparat so gehuldigt haben, dass Sie gesagt haben, wir brauchen neben diesem Digitalen Amt auch noch sozusagen das Alther­gebrachte, die althergebrachte Bürokratie.

Ich glaube, das ist ein falscher Zugang, aber das ist ungefähr der gleiche Zugang wie jener, mit dem Sie Ihre Homepage gemacht haben, nämlich betreffend das Kaufhaus Österreich. Das ist ja auch nichts anderes als ein Firmen-ABC, und das wissen Sie. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Erstaunliche ist das, was Kollege Kopf hier gesagt hat, nämlich dass die Wirt­schaftskammer ja gar nichts dazu beigetragen hat. Also zum einen war es offensichtlich die Wirtschaftskammer, die nichts von der Wirtschaft versteht, und zum anderen das Digitalministerium, das nichts vom Digitalen versteht – etwas anderes kann man dazu nicht sagen.

Wenn die Wirtschaftskammer wirklich nichts dazugezahlt hat, dann kann man ja fragen: Was war es dann? Kompetenz kann es auch nicht gewesen sein, wenn ich das End­produkt anschaue. Es kann ja nicht so sein, dass man mit solch einem Produkt im Digitalisierungstrauma sozusagen in der Vision lebt, wir sind das Land der Digitalisie­rungskünstler und wir treten gegen Amazon oder gegen sonst irgendjemanden auf. Das ist lächerlich, und das wissen Sie.

Es ist peinlich, es ist ja im Grunde genommen peinlich, wenn Sie von Investitionsprämien im KMU digital sprechen – und wir sprechen da von 3 Milliarden Euro –, und für KMU-


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Digitalisierung haben Sie 4,5 Millionen Euro im Budget. Das ist – das habe ich das letzte Mal schon gesagt – so: Mit dem wacht Amazon auf und ist damit nach 5 Minuten fertig, an Werbekampagnen. (Beifall bei den NEOS.)

Sie wollen hier wirklich dieses digitale Schaufenster Österreichs ins Leben rufen und sagen noch, das ist super!? Ich glaube, dass wir hier zurück an den Start müssen und auch im Sinne der Nachhaltigkeit wirklich zuerst einmal in die digitale Infrastruktur investieren müssen. Das ist ja schon lange ein Thema, das ist ja schon seit 2013 das Thema, wenn wir von der Entwicklung des ländlichen Raumes sprechen – immer wieder sprechen wir davon –, und trotzdem haben wir keine Milliarden für die digitale Infra­struktur zur Verfügung. Und da reden wir noch nicht einmal übers Know-how und über Blockchain, wie Douglas Hoyos das gesagt hat, sondern da reden wir erst einmal davon, dass wir das E auf dem Handy wegkriegen, dass wir vielleicht 5G oder irgendetwas haben, aber noch nicht die Kompetenz, was KI bedeutet.

Das würde ich mir wünschen, und dann würde ich mir wünschen, dass wir nicht noch einmal im Februar zusammensitzen und die Investitionsprämie noch einmal erhöhen müssen, sondern Sie müssen daran denken, dass 2021 eines der zentralsten Jahre dahin gehend ist, wie man Arbeitsplätze schafft (Beifall bei den NEOS), wie man Anreize schafft. Und das ist der Punkt. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

20.29


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun Frau Bundes­ministerin Dr.in Margarete Schramböck zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesminis­terin.


20.29.11

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Präsident! Hohes Haus! Heute wird erneut – und Sie sagen es richtig – über die Investitionsprämie abgestimmt. Es ist ganz wichtig, dass wir darin ein klares Zeichen sehen, nämlich ein klares Zeichen dafür, dass es den österreichischen Unternehmen auch in dieser Krise so gut geht, dass sie in der Lage sind, zu investieren, und dass wir es schaffen, die Strukturen so zu erhalten, dass jetzt Investitionen getätigt werden können und sie sich aus dieser Krise herausinvestieren. Das ist nicht ein Unternehmen, das sind nicht zehn Unternehmen, das sind nicht 200 Unternehmen, sondern es liegen 46 540 Anträge vor, davon 65 Prozent von Kleinstunternehmen.

Es ist also nicht nur etwas für die großen Industriebetriebe, sondern auch für die Fami­lienbetriebe Österreichs, die kräftig und stark sind und sich in dieser Zeit auch besonders darauf besinnen, dass sie jetzt investieren müssen, um danach wettbewerbsfähiger zu sein. Das wollen wir von Regierungsseite her unterstützen. Das ist mir mit dieser Inves­titionsprämie ein großes Anliegen, und darum ist es so wichtig und auch ein gutes Zeichen, dass sie stark genutzt wird.

Wenn wir darauf schauen, ob unsere Incentives, unsere Anreize in Richtung Digitalisie­rung und Ökologisierung funktionieren, so kann ich Ihnen berichten: Ja, sie funktionieren, denn über 50 Prozent aller Anträge sind aus diesem Bereich. Auch das ist gut so, denn damit unterstützen wir die Digitalisierung unserer Unternehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist ein Beispiel genannt worden – Mayr-Melnhof Karton –, und zu diesem Beispiel darf ich Ihnen sagen, was mir der zuständige CEO ganz klar gesagt hat: Wenn es die Investitionsprämie nicht gegeben hätte, hätten sie mit dieser Investition nicht jetzt begonnen. Sie hätten sie in zwei Jahren gemacht – und wer weiß, was in zwei Jahren im Wettbewerb ist, wer weiß, was dann geschieht? Das heißt, alle Investitionen, die jetzt


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getätigt werden, erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen, und das ist auch gut so. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Fischer und Rössler.)

Sie haben auch das Thema der Zulieferer angesprochen: Ja, es braucht eine weitere Lösung für die Zulieferer. Warum sage ich „eine weitere“? – Die Zulieferer haben natürlich Zugang zu allen Förderungen, die es gibt – zur Kurzarbeit, zum Fixkosten­zu­schuss, zu anderen –, aber es braucht natürlich ein Instrument, an dem das Finanzminis­terium auch arbeitet und zu dem wir auch Inputs liefern. Es ist wichtig, dass wir dieses bis Jahresende schaffen und die besondere Situation der Zulieferer, die Sie auch angesprochen haben, berücksichtigen. Das ist auf dem Radar des Finanzministeriums, und das ist wichtig. Unser Finanzminister hat auch angekündigt, dass dazu etwas Entsprechendes kommen wird.

Nun zu einem Thema, das Sie auch angesprochen haben: zum Thema E-Commerce. Lassen Sie mich Ihnen dazu ein paar Daten geben und Ihnen sagen, worum es geht und warum es so wichtig ist. Das Thema E-Commerce ist ein standortrelevanter Faktor geworden und nichts, was wir einzelnen Unternehmen überlassen können und womit wir unsere KMUs alleinlassen können.

Ich möchte Ihnen auch sagen, warum: Schauen Sie sich die Zahlen von China an! Seine Exportzahlen im November und Dezember steigen um 21 Prozent – nicht gegenüber dem Vormonat August, sondern gegenüber dem vergangenen Jahr. Ich sage Ihnen: Das sind nicht nur Stahl- und Industrieprodukte, sondern das sind auch ganz viele Consumer­produkte, die von Europa dort auf den großen internationalen Plattformen gekauft wer­den – das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt.

Wenn wir uns als Zweites anschauen, wie viel Geld die Österreicherinnen und Öster­reicher im Onlinehandel ausgeben, so sehen wir, dass das im vergangenen Jahr 7 Mil­liar­den Euro waren, und in diesem Jahr werden es wahrscheinlich 8 Milliarden sein. Wissen Sie, wie viel davon an österreichische Unternehmen geht? – Gerade einmal 1 Prozent. (Abg. Rauch: Weil Sie die Wirtschaft ruiniert haben!)

Da wegzuschauen und nichts zu tun geht nicht. Ja, die Covid-Krise hat verursacht, dass wir rasch agieren mussten, und nur 25 Prozent der österreichischen KMUs sind heute im E-Commerce. Was haben wir deshalb getan? – Wir haben eine Initiative mit einer Plattform, die zwei Dinge abbildet, geschaffen: auf der einen Seite, den Handel in seinem Wissen über E-Commerce weiterzubringen, und zweitens die oft kritisierte Konsumen­tenseite. Ja, ich kenne diese Kritik, wir lassen sie einfließen, aber es ist eine Initiative, um die Unternehmen und den österreichischen Handel sichtbar zu machen.

Lassen Sie mich Ihnen dazu drei Zahlen nennen: Wir sind seit acht Tagen online. Die Zahl der Unternehmen, die dort sind, hat sich in diesen acht Tagen verdreifacht. Die Anzahl der österreichischen Plattformen, die dort sind, ist um 60 Prozent gestiegen. Die Anzahl jener Unternehmen, die unsere Händler beim E-Commerce unterstützen, hat sich ebenso auf 300 verdreifacht – sie sind dort zu finden, geclustert und können auch leichter von unserem Handel gefunden werden.

Man kann über einzelne Themen diskutieren, aber worüber man nicht diskutieren kann, ist, dass E-Commerce ein Standortfaktor ist und dass wir in diesem Bereich etwas tun müssen. Ich zitiere ganz klar Max Hansen, der sagt: Wegschauen kann ich nicht, und tun müssen wir etwas gemeinsam. – Das haben wir mit unserer Initiative zum E-Commerce getan. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Andreas Ottenschläger gelangt zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 265

20.35.55

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Vielleicht zuerst, bevor ich zur Investitionsprämie komme: Liebe Kolle­ginnen und Kollegen, vor allem von der SPÖ, weil es heute in der Debatte schon vorge­kommen ist, möchte ich Ihnen ein Zitat aus einem Artikel vorlesen. „Auch Christine Mayrhuber vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) führt die gute Situation der Öster­reicher auf die staatlichen Stützungsmaßnahmen zurück – darunter die Kurzarbeit, aber auch die diesjährige Pensionserhöhung und Steuerreform. Das Wifo rechnet sogar damit, dass das verfügbare Nettoeinkommen heuer um zwei Prozent steigen werde.“

Meine Damen und Herren, warum erwähne ich das hier? – Weil immer wieder die Debatte darüber geführt wird, wen wir vielleicht zurücklassen. Wir versuchen, niemanden zurückzulassen, sondern wir versuchen, allen zu helfen, so gut es geht, und das (den Artikel zeigend) ist auch der Beweis dafür. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Angerer: Ver­haltener Applaus!)

Nun zur Investitionsprämie, auch wenn natürlich das Spielfeld in der Debatte von Oppo­si­tionsabgeordneten gerne erweitert wird: Ich habe den Eindruck, dass das eigentlich eine sinnvolle Maßnahme ist. So wird es, glaube ich, ja von allen gesehen – das sollte man auch einmal sagen. Durch die Investitionsprämie – das wurde auch schon erwähnt – werden Projekte vorgezogen, auch aus dem Grund, dass sie zeitlich befristet ist. Das bringt einen Vorzieheffekt: dass Projekte, die sonst vielleicht erst in ein oder zwei Jahren angegangen worden wären, jetzt schneller angegangen werden – und das ist genau das, was wir erzielen wollten und wozu diese zeitlich befristete Investitionsprämie da ist. Sie ermöglicht auch betriebswirtschaftlich vielleicht grenzwertige Investitionen, und auch das ist gerade jetzt wichtig zur Unterstützung der Konjunktur und, damit einhergehend, auch für den Erhalt von möglichst vielen Arbeitsplätzen.

Es wurde auch schon erwähnt, dass die höhere Investitionsprämie mit 14 Prozent vor allem für Investitionen in zukunftsgerichtete Projekte vorgesehen ist – Stichwort Ökolo­gisierung und Digitalisierung. Die Frau Bundesministerin hat es ja schon ausgeführt: Wir sehen an den Maßnahmen, dass sie wirklich sehr gut wirkt. Der Hebel ist da, die in etwa 2,5 Milliarden Euro, die bis jetzt an Investitionsprämien zugesagt wurden, lösen über 20 Milliarden Euro aus. Ich glaube, das ist ein Programm, das sich mehr als sehen lassen kann. (Beifall bei der ÖVP.)

20.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maximilian Lercher. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.39.00

Abgeordneter Maximilian Lercher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich beginne mit einem grundsätzlichen Punkt, den ich einfach festhalten möchte – ich habe ihn schon oft festgehalten –: Wir sind überhaupt nicht per se gegen all Ihre Maßnahmen. Im Gegenteil: Alle Fraktionen hier in diesem Hause haben ihre Zustimmung zu dieser Maßnahme, die wir heute diskutieren, signalisiert. Mehr noch: Die Abgeordneten Schellhorn und Matznetter haben sogar darauf hingewiesen, dass wir es Ihnen ermöglicht hätten, ein größeres Volumen in die Hand zu nehmen, weil wir tief davon überzeugt sind, dass wir es brauchen werden. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Schramböck.)

Sehr geehrte Damen und Herren, tun Sie nicht immer so, als wären wir per se gegen all das, was Sie vorbringen! Das sind wir nicht, wir sind an ehrlicher Zusammenarbeit interessiert, was aber in den meisten Ausschüssen von Ihnen verhindert wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schellhorn.)


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Deswegen, Frau Ministerin, ist es wichtig, dass wir allgemein diskutieren: Wer trägt in diesem Land die Steuerlast? 80 Prozent der Steuerlast in diesem Land tragen die Erwerbstätigen und die Klein- und Mittelbetriebe! Wir wollen – und ich glaube, das ist legitim –, dass diese 80 Prozent von den Hilfen auch etwas erhalten und dass der Staat diesen 80 Prozent jetzt etwas zurückgibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu möchte ich ein Beispiel bringen, weil es mir der Finanzminister in der Budget­aus­schussbesprechung so beantwortet hat. Ich habe ihn gefragt, ob er einnahmenseitige Maßnahmen geplant hat, und er hat gesagt: Nein. – Und was ist kurz darauf gekom­men? – Sie haben die einnahmenseitigen Maßnahmen bei den Pensionistinnen und Pensionisten mit einer Pensionsraubaktion getätigt. Das ist nicht seriös, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Das stärkt die Kaufkraft in Österreich nicht.

Was ist mit den Pflegerinnen und Pflegern, die es für ein gesundes Wirtschaftssystem auch braucht? Was ist für die Verkäuferinnen und Verkäufer passiert? Was ist für die Postlerinnen und Postler passiert? Wo ist der versprochene Coronabonus? Warum dürfen die Menschen, die den ganzen Tag arbeiten, keine kleine Pause machen? Warum sind die Löhne nicht angehoben worden? Wo bleibt die Solidarabgabe von uns Politikerinnen und Politikern, und wo ist die Kaufkraftstärkung für die Gemeinden?

Auch das wollen wir im Sinne einer guten Wirtschaftsentwicklung für Österreich einfor­dern, sehr verehrte Frau Ministerin! Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, dass wir das auch tun, denn wenn wir über all diese Ausgaben reden, die zu Recht getätigt werden, müssen wir uns auch fragen: Wer wird diese Krise am Ende des Tages bezahlen? (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Sind es die Liftkaiser aus Tirol, ist es Amazon, ist es der Herr Banker? – Ich glaube nicht! Es sind die alltäglichen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger, in Form von Pensionskürzungen (Zwischenruf bei SPÖ und ÖVP), von Kürzungen im Staatshaushalt, und das wollen wir definitiv nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir den Faktor Arbeit entlasten wollen, dann heißt das, dass wir den Faktor Vermögenseinkommen belasten müssen. Deswegen, sehr verehrte Damen und Herren, geschätzte Grüne: Wir sind an eurer Seite! (Abg. Ofenauer: ... SPÖ!) Bitte kämpft weiter für die Vermögensbesteuerung, Werner Kogler hat sie versprochen! Wir werden euch an euren Taten messen, denn das, was zu erwarten ist, ist, dass die ÖVP sich im Sinne der wirklichen Leistungsträger dieses Landes keinen Millimeter bewegen wird. Das wäre aber für eine solidarische und ehrliche Finanzierung dieser Krise gescheit. (Beifall bei der SPÖ.)

20.42


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger ist der nächste Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.42.43

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Lercher, jetzt hören wir gerade von Kollegen Ottenschläger, dass sich das Einkommen eigentlich positiv entwickelt (Abg. Stefan: Eigentlich, aber ...!), und Sie jammern. Viele Menschen in diesem Land sagen mir schon, sie können das Gejammere nicht mehr hören. (Abg. Rauch: Das ist richtig, ja!) Ich glaube, wir haben gerade mit dieser Investitionsprämie, mit der Aufstockung auf 3 Milliarden Euro wirklich sehr viel gemacht, und ich hoffe auch, dass da alle mitstimmen – davon bin ich auch ziemlich überzeugt.

Es sind – das sind die Zahlen von heute – mit 56 500 Anträgen 66 Prozent bereits zu­gesagt. Das beantragte Zuschussvolumen beträgt 2,4 Milliarden Euro, und das löst real


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diese 24 Milliarden Euro aus. Das ist so – Sie wissen, dass 90 Prozent dieser Beträge natürlich die Unternehmerinnen und die Unternehmer zahlen.

Was sehr, sehr gut ist, ist, dass die Investitionen mit dem 7-Prozent-Zuschuss 49 Pro­zent der Anträge ausmachen. Ökologisierung, mit 14 Prozent gefördert, macht 29 Pro­zent der Anträge aus, Digitalisierung, auch mit 14 Prozent gefördert, 22 Prozent der Anträge. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das bedeutet, dass dieses Fördervolumen in Summe 30 Milliarden Euro auslöst. Das stärkt unseren Standort, das sichert die Arbeitsplätze, das sichert unsere Zukunft. 64,5 Prozent der Anträge – und das ist eine erhebliche Summe; Herr Lercher, da könnten Sie jetzt aufpassen! – sind Anträge von Kleinstunternehmen, 9,6 Prozent kom­men von Mittelunternehmen und 7,6 Prozent von Großunternehmen. Und was beson­ders erstaunlich ist: Viele werden jetzt glauben, okay, die 7,6 Prozent von den Groß­unternehmen werden ein so großes Volumen haben, dass wiederum die Kleinen nicht viel davon haben. – Es ist nicht so! 57 Prozent des Fördervolumens kommt Klein- und Kleinstunternehmen zugute. Das ist großartig! Ich finde, das ist eine tolle Leistung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Jetzt möchte ich mich noch bei all jenen bedanken, die ehrenamtlich mithelfen, die österreichische Bevölkerung und die Leute, die hier leben, in diesen Tagen in ganz Österreich zu testen. Ich finde das großartig und ich appelliere auch an alle: Bitte geht testen, das hilft uns, und glaubt nicht jenen, die tagtäglich Verschwörungstheorien produzieren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Leichtfried zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


20.46.18

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Herr Kollege Pöttinger hat Kollegen Ottenschläger dahin gehend zitiert, dass – was manchmal vorkommt – das Einkommen der Menschen in Österreich steigt. Ich berichtige tatsächlich: Es sinkt um 6,8 Prozent – das hat das Wifo vor dem letzten Lockdown festgestellt. – Danke schön. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ. – Abg. Hörl: Herr Leichtfried, freut Sie das?)

20.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Dr.in Petra Oberrauner. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.46.54

Abgeordnete Mag. Dr. Petra Oberrauner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Geschätzte Zuseher zu Hause! Ich möchte den Gedanken von Vizekanzler Kogler aufnehmen, der heute gesagt hat: Wo wir das Geld aufnehmen, ist egal, die einzig relevante Frage ist, wohin das Geld geht. – Genau das sind die Fragen: Wohin geht es, und wie viel geht wohin?

Zahlreiche KMUs und EPUs überleben die Krise nicht, weil sie nicht standhalten können. Das ist oft nicht einmal ein Thema von Förderungen, sondern ein zeitliches Problem: bis das Geld ankommt, Liquidität und so weiter. Die Banken warten leider nicht, und auch wenn der Finanzminister mit jeder Bank konferiert hat, gibt es trotzdem Basel III, das heißt, trotzdem werden diese Regeln eingehalten. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Es gibt auch zahlreiche Firmen – Bäckereien etwa, Fleischereien und Wäschereien –, die zwar vom Lockdown nicht betroffen sind, aber von der Tourismuswirtschaft abhängig sind. Das heißt, sie bekommen, weil sie ja nicht geschlossen haben, keinen Ersatz,


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können aber trotzdem nicht arbeiten, weil ihre Auftraggeber, die Betriebe im Tourismus, nicht existieren. Das gilt übrigens auch für die Taxifahrer, denen man ausrichtet, sie könnten ja fahren. – Ja, mit wem, wenn niemand vor die Türe gehen darf? Ich glaube, die Arbeitnehmer, die jetzt noch Arbeit haben, werden sich kein Taxi leisten.

Ich möchte noch auf den Umsatzersatz zu sprechen kommen. Wenn Sie den Umsatz­ersatz wie eine Betriebsunterbrechungsversicherung geregelt hätten, oder so, wie es das Epidemiegesetz geregelt hätte, nämlich als Schadensersatz, dann hätten wir das Problem mit diesen Ungleichheiten nicht. Jetzt aber fördern wir Luxushotels und das Glücksspiel, wir fördern Möbelhäuser und Baumärkte. Die Zahlen, die von Unternehmen, die das untersuchen, erforscht worden sind, sagen aus, dass man selbst bei 50 Prozent Umsatzersatz noch eine 30-prozentige Gewinnerhöhung hat. (Abg. Obernosterer: Wo hast du denn das gelesen?) Wie soll das in einer Krise funktionieren? Und: Wir haben keinen Return on Investment. Deutschland verzichtet aufgrund der mangelnden Treff­sicherheit ab 1.1. auf diesen Umsatzersatz und kommt wieder zurück auf den Fixkosten­ersatz.

Was braucht es? – Ich würde gerne sagen: Es braucht endlich eine Sonderabgabe und eine Steuer für internationale Onlineriesen, die einen unfairen Wettbewerb über den Preis betreiben und unbesteuert den Betrieben – den Mittel- und Kleinbetrieben – sowie auch den Geschäften einfach das Geld wegnehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Was es noch braucht, ist eine Solidarabgabe in einer bestimmten Höhe von jedem, der ab einer bestimmten Höhe in der Krise einfach mehr als alle anderen hat; und es braucht ein Dividendenverbot. Wenn man öffentliche Mittel in die Hand nimmt und sich dann Dividenden ausschüttet, ist das einfach ethisch nicht tragbar, es ist unmoralisch.

Angesichts all der Zahlen von der OECD, die uns zeigen, wo wir im Vergleich zu Deutschland überall sehr viel schlechter liegen, würde ich mir überlegen, ob ich 200 Millionen Euro brauche, um Marketing für ein Produkt zu machen, das keines ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Obernosterer: ... Luxushotels ... sperren wir zu!)

20.49


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ottenschläger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.50.01

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Ich muss jetzt noch einmal ganz kurz zunächst einmal auf meine Vorrednerin reagieren, weil sie davon gesprochen hat, dass wir Luxushotels und Sonstiges auch fördern. – Ja, das ist richtig. Ich frage Sie auch: Arbeiten dort keine Menschen? Müssen wir nicht auch diese Arbeitsplätze sichern? Und jetzt frage ich Sie noch etwas: Die Stadt Wien geht sogar noch einen Schritt weiter, die beteiligt sich sogar an Luxusrestaurants – hinterfragen wir das dann auch? Also ich würde Sie diesbezüglich wirklich ersuchen: Machen Sie hier keinen Unterschied! Es sind alle Arbeitsplätze, die wir mit solchen Maßnahmen erhalten können, wirklich wichtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Auch auf die Aussagen von Kollegen Leichtfried möchte ich jetzt schon noch eingehen, weil er hier eine tatsächliche Berichtigung gemacht hat und selber einen Wifo-Bericht von vor dem ersten Lockdown, wie er gesagt hat, zitiert hat. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Meine Zahlen, die wir hier haben, sind von jetzt, vom November, und ich möchte schon noch einmal kurz darauf hinweisen, dass die aktuellen Zahlen das ergeben, weil wir Kurzarbeit haben, weil wir eine Pensionserhöhung haben, weil wir eine Steuerreform gemacht haben, bei der wir – das wissen Sie – den Eingangssteuersatz gesenkt haben, damit mehr Kaufkraft bleibt. (Abg. Loacker: ... Förderung!) Das sollten


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Sie dann schon auch dazusagen! (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie Bravoruf des Abg. Haubner.)

20.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Nein, das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen über diese Tagesordnungspunkte an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie und fahre in der Erledigung der Tagesordnung fort.

20.51.5126. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den An­trag 1123/A der Abgeordneten Lukas Hammer, Johannes Schmuckenschlager, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirt­schaftsgesetz 2002 geändert wird (593 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (476 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 und das KWK-Gesetz geändert werden (594 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regie­rungsvorlage (471 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 geändert wird (595 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 26 bis 28 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt MMMag. Dr. Axel Kassegger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.52.35

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt geht es um Energiethe­men, also um Themen des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie. Es geht leider nicht um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz – das hat die Bundesregierung entge­gen vielfachen Ankündigungen in diesem Kalenderjahr nicht zusammengebracht –, son­dern es geht um kleinere Bereiche, die aber auch sehr, sehr wichtig sind, insbesondere aus dem Titel der Versorgungssicherheit.

Es geht um die sogenannte Netzreserve. Was ist das? – Im Wesentlichen braucht man zur Stabilisierung des Netzes Kraftwerke, die sehr schnell Energie liefern und damit verhindern, dass die Spannung im Netz runtergeht und kollabiert und wir einen Blackout haben. Um diesen Themenbereich, der auch sehr, sehr dringlich ist, geht es.

Ich möchte jetzt gar nicht so sehr über die Inhalte reden, nur so viel vorweg: Das ist sicher besser als die alte Gesetzeslage. Es eröffnet mehr, auch kleineren Anbietern die


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Chance, an diesem System teilzunehmen; auch die Industrie wird mit eingebunden, es gibt kürzere Verträge et cetera. Nicht ganz sicher bin ich mir, ob die Bestimmungen über die Schließung und den Schließungszwang, insbesondere für jene Kraftwerke, die dann beim Anbieten nicht zum Zug kommen – die müssen dann aber geschlossen halten –, positive Effekte auf die Versorgungssicherheit haben. Es besteht durchaus das Risiko, dass sich in diesem Ausschreibungsverfahren dann zu wenige melden, dass wir zu viele Kraftwerke schließen und dann Kapazitätsprobleme haben – aber das werden wir uns anschauen.

Mir geht es nicht um das Inhaltliche, sondern vielmehr um das Prozedere, die Art und Weise, wie Sie in den letzten Monaten mit der Opposition in dieser Frage umgegangen sind. Sie haben zunächst einmal den ganzen Prozess aus meiner Sicht viel zu spät begonnen, auch das EAG zu spät begonnen, und haben dann auch entsprechende Diskussionen mit der Europäischen Kommission gehabt – da möchte ich jetzt gar nicht beurteilen, inwieweit das damit zu tun hat, dass Sie hier im Entwurf das KWK-Förder­regime mit der Netzreserve vermischen; der eine oder andere Experte sagt mir, dass das der Fall ist und auch ursächlich für die Probleme mit der Europäischen Kommission, die dann auch ihre eigenen Vorgaben hat, war.

Wir haben dann auch kurz diskutiert, und in den Gesprächen, die in der letzten Woche dann doch stattgefunden haben, ist vorgebracht worden, dass nicht alles, was die Kommission sozusagen von sich gibt oder haben will, im Interesse der österreichischen Energiepolitik unter dem Titel der Versorgungssicherheit liegt, aber das ist halt der Preis der europäischen Lösung, die natürlich auch innerstaatliche Handlungsfreiheiten einschränkt. Das muss man sich auch vor Augen halten.

Das ist ja ein Gesetz, für das es eine Zweidrittelmehrheit braucht, und das ist gut so. Das heißt, Sie brauchen die Opposition für diesen Beschluss – wie gesagt, das Thema ist sehr, sehr dringlich. Ihr Verhalten in den letzten Wochen war jetzt nicht so, dass ich das Gefühl gehabt hätte, dass Sie die Meinung der Opposition groß interessiert – also aus meiner Sicht sind wir in den Prozess überhaupt nicht eingebunden gewesen.

Wir haben dann am 2. Dezember im Wirtschaftsausschuss einen Warnschuss abge­geben, indem wir – mit wir meine ich jetzt die Opposition, also auch die SPÖ und die NEOS – gesagt haben, wir machen da nicht mehr mit, wir stimmen einmal gegen diesen Gesetzentwurf – und siehe da: In der letzten Woche ist unheimlich viel Bewegung ins Thema hineingekommen. Wir sind auch nicht diejenigen, die sich dann einer Diskussion verweigern – ganz im Gegenteil, einige Videokonferenzen haben stattgefunden und es haben auch noch sehr kurzfristig viele Verbesserungen Eingang in das Gesetz gefunden.

Wir werden dem Gesetz zustimmen – das erkennt man vielleicht jetzt schon aus meiner Argumentation –, denn die betroffene Branche ist mit dem Gesetz zufrieden. Das war für mich auch entscheidend. Die betroffene Branche hat uns eindringlich gesagt: Bitte beschließt das Gesetz schnell, weil es systemrelevant und für die Versorgungssicherheit ganz wichtig ist, dass wir hier keine Verzögerung mehr haben! Wir springen da also nicht über den eigenen Schatten, aber wir als Freiheitliche Partei leisten hier auch unseren Beitrag für die Versorgungssicherheit, indem wir diesem Gesetz zustimmen.

Ich habe nur eine Bitte und ein Ersuchen an Sie, Frau Bundesminister, und an die Regierungsparteien. Ich will jetzt überhaupt nicht drohen oder sonst etwas, sondern ich habe eine Bitte und ein Ersuchen: Wenn man das – diese Art der Kommunikation, nämlich in Wahrheit der Nichtkommunikation – beim Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz weiter aufrechterhält oder wenn Sie das weiter aufrechterhalten, dann wird das nicht gut enden. Es wird bei diesem großen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz nicht funktionieren, wenn Sie uns das eine Woche vor der geplanten Beschlussfassung mehr oder weniger hinknallen


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und sagen: Friss oder stirb! – Da werden wir nicht mitspielen! Ich habe aber sozusagen zwischen den Zeilen schon gehört, dass Sie hoffentlich diesen Prozess – Kommunika­tionsprozess und Verhandlungsprozess – im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Ge­setzes ändern und verbessern werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Zweiter Punkt, kleinerer Bereich: Ökostromgesetz, Tagesordnungspunkt 27. Da geht es eigentlich nur um Fristverlängerungen, und das nehmen wir zum Anlass, im Rahmen eines Abänderungsantrages, den ich dann verlesen werde, einen Sachverhalt oder einen Wunsch einzubringen, der uns immer wichtig war. Es geht um die automatische Befreiung von der Verpflichtung, Ökostromförderkosten zu leisten, für diejenigen, die GIS-befreit sind. Wir wissen, ungefähr 330 000 Haushalte sind GIS-befreit. Die GIS-Befreiung ist im Gesetz jetzt schon drinnen, also wenn man GIS-befreit ist, kann man das beantragen. Da dürfte aber offensichtlich einiges nicht funktionieren, denn wir ken­nen die Zahl dieser 330 000 Haushalte – und das sind die Ärmsten der Armen –, denen an sich eine Befreiung zuteilwerden sollte, von diesen haben aber nur ungefähr 130 000 diesen Antrag gestellt.

Das kann man ganz einfach lösen, indem man sagt, das findet automatisch statt, und das ist Gegenstand dieses Abänderungsantrages, weil wir ja wissen, dass ein Drittel des von den Haushalten zu leistenden Strompreises bereits Steuern und Ökostromabgaben sind – neben ungefähr einem Drittel Energiepreis und einem Drittel Netzpreis. Das Ziel der Freiheitlichen Partei ist es also, tatsächlich auch diese 300 000 sehr armen Haus­halte zu entlasten und nicht nur 130 000 davon.

Aus diesem Grunde stellen wir folgenden Abänderungsantrag. Das ist jetzt ein bisschen kompliziert. Warum? – Es ist derselbe Text, aber einmal betrifft es die Ökostrompau­schale und einmal den Ökostromförderbeitrag. Also der Antrag lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage (476 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostrom­gesetz 2012 und das KWK-Gesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschuss­berichts (594 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 werden nach der Z 2a die folgenden Z 2b und 2c eingefügt:

„2b. § 46 Abs. 1 lautet:

„(1) Personen, die gemäß § 3 Fernsprechentgeltzuschussgesetz zum anspruchs-berechtigten Personenkreis gehören, sind, jeweils für ihren Hauptwohnsitz, von der Pflicht zur Entrichtung der Ökostrompauschale automatisch befreit.“

2c. § 49 Abs. 1 lautet:

„(1) Personen, die gemäß § 3 Fernsprechentgeltzuschussgesetz zum anspruchs-berechtigten Personenkreis gehören, sind, jeweils für ihren Hauptwohnsitz, von der Pflicht zur Entrichtung des Ökostromförderbeitrags automatisch befreit.““

*****

Ich ersuche um Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

21.01


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 272

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

zur Regierungsvorlage (476 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostrom­gesetz 2012 und das KWK-Gesetz geändert werden, in der Fassung des Ausschuss­berichts (594 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1.          In Artikel 1 werden nach der Z 2a die folgenden Z 2b und 2c eingefügt:

„2b. § 46 Abs. 1 lautet:

„(1) Personen, die gemäß § 3 Fernsprechentgeltzuschussgesetz zum anspruchs­berech­tigten Personenkreis gehören, sind, jeweils für ihren Hauptwohnsitz, von der Pflicht zur Entrichtung der Ökostrompauschale automatisch befreit.“

2c. § 49 Abs. 1 lautet:

„(1) Personen, die gemäß § 3 Fernsprechentgeltzuschussgesetz zum anspruchs­berech­tigten Personenkreis gehören, sind, jeweils für ihren Hauptwohnsitz, von der Pflicht zur Entrichtung des Ökostromförderbeitrags automatisch befreit.““

Begründung

Die Praxis zeigt, dass das Stellen eines Antrages auf Befreiung von Ökostrom­förder­kosten bei den Begünstigten oft zu Schwierigkeiten und damit zu vom Gesetzgeber wohl nicht beabsichtigten Hürden führt. Durch einen entsprechenden Automatismus bei Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Entrichtung der Ökostrompauschale sowie des Ökostromförderbeitrages könnte hier Abhilfe geschaffen und so für viele Menschen eine wichtige finanzielle Hilfestellung sichergestellt werden.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Tanja Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.


21.01.13

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuschauer zu Hause! Ich darf mich auch zu den zwei Regierungsvorlagen zu Wort melden. Zum Ersten zum Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, kurz ElWOG, geändert wird.

Es geht dabei wohl wirklich um das wichtigste Gesetz des heutigen Tages. Es geht nämlich um die österreichische Netzreserve, unsere Blackoutversicherung für Öster­reich. Wir wollen damit sicherstellen, dass unser heimisches Stromnetz mit dem Trans­port von Energien über unsere Leitungen nicht überfordert wird. Das österreichische Stromnetz ist nämlich auch Teil des europäischen Stromnetzes und seiner Märkte. Durch


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den an sich notwendigen länderübergreifenden Stromtransit kommt es nämlich im österreichischen Stromnetz zunehmend zu Netzengpässen.

Um eben diese Engpässe zu vermeiden, benötigen wir einerseits ein Engpassmanage­ment und andererseits große Reserven. Daher ist es auch notwendig, in diesem Gesetz die Spielregeln für die Ein- und Ausspeisung von Strom festzulegen. Erstens wollen wir regeln, wie viele Reserven wir benötigen, zweitens, wie wir vorgehen, wenn eine Stillle­gung von Anlagen für Stromerzeugung erfolgt, drittens schaffen wir klare Vorgaben, damit eine Stromerzeugungsanlage nicht einfach so vom Netz gehen kann, und es können auch erstmals kleine Anlagen an der Aufbringung von Netzreserven teilnehmen. Weiters kommen wir auch einer europäischen Vorgabe nach: Ausschreibungen trans­parenter und wettbewerbsfähiger zu gestalten. Das ist im Vergleich zur jetzigen Rege­lung eine gute Rechtslage. Unsere Blackoutversicherung für unsere Netzstabilität und Versorgungssicherheit ist damit auch abgeschlossen.

Ich darf mich auch hier bei allen Energiesprechern für die Gespräche bedanken, und, Kollege Kassegger, ich stimme Ihnen auch zu, über die Art der Abwicklung von Prozessen können wir und sollten wir durchaus sprechen. Da bin ich ganz bei Ihnen, dass wir Verbesserungsmöglichkeiten haben, wenn wir gemeinsam an einem Tisch sitzen.

Zum Zweiten, zum Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 und das KWK-Gesetz geändert werden. Dazu hat der Kollege schon ausführlich gesprochen. Es geht darum, dass die Inbetriebnahmefristen von Anlagen verlängert werden sollen. Das Ökostromgesetz schlägt fixe Fristen vor, und es ist das Problem entstanden, dass man bei gewissen Anlagen aufgrund von Corona die Fristen nicht einhalten kann, weil eben Bauteile fehlen, und daher wollen wir die Fristen verlängern.

Im Konkreten verlängern wir die Frist für die Inbetriebnahme von Ökostromanlagen, die mittels Einspeisetarifen oder Investitionszuschuss gefördert werden, um zwölf Monate, und für die KWK-Anlagen, die mittels Investitionszuschuss gefördert werden, wird die Frist um sechs Monate verlängert. Zusätzlich wird die Regelung der Förderanträge für Fotovoltaikanlagen, die ebenfalls ganz wichtig ist und 2020 ausläuft, um ein Jahr verlängert.

Ich ersuche auch im Namen der Antragsteller, die einen wesentlichen Beitrag zur Zukunft der erneuerbaren Energien leisten, um Ihre Zustimmung, damit sie eben nicht unver­schuldet den Förderbeitrag verlieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

21.04


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte, Herr Abgeordneter.


21.04.34

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Zum TOP 26: Im Abfallwirtschaftsgesetz wird eine Frist für eine Covid-19-Begleitmaßnahme verlängert. Das ist sinnvoll und wird auch unsere Zustimmung finden.

Zum TOP 27: Weil sich die Regierung bis jetzt, wie es der Vorredner schon ange­sprochen hat, auf das EAG noch nicht einigen konnte, kommt es nun zu einer neuer­lichen Novellierung des Ökostromgesetzes und des KWK-Gesetzes. Damit soll die Inbetriebnahmefrist verlängert werden, damit die Förderung nicht verfällt. Auch das finden wir sinnvoll. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)


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Wenn das Ökostromgesetz aber schon geändert wird, wäre es aus unserer Sicht auch notwendig, die automatische Befreiung von den Ökostromförderkosten, wie es auch Kollege Kassegger schon angesprochen hat, für einkommensschwache, GIS-befreite Haushalte gesetzlich zu verankern. Davon profitieren rund 200 000 Personen.

Das KWK-Gesetz betreffend schlagen wir eine Verlängerung der Einreichfrist für Förderungen von KWK-Anlagen bis zum 31.12.2020 vor, damit die noch geplanten Projekte heuer noch förderbar wären.

Der diesbezügliche Abänderungsantrag der Abgeordneten Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 und das KWK-Gesetz geändert werden, liegt bereits vor und ich ersuche um Zustimmung.

Zum TOP 28, zum eigentlich großen Brocken, der Netzreserve: Einiges wurde dazu jetzt schon von meinen EnergiesprecherkollegInnen gesagt. Ich möchte hier deutlich sagen, dass die Energiewende – Frau Bundesministerin, ich glaube, da sind wir uns sehr, sehr einig – nur dann gelingen kann, wenn das Ziel gemeinsam verfolgt wird, gemeinsam vom gesamten Nationalrat in einem fairen und auf Augenhöhe geführten Diskurs. Das erste Etappenziel, Strom zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie, wird auch nur dann zu erreichen sein, wenn wir auf dem Weg dahin unsere drei Eckpfeiler berücksichtigen – die Versorgungssicherheit, die Leistbarkeit und die Nachhaltigkeit – und diese auch in den Mittelpunkt stellen.

Wir brauchen eine ökologische Stromversorgung, auf die man sich verlassen kann, zu Kosten, die man sich leisten kann. Auch wir von der Sozialdemokratischen Partei stehen für ein sozial gerechtes und faires, aber auch für ein funktionierendes System. Das ist natürlich ganz, ganz wichtig.

Die Netzreserve, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Gewährleistung einer ausreichend großen Leistungsreserve im Falle von Engpässen, ist entscheidend für die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit, für den Schutz vor einem Blackout. Wer A sagt, zu 100 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie, muss auch B sagen, zu funktionierenden Stromnetzen. Ich glaube, das ist ganz, ganz wichtig. Die Opposition gehört bei so wich­tigen Projekten vorher unbedingt verstärkt eingebunden, bereits im Entstehungs­prozess miteingebunden und ernst genommen – das ist uns ganz, ganz wichtig –, nicht nur dann, wie es Kollege Kassegger schon angesprochen hat, wenn man mit dem Rücken schon zur Wand steht.

Mit dem Abänderungsantrag konnten seit letztem Mittwoch noch einige Klarstellungen gegenüber der Regierungsvorlage erzielt werden. Mit Bedauern nehmen wir aber die Reduzierung der maximalen Vertragslaufzeit auf zwei Jahre zur Kenntnis. Das ist für die Planungssicherheit der Kraftwerke nicht unbedingt hilfreich. Wir werden dem Antrag zustimmen, nicht mit überschwänglicher Begeisterung, sondern weil wir die Versor­gungs­sicherheit nicht an die Wand fahren wollen und auch die E-Branche Planungs­sicherheit haben muss.

Für die Zukunft erwarten wir uns persönlich auf jeden Fall mehr Transparenz seitens des Ministeriums – bitte auch im Hinblick auf die Vorgaben der EU-Kommission. Man sollte wissen, wer der dritte Partner ist, mit dem man auch verhandeln muss. Beim EAG steht uns nun ein weiter Weg bevor, Frau Bundesministerin. Ich hoffe, alle Beteiligten haben aus diesen aktuellen Debatten der letzten Tage wirklich gelernt und nehmen das auch für das große EAG, das bevorsteht, mit.

Parlamentarische Mehrheiten lassen sich nicht diskutieren, sondern erfordern einen Dialog auf Augenhöhe. Für gute Lösungen sind wir zu haben, nicht für das Durchwinken. Bitte nehmen Sie das mit! Wir sind gesprächsbereit, unsere Hände sind ausgestreckt,


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und wir werden heute die Netzreserve auf die Reise schicken. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.09

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Alois Schroll,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über die Regierungs­vorlage (476 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 und das KWK­Gesetz geändert werden (594 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1.          Im Artikel 1 werden nach der Z 2a folgende Z 2b und 2c eingefügt:

„2b. § 46 Abs. 1 lautet:

„(1) Personen, die gemäß § 3 Fernsprechentgeltzuschussgesetz (FeZG), BGBl. I Nr. 142/2000, zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören, sowie Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt mit einer Person, die gemäß § 3 Fernsprech­entgel­tzuschussgesetz zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, leben sind, jeweils für ihren Hauptwohnsitz, von der Pflicht zur Entrichtung der Ökostrompauschale auto­matisch befreit.“

2c. § 49 Abs. 1 lautet:

„(1) Personen, die gemäß § 3 Fernsprechentgeltzuschussgesetz (FeZG), BGBl. I Nr. 142/2000, zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören, sowie Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt mit einer Person, die gemäß § 3 Fernsprech­entgelt­zuschussgesetz zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, leben sind, jeweils für ihren Hauptwohnsitz, von der Pflicht zur Entrichtung des Ökostromförderbeitrags automatisch befreit.““

2.          Artikel 1 Z 4 lautet:

„4. Nach § 57d wird folgender § 57e samt Überschrift eingefügt:

„Inkrafttretensbestimmung der ÖSG 2012-Novelle BGBI. I Nr. XX/2020

§ 57e. (1) (Verfassungsbestimmung) § 1 samt Überschrift tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

(2) Das Inhaltsverzeichnis, § 15 Abs. 7, § 46 Abs. 1, § 49 Abs. 1 und § 56a Abs. 2, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2020, treten mit dem der Kund­machung folgenden Tag in Kraft.““

3.          Im Artikel 2 wird nach der Z 1 folgende Z 1a eingefügt:

„1a. § 7 Abs. 5 letzter Satz lautet:

„Nach dem 31. Dezember 2020 darf eine Förderung neuer KWK-Anlagen nicht mehr beantragt werden.“

4. Im Artikel 2 wird nach der Z 2 folgende Z 2a angefügt:

„2a. (Verfassungsbestimmung) § 13 Abs. 4 letzter Satz lautet:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 276

„§ 7 ist auf Förderungen, die bis zum 31. Dezember 2020 beantragt werden, weiterhin anwendbar.““

5. Artikel 2 Z 3 lautet:

„3. (Verfassungsbestimmung) § 13 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) § 1 samt Überschrift, § 7 Abs. 5 letzter Satz, § 12a Abs. 2 und § 13 Abs. 4 letzter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2020, treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.““

Begründung

Durch die Bezugnahme auf „Personen, die in einem gemeinsamen Haushalt leben“ soll die Hauptursache für die geringe Inanspruchnahme der Möglichkeit zur Befreiung von den Ökostromförderkosten beseitigt werden (2019: rd. 130.000 Ökostromkosten-Be­freite zu 330.000 Anspruchsberechtigten gemäß § 3 Fernsprechentgeltzuschussgesetz - FeZG). Derzeit muss nämlich diejenige Person, die zum anspruchsberechtigen Personenkreis gemäß § 3 FeZG zählt, auch den Vertrag mit dem Stromnetzbetreiber abgeschlossen haben, um auf eine Befreiung von der Entrichtung der Ökostrom­pau­schale und des Ökostromförderbeitrags Anspruch zu haben.

Fehlt diese Personenidentität, weil eine der in einem gemeinsamen Haushalt lebenden Personen, gemäß § 3 FeZG zwar zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, aber eine andere Person im gemeinsamen Haushalt den Vertrag mit dem Netzbetreiber abgeschlossen hat, so besteht kein Anspruch auf Befreiung von den Ökostromförder­kosten.

Diese Wirkung hat der Gesetzgeber nicht intendiert. Mit dem vorliegenden Vorschlag – die Bezugnahme auf den Haushalt – ist eine Personenidentität nicht mehr erforderlich, womit mehr Anspruchsberechtige erreicht werden und die Treffsicherheit erhöht wird. Um den Zugang zusätzlich zu erleichtern, soll bei Vorliegen der Voraussetzungen eine automatische Befreiung von den Ökostromförderkosten erfolgen, die durch einen Datenaustausch zwischen GIS Gebühren Info Service GmbH an die E-Control und die Netzbetreiber sichergestellt wird und die aktive Geltendmachung ersetzt.

Im KWK-Gesetz wird klargestellt, dass jene Förderungen in Form von Investitions­zuschüssen, die bis zum 31.12.2020 beantragt werden, vom Wirkungsbereich des Ge­setzes umfasst sind.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht und in seinen Grundzügen erläutert.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lukas Hammer. – Bitte.


21.09.16

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es schon etwas spät ist: Ich glaube auch, dass das eines der wichtigeren Gesetze ist, die wir heute beschließen. Heute ist, sofern wir das mit Mehrheit beschließen – aber es schaut gut aus –, ein wichtiger und ein guter Tag für die Versorgungssicherheit in Österreich.

Wir beschließen heute eine EU-rechtskonforme Netzreserve. Warum ist das wichtig? – Es wurde schon angesprochen: Vereinfacht gesagt geht es darum, dass unseren Strom­netzen nicht die Luft ausgeht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 277

Netzengpässe entstehen – Sie kennen das –, wenn sehr viel Strom durch Österreich durchgeleitet wird – wir sind sozusagen ein Durchzugsland für Strom – beziehungsweise wenn die Stromproduktion den Verbrauch nicht decken kann. Da sind unsere Netze sehr stark belastet, da braucht es ein Engpassmanagement, und mit dieser Netzreserve stellen wir das sicher.

Wir verpflichten nun die Regelzonenführerin, also die APG, zu einer transparenten Analyse, wie viel Reservekapazitäten im nächsten Jahr vorzuhalten sind. Auf Basis dieser Analyse müssen die Kapazitäten in einem transparenten Prozess ausgeschrieben werden und dann ausreichend Kapazitäten kontrahiert werden.

Neu ist jetzt, dass auch Industrieanlagen – und das finde ich besonders wichtig – an dieser Netzreserve teilhaben können. Das heißt, es geht nicht nur darum, dass kurzfristig zusätzliche Kraftwerkskapazitäten zugeschaltet werden, sondern auch darum, dass der Verbrauch kurzfristig reduziert werden kann.

Ich möchte schon einmal darauf eingehen, in welcher Situation wir waren: Die aktuelle Regelung für die Netzreserve wurde nie bei der EU-Kommission notifiziert. Die EU-Kommission hat auch schon im Jahr 2018 im Prinzip klargestellt, dass es sich um eine nicht genehmigte Beihilfe handelt. Das heißt, wir hatten wirklich Handlungsbedarf. Inhaltliche Kritikpunkte waren zum Beispiel, dass es eben keine transparente Ausschreibung gegeben hat und dass es nur einen eingeschränkten Bieterkreis gab.

Seither, also schon seit 2018, gibt es Gespräche mit der Europäischen Kommission. Diese Gespräche gingen auch jetzt, nachdem die Regierungsvorlage vorgelegt wurde, noch weiter. Deswegen kamen wir auch sozusagen ein bisschen in Stress und in Zeit­knappheit. Es ergab sich Änderungsbedarf, damit das wirklich EU-rechtskonform ist, denn stellen Sie sich das einmal vor: Wenn wir jetzt eine Regelung beschließen, die APG Verträge für die Netzreserve schließt und uns dann die EU-Kommission sagt, dass das EU-rechtswidrig ist, dann müssen wir diese Verträge rückabwickeln! Das wäre eine Katastrophe. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir in diesem engen Korsett, das uns die EU-Kommission vorschreibt, jetzt eine, wie ich glaube, gute Lösung gefunden haben.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein, der, soweit ich weiß, an Sie verteilt wurde:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage 471 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichts betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 ge­ändert wird

*****

Ich erläutere den Abänderungsantrag in den Grundzügen: Der Hauptpunkt ist die Neu­gestaltung des Auktionsdesigns, und zwar beschränken wir uns jetzt auf die Ausschrei­bung von drei verschiedenen Produkten – eines zweijährigen Produktes, eines einjäh­rigen Produktes und eines saisonalen Produktes –, und den Zuschlag bekommt – und das finde ich wichtig, weil das auch eine Kostenfrage ist und auch die Frage betrifft, wer teilnehmen kann – die günstigste Kombination der eingegangenen Angebote.

Es gibt weiters noch Anpassungen bei der Systemanalyse, bei der Transparenz und Ergänzungen in Bezug darauf, welche Kosten bei der Erbringung der Netzreserve ein­gerechnet werden können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 278

Ich glaube, das ist eine sehr gute, kosteneffiziente Lösung für die Netzreserve, die wirklich garantiert, dass unsere Stromnetze auch in Zukunft stabil sind und dass sie den Herausforderungen, die auch die Energiewende mit sich bringt, gerecht werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte schließen mit einem Dank: zuerst einem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klimaschutzministeriums, die in den letzten zwei Jahren, aber noch ver­mehrt und verdichtet in der letzten Woche, auch am Wochenende und am Feiertag, unermüdlich daran gearbeitet haben, dass wir jetzt eine gute und tragfähige Lösung haben.

Mein Dank gilt auch unserem Koalitionspartner, meiner Kollegin in der Funktion als Energiesprecherin Tanja Graf, der Opposition für die konstruktiven Gespräche – auch dir, Alois Schroll, ein herzliches Danke für die Gespräche. Ich glaube, dass die Aus­einandersetzung zwischen uns den vorliegenden Entwurf schon auch ein Stück weit besser gemacht hat und dass auch die Klarstellungen, die es noch gegeben hat, dem Gesetzentwurf gutgetan haben. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage 471 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichts (595 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organi­sationsgesetz 2010 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. (Grundsatzbestimmung) Z 6 lautet:

„6. (Grundsatzbestimmung) Nach § 7 Abs. 1 Z 52 werden folgende Z 52a und Z 52b eingefügt:

„52a. „Netzreserve“ die Vorhaltung von zusätzlicher Erzeugungsleistung oder reduzierter Verbrauchsleistung zur Beseitigung von Engpässen im Übertragungsnetz im Rahmen des Engpassmanagements, welche gesichert innerhalb von 10 Stunden Vorlaufzeit aktivierbar ist;

52b. „Netzreservevertrag“ ein Vertrag, der zwischen dem Regelzonenführer und einem Anbieter abgeschlossen wird und die Erbringung von Netzreserve gemäß Z 52a zum Inhalt hat;““

2. (Grundsatzbestimmung) Nach Z 6 wird folgende Z 6a eingefügt:

„6a. (Grundsatzbestimmung) Nach § 7 Abs. 1 Z 61 wird folgende Z 61a eingefügt:

„61a. „saisonaler Netzreservevertrag“ ein Netzreservevertrag gemäß Z 52b, der für den Zeitraum einer Winter- oder Sommersaison abgeschlossen wird. Als Sommersaison gilt dabei der Zeitraum gemäß Z 66b, die Wintersaison hingegen umfasst den Zeitraum von jeweils 1. Oktober eines Kalenderjahres bis jeweils 30. April des darauffolgenden Kalen­derjahres. In beiden Fällen besteht für Beginn und Ende des Vertrags eine Toleranz­bandbreite von jeweils einem Kalendermonat nach oben sowie nach unten;““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 279

3. (Grundsatzbestimmung) In Z 7 wird in Z 66c der Strichpunkt durch einen Punkt ersetzt und die Wortfolge „Hiermit wird keine Betriebseinstellung der Anlage bewirkt;“ angefügt.

4. Z 10 lautet:

„10. Nach § 23 werden folgende § 23a bis §23d samt Überschriften eingefügt:

„Anzeigepflichten und Systemanalyse

§ 23a. (1) Betreiber von Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mehr als 20 MW sind verpflichtet, jährlich bis 30. September temporäre, temporäre saisonale und endgültige Stilllegungen ihrer Anlage oder von Teilkapazitäten ihrer Anlage für den Zeit­raum ab 1. Oktober des darauffolgenden Kalenderjahres dem Regelzonenführer ver­bindlich anzuzeigen. Die Anzeige hat den Zeitpunkt des Beginns und die voraus­sicht­liche Dauer der Stilllegung und die Vorlaufzeit für eine allfällige Wiederinbetriebnahme verpflichtend zu enthalten. Ebenso ist anzugeben, ob und inwieweit die Stilllegung aus rechtlichen, technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen erfolgt.

(2) Der Regelzonenführer hat bis 31. Dezember jedes Jahres eine Systemanalyse durchzuführen, um festzustellen, welche Leistung für die Netzreserve ab 1. Oktober erforderlich ist. Der Feststellung des Netzreservebedarfs ist ein Betrachtungszeitraum von zwei Jahren zugrunde zu legen. Dabei sind insbesondere

1. Differenzierungen nach geographischen Kriterien hinsichtlich der Wirksamkeit von Engpassmanagementmaßnahmen vorzunehmen;

2. die angezeigten temporären, temporären saisonalen und endgültigen Stilllegungen gemäß Abs. 1 zu berücksichtigen;

3. Einsätze ausländischer Kraftwerke und die resultierenden Handelsflüsse zwischen den Gebotszonen zu berücksichtigen;

4. Ausbauprojekte auf Basis des aktuellen Netzentwicklungsplans einzubeziehen;

5. Besonderheiten aufgrund spezieller Wetter- oder anderer klimatologischer Situa­tionen, Nachfragesituationen, Kraftwerksverfügbarkeiten (zB Revisionen) und ge­plante und nicht geplante Nicht-Verfügbarkeiten von Netzbetriebsmitteln im Netzgebiet des Regelzonenführers oder im benachbarten Ausland einzukalkulieren und

6. Potentiale flexibler Verbrauchsanlagen zu berücksichtigen, die geeignet sind, den Netzreservebedarf zu minimieren.

(3) Die jährliche Systemanalyse hat auf Grundlage einer mit der Regulierungsbehörde abgestimmten Methode und Eingangsdaten zu erfolgen. Die Systemanalyse ist nach Fertigstellung der Regulierungsbehörde und der Bundesministerin für Klimaschutz, Um­welt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vorzulegen. Die Ergebnisse der Analyse sowie die dieser zu Grunde liegenden Annahmen, Parameter, Szenarien und Methoden sind nach abgeschlossener Kontrahierung gemäß § 23b Abs. 6 zu ver­öffentlichen.

Beschaffung der Netzreserve

§ 23b. (1) Der Regelzonenführer hat den festgestellten Netzreservebedarf gemäß § 23a Abs. 2 mittels eines transparenten, nichtdiskriminierenden und marktorientierten Aus­schreibungsverfahrens gemäß den nachstehenden Absätzen zu beschaffen. Teilnah­meberechtigte Anbieter sind


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 280

1. Betreiber von inländischen Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mindestens 1 MW, deren Stilllegung im Falle von Erzeugungsanlagen gemäß § 23a Abs. 1 innerhalb des jeweiligen Ausschreibungszeitraums angezeigt wurde;

2. Entnehmer mit einer Engpassleistung von mindestens 1 MW, die durch Anpassung ihrer Verbrauchsanlagen ihren Verbrauch temporär, zumindest aber für 6 Stunden, reduzieren oder zeitlich verlagern können;

3. Aggregatoren, die mehrere Erzeugungs- oder Verbrauchseinheiten zu einem gesamt­haft abrufbaren Pool mit einer Engpassleistung von mindestens 1 MW zusammenfassen, sowie

4. Betreiber von Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mindestens 1 MW im europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, sofern das betroffene Übertragungsnetz mit einer österreichischen Regelzone unmit­telbar galvanisch verbunden ist und der betroffene Übertragungsnetzbetreiber vom österreichischen Regelzonenführer über einen abzuschließenden Engpassmanage­ment­vertrag zur Erbringung von Engpassmanagement unmittelbar verhalten werden kann. Betreiber von Erzeugungsanlagen mit einer Engpassleistung von mehr als 20 MW sind teilnahmeberechtigt, wenn sie Stilllegungen ihrer Anlagen in vergleichbarer Weise wie § 23a Abs. 1 ihrem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber oder der Regulie­rungsbehörde für den jeweiligen Ausschreibungszeitraum angezeigt haben.

(2) Der Regelzonenführer hat die Anbieter in einem zweistufigen Verfahren aus­zu­wählen. Zu diesem Zweck hat der Regelzonenführer technische Eignungskriterien für die Netzreserve in Abstimmung mit der Regulierungsbehörde bis Ende Februar jedes Jahres festzulegen und in geeigneter Form zur Interessensbekundung aufzurufen. Im Aufruf zur Interessensbekundung hat der Regelzonenführer folgende Informationen bekanntzugeben:

1. den maximalen Netzreservebedarf in MW für das erste Jahr des Betrachtungs­zeit­raums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz;

2. den Zeitraum, in dem ein Netzreservebedarf gemäß § 23a Abs. 2 festgestellt wurde;

3. die Produkte, die auf Basis der angezeigten Stilllegungen gemäß § 23a Abs. 1 sowie der Ergebnisse der Systemanalyse gemäß § 23a Abs. 2 zur Deckung des festgestellten Netzreservebedarfs gemäß den nachstehenden Absätzen zu beschaffen sind.

Als Produkte gemäß Z 3 kommen Netzreserveverträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren, Netzreserveverträge mit einer Laufzeit von einem Jahr sowie saisonale Netz­reserveverträge in Betracht. Bei der Festlegung der Produkte sind laufende Netz­re­serveverträge sowie die Kriterien des Abs. 7 Z 1 bis Z 4 zu berücksichtigen.

(3) Alle Interessenten, die ihr Teilnahmeinteresse binnen vierwöchiger Frist bekundet haben, sind vom Regelzonenführer hinsichtlich ihrer Eignung zur Erbringung von Eng­pass­management und zur Erfüllung der Kriterien gemäß Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Satz sowie Abs. 4 zu prüfen. In der zweiten Verfahrensstufe sind die Betreiber der als geeignet eingestuften Anlagen zur Angebotslegung binnen vierwöchiger Frist aufzu­fordern. Betreiber der als nicht geeignet eingestuften Anlagen sind zu informieren. Be­treiber von Erzeugungsanlagen gemäß § 23a Abs. 1, die ein Angebot für einen zweijäh­rigen Netzreservevertrag legen möchten, sind verpflichtet, auch ein Angebot für einen einjährigen Netzreservevertrag zu legen.

(4) Erzeugungsanlagen dürfen nur dann als geeignet eingestuft werden, wenn ihre Emissionen nicht mehr als 550 g CO2 je kWh Elektrizität betragen und keine radioaktiven Abfälle entstehen. Außerdem darf eine Vergütung für die Erbringung von Netzreserve nicht an Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen


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zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten, ABl. Nr. C 249 vom 31.07.2014 S. 1, gewährt werden.

(5) Die eingelangten Angebote werden auf Basis eines Referenzwertes überprüft, welcher sich durch den mengengewichteten Durchschnitt aller Angebote errechnet. Die teuersten 10 % der angebotenen Leistung werden nicht in der Durchschnittsbildung berücksichtigt. Sollte ein Angebot diesen Referenzwert signifikant überschreiten, hat der Regelzonenführer diese Überschreitung der Regulierungsbehörde zu melden. Die Beurteilung der Signifikanz wird auf Basis der gebotenen Preise pro MW und pro Monat vom Regelzonenführer unter Berücksichtigung des Berichtes gemäß Abs. 10 vorge­nommen und in der zweiten Verfahrensstufe gemäß Abs. 3 bekanntgegeben. Kann der für das erste Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz fest­gestellte Netzreservebedarf mit den, den Referenzwert nicht signifikant überschrei­tenden Angeboten, nicht gedeckt werden, hat der Regelzonenführer alle Anbieter zur neuerlichen Abgabe von Angeboten innerhalb von 10 Tagen aufzufordern. Dabei müssen die Gebotspreise unter jenem des erstmalig abgegebenen Gebotspreises liegen. Falls neuerlich eine signifikante Überschreitung des Referenzwertes vorliegt, werden die betreffenden Angebote vom Verfahren nach dieser Bestimmung ausgeschlossen.

(6) Auf Grundlage der geprüften und nicht ausgeschlossenen Angebote hat der Regel­zonenführer jene Angebote auszuwählen, die es ermöglichen, den Netzreservebedarf im ersten Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz zu den geringsten Kosten zu decken. Die Auswahl ist der Regulierungsbehörde zur Geneh­migung vorzulegen. Die Regulierungsbehörde hat die Auswahl anhand der in Abs. 1 erster Satz genannten Grundsätze zu prüfen und innerhalb von acht Wochen mit Bescheid an den Regelzonenführer zu genehmigen, wobei die Genehmigung unter Vor­schreibung von Auflagen, Bedingungen und Befristungen erfolgen kann. Die Genehmi­gung gilt als erteilt, wenn die Regulierungsbehörde die Frist ungenützt verstreichen lässt. Einer Beschwerde gegen den Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(7) Nach erfolgter Genehmigung hat der Regelzonenführer mit den ausgewählten Anbietern Netzreserveverträge nach Maßgabe folgender Kriterien abzuschließen:

1. Verträge mit Betreibern von Erzeugungsanlagen gemäß Abs. 1 Z 1 und Z 4 dürfen längstens für die Dauer des gemäß § 23a Abs. 1 angekündigten Stilllegungszeitraums abgeschlossen werden.

2. Zweijährige Netzreserveverträge dürfen nur abgeschlossen werden, wenn für den gesamten Vertragszeitraum ein kontinuierlicher Netzreservebedarf gemäß § 23a Abs. 2 festgestellt wurde.

3. Für jene Zeiträume, in denen zweijährige Netzreserveverträge bestehen, dürfen keine weiteren zweijährigen Netzreserveverträge abgeschlossen werden.

4. Saisonale Netzreserveverträge dürfen nur für die Dauer einer einzelnen Winter- oder Sommersaison abgeschlossen werden.

Es besteht kein Rechtsanspruch auf Abschluss eines Netzreservevertrags. Im Netz­reservevertrag ist jedenfalls eine Rückforderungsklausel zugunsten des Regelzonen­führers aufzunehmen. Mit erfolgter Kontrahierung haben Betreiber von Erzeugungs­anlagen gemäß Abs. 1 Z 1 und Z 4 diese mit Ausnahme von Revisionszeiträumen aus­schließlich für das Engpassmanagement zur Verfügung zu stellen; die Marktteilnahme ist für die Dauer des Netzreservevertrags unzulässig. Betreibern von Verbrauchsanlagen ist eine Marktteilnahme zur Deckung ihres Verbrauchs erlaubt; die kontrahierte Leistung zur Verbrauchsanpassung ist für die Dauer des Netzreservevertrags jedoch ausschließ­lich für das Engpassmanagement zur Verfügung zu stellen.


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(8) Kann der für das erste Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz festgestellte Netzreservebedarf aufgrund der gelegten und nicht ausgeschiedenen Angebote nicht gedeckt werden oder wurden weniger als drei Gebote von unterschied­lichen Unternehmen gelegt, so sind die noch nicht ausgewählten Betreiber geeigneter Erzeugungsanlagen durch die Regulierungsbehörde zur Bekanntgabe ihrer Aufwen­dungen und Kosten gemäß § 23c Abs. 3 binnen angemessener, drei Wochen nicht überschreitender, Frist aufzufordern. Die Regulierungsbehörde hat diese Kosten nach Maßgabe des § 23c Abs. 3 und 4 zu prüfen und die Anlagen nach den erfolgten Kosten­angaben zu reihen. Für diese Zwecke ist vom Betreiber unter sinngemäßer Anwendung des § 8 ein getrennter Rechnungskreis zu führen. Die Regulierungsbehörde hat darin volle Einsichts- und Auskunftsrechte. Der Regelzonenführer hat sodann den ausste­henden Bedarf durch Abschluss von Netzreserveverträgen zu den geringsten Kosten zu decken. Dabei gilt Abs. 7 mit der Maßgabe, dass keine zweijährigen Netzreserveverträge abgeschlossen werden dürfen.

(9) Wird der Betreiber einer Erzeugungsanlage gemäß Abs. 1 Z 1 nicht ausgewählt, hat dieser die Anlage für den gemäß § 23a Abs. 1 angekündigten Stilllegungszeitraum außer Betrieb zu nehmen, es sei denn § 23c Abs. 1 oder § 23d Abs. 3 sind anwendbar.

(10) Zumindest alle zwei Jahre hat die Regulierungsbehörde einen Bericht über die Situation am österreichischen Strommarkt in Bezug auf die Erbringung einer Netzreserve­leistung zu erstellen und zu veröffentlichen. Dabei hat diese die Wettbewerbsintensität am relevanten Strommarkt anhand von Preisvergleichen, des Produktangebots und seiner Nutzung, der Marktkonzentration (Angebot und Nachfrage) unter Berücksich­tigung der Verfügbarkeit alternativer Lieferquellen sowie der Verfügbarkeit von Erzeu­gungsanlagen in Verhältnis zur Nachfrage zu beurteilen, die Signifikanz gemäß Abs. 5 zu analysieren und diesbezüglich gegebenenfalls eine Empfehlung auszusprechen. Der Bericht hat überdies die Berichte der Netzbetreiber gemäß Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EU) 2019/943 zu berücksichtigen. Die Ergebnisse des Berichts sind bei der Ausge­staltung der technischen Eignungskriterien und der Ausschreibung gemäß Abs. 2 bis 5 sowie der Vertragsgestaltung gemäß Abs. 6 bis 8 zu berücksichtigen.

Stilllegungsverbot

§ 23c. (1) Zeigt sich, dass der für das erste Jahr des Betrachtungszeitraums gemäß § 23a Abs. 2 zweiter Satz festgestellte Netzreservebedarf unter Berücksichtigung aller gemäß § 23b Abs. 3 erfolgten Interessensbekundungen oder erstmalig gelegten Ange­bote nicht gedeckt werden kann, oder kann trotz Vertragsabschluss gemäß § 23b Abs. 7 und 8 der festgestellte Netzreservebedarf nicht gedeckt werden, kann die Regulie­rungsbehörde auf begründeten Vorschlag des Regelzonenführers Betreiber von Erzeu­gungsanlagen, die gemäß § 23a Abs. 1 ihre Stilllegung angezeigt haben, mit Bescheid dazu verpflichten, ihre Anlagen für die Dauer von einem Jahr, höchstens jedoch für die Dauer des gemäß § 23a Abs. 1 angekündigten Stilllegungszeitraums, ausschließlich für Zwecke des Engpassmanagements in Betrieb zu halten. Die Marktteilnahme ist in diesem Zeitraum unzulässig. Die Auswahl der Erzeugungsanlagen hat nach ihrer wirtschaftlichen und technischen Eignung unter Anwendung des § 23b Abs. 8 zu erfolgen. Einer Beschwerde gegen ein von der Regulierungsbehörde ausgesprochenes Stilllegungsverbot kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(2) Der Regelzonenführer hat mit den gemäß Abs. 1 verpflichteten Betreibern Verträge unter Anwendung des § 23b Abs. 4 und 8 abzuschließen.

(3) Den Betreibern sind die mit der Erbringung der Netzreserve verbundenen wirt­schaftlichen Nachteile und Kosten im Vergleich zu den mit der Stilllegung verbundenen Kosten jährlich abzugelten. Abzugelten sind nur folgende Positionen:


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1. operative Aufwendungen und Kosten, die für die Vorhaltung von betriebsbereiten Kraftwerken erforderlich sind, wobei jene Aufwendungen und Kosten, die im Stillstands- bzw. Stilllegungsszenario anfallen würden, abzuziehen sind. Folgende Bestandteile mit Fixkostencharakter sind jedenfalls davon umfasst:

a) Materialkosten,

b) Personalkosten und

c) Instandhaltungskosten, die im direkten Zusammenhang mit der Leistungserbringung stehen;

2. allfällige operative Aufwendungen und Kosten, die zur Wiederherstellung der Betriebs­bereitschaft aus dem Zustand der Stilllegung oder einer Konservierung des Kraftwerks notwendig sind;

3. nachweislich notwendige Neu- oder Erhaltungsinvestitionen zur Erbringung der Leis­tungsvorhaltung sowie Gewährleistung der Betriebsbereitschaft für den Zeitraum des Stilllegungsverbotes. Diese sind nur anteilig für den Zeitraum des Stilllegungsverbotes zu berücksichtigen und angemessen zu verzinsen;

4. ein allfälliger Wertverbrauch aufgrund der Alterung und Abnutzung des Kraftwerks im Zeitraum des Stilllegungsverbotes, auf Grundlage der nachweisbaren Buchwerte zum Stichtag des 31. Dezember des Vorjahres.

(4) Nicht anerkennungsfähig sind folgende Kostenbestandteile:

1. Aufwendungen und Kosten, die im Rahmen eines Vertrags gemäß § 23 Abs. 2 Z 5 zweiter Satz abgegolten werden;

2. Finanzierungs- bzw. Kapitalkosten;

3. allfällige Erlöse aus Zinsgewinnen, die dem Betreiber aus der Veräußerung von Betriebsmitteln des Kraftwerks im Fall einer endgültigen Stilllegung entgangen wären;

4. Opportunitätskosten jeglicher Art;

5. Betriebs- und periodenfremde sowie außerordentliche Aufwendungen;

6. Aufwendungen und Kosten, welche vom Kraftwerksbetreiber schuldhaft verursacht wurden;

7. etwaige Buchwertveränderungen, die auf vergangene Kompensationen von Leis­tungsvorhaltungen zurückzuführen sind.

(5) Für den Zeitraum des Stilllegungsverbots ist vom Erzeuger unter sinngemäßer Anwendung des § 8 ein getrennter Rechnungskreis zu führen. Die Regulierungsbehörde sowie der Regelzonenführer haben darin volle Einsichts- und Auskunftsrechte. Sämt­liche abzugeltende Investitionen, insbesondere jene gemäß Abs. 3 Z 3, sind vom Erzeuger mit dem Regelzonenführer abzustimmen.

(6) Die Kosten sind über das durch Verordnung gemäß den §§ 49 und 51 zu bestim­mende Entgelt aufzubringen.

Änderungen

§ 23d. (1) Auf Ersuchen eines gemäß § 23b Abs. 7 oder 8 ausgewählten Betreibers einer Erzeugungsanlage kann der Regelzonenführer die Dauer des Vertrags einmalig ver­kürzen, soweit durch den Betreiber sichergestellt wird, dass die Anlage für das Engpass­management unter den gleichen Verfügbarkeitsbedingungen bis zum Ablauf der ur­sprünglichen Laufzeit zur Verfügung steht. Die Verkürzung ist der Regulierungsbehörde


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anzuzeigen. In diesem Fall sind dem Regelzonenführer alle für die Netzreserve bezo­genen Entgelte rückzuerstatten, mit Ausnahme der von der Regulierungsbehörde fest­gestellten angemessenen Kosten.

(2) Auf Antrag eines gemäß § 23c Abs. 1 verpflichteten Betreibers kann die Dauer des Stilllegungsverbots einmalig verkürzt werden, soweit durch den Betreiber sichergestellt wird, dass die Anlage für das Engpassmanagement unter den gleichen Verfügbarkeits­bedingungen bis zum Ablauf der ursprünglichen Laufzeit zur Verfügung steht. Die Genehmigung erfolgt, erforderlichenfalls unter Festsetzung von Bedingungen, Auflagen und Befristungen, durch Bescheid der Regulierungsbehörde. Dem Regelzonenführer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Im Falle einer Genehmigung ist der Vertrag gemäß § 23c Abs. 2 entsprechend anzupassen. In diesem Fall sind dem Regel­zonenführer alle für die Netzreserve bezogenen Entgelte rückzuerstatten, mit Ausnahme der von der Regulierungsbehörde festgestellten angemessenen Kosten.

(3) Auf Antrag eines gemäß § 23b Abs. 9 zur Stilllegung seiner Anlage verpflichteten Betreibers kann von der Stilllegung Abstand genommen oder die Dauer der vorüber­gehenden Stilllegung verkürzt werden, sofern dies von der Regulierungsbehörde durch Bescheid genehmigt wird. Die Genehmigung erfolgt, erforderlichenfalls unter Festset­zung von Bedingungen, Auflagen und Befristungen, durch Bescheid der Regulierungs­behörde und ist nur dann zu erteilen, wenn sich die für die Stilllegung ursprünglich maßgeblichen Gründe und Umstände wesentlich geändert haben. Die Umstandsän­derung und deren Wesentlichkeit sind durch den jeweiligen Betreiber darzulegen, wobei dieser sämtliche für die Beurteilung erforderlichen Unterlagen der Regulierungsbehörde vorzulegen hat. Dem Regelzonenführer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu.““

5. In Z 20 wird in Z 6c der Ausdruck „Abs. 6 und 8“ durch den Ausdruck „Abs. 7 und 9“ ersetzt.

6. In Z 20 wird in Z 6e der Ausdruck „Abs. 7“ durch den Ausdruck „Abs. 8“ ersetzt.

7. Z 21 lautet:

„21. Dem § 111 werden folgende Abs. 4 bis Abs. 6 angefügt:

„(4) Stilllegungen von Erzeugungsanlagen oder von Teilkapazitäten von Anlagen gemäß § 23a Abs. 1 für den Zeitraum ab 1. Oktober 2021 sind dem Regelzonenführer erstmals bis 31. Jänner 2021 verbindlich anzuzeigen. Die Systemanalyse gemäß § 23a Abs. 2 ist erstmals bis 28. Februar 2021 fertigzustellen.

(5) Das Ausschreibungsverfahren zur Beschaffung der Netzreserve gemäß § 23b ist erstmals 2021 durchzuführen. Dabei gilt Folgendes:

1. die technischen Eignungskriterien für die Netzreserve sind in der ersten Aus­schreibung, abweichend von § 23b Abs. 2, bis 31. März 2021 festzulegen;

2. in der ersten Ausschreibung ist eine Überschreitung des Referenzwertes um 100 % signifikant im Sinne von § 23b Abs. 5.

(6) Der Bericht über die Situation am österreichischen Strommarkt in Bezug auf die Erbringung einer Netzreserveleistung gemäß § 23b Abs. 10 ist von der Regulierungs­behörde erstmals bis 31. Dezember 2021 zu erstellen.““

Begründung

Allgemeines zu den Änderungen:

Die Einführung einer Netzreserve stellt eine staatliche Beihilfe iSd Art. 107 Abs. 1 AEUV dar, weswegen die hierfür notwendige Novellierung des ElWOG 2010 der Prüfung und


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Genehmigung durch die Europäische Kommission unterliegt. Die vorliegenden Ände­rungen sind allesamt auf beihilferechtliche Vorgaben bzw. Kritikpunkte der Europäischen Kommission zum ursprünglichen Gesetzesantrag im Rahmen des hierzu anhängigen Beihilfeverfahrens zur Zahl SA.52263(2020/N) zurückzuführen.

Zu § 7 Abs. 1 Z 52b und Z 61a:

Angesichts der Änderungen in den §§ 23a ff sowie der nunmehr in § 23b Abs. 2 ent­haltenen Produktdefinitionen war es notwendig, den saisonalen Netzreservevertrag zu definieren. Im Zusammenhang mit § 23b Abs. 7 Z 4 ist klargestellt, dass der saisonale Netzreservevertrag nur eine einzelne (dh. die nächstfolgende) Winter- oder Sommer­saison umfassen darf. Für die Festlegung der Vertragslaufzeit besteht eine gewisse Flexibilität; daher ist bei Vertragsbeginn und Vertragsende eine einmonatige Abweichung von dem in § 7 Abs. 1 Z 61a und Z 66b festgelegten Saisonbeginn bzw. Saisonende (sowohl nach oben als auch nach unten hin) möglich. Unter Monat im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 61a ist – wie auch im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 66b – stets ein Kalendermonat zu verstehen.

Zu § 7 Abs. 1 Z 66c:

Unter dem Begriff der temporären Stilllegung ist ein elektrizitätsrechtlich spezifischer Zustand zu verstehen, der ausschließlich im Zusammenhang mit der (technischen) Ver­fügbarkeit für das Engpassmanagement Rechtsfolgen nach sich zieht. Maßgeblich ist, dass eine Erzeugungsanlage aufgrund vorläufiger Maßnahmen nicht innerhalb der für den Übertragungsnetzbetreiber notwendigen Zeit zur Behebung von Engpässen zur Verfügung steht. Mit anderen Worten ist die Erzeugungsanlage nicht in der Lage, in der technisch hierfür notwendigen Zeitspanne eine geforderte Anpassung ihrer Einspeisung (sog. Redispatch) umzusetzen, um einen Netzengpass zu beheben. Es handelt sich hierbei lediglich um einen vorläufigen Zustand, der mit einer zu langen Vorlaufzeit für das Redispatch einhergeht; hiermit wird jedoch keine Betriebseinstellung der Anlage (etwa im Sinne des § 27 Abs. 3 WRG 1959 oder ähnlicher anlagenrechtlicher Bestim­mungen) bewirkt.

Zu § 23a Abs. 2 sowie § 23b Abs. 2 und Abs. 7:

Die Systemanalyse hat hinsichtlich des Netzreservebedarfs einen zweijährigen Betrach­tungszeitraum zugrunde zu legen. Dies korrespondiert mit der höchstmöglichen Ver­tragsdauer gemäß § 23b Abs. 2 letzter Satz.

Die Produkte gemäß § 23b Abs. 2 Z 3 sind auf Basis der Ergebnisse der Systemanalyse sowie der eingelangten Stilllegungsanzeigen gemäß § 23a Abs. 1 zu definieren und im Aufruf zur Interessensbekundung zu veröffentlichen; bei der Festlegung bzw. Veröffent­lichung der auszuschreibenden Produkte hat der Regelzonenführer zunächst von allen im Gesetz genannten Möglichkeiten auszugehen und anschließend zu überprüfen, ob sich ein entsprechender Bedarf auch aus der Systemanalyse sowie den angezeigten Stilllegungen ergibt. Weiters sind dabei die Kriterien des § 23b Abs. 7 Z 1 bis 4 zu berücksichtigen: Zweijährige Netzreserveverträge dürfen daher nur ausgeschrieben werden, wenn auf Basis der Systemanalyse ein kontinuierlicher Netzreservebedarf für den gesamten Vertragszeitraum festgestellt wurde (§ 23b Abs. 7 Z 2). Weiters dürfen zweijährige Verträge nicht für Zeiträume abgeschlossen werden, in denen frühere zwei­jährige Verträge aus allfälligen vorherigen Ausschreibungsverfahren weiterhin aufrecht sind (§ 23b Abs. 7 Z 3). Hiermit sollen überlappende mehrjährige Netzreserveverträge verhindert werden.

Zu § 23b Abs. 5:

Zielsetzung der Referenzwertberechnung ist es, extrem hochpreisige Angebote, die allenfalls zuzuschlagen sind, aus dem Bieterkreis auszuschließen. Zu diesem Zweck


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wird ein Referenzpreis gebildet, der um einen bestimmten Prozentsatz überschritten werden darf, ohne ausgeschlossen zu werden. Dieser Referenzwert muss so gebildet werden, dass alle Angebote mit diesem verglichen werden können. Da Angebote zu ver­schiedenen Leistungen und Vertragslaufzeiten angeboten werden können (s. § 23b Abs. 2 letzter Satz), ist eine Standardisierung notwendig. Dazu wird der angebotene Preis pro MW und pro Monat herangezogen. Hinsichtlich der Zeitdauer ist anzumerken, dass hier die tatsächliche Verfügbarkeitsdauer während der Vertragslaufzeit heranzuziehen ist, die Vertragslaufzeit wird daher um allfällige geplante Wartungszeiten und allfällige wei­tere (zB gesetzliche) Einschränkungen reduziert. In die Durchschnittsbildung nach dieser Bestimmung sind die Angebote zu allen ausgeschriebenen Produkten, abzüglich der teuersten 10 % der insgesamt angebotenen Leistung, einzubeziehen.

Zu § 23b Abs. 6:

Für die Frage der geringsten Kosten als Kriterium für die Zuschlagserteilung kommt es auf die Gesamtkosten an, sodass auch die Gesamteffizienz der Anlage zur Behebung eines bestimmten Engpasses (auch im Hinblick auf Standort und Wirksamkeit) relevant sein kann.

Zu § 111 Abs. 5:

Der in § 111 Abs. 5 Z 2 genannte Wert sowie die in der ersten Ausschreibung ge­wonnenen Erfahrungswerte und Ergebnisse sind in den kommenden Ausschreibungs­jahren bei der Festlegung der Signifikanzschwelle zu berücksichtigen.

Zu den sonstigen Änderungen:

Die sonstigen Änderungen betreffen redaktionelle Anpassungen.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend - - – sind das fünf? (die Anzahl der Unterschriften auf dem Antrag prüfend) –, ausreichend unterstützt (Heiterkeit) – nachgezählt!; ich verlasse mich darauf nicht mehr – und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gewessler. – Bitte.


21.15.22

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit habe ich mir heute vorge­nommen, nur kurz das zu ergänzen, was noch nicht gesagt ist.

Ich möchte anfangs trotzdem noch einmal darauf hinweisen, dass dieses Gesetz ein wesentlicher Baustein für die Versorgungssicherheit im Energiesystem in Österreich ist und dass es gut ist, dass wir es jetzt auf den Weg bringen.

Es ist vor allem deswegen gut, dass wir es jetzt auf den Weg bringen, weil wir mit der Lösung, die seit 2018 in Österreich praktiziert wurde, bei der Europäischen Kommission, der Hüterin der Verträge, als Land Österreich auch einigermaßen Unmut produziert haben. Das war eine nicht notifizierte Lösung. Wir haben jetzt – und deswegen wirklich ein Danke für diesen gemeinsamen Kraftakt, den wir da in der letzten Woche hingelegt haben – alle Vorbehalte der Kommission so weit ausgeräumt, alle Fragen gut beant­wortet, gute Lösungen finden können, die uns hoffentlich jetzt im Endeffekt auch Ver­tragsverletzungsverfahren ersparen. Deswegen herzlichen Dank für die Mitarbeit, für die


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intensive Mitarbeit in der letzten Woche ganz besonders, aber auch in den Wochen davor, sodass wir dieses Gesetz heute auf die Reise bringen können!

Drei Punkte, die ich hervorstreichen möchte: Wir sorgen damit für mehr Transparenz, nicht nur mehr Transparenz in der Ausschreibung, sondern auch Transparenz des Be­darfs an Engpassmanagement. Wir schaffen Verbesserungen, indem wir den Bieterkreis erweitern, indem wir kleinere Anlagen einbeziehen können, indem wir die Industrie mit zum Beispiel Flexibilität in der Produktion einbeziehen können. Damit schaffen wir auch erstmals das Potenzial, dass die Netzreserve erneuerbarer wird – das ist ein wichtiger Schritt. Somit schaffen wir hiermit eine Regelung, die insgesamt dazu beiträgt, dass wir bei potenziell systemkritischen Engpasssituationen in Zukunft kostengünstiger, effizien­ter, auch erneuerbarer agieren können. Deswegen bedanke ich mich und hoffe auf breite Unterstützung auch für diesen wichtigen Baustein für die Zukunft unseres Energies­ystems in Österreich.

Bei den anderen zwei Tagesordnungspunkten handelt es sich vor allem um Covid-be­dingte Fristerstreckungen, die dieser Ausnahmesituation, in der wir uns befinden, gerecht werden, sowohl im Erneuerbare-Energie-System als auch im Abfallwirtschaftsgesetz. Ich hoffe, dass wir auch da eine breite Unterstützung schaffen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Stark. – Bitte.


21.18.02

Abgeordneter Christoph Stark (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Liebe Kollegin­nen! Liebe Kollegen! Hohes Haus! Auch ich darf mich zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz zu Wort melden. Hinter diesem sperrigen Titel steckt schlichtweg der Bedarf, die essenzielle Grundinfrastruktur unseres Landes, nämlich die Stromnetze, tüchtig zu halten, denn Strom, wie wir wissen, bewegt, heizt, kühlt, bringt Bit und Byte und hat einfach eine enorme Bedeutung in unserer Gesellschaft. Er bewegt die Wirtschaft, die Gesundheitssysteme, die digitale Welt, die Steuerungssysteme unseres Landes, die Gesellschaft. Alles hängt vom Strom ab.

In Österreich – meine Damen und Herren, das sollte man wissen – liegt die Zeit der Nichtverfügbarkeit von Strom im Schnitt bei 50 Minuten pro Jahr. Wir liegen damit in einem weltweiten Ranking auf Platz sieben – weltweit gesehen! –, also einem top Platz, den es aber natürlich auch zu halten gilt. Genau in diese Kerbe schlägt nun diese Gesetzesnovelle, die die Stromsicherheit, die Versorgungssicherheit auch gewährleisten soll.

Geschätzte Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin! Im Hinblick auf diesen Bedarf zählt aber nicht nur das Gesetz, denn – das darf ich auch noch unterstreichen und in diesem Zusammenhang auch an Sie, Frau Ministerin, appellieren und das auch in Richtung Sozialdemokratie sagen – es geht nicht nur um den billigen Strom, sondern um den Strom, der dann bei den Haushalten ankommt.

Dazu gehört, dass wir unsere Stromnetze auch in den nächsten Jahren, wenn es um ganz, ganz viel erneuerbare Energie geht, weiter ausbauen und auch die notwendigen Mittel dafür allen Netzbetreibern zur Verfügung stellen, damit wir uns in Österreich auch auf diese ganz essenzielle und sensible Grundinfrastruktur verlassen können.

Liebe Frau Ministerin, das ist ein super Schritt. Ich denke, dass wir damit gut voran­kommen, um diesen Platz sieben im weltweiten Ranking zu halten oder uns sogar zu verbessern.


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Auf jeden Fall freut es mich, dass dieser Punkt eine Konsensmaterie ist, und ich freue mich in diesem Sinne auch über die einstimmige Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli. – Bitte.


21.20.37

Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wir beschließen heute diese befristete Erleichterung für die Zwischenlagerung von Abfällen im Rahmen von Covid-19. Warum machen wir das? – Es kam in diesem Jahr zu Engpässen, und es gab auch Ausfälle, zum Beispiel sind ganze Schichtteams ausgefallen. Es geht da zum Beispiel um Elektrogeräte, die man einfach länger lagern kann und erst danach zerlegt, und insofern ist es eine simple Notwendigkeit, das zu machen.

Mich hat jetzt gerade eine Kollegin gefragt, warum ich zum AWG rede, also warum ich eigentlich schon wieder zu Abfall rede. Was taugt dir an dem Müll so?, hat sie gefragt. Ich habe gesagt, ich halte das für eine unglaublich tolle, spannende Materie, ich finde, Müll ist etwas ganz, ganz Wunderbares, weil uns das Thema alle betrifft und wir eigentlich viel zu wenig von Müll reden. Deswegen rede ich auch heute wieder zu Müll. Es ist simpel und komplex gleichzeitig. Es ist dieses ganze Kreislaufwirtschaftssystem sehr, sehr komplex, und auf der anderen Seite eigentlich unglaublich einfach.

Der Großteil der Unternehmen in Österreich in diesem Bereich ist unglaublich innovativ – ich habe mir einige angeschaut –, es sind wirklich Zukunftsunternehmen, die eine Vision haben, Umweltunternehmen, und die brauchen jetzt Planungssicherheit. Momentan wird teilweise auf Uraltanlagen weiter sortiert, getrennt, und die wissen nicht, was sie jetzt im Moment tun sollen, denn sie hängen in der Luft: Kommt das Pfand, kommt das Pfand nicht, was sollen sie jetzt eigentlich machen?

Derzeit gehen 25 000 Tonnen aus dem System mit den gelben Säcken ins Ausland – nach Deutschland, nach Ungarn, nach Tschechien –, und es schreit eigentlich niemand. Ich habe mir gedacht, das gibt es ja eigentlich gar nicht, und habe das ein bisschen recherchiert.

Was es jetzt braucht, ist eine klare Entscheidung, damit Investitionen getätigt werden können. Es geht um Investitionen in Höhe von 150 Millionen bis 200 Millionen Euro. Die investieren das selbst, das ist aber zugleich jene Summe, die wir jedes Jahr an Straf­zahlungen hätten. Das wäre jetzt eine einmalige Investition in Hightechsortieranlagen mit Metallabscheider. Deswegen habe ich auch etwas mitgebracht (eine Rolle gelbe Müllsäcke, die mit einem türkisen Geschenkband und kleinen grünen Christbaumkugeln verziert ist, in die Höhe haltend), denn ich glaube, es gibt heute die technischen Möglich­keiten – das war früher anders –; wir könnten alles gemeinsam trennen. Wir brauchen ein einheitliches gelbes System. Computergesteuerte Sensoren sortieren schon alles selbstständig aus, das heißt, die verschiedensten Leichtverpackungen – PET, Dosen und so weiter – werden sortiert.

Dieses Konzept wäre geeignet, um die Gesamtplastikquote, aber auch die Metalldosen­quote zu erhöhen. Es braucht jetzt hier eine klare Entscheidung. Ich glaube, weder das Umweltministerium noch unser Haus möchte daran schuld sein und dafür verantwortlich gemacht werden, wenn wir das nicht möglichst schnell schaffen.

Deshalb plädiere ich wieder einmal für ein einheitliches gelbes System in ganz Österreich. Ich glaube auch, man kann es den Menschen erklären. Die Zeit ist reif dafür.


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Danke möchte ich unserem Präsidenten und dem Team im Haus dafür sagen, dass ein Vorschlag aufgegriffen wurde: Wir hatten heute bei der Plenarsitzung erstmals Mehrweg­flaschen. Normalerweise, habe ich mir ausgerechnet, werden bei jeder Plenarsitzung circa 1 500 kleine Flaschen weggeworfen. In Wien werden sie nicht sortiert, das heißt, sie sind wirklich weggeworfen worden. Wir haben jetzt Mehrwegflaschen (Zwischenruf des Abg. Leichtfried) – ah so, ja? –, das ist eine ganz großartige Sache. Einen großen Applaus einmal dafür, dass wir hier jetzt ein Mehrwegsystem haben! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Die Lösung, wie gesagt: Wir können ganz einfache Sammelapps machen. Es hat auch niemand etwas gegen ein Bonifikationssystem, wenn man mit einer App neben der gelben Tonne steht. Es gibt Lösungen, das wäre alles machbar. Wir müssen jetzt nur schnell eine Entscheidung treffen, eine Lösung herbeiführen, und die ist für mich das gelbe Sammelsystem mit Abholung aus allen Haushalten, ein gelbes Wertstoffsystem für ganz Österreich. So schaffen wir alle EU-Sammelquoten auf einmal.

Wir brauchen Planungssicherheit für die Betriebe. Wir schaffen damit Arbeitsplätze, und wir reduzieren CO2. Wir brauchen natürlich verkürzte Verfahrensdauern, damit diese drei bis vier Anlagen, die es braucht, schnell gebaut werden können. Das wäre mein türkis-grüner Weihnachtswunsch.

Jetzt ist mir gesagt worden, einer Ministerin kann man nicht gelbe Säcke aus Nieder­österreich schenken, ich schenke sie daher Lukas Hammer. (Die Rednerin überreicht Abg. Hammer die zuvor gezeigte Rolle gelbe Müllsäcke.) Lukas, du machst eine ganz, ganz tolle Ausschussführung, sehr gezielt und souverän. Das entspricht den Compliance­vorschriften, weil es nicht so viel wert ist, aber es hat einen emotionalen Wert.

Das wäre mein türkis-grüner Weihnachtswunsch an das Christkind. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

21.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ist seitens des Berichterstatters ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

21.25.05Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 24 bis 28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen.

Ich darf fragen: Können wir abstimmen? – Aufgrund des Einverständnisses der Klub­obleute können wir abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelas­tungen durch die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort genehmigt wird, und das Bundesgesetz über eine COVID-19-Investitionsprämie für Unternehmen geändert werden, samt Titel und Eingang in 591 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit.

Damit kommen wir gleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Sicherstellung des Betriebs von Dorfläden zur Rettung der Nahversorgung durch Änderung der Gewerbeordnung“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 290

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz und das Bilanzbuchhaltungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 592 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig.

Wer in dritter Lesung auch noch einverstanden ist, den bitte ich um Zustimmung. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Wahrung der Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung für diesen Entschließungs­antrag. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 593 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

In dritter Lesung: Wie ist da das Stimmverhalten? – Ebenfalls mehrheitlich angenom­men. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz und das KWK-Gesetz geändert werden, in 594 der Beilagen.

Hiezu liegen ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Schroll, Kolleginnen und Kollegen beziehungsweise ein Zusatzantrag der Abgeordneten Kassegger, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde zuerst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungs­anträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag Verfassungsbestimmungen enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest. Diese ist gegeben.

Die Abgeordneten Schroll, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betref­fend Einfügung neuer Ziffern 2b und 2c in Artikel 1 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Kassegger, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Zusatz­antrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 2b und 2c in Artikel 1 eingebracht.

Wer für den Kassegger-Vorschlag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist auch die Minderheit, daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Schroll, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 4 und Art. 2 Z 3 sowie einen Zusatzantrag betreffend Einfügung neuer Ziffern 1a und 2a in Artikel 2 eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 291

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich darf die Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen ersuchen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ich stelle ausdrücklich fest, dass die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben ist.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte die Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich darf auch noch einmal festhalten, dass die verfassungsmäßig erforderliche Zwei­drittelmehrheit damit gegeben ist.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist wiederum einstimmig.

Auch da ist die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert wird, in 471 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde wiederum zunächst über die vom Zusatz- und Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Da der Gesetzentwurf wiederum im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung eine Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten erfordert, weil es um eine Zweidrittelmaterie geht, stelle ich diese Anwesenheit fest.

Die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 6a sowie Änderung der Ziffern 6, 7, 10, 20 und 21 eingebracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Wer dafür ist, den darf ich wiederum um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Ich darf auch ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit feststellen. – Danke schön.

Wir kommen zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 292

Wer auch in dritter Lesung mit dem Entwurf einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Einstimmig angenommen. Ausdrücklich stelle ich wiederum die Zweidrittelmehrheit fest.

21.31.3229. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Fortschrittsbericht 2020 nach § 6 Klimaschutzgesetz, vorgelegt von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (III-206/502 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (472 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG-Novelle 2020) geändert wird (505 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den Punkten 29 und 30 der Tagesordnung, zu denen die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rauch. – Bitte.


21.32.03

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Ich beginne meine Rede heute mit der Schlagzeile auf der Titelseite vom „Kurier“ von morgen: „ÖVP pfeift Grüne zurück“, bei der Kontrolle in den Wohnungen. Das ist die morgige Schlagzeile vom „Kurier“. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Genauso geht es Ihnen auch im Umweltbereich: Sie haben von der ÖVP, von der Regierung insgesamt zwar ein sehr, sehr gutes Budget bekommen, jetzt scheitert es aber an der Umsetzung. Wenn es von der ÖVP her die Möglichkeit gibt, jemandem den Schwarzen Peter zuzuschieben, ihn als Schwarzen Peter darzustellen, dann sind Sie das. Aus einem ganz bestimmten Grund sind Sie der Schwarze Peter in dieser Koalition: Die negativen Geschichten (in Richtung Grüne) verkauft ihr, und die positiven (in Richtung ÖVP) verkauft ihr. Genau das ist der entscheidende Faktor.

Jetzt komme ich auf den Fortschrittsbericht 2020, mit Daten aus dem Jahr 2018, wo Sie die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft als CO2-Sünder darstellen. Das machen Sie. Die Abgeordneten der ÖVP schauen sehr tief in ihre Handys und ihre Unterlagen vor ihren Sitzplätzen, nichtsdestotrotz geht es um massive, zukünf­tige Belastungen in diesem Bereich für die Bevölkerung.

Sie haben aktuell gerade versucht, im Bereich der NoVA einen Wurf zu kreieren, wobei man hergeht, um die – unter Anführungszeichen – „Stinker“, die SUVs entsprechend zu belasten, die Vermögenderen vor den Vorhang zu zerren und bei diesen Autos mehr an Steuern hereinzubekommen, um die CO2-Belastung zu senken.

Was ist das Ergebnis, Frau Bundesminister? – Ganz einfach, der ÖAMTC hat es ja in vielen Aussendungen skizziert: Im Endeffekt werden die Familien belastet. Warum? – Der normale Ford Galaxy oder der VW Sharan hat beispielsweise aktuell eine NoVA-Belastung von 3 344 Euro, 2024 eine Belastung von 6 560 Euro. Wenn das familien­freundlich und sozial verträglich ist, dann frage ich mich, was diese Regierung in den letzten Monaten und Jahren gemacht hat. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 293

Ein weiteres Beispiel, weil es ja natürlich auch die Wirtschaft und vor allem die Wirt­schaftsunternehmen betrifft: Was haben Sie in diesem Bereich gemacht? – Klein-Lkws, nehmen wir den Iveco, einen Kleintransporter, Pritschenwagen: NoVA aktuell: null, 2024 für den gleichen Kleintransporter: 17 630 Euro. Was sagt die Wirtschaftspartei dazu? Ist das alles leistbar? Wer wird denn das bezahlen? – Der Endkonsument, der Kunde!

Ich frage mich schön langsam, was in Ihren Köpfen wirklich vorgeht, wie Sie das den Menschen, den Bürgern und vor allem den Kleinst- und Kleinunternehmern erklären und auch verkaufen wollen. Das können Sie nicht, weil Sie im Endeffekt am Ende des Tages den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig schädigen und vernichten. Das ist an­scheinend Ihr Ziel, und da tun wir nicht mit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich hoffe inständig, dass Sie wieder einmal zur Normalität kommen, aber zur normalen Normalität abseits des Coronawahnsinns und Ihrer Wirtschaftsbelastungen und wirt­schaftsfeindlichen Maßnahmen, die Sie treffen.

Gehen Sie in sich und probieren Sie einmal, mit den Menschen Maßnahmen zu setzen und sie nicht permanent zu belasten und vor den Karren zu spannen! (Beifall bei der FPÖ.)

21.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hammer. – Bitte.


21.36.46

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer wieder eine Freude, mit Ihnen über Klima­schutzpolitik zu diskutieren, Kollege Rauch. Wir werden uns wahrscheinlich nicht einig werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rauch: Das liegt aber an Ihnen!) – Ja! Ich akzeptiere, dass Ihnen die Klimaschutzpolitik ziemlich wurscht ist (Abg. Rauch: Das stimmt ja nicht!), uns ist sie sehr wichtig. Ich glaube, das, was wir in der Klima­schutz­politik brauchen, sind Zuversicht und Mut. Dieses ständige Angstmachen, was für eine Katastrophe das alles wird, bringt uns, glaube ich, nicht weiter. (Abg. Rauch: Umwelt­schutz ist Heimatschutz!)

Der Klimaschutzbericht reicht, wie Kollege Rauch schon erwähnt hat, mit den Daten bis Ende 2018; das müssen wir in dieser Debatte mitbedenken. Er ist nicht gerade aktuell, aber im Endeffekt ist klar, worum es geht. Wir sind bei den CO2-Emissionen ungefähr auf dem Niveau von 1990 – wir hätten eigentlich reduzieren sollen. Wir waren einmal drüber, die Spitze war 2005, jetzt sind wir ungefähr wieder auf dem Niveau von 1990.

Wir wissen, auch 2019 waren wir über den uns selbst gesteckten Zielen. Dieses Jahr wird es sehr wahrscheinlich so sein, dass wir eine ziemliche Emissionsreduktion haben. Es gibt aktuelle Schätzungen, dass die CO2-Emissionen in der Europäischen Union dieses Jahr um ungefähr 11 Prozent sinken. Wir werden aber sicher nicht den Fehler machen, diesen statistischen Ausreißer herzunehmen, falsch zu bewerten und auf falsche Schlüsse zu kommen. Wir wissen genau, wenn wir langfristig die Emissionen reduzieren wollen, müssen wir uns im Klimaschutz wesentlich mehr anstrengen.

Wir wissen auch, was das größte Sorgenkind ist, das zeigt der Klimaschutzbericht ganz deutlich: Die Emissionen im Verkehrsbereich sind seit 1990 um 73,3 Prozent ge­stiegen – das heißt um fast drei Viertel –, anstatt zu sinken.

Ich möchte in diesem Zusammenhang, weil es jetzt immer wieder in den Debatten auf­gekommen ist, mit einem Mythos aufräumen, nämlich damit, dass die Erneuerung der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 294

Fahrzeugflotten – wenn man sich ein neues Auto kauft – ein wichtiger Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz wäre. Das ist falsch, das ist einfach ein Mythos.

Warum? – Einerseits ist es so, dass die CO2-Emissionen der neu zugelassenen Autos seit 2016 im Schnitt gestiegen sind. Das heißt, Autos, die letztes Jahr gekauft wurden, haben im Schnitt mehr CO2-Emissionen ausgestoßen als noch 2016. Das liegt schlicht an dem Trend, dass Autos immer schwerer werden. Die Gesetze der Thermodynamik sind nun einmal, wie sie sind. Die Effizienzgewinne beim Verbrennungsmotor sind enden wollend. Die Autos werden schwerer, und das heißt, sie verbrauchen mehr Sprit. Das ist das, was wir an den Daten sehen.

Selbst wenn es aber nicht so wäre, selbst wenn Autos immer sparsamer würden, wissen wir: Ungefähr ein Drittel des ökologischen Rucksacks und ungefähr ein Viertel der CO2-Emissionen bei Autos entstehen bei der Produktion. Das heißt, ich muss sehr lang damit unterwegs sein, ungefähr 15 bis 20 Jahre, bis sich ein spritsparendes Auto ökologisch rechnet. (Abg. Deimek: ... Batterien?)

Aus diesem Grund ist die Erhöhung der NoVA, die wir heute beschlossen haben, eine gute Sache. Es ist jetzt also im Prinzip eine NoVA, die so ausgestaltet ist, dass stärker Sprit fressende Autos, die mehr CO2-Emissionen verursachen, sukzessive teurer werden. (Abg. Rauch: Sie belasten die Familien dadurch!)

Dafür gibt es nächstes Jahr einerseits eine massive Förderung der E-Mobilität, die wichtig ist, weil es immer noch Menschen gibt, die einfach auf das Auto angewiesen sind. Unser Ziel ist es aber vor allem, dass Menschen andererseits leistbare Mobilität zur Verfügung gestellt wird, die klimafreundlich ist: Wir bauen die Bahn aus, wir machen das Fahren mit der Bahn billiger, wir bauen Radwege – all das soll dazu beitragen, dass Mobilität leistbarer wird. Es ist aber sicher kein Beitrag zum Klimaschutz, einfach neue Autos zu kaufen, und deswegen werden wir das sicher nicht fördern. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Obernosterer.)

21.41


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Herr. – Bitte.


21.41.44

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Vor fast genau fünf Jahren wurde das Pariser Klimaabkommen verabschiedet, was damals ein riesengroßer Erfolg war. Worum ging es? – Man hat sich darauf geeinigt, in einer gemeinsamen Kraftanstrengung die Erhitzung unseres Planeten auf 1,5 Grad, maximal auf 2 Grad einzugrenzen – einzudämmen, muss man sagen, denn ganz aufhalten können wir ja die Klimaerwärmung derzeit nicht.

In Kraft getreten ist dieses Pariser Klimaabkommen im November 2016, auch für Öster­reich. Schauen wir uns an, was seitdem passiert ist: Wir haben im Jahr 2017 unsere CO2-Reduktionsziele verpasst, wir haben im Jahr 2018 unsere CO2-Reduktionsziele verpasst, wir haben höchstwahrscheinlich im Jahr 2019 unsere CO2-Reduktionsziele verpasst – und der einzige Grund, warum wir sie für 2020 nicht verpassen werden, ist Corona! Das ist Österreichs Bilanz, seit wir das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet haben, und das ist eine Bilanz, die vor allem das bisherige Versagen Österreichs aufzeigt, seinen Beitrag zu leisten, dieses 1,5-Grad-Ziel tatsächlich einzuhalten. Das ist die traurige Realität, das müssen wir so aussprechen.

Die Frage ist aber: Wie geht es jetzt weiter? Wo stehen wir jetzt? – Während wir hier verhandeln, wird ja auch auf EU-Ebene verhandelt. Jetzt gerade wird dort festgelegt, wie viele CO2-Emissionen wir denn reduzieren müssen, um dieses 1,5-Grad-Ziel überhaupt einhalten zu können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 295

Während sich die Vertreter der österreichischen Bundesregierung immer an die Fahnen heften, sie wären die Klimavorreiter – egal, ob es in einer Pressekonferenz verkündet oder in Form großer Überschriften ins Regierungsprogramm hineingeschrieben wird –, sieht man, dass das so nicht stimmt: Das EU-Parlament hingegen hat sich zu einem mutigen Beschluss durchgerungen und eine Reduktion der Emissionen um 60 Prozent bis 2030 beschlossen.

Länder wie Finnland haben sich dem angeschlossen und haben das unterstützt – Finnland ist ein Vorreiter in diesem Bereich! Länder wie Schweden oder Dänemark, die noch weitergehen, die eine Reduktion um 65 Prozent verlangen und auch einen Plan haben, wie sie vorhaben, das umzusetzen – das sind Klimavorreiter, nicht die öster­reichische Bundesregierung, die da beim Status quo bleiben will! Natürlich sind auch schon 55 Prozent eine Verbesserung, das merke ich fairerweise an. Das ist eine Ver­besserung gegenüber dem Status quo, aber dann sind wir da bitte nicht die Vorreiter und Vorreiterinnen, und dann sollte man sich das auch nicht an die Fahnen heften, wenn man das nicht liefern kann.

Man sollte das vor allem nicht tun – und das ist jetzt der ärgste Punkt –, wenn Unter­nehmen wie Ikea mutiger als die österreichische Bundesregierung sind, wenn öster­reichische Unternehmen wie Spar mutiger als die österreichische Bundesregierung sind. Diese haben einen offenen Brief geschrieben und uns, die Politik, gebeten, doch ein Stück weit mutiger zu sein – private Unternehmen, die die Politik mittlerweile dazu auffordern! Das sollte es im Jahr 2020 nicht mehr spielen, wenn wir uns die bisherige Bilanz in diesem Bereich anschauen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Bernhard.)

Ich komme schon zum Schluss: Was wir brauchen, ist ein langfristiger Plan. Wir sollten nicht auch noch versuchen, selbst das 55-Prozent-Ziel abzuschwächen, auch das macht die österreichische Bundesregierung. Mir liegen Verhandlungsdokumente vor, die zeigen, dass man zum Beispiel versucht hat, im Bereich Landwirtschaft – Überraschung, Überraschung! – noch einmal ein paar Punkte abzuschwächen. Das brauchen wir nicht! Wir brauchen einen Plan, wie wir unsere Klimaziele endlich ernsthaft erfüllen können!

Wir haben für das Jahr 2021 übrigens noch gar keine CO2-Reduktionsziele. Ich glaube, wir sind das einzige Land in der EU, das nicht weiß, wie viele CO2-Emissionen es im nächsten Jahr einsparen will. Es sind ja immerhin noch ein paar Tage, vielleicht tut sich noch etwas – ich denke aber nicht.

Wir brauchen auch einen Transformationsfonds, um diesen Übergang fair und gerecht zu gestalten, um die österreichische Industrie zu unterstützen, um gut bezahlte Arbeits­plätze zu retten und um ganz einfach sicherzustellen, dass wir diesen Übergang ökolo­gisch und sozial gerecht schaffen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte.


21.46.21

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Im Fortschrittsbericht geht es vorwiegend um die Treiber der CO2-Emissionen, und die sind relativ schnell ausgemacht: Neben der produktionsgetriebenen Industrie sind es vor allem die Bereiche Mobilität, Wohnen – dabei besonders die Wärmeenergie, die genießen wir momentan sehr, draußen ist es kalt, herinnen warm, das geschieht physikalisch nicht von alleine, sondern muss irgendwie bereitgestellt werden – und Ernährung, also die Energie, die wir zum Lebenserhalt brauchen.

Geschätzte Damen und Herren, in all diesen Fällen sehen wir in den letzten Jahren Stei­gerungen, und diese sind nicht nur darauf zurückzuführen, dass wir etwas verabsäumen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 296

dass wir nichts machen, dass wir oder die vergangenen Regierungen unwillig waren. Die Steigerungen sind vor allem darauf zurückzuführen, dass es in Österreich ein Bevölkerungswachstum gibt, das sollten wir nicht unterschätzen.

Das Jahr 2020 zeigt uns auch ganz stark, wie sich Wirtschaftswachstum und Wirt­schafts­depression letztendlich auf die CO2-Frage auswirken. Wir erkennen, dass wir nur vorankommen können, wenn wir konsequent den Weg weitergehen, fossile Energie­träger durch erneuerbare zu ersetzen. Da sind wir im Jahr 2020 Gott sei Dank auch mit der Technologie, mit der Automatisierung und der Digitalisierung, schon einen Schritt weiter und können diese erneuerbaren Energiequellen viel, viel effizienter nutzen, ob es nun die Windkraft, die Fotovoltaik oder andere Bereiche sind.

Das ist der wesentliche Schritt: sich anzusehen, was wir für Möglichkeiten haben. Mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz etwa geht es genau in diese Richtung, dass wir unseren gesamten Energiebedarf anders decken können. Es gibt die Beimischung von E10 zu Benzin und Diesel, denn wir brauchen natürlich ein Phasing-out von den Fossilen, aber wir können nicht sofort umdrehen. In der Automobilindustrie weiß man, dass es in zehn, 15 Jahren nur mehr um die Elektromobilität gehen wird – trotzdem aber müssen wir dort Stück für Stück hinkommen.

Wir sehen, dass man sich innerhalb der Europäischen Union CO2-Reduktionsziele vor­nimmt – wir müssen aber auch wissen, welche Maßnahmen wir setzen, um das Pariser Ziel zu erreichen. Ziele zu formulieren ist natürlich sehr edel, es müssen aber auch Maß­nahmen gesetzt werden. Die Ziele müssen wir aber bitte schon ohne Atomkraft erreichen, auch wenn es zwei Fraktionen hier im Hohen Haus gibt, die sich heute noch nicht dagegen ausgesprochen haben, und oberste – auch aktive – Vertreter dieser Par­teien, zur Atomkraft positive Worte gefunden haben. Ich glaube, das ist wichtig, das müssen wir als Österreicher ansprechen, denn viele Länder, die vorhin als Klimavorreiter genannt worden sind, sind das nämlich deswegen, weil sie auf Atomkraft setzen, und das ist keine Zukunftsenergieform. Da müssen wir umdenken! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Doppelbauer und Loacker.)

Dieses Umdenken findet nicht nur bei Staaten statt, sondern auch bei großen Kon­zernen. Wenn Sie als Beispiel den Konzern Shell nehmen: Shell hat einen Jahresumsatz von 308 Milliarden Euro – das ist gewaltig –, getrieben von den fossilen Rohstoffen Gas und Öl, und gerade Shell will grüner werden. Was aber bedeutet dieser radikale Umbau? – Das bedeutet, dass sie momentan bei einem Börsenwert stehen, der mehr als halbiert wurde, weil sie diese Schritte noch nicht entsprechend umsetzen können. Die Hälfte der Standorte weltweit wird geschlossen und jeder zehnte Arbeitsplatz geht verloren.

Der Weg ist aber der richtige, nur müssen wir uns die soziale Frage stellen, auch hinsichtlich der Beschäftigung in diesem Land: Wie können wir diese Umgestaltung hin zur Klimafreundlichkeit, auch die der Wirtschaftswelt, so gestalten, dass wir die Men­schen entsprechend mitnehmen können, die Wirtschaft erhalten und damit auch in dieser schwierigen Zeit Arbeitsplätze absichern können? Ich glaube, die Chance bezüglich des Klimawandels liegt in der Bewältigung und in den Alternativen, denn da haben wir viel Know-how, viel Kompetenz.

Frau Bundesministerin, ich denke, dass wir als Regierung da nicht irgendwo getrennt gehen, egal, wer auch immer das postuliert, sondern sehr stark miteinander gehen. Genau das ist die Stärke dieser Bundesregierung, dass wir den Klimawandel ernst neh­men und wirtschaftliche Kompetenz mit an Bord haben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.50



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 297

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordnete Herr zu Wort gemeldet. – Bitte.


21.50.41

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich berichtige tatsächlich – eigentlich müsste ich zwei tatsächliche Berichtigungen machen, Herr Schmuckenschlüger, Schmuckenschläger hat ja mehrere Falschbehauptungen aufgestellt (Rufe bei der ÖVP) – -schlager.

Erstens haben Sie einen Vorwurf in den Raum gestellt, der so nicht stimmt: Sie haben behauptet, dass höchstrangige Vertreter und Vertreterinnen einer Partei sich für Atomstrom ausgesprochen haben. (Die Abgeordneten Hörl und Strasser: Kreisky!) Ich kenne keinen Vertreter und keine Vertreterin der SPÖ, der oder die sich je in den letzten Wochen oder in den letzten Jahren dafür ausgesprochen hat. Die Person, auf die Sie sich hier beziehen, hat keine Funktion, kein Mandat und keine Möglichkeit, die SPÖ offiziell nach außen zu vertreten. (Widerspruch bei der ÖVP.) Es handelt sich um eine Person, die schon lange aus der Politik ausgeschieden ist – Falschbehauptung Nummer eins.

Die zweite Falschbehauptung wäre gewesen, dass wir das noch nicht klargestellt hätten. Erstens gibt es keinen Bedarf, das klarzustellen, weil wir seit Jahren bei jedem einzelnen Antiatomantrag (Ruf bei der ÖVP: Sehen wir eh!) hier in diesem Hohen Haus mitgehen, und zweitens gibt es bereits eine Klarstellung. Vielleicht schauen Sie einmal nach, sie ist auch auf Social Media! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Prinz – in Richtung der sich zu ihrem Sitzplatz begebenden Abg. Herr –: ... nicht einmal die eigenen überzeugt! – Abg. Herr: Aber ja, voll!)

21.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte.


21.51.52

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Herr hat ja schon die tatsächliche Berichtigung gemacht; man kann vielleicht noch sagen: Wer im Nationalrat plump die Unwahrheit sagt, zeigt einfach nur, dass er vielleicht zu später Stunde der unkreativen Idiotie anheimgefallen ist – das muss man jetzt aber keiner Person zuordnen. (Beifall bei den NEOS.)

Was konkret die Klimapolitik betrifft, ist es tatsächlich so, dass – und da möchte ich die Aufmerksamkeit schon auf etwas lenken, was den Grünen wahrscheinlich nicht so angenehm ist – wir diesen Bericht heute nur diskutieren, weil wir ihn auf Antrag der NEOS in das Plenum gerettet haben. Die anderen Fraktionen, namentlich ÖVP und Grüne, wollten diesen Klimafortschrittsbericht im Umweltausschuss enderledigen, und dann hätten wir nicht einmal die Möglichkeit gehabt, über das Ergebnis zu diskutieren.

Der Bericht zeigt ganz deutlich – und das haben meine Vorredner ja auch schon ge­sagt –, dass wir in der Reduktion der CO2-Emissionen ganz, ganz weit neben unseren Zielen liegen – neben den selbstgesteckten, neben denen der politischen Kommunika­tionen der letzten Jahre und auch neben denen, die wir uns in Zukunft wohl stecken werden. Ich möchte jetzt nicht so sehr über die Emissionen und die Reduktion reden, sondern über das, was dahinterliegt: Er zeigt eines, was wir in Zukunft erreichen müssen, ganz deutlich, nämlich, dass wir es nicht geschafft haben, die Wirtschaftsleistung von den Emissionen zu entkoppeln.

Das bedeutet, dass immer, wenn wir in diesem Hohen Haus über Reduktion diskutieren, wir auch darüber reden, wie wir verzichten, wie wir Dinge nicht mehr machen, wie wir


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 298

Dinge anders machen. Ich glaube, die Diskussion ist sehr verkürzt. Wir müssen viel stärker darauf schauen, dass wir neu denken, was wir als Staat in der Systematik anders machen können, um die richtigen Anreize zu setzen.

Dazu möchte ich jetzt auch Beispiele nennen: Das, was Sie, Frau Ministerin, noch nicht geliefert haben, sind die großen Würfe. Ich weiß, Sie werden in Ihrer Rede dann sagen, dass große Würfe bevorstehen, eine echte Ökologisierung des Steuersystems ist aber beispielsweise nicht die Anhebung der NoVA. Was die Grünen soeben mit der Unter­stützung der ÖVP gemacht haben, war, dass Sie Abgaben und Steuern erhöht haben – Ökologisierung bedeutet aber, dass ich das eine erhöhe und das andere reduziere.

Wenn ich eine Vision habe, dann ist es die, dass die Arbeitseinkommen und die Ein­kommen von Angestellten deutlich weniger besteuert werden als in der Gegenwart, dass Unternehmen deutlich weniger besteuert werden als in der Gegenwart, dass beispiels­weise Dienstleistungsunternehmen oder touristische Unternehmen, Restaurants, die regional einkaufen, und auch Produktionsunternehmen, die vorbildliche Technologien einsetzen, sehr, sehr viel weniger Steuern bezahlen als heute, weil man dann nach dem Ressourcenverbrauch besteuert, weil man dadurch auch eine ganz andere Welt erschaffen kann. Zu diesen Visionen, die ich den Grünen trotz vieler ideologischer Unter­schiede zugetraut hätte, höre ich nichts. Ich höre extrem viel Pragmatismus: Wir machen die eine Schraube klein, wir machen den Fiat 500 ein bisschen teurer, wir schauen, dass die Kleinlaster ein bisschen mehr kosten, wir werden in Zukunft große Schritte gehen. – Der große Wurf fehlt aber bis jetzt!

Da möchte ich einen anderen Punkt ansprechen, den ich auch in fast jeder Rede zur Klimapolitik anspreche: Egal, was Sie als Klimaministerin danach sagen werden, so­lange Sie die umwelt- und klimaschädlichen Subventionen nicht abgeschafft haben, ist das, was Sie hier im Nationalrat sagen, nicht glaubwürdig genug. Ich weiß, dass es Dinge gibt, die in der Landeskompetenz liegen, es gibt aber viele in der Bundeskom­petenz, und da höre ich deutlich zu wenig.

Das Gleiche ist es mit den Privilegien, wenn man darauf schaut: Bei Dienstwägen, bei der Besteuerung von Diesel gibt es ganz, ganz große Schrauben, die Sie drehen könnten  diese sind immer im Bereich der Steuern. (Zwischenruf des Abg. Lukas Hammer.) Es geht nicht darum, kleine Brötchen zu backen, sondern es geht darum – und das war auch die Idee von Paris –, große Würfe zu machen, die Gesellschaft zu verändern, die Wirtschaft zu verändern und die Zukunft zu gestalten. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Und da höre ich den Tiroler Seilbahnbetreiber. Es gibt sicherlich auch für die Seilbahnen eine ökologische Zukunft, die ÖVP sollte aber mit den Grünen große Schritte gehen und nicht immer nur bremsen und blockieren. – Ihr seid langweilig, lustlos und wirklich von gestern! (Beifall bei den NEOS. – Ruf bei der ÖVP: Probiert es einmal in Wien!)

Jetzt komme ich auf den Punkt zurück: Der Klimafortschrittsbericht sagt, dass wir keine Fortschritte machen. Der einzige Fortschritt, den Österreich in der Klimapolitik macht, geschieht, wenn es eine weltweite Pandemie gibt. Es muss erst die Weltwirtschaft zusammenbrechen oder nahe am Zusammenbruch stehen, damit Österreich Fortschritte in der Klimapolitik macht, und das ist erbärmlich. Ich erwarte, und das ist auch ein Appell: Kommt mit großen Schritten! Wir als NEOS unterstützen eine Vision, in der die Zukunft anders ausschaut als die, die derzeit von der ÖVP geplant wird. – Vielen Dank und schönen Abend. (Beifall bei den NEOS.)

21.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin Gewessler ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 299

21.57.12

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Zu später Stunde kurz noch zum Klimaschutzbericht, und zu ein paar Kom­mentaren aus der Diskussion heraus: Der Klimaschutzbericht – ja, die Datenlage ist von 2018, wir arbeiten daran, dass wir Ihnen das auch schneller zur Verfügung stellen kön­nen – zeigt eine Situation, die zwar niedrigere CO2-Emissionen ausweist als 2017, aber wir sind 2018 weiterhin um 1,6 Millionen Tonnen über Zielfahrt.

Wir haben mittlerweile Zahlen aus dem Nowcast 2019, da sehen wir wieder einen leich­ten Anstieg im Vergleich zu 2018, und wir haben mit 2020 ein Jahr, in dem die Emis­sionen sinken, und in Summe wird uns das über die Periode bis 2020 – wahr­schein­lich, vielleicht, hoffentlich, eventuell – eine Punktlandung für das Klimaschutz­ziel 2020 bescheren. Sind wir deswegen zufrieden? – Natürlich nicht. Ersetzt Krise Klimapolitik? – Natürlich nicht. Man kann die Zäsur einer Krise aber nützen, um aus dieser Krise mit Klimaschutzpolitik herauszugehen, und genau das machen wir jetzt. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Wir sind auf klimapolitischer Aufholjagd mit einem großen Wurf, nämlich den Klima­schutzmilliarden. Wir werden allein im Renovierungsbereich, in der thermischen Sanie­rung, in den nächsten Jahren bis zu 64 000 Arbeitsplätze schaffen und sichern – ja, natürlich auch mit einer Umsteuerung im Steuersystem, das ist ein zentraler Hebel, den wir mit einem nächsten Schritt, den Sie heute beschlossen haben, und mit weiteren Schritten, die kommen werden, selbstverständlich auch nützen werden.

Ich möchte bei Herrn Schmuckenschlager anschließen, aber einen Schritt weitergehen: Diese klimapolitische Aufholjagd, die wir auf dem Weg zur Klimaneutralität 2040 vor uns haben, ist nicht nur eine Chance. Ich bin überzeugt davon, dass sie insbesondere für Europa die einzige Chance ist. Unsere Wirtschaft klimaneutral zu machen, unsere Wirt­schaft zukunftsfit zu machen, das ist unsere Chance am Weltmarkt, das ist unsere Chance zwischen Asien, Afrika, Amerika. (Beifall bei Grünen und ÖVP.) Chancen haben das aber so an sich: Man ergreift sie, wenn sie sich bieten – und der Hausverstand sagt mir eines: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

Deswegen müssen wir jetzt handeln, jetzt Klimapolitik machen. Deswegen machen wir all die Schritte, vom größten Klimaschutzbudget, das Österreich je gesehen hat, bis zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs in einer Dimension, die Österreich noch nie gesehen hat, mit all den Initiativen, die wir auf den Weg bringen, von den energiepolitischen Initiativen über die Effizienz bis zum neuen Klimaschutzgesetz, das jetzt mit einem Fachentwurf in der Fertigstellung ist.

Eines sei noch angefügt: Natürlich haben wir auch Ziele. Wir haben jetzt ein Klima­schutz­gesetz bis 2020. Wir haben EU-rechtlich jetzt verbindliche Ziele mit minus 36 Pro­zent im Non-ETS-Sektor, also im Sektor außerhalb der Industrie, die für Österreich verbindlich sind, zu denen wir uns verpflichtet haben und die wir selbstverständlich mit dem Beschluss verfolgen, der hoffentlich in diesen Minuten oder Stunden, vielleicht auch erst morgen – es ist im Europäischen Rat immer noch spannend bis zur letzten Minute – fällt; mit der Anpassung der europäischen Ziele an die Notwendigkeit der Klimaneu­tralität 2050 auf EU-Ebene, mit der Anpassung an die Notwendigkeiten des Pariser Klimaabkommens.

Auch das heißt für uns, mit unserem Regierungsprogramm nachzubessern, heißt, ambi­tioniert zu werden, heißt aber vor allem, in jeder konkreten Handlung Klimapolitik ernst zu nehmen. Das tun wir, von der Investitionsprämie bis zu den Konjunkturprogrammen, und auf diesem Weg werden wir auch alle gemeinsam weitergehen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.01



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 300

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Keck. – Bitte.


22.01.39

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Es gibt auch einen weiteren Tagesordnungspunkt, den TOP 30. Da geht es um die EZG-Novelle 2020. Beim Herbstgipfel 2014 der EU-Staats- und Regierungschefs wurden ja schon klima- und energiepolitische Ziele für die EU im Jahr 2030 definiert, unter anderem eine Reduk­tion der Treibhausgasemissionen um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990.

Mit Mitte 2015 hat die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag für die Ände­rung der Emissionshandelsrichtlinie vorgelegt, der vorrangig im Zeichen der metho­dischen Weiterführung des bestehenden Handelssystems bis zum Jahr 2030 stand. Inhaltlich hat sich da die Revision eng an die beim Herbstgipfel 2014 vereinbarten Rahmenbedingungen, wie etwa die Ausgestaltung des Reduktionspfades, die Fest­legung der Gesamtmenge beziehungsweise die Regelung zum Schutz vor Abwanderung, an­gelehnt.

Der EU-Rechtsakt ist dann mit 8. April 2018 in Kraft getreten, eine nationale Umsetzung hätte bis 8. Oktober 2019 erfolgen sollen und war auch vorgesehen. Die Novelle ist in diesem Zeitrahmen auch eingebracht worden, und sie war dann in etwa ein Jahr in Begutachtung.

Ich habe Sie ja im Umweltausschuss im Mai darauf angesprochen. Da haben Sie mir gesagt, in etwa zwei, drei Wochen werden Sie diese Novelle vorlegen. Es hat bis zum 18. November gedauert, bis wir die Novelle vorgelegt bekommen haben. Sie ist jetzt da, und sie sagt eigentlich nicht viel aus, weil sie einfach nur die Umsetzung des EU-Rechtsrahmens ist.

Für mich ist ja weit spannender, was nicht in dieser Novelle enthalten ist, und das ist womöglich auch der Grund für die lange Verzögerung, nämlich die Frage der Zweck­widmung. Sie ist in dieser Novelle nicht enthalten. Im Regierungsprogramm heißt es dazu: „Prüfung der zweckgebundenen Verwendung der Versteigerungserlöse aus dem Zertifikatshandel [...] als zusätzliche Mittel für den Klimaschutz und klimagerechte Innovation“, und Ihr Ministerratsvortrag enthält dazu den Beschluss, dass einerseits im ersten Halbjahr 2021 die rechtliche Grundlage für ein Instrument geschaffen werden soll, das wichtige Unternehmen bei der Anpassung der CO2-Ziele unterstützen soll – das soll 2022 wirksam werden –, und dass andererseits Maßnahmen für einkommensschwache Haushalte erfolgen sollen, insbesondere bei Wärmegewinnung und Sanierung.

Das heißt, die Regierung hat sich anscheinend zehn Monate lang bei der Mittelver­wen­dung nicht auf ein Modell einigen können. Ich habe die Bitte: Versprechen Sie mir, dass das in zwei, drei Wochen endlich kommen wird!

Wie lang zwei, drei Wochen dauern, wissen wir aber mittlerweile. Das heißt, Mitte nächsten Jahres sollte endlich diese Mittelverwendung da sein, mit der wirklich eine gerechte Aufteilung zwischen Industrie und Haushalten erfolgen soll. (Beifall bei der SPÖ.)

22.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schnabel. – Bitte.


22.04.36

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Im vorliegenden Fort­schrittsbericht werden die nationalen Emissionswerte von Treibhausgasen im Jahr 2018


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 301

dokumentiert, die Zielerreichung des Klimaschutzgesetzes sowie die zusätzlichen, ver­schärften Vorgaben aus der Europäischen Union.

2018 war ökonomisch ein gutes Jahr, ökologisch – das muss man zugeben – wurden die Ziele nicht erreicht. Je nach Zielerreichungsgrad wurden einmal 0,6 beziehungs­weise einmal 1,6 Millionen Tonnen CO2 zu viel emittiert. Trotzdem wurden in den Jahren 2013, 2014, 2015 und 2016 die Zielwerte unterschritten, und auch wenn es zusätzlich die Coronakrise gibt, werden wir – das kann man dem Bericht auch schon entnehmen – ziemlich genau die Gesamtbilanz erreichen.

Die Coronakrise, über die wir so oft diskutieren, wird uns 18 Monate lang beschäftigen, die Klimakrise definitiv jahrzehntelang, und das ist eine viel, viel größere Heraus­forderung. Die österreichische Bundesregierung – das sei gesagt, weil sie hier, vor allem von den NEOS, kritisiert wird – nimmt diese Verantwortung wirklich wahr, und auch wir als Regierungsfraktion machen ja nicht eine alte, fade Politik, sondern wir gehen ganz klar mit, um Österreich mit diesem ambitionierten Ziel im Regierungsprogramm klimafit zu machen.

Auch die Europäische Union ist gefordert. Wir brauchen CO2-Zölle, ganz einfach auch im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit für Österreich, für die österreichischen Unter­nehmen.

Es ist nicht alles negativ. Im Gebäudesektor zum Beispiel konnten in 13 Jahren 38 Pro­zent Reduktionen von CO2-Emissionen verbucht werden. Wir haben das kurz nach­gerechnet. Das entspricht circa der Fläche des Burgenlands an Wald, was im Jahr dort an CO2 gebunden wird.

Also das ist schon ein riesiger Schritt, der da gelungen ist. Das ist durch die thermische Sanierung gelungen, das ist gelungen, weil im Neubau hierzulande Niedrigstenergie­häuser, Passivhäuser, Nullenergie- und Plusenergiehäuser produziert werden können. Das sind Häuser, die teilweise schon mehr Energie produzieren, als sie verbrauchen. Da ist Österreich stiller Marktführer. Auch den Menschen, die sich über Jahrzehnte mit diesem Bereich beschäftigen, gehört einmal ein Lob ausgesprochen. Österreich ist da europäischer Spitzenreiter (Beifall bei der ÖVP) und hat gleichzeitig ein Exportgut, das von vielen anderen Nationen angenommen wird.

Ergänzt wird das Ganze durch den Umstieg von der fossilen Heizenergie, wie es Kollege Schmuckenschlager schon gesagt hat, auf erneuerbare Energie. Der 5 000-Euro-Raus-aus-dem-Öl-Bonus ist ein Beispiel dafür. In der Steiermark gibt es seit gestern zusätzlich nochmals 3 700 Euro. Das ist alles wirklich ein großer Anreiz, um da eine Trendwende einzuleiten.

Ein zweiter Emittent ist der Abfallsektor. Ein Appell an die NEOS – Herr Kollege Bernhard ist nicht da (Abg. Bernhard: Doch!) – da! –, da Sie jetzt in der Regierung sitzen: Erhöhen Sie die Recyclingquote in Wien! Es gibt mit 110 Prozent Steigerung im Bereich der Müllverbrennung (Zwischenruf des Abg. Bernhard) zusätzliche CO2-Emittenten. Wenn da besser recycelt wird, kann man in diesem Bereich auch einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. (Beifall bei der ÖVP.)

Die größten Herausforderungen gibt es im Verkehrsbereich. Da gibt es auch viel zu tun. Ich zitiere jetzt noch schnell zweimal die Bundeshymne. Das erste Zitat lautet: „liegst dem Erdteil du inmitten“. Das hat damit zu tun, dass Österreich in der Mitte des europäischen Kontinents viel Verkehr und auch viel Transit hat und uns natürlich durch den Kraftstoffexport auch viel an CO2-Werten angerechnet wird, obwohl der CO2-Ausstoß gar nicht in Österreich stattfindet.

Da wird viel getan. Die Frau Ministerin hat die gesamten Maßnahmen schon erwähnt: Eisenbahninfrastruktur, Förderung der E-Mobilität, der aktiven Mobilität. Auch das muss


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 302

aber so funktionieren, dass es für alle leistbar ist, nämlich nicht nur im urbanen Raum, sondern auch im ländlichen Raum.

Viele Ziele konnten erreicht werden, neue Ziele werden wir brauchen. Das wird alles selbstverständlich viel Mut brauchen, und es wird nicht durch das Heraufbeschwören einer Endzeitstimmung oder Apokalypse gelingen. Jetzt zitiere ich das zweite Mal die Bundeshymne – und das ist vielleicht auch ein Antrieb, wie wir die Klimakrise bewältigen können –: „Mutig in die neuen Zeiten [...], arbeitsfroh und hoffnungsreich“. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesministerin. – Bitte.


22.09.15

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeord­nete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu später Stunde! Ich muss noch einen Ergän­zungspunkt anbringen. Es steht ja auch die Novelle des Emissionszertifikategesetzes auf der Tagesordnung. In dieser Novelle geht es vorrangig um den verwaltungs­techni­schen Rahmen für die nächste Periode, also 2021 bis 2030, aber – Kollege Keck hat es schon hervorgehoben – das bahnbrechende neue Instrument findet sich im Ministerrats­vortrag.

Das möchte auch ich noch einmal hervorheben, da es tatsächlich das Ergebnis einer langjährigen intensiven Debatte in Österreich ist und wir uns als Bundesregierung jetzt dazu committet haben, dass wir im ersten Halbjahr 2021 – das zur Zeitlichkeit  zwei neue Instrumente schaffen.

Das ist erstens ein neues Instrument, mit dem wir die Dekarbonisierung der Industrie unterstützen wollen, insbesondere der energieintensiven Industrie, die für den Standort Österreich wichtig ist. Was die Voest schon einmal gezeigt hat, nämlich dass man mit einer neuen Technologie aus Österreich den Weltmarkt bestimmen kann, das müssen wir jetzt ein zweites Mal schaffen: mit emissionsfreier Stahlproduktion aus Österreich zum Weltmarktführer in dieser Technologie zu werden.

Das machen wir jetzt ein zweites Mal, aber dazu braucht es Unterstützung. Deswegen haben wir das im Ministerrat für ein konkretes Projekt der Voest schon auf den Weg gebracht, deswegen brauchen wir aber ein Unterstützungsinstrument, mit dem wir vor allem auch Mittel aus der Europäischen Union hebeln können, den Innovationsfonds der Europäischen Union hebeln können. Wir brauchen ein Instrument, das so ausgestaltet ist, dass Unternehmen, die in Investitionszyklen von zehn, 15, 20 Jahren und länger denken, gerade in der Stahlproduktion, dieses Instrument auch nutzen können, das also langfristig ausgelegt ist und in der Unterstützung auch kreativer wird.

Wir müssen uns also auch darüber unterhalten, wie wir Stichwort Contracts for Diffe­rence, eine Diskussion, die wir in Deutschland industriepolitisch schon sehr intensiv führen auch Unterstützung schaffen, solange das klimafreundliche Produkt noch nicht das wettbewerbsfähigste ist. Dorthin bewegen wir uns, für diese Zeit aber brauchen wir eine Unterstützung.

Das zweite Instrument, das wir auf den Weg bringen wollen, schließt nahtlos an einen Teil des Konjunkturpaketes an, den wir mit 100 Millionen Euro ausgestattet haben. Es ist eine Unterstützung für einkommensschwache Haushalte in Österreich, für die Ener­giekosten ein Thema sind. Das ist also auch ein Instrument insbesondere für einkom­mensschwache Haushalte, die investive Maßnahmen, die man in der Gebäudesanierung,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 303

im Heizkesseltausch bräuchte, nicht aus eigener Kraft stemmen können – also auf anderer Ebene eine ähnliche Problematik.

Das hilft uns auch, den Verbrauch fossiler Energien zu ersetzen und vor allem das gilt nämlich in der Mobilität wie in der Wärme wie in der Gebäudedämmung  Betriebs­kosten, laufende Kosten zu senken und damit auch Haushaltseinkommen zu entlasten. Das ist das zweite Instrument, das wir im ersten Halbjahr 2021 auf den Weg bringen wollen.

Ich bin überzeugt, dass wir damit zwei wichtige Bausteine in diesem großen Projekt: Österreich klimaneutral bis 2040, Österreich zukunftsfit und klimafreundlich ab 2021, auf den Weg bringen können. Ich wollte es deswegen noch einmal besonders unter­streichen. Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

22.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hörl. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)


22.13.05

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich spreche heute zur Novelle des Emissionszertifikategesetzes. Sie ist überfällig, sie ist notwendig, sie kommt aber auch zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt. Sie haben es selber erwähnt: Gerade tagt der Rat in Brüssel und es gibt in diesen Tagen auch die UNO-Klimakonferenz.

Die Gerüchte, die man hört, sehen Sie positiv. Ich fürchte, wir reden von derzeit 200 Mil­lionen gekauften Zertifikaten, und die Gerüchte gehen in Richtung 600 Millionen, wenn die Ziele massiv erhöht werden. Bei der Voest, die Sie auch erwähnt haben, reden wir vielleicht von einer Verzehnfachung der Zertifikate.

Sie haben recht, natürlich ist es ein ganz großes Projekt, das Wasserstoffprojekt bei der Voest, das ein Jahrzehnt dauern wird. Wir reden dabei aber vom dreifachen Jahres­haushalt des Bundeslandes Tirol, also von 10 bis 12 Milliarden Euro. Ich gratuliere Ihnen, wenn wir da etwas weiterbringen. Wenn man dies alles hört, dann kommt einem das Wort Abwanderungsschutz in den Kopf, weil wir da auch Arbeitsplätze zu halten haben.

Nun aber zurück zu dieser Novelle: Damit wird die Zuteilung von Emissionszertifikaten für die nächste Periode geregelt, der Anspruch auf Gratiszuteilung von Emissions­zertifi­katen geregelt, auch gesonderte Regelungen für die Aufnahme neuer Marktteilnehmer werden gemacht  sehr wichtig , verwaltungsrechtliche Anpassungen werden gemacht; und was für uns ganz wichtig ist: das Bekenntnis der österreichischen Bundesregierung, ein Instrument zur Unterstützung von energieintensiven Industrien zu schaffen, denn das ist dringend notwendig und dient dem Schutz von Arbeitsplätzen.

Sehr geehrte Frau Minister! Letztes Jahr gab es bei den Koalitionsverhandlungen ziem­liche Aufregung. In Ihrem Kreis diskutiert man ja auch, die Zertifikate auf den Verkehr umzulegen. Wenn ich naturgemäß die Seilbahnen hernehme: Da gab es riesige Aufregung, denn Ischgl hat für 150 000 Euro, eine relativ kleine Summe, Zertifikate gekauft. Man hat dort 40 Hektar Zirben gesetzt, 100 Prozent Ökostrom bei den Seilbahnen, Erdwärme und Fotovoltaikanlagen sind dabei, und dann hat man noch Zertifikate für 150 000 Euro gekauft und das Skigebiet als klimaneutral dargestellt. Es gab während der Koalitionsverhandlungen eine riesige Aufregung beim Klubobmann der Tiroler Grünen. Da frage ich mich natürlich: Gilt das dann auch für Skigebiete? Ist das dort unanständig oder nicht? Ich glaube schon, dass das auch zulässig ist.

Ihnen, Herr Bernhard, sage ich: Machen Sie sich keine Sorgen um den Tourismus! Es gibt eine Untersuchung des Umweltbundesamtes, in der klar und deutlich herausgestellt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 304

ist, dass die Urlaubsarten Wander- und Skiurlaub  Skiurlaub noch mehr  den gering­sten ökologischen Footprint haben. Wir sprechen von 21 Prozent eines Fluges nach Spanien: 21 Prozent der Treibhausgasemissionen eines Fluges nach Spanien macht eine Woche Urlaub in Österreich aus; wenn Sie mit dem Zug kommen, sogar nur noch 7 Prozent. Machen Sie sich da also keine Sorgen! Dazu habe ich auch eine ganz tolle Statistik (ein Balkendiagramm zeigend): Sechs Tage Skifahren verursacht einen gleich großen Fußabdruck wie eine halbe Stunde Jetskifahren auf dem Meer. Ich glaube, da kann man weiterarbeiten. Wir sind mit der ÖBB in Verhandlung mit Railjet zum Schnee, mit Nightjet zum Schnee –, wir arbeiten da also weiter und sind stolz, dass wir wirklich etwas zusammengebracht haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Für mich ist Ökologie auf lange Sicht zweifellos Ökonomie. Ich bin für ein schrittweises Vorgehen, step by step, und für realisierbare Ziele im Sinne des Standortes und der Arbeitsplätze. Das ist für uns ganz wichtig, denn unsere Industrie, unsere Wirtschaft sind der Motor unseres Wohlstandes. Wir dürfen nie vergessen: Österreich verursacht 0,02 Prozent des Weltklimaproblems, Deutschland 2,2, die Europäische Union 10 Pro­zent und zahlt 40 Prozent für die Lösung; die Relationen sollten wir also nicht vergessen.

Ich denke, ein Green Deal wird nicht ohne technische Entwicklungen und Innovationen machbar sein, deshalb: Zäumen wir das Pferd nicht von hinten auf, sorgen wir zuerst für Innovation, für Entwicklung, dann tun wir uns auch bei den Klimazielen leichter. Frau Bundesminister, Sie werden es nicht glauben, die Seilbahnwirtschaft kann Ihnen da ein Vorbild sein! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Hörl gibt Bundesministerin Gewessler eine Tafel mit einer Grafik. Heiterkeit des Präsidenten Sobotka. Allgemeine Heiterkeit.)

22.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung über diese Tagesordnungspunkte verlege ich an das Ende der Ver­handlungen über die Vorlagen des Umweltausschusses.

22.17.3731. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (406 d.B.): Änderun­gen des Protokolls von 1998 zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend persistente organische Schad­stoffe (503 d.B.)

32. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über die Regierungsvorlage (467 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Chemikaliengesetz 1996, das Bundeskriminalamt-Gesetz, das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009 und das Biozidproduktegesetz geändert werden (504 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu den Punkten 31 und 32 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung zu Punkt 31 erteile ich der Berichterstat­terin, Frau Abgeordneter Rössler, das Wort. – Bitte. (Abg. Rössler: Herr Präsident, muss ich da nach oben?) – Normalerweise oben, aber Sie können heute bitte vom Rednerpult aus sprechen.


22.18.47


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 305

Berichterstatterin Dr. Astrid Rössler: „Ich bringe folgende Druckfehlerberichtigung zum Bericht des Umweltausschusses in 503 der Beilagen vor:

1. Im erzählenden Teil des gegenständlichen Ausschussberichtes wird das Wort ‚unionsrechtliche‘ jeweils durch das Wort ‚nichtunionsrechtliche‘ ersetzt.“ (Zwischenruf des Abg. Bösch.)

„2.: Die Ziffer 2 des Ausschussantrages lautet wie folgt:

2. Der nichtunionsrechtliche Teil der Änderungen dieses Staatsvertrages ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.“


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke für die Ausführung.

Auf eine mündliche Berichterstattung zu Punkt 32 wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rauch. – Bitte sehr.


22.19.41

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Frau Minister, Sie haben den Hausverstand strapaziert. (Abg. Jakob Schwarz: Jetzt kommt ein Lob!) – Jetzt kommt ein Lob, genauso ist es. Der Hausverstand ist natürlich sehr, sehr entscheidend für die Politik, für die Menschen und auch dement­sprechend in der Werbung.

Was aber würde der Hausverstand machen? So ist die Frage immer: Was macht der Hausverstand? – Der Hausverstand würde den Transitverkehr von der Straße auf die Schiene verlegen. Was würde der Hausverstand noch machen? – Die Nahverkehrs­mil­liarde einsetzen, das würde er machen. Was würde der Hausverstand noch machen? – Den Ausbau der erneuerbaren Energie vorantreiben, das würde er machen. Was würde er noch machen? – Das 1-2-3-Ticket würde er umsetzen. Das sind Ihre Ankündigungen.

Jetzt, nach dieser Regierungszeit – von Beginn an ist es mehr als ein halbes Jahr, ein Dreivierteljahr insgesamt, also fast ein Jahr jetzt, das Sie schon hatten – würde der Hausverstand das einmal umsetzen. Und da fehlt es. Warum fehlt es an der Um­setzung? – Ganz einfach, weil Sie einen Koalitionspartner haben, der ganz anders denkt. Das ist der entscheidende Punkt. Er denkt anders, handelt anders. Man merkt es auch an den Ausführungen des Kollegen Hörl. Das ist ja positiv  ich gratuliere zu dieser tollen Rede, die du hier gehalten hast , aber nichtsdestotrotz passt das mit Ihren Einstellun­gen, Frau Minister, nicht zusammen. Da gibt es also eine Divergenz.

In allen Ehren, Sie sind budgettechnisch sehr gut ausgestattet. Jetzt geht es nur darum, wie Sie dieses Budget irgendwann auch verbrauchen werden können. Das wird die Schwierigkeit an dieser Geschichte werden. Wir werden Sie natürlich daran messen, in welcher Art und Weise Sie das umsetzen. Das Entscheidende ist ja, wie sozial ver­träglich man mit diesem Budget umgeht. Mit der NoVA-Novelle, mit diesem NoVA-Gesetz haben Sie bewiesen, dass Sie überhaupt nicht sozial verträglich agieren. Sie belasten die Familien, Sie belasten die Unternehmen und Sie gefährden den Wirtschafts­standort. Das ist das Problem an dieser Geschichte, und das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Sie belasten die Menschen, die Bürger wesentlich mehr, und das kann es in dieser Art und Weise unseres Erachtens nicht sein.

Sie haben von der Entlastung der Haushalte gesprochen – guter Ansatz, unterstreiche ich. Das wäre wirklich wichtig, vor allem in dieser Coronakrise, bei all den Maßnahmen, die getroffen wurden. Die Menschen sind natürlich verunsichert durch das, was diese Regierung in den letzten Monaten gemacht hat, und sie sind auch unsicher, was die Zukunft betrifft. Es ist daher sehr, sehr wichtig, die Haushalte entsprechend zu entlasten und vor allem den Familien und den Bürgern eine Perspektive zu geben. Das ist das


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 306

Entscheidende, und da habe ich nach dieser Maßnahme, die Sie jetzt mit der NoVA-Novelle gesetzt haben, entsprechend wenig Vertrauen, dass Sie das auch ernst neh­men.

Ich komme noch zu einem anderen Tagesordnungspunkt von heute, das ist das Chemi­kaliengesetz. Diesem Gesetz werden wir natürlich zustimmen, denn es ist eine gute Maßnahme in diesem Bereich. Da geht es um Arbeitnehmerschutz und auch um den illegalen Handel mit fluorierten Treibhausgasen. Dem werden wir natürlich zustimmen. Bei anderen Punkten haben wir leider wenig Überschneidungspunkte. (Beifall bei der FPÖ.)

22.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Rössler. – Bitte.


22.23.26

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Ich setze an dem Punkt fort, an dem ich die Verlesung der Berichtigung vorhin beendet habe, denn aus der Berichtigung unions­rechtlich/nichtunionsrechtlich kann man für den Antrag zu den persistenten organischen Luftschadstoffen schon ableiten, dass das tatsächlich in einem internationalen Kontext steht und es daher eben nicht genügt, dieses Thema nur unionsrechtlich, sozusagen europarechtlich zu regeln, sondern es bedarf dazu vielmehr einer möglichst weltweiten Kooperation. Es handelt sich nämlich um weiträumige, grenzüberschreitende, luftverun­reinigende Schadstoffe, die tatsächlich schwer gesundheitsgefährdend sind.

Das beruht bereits auf der Genfer Konvention aus 1979, und es geht ganz konkret um Gesundheitsschutz, der im Verhältnis zu stark giftigen, stark toxischen Luftschadstoffen wichtig ist. Diese Genfer Konvention mit ihren acht Folgeprotokollen ist Teil des Gegen­standes, über den wir heute hier entscheiden. Daran anknüpfend gibt es noch das Stock­holmer Protokoll aus 2001, in dem damals die zwölf giftigsten und schädlichsten persis­tenten organischen Schadstoffe aufgelistet und verboten worden sind.

Warum braucht man so etwas? – Was sich hinter der Abkürzung POP verbirgt, ist in Wahrheit ein sehr ernstes und wichtiges Thema. Es sind hoch gesundheitsschädigende, lang wirksame Schadstoffe, die langlebig sind, widerstandsfähig gegen Abbauprozesse und daher sehr lange in der Umwelt nachweisbar. Sie sind sehr volatil und können an Gas- und Staubpartikeln über weite Entfernungen vertragen werden, das heißt, man findet sie praktisch bereits auf der gesamten Erde. Sie sind nicht biologisch abbaubar, sie sind nicht wasserlöslich und gelangen daher über das Gewebe in Tier und Mensch. Sie sind nachweislich in der Muttermilch von Tier und Mensch und schwer gesund­heitsschädigend. Sie sind kanzerogen, sie führen zu Immundefekten, sie akkumulieren sich im Körper von Tier und Mensch. Daher braucht es ganz dringend internationale Abkommen, um genau diese schädlichen Substanzen zu eliminieren, die Produkte und ihre Verwendung zu eliminieren und zu stoppen.

Es fallen Produkte wie DDT darunter, das sicher das bekannteste und vielen aus früheren Zeiten ein Begriff ist. Heute sind es PCBs, das sind polychlorierte Biphenyle, die nach wie vor in Kondensatoren, Hydraulikflüssigkeiten, Weichmachern von Ober­flächen, Dichtungen und Lacken vorkommen und daher nach wie vor präsent sind. Beim Abbruch von Gebäuden, bei Defekten in derartigen Anlagen besteht höchste Gefahr, allerhöchste Gefahr. Es gibt Sicherheitsvorschriften, wonach bei der Verwendung von PCBs in bewohnten Gebieten einschließlich Schulen und Krankenhäusern alle Maß­nah­men zu treffen sind, um elektrotechnische Störfälle zu verhindern, die zu einem Brand führen können. Anlagen sind regelmäßig auf Undichtheiten zu überprüfen. Das ist also ein ernstes und wichtiges Thema, daher lade ich die Abgeordneten von der Freiheitlichen Partei noch einmal ausdrücklich ein, diesem Antrag doch zuzustimmen, denn es geht


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um den ganz wichtigen Gesundheitsschutz. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ecker. – Bitte.


22.27.09

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Vorsitzender! Frau Ministerin! Persistente organische Schadstoffe sind schwer abbaubare Substanzen, welche leicht in den mensch­lichen Körper eindringen und dort schwere Krankheiten verursachen können, wie meine Vorrednerin schon ausgeführt hat. Im Rahmen der Stockholmer Konvention wurde noch vor der Jahrtausendwende erstmals eine Liste der gefährlichsten POP-Substanzen erstellt und ein Verbot dieser Stoffe in jenen Ländern durchgesetzt, welche diesen Staatsvertrag ratifiziert haben.

Diese Vereinbarung kann man zweifelsohne als einen der wichtigsten internationalen Meilensteine im Klimaschutz betrachten. Da laufend neue Stoffe dazukommen und neu entdeckt werden, wurde es notwendig, die Liste mit den gefährlichen Substanzen anzupassen. Mit dem heutigen Beschluss ratifizieren wir in Österreich diese aktuelle Liste.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, als dieses Abkommen ausverhandelt wurde und die erste POP-Liste erstellt wurde, fanden sich auf dieser Liste zwölf Substanzen. Diese Substanzen werden auch heute noch als das dreckige Dutzend bezeichnet. Interessant ist für mich dabei, dass es sich beim dreckigen Dutzend zum großen Teil um Pflanzenschutzmittel handelt. Diese Steilvorlage ist für mich als glühende Kämpferin für ein Totalverbot von Glyphosat natürlich Wasser auf meine Mühlen. Einmal mehr wird ersichtlich, wie wichtig es ist, diese gefährlichen Stoffe einzudämmen, und vor allem, wie wichtig es wäre, in Österreich endlich ein Totalverbot von Glyphosat auf den Weg zu bringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wenn wir hier im Hohen Haus bereits zweimal Beschlüsse für ein Verbot gefasst haben, wird es nicht umgesetzt. Des Weiteren musste ich den Medien entnehmen, dass Landwirtschaftsministerin Köstinger im Flieger nach Brüssel gerne ihre Bindung, welche sie vom Bundesrat erhalten hat, vergisst und dort nichts mehr von der ablehnenden Haltung gegenüber Pestiziden wissen will. – Frau Ministerin, es kann doch nicht in Ihrem Sinne sein, dass eine Kollegin von Ihnen in Brüssel für Pestizide lobbyiert! Das ist doch eigentlich ein Skandal. (Beifall bei der SPÖ.) Das war doch auch nicht der parla­men­tarische Auftrag, den wir ihr mitgegeben haben! Nein, ganz im Gegenteil! Ich erinnere mich an den runden Tisch, zu dem Sie eingeladen haben, der sehr, sehr konstruktiv war und wo wir eigentlich etwas ganz anderes besprochen haben.

Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass die Stockholmer Konvention klar aussagt, dass im vollen Umfang nach alternativen Substanzen geforscht werden soll, welche für Menschen und Organismen ungefährlich sind. Daher wundert es mich auch, dass im Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft gegen meinen Antrag gestimmt wurde, welcher die Erforschung von alternativen Pflanzenschutzmitteln zum Ziel hatte. Das finde ich sehr schade. Hier stellen sich ÖVP und Grüne hinter die Chemiekonzerne, Frau Minis­terin, und mein Hausverstand sagt mir: Das ist nicht gut für die Umwelt und schon gar nicht für die Gesundheit der Menschen in unserer Republik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berlakovich. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 308

22.30.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollegin Rössler ist auf das POP-Abkommen eingegangen, das eigentlich sozusagen nur Eingeweihten ein Begriff ist, das aber gleich­zeitig ein Beweis dafür ist, wie im Lauf der Jahre und Jahrzehnte doch Fortschritte in der Umweltpolitik erzielt wurden.

Bei diesen persistenten organischen Schadstoffen handelt es sich um wirklich sehr gefährliche Substanzen, wie wir gehört haben. Für Mensch und Tier sind sie auch auf­grund der Langlebigkeit sehr gefährlich. Der springende Punkt ist, dass diese Stoffe über weite Distanzen verbreitet werden. Sie werden wohl in Industrieländern erzeugt, finden sich aber in entlegenen Teilen der Welt wie beispielsweise in der Antarktis, wo derartige Substanzen überhaupt nicht verwendet werden. Das zeigt einmal mehr, dass in diesem Bereich, genauso wie im Klimaschutz, weltweites Agieren notwendig ist, und das pas­siert ja auch durch dieses POP-Abkommen.

Natürlich sind da verschiedenste Substanzen betroffen. Sidestep zur Landwirtschaft: Der Bauer ist auf die Wissenschaft angewiesen, und die Wissenschaft muss sagen, ob ein Mittel verwendbar ist oder nicht. Der Bauer ist nicht der Chemiker, der das analysiert, sondern er muss sich darauf verlassen können, dass ein Mittel ein Zulassungsverfahren durchläuft, wie bei einer Impfung, ganz genauso ein Zulassungsverfahren, an dessen Ende man dann sagen kann: Ja, das kann man anwenden – oder auch nicht. Niemand stellt sich da hinter die Pflanzenschutzmittelindustrie. Tatsache ist, dass wir in einem Wettbewerb stehen und Pflanzenschutzmittel auch einsetzen, um konkurrenzfähig zu sein – sowohl Biobauern als auch konventionelle Landwirtschaft. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Aber darum geht es mir gar nicht, sondern es geht darum, dass es richtig ist: Wenn Substanzen gefährlich sind, müssen sie aus dem Verkehr gezogen werden. Das wird in diesem Gesetz festgeschrieben.

Der zweite Gesetzentwurf hat zum Inhalt, mehrere Gesetze – Chemikaliengesetz, Bun­des­kriminalamt-Gesetz und so weiter – zu ändern, weil es um die Marktüberwachung von gefährlichen Stoffen geht, die vielleicht illegal in den Handel kommen und die auch für Arbeitnehmer gefährlich sein können. Beispiele: Bei der gewaltigen Explosion im Hafen von Beirut waren derartige Substanzen involviert, auch im Zusammenhang mit dem Terroranschlag in Wien wurden derartige explosive Substanzen illegal gehandelt. Es soll verhindert werden, dass derartige Substanzen gehandelt werden und es zu gefährlichen Situationen kommt.

Wenn wir von gefährlichen Schadstoffen und auch von grenzüberschreitender Luftver­unreinigung sprechen, müssen wir natürlich auch von den Treibhausgasen und vom Klimaschutz insgesamt sprechen. Mir geht es darum, dass wir hier im Hohen Haus diese Dinge emotionslos und sachorientiert diskutieren. Die Ministerin und die Bundesregie­rung bemühen sich, dass wir Klimaschutz vorantreiben und in Brüssel eben höhere Ziele haben. Das ist gut. Dann muss man aber ideologische Scheuklappen ablegen und sich diesem Thema so nähern: Wie können wir wirklich von diesen fossilen Energieträgern wegkommen?

Wenn Frau Abgeordnete Herr sagt, dass Finnland und Schweden Vorbilder im Klima­schutz sind, dann begrüße ich das, denn Finnland und Schweden betreiben, so wie Österreich, eine nachhaltige Forstwirtschaft, seit Jahrhunderten, und wir nutzen weniger Wald, als jährlich zuwächst. Sie können sich vielleicht ein Fußballfeld vorstellen. In Österreich wachsen jährlich 4 700 Fußballfelder an Wald dazu! Das ist fast unglaublich, aber das ist Tatsache. Bei uns wachsen in etwa 30 Millionen Festmeter Holz zu, und wir nutzen 26 Millionen Festmeter. Das heißt, in Österreich wächst immer mehr Wald zu. Es


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 309

ist natürlich wichtig, die Biodiversität zu schützen, Artenschutz zu betreiben, aber auch, den Wald zu pflegen und zu nutzen.

Mein eindringlicher Appell an das Hohe Haus ist: Windkraft ja, Fotovoltaik ja, Geothermie ja, aber vergessen Sie nicht die Biomasse! Vergessen Sie sie nicht; sei es, dass sie aus Reststoffen gewonnen wird, sei es, dass sie aus der Abfallwirtschaft lukriert wird, sehr wohl aber auch aus Substanzen der Land- und Forstwirtschaft. Wie sollen wir schwaches Holz, geschädigtes Holz anders verwerten als für Wärme, Verstromung oder andere erneuerbare Energien?

Greening the Gas im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz zu implementieren wäre ein großes Anliegen  Sie wissen das , aber auch, Holzgas und Holzdiesel zu produzieren. Letztere setzen bei der Verbrennung ungleich weniger CO2 frei als das fossile Erdgas.

Auch Biotreibstoffe sind ein Thema. Wir haben viel über den Verkehr diskutiert. Mein Fazit: Natürlich sind Radfahren und Zufußgehen gut, auch der Verzicht auf das Auto ist gut – wir haben das jahrelang propagiert, und Elektromobilität ist sicher eine Perspektive –,viele Menschen werden aber nach wie vor mit dem Auto fahren, und daher ist es sinnvoll, die Treibstoffe ökologischer zu machen und auch biogene Treibstoffe beizu­mischen.

Der Biokraftstoffbericht besagt ja, dass wir in etwa 1,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen, indem wir den fossilen Treibstoffen biogene Treibstoffe beimischen. Stellen wir also E10 oder auch B10 her und nutzen wir dafür Schadstoffe! Es geht nicht darum, hochwertige Lebensmittel zu verspritten, wir haben aber oft Mais, der verpilzt ist, der nicht einmal als Futtermittel verwendet werden kann, und diesen kann man dafür verwenden, oder Altfette, Altspeiseöle. Österreich ist da Technologieführer. Nutzen wir das bitte, das ist mein Appell an alle Parlamentsparteien! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.


22.36.21

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wenn wir hören, dass es in Europa Hunderttausende Tote durch Lungenerkrankungen gibt, wenn wir hören, dass es volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von Milliarden Euro gibt, und wenn wir das im Jahr 2020 hören, dann denken wir an die Covid-19-Pandemie. In Wahrheit ist es aber so, dass wir das, was diese Hunderttausenden von Toten und diese volkswirtschaftlichen Schäden in Milliardenhöhe jedes Jahr aufs Neue verursacht, schon viel länger akzeptieren: Luftverunreinigungen.

Das war in der Vergangenheit, in früheren Dekaden, noch viel schlimmer, es ist aber in Wirklichkeit so, dass die Luftqualität in Europa noch nicht überall gut ist, und je nach Wetterlage oder anderen Umständen ist sie unterschiedlich. Wir können noch nicht behaupten, dass wir ein System geschaffen haben – ein wirtschaftliches System, ein Mobi­litätssystem, ein Energiesystem –, das unsere Bevölkerung gesund hält. Es gibt Bundes­länder in Österreich, die stärker von Luftverschmutzung betroffen sind – wie zum Beispiel Tirol oder der Großraum Graz –, und es gibt andere, die weniger stark betroffen sind.

Internationale Abkommen sollen bewirken, dass jene persistenten organischen Schad­stoffe, die wirklich toxisch sind, reduziert, eingeschränkt, verhindert werden. Sie beschäf­tigen sich damit, wie wir auf verschiedene Schadstoffe in Zukunft ganz verzichten können, und sind enorm wichtig, weil sie die Weltgemeinschaft mitnehmen. Sie sind aber natürlich nur die Spitze des Eisbergs. Wenn wir über die Frage reden, wie es um unsere Luftqualität steht, dann reden wir über klassische Umweltpolitik, über industrielle Land­wirtschaft, über industrielle Prozesse, über Reifenabrieb – egal ob von einem E-Auto oder


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 310

einem mit Verbrennungsmotor –, wir reden von ganz, ganz vielen Dingen, die wir Schritt für Schritt verbessern müssen.

Wir wissen, dass Kinder in bestimmten Regionen in Österreich, in bestimmten Regionen in Europa heute eine erhöhte Wahrscheinlichkeit haben, eine Lungenerkrankung zu bekom­men, weil dort die Luft schlechter ist. Aus unserer Sicht, der Sicht von NEOS, ist das kein Zustand, der akzeptabel ist. Wir müssen jeden Tag aufs Neue daran arbeiten, dass das in Zukunft besser wird. Wenn Sie das machen, Frau Ministerin, haben Sie unsere volle Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Laimer. – Bitte.


22.38.56

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Mit der Änderung des Chemikaliengesetzes wird, wie schon erwähnt, unter anderem Unionsrecht umgesetzt. Unser Fokus liegt dabei natürlich ganz beson­ders auf dem Arbeitnehmerschutz, insbesondere auch auf einer verbesserten Ausstat­tung der Chemikalieninspektion und der Arbeitsinspektion. Die enge Abstimmung zwischen der Klima- und der Arbeitsministerin ist dabei ebenfalls von großer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, generell ist der Klima- und Umweltschutz nicht nur die größte globale Herausforderung der Zukunft, sondern untrennbar mit der sozialen Frage verbunden. Klimafragen sind natürlich auch soziale Fragen.

Der Klimaschutz wird alle Lebensbereiche durchdringen müssen, stets aber im Hinblick auf die großen wirtschaftlichen Veränderungen und das Tempo der Digitalisierung. Klimaschutz muss für uns alle leistbar sein, um die nötige Akzeptanz in der Gesellschaft zu erreichen und auch zu erhalten. Dabei sind Chancen wie Green Jobs, aber auch Risken wie more of the same abzuwägen und auszubalancieren, wobei das Steuern der Klimapolitik mit einer ökosozialen Steuerreform Ziel unserer Handlungen bleiben muss. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Erderwärmung und Klimakatastrophen rücken immer näher und nehmen einen spür­baren Verlauf auf unserem Planeten. Dieses Faktum als Wetterkapriolen abzutun wäre fahrlässig und unverantwortlich gegenüber all den Lebewesen auf diesem Globus. Es genügt auch nicht mehr, in Alternativen zu denken, es muss nun auch gehandelt wer­den – in Österreich, in Europa, auf der ganzen Welt.

Dabei stehen wir uns aber, wenn man ehrlich reflektiert, leider oft selbst im Weg. Eine wirtschaftlich etablierte und globale Konsumgesellschaft – von der Philosophie her eine Wegwerfgesellschaft – handelt eben nicht oder viel zu wenig nachhaltig und umwelt­schonend. Über Jahrzehnte wurde Wohlstand durch Vermehrung von Gütern propagiert, ohne Rücksicht auf die Ressourcen wurde viel menschliches Elend bei der Produktion in sogenannten Entwicklungsländern geschaffen.

Mit einem ernst gemeinten Klimaschutz muss auch ein neues Handeln in Wirtschafts­beziehungen einhergehen. Undurchsichtige, steuervermeidende Konzernstrukturen werden wohl nicht die Welt retten, sondern nur die Aktienbesitzer glücklich machen. – Daher: vom Wegwerfen zur Reparatur, vom Konzernprofit einiger weniger zum fairen Handel für die vielen!

Fünf Jahre Pariser Klimaabkommen: Es waren fünf durchwachsene Jahre. Schon die nächsten fünf Jahre werden darüber entscheiden, ob wir endlich in die richtige Klima­schutzspur kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Prinz. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 311

22.42.14

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! In der Regierungsvorlage zur Änderung des Chemikaliengesetzes geht es in erster Linie um wirksamere Bekämpfungsmöglichkeiten des illegalen Handels und anderer Verstöße gegen die Regulierung fluorierter Treibhausgase und darum, einen entsprechenden Beitrag zum österreichischen und unionsweiten Reduktionsplan zu leisten, um diesen auch umsetzen zu können.

FCKW werden vor allem in Klimaanlagen, Kühlgeräten und so weiter eingesetzt. Sie sind zwar in wesentlich kleineren Mengen vorhanden, aber dafür wesentlich gefährlicher als andere Treibhausgase, als zum Beispiel Methan oder CO2. Vergleicht man Zahlen aus dem Jahr 2018 betreffend illegalen Import von FCKW nach Europa und rechnet man das auf CO2 um, so entspricht das einem Wert von 16 Millionen Tonnen importiertem CO2, oder anders gesagt, dem Ausstoß von vier Kohlekraftwerken oder 4 Millionen Autos. In Österreich sind zum Beispiel 5 Millionen Pkws zugelassen. Allein aus diesem Grund ist dieses Gesetz ein ganz wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Ein zweiter Aspekt ist die Verbesserung im Bereich der Kreislaufwirtschaft, damit man diese Erzeugnisse und Materialien in Zukunft besser recyceln kann und damit auch saubere Produkte erzeugen kann, sprich Produkte, in denen diese Chemikalien nicht mehr verwendet werden.

Durch einen der Hauptbestandteile dieses Gesetzespaketes soll der Zugang zu Aus­gangsstoffen für Explosivstoffe durch Einführung eines Genehmigungssystems erschwert werden. Diese Ausgangsstoffe, beispielsweise Salpetersäure oder Wasserstoffperoxid, eignen sich ja durchaus zur Herstellung von Sprengstoffen mit einfachen Mitteln. Sie werden leider immer wieder von Kriminellen und Terroristen bevorzugt verwendet.

Es wird zukünftig eine Dokumentationspflicht für Unternehmen geben, die Ausgangs­stoffe an andere Unternehmen liefern. Verdächtige Transaktionen, Abhandenkommen und Diebstahl sind in eine nationale Kontaktstelle, die beim Bundeskriminalamt ange­siedelt wird, einzumelden. – Das ist ein wesentlicher Bereich. Wenn wir daran denken, dass kriminelle und terroristische Aktivitäten weltweit zugenommen haben, dann ist dieser Teil des Gesetzes ein wesentlicher Schritt in Richtung mehr Sicherheit für unsere Bevölkerung.

Nehmen wir Klimaschutz ernst, dann müssen wir alles tun, um die vorhandenen Bio­masseressourcen in Österreich nachhaltig einzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.45


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

22.45.13Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 29 bis 32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen der Berichte des Umweltausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Bevor ich in den Abstimmungsvorgang eingehe, frage ich, ob es geht. – Gut, es ist Bereitschaft signalisiert worden.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Antrag des Umweltaus­schusses, den Fortschrittsbericht 2020 nach § 6 Klimaschutzgesetz, vorgelegt von der


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 312

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie, III-206 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Entwurf betreffend EZG-Novelle 2020 samt Titel und Eingang in 505 der Beilagen.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist die Mehr­heit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den darf ich um ein Zeichen ersuchen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Umweltausschusses, dem Abschluss des Staats­ver­trages: Änderungen des Protokolls von 1998 zu dem Übereinkommen von 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung betreffend persistente organi­sche Schadstoffe, in 406 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfas­sungs­gesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Weiters lasse ich über den Antrag des Umweltausschusses in der Fassung der vor­ge­brachten Druckfehlerberichtigung abstimmen, wonach der nichtunionsrechtliche Teil der Än­de­rungen dieses Staatsvertrages im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 Bundes-Verfassungs­gesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Chemikaliengesetz, das Bundeskriminalamt-Gesetz, das Fluorierte Treibhausgase-Gesetz und das Biozidproduktegesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 467 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

22.47.4033. Punkt

Bericht des Ausschusses für Konsumentenschutz über den Antrag 1031/A(E) der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lebensmittel­verschwendung verhindern (501 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zu Punkt 33 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Petra Wimmer. – Bitte.


22.48.00

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wir be­schäftigen uns zu später Stunde mit Lebensmittelverschwendung. Lebensmittelver­schwendung ist ein großes Problem und ein Anliegen, mit dem ich mich auch in meiner beruflichen Laufbahn beschäftigt habe.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 313

Über viele Jahre war ich in einer Sozialeinrichtung beschäftigt und habe dort schon vor rund 20 Jahren angefangen, mit regionalen Händlern Kooperationen einzugehen, um Lebensmittel, die übrig sind, die nicht mehr verwertet werden, die abgelaufen sind, abzuholen und im Tageszentrum für Obdachlose zu verkochen, oder den Bewohnern einer Notschlafstelle zur Verfügung zu stellen und diese mit Lebensmitteln zu versorgen.

Wir waren zu diesem Zeitpunkt Pioniere und wirkliche Idealisten, weitgehend die Einzi­gen, die sich damit beschäftigt haben, denen das ein Anliegen war und die sich diese Mühe gemacht haben.

In den letzten Jahren haben sich viele gute Systeme entwickelt. Die Abholung von Lebensmittelüberschüssen durch Sozialmärkte und Tafeln hat sich etabliert, und das ermöglicht nun auch Menschen, die sich einen Einkauf in einem normalen Supermarkt nicht leisten können, sich in diesen Märkten mit dem Notwendigsten zu versorgen.

Dieser Einsatz ist auf vielen Ebenen sehr wichtig, denn wir alle sind in der Ver­antwor­tung, Vorbilder zu sein und vorzuleben, dass Lebensmittel auch nach dem Ablaufdatum etwas wert sind. Es ist wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass jeder Konsument mit seinem eigenen Einkaufsverhalten einen Beitrag dazu leisten kann, Lebensmittel­verschwendung einzudämmen.

 Sehr geehrte Damen und Herren! Neben all diesen Bestrebungen, die vorhandenen Lebensmittel bestmöglich zu verwerten und zu verbrauchen, müssen aber auch die Landwirtschaft und die Produktion in den Fokus genommen werden. Es kann nicht die Lösung sein, weiterhin so zu produzieren, dass ein Drittel der Lebensmittel im Müll landet. Selbst in allen Sozialmärkten und Tafeln dieser Welt kann diese Menge nicht verwertet werden – vieles muss auch von diesen wieder entsorgt werden, und das ist nicht das Ziel. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Abgabe von überschüssigen Lebensmitteln ist nicht die einzige Lösung. Man muss sich die gesamte Wertschöpfungskette vom Anfang bis zum Ende realistisch ansehen – nur ein gesamter Aktionsplan macht in diesem Bereich Sinn.

Sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsfraktionen! Wir wollen ein aktives Vor­gehen gegen Lebensmittelverschwendung, wir wollen konkrete Maßnahmen und Schritte, wir wollen einen konkreten Maßnahmenplan. Im ursprünglichen Antrag des Kollegen Peter Wurm sind diese klar und deutlich ausgeführt und sie finden unsere volle Zustim­mung. Leider bringen Sie als Regierungsparteien aber auch dieses Mal wieder einen Antrag ein, der hauptsächlich eine Absichtserklärung ist und keine konkreten Schritte festmacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Diesem Antrag werden wir als SPÖ nicht zustimmen. Daten und Evaluierungen gibt es schon genug. Was wir jetzt brauchen, ist ein konkreter Aktionsplan und sind konkrete Handlungen. Sie können uns gerne positiv damit überraschen – überzeugt sind wir davon nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

22.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fischer. – Bitte.


22.51.37

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Es ist die Frage, ob man um diese Uhrzeit noch Aufmerksamkeit bekommen kann (Abg. Wurm: Meine hast du!), aber ich denke, beim Thema Lebensmittelverschwendung schon, denn das geht uns alle an, da wollen wir alle gemeinsam etwas tun.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wenn wir bei dem Thema ansetzen, dann muss man sagen, das schaffen wir nur gemeinsam: gemeinsam mit dem


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 314

Handel, gemeinsam mit den Produzenten und auch gemeinsam mit unseren Bauern. Ich glaube, es ist richtig, wenn wir uns bestimmte Bereiche anschauen. Zum Beispiel wissen wir nicht genau, wie viele Abfälle wir tatsächlich in der Produktion erzeugen. Wir wissen nicht genau, wie die Wertschöpfung bei den Landwirten funktioniert. Es ist wichtig, dass es da eine Datenanalyse gibt. Es ist wichtig, dass es einen Aktionsplan von karitativen Organisationen, von Herstellern, von Händlern gibt, damit wir gemeinsam etwas gegen die Lebensmittelverschwendung tun können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Ich möchte eine kleine, aber wichtige Aktion hervorstreichen (zwei kleine Flaschen mit der Aufschrift „Bio“ in die Höhe haltend): Einige Abgeordnete haben, sagen wir es einmal so, mit dem Nationalratspräsidenten gesprochen, und gemeinsam wurde in unserer Kantine umgesetzt, dass lokale Produkte zu bekommen sind. Das hat einen großen Vorteil - - (Zwischenrufe der Abgeordneten Schellhorn und Rössler.) – Alles gut! – Wir können es nur gemeinsam schaffen. Das ist die Macht der kleinen Schritte, denn wir überzeugen nicht alle an einem Tag – so ist es halt. (Beifall bei Abgeordneten von Grünen und ÖVP.)

Worum es geht: Wenn ich zum Beispiel in einem Dorfladen einkaufe und der lokale Landwirt, der Bauer, also der, der verkauft, hat das bei ihm im Ort erzeugt und ich kaufe das, dann gehe ich damit wertvoll um und es wird wenig weggeschmissen. Ich glaube, darum geht es. Wenn wir in einen Diskonter gehen und um 19 Uhr die schwarzen Säcke sehen, dann wissen wir, dass es sich so nicht ausgehen kann.

Wir müssen Lebensmittel wieder als Lebensmittel sehen und erkennen, dass Lebens­mittel auf den Teller gehören, wertvoll aufgehoben gehören – im Kühlschrank, im Keller – und nicht in die Tonne gehören. Wir sind jetzt in der Weihnachtszeit: Bitte verschenken wir, teilen wir, verkochen wir, aber schmeißen wir nicht mehr so viel weg. Wir können es alle gemeinsam schaffen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.


22.54.43

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Viel­leicht noch einmal kurz, worum es heute bei diesem Tagesordnungspunkt geht: Es geht um die Lebensmittelverschwendung. Um die Zahlen auch noch einmal greifbar zu machen: Wir sprechen in Österreich von geschätzt 1 Million Tonnen an verschwendeten Lebensmitteln jährlich. Das sind in etwa 30 000 Lkw-Ladungen an Lebensmitteln jährlich oder knapp über 80 Lkw-Ladungen täglich, Lebensmittel, die weggeschmissen werden, die aber grundsätzlich noch einen Wert haben und daher eigentlich sinnlos wegge­schmissen werden.

Um auch noch einmal zu erklären, warum wir heute so hier stehen: Wir von der Oppo­sition haben einen fix fertigen Antrag im Konsumentenschutzausschuss eingebracht, und die Regierungsparteien – das ist schon der Vorwurf an die beiden Kollegen von der ÖVP und von den Grünen – haben selbst einen Auftrag an die Regierung geschrieben, um etwas Ähnliches zu machen, allerdings mit viel heißer Luft und ohne konkrete Maßnahmen.

Um das auch noch einmal kurz zu erklären: Wir haben oder ich persönlich habe 2016 den ersten Antrag geschrieben, der im Prinzip sogar mit einigen NGOs gemeinsam gebastelt wurde. Damals hat es noch eine rot-schwarze Koalition gegeben. Minister Rupprechter hat die ersten Anstöße gemacht, und dann ist sehr, sehr viel eingeschlafen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 315

Um dieses Problem der Lebensmittelverschwendung in den Griff zu bekommen, muss man einfach auch konkrete Maßnahmen setzen. Natürlich fehlt das Zahlenmaterial und, und, und, aber alles, was Ihr von der Regierung nun fordert, ist eine Aufforderung an euch selbst. Da sollte schon mehr kommen, damit wir uns da einen Schritt weiter bewegen.

Wie gesagt, es ist ein riesiges Problemfeld, und da muss man auch klarstellen: Der größte Verschwender ist im Prinzip der Haushalt, der private Konsument, der rund 50 Prozent – wir sprechen immer nur von Schätzungen – der Verschwendung verur­sacht. Rund die Hälfte dieser Verschwendung findet also im Haushalt statt. Das hat viel Ursachen, das muss man ehrlicherweise auch sagen. Es hat sich natürlich vieles verändert, heute wissen viele zum Beispiel nicht mehr, wie man aus Restln, sage ich einmal, von Lebensmitteln noch eine sinnvolle Mahlzeit machen kann. Das würde in den Schulen anfangen, dass man auch einmal den Wert von Lebensmitteln und das Kochen damit erklärt. Bei diesen Themen haben wir als Konsumenten schon auch sehr viel Schuld. 20 Prozent der Verschwendung in etwa finden bei der Lebensmittelproduktion statt, dann haben wir noch 15 Prozent bei der Landwirtschaft, 10 Prozent in etwa dann noch im Lebensmittelhandel und 10 Prozent in etwa in der Gastronomie.

Wir haben oder ich habe auch einige konkrete Vorschläge gemacht, und da muss man auch wieder sagen, lieber Kollege Weidinger, da seid ihr gefordert. Wir sollten die Ge­setze, die derzeit bei uns in Österreich gelten, wirklich möglichst rasch ändern, damit dieser Abfall zumindest wieder für die Tierfütterung hergenommen werden kann – das ist den Bauern in Österreich nicht erlaubt. Da habt ihr schon eine Verantwortung und auch einen Zugang. Früher war das der berühmte Sautrog, so hat das geheißen. Das heißt, es gibt Lebensmittel, hochwertige Lebensmittel, die in der Tierfütterung – bei den Hendln, bei den Schweinen – sinnvoll eingesetzt werden könnten.

Die Regeln und Gesetze, die ihr von der ÖVP gemacht habt, verhindern das, und das ist eigentlich wirklich, wenn man sich die Mengen, von denen wir sprechen, anschaut, ein Verbrechen an der Natur. Das müsst ihr schnell ändern – und nicht einen Antrag an euch selbst schreiben, dass ihr das evaluiert und dass ihr euch mit allen Stakeholdern, wie es so schön heißt, zusammensetzt. Es ist notwendig, da konkrete Maßnahmen zu treffen, in Verbindung, sage ich bewusst, mit der Landwirtschaft, die bei euch ist, und auch mit der Wirtschaftskammer kann man da einiges machen. Diese Dinge muss man voran­treiben.

Im Moment läuft es so – für die, die das nicht wissen –: In der Gastronomie zum Beispiel muss man als Gastronom Geld für die Entsorgung von nach wie vor wertvollen Lebens­mitteln zahlen, damit diese dann in der Biogasanlage vergast werden. Also sinnloser kann man hochwertige Lebensmittel im Prinzip eigentlich nicht mehr verwerten – das ist in dem Fall fast ein Schimpfwort. Es gibt da einfach Maßnahmen, die ihr von der ÖVP setzen könnt. Die Grünen sollten da ein bisschen mehr Druck machen, die Frau Minister, die sich sonst sehr, sehr für den Klimaschutz einsetzt. Frau Minister, Sie kennen die Studien – auch da sind es Schätzungen –: Wenn man die weltweite Lebensmittel­ver­schwendung zusammenrechnet, ist diese der drittgrößte CO2-Emittent nach China und den USA. Das ist also auch im Klimaschutz ein riesiger Bereich. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Mir geht es einfach darum, dass man Lebensmittel sinnvoll einsetzt, und da muss man wirklich hinschauen und auch Gesetze verändern. Bitte nicht böse sein, aber wir können dem Antrag von euch nicht zustimmen, weil er in Wahrheit heiße Luft ist! Ich bin aber gerne bereit – ich glaube, auch alle anderen Oppositionsparteien –, und das ist meine Aufforderung, dass wir miteinander ein konkretes Maßnahmenprogramm machen und dann die Frau Minister auffordern, das umzusetzen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 316

So ist es leider ein Lippenbekenntnis. Es gibt viele, viele sinnvolle Dinge, die gemacht worden sind – die Kollegin von der SPÖ hat es gesagt –, aber man muss auch die Relationen kennen: In den Sozialmärkten wird nicht einmal 1 Prozent der verwertbaren Lebensmittel weitergegeben. Nicht einmal 1 Prozent! Das heißt, das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, der Rest wird sinnlos verschwendet.

Da sollten wir gemeinsam etwas tun. In diesem Fall eine freundliche Aufforderung an die Regierungsparteien: Bitte wirklich konkret mit uns arbeiten! Dann können wir auch kon­kret etwas verbessern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Peter Weidinger. – Bitte.


23.00.59

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Ich glaube – und da gab es in den Rede­beiträgen der Vorredner auch ganz klare Bekenntnisse dazu –, dass uns das Problem bewusst ist. Wir haben ein Problembewusstsein dafür, dass weltweit circa 1,3 Milliarden Tonnen jährlich an Lebensmitteln verschwendet werden, leider nicht dem Konsum zugeführt werden, sondern der Mensch schmeißt sie in erster Linie weg und gibt damit eigentlich einer Wertigkeit, die wir aus der Natur heraus geschaffen haben, nicht die Würde, nämlich sich selbst nicht die Würde und dem Lebensmittel nicht jene Achtsam­keit, die es sich verdient hätte.

Deswegen ist das wirklich ein zutiefst verständliches gesellschaftspolitisches Thema und Anliegen. Ich fasse einerseits die Ablehnung dieses Antrages der Frau Kollegin Wimmer als auch jene des Kollegen Wurm natürlich ein bisschen traurig auf, weil es eine wichtige gemeinsame Thematik ist, aber ich habe bei beiden Vorrednern herausgehört, dass wir uns ja alle dessen bewusst sind, dass wir das nur gemeinsam schaffen können.

Aus diesem Grund haben wir auch klar einen Antrag formuliert, der hier vorliegt, dass man diesen Aktionsplan gemeinschaftlich entwirft und erarbeitet, nämlich mit der Wirt­schaft, mit der Landwirtschaft, mit den Konsumentinnen, mit den Konsumenten gemein­sam, weil diese Thematik auch nur gemeinschaftlich zu lösen ist.

Wir haben heute auch schon darüber gesprochen, dass wir den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen eine besondere Bedeutung beimessen. Dazu bekennen wir uns auch vollumfänglich.

Ich möchte daran erinnern, dass in Österreich 2017 die Initiative Lebensmittel sind kost­bar initiiert und gestartet wurde, der sich freiwillig sehr, sehr viele Lebensmittel-, vor allem -handelsunternehmungen mit angeschlossen haben, sich Sozialbetriebe mit angeschlossen haben, um auch einen Beitrag zu leisten, dass Lebensmittel einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden sollen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ein ganz wichtiger Punkt dabei, meine Damen und Herren, ist, dass man den Lebens­mitteln auch eine Wertschätzung und einen fairen Preis entlang der gesamten Wert­schöpfungskette angedeihen lässt. Auf den Einwand, den du, Herr Abgeordneter Wurm, Richtung Landwirtschaft vorgebracht hast, wird dann noch mein Kollege vonseiten der Landwirtschaft im Detail eingehen. Es ist notwendig, dass wir vom Bauern bis hin zur Verkäuferin eine durchgängige gemeinsame Linie und ein diesbezügliches Verständnis haben.

Ich möchte an eine Sache erinnern, die leider immer wieder im Alltag passiert, nämlich dass halt sehr oft vom Ablaufdatum gesprochen wird, das mit dem Mindesthaltbar­keits­datum verwechselt wird, das heißt, es werden leider sehr, sehr viele Lebensmittel einfach


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unachtsam weggeschmissen, weil der eine oder andere den Kühlschrank aufmacht, ein Joghurt herausnimmt und dann sieht: Aha, okay, das Joghurt ist eigentlich abgelaufen! Das ist sehr schade und ein Auftrag an uns alle, dass wir hier für die Konsumentinnen und Konsumenten wieder ein Bewusstsein dafür schaffen, dass man selbst auf den eigenen Hausverstand vertraut. Man macht einfach das Joghurt auf, man riecht daran und merkt, das Joghurt macht viel Freude, macht viel Spaß, man kann es noch genießen, man schmeißt es nicht weg.

Wir haben hier einen strukturierten Plan mit der Errichtung einer nationalen Koordinie­rungsstelle, mit einer Verbesserung der Datenbasis vorgelegt, denn wir bekennen uns ganz klar zu einem wissenschaftlichen Arbeiten. Dazu ist es notwendig, dass wir auch evidenzbasiert Zahlen, Daten und Fakten ausarbeiten. Wir hoffen, dass wir Sie alle hier im Hohen Haus als Partner für diese wichtige Initiative gewinnen können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.04


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner. – Bitte.


23.05.02

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Sehr ge­ehrte Zuseher! Ja, das ist das Problem mit der ÖVP: Das Problembewusstsein ist da, aber ihr tut nichts. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Wie so oft, wenn die Regierung bei der Untätigkeit erwischt wird, lehnen Sie einen Antrag der Opposition ab und bringen dann einen nichtssagenden Antrag ein, eine Blendgranate. Somit habt ihr wieder mehr Zeit, dass ihr mit der Untätigkeit weitermachen könnt.

In Österreich werden bis zu einer Million Tonnen Lebensmittel jährlich weggeschmissen. Die Zahlen erschrecken. Dies passiert entlang der gesamten Wertschöpfungskette, vom Landwirt bis hin zum Konsumenten, vieles davon wäre vermeidbar. Dabei sticht aller­dings ins Auge, dass bei Weitem am meisten von den Konsumentinnen und Konsumen­ten weggeschmissen wird. In Österreich werden Brot und Gebäck, gefolgt von Obst und Gemüse sowie Milchprodukte am häufigsten entsorgt.

Mit einem Anteil von mehr als der Hälfte des Gesamtgewichts der Lebensmittelabfälle sind die Haushalte an trauriger erster Stelle. Pro Person werden in Österreich jährlich 33 Kilo Lebensmittelabfälle erzeugt. Das entspricht, wenn man es umrechnet, pro Haus­halt circa 250 bis 800 Euro, die jährlich im Müll landen.

Es sind dringend Schritte notwendig – ja, Herr Kollege (in Richtung Abg. Weidinger), es sind Schritte notwendig –, deswegen auch unser Antrag: Wir fordern eine nationale Strategie und einen „österreichweiten Umsetzungsplan mit dem Ziel einer Halbierung der Lebensmittelabfälle bis 2030“.

Um in den Haushalten Lebensmittelabfälle zu vermeiden, wäre eine erweiterte Liste der Lebensmittel, die kein Mindesthaltbarkeitsdatum benötigen, sinnvoll. Da würden wir direkt beim größten Brocken ansetzen und Abfälle vermeiden.

Aber auch in der Landwirtschaft könnte man viel ändern und Abfall verhindern. So wäre eine genaue Analyse dessen, welche Marktschranken es gibt, die Obst und Gemüse aufgrund von Standards vom Markt fernhalten, durchzuführen.

Vielleicht muss man aber auch darüber nachdenken, ob es wirklich notwendig ist, gerade in der Haupterntezeit, wenn Rekordernten angesagt sind, billige Lebensmittel aus dem Ausland zu importieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Eine Aktualisierung des österreichischen Aktionsplans inklusive der Erstellung einer nationalen Strategie gegen die Lebensmittelverschwendung unter Berücksichtigung der


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gesamten Wertschöpfungskette ist auch schon längst überfällig. Also bitte helfen Sie uns, Lebensmittelabfälle zu vermeiden!

Frau Minister, richten Sie das bitte dem Herrn Gesundheits- und Konsumenten­schutz­minister aus: Es ist höchste Zeit zu handeln! (Beifall bei der FPÖ.)

23.08


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Felix Eypeltauer. – Bitte.


23.08.27

Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Viele von uns haben den Film „We Feed the World“ von Erwin Wagenhofer gesehen. Der Film beginnt mit dem Kommentar eines österreichischen Landwirts zum Sterben der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, zu den Folgen von Agrarsubventionen.

Daraufhin sehen wir, wie ein Kornfeld gemäht wird. Wir sehen, wie der Rohstoff abtrans­portiert wird, und im Anschluss daran große Mengen von Brot auf dem Weg zum Sammellager für die Entsorgung. Das Brot wird, obwohl genießbar, in einem Kraftwerk zur Wärmeerzeugung verheizt.

Jetzt bin ich mit meinen 28 Jahren kein Kind einer Kriegsgeneration und musste im Gegensatz zu vielen Menschen in den Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte, aber auch zu den 600 000 Menschen in Österreich, die sehr wohl in ihrem Leben Hunger leiden müssen, in meinem Leben noch keinen Hunger leiden, aber die Szenen in diesem Film haben sich bei mir auf der Festplatte eingebrannt. Sie sollen uns alle aufrütteln.

Mein oberösterreichischer Landsmann, der große Musiker Hubert von Goisern, singt: 

„aber hoazen toan ma woazen und de ruabn und den kukuruz wann ma lang so weiter hoazen brennt da huat“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir Brot verheizen, dann brennt der Hut!

Das ist ja kein auf Brot reduziertes Problem. Unsere Handelsketten, die uns jetzt in der Krise auch in kritischen Phasen die Nahrungsmittelsicherheit so vorbildlich garantiert haben, werfen tagtäglich gute und brauchbare Lebensmittel zu Tonnen in den Mist. Das gilt nicht nur für die Handelsketten, das gilt auch – es wurde schon angesprochen – für viele Privathaushalte in Österreich. Insofern bin ich dankbar dafür, dass die FPÖ – Kollege Wurm – das Thema mit ihrem Antrag hier ins Hohe Haus gebracht hat und dass die Regierungsfraktionen sich dann im Ausschuss dazu entschlossen haben, dieser Sache ein Go zu geben.

Ich bin überzeugt davon, dass wir in Österreich unsere Anstrengungen diesbezüglich tatsächlich verstärken sollten – nicht nur weil ich und wir NEOS Vergeudung und Ver­nichtung von genießbaren Lebensmitteln per se für moralisch grundlegend falsch halten, sondern auch, weil wir in Frankreich gesehen haben, dass es sehr wohl möglich ist, Wege zu gehen, dass Menschen, die in Armut leben, noch viel stärker unterstützt werden.

All das muss durchdacht sein, und es muss auch von den relevanten Akteuren aus der gesamten Erzeugungs- und Vertriebskette begleitet werden, denn es hat keinen Sinn, wenn man aus dem Elfenbeinturm eines Ministeriums ein Bürokratiemonster erschafft, das dann letzten Endes keine Wirkung zeigt oder vielleicht sogar Haftungsprobleme nach sich zieht.

Ich bin überzeugt davon, dass es möglich ist, in diesem Punkt über alle Parteigrenzen hinweg zu einer Lösung zu kommen. Ich bin überzeugt davon, dass es gut und richtig


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ist, wenn wir das gemeinsam unterstützen, und dass es auch gut ist, dass man mit einem Aktionsplan und einem Prozess gemeinsam mit allen Stakeholdern beginnt, weil sich etwas tun muss. Es ist wirklich beschämend, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie viele Menschen in Österreich tatsächlich an Lebensmittelknappheit und Hunger leiden, während wir weiterhin Lebensmittel wegschmeißen.

Ich wünsche der Bundesregierung und uns allen hier alles Gute und viel Erfolg bei diesem Projekt. – Danke. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Wurm.)

23.11


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Astrid Rössler. – Bitte.


23.12.01

Abgeordnete Dr. Astrid Rössler (Grüne): Es ist heute noch kein Buch präsentiert worden – vielleicht zu später Stunde ein wenig zur Auflockerung: Das ist das neue Buch (das genannte Buch in die Höhe haltend) „Wirf mich nicht weg – Das Lebensmittel­sparbuch“. Es nennt sich „Das Lebensmittelsparbuch“ und enthält mehr als 333 nach­haltige Rezepte und Ideen gegen Lebensmittelverschwendung. Es hat am rückwärtigen Bucheinband einen Saisonkalender, also man weiß auch, worauf man sich einlässt. Es ist eine wunderbare Lektüre und auch zu Weihnachten zu verschenken, denn es zeigt, dass man bei dem Thema natürlich auch im Haushalt ansetzen muss. An alle, die sagen, dass man an allen Ecken der gesamten Wertschöpfungskette der Lebensmittel ansetzen muss: Das teile ich zu 100 Prozent.

Der Aktionsplan richtet sich auch nur auf den ersten Blick an den Handel. Wenn man das, was im Ausschuss für Konsumentenschutz einstimmig beschlossen wurde, genauer durchliest, erkennt man, dass er sich in Wahrheit natürlich an den Handel richtet, aber auch an die ProduzentInnen, an die Verarbeitung und an karitative Organisationen, die derzeit wertvolle Arbeit leisten.

Kollege Hanger – ich sehe ihn jetzt nicht –, wir haben uns schon einmal darüber unterhalten: Wir sind beide in Tafeln tätig und wissen aus der Praxis, was es bedeutet, die Lebensmittel einzusammeln und zu verteilen oder auch zu verarbeiten, wie Kollegin Wimmer erzählt hat. Da ist viel Gutes passiert. Ich teile auch den Gedanken des Kollegen Eypeltauer, dass man nicht von oben herab einfach ein fertiges neues System schaffen soll, sondern man muss schon auch die karitativen Organisationen, die derzeit tätig sind, miteinbeziehen. Vor wenigen Tagen fand ein erster runder Tisch mit den Tafeln und sozialen Einrichtungen in Österreich statt, um einmal die Bedürfnisse in diesem Bereich abzufragen.

Information und Bewusstseinsbildung sind ganz wichtige Bestandteile, gerade auch, wenn es darum geht, im Haushalt Abfälle zu vermeiden, denn dort findet tatsächlich die große Verschwendung statt.

Das Paket halte ich für sehr gut, und es ist insofern ambitioniert, als es sich an alle Beteiligten richtet. Die Halbierung der Menge der Lebensmittelabfälle ist das Ziel, und das ist auch eines der Nachhaltigkeitsziele, die wir heute schon genannt haben.

Der Aktionsplan hat eine soziale Dimension, wenn es darum geht, von Armut betroffene Menschen zu unterstützen, denn das Wegwerfen und Vernichten von genusstauglichen Lebensmitteln ist schlichtweg inakzeptabel. Wir dürfen uns als Gesellschaft nicht erlauben, dass wir, wenn noch Not da ist, Lebensmittel vernichten.

Der Aktionsplan und die Rettung und Verwendung der Lebensmittel haben auch eine volkswirtschaftliche Dimension, wenn es darum geht, den Anbau, die Erzeugung, die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 320

Verarbeitung und letztlich auch die Verpackung nach der Zustellung am Ende nicht im Abfall landen zu lassen, denn auch das ist inakzeptabel.

Es gibt auch eine ganz wichtige ökologische Dimension – Bodennutzung, Ressourcen­verbrauch –, und nicht zuletzt ist dabei auch das Thema Klimaschutz ein ganz wichtiger Bereich.

Ich wünsche mir, dass uns das Thema hier im Hohen Haus noch oft beschäftigt – auch mit Fortschritten – und dass vielleicht der oder die eine oder andere an diesem Buch Gefallen findet. Ich verschenke heuer einige davon zu Weihnachten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.15


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Alexandra Tanda zu Wort gemeldet. – Bitte.


23.15.43

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Diese Rede ist ein Appell zu später Stunde, damit alle aufwachen – ein Appell an uns, an Sie, an die Zuhörer, sofern es um diese Uhrzeit noch welche geben sollte, und ein Appell an die Vernunft.

Wir alle wissen, dass Lebensmittel wertvoll sind – das haben wir heute schon oft gehört –, aber handeln wir persönlich auch danach? Kollege Wurm hat gesagt, dass die Hälfte der Abfälle in den privaten Haushalten anfällt. Das sind wir alle, das sind die Menschen draußen, das sind die Zuseher. Wenn ich am Abend um fünf vor sieben in den Super­markt gehe und reihenweise warmes Brot in den Regalen sehe, das sicherlich nicht mehr verkauft wird, dann finde ich das bedenklich und fahrlässig für die Umwelt, auch den Mitmenschen gegenüber.

Wie können wir dieses Problem nun lösen? – Damit sich etwas ändert, braucht es zwei Säulen: einen gesetzlichen Rahmen, den wir heute gemeinsam schaffen – bei dem leider nicht alle mitgehen werden –, und Bewusstseinsbildung und Verhaltensänderung bei den Konsumenten. Das ist sehr wohl möglich.

Wir haben schon viele Zahlen gehört, aber ich möchte noch andere Zahlen nennen: Wir produzieren Lebensmittel und CO2, und dann werfen wir einen Teil der Lebensmittel weg – und produzieren wieder CO2. Auf 28 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen werden Lebensmittel produziert, die unverbraucht entsorgt werden. Allein in Österreich landen – eine kleinere Zahl nun – 175 000 Tonnen Lebensmittel im Müll. Diese Zahl kommt aber nur aus Großküchen und Großbetrieben.

Wenn diese Zahlen zu plastisch sind, dann möchte ich das einmal kleiner machen und am Beispiel der Stadt Innsbruck veranschaulichen: In Innsbruck betreiben wir, das Rote Kreuz Innsbruck, seit zweieinhalb Jahren mit circa 55 Freiwilligen die Team Österreich Tafel. 25 Freiwillige sammeln jeden Samstag mit drei Transportern in vier Touren Le­bensmittel von 15 bis 20 teilnehmenden Händlern ein. In den letzten zweieinhalb Jahren wurden so 230 Tonnen Lebensmittel an Bedürftige abgegeben. 9 600 Abholer versorg­ten damit sich selbst und ihre Angehörigen. Insgesamt 30 750 Menschen konnten so in diesem Zeitraum versorgt werden.

Was bleibt trotzdem übrig? – Brot. Vier bis zehn Bananenkartons voll werden jeden Montag an die Bauern geliefert. Daher stelle ich abschließend nochmals die Frage: Muss um fünf vor sieben am Abend noch eine große Auswahl an warmem Gebäck in den Geschäften verfügbar sein? – Ich finde nicht. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

23.18



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 321

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Clemens Stammler zu Wort gemeldet. – Bitte.


23.19.02

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Wir haben viele Zahlen gehört, und ich werde noch weitere Zahlen nennen: Es sind 521 000 Tonnen Lebensmittel, die die Haushalte wegwerfen. Es sind 175 000 Tonnen, die in der Gastronomie und in der Hotellerie weggeworfen werden. Einzelhandel und Großhandel werfen 89 000 Tonnen weg, in der Landwirtschaft sind es geschätzt 167 000 Tonnen. Gesamt sind das 952 000 Tonnen – oder wie Kollege Wurm aufgerun­det hat: 1 Million.

Rund 40 Prozent der zum Verzehr erzeugten Kalorien, die in Österreich produziert worden sind, treten wir in die Tonne. Das ist eine Verschwendung, die außerhalb des Lebensmittelsektors so kaum vorkommt. Das ist ungefähr so, als würde man sechs Stück Winterreifen kaufen, vier montieren und zwei einfach wegwerfen.

Das sind 40 Prozent an Ammoniak, die umsonst produziert werden. Da wir beim Thema Klimaschutz sind und über Klimaschutz reden: Wir diskutieren in unseren Ausschüssen eine Ammoniakreduktion, wir riskieren ein Vertragsverletzungsverfahren, wir probieren mühsamst, den Prozentsatz zu drücken, aber 40 Prozent werfen wir in die Tonne; wir diskutieren über Nitratreduktion – 40 Prozent des Nitrats treten wir in die Tonne; Pesti­zidreduktion: 40 Prozent treten wir in die Tonne; 40 Prozent der Transporte treten wir in die Tonne. Gleichzeitig diskutieren wir über das Bauernsterben. Wir könnten ohne Quali­tätsverlust 40 Prozent mehr für Lebensmittel bezahlen, es ginge sich aus!

Ich glaube, wir machen heute tatsächlich den ersten Schritt in die richtige Richtung, und zwar in Richtung Würde. Wir holen uns die Würde zurück und vor allen Dingen holen wir die Würde der Bäuerinnen und Bauern zurück. Diese steht nämlich in Form der von ihnen produzierten Produkte in den Regalen, und auch davon treten wir 40 Prozent in die Tonne.

Ich glaube, es ist an der Zeit, voranzuschreiten. In einer hoch entwickelten Gesellschaft kann es nicht so schwer sein, ein bisschen Logistik in den eigenen Kühlschrank zu bringen. Deshalb noch ein Appell von mir, gerade in der Weihnachtszeit, über die Weih­nachtsfeiertage: Kauft weniger, kauft bessere Qualität, kauft biologische Qualität und genießt diese bis zum letzten Bissen! (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

23.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Hechenberger. – Bitte.


23.22.15

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ganz besonders aber geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! An und für sich ist heute ein guter Tag, da wir im Hohen Haus das Thema Lebensmittelverschwendung breit debattieren und Wege finden wollen, damit zukünftig weniger Lebensmittel verschwendet oder weggeschmis­sen werden.

Einerseits leben wir schon in einer interessanten Zeit: Lebensmittel waren noch nie so billig wie jetzt, gleichzeitig sind noch nie so viele Lebensmittel weggeworfen worden. 1970 hat der durchschnittliche Haushalt noch 35 Prozent des Haushaltseinkommens für Lebensmittel ausgegeben, 2019 sind es unter 10 Prozent.


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Auf der anderen Seite ist das Bewusstsein, dass Lebensmittel mit hohen Standards erzeugt werden, in den letzten Jahren leider Gottes verloren gegangen, und ich denke, dass auch Rabattaktionen in den Lebensmittelmärkten, nach dem Motto: Zahl zwei, nimm drei!, dazu beitragen, dass Lebensmittel achtlos weggeworfen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das heißt, wir schmeißen pro Jahr ungefähr 587 000 Tonnen Lebensmittel in den Müll, das heißt, wir werfen bares Geld in den Müll. Aus diesem Grund bin ich sehr froh über diesen Antrag, über diese Initiative. Es ist der erste Schritt, Bewusstsein zu schärfen, wir müssen aber weitere Schritte setzen, und da möchte ich die Arbeit unserer BäuerInnen ganz besonders positiv erwähnen. Sie gehen in die Kindergärten, in die Klassen der Schulen, sie schaffen Bewusstsein bei den zukünftigen Konsumentinnen und Konsume­nten und wecken so das Bewusstsein dafür, dass Lebensmittel mehr Bedeutung haben müssen. Deshalb: Mein aufrichtiges Dankeschön unseren BäuerInnen für diese sehr wertvolle Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Geschätzte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, jeder kann einen Beitrag leisten. Kaufen wir so viele Lebensmittel, wie wir wirklich brauchen! Es kostet weniger, wir ersparen uns dabei Geld und schonen die Umwelt, weil weniger Ressourcen verschwendet werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.25

23.25.04


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Ich frage die Frau Berichterstatterin, ob sie ein Schlusswort wünscht? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, frage ich die Klubobleute, ob wir gleich abstimmen können? – Dann gehe ich auch so vor.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 33.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Konsumen­ten­schutz, seinen Bericht – es ist der Bericht 501 der Beilagen – hinsichtlich des Entschließungs­antrages 1031/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich für die Kenntnisnahme ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 501 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Aktives Vorgehen gegen Lebensmittel­vers­chwendung“.

Wer sich hierfür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (121/E)

23.26.1034. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (470 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden (547 d.B.)

35. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (477 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird (549 d.B.)


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36. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Antrag 636/A(E) der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine rasche Um­setzung der ÖBB-Elektrifizierung im ÖBB-Rahmenplan 2020-2025 (551 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Tagesordnungspunkten 34 bis 36.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner: Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


23.27.08

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Mobilität ist Freiheit – Freiheit für die Menschen, damit sie sich bewegen können – und öffentliche Mobilität ist Freiheit für alle Menschen, denn sie haben einen Zugang zu öffentlicher Mobilität. Öffentliche Mobilität ist aber auch Umweltschutz, ist Klimaschutz und macht den Menschen weniger Stress als der Individualverkehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Eisenbahn ist die Säule des öffentlichen Verkehrs in Österreich, und daher ist es so wichtig, dass wir heute ein Eisenbahngesetz mitgestalten und beschließen, das ermöglicht, dass der Eisenbahnverkehr gestärkt wird. Wenn wir es schaffen, Verkehre von der Straße auf die Schiene zu bringen, dann ist das ein Nutzen für die ganze Gesellschaft.

Frau Bundesministerin, ich stehe nicht an, zu gratulieren, dass es gelungen ist, betref­fend die Behördenstruktur von allen Bezirkshauptmannschaften zu den Landesregierun­gen zu kommen. Das finde ich richtig, so ein Bereich im Eisenbahnverkehr ist wichtig. Ich bedanke mich bei allen im Eisenbahnverkehr Beschäftigten, dass sie uns auch jetzt in der Coronazeit transportieren. Das sind nicht nur die Menschen in den ÖBB, das sind auch jene bei den Privatbahnen sowie jene, die uns in Bussen, im Postbus trans­por­tieren.

Die Seilbahner haben es derzeit nicht leicht. Sie haben wenig Perspektive, und insofern ist es gut und richtig, dass wir mit der Änderung im Seilbahngesetz eine Hürde weg­räumen. Dazu ist jetzt die richtige Zeit.

Ich habe nicht verstanden, dass die Regierungsparteien unseren Antrag hinsichtlich der Elektrifizierung der Bahnen nicht unterstützen. Ich glaube, da kann man mehr tun. Ihr habt es im Regierungsprogramm, wir wollten das unterstützen.

Abschließend zum nächsten Tagesordnungspunkt, zum Entschließungsantrag, in dem es darum geht, dass behinderte Menschen keinen Nachteil haben, wenn sie den Führerschein machen und Befristungen haben. Ich halte das für wichtig und würde mich freuen, wenn wir da gemeinsam eine Lösung zustande bringen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

23.29


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig ist der nächste Redner. – Bitte.


23.29.47

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Werte Abgeordnete! Österreich ist Bahn­land Nummer eins. (Zwischenruf bei der SPÖ.) 1 500 Kilometer pro Person legen die BahnfahrerInnen in Österreich zurück, das bedeutet, wir sind Nummer eins. Wir sind da ganz klar vor Frankreich, Schweden und Dänemark. Um die Größenverhältnisse richtig


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 324

abzustimmen: In Österreich haben wir 1 749 Kilometer Autobahn und wir haben 5 640 Kilo­meter Bahnnetz.

Der Weg zur heutigen Novelle des Eisenbahngesetzes hat eine lange Zugfahrt hinter sich – nicht immer komfortabel, aber es waren alle an Bord; insbesondere, glaube ich, sehr wichtig: die Sozialpartner und auch der Verein für Konsumenteninformation.

Zu den wesentlichen Inhalten des Eisenbahngesetzes – es wurde schon angesprochen –: Die Zuständigkeitsbereiche für Anschlussbahnen gingen von den Bezirksverwaltungs­behörden auf die Landeshauptleute über, was eine Reduktion von 100 Behörden auf zehn Behörden nach sich zieht.

Zweiter Punkt: Es kommt zu einer wesentlichen Verbesserung der Sicherheit und des technischen Standes. Ich glaube, das ist ein Schritt weiter in Richtung Ausbau eines gemeinsamen europäischen Schienenraums, und das zu einer Zeit, da wir knapp vor dem Jahr 2021 stehen, dem Jahr der Schiene.

Ein sehr wichtiger Bereich ist eine verpflichtende Dienstfreistellung für 72 Stunden von Eisenbahnbediensteten nach schweren Unfällen und auch die Verpflichtung, psycho­logische Hilfe für die Bediensteten anzubieten. Das, werte Damen und Herren, ist ein Meilenstein des Gesetzes, vor allem auch im Wissen darum, welche Belastung ein Schienensuizid für TriebfahrzeugführerInnen ist. Europaweit gibt es 2 500 bis 2 800 Schie­nensuizide, auf Österreich heruntergebrochen sind es 90 bis 100 Fälle pro Jahr.

LokführerInnen müssen mit zwei Schienensuiziden in einem Berufsleben rechnen. Das ist eine unglaubliche Belastung, eine lebenslange Belastung, und dazu kommen auch noch jene Unfälle, die an Eisenbahnkreuzungen passieren, und andere Vorkommnisse. Trotz dieser Belastung muss man weiterarbeiten, deswegen glaube ich, dass es ein ganz wichtiger Bereich ist, dass wir hier auch diese 72 Stunden Dienstfreistellung be­schließen.

An dieser Stelle geht auch ein Dank an die 42 000 ÖBB-MitarbeiterInnen, an alle MitarbeiterInnen der Westbahn, an die MitarbeiterInnen der Regionalbahnen und jene von Bus und Bahn.

Ich möchte auch die Gelegenheit nutzen, einen Abänderungsantrag zum Thema der Behörden einzubringen – ich gehe dann kurz darauf ein –:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig, MBA, MSc, Kolle­ginnen und Kollegen

zu Tagesordnungspunkt 34, Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungs­vor­lage (470 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und das Unfall­untersuchungsgesetz geändert werden (547 d.B.)

*****

Der Antrag wurde verteilt. Im Wesentlichen geht es im Inhalt des Abänderungsantrages darum: Der EuGH hat unter der Ziffer 796/19 vom 12.11. bestätigt, dass es nur eine einzige Sicherheitsbehörde geben darf, die somit in den Angelegenheiten der Triebfahr­zeugführerInnen betreffend die Fahrerlaubnis vorgesehen ist, und somit verschiebt sich die Kompetenz der SCHIG nach einer viermonatigen Legisvakanz direkt in das BMK. – Das sieht der Abänderungsantrag vor.


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Ich freue mich auf breite Zustimmung. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, mit diesem heutigen Schritt im österreichischen Parlament stärken wir die Modernisierung im Schie­nenverkehr europaweit. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

23.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Hermann Weratschnig

Kolleginnen und Kollegen

zu Tagesordnungspunkt 34.), Bericht des Verkehrsausschusses über die Regie­rungs­vorlage (470 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und das Unfall­untersuchungsgesetz geändert werden (547 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden (470 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (547 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel 1 Z 2 lautet § 12 Abs. 2 Z 11:

„11. alle Angelegenheiten des 8., 9., 10. und 11. Teiles einschließlich der Aufsicht über diese Angelegenheiten;“

2. Nach Artikel 1 Z 40 wird folgende Z 40a und 40b eingefügt:

„40a. § 130 samt Überschrift lautet:

„Zuständigkeit

„§ 130. Zuständig für die Ausstellung einer Fahrerlaubnis, für die Aktualisierung von Einzelangaben einer Fahrerlaubnis, für die Erneuerung einer Fahrerlaubnis oder für die Ausstellung eines Duplikates der Fahrerlaubnis sowie für die Entziehung einer Fahr­erlaubnis und die Aussetzung einer Fahrerlaubnis ist die Behörde.“

40b. In den §§ 136 Abs. 2, 137 Abs. 2, 138, 139 Abs. 1 bis 3 und 140 Abs. 1 bis 3 wird die Wortfolge „der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH“ durch die Wortfolge „der Behörde“ ersetzt. Im § 139 Abs. 4 wird die Wortfolge „Die Schie­neninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH“ durch die Wortfolge „Die Behörde“ ersetzt.“

3. Nach Artikel 1 Z 42 wird folgende Z 42a eingefügt:

„42a. Im § 146 Abs. 6 wird die Wortfolge „die Schieneninfrastruktur-Dienstleis­tungsgesellschaft mbH“ durch die Wortfolge „die Behörde“ und im § 147 Abs. 2 wird die Wortfolge „der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH“ durch die Wort­folge „der Behörde“ ersetzt.

4. Nach Artikel 1 Z 49 werden folgenden Z 49a bis 49f eingefügt:

„49a. § 156 Abs. 3 entfällt. Im § 156 Abs. 1 und 2 wird die Wortfolge „Die Schie­neninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH“ durch die Wortfolge „Die Behörde“ ersetzt.

49b. Im § 157 Abs. 2 wird die Wortfolge „Die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungs­gesellschaft mbH“ durch die Wortfolge „Die Behörde“ ersetzt.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 326

49c. Im § 158 lautet der Einleitungssatz und die Z 1:

„Die Behörde hat Vorkehrungen zu treffen, dass auf begründete schriftliche Anfrage

1. dem Landeshauptmann, wenn dies zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nach dem Eisenbahngesetz 1957 erforderlich ist,“

49d. Im § 161b werden die Wortfolgen „die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungs­gesell­schaft mbH“ durch die Wortfolgen „die Behörde“ ersetzt.

49e. Im § 161e Abs. 1 wird die Wortfolge „Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie“ durch die Wortfolge „Die Behörde“ ersetzt.

49f. Im § 161e Abs. 2 tritt an die Stelle des zweiten und dritten Satzes folgender Satz:

„Die Behörde hat in ihrem Zuständigkeitsbereich dafür zu sorgen, dass in den Gutachten dokumentierte Mängel behoben werden.“

5. Im Artikel 1 Z 64 wird dem ersten Satz des § 245 Abs. 13 folgender Satz vorangestellt:

„§§ 12 Abs. 2 Z 11, soweit er die Zuständigkeit nach dem 9. Teil betrifft, 130, 136 Abs. 2, 137 Abs. 2, 138, 139 Abs. 1 bis 3, 140 Abs. 1 bis 3, § 146 Abs. 6, § 147 Abs. 2, § 156 Abs. 1 und 2, 157 Abs. 2, 158, 161b und 161e Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bun­des­gesetzes BGBl. I Nr. xx/202x und der Entfall des § 156 Abs. 3 treten vier Monate nach dem der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/202x folgenden Monats­ersten in Kraft.“

Begründung

Nach der derzeitigen Rechtslage ist die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesell­schaft mbH die für Triebfahrzeugführerangelegenheiten nach dem 9. Teil des Eisen­bahngesetzes 1957 zuständige Behörde. Die Europäische Kommission vertrat die Rechts­ansicht, dass diese Zuständigkeit jedoch gemäß Art. 3 lit. a) der Richtlinie 2007/59/EG (Triebfahrzeugführer-Richtlinie) der nationalen Sicherheitsbehörde, im Konkreten der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Techno­logie, zukommen müsse und hat in der Folge eine Vertragsverletzungsklage gegen die Republik Österreich beim Gerichtshof der Europäischen Union eingebracht.

Der Europäische Gerichtshof hat sich der Rechtsansicht der Europäischen Kommission mit „Urteil vom 12.11.1020-Rechtssache C-796/19“ angeschlossen und erkannt, dass die Republik Österreich gegen Art. 3 lit. a) der Richtlinie 2007/59/EG verstoßen hat. In diesem Urteil hat der Gerichtshof der Europäischen Union auch klargestellt, dass es entgegen der Rechtsansicht der Republik Österreich in einem Mitgliedstaat der Euro­päischen Union nur eine einzige Sicherheitsbehörde geben dürfe. Die Europäische Kom­mission hat nunmehr die Republik Österreich gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV aufgefordert innerhalb von zwei Monaten ab Urteilsverkündung jene Maßnahmen bekannt zu geben, die zur Umsetzung des Urteils gesetzt wurden. Sollte die Republik Österreich keine entsprechenden Maßnahmen setzen könnte die Europäische Kommission in einem nächsten Schritt Strafzahlungen wegen Nichtumsetzung des EuGH-Urteils beantragen.

Um diesem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union zu entsprechen und Strafzahlungen für die Republik Österreich zu vermeiden, werden somit die Zuständig­keiten der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH im 9. Teil des Eisen­bahn­gesetzes 1957 der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nach Ablauf einer viermonatigen Legisvakanz übertragen. Diese Legisvakanz ist notwendig um die erforderlichen personellen und organisato­ri­schen Maßnahmen zu setzen und damit einen reibungslosen Übergang der Zuständigkeiten


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von der SCHIG auf die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sicherzustellen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde an alle Abgeordneten verteilt, auch in den Grundzügen erläutert und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


23.34.22

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ein mir bekannter Lokführer hat mir folgende Situation geschildert: Er hat auf einem Güterzug Nachtdienst gehabt und hat im Scheinwerferkegel seiner Lokomotive auf einmal einen Menschen auf den Geleisen stehen gesehen. Er hat sofort eine Notbremsung eingeleitet, und er hat mir gesagt. Ich habe geschrien: Schleich di, spring weg!, aber das ist nicht passiert. Er hat den Kopf gesenkt und ist dem Zug noch entgegengerannt.

Er hat nur einen dumpfen Aufprall gehört und ist dann etliche Meter später zum Stehen gekommen. Er hat natürlich nachgeschaut, was passiert ist, und hat nur mehr Körperteile dieses Menschen, der Suizid begangen hat, vorgefunden. Er hat dann viele Minuten warten müssen, bis Rettungskräfte eingetroffen sind, weil das, wie er gesagt hat, mitten in der Wildnis war.

Das war vor vielen Jahrzehnten, und da hat es keine psychologische Betreuung ge­geben. Er sagt: Ich denke jetzt noch oft daran, und mir kommt es auch noch öfter im Schlaf unter, wie der auf den Geleisen steht, den Kopf senkt und mir – also dem Zug – entgegenläuft.

Damals hat es geheißen: Nur die Harten kommen durch!, und er hat seinen Dienst weitermachen müssen. Er hat nach einiger Zeit den Beruf als Lokführer quasi auf­gegeben und hat einen anderen Job bei der Bahn angenommen.

Ich denke, die wichtigsten Errungenschaften in diesem Gesetz sind für mich eben die Auf­nahme einer verpflichtenden Dienstfreistellung der Eisenbahnbediensteten für 72 Stun­den nach schweren Unfällen – das hat es damals noch nicht gegeben, die haben ihren Dienst fortsetzen müssen – und – ganz wichtig! – die Verpflichtung, den Bediensteten psychologische Hilfe anzubieten und diese auch durchzuführen.

Der Fall dieses Lokführers hat mir gezeigt, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass jetzt endlich eine menschliche Komponente zum Tragen kommt und dass diesen unschul­digen Lokführern, muss man sagen, die in diese Bedrängnis kommen, da wirklich geholfen werden kann, damit sie das auch für die Zukunft verarbeiten können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.36


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gerhard Deimek zu Wort gemeldet. – Bitte.


23.36.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Gerhard Deimek (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Ich beziehe mich in meinem Beitrag auf die Änderungen im Eisenbahngesetz, die es leichter machen sollen, dass Züge, dass Triebfahrzeuge von einem Land in ein anderes fahren.

Wie ist es denn in der Realität? – Sagen wir, ein Produzent in München möchte ver­schiedene Werkstücke nach Verona transportieren, dort bearbeiten lassen und dann


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wieder zurück in seiner eigenen Werkstätte haben. Was wird er realistischerweise machen? – Egal, was wir hier herinnen uns heute zum Thema Umweltschutz und so weiter wünschen, er wird das Ganze auf einen Lkw laden, der Lkw wird die gut 400 Kilometer nach Verona durchfahren, die Werkstücke werden dort bearbeitet, und, sagen wir, nach einer Woche werden die 400 Kilometer wieder retour gefahren. Das ist problemlos, alles gesetzlich geregelt, sehr einfach. Wie schaut es bei der Eisenbahn aus? – Gerade der Bereich Italien – aber auch Deutschland ist da nicht ohne gewesen – ist komplex. Komplex ist nur ein einfaches Wort gegen das, was sich wirklich abgespielt hat.

Nach zähem Kämpfen und Drücken sind wir heute so weit, dass ein Loktyp – sagen wir einmal ganz pauschal ein Loktyp: die Taurus oder diese Siemens-Maffei Lok – von Ungarn über Österreich in die Schweiz oder nach Deutschland fahren kann, dass sie mittlerweile auch in Italien fahren kann, dass sie in der Slowakei, in Tschechien fahren kann und dass sie auch in Kroatien fahren kann. Das war aber nicht einfach wie beim Pkw, dass das eine Stelle macht, sondern das war ein hochkomplizierter Vorgang. Und wenn man Länder wie Italien oder Frankreich kennt, die ihren Markt auf das Penibelste schützen, weiß man, da kommt es dann auf rote Streifen, silberne Schildchen auf der Seite oder sonst irgendetwas an, wo wir nicht drüberkommen – und zwar nicht einen Monat oder zwei Monate, sondern mehrere Jahre lang.

Darum bin ich sehr froh, dass wir heute dieses Gesetz bei uns umsetzen, aber, Frau Bundesminister, bitte schauen Sie, dass endlich auch die anderen EU-Länder diese Sachen umsetzen! Das ist kein Spaß! Ich meine, die Schwäche der EU hat man ja gerade daran gesehen, dass sie diese Interoperabilität in ihren Mitgliedsländern über weite Strecken nicht zustande gebracht hat und das Ganze dann noch mit dem ETCS übertüncht hat. Das war das gemeinsame Projekt – das war aber nur ein Teil! Das wäre so, als würden wir heute sagen, der Blinker ist in den verschiedenen Ländern das vereinheitlichende Teil im Auto. Der Blinker ist aber gar nichts! Wir fangen einmal beim Motor, beim Antrieb und bei den verschiedenen Sicherheitseinrichtungen an – über die ist aber bei der Lokomotive noch gar nicht gesprochen worden. – So.

Und was ist der „Spaß“ daran? – Spaß gehört aber unter Anführungszeichen. Die Schweiz, die eigentlich kein EU-Land ist, ist mit der flächendeckenden Einführung dieses ETCS eigentlich am allerweitesten. Frau Bundesministerin, setzen Sie sich bitte dafür ein, dass das möglichst rasch umgesetzt wird!

Zum Schluss noch ein Kommentar zu dem Antrag, den wir doch schon heute um 20 Uhr erhalten haben – und dabei geht es ja nicht um irgendein Kinkerlitzchen, damit ver­schieben Sie im Auftrag der EU Funktionen von der SCHIG in die neue Eisen­bahn­behörde. Frau Bundesministerin, ganz egal, ob der Antrag gut oder schlecht ist, da kann das Beste drinnen stehen: So geht man mit der Opposition nicht um! Wenn wir um 20 Uhr einen Abänderungsantrag kriegen und es jetzt ungefähr dreiviertel zwölf ist, dann gehen wir da nicht mit. Das können Sie sich einpanieren oder sonst irgendetwas, das ist un­seriös, und das hat sich das Verkehrsministerium beziehungsweise das BMK nicht verdient. (Beifall bei der FPÖ.)

Und noch etwas: Wenn es sinnvoll ist, Strecken zu elektrifizieren, wie es beispielsweise im Antrag Stöger drinnen ist, dann kann man darüber nachdenken, ob man das wirklich flächendeckend macht oder selektiv, aber irgendwo zurückzustecken und dann gleich­zeitig Elektrifizierungspläne in der Schublade zu haben, das ist mindestens so seriös, wie einen Antrag um 20 Uhr zu verschicken.

Frau Bundesministerin, kommen Sie zur richtigen Arbeit! Schilder auf der Autobahn umdrehen ist keine Arbeit, das ist nur das Vorspiegeln von Arbeit. Wir bräuchten im Verkehrsbereich viele, viele Maßnahmen, vor allem im Schienenbereich. Sie kommen


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nicht zur eigentlichen Arbeit, Sie tun Papiere von links nach rechts und schieben Stellen von A nach B. Das ist keine Arbeit.

Kümmern Sie sich bitte darum, dass österreichische Züge ohne technische Probleme in anderen EU-Ländern fahren können! (Beifall bei der FPÖ.)

23.41


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


23.41.46

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abge­ordnete des Hohen Hauses! Werte ZuseherInnen, falls uns zu so später Stunde noch jemand zuschaut! Ich beginne beim letzten Punkt, weil das, was Kollege Stöger aus der SPÖ-Fraktion mit diesem Antrag fordert, nämlich die Elektrifizierung einer ganzen Reihe von Strecken, passiert! Das sind die guten Neuigkeiten, das haben wir in dem ÖBB-Rahmenplan, den wir auch in diesem Haus diskutiert haben, vorgesehen: Jede einzelne dieser Strecken wird elektrifiziert.

Warum? – Weil wir genau das tun: Wir investieren mit dem ÖBB-Rahmenplan so viel Geld wie nie zuvor in das System Bahn in Österreich, insgesamt 8 Milliarden Euro in neue Projekte, davon 3 Milliarden in dieser Rahmenplanperiode. Also so viel Geld, so viel Unterstützung für die Bahn, von der Infrastruktur über das Ticket (Abg. Deimek: Das Ticket steht? Da sagen aber die Verkehrsverbünde etwas anderes! Ich glaube, das Ticket steht gar nicht!) bis zur Frage Befreiung von der Eigenstromabgabe für den Bahnstrom, so viel wie in den letzten zehn Monaten gab es für die Bahn in Österreich noch nie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf kurz zum Seilbahngesetz beziehungsweise zum Eisenbahngesetz kommen. Die Novelle zum Seilbahngesetz ist eine Anpassung aufgrund der aktuellen Lage: Covid. Wir möchten vermeiden, dass bereits erteilte Konzessionen aufgrund zeitlicher Verzögerung bei der Bauherstellung erlöschen beziehungsweise zeitlich begrenzte Betriebseinstel­lungen dazu führen, dass der öffentliche Verkehr nicht fristgerecht wieder aufgenommen werden kann. Rund um diese zwei Themen bewegt sich diese Novelle – eine Covid-Novelle, die wir hier auf den Weg bringen.

Eine viel gewichtigere Novelle liegt tatsächlich mit der Änderung des Eisenbahngesetzes vor. Ich bin sehr froh, dass wir dieses Gesetzespaket heute hoffentlich mit breiter Unter­stützung auf den Weg bekommen. Wir setzen damit, trocken ausgedrückt, die tech­nische Säule des sogenannten vierten Eisenbahnpakets innerstaatlich um. Damit ändert sich ganz grundlegend die Rollenverteilung zwischen europäischen und nationalen Behörden in der Fahrzeugzulassung, in der Fahrzeuggenehmigung und auch in der Erteilung von Sicherheitsbescheinigungen.

Wir nutzen diese Umsetzung natürlich auch, um Dinge auf den Weg zu bringen, die uns in Österreich helfen. Das ist einerseits – das hat Kollege Stöger schon erwähnt – der Übergang der Kompetenz für die Anschlussbahnen von den Bezirksver­waltungsbehör­den auf den Landeshauptmann. Das ist nicht nur eine Verwaltungsvereinfachung, son­dern auch eine Qualitätssicherungsmaßnahme, die auch von vielen Bezirksverwaltungs­behörden gewünscht wurde. Wir reduzieren Doppelgleisigkeiten in der Ausbildung, wir schaffen erhöhte Transparenz, wir erweitern auch die Monitoringbefugnisse der Eisen­bahnbehörde.

Aber auch für mich eines der zentralsten Elemente dieser Novelle – warum diese Novelle so wichtig und so richtig ist, hat auch das Beispiel, das Abgeordneter Keck auch im Verkehrsausschuss gebracht hat, gezeigt – ist der Punkt der Dienstfreistellung von


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Triebfahrzeugführern und -führerinnen nach schweren Unfällen und das Zurverfügung­stellen von psychologischer Betreuung. Das ist eine Bestimmung, die im Leben von vielen Menschen einen wirklichen Unterschied macht. Deswegen herzlichen Dank auch für die Unterstützung dieser Novelle. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Bitte.


23.45.42

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Dem Gesetz werden wir als SPÖ zustim­men; das ist ein Gesetz, das total in Ordnung ist. Für mich als Personalvertreter bei den Österreichischen Bundesbahnen ist das ganz wichtig, vor allem, was die Triebfahrzeug­führer betrifft. Ich selbst habe das am eigenen Leib schon verspürt, wenn man beim Zugfahren Todesfälle hat, das ist echt nicht einfach, und da muss man dann weiter­fahren. Das ist sicherlich eine ganz, ganz große Belastung. Ich glaube, diese Regelung ist besonders wichtig, wie auch die Regelung, die die technischen Sachen in Europa betrifft.

Frau Bundesminister, ich darf Ihnen gratulieren. Ich möchte noch den Vorschlag machen, dass Sie vielleicht das Finanzministerium übernehmen, weil ich da ein großes Herz für die Gemeinden sehe. Wenn die ÖVP heute einen Antrag eingebracht hat, dass den Gemeinden geholfen wird, dann würde ich mir solch eine Abwicklung wie bei Ihnen jetzt bei den Bundesbahnen wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Opposition sagt jetzt schon ein Dreivierteljahr, dass man bei den Gemeinden etwas machen muss – und das ist jetzt wirklich an die Adresse der ÖVP-Bürgermeisterinnen und -Bürgermeister gerichtet –, aber passiert ist nichts, und jetzt kommt ein Zweizeiler, ein paar Tage vor Weihnachten, wo die Gemeinden die Budgets machen müssen. Ich glaube, das ist eine Zumutung. Verschlaft ihr das wirklich oder wollt ihr das nicht?

Und wenn Herr Obernosterer dann zu mir sagt, die Opposition jammert immer nur – ja, bei solch einer Sache, wie ihr das umsetzt, was sollten wir denn da sonst machen als jammern? Das geht ja gar nicht anders. Was glaubt ihr denn eigentlich, wie das in Zukunft gehen soll? (Beifall bei der SPÖ.)

Also ich würde mir wünschen, dass das so wie bei Ihnen, Frau Minister, gemacht wird. Die Grünen haben leider nicht so viele Bürgermeister – oder für uns Sozialdemokraten Gott sei Dank –, aber ich würde mir wünschen: Übernehmen Sie in Zukunft das Finanz­ministerium, dann wird das auch klappen! (Beifall bei der SPÖ.)

23.47


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller. – Bitte.


23.47.53

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mir erlauben, wieder zum Thema zu sprechen, im Gegensatz zu Kollegen Köchl.

Es geht um die Novelle des Eisenbahngesetzes. Mit dieser Novelle wird die technische Säule des vierten Eisenbahnpaketes innerstaatlich umgesetzt. Die Kollegen haben es schon gesagt, es wird damit die Rollenverteilung zwischen der Europäischen Eisenbahn­agentur, ERA genannt, und den nationalen Behörden verschoben. Die Zuständigkeit für


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Fahrzeuggenehmigungen und für die Erteilung von Sicherheitsbescheinigungen geht sozusagen an die europäische Agentur, und die nationale Sicherheitsbehörde muss dafür verstärkt Aufsichtstätigkeiten wahrnehmen.

Dieser Wechsel der Zuständigkeiten hat den großen Vorteil – das wurde von einem Kollegen der FPÖ, glaube ich, schon ausgeführt –, dass die zugelassenen Fahrzeuge ab nun für ganz Europa zugelassen sind und nicht für jedes Land wieder um eine eigene Genehmigung angesucht werden muss, was ein wirklich wichtiger erster Schritt in Richtung eines europäischen Eisenbahnraums ist, aber eben erst der erste.

Josef Urschitz schrieb neulich in einem „Presse“-Artikel vom 4.12., dass „Bahn und Nationalstaatlerei zusammengehören wie Pech und Schwefel“. – Man muss leider sagen, jetzt vielleicht nicht so sehr auf Österreich bezogen, aber auf die EU bezogen hat er schon ein bisschen recht. Es ist nämlich nach wie vor so, dass es im großen euro­päischen Kontext sehr viele Schwachstellen gibt.

Es gibt kein einheitliches europäisches Eisenbahnsystem. Zahlreiche unterschiedliche Signal-, Sicherheits- und Stromsysteme machen es unmöglich, dass ein Zug einfach von zum Beispiel Wien nach Stockholm durchfährt. Lok- und Fahrerwechsel verlangsamen und verteuern den Transport. Es gibt keine einheitliche Kommunikationssprache und Engstellen in den transeuropäischen Netzen.

Daher ist für uns klar – und zwar, wie ich glaube, für uns alle hier, vor allem auch in der Koalition –: Es muss in diesem Bereich eine Neuorganisation geben. Es muss sich etwas verändern, und Europa muss sich entscheiden: entweder eine erfolgreiche Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene oder eben 25 verschiedene nationale staatliche Eisenbahninseln. Aus unserer Sicht sind die nächsten fünf Jahre entscheidend dafür, ob die Schiene ihren Beitrag zum Green Deal in Europa leisten kann.

Den einheitlichen europäischen Eisenbahnraum müssen wir im Europäischen Jahr der Schiene 2021 einleiten, und dafür brauchen wir nicht nur massive Investitionen in die Infrastruktur – die Sie ja mit Ihrem Budget gesichert haben, Frau Ministerin –, wir brauchen vor allem auch europaweit eine tiefgreifende Reform des Eisenbahnsektors. Die über Jahrzehnte künstlich geschaffenen Hürden beim grenzüberschreitenden Ver­kehr müssen radikal abgebaut werden, damit endlich richtiger, echter Wettbewerb mit der Straße stattfinden kann. Nur so können wir auch mehr Menschen und mehr Güter von der Straße auf die Schiene bringen und damit den Eisenbahnverkehr in Europa effizienter und leistbarer machen.

Ich glaube, wir haben uns diesbezüglich in diesem Haus und auch in dieser Koalition wirklich gefunden. (Bundesministerin Gewessler nickt zustimmend.) Frau Ministerin, ich wünsche Ihnen ganz viel Kraft bei der Umsetzung und bei diesem Teil, den Österreich da in die EU einbringen kann! Sie haben mit uns sicher einen verlässlichen Partner, der an Ihrer Seite steht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.


23.52.11

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich versuche jetzt, einen schönen Feedback-Sandwich für Sie aufzu­legen. Beginnen wir einmal mit dem Guten: Das ist wirklich ein wichtiges Gesetz, ein gutes Gesetz. Es erhöht die Interoperabilität in Europa, das ist etwas ganz Wichtiges – wir in Tirol wissen genau, wovon wir reden: Wenn wir mit der Brennerbahn 30 Kilometer fahren, dann heißt es schon: Stehen bleiben, Lokwechsel et cetera, et cetera. Im


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21. Jahrhundert ist das eigentlich eine Sache, die es nicht geben sollte. Dass mit diesem Gesetz jetzt ein Schritt in die Richtung getan wird, dass diese Geschichte erhöht wird, das ist einmal auf alle Fälle gut.

Wichtig ist auch die Eisenbahnsicherheit. Ich denke mir das jedes Mal, wenn ich mit dem Railjet fahre – was jetzt natürlich sehr oft der Fall ist –: Der Railjet fährt teilweise mit 230 km/h, und wenn man sich ausmalt, was passieren würde, wenn da zum Beispiel eine Achse bricht, so will man gar nicht daran denken. Da verleiht es ein gutes Gefühl, ein Gefühl der Sicherheit, dass hier auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Eisenbahnsicherheit geschaffen werden.

Wie es aber zu einem Feedback-Sandwich gehört, muss ich natürlich auch kritische Worte anmerken – da schließe ich mich dem Kollegen Deimek an –: Wenn auch das Begutachtungsverfahren vorbildlich war, so muss ich aber trotzdem sagen: Wir haben am 1. Dezember eine Sitzung des Verkehrsausschusses gehabt, das Urteil des EuGH ist am 11. November ergangen. Dass man da nicht zeitig die entsprechenden Vorkeh­rungen trifft, sodass man sich hier vorbereiten kann, und dann zwei Stunden vor der Beschlussfassung einen Abänderungsantrag vorlegt, in dem es doch um einen massiven Eingriff geht, insofern als die Behördenzuständigkeit jetzt von der Schienen­infrastrukturgesellschaft an das Ministerium verlagert wird, ohne dass man sich in allen Details vergewissern kann, ob die Voraussetzungen überall geschaffen sind, das ist natürlich schon bedauerlich. Das ist meines Erachtens etwas, was nicht sein dürfte, wenn sichergestellt sein soll, dass in diesem Haus wirklich fundierte Beschluss­fassun­gen erfolgen können.

Daneben muss ich einmal mehr doch meine Bedenken äußern: Ich weiß, Sie meinen es ganz ernst und Sie wollen wirklich die Mobilitätswende schaffen, und da gehört natürlich die Eisenbahn an ganz vorderster Front dazu, nur habe ich halt doch immer wieder Bedenken, ob das mit dem Koalitionspartner so ganz hinhaut, denn – ich habe es schon einmal erwähnt – die ÖVP als Klimaschutzpartei, das passt irgendwie nicht. Deswegen will ich Ihnen eine Warnung oder einen Hinweis zur Vorsicht mitgeben: Wenn Sie es irgendwo pfeifen hören, dann ist das nicht eine Lokomotive, die modern dahinfährt, sondern dann kann das eventuell auch die ÖVP sein, die Sie zurückpfeift. – Danke. (Beifall bei den NEOS. – Bravoruf bei der ÖVP.)

23.55


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Singer. – Bitte.


23.55.33

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meine Ausführungen beginnen, indem ich auf den Antrag des Kollegen Stöger betreffend die Umsetzung der ÖBB-Elektrifizierung Bezug nehme. Ich muss sagen, dass dieser Antrag bereits im Juni 2020 eingebracht wurde, und wir jetzt – und darüber bin ich sehr froh – einen Rahmenplan besprechen können, der sehr auf eine ambitionierte Elektrifizierungsstrategie aufgebaut ist. Bis zum Jahr 2030 ist die Elektrifizierung von Bahnstrecken mit circa 500 Kilometern Länge vorgesehen. Wir haben jetzt vom Gesamtstreckenausmaß 71 Prozent elektrifiziert, mit diesen 500 Kilometern werden es dann 85 Prozent sein.

Ich bin auch überzeugt, dass in den nächsten Jahren technisch noch weitere Antriebs­formen auch für die Bahn sozusagen bis zur Serienreife entwickelt werden, daher halte ich es gar nicht für so sehr erstrebenswert, sich jetzt schon eine hundertprozentige Elektrifizierung vorzunehmen. Ich sage einfach: Geben wir auch neuen Entwicklungen eine Chance!


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Sehr geehrte Damen und Herren! In den nächsten sechs Jahren – die Frau Bundes­ministerin hat es schon angesprochen – werden 17,5 Milliarden Euro in ein modernes Eisenbahnnetz investiert. Projekte mit einem Gesamtvolumen von circa 8 Milliarden Euro wurden jetzt neu in diesen Rahmenplan aufgenommen. Das bedeutet einen enor­men Investitionsschub für die Bahn.

Ergänzen darf ich: Diese Ausgaben wurden in der Koalition gemeinsam beschlossen, und diese Investitionen werden auch auf den Weg gebracht werden. Es braucht sich niemand Sorgen zu machen, dass es da eine unterschiedliche Auffassung zwischen der ÖVP und den Grünen gibt.

Welche Maßnahmen sind es, die vorgesehen sind? – In allen Bundesländern kommt es zu einer Attraktivierung der Regionalbahnen – vielfach angesprochen, ein wichtiger Aspekt. Der Ausbau des Nahverkehrs in den Ballungsräumen wird forciert, und die Digitalisierung und Effizienzsteigerung werden vorangetrieben. Auch der weitere Ausbau der Infrastrukturanlagen für den Güterverkehr fehlt nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Programm wird der Schienenverkehr wesentlich attraktiver, es wird ein wichtiger Beitrag zur Klimaneutralität geleistet, und, sehr geehrter Herr Kollege Stöger, es wird massiv in die Elektrifizierung investiert. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

23.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Gahr. – Bitte.


23.58.46

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Hörl hat ja die Erfolge, die Vorteile und die Leistungen der Seilbahnwirtschaft heute schon intensiv präsentiert. Es geht jetzt darum, dass wir einen Passus im Seilbahngesetz ändern, in dem es darum geht, die automatische Hemmung von Fristenläufen zu regeln. Dies müsste mittels Verordnungen vorgenom­men werden.

Insgesamt sollten wir schon einmal erwähnen, dass die Seilbahnwirtschaft in Österreich 5,9 Milliarden Euro an Wertschöpfung für das BIP erwirtschaftet, dass sie 17 000 Ar­beitsplätze sicherstellt und dass gerade in den letzten Jahren seit 2000 über 9 Milliarden Euro in Qualitätsverbesserung investiert wurden. Man kann mit Fug und Recht be­haupten, dass die österreichische Seilbahnwirtschaft die modernste weltweit darstellt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

Aktuell stehen unsere Seilbahnen. Wir hoffen und wünschen uns, dass es mit Weih­nachten möglich ist, zu starten. Im Jänner sollten wir dann hoffentlich zu einem gewissen Betrieb kommen, wenn er auch unter Einschränkungen passiert. Ich glaube, es ist für unser Land enorm wichtig, dass wir die Seilbahnwirtschaft mit diesem heutigen Passus unterstützen.

Es geht einfach darum, dass wir im Sommer, vor allem aber im Winter Wertschöpfung erzielen und Arbeitsplätze sichern. Daher sollten wir einen gemeinsamen Schulter­schluss vornehmen.

Abschließend darf ich noch erwähnen, dass dieser Passus für ein Jahr gültig und mit 31.12.2021 begrenzt ist. Im Namen des Kollegen Franz Hörl als Seilbahnsprecher darf ich alle einladen: Nutzen wir das Angebot der heimischen Seilbahnwirtschaft! Ich glaube, Wertschöpfung im Land, Arbeit im Land ist gerade in diesen Zeiten wichtig. Daher darf ich noch einmal im Namen des Kollegen Franz Hörl alle einladen, die österreichischen Seilbahnen zu benutzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

0.00



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Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr dazu gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünschen die Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Verkehrsausschusses und fahre in der Tagesordnung fort.

00.01.1237. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (473 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (548 d.B.)

38. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (464 d.B.): Ände­rung der Straßenverkehrsordnung 1960 (550 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 37 und 38 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Christoph Matznetter. – Bitte.


0.01.58

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Eigentlich haben wir gehofft, dass wir das Thema heute positiv abschließen kön­nen. Ich sage auch gleich die Motivation, die auch bestimmt hat, dass vor zwei Wochen alleine 1 400 Wiener Taxiunternehmer protestiert haben. Diese leiden seit Jahren unter der Situation, dass es keine einheitlichen Wettbewerbsbedingungen gibt.

Genau das, was in den Brexitverhandlungen den Briten so schwer klarzumachen ist – wenn man freien Handel und Warenverkehr hat, müssen die gleichen Regeln gelten –, müssen wir auch dort erreichen.

Es hat so ausgeschaut, als ob wir mit dem Einheitsgewerbe kombiniert eine Lösung zustande bringen, die es möglich macht, neue Geschäftsmodelle – auch solche, die die jungen Leute praktizieren, dass sie einmal buchen, einen fixen Preis haben und fahren können – so zu kombinieren, dass die entscheidenden Punkte verhindert werden können, dass nämlich eine Ausnutzung der Fahrenden erfolgt und sie in Wahrheit durch­gerechnet nur noch für Hungerlöhne unterwegs sind, wie wir es in vielen Städten dieser Erde sehen. (Abg. Schellhorn: Die Taxizentrale nimmt ihnen auch 30 Prozent!) – Ja, zu den Typen komme ich gleich, das machen wir nachher, Sepp!

Ziel muss sein, egal wer dahintersteht: Es müssen anständige Arbeitsverhältnisse sein, und es muss eine Situation sein, dass Dumping in jeder Form – das endet dann bei Steuer- und Sozialdumping – verhindert wird.

Ich habe geglaubt, dass wir nach der missglückten Regierungsvorlage vor ein paar Wochen auf einem guten Weg sind, um am Haupttaximarkt Wien eine Lösung zu finden, die das hergibt, indem man für die vorbestellten Fahrten einen Mindestpreis festsetzen kann, der sich am Taxametertarif orientiert, und einen Höchstpreis, um zu verhindern, dass dort Menschen in Selbstausbeutung tätig sind.

Und logischerweise geht es nicht nach der Methode der Bürger von Schilda. Wir haben gesagt und auch im Verkehrsausschuss klargemacht, wir stimmen zu, wenn drei Dinge berücksichtigt werden: erstens das, was in der Erläuterung steht, nämlich dass man per


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Gesetz eine Bandbreite festlegen kann; zweitens, dem Wiener Landeshauptmann eine Möglichkeit zu geben, aufgrund eines amtlichen Kartenmaterials verordnen zu können, weil das Eich- und Vermessungsamt sagt, man kann nicht irgendeine Karte nehmen; und drittens, dass das selbstverständlich mit dem Einheitsgewerbe gemeinsam in Kraft treten muss.

Was die Regierungsparteien jetzt machen, heißt: In wenigen Wochen, am 1. Jänner, tritt ohne neuen Tarif das Einheitsgewerbe in Kraft. Danach, zwei Monate später, kann ein Landeshauptmann überhaupt erst einen Tarif erlassen. Und warum macht ihr das? – Das sollten alle wissen, das hat Sepp schon im Zwischenruf gesagt: Die, die die Technik und die Entwicklung verschlafen haben, die Funkzentralen, saßen im Nacken und wollten, dass es in Kraft tritt, weil sie hoffen, dass Uber und Bolt jetzt am 1. Jänner vom Markt verschwinden müssen und sie das dann wie in den Jahrzehnten davor im Oligopol alleine handeln.

Wir machen nicht bei Uber mit, und wir machen schon gar nicht bei dieser Vorlage mit. Beschließt es alleine! Ich glaube, auf dieser Basis wird es keinen anständigen Tarif geben, und nicht der Wiener Landeshauptmann wird schuld sein, sondern ÖVP und Grüne. Ihr wart in den letzten Tagen nicht zu einem Mindestmaß an Sachverstand bereit.

Übrigens: Das Buch über die Schildbürger ist im Jahr 1598 erschienen, Peter Haubner, und ich denke, nach 422 Jahren sollte es genug sein. Bei euch verspüre ich das leider noch nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haubner: Deine Rede ist ein Schildbürger­streich! Du widersprichst dir! – Abg. Hörl: Salto Matznetter, nicht Salto mortale!)

0.05


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig ist der nächste Redner. – Bitte.


0.06.03

Abgeordneter Hermann Weratschnig, MBA MSc (Grüne): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Matznetter! Ja was wollen wir jetzt? Was wollen wir, Herr Abgeordneter Matznetter? Manchmal kommt mir bei deinen Reden vor, dass ich zurückversetzt bin, und da gab es eine schöne Fernsehsendung – „Seinerzeit“ hat die geheißen –, da hat man über seinerzeit geredet. Seinerzeit, 2019, hat es hier im Hohen Haus einen Beschluss gegeben, man hat Taxi und Mietwägen vereinheitlicht. Diese Vereinheitlichung tritt mit 1.1.2021 in Kraft.

Das Inkrafttreten wäre eigentlich schon für September vorgesehen gewesen, und wir haben es aus guten Gründen verlegt. (Abg. Hafenecker: Das habt ihr alles umdrehen müssen!) Die Wirtschaft kann sich darauf einstellen – das war, glaube ich, eine gute Begründung – und hat sich auch darauf eingestellt, dass am 1.1.2021 umgestellt, ver­einheitlicht wird.

Herr Matznetter, was wir wollen, sind faire Bedingungen und niemanden vom Markt zu verdrängen, nicht die Mietwägen und nicht die Taxis, sondern wir wollen, dass man der Digitalisierung unserer Zeit gerecht wird. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Wir wollen den Ländern den Gestaltungsspielraum nicht nehmen, nicht eingrenzen, sondern wir wollen ermöglichen, und das tun wir mit dieser Novellierung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Meine sehr verehrten Abgeordneten, dafür gab es einen Ministerratsvortrag und eine intensive Debatte im Verkehrsausschuss, auch eine intensive Debatte über die Abän­derungen und natürlich auch, wie angesprochen, Proteste. Dazu muss ich ganz klar und deutlich sagen: Wir haben die FahrerInnen, die Mietwägen- und die TaxifahrerInnen, auf der Straße gehört, und in Zukunft wird es ein Gewerbe sein, und sie werden gemeinsam vertreten sein. Ich wünsche mir, dass die Taxiinnung dann auch alle gemeinsam vertritt


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 336

und dass es den Keil zwischen diesen beiden Gruppen nicht mehr gibt. Mit dem Gesetz und mit der Novellierung schaffen wir das und stellen heute die Möglichkeit dazu zur Verfügung. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zentrale Punkte der vorliegenden Novelle sind: Für vorbestellte Fahrten über einen Kommunikationsdienst – damit wir das noch einmal klarstellen – ist vorab ein Fixpreis zu definieren. Die Landeshauptleute bekommen die Möglichkeit, ein Preisband mit Mindest- und Obergrenzen festzulegen. Somit kann der Preis flexibel nach objektivierbaren Krite­rien festgelegt werden. Das ist das Ziel, das setzen wir um.

Werden in den Verordnungen der Länder Mindest- oder Höchstentgelte beziehungs­weise Zuschläge in Abhängigkeit von der Länge der Fahrtstrecke oder auch der Fahrt­dauer festgelegt, kann auch festgelegt werden, dass diese Indikatoren, nämlich Fahrt­dauer und Fahrtstrecke, zu ermitteln sind. Dabei ist wichtig – ich sage das hier im Hohen Haus auch zur Interpretation dieser Novellierung –: Die Untergrenze für den Gesamt­fahrpreis bei vorbestellten Fahrten darf nicht über den Entgelten der Tarife – sollten solche in den Ländern vorhanden sein – liegen.

Das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Bereich. Man steigt ein – hat vorbestellt, weiß den Preis – und braucht keinen Taxameter. Das ist das Prinzip bei den vorbestellten Fahrten.

Der zweite festgelegte Punkt ist auch ein wichtiger: Auf vorbestellten Fahrten dürfen auch andere Fahrgäste von anderen Orten abgeholt beziehungsweise auch zu verschie­denen Zielen befördert werden. Das nennen wir Taxisharing. Werte Abgeordnete, damit machen wir ein großes Fenster der Möglichkeiten auf: für Flexibilität, für Ökologie, für Effizienz und für günstige Fahrten für die Fahrgäste. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ich wünsche mir, wie gesagt, dass die Taxiinnung in Zukunft für alle streitet und sich für alle einsetzt. Ich wünsche mir, dass es der Branche bald gut geht und hoffentlich auch gute Geschäfte gemacht werden. Wir stehen in den Bundesländern bereit, wenn es bei den Verordnungen der Länder – natürlich auch der Stadt Wien – darum geht, dass wir mit Rat und Tat zur Seite stehen und bei der Ausarbeitung dieser Verordnungen Unter­stützung geben. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Ich wünsche mir, dass es Taxiunternehmen und Mietwagenunternehmen gibt, die den öffentlichen Verkehr als Mikro-ÖV unterstützen, das ist eine ganz wichtige Zielsetzung. Ich wünsche mir, dass wir da Unterstützung geben können und im Modal Split einen gescheiten Mix aus öffentlichem Verkehr, Individualverkehr sowie Taxi- und Miet­wagen­verkehr schaffen.

Zu guter Letzt wünsche ich zu später Stunde all jenen, die es auch heute brauchen, dass sie gut mit einem Wiener Taxi oder Mietwagen nach Hause kommen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

0.11


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Christian Hafenecker. – Bitte.


0.11.29

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Eines ist in dieser brisanten Debatte schon einmal gelungen: Man hat sie auf nach der Geisterstunde verschoben. Man hat vorher noch mit einem komischen Abände­rungsantrag – ich komme noch darauf zu sprechen – darauf geachtet, dass auch die Demonstrationen der Taxifahrer aufhören, aber gehen wir es der Reihe nach an.

Was war eigentlich der Sinn der Änderung des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes? – Ganz einfach: die zwei Gewerbe Taxi und Mietwagen mit – unter Anführungszeichen – „Waffengleichheit“ zu einem Gewerbe zu verschmelzen und faire Chancen für alle


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sicherzustellen. Ein großer Wunsch von uns war natürlich auch, ein entsprechendes Mehr an Service für die Kunden zu gewährleisten. Das ist aus unserer Sicht mit dem ersten Abänderungsantrag oder, besser gesagt, mit der ersten Verordnung schon einmal nicht mehr der Fall. Man hat nämlich diese Deutschpflicht, die wir damals noch festgelegt haben, massiv aufgeweicht, und somit sind wir eigentlich wieder beim vorigen Zustand.

Dann hat sich noch etwas Weiteres gedreht: Man hat eigentlich den Gesetzentwurf, so wie er uns heute vorliegt, für Uber und Bolt geschrieben, das muss man ja sagen – auch das war nicht im Sinne der Erfinder. Kollege Ottenschläger hat da eine 180-Grad-Drehung hingelegt, die atemberaubend ist.

Es ist ein Muster erkennbar: Man hat wiederum versucht, wie heute schon bei vielen Punkten, das Parlament außen vor zu lassen und nicht zu viel zu diskutieren – und jetzt haben Sie es noch geschafft, dass wir nach Mitternacht darüber diskutieren. In Wahrheit ist das jetzt eine Debatte, die zwar vielleicht noch der parlamentarischen Ordnung geschuldet ist, aber eigentlich haben Sie gar kein Interesse daran, darüber zu sprechen.

Was kommt bei so etwas dann heraus? – Der Pfusch, der heute vorliegt! Wenn jetzt mit 1.1.2021 das neue Gelegenheitsverkehrs-Gesetz in Kraft treten soll, dann haben die Mietwagenfahrer eine dreimonatige Übergangszeit, für die sie Taxameter einbauen müssten, um den Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes gerecht zu wer­den. Da ist schon die erste Diskrepanz: Warum wird heute unter Druck mit allem Drum und Dran ein Gesetzentwurf beschlossen, wonach die Mietwagenfahrer drei Monate mit einem Taxameter herumfahren müssen, der drei Monate später keinen Sinn mehr hat? Da bin ich auf Ihre Antwort gespannt.

Ich glaube, dass man zu den Taxifahrern einfach nicht ehrlich war. Auch wenn es jetzt diesen Abänderungsantrag gibt: Es hat sich ja eigentlich faktisch nichts verändert, und das ist typisch für die ÖVP. Man sagt dann wieder: Na ja, dann schieben wir halt die Verantwortung auf die Landeshauptleute ab!

Ich glaube Kollegen Matznetter wirklich, dass man vielleicht noch in Wien, dem Haupt­taximarkt, tatsächlich eine Diskussion darüber führt – ich bin aber voll davon überzeugt, dass das im Westen, wo Sie die Landeshauptleute stellen, nicht der Fall sein wird. Es wird auch in Oberösterreich nicht der Fall sein, es wird in Niederösterreich nicht der Fall sein, und es wird auch in der Steiermark nicht der Fall sein. Dort wird Folgendes passieren: dass die Landeshauptleute das machen, was Sie sagen, und das heißt unter dem Strich – da haben Sie die Taxifahrer belogen –, dass Uber und Bolt bevorteilt werden. Darauf wird das Ganze hinauslaufen.

Ich glaube, da haben Sie auch den Grünen nicht die Wahrheit gesagt, denn ich weiß nicht, ob sich die Frau Verkehrsministerin dessen bewusst ist, dass sie in Wahrheit Erfül­lungsgehilfin von Sebastian Kurz ist, der in seiner kanzlerfreien Zeit ins Silicon Valley gereist ist, den CEO von Uber getroffen und dort – ich zitiere – gesagt hat: „Eine flexible Preisgestaltung ist ja per se [...] kein Verbrechen.“ – Das hat Herr Kurz in seiner kanzlerfreien Zeit zum CEO von Uber gesagt.

Jetzt ist er wiederum Kanzler, und jetzt liefert er offensichtlich. Ich bin wirklich gespannt, Kollege Ottenschläger – im Ausschuss warst du noch böse auf mich, als ich es gesagt habe, ich wiederhole es aber noch einmal –: Für wie viele Silberlinge hat die ÖVP das Taxigewerbe in Österreich verkauft? – Das würde mich interessieren.

Es wird nächste Woche auch eine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptions­staats­anwaltschaft geben, die genau diese Aussage von Sebastian Kurz gegenüber dem CEO von Uber betrifft. Ich möchte wirklich wissen, was da im Hintergrund läuft und wie sich


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Ihre Landeshauptleute dann verbiegen werden und unter Mittäterschaft der Verkehrs­ministerin ein Gesetz zurechtzimmern, das in Wahrheit das Taxigewerbe in Österreich ausradieren wird. Das werden Sie damit machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Da bin ich gespannt, wie das dann schlussendlich ausgeht. Wir haben jetzt schon einen netten Untersuchungsausschuss, bei dem es um Gesetzeskauf geht. Ich sage Ihnen eines: Das ist aus meiner Sicht ein verwirklichter Gesetzeskauf, und die Grünen machen mit, wie bei vielen anderen Dingen auch! (Abg. Hörl: Frau Präsidentin!)

Frau Ministerin, ich habe es Ihnen schon ein paarmal gesagt: Sie werden noch irgend­wann munter werden und dann merken, wofür die ÖVP Sie alles missbraucht hat. Das ist zum Beispiel einer dieser Punkte – in ein paar Jahren werden wir anders darüber reden, da können Sie versichert sein. (Abg. Hörl: Frau Präsidentin!)

Ich bin gespannt, was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft diesbezüglich zutage fördert. Ich finde es traurig, Kollege Ottenschläger, dass du so eine Wendung hingelegt hast, dass du die Taxifahrer für ein paar Silberlinge mit verraten hast. Ihr bringt einen Abänderungsantrag ein, der eine Chuzpe darstellt und in Wahrheit nichts an der Situation der Taxifahrer ändert, ihr stellt sicher, dass Lohn- und Sozialdumping im Miet­wagenbereich weitergehen können. Das sind alles miteinander Dinge, auf die ihr wirklich stolz sein könnt – ich würde mich für die ganze Geschichte genieren.

Jetzt vielleicht noch ein Wort zur Straßenverkehrsordnung, Frau Ministerin: Auch das ist eine Chuzpe, wenn Sie uns da jetzt einen Gesetzentwurf vorlegen – was Sie ja in Wahrheit eh selten tun –, mit dem sichergestellt wird, dass Sie Wochenendfahrverbote außer Kraft setzen können – keine Ahnung, was Sie da schon wieder im Schilde führen.

Auf der anderen Seite geht es darum, dass Sie dann noch Ihre Covid-19-Fußgänger­zonen – ich sage es jetzt salopp so – ausweiten können, also auch damit braucht man nicht nach Mitternacht das Hohe Haus zu befassen. Das sind irgendwelche komischen Ideen, die Sie da irgendwie ausbrüten – ich kann sie nicht nachvollziehen, deswegen werden wir auch dagegenstimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

0.17

00.17.12 *****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Hafenecker, für die Aussage „da haben Sie die Taxifahrer belogen“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Hafenecker: Danke!)

*****

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Andreas Ottenschläger. – Bitte.


0.17.26

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Wenn man solche Vorwürfe immer wieder wiederholt, werden sie dadurch nicht wahrer, es wiederholt sich aber eine Ungeheuerlichkeit, nämlich diese Unterstellung, die immer wieder in den Raum gestellt wird, und die kann ich nur aufs Allerschärfste zurückweisen. Ich kann auch gleich einen Beweis erbringen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)


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Gehen wir etwa zwei, zweieinhalb Jahre zurück, da hat die Diskussion begonnen: Wie gehen wir mit den beiden unterschiedlichen Gewerben um, die unterschiedliche Voraus­setzungen haben, aber im Endeffekt das Gleiche tun? – Wir haben uns dann nach vielen Diskussionen – weil das Ganze ja relativ komplex ist, wie wir wissen – dazu ent­schlossen, beide Gewerbe zusammenzulegen und entsprechend faire Rahmenbedin­gungen für alle, die sich innerhalb dieses Gewerbes – im wahrsten Sinne des Wortes – bewegen, zu schaffen.

Da hat es im Sommer 2019 hier im Hohen Haus eine breite Mehrheit für einen Beschluss gegeben. Du hast vorhin gesagt, Herr Kollege Matznetter solle sich entscheiden, für wen er jetzt eigentlich hier spricht – jetzt frage ich auch hier: Ihr macht euch jetzt auf einmal Sorgen, was in diesen zwei Monaten zwischen 1. Jänner und 1. März mit Unternehmen wie Uber, Bolt und Co geschieht? Also was jetzt, macht ihr euch da jetzt Sorgen oder nicht? Ich verstehe das nicht. (Abg. Hafenecker: Das zeigt nur, wie unfähig ihr seid, ein Gesetz zu machen!)

Wir haben uns wirklich bemüht – Hermann Weratschnig und ich sowie die Frau Minis­terin mit ihrem Kabinett –, wir haben in den letzten Wochen Gespräch um Gespräch geführt, um für alle Beteiligten eine sinnvolle und faire Lösung zu finden. Jetzt kommt der springende Punkt: Ich glaube, ihr redet auch nicht mehr mit den Vertretern der Taxifahrer, die begrüßen jetzt nämlich diese Novelle! Sie sagen: Okay, das ist in Ord­nung so, es sind faire Rahmenbedingungen für alle. (Abg. Hafenecker: Weil sie müs­sen!)

Das widerspricht dem, was ihr hier von irgendeinem Gesetzeskauf behauptet – ich würde mir sehr stark überlegen, ob man das nicht zurücknimmt! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ja, es bedeutet Veränderungen für alle Unternehmen, die sich in diesem Gewerbe bewegen – für alle. Es sind nicht alle zu 100 Prozent happy, aber alle haben gesagt: Ja, wir können gut damit umgehen. – Am Ende war es immer so – und wir verändern da auch nichts, das wissen all jene unter euch, die sich mit der Thematik auseinander­setzen, ganz genau –, dass die Ausgestaltung der Tarife, der Preisspannen, die nun möglich sind, Ländersache ist. Wir können trefflich darüber diskutieren, ob man das ändern will. Es hat aber eigentlich keiner diese Initiative ergriffen und gesagt: Wir machen eine bundeseinheitliche Regelung dafür. (Ruf bei den NEOS: Stimmt nicht!)

Das, was wir da machen, ist, für die Bundesländer entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, eine Art Baukasten, sodass sie für ihre regionalen Gegebenheiten ent­sprechend gezielt Tarife verordnen, Systeme für die Vorbestellung einführen und Preis­spannen bilden können. Sie haben die Freiheit, sie haben einen großen Baukasten, sodass sie wirklich zielgerichtet für ihre Bundesländer, für die einzelnen Regionen die aus ihrer Sicht richtigen Rahmen schaffen können. – Nichts anderes tun wir hier im Parlament.

Wenn man das verändern will, dann ist das eine andere Debatte – die ist nicht geführt worden. Somit ist das, was wir hier tun: Wir schaffen faire Rahmenbedingungen für alle, wir geben den Bundesländern damit gute Möglichkeiten, mittels Verordnungen ent­sprechend faire Rahmenbedingungen für dieses Gewerbe auszugestalten – und das ist die Antwort darauf. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Das, was ihr uns hier vorwerft, hat ja nichts mehr mit der Sache zu tun. (Abg. Hafenecker: Das stimmt, ja, ... was man dort alles ... über euch, ist ein Wahnsinn! – Weiterer Zwi­schenruf bei der FPÖ.) – Ich glaube, du bist zu sehr vom Untersuchungsausschuss geprägt, weil das mit der Sache überhaupt nichts mehr zu tun hat. Wir schaffen damit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 340

eine moderne Möglichkeit, dieses Gewerbe zukunftsgerichtet weiterzuentwickeln – und nichts anderes. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Grebien.)

0.22


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alois Schroll. – Bitte.


0.22.30

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zu TOP 38 – Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960 – möchte ich Folgen­des ausführen: Das Wochenend- und Feiertagsfahrverbot ist für mich gerade in der aktuellen Klima- und Umweltdebatte ein sehr essenzielles Thema und im Zusammen­hang mit der Lebensqualität von betroffenen Anrainerinnen und Anrainern, glaube ich, nicht zu unterschätzen.

Nun gibt es im Zuge des Covid-19-Gesetzeskonvoluts die Möglichkeit, diese Regelung bis Ende dieses Monats mittels Verordnung aufzuheben. Der hier vorliegende Abände­rungsantrag fordert nun eine Verlängerung dieser Verordnungsmöglichkeit für ein ganzes Jahr, bis Ende 2021. Warum? – Weil laut Bundesregierung die derzeitige Befris­tung nicht ausreichen würde.

Bitte erklären Sie uns dann aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, warum die Bundes­regierung sagt, dass mit dieser Gesetzesänderung lediglich die Möglichkeit geschaffen werde, dieses Wochenend- und Feiertagsfahrverbot aufzuheben, sie aber gleichzeitig keine Notwendigkeit sehe, von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch zu machen!

Vom umweltpolitischen Aspekt möchte ich gar nicht sprechen. Wir haben laut Regierung ein Rekordbudget für Klima- und Umweltschutz. Wir hören Parolen und Ziele, was wir nicht alles erreichen wollen, aber gleichzeitig ermöglichen wir unter dem Deckmantel der Coronapandemie den Verkehr am Wochenende und am Feiertag. Ich glaube, wir sollten uns auch Gedanken darüber machen, was die anderen Verkehrsteilnehmer sagen, was die Eisenbahnbetreiber dazu sagen, was das allgemein für die Verkehrssicherheit bedeutet, wenn dann am Wochenende noch mehr Fahrzeuge unterwegs sind.

Was da zum Wirkungsziel Sicherung der Mobilität von Menschen und Gütern unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit beiträgt, ist mir wirklich schleierhaft. Gerade von eurer Seite, von den Grünen in der Regierung, hätte ich mir da ein bisschen etwas anderes erwartet. Deswegen wird von unserer Seite definitiv eine Ablehnung kommen, weil wir es einfach als zu überschießend und zu langfristig erachten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.24


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johannes Margreiter. – Bitte.


0.24.54

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir sehen dieses Gesetz durchaus positiv, weil wir der Überzeugung sind, dass Wettbewerb – und man darf nicht nur an Auswüchse des Wettbewerbs denken – grundsätzlich durchaus etwas Positives ist und zur Innovation sowie zur Verbesserung von Lösungen beiträgt. In diesem Sinn kann man sich also von dem eigentlich vorliegenden Rückzieher – davon, dass man im Zusammenhang mit der Zusammenlegung der beiden Gewerbe doch rechtzeitig erkannt hat, dass das so nicht ganz funktionieren wird – erwarten, dass dieses Modell funk­tionieren wird.


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Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es in Hinkunft noch viel mehr digitale Verknüpfungen zwischen Angebot und Nachfrage geben wird. Wenn solche Dinge auf­treten, hat das auch in anderen Bereichen zu Abwehrhaltungen geführt. Das hat aber keinen Sinn. Man kann sich dem nicht entgegenstellen, man kann gegen den Fortschritt keine Mauern bauen. Ich kann erzählen, ich bin mit Taxifahrern in Tirol in Kontakt, und die sehen diese Lösung durchaus nicht so negativ, sie sagen: Ja, das bietet auch uns Chancen, mit fixem, vorab vereinbartem Fahrpreis Gäste zu befördern! – Also die sehen das durchaus nicht nur problematisch.

Was schon zuzugestehen ist, ist natürlich die Situation, dass dieses Gesetz nun schon zur Unzeit kommt, denn dem Taxigewerbe geht es derzeit schlecht. Man muss sich das vorstellen: keine Weihnachtsfeiern, keine Veranstaltungen, gar nichts, da bricht im großen Umfang Umsatz weg – und da sollten wir vom Hohen Haus aus handeln. Ich bitte auch Sie, Frau Bundesministerin, dass Sie sich in der Regierung dafür starkmachen, dass man für die Taxiunternehmen ebenfalls einen Umsatzersatz schafft, weil sie indirekt Betroffene sind. Man kann sie da nicht einfach abfertigen und sagen: Also gesperrt seid ihr ja nicht, ihr dürft ja fahren! – So viel dazu.

Nun muss ich aber doch noch, weil ich den Text des Gesetzes genau gelesen habe, einen Abänderungsantrag einbringen. Wenn das Herz voll ist, geht die Textverarbeitung Uber – ah, über. Im Entwurf hat sich also ein „über“ zu viel eingeschlichen. Da heißt es in der Ziffer 3 im vorletzten Satz: „Näheres über zum Bestellvorgang, wie insbesondere“. Da ist also ein „über“ zu viel. Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (473 d.B.): Bundesgesetz mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (548 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Im vorletzten Satz der Ziffer 3 entfällt das Wort „über“.

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

0.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (473 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird (548 d.B.) TOP 37

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

Im vorletzten Satz der Ziffer 3 entfällt das Wort „über".


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 342

Begründung

Es handelt sich um die Korrektur eines Redaktionsversehens. Das Wort "über" ist im vorletzten Satz der Ziffer 3 überflüssig.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Julia Herr. – Bitte.


0.28.39

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Ja, die Stunde ist spät, das Thema ist heiß, sage ich an dieser Stelle nur. Es sei vielleicht einmal angemerkt – an alle hier im Saal, die mittlerweile auch schon durchhängen, ich meine, es beginnt die 16. Stunde dieser Sitzung –: All jene, die immer gesagt haben, der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche sind so leinwand, sollten sich jetzt einmal hier in diesem Raum anschauen, wie man nach so vielen Stunden Arbeit immer noch gleich konzentriert sein soll wie am Anfang. Ich würde Ihnen schon auch unterstellen, dass das nicht mehr der Fall ist, wenn man so viele Stunden lang durcharbeitet. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es geht aber eigentlich um die Taxis. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Jaja, jaja, der 12-Stunden-Tag, die ÖVP ist ganz aufgebracht. Wenn man hier im ersten Bezirk arbeitet und sich hin und wieder ein Taxi nimmt und beim Parlament oder vor der Hofburg einsteigt, dann kann es sein – und mir ist das nicht nur einmal passiert –, dass einen der Taxifahrer oder die Taxifahrerin fragt, ob man denn etwas mit der Politik zu tun hat. Als ich mit Ja geantwortet habe, hat mich mein Taxifahrer gefragt, wo wir eigentlich sind, wie es sein kann, dass er mit seinem registrierten Taxi genau zum ausverhandelten Taxitarif mit dem Taxameter im Auto fährt, keinen Cent mehr verlangt, jeden Tag bei den tag­täglichen Strecken seine Steuern zahlt, wirklich nie einen Cent Spielraum hat, wie es das gibt, dass das für ihn gilt, aber für andere anscheinend nicht, und wie es sein kann, dass da jemand herkommt und sagt: Hallo, ich bin Uber, ich bin ganz neu und innovativ, für mich gilt das einfach nicht!

Er hat mich gefragt, ob er denn da der Blöde ist. Nur hat er nicht das Wort blöd verwen­det, sondern ein anderes, und hat mich gefragt, wie ich das als Politikerin rechtfertigen kann.

Meine Antwort war: Na gar nicht! Ich sehe auch nicht ein, warum die einen Taxifahrer sich an einen ausverhandelten Taxitarif halten müssen, keinen Spielraum haben, und die anderen einfach billiger fahren können. Was Sie hier möglich machen, ist Sozial- und Lohndumping. – Das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Kollege von den Grünen hat ja genau erklärt, wie es dann sein wird: Für die Fahrten, die man eben schon im Vorhinein bestellt, gilt der Taxitarif dann nicht, sondern da gibt es eine Ober- und eine Untergrenze. Ja, aber was heißt das, eine Ober- und eine Untergrenze? – Der kann dann ganz einfach auch billiger fahren. (Zwischenrufe der Abgeordneten Sieber und Haubner.)

Wissen Sie was, bevor Sie sich mit Ihrem Gehalt, mit dem Gehalt, das wir alle hier haben, aufregen: Taxifahrer und Taxifahrerinnen haben eine extrem niedrige Gewinnspanne. Da bleibt nicht viel übrig. Die müssen schauen, dass sich das ausgeht. Wenn Sie hier


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zulassen, dass es eine weitere Verschärfung gibt, dann wird es noch schwieriger werden. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja, ja! Okay, Boomer!

Ich komme auch schon zum Ende. An dieser Stelle sei gesagt: Ich würde Sie darum bitten, Slogans wie: Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein!, oder: Leistung muss sich lohnen!, in Zukunft nicht mehr zu verwenden. Ich habe Ihnen das schon einmal empfoh­len, als Sie den Menschen, die 45 Jahre lang hart gearbeitet haben, die Pensionen gekürzt haben. Auch an dieser Stelle sei es wieder angemerkt: Es kann nicht sein, dass die Leute, die jeden Tag arbeiten und mit dem Taxi fahren, so einem immensen Wett­bewerb und Druck ausgesetzt werden. Das ist ganz einfach nicht fair. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

0.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Joachim Schnabel. – Bitte.


0.32.18

Abgeordneter Joachim Schnabel (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Minis­terin! Hohes Haus! Kollege Matznetter meint, wir hätten zu wenig mit ihm gesprochen, weil die SPÖ vermutlich bei diesem Gesetz mitgegangen wäre. Nach der Rede von Kollegin Herr, die eigentlich Diametrales zu den Ausführungen von Kollegen Matznetter fordert, bin ich mir nicht mehr sicher, ob das möglich gewesen wäre. Eigentlich bin ich überzeugt davon, dass das unmöglich gewesen wäre, weil Sie sogar untereinander darüber gespalten sind, was Ihre Meinung ist. Vielleicht hätten Sie unterschiedlich abgestimmt, aber so wäre es nie möglich gewesen, mit Ihnen eine Regelung zustande zu bringen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

Ich gehe jetzt gar nicht mehr auf die Details ein, die viele meiner Vorredner schon genannt haben, was die Zusammenführung und das Einheitsgewerbe betrifft, sondern ich möchte einen Teilbereich, den Kollege Weratschnig herausgegriffen hat, hervor­heben, und das ist der Bereich des Mikro-ÖVs, die Sammeltaxisysteme, die es im länd­lichen Raum gibt.

Wenn Kollege Hafenecker sagt, die Bundesländer werden keine oder nur spärliche Einzelbestimmungen erlassen: Die Steiermark hat als eines der wenigen Flächen­bundesländer eine flächendeckende Taxitarifverordnung, und die Landesrätin novelliert diese gerade, damit es mit 1.1.2021 dementsprechende Regelungen gibt.

Wir haben im Verkehrsausschuss aber auch den Verkehrstelematikbericht diskutiert, und zwei Dinge, die zusammenspielen, sind für mich dort ersichtlich geworden: Die Digitalisierung gibt es in vielen Projekten. Sie ist durch uns nicht aufhaltbar und wird für viel Veränderung sorgen, bis hin zum autonomen Fahren, irgendwann einmal auch beim Taxigewerbe. Es gibt viele Regionen, die schon das Mikro-ÖV-System mit digitaler Unterstützung umsetzen.

Was ist die digitale Unterstützung im Mikro-ÖV-System? – Es werden Fahrtwünsche kombiniert, optimiert und mit Fixpreisen für die Nutzerinnen und Nutzer gebucht. Die Software im Hintergrund kombiniert und korreliert die Daten aber auch mit den Daten, die von der Verkehrsauskunft Österreich kommen, und ermöglicht so für den ländlichen Raum öffentliche Teilfahrten sowie die Anbindung an den öffentlichen Verkehr mit einer First und Last Mile, und das mittelfristig hoffentlich mit einem Ticket. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

Zur Software selbst: Die muss nicht immer aus den USA oder aus Asien kommen. Allein mir sind sieben Softwareanbieter aus Österreich oder Deutschland bekannt, und die bieten keine kleinen EDV-Lösungen, sondern Produkte, die unter anderem von der Post,


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von der Graz-Köflacher Bahn und von der Deutschen Bahn genutzt werden, also von Riesenunternehmen.

Was heißt das? – Man schimpft immer auf Bolt und Co, aber es gibt dazu auch marktfähige, europäische, österreichische Alternativen – man muss sie nur bekannt machen und nutzen.

Deshalb: Nutzen wir die Digitalisierung als Chance auch in diesem Bereich, für den urba­nen wie auch für den ländlichen Raum! Setzen wir auf die heimischen Soft­ware­schmie­den! Es gibt auch da moderne Alternativen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Weratschnig.)

0.35


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Christoph Matznetter zu Wort gemeldet. – Bitte.


0.35.35

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin, ich kenne die Be­stimmungen.

Abgeordneter Schnabel, den ich das erste Mal hier wahrgenommen habe (Zwischenrufe bei der ÖVP), hat gesagt, dass zwischen Abgeordneter Herr und mir so ein Widerspruch besteht, dass man nicht erwarten kann, dass es eine Einigung gibt. – Ich berichtige tatsächlich: Wir haben uns beide gegen einen ruinösen Dumpingwettbewerb und für gesicherte Verhältnisse für die Menschen, die dort arbeiten, ausgesprochen. Das ist das genaue Gegenteil dessen, was Sie hier behauptet haben, Herr Kollege Schnabel. (Beifall bei der SPÖ.)

0.36


Präsidentin Doris Bures: Diese tatsächliche Berichtigung hat die Geschäftsordnung einigermaßen strapaziert.

Der nächste Redner ist jetzt Herr Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.


0.36.30

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, das Thema beschäftigt uns schon relativ lange. Wir haben ja schon 2019 Debatten dazu geführt. Wenn ich mich darauf zurückbesinne, was wir damals diskutiert haben, dann muss ich sagen: Na ja, spät ist die Vernunft bei der ÖVP eingekehrt, und Sie haben doch wieder begonnen, an die Marktwirtschaft zu glauben, was ich nach der letzten Debatte fast als Wunder bezeich­nen würde. (Beifall bei den NEOS.)

Mit dieser Novelle setzen wir zum letztmöglichen Zeitpunkt – nicht nur die heutige Tageszeit betreffend, sondern allgemein – den Schritt, dass wir die Katastrophe, die auf uns zugekommen wäre, abwenden, nämlich dass wir das Mietwagengewerbe bezie­hungsweise die Plattformen, die Vermittler und die Innovation, die mit ihnen einhergeht, mit Jahresende begraben und ihnen den Todesstoß versetzt hätten.

Der offene Wettbewerb, den wir jetzt zumindest in gewissen Bahnen zulassen – ich sage auch ganz offen und ehrlich, ich wäre da noch weitere Schritte gegangen, und ich glaube auch, dass das bei Weitem nicht das Optimum ist –, dieser Wettbewerb ist es, der über die letzten Jahre und Jahrzehnte Innovationen zugelassen hat. Das sind Vermittlungs­plattformen, das sind Möglichkeiten, dass man, wie es auch angesprochen wurde, Taxi­sharing macht, das sind alles Möglichkeiten, die durch Innovationen gekommen sind. Wenn es die nicht gegeben hätte – das sage ich Ihnen auch ganz offen und ehrlich –, dann würde das Taxigewerbe noch immer im Jahr 1950 stecken. Genau das muss ja


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unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker sein: dass wir dagegen kämpfen und es weiterentwickeln.

Es braucht natürlich faire Spielregeln. Das ist ganz klar, und dazu haben wir uns in dieser Debatte auch immer bekannt. Es braucht ganz klare und faire Spielregeln, die gleiche Bedingungen für alle schaffen. Damit gehen wir einen Schritt weiter, das freut mich, aber, wie gesagt, ich glaube, man könnte noch sehr viel weiter gehen.

Ich möchte noch mit einer Mär aufräumen, weil hier immer wieder kommt, es gehe nur um Uber. Es geht um ganz, ganz viele Unternehmen und UnternehmerInnen in Öster­reich, um ganz viele kleine Mietwagenunternehmer und auch darüber hinaus um ganz viele weitere innovative Unternehmen. Holmi beispielsweise ist ein neuer, zukünftiger Vermittler aus Österreich, der Bereitschaft signalisiert hat und sich auch weiterentwickelt hat und neue Formen des Transports ermöglicht.

Darüber hinaus sind ja auch ganz viele andere im Mietwagengewerbe drinnen, die jetzt nicht diese klassische Transportleistung anbieten, die immer als Taxi bezeichnet wird. Das sind Krankentransporte und so weiter, die alle von diesem Konstrukt betroffen sind. Dementsprechend, glaube ich, ist es durchaus wichtig, dass wir auch in Zukunft – und da ist unsere Hand immer offen und ausgestreckt – weitere Schritte gemeinsam gehen, um dieses Gewerbe weiterzuentwickeln und diese Entwicklung nicht stehen bleiben zu lassen, weil ich glaube, das wäre sehr schade – am Ende für alle, für die Unternehmer und insbesondere auch für die Konsumentinnen und Konsumenten.

Es sitzen ja durchaus auch viele, die das heute noch nutzen werden, hier im Raum. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend. (Beifall bei den NEOS.)

0.39


Präsidentin Doris Bures: Nunmehr hat sich Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin. (Zwischenrufe bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und FPÖ.)


0.40.02

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Kurz! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich kann es nachvollziehen, es ist spät – trotzdem, ich habe mich im Verkehrsausschuss am Ende dieser Debatte zu Wort gemeldet, ich tue es jetzt auch noch einmal.

Erstens: Die Regelungen für Pauschalfahrten, wie sie bis jetzt im Gesetz vorgelegen sind, wie sie zuletzt beschlossen worden sind, waren nicht praktikabel. Das ist nicht uns im Ministerium eingefallen, das war ein Antrag unter anderem auch von der Konferenz der Landeswirtschaftsreferenten/-referentinnen. Die haben gesagt, dass sie mit dem, was beschlossen worden ist, nicht operieren können, und um Klarstellung gebeten. Diese Klarstellung erfolgt jetzt, und wir konnten in den letzten Wochen – und glauben Sie mir, es waren für alle, die involviert waren, sicher auch für Kollegen Matznetter, sehr intensive Gespräche – sehr, sehr viele der Missverständnisse, die entstanden sind, mit dieser Novelle ausräumen.

Weil solche Missverständnisse hier in der Debatte nach wie vor noch vorkommen, möchte ich sie noch einmal ausräumen. Es gibt einheitliche Regeln, Taxi und Mietwagen sind ab 1.1.2021 zu einem völlig einheitlichen Gewerbe zusammengefasst. Für alle gelten ausnahmslos dieselben Regeln. Alle LenkerInnen benötigen einen Taxischein, alle haben dieselbe Ausbildung, alle müssen dieselben Qualitätsstandards erfüllen, alle unterliegen denselben Regeln für Fahrpreise, alle unterliegen denselben Regeln, wenn sie vorbestellte Fahrten anbieten wollen, alle unterliegen denselben Regeln, wenn sie mit Taxameter fahren wollen. Es gibt keinen Unterschied.


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Wir geben den Ländern bessere Möglichkeiten in die Hand, genau das zu tun, was sie einfordern, nämlich für vorbestellte Fahrten Preisbänder festzulegen, die sich bei der Preisbildung an objektiven Kriterien wie vermutlicher Fahrtdauer und Entfernung orien­tieren. Wir eröffnen ihnen genau diese Möglichkeit. Wir konnten in den letzten Wochen sehr, sehr viele Missverständnisse ausräumen und bringen so heute nach intensiven Debatten eine Novelle auf den Weg, mit der wir innovative und digitale Angebote ermög­lichen, aber auch Sicherheit geben und für die Bundesländer die Handlungsfähigkeit gegenüber dem bisherigen Beschlussstand verbessern. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ein Stichwort noch zur zweiten Regierungsvorlage, Änderung der StVO: Da geht es einerseits um eine Verlängerung. Kollegen Schroll dauert sie zu lange, wie ich gehört habe. Wir können aber heute noch nicht abschätzen, wie lange wir diese Ausnahme­situation noch haben werden. Es gibt die Möglichkeit, Wochenend- und Feiertagsfahr­verbote aufzuheben. Das heißt nicht, dass wir davon Gebrauch machen müssen. Ich möchte auch in diesem Rahmen noch einmal betonen: Wir beobachten die Situation sehr genau. Es gibt aktuell keine Notwendigkeit dafür, aber ich möchte, wenn Len­ker/Lenkerinnen wieder an Grenzen hängen, in der Lage sein, ihnen die Heimreise zu ermöglichen. Auch dazu dient diese Novelle. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

0.43


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer, Sie gelangen als Nächste zu Wort. Bitte.


0.43.48

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eingangs: Die NEOS können ja in der Wien-Koalition beweisen, wie sie Liberalisierung umsetzen.

Zu den Ausführungen von Kollegin Herr: Da Sie hier den 12-Stunden-Arbeitstag zur Debatte stellen, möchte ich Ihnen schon einmal etwas sagen. Mein Großvater war einer der ersten Taxiunternehmer in Imst – das ist eine Stadt in Tirol. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Der würde sich heute im Grabe umdrehen angesichts dessen, wie man hier von Taxiunternehmerinnen und Taxiunter­nehmern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern spricht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Von Sozialdumping will ich gar nicht reden, denn ich halte den Vorwurf in diesem Zusammenhang für eine bodenlose Frechheit. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Ich möchte gerne noch ein anderes Thema ansprechen: Lkw ist für Sie, Frau Bundes­ministerin, und für viele hier in diesem Raum ein sehr böses Wort. Viele sagen auch: In dieser Krise haben wir in der Güterbeförderung gezeigt, wie wichtig die Transport­wirtschaft ist, um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Ich bin froh, dass wir mit dieser Änderung der Straßenverkehrsordnung das Nacht- und Wochenend­fahrverbot aussetzen können, was für die Branche sehr, sehr wichtig ist. Kollege Stöger hat im Ausschuss gemeint, dass das alles ein Wahnsinn ist, weil man das In-der-Nacht-Fahren ja gar nicht braucht, sie sollen einfach untertags mehr fahren. Man sollte da vielleicht eher im Kreis und nicht linear denken. Man muss die Waren, die angeliefert werden, auch verarbeiten. Temperaturmessungen müssen ordentlich durchgeführt wer­den, und vieles andere mehr. Einfach nur zu sagen, das braucht man nicht, ist aus meiner Sicht jedenfalls nicht ganz korrekt. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend möchte ich Ihnen gerne etwas mit auf den Weg geben: Der Lkw bringt Lebensmittel, der Lkw bringt Holz, der Lkw bringt viele Waren, die wir tagtäglich brauchen.


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Der böse Lkw – niemand will ihn, aber jeder braucht ihn. – Gute Nacht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Fischer.)

0.46


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ulrike Fischer. – Bitte. (Zwischenrufe bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und FPÖ.)


0.46.36

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Ihr werdet gleich hören, worum es geht: Es geht nur um eine Kleinigkeit in eigener Sache. Wir haben heute hier davon gesprochen, dass uns die Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung wichtig ist. In der Kantine gibt es noch frisches Gebäck, frische Weckerl. Die sind heute noch frisch, morgen aber leider weg. Ihr wisst, wo sie hinkommen. Bitte holt euch die! In Zukunft werden wir das anders organisieren. Bitte holt euch noch die Weckerl, denn sonst muss alle ich mit nach Hause nehmen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

0.47


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich muss Sie jetzt noch um ein wenig Aufmerksamkeit bitten.

Es ist in dieser Debatte jetzt niemand mehr zu Wort gemeldet, daher ist sie auch geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

00.47.16Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 34 bis 38


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zu den Abstimmungen, und ich frage die Frak­tionen, ob wir gleich in den Abstimmungsvorgang eintreten können. – Das ist der Fall, also gehe ich auch so vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und das Unfalluntersuchungsgesetz geändert werden, in 547 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Otten­schläger, Weratschnig, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Ottenschläger, Weratschnig, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Ich bitte auch hier um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so ange­nom­men.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer in der dritten Lesung die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.


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Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Seilbahngesetz 2003 geändert wird, samt Titel und Eingang in 477 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Antrag des Ver­kehrsausschusses, seinen Bericht 551 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 geändert wird, in 548 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Margreiter, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Margreiter, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­an­trag betreffend Ziffer 3 eingebracht.

Wer spricht sich hierfür aus? – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird, samt Titel und Eingang in 550 der Beilagen.

Wer spricht sich für diesen Gesetzentwurf aus? – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.51.28 Abstimmung über einen Fristsetzungsantrag


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeord­neten Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für innere Angele­genheiten zur Berichterstattung über den Antrag 1018/A(E) eine Frist bis 14. Dezember 2020 zu setzen.

Wer spricht sich für diese Fristsetzung aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


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00.51.56Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Doris Bures: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesordnungs­punkte 1 bis 9, 12 bis 28, 30 bis 32, 34 und 35 sowie 37 und 38 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sitzung als genehmigt gelten.

Ich verlese:

Tagesordnungspunkt 1:

„Der Abänderungsantrag Beilage 1/2 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 516 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 1/3 in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 2:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 509 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 2/1 in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 3:

„Der Abänderungsantrag Beilage 3/1 wird abgelehnt [...].

Der Abänderungsantrag Beilage 3/2 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 517 der Beilagen in zweiter [...] und [...] dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 4:

„Der Abänderungsantrag Beilage 4/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 587 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 4/2 in zweiter [...] und [...] dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 5:

„Der Abänderungsantrag Beilage 5/2 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 588 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 5/1 in zweiter [...] und [...] dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 6:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 510 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 7:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 511 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 8:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 512 der Beilagen – bei Anwe­senheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – in zweiter und dritter Lesung [...] – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.“


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Tagesordnungspunkt 9:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 513 der Beilagen – bei Anwesenheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – in zweiter und dritter Lesung [...] – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.“

Tagesordnungspunkt 12:

„Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 507 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.“

Tagesordnungspunkt 13:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 508 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 14:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 486 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 16:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 489 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 17:

„Der Abschluss des Staatsvertrages samt Protokoll wird gemäß dem Ausschussantrag in 490 der Beilagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.“

Tagesordnungspunkt 18:

„Der Rückverweisungsantrag Beilage 18/I wird abgelehnt [...].“

„Der Abänderungsantrag Beilage 18/3 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 492 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 18/2 in zweiter Lesung in ge­trennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

„Der Entschließungsantrag Beilage 18/4 wird [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 19:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 488 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 20:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 491 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 20/1 in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 21:

„Der Rückverweisungsantrag Beilage 21/I wird abgelehnt [...].“

„Der Abänderungsantrag Beilage 21/2 wird in namentlicher Abstimmung [...] abgelehnt.

Der Abänderungsantrag Beilage 21/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 493 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“


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Tagesordnungspunkt 22:

„Der Rückverweisungsantrag Beilage 22/I wird abgelehnt [...].“

„Der Abänderungsantrag Beilage 22/1 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 494 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 23:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 495 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.

Der Entschließungsantrag Beilage 23/1 EA wird [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 24:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 591 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 25:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 592 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 26:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 593 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 27:

„Der Abänderungsantrag Beilage 27/1 wird abgelehnt [...].

Der Abänderungsantrag Beilage 27/2 wird abgelehnt [...].

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 594 der Beilagen – bei Anwe­senheit der vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten – in zweiter [...] und [...] dritter Lesung [...] – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.“

Tagesordnungspunkt 28:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 595 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 28/1 – bei Anwesenheit der vorge­sehenen Anzahl der Abgeordneten – in zweiter und dritter Lesung [...] – und zwar mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit – angenommen.“

Tagesordnungspunkt 30:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 505 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 31:

„Der Abschluss des Staatsvertrages wird gemäß dem Ausschussantrag in 503 der Beila­gen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG [...] genehmigt.

Weiters wird gemäß dem gegenständlichen Ausschussantrag in der Fassung der Druck­fehlerberichtigung [...] Beilage 31/1 [...] beschlossen, dass dieser Staatsvertrag im Sinne des Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.“

Tagesordnungspunkt 32:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 504 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll69. Sitzung, 10. und 11. Dezember 2020 / Seite 352

Tagesordnungspunkt 34:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 547 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 34/1 in zweiter [...] und [...] dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 35:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 549 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 37:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 548 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 37/1 in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 38:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 550 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

*****

Ich frage Sie, ob sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieser Teile des Amtlichen Protokolls erheben. – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Diese Teile des Amtlichen Protokolls gelten daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsord­nung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

01.01.13Einlauf


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selb­ständigen Anträge 1130/A(E) bis 1159/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für 1.01 Uhr, das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

01.01.39Schluss der Sitzung: 1.01 Uhr

 

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