Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

84. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Dienstag, 2. Juli 2019

 

XXVI. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


 

Stenographisches Protokoll

84. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVI. Gesetzgebungsperiode                        Dienstag, 2. Juli 2019

Dauer der Sitzung

Dienstag, 2. Juli 2019: 9.04 – 22.20 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nach­haltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geändert wird

2. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird (859/A)

3. Punkt: Antrag der Abgeordneten August Wöginger, Werner Neubauer, BA, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (905/A)

4. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Klaus Fürlinger, Mag. Harald Stefan, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz geändert wird (695/A)

5. Punkt: Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Werner Neubauer, BA, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alterssicherungs­kom­missions-Gesetz geändert wird (780/A)

6. Punkt: Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird und ein Gesetz über die Errichtung eines Jungfamilienfonds (Jungfa­milienfondsgesetz) erlassen wird (816/A)

7. Punkt: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Land­arbeitsgesetz 1984 geändert werden (576/A)


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8. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 – MSchG, das Bundesgesetz, mit dem Karenz für Väter geschaffen wird (Väter-Karenzgesetz – VKG), sowie das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsgesetz 1984 – LAG) geändert wird (919/A)

9. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Zusammenrechnung der NSchG-Belastungen (123/A)(E)

10. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen be­treffend abschlagsfreies Sonderruhegeld (124/A)(E)

11. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (338/A)

12. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz, das Gutan­gestell­tengesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (274/A)

13. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Konversionstherapien stoppen (558/A)(E)

14. Punkt: Antrag der Abgeordneten Elisabeth Köstinger, Ing. Norbert Hofer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschafts­gesetz 2002 geändert wird (AWG-Rechtsbereinigungsnovelle 2019) (887/A)

15. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geän­dert wird (18/A)

16. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, BGBl. I Nr. 10/2011, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 163/2015, geändert wird (909/A)

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Haftungsrecht geändert wird (Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2019 – HaftRÄG 2019)

18. Punkt: Bericht über den Antrag 910/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das SE-Gesetz, das Übernahmegesetz und das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Aktienrechts-Änderungsge­setz 2019 – AktRÄG 2019)

19. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 27. November 1984 über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren geändert wird (80/A)

20. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter und die Juris­diktionsnorm geändert werden

21. Punkt: Bericht über den Antrag 924/A der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geändert wird


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22. Punkt: Bericht über den Antrag 678/A der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflege­geldgesetz geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Antrag 871/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird

24. Punkt: Bericht über den Antrag 872/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden

25. Punkt: Bericht über den Antrag 893/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend alternative Beurteilung in der Volksschule

26. Punkt: Bericht über den Antrag 32/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammer­schmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung von Ziffernnoten in der Volksschule

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Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Michael Bernhard, Claudia Gamon, MSc (WU), Mag. Roman Haider, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Andreas Schieder und Dr. Angelika Winzig    ............................................................................................................................... 32

Angelobung der Abgeordneten Mag. Doris Hager-Hämmerle, Alois Kainz, Ing. Daniela List, Dr. Christoph Matznetter, Laurenz Pöttinger und Sandra Wohlschlager .............. 32

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 32

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des schriftlichen Aus­schussberichtes 677 d.B. gemäß § 44 (2) GOG ................................................................................................................. 55

Antrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 923/A der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 20. September 2019 zu setzen – Ablehnung .........................  55, 285

Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, dem Gleichbehandlungs­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 332/A der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundes­gesetz, mit dem das Einkommenstransparenzgesetz geschaffen wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung  55, 285


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Antrag der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Bauten und Wohnen zur Berichterstattung über den Antrag 15/A der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz 1981, BGBl. I Nr. 520/1981, und das Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 70/2002, geändert werden“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung ...................................................  55, 285

Antrag des Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 324/A der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz zur Einhaltung unternehmerischer Sozialverantwortung (Sozial­verantwortungsgesetz – SZVG) erlassen wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung .................................................................................  56, 285

Antrag des Abgeordneten Josef Muchitsch, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 577/A der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Annahme  56, 285

Antrag des Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 900/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 11. Mai 1921 über den Dienstvertrag der Privatangestellten (Angestelltengesetz) geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung .................................................................................  56, 285

Antrag des Abgeordneten Michael Bernhard, dem Umweltausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 894/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Fertigstellung des Nationalen Energie- und Klimaplans“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung ..............................................................................................................  56, 286

Antrag des Abgeordneten Michael Bernhard, dem Umweltausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 805/A(E) der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bundesrahmengesetz und Bundesstrategie für Raumordnung und Flächenmanagement“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung .........................  56, 286

Antrag der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen, dem Umweltausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 803/A(E) der Abge­ordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schaffung eines Klimatransparenzgesetzes inklusive Klimabudget (THG-Budget)“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung ..............  56, 286

Antrag der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Antrag 763/A(E) der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Tiertransporte-Reduktionsplan“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 4. Juli 2019 zu setzen – Annahme ........................................................................  56, 286

Antrag der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 566/A(E) der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „mehr Kontrollen von Lebendtiertransporten am Transportweg zur Verhinderung


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unnötigen Tierleids“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 4. Juli 2019 zu setzen – Annahme    56, 286

Antrag der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 814/A(E) der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Entzug der Zulassung von Transportunternehmen für Tiertransporte“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 4. Juli 2019 zu setzen – Annahme .........................................  56, 286

Antrag der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 860/A der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren und damit zusammenhängenden Vorgängen (Tiertransportgesetz 2007 – TTG 2007) geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 4. Juli 2019 zu setzen – Ablehnung ........................................  56, 286

Antrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, dem Gesund­heitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 878/A der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird, sodass die Haltung von Schweinen auf vollständig perforiertem Boden (Vollspaltenböden) verboten und die verpflichtende Einstreu mit weichem organischem Material in ausreichen­der Menge vorgeschrieben wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 12. September 2019 zu setzen – Ablehnung ..............  57, 286

Antrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, dem Gesund­heitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 854/A der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird, sodass die Tötung männlicher Küken aus rein wirtschaftlichen Gründen verboten wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 12. September 2019 zu setzen – Ablehnung ........................................................  57, 286

Antrag der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, dem Gesund­heitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 877/A der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Tierschutzgesetz geändert wird, sodass die betäu­bungslose Kastration von Ferkeln verboten wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 12. September 2019 zu setzen – Ablehnung ..........................................................................................  57, 286

Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, dem Justizausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 840/A der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Haftung der Organe der Gebietskörperschaften und der sonstigen Körper­schaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für Schäden, die sie dem Rechts­träger in Vollziehung der Gesetze unmittelbar zugefügt haben (Organhaft­pflicht­gesetz – OrgHG), geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. Sep­tember 2019 zu setzen – Ablehnung ................  57, 286

Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, dem Justizausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 821/A(E) der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Österreichische Korruptionsstatistik“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. September 2019 zu setzen – Annahme  57, 287

Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, dem Justizausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 841/A der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über


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die Haftung der Gebietskörperschaften und der sonstigen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für in Vollziehung der Gesetze zugefügte Schäden (Amtshaftungsgesetz – AHG) geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. September 2019 zu setzen – Ablehnung ...............................................................................................  57, 287

Antrag des Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 827/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bun­desministerien (Bundesministeriengesetz 1986 – BMG) und das Bundesgesetz vom 25. Jänner 1989 über die Ausschreibung bestimmter Funktionen und Arbeitsplätze sowie die Besetzung von Planstellen im Bundesdienst und über die Änderung des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (Ausschreibungsge­setz 1989 – AusG) geändert werden“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. September 2019 zu setzen – Ablehnung ..............................................................................................................  57, 287

Antrag des Abgeordneten Josef Schellhorn, dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zur Berichterstattung über den Antrag 902/A(E) der Abge­ord­neten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gemeinsame Erarbeitung eines Erneuerbaren Ausbaugesetzes“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung ...........................................  57, 287

Antrag des Abgeordneten Michael Bernhard, dem Ausschuss für Familie und Jugend zur Berichterstattung über den Antrag 838/A der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 24. September 2019 zu setzen – Ablehnung ...................................  57, 287

Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, dem Ausschuss für innere Ange­legenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 843/A der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG) geändert wird“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. September 2019 zu setzen – Ablehnung ...........................  57, 287

Antrag der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, dem Ausschuss für innere Ange­legenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 822/A(E) der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Österreichische Korrup­tionsstatistik“ gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 1. September 2019 zu setzen – Ablehnung ...............................................................................................  57, 287

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 GOG             ............................................................................................................................... 58

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 136

Antrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen, den Antrag 905/A der Abgeordneten August Wöginger, Werner Neubauer, BA, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden, gemäß § 73 Abs. 3 Z 2 GOG an den Ausschuss für Arbeit und Soziales rückzuverweisen – Ablehnung ................................................................  91, 139

Aktuelle Stunde (22.)

Thema: „Eine nachhaltige Budgetpolitik kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute“             ............................................................................................................................... 33


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RednerInnen:

Peter Haubner ......................................................................................................... ..... 33

Bundesminister Dipl.-Kfm. Eduard Müller, MBA ................................................ ..... 36

Angela Baumgartner .............................................................................................. ..... 39

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 40

Erwin Angerer ......................................................................................................... ..... 41

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ..... 43

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ..... 44

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ..... 46

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ..... 47

MMag. DDr. Hubert Fuchs ..................................................................................... ..... 49

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ..... 50

Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann ............................................................................ ..... 52

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 33

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 53

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Dr. Peter Pilz ....................................................................... 53

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicher­stellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geändert wird (677 d.B.) ............................................................................... 58

RednerInnen:

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ..... 58

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ............................................................................ ..... 59

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................... ..... 61

Michael Bernhard .................................................................................................... ..... 62

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ..... 63

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ..... 64

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ ..... 65

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ..... 66

Bundesministerin Dipl.-Ing. Maria Patek, MBA ........................................................ 67

Robert Laimer ............................................................................................................... 68

Annahme des Gesetzentwurfes in 677 d.B. ................................................................... 69

2. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Ge­rald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird (859/A) ....................................... 69

RednerInnen:

Peter Wurm .............................................................................................................. ..... 70

Gabriela Schwarz ................................................................................................... ..... 72


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Maximilian Linder .................................................................................................... ..... 74

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc ................................................................................. 75

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ..... 77

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 78

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ..... 79

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 80

Philip Kucher ........................................................................................................... ..... 84

Mag. Karin Greiner ................................................................................................. ..... 85

Bundesministerin Mag. Dr. Brigitte Zarfl ............................................................. ..... 87

Annahme des im Antrag 859/A enthaltenen Gesetzentwurfes ...................................... 88

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Antrag der Abgeordneten August Wöginger, Werner Neubauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (905/A)           ............................................................................................................................... 89

4. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Klaus Fürlinger, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (695/A)          ............................................................................................................................... 89

5. Punkt: Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Werner Neubauer, BA, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alterssiche­rungs­kommissions-Gesetz geändert wird (780/A)           ............................................................................................................................... 89

RednerInnen:

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ..... 90

August Wöginger .................................................................................................... ..... 91

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ..... 92

Werner Neubauer, BA ............................................................................................ ..... 95

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ..... 96

Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ........................................................................... ... 101

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ... 102

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 103

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 104

Mag. Michael Hammer ............................................................................................ ... 106

Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 112

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 113

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 114

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ... 115

Annahme des im Antrag  905/A enthaltenen Gesetzentwurfes ................................... 139

Annahme des im Antrag 695/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................... 139

Annahme des im Antrag 780/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................... 139

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreu­ungsgeldgesetz geändert wird und ein Gesetz über die Errichtung eines Jung­familienfonds (Jungfamilienfondsgesetz) erlassen wird (816/A)                    115

7. Punkt: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (576/A)    ............................................................................................................................. 116


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8. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 – MSchG, das Bundesgesetz, mit dem Karenz für Väter geschaffen wird (Väter-Karenzgesetz – VKG), sowie das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeits­gesetz 1984 – LAG) geändert wird (919/A) .......................................................................................................................... 116

RednerInnen:

Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß ........................................................................... ... 116

Birgit Silvia Sandler ................................................................................................... 117

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 122

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 123

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ... 126

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 128

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 129

Carmen Schimanek ................................................................................................ ... 130

Bundesministerin Mag. Ines Stilling ..................................................................... ... 131

Mag. Doris Hager-Hämmerle ................................................................................. ... 132

Tanja Graf ................................................................................................................ ... 133

Mag. Verena Nussbaum ......................................................................................... ... 134

Entschließungsantrag der Abgeordneten Birgit Silvia Sandler, Mag. Dr. Wolf­gang Zinggl, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Antrag auf Sonderprüfung des Familienfests im Schlosspark Schönbrunn – Verstoß gegen das Vergabegesetz und Verdacht auf Parteienfinanzierung durch die Hintertür durch Alt-Bundeskanzler Kurz“ – Ablehnung .................................  121, 137

Annahme des im Antrag 816/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................... 136

Annahme des im Antrag 576/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................... 136

Ablehnung des im Antrag 919/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................. 136

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenrechnung der NSchG-Belastungen (123/A)(E) ............................................................................ 141

10. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend abschlagsfreies Sonderruhegeld (124/A)(E) .......................................................................................... 141

RednerInnen:

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................ ... 141

Rainer Wimmer ....................................................................................................... ... 142

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 143

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 144

Alois Stöger, diplômé (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 146

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zusammenrechnung der NSchG-Belastungen“ – Annahme (E 79).................. 146, 147

Annahme der im Antrag 123/A(E) enthaltenen Entschließung (E 80) ......................... 146

Annahme der im Antrag 124/A(E) enthaltenen Entschließung (E 81) ......................... 146

11. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (338/A) ............ 147


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 10

RednerInnen:

August Wöginger ..............................................................................................  147, 154

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 148

Carmen Schimanek ................................................................................................ ... 150

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ... 151

Tanja Graf ................................................................................................................ ... 152

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 154

Annahme des im Antrag 338/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................... 155

12. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz, das Gut­angestelltengesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Landarbeitsge­setz 1984 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (274/A)    ............................................................................................................................. 155

RednerInnen:

August Wöginger .................................................................................................... ... 155

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 156

Hannes Amesbauer, BA ......................................................................................... ... 164

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ... 166

Erwin Angerer ......................................................................................................... ... 167

Sandra Wassermann .............................................................................................. ... 168

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ... 169

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitszeitumverteilung“ – Ablehnung ...............................................................  162, 170

Annahme des im Antrag 274/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................... 169

13. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen (558/A)(E) ................................................................... 170

RednerInnen:

Mag. Martin Engelberg ........................................................................................... ... 170

Mario Lindner .......................................................................................................... ... 171

Dr. Brigitte Povysil ................................................................................................. ... 172

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ... 173

Gabriela Schwarz ................................................................................................... ... 174

Annahme der im Antrag 558/A(E) enthaltenen Entschließung (E 82) ......................... 175

14. Punkt: Antrag der Abgeordneten Elisabeth Köstinger, Ing. Norbert Hofer, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirt­schafts­gesetz 2002 geändert wird (AWG-Rechtsbereinigungsnovelle 2019) (887/A) ................................................................... 175

RednerInnen:

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 176

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger ........................................................................... ... 177

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 180

Michael Bernhard .................................................................................................... ... 181

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 182

Ing. Daniela List .......................................................................................................... 183

Mag. Muna Duzdar ..................................................................................................... 185

Mag. Ernst Gödl ...................................................................................................... ... 186

Bundesministerin Dipl.-Ing. Maria Patek, MBA ...................................................... 187

Andreas Kollross ....................................................................................................... 188

Annahme des im Antrag 887/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................... 189


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 11

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutz­mittelge­setz 2011 geändert wird (18/A)                        189

16. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutz­mittel­gesetz 2011, BGBl. I Nr. 10/2011, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 163/2015, geändert wird (909/A) .................................... 190

RednerInnen:

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ... 190

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 193

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ... 202

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 203

Ing. Klaus Lindinger, BSc ...................................................................................... ... 205

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ... 206

Karl Schmidhofer .................................................................................................... ... 207

Mag. (FH) Maximilian Unterrainer ......................................................................... ... 208

Walter Rauch ........................................................................................................... ... 209

Ing. Markus Vogl ..................................................................................................... ... 210

Annahme des im Antrag 18/A enthaltenen Gesetzentwurfes ...................................... 211

Ablehnung des im Antrag 909/A enthaltenen Gesetzentwurfes .................................. 211

17. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (623 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Haftungsrecht geändert wird (Haftungsrechts-Ände­rungsgesetz 2019 – HaftRÄG 2019) (656 d.B.)        ............................................................................................................................. 212

RednerInnen:

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 212

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ... 214

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ... 215

Ing. Mag. Volker Reifenberger ............................................................................... ... 216

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ... 218

MMMag. Gertraud Salzmann ................................................................................. ... 219

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 220

Andreas Kühberger ................................................................................................ ... 221

Bundesministerin Dipl.-Ing. Maria Patek, MBA ................................................... ... 222

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES ......................................................................... ... 223

Annahme des Gesetzentwurfes in 656 d.B. ................................................................. 224

18. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 910/A der Abgeord­neten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktien­gesetz, das SE-Gesetz, das Übernahmegesetz und das Unternehmens­gesetz­buch geändert werden (Aktienrechts-Änderungsgesetz 2019 – AktRÄG 2019) (658 d.B.)              ............................................................................................................................. 224

RednerInnen:

Mag. Michaela Steinacker ...................................................................................... ... 224

Mag. Muna Duzdar .................................................................................................. ... 225

Dr. Markus Tschank ................................................................................................ ... 226

Dr. Irmgard Griss .................................................................................................... ... 227

Annahme des Gesetzentwurfes in 658 d.B. ................................................................. 228


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 12

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 27. November 1984 über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren geändert wird (80/A) ........................................................ 228

20. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (633 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter und die Jurisdiktionsnorm geändert werden (657 d.B.) ........ 228

RednerInnen:

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 229

Karl Mahrer, BA ...................................................................................................... ... 229

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 230

Mag. Christian Ragger ............................................................................................... 231

Vizekanzler Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner .......................................................... ... 232

Dr. Alfred J. Noll ..................................................................................................... ... 233

Mag. Klaus Fürlinger .............................................................................................. ... 233

Annahme des im Antrag 80/A enthaltenen Gesetzentwurfes ...................................... 234

Annahme des Gesetzentwurfes in 657 d.B. ................................................................. 234

21. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 924/A der Abge­ordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geändert wird (659 d.B.) ........................ 235

RednerInnen:

Dr. Josef Moser ....................................................................................................... ... 235

Mario Lindner .......................................................................................................... ... 237

Dr. Nikolaus Scherak, MA ...................................................................................... ... 238

Dr. Harald Troch ..................................................................................................... ... 239

Sabine Schatz ......................................................................................................... ... 239

Annahme des Gesetzentwurfes in 659 d.B. ................................................................. 240

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 678/A der Abgeord­neten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (646 d.B.) ...................................................................................................................... 240

RednerInnen:

Mag. Ernst Gödl ...................................................................................................... ... 241

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 243

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ... 244

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 244

Mag. Ernst Gödl (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 245

Mag. Bruno Rossmann .......................................................................................... ... 246

Kira Grünberg ......................................................................................................... ... 247

Bundesministerin Mag. Dr. Brigitte Zarfl ............................................................. ... 248

Maximilian Linder .................................................................................................... ... 249

Mag. Maria Smodics-Neumann ................................................................................. 250

Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. ... 251

Annahme des Gesetzentwurfes in 646 d.B. ............................................................. ... 253

23. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 871/A der Abge­ordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 13

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird (647 d.B.) .................................................... 253

RednerInnen:

Mag. Dr. Rudolf Taschner ...................................................................................... ... 253

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ............................................................................ ... 255

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 259

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................. 261

Stephanie Cox, BA ..................................................................................................... 262

Tanja Graf .................................................................................................................... 263

Bundesministerin Mag. Dr. Iris Eliisa Rauskala .................................................. ... 265

Dipl.-Ing. Christian Schandor ................................................................................... 266

MMMag. Gertraud Salzmann ................................................................................. ... 267

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 269

Lukas Brandweiner ................................................................................................ ... 270

Christian Kovacevic ............................................................................................... ... 271

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Graf, Petra Steger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „tägliche Bewegungseinheit für alle Kinder und Jugendlichen im Pflichtschulalter“ – Annahme (E 83)     264, 273

Annahme des Gesetzentwurfes in 647 d.B. ................................................................. 273

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 872/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungs­doku­mentationsgesetz geändert werden (648 d.B.) ......................................................................................................... 273

25. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 893/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betref­fend alternative Beurteilung in der Volksschule (649 d.B.)     ............................................................................................................................. 273

26. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 32/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Wiedereinführung von Ziffernnoten in der Volksschule (650 d.B.) ...................................................................................................................... 274

RednerInnen:

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ................................................................................ 274

Dr. Maria Theresia Niss, MBA ................................................................................... 275

Stephanie Cox, BA ................................................................................................. ... 276

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 278

Eva Maria Holzleitner, BSc ........................................................................................ 279

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ............................................................................. 280

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................ ... 281

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 282

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ ... 283

Annahme des Gesetzentwurfes in 648 d.B. ................................................................. 284

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 648 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Sicherstellung der Überführung bewährter Schulversuche in das Regelschulwesen“ (E 84)                     284

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 649 und 650 d.B. ............................... 284


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 14

Eingebracht wurden

Bürgerinitiativen ........................................................................................................... 54

Bürgerinitiative betreffend „Die Verfassungsrechtliche Absicherung des solidari­schen gesetzlichen Pensionssystems nach dem Umlageverfahren“ (Ordnungs­nummer 65)

Bürgerinitiative betreffend „Die Verfassungsrechtliche Absicherung des solidari­schen gesetzlichen Pensionssystems nach dem Umlageverfahren“ (Ordnungs­nummer 66)

Regierungsvorlage ....................................................................................................... 54

642: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit

Berichte ......................................................................................................................... 53

Vorlage 51 BA: Monatserfolg Mai 2019; BM f. Finanzen

III-292: Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2018

III-294: Bericht betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnellstraße – Reihe BUND 2019/27; Rechnungshof

III-295: Bericht betreffend System der Wettbewerbsbehörden außerhalb des Finanzmarkts – Reihe BUND 2019/28; Rechnungshof

III-299: Bericht über die Entschließung des Nationalrates vom 29. Februar 2012, E 232-NR/XXIV. GP betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten (PCSC) – Berichtszeitraum 1. Mai 2018 bis 30. April 2019; BM f. Inneres

III-301: Tätigkeitsbericht des Rates für Forschung- und Technologie­entwick­lung 2018; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-302: Bericht betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Be­richtszeitraum 2017/2018; Bundesregierung

III-303: Lebensmittelsicherheitsbericht 2018; ‚BM f. Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

III-304: Bericht zur Vermittlung von musikalischer Bildung aufgrund der Ent­schließung des Nationalrates vom 20. April 2018, 15/E-XXVI. GP; BM f. EU, Kunst, Kultur und Medien und BM f. Bildung, Wissenschaft und Forschung

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................ 54

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zur Beendigung von Inves­titionsverträgen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Aufnahme der Verhandlungen über Änderungen des Vertrages zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und des Übereinkommens über die Übertragung von Beiträgen auf den Einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 15

Anträge der Abgeordneten

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend finanzielle Absicherung für den VKI durch Erhöhung der Basisförderung (926/A)(E)

Gabriela Schwarz, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen in Blutspendeeinrichtungen (Blutsicherheitsgesetz 1999 – BSG 1999), BGBl. I Nr. 44/1999 geändert wird (927/A)

August Wöginger, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz über Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes geän­dert werden (928/A)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Optionenbericht für eine sozial verträgliche Ökologisierung des Steuer- und Abgabensystems (929/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Analyse zur Grund­steuer, ihrer Entwicklung und Möglichkeiten zur Reform (930/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Er­reichung nationaler und internationaler Klimaziele (931/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhandlungen Öster­reichs über ein internationales Zusammenwirken zum Erhalt der Regenwälder durch Ausgleichszahlungen an die Grundeigentümer (932/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eintreten Österreichs für den Erhalt der letzten europäischen Urwälder durch Ausgleichszahlungen der EU an die Grundeigentümer (933/A)(E)

Efgani Dönmez, PMM, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Gesetz über eine Änderung des Strafvollzugsgesetzes (934/A)

Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Michael Bernhard, Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erklärung des Climate Emergency (935/A)(E)

Philip Kucher, Gabriela Schwarz, Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich (Gehaltskassengesetz 2002) geändert wird (936/A)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Tierschutz im Bereich Lebendtiertransporte (937/A)(E)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Tötung von männlichen Eintagsküken (938/A)(E)

Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehrlinge – Integration vor Zuzug (939/A)(E)

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umsetzung der täglichen Bewegungs- und Sporteinheit bedeutet bessere Gesundheit und Fitness unserer Kinder“ (940/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wird (941/A)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 16

Mag. Thomas Drozda, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird (942/A)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ausreichende Budgetmittel für den Arbeitsmarkt (943/A)(E)

Mag. Bruno Rossmann, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Führung des Bundeshaushaltes (Bundeshaushaltsgesetz 2013 – BHG 2013) geändert wird (944/A)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Tierschutz im Bereich Lebendtiertransporte (945/A)(E)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot der Tötung von männ­lichen Eintagsküken (946/A)(E)

Ing. Markus Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Marktordnungsstelle „Agrarmarkt Austria“ (AMA-Gesetz 1992), BGBl. Nr. 376/1992, geändert wird (947/A)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bekenntnis zur Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel zum Schutz der Bio­diver­sität und des Wassers bei allen öffentlichen Institutionen, den Anstalten öffentlichen Rechts sowie Unternehmen und Gesellschaften mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes (948/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung der Forschung und Innovation zur Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzen­schutz­mittel zum Schutz der Biodiversität und des Wassers (949/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Bundes­naturschutzgesetzes (950/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000 geändert wird (951/A)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 geändert wird (952/A)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Eingetragene Partner­schaft-Gesetz und das Personenstandsgesetz 2013 geändert werden („Ehe-Part­nerschafts-Anpassungsgesetz 2019 – EPAG 2019“) (953/A)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ökologisierung des Steuer­systems (954/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird (955/A)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Deutschprüfungen als Voraussetzung für den Bezug von Sozialhilfe (956/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einkommensmonitoring im Sozialen Wohnbau (957/A)(E)

Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit der Verschwendung von Lebensmitteln (958/A)(E)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 17

Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­ge­setz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2010 – EIWOG 2010 geändert wird (959/A)

Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 (ÖSG 2012) geändert wird (960/A und Zu 960/A)

Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offenlegung des Pla­nungstandes zum Erneuerbaren Ausbau Gesetz (961/A)(E)

Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen betreffend fairer Finanzierungs­schlüssel für die Ökostromförderung (962/A)(E)

Birgit Silvia Sandler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz 2001 geändert wird (963/A)

Maria Großbauer, Sandra Wassermann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Status der Welterbestätte „Historisches Zentrum von Wien“ auf der Welterbe-Liste (964/A)(E)

Elisabeth Köstinger, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schellhorn, Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Unzu­lässigkeit der Aufstellung und des Einbaus von Heizkesseln von Zentralheizungs­anlagen für flüssige fossile oder für feste fossile Brennstoffe in Neubauten (Ölkes­seleinbauverbotsgesetz – ÖKEVG 2019) (965/A)

Elisabeth Köstinger, MMMag. Dr. Axel Kassegger, Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ökostromgesetz 2012 (ÖSG 2012) geändert wird (966/A)

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Eva Maria Holzleitner, BSc, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend unabhängiger Monitoring­ausschuss zur Umsetzung der UN-Kinderrechtekonvention (967/A)(E)

Dr. Johannes Jarolim, Dr. Irmgard Griss, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich und die Einrichtung der Bundesministerien (Bundesministerien­gesetz 1986 – BMG) geändert wird (968/A)

Karl Mahrer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Staatsbürgerschaft für Nach­kommen von Vertriebenen des Nationalsozialismus (969/A(E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dr. Alfred J. NolI, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der Trinkwasserversorgung vor Privatisierung (852/A) (Zu 852/A)

Anfragen der Abgeordneten

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Anzeigen des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz gegen Anbieter von CBD-Produkten bzw CBD-Blüten (3706/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Veranstaltungen der Wirtschaftskammer (3707/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 18

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Folgeanfrage Bildungsoffensive der Wirt­schaftskammer (3708/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Wirtschaftskammer Event – „The Euro­pean Dream“ (3709/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Beratungstätigkeiten in der Wirtschafts­kammer (3710/J)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Studien der Wirtschaftskammer (3711/J)

Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend budgetäre Bedeckung von Assistenzaufgaben/-Einsätzen des ÖBH im Inland (3712/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend „Auflösung von Think Austria“ (3713/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3714/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3715/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betref­fend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3716/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3717/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3718/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3719/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3720/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3721/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3722/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Veranstaltungen über 50.000 Euro (3723/J)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Sondermittel für Ressorts (3724/J)

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Sondermittel für Ressorts (3725/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 19

Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Sondermittel für Ressorts (3726/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Folgeanfrage zu Akkreditierung, Prüfung und Eva­luierung durch den ÖIF (1170/AB) (3727/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die Vollziehung des Auskunfts­pflicht­gesetzes (3728/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3729/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3730/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3731/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3732/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3733/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Inte­gration und Äußeres betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3734/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3735/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3736/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend die Vollziehung des Aus­kunftspflichtgesetzes (3737/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3738/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3739/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Beratungstätigkeiten in der Arbeiterkammer (3740/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Studien der Arbeiterkammer (3741/J)

Werner Neubauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Missstände an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck (3742/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 20

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisie­rung und Wirtschaftsstandort betreffend Vereinskonstrukte in der Wirtschaftskammer (3743/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die Vorgänge rund um die Abziehung und die strafrechtliche Verfolgung des ehemaligen Leiters der Wirtschaftsgruppe der StA Wien und des ehemaligen fallführenden Staatsanwalts in den Ermittlungen rund um die diversen Eurofighter-Verfahren (3744/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend „BMÖDS-Studien zum Migrationspakt und möglicher Einfluss der Identitären“ (3745/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „BMÖDS-Studien zum Migrationspakt und möglicher Einfluss der Identi­tären“ (3746/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Inanspruchnahme der Altersteilzeit seit 2018 (3747/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin im Bun­deskanzleramt betreffend die Vollziehung des Auskunftspflichtgesetzes (3748/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Ermittlungen in der Causa Ibiza (3749/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­fassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Endgültige Aufklärung um Fehlverhalten in den Eurofighter-Verfahren (3750/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verwendung des Finanzierungsbeitrages für die Spielerschutzstelle im BMF (3751/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Hospiz- und Palliativ­versor­gung (3752/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Verpachtung von Trinkwasserquellen (3753/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Einsatzfähigkeit von Ausrüstungsgegenständen des Österreichischen Bundesheeres – Folgeanfrage (3754/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken in Österreich (3755/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Pensionsversicherung – Bei­tragszeiten und Ersatzzeiten (3756/J)

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend „Streichung von 1000 EU-Verordnungen – Folgeanfrage“ (3757/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 21

Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffent­lichen Dienst und Sport betreffend „BMÖDS-Studien zum Migrationspakt und möglicher Einfluss der Identitären“ (3758/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die strafrechtliche Verfolgung des ehe­maligen fallführenden Staatsanwalts der Ermittlungen betreffend die diversen Euro­fighter-Strafverfahren (3759/J)

Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Veröffentlichung der Evaluie­rungsergebnisse der Aktion 20.000 (3760/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verschmutzung der Donau durch Schifffahrt (3761/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Ein (teures) Logo für die ÖGK (3762/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Todesfall im Polizeianhaltezentrum Wien Roßauer Lände am 12.06.2019 (3763/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend „Wer verhandelt das EU-Personalpaket?“ (3764/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend „Wer verhandelt das EU-Personalpaket?“ (3765/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Versorgung ehemaliger Kabinettsmitglieder im Ressort (3766/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin im Bundeskanzler­amt betreffend „Externe Dienstleister beim Familienfest vom 1. Mai 2019“ (3767/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend „Externe Dienstleister beim Familienfest vom 1. Mai 2019“ (3768/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend „Externe Dienstleister beim Familienfest vom 1. Mai 2019“ (3769/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nach­haltigkeit und Tourismus betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3770/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3771/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3772/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3773/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 22

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3774/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3775/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3776/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3777/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3778/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3779/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Maßnahmen zur Korrup­tions­prävention (3780/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3781/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister im Bundes­kanzleramt betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3782/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin im Bundes­kanzleramt betreffend Maßnahmen zur Korruptionsprävention (3783/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beamtenpensionshöhen von Neuzugängen 2017 und 2018 (3784/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend „Mach den ersten Schritt“ (3785/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Loge am Opernball (3786/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Schulkonten (3787/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Vorsorgeuntersuchungen (3788/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Reformbedarf und Umgang mit Expertenberichten im Glücksspielrecht (3789/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend „Therapie statt Strafe“ (3790/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend „Folgeanfrage: Therapie statt Strafe“ (3791/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 23

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auskünfte aus dem Kontenregister im ersten Halbjahr 2019 (3792/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Auskünfte aus dem Kon­tenregister im ersten Halbjahr 2019 (3793/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Vertragsärzte und Wahlärzte (3794/J)

Elisabeth Feichtinger, BEd, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Situation des Lehramtsstudium an der JKU Linz (3795/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend Abschaffung „PVC-Weichmacher“ (3796/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundeskanzlerin betreffend Über­nahme von (ehemaligen) KabinettsmitarbeiterInnen in den Dienst der Ministerien (3797/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport betreffend Förderung der Werner Schlager Academy (3798/J)

Stephanie Cox, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Zulassung und Sicherheitsüberwachung von Schienenfahrzeugen“ (3799/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus betreffend „mögliche Gefährdung von Futter- und Nah­rungsmitteln durch den Einsatz von Stahlwerkschlacke“ (3800/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend PCs und Laptops für Haft­insassen (3801/J)

Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Unerledigte Vorhabensberichte im Justizministerium (3802/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend das Ustascha-Treffen in Bleiburg/Pliberk 2019 (3803/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betreffend Pensionsausgaben und Personalausgaben der Arbeiterkammern 2018 (3804/J)

Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die Öffentlichkeit von Gerichtsverfahren und der Öffentlichkeit der in Aussicht stehenden Verhandlungstermine (3805/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin im Bun­deskanzleramt betreffend Inanspruchnahme Familienzeitbonus 2018 (3806/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister im Bun­deskanzleramt betreffend „Kollektivverträge für Bundesmuseen und Nationalbibliothek“ (3807/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 24

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Konsequenzen nach Anklage im Verfahren um den Stadt­erweite­rungsfonds“ (3808/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Die rechtsextremen Polizeischüler des Herbert K.“ (3809/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Nebenbeschäftigungen von Rich­ter_innen – ASG, LG, OLG (3810/J)

Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachungsmaßnahmen nach dem SPG im ersten Halbjahr 2019 (3811/J)

Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend den Ausbau rechtsextremer Infrastruktur in Oberösterreich (3812/J)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfas­sung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend Klärungsbedürftige Entwick­lun­gen in der Causa Dr. L (3677/J) (Zu 3677/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz betreffend die Vorgänge rund um die Abziehung und die strafrechtliche Verfolgung des ehemaligen Leiters der Wirtschaftsgruppe der StA Wien und des ehemaligen fallführenden Staatsanwalts in den Ermittlungen rund um die diversen Eurofighter-Verfahren (3744/J) (Zu 3744/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3337/AB zu 3351/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3338/AB zu 3421/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3339/AB zu 3334/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Maurice Androsch, Kolleginnen und Kollegen (3340/AB zu 3330/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die An­frage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3341/AB zu 3326/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen (3342/AB zu 3335/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3343/AB zu 3341/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (3344/AB zu 3585/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 25

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3345/AB zu 3332/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3346/AB zu 3380/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3347/AB zu 3365/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3348/AB zu 3327/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3349/AB zu 3328/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen (3350/AB zu 3336/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3351/AB zu 3337/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3352/AB zu 3636/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Gruber, Kolleginnen und Kollegen (3353/AB zu 3568/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen (3354/AB zu 3435/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3355/AB zu 3468/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Alois Stöger, diplômé, Kolleginnen und Kollegen (3356/AB zu 3436/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3357/AB zu 3339/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3358/AB zu 3444/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3359/AB zu 3359/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3360/AB zu 3367/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3361/AB zu 3349/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3362/AB zu 3370/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3363/AB zu 3354/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 26

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3364/AB zu 3368/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3365/AB zu 3344/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3366/AB zu 3348/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (3367/AB zu 3342/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3368/AB zu 3357/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3369/AB zu 3360/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3370/AB zu 3355/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3371/AB zu 3364/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3372/AB zu 3347/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (3373/AB zu 3345/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3374/AB zu 3356/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3375/AB zu 3346/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3376/AB zu 3350/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alma Zadić, LL.M., Kolleginnen und Kollegen (3377/AB zu 3366/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3378/AB zu 3378/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3379/AB zu 3394/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Kovacevic, Kolleginnen und Kollegen (3380/AB zu 3398/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3381/AB zu 3373/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 27

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3382/AB zu 3384/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Kovacevic, Kolleginnen und Kollegen (3383/AB zu 3399/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3384/AB zu 3371/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3385/AB zu 3379/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3386/AB zu 3422/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (3387/AB zu 3412/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3388/AB zu 3377/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Bacher, Kolleginnen und Kollegen (3389/AB zu 3372/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3390/AB zu 3441/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3391/AB zu 3381/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3392/AB zu 3448/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Margreiter, Kolleginnen und Kollegen (3393/AB zu 3389/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3394/AB zu 3391/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3395/AB zu 3395/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (3396/AB zu 3397/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3397/AB zu 3388/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3398/AB zu 3429/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3399/AB zu 3387/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3400/AB zu 3390/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 28

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3401/AB zu 3439/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3402/AB zu 3423/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3403/AB zu 3383/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Muna Duzdar, Kolleginnen und Kollegen (3404/AB zu 3392/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3405/AB zu 3408/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3406/AB zu 3404/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3407/AB zu 3382/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3408/AB zu 3393/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3409/AB zu 3386/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3410/AB zu 3401/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3411/AB zu 3385/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (3412/AB zu 3374/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (3413/AB zu 3375/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (3414/AB zu 3396/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3415/AB zu 3405/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3416/AB zu 3417/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (3417/AB zu 3433/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3418/AB zu 3440/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (3419/AB zu 3411/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 29

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abge­ordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3420/AB zu 3426/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend auf die Anfrage der Abge­ordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3421/AB zu 3427/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3422/AB zu 3420/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Plessl, Kolleginnen und Kollegen (3423/AB zu 3434/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3424/AB zu 3446/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3425/AB zu 3443/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3426/AB zu 3419/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen (3427/AB zu 3410/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen (3428/AB zu 3413/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3429/AB zu 3432/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3430/AB zu 3447/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3431/AB zu 3416/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3432/AB zu 3451/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3433/AB zu 3403/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (3434/AB zu 3409/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3435/AB zu 3418/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3436/AB zu 3437/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3437/AB zu 3445/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 30

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3438/AB zu 3616/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3439/AB zu 3431/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3440/AB zu 3522/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (3441/AB zu 3567/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen (3442/AB zu 3442/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (3443/AB zu 3643/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3444/AB zu 3430/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolle­ginnen und Kollegen (3445/AB zu 3438/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen (3446/AB zu 3425/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Irmgard Griss, Kolleginnen und Kollegen (3447/AB zu 3450/J)

der Bundeskanzlerin auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (3448/AB zu 3634/J)

des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3449/AB zu 3630/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend im auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3450/AB zu 3632/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3451/AB zu 3625/J)

der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3452/AB zu 3627/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3453/AB zu 3513/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3454/AB zu 3631/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (3455/AB zu 3459/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3456/AB zu 3633/J)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 31

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen (3457/AB zu 3453/J)

des Bundesministers für öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3458/AB zu 3473/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen (3459/AB zu 3466/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3460/AB zu 3622/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3461/AB zu 3624/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3462/AB zu 3626/J)

des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3463/AB zu 3629/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3464/AB zu 3635/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen (3465/AB zu 3497/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3466/AB zu 3623/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (3467/AB zu 3454/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (3468/AB zu 3455/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Melanie Erasim, MSc, Kolleginnen und Kollegen (27/ABPR zu 30/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen (28/ABPR zu 31/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Angela Lueger, Kolleginnen und Kollegen (29/ABPR zu 27/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (30/ABPR zu 28/JPR)


 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 32

09.04.54Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritte Präsidentin Anneliese Kitzmüller.

09.04.56*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Sitzung für eröffnet erklären, die Damen und Herren Abgeordneten recht herzlich begrüßen und ersuchen, Platz zu nehmen. Ich darf auch unsere Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fern­sehschirmen recht herzlich begrüßen.

Die Amtlichen Protokolle der 80. und der 81. Sitzung vom 12. Juni sowie der 82. und der 83. Sitzung vom 13. Juni 2019 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Johanna Jachs, David Lasar und Dr. Alma Zadić, LL.M.

09.05.35Mandatsverzicht und Angelobung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Von der Bundeswahlbehörde sind die Mitteilun­gen eingelangt, dass die Abgeordneten Werner Amon, MBA, Michael Bernhard, Claudia Gamon, MSc (WU), Mag. Roman Haider, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. And­reas Schieder und Dr. Angelika Winzig auf ihre Mandate verzichtet haben.

Das Mandat der Abgeordneten Claudia Gamon, MSc (WU) wurde Abgeordnetem Michael Bernhard zugewiesen, und an dessen Stelle wurde Frau Mag. Doris Hager-Hämmerle in den Nationalrat berufen. Anstelle des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz wurde Herr Alois Kainz, anstelle des Abgeordneten Werner Amon, MBA Frau Ing. Daniela List, anstelle des Abgeordneten Mag. Andreas Schieder Dr. Christoph Matznetter, anstelle der Abgeordneten Dr. Angelika Winzig Herr Laurenz Pöttinger und anstelle des Abgeordneten Mag. Roman Haider Frau Sandra Wohlschlager in den Nationalrat berufen.

Da die Wahlscheine bereits vorliegen und die Genannten im Hause anwesend sind, darf ich die Angelobung vornehmen.

Nach der Verlesung der Gelöbnisformel durch die Schriftführung werden die neuen Abgeordneten ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich darf den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Preiner, um die Verlesung der Gelöb­nisformel ersuchen.


Schriftführer Erwin Preiner: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Re­publik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

*****

(Über Namensaufruf durch Schriftführer Preiner leisten die Abgeordneten Mag. Doris Hager-Hämmerle, Alois Kainz, Ing. Daniela List, Dr. Christoph Matznetter, Laurenz


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 33

Pöttinger und Sandra Wohlschlager die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“. – Allgemeiner Beifall.)

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke für das Ableisten des Gelöbnisses und wünsche Ihnen in der verbleibenden Zeit dieser Legislaturperiode viel Fortune, viel Freude bei der parlamentarischen Arbeit. Ein paar sind ja bereits erfahrene Mandatare und können gleich auf ihren Erfahrungsschatz zurückgreifen. (Unruhe im Saal. – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.) – Darf ich um Aufmerksamkeit ersuchen? – Sonst lassen wir uns Zeit.

09.08.33Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Bundeskanzlerin Dr. Brigitte Bierlein wird durch den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. vertreten.

*****

Ich darf bekannt geben, dass der ORF wie üblich von 9.05 Uhr bis 13 Uhr auf ORF 2, dann auf ORF III und ab 19.15 Uhr in der TVthek online überträgt. Ein Fotograf im Auftrag der Parlamentsdirektion ist ebenfalls wieder vertreten.

09.09.03Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Eine nachhaltige Budgetpolitik kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute“

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. Er weiß, dass er 10 Minuten Rede­zeit zur Verfügung hat. – Bitte.


9.09.21

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Guten Morgen! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanzminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! „Eine nachhaltige Budgetpolitik kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute“ – das ist das Thema der Aktuellen Stunde –, und deshalb ist es wichtig, dass Österreich auf einem guten Kurs ist, sowohl wirtschaftlich als auch bud­getpolitisch. 

Wir wollen 2019 auf dem angestrebten Kurs in Richtung eines ausgeglichenen Budgets bleiben. Das heißt konkret, wir wollen nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Wir agieren damit so, wie es die Bürgerinnen und Bürger zum großen Teil selbst tun: mit Umsicht und mit Weitsicht mit dem eigenen Geld auskommen und keine neuen Schul­den machen. Diesen Weg dürfen wir nicht verlassen, wir müssen diesen Kurs bei­behalten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 34

Die Regierung mit Bundeskanzler Kurz und Finanzminister Löger hat im Sinne der Stabilität und der Weiterentwicklung unseres Landes diesen Kurs ja vorgegeben, und die Übergangsregierung hält richtigerweise an diesem Kurs fest. Finanzminister Eduard Müller hat in der letzten Sitzung des Budgetausschusses ganz klar festge­halten, dass ein leichter Budgetüberschuss 2019 auch sein Ziel ist, und er will in der Zeit, in der er die Verantwortung trägt, diesen Kurs zu diesem Ziel auf keinen Fall verlassen – und dabei wollen wir ihn tatkräftig unterstützen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Entwicklung in den ersten fünf Monaten dieses Jahres war eine gute, und der Budgetausblick weist auch momentan ein kleines Plus aus. Das ist die erste gute Nachricht, die ich heute überbringen kann.

Auch eine zweite habe ich: Österreich hat nämlich mit der Bundesregierung unter Bundeskanzler Kurz auch seine Hausaufgaben gemacht und am 24. April dieses Jahres sein Stabilitätsprogramm sowie sein Nationales Reformprogramm an die EU übermittelt. Die Europäische Kommission hat beide Programme gleichzeitig bewertet und am 5. Juni dieses Jahres ihr Urteil gefällt. Kurz zusammengefasst lautet dieses: Österreich erfüllt die EU-Fiskalregeln 2019 und 2020 vollständig. Dies ist zum ersten Mal der Fall, meine Damen und Herren – das ist die zweite gute Nachricht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: ... gestohlen!)

Wenn wir in den nächsten Tagen auch noch die Steuerreform gemeinsam auf den Weg bringen, die viele kleine Einkommen entlasten wird und die dadurch auch wieder weitere Impulse bringen wird, dann ist auch dieser Teil, der zum Stabilitätsprogramm beiträgt, erfüllt, und wir können dann noch sicherer unseren Budgetkurs einhalten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir können also festhalten: Die gute Kon­junktur, der österreichische Wirtschaftsmotor, der stabile Arbeitsmarkt – auch im Juni ist die Arbeitslosigkeit wieder um 4,9 Prozent gesunken –, die richtigen Maßnahmen, all das zusammen sind die Faktoren, die Österreich sowohl budgetär als auch wirt­schaftlich auf dem Erfolgsweg halten. Deshalb möchte ich auch allen Danke sagen, die zu diesem Kurs beitragen, vor allem den Unternehmerinnen und Unternehmern, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und auch denjenigen, die dafür sorgen, dass die richtigen Maßnahmen in die Umsetzung kommen – danke dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir jetzt einen Blick auf unser Land werfen, auf unser Österreich, dann sehen wir: Es schaut ja wirklich gut aus. Wir haben gute Lohnabschlüsse erlebt, und diese gehen direkt in die Kaufkraft. Der Inlandskonsum ist also intakt. Erfreulicherweise – und das ist wirklich erfreulich – hat auch der Export wieder angezogen und wir haben steigende Exportzahlen. Wir haben für das nächste Jahr das Ziel, die 160-Milliarden-Euro-Exportgrenze zu sprengen. Darauf können wir als Österreicherinnen und Öster­reicher auch ein wenig stolz sein, denn die Produkte und Dienstleistungen made in Austria sind auf der ganzen Welt gefragt. Wenn wir damit 6 von 10 Euro im soge­nannten Ausland verdienen, dann ist das der ausgezeichneten Qualität der Produkte unserer Heimat geschuldet.

Damit das auch so weitergeht, gilt es, auch die 60 000 exportierenden Unternehmen mit den richtigen Maßnahmen zu unterstützen, damit sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter über die Beschäftigung freuen können und sie gemeinsam erfolg­reich sind. Österreich ist ein sehr attraktiver Wirtschafts- und Arbeitsstandort. Die ein­geführten flexiblen Arbeitszeitmodelle und unsere hohe Standortqualität sorgen auch wieder dafür, dass viele neue Betriebe zu uns nach Österreich kommen wollen. Unsere gesetzten Maßnahmen sind also richtig, sie waren erfolgreich.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 35

Wir sehen das auch an einem weiteren Beispiel, nämlich am Familienbonus. Ich war am Wochenende unterwegs, da hat mich ein Vater angesprochen und hat mir erzählt, dass er diesen Familienbonus echt super findet, denn er hat mehrere Kinder und ihm bleiben jetzt 243 Euro netto mehr im Monat. Dieses Geld kommt seiner Familie und seinen Kindern zugute. Das sei die erste Maßnahme, die er so richtig im Geldtascherl spürt, hat er gemeint. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir uns die Konjunktur anschauen – die Wifo-Prognose signalisiert uns 1,7 Pro­zent –, dann sehen wir, dass wir da noch deutlich über dem EU-Durchschnitt liegen. Darauf dürfen wir uns nicht ausruhen, ganz im Gegenteil: Wir müssen weiter entlasten statt belasten und daher die Abgabenbelastung weiter senken. Die Senkung der Lohnnebenkosten wird einer der vorrangigen Impulse der nächsten Bundesregierung sein müssen, denn Impulse sind einfach besser als Vorschriften und Gebote.

Darum freut es mich besonders, dass wir jetzt noch ein Projekt der Bundesregierung von Bundeskanzler Kurz auf die Beine bringen, nämlich den ersten Teil der Steuer­reform, denn damit entlasten wir diejenigen, die es am meisten brauchen können: zum einen die Bezieher niedrigerer Einkommen mit einer Senkung des Sozialver­siche­rungs­beitrages und zum anderen die Kleinunternehmer über die Anhebung der Pau­schalierungsgrenzen von 30 000 auf 35 000 Euro, mit neuen Möglichkeiten der KMU-Pauschalierung. (Abg. Kickl: ... nach einem freiheitlichen Impuls aus!)

Wenn wir nach sage und schreibe 37 Jahren jetzt die Grenze für die geringfügigen Wirtschaftsgüter anpassen – wir verdoppeln sie von 400 auf 800 Euro –, dann entlas­ten wir einerseits finanziell und andererseits natürlich auch von unnötiger Bürokratie. Entlasten statt belasten ist und bleibt das Gebot der Stunde, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Sie gestatten mir, da ich zuerst die Konjunktur angesprochen habe, noch eine wichtige Anmerkung dazu: Eine Bremse für unsere Konjunktur ist der Arbeitskräftemangel, der zwischenzeitlich die Hauptherausforderung für die Unternehmen in unserem Land geworden ist. Schauen wir doch, dass wir mit Innovation und ohne Bürokratie neue Arbeitsplätze schaffen und dies nicht durch Überregulierung und Aufbau von Hürden verhindern!

Es gibt ein interessantes Interview von Wolfgang Hesoun in den „Salzburger Nach­richten“ vom vergangenen Wochenende, und ich möchte einen kleinen Ausschnitt da­von wörtlich zitieren. Er meint:

„Die Digitalisierung ist eine Veränderung, die man nicht mit Regularien des Bewahrens lösen kann. Ich bin generell der Ansicht, dass man irgendwann überlegen sollte, ob all jene Maßnahmen, die in der Vergangenheit zum Schutz der Mitarbeiter entwickelt wurden, in der heutigen Realität noch ihren Sinn erfüllen. Oft werden die heutigen Rahmenbedingungen damit nicht mehr abgebildet, auch die Gewerkschaft hat sich hier nicht ausreichend weiterentwickelt. Der Schutz der Mitarbeiter ist mir sehr wichtig, aber die Weltuntergangsstimmung rund um die Flexibilisierung der Arbeitszeit war für mich nicht nachvollziehbar.“

Also, meine geschätzten Damen und Herren, die klare Botschaft lautet: Mut für neue Wege, keine neuen Hindernisse und Verbote und vor allem sorgsamer Umgang mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger! Der Finanzminister hat auch deshalb eine klare Warnung ausgesprochen: keine unüberlegten Last-minute-Beschlüsse! Ich kann Ihnen nach vielen Gesprächen auch berichten: Das sehen die Bürgerinnen und Bürger genauso, sie wollen nicht, dass Schnellschüsse abgefeuert werden, die einen Haufen Geld kosten und die sie dann wieder selbst bezahlen müssen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 36

Deshalb ist es notwendig, dass wir den Weg der Strukturreformen weitergehen, und deshalb ist es auch erfreulich, dass ÖVP, FPÖ und NEOS heute einen Antrag zur Schuldenbremse in der Verfassung einbringen werden und die dafür notwendige Zwei­drittelmehrheit gegeben ist. Die Schuldenbremse in der Verfassung ist eine ganz wichtige Maßnahme, die dafür sorgt, dass jetzt auch gesetzlich noch einmal verstärkt festgelegt wird, dass es keine neuen Schulden geben darf. Sie wird unser Begleiter auf dem Weg zur Abgabensenkung sein, und sie ist auch ein starkes Signal Österreichs an die Ratingagenturen – das ist auch ganz besonders wichtig.

Ich hoffe, dass die SPÖ bei diesem wichtigen Beschluss dabei ist, denn wenn Sie nicht dabei sind, kann man sich das nur damit erklären, dass Schuldenmachen bei Ihnen im Programm steht. Doch das wollen wir nicht und das wollen auch die Österreicherinnen und Österreicher nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Loacker und Scherak.)

Meine Damen und Herren, ich kann zusammenfassen: keine neuen Schulden, ein aus­geglichenes Budget, keine neuen Steuern und die richtigen Reformen. Unsere Bud­getpolitik kommt den Bürgerinnen und Bürgern zugute, dafür stehen wir von der Volkspartei, und diesen Weg werden wir auch weitergehen. (Beifall bei der ÖVP.)

9.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister für Finanzen. – Bitte.


9.19.42

Bundesminister für Finanzen Dkfm. Eduard Müller, MBA, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätztes Hohes Haus! Ein Budget ist das Gleichgewicht aus den Entscheidungen der Vergangenheit und den Erwartungen an die Zukunft. Dieses Gleichgewicht auf allen Ebenen zu finden und zu wahren ist ein Balanceakt. – Das war noch die leichte Übung, denn mit diesen Worten habe ich auch meine erste Rede hier begonnen – damals allerdings noch nicht im Wissen, wie schmal der Grat für diesen Balanceakt sein wird.

Ein zumindest über den Konjunkturzyklus ausgeglichenes Bundesbudget, bei dem der Staat nicht mehr ausgibt, als er einnimmt, und damit nicht auf Kosten der nach­fol­genden Generationen wirtschaftet, ist, glaube ich, auch das, was man vielleicht um­gangssprachlich, aber jedenfalls im allgemeinen Verständnis als nachhaltig bezeichnen kann.

Etwas technischer formuliert würde ich fiskalische Nachhaltigkeit als langfristige Trag­fähigkeit des öffentlichen Haushaltes bezeichnen. Und diese Nachhaltigkeit braucht es, um künftige Entwicklungen und vor allem die Konsequenzen dieser künftigen Entwick­lungen, seien es wirtschaftliche Dynamiken wie die Globalisierung oder Digi­talisierung, seien es gesellschaftliche Entwicklungen wie die Urbanisierung oder un­sere demo­grafische Struktur oder Umwelt- und Klimaentwicklungen, proaktiv und nicht nur reaktiv gestalten zu können.

Die Ziele für die fiskalische Nachhaltigkeit sind aus meiner Sicht über weite Bereiche sehr klar definiert: das öffentliche Defizit ausgeglichen über den Konjunkturzyklus, der Schuldenstand mit dem klaren Zielwert von 60 Prozent des BIP, eine Abgabenquote, die sich mittelfristig den 40 Prozent nähern soll, und, wenn Sie so wollen, als Hebel, als Weg dorthin das Reformprogramm – wir haben es vergangene Woche auch im Bud­getausschuss besprochen –, in dem die Herausforderungen der Zukunft adressiert werden: Pensionen, Gesundheit, innovative Investitionen, Umwelt und Klima.


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Wie führt der Weg zu diesen Zielen? – Der Weg dorthin führt – gerade, glaube ich, in der aktuellen Situation, in dieser doch besonderen politischen Phase in unserem Land – in Wahrheit über zwei auf den ersten Blick sehr einfach anmutende Elemente: erstens einen strikten Budgetvollzug im täglichen Verwaltungshandeln und zweitens über Verantwortungsgefühl und Augenmaß bei der Beschlussfassung neuer Maßnahmen. Einmal ist der Adressat die Exekutive, der Vollzug, einmal ist der Adressat die Legislative, wenn Sie so wollen, die Politik.

Das Instrument auf diesem Weg ist das Budget, das Budget mit einem Bundes­finanz­gesetz, mit einem Bundesfinanzrahmengesetz, also hier in diesem Hohen Haus be­schlossenen, in konkrete Zahlen gegossenen Zielwerten, aber auch das Stabilitäts­programm auf europäischer Ebene. All das, dieses Budget mit seinen verschiedenen Facetten, ist, wenn Sie so wollen, Ihr, unser Navigationsinstrument auf diesem Weg, und das Budget erfüllt in dieser Ausprägung als Navi verschiedene Funktionen.

Es ist natürlich erstens ein Instrument einer Regierung bei der Erfüllung der Auf­gaben – das ist so quasi die politische Funktion, die einem Budget zukommt. Das Budget ist aber zweitens auch Ausdruck, gerade jetzt in diesen Tagen sehr spürbar, der Gewaltenteilung in einem parlamentarischen System, da es die Kontrolle der Exekutive durch die Legislative ermöglicht. Und drittens dient das Budget der Planung und der Durchführung staatlicher Tätigkeiten durch die Verwaltung, hat also eine, wenn Sie so wollen, finanzwirtschaftliche Planungs- und Organisationsfunktion.

Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätztes Hohes Haus! Wir sind, und das wird ja auch in allen Reden, in allen Medien immer wieder betont, zweifellos in einer beson­deren politischen Phase in unserem Land, in einer besonderen Phase, in der sich auch gewisse Dynamiken ergeben haben, in der sich zum Beispiel die von mir vorhin erwähnte politische Gestaltungsfunktion weg von der Regierung hin zu den politischen Parteien dieses Hohen Hauses verschoben hat. Die Valorisierung des Pflegegeldes, ein Thema aus dem Finanzausschuss, die heute von meinem Vorredner, Abgeord­ne­ten Haubner, angesprochene Steuerreform, das sind zwei Maßnahmen im Lichte genau dieser Entwicklung, dieses politischen Gestaltungsanspruchs des Parlaments.

Erlauben Sie mir, genau an diesem Beispiel – auch im Wissen, damit vielleicht durch­aus auch zu polarisieren, aber vielleicht damit auch die Aufmerksamkeit zu haben – auf die Funktion des Budgets in diesem Zusammenhang hinzuweisen. Während die Steu­erreform in einem unserer Naviinstrumente, im Stabilitätsprogramm auf euro­päischer Ebene, eingepreist wurde, wurde die Valorisierung des Pflegegeldes nicht eingepreist. Aber die Steuerreform ist nur eine Maßnahme und ein Teil eines Paketes, der ein­gepreist wurde, und daher ist sie auf europäischer Ebene auch im Kontext mit einem Digitalisierungspaket, mit einem Betrugsbekämpfungspaket und mit einem Verwal­tungs­modernisierungspaket zu sehen.

Ich sehe es hier auch als meine Aufgabe, als Finanzminister im Sinne eines Budget­wächters darauf hinzuweisen. Diese Verantwortung ist aber nicht wertend. Ich weiß schon, dass das dann schnell eine Zuschreibung ist. Diese Verantwortung versuche ich nach bestem Wissen und Gewissen analysierend, beschreibend wahrzunehmen, beschreibend in dem Sinn, was eben in den diversen Budgetinstrumenten eingespeist ist und was nicht.

Was ich aber noch einmal wiederholen kann, das Angebot aus meiner ersten Rede in diesem Hohen Haus, das ist Folgendes: dass wir mit der Expertise des Bundes­ministeriums für Finanzen die Maßnahmen, die jetzt zur Diskussion stehen, in einer schnellen Wirkungsanalyse und Folgekostenabschätzung analysieren, um Ihnen als valide Entscheidungsgrundlage entsprechende Zahlen zur Verfügung zu stellen, damit Sie Entscheidungen transparent und nachvollziehbar darstellen können. Die politische


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Beurteilung dieser in Zahlen gegossenen Konsequenzen und Auswirkungen, die poli­tische Beurteilung liegt in Ihrer Hand, Hohes Haus. Wir als Exekutive können Sie dabei unterstützen, dass Sie möglichst gute und valide Entscheidungsgrundlagen haben.

Ich glaube, Hohes Haus, nur diese Analyse und nur diese Unterstützung ermöglichen es Ihnen, die zweite, aus meiner Sicht vielleicht sogar zentrale Funktion des Budgets wahrzunehmen, nämlich die Kontrolle der Exekutive durch die Legislative. Dafür stehen Ihnen – das muss ich Ihnen nicht sagen, das kenne ich eher von der anderen Seite, der Verwaltung, wo man vielleicht manchmal auch darüber stöhnen mag – im Vollzug zahlreiche Instrumente zur Verfügung, vom monatlichen Budgetcontrolling bis zum Einsatz des Rechnungshofes.

Auf eine Maßnahme möchte ich auch deswegen eingehen, weil sie heute vom Ab­geordneten Haubner angesprochen worden ist: eine Schuldenbremse. Eine Schulden­bremse ist allerdings jetzt keine große Neuerfindung, es gibt sie in vielen Ländern, es gibt sie, wie wir wissen, auch im österreichischen Bundeshaushaltsgesetz mit der sogenannten Regelgrenze für das strukturelle Defizit, nach der allerdings der Haushalt des Bundes nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union grundsätzlich aus­zugleichen ist; diese hat eben die konkrete Ausprägung in den 0,35 Prozent.

Das heißt, wir haben eine Schuldenbremse. Sie mögen beurteilen, wie sie genutzt wird. Ich kann Ihnen aus dem Vollzug vielleicht zwei Punkte mitgeben, auch hier nicht wertend, nur beschreibend: Da das strukturelle Defizit nicht ganz unkomplex in der Beurteilung und final jedenfalls immer erst ex post feststellbar ist, ist es für uns im Finanzministerium nur ein eingeschränktes laufendes Steuerungsinstrument. Und da es natürlich nur den Bund umfasst, ist es, wenn Sie so wollen, nur eine Seite der Medaille.

Eine Schuldenbremse kann ein zentrales strategisches Steuerungs- und Kontroll­instrument der Legislative über die Exekutive sein. Wie immer Sie sich entscheiden, ob Sie eine Schuldenbremse als Wachstumsbremse ansehen oder, wie es vielleicht andere tun, als Beitrag zur Generationengerechtigkeit, es ist und es muss vor allem Ihr Instrument sein, Hohes Haus, das Ihnen die laufende, begleitende Kontrolle dieses Instruments Budget ermöglicht. (Abg. Kickl: Es gibt auch ein Zeitbudget!)

Die dritte Funktion des Budgets, die ich angesprochen habe, ist die finanzwirt­schaftliche Organisationsfunktion, also das Regulativ für den Vollzug, für die Exekutive, für die Verwaltung. Da gibt das Budget den Rahmen, aber auch die Spielregeln – also das Wieviel und das Wie – für die Verwaltung vor. Erlauben Sie mir zu sagen, auch das nicht wertend, sondern einfach Zahlen wiedergebend, auch da zeigt dieser strikte Budgetvollzug, wenn man – auch im Wissen um verschiedene Ursachen dieser Entwicklungen – auf die nackten Zahlen schaut, bereits absehbare Erfolge.

Wenn wir auf das Jahr 2018 zurückschauen, mit einem Nettofinanzierungssaldo von minus 1,1 Milliarden Euro im Vergleich zu veranschlagten minus 2,2 Milliarden Euro und mit einem Anteil von 0,6 am Ausgabenteil, so denke ich doch, dass dieser strikte Budgetvollzug jedenfalls auch einen entsprechenden Anteil an dieser Entwicklung hat.

Für das heurige Jahr – das in Zahlen gegossene Ziel haben ja Sie mit dem Bundes­finanzgesetz beschlossen – hoffe und zähle ich auf die Unterstützung meiner Ressort­kolleginnen und -kollegen. Ich glaube, wir alle wissen, dass der alte Grundsatz, dass die beste Einnahmequelle eines Staates seine Sparsamkeit ist, noch immer gilt. (Beifall bei der ÖVP.) Denn nur mit dieser Sparsamkeit kann es gelingen, das schon erwähnte für 2019 angestrebte Ziel des ausgeglichenen Haushalts und auch das, glaube ich, ambitionierte Ziel eines seit dem Jahr 1954 erstmals ausgeglichenen Bundeshaushalts zu erreichen.


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Das ist kein Fetisch, das ist auch kein Selbstzweck, sondern das wäre aus meiner Sicht das eingelöste Versprechen, mit dem die Befürchtungen der älteren Generation zerstreut und die Erwartungen unserer Kinder erfüllt werden können. Dafür darf ich Sie um Ihre Unterstützung ersuchen und an Sie appellieren, mit Leidenschaft, mit Verant­wortungsgefühl und vor allem mit Augenmaß in den nächsten Wochen und Monaten vorzugehen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums der Herz-Jesu-Missionare  herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Baumgartner. Die Redezeit beträgt bei allen Abgeordneten jetzt wieder fix 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.


9.33.34

Abgeordnete Angela Baumgartner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine nachhaltige Budgetpolitik ist der Grundstein für eine positive Entwicklung unseres Landes. Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren viel, gut und auch nachhaltig gear­beitet. Wir haben die Schuldenpolitik der vergangenen Jahrzehnte beendet und konn­ten die Menschen spürbar und ehrlich – und da meine ich, ohne neue Schulden – entlasten. Durch die solide Finanzpolitik konnten der strikte Budgetvollzug, Über­schüsse und der Abbau von Schulden erreicht werden.

Wie der Herr Bundesminister soeben gesagt hat, wird Österreich 2019 erstmals einen Überschuss erzielen und damit den Grundstein für einen fairen Generationenvertrag legen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bürgerinnen und Bürger spüren, dass sich Österreich in die richtige Richtung ent­wickelt. Ich bin mir sicher, dass sie sich im Herbst auch für diesen Kurs entscheiden werden. Wir wollen die großen Themen der Zukunft anpacken und unseren Weg weiter fortsetzen. Die Menschen in Österreich brauchen Arbeit, von der sie leben können, und eine gute Bildung und Ausbildung für zukünftige Herausforderungen. Unser Kapital in Österreich liegt in innovativen Köpfen des Landes, im Know-how.

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich stabil. Immer mehr Menschen stehen in einem Arbeitsverhältnis, und viele Arbeitnehmer haben – etwa durch den Familienbonus Plus oder die Kürzung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages – mehr Geld im Geldbörserl. Auch die Entlastung, die ab 1.1.2020 durch die sinkenden Sozialversicherungsbeiträge für Klein- und Mittelverdiener, für eine halbe Million Kleinunternehmer und für Bäue­rinnen und Bauern kommen wird, hat ihre Wirkung.

Wir wollen ebenfalls sicherstellen, dass wir in Würde altern können. Darum heben wir gemeinsam mit den Freiheitlichen die Mindestpension an. Altersarmut muss vermieden werden, und da es bereits im Budget eingerechnet ist, geht es auch da ohne neue Schulden.

Die Pflege ist eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre. Unser Pflege­konzept legt die Eckpunkte der notwendigen Reform dar. Damit diese Reform gelingen kann, braucht es einen soliden Haushalt, keine Ho-ruck-Anträge, mit denen man Geld verteilt, weil es ja nicht das eigene ist. Anträge, mit denen man die Konjunktur abwürgt und die Arbeitslosigkeit fördert, sind nicht im Sinne der Österreicherinnen und Öster­reicher.


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Klimaschutz ist eines der drängendsten Themen. Wir müssen klimafreundliche Maß­nahmen setzen, für uns und für unsere Natur. Das Paket und seine Maßnahmen, die jetzt eingebracht werden, sind alle budgetneutral. Es sollen vor allem die Warte­schlangen für erneuerbare Energieträger abgebaut und die Fortführung von wirklich gut angenommenen Aktionen wie zum Beispiel  „Raus aus dem Öl“ ermöglicht werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Elli Köstinger hat gemeinsam mit Sebastian Kurz das Klimaschutzprogramm der ÖVP, das zeigt, wie Klimapolitik gelebt werden kann, vorgestellt. Für die Zukunft gilt: Klima­schutz wird uns etwas kosten, und damit wir hier mit Vernunft und Weitblick agieren können, müssen wir eine nachhaltige Budgetpolitik verfolgen, denn die Wahlgeschenke von heute sind die Altlasten von morgen, und ich glaube, das brauchen wir alle miteinander nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Die ÖVP prägt und lebt die ökosoziale Marktwirtschaft. Die Staatsziele Wirtschafts­standort und Klimaschutz stehen in keinem Widerspruch, es braucht ein Gleichgewicht. Wir haben in Österreich Verantwortungsbewusstsein für unsere Umwelt, und das be­wei­sen wir auch immer wieder. Wir liegen hier im Spitzenfeld der Länder. Um diese Stellung auszubauen, braucht es weiterhin Innovationskraft und eine Politik, die diese fördert und durch nachhaltiges Haushalten eine positive Entwicklung ermöglicht. Rah­menbedingungen zu schaffen, damit etwas gelingen kann, das ist unsere Aufgabe.

Damit wir weiterhin ehrliche Entlastungen für unsere Menschen schaffen können, wollen wir die Veränderung, die wir begonnen haben, fortsetzen. Mein Kollege Haubner – und auch der Herr Bundesminister – hat es schon gesagt: Wir haben auch im ver­gangenen Regierungsprogramm festgehalten, dass eine verfassungsgesetzliche Schu­ldenbremse das Bekenntnis zur Reduktion der Staatsschuldenquote untermauern soll. Das Fundament für eine nachhaltige Budgetpolitik, die uns allen zugutekommt, steht. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

9.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Leichtfried ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


9.38.51

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Galerie! Geschätzte Damen und Herren vor den Fernsehgeräten! Die gute Nachricht, und das, Herr Präsident, sollte eigentlich auch für Sie als Präsident dieses Hauses eine gute Nachricht sein: Ich kann Sie beruhigen, geschätzte Damen und Herren: Dieses Parlament arbeitet und es arbeitet hart in diesen Monaten! (Beifall bei der SPÖ.)

Auch wenn es vielleicht einer vorgezogen hat, diesem Hohen Haus den Rücken zu kehren, sein Mandat niederzulegen, lieber nicht zu arbeiten und stattdessen in der Sommerfrische zu verweilen – ich kann mir vorstellen, viele Menschen freuen sich, wenn diese Sommerfrische möglichst lange andauert –, so arbeitet dieses Parlament doch, geschätzte Damen und Herren, und es arbeitet sehr produktiv! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Die ÖVP kommt jetzt – ich weiß nicht, der wievielte Versuch das ist, der vierte, der fünfte, der sechste – mit einem Versuch, die Arbeit dieses Parlaments zu unterbinden. Sie nennen es jetzt Schuldenbremse, zuerst war es etwas anderes. Wissen Sie, was das ist? – Der wahre Grund für diese ganzen Ambitionen, die Sie jetzt hegen, ist, dass Sie nicht verstehen wollen, dass Sie das erste Mal seit 30 Jahren in diesem Haus überstimmt werden, und das akzeptieren Sie nicht. Sie von der ÖVP, geschätzte


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Damen und Herren, sind mir schöne Demokratinnen und Demokraten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von JETZT. – Abg. Haubner: Voll daneben!)

Ich frage mich schon, was für ein Verhältnis Sie zur parlamentarischen Demokratie haben. Wie fühlt es sich an, wenn Verfassungsrechtler sagen, dass das, was Sie vorschlagen, dem demokratischen Prinzip widerspricht? Was ist das für ein Gefühl, in einem Parlament zu sitzen, das man am Arbeiten hindern will, geschätzte Damen und Herren? Im Gegensatz zur ÖVP wollen alle anderen hier herinnen arbeiten, und das sollte man in diesem Haus auch einmal festhalten! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Deshalb hat die Sozialdemokratie jetzt viele Initiativen auf den Weg gebracht, viele Initiativen, die nachhaltig sind und die ganz anders sind als das, was die ÖVP unter Nachhaltigkeit versteht. Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit? – Nachhaltigkeit heißt für Sie: Auf der einen Seite dort sparen, wo man helfen soll, und auf der anderen Seite Geld hinauswerfen, wo es ohnehin schon genug Geld gibt. (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wie ist es zu verstehen, geschätzte Damen und Herren, dass mit einem Finger­schnipsen ein Steuerzuckerl von 120 Millionen Euro an die Hoteliers verteilt wird und Sie sich auf der anderen Seite darüber aufregen, dass das Pflegegeld valorisiert wird? Erklären Sie mir das einmal! Ist das nachhaltig? (Beifall bei der SPÖ.) Oder wie ist es zu verstehen, dass man mit einem Fingerschnipsen 1,5 Milliarden Euro Steuerzuckerl für die Großindustrie bei der Körperschaftsteuer hergibt? Erklären Sie mir das! Ist das nachhaltig? – Nein, das ist ÖVP-Klientel-Politik!

Mit diesem Antrag, das muss man auch sagen, begibt sich die FPÖ wieder auf das alte Gleis, nämlich nachzuhupfen, wenn die ÖVP schnipst. Das ist das, was Sie mit dieser Unterstützung, mit diesem Antrag machen, geschätzte Damen und Herren von der FPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Nachhaltige Budgetpolitik schaut aber anders aus, das ist eine Politik des Miteinan­ders, die dafür sorgt, dass niemand zurückbleibt. Das ist sozialdemokratisch nach­haltige Politik. Wir lassen unsere Pensionistinnen und Pensionisten nicht allein, wir lassen die Menschen, die Schicksalsschläge erleiden, nicht allein, wir lassen die Alleinerziehenden nicht allein. Beispiele dafür, was in diesen wenigen Wochen gelungen ist, sind faire Pensionen, volle Anrechnung der Karenzzeit – das bedeutet, die Lohnschere zwischen Männern und Frauen um 3 Prozent zu schließen; das ist nachhaltige Politik (Beifall bei der SPÖ) –, der Papamonat, die Entgeltfortzahlung, die rauchfreie Gastronomie, das Verbot der Wasserprivatisierung. Was hat Herr Strache auf Ibiza gesagt? – Zack, zack, zack, und wir verkaufen das Wasser! – Nichts mehr mit zack, zack, zack, das wird jetzt verboten, geschätzte Damen und Herren!

Das sind nur einige Beispiele dafür, welche Initiativen die Sozialdemokratie vor sich herträgt: nicht Politik für Millionäre, sondern Politik für die Millionen, die unsere Unter­stützung brauchen, nicht Politik für die Vermögenden, sondern Politik für alle in diesem Land. Das ist nachhaltige Politik und nicht das, was Sie hier treiben, geschätzte Damen und Herren! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits: Es wählt euch keiner!)

9.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Angerer. – Bitte. (Abg. Jarolim: Da kommt schon wieder ein kleiner Dollfuß zum Vorschein!)


9.43.51

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Aktuelle Stunde der ÖVP: „Eine nachhaltige


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Budgetpolitik kommt allen Bürgerinnen und Bürgern zugute“. – Von unserer Seite ist nichts dagegen zu sagen.

Ich hätte mich sehr gefreut, wenn ich als freiheitlicher Budgetsprecher einer Bundes­regierung hätte angehören dürfen, die nach 65 Jahren erstmals einen Budget­über­schuss erwirtschaften konnte. Erstmals seit 65 Jahren wird mit dem Steuergeld, das die Österreicherinnen und Österreicher hart erarbeiten, so verantwortungsvoll umge­gangen, wie sie es von uns erwarten, es wird nämlich weniger ausgegeben als ein­genommen. Allein in den letzten 30 Jahren hat sich der Schuldenstand um 200 Milliar­den Euro erhöht; das sind jährlich rund 7 Milliarden Euro. Kollege Leichtfried, viele SPÖ-Finanzminister waren auch dafür verantwortlich, dass dieser Schuldenberg angehäuft wurde und dass die Österreicherinnen und Österreicher diese Schulden auch in Zukunft werden bezahlen müssen. (Abg. Krainer: Wovon reden Sie? Reden Sie vom letzten Jahrhundert?)

Rede ich mit meinen Bekannten und Freunden, egal ob es Arbeiter, Angestellte oder Unternehmer, ehemalige Unternehmer oder aktive Unternehmer, sind, wie Wastl Glanzer, Othmar Pirker, Max Lackner und wie sie alle heißen mögen und wie wir sie alle in unserer Region kennen, sagen sie alle: Endlich einmal eine Regierung, die verantwortungsvoll mit unserem Geld umgeht und auch etwas weiterbringt!

Und nun: Regierung ohne Not beendet! – Bravo!, kann ich nur sagen. Wir haben es jetzt dorthin geschafft und wir haben das freie Spiel der Kräfte. In diesem Moment haben schon wieder viele vergessen, dass dieses Geld, das uns die vorher genannten Steuerzahler zur Verfügung stellen, das Spielgeld ist, mit dem wir hier in diesem Parlament umgehen. Wir hatten im Finanzministerium – wir haben das heute schon erwähnt – ein tolles Team, es war Finanzminister Hartwig Löger, es war unser Staats­sekretär Fuchs, die gemeinsam mit den Sektionschefs und den Beamten – einer sitzt jetzt hier als Finanzminister auf der Regierungsbank – diesen Budgetpfad erarbeitet haben. Ich hoffe, dass nun der neue Finanzminister und ehemalige Sektionschef der erste Finanzminister seit 65 Jahren sein wird, der diesen Budgetüberschuss, dieses Nulldefizit am Ende des Jahres noch verkünden kann.

Nicht nur das Nulldefizit und der Budgetüberschuss waren geplant, sondern parallel dazu wurden auch notwendige Reformen und entsprechende Maßnahmen gesetzt. Ich erinnere an den Familienbonus Plus, eine familienpolitische Maßnahme, von der die SPÖ in den letzten Jahren nur träumen konnte (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP), an die steuerliche Entlastung für Arbeiter und Angestellte, daran, die Steuerquote Richtung 40 Prozent zu senken, an die Entlastung der Unternehmen und hier vor allem der Klein- und Mittelbetriebe und nicht primär der Industriebetriebe, wie Sie das sagen, Herr Leichtfried, an Reformen wie die Zusammenlegung der Sozial­versicherungsträger und, und, und. Viele Dinge sind auf den Weg gebracht worden, und es war die fairste Steuerreform aller Zeiten geplant. Jetzt befindet sich diese Steuerreform natürlich in der Warteposition, nämlich dahin gehend, ob sie im Herbst weiter umgesetzt werden kann.

Ich möchte nur ein Beispiel aus dieser Steuerreform nehmen, weil das so bezeichnend für die gute Zusammenarbeit unserer Unternehmen, unserer Unternehmer draußen mit den Mitarbeitern ist und weil ein sehr erfolgreicher Unternehmer einer Tischlerei aus dem Mölltal mich konkret auf diesen Punkt angesprochen und gesagt hat: Gebt mir einmal irgendwie die Möglichkeit, dass ich meinen Mitarbeitern einen Teil meines Gewinns abgeben kann, ohne dass ihnen der Staat gleich wieder die Hälfte oder mehr davon wegnimmt! – Es war für 2022 die Mitarbeitererfolgsbeteiligung geplant, damit Unternehmer 10 Prozent ihres Gewinns bis zu 3 000 Euro steuerfrei jedem Mitarbeiter im Unternehmen zur Verfügung stellen können. Das wäre das 15. Monatsgehalt, das haben sich diese Leute auch verdient. (Beifall bei der FPÖ.)


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Da sieht man, dass der von der SPÖ immer dargestellte Klassenkampf schon lange nicht mehr stattfindet. Arbeitnehmer und Unternehmer sind schon lange ein Team und nicht mehr diejenigen, bei denen eine Seite ausnützt und die Arbeitnehmer reine Dienstleister im Unternehmen sind.

Der ÖVP muss ich folgende Frage stellen: Welcher ist der Weg, den ihr weitergehen wollt? Ist es Einfluss und Macht, egal mit wem und um jeden Preis? – Unser frei­heitlicher Weg kann nur sein, die begonnenen Reformen fortzusetzen und unserem Land und seiner Bevölkerung diese Reformen zur Verfügung zu stellen und sie so umzusetzen, wie es die Bevölkerung schon lange verdient. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

9.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Doppelbauer ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


9.49.00

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuse­he­rinnen und Zuseher! Ich glaube zwar nicht an Magie und an Zauberei, aber manchmal geschehen doch auch in der Politik Zeichen und Wunder.

Seit Jahren haben wir NEOS uns im wahrsten Sinne des Wortes den Mund fusselig geredet und haben uns dafür eingesetzt, dass das Schuldenmachen in Österreich endlich beendet wird. Wir haben uns dafür starkgemacht, dass wir eine Schulden­bremse im Verfassungsrang bekommen. Jahr für Jahr haben Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, unsere Anträge für genau diese Schuldenbremse in den entsprechenden Budgetausschüssen blockiert, vertagt, und als wir einen Dringlichen Antrag im Plenum eingebracht haben, haben Sie alle abgelehnt.

Deswegen ist es umso erfreulicher, dass wir uns heute gemeinsam mit ÖVP und FPÖ und mit der Hilfe des Herrn Finanzministers dafür entscheiden werden und die Schul­denbremse tatsächlich beschließen werden. Das hartnäckige Bohren dicker Bretter hat sich also ausgezahlt, und man könnte dazu auch ganz einfach sagen: NEOS wirkt. (Beifall bei den NEOS.)

Nun haben wir einen wirklich wichtigen rechtlichen Eckpfeiler eingeschlagen, das ist die eine Sache, aber in der Folge geht es natürlich auch um die Umsetzung. Wenn wir zur praktischen Umsetzung schreiten, dann geht es vor allem darum, dass wir be­ginnen, zu sparen, nämlich mit tatsächlichen Einsparungen, und zwar in Bereichen, in denen es möglich und vor allem auch sinnvoll ist. Das ist dieses viel zitierte Sparen im System – an diesem Sparen hapert es noch ganz gewaltig. Eine nachhaltige Budget­politik – das ist ja das Thema unserer Aktuellen Stunde – ist in Österreich noch nie mehr als ein schönes Schlagwort gewesen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auch an die türkis-blauen Versprechen im Wahlkampf 2017 erinnern. Sebastian Kurz hat damals Einsparungen in der Höhe von 14 Milliarden Euro angekündigt; die FPÖ war auch nicht scheu und hat 12 Milliarden Euro angekündigt.

Zwei Jahre und eine geplatzte Regierung später haben wir die ersten Zahlen im Bundesrechnungsabschluss 2018, und die zeichnen ein ganz anderes Bild: Statt einzusparen, meine Damen und Herren – das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen –, wurde tatsächlich in jedem einzelnen Bereich mehr Geld ausge­geben als 2017. Was wir gesehen haben, war ein ungebremster Spendierföderalismus: leichtfüßig, befeuert durch sprudelnde Einnahmen, die wir in wirtschaftlich guten Zeiten haben. Sie haben die Chance vertan, in der Zeit der Hochkonjunktur zu konsolidieren – und das, obwohl Sie keine Banken retten mussten, obwohl es keine unvorhergesehene


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Flüchtlingskrise und auch keine Finanzkrise zu bewältigen gab. Es wäre also alles angerichtet gewesen, trotzdem hat sich der Schuldenstand letztes Jahr weiter erhöht, und unter dem Strich haben wir im Bundesrechnungsabschluss ein administratives Defizit von 1,1 Milliarden Euro, trotz Niedrigzinsen und trotz unerwarteter Mehrein­nahmen aus der Hypo-Abwicklung. Müssten wir Sie nach Schulnoten beurteilen – und es war Ihnen sehr wichtig, dass es diese wieder gibt –, dann bekämen Sie von meiner Seite ein glattes Nicht genügend. (Abg. Hanger: ... Oberlehrerin!)

Die vielfach versprochene Senkung der Abgabenquote ist ein anderes gutes Beispiel. 40 Prozent war doch die Richtung, oder? – Fehlanzeige: Tatsächlich haben Sie die Abgabenquote letztes Jahr erhöht, und zwar von 41,9 Prozent auf 42,2 Prozent. Wenn Sie es mit diesen 40 Prozent tatsächlich ernst meinen, dann müssen Sie sparen, und zwar im System sparen, Sie müssen die Ausgaben senken. In jedem einzelnen Bud­get­ausschuss – viele von Ihnen hier im Saal waren ja anwesend – haben ich und mehrere andere Kollegen gefragt, wo Sie denn konkret in diesem System gespart haben. Die Antwort liegt auf der Hand, nämlich: nirgends. Der betreffende ÖVP-Finanzminister ist jetzt zwar nicht mehr im Amt, aber das ändert eben auch nichts an der offensichtlichen Problematik, dass Sparen im System umso schwieriger wird, wenn man selbst das System ist.

Genau deshalb haben wir NEOS ganz konkrete Vorschläge, um diese system­immanente Lähmung endlich zu überwinden. Punkt eins: Verankern wir diese Schul­denbremse! Punkt zwei: Schaffen wir sofort danach die unfaire kalte Progression ab! Punkt drei: Führen wir endlich die Verantwortungsebene für Ausgaben und für Steuer­autonomie zusammen - -, für Ausgaben und Einnahmen zusammen. – Ich habe es gerade eben natürlich verraten: Wir wollen Steuerautonomie für die Länder und für die Gemeinden.

Legen wir bitte auch generell einen stärkeren Fokus auf den Output, da können wir viel aus der Wirtschaft lernen! Wir brauchen einen Rechnungsabschluss. Wir verbringen hier im Hohen Haus sehr viel Zeit mit der Planung des Budgets, aber wir reden dann eigentlich nicht mehr darüber, wie es ausgegangen ist – das ist dann irgendwie unter dem Radar. Das heißt, es braucht diese Jahresbilanz. Das sind genau die Dokumente, in denen man sich für das Ergebnis verantworten muss, in denen man also Rechen­schaft trägt.

Meine Damen und Herren! Die Schuldenbremse, von der wir NEOS durch hartnäckige Arbeit, durch Drängen und Bohren ÖVP und FPÖ erfreulicherweise erfolgreich über­zeugen konnten, ist ein wirklich guter Anfang, aber im Sinne der nachfolgenden Gene­rationen braucht es noch mehr Arbeit. Verfolgen wir diesen Weg doch weiter und schaffen wir die unfaire kalte Progression auch noch ab! – Herzlichen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

9.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Rossmann. – Bitte.


9.54.29

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Wenn eine nachhaltige Budgetpolitik so definiert wird, dass ein Nulldefizit und ein Ende des Schuldenmachens in den Mittelpunkt der Budgetpolitik gerückt werden, dann muss ich als Ökonom heftig widersprechen. (Beifall bei JETZT. – Abg. Hanger: Ihr Linken!)

Wer an dem neoliberalen Dogma des Nulldefizits festhält und dieses sogar heute noch durch einen Beschluss über eine Schuldenbremse im Verfassungsrang anreichern will,


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der zeigt, dass er nicht verstanden hat, dass ein Nulldefizit und das Ende des Schul­denmachens keine Ziele einer an Mensch und Natur ausgerichteten Budgetpolitik sein können. (Beifall bei JETZT.)

Es sind bestenfalls Instrumente, aber auch als Instrumente sind sie aus ökonomischer Sicht kontraproduktiv, ja sogar falsch. Diese Politik des Nulldefizits wird auch dann nicht richtiger, wenn es durch die ÖVP, durch schwarze Finanzminister, durch die FPÖ, durch die Europäische Union mantraartig immer wieder wiederholt wird. Werfen wir einen Blick auf die Budget- und Wirtschaftspolitik seit der Finanzkrise 2008, so können wir festhalten, dass diese Politik völlig versagt hat. (Beifall bei JETZT.)

Sie hat uns eine lange Phase der Stagnation beschert, sie hat uns ein verlorenes Jahr­zehnt beschert. Betroffen waren insbesondere die Länder des Südens, als Parade­beispiel können wir Griechenland anführen. Diese Politik des Neoliberalismus, diese Nulldefizitpolitik hat dazu geführt, dass die Arbeitslosigkeit in allen europäischen Ländern gestiegen ist und dass sich die Armut dramatisch erhöht hat.

Wenn Sie heute nun den Beschluss fassen wollen, meine Damen und Herren von der ÖVP, der FPÖ und den NEOS, die Schuldenbremse im Verfassungsrang zu verankern, dann begehen Sie einen sehr großen Fehler. Wir haben eine Schuldenbremse auf einfachgesetzlicher Ebene, wir haben Budgetregeln, wir haben das Haushaltsgesetz. Es gibt en masse Regeln, die sicherstellen, dass man eine Budgetpolitik führen kann, die langfristig auch einen stetigen Pfad einer Schuldenentwicklung zeichnen kann. Wer eine Schuldenbremse im Verfassungsrang verankern möchte, der zeigt meines Erachtens aber auch, dass er verantwortungslos handelt, denn wir müssen nur einen Blick in die Bundesrepublik Deutschland werfen, dort gibt es eine solche Schulden­bremse. Und in der Bundesrepublik Deutschland gibt es – meine Damen und Herren, bitte verfolgen Sie das ein wenig, bevor Sie diesen Beschluss fassen – eine heftige Debatte darüber, diese Schuldenbremse aus gutem Grund wieder abzuschaffen: weil sie in den Ländern, aber auch in den Gemeinden zu einem Investitionsrückstau geführt hat, der dank der Schuldenbremse nicht gelöst werden kann. Überlegen Sie sich diesen Schritt sehr, sehr, sehr gut! (Beifall bei JETZT.)

Werfen wir nun einen Blick auf die Budgetpolitik der vergangenen zwei Jahre, die hier so hochgehalten wurde! Was hat sie uns gebracht? – Na ja, dank einer guten Konjunktur ist es möglich gewesen, gute Budgetzahlen zu schreiben, das ist richtig; die Arbeitslosigkeit ist gesunken, das ist richtig; aber die Konjunktur lässt nach, und schon gegen Ende des Jahres wird die Arbeitslosigkeit wieder steigen – sie ist insgesamt nach wie vor zu hoch. Die Zahl der von Armut Betroffenen ist zu hoch, die Zahl der Armutsgefährdeten in unserem Lande ist zu hoch, und dazu hat diese Defizitpolitik, das Dogma des Nulldefizits, erheblich beigetragen. (Beifall bei JETZT.)

Dazu kommen natürlich auch Maßnahmen, die diese Regierung gesetzt hat, beispiels­weise die Kürzungen im Bildungsbereich, die Kürzungen bei der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland, aber auch Kürzungen von Transferleistungen für Kinder im Rah­men der Sozialhilfe (Abg. Wöginger: Was ist mit dem Familienbonus?), der Familien­bonus, der vielen Menschen überhaupt nicht zugutekommt. Ja, das müssen Sie auch einmal dazusagen, das haben Sie nicht gesagt (Abg. Wöginger: Gehen Sie mal hinaus zu den Leuten!), sagen Sie es dazu! (Abg. Wöginger: Aus Ihrem Wahlkreis? Ein Bundesmandat hat er!) – Herr Kollege Wöginger, diese Regierung hat mit ihrer Politik dazu geführt, dass sich die Spaltung der Gesellschaft beschleunigt hat, die Kluft zwischen Arm und Reich größer und nicht kleiner geworden ist. Daher braucht es meines Erachtens einen Paradigmenwechsel in der Budgetpolitik: weg von null Defizit, hin zu null Armut! – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

9.59



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Bun­desrealgymnasiums Hallein, die aus Salzburg zu uns gekommen sind, recht herzlich begrüßen. – Herzlich willkommen! (Beifall bei ÖVP, SPÖ und JETZT sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hanger. – Bitte. (Abg. Martin Graf: ... deine Abschiedsrede?)


10.00.18

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Liebe Schülerinnen und Schüler auf der Zuschauergalerie! Wenn ich in meinem Wahlkreis unterwegs bin und die Menschen frage, was das Wichtigste war, was in den letzten zwei Jahren umgesetzt wurde, dann kommt zu 95 Prozent die Aussage: Das Ende der Schuldenpolitik war das Wichtigste, was in den letzten zwei Jahren umgesetzt worden ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Leichtfried! Herr Kollege Rossmann! Ich bin wirklich verwundert, dass man sich so schwer damit tut, keine neuen Schulden mehr zu machen. Schulden sind unsozial, Schulden muss dann irgendjemand wieder einmal zurückzahlen. (Abg. Rossmann: Ohne Schuldenpolitik keine Krankenhäuser, keine Infrastruktur, keine ...!) Das ist nachhaltige Budgetpolitik, für die wir wirklich stehen.

Das Allerwichtigste ist: Dieses Ende der Schuldenpolitik ist tatsächlich nachhaltig. Schauen wir in den Gebarungserfolg 2018: Erstmals gab es gesamtstaatlich adminis­trativ einen Überschuss. Der Nettofinanzierungsbedarf ist wesentlich besser als budgetiert. Schauen wir in den Budgetvollzug 2019: wesentlich besser im Vollzug als noch im Frühjahr 2018 geplant! Schauen wir auch in die mittelfristige Finanzplanung, die nach Brüssel gemeldet worden ist: Der relative Schuldenstand geht in der der­zeitigen Planung unter 60 Prozent.

Diesbezüglich ist natürlich der Appell an das Hohe Haus: Alles, was wir hier im sogenannten freien Spiel der Kräfte beschließen, sollten wir auch immer gesamthaft betrachten! Wir sollten auch immer die Verschuldung insgesamt sehen, denn wenn wir Maßnahmen ausschließlich mit Schulden finanzieren, dann kann das nicht der richtige Ansatz sein. Ganz entscheidend ist auch, dass nicht nur die relative Verschuldung, sondern auch die absolute Verschuldung zurückgegangen ist. Hatten wir Ende 2017 noch 285 Milliarden Euro Schulden, sind es jetzt 280 Milliarden Euro. Die Trendwende ist geschafft, und das ist nachhaltig, und das die gute Nachricht für Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich gibt es aber auch andere Kennzahlen, die wir anschauen müssen, die für eine Volkswirtschaft insgesamt sehr wichtig sind. Ich habe mir zwei aus der Fülle aus­gewählt, die eine betrifft natürlich das Thema der Arbeitslosigkeit. Bei allen wichtigen politischen Gestaltungsaufträgen geht es immer auch um die Frage der Arbeits­losigkeit. Das Erfreuliche ist – und das haben auch meine Vorredner schon gesagt –, dass diese in den letzten Jahren nachhaltig zurückgegangen ist. Ganz besonders spannend finde ich in Bezug darauf eine andere Kennzahl, nämlich die Zahl der unselbstständig Erwerbstätigen: Ich habe sie mir ganz genau angeschaut und kann sagen, dass diese jedes Jahr um 50 000, 60 000 steigt.

Wir haben momentan in etwa 300 000 Arbeitslose, und man könnte theoretisch davon ausgehen, dass die Arbeitslosigkeit, wenn das so weitergeht, überhaupt auf null sinkt. Wir wissen, das ist nur ein theoretischer Wert, weil es immer eine Sockel­arbeits­losigkeit geben wird, weil wir Binnenzuwanderung haben, weil wir regionale Unter­schiede haben, weil wir unterschiedliche Qualifikationsprofile haben. Dieser deutliche Anstieg der Zahl der Arbeitsplätze ist aber bereits ein ganz großer Erfolg. Das ist


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natürlich kein Verdienst der Politik, das ist ein Verdienst der Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam mit den erfolgreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das kann man nicht oft genug sagen! (Beifall bei der ÖVP.) – Danke sehr.

Ich habe mir noch eine Kennzahl angeschaut, die mir persönlich sehr wichtig ist. Was tut denn Österreich im Bereich der Armutsbekämpfung? – Wir bekennen uns natürlich zur Solidarität in Österreich. Wir haben ja vor Kurzem eine Studie beim Budgetdienst beauftragt, und dieser kommt zu sehr erstaunlichen Erkenntnissen. Kurz zur Erklärung: Relative Armut bedeutet, dass man 60 Prozent weniger als das Medianeinkommen hat. Allein über die Kennzahl kann man schon diskutieren, denn je höher natürlich das Medianeinkommen ist, desto schneller ist man auch in der Armut. (Zwischenruf des Abg. Rossmann.) Wenn wir die reinen Markteinkommen betrachten, dann erkennen wir, dass in Österreich 24 Prozent armutsgefährdet sind, nach Transferleistungen – und wir sind eine solidarische Gesellschaft – sind es 14 Prozent. Mit diesem Wert, mit diesem Rückgang der Armut sind wir Weltspitze. Darauf können wir meiner Meinung nach sehr stolz sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Besondere für mich an der Budgetpolitik ist – ich habe es schon ausgeführt –, dass wir erstmals eine Trendwende in der Schuldenpolitik, in der relativen Verschul­dung, in der absoluten Verschuldung haben. Wir schaffen es aber gleichzeitig, die Menschen zu entlasten. Vieles ist schon angesprochen worden: die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, der Familienbonus Plus, die größte familienpoli­tische Entlastung in der Zweiten Republik. Es wird immer wieder gesagt: Na ja, die Konjunktur trübt sich ein, wir müssen doch längst etwas tun! – Der Familienbonus ist längst eine Maßnahme, die greift, weil er natürlich den privaten Konsum stimuliert sowie für eine stärkere Inlandsnachfrage und auch für einen stärkeren Konsum sorgt.

Dieser Weg soll natürlich fortgesetzt werden. Ich freue mich persönlich sehr, dass es jetzt auch zu einer Senkung der Sozialversicherungsbeiträge gekommen ist. Dies­bezüglich darf ich Hubert Fuchs und natürlich auch unserem Klubobmann dafür danken, dass das ausverhandelt worden ist. Das ist gerade wieder an Menschen mit geringem Einkommen adressiert, denn diese zahlen weniger Sozialversicherungs­beiträge. Das alles ist von einer Schuldenbremse flankiert, die uns per Verfas­sungs­rang nachhaltig die Sicherheit gibt, dass dieser Schuldenpolitik wirklich ein Ende gesetzt wird. Darauf können wir stolz sein. Ich denke, das geht genau in die richtige Richtung. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

10.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Krainer ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.05.28

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor allem auch an die Schülerinnen und Schüler des Bundesgymnasiums Hallein: herzlich willkommen im Hohen Haus! (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und FPÖ.) Für mich als Budget- und Finanzpolitiker zählen weniger Worte, zählen weniger Ideologien, wie sie manchmal vor allem von der ÖVP verbreitet werden (Abg. Hanger: Bei dir nicht! Wirst ja nicht mal rot dabei! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), sondern zählen die harten Fakten, die Zahlen.

Das, was wir sehen, wenn wir die harten Fakten, die harten Zahlen ansehen, ist, dass durch die Wirtschaftskrise – ja! – das Budgetdefizit in die Höhe gegangen ist und dass das Budget der Republik Österreich 2015 saniert wurde. Seither haben wir ein strukturelles Defizit von 0,5 Prozent oder darunter. Das ist die Zahl, die unabhängig von der Konjunktur anzeigt, ob das Budget funktioniert oder nicht. Gute Nachricht: Seit


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mittlerweile vier Jahren haben wir ein saniertes Budget. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Das war der sehr erfolgreiche Weg von Faymann und Mitterlehner, der von Kern und Mitterlehner fortgesetzt wurde. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Man hatte das Budget im Griff, von Jahr zu Jahr sinkende Steuern – vor allem auf Arbeit –, eine sinkende Steuer- und Abgabenquote.

Wir haben am Freitag den Bundesrechnungsabschluss, das erste Zeugnis für diese Bundesregierung, bekommen. Wenn Sie sich das anschauen, sehen Sie, dass Kurz und Strache – beide zu Recht nicht mehr im Haus – diesen Weg verlassen haben. (Abg. Hanger: Also Jan, du hast schon mal ... argumentiert!) Dann ist nämlich Folgen­des passiert: Wir haben steigende Steuern, vor allem steigende Steuern auf Arbeit. Lesen Sie es im Bundesrechnungsabschluss nach! Das erste Mal seit Jahren sind wir mit steigenden Steuern vor allem auf Arbeit konfrontiert. (Abg. Wöginger: Das haben wir 2015 auch gehabt!) Das ist das Ergebnis von eineinhalb Jahren Schwarz-Blau (Beifall bei der SPÖ): Die, die für ein Einkommen arbeiten gehen, zahlen höhere Steuern. Die zahlen nämlich diese Geschenke, die Sie an Hoteliers und so weiter ausgeteilt haben – das ist nämlich die Rechnung –, das zahlen die Arbeitnehmer in diesem Land. Das ist das, was passiert! Das besagt das vom Rechnungshof aus­gestellte Zeugnis. Dieses Zeugnis habe nicht ich ausgestellt, sondern der Rechnungs­hof. Sie können es gerne jederzeit nachlesen.

Was haben Sie gesagt? – Sie haben versprochen, es gibt auch eine Steuerreform für die, die arbeiten gehen. Die ist jetzt ins Wasser gefallen. Wir haben bereits vor drei Wochen einen Antrag eingebracht, damit die, die arbeiten gehen, das, was Sie Ihnen versprochen haben, auch bekommen. Das haben wir vor vielen Wochen eingebracht, und zwar so, dass jene es auch 2020 bekommen.

Sie haben gestern angekündigt, dass es einen Antrag von Ihnen geben wird – den kennen wir noch nicht. Das, was wir heute in der „Kronen Zeitung“ lesen, ist, dass die, die arbeiten gehen und auf eine Senkung der Steuern warten, noch ein Jahr warten müssen. Das Paket soll nicht 2020, sondern erst 2021 kommen. (Abg. Wöginger: Ah geh, bei euch war es anders?) – Ja, lesen Sie unseren Antrag! (Abg. Wöginger: Ja, ja!) Bei uns kriegen Sie das Geld bereits 2020. Lesen müsste man halt können. Vertrauen Sie den Budget- und Finanzexperten und nicht der Propaganda der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich lade Sie ein (Abg. Wöginger: Danke!): Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann bekommen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bereits nächstes Jahr die Steuersenkung und nicht erst dann, wie es in Ihrem Antrag steht, denn dann müssen sie noch ein Jahr warten und noch ein Jahr höhere Steuern zahlen. (Abg. Wöginger: Sinneswandel!) Das ist nämlich das, was Sie hier tun!

Noch ein paar Worte zur Schuldenbremse: Wir haben in Österreich eigene Regeln, die wesentlich besser sind, die haben nämlich dazu geführt, dass wir seit 2015 ein sanier­tes Budget haben. Das ist nämlich unser österreichisches Haushaltsrecht. Die Deutschen haben die Schuldenbremse, die Sie jetzt kopieren wollen, im Verfassungs­rang. Wissen Sie, wie die in Deutschland inzwischen heißt? – Die heißt dort in der Zwischenzeit Investitionsbremse und gar nicht mehr Schuldenbremse, weil sie nämlich die Investitionen bremst. Die steht dort vor der Abschaffung. Fast alle namhaften Ökonomen sagen, man müsse sie abschaffen, weil sie in der Vergangenheit nämlich die Investitionen behindert hat. (Abg. Wöginger: Das ist aber falsche Budgetpolitik!)

Vor allem wissen wir Folgendes: Wenn wir ernsthaft etwas gegen die Klimaerwärmung tun wollen, dann – das wissen wir alle – werden wir investieren müssen. (Beifall bei der SPÖ.) Die Schuldenbremse führt also dazu, dass sie den Klimawandel gar nicht


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bekämpfen können (Abg. Wöginger: Ah, da schau her!), das sagen die Ökonomen in Deutschland. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Das sagen alle Ökonomen in Deutschland, die seit Jahren mit dieser Investitionsbremse leben. (Abg. Zarits: In Deutschland haben sie ... Prozent! – Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Und ich sage Ihnen Folgendes: Das, was wir brauchen, ist die grüne Null, nämlich die grüne Null, was Emissionen betrifft, also keine Emissionen. Die ist mir, ehrlich gesagt, wichtiger als die schwarze Null. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn Sie nämlich die schwarze Null und keine grüne Null haben, dann haben Sie nämlich nur noch schwarze Nullen, und davon haben wir schon genug gesehen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

10.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fuchs. – Bitte.


10.10.50

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Finanzminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Nach der Märchen­stunde der SPÖ (Beifall bei FPÖ und ÖVP – Abg. Wöginger: Ja, genau!) möchte ich wieder zu den Fakten zurückkehren. (Widerspruch bei der SPÖ.) Bereits im Jahr 2018 haben wir ein um 1 Milliarde Euro besseres Ergebnis erzielt als budgetiert und gesamt­staatlich ein Nulldefizit erreicht. Nach 65 Jahren der Schuldenpolitik, an der die SPÖ nicht ganz unbeteiligt war, werden wir 2019 auf Bundesebene erstmals einen adminis­trativen Überschuss erwirtschaften. Wenn dieser türkis-blaue Erfolgsweg fortgesetzt worden wäre, dann hätten wir das Nulldefizit sowohl auf Bundesebene als auch gesamtstaatlich bis 2023 durchgehend gewährleisten können. Im Jahr 2023 hätte Österreich erstmals seit dem EU-Beitritt sämtliche Maastrichtkriterien erfüllt.

Wenn seitens der SPÖ – jetzt auch vom Abgeordneten Krainer – immer wieder be­hauptet wird, dass die türkis-blaue Erfolgsstory allein auf gute Konjunktur zurückzu­führen ist, dann muss man ganz offen sagen: Der SPÖ ist es auch gelungen, den Schuldenberg während ausgezeichneter Konjunkturlagen permanent zu vergrößern, und zwar zulasten sämtlicher nachfolgender Generationen. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Krainer: Auch 2017?! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und auch die Steuerreformen, die unter maßgeblicher Führung der SPÖ immer wieder organi­siert wurden, sind natürlich auf Basis von neuen Steuern und neuen Schulden gegen­finanziert worden.

Wenn dieser türkis-blaue Erfolgsweg fortgesetzt worden wäre, dann hätten wir die Österreicherinnen und Österreicher ab 2022 jährlich um 8,5 Milliarden Euro entlasten können – jährlich um 8,5 Milliarden Euro! Es wäre auch die ehrlichste Steuerreform aller Zeiten gewesen, weil sie ohne neue Schulden und ohne neue Steuern gegen­finanziert worden wäre. Die Abgabenquote, Frau Kollegin Doppelbauer, wäre dabei auf 40 Prozent gesunken. (Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Auch wenn wir sämtliche Entlastungsschritte, die wir geplant gehabt hätten, nicht mehr umsetzen können, so freut es mich ganz besonders, dass es uns gelungen ist, sämtliche Maßnahmen, die im Ministerratsvortrag vom 1. Mai 2019 vorgesehen sind, gemeinsam mit der ÖVP umzusetzen. Klubobmann Wöginger und ich werden morgen einen entsprechenden Initiativantrag einbringen, der die Umsetzung der Steuer­reform 2020 sicherstellen wird. Es war der FPÖ immer ein ganz besonderes Anliegen, dass die gering verdienenden Arbeitnehmer und Pensionisten, aber auch die gering verdienenden Kleinunternehmer durch eine Steuerreform profitieren – und das ist durch die Steuerreform 2020 sichergestellt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten


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der ÖVP.) Darüber hinaus werden wir durch diese Steuerreform auch erste steuerliche Maßnahmen im Umweltbereich realisieren.

Abschließend möchte ich noch kurz auf die Schuldenbremse eingehen, die laut SPÖ eine Investitionsbremse ist; zudem kann man laut Abgeordnetem Rossmann keine vernünftige Budgetpolitik ohne neue Schulden machen. Eigentlich ist es Hausverstand, dass man nicht mehr ausgeben kann, als man einnimmt. Das ist in jedem Haushalt so, in jeder Familie so (Abg. Vogl: Das stimmt ja nicht! Im Hausbau zum Beispiel!), und daher werden wir auch eine entsprechende Schuldenbremse einführen.

Wenn Abgeordnete Doppelbauer meint, sie musste harte Bretter bohren (Zwischenrufe bei der SPÖ), dann hätte sie besser unser Regierungsprogramm durchlesen sollen. Auf Seite 21 haben wir uns dazu verpflichtet, eine entsprechend verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse als Ausdruck eines modernen Verfassungsstaats einzu­führen. Das heißt, das ist im Regierungsprogramm 2017 nachzulesen, dafür muss man keine harten Bretter bohren. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bin froh, dass wir gemeinsam mit der ÖVP und den NEOS einen entsprechenden Antrag zur Einführung einer verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse einbrin­gen werden. Das ist Ausdruck einer nachhaltigen, verantwortungsvollen und zukunfts­orientierten Budgetpolitik. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schellhorn ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.15.53

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Finanz­minister! Geschätzte Minister! Herr Vizekanzler! Ja, wir bekennen uns ganz klar zu einer Schuldenbremse im Verfassungsrang. Das ist auch die Verantwortung, die wir zeigen. Es ist auch immer eine klare Forderung der NEOS gewesen, nämlich von Anstand bis Zukunft, von A bis Z zu denken, und für die Zukunft zu denken heißt auch, für die nächste Generation zu denken. Darum ist es besonders wichtig, auch hier die Schuldenbremse im Verfassungsrang zu haben.

Als letzter Redner einer Fraktion hat man ja auch die Aufgabe, sozusagen aufzu­räumen, aufzuräumen mit falschen, nicht richtigen oder vielleicht unrichtigen Tatsachen oder mit in der eigenen Wahrheit gelebten Wörtern, und einiges auch detaillierter, ganz klar darzulegen.

Abgeordneter Krainer hat gesagt, dass in Deutschland die Investitionen sozusagen der Öffentlichkeit aufgrund der Schuldenbremse in der Verfassung gesunken seien. Wir hatten sie noch nicht, und bei uns ist in der Vergangenheit auch nichts investiert worden, auch mit der SPÖ in Regierungsverantwortung. Es gab keine Investitionen in die Infrastruktur. (Abg. Vogl: Brennerbasistunnel!) Ich frage Sie: Was ist denn mit der Digitalisierung passiert? (Beifall bei den NEOS.) Was ist denn da passiert? – Da hinken wir nach, da haben wir einen großen Stau, und trotzdem ist nichts passiert. Jetzt malen Sie den Teufel an die rote Wand, nicht an die schwarze Wand. (Neuerlicher Zwischen­ruf des Abg. Vogl.) Das heißt, dann passiert in der Zukunft auch nichts mehr. – Das ist völlig falsch, und insofern muss die Schuldenpolitik auch aufhören!

Komplett falsch ist das, was Kollege Haubner gesagt hat. Kollege Haubner hat ja einerseits richtigerweise die Exportwirtschaft, die Unternehmer et cetera gelobt und gesagt, dass es ganz wichtig ist, dass man alle diese in Zukunft fördert, andererseits aber auch gesagt, dass wir dazu eine Schuldenpolitik brauchen. – Nein, falsch! (Abg. Haubner: Keine Schuldenpolitik!) – Keine Schuldenpolitik! Die sind dafür verantwort-


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lich, dass es keine Schuldenpolitik gibt. Nicht die Einnahmen sind gesunken, sondern die Ausgaben sind genauso gestiegen, wie die Einnahmen gestiegen sind (Abg. Haubner: Hab ich eh gesagt!), und das ist jenen Menschen, jenen Unternehmern, jenen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern zu verdanken und nicht dieser alten Regie­rung. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Haubner.) Die hat ausgaben­seitig gar nichts gespart – null, niente, nichts!

Ihr habt euch einfach darauf ausgeruht, dass es insgesamt 7,7 Prozent mehr an Lohn­steuereinnahmen gegeben hat, dass die Einnahmen aus der Unternehmenssteuer um 16 Prozent und jene aus der Kapitalertragsteuer um 12 Prozent gestiegen sind – und das sind die steigenden Einnahmen. Danke sehr für diese Entlastung! – Das waren nämlich die Unternehmerinnen und Unternehmer und nicht diese Regierung.

Und dann kommt noch irgendetwas mit: Ah, wir machen eh ausgabenseitig etwas! – Einen Pakt für Verantwortung hat der Herr Finanzminister a. D. aber mit den zwei Landeshauptleuten falsch verstanden; die haben nämlich gesagt: Wir machen jetzt so etwas Ähnliches wie eine Transparenzdatenbank, nur ohne Sanktionen! – Das war ein PR-Gag, wie so vieles ein PR-Gag war, und nichts anderes. Solange ich bei denen, die das Geld mit offenen Händen hinausschmeißen, keine Sanktionen habe – und das sind diese Länder! –, so lange habe ich keinen Mechanismus. Darum braucht es eine Schuldenbremse, und nichts anderes ist richtig.

Ihr (in Richtung ÖVP) seid einfach nicht mehr Herr der Landeshauptleute. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich verstehe es eh, dass ihr da einfach die Kontrolle verloren habt. (Abg. Wöginger: Der Haslauer ist ganz schwierig! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es gibt dann wieder kleine Wahlen, dann muss man wieder einmal ein bisschen Zuckerl verteilen et cetera. Ja, Gust, es betrifft auch dich, auch Oberösterreich betrifft es. (Abg. Wöginger: Wir haben einen super Landeshauptmann!)

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir hier verantwortlich für die nächste Generation agieren. Weg mit dem Spendierföderalismus! Weg mit dem Föderalismus nach dem alten Muster! Wir brauchen einen schlanken Staat wie ein Unternehmen, und wir brauchen, und da bin ich - - Aber lassen Sie mich jetzt noch ein paar Worte zu Herrn Rossmann sagen, Entschuldigung, dass ich da abbreche! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Gott sei Dank hat er gesagt, der Neoliberalismus ist schuld, weil Griechenland und Spanien und die Südländer und bla, bla, bla. – Der Neoliberalismus war es also, danke, Herr Rossmann! Er ist leider nicht im Saal. Eines muss ich aber schon fragen: Waren es nicht diese Staaten, die selbst so falsch gehandelt haben, gelogen haben bei der Bilanzpolitik, gelogen haben in Brüssel? Waren es nicht diese Staaten? (Beifall bei den NEOS.) Und dann ist es der Neoliberalismus?! Ich glaube, ich bin da vor Lachen unter den Sessel gesunken. So kann es nicht sein!

Das ist das typische System: unverantwortlich, und wir sozialisieren dann die ganze Schuldenpolitik; das sollen dann alle anderen zahlen. – Nein! Wir sind genauso verantwortlich für unseren Haushalt. Wir hier herinnen sind dafür verantwortlich, dass sorgsam mit dem Steuergeld umgegangen wird, dass das Steuergeld auch sorgsam ausgegeben wird, dass in die Zukunft investiert wird und dass in Reformen investiert wird und nicht nur ins Geldverteilen. Darum geht es und darum muss die Schulden­bremse in den Verfassungsrang. (Beifall bei den NEOS.)

10.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bißmann zu Wort gemeldet. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 52

10.21.18

Abgeordnete Dipl.-Ing. (FH) Martha Bißmann (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsi­dent! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, Bürgerinnen und Bürger! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Was hat eine nachhaltige Budgetpolitik in Österreich mit dem Klima, mit Fridays for Future und der OMV zu tun? – Eine ganze Menge: Wir fördern in Österreich umwelt- und klimaschädliches Verhalten mit Subventionen in Milliardenhöhe jedes Jahr. Dieselautos, Kohleverbrennung und klimaschädliche Emis­sionen kosten uns 4,7 Milliarden Euro jährlich. Dazu kommen im Falle des Nicht­han­delns gegen die Klimakrise jährlich bis zu 8,8 Milliarden Euro an Klimaschäden sowie drohende Strafzahlungen, ebenfalls in Milliardenhöhe, für das Nichteinhalten der EU-Klimaschutzziele. Wir brauchen also eine Klimaschadenschuldenbremse, das ist die einzige Schuldenbremse, die wir brauchen, geschätzte Damen und Herren.

Steuern auf umweltschädliches Verhalten machen in Österreich nur 6 Prozent der gesamten Abgabenquote aus. Das ist nichts im Vergleich zu den Folgen des umweltschädlichen Verhaltens. Das österreichische Budget ist demzufolge also weder nachhaltig noch klimaneutral.

Wir brauchen eine ökologische Steuerreform, das heißt höhere Steuern auf Energie und Ressourcen und weg mit den umweltschädlichen Subventionen. Der Anteil der Ökosteuern kann ohne Weiteres von 6 auf 12 Prozent verdoppelt werden, und um – das ist ja der haarige Punkt in der Politik – eine steuerliche Mehrbelastung für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu vermeiden, werden die Mehreinnahmen in Form eines Ökobonus für Haushalte, in Form eines Innovationsbonus für die Industrie rückgeführt. Wenn ein Familienbonus möglich war, dann ist auch ein Ökobonus möglich.

Fridays for Future fordert von uns Volksvertretern, endlich eine Ökosteuerreform einzuführen. Dem sollten wir auch entsprechen, denn es geht nicht nur um ein nach­haltiges Budget, sondern es geht um eine nachhaltige Zukunft für alle, und dabei führt kein Weg an einer Ökosteuerreform vorbei.

Was würde sich denn in Österreich konkret ändern? – Lkws und klimaschädliche Fahr­zeuge werden nicht mehr gratis über unsere Straßen rollen, das gesamte Schienen­netz wird steuererleichtert und durch die Mehreinnahmen vom klimaschädlichen Ver­kehr wird das Bahnfahren auch günstiger. Die Elektromobilität und der öffentliche Verkehr werden massiv ausgebaut. Die Luft wird sauberer, es werden deutlich weniger Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung sterben – das tun nämlich jährlich 400 000 Menschen in Europa, mehr Menschen, als in Graz wohnen.

Ein Großteil der 11,3 Milliarden Euro, die jährlich aus Österreich für den Erdölankauf in den Nahen Osten gehen, bleiben im Land. Damit kann man nicht nur in eine klimafreundliche Wirtschaft investieren, sondern auch autoritären Regierungssystemen den Geldhahn zudrehen.

Das alles wäre ja so einfach umzusetzen, gäbe es da nicht die großen Blockierer und Verhinderer, wie unter anderem der Dinosaurierkonzern OMV, der einen nachhaltigen Steuerumbau verhindert, indem er nicht die Zeichen der Zeit erkennt und sein Ge­schäfts­modell auf erneuerbar, innovativ, klimafreundlich umbaut, wie es der Energie­konzern Ørsted aus Dänemark gemacht hat. Dieser könnte ein gutes Vorbild für Öster­reich sein.

Der Ex-Fossilenergiekonzern Ørsted hat sein Öl- und Gasgeschäft schon vor Jahren abgestoßen und investiert jetzt ausschließlich in erneuerbare Energieprojekte und produziert ausschließlich sauberen Strom, aber keinen Atomstrom, und Ørsted musste keinen einzigen Arbeitsplatz kündigen. Die Hälfte der OMV gehört der Republik Öster-


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reich, es ist also in der Verantwortung der Regierung – ob Expertenregierung, ob politische Regierung –, dafür zu sorgen, dass innerhalb des Konzerns ein Umbau­prozess in Richtung einer klimafreundlichen Konzernwirtschaft in Gang kommt. – Ja, liebe ÖVP, wir Klimaschützer sind nicht gegen Konzerne, wir sind nur gegen klimaschädliche Konzerne; und es gibt klimafreundliche Konzernwirtschaft, wie das Beispiel Ørsted eindrucksvoll zeigt. Und, liebe ÖVP, ohne grüne OMV wird es nie eine ökosoziale Marktwirtschaft in Österreich geben, dazu ist die OMV einfach zu groß und wichtig.

Früher oder später werden alle Industriebetriebe und jeder Politiker erkennen müssen, dass wir die Geschäftsmodelle auf ökologisch, effizient, nachhaltig und klimafreundlich umbauen müssen, um mit der Zeit zu gehen. Noch einmal: Eine klimafreundliche Wirtschaft wirft viel Geld ab, nur ist es kein giftiges Geld mehr, das Menschenleben kostet.

Wir brauchen eine Schuldenbremse, die Klimaschäden verhindert und unseren zukünf­tigen Generationen eine Zukunft ermöglicht. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall der Abg. Cox.)

10.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

10.26.55Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegen­stände und deren Zuweisungen darf ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die Mitteilung verweisen, die im Sitzungssaal verteilt wurde – auch die, die etwas länger als eine Seite war. Wir arbeiten noch an den Fristsetzungsanträgen, die noch hereingekommen sind.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3706/J bis 3812/J

Zurückziehungen: 3744/J und 3677/J

2. Anfragebeantwortungen: 3337/AB bis 3468/AB

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 27/ABPR bis 30/ABPR

3. Antrag: Zurückziehung: Zu 852/A

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Monatserfolg Mai 2019, vorgelegt vom Bundesminister für Finanzen (Vorlage 51 BA)

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Staatsanwaltschaft Linz, GZ. 19 St 67/19y, um Zustimmung zur behörd­lichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz


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Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Bürgerinitiative Nr. 65 betreffend "Die Verfassungsrechtliche Absicherung des solida­rischen gesetzlichen Pensionssystems nach dem Umlageverfahren"

Bürgerinitiative Nr. 66 betreffend "Die Verfassungsrechtliche Absicherung des solida­rischen gesetzlichen Pensionssystems nach dem Umlageverfahren"

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Budgetausschuss:

Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2018 (III-292 d.B.)

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Errichtung der S 10 – Mühlviertler Schnell­straße – Reihe BUND 2019/27 (III-294 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes betreffend System der Wettbewerbsbehörden außerhalb des Finanzmarkts – Reihe BUND 2019/28 (III-295 d.B.)

Wissenschaftsausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Republik Brasilien über wissenschaftlich-technologische Zusammenarbeit (642 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung:

Tätigkeitsbericht des Rates für Forschung- und Technologieentwicklung 2018, vorge­legt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-301 d.B.)

Gesundheitsausschuss:

Lebensmittelsicherheitsbericht 2018 der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sund­heit und Konsumentenschutz (III-303 d.B.)

Gleichbehandlungsausschuss:

Bericht der Bundesregierung betreffend den Abbau von Benachteiligungen von Frauen; Berichtszeitraum 2017/2018 (III-302 d.B.)

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bericht des Bundesministers für Inneres über die Entschließung des Nationalrates vom 29. Februar 2012, E 232-NR/XXIV. GP betreffend Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerer Straftaten (PCSC) – Berichtszeitraum 1. Mai 2018 bis 30. April 2019 (III-299 d.B.)

Kulturausschuss:

Bericht zur Vermittlung von musikalischer Bildung des Bundesministers für EU, Kunst, Kultur und Medien und der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 20. April 2018, 15/E-XXVI. GP (III-304 d.B.)

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zur Beendigung von Investitions­verträgen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union


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Aufnahme der Verhandlungen über Änderungen des Vertrages zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und des Übereinkommens über die Über­tragung von Beiträgen auf den Einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemein­same Nutzung dieser Beiträge

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Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Um Tagesordnungspunkt 1 in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichts abzusehen; dabei ist ein erhöhtes Quorum vorgesehen.

Hiebei handelt es sich um den Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes­verfassungs­ge­setz über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geändert wird.

Ich darf die Damen und Herren, die von der Abstandnahme von der Aufliegefrist überzeugt sind, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung bitten. – Das ist die Einstimmigkeit. Damit ist das einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 3 bis 5, 6 bis 8, 9 und 10, 15 und 16, 19 und 20 sowie 24 bis 26 der Tages­ordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Jetzt kommt eine längere Leseübung. Ich darf Sie ersuchen, wieder Platz zu nehmen.

Fristsetzungsanträge


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen beantragt haben, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 923/A der Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 20. September 2019 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek hat beantragt, dem Gleichbehandlungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 332/A der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolle­ginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen.

Darüber wird ebenfalls nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung abge­stimmt.

Die Abgeordneten Becher, Kolleginnen und Kollegen haben beantragt, dem Ausschuss für Bauten und Wohnen zur Berichterstattung über den Antrag 15/A der Abgeordneten Becher, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen.


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Es wird das gleiche Prozedere betreffend die Abstimmung angewandt wie bei den anderen Anträgen.

Ich darf mitteilen, dass Abgeordneter Stöger beantragt hat, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 324/A der Abgeordneten Stöger, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen.

Betreffend die Abstimmung wird gleich vorgegangen wie bei den Anträgen davor.

Weiters hat Herr Abgeordneter Muchitsch beantragt, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 577/A der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen.

Es gibt das gleiche Prozedere bei der Abstimmung wie bei den Anträgen davor.

Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich darüber hinaus mitteilen, dass Herr Abge­ord­neter Loacker beantragt hat, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Bericht­erstattung über den Antrag 900/A der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kolle­gen ebenfalls eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen – gleiches Prozedere betreffend die Abstimmung.

Ebenso hat Herr Abgeordneter Bernhard beantragt, dem Umweltausschuss zur Be­richt­erstattung über den Antrag 894/A(E) eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen – gleiches Prozedere bei der Abstimmung.

Vor Eingang in die Tagesordnung hat Herr Abgeordneter Bernhard auch beantragt, dem Umweltausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 805/A(E) eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen – wiederum gleiches Prozedere.

Der fleißige Herr Abgeordnete Bernhard hat ebenfalls beantragt, dem Umwelt­aus­schuss zur Berichterstattung über den Antrag 803/A(E) der Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen – gleiche Behandlungsmodalität.

Ebenso haben Herr Abgeordneter Androsch, Kolleginnen und Kollegen beantragt, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichterstattung über den Antrag 763/A(E) der Abgeordneten Androsch, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 4. Juli 2019 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Ebenso haben Herr Abgeordneter Androsch, Kolleginnen und Kollegen beantragt, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 566/A(E) der Abgeord­neten Androsch, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 4. Juli 2019 zu setzen – gleiches Prozedere bei der Abstimmung.

Weiters haben Herr Abgeordneter Androsch, Kolleginnen und Kollegen beantragt, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 814/A(E) der Abgeord­neten Androsch, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 4. Juli 2019 zu setzen – das gleiche Prozedere bei der Abstimmung.

Darüber hinaus haben Herr Abgeordneter Androsch, Kolleginnen und Kollegen be­antragt, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 860/A der Abgeordneten Androsch, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 4. Juli 2019 zu setzen – gleiches Abstimmungsprozedere.


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Ich darf weiters mitteilen, dass Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber beantragt hat, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 878/A der Ab­geordneten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 12. Sep­tember 2019 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung ebenfalls nach Beendi­gung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Gleichfalls wurde von Frau Abgeordneter Holzinger-Vogtenhuber beantragt, dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 854/A der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 12. September 2019 zu setzen – gleiche Abstimmungsmodalität.

Ebenso hat Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber beantragt, dem Gesundheits­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 877/A der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 12. September 2019 zu setzen – gleiche Abstimmungsmodalität.

Vor Eingang in die Tagesordnung darf ich auch mitteilen, dass Frau Abgeordnete Griss beantragt hat, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 840/A eine Frist bis zum 1. September 2019 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Frau Abgeordnete Griss hat ebenfalls beantragt, dem Justizausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 821/A(E) eine Frist bis zum 1. September 2019 zu setzen – gleiches Prozedere bei der Abstimmung über den Antrag.

Ebenso hat Frau Abgeordnete Griss beantragt, dem Justizausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 841/A eine Frist bis zum 1. September 2019 zu setzen – gleiches Prozedere.

Ebenso hat Herr Abgeordneter Loacker beantragt, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 827/A eine Frist bis zum 1. September 2019 zu setzen.

Der Antrag wird ebenfalls nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Herr Abgeordneter Schellhorn hat beantragt, dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zur Berichterstattung über den Antrag 902/A(E) eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen – gleiches Abstimmungsprozedere.

Ebenso hat Herr Abgeordneter Bernhard beantragt, dem Ausschuss für Familie und Jugend zur Berichterstattung über den Antrag 838/A der Abgeordneten Bernhard, Kol­leginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen – gleiches Prozedere bei der Abstimmung.

Weiters hat Frau Abgeordnete Griss beantragt, dem Ausschuss für innere Angele­gen­heiten zur Berichterstattung über den Antrag 843/A der Abgeordneten Griss, Kolle­ginnen und Kollegen eine Frist bis zum 1.9.2019 zu setzen – gleiches Abstimmungs­prozedere.

Der letzte Antrag stammt ebenso von Frau Abgeordneter Griss, sie beantragt, dem Ausschuss für innere Angelegenheiten zur Berichterstattung über den Antrag 822/A(E)


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der Abgeordneten Griss, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 1. September 2019 zu setzen.

Damit haben wir die Fristsetzungen jetzt erledigt.

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Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Es wurde eine Tagesblockzeit von 12 „Wiener Stunden“ vereinbart; folgende Redezeiten ergeben sich daraus: ÖVP 222, FPÖ und SPÖ je 198, JETZT und NEOS je 66 Minuten.

Für die klubfreien Abgeordneten beträgt die Redezeit 33 Minuten; die Debattenredezeit wird auf 5 Minuten begrenzt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Redezeiten.

Wer dafür ist, den darf ich um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Das ist einstim­mig angenommen.

Wir gehen nun in die Tagesordnung ein.

10.36.251. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses über den Entwurf eines Bun­desverfassungsgesetzes, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Nach­haltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung geändert wird (677 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Kollege Gerstl hat auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Kollege Ofenauer. Ich darf ihm das Wort erteilen.


10.37.04

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen im Hohen Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Saube­res Wasser ist neben Luft und Nahrung unsere Lebensgrundlage. Trinkwasser in bester Qualität und in ausreichender Menge zu haben, ist für uns selbst alltäglich, verglichen mit anderen Regionen ist das allerdings bei Weitem keine Selbstver­ständ­lichkeit. Wir tragen deshalb auch Verantwortung dafür, dass auch zukünftige Genera­tionen über sauberes und gesundes Wasser verfügen können. Auch in Zukunft muss deshalb eine qualitativ einwandfreie und vor allem auch mengenmäßig gut abge­sicherte Trinkwasserversorgung – vor allem auch zu sozial verträglichen Preisen – ge­währleistet sein.

Eine ordnungsgemäße Wasserversorgung ist nämlich eine entscheidende Grundlage für die Lebensqualität in unseren Gemeinden. Dessen sind sich auch die Gemein­de­vertreter sehr bewusst, denn die Ausgaben der Wasserver-, aber auch der Abwas­serentsorgung sind regelmäßig die höchsten in unseren Gemeindebudgets. Deswegen an dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an alle diejenigen, die sich darum


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kümmern, die sich tagtäglich bemühen, von den Wassermeistern über die Gemein­deräte bis hin zu den Bürgermeistern! (Beifall bei der ÖVP.)

Dass wir in Österreich sauberes Trinkwasser haben, verdanken wir den Menschen, die dafür gearbeitet haben, das ist aber auch ein entsprechendes Ergebnis des Gesetz­gebungsprozesses, denn das Wasserrechtsgesetz regelt die Nutzung des Wassers, aber auch die Reinhaltung der Gewässer. Die Vorgaben, die darin gemacht wurden, haben auch dazu geführt, dass wir in den letzten Jahrzehnten die Qualität des öster­reichischen Wassers enorm verbessert haben.

Vor diesem Hintergrund freut es mich umso mehr, dass es eine Einigung über einen gemeinsamen Antrag mit der SPÖ und der FPÖ gegeben hat – mit dem Ziel, die öffentliche Wasserversorgung weiterhin so zu gewährleisten wie bisher.

Es soll eine Änderung eines Bundesverfassungsgesetzes mit folgendem Text be­schlossen werden: Dass die Republik Österreich sich „zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge und zu ihrer Verantwortung für die Sicherung deren Erbringung und Qualität, insbesondere dazu“ bekennt, dass „das öffentliche Eigentum an der Trinkwasserversorgung und die Verfügungsgewalt darüber im Interesse von Wohl und Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu erhalten“ ist.

Damit soll weiterhin die Versorgung mit Wasser in einwandfreier Qualität in ausreichen­der Menge durch kommunale Versorger, durch Wasserverbände, durch Wassergenos­senschaften, aber auch durch ausgelagerte Unternehmen, wie zum Beispiel die Stadt­werke oder die EVN Wasser, sichergestellt werden.

Es sollen aber so wie bisher auch private Hausbrunnen weiterhin möglich sein, weil es auch Bereiche gibt, wo eine zentrale Wasserversorgung nicht möglich oder nicht gewollt ist. Da greift dann das Wasserrechtsgesetz ein, denn das regelt die Nutzung des eigenen Wassers zur eigenen Versorgung. Es regelt aber auch die zulässige Ent­nahmemenge und stellt auch eine nachhaltige Verfügbarkeit dieser wichtigen Res­source sicher.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem gemeinsamen Antrag soll noch deutlicher als bisher zum Ausdruck gebracht werden, dass die Aufrechterhaltung der hohen Qualität der Wasserversorgung eine Aufgabe der Republik, des Bundes, der Länder und auch der Gemeinden ist und dass das Eigentum an der Trinkwasser­versorgung weiterhin in öffentlicher Hand bleiben soll. – Ich danke für die breite Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Klubobfrau Rendi-Wagner ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.40.37

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Was wir im Ibizavideo gesehen und gehört haben, war zweifelsohne der Tiefpunkt politi­scher Kultur in Österreich seit Jahrzehnten. Da wurde unverschämt über die Vergabe von Staatsaufträgen an eine russische Oligarchin, unverschämt über illegale Par­teien­finanzierung, unverschämt über den Verkauf einer großen österreichischen Tages­zeitung gesprochen – und es wurde über die Privatisierung des österreichischen Trink­wassers gesprochen.

Ja, in den letzten Wochen ist in Österreich viel spekuliert worden: War das bloß eine Prahlerei, eine bsoffene Gschicht? Oder waren es konkrete Pläne, die diesem Video und dem darin Gesagten zugrunde liegen? – Das ist zweifelsohne eine interessante


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Frage, aber für mich derzeit zweitrangig. Fakt ist, was gesagt wurde, wurde gesagt. Es waren zwei führende Politiker, die all das gesagt haben, und das ist nicht zu entschuldigen, denn Worte, sehr geehrte Damen und Herren, haben Macht. (Beifall bei der SPÖ.)

Was gesagt wird, wird dadurch, dass man es sagt, zu einer Möglichkeit, und mehr noch, was gesagt wird, kann Wirklichkeit werden. Mit dieser Gefahr müssen wir alle in der Politik umgehen, und wenn wir den massiven Schaden, den dieses Video der politischen Kultur in Österreich zugefügt hat, wirklich reparieren wollen, dann müssen wir sicherstellen, dass nie Wirklichkeit wird, was auf Ibiza gesagt wurde. (Abg. Kickl: Schmeißt’s den Gusenbauer ausse, der kennt alle Oligarchen mit Vornamen!) Da haben wir viel zu tun, glaube ich. Wir werden den Anstand wiederherstellen müssen; das ist eine große Aufgabe. Aber wir haben noch eine weitere Aufgabe: Wir müssen unser Wasser vor solchen Plänen schützen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich freue mich, dass wir hier in diesem Haus gemeinsam zu der Erkenntnis gekommen sind, dass unser Wasser niemals, niemals privatisiert werden darf. Wasser ist die Quelle des Lebens. Ja, wir in Österreich haben Glück, diese Quelle des Lebens vor der Tür zu haben. Wir haben Wasser in Hülle und Fülle, wir haben Seen mit sauberem Trinkwasser, wir haben Flüsse, die seit Jahrhunderten unsere Landschaft prägen, wir haben kristallklares Bergwasser. Unser Land der Ströme, wie es so schön heißt, ist wahrlich reich an diesem Schatz. Die meisten Länder der Welt haben das nicht und sie beneiden uns genau um diesen Reichtum.

Da kommen genau wir in der Politik ins Spiel, nämlich betreffend die Frage der Ver­antwortung, wie wir mit diesem Reichtum und diesem Schatz, den Österreich hat, umgehen, wie wir damit umgehen, ihn für folgende Generationen zu bewahren, umso mehr in einer Welt, in der der Klimawandel und immer größerer Wassermangel in vielen Ländern der Welt zu einer traurigen Gewissheit werden.

Manche haben diese Vorstellung und Idee unsererseits im Vorfeld populistisch ge­nannt, aber schauen wir uns einmal in anderen Ländern um. Es ist nicht reiner Populismus und es ist nicht nur ein reines Hirngespinst, um das es hier geht. Schauen wir nach Großbritannien, nach Frankreich und schauen wir auch nach Deutschland, wo die Trinkwasserversorgung in den letzten Jahren privatisiert wurde. Höhere Preise und schlechtere Qualität für die Bevölkerung waren die Folge. Ich möchte nicht, dass Wasser zu einem Luxusprodukt für den internationalen Markt wird. Ich möchte nicht, dass auch wir in Österreich die Wasserversorgung privatisieren, mit dem Ergebnis höherer Preise und schlechterer Qualität, und ich möchte nicht, dass Wasser zu einer Ware wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin der Meinung, dass das Wasser uns allen gehört und niemand das Recht hat, daraus Profit zu schlagen. Wenn es auch manche Populismus nennen, wir nennen es Verantwortung: Verantwortung für kommende Generationen, Verantwortung für die Versorgungssicherheit Österreichs und Verantwortung gegenüber unserer Natur. Die Österreicherinnen und Österreicher müssen darauf vertrauen, dass wir verantwor­tungsvolle Gesetze in diesem Hohen Haus beschließen. Heute haben wir die Mög­lichkeit und wir nützen sie – das ist ein guter Tag –, wir nützen sie, um dieses Ver­trauen, das die Menschen in uns haben, zu stärken. (Beifall bei der SPÖ.)

Indem wir ein Verfassungsgesetz beschließen, das die Privatisierung unseres Wassers für alle Zeit verhindert, übernehmen wir alle Verantwortung zu dessen Schutz; damit übernehmen wir alle – und das ist die gute Nachricht – Verantwortung für die politische Kultur dieses Landes, für die kommenden Generationen und für den kostbarsten Besitz, den dieses Land hat. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.46



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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klub­obmann Hofer. – Bitte.


10.46.21

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Ich darf festhalten, dass wir alle wissen, wie wertvoll dieser Schatz Wasser ist. Es ist jetzt Urlaubszeit, und wenn man unterwegs war und man kommt nach Hause – zumindest fällt mir das als Erstes ein –, ist das Tolle hier doch, dass man das Wasser aus der Wasserleitung trinken kann. Das ist in vielen Ländern der Welt nicht der Fall.

3,6 Milliarden Menschen leiden unter Wasserknappheit, und bis zum Jahr 2050 werden es 5 Milliarden Menschen sein. Der Grund: die Veränderung des Klimas, mehr Hitze, natürlich auch das Bevölkerungswachstum, das auch den Haushalt belastet, und natür­lich der steigende Konsum, vor allem in Ländern wie Indien, China, wo der Mittelstand immer breiter wird, wo auch Wohlstand gegeben ist und man mehr konsumiert, als das bisher der Fall war. Besonders betroffen sind der Nahe Osten, besonders betroffen sind weite Teile Chinas, Indiens, aber auch die Westküste der Vereinigten Staaten von Amerika. Wenn man dieses Bild im Gesamten sieht, dann weiß man, wie wichtig es ist, unseren reichen Schatz an Wasser zu schützen.

Wir haben einen Niederschlag von 12 000 Kubikmetern Wasser pro Kopf und Jahr; das heißt, wir sind wirklich reich, was den Wasserschatz anbelangt. Der gesamte Wasser­verbrauch beträgt nur 3 Prozent dieser Gesamtmenge, die ich vorhin genannt habe, also nur 3 Prozent des verfügbaren Wassers in Österreich wird verbraucht, davon 60 Prozent von der Industrie, 35 Prozent gehen in die Trinkwasserversorgung und 5 Prozent gehen in die Landwirtschaft.

Das Geschäft mit dem Wasser, der Zugriff auf die Quellen, alles das steht im Mittel­punkt des Interesses von Konzernen wie zum Beispiel Nestlé, wo Wasser ein Life­styleprodukt ist, wo das, das eigentlich den Bürgern gehört, in Flaschen abgefüllt wird und dann wieder an die Bürger zurückverkauft wird. Das ist eine gefährliche Form der Kommerzialisierung. Wenn uns Souveränität wichtig ist, dann sind es zwei Bereiche, die wir besonders beachten müssen: einerseits die Energieversorgung des Landes und andererseits auch die Versorgung mit Lebensmitteln und mit Wasser. (Beifall bei der FPÖ.)

Wasser spielt eine besondere Rolle. Wasser spielt natürlich bei der Energieversorgung eine besondere Rolle: Wir haben das große Glück, dass wir einen Großteil unseres Stromverbrauchs durch Wasserkraft abgedeckt haben und dass wir natürlich in Zukunft mit Wasserstoff auch unseren Stromverbrauch und die Mobilität mit erneuerbaren Energien stärker unterstützen können – Stichwort Dekarbonisierung –, wobei ich schon sagen muss, dass es derzeit so ist, dass wir Wasserstoff nicht aus Wasser, sondern aus Methan gewinnen, und so ist das natürlich keine umweltfreundliche Variante.

Wir brauchen grünen Wasserstoff, indem wir die Überschüsse aus den erneuerbaren Energien in die Elektrolyse führen, dann diesen Wasserstoff speichern und in diesem Kreislauf Fahrzeuge betreiben oder auch Wärme beziehungsweise Strom erzeugen. Das ist der Weg, den wir gehen müssen.

Wasser bleibt in unserer Hand. Erlauben Sie mir aber auch, einen Teilaspekt vorzu­bringen, weil vorhin darauf hingewiesen wurde, was Worte bedeuten und dass Worte auch zu Taten führen. Sie haben vollkommen recht, dass man da sehr, sehr vorsichtig sein muss. Wir haben gesehen, auch in der Bundeshauptstadt, wo Cross-Border-Leasing-Geschäfte gemacht worden sind – da waren die Wiener Linien und die Wiener Stadtwerke dabei –, dass dieser Weg des Ausverkaufs an – in diesem Fall – US-


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Konzerne nicht der richtige Weg sein kann. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch bei der Beteiligung von Unternehmen an wichtiger Infrastruktur, Stichwort China, müssen wir vorsichtig sein. Wir wissen, dass China in vielen Teilen der Welt wichtige Infrastruktur kauft, Häfen, Bahnlinien; also alles, was man benötigt, um in Zukunft auch wirtschaftlich aktiv sein zu können, und da wollen wir den Ausverkauf genauso wenig wie den Ausverkauf beim Wasser.

Wasser bleibt also in der Hand der Österreicherinnen und Österreicher, Wasser bleibt öffentliches Eigentum und die Verfügungsgewalt darüber bleibt in österreichischer Hand. Ich darf mich bei der SPÖ, bei der ÖVP und bei allen Parteien, die mit dabei sind und diesen Antrag unterstützen, sehr bedanken. Das ist ein wichtiger Schritt für eine positive Zukunft unseres Landes. – Besten Dank. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.51


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Bernhard ist  zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.52.03

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regierungs­mitglieder! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich ganz besonders, dass ich als NEOS-Abgeordneter heute zur Frage des hohen und öffentlichen Gutes Wasser und auch zu dessen Nichtprivatisierung sprechen darf.

Vorweg möchte ich sagen, warum das für uns NEOS so ein besonders wichtiges Anliegen ist: Wir sind die einzige Partei in diesem Parlament, die mit Wasser keine Geschäfte macht. Das muss man einmal in aller Klarheit gesagt haben. (Abg. Noll: Hallo! – Widerspruch bei JETZT.)

Warum machen wir keine Geschäfte mit Wasser? – Weil für uns Liberale der Mensch im Mittelpunkt steht. (Beifall bei den NEOS.) Wir versuchen nicht, einen Staat zum Profit zu verführen – und das auf Kosten der Menschen. (Abg. Kickl: Der Mensch hat dem Menschen zu dienen und nicht umgekehrt!) – Na ja, Herr Ex-Minister Kickl, das mit dem Dienen, das haben Sie, glaube ich, schon ganz gut bewiesen. (Beifall der Abg. Meinl-Reisinger.) Für uns steht in der Frage des Wassers und des Schutzes des Wassers die Lebensqualität der Menschen im Mittelpunkt.

Ich möchte aber auch etwas anderes sagen: Was meine ich denn mit den Geschäften ganz konkret? Bei der Freiheitlichen Partei – vielleicht kommt dann gleich der nächste Zwischenruf aus der ersten Reihe – ist es uns ja mittels Videobotschaft ganz deutlich transportiert worden. In Ibiza hat man gesagt: Zack, zack, zack!, und man hat eben die Möglichkeit gesehen, Geschäfte zu machen; der damalige Parteichef hat die Mög­lichkeit gesehen, Geschäfte mit dem Wasser zu machen.

Aber wie verhält es sich denn bei den anderen beiden Parteien? Sind die jetzt so sauber? Sind sie reingewaschen? Die ÖVP zum Beispiel: Ihnen wird wahrscheinlich der Begriff Hallstein Water etwas sagen. Es gibt im Salzkammergut ein Unternehmen, dem man das Abfüllen von Wasser aus den Bundesforsten genehmigt hat, ganz genau gesagt hat das die erste schwarz-blaue Regierung genehmigt.

Der Betrieb ist seit 2016 aufrecht und macht mit dem Abfüllen von österreichischem Wasser und dem Export in aller Herren Länder einen Jahresumsatz von 140 Millionen Euro. Von den 140 Millionen Euro gehen an die Bundesforste in Form einer jährlichen Nutzungsgebühr 129 000 Euro. Das wurde während der ersten schwarz-blauen Regie-


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rung beantragt, während einer rot-schwarzen Regierung wurde es dann tatsächlich auch genehmigt. Ein Teilhaber des Betriebes war übrigens ein schwarzer Funktionär – ob er türkis geworden ist, weiß ich nicht. Das Unternehmen hat dafür wiederum beim Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 einen Betrag von 10 000 Euro an Andreas Khol gespendet. Das ist schon spannend, denn die ÖVP ist an der Wasserprivati­sie­rung zumindest passiv, am Rande beteiligt.

Die SPÖ verhält sich da etwas anders. Da schlägt natürlich der kollektive Gedanke durch. Dort macht man es über die Stadt Wien: Man erhöht die Gebühren in einem Ausmaß, durch das deutlich mehr an Einnahmen lukriert wird als notwendig wäre, um die Wasserversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten.

All das sind Geschäfte, die bereits heute mit Wasser gemacht werden, und darüber hinaus reden wir bei der privaten Wasserversorgung auch – im Positiven – über die Versorgung von 10 Prozent der Gesamtbevölkerung aus eigenen Brunnen, aus Was­sergenossenschaften und aus vielen anderen Bereichen, vor allem im ländlichen Gebiet. Das heißt, diese werden durch privates Wasser versorgt, und zwar natürlich nicht profitorientiert.

Ein weiterer Punkt, den ich festhalten möchte, ist für uns auch ganz zentral: Eine Privatisierung an sich ist in weiten Bereichen nichts Schlechtes, in manchen aber schon. Warum ist diese Haltung so klar? – Der Staat als Unternehmer hat in der Ver­gangenheit gerade in Österreich viele, viele elegante Bauchlandungen vollzogen, die nur zu Postenschacher und Steuergeldverschwendung geführt haben. Das wollen wir natürlich nicht. In all jenen Bereichen, in denen es private Unternehmungen besser machen können, werden wir NEOS also auch weiter dafür einstehen, das privat zu halten.

Beim Wasser verhält es sich anders. Da geht es um Wasserqualität, um eine Garantie des Erhalts, um Lebensqualität und um eine Existenzgrundlage, und genau aus diesen Gründen werden wir dem heute gestellten Antrag zustimmen, auch, um Wasser endlich nicht mehr zum Spielball von ÖVP, FPÖ und SPÖ zu machen. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, bitte ich um breite Zustimmung, und lassen Sie die Finger von unserem Wasser! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

10.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Noll. – Bitte.


10.57.03

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Herr Präsident! Ich nehme es, wie es kommt. Ich bin froh, dass in diesem Haus Einigkeit darüber besteht, dass Trinkwasser öffentliches Gut bleiben soll. Das ist gut, darüber besteht Einigkeit hier im Haus, das ist wichtig und das ist auch richtig.

Womit ich aber nicht einverstanden bin – und ich sage Ihnen das ganz offen und mit großer Zurückhaltung –, ist, dass Sie die österreichische Verfassung mit dieser Bestim­mung noch mehr als schon bisher zu einem Buchstabenschrottplatz machen, dass Sie hier eine Formulierung in den Verfassungskörper importieren, die mit deutscher Sprache wenig zu tun hat, und insbesondere, dass die SPÖ trotzdem mitgeht – das sage ich ganz offen –, obwohl sie in mündlichen Gesprächen einbekennt, dass diese Formulierung wirklich Schwachsinn ist. Das ist nicht Deutsch!

Bei der SPÖ kommt da noch etwas dazu: Von Lassalle über Kautsky bis hin zu Otto Bauer, von August Bebel bis hin zu nachfolgenden Leuten hat man sich in der Sozial­demokratie am Gemeinwohl orientiert. Was aber fügen Sie nun in die Verfassung ein? – Einen Begriff wie die Daseinsvorsorge, von einem Nazijuristen, und Sie schreien


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nicht auf, sondern Sie tun dabei mit. Einen Vorschlag aber, der sagt, wir sollten das Trinkwasser gemeinwohlorientiert im öffentlichen Eigentum lassen, lehnen Sie ab.

Die Phraseologie, die Sie hier geboten haben, Frau Kollegin Rendi-Wagner, ist wirklich seltsam. Das ist nämlich keine Sicherung des öffentlichen Eigentums, das ist eine bloße Staatszielbestimmung, und was wir von Staatszielbestimmungen halten müssen, das hat uns der VfGH in einer Vielzahl von Fällen gezeigt. Das ist nicht nur symbolic use of politics, es ist wirklich eine Irreführung der eigenen Parteigänger und der eigenen Anhängerschaft, und Sie sollten sich dafür wirklich genieren. – Danke. (Beifall bei JETZT. – Abg. Kickl: ... die Nazikeule schon gegen die SPÖ ausgepackt!)

10.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.


10.59.32

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Meine geschätzten Da­men und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind glücklich, dass wir in Österreich leben dürfen, und wir sind glücklich, dass wir Wasser trinken können, auch aus dem Wasserhahn, den wir in der Wohnung oder irgendwo sonst aufdrehen können, ganz egal, ob wir auf dem Land oder in der Stadt leben.

Das ist längst nicht in allen Ländern der Welt so. Teilweise mangelt es an Qualität, teil­weise ist die Menge nicht ausreichend.

Wie ist es in Österreich? In Österreich nutzen wir nur 3 Prozent des Wassers, das in Trinkwasserqualität zur Verfügung steht.

Wozu brauchen wir also diese Verfassungsbestimmung? – Die Wasserversorgung – das Wasser an sich, die Wasserversorgung und auch die Wasserentsorgung ist ein wichtiger Punkt der Daseinsvorsorge, und es ist Aufgabe der Politik, Trinkwasser in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen. Es gibt allerdings Entwicklungen, dass Städte die Versorgungseinrichtungen verkaufen und dann wieder zurückleasen. Wenn ich jetzt (in Richtung SPÖ) in die linke Reichshälfte schaue (Abg. Neubauer: Die Hälfte ist keine mehr!) – von Frau Rendi-Wagner ist jetzt sehr viel gekommen –, dann denke ich an einen Artikel aus der „Presse“ vom 8.11.2014, den ich Ihnen jetzt vorlese:

„Still sollten auch die Wiener SPÖ und Bürgermeister Michael Häupl sein. In seiner Ära wickelte die Stadt Wien Cross-Border-Leasinggeschäfte ab. Das Kanalsystem und Straßenbahn-Garnituren wurden an US-Konzerne verkauft und sofort wieder zurück­gemietet. Sale-and-lease-back-Geschäfte nennt man das.“ (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und weiter: „Bundeskanzler Werner Faymann trug damals als Wiener Wohnbaustadtrat genauso die SPÖ-Steuerschlupfloch-Politik mit wie der frühere Gemeinderat Andreas Schieder, der später als Staatssekretär im Finanzministerium und nun als SP-Klubobmann den Steuer-Moralapostel mimt.“ So die „Presse“ vom 8.11.2014; das ist ganz interessant. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Für uns ist allerdings wichtig: Wir wollen diese Art Geschäfte nicht. Die ÖVP will das nicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist zwar kurzfristig ein gutes Geschäft, aber langfristig der total falsche Weg. Wir wollen, dass auch in Zukunft Städte und Gemeinden die Versorgung für ihre Bürger innehaben, dass die kleineren und größeren Genossenschaften die Wasserversorgung für ihre Mitglieder in der Hand haben und dass auch Private die Wasser­versor­gungs­anlagen für die Eigenversorgung selber in der Hand haben. Es ist von den Vorrednern schon angesprochen worden: Circa 10 Prozent der Wasserversorgung erfolgen durch Eigenversorgung in rein privater Hand.


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Jetzt komme ich noch zum Thema Eigentum von Wasser. Meine geschätzten Damen und Herren, Wasser ist Privateigentum. Eigentümer ist jener, dem der Grund gehört, auf dem die Quelle entspringt beziehungsweise auf dem das Wasser geschöpft wird. Die öffentliche Hand mischt sich erst dann ein, wenn das Wasser anders als für den Eigenbedarf genutzt wird. Das ist im Wasserrecht ganz klar geregelt, und das passt auch so. Mir ist wichtig, dass Wasser wirklich auch in Privateigentum steht, weil dann diese Ressource vom Grundeigentümer auch entsprechend geachtet, geschätzt und pfleglich behandelt wird.

Abschließend noch zum Thema Wasser als Handelsware: Jeder sagt, das ist furchtbar, grauslich und gehört verboten, aber jeder sitzt bei seiner Mineralwasserflasche und trinkt Wasser, das gehandelt worden ist.

800 Millionen Liter Mineralwasser werden in Österreich jährlich verkauft, und inter­essanterweise wird mehr Wasser importiert als exportiert – und das, obwohl wir in Österreich in etwa 100 Milliarden Kubikmeter Trinkwasser zur Verfügung hätten und nur 3 Milliarden Kubikmeter Trinkwasser nutzen.

Aufgabe der Politik ist es also, dass jeder Bürger sicher sein kann, dass ausreichend Wasser in Trinkwasserqualität zur Verfügung steht, und dieses Bekenntnis geben wir mit dem heutigen Gesetz ab. (Beifall bei der ÖVP.)

11.04


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Selma Yildirim. – Bitte.


11.04.31

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Werter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Wasser ist eine Lebensgrundlage und keine Handelsware. Nun haben meine Vorredner so einiges zur Liberalisierung und Privatisierung von Wasser gesagt. Lassen Sie mich kurz eine Begebenheit aus dem Vorjahr darlegen: Ein Unternehmensberater, der international tätig ist, hat gesagt, zu keiner Zeit war die Liberalisierung öffentlichen Guts und der Versorgung in einem EU-Land so günstig wie in Österreich zu Zeiten von Türkis-Blau. – Das ist alarmierend, und es ist besonders alarmierend, wenn man dann Sager wie: weniger Staat, mehr privat!, hört. Denke ich jetzt an das Wasser, dann ist es eine gefährliche Drohung.

Gehen wir durch unser schönes Land, sehr geehrte Damen und Herren, finden wir fast überall frisches und sauberes Trinkwasser. Viele unserer Bäche und Seen haben Trinkwasserqualität. Gerade jetzt bei dieser Hitze ist es ein gutes Gefühl, aus jedem Brunnen, von jedem Wasserhahn bedenkenlos trinken zu können.

Wasser ist ein großer Schatz, um den viele Österreich beneiden. Wer manchmal im Ausland unterwegs ist, weiß, dass das ganz und gar nicht selbstverständlich ist. Wenn man hört, dass viel mehr Wasser importiert als exportiert wird, dann zeigt das einer­seits, dass nicht viel falsch gemacht wurde, aber andererseits auch, wie die PR-Maschinerie von profitgeleiteten Wirtschaftstreibenden und Großkonzernen läuft.

Wasser, sehr geehrte Damen und Herren, das blaue Gold, ist kostbar. Ausreichend Wasser zu haben ist ein Privileg, aber auch ein Grundbedürfnis jedes Lebewesens. Wasser darf daher kein Spekulationsgut werden. Diese Begehrlichkeiten, mit unserem kostbaren Wasser zu spekulieren, und damit eine reale Gefahr existieren. Das wissen wir nicht erst seit dem Ibizavideo, das haben große Lebensmittelkonzerne bereits vorgemacht: Wasser wird privatisiert und damit den Menschen im Land entzogen.


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Die öffentliche Trinkwasserversorgung in Österreich soll daher in der Verfassung abge­sichert werden. Daher bin ich froh, dass unsere Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner diese Initiative ergriffen hat, die wir heute – dafür bin ich dankbar – mit einer breiten Zustimmung beschließen werden. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

Ich erinnere aber daran, dass man unsere Parteivorsitzende Dr. Pamela Rendi-Wagner verhöhnt und beschuldigt hat, Populismus zu betreiben.

Unser Antrag hinsichtlich Staatszielbestimmung verbietet eine Marktliberalisierung beziehungsweise Privatisierung in diesem Bereich. Wenn ich mir die Ausführungen des Herrn Kollegen Noll, der Verfassungsexperte ist, durch den Kopf gehen lasse, dann muss ich sagen: Herr Kollege, Staatszielbestimmungen, das wissen wir doch als Juris­tinnen und Juristen, werden im täglichen Entscheidungsfindungsprozess sehr wohl berücksichtigt (Abg. Noll: ... ist ein schönes Beispiel!), wenn es darum geht, eine Interessenabwägung vorzunehmen, beziehungsweise wenn es darum geht, Entschei­dungen zu treffen.

Es ist durchaus eine Leitlinie, ein Gebot und greift in vielen verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Entscheidungen sehr wohl Platz. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Noll.) Reden wir das also nicht klein! Selbstverständlich ist eine stärkere Absicherung möglich, und es ist ein erster Schritt. Weil ich Ihre Kritik aber sehr wohl ernst nehme, was die Begrifflichkeiten Daseinsvorsorge oder Gemeinwohl betrifft, bin ich dafür, dass wir insgesamt die Gesetzestexte durchforsten sollten, weil das Wort Daseinsvorsorge ja zigfach vorkommt. Wenn das geschichtlich so belastet ist, dann sollten wir das wirklich verändern. (Abg. Noll: Aber jetzt stimmt ihr trotzdem mit, gell?)  Es ist ein Kompromiss, sehr geehrter Herr Kollege. (Abg. Noll: Das ist doch kein Kompromiss!)

Damit wird die breite bestehende Verpflichtung von Bund, Ländern und Gemeinden zur Trinkwasserversorgung um die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Eigentums und der öffentlichen Verfügungsgewalt über die Wasserversorgung ergänzt, und das ist gut und richtig so. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Noll.)

Die Trinkwasserversorgung ist in Österreich eher kleingliedrig organisiert, das wissen wir. 93 Prozent der Bevölkerung werden zentral durch rund 5 500 Wasser­versorgungs­unternehmen mit Trinkwasser versorgt. Diese Unternehmen sind überwiegend als Ge­nossenschaften organisiert, aber auch als kommunale Versorger wie die Stadtwerke. Dieser vielfältigen Struktur wird der Antrag auch gerecht, da er nicht in den Bestand eingreift, sondern nur den Erhalt des öffentlichen Eigentums vorsieht. (Abg. Noll: Aber dann macht es doch bitte ...!)

Wir wollen der Privatisierung von Wasser klar und deutlich einen Riegel vorschieben. Die Wasserversorgung soll in öffentlicher Hand bleiben, denn dort ist sie am besten und sichersten für alle aufgehoben. Dieser Antrag ist ein wichtiger Erfolg zum Schutz des Wassers, nimmt auf bestehende Strukturen Rücksicht und ist ein deutliches Zeichen dafür, dass wir das schützen wollen, was wir alle zum Überleben brauchen. Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger. – Bitte.


11.10.11

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Sehr geehrte Mitglieder der Bundes­regierung! Hohes Präsidium! Geschätzte Damen und Herren! Selbstverständlich kön­nen Juristen und Vertreter der reinen Lehre immer argumentieren, dass wir gewisse Dinge nicht in die Bundesverfassung schreiben müssen, dass wir keine Beipacktexte benötigen. Nun haben wir dies hier allerdings begonnen, indem wir 2013 gewisse


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Staatsziele formuliert haben, und wenn die Tür einmal offen ist, dann ist sie auch schwer wieder zuzubekommen. Da geht es auch darum, dass man gewisse Emotionen beruhigt, die in dieser Wasserdebatte, die wir jetzt in den Verfassungsrang hinein­ziehen, hochkommen. 

Geschätzte Vorrednerin, Frau Dr. Rendi-Wagner, der Populismusvorwurf ging ja nicht deshalb an Sie, weil gesagt worden ist, Sie wollen die Trinkwasserversorgung vor der Privatisierung bewahren, sondern weil es eine permanente Verwechslung zwischen Wasserversorgung und Wasser per se gibt. Jeder weiß, dass das österreichische Wasser schon aufgrund des Wasserrechts zu einem großen Prozentsatz, wenn nicht nahezu zur Gänze in Privateigentum steht. Das sieht das Wasserrecht vor. In Österreich sind 50 Prozent Grundwasser und 50 Prozent Quellwasser. Wasser ist in Österreich daher Privateigentum und kann gar nicht privatisiert werden.

Anders ist es mit den von der Vorrednerin auch bereits erwähnten über 5 000 Was­serversorgern, die in Form der Wassergenossenschaften Körperschaften öffentlichen Rechts oder auch regionale Versorger wie in den größeren Städten sind, und immerhin noch 10 Prozent, meine Damen und Herren, haben eigene Hausbrunnen, das heißt, das private Wasser wird auch in der privaten Versorgungsanlage bezogen.

Angesichts dessen sollten wir, glaube ich, die Debatte ein bisschen nüchterner führen. Es spricht nichts dagegen, meine Damen und Herren, wenn wir uns als Ziel vornehmen, dass wir die Distribution des Privateigentums Wasser, die Versorgung der Bevölkerung mit Wasser in der öffentlichen Hand belassen. Das können wir gerne tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, ob das aber notwendig sein wird, wird sich weisen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass sich durch dieses Bundesverfassungsgesetz am Status quo nichts ändern wird. Wir werden nach der Abstimmung in aller Ruhe auch weiterhin unser sauberes Wasser trinken können und summa summarum damit leben: Wasser war vor dieser Bestimmung nicht gefährdet und wird es nach Beschluss dieses Gesetzentwurfes auch nicht sein, und das ist gut so! (Beifall bei der ÖVP.)

11.13


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dipl.-Ing.in Maria Patek zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


11.13.29

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Dipl.-Ing. Maria Patek, MBA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wertes Hohes Haus! Wasser stand schon immer im Zentrum meiner beruflichen Laufbahn: Als langjährige Leiterin der Wildbach- und Lawinenverbauung habe ich mich mit Schutz vor Wasser beschäftigt, und als Leiterin der Sektion Wasserwirtschaft habe ich den gesamten breiten Bogen Wasser in meiner Verantwortung gehabt. Daher ist es mir eine ganz besonders große Freude, dass ich mich heute bei meiner ersten Rede im Parlament, im Hohen Haus genau zu dieser Thematik äußern darf.

Die Erbringung der Wasserversorgung für die Bevölkerung stellt vor allem für die Ge­meinden eine ganz wichtige öffentliche Aufgabe dar. Der Schutz der erforderlichen Wasserversorgungsanlagen ist diesbezüglich von besonders großer Bedeutung. Die Republik Österreich hat sich im Jahr 2013 mit einem Bundesverfassungsgesetz zur Wasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge zu ihrer Verantwortung für die Sicherung von deren Erbringung bekannt. Dahinter stand die Absicht, die Verant­wortlichkeit von Bund, Ländern und Gemeinden für die Erbringung von Leistungen der Wasserversorgung als Staatsaufgabe in der Verfassung zu verankern.


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Damit sollte Tendenzen entgegengetreten werden, die Marktliberalisierung auf den Bereich dieser öffentlichen Dienstleistungen auszuweiten. Genau dies wird mit dem gemeinsamen Antrag heute bekräftigt und seitens des Bundesministeriums für Nach­haltigkeit und Tourismus begrüßt.

Wie in der Begründung des Antrags festgehalten, wird auf die bestehenden organisato­rischen Strukturen hingewiesen, durch die die Wasserversorgung in funktionierender Weise erbracht wird. Dabei ist die mittelbare Mehrheitsbeteiligung durch Bund, Länder und Gemeinden an der Wasserversorgung wichtig. Die Erbringung der Wasser­ver­sorgung für die Bevölkerung weist in Österreich eine sehr hohe Qualität zu angemes­senen Preisen auf. Aus Sicht des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Touris­mus ist es wichtig, dass die hohe Qualität bei der Erbringung der Wasserversorgung auch in Zukunft aufrechterhalten wird.

Im Bewusstsein der Bedeutung der erforderlichen Infrastruktur für die Versorgungs­sicherheit mit Trinkwasser wird die Errichtung und Sanierung der diesbezüglichen Anlagen seit dem Jahr 1959 durch den Bund gefördert. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

11.16


Präsidentin Doris Bures: Danke, Frau Bundesministerin.

Nun gelangt Herr Abgeordneter Robert Laimer zu Wort. – Bitte.


11.16.31

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Minis­terin! Meine Damen und Herren! Wasser ist Leben, und Österreich ist wasserreich – ein unschätzbares Privileg im Weltvergleich, gibt es doch mehr als zwei Milliarden Menschen, die keinen dauerhaften Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Unser Planet ist zwar zu zwei Dritteln mit Wasser bedeckt, aber nur knapp 0,3 Prozent davon sind trinkbar.

Seriöse Prognosen sprechen davon, dass im Jahr 2050 die Hälfte der Weltbevölkerung von einem Mangel an sauberem Trinkwasser betroffen sein wird. Der Klimawandel wird die ohnehin schon fatale Situation noch massiv verschärfen. Trotzdem gibt es noch immer Politiker in unserem Land – und die kommen nicht nur aus der FPÖ –, die Wasser privatisieren und mit unserer Lebensgrundlage de facto spekulieren wollen.

Meine Damen und Herren, hier werden rote Linien überschritten, daher ist die rot-weiß-rote Wasserversorgung in Topqualität höchst schützenswert und somit in den Verfas­sungsrang zu heben. Österreich kann seinen Wasserbedarf zu 100 Prozent mit Grund- und Quellwasser decken, und das muss auch so bleiben. Unsere Heimat ist von einer Landschaft mit Bächen, Flüssen und Seen geprägt. Wir haben stolze 100 000 Kilo­meter Fließgewässer. 95 Prozent unserer Badegewässer haben exzellente Qualität – neben den Bergen ein wesentlicher Grund für den Sommertourismus in Österreich. Unser Wasser darf niemals zum Spekulationsobjekt werden. Die Erfahrungen aus der Ära Thatcher in Großbritannien sowie in Paris und Berlin müssen Warnung für uns alle sein. Wasser ist kein Dealobjekt, Wasser ist ein Menschenrecht! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Eßl: Wien!)

Die Wasserversorgung und die Wasserentsorgung müssen in öffentlicher Hand blei­ben. Das darf und wird auch kein Freihandelsabkommen zerstören können – nicht mit Österreich! Dafür verbürgt sich die Sozialdemokratie.

Auch die leidigen Ausnahmen von den Ausnahmen in Bezug auf Nitrate und Pestizide sind einzustellen, und ein Totalverbot von Glyphosat ist herzustellen, um unsere Lebensgrundlagen zu sichern. (Beifall bei der SPÖ.)


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Meine Damen und Herren, in einem sauberen Land zu leben ist doch wirklich ein erstrebenswertes Ziel für alle und muss in der Verantwortung von Politikern jeglicher Couleur liegen. Österreich hat schlicht und ergreifend Vorbild zu sein. Reich an Natur und Ressourcen: Wie schon in unserer Bundeshymne besungen, haben wir unsere Schätze zu hüten und nicht für Geschäftemacher zu heben.

Strenge Bewirtschaftungsauflagen und eine transparente, landesweite Erfassung der Dünger- und Pestizidaufzeichnungen leisten einen wesentlichen Beitrag zur öster­reichischen Wasserqualität. Auch Arzneimittelrückstände sind jedoch eine latente Gefahr für unser Trinkwasser.

Ich gehe davon aus, dass wir uns heute zum Schutz unseres Trinkwassers auf eine einstimmige, nationale Kraftanstrengung, auf ein Staatsziel höchster Priorität verstän­digen können, zum Wohl unserer Menschen in unserem Land: Wasser schätzen, Was­ser schützen und Wasser keinem kommerziellen Zweck opfern. Das Element Wasser als Zukunftsfaktor für die Menschen respektieren, das muss heute der gemeinsame rot-weiß-rote Nenner sein. Schützen wir unser weißes Gold! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.20

11.20.29


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 677 der Beilagen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Damit kommen wir sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

11.21.532. Punkt

Antrag der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehr­bringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Wer­bung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherin­nen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nicht­raucher­schutzgesetz – TNRSG) geändert wird (859/A)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu Tagesordnungspunkt 2.

Hinsichtlich dieses Antrages wurde dem Gesundheitsausschuss zur Berichterstattung eine Frist bis 1. Juli 2019 gesetzt.


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Ein Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung im Sinne des § 44 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung liegt mir nicht vor.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


11.22.42

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Werte Zuseher! Asterix und Obelix: Ich nehme an, die meisten kennen diese beiden Comic- oder Zeichentrickfiguren. Die Geschichte kann man vielleicht ein bisschen mit diesem totalen Rauchverbot, das jetzt geplant ist, vergleichen. Ganz Gallien wurde vom römischen Imperium unter Caesar erobert. Ganz Gallien? – Nein, ein kleines Dorf wehrt sich standhaft, will seine Freiheit behalten, seine Bräuche weiterleben und seine Art und Weise, wie seine Bewohner es gewohnt sind, auch trotz des römischen Imperiums beibehalten.

Leider Gottes muss ich sagen, wir als Freiheitliche sind so ein bisschen in der Position dieses kleinen gallischen Dorfes. (Abg. Vogl: ... der Troubadix!) Wir versuchen, diese Freiheit, die wir bisher in Österreich hatten, auch weiterhin aufrechtzuerhalten. Es schaut aber so aus, dass die Puritaner, die Pharisäer und die politisch Korrekten diesen langjährigen Krieg jetzt offensichtlich gewonnen haben. Das absolute, totale Rauchverbot in der Gastronomie wird, mit allen Ausnahmeregeln, die es noch gegeben hat, von der ÖVP (Abg. Kucher: Ist der Strache reingefallen in den Zaubertrank?), von der SPÖ, von den NEOS – ehemaliges Liberales Forum – und von der Liste JETZT offensichtlich heute beschlossen.

Es ist mir schon ein Anliegen, hier noch einmal klarzustellen, worum es uns in dieser Thematik immer gegangen ist. Für uns war klar, dass erwachsene Menschen, freie Bürger – und zwar sowohl der Gastronom als Unternehmer als auch der Bürger – in einem freien Land diese Selbstentscheidung frei treffen können. Diese Entwicklung ist leider Gottes offensichtlich zu Ende. (Beifall bei der FPÖ.)

Da spielt die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – der sonst ja immer ganz, ganz oben angesiedelt wird –, dass diese Regelung, die wir bisher haben, durchaus verfassungskonform ist, für alle Parteien außer für die FPÖ offensichtlich auch keine Rolle. Mit dieser Entscheidung haben plötzlich alle kein Problem oder ein Problem. Der Verfassungsgerichtshof hat ganz klar entschieden, dass die persönliche Freiheit Vor­rang hat und haben sollte.

Sonst gab es auch eine große Diskussion, ob das Gesetz der Politik folgt oder umgekehrt. Hierbei scheint auch diese Thematik plötzlich keine Rolle mehr zu spielen. Auch keine Rolle zu spielen scheint so etwas wie der Minderheitenschutz, der sonst in vielen Bereichen immer hochgehalten wird. Da sind die Raucher, die natürlich in der Minderheit sind, plötzlich vogelfrei; da kann man drüberfahren und kann mehr oder weniger Gesetze machen, die meiner oder unserer Meinung nach eine Gesellschaft diktatorisch bestimmen.

Ich sage noch einmal, was für uns immer ideologisches Grundsatzprogramm war: freie Bürger in einer freien und toleranten Gesellschaft.

In diesem Bereich dürfte die Kampagnisierung einer sehr großen Tageszeitung oder der größten Tageszeitung und vielen, vielen anderen jetzt offensichtlich Erfolg zeigen. Wir werden uns leider in diese Richtung weiterentwickeln. Ich war immer der Meinung, dass Österreich von der Mentalität her ein sehr sinnvolles System hat, nämlich leben und leben lassen. Das wird hierbei vollkommen außer Kraft gesetzt.

Man kann es lesen, man hat es sogar in einer großen Tageszeitung, in der eben erwähnten, gelesen: Es gibt in Österreich ein massives Gasthaussterben, das offen-


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sichtlich vor allem die ÖVP nicht stört. Das heißt, eine ganze Kultur wird zu Grabe getragen, und der letzte Todesstoß wird das totale Rauchverbot sein. Sie als ÖVP haben den Gasthäusern, den Kaffeehäusern, den Beisln bereits die Registrierkasse, die Allergenverordnung und den ganzen Bürokratiewahnsinn aufgezwungen. Wie Sie das den Unternehmern erklären wollen, schaue ich mir an. Ich kann aber heute schon versprechen: Wir werden für die Gastronomen jetzt und auch in Zukunft da sein und ihre Interessen vertreten. (Beifall bei der FPÖ.)

Richtung SPÖ als ehemalige Arbeitnehmerpartei – das haben ja wir übernommen, aber Sie haben ja noch historische Verdienste in dieser Angelegenheit (Zwischenrufe bei der SPÖ) – darf ich schon einmal anmerken, dass Sie als Sozialdemokraten offen­sichtlich vergessen haben, dass die Arbeitnehmer in der Gastronomie das werden ausbaden müssen. Sie gehen einen Weg à la USA mit Billigjobs in Fast-Food-Ketten. (Zwischenruf des Abg. Vogl. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist offensichtlich das, was die Sozialdemokratie zukünftig will, denn die Fast-Food-Ketten werden von dieser Rauchergeschichte nicht betroffen sein, aber die klassische öster­reichische Gastronomie wird das sehr wohl ganz massiv spüren, und auch die Arbeit­nehmer werden das spüren. – Das ist der SPÖ egal. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich darf auch versprechen, wir werden das im Wahlkampf und danach immer wieder der Bevölkerung, aber auch den Gastronomen erklären. Wir werden fragen: Wer hat euch verraten? – Die ÖVP und die Sozialdemokraten. Das ist die Wahrheit, die die Bevölkerung auch erfahren muss. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wie gesagt, ich persönlich habe und wir Freiheitliche haben die letzten Jahre wirklich versucht, dieses Thema auch sachlich zu erklären. Es gibt wissenschaftlich überhaupt keine Begründung dafür, dieses absolute, totale Gastronomierauchverbot einzuführen. (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Ich sage es nur noch einmal ganz kurz – man kann auch alles auf der Parlamentshomepage nachlesen; wir hatten ja eine Expertenrunde, die sehr, sehr viele Fakten zutage gebracht hat –: Erstens einmal gibt es in der ganzen Europäischen Union verbreitet noch Ausnahmen in der Gastronomie. Österreich hat auch einen durchschnittlichen Raucheranteil und, und, und.

Ganz wichtig ist – das wird wahrscheinlich Frau Kollegin Rendi-Wagner dann wieder anführen –: Diese ganzen pseudowissenschaftlichen Studien zum Passivrauchen wurden in diesem Expertenhearing eindeutig entkräftet. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ja peinlich! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Frau Kollegin Rendi-Wagner, Sie können sich ja bei Ihren Kollegen, die dabei waren, erkundigen. Ich möchte betreffend Passivrauchen hier schon noch einmal ganz klar festhalten: Alle Studien, die Sie weltweit finden, basieren auf einer mathematischen Formel. Es gibt keine empirische Untersuchung, die Gesundheitsfolgen von Passivrauchen nachweist.

Ich muss schon auch diesen SPÖ-, ÖVP- und NEOS-Antrag noch einmal vorlesen. Da steht drinnen: „Eine rezente wissenschaftliche Untersuchung der Medizinuniversität Graz zeigt, dass ein generelles Rauchverbot“ in der Gastronomie „rund 1.500 Spitals­aufenthalte in Österreich pro Jahr bei Kindern bis 14 Jahren verhindern“ wird. – Also so einen wissenschaftlichen Schwachsinn einer Begründung eines Antrages ...


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter! Ich ersuche Sie, den Ausdruck „Schwachsinn“ zurückzunehmen und sich insgesamt in der Ausdrucksweise ein bisschen zu mäßigen. Auch für den ... (Abg. Wurm: Das nehme ich natürlich zurück, Frau Präsidentin!) – Ich bin am Wort, Herr Abgeordneter Wurm! Auch für den Ausdruck „Pharisäer“ spreche ich Ihnen eine Ermahnung aus. (Ruf bei der FPÖ: Und Voll­holler?! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich bitte Sie auch, die Debatte sachlich weiterzuführen.



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Abgeordneter Peter Wurm (fortsetzend): Gut, dann: Bei einer so unwissen­schaft­lichen Begründung muss ich mich wundern (Abg. Scherak: ... Arzt, Peter, oder?), dass vor allem die ÖVP – sie ist ja der große Umfaller bei dieser Geschichte – da wirklich mitzieht. Ich kann mich noch erinnern, wie die ÖVP diese sehr sinnvolle Gesetzgebung mit den Ausnahmen, mit den ganz bestimmten Ausnahmen in der Gastronomie, damals auch begründet hat, und das machte auch Sinn.

Ja, zum Abschluss noch einmal ganz kurz: Ich sage jedem in Österreich, dem die Freiheit, diese persönliche Freiheit, als erwachsener Mensch zu entscheiden, wo er hingeht, was er dort macht, wichtig ist, und ich sage es auch allen Rauchern, denen es wichtig ist, auch weiterhin in ihrer Bar oder in ihrem Beisl eine Zigarette oder eine Pfeife zu rauchen, dass es am 29. September nur eine Wahlmöglichkeit gibt. Wenn einem das persönlich wichtig ist, dann gibt es nur eine Wahlmöglichkeit am 29. September, und die heißt FPÖ. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.32


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte.


11.32.05

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Werte Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vor allem aber liebe jugendliche Besucherinnen und Besucher auf der Galerie! (Abg. Neubauer: Sie hat auch schon dreimal ver­schieden abgestimmt!) Sie spielen eine zentrale Rolle in dieser Diskussion rund ums Rauchen und um das Rauchverbot in der Gastronomie. Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren eine Reihe von Reden dazu gehalten, und glauben Sie mir, es war bei Gott nicht mein Lieblingsthema. Wir wissen alle, wie das seinerzeit zustande gekommen ist. Jetzt sind die Vorzeichen andere.

Ich weiß als ehemalige Kettenraucherin auch, wie es ist; wir alle, Sie auch, die Kolleginnen und Kollegen, die noch rauchen, wissen, dass Rauchen nicht gesund ist. (Abg. Neubauer: Ja, aber dann ist es auf der Straße auch nicht gesund, nicht nur im Lokal nicht!) Ich weiß aber auch, wie einfach es ist, dass man zu rauchen beginnt. Dazu bedarf es nicht einmal eines Lokals, dazu reicht manchmal schon – oder zu meiner Zeit reichte das damals – der Schulhof. Ich weiß andererseits auch, wie schwierig es ist, sich nach Jahrzehnten wieder aus dieser Sucht zu bewegen, von 60 Zigaretten täglich auf null zu kommen. Das ist ein harter Weg.

Die Diskussion rund um das Rauchen hat auch in der Öffentlichkeit einen Diskurs ausgelöst, und dafür bin ich sehr dankbar. Ich glaube nämlich, dass das Thema Eigen­verantwortung, das auch vom Kollegen Wurm angesprochen wurde, ganz anders ausgelegt werden kann, nämlich dahin gehend, als Erwachsener Verantwortung zu übernehmen, auch für die eigenen Kinder, egal, ob in geschlossenen Räumen oder zu Hause. (Abg. Wurm: Gastronomie, Gabi! Gastronomie!) Da appelliere ich selbst­verständlich an alle Erwachsenen, auch daheim oder auch auf Kinderspielplätzen nicht zu rauchen. Ich setze voraus, dass das dort nicht der Fall ist, dass man darauf wirklich Augenmerk legt.

In der Gastronomie haben wir jetzt eine Lösung gefunden. Wir haben aber auch – und das war mir ein besonderes Anliegen – den Jugendschutz verschärft. Ich finde es sehr sinnvoll, dass an Jugendliche unter 18 Jahren keine Tabakwaren mehr verkauft wer­den. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Expertinnen und Experten in den Hearings haben uns viele Aspekte vor Augen geführt. Mir besonders in Erinnerung geblieben ist eine junge Frau, die seinerzeit als Austauschschülerin einen Vergleich zwischen Jugendlichen in Australien und in Öster-


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reich angestellt hat. Ein wesentlicher Faktor bei der Entscheidung, ob Jugendliche rauchen oder nicht, war der Preis der Tabakwaren, aber andererseits auch, dass es in Australien überhaupt nicht cool ist, als Jugendlicher zu rauchen. Ich würde mir auch von allen österreichischen Jugendlichen wünschen, dass sie es halt nicht cool finden, zu rauchen.

Zum Thema Gastronomie: Uns wäre es ein Anliegen gewesen, die Gastronomie­be­triebe, die noch ab 1.1.2018 investiert haben, mit 50 Prozent Rückgabe der Inves­titionen zu entlasten. Auch wirklich inständig wollten wir haben, dass die Anrainer, die von Lärm vor den Lokalen betroffen sind, dafür nicht die Gastronomiebetriebe und die Besitzer haftbar machen können. Das wird uns leider nicht gelingen. Wir haben aller­dings Abänderungsanträge eingebracht.

Ich möchte einen weiteren Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Gabriela Schwarz, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Antrag 859/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherin­nen- bzw. Nichtraucherschutz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Z 4 lautet wie folgt:

„4. § 18 Abs. 15 lautet:

„(15) § 12 Abs. 1 Z 4 tritt mit 1. November 2019 in Kraft. § 13 a und § 13 b Abs. 4 treten mit 31. Oktober 2019 außer Kraft.““

*****

Zum Abschluss noch ein Appell meinerseits: Diejenigen, die rauchen, mögen bitte alle Hilfsangebote von Ärzteschaft, Apothekern et cetera in Anspruch nehmen, um einen Weg aus der Sucht zu finden! Diejenigen, die nicht rauchen, mögen bitte dabei bleiben!

Das würde ich mir wünschen, vor allem für Sie, für die Jugendlichen in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kucher, Gabriela Schwarz, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA

Kolleginnen und Kollegen

betreffend den Antrag 859/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse


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und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird

              Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

              Der eingangs genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Z 4 lautet wie folgt:

 „4. § 18 Abs. 15 lautet:

 „(15) § 12 Abs. 1 Z 4 tritt mit 1. November 2019 in Kraft. § 13 a und § 13 b Abs. 4 treten mit 31. Oktober 2019 außer Kraft.““

Begründung:

Das spätere Inkrafttreten wurde vereinbart, um auch den Gastronomen mehr Zeit zu geben um sich auf das absolute Rauchverbot einzustellen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ord­nungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Maximilian Linder. – Bitte.


11.36.21

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Minis­terin! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Die Freiheit des Menschen ist für mich und für uns, für die Freiheitliche Partei, ein ganz, ganz hohes Gut. Auch die jetzt auseinandergegangene Koalition hat sich der Freiheit verschrieben gehabt, hat sich gegen die Regelungswut gestellt und hat betont, wie wichtig die Selbstbestimmung des Menschen ist. Mündige Bürger, die wissen, was sie tun, soll man auch selbst ent­scheiden lassen.

Genau diese Selbstbestimmung sehe ich auch beim Thema Rauchen in den Lokalen. Die meisten von euch wissen es, ich bin selbst Gastwirt. Ich weiß, was es bedeutet, den Bürger selbst entscheiden zu lassen, ob er bei mir, in meinem Lokal in den Raucherbereich geht oder ob er in den Nichtraucherbereich geht. Er hat wirklich selbst frei entscheiden können. Auch ich als Wirt habe selbst entscheiden können, was ich haben will: Gehe ich das Risiko ein, dass viele Leute mein Lokal nicht mehr besuchen, oder kann ich mit dieser Form ganz gut leben? Ich glaube, wir haben in Österreich bisher eine Regelung gehabt, die sehr, sehr gut funktioniert hat. Es ist keiner gezwungen worden, sich in ein Raucherlokal zu begeben. Es war jeder für seine eigene Gesundheit verantwortlich. Jeder hat selber entscheiden können: Was mache ich? In welches Lokal gehe ich? (Beifall bei der FPÖ.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Was wird aber jetzt mit dem Rauchverbot pas­sieren? – Wir Gastwirte werden vor der Entscheidung stehen, ob wir zuschauen, wie uns die Stammgäste ausbleiben – die, die nach der Arbeit auf ein Bier einkehren und noch eine Zigarette rauchen, oder die, die bei der Hochzeit, bei der Geburtstagsfeier im Lokal sind und dann an die Theke gegangen sind, um dort in Ruhe noch eine Zigarette zu rauchen, einen Kaffee und einen Schnaps zu trinken – oder ob wir Maßnahmen setzen, um sie weiter halten zu können. Wir werden Raucherplätze einrichten müssen, wir Gastwirte werden investieren müssen, um den Rauchern das Rauchen im Freien zu ermöglichen, und zwar auch bei Regen, bei Schnee und im Winter.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 75

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es gibt viele Beispiele, und ich möchte ein schönes Beispiel aus Spittal bringen: Ein Traditionsgasthof in Spittal hatte sich zuerst dem Mainstream angeschlossen und gesagt: Ich mache mein Lokal rauchfrei. – Das Ergebnis war, dass das Lokal leer war, die Stammgäste sind ausgeblieben. Nach einem halben Jahr hat der Wirt die Strategie geändert, er hat gesagt: Nein, ich muss die Raucher wieder hereinbekommen. Er hat dann im Innenhof ein Zelt gebaut. Die Raucher sind hinausgegangen; auch die Nichtraucher waren draußen, weil dort die Geselligkeit war, weil dort der Spaß war; dann war der nächste Schritt, dass er eine Heizung installieren musste; dann war der nächste Schritt, dass er das Ganze wirklich winterfest machen musste; mit dem Ergebnis, dass er gesagt hat: So, jetzt habe ich ein wunderschönes Gastlokal, das leer ist, und der ganze Einheimischenbetrieb spielt sich draußen in diesem Zelt ab, in das ich viel Geld investiert habe.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, vor dieser Entscheidung werden wir stehen: zu­schauen, dass uns die Gäste wegbleiben, oder akzeptieren, dass es diese Wahlfreiheit gibt, und dafür weiter investieren.

Ich rede jetzt von den Landgasthäusern, von diesen wirklich traditionellen Gasthäusern im Dorf, die wir brauchen, die wir für die Geselligkeit brauchen, die wir aber auch dafür brauchen, dass eine Taufe, eine Hochzeit, eine Geburtstagsfeier, ein Begräbnisessen noch im Dorf stattfinden kann. Viele von euch, die am Land leben, wissen, wie viele Gemeinden es schon gibt, in denen es kein Gasthaus mehr gibt, wo man alle möglichen Konstruktionen suchen muss, dass sich die Einheimische noch irgendwo treffen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alleine in den letzten 40 Jahren hat sich die Zahl dieser Landgasthäuser halbiert: Von insgesamt 16 000 sind wir mittlerweile bei 8 500 Landgasthäusern. (Rufe bei der SPÖ: Ohne Rauchverbot!) Und das, meine Damen und Herren, wird noch viel, viel schneller weitergehen.

Ein bisschen überrascht bin ich von den Kollegen der ÖVP, die sich immer diesem ländlichen Raum verschrieben haben, die gesagt haben, es sei ganz wichtig, den ländlichen Raum zu fördern und aufrechtzuerhalten. Ich glaube aber, dass mit dieser Maßnahme ein weiterer kleiner Nadelstich gesetzt wurde. Ich rede jetzt nicht davon, dass es auf einen Schlag keine Gasthäuser mehr geben wird, aber das ist ein weiterer kleiner Nadelstich, angesichts dessen sich viele Wirtinnen und viele Wirte überlegen werden, ob sie noch weitermachen sollen.

Ich glaube, diese Maßnahme ist wirklich nicht dienlich und förderlich, um den Wirten zu zeigen, dass sie weitermachen sollen, dass sich ihre Arbeit noch rentiert. Es ist schade und ich hoffe, dass viele Wirte am 29. September daran denken werden, wer auf ihrer Seite steht. (Beifall bei der FPÖ.)

11.41


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Klubvorsitzende Dr.in Pamela Rendi-Wagner. – Bitte.


11.41.49

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Politik hat eine einzige Aufgabe: Das ist, die Lebensumstände, die Lebenssituation der Menschen zu verbes­sern. (Abg. Neubauer: Sie schränken sie ein!) Ja, vielleicht ist uns das hier herinnen nicht immer so bewusst, wie es sein sollte, vielleicht gerät das hie und da viel zu viel in Vergessenheit, aber das ist genau unsere Verantwortung. Für die wurden wir gewählt und für die werden wir gewählt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 76

Heute ist ein politischer Freudentag, weil er uns nach etlichen Rückschlägen, nach 18-monatiger politischer Ignoranz ein Gesetz auf den Weg bringen lässt, das das Leben der Österreicherinnen und der Österreicher wesentlich und signifikant verbessert. (Beifall bei der SPÖ.) Wir werden den NichtraucherInnenschutz verbessern, wir werden ihn stärken und damit die Gesundheit der Menschen, Hunderttausender Menschen in Österreich verbessern, schützen und ihre Leben verlängern. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte nicht lange zurückblicken, aber ganz kurz festhalten: Ja, die letzte Bundes­regierung hat eines gemacht, sie hat ignoriert, so wie Herr Wurm das heute wieder unter Beweis gestellt hat. Die letzte Bundesregierung hat alle wissenschaftlichen Fakten ignoriert (Abg. Wurm: Gibt es die?), die das schädliche Passivrauchen be­treffen. Sie hat die Ärztinnen und Ärzte dieses Landes ignoriert, hat Expertinnen und Experten der Medizinischen Universität Graz, wie Sie gerade gesagt haben, ignoriert. Sie hat fast 900 000 Menschen ignoriert, die ein Volksbegehren unterschrieben haben. Und sie hat auch die Appelle der Jugend, die hier in den Ausschüssen des Natio­nalrates an die Gesundheitsministerin, an die Politik herangetragen wurden, aus ihrer Sicht erfolgreich ignoriert. (Abg. Wurm: Wir haben den Jugendschutz eingeführt! Wir haben den eingeführt!)

Ja, es braucht eine Politik, die die Vernunft verteidigt. (Abg. Wurm: Totalitär!) Es braucht eine Politik, die darauf vertraut, dass sich die Vernunft, die oft auf leisen Sohlen daherkommt, am Ende durchsetzt und dass sie nicht überhört wird, die leise Vernunft. (Beifall bei der SPÖ.)

Viel wurde schon zur Schädlichkeit und zur großen Gefährlichkeit des Rauchens gesagt; ich möchte heute in dieser Rede vor allem die Gelegenheit dazu nutzen, den Abgeordneten der ÖVP dafür zu danken, dass sie ihrer Verantwortung spät, aber doch nachkommen – und das war richtig und gut. Danke dafür, dass Sie sich wieder daran erinnern, dass wir hier bereits 2015 gemeinsam für den NichtraucherInnenschutz gestimmt haben, dass wir ihn bereits gemeinsam beschlossen hatten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist ein guter Tag für die Kinder in Österreich, denn sie ersparen sich zweifelsohne, auch wenn das einige ignorieren, durch das Rauchverbot in der Gastronomie künftig 1 500 Krankenhausaufenthalte. (Beifall bei der SPÖ.) Dieses Gesetz gibt allen Kindern und Jugendlichen in Österreich in Zukunft die Chance auf ein gesünderes Aufwachsen.

Heute ist auch ein guter Tag für die Gesundheit der Österreicherinnen und Öster­reicher, weil sie sich alle in Zukunft 30 000 Spitalsaufenthalte ersparen werden. (Abg. Wurm: Geh, bitte! So ein Blödsinn, Frau Kollegin!) Das ist erwiesene medizinische Evidenz. Von der haben Sie vielleicht noch nie gehört. (Beifall bei der SPÖ.) Und nicht zu vergessen sind die vielen Menschen, vor allem Jugendliche, die durch dieses Rauchverbot in der Gastronomie nicht zu rauchen beginnen und damit nicht in diese gefährliche Sucht gezogen werden.

Heute ist auch ein wichtiger Tag für die Beschäftigten in der Gastronomie, die nicht mehr in einer Umgebung arbeiten müssen (Abg. Wurm: ... Billigjobs!), in der die Rauch- und Nikotinbelastung um das Zwei- bis Dreifache höher ist als in Raucher­haushalten. Das war nicht gerecht gegenüber allen anderen Angestellten dieses Lan­des. Diese Ungerechtigkeit ist mit heute auch Geschichte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wurm: Billigjobs!)

Heute ist auch ein guter Tag für viele Wirtinnen und Wirte dieses Landes. Ich habe mit vielen Gespräche geführt, ich habe viele besucht, viele wollten auf ein Nichtraucher­lokal umsteigen, konnten es sich zu dem Zeitpunkt ohne Gesetz aber noch nicht leisten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.)


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Ja, heute ist ein Freudentag für Österreich, weil wir eines zeigen: Wir zeigen, was möglich ist, wenn wir verantwortungsvolle Politik über Parteigrenzen hinweg machen. Es gelingt ein großer Schritt, auf den ich persönlich sehr stolz bin, stolz auf die Politik, die wir heute in diesem Hause machen, weil wir zeigen, dass die Vernunft hier Herr oder Frau dieser Entscheidung ist, auch wenn es manchmal ein bisschen länger dauert.

Lassen Sie mich zum Schluss all jenen Menschen danken, die sich in den letzten Jahren persönlich dafür eingesetzt haben, dass wir heute zu diesem Punkt kommen und diese wichtige Entscheidung treffen. Es sind 900 000 Menschen, die das Nicht­raucherschutzvolksbegehren unterschrieben haben. Es sind zahlreiche Ärztinnen, Ärzte und auch NGOs, die sich dafür eingesetzt haben. Es war Sabine Oberhauser, die in den Jahren vor 2015 und 2015 persönlich mit all ihrem Einsatz trotz ihrer Krankheit dafür gekämpft hat. Das sind wir ihr schuldig. Ich möchte mich bei jedem und jeder Einzelnen von ihnen bedanken, dass sie dieser und ihrer Verantwortung nachkommen. Ja, sie tun das Richtige, wir tun das Richtige! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.48


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Zanger. – Bitte.


11.48.23

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Na, Sie gefallen mir vielleicht, Frau Kollegin Rendi-Wagner. Sie stellen sich hierher und versuchen, die leidenschaftliche, überzeugte Kämpferin für das Nichtrauchen zu sein. (Ruf bei der SPÖ: Das ist sie ja!) Mag ja sein, dass Sie so denken, mag ja sein, dass Ihnen das Rauchen unangenehm ist, mir ist es das nicht, ich bin leidenschaftlicher Raucher. Aber wenn Sie hier heraußen schon so sprechen, dann müssen Sie diese Linie auch konsequent durchtragen und nicht beim von der SPÖ veranstalteten Donauinselfest sämtliche Standlbetreiber dazu verpflichten, Rauchwaren zu verkaufen. (Beifall bei der FPÖ.) Wo bleibt da Ihre Geradlinigkeit, wo bleibt Ihre Konsequenz? Also diese Doppelmoral soll hiermit einmal aufgezeigt werden. (Abg. Neubauer: Dazu kann sie noch lachen!) – Ja, wird ihr irgendwann einmal schon noch vergehen.

Gut, es hat einen Entscheid des Verfassungsgerichtshofes gegeben. Die ÖVP hat ja darauf gehofft, dass der Verfassungsgerichtshof dieses Gesetz kippen wird. Wahr­scheinlich waren sie ein bisschen peinlich berührt, die schwarzen Brüder, als das nicht der Fall war. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Auf eines kann man doch noch zählen in diesem Land, nämlich dass der Verfassungsgerichtshof persönlicher Freiheit sehr wohl den Vorrang vor Fremdbestimmung erteilt. Und genau darum geht es auch. Es geht um die Möglichkeit, selbst entscheiden zu dürfen, es geht auch darum, ein gewisses Maß an Eigenverantwortung zu übernehmen.

Es muss – und so ist meine Meinung dazu – dem Wirt freigestellt werden, ob er es erlaubt, dass in seinen Räumlichkeiten geraucht wird, und dem Gast muss es freigestellt werden, in welches Lokal er geht: dorthin, wo geraucht wird, oder dorthin, wo nicht geraucht wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Für mich stellt sich dieses Gesetz jetzt als ein Eingriff in ein höchstpersönliches Recht dar, in das Eigentumsrecht. Es ist speziell im ländlichen Raum so, dass viele Gastwirte nicht nur Betreiber des Gastronomiebetriebes sind, sondern auch Besitzer der jewei­ligen Liegenschaft, des jeweiligen Gebäudes. Jetzt gehört dem Wirt dieses Gebäude, jetzt wird ihm vom Gesetz her gesagt: Du darfst in deinem Eigentum nicht mehr rauchen lassen. – Wie weit wollen wir es denn noch treiben? Geht das dann auch bis in die privaten Wohnzimmer hinein? Ich darf bei mir zu Hause nicht mehr rauchen, weil


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der Gesetzgeber glaubt, dass ich mir damit gesundheitlichen Schaden zufüge? Ich finde, das ist die wahre Problematik, dass man da eben in diese persönlichen Eigentumsrechte eingreift und vorschreibt, was man mit Privateigentum oder im Privateigentum tun darf und was nicht.

Als Vorwand wird der Arbeitnehmerschutz verwendet. Denken wir einmal weiter! Es gibt ja auch Kellnerinnen und Kellner, die rauchen. Was ist dann mit denen? Wird die Rauchpause, die sie sich hin und wieder gönnen, von der Arbeitszeit in Abzug gebracht? Ich weiß ja auch nicht, was Sie sich da denken. Vor allem bei der ÖVP gibt es sowieso ein Hin und Her, ein Rückgrat wie ein Gartenschlauch. Wir Wirte werden von euch als Trottel der Nation hingestellt. Die Wirte haben in abgetrennte Raucher­räume investiert, in Belüftungsanlagen et cetera. Ihr habt ihnen die Allergenverordnung umgehängt, barrierefrei muss jeder Betrieb sein, die Registrierkassenpflicht habt ihr ihnen aufoktroyiert. Die Pommes- und Schnitzelverordnung ist eine EU-Geschichte, okay.

Es gibt so viele Auflagen und so viele Kontrollen, dass niemand mehr Gastwirt sein will. Das merken wir jetzt bei den Betriebsübernahmen. Kollege Linder hat es ange­sprochen: Die Hälfte aller Gasthäuser hat in den letzten Jahren zugesperrt.

Ihr, liebe ÖVP, habt mit den Bauern schon das Problem gehabt. Für das Bauern­sterben seid ihr verantwortlich, indem ihr nur industrielle Landwirtschaft gefördert habt, und jetzt seid ihr auch die Totengräber der Wirte. Ich warte ja nur darauf, dass ihr euch selbst einmal euer eigenes Grab schaufelt – und das würde mich dann auch freuen. (Beifall bei der FPÖ.)

11.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker. – Bitte.


11.52.48

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Jetzt muss schon das Bauernsterben herhalten, wenn es um das Rauchverbot geht. Eigentlich ist ja schon fast alles zum Rauchverbot gesagt worden. Seit 2015 arbeiten wir daran herum. 2015 wurde es zum ersten Mal beschlossen, 2018 hätte es in Kraft treten sollen, dann wurde es wieder aufgehoben. 890 000 Bürgerinnen und Bürger haben für das Rauchverbot in der Gastronomie unterschrieben, es tritt am 1.11.2019 in Kraft. Vier Jahre Übergangsfrist ist schon eine zähe Geschichte für ein Projekt, das an und für sich nicht so gigantisch groß ist, aber ich sage auch, für österreichische Verhältnisse ist es eigentlich ein Reformturbo: Wenn Sie die An­gleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer anschauen – 40 Jahre Über­gangsfrist –, dann sind ja die vier Jahre eine Kleinigkeit. (Abg. Schimanek: Um Gottes willen!)

Mein Dank gilt an dieser Stelle den Kollegen von der ÖVP, die die Gelegenheit genutzt haben, sich – sobald sie aus der freiheitlichen Geiselhaft entlassen waren – wieder auf den Boden der Vernunft zurückzubegeben. (Abg. Neubauer: Folgt jetzt die Politik dem Recht oder umgekehrt?) Wir haben im Gesundheitsausschuss 14 Experten gehört. Diese Experten haben sich den Mund fusselig geredet, haben Studien aus aller Herren Länder präsentiert, haben eigene Studien präsentiert, um dann von Abgeordneten des Hohen Hauses mit Stammtischargumenten abgeschasselt zu werden. Wenn das Ziel der Hearings war, das österreichische Parlament zu blamieren, dann ist dieses Ziel erreicht worden. – Leider Gottes!

Man hört es auch hier wieder, wenn Kollege Wurm sagt, die Begründungen für das Rauchverbot seien unwissenschaftlich. Er hat ja auch im Ausschuss zu einem


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Universitätsprofessor gesagt, er glaube keiner Statistik, die er nicht selbst gefälscht habe. Also müssen sich Universitätsprofessoren in dieser Tonlage abkanzeln lassen. (Abg. Wurm: Sowieso!) Da kann ich nur sagen: Man merkt, wer einmal eine Universität von innen gesehen hat. (Abg. Wurm: Hab ich, Kollege Loacker!) Es muss nicht jeder studiert haben, aber einen Universitätsprofessor in seiner Arbeit auf diesem Niveau zu kritisieren, das steht niemandem in dieser Art und Weise zu. Da kann man hundertmal Abgeordneter sein, einen gewissen Anstand und ein gewisses Niveau in der Begeg­nung gegenüber den Repräsentanten der Wissenschaft kann man von uns erwarten. (Beifall bei den NEOS.)

Auch noch zum Kollegen Zanger, der Angst hat, dass man in das Eigentum der Wirte eingreift: Das ist jetzt dasselbe wie bei jedem anderen Unternehmer, der ein Geschäft hat und dort die Pflicht hat, seine Mitarbeiter vor dem Qualm am Arbeitsplatz zu schützen. Da ist es egal, ob dieser Unternehmer einen Metallbetrieb hat, ob er eine Autowerkstätte hat, ob er ein Gasthaus hat – er hat seine Mitarbeiter zu schützen. Da ist der Eingriff in das Eigentum bei allen gleich.

Ich bedanke mich bei allen, die dieses Rauchverbot jetzt endlich ermöglichen, und wünsche uns ein gesundes, rauchfreies Weiterleben. (Beifall bei den NEOS.)

11.56


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.


11.56.18

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Heute findet die gesundheitspolitische Diskussion der Ära Türkis-Blau ihr Ende. Mit Don’t smoke hat sie zudem eines der erfolgreichsten Volksbegehren der Zweiten Republik ausgelöst, wir können heute die Forderungen von knapp 900 000 Menschen umsetzen. (Abg. Wurm: Ein Pyrrhussieg für euch! Glaubt mir das! Diktatur!) Wir werden den Schutz der Gesundheit für alle Menschen, den Schutz für ArbeitnehmerInnen, den Schutz für Kinder und Jugendliche und den Schutz für alle NichtraucherInnen wieder auf den Stand von vor dem Regierungsübereinkommen zwischen Schwarz-Blau zurückbringen.

Die Übergangsregelung für die Gastronomie wird Anfang November 2019 auslaufen, nicht mehr und nicht weniger. Wir beseitigen damit eine der absurdesten Hinterlas­senschaften der gescheiterten rechtskonservativen Regierung. Dabei ist es schon bezeichnend, dass die beiden Protagonisten, denen wir diese Situation zu verdanken haben, nämlich Altkanzler Kurz und Altvizekanzler Strache, nicht mehr in diesem Hohen Haus anzutreffen sind. (Abg. Neubauer: Sie auch bald nimmer! –Weiterer Ruf bei der FPÖ: Das Transferfenster wäre noch offen! ... bei den Grünen!) Der eine posiert aktuell in Altersheimen und der andere genießt seine politikfreie Zeit, wie man so hört. Das Parlament, das seit dem Misstrauensantrag so effizient arbeiten kann wie keinen einzigen Tag zuvor – wir sehen es in gemeinsamen Anträgen, die allesamt Verbesserungen für die Bevölkerung bedeuten –, wird mit dem heutigen Beschluss das reparieren, was die Regierung im wahrsten Sinne des Wortes in den letzten Monaten leider verbockt hat, weil Vernunft eingekehrt ist – ein Wort, das bereits in vielen Reden gefallen ist. Es ist Vernunft eingekehrt.

Eine Politik, die sich gegen wissenschaftlich belegte Fakten stellt, ist keine gute Politik, sondern ist Parteipolitik und nicht im Sinne der Bevölkerung. Wir können damit Hunderttausenden ArbeitnehmerInnen in der Gastronomie endlich zu ihrem Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz verhelfen, so wie das überall in allen anderen Bereichen


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für die Menschen auch der Fall ist und garantiert wird. (Abg. Wurm: Bei McDonald’s, Daniela!)

Wir werden besonders die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen schützen. Wir werden deren Gesundheit insofern schützen, als dass sie durch den ungesunden Rauch des Passivrauchens, wenn sie von unverantwortlichen Eltern mit in den Raucherbereich genommen werden, oft Kleinkinder, nicht mehr gefährdet werden. (Abg. Wurm: Das ist ja nicht erlaubt!) Ein entsprechender Initiativantrag von mir in diese Richtung wurde leider in einer Sitzung des Gesundheitsausschusses vor einigen Monaten von Schwarz-Blau – und damals auch von Rot – abgelehnt, aber heute ist es dennoch gut, dass wir genau in diese Richtung gehen und auch die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen schützen.

Ich begrüße es auch, dass der Verfassungsgerichtshof mit seinem Urteil, nämlich die Last nicht vom Parlament und den Abgeordneten zu nehmen, entschieden hat, dass wir das hier herinnen reparieren müssen, was in den letzten Monaten falsch, der Gesundheit sogar abträglich, entschieden worden ist.

Ich hoffe, dass dieses gesundheitspolitische Drama mit dem heutigen Tag wirklich ein Ende haben wird und wir gemeinsam die Gesundheit der Bevölkerung unterstützen und fördern, anstatt, wie wir es gesehen haben, aus rein parteipolitischen oder aus welchen Gründen auch immer eine Taktik zu verfolgen, die dieser Gesundheit ab­träglich ist.

Ich habe es schon gesagt: Eine Politik, die nicht wissensbasiert ist, die sich gegen sämtliche Fakten aus den Hearings, aus den Expertenhearings stellt, ist keine gute Politik. Diese Politik sollte nicht weitergeführt werden. Wir werden sie heute beenden, und ich danke allen, die da mitgehen, auch für diese Entscheidung. – Danke. (Beifall bei JETZT.)

12.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte.


12.00.16

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren im Hohen Haus! Werte Zuseher! Der Gesund­heitsausschuss hat sich anlässlich des Volksbegehrens, weil er dieses wirklich ernst genommen hat, sehr intensiv und umfassend mit dem Rauchen und dem Nichtraucher­schutz befasst. Es hat sich bestätigt, dass es am Rauchen aus gesundheitspolitischer Sicht nichts Positives gibt. (Abg. Zanger: Das habt ihr aber auch schon immer gewusst!)

Ich möchte aber trotzdem zu meiner Kollegin Frau Rendi-Wagner sagen: Wir von der ÖVP waren uns eigentlich unserer Verantwortung immer bewusst und sind uns dieser auch heute noch bewusst. (Abg. Neubauer: Darum habt ihr auch schon dreimal an­ders abgestimmt!) Die Entscheidung, warum das Rauchen in der Gastronomie noch länger erlaubt blieb, ist dadurch begründet, dass es einerseits eine Wahlfreiheit für die Gäste gegeben hat, die sich entscheiden konnten, ob sie in ein Nichtraucherlokal oder in ein Raucherlokal gehen, und ebenso eine Wahlfreiheit für die Wirte, ob sie das Rauchen ermöglichen oder nicht, und es andererseits eine Koalitionsvereinbarung mit der FPÖ gegeben hat.

Wir wussten aber immer, dass das Rauchen sehr früh in der Jugend beginnt, oft schon in einem Alter von 14 bis 17 Jahren, daher haben wir mit der FPÖ Maßnahmen gerade im Jugendschutz beschlossen, Maßnahmen im Sinne der Prävention und Vorsorge,


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damit jemand erst gar nicht zu rauchen beginnt. Für jene, die bereits rauchen, ist es natürlich nie zu spät, den Entschluss zu fassen, wieder damit aufzuhören.

Es wirkt sich auf das Rauchverhalten und auf den Zigarettenkonsum aus, wenn es Hürden gibt, das haben uns die Experten im Ausschuss gesagt. Das Rauchverbot in der Gastronomie wirkt sich aber vor allem positiv auf jene aus, die Nichtraucher sind, weil sie damit dem Passivrauchen entgehen. Es wirkt sich aber auch positiv auf jene aus, die Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen sind.

Wir wollten die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nicht vorwegnehmen. Nun hat aber der Verfassungsgerichtshof die Regelung nicht gekippt, und daher stimmen wir, unsere Fraktion, heute dem Raucherschutzgesetz zu.

Eines ist uns aber wichtig, und das ist klar: Jene Gastronomiebetriebe, die jetzt sozusagen Vertrauen in die geltende Regelung gesetzt haben und Investitionen ge­tätigt haben, die sie jetzt nicht mehr nutzen können, dürfen wir nicht alleine im Regen stehen lassen. Es darf auf die Gastronomiebetriebe auch nicht die Verantwortung für Raucher, die vor ihrer Betriebsanlage stehen und andere in ihrer Ruhe stören, abge­schoben werden, und die Umstellung darf die Betriebe auch nicht in Bedrängnis bringen.

Daher bringe ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen ein, der im Wesentlichen zwei Punkte enthält: erstens eine Prämie für Wirte, die Investitionen getätigt haben, und zweitens die Entlastung der Wirte von der Haftung für das Verhalten der Gäste im Freien, wenn sie rauchen.

Der Abänderungsantrag liegt in vollständiger Länge schriftlich vor, und ich bitte, ihn an die Abgeordneten zu verteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz

Kolleginnen und Kollegen,

betreffend den Antrag 859/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag 859/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und ver­wandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird, wird wie folgt geändert:

a) In Z. 4 betreffend § 18 Abs. 15 wird nach § 18 Abs. 15 folgender Abs. 15a angefügt:

(15a) §§ 18a, 18b und 19 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 treten mit 1  November 2019 in Kraft.

b) Nach Z. 4 werden folgende Ziffern 5, 6 und 7 angefügt:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 82

5. Nach § 18 wird folgender§ 18a eingefügt:

§ 18a. Für einen Betrieb,

1. der nach dem 31. Dezember 2017 erstmalig mit Einrichtungen ausgestattet wird, um einen dem § 13a idF vor dem BGBl. I Nr. xx/2019 entsprechenden Nichtraucherschutz zu gewährleisten oder

2. in dem nach dem 31. Dezember 2017 Erhaltungsmaßnahmen in Bezug auf bereits bestehenden Einrichtungen im Sinne der Z 1 vorgenommen wurden,

kann nach Maßgabe folgender Bestimmungen eine Prämie in Höhe von 50% geltend gemacht werden.

a) Bemessungsgrundlage für die Prämie sind Ausgaben, die für die in Z 1 oder Z 2 genannten Zwecke nach dem 31. Dezember 2017 und vor dem 1. August 2019 ge­leistet worden sind.

b) Die Prämie ist bei dem Finanzamt zu beantragen, das für die Erhebung der Um­satzsteuer des Antragstellers zuständig ist oder zuständig wäre.

c) Die Antragsfrist beginnt mit 1. Jänner 2020 und endet mit 30. Juni 2021.

d) Die Prämie stellt keine ertragsteuerliche Betriebseinnahme dar; § 6 Z 10 und § 20 Abs. 2 EStG 1988 sind auf sie nicht anwendbar.

e) Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist gesondert zu dokumentieren. Diese Dokumentation ist auf Verlangen der Abgabenbehörde vorzulegen.

f) Die Prämie ist auf dem Abgabenkonto gut zu schreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Antragstellung zurück. Sowohl die Prämie als auch ein Rückforderungsanspruch gelten als Abgaben vom Einkommen im Sinne der Bundesabgabenordnung. Auf Gutschriften und Rückforderungen sind jene Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzu­wenden, die für wiederkehrend zu erhebende, selbst zu berechnende Abgaben gelten. Bei Gesellschaften, die nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähige Personen­vereini­gungen sind, hat die zusammengefasste Verbuchung der Gebarung mit jenen Ab­gaben zu erfolgen, die die Beteiligten gemeinsam schulden.

g) Die Prämien sind zu Lasten des Aufkommens an veranlagter Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu berücksichtigen.

6. Nach § 18a wird folgender § 18b eingefügt:

§ 18b. Der Betreiber der Betriebsanlage eines Gastgewerbebetriebs ist für das Ver­halten von Gästen im Freien außerhalb oder vor der Betriebsanlage jedenfalls dann nicht verantwortlich, wenn und soweit sich diese Gäste im Zusammenhang mit Tabakkonsum dort aufhalten. § 113 Abs. 5 der Gewerbeordnung 1994, BGBI. Nr. 194/1994,  ist in diesem Fall nicht anzuwenden.

7. In § 19 tritt an die Stelle des Gesetzeszitates „§§ 2a und 7“ das Gesetzeszitat „§§ 2a, 7 und 18a“, und es wird folgender Satz angefügt: „Mit der Vollziehung des § 18b ist die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, soweit Sicherheits­behörden mitwirken im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres, betraut.“ .

Begründung:

Zu Z. 4 (§ 18 Abs. 5):

Die geänderten Regelungen sollen mit 1. November in Kraft treten, Gleichzeitig tritt die bisherige Regelung in § 13a außer Kraft.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 83

Zu Z 5 (§ 18a):

Durch die Festlegung des Rauchverbotes können sich für Betriebsinhaber Investitionen nachträglich als nicht erforderlich erweisen, die sie im Hinblick auf die im Jahr 2018 gesetzlich verlängerte Möglichkeit, den Raucher- vom Nichtraucherbereich zu trennen, getätigt haben. Durch eine Prämie soll in derartigen Fällen ein Nachteil aus einem nunmehr nicht mehr erforderlichen Aufwand abgefedert werden.

Dies betrifft insbesondere folgende Fälle:

– Betriebe, die im Zeitraum zwischen 1. Jänner 2018 und 31. Juli 2019 ein Nicht­raucherlokal nach der mit BGBl. I Nr. 13/2018 erfolgten Nichtumsetzung des Rauchverbotes wieder in ein Raucher/Nichtraucher-Lokal umgewandelt haben.

– Betriebe, die in diesem Zeitraum eröffnet wurden und bei denen Trennungs­maßnah­men vorgenommen wurden.

– Betriebe, die bereits eine Trennung vorgenommen haben und in diesem Zeitraum Erhaltungsmaßnahmen auf diese vorgenommen haben.

Die Prämie knüpft an die Leistung von Ausgaben für die genannten Zwecke an (§ 19 EStG). Ausgaben, die in der Zeit vom 1. Jänner 2018 und 31. Juli 2019 geleistet wurden, sind begünstigt. Die Anknüpfung der Prämie an Zahlungen aus den begüns­tigten Maßnahmen macht eine Differenzierung danach, ob die Maßnahme steuerlich zu aktivieren ist oder nicht, entbehrlich. Werden noch allfällige offene Zahlungen (z. B. Raten) aus den getätigten Maßnahmen bis 31. Juli 2019 gezahlt, können sie ebenfalls in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Die Prämie ist bei dem Finanzamt zu beantragen, das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständig ist oder zuständig wäre. Dafür steht eine Frist vom 1. Jänner 2020 bis 30. Juni 2021 offen.

Die Beantragung hat unabhängig von der Abgabe der Steuererklärung zu erfolgen und ist von der Steuerveranlagung (Einkünftefeststellung) unabhängig.

Zu Z 7 (§ 19):

Mit § 18b wird sichergestellt, dass die Betriebe jedenfalls dann nicht für das Verhalten der Gäste vor der Betriebsanlage verantwortlich sind, wenn die Gäste sich dort im Zusammenhang mit Tabakkonsum aufhalten. Damit sollen negative Auswirkungen auf die Betriebe durch das absolute Rauchverbot im Betrieb hintangehalten werden. Ruhestörungsverfahren sind daher gegen die Ruhestörer selbst zu führen. § 113 Abs. 5 der Gewerbeordnung betreffend Verlegung der Sperrstunde soll auf diese Fälle nicht anwendbar sein. Diese Bestimmung ist eine lex specialis zur Begleitung der Einführung des Rauchverbots in der Gastronomie, ihr kann nicht e contrario der Inhalt zugesonnen werden, dass die Betriebsinhaber in anderen Fällen für das Verhalten der Gäste verantortlich seien.

Zu Z 7 (§ 19):

Mit der Vollziehung der §§ 2a, 7 und 18a ist die Bundesministerin bzw. der Bun­desminister für Finanzen betraut. Die Vollziehung des § 18b obliegt der Wirtschafts­ministerin, soweit Sicherheitsbehörden mitwirken im Einvernehmen mit dem Innen­minister.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert und steht daher mit in Verhandlung. Er ist, soviel ich weiß, bereits an alle Abge­ordneten verteilt worden.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 84

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Philip Kucher zu Wort. – Bitte.


12.04.22

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht ganz leicht nach den Aussagen, die heute getätigt wurden, und den Argumenten zum Thema Nichtraucher­schutz, die vorgebracht wurden. Eine der spannendsten Reden hat wieder einmal Kollege Wurm gehalten, der heute die FPÖ mit dem gallischen Dorf, mit Asterix und Obelix verglichen hat. Ich habe mich ein bisschen zurückerinnert: Die einzige Parallele, die ich bei euch zu Asterix und Obelix sehe, ist, dass euer Obmann ziemlich ordentlich in den Zaubertrank hineingeplumpst ist und dann in einem spannenden Zustand vor Kurzem das ganze gallische Dorf verkaufen wollte. – Ich weiß nicht, ob du dich daran erinnerst. Das ist die einzige Parallele zu Asterix und Obelix. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Gehen wir es ganz offen an: Bei all den Argumenten, die diskutiert werden – und ich persönlich habe selbst viele Jahre geraucht –, wissen wir alle, dass Rauchen schädlich ist; aber ich sage es für mich ganz persönlich: Man sitzt dann im Gesundheits­aus­schuss, hört sich die Hearings an, und deswegen kann ich nicht nachvollziehen, wie ihr jetzt argumentiert. Da gibt es Menschen, die sich die Mühe machen, uns Argumente zu übermitteln, die uns schreiben, die uns persönliche Schicksale schildern, Lebens­geschichten, die echt nahegehen, und Ärztinnen und Ärzte, Menschen, die jahrelang ihr Leben diesem Bereich der Forschung gewidmet haben und uns Fakten mitgeben, und die glauben wirklich, dass wir das, was sie sagen, ernst nehmen. Ihr aber schiebt das alles beiseite. Egal was die Wissenschaft möchte, egal was die Krebshilfe sagt, egal was die Ärztekammer sagt, egal was alle Expertinnen und Experten gesagt haben: Das ist euch egal. So kann man doch in der Politik nicht agieren!

Es braucht in der Politik Mut, das Richtige zu tun, denn wenn alle Ärztinnen und Ärzte sagen, wir brauchen einen Nichtraucherschutz, wenn es Menschen gibt, die warnen, dass Eltern mit den Kindern in Nichtraucherbereichen sitzen und glauben, dass sie dort in Sicherheit sind, dort aber die Feinstaubkonzentration höher ist als auf einer stark befahrenen Straße, weil eben diese Wischiwaschilösung in Österreich nicht funk­tioniert, dann müssen wir doch das Richtige tun! (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt Menschen, die in der Gastronomie arbeiten, die es sich oft nicht aussuchen können – das ist heute öfters erwähnt worden. Genau diesen Menschen, die in der Gastronomie arbeiten, kann man nicht sagen: Such dir irgendwo anders einen Job!, denn vielleicht gibt es diesen Job gar nicht. Es gibt viele ältere Menschen, die dort arbeiten. Ihr wart ja diejenigen, die ihnen die Aktion 20 000 gestrichen haben, weil es euch, wie ich schon gesagt habe, egal ist, was mit diesen Menschen passiert. So kann man doch bitte nicht arbeiten! Ich bitte also wirklich darum, dass man auch in der FPÖ versucht, sich darüber Gedanken zu machen, damit man gemeinsam einen Weg findet.

Von der ÖVP habe ich es dann spannend gefunden, dass wir, wenn wir versuchen, auch respektvoll Danke zu sagen, dass ihr den Weg sozusagen mitgeht und da zur Vernunft gekommen seid (Ruf bei der FPÖ: Schleimer!), dafür dann kritisiert werden. Das kann ich persönlich nicht nachvollziehen. Ich bin froh, dass ihr in diesem Bereich heute auch mitgeht.

Meine Bitte in Richtung FPÖ wäre jetzt: Versuchen wir gemeinsam, diesen Schulter­schluss zu schaffen! Sabine Oberhauser hat dafür gekämpft. Ich freue mich, dass auch Pamela Rendi-Wagner das ganz, ganz stark fortgeführt hat und dass wir heute gemeinsam in der Lage sind, den Nichtraucherschutz in Österreich zu stärken. Die Bitte vor allem in Richtung FPÖ wäre wirklich: Gebt euch einen Ruck und versucht, von diesen dummen Argumenten, die ihr gebracht habt, was die Freiheit betrifft, abzu­ge-


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hen! Das ist ja alles absurd! Niemand glaubt euch, dass es da um einen Kampf um die Freiheit geht. Niemand glaubt euch das! Das ist keine Frage der Freiheit. Niemand glaubt euch das! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe dieses Beispiel öfter gebracht: Wenn Strache seinen Schweinsbraten isst, dann isst er den Schweinsbraten alleine, aber nicht die anderen. Mit demselben dümm­lichen Argument könnten wir sagen: Wir brauchen keinen Gurt mehr, denn dieser schränkt die Freiheit ein. Man darf mit 100 km/h beim Kinderspielplatz vorbeirasen, weil sonst auch die Freiheit einschränkt ist. Man darf blunzenfett mit dem Auto durch die Nachbarschaft fahren, denn wenn man nicht besoffen mit dem Auto fahren darf, dann schränkt das auch die Freiheit ein. – Das sind absurde Argumente von der FPÖ! Bitte hört auf die Wissenschaft und gebt euch einen Ruck im Bereich des Nichtraucher­schutzes! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

12.08


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Mag. Karin Greiner ist als Nächste zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.08.10

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Frau Bundesministerin! Eingangs darf ich Gäste bei uns im Haus begrüßen: Im Namen meiner Kollegin Cornelia Ecker heiße ich die 4. Klasse des Bundesgymnasiums Hallein sehr herzlich willkommen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist wirklich sehr erfreulich, dass das Rauchverbot in der Gastronomie heute Realität wird. Die Fakten liegen zweifelsfrei auf dem Tisch: Rauchen schadet der Gesundheit. Viele von Ihnen, unabhängig von der Fraktion, haben betont, wie wichtig Prävention ist, wie wichtig der Schutz der Nichtraucherinnen und Nichtraucher ist, wie wichtig die Vorbildwirkung ist.

Ich greife jetzt erneut ein Thema auf, das vor wenigen Wochen leider keine Mehrheit gefunden hat, das aber unsere Jüngsten in der Gesellschaft betrifft, nämlich ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen. Das ist ein Anliegen aus dem Grazer Kinder­parlament, das an mich herangetragen wurde. Wenn Sie diesem Antrag, den ich gleich verlesen werde, zustimmen und für ein Rauchverbot auf Kinderspielplätzen plädieren, dann würden Sie damit zeigen, dass Sie a) Kinder ernst nehmen und b) Demokratie ernst nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wer plädiert noch für eine klare Regelung, ein klares Bundesgesetz in dieser Causa? – Die Grazer ÖVP zum Beispiel oder viele Eltern, zahlreiche Kinderlobbys und die Ge­meinden. Sie alle verlangen ein klares Gesetz.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir können das heute beschließen, und ich bringe dazu folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen

betreffend den Antrag 859/A

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte wird wie folgt geändert:

1. Z 1 lautet wie folgt:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 86

„1. In § 12 Abs. 1 Ziffer 3 wird nach dem Ausdruck „einschließlich der dazugehörigen Freiflächen“ der Ausdruck „sowie jener Freiflächen die ausschließlich Freizeitaktivitäten von Kindern gewidmet sind (Spielplätzen)“ eingefügt.““

2. Die bisherigen Z 1 bis 4 erhalten die Bezeichnung 2 bis 5.

3. Die neue Z 5 lautet:

„5. § 18 Abs. 15 lautet:

„(15) § 12 Abs. 1 Z 3 und 4 treten mit 1. November 2019 in Kraft. § 13 a und § 13 b Abs. 4 treten mit 31. Oktober 2019 außer Kraft.““

*****

Ich appelliere an Sie alle, insbesondere an die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP: Frau Abgeordnete Schwarz, Sie haben vorhin gesagt, es muss Orte geben, an denen man eigentlich davon ausgehen kann, dass – aufgrund der Verantwortung, die man wahrnimmt – nicht geraucht wird, zum Beispiel Kinderspielplätze.

Wir wissen, Gesundheitspolitik steht über Parteipolitik. Unterstützen Sie diesen Antrag! Nehmen wir doch unsere gemeinsame Verantwortung als Gesetzgeber wahr und halten wir die Spielplätze rauchfrei – für die Gesundheit unserer Jüngsten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.11

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.a Karin Greiner

Genossinnen und Genossen

betreffend den Antrag 859/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Herstellen und Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen sowie die Werbung für Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse und den Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutz (Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz – TNRSG) geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte wird wie folgt geändert:

1. Z 1 lautet wie folgt:

„1. In § 12 Abs. 1 Ziffer 3 wird nach dem Ausdruck „einschließlich der dazugehörigen Freiflächen“ der Ausdruck „sowie jener Freiflächen die ausschließlich Freizeitaktivitäten von Kindern gewidmet sind (Spielplätzen)“ eingefügt.““

2. Die bisherigen Z 1 bis 4 erhalten die Bezeichnung 2 bis 5.

3. Die neue Z 5 lautet:

„5. § 18 Abs. 15 lautet:

„(15) § 12 Abs. 1 Z 3 und 4 treten mit 1. November 2019 in Kraft. § 13 a und § 13 b Abs. 4 treten mit 31. Oktober 2019 außer Kraft.““


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 87

Begründung:

Es ist unzumutbar, dass auf Österreichs Kinderspielplätzen geraucht wird. Mag es doch vielen logisch erscheinen, nicht zu rauchen wo Kinder spielen, ein dies­bezüg­liches Verbot gibt es nicht. Nicht nur Eltern und Kinder beklagen sich über diesen Zustand, sondern auch Gemeinden und Länder, welche diesen Wunsch mangels Kom­petenz nicht umsetzen können. Daher ist es erforderlich umgehend diese Geset­zeslücke zu schließen.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr.in Brigitte Zarfl zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


12.11.53

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Dr. Brigitte Zarfl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Besucher auf der Galerie und liebe ZuseherInnen, die die Debatte via Liveübertragung in ORF III beobachten! Das ist heute meine erste Gelegenheit, hier zu Ihnen als Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz dieser neuen Bundesregierung zu sprechen, und ich darf mich ganz ausdrücklich für das Vertrauen, das Sie mir als Mitglied dieser Regierung ausgesprochen haben, bedanken.

Verlässlichkeit und Vertrauen sind wesentliche Leitprinzipien der Arbeit dieser Über­gangsregierung. Der Dialog ist ein maßgebliches Instrument für die Umsetzung dieser Leitprinzipien, und ich bemühe mich sehr, ihn einzusetzen, um Ihr Vertrauen zu ge­winnen und Verlässlichkeit zu gewährleisten. Wir brauchen ihn, um Win-win-Lösungen zu erzielen und um Kompromisse, die für alle tragbar sind, in die Umsetzung bringen zu können.

Ich bemühe mich aktiv um diesen Dialog, nicht nur mit den Sozialpartnern, sondern auch mit den Ländern, den Gemeinden und allen Akteuren im Gesundheits-, Sozial- und Beschäftigungswesen, weil er unverzichtbar ist, um Dinge für die Zukunft gemeinsam voranzubringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bemühe mich aber auch aktiv um den Dialog mit Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, weil er auch unverzichtbar ist, um dem Prinzip der Verlässlichkeit von Gesetzen in der Umsetzung zu entsprechen. Ich danke aus­drücklich für die gute Atmosphäre, die wir im Rahmen der beiden Orientierungs­aus­sprachen mit Gesundheits- und Sozialsprechern in der vergangenen Woche hatten, und freue mich auf weitere Austausche im Rahmen der kommenden Wochen dazu.

Ich darf noch einmal betonen, dass ich für diesen Prozess der – und da zitiere ich einen Ihrer Kollegen – Due Diligence, also der Prüfung von Stärken und Schwächen Ihrer Initiativen, sehr gerne zur Verfügung stehe. Am Ende zählt das erzielte Resultat, und ich glaube, wir haben hier gemeinsam ein Ziel, nämlich dass das Resultat eines ist, das eine hohe Qualität in der Umsetzung der Gesetze mit sich bringt.

Da das hier heute meine erste Gelegenheit ist, vor Ihnen zu sprechen, darf ich Ihnen auch einen kurzen Ausblick auf das geben, was ich im Rahmen der nächsten Wochen und Monate in meinem Portfolio in die Umsetzung oder auf den Weg bringen werde – ein kleiner Schwerpunkt meiner Ausführungen liegt auf dem Bereich Gesundheit, weil ich ja jetzt hier zu einem Tagesordnungspunkt aus dem Gesundheitsbereich spreche –:


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Der Bereich Impfen und Impfbereitschaft war wesentlicher Bestandteil der Aktivitäten der letzten Bundesregierungen. Wir werden eine Novelle zum Gesundheitstelematik­gesetz vorbereiten, mit dem der elektronische Impfpass dann im kommenden Jahr in die Pilotierungsprozesse kommt. Damit werden wir im Herbst in Begutachtung gehen, sodass mein Nachfolger, meine Nachfolgerin das dann gemeinsam mit Ihnen zur Beschlussfassung bringen kann.

Wir werden genauso weiter an Aktivitäten und Entscheidungsgrundlagen im Bereich der Pflege arbeiten – auch das sind wichtige Themen, die die Vorgängerregierungen be­handelt haben, die aber auch nachfolgende Regierungen ganz sicher weiter be­handeln werden.

Wir werden dem Nationalrat eine Reihe von Berichten übermitteln – der Lebens­mittel­bericht liegt schon bei Ihnen, andere werden im Herbst folgen –, um auch damit Ent­scheidungsgrundlagen für Sie zur Verfügung zu stellen. Und ich werde auch die erforderlichen Verordnungen in meinem Wirkungsbereich erlassen, die für bereits be­schlossene Gesetze erforderlich sind – zum Beispiel zum Sozialversicherungs-Organi­sationsgesetz oder anderen. Die e-Card-Verordnung und andere Verordnungen wer­den auf den Weg gebracht werden, sodass die Umsetzung zeitgerecht und ohne große Probleme vonstattengehen kann.

Zuletzt darf ich mich am Ende meiner Ausführungen in meiner Rolle als Gesund­heitsministerin ganz ausdrücklich bei Ihnen allen dafür bedanken, dass es eine so breite Unterstützung für diese Initiative zum Nichtraucherschutz gibt. Ich danke Ihnen ausdrücklich dafür. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.17

12.17.27


Präsidentin Doris Bures: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Zu Wort ist dazu jetzt niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den im Antrag 859/A der Abgeordneten Dr.in Pamela Rendi-Wagner, Mag. Gerald Loacker, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf.

Hiezu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag.a Greiner, Kolle­ginnen und Kollegen,

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Schwarz, Kolleginnen und Kollegen sowie

Abänderungsantrag der Abgeordneten Kucher, Schwarz, Mag. Loacker, Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen.

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag.a Greiner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der Änderungen des Initiativ­antra­ges beinhaltet.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungs- und Zusatzantrag die Zu­stimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 89

Die Abgeordneten Schwarz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag eingebracht, der die Änderung der Z 4 sowie die Einfügung neuer Ziffern 5 bis 7 zum Inhalt hat.

Wer sich für diese Abänderung ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Die Abgeordneten Kucher, Schwarz, Mag. Loacker, Holzinger-Vogtenhuber, Kollegin­nen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Änderung der Z 4 einge­bracht.

Wer sich für diese Abänderung ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zu­stim­mung. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Initiativ­antrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

12.20.143. Punkt

Antrag der Abgeordneten August Wöginger, Werner Neubauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­ver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (905/A)

4. Punkt

Antrag der Abgeordneten Mag. Klaus Fürlinger, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz geändert wird (695/A)

5. Punkt

Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Werner Neubauer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alterssicherungskom­mis­sions-Gesetz geändert wird (780/A)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Hinsichtlich dieser Anträge wurde dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Frist zur Berichterstattung bis 1. Juli 2019 gesetzt.

Zu den Tagesordnungspunkten 3 bis 5 liegt kein Wunsch auf eine mündliche Bericht­erstattung im Sinne des § 44 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte, Herr Ab­geordneter.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 90

12.21.38

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte als SPÖ-Sozialsprecher eingangs ganz kurz die Zeit nützen, um zu diesen drei Tagesordnungspunkten Stellung zu beziehen, dazu, wie unser Abstimmungs­ver­halten sein wird, denn ich glaube, es macht Sinn, hier mit offenen Karten zu spielen und das Abstimmungsverhalten zu begründen.

Zum Tagesordnungspunkt 5: Der Ausweitung der Alterssicherungskommission werden wir keine Zustimmung erteilen, weil wir die Auffassung vertreten, dass es keinen Sinn macht, diese Kommission mit zusätzlichen Personen noch stärker auszustatten bezie­hungsweise zu erweitern. Wir vertreten die Meinung, dass die Alterssicherungs­kom­mission wesentlich wichtigere Dinge zu lösen hat, was Aufgaben und Ziel betrifft – nämlich wie in Zukunft unsere Pensionen zu gestalten sind.

Zum Tagesordnungspunkt 4: Der Gesetzesinitiative mit dem Ziel, dass Rechtsanwälte, die der Versorgungseinrichtung ihrer Rechtsanwaltskammer für den Fall der Krankheit angehören, nicht der Teilpflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem ASVG unterliegen, werden wir die Zustimmung erteilen. Wir, die SPÖ, haben uns aber schon sehr gewundert, dass einerseits gerade FPÖ und ÖVP immer von einer Zusammenlegung von Strukturen beziehungsweise auch von Trägern sprechen und das auch dementsprechend durchgezogen haben, andererseits aber da diese Ausnahme machen. Ausnahmen sind immer gut – das ist die Position der SPÖ –, wenn sie so ausgestaltet sind, dass es sich eine Versichertengruppe – Arbeitnehmer, Arbeitgeber – entsprechend selbst finanziert und nicht zusätzliche Mittel aus Steuer­geldern aufgewendet werden müssen.

Aus diesem Grund sind wir gespannt, ob Sie, meine sehr geschätzten Damen und Herren, unserem Antrag beim Tagesordnungspunkt 3 zustimmen werden, wenn es darum geht, dass die Betriebskrankenkassen entsprechend ihrer jetzigen Form auf­recht­erhalten bleiben sollen, da sie den Staat und den Steuerzahler keinen Cent kos­ten.

Zum Antrag betreffend die Mindestpensionen: Wir – ÖVP, FPÖ und SPÖ – sind uns da bei Folgendem einig: Ja, wir stehen zu 1 200 Euro netto Mindestpension für Einzel­personen, ja, wir stehen zu 1 500 Euro netto Mindestpension für Ehepaare. Was uns aber unterscheidet, ist, wie wir Zeiten anrechnen. Das ist der erste Punkt. Sie haben in Ihrem Antrag bei 40 Erwerbsjahren die Anrechnung von bis zu 60 Monaten Karenz­zeiten vorgesehen – auch das sehen wir nicht als ganz fair. Wir werden heute be­schließen, dass im Gesetz auch die vollen Karenzzeiten verankert werden, pro Kind bis zu 24 Monate. Bei Ihrem Gesetzesvorschlag machen Sie einen Deckel drauf, indem Sie sagen: maximal fünf Jahre.

Was uns auch unterscheidet, ist die Position, dass wir immer davon ausgegangen sind und gesagt haben: Wir wollen 40 Versicherungsjahre. Warum? – Es kann nicht sein, wenn zum Beispiel eine Mindestpensionistin durch Krankheit aus dem Berufsleben herausgerissen wird oder ein Mindestpensionist durch Arbeitslosigkeit aus der Berufswelt herausgerissen wird, dass sie dann nicht die Chance haben, diese Mindest­pension zu erreichen. Auch da war unser Vorschlag ein anderer, den wir auch immer wieder entsprechend begründet haben.

Der zweite Punkt, der uns hinsichtlich Ihrer Vorlage unterscheidet, geschätzte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, ist jener, dass wir gesagt haben, wir wollen weiter­verhandeln betreffend die Sicherheit dieser Mindestpension, was Exportfähigkeit die­ses Pensionsbonus in EU-Staaten betrifft. Als das Sozialministerium mit seinen Experten in unserer Aussprache am letzten Donnerstag ganz klar darauf hingewiesen


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hat, dass ein Unsicherheitsfaktor, was die Exportfähigkeit dieses Pensionsbonus in EU-Staaten betrifft, enthalten ist (Abg. Neubauer: Ist es nicht!), war unser Angebot klar.

Ich schaue jetzt wirklich beiden Vertretern von ÖVP und FPÖ in die Augen: Wir sind dort zu der Auffassung gekommen, dass wir uns das bis Montag noch einmal an­schauen, hinsichtlich der Rechtssicherheit der Nichtexportfähigkeit prüfen und dann entscheiden. Ich habe dann leider über das Wochenende die Information erhalten, dass es so bleiben soll, wie es ist. Wir nehmen das zur Kenntnis, sind aber für diese 1 200 Euro beziehungsweise 1 500 Euro Mindestpension. Wir wollen aber heute noch einmal einen Versuch starten, diese Gespräche fortzusetzen, nämlich in Form eines Rückverweisungsantrages. Wir sagen: Bitte schauen wir uns das – unter Berücksichti­gung aller Risken dieser Exportfähigkeit, zusätzlicher Kosten von bis zu 360 Millionen Euro plus – bis zur Beschlussfassung am 25. September noch einmal gemeinsam an! Deshalb stellen wir den Rückverweisungsantrag. Ich lade Sie alle ein, diesem Antrag zuzustimmen, weil es wirklich Sinn macht.

Es kann nicht sein, dass Sie sich bei der ersten Debatte hierherstellen und sagen: Achtung Schuldenbremse, wir müssen schauen, wie wir dementsprechend sparsam umgehen!, wenn Sie ein paar Stunden später einen Antrag mit einer derartigen Un­sicherheit betreffend Export von Sozialleistungen in EU-Staaten beschließen. Aus diesem Grund laden wir Sie ein, diesem Rückverweisungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann August Wöginger ist nun zu Wort gemel­det. – Bitte.


12.27.15

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir bringen heute die Mindestpension auf Schiene, eine höhere Mindestpension für jene Men­schen, die lange Beitragszeiten haben, nach dem Prinzip: Leistung muss sich auch lohnen. Es gibt Zigtausende Menschen in Österreich, die eine Ausgleichszulage er­halten, obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet haben. Sie haben dabei weniger verdient, waren in Branchen tätig, in denen man nicht viel verdient, oder haben in Teilzeit gearbeitet – aber sie waren immer erwerbs- und berufstätig.

Wir bringen heute eine Mindestpension bei 40 Beitragsjahren in Höhe von 1 200 Euro netto für Einzelpersonen und 1 500 Euro netto für Ehepaare, also bei Anwendbarkeit des Familienrichtsatzes, auf Schiene. Das ist eine große familien- und sozialpolitische Leistung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Neubauer und Stefan.)

Zum Vorwurf, dass ein Restrisiko besteht: Ja, ein Restrisiko besteht auch bei der Regelung, die wir gemeinsam beschlossen haben, 1 000 Euro mit 30 Beitragsjahren; wir nehmen nämlich auf die gleichen Faktoren Bezug, und das ist auch im Gesetz geregelt. Es ist steuerfinanziert – das ist der erste wichtige Punkt –, es ist von der Höhe der Beitragsleistung unabhängig, und es zielt auf den Wohnsitz im Inland ab – das sind die drei wesentlichen Faktoren, die uns gewährleisten, dass diese Aus­gleichszulage, dieser Bonus nicht exportierfähig ist. Davon gehen wir aus, sonst wäre das Restrisiko auch bei der anderen Regelung gegeben. Hundertprozentig aus­schließen kann man es nicht, aber da die alte Regelung gehalten hat, gehen wir davon aus, dass auch diese Regelung hält.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 92

Es ist im Gesetz verankert, es steht auch in den erläuternden Bemerkungen. Ich lese das kurz vor: „Da der vorgeschlagene Ausgleichszulagen- bzw. Pensionsbonus an das Vorliegen einer langen Versicherungsdauer anknüpft, nicht jedoch von der Höhe der geleisteten Beiträge abgeleitet wird, ist davon auszugehen, dass dieser aus allge­meinen Mitteln finanzierte Bonus ebenso wenig dem Leistungsexport unterliegt wie die Ausgleichszulage.“

Ob man es jetzt Ausgleichszulage Plus oder Pensionsbonus nennt, ist zweitrangig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Die drei Faktoren sind wichtig, und wir gehen davon aus, dass es nicht exportfähig ist; das wollen wir nämlich nicht. Wir wollen aber, dass jene Menschen, die lang gearbeitet haben, hier eine höhere Pension bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich auch bei der FPÖ, dass wir das noch gemeinsam auf Schiene bringen konnten. Es ist auch in der mittelfristigen Haushaltsplanung vorgesehen; das möchte ich auch dazusagen. Wir haben das ja auch noch gemeinsam Mitte Mai prä­sentiert, und daher ist jetzt die legistische Ausarbeitung sozusagen auch vorhanden. Wir werden dieses Gesetz beschließen.

Zu den Versicherungszeiten auch ein Wort: Wir haben uns da an die Lang­zeit­versichertenregelung angelehnt. Fünf Jahre bei den Kindererziehungszeiten und ein Jahr beim Präsenz- und Zivildienst, das ist genau gleich wie bei der Langzeit­ver­sichertenregelung, da wir schon wollen, dass die Beitragszeiten im Vordergrund stehen, damit jene Menschen, die durchgehend gearbeitet haben – mit diesen beiden Ausnahmen –, auch in den Genuss dieser erhöhten Mindestpension kommen. Es werden circa 45 000 Menschen in Österreich davon profitieren.

Ich komme aus einer Grenzgängerregion im Innviertel. Wir haben dort die Situation, dass es gerade im Pensionsbereich viele Menschen gibt, die ihr Leben lang zum Beispiel in Deutschland gearbeitet haben, und da sieht man den Unterschied zwischen den deutschen und den unsrigen Pensionen. Die deutsche Pension wird nämlich zwölf Mal im Jahr ausbezahlt. Eine große Menge an Menschen erhält also diese Ausgleichs­zulage, da sie nicht einmal für durchgehende Arbeit in den Genuss von 1 000 Euro Pension kommen, und spricht man von Ehepaaren, dann haben diese die Ausgleichs­zulage für Familien.

Das ist die Wahrheit, wenn man die Systeme miteinander vergleicht. Es ist eine wichtige Maßnahme im Bereich der Sozialpolitik, meine Damen und Herren. Wir beschließen heute diesen Bonus im Sinne jener Menschen, die lange gearbeitet haben, lange eingezahlt haben, weil sie es sich verdient haben, dass auch der Staat die notwendige Anerkennung zum Ausdruck bringt. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stefan.)

12.31


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Mag. Gerald Loacker ist der nächste Redner. – Bitte.


12.31.59

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Alle haben ein ungeteiltes Interesse daran, dass die Menschen, die lange gearbeitet haben, eine Pension bekommen, von der sie auch gut leben können. Das muss das System gewährleisten, und das darf nie davon abhän­gen, ob gerade Wahlkampfzeit ist.

Was der vorgeschlagene Text allerdings beinhaltet, sind ein paar Pferdefüße.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 93

Der erste ist jener, dass das Versicherungsprinzip ganz, ganz massiv aus den Angeln gehoben wird. Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele nennen: Grundsätzlich gilt im Pen­sionssystem das Prinzip, dass jeder Monat längeres Arbeiten die Pension um ein wenig erhöht. Mit einem fixen Anknüpfen an 40 Beitragsjahre werden ganz viele Personen in die Situation kommen, dass sich zusätzliche Arbeitsmonate für sie nicht mehr auszahlen; sie werden gleich viel Pension haben, egal ob sie 40, 40,5 oder 41 Jahre gearbeitet haben. Das ist natürlich keine Maßnahme, die dazu beiträgt, die Menschen länger im Erwerbsleben zu halten.

Es werden auch Ungerechtigkeiten entstehen. Wer zum Beispiel 39 Jahre arbeitet und dann aus gesundheitlichen Gründen aufhören muss, hat vielleicht in den 39 Jahren viele Beiträge bezahlt, er wird aber diesen Pensionsbonus, den eine Person bekommt, die zwar 40 Jahre gearbeitet hat, aber 40 Jahre in Teilzeit war und ganz wenig Beiträge einbezahlt hat, nicht bekommen. – Das wird also zu Ungerechtigkeiten führen.

Die Extrembeispiele, die das Ministerium auch berechnet hat, führen dazu, dass jemand, der aufgrund eigener Beiträge auf 800 Euro Pension kommt, am Schluss mehr hat als jemand, der aufgrund eigener Beiträge auf 2 000 Euro brutto Pension kommt. So eine Verzerrung bewerkstelligen Sie mit Ihrem System.

Klubobmann Wöginger hat gesagt, es gibt in Oberösterreich viele, die einige Jahre in Deutschland gearbeitet haben, und natürlich sind bei solchen europäischen grenzüber­schreitenden Regelungen, bei der Frage, ob jetzt jemand 40 Arbeitsjahre hat oder nicht, die deutschen Zeiten mitzuberücksichtigen. Das gilt natürlich aber nicht nur für deutsche Jahre, das gilt auch für rumänische, bulgarische und slowakische Jahre und bedeutet, dass jemand, der 35 Jahre in Rumänien und fünf Jahre in Österreich gear­beitet hat, diesen Pensionsbonus auch bekommen wird, da kann die ÖVP, da kann Klubobmann Wöginger noch so schön in das Gesetz hineinschreiben, dass das nicht exportierbar sein wird.

Alle Fachleute sind sich einig, dass man diesen Pensionsbonus auch wieder nach Hause mitnehmen kann. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Die Professoren Obwexer, Marhold und Mazal haben übereinstimmend gesagt: Natürlich kann man das expor­tieren. – Das heißt, der größte Teil dessen, was wir heute beschließen, wird nicht bei den österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten, sondern im Ausland landen. Und es ist schon bemerkenswert, dass gerade die Parteien, die den Kindern der Erwerbstätigen das Geld nicht gegönnt haben, nämlich den Kindern im Ausland viel weniger Geld gegönnt haben, jetzt viel größere Beträge an die Pensionisten überwei­sen wollen.

Es gäbe aber andere Lösungen, und deswegen haben wir einen Abänderungsantrag eingebracht. Wenn es ehrlichen Herzens um ein soziales Anliegen geht, wenn es um die Pensionisten geht, die wirklich vom Minimum leben müssen, dann nehmen Sie diese 50 Millionen Euro in die Hand und geben Sie sie denen, die tatsächlich von diesem Minimum, nämlich von der Ausgleichszulage, leben.

Wenn man die Ausgleichszulage erhöht, anstatt diesen Pensionsbonus einzuführen, hat man mehrere Vorteile: Von der Ausgleichszulage profitieren vor allem Frauen, von Ihrem Pensionsbonus werden überwiegend Männer profitieren; die Ausgleichszulage ist nachweislich und rechtlich sicher nicht exportierbar, Ihr Pensionsbonus wird expor­tierbar sein; bei der Ausgleichszulage gibt es eine Prüfung des sozialen Bedarfs, die gibt es bei Ihrem Pensionsbonus nicht; die Ausgleichszulage bekommt nur, wer das Geld wirklich braucht, weil er sonst zu wenig zum Leben hat.

Wenn Sie also ehrlichen Herzens ein soziales Anliegen unterstützen würden, würden Sie die Ausgleichszulage erhöhen und nicht irgendwelche Wahlgeschenke verkaufen,


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die man dann den Leuten am Stammtisch gut erklären und als Geschenk präsentieren kann. (Beifall bei den NEOS.)

12.36

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 905/A der Abgeordneten August Wöginger, Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialver­siche­rungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 1 lautet die Z. 1 wie folgt:

1. § 293 Abs. 1 lit. a sublit aa. lautet:

„aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben für das Jahr 2019 1398,97 € und für das Jahr 2020 (vor der Anpassung um den Anpassungsfaktor gem. § 108 Abs. 5 ASVG für das Jahr 2020) 1420,00 €.“

II. In Artikel 1 lautet die Z. 2 wie folgt:

2. § 293 Abs. 1 lit. a sublit bb. lautet:

„bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist für das Jahr 2019 933,06 € und für das Jahr 2020 (vor der Anpassung um den Anpassungsfaktor gem. § 108 Abs. 5 ASVG für das Jahr 2020) 954,00 €.“

III. In Artikel 1 entfallen Z. 3 bis Z. 4

IV. In Artikel 2 lautet die Z. 1 wie folgt:

1. § 150 Abs. 1 lit. a sublit aa. lautet:

„aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben für das Jahr 2019 1398,97 € und für das Jahr 2020 (vor der Anpassung um den Anpassungsfaktor gem. § 108 Abs. 5 ASVG für das Jahr 2020) 1420,00 €.“

V. In Artikel 2 lautet die Z. 2 wie folgt:

2. § 150 Abs. 1 lit. a sublit bb. lautet:

„bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist für das Jahr 2019 933,06 € und für das Jahr 2020 (vor der Anpassung um den Anpassungsfaktor gem. § 108 Abs. 5 ASVG für das Jahr 2020) 954,00 €.“

VI. In Artikel 2 entfallen Z. 3 bis Z. 4

VII. In Artikel 3 lautet die Z. 1 wie folgt:

1. § 141 Abs. 1 lit. a sublit aa. lautet:

„aa) wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen Part­nerIn im gemeinsamen Haushalt leben für das Jahr 2019 1398,97 € und für das Jahr


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2020 (vor der Anpassung um den Anpassungsfaktor gem. § 108 Abs. 5 ASVG für das Jahr 2020) 1420,00 €.“

VIII. In Artikel 3 lautet die Z. 2 wie folgt:

2. § 141 Abs. 1 lit. a sublit bb. lautet:

„bb) wenn die Voraussetzungen nach sublit. aa nicht zutreffen und sublit. cc nicht anzuwenden ist für das Jahr 2019 933,06 € und für das Jahr 2020 (vor der Anpassung um den Anpassungsfaktor gem. § 108 Abs. 5 ASVG für das Jahr 2020) 954,00 €.“

IX. In Artikel 3 entfallen Z. 3 bis Z. 4

Begründung

Ad I. bis  IX.

ASVG/GSVG/BSVG: Der Pensionsbonus soll laut ÖVP und FPÖ 60 Mio Euro kosten. Dieser Bonus soll mit diesem Antrag gestrichen werden und stattdessen für die Erhöhung der Ausgleichszulage (Einzelperson bzw. Paare) verwendet werden - 21 Euro pro Monat (14x), 294 Euro pro Jahr. Frauenpolitisch bietet diese Variante den Vorteil, dass in erster Linie Frauen von dieser Ausgleichszulagen-Erhöhung profitieren, denn ktuell sind von 209.000 Ausgleichszulagen-Bezieher_innen 142.000 Frauen. Von der Variante gem. Antrag 905/A würden dagegen vorwiegend Männer profitieren [1], weil Frauen seltener 40 Beitragsjahre erreichen. Bei den Pensions-Boni gem. Antrag 905/A besteht zudem die Gefahr der „Exportierbarkeit“, was eine zusätzliche Budgetbelastung von bis zu 421 Mio Euro jährlich mit sich bringen könnte [2]. Diese Gefahr besteht bei einer Anhebung der Ausgleichszulage nicht.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläu­tert, er wurde auch verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Werner Neubauer. – Herr Abgeordneter, bitte.


12.36.47

Abgeordneter Werner Neubauer, BA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, heute ist ein guter Tag für die fleißigen und tüchtigen Men­schen in diesem Land, weil dieses Parlament heute einen Beschluss fassen wird, der diesem Fleiß auch Rechnung tragen wird.

Ich denke, dass es richtig und wichtig war, in das Regierungsprogramm eine Bestim­mung aufzunehmen, die einer freiheitlichen Forderung entspricht, die Herbert Kickl, Dagmar Belakowitsch und ich als Seniorenobmann seit zehn Jahren gestellt haben, nämlich eine Mindestpension für jene Menschen zur Auszahlung zu bringen, die in Österreich 40 Jahre tüchtig gearbeitet haben. Das wird heute beschlossen: 1 200 Euro beziehungsweise 1 500 Euro netto Mindestpension. Ich denke, das ist ein Meilenstein in der österreichischen Sozialpolitik. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Loacker, das ist eine zehn Jahre alte Forderung der Freiheitlichen Partei – genau aus diesem Grund ist es schon nicht richtig, dass wir heute ein Wahlzuckerl verabschieden –, das heißt, vor zehn Jahren habe ich das erste Mal – nicht von die­sem, sondern vom Rednerpult des Hohen Hauses am Ring aus – diese Forderung erhoben, und es ist schade, dass das damals – aufgrund der Blockade der Sozial-


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demokratie  nicht bereits umgesetzt wurde, weil uns vorwiegend von Herrn Bundes­minister Hundstorfer, in der Folge von Bundesminister Stöger die Unwahrheit gesagt wurde.

Zehn Jahre lang hat man behauptet, diese Reform kostet 8 Milliarden Euro. Wie sich bei der Durchrechnung unter der neuen Bundesregierung herausgestellt hat, war es ein Klacks – gegen das, was uns zehn Jahre lang erklärt wurde. Der Schaden für die Pensionistinnen und Pensionisten über die zehn Jahre, in denen sie das nicht bekommen haben, beträgt mittlerweile 50 000 Euro pro Pensionist. Und das hat die Sozialdemokratie leider zu verantworten. Das tut mir leid für die Menschen, denen dieses Geld heute abgeht, aber nichtsdestotrotz werden ab 1. Jänner 2020 nunmehr 45 000 Menschen vom Vorteil dieses heutigen Beschlusses profitieren. Wir tragen dazu bei, dass Pensionisten weniger zu Bittstellern der Politik werden.

Der Beschluss wird dazu beitragen, dass die Armut bei den Pensionistinnen und Pen­sionisten weniger werden wird und so ein Altern in Würde möglich gemacht werden wird – durch die Freiheitliche Partei.

Ich bedanke mich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit! (Beifall bei der FPÖ.)

12.40


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


12.40.19

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Abgeordneter Neubauer hat behauptet, ich habe die Unwahrheit gesagt. – Herr Abgeordneter, ganz deutlich: Wer war Bundesminister, als wir eine Ausgleichszulage in der Höhe von 1 000 Euro eingeführt haben? Wer war das? – Ich kann es Ihnen sagen: Alois Stöger. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Das ändert ja nichts an der Tatsache! – Abg. Martin Graf: Wer ist der Alois Stöger?)

Zweitens: Wir haben deutlich gemacht, worum es geht, nämlich: Es hat einen Sünden­fall gegeben. 2003 hat man unter der Regierung Schüssel/FPÖ Altersarmut syste­matisch eingeführt, indem man die Alterspensionen massiv reduziert hat, indem man die Lebensdurchrechnung vorgenommen hat. Das hat am meisten die Frauen in Österreich betroffen, sie haben weniger Pension bekommen. (Abg. Neubauer: Sie hätten es zehn Jahre zurücknehmen können! Zehn Jahre haben Sie Zeit gehabt, haben Sie nichts gemacht!) Nicht langsam, sondern Schritt für Schritt sind die Pensio­nen niedriger geworden. – Ich habe 2016 darum gekämpft, dass wir in der Lage sind, die Ausgleichszulagen zu verbessern, denn ein Ziel ist für die Sozialdemokratie ganz wichtig: Wir wollen Pensionen, die zum Leben reichen, und es war die Sozialdemo­kratie, die immer dafür gekämpft hat, dass Menschen eine Pension bekommen, mit der sie auch ihr Auskommen haben!

Durch die Ausgleichszulagen ist es erst möglich geworden, angemessene Pensionen auch zu erreichen. Wie Herr Abgeordneter Muchitsch schon sehr deutlich gesagt hat, laufen die Lebens- und die Berufskarrieren nicht linear. Es gibt Situationen, dass sie unterbrochen werden, dass Arbeitslosigkeit kommt, dass Krankheit kommt, und gerade für diese Personen, die krank werden, die arbeitslos werden, muss es auch ein Recht auf eine entsprechende Pension geben.

Vielleicht ein bisschen etwas zu Abgeordnetem Wöginger, wenn er meint: Wir nennen das nicht Ausgleichszulage, sondern wir nennen es Bonus. – Ich kann nur an das anschließen, was diesbezüglich gesagt wurde: Bonus klingt, als sei es ein Zuckerl. In Wirklichkeit geht es um eine Ausgleichszulage für jene Menschen, die zu wenig Pension bekommen, um davon leben zu können. Bonus klingt danach, dass man bitten


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und betteln und nachher dankbar sein muss. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Menschen, die in Österreich gearbeitet haben, die sich eine Pension verdient haben, die brauchen nicht zu bitten und zu betteln, sondern die Ausgleichszulage muss für sie sichergestellt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir auch noch wichtig, einen Abän­derungsantrag zum Thema Betriebskrankenkassen einzubringen. Sie haben einen Gesetzesantrag eingebracht, mit dem die Betriebskrankenkassen aufgelöst werden, und ich bringe einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Rainer Wimmer, Muchitsch, Keck, Knes, Stöger, Ing. Vogl, Kolleginnen und Kollegen zu diesem Antrag 905/A ein, nämlich mit dem Ziel, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Betriebskranken­kassen geändert werden, denn nach diesen gesetzlichen Bestimmungen würden alle Betriebskrankenkassen ersatzlos gestrichen, denn ausschließlich der Arbeitgeber – und nicht die Menschen, die davon betroffen sind – kann entscheiden, ob eine Betriebskrankenkasse aufgelöst und in die ÖGK übergeführt wird.

„Die versicherten ArbeitnehmerInnen können nur zusehen und haben keinerlei Entscheidungseinfluss, obwohl sie auch einen großen Beitrag zum Bestehen dieser BKK“ – Betriebskrankenkassen – „leisten und sich enorm mit ,Ihrer‘ Versicherung iden­ti­fizieren.

Alleine im voestalpine-Konzern bestehen 3 Betriebskrankenkassen, die allesamt in der Steiermark angesiedelt sind:

Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme mit ca. 13.000 Anspruchsberechtigten

Betriebskrankenkasse Kapfenberg mit ca. 9.900 Anspruchsberechtigten

Betriebskrankenkasse Zeltweg mit ca. 4.000 Anspruchsberechtigten

Eine weitere Betriebskrankenkasse besteht in Niederösterreich:

Betriebskrankenkasse Mondi mit ca. 2.500 Anspruchsberechtigten“

Die stehen gut da, die können erhalten bleiben, und ich ersuche Sie, diesem Abän­derungsantrag die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.45

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Muchitsch, Keck, Knes, Stöger, Ing. Vogl

Genossinnen und Genossen

zum Antrag 905/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-So­zial­ver­sicherungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geän­dert:

a) Dem Artikel 1 werden folgende Ziffern 1 bis 7 vorangestellt.

1. Die Überschrift vor § 5a lautet:


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„Betriebskrankenkassen

2. § 5a lautet:

(1) Die Betriebskrankenkassen sind der sachlich zuständige Krankenversicherungs­träger für die Versicherten jener Betriebe, für die Betriebskrankenkassen errichtet wor­den sind. Sie besitzen Rechtspersönlichkeit. Anspruchsberechtigte können (freie) Dienstnehmer/innen, Lehrlinge, aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedene (freie) Dienstnehmer/innen, Lehrlinge und deren Angehörige sein.

(2) Für Betriebskrankenkassen gelten folgende Sondervorschriften:

1. Der Betriebsunternehmer ist verpflichtet, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung der Kasse erforderlichen Kosten zu bestreiten und die hiezu erforderlichen Arbeitskräfte unter eigener Verantwortlichkeit beizustellen.

2. Reichen die Bestände der Betriebskrankenkasse nicht aus, um die laufenden Ausgaben der Krankenkasse zu decken, so hat der Betriebsunternehmer die erfor­derlichen Vorschüsse zu leisten.

3. Reichen die Beitragseinnahmen selbst unter Heranziehung der Rücklagen zur Deckung der gesetzlichen Mindestleistungen nicht aus, so hat der Betriebsunter­neh­mer die zur Deckung erforderlichen Zuschüsse zu leisten.

4. Ergibt bei Auflösung der Betriebskrankenkasse die Schlussbilanz einen Fehlbetrag, so hat diesen der Betriebsunternehmer zu decken.

5. Unbeschadet der Z 1 kann die Betriebskrankenkasse Sachkosten zur ordnungs­gemäßen Verwaltung aus der ordentlichen Gebarung bestreiten, wenn die liquiden Mittel am Ende eines Geschäftsjahres zur Deckung von mindestens drei Monatsauf­wendungen ausreichen; die so verwendeten Mittel dürfen pro Kalenderjahr nicht mehr als 3 vT der Beitragseinnahmen eines Geschäftsjahres betragen. Als liquide Mittel gelten die Barbestände zuzüglich der Einlagen bei Geldinstituten und der Bilanzwert der Wertpapiere abzüglich der noch nicht abgeführten, für fremde Rechnung eingehobenen Beiträge sowie der am Ende des Geschäftsjahres buchmäßig fälligen unberichtigten Versicherungsleistungen und sonstigen Verbindlichkeiten.

3) Die innere Organisation der Betriebskrankenkassen richtet sich nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes BGBl I 100/2018.

(4) Die Bestimmungen, die sich auf den gesetzlichen Krankenversicherungsträger beziehen, sind auf die Betriebskrankenkassen sinngemäß anzuwenden.“

3. Die Überschrift vor § 5b lautet:

Antrag auf Auflösung einer Betriebskrankenkasse

4. § 5b lautet:

„(1) Ein Antrag zur Auflösung einer bestehenden Betriebskrankenkasse ist durch den Betriebsunternehmer nach Abschluss einer Betriebsvereinbarung im Sinne des § 97. Abs. 1 Ziff. 5 ArbVG zu stellen. Die Auflösung hat durch Verordnung der Bundes­minis­terin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz zu erfolgen. Das Bun­desministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz ist Aufsichts­behörde der Betriebskrankenkassen.

(2) Die innere Gestaltung der Betriebskrankenkassen richtet sich nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes BGBl I 100/2018.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 99

(3) Die Bestimmungen, die sich auf den gesetzlichen Krankenversicherungsträger be­ziehen, sind auf die Betriebskrankenkassen sinngemäß anzuwenden.“

5. § 26 Abs. 1 lautet:

„(1) Zur Durchführung der Krankenversicherung ist die Österreichische Gesundheits­kasse – im Bereich der Betriebskrankenkassen diese – sachlich zuständig.“

6. die Überschrift vor §152 lautet:

„Gleichstellung der Betriebskrankenkassen als Vertragspartner/innen“

7. § 152 wird lautet:

„§ 152. (1) Betriebskrankenkassen nehmen am allgemeinen Versorgungssystem durch Krankenanstalten und am Verrechnungssystem der Landesgesundheitsfonds (§ 27b KAKuG) und des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds teil. Sie haben alle dies­bezüglichen Verpflichtungen, insbesondere Beitragsleistungen, zu erfüllen und die zu Grunde liegenden Daten zur Verfügung stellen. Der Dachverband wird ermächtigt, die dafür notwendigen Verträge im Auftrag der betrieblichen Gesundheitseinrichtung abzu­schließen.

(2) Die abgeschlossenen Gesamtverträge sowie die darauf beruhenden Einzelverträge, weitere Rahmen- und sonstigen Verträge samt Zusatzvereinbarungen der Österreichi­schen Gesundheitskasse sind auch für die Betriebskrankenkassen wirksam, wobei die Bestimmungen des Sechsten Teiles zur Anwendung kommen.“

b) Die bisherigen Ziffern 1 bis 4 erhalten die Nummern 8 bis 11.

c) Folgende Z 12 wird eingefügt:

12. § 718 Abs. 8 bis 8b und Abs. 9 und 10 lauten:

„(8) Die Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe wird mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2020 aufgelöst.

(8a) Im Falle der Auflösung einer Betriebskrankenkasse können zum Zweck der Auf­rechterhaltung des für die Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen der jeweiligen Betriebskrankenkasse zum Zeitpunkt der Auflösung bestehenden Leis­tungsniveaus jeweils eine Privatstiftung zur Förderung der Gesundheit ihrer Be­schäftigten einrichten. Dieser Stiftung ist von der jeweiligen Betriebskrankenkasse ein Anteil ihres im Jahresabschluss ausgewiesenen Reinvermögens zu widmen. Näheres ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung der Betriebsunternehmer und des Betriebsrates zu regeln.

(8b) Das zum Stichtag 31. Dezember 2019 vorhandene Vermögen einschließlich der eigenen Einrichtung und die Verbindlichkeiten der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe, abzüglich des in Abs. 9 genannten Betrages, gehen entsprechend dem Versichertenstand zum Stichtag 31. Dezember 2019 auf die Krankenfür­sorge­anstalt der Bediensteten der Stadt Wien und die Versicherungsanstalt öffentlich Be­diensteter, Eisenbahnen und Bergbau über. Die eigene Einrichtung der Betriebskran­kenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe als solche geht mit 1. Jänner 2020 auf die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau über. Die Abwicklung der Betriebskrankenkasse der Wiener Verkehrsbetriebe obliegt ausschließ­lich der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, wobei die Kosten dieser Abwicklung im Rahmen der Vermögensaufteilung zu berücksichtigen sind. Die Vermögensverteilung ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz festzulegen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 100

(9) Die Betriebsunternehmer des in Abs. 8 genannten Betriebes können zum Zweck der Aufrechterhaltung des für die Versicherten und deren anspruchsberechtigten Ange­hörigen der jeweiligen Betriebskrankenkasse zum Zeitpunkt der Auflösung bestehen­den Leistungsniveaus jeweils eine Privatstiftung zur Förderung der Gesundheit ihrer Beschäftigten einrichten. Dieser Stiftung ist von der jeweiligen Betriebskrankenkasse ein Anteil ihres im Jahresabschluss 2019 ausgewiesenen Reinvermögens zu widmen. Näheres ist durch Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz nach Anhörung der Betriebsunternehmer und des Betriebs­rates zu regeln, wobei die Höhe des zu widmenden Anteils des Reinvermögens in Abhängigkeit von der Summe der bisher vom Betriebsunternehmer getragenen Verwaltungskosten und dem Alter der Anspruchsberechtigten festzusetzen ist.

(10) Bezüglich des im Abs. 8 verfügten Vermögensüberganges auf die Versiche­rungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau wird Folgendes festgelegt:

1. Der Jahresbericht für das Geschäftsjahr 2019 der Betriebskrankenkasse ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zu erstellen. Alle Schriften, Bücher und Akten der Betriebskrankenkassen sind mit 1. Jänner 2020 der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau zu über­geben.

2. Die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau hat

a) zur Nachweisung der Übernahme des Vermögens der mit 31. Dezember 2019 aufgelösten Betriebskrankenkassen dieses (Aktiva/Passiva) in geeigneten Aufzeich­nun­gen gesondert zu erfassen; abweichende Zuordnungen von Aktiva und Passiva in der Vermögensrechnung sind näher zu begründen;

b) in ihrer Schlussbilanz zum 31. Dezember 2020 in der Einzelnachweisung zu den Posten allgemeine Rücklage, Leistungssicherungsrücklage und Unterstützungsfonds die übernommenen Vermögensteile jeweils gesondert als „Vermögensübertragung“ anzugeben;

c) in ihrem Geschäftsbericht für das Jahr 2020 jedenfalls über das übernommene Vermögen (Aktiva/Passiva) sowie über den zum 1. Jänner 2020 übernommenen Versichertenstand näher zu berichten;

d) die Aufbewahrungsfristen nach § 58 der Weisungen für die Rechnungslegung und Rechnungsführung der Sozialversicherungsträger und des Hauptverbandes (Rech­nungs­vorschriften – RV) hinsichtlich aller übernommenen Bücher, Aufzeichnungen und sonstigen Unterlagen zu beachten.

(10a) Die Dienstverhältnisse von Bediensteten, die am 31. Dezember 2019 bei einer der im Abs. 8 genannten und mit 1. Jänner 2020 aufzulösenden Betriebskrankenkasse beschäftigt sind, gehen, sofern diese Bediensteten im Betrieb, für den die Betriebs­krankenkasse errichtet war, nicht mehr weiter beschäftigt werden können, oder in der betrieblichen Gesundheitseinrichtung nicht beschäftigt werden können, auf die Ver­siche­rungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau über.“

Begründung:

Die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen bedeuten für die meisten Betriebs­kran­kenkassen das AUS, denn ausschließlich der Arbeitgeber kann entscheiden, ob eine BKK aufgelöst und in die ÖGK überführt wird.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 101

Die versicherten ArbeitnehmerInnen können nur zusehen und haben keinerlei Ent­schei­dungseinfluss, obwohl sie auch einen großen Beitrag zum Bestehen dieser BKK leisten und sich enorm mit „Ihrer“ Versicherung identifizieren.

Alleine im voestalpine-Konzern bestehen 3 Betriebskrankenkassen, die allesamt in der Steiermark angesiedelt sind:

• Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme mit ca. 13.000 Anspruchs­berech­tigten

• Betriebskrankenkasse Kapfenberg mit ca. 9.900 Anspruchsberechtigten

• Betriebskrankenkasse Zeltweg mit ca. 4.000 Anspruchsberechtigten

Eine weitere Betriebskrankenkasse besteht in Niederösterreich:

• Betriebskrankenkasse Mondi mit ca. 2.500 Anspruchsberechtigten

Die Betriebskrankenkassen stehen finanziell gut da und kosten den Steuerzahler nichts. Noch nie wurde eine Förderung der öffentlichen Hand in Anspruch genommen. Die kleinen, überschaubaren, dezentralisierten SV-Einheiten werden den Anforde­run­gen der Versicherten geradezu optimal gerecht. Dazu kommt, dass der gesamte Ver­waltungsaufwand unmittelbar vom jeweiligen Unternehmen getragen wird und somit nicht den Versicherten belastet.

Durch diesen Antrag wird sichergestellt, dass eine Änderung der Rechtsform oder die Übertragung der Betriebskrankenkassen in die ÖGK immer nur im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und ArbeitnehmervertreterInnen der betroffenen Kasse erfolgen kann und dass die bisherige Bestimmung, wonach die Untätigkeit des Arbeitgebers automatisch zu einer Überführung der Betriebskrankenkasse in die ÖGK erfolgt, beseitigt wird.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag zu den Betriebskrankenkassen wurde in den Grundzügen erläutert und steht daher auch mit in Verhandlung.

Jetzt ist Frau Abgeordnete Dr.in Bogner-Strauß zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.45.42

Abgeordnete Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause und auf der Galerie! Mit dem Pensionsbonus geht die neue Volkspartei konsequent und verantwortungsvoll ihren Weg weiter, denn wir wollen insbesondere jene entlasten, die ein geringes Einkommen haben. Die ehemalige Bundesregierung hat da bereits viele Maßnahmen gesetzt. Ich darf die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge erwähnen und vor allem – was mir als damalige Familienministerin sehr wichtig war und am Herzen gelegen ist – den Familienbonus. Viele Menschen, viele Familien spüren bereits die Entlastung durch den Familien­bonus, da er monatlich mit dem Gehalt ausbezahlt wird; die anderen Familien können den Familienbonus mit dem Steuerausgleich am Ende des Jahres lukrieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Weitere Maßnahmen hätten wir natürlich gerne umgesetzt, aber nichtsdestotrotz haben wir immer darauf geachtet, ein Nulldefizit zu schreiben, unseren Kindern und Enkel­kindern keine neuen Schulden zu hinterlassen. Wahlzuckerln wird es mit uns nicht geben, denn wir als Volkspartei kehren weder unseren Prinzipien noch unseren Werten den Rücken, nur weil eine Neuwahl bevorsteht. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 102

Der geplante Pensionsbonus ist bereits im Budget eingerechnet. Wir haben es bereits gehört, aber ich möchte es gerne wiederholen: 40 Beitragsjahre – neu 1 200 Euro netto pro Monat statt wie bisher 995 Euro. Das bringt Ihnen, liebe Pensionisten und Pen­sionistinnen, 2 800 Euro pro Jahr mehr. Auch für Ehepaare gibt es in Zukunft 1 500 Euro netto statt wie bisher 1 260 Euro; auch das sind 3 300 Euro mehr pro Jahr. Was mir als ehemaliger Familienministerin und auch als Frauenministerin sehr wichtig ist, ist, dass wir fünf Jahre an Kindererziehungszeiten einrechnen. Außerdem wird der Zivil- und Präsenzdienst eingerechnet.

Davon profitieren über 40 000 Menschen; mehr als die Hälfte davon sind Frauen, und das ist mir als Frauensprecherin der ÖVP natürlich besonders wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Frauen sind doppelt so häufig von Altersarmut betroffen wie Männer. Deshalb müssen wir unsere Kräfte bündeln, um Frauen vor Altersarmut zu bewahren. Wir haben einen Pensionsunterschied von 40 Prozent, einen Lohnunterschied von 20 Prozent. Deshalb spreche ich mich für diesen Pensionsbonus und auch für das automatische Pensions­splitting aus. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Das wird den Abstand vergrößern!)

Für mich ist auch nicht nachvollziehbar, dass die SPÖ diesem Antrag heute nicht zustimmt. Ich möchte die Parteivorsitzende – die im Moment nicht anwesend ist – zitieren, die gemeint hat, Politik sei dazu da, die Lebensumstände der Menschen zu verbessern. – Das macht dieser Antrag, indem wir damit vor allem Frauen aus der Altersarmut holen. Politik soll nämlich nicht auf dem Rücken der Menschen aus­getragen werden, sondern für sie gemacht werden. Davon ist die SPÖ derzeit weit entfernt, und die Menschen in Österreich haben das längst erkannt. (Beifall bei der ÖVP.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Irmgard Griss. – Bitte.


12.49.57

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Gegenwärtige und künftige Pensionistinnen und Pensionis­ten – und das sind hoffentlich alle, wenn sie es erleben – interessieren vor allem zwei Dinge: Wie viel bekomme ich Pension? Und: Werde ich diese Pension auch in Zukunft bekommen?

Die Sicherheit des Pensionssystems ist eine ganz wesentliche Frage, und nicht zufällig ist das vor allem auch in Wahlkampfzeiten immer ein Thema. Wahlen wurden mit dem Versprechen gewonnen, die Sicherheit der Pensionen zu gewährleisten. Briefe an Pen­sionisten sind vor allem in der Vorwahlzeit sehr beliebt. Es ist daher nur folgerichtig, dass 2017 per Gesetz eine Alterssicherungskommission eingesetzt wurde, die sich aber leider bisher nicht konstituiert hat.

Diese Alterssicherungskommission hat die Aufgabe, ein ständiges Monitoring des Pen­sionssystems, und zwar sowohl der Pensionsversicherungsanstalt als auch der Beam­tenpensionen, durchzuführen. Diese Alterssicherungskommission soll jährlich einen kurz- oder mittelfristigen Bericht über die Finanzierbarkeit und über die Belastbarkeit des Systems und jedes dritte Jahr einen langfristigen Bericht erstatten. Das sind Informationen, die ganz entscheidend sind, um beurteilen zu können, ob dieses Pen­sionssystem, das wir haben, zukunftssicher, enkelfit ist. Die Alterssicherungskom­mission soll auch Maßnahmen vorschlagen, wenn das notwendig ist, um die Sicherheit des Pensionssystems zu gewährleisten.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 103

Leider hat sich diese Kommission bisher nicht konstituiert. NEOS hat im vergangenen Jahr eine Anfrage an die damalige Frau Bundesministerin gestellt, und im Dezem­ber 2018 ist die Antwort gekommen, dass leider noch nach einem Vorsitzenden/einer Vorsitzenden gesucht wird. – Offenbar hat man die bis heute nicht gefunden, denn die Kommission hat sich noch immer nicht konstituiert. (Abg. Neubauer: Ist ja nicht wahr! Stimmt nicht! Ich kann Ihnen Namen und Adresse sagen!) – Schauen Sie auf die Website, da steht das nach wie vor; ich habe heute in der Früh nachgeschaut! – Unabhängig davon soll nun das Gesetz bereits geändert werden, indem die Stimmrechte und auch die Zusammensetzung geändert werden. Die Erfahrungen aus der bisherigen Tätigkeit der Kommission können dafür nicht maßgebend sein, denn die gibt es nicht.

Die jetzige Diskussion über die Frage, wie hoch die Belastung durch die Mindest­pension, die heute beschlossen werden soll, sein wird, zeigt aber, wie wichtig diese Alterssicherungskommission ist, wie wichtig es wäre, diese Expertise zur Verfügung zu haben. Frau Bundesministerin (in Richtung Bundesministerin Zarfl), Sie hätten viel­leicht einen Vorsitzenden/eine Vorsitzende bestellen können und könnten daher vielleicht auf dieses Fachwissen zurückgreifen. Das wäre notwendig, denn wir haben heute ja vom Herrn Finanzminister gehört, dass verantwortungsvolle Politik evidenz­basierte Politik ist, Politik, die auf Fakten beruht – und von dieser Politik kann man das leider nicht behaupten. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

12.53


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Harald Stefan. – Bitte.


12.54.01

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das wesentliche Thema dieses Diskussionsblockes ist ja eindeutig der Pensionsbonus oder die Min­destpension von 1 200 Euro beziehungsweise 1 500 Euro. Ich empfinde das auch als ein sehr erfreuliches Zeichen, weil wir damit den Stellenwert klarmachen, den Men­schen in unserer Gesellschaft haben, die durch Beitragszahlungen oder auch durch Karenzzeiten einen Beitrag leisten. Daher freue ich mich sehr, dass das heute umgesetzt werden kann.

Es wurde schon von Wahlzuckerln oder Ähnlichem gesprochen. – Das ist schlicht und einfach falsch! Ich denke, selbst die, die das gesagt haben, wissen, dass es erstens einmal eine langjährige Forderung der FPÖ ist – nicht kurzfristig vor der Wahl – und dass das zweitens bereits im Regierungsprogramm gestanden ist und bereits ein­gerechnet wurde. Das heißt also, es ist kein Wahlzuckerl, sondern schlicht und einfach die Umsetzung unserer freiheitlichen und in dem Fall auch gemeinsam mit der ÖVP verfolgten Politik, also der ehemaligen Regierungspolitik.

Ich möchte aber noch auf einen anderen, einen kleineren Punkt in dieser Diskussion hinweisen, und zwar geht es darum, dass im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz eine Klarstellung vorgenommen wird, dass die Tätigkeit von Rechtsanwälten, die in größeren Gemeinschaften sind, eine selbstständige Tätigkeit ist. Es gab immer wieder Diskussionen, das ist ein Graubereich gewesen. Jeder, der sich mit derartigen Dingen beschäftigt, weiß, dass es sehr unangenehm ist, wenn nicht klar ist, ob es sich um ein Angestelltenverhältnis oder eine selbstständige Tätigkeit handelt, und dass das im Nachhinein unter Umständen zu unangenehmen Spätfolgen führen kann. Daher war es ein Anliegen auch seitens der Rechtsanwaltschaft, das ich sehr gerne mit aufgegriffen habe, dass man hier diese Klarstellung trifft, denn es ist nun einmal für das Berufsbild des Rechtsanwaltes essenziell, dass er selbstständig tätig ist, und daher ist es auch


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 104

nur logisch, dass er auch sozialversicherungsrechtlich entsprechend gesehen wird. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Fürlinger.)

Ich freue mich also, dass wir diesen unangenehmen Schwebezustand bereinigen können, indem wir das mit dem heutigen Tag umsetzen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Prinz.)

12.56


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte.


12.56.27

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin über einige Aussagen, die ich hier gehört habe, verwun­dert; besonders über die Aussage der Kollegin Bogner-Strauß, die hier erklärt hat, sie sei verwundert, dass die SPÖ diesem Antrag nicht zustimmen werde. – Das stimmt nicht, Kollegin Bogner-Strauß! Entweder haben Sie unserem Kollegen Muchitsch nicht zugehört, was er gesagt hat, oder Sie befinden sich auf demselben Trip wie Ihr Parteivorsitzender: dass Sie Behauptungen über die SPÖ in den Raum stellen, die einfach nicht stimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Muchitsch hat eines ganz klar erklärt: Wir werden diesem Antrag zustimmen, aber die Rahmenbedingungen dazu sollten neu verhandelt werden, weil einige Rah­men­bedingungen aus unserer Sicht nicht passen. Er hat gesagt, er werde einen Rückverweisungsantrag stellen, damit wir die Rahmenbedingungen noch verhandeln können. Wir sind gesprächsbereit, weil einige Dinge noch geklärt gehören. Das ist unserer Meinung nach noch sehr, sehr wichtig.

Einer Erhöhung der Mindestpension, einer Maßnahme dahin gehend zuzustimmen, das ist selbstverständlich, dass man so etwas macht, Kollege Neubauer, speziell dann, wenn dann die Einzelpensionisten 1 200 Euro und die Familien 1 500 Euro zur Verfü­gung haben, aber ein Problem für uns sind die Beitragsjahre statt den Versiche­rungsjahren. Wenn man sich einen normalen Berufsablauf anschaut, dann muss man feststellen, dass es sehr wohl viele Ausfallszeiten gibt, vor allem in Produktions­bereichen – nicht in Bürobereichen; ich sage wirklich: in Produktionsbereichen –, wo vermehrt Krankenstände zu verzeichnen sind, wo man vermehrt von Arbeitslosigkeit bedroht ist, weil die Firmen zusperren, und so weiter. All das sind Zeiten, die nicht mitangerechnet werden – und dann 40 Beitragsjahre zu erreichen ist natürlich etwas, was sehr, sehr schwer leistbar ist.

Wir glauben, dass es zwar ein erster richtiger Schritt ist, die Mindestpensionen zu erhöhen, aber wir müssen in Zukunft natürlich noch Veränderungen herbeiführen. Und eine der Veränderungen wäre – wichtig und auch gut –, zum Beispiel auch auf die nächsten Pensionsanpassungen zu schauen, denn gerade die Pensionisten sind es, die eine gute Anpassung brauchen, weil sie jene Gruppe sind, die den Wirtschafts­motor am Standort Österreich durch ihre Beiträge, durch ihre Einkäufe und so weiter am Laufen hält, meine Damen und Herren!

Weil wir gerade bei den Pensionen sind, habe ich auch folgenden Abänderungsantrag einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 905/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 105

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Die Z 1 erhält die Bezeichnung „1a.“ und folgende Z 1 wird vorangestellt:

1. In §261 wird folgender Absatz 8 eingefügt werden:

„(8) Abs. 4 ist auf Bezieher von Sonderruhegeld (Art. X NSchG) nicht anzuwenden. Der zuständige Pensionsversicherungsträger hat für Personen, die Sonderruhegeld beziehen, das Sonderruhegeld ab 1.1.2020 neu festzusetzen.“

*****

Meine Damen und Herren! Das ist ein Abänderungsantrag, der unter den Tagesord­nungspunkten 10 und 11 noch einmal im Detail diskutiert werden muss, weil es Ent­schließungsanträge dazu gibt. Wir glauben, gerade jetzt, wenn das Sozialversiche­rungsgesetz geöffnet wird, ist es notwendig, diesen Antrag einzubringen, um eine sofortige Lösung für schwerarbeitende Menschen in Österreich herbeizu­füh­ren. Die Problematik dieser schwerarbeitenden Menschen ist, dass sie zwar über 30, 40 Jahre Schwerarbeit leisten, Sonderbeiträge von den Dienstgebern einbezahlt werden – sie mit 57 Jahren dann aber mit den höchsten von allen Pensionsabschlägen in Pension geschickt werden. Wir sind der Meinung, wenn schon Extrabeiträge bezahlt werden, sollen diese Abschläge wegfallen.

Wir hätten jetzt hier die Möglichkeit – dieser Aufruf ergeht insbesondere an die FPÖ –, dies mit dieser Gesetzesänderung, mit diesem Abänderungsantrag sofort zu regeln, damit mit 1.1.2020 diese Sonderruhegeldbezieher – das sind wirklich nur schwer arbei­tende Menschen – endlich einmal die Pension erhalten, die ihnen auch zusteht. (Beifall bei der SPÖ.)

13.00

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Muchitsch, Keck, Knes, Stöger, Ing. Vogl, Genos­sinnen und Genossen

zum Antrag 905/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-So­zial­versicherungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geän­dert:

a) Die Z 1 erhält die Bezeichnung „1a.“ und folgende Z 1 wird vorangestellt:

1. In §261 wird folgender Absatz 8 eingefügt werden:

„(8) Abs. 4 ist auf Bezieher von Sonderruhegeld (Art. X NSchG) nicht anzuwenden. Der zuständige Pensionsversicherungsträger hat für Personen, die Sonderruhegeld bezie­hen, das Sonderruhegeld ab 1.1.2020 neu festzusetzen.“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 106

Begründung

Nachtschwerarbeit leisten Personen, die nach Artikel VII des Nachtschwerarbeits­gesetzes Nachtarbeit in Verbindung mit Schwerarbeit leisten. Für diesen Personen­kreis ist vorgesehen, dass sie, nach Erreichen bestimmter gesetzlichen Voraussetzun­gen, mit 57 Jahren das Sonderruhegeld in Anspruch nehmen können. Dafür müssen vom Dienstgeber zusätzlich für jeden Betroffenen 3,4% der Bruttolohnsumme monat­lich zum normalen Pensionsversicherungsbeitrag extra bezahlt werden. Aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage wird den Betroffenen trotz dieser zusätzlichen Beiträge ein Abschlag in der Höhe von 4,2% pro Jahr, max. 13,8% auferlegt. Das Sonder­ruhe­geld wird auf Basis der Invaliditätspension berechnet und diese Abschläge ziehen massive Pensionskürzungen für ArbeitnehmerInnen nach sich, die Jahrzehnte Nacht- und Schwerarbeit geleistet haben. Die Mehrkosten sind durch höhere Beiträge gerecht­fertigt.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Michael Hammer. – Bitte.


13.00.35

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Keck, ihr müsst möglicherweise den Inhalt der Redebeiträge ein bisschen klarer formulieren, dann ist für uns alle erkenntlich, ob ihr zustimmt oder nicht. (Zwi­schenruf des Abg. Klaus Uwe Feichtinger.) Diesbezüglich muss ich meine Kollegin Bogner-Strauß in Schutz nehmen. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Zum anderen haben wir ja automatisch angenommen, dass ihr diesem Antrag nicht zustimmt, denn ihr habt in der Vergangenheit nie zugestimmt, wenn es um Entlas­tungen für die Bürgerinnen und Bürger gegangen ist, sei es durch die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, sei es durch die Schaffung des Familienbonus oder viele weitere Maßnahmen, aber auch wenn es um mehr Gerechtigkeit gegangen ist, etwa bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, bei der Sozialhilfe Neu. (Zwischen­ruf des Abg. Muchitsch.) Ihr wart da nie dabei, und daher haben wir automatisch vorausgesetzt, dass ihr auch diese Entlastung der Menschen nicht mittragt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es wurde von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern inhaltlich schon sehr viel ge­sagt. Wir setzen diese Maßnahme, die in der Regierungszeit der türkis-blauen Regie­rung schon fixiert worden ist und die auch budgetär abgedeckt ist, konsequenterweise noch um, weil über all unserem Tun immer gestanden ist, die arbeitenden Menschen, vor allem auch dann, wenn sie in Pension sind, entsprechend zu entlasten. Und es wurde schon gesagt: Mit dieser Mindestpension von 1 200 Euro bei 40 Beitragsjahren kommt es zu einer Entlastung von 2 800 Euro pro Jahr und bei einem Ehepaar, wenn ein Ehepartner die 40 Beitragsjahre hat, zu einer Entlastung von 3 300 Euro im Jahr. Das ist eine deutliche Entlastung, die mit dem Jahr 2020 umgesetzt wird. (Abg. Vogl: Das ist keine Entlastung, das ist mehr Geld ...!)

Es ist nur gut und recht, dass man da mehr Gerechtigkeit hineinbringt. Die Menschen haben es als ungerecht empfunden, dass derjenige, der sein Leben lang gearbeitet hat, am Ende nicht viel mehr herausbekommt als ein Bezieher der Mindestsicherung, wie es das sozialistische System vorsieht. Daher diese Entlastung, denn der, der sein


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 107

Leben lang gearbeitet hat, soll auch entsprechend entlastet werden. Das ist unser Zugang und das setzen wir damit auch um.

Ich darf zu diesem Gesetz noch den Abänderungsantrag der Abgeordneten August Wöginger, Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 905/A betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden“, einbringen. Dieser Antrag ist verteilt worden, ich brauche ihn daher inhaltlich nicht vorzutragen. Es geht im Wesentlichen um technische Anpassungen. Inhaltlicher Natur ist noch eine Präzisierung enthalten, damit definitiv sichergestellt ist, dass es durch diese Neuregelung bei niemandem zu einer Verschlechterung kommt. Das wird noch präzisiert. Ich bitte, dem zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der FPÖ.)

13.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten August Wöginger, Werner Neubauer und Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 905/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geän­dert:

a) Die Z 1 erhält die Bezeichnung „1g.“ und folgende Z 1a bis 1f werden vorangestellt:

»1a. Im § 73 Abs. 1 vorletzter Satz wird der Ausdruck „und die Ausgleichszulagen“ durch den Ausdruck „ , die Ausgleichszulagenboni/Pensionsboni und die Ausgleichs­zulagen“ ersetzt.

1b. Im § 100 Abs. 1 lit. b zweiter Satz wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „und des Bonus nach § 299a“ eingefügt.

1c. Im § 105 Abs. 3 erster Satz wird der Ausdruck „und der Ausgleichszulage“ durch den Ausdruck „ , des Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus und der Ausgleichs­zulage“ ersetzt.

1d. Im § 108h Abs. 2 erster Satz wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „sowie des Bonus nach § 299a“ eingefügt.

1e. Im § 108h Abs. 3 wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „sowie der Bonus nach § 299a“ eingefügt.

1f. Im § 292 Abs. 4 wird der Punkt am Ende der lit. r durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende lit. s wird angefügt:

„s) der Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus nach § 299a.“«

b) § 299a Abs. 1 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhn­lichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 108

bb oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichs­zulagen­bonus/Pensionsbonus), wenn sie“

c) § 299a Abs. 3 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhn­lichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichs­zulagen­bonus/Pensionsbonus), wenn sie“

d) § 299a Abs. 5 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen, die mit dem Ehegatten bzw. der Ehegattin oder dem eingetragenen Partner bzw. der eingetragenen Partnerin im gemeinsamen Haushalt leben, gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus), wenn sie“

e) Im § 299a Abs. 6 erster Satz in der Fassung der Z 3 wird der Ausdruck „Abs. 5 Z 2“ durch den Ausdruck „§ 294 Abs. 4“ ersetzt.

f) § 299a Abs. 8 Z 1 in der Fassung der Z 3 lautet:

„1. der Pension samt einer allfälligen Ausgleichszulage, mit Ausnahme des auf die Richtsatzerhöhung nach § 293 Abs. 1 letzter Satz entfallenden Teiles,“

g) § 299a Abs. 10 in der Fassung der Z 3 lautet:

„(10) Auf den Bonus nach den Abs. 1 bis 6 sind die Bestimmungen über die Ausgleichszulage nach den §§ 292 Abs. 14, 293 Abs. 3, 295, 296 Abs. 2 bis 7, 297, 298 und 299 sinngemäß anzuwenden. Der Bonus hat die Rechtswirkungen der Ausgleichszulage; die Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 gilt nicht für den Bonus.“

h) Die Z 4 lautet:

»4. Nach § 725 wird folgender § 726 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019

§ 726. (1) Die §§ 73 Abs. 1, 100 Abs. 1 lit. b, 105 Abs. 3, 108h Abs. 2 und 3, 292 Abs. 4 lit. r und s, 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb und 299a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.

(2) § 293 Abs. 1 lit. a sublit. cc tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.

(3) Pensionsbeziehern, die Anspruch auf eine Leistung nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. cc bis zum 31. Dezember 2019 gehabt haben oder hätten, gebührt der Bonus nach § 299a in der Höhe, die sich aus § 293 Abs. 1 lit. a sublit. cc ergibt, wenn dies günstiger ist und spätestens im Jahr 2020 beantragt wird.

(4) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz hat in Ergänzung der in § 700 Abs. 6 dieses Bundesgesetzes, in § 365 Abs. 3 GSVG und in § 357 Abs. 3 BSVG vorgesehenen Evaluierung auch die sozialen Auswirkungen und die finanziellen Auswirkungen, die sich durch die Einführung des Ausgleichs­zulagen­bonus nach § 299a dieses Bundesgesetzes, nach § 156a GSVG und nach § 147a BSVG ergeben, bis 31. Dezember 2021 zu evaluieren.“«

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt ge­ändert:

a) Die Z 1 erhält die Bezeichnung „1g.“ und folgende Z 1a bis 1f werden vorangestellt:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 109

»1a. Im § 29 Abs. 1 vorletzter Satz wird der Ausdruck „und die Ausgleichszulagen“ durch den Ausdruck „ , die Ausgleichszulagenboni/Pensionsboni und die Ausgleichs­zulagen“ ersetzt.

1b. Im § 50 Abs. 2 erster Satz wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „sowie des Bonus nach § 156a“ eingefügt.

1c. Im § 50 Abs. 3 wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „sowie der Bonus nach § 156a“ eingefügt.

1d. Im § 68 Abs. 1 lit. b zweiter Halbsatz wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „und des Bonus nach § 156a“ eingefügt.

1e. Im § 73 Abs. 3 erster Satz wird der Ausdruck „und der Ausgleichszulage“ durch den Ausdruck „ , des Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus und der Ausgleichszulage“ ersetzt.

1f. Im § 149 Abs. 4 wird der Punkt am Ende der lit. r durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende lit. s wird angefügt:

„s) der Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus nach § 156a.“«

b) § 156a Abs. 1 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhn­lichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 150 Abs. 1 lit. a sublit. bb oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichs­zulagenbonus/Pensionsbonus), wenn sie“

c) § 156a Abs. 3 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhn­lichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 150 Abs. 1 lit. a sublit. bb oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichszulagen­bonus/Pensionsbonus), wenn sie“

d) § 156a Abs. 5 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen, die mit dem Ehegatten bzw. der Ehegattin oder dem eingetragenen Partner bzw. der eingetragenen Partnerin im gemeinsamen Haushalt leben, gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 150 Abs. 1 lit. a sublit. aa oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus), wenn sie“

e) Im § 156a Abs. 6 erster Satz in der Fassung der Z 3 wird der Ausdruck „Abs. 5 Z 2“ durch den Ausdruck „§ 151 Abs. 4“ ersetzt.

f) § 156a Abs. 8 Z 1 in der Fassung der Z 3 lautet:

„1. der Pension samt einer allfälligen Ausgleichszulage, mit Ausnahme des auf die Richtsatzerhöhung nach § 150 Abs. 1 letzter Satz entfallenden Teiles,“

g) § 156a Abs. 10 in der Fassung der Z 3 lautet:

„(10) Auf den Bonus nach den Abs. 1 bis 6 sind die Bestimmungen über die Aus­gleichszulage nach den §§ 149 Abs. 13, 150 Abs. 3, 152, 153 Abs. 2 bis 7, 154, 155 und 156 sinngemäß anzuwenden. Der Bonus hat die Rechtswirkungen der Ausgleichs­zulage; die Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 gilt nicht für den Bonus.“

h) Die Z 4 lautet:

»4. Nach § 374 wird folgender § 375 samt Überschrift angefügt:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 110

„Schlussbestimmungen zu Art. 2 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019

§ 375. (1) Die §§ 29 Abs. 1, 50 Abs. 2 und 3, 68 Abs. 1 lit. b, 73 Abs. 3, 149 Abs. 4 lit. r und s, 150 Abs. 1 lit. a sublit. bb und 156a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.

(2) § 150 Abs. 1 lit. a sublit. cc tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.

(3) Pensionsbeziehern, die Anspruch auf eine Leistung nach § 150 Abs. 1 lit. a sublit. cc bis zum 31. Dezember 2019 gehabt haben oder hätten, gebührt der Bonus nach § 156a in der Höhe, die sich aus § 150 Abs. 1 lit. a sublit. cc ergibt, wenn dies günstiger ist und spätestens im Jahr 2020 beantragt wird.“«

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Die Z 1 erhält die Bezeichnung „1g.“ und folgende Z 1a bis 1f werden vorangestellt:

»1a. Im § 26 Abs. 1 vorletzter Satz wird der Ausdruck „und die Ausgleichszulagen“ durch den Ausdruck „ , die Ausgleichszulagenboni/Pensionsboni und die Ausgleichs­zulagen“ ersetzt.

1b. Im § 46 Abs. 2 erster Satz wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „sowie des Bonus nach § 147a“ eingefügt.

1c. Im § 46 Abs. 3 wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „sowie der Bonus nach § 147a“ eingefügt.

1d. Im § 64 Abs. 1 lit. b zweiter Satz wird nach dem Wort „Ausgleichszulage“ der Ausdruck „und des Bonus nach § 147a“ eingefügt.

1e. Im § 69 Abs. 3 erster Satz wird der Ausdruck „und der Ausgleichszulage“ durch den Ausdruck „ , des Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus und der Ausgleichszulage“ ersetzt.

1f. Im § 140 Abs. 4 wird der Punkt am Ende der lit. r durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende lit. s wird angefügt:

„s) der Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus nach § 147a.“«

b) § 147a Abs. 1 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhn­lichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 141 Abs. 1 lit. a sublit. bb oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichs­zulagen­bonus/Pensionsbonus), wenn sie“

c) § 147a Abs. 3 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhn­lichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 141 Abs. 1 lit. a sublit. bb oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichszulagen­bonus/Pensionsbonus), wenn sie“

d) § 147a Abs. 5 Einleitung in der Fassung der Z 3 lautet:

„Langzeitversicherten Personen, die mit dem Ehegatten bzw. der Ehegattin oder dem eingetragenen Partner bzw. der eingetragenen Partnerin im gemeinsamen Haushalt leben, gebührt, solange sie ihren rechtmäßigen, gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, zur Ausgleichszulage nach § 141 Abs. 1 lit. a sublit. aa oder zur Pension aus eigener Pensionsversicherung ein Bonus (Ausgleichszulagenbonus/Pensionsbonus), wenn sie“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 111

e) Im § 147a Abs. 6 erster Satz in der Fassung der Z 3 wird der Ausdruck „Abs. 5 Z 2“ durch den Ausdruck „§ 142 Abs. 4“ ersetzt.

f) § 147a Abs. 8 Z 1 in der Fassung der Z 3 lautet:

„1. der Pension samt einer allfälligen Ausgleichszulage, mit Ausnahme des auf die Richtsatzerhöhung nach § 141 Abs. 1 letzter Satz entfallenden Teiles,“

g) § 147a Abs. 10 in der Fassung der Z 3 lautet:

„(10) Auf den Bonus nach den Abs. 1 bis 6 sind die Bestimmungen über die Aus­gleichszulage nach den §§ 140 Abs. 13, 141 Abs. 3, 143, 144 Abs. 2 bis 7, 145, 146 und 147 sinngemäß anzuwenden. Der Bonus hat die Rechtswirkungen der Ausgleichs­zulage; die Befreiung nach § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 gilt nicht für den Bonus.“

h) Die Z 4 lautet:

»4. Nach § 367 wird folgender § 368 samt Überschrift angefügt:

„Schlussbestimmungen zu Art. 3 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019

§ 368. (1) Die §§ 26 Abs. 1, 46 Abs. 2 und 3, 64 Abs. 1 lit. b, 69 Abs. 3, 140 Abs. 4 lit. r und s, 141 Abs. 1 lit. a sublit. bb und 147a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1. Jänner 2020 in Kraft.

(2) § 141 Abs. 1 lit. a sublit. cc tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2019 außer Kraft.

(3) Pensionsbeziehern, die Anspruch auf eine Leistung nach § 141 Abs. 1 lit. a sublit. cc bis zum 31. Dezember 2019 gehabt haben oder hätten, gebührt der Bonus nach § 147a in der Höhe, die sich aus § 141 Abs. 1 lit. a sublit. cc ergibt, wenn dies günstiger ist und spätestens im Jahr 2020 beantragt wird.“«

Begründung

Zu Art. 1 lit. a, Art. 2 lit. a und Art. 3 lit. a (§§ 73 Abs. 1, 100 Abs. 1 lit. b, 105 Abs. 3, 108h Abs. 2 und 3 sowie 292 Abs. 4 ASVG; §§ 29 Abs. 1, 50 Abs. 2 und 3, 68 Abs. 1 lit. b, 73 Abs. 3 und 149 Abs. 4 GSVG; §§ 26 Abs. 1, 46 Abs. 2 und 3, 64 Abs. 1 lit. b, 69 Abs. 3 und 140 Abs. 4 BSVG):

Mit diesen Änderungen werden redaktionelle Ergänzungen vorgenommen.

Zu Art. 1 lit. b bis d, Art. 2 lit. b bis d und Art. 3 lit. b bis d (§ 299a Abs. 1, 3 und 5 ASVG; § 156a Abs. 1, 3 und 5 GSVG; § 147a Abs. 1, 3 und 5 BSVG):

Durch die Einfügung betreffend den rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt wird sichergestellt, dass der Pensionsbonus nicht in jedes Land der Welt exportiert werden muss.

Durch die Einfügung betreffend Eigenpension wird sichergestellt, dass die Boni nur zu Eigenpensionen (Alters- oder Berufsunfähigkeits-/Invaliditätspensionen) gebühren und nicht auch zu Hinterbliebenenpensionen. Dies entspricht der geltenden Regelung des erhöhten Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit.  a sublit. cc ASVG.

Zu Art. 1 lit. e, Art. 2 lit. e und Art. 3 lit. e (§ 299 Abs. 6 ASVG; § 154a Abs. 6 GSVG; § 147a Abs. 6 BSVG):

Mit dieser Änderung wird eine Verweisung richtiggestellt.

Zu Art. 1 lit. f, Art. 2 lit. f und Art. 3 lit. f (§ 299a Abs. 8 Z 1 ASVG; § 156a Abs. 8 Z 1 GSVG; § 147a Abs. 8 Z 1 BSVG):


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 112

Mit dieser Änderung wird sichergestellt, dass die Kinderzuschläge nicht auf den Bonus angerechnet werden.

Zu Art. 1 lit. g, Art. 2 lit. g und Art. 3 lit. g (§ 299a Abs. 10 ASVG; § 156a Abs. 10 GSVG; § 147a Abs. 10 BSVG):

Durch die zusätzliche Verweisung auf § 299 ASVG wird der Fürsorgecharakter des Bonus stärker betont.

Klargestellt wird, dass der Bonus nicht unter die EStG-Befreiungsbestimmungen für Ausgleichszulagen fällt.

Der Hinweis auf die Verordnung (EG) 883/2004 entfällt, weil es sich beim Bonus nicht um eine Versicherungsleistung handelt.

Zu Art. 1 lit. h, Art. 2 lit. h und Art. 3 lit. h (§ 725 Abs. 3 und 4 ASVG; § 375 Abs. 3 GSVG; § 368 Abs. 3 BSVG):

Um eine im Einzelfall denkbare Schlechterstellung von Bezieher/inne/n von Aus­gleichs­zulagen nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. cc (samt Parallelrecht) auszuschließen, die einen solchen Anspruch bis zum 31. Dezember 2019 erworben haben oder hätten, wird vorgesehen, dass bei diesen Personen der Bonus nicht zu einem niedrigeren Bezug führen kann als nach dem geltenden Recht.

Die bisher nur für den erhöhten Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. cc ASVG (samt Parallelrecht) in § 700 Abs. 6 ASVG (samt Parallelrecht) bis Ende 2021 vorgesehene Evaluierung wird auf den neuen Ausgleichszulagenbonus erweitert und neben den finanziellen auch auf die sozialen Auswirkungen ausgedehnt.

Im Zusammenhang mit der Einführung des Ausgleichszulagenbonus ist der Voll­ständigkeit halber auch auf Folgendes hinzuweisen:

Bei der Begrenzung der Aufrechnung ist ein allfälliger Bonus zum Ausgleichs­zulagen­richtsatz hinzuzurechnen. Bei Ehepaaren und eingetragenen Partner/inne/n, bei denen Ausgleichszulagen- und Pensionsbonus-Bezug auseinanderfallen, ist auf Grund des § 299a Abs. 10 ASVG (samt Parallelrecht) im Fall eines Jahresausgleiches nach § 296 Abs. 5 bis 7 ASVG (samt Parallelrecht) für den jeweils in Betracht kommenden Richtsatz auch der Bonus hinzuzurechnen. Der Jahresausgleich wird vorrangig an den/die Ausgleichszulagenbonus-Bezieher/in auszuzahlen sein.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag wurde in den Grundzügen erläutert, verteilt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.03.29

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Abgeordnete Bogner-Strauß hat ge­sagt, dieser Pensionsbonus sei vor allem für die Frauen wichtig.

Ich berichtige tatsächlich: Vom Pensionsbonus werden weit überwiegend Männer profitieren. Das sagt auch die Pensionsversicherungsanstalt; das lässt sich im „Stan­dard“ nachlesen. Also von den 45 000 Personen werden ungefähr 2 700 Frauen sein. Die Pensionsversicherungsanstalt sagt: „Von der nun angekündigten höheren Mindestpension ab 40 Beitragsjahren werden Frauen nach Ansicht der PVA kaum profitieren können.“ – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

13.04



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 113

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Wurm. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.04.13

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Eine spannende Diskussion zum Thema Mindestpension 1 200 Euro netto. Es ist schon interessant, das zu verfolgen und festzustellen, dass es dazu jetzt offensichtlich die FPÖ, die Freiheitlichen, gebraucht hat, nachdem sich in diesem Bereich der Mindest­pensionen über viele Jahre und Jahrzehnte nichts bewegt hat. Ich glaube, man muss immer wieder hervorstreichen, dass ohne unser Zutun auch in diesem Bereich nichts möglich gewesen wäre. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Vogl.)

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Dieses Thema bewegt die Leute draußen ganz massiv. Ich führe unzählige Gespräche, in denen die Leute wissen wollen: Wie komme ich zu 1 200 Euro netto? – Es ist ganz wichtig, das Wort netto zu betonen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Wie komme ich zu diesen 1 200 Euro netto?, das fragen mich Leute, die schon in Pension sind oder kurz vor der Pension stehen, weil das für sie eine enorme Verbesserung sein wird.

Jetzt komme ich ganz kurz auf die NEOS zurück, auf Herrn Loacker – der glaubt ja immer nur seinen Experten –: Wir sind der Überzeugung, dass ganz massiv – und da gebe ich auch der ÖVP recht – Frauen profitieren werden. Ich kann das auch ganz kurz erklären: Bei diesen 40 Jahren hat man die Möglichkeit, sich fünf Jahre davon als Kindererziehungszeiten anrechnen zu lassen. Das heißt, als Frau brauche ich nur 35 Beitragsjahre oder Versicherungsjahre.

Noch ein kleiner Hinweis: Im neuen Pensionskonto gibt es diese Differenzierung zwi­schen Versicherungszeiten und Pensionszeiten auch nicht mehr.

Zu diesen 35 Jahren, um das auch zu erklären, zählt auch die Teilzeitarbeit dazu. Und das ist eben der springende Punkt: dass ja sehr viele Frauen nach der Geburt eines Kindes Teilzeit arbeiten, halbtags arbeiten, und diese Halbtagsarbeit zählt aber ge­nauso als vollwertiger Beitragsmonat wie Ganztagsarbeit.

Genau das war uns Freiheitlichen extrem wichtig: dass Leute, die über 35 oder in dem Fall 40 Jahre arbeiten, aber vielleicht manchmal nur in Teilzeit, endlich eine Pen­sionshöhe von 1 200 Euro netto erreichen, mit denen man auch in Österreich überleben kann – von Luxus gar keine Rede.

Das, was Herr Kollege Neubauer gesagt hat, stimmt: Die Sozialminister der SPÖ haben über Jahre immer wieder gesagt, das sei nicht finanzierbar und nicht machbar. – Knapp eineinhalb Jahre ist die FPÖ in der Regierung und es war und ist machbar. (Beifall bei der FPÖ.)

Noch ein kleiner Hinweis – das möchte ich schon anmerken, weil es ein ungelöstes Problem ist; leider Gottes sind wir jetzt nicht mehr in der Regierung, ich hoffe, wir werden wieder Regierungsverantwortung bekommen; ich würde dann schon alle Frak­tionen hier bitten, da mitzugehen –: Unseligerweise haben damals ÖVP, SPÖ und die Grünen, die ja wieder ins Parlament wollen, die Luxuspensionen im Verfassungsrang festgeschrieben. Das heißt, wir haben nach wie vor – es sitzen ja auch einige hier im Saal – Pensionisten mit einer Pension von 12 000, 17 000 oder 20 000 Euro im Monat. Wir Freiheitliche werden weiter dafür kämpfen, dass diese Luxuspensionen endlich gekürzt werden, dafür aber die normal arbeitende Bevölkerung eine entsprechend höhere Pension bekommt. – Danke. (Beifall bei der FPÖ

13.08



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 114

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.


13.08.19

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Wir beschließen heute unter anderem das Bundesgesetz, mit dem das Alterssicherungskommissions-Gesetz geändert wird. Die Kommission zur langfristigen Pensionssicherung war ein im Jahr 2000 gegründetes Gremium von Vertreterinnen und Vertretern des Nationalrates, der Sozialpartner, von PensionistInnenvertreterInnen und ergänzend auch von ExpertInnen. Diese Kommission hatte die Aufgabe, den Richtwert für eine Pensionsanpassung für das jeweils folgende Kalenderjahr zu er­rechnen. Außerdem erstellte diese Kommission ein Gutachten über die Haushalts­führung der gesetzlichen Pensionsversicherung für die nächsten fünf Jahre und einen Bericht über die langfristige Entwicklung und Finanzierbarkeit der gesetzlichen Pen­sions­versicherung.

Einer der großen Kritikpunkte an der Kommission war, dass sie aufgrund ihrer Größe – inklusive der kooptierten Experten waren es doch über 40 Personen – schwer zu gemeinsamen Beschlüssen kam. Die Handlungsfähigkeit dieser Kommission war also sehr eingeschränkt.

Nach langjähriger Diskussion verständigte man sich im Jahr 2016 darauf, mit 1.1.2017 eine neue und deutlich verkleinerte Alterssicherungskommission ins Leben zu rufen. Dieser Kommission obliegt es nun, sowohl den Bereich der gesetzlichen Pensions­versicherung als auch den Bereich der Pensionen des öffentlichen Dienstes jeweils getrennt einem Monitoring zu unterziehen. Neu dabei ist, dass nun eben auch die Pensionen des öffentlichen Dienstes von der Alterssicherungskommission durchleuch­tet werden. Der Anpassungsfaktor, der für die jährliche Anpassung der Pensionen relevant ist, wird nun nicht mehr von der Alterssicherungskommission festgelegt, son­dern direkt von den Experten im Sozialministerium.

Die Herausforderung für das Sozialministerium ist es, einen Experten auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften oder des Arbeits- und Sozialrechts zu finden, der dann im Einvernehmen mit dem BKA und dem Finanzministerium zu bestellen wäre. Das ist allerdings bis heute noch nicht gelungen. Da jedoch der Anpassungsfaktor für die Pensionen nicht mehr von der Kommission, sondern wie erwähnt direkt vom Ministerium festgelegt wird, ist die Auswirkung dieser Vakanz praktisch ohne Konsequenz, wie es auch der Vorsitzende der alten Kommission, Rudolf Müller, auf den Punkt gebracht hat.

Wie wird sich nun die Alterssicherungskommission zusammensetzen? – Mitglieder mit Stimmrecht werden zukünftig sein: je ein Experte/eine Expertin der Bundesarbeits­kammer und der WKÖ, zwei ExpertInnen des ÖGB, ein Experte/eine Expertin der Industriellenvereinigung, ein Experte/eine Expertin der Präsidentenkonferenz der LKÖ, je zwei ExpertInnen des Österreichischen Seniorenrates und der Bundesjugend­ver­tretung, je ein Experte/eine Expertin des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Digitali­sierung und Wirtschaftsstandort sowie des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

Das sind insgesamt 14 stimmberechtigte Mitglieder, also doch deutlich weniger als in der früheren Kommission. Hinzu kommen noch Mitglieder ohne Stimmrecht – das sind die ExpertInnen der Pensionsversicherungsanstalt und der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, je ein Entsandter des Österreichischen Instituts für Wirtschafts­forschung und des Instituts für Höhere Studien und zwei ExpertInnen der Wirtschafts-und Sozialwissenschaften beziehungsweise des Arbeits- und Sozialrechts.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 115

Wir sehen also, dass wir eine mit ExpertInnen besetzte und stark verkleinerte Kom­mission haben werden, die in dieser Zusammensetzung nach ihrer Konstituierung ihre Aufgaben ohne Zweifel zu unserer vollsten Zufriedenheit erfüllen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.12


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fürlinger. – Bitte.


13.12.28

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Minis­terin­nen! Ganz kurz zu dem Antrag bezüglich der Zuordnung der Rechtsanwälte zum ASVG oder nicht: Das ist eigentlich keine Ausnahme, die wir schaffen – das ist in der Debatte vom Kollegen Muchitsch so erwähnt worden –, sondern es gibt im GSVG seit der Pflichtversicherung für alle Selbstständigen für die freien Berufe eine ganz klare Bestimmung dahin gehend, dass sie in das GSVG, in das ASVG oder in die Grup­penkrankenversicherung optieren können. Das ist alles, worum es dabei geht. Und die Rechtsanwälte, die eingetragen werden, können zwischen diesen drei Versicherungs­varianten mit allen Konsequenzen wählen.

Es gibt hier eine klare Abgrenzung zum Dienstnehmer, denn ein Rechtsanwalt ist als Ausübender eines freien Berufes immer klassischer Selbstständiger. Nun ist es aller­dings so gewesen, dass jene Anwälte, die als sogenannte Substitutionsanwälte für größere Kanzleien tätig waren, die dort ihre Arbeit verrichtet haben und nur Teile ihrer eigenen Akten dort abrechnen durften, weil sie eben die Struktur nutzten, und auch Akten anderer dort zur Bearbeitung übernommen haben, bei einer Prüfung nach ASVG, bei der Lohnprüfung und Abgabenprüfung offenbar als Dienstnehmer eingestuft worden sind. Es ist dies eine vollkommen verfehlte Einstufung, weil ein Rechtsanwalt als Selbstständiger qua seines Verständnisses und seines Standesrechtes nie Dienst­nehmer sein kann und daher nicht zwangsweise in das Regime des ASVG einge­gliedert werden kann.

Das ist das, was wir mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, klarstellen. Wir beseitigen damit Unklarheiten, die eigentlich nicht notwendig gewesen wären. Es wäre schön, wenn wir den Dienstnehmerbegriff generell so hinkriegen würden, dass wir uns hinkünftig derartige Einstufungsverfahren, die für keinen angenehm sind, weder für den angeblichen Dienstnehmer noch für den Dienstgeber, ersparen können. Das wird ein Projekt für die Zukunft sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.14


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Da niemand mehr dazu zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit gebe ich bekannt: Da umfangreiche, kurzfristig eingebrachte Abänderungs- be­ziehungsweise Zusatzanträge vorliegen und eine kurze Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung der Abstimmung nicht ausreicht, verlege ich die Abstimmung bis nach den Tagesordnungspunkten 6 bis 8.

13.15.116. Punkt

Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird und ein Gesetz über die Errichtung eines Jungfamilienfonds (Jungfamilienfondsgesetz) erlassen wird (816/A)


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7. Punkt

Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Land­arbeitsgesetz 1984 geändert werden (576/A)

8. Punkt

Antrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 – MSchG, das Bundesgesetz, mit dem Karenz für Väter geschaffen wird (Väter-Karenzgesetz – VKG), sowie das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsgesetz 1984 – LAG) geändert wird (919/A)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punk­ten 6 bis 8, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Hinsichtlich der Anträge 816/A und 919/A wurde dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Frist zur Berichterstattung bis 1. Juli 2019 gesetzt. Hinsichtlich des Antrages 576/A wurde dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Frist zur Bericht­erstattung bis 13. Juni gesetzt.

Zu den Tagesordnungspunkten 6 bis 8 liegt kein Wunsch auf eine mündliche Bericht­erstat­tung vor. Daher gelangen wir zur Debatte.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bogner-Strauß. – Bitte.


13.17.04

Abgeordnete Mag. Dr. Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Bundesministerinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause und auf der Galerie! Lassen Sie mich zuerst auf die zwei Anträge zum Papamonat beziehungsweise zur flexiblen Väterkarenz eingehen.

Die Väterbeteiligung ist mir als Mutter von drei Kindern extrem wichtig. Dazu braucht es ein gesellschaftliches Umdenken und es braucht ein modernes Familienbild. Des­wegen sind alle Initiativen wichtig, die die Väterbeteiligung in Österreich erhöhen, denn da haben wir noch Aufholbedarf. Allerdings ist der Antrag der SPÖ zum Papamonat nicht zu Ende gedacht und auch verfassungsrechtlich bedenklich, sagen mir die Experten.

Der SPÖ-Antrag ist unflexibel, weil die Väter exakt 28 Tage Anspruch auf den Papa­monat haben. Weiters müssen diese 28 Tage innerhalb der Mutterschutzzeit nach der Geburt konsumiert werden. Da kommt es zu einer Ungleichbehandlung der Väter, denn manche Mütter sind zwei Monate in Mutterschutz und andere Mütter sind drei Monate in Mutterschutz. Das kommt darauf an, ob man eine natürliche Geburt oder einen Kaiserschnitt hat. Außerdem setzt der Antrag der SPÖ nur noch einen gemeinsamen Haushalt von Vater und Kind voraus. Meiner Meinung nach zielt die Papazeit aber darauf ab, die Bindung zwischen Vater, Mutter und Kind zu stärken.

Deswegen verfolgen wir mit den NEOS gemeinsam einen anderen Ansatz, und zwar den Antrag zur flexiblen Väterkarenz. Mit diesem Antrag kann jeder Vater 28 Tage Papamonat nehmen, aber wir setzen auf Wahlfreiheit und Flexibilität. Falls ein Vater nach der Geburt nicht die vollen 28 Tage nehmen kann – denken wir dabei an den Tourismus, an Selbständige oder an die Landwirtschaft; ich bin auf einem Bauernhof


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 117

aufgewachsen und weiß, in der Erntezeit ist es oft nicht möglich, sich 28 Tage Auszeit zu nehmen –, steht es ihm frei, sich zum Beispiel zehn Tage Auszeit zu nehmen.

Der Antrag der SPÖ, meine sehr geehrten Damen und Herren, würde diesen be­troffenen Vätern den Papamonat verwehren. Außerdem ermöglicht es der Antrag von den NEOS und von uns, dass Mutter und Vater zweimal gemeinsam in Karenz gehen. Dies stellt natürlich eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar. Außerdem können Karenzpausen besser aufeinander abgestimmt und im Familienver­band abgestimmt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Familien, Sie sehen, der Antrag der SPÖ ist wenig durchdacht und bietet Familien kaum Flexibilität. Eine Umsetzung bis zum 1. September 2019 wird außerdem vermutlich nicht möglich sein, da es dazu einer großen Reform des Kinderbetreuungsgeldes bedarf. Das heißt, die Väter haben zwar ab 1. September Rechtsanspruch auf den Papamonat, aber vermutlich auf noch keine budgetäre Entschädigung.

Dann möchte ich noch darauf eingehen, dass wir heute eine Änderung des Kinder­betreuungsgeldgesetzes einbringen und einen Jungfamilienfonds errichten. Sie wissen, das Kinderbetreuungsgeld dient dazu, das Einkommen nach der Geburt eines Kindes zu ersetzen. Daher gibt es auch ganz klar geregelte Zuverdienstgrenzen, und Selb­ständige hatten bislang zwei Jahre Zeit, diese Zuverdienstgrenze abzustecken. Viele Selbständige haben diese Frist übersehen, deshalb erweitern wir jetzt diese Frist, denn diese Familien sind jetzt teilweise zu Härtefällen geworden, sie haben zwar die Zuver­dienstgrenze nicht überschritten, mussten aber dennoch das Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen. (Abg. Heinisch-Hosek: Was ist mit den Krisenpflegeeltern? Die Krisen­pflegeeltern bekommen nichts!) Außerdem gibt es jetzt einen Jungfamilienfonds, und daraus können wir für die Selbständigen, die das Kinderbetreuungsgeld zurückbezahlt haben, dieses wieder ausgleichen.

Im Sinne dieser Anträge würde ich mir wünschen, dass die FPÖ im Sinne der Wahlfreiheit bei unserem Antrag zur flexiblen Väterkarenz mitgeht, denn es braucht mehr Flexibilität, um die Bedürfnisse von Eltern und Kindern umfassender und leichter abzudecken. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und NEOS.)

13.22


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Sandler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.22.14

Abgeordnete Birgit Silvia Sandler (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frauen Bundesministerinnen! Hohes Haus! Verehrte Zuseher und Zuseherinnen! Wir werden dem Antrag über die Abänderung des Kinderbetreuungsgeldes zustimmen, da wir keine taktischen Spielchen auf den Rücken von jungen Menschen und jungen Eltern austragen möchten. (Beifall bei der SPÖ.)

Uns ist es ganz, ganz wichtig, dass die Zuverdienstgrenze angehoben wird, aber – und das sage ich hier auch ganz klar und deutlich – das kann nur ein erster Schritt sein. Es muss selbstverständlich auch die Möglichkeit geschaffen werden, dass auch unselb­ständig Erwerbstätige, wenn sie zum Beispiel bei der Mutter-Kind-Untersuchung die Fristen versäumen, auch dort nicht – unter Anführungszeichen – „bestraft“ werden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Holzinger-Vogtenhuber.)

Da es mir ein Herzensanliegen ist, werden wir natürlich weiterkämpfen, dass auch die Krisenpflegeeltern das Kinderbetreuungsgeld vom ersten Tag an ausbezahlt bekom­men, weil es wichtig ist und weil es richtig ist. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 118

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Birgit Sandler, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 816/A

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

„Artikel 1 (Änderungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. Nach Ziffer 2 wird folgende Ziffer 3 eingefügt:

„3. § 2 Abs. 6 lautet:

„(6) Ein gemeinsamer Haushalt im Sinne dieses Gesetzes liegt nur dann vor, wenn der Elternteil und das Kind in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und beide an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Eine höchstens bis zu 10 Tage verspätet (§ 3 Abs. 1 Melde G) erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse schadet nicht. Der ge­meinsame Haushalt gilt bei mehr als 91 tägiger tatsächlicher Dauer einer Abwesenheit des Elternteils oder des Kindes als aufgelöst. Bei einem 91 Tage übersteigenden Krankenhausaufenthalt des Kindes wird bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch diesen Elternteil im Mindestausmaß von durchschnittlich vier Stunden täglich ausnahmsweise der gesamte Haushalt des Kindes mit diesem Elternteil im Sinne dieses Absatzes angenommen. Eine Krisenpflegeperson hat unabhängig davon ob eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Krisenpflegekind vorliegt, Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für dieses Krisenpflegekind.

Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht für den leiblichen Elternteil weiterhin für die Dauer des Krisenpflegeverhältnisses. Ein gleichzeitiger Bezug des Kinderbe­treu­ungsgeldes durch den leiblichen Elternteil und Krisenpflegeeltern ist maximal bis zu 91 Tagen ab Übernahme des Kindes durch den Krisenpflegeelternteil zulässig.““

2. Die bisherige Ziffer 3 erhält die Bezeichnung Ziffer 4.

*****

Wir finden, dass für unselbstständig Erwerbstätige und Krisenpflegeeltern eine schnelle Lösung wichtig ist und diese ihr Leben wesentlich erleichtern würde. Es muss möglich sein, das Geld dafür bereitzustellen.

Damit komme ich zu einem weiteren Thema. Sie haben in der Aktuellen Stunde – wie soll ich sagen? – eine Selbstbeweihräucherung, wie gut Sie mit Steuergeldern um­gehen, inszeniert. Und dann gibt es das Familienfest, 1. Mai 2019, ich zitiere laut den Medienberichten wörtlich: „ÖVP feiert Familienfest in Wien“. „Während Koalitions­partner FPÖ am Staatsfeiertag eine Kundgebung am Urfahraner Jahrmarkt in Linz abhielt und die SPÖ am Wiener Rathausplatz aufmarschierte, lud die ÖVP um Bun­deskanzler Kurz zum Familienfest in den Schönbrunner Schlosspark.“

Während aber die Kundgebungen von FPÖ und SPÖ dezidiert Parteiveranstaltungen waren, ließ sich die ÖVP ihr Fest vom Steuerzahler über die Ministerien finanzieren. (Abg. Leichtfried: Das ist ja unerhört! Ja, wie sind die denn?) Zusätzlich gibt es Medienberichte, die sagen, dass die Aufträge an langjährige Mitglieder der ÖVP, zum Beispiel an einen Gemeinderat in Niederösterreich, vergeben wurden. Jetzt wissen wir, dass die Kosten 230 000 Euro betragen haben, und da frage ich mich schon, ob die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes beachtet wurden.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 119

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Silvia Sandler, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Dr. Nikolaus Scherak, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Antrag auf Sonderprüfung des Familienfests im Schlosspark Schönbrunn – Verstoß gegen das Vergabegesetz und Verdacht auf Parteienfinanzierung durch die Hintertür durch Alt-Bundeskanzler Kurz“

– (Ruf bei der SPÖ: Das ist ein guter Antrag!) –

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundeskanzlerin wird aufgefordert, im Hinblick auf die Vorgänge im Zusam­menhang mit der Organisation und Durchführung des ‚Familienfests im Schlosspark Schönbrunn‘ durch die Österreichischen Bundesgärten in Kooperation mit dem Bun­desministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und dem Bundeskanzleramt, Frauen, Familien und Jugend unverzüglich eine interne Sonderprüfung zu veranlassen. Dabei sollen insbesondere alle damit im Zusammenhang stehende Aufträge sowie die Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen einer umfassenden Prüfung unterzo­gen werden.

Im Raum stehende Verdachtsmomente hinsichtlich des Verstoßes gegen vergabe­rechtliche Vorgaben durch Amtsträgerinnen und Amtsträger des Bundeskanzleramts, des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus und des Bundes­minis­teriums für Frauen, Familien und Jugend und deren ausgegliederten Einheiten sowie weitere Verdachtsmomente sollen eingehend geprüft werden. Der Bericht soll unver­züglich, spätestens bis zum 15. August dem Parlament übermittelt werden.“

*****

Ein Leobener Glückauf und danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.28

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs 3 GOG-NR

der Abgeordneten Birgitt Sandler

Genossinnen und Genossen

zum Antrag 816/A Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird und ein Gesetz über die Errichtung eines Jungfamilienfonds (Jungfamilien­fonds­gesetz) erlassen wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 120

„Artikel 1 (Änderungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes) wird wie folgt geändert:

Nach Ziffer 2 wird folgende Ziffer 3 eingefügt:

„3. § 2 Abs. 6 lautet:

„(6) Ein gemeinsamer Haushalt im Sinne dieses Gesetzes liegt nur dann vor, wenn der Elternteil und das Kind in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und beide an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind. Eine höchstens bis zu 10 Tage verspätet (§ 3 Abs.1. Melde G) erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Kindes an dieser Wohnadresse schadet nicht. Der ge­meinsame Haushalt gilt bei mehr als 91 tägiger tatsächlicher Dauer einer Abwesenheit des Elternteils oder des Kindes als aufgelöst. Bei einem 91 Tage übersteigenden Krankenhausaufenthalt des Kindes wird bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch diesen Elternteil im Mindestausmaß von durchschnittlich vier Stunden täglich ausnahmsweise der gesamte Haushalt des Kindes mit diesem Elternteil im Sinne dieses Absatzes angenommen. Eine Krisenpflegeperson hat unabhängig davon ob eine dauerhafte Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Krisenpflegekind vorliegt, Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für dieses Krisenpflegekind.

Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht für den leiblichen Elternteil weiterhin für die Dauer des Krisenpflegeverhältnisses. Ein gleichzeitiger Bezug des Kinder­betreuungsgeldes durch den leiblichen Elternteil und Krisenpflegeeltern ist maximal bis zu 91 Tagen ab Übernahme des Kindes durch den Krisenpflegeelternteil zulässig.““

Die bisherige Ziffer 3 erhält die Bezeichnung Ziffer 4.

Begründung

Wenn Familien in akute Krisensituationen geraten, kommen geschulte passagere Pflegeeltern zum Einsatz, die im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe Kinder für einen bestimmten Zeitraum in Pflege und Erziehung übernehmen. Diese Pflegeeltern springen immer dann ein, wenn ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis für eine nicht bloß verhältnismäßig kurze Zeit eintritt, das die leiblichen Eltern an der Betreuung hindert. Zu diesem Zeitpunkt ist aber noch unklar, wie es konkret weiter­geht: Ob eine Rückführung zu den Eltern, zu Verwandten oder zu Personen aus dem sozialen Umfeld möglich ist oder ob eine andere Form der Betreuung gefunden werden muss. Für diesen Zeitraum der Klärung betreuen meist eigens ausgebildete Krisen­pflege­familien vor allem sehr junge Kinder im Familienverband. Krisenpflegeeltern stellen ein äußerst bewährtes Betreuungsinstrument im Kinderschutz dar und es ist erforderlich ihre anspruchsvolle Kinderschutztätigkeit auch in dieser Hinsicht attraktiv zu gestalten. Die Gewährung des Kinderbetreuungsgeldes für Krisenpflegeeltern ab dem ersten Tag ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Es ist erfor­derlich im Kinderbetreuungsgeldgesetz eine Klarstellung einzufügen, damit auch Krisenpflegeeltern unabhängig von der Dauer des Betreuungsverhältnisses vom An­spruch auf Kinderbetreuungsgeld umfasst sind. Der Anspruch auf Kinderbetreuungs­geld besteht für den leiblichen Elternteil weiterhin für die Dauer des Krisenpflege­verhältnisses bis zu maximal 91 Tage.

Im Zuge der Novelle des Kinderbetreuungsgeldgesetzes 2018 wurde der Nachweis verlangt, dass Vater und Mutter während des Spitalsaufenthalts des Kindes während einer Familienzeit das Kind jeweils täglich 4 Stunden durchschnittlich pflegt und betreut. Diese Voraussetzungen sind kaum in die Praxis umzusetzen, wenn das Kind im Inkubator liegt. Krankenhaushygiene und betriebliche Abläufe im Spital werden sich


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 121

mit dieser Regelung kaum vereinbaren lassen. Das Spitalspersonal hat aber anders zu tun, als dies zu überwachen und dann eine Bestätigung darüber auszustellen. Bei Frühchen, die noch im Inkubator liegen müssen, ist eine vierstündige Betreuung schon aus rein medizinischen Gründen unmöglich. Diese bürokratischen Hürden werden mit dem vorliegenden Abänderungsantrag entschärft.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Sandler, Leichtfried, Zinggl, Scherak

Kolleginnen und Kollegen

betreffend Antrag auf Sonderprüfung des Familienfests im Schlosspark Schönbrunn – Verstoß gegen das Vergabegesetz und Verdacht auf Parteienfinanzierung durch die Hintertür durch Alt-Bundeskanzler Kurz

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 6: Antrag der Abgeordneten Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird und ein Gesetz über die Errichtung eines Jungfamilienfonds (Jungfamilienfondsgesetz) erlassen wird (816/A)

Am 1. Mai 2019 fand das „Familienfest im Schlosspark Schönbrunn“ statt. Eröffnungs­redner war der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz. Eingeladen hatten dazu die Ministerinnen Köstinger (BMNT) und Bogner-Strauß (BKA, FFJ) sowie die „Öster­reichischen Bundesgärten“. Die ÖVP hatte damals schon versucht, dieses Familienfest für sich zu vereinnahmen und als politisches Pendant zum Staatsfeiertag zu „ver­kaufen“. Dass hier der Versuch unternommen wurde, ein aus Steuermitteln finanziertes Familienfest parteipolitisch für die ÖVP zu nutzen, lässt sich auch daran erkennen, dass beispielsweise damalige FPÖ-Regierungsmitglieder keine Einladung dazu er­halten hatten und daher nur Vertreterinnen und Vertreter der ÖVP-geführten Ressorts anwesend waren. In zahlreichen Medien wurde darüber berichtet, so beispielsweise auch auf Salzburg24.at Dort heißt es wörtlich: „ÖVP feiert Familienfest in Wien. Während Koalitionspartner FPÖ am Staatsfeiertag eine Kundgebung am Urfahraner Jahrmarkt in Linz abhielt und die SPÖ am Wiener Rathausplatz aufmarschierte, lud die ÖVP um Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Familienfest in den Schönbrunner Schlosspark.“ Während aber die Kundgebungen von FPÖ und SPÖ dezidierte Partei­veranstaltungen waren, ließ sich die ÖVP ihr Fest vom Steuerzahler über die Minis­terien finanzieren. Offensichtlich um die Parteikassa zu schonen.

Mittlerweile wurde bekannt, dass dieses Fest dem Steuerzahler zumindest 230.000 Euro an Kosten verursacht hat. Darüber hinaus wurde bekannt, dass bei der Auftrags­vergabe – jedenfalls als Subunternehmer - ein erst 2016 gegründetes Unternehmen involviert war, welches zu 50 Prozent dem früheren Generalsekretär und jetzigem provisorischen Leiter der Präsidialsektion im BKA , Dieter Kandlhofer, gehört. Presse­berichten zufolge lautet der Firmensitz auf die Privatadresse des langjährigen Mitglieds der ÖVP Niederösterreich. Die andere Hälfte des Unternehmens gehört Florian K., der – übrigens wie Dieter Kandlhofer - ÖVP-Gemeinderat in Hagenbrunn in Niederöster­reich ist. Florian K. hat auch das Familienfest moderiert.

Hier erhärtet sich der Verdacht auf Parteibuch- und Freunderlwirtschaft, zumal fraglich ist, wie und ob bei Kosten von mehr als 230.000 Euro die Bestimmungen des Bundes­vergabegesetzes beachtet wurden. Bei Aufträgen über 100.000 Euro an einen Auftrag­nehmer hat gemäß den Bestimmungen des Vergabegesetzes jedenfalls eine öffent­liche Ausschreibung zu erfolgen. Aufträge über 50.000 Euro müssen seit 1. März 2019


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von öffentlichen Auftraggebern jedenfalls bekannt gegeben werden. Es stellt sich daher die Frage, wann und wo diese Aufträge seitens der zuständigen Ministerien sowie der ausgegliederten Einheiten veröffentlicht wurden.

Aus diesem Grund stellen die unterzeichnenden Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen

Die Bundeskanzlerin wird aufgefordert, im Hinblick auf die Vorgänge im Zusam­menhang mit der Organisation und Durchführung des „Familienfests im Schlosspark Schönbrunn“ durch die Österreichischen Bundesgärten in Kooperation mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und dem Bundeskanzleramt, Frauen, Familie und Jugend unverzüglich eine interne Sonderprüfung zu veranlassen. Dabei sollen insbesondere alle damit im Zusammenhang stehenden Aufträge sowie die Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen einer umfassenden Prüfung unter­zogen werden.

Im Raum stehende Verdachtsmomente hinsichtlich des Verstoßes gegen vergabe­rechtliche Vorgaben durch Amtsträgerinnen und Amtsträger des Bundeskanzleramts, des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus und des Bundesminis­teriums für Frauen, Familie und Jugend und deren ausgegliederten Einheiten sowie weitere Verdachtsmomente sollen eingehend geprüft werden. Der Bericht soll unver­züglich, spätestens bis zum 15. August dem Parlament übermittelt werden.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Die soeben eingebrachten Anträge sind ordnungs­gemäß eingebracht, ordnungsgemäß unterstützt und stehen mit in Verhandlung. (Ruf bei der SPÖ: Das ist ein Gebot der Stunde! – Weiterer Ruf bei der SPÖ: Das ist halt ein guter Antrag!)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.


13.28.46

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dem Antrag betref­fend die Änderung des Kinderbetreuungsgeldes und ein Gesetz über die Errichtung eines Jungfamilienfonds wird nicht nur eine Anpassung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld verlangt, sondern auch eine rückwir­kende Fristverlängerung für selbstständig Beschäftigte, die nicht ganzjährig Kinderbe­treuungsgeld bezogen und irrtümlich auch versäumt haben, ihr Einkommen gesetzes­konform aufzuschlüsseln.

In der Praxis hat sich nämlich herausgestellt, dass die Frist von Eltern oftmals irrt­ümlich versäumt wurde. Wer aus diesem Grund in der Vergangenheit Kinderbetreu­ungs­geld zurückzahlen musste, soll Unterstützung aus einem extra dafür eingerich­teten Jungfamilienfonds erhalten.

Im Konkreten treten wir dafür ein, die Zuverdienstgrenze für Bezieher von ein­kom­mensabhängigem Kinderbetreuungsgeld ab 2020 von jährlich 6 800 auf 7 300 Euro zu erhöhen. Gleiches gilt für die Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld, die Alleinerziehe­rinnen unter bestimmten Voraussetzungen beantragen können. Damit wird laut diesem


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Antrag sichergestellt, dass die Betroffenen während des Kindergeldbezuges auch weiterhin einer geringfügige Beschäftigung nachgehen können.

Selbstständig Beschäftigte, die nur für einen Teil des Jahres Kinderbetreuungsgeld bezogen haben, egal ob in einer pauschalen oder einer einkommensabhängigen Va­riante, sollen durch den Gesetzentwurf bis 2025 Zeit erhalten, um durch eine ent­sprechende Aufschlüsselung ihres Einkommens nachzuweisen, dass die geltenden Zuverdienstgrenzen nicht überschritten wurden. Das gilt allerdings für Geburten von Anfang 2012 bis Februar 2017.

Gleichzeitig wird mittels eines Gesetzes bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft der mit rund 1 Million Euro dotierte Jungfamilienfonds eingerichtet. Mit diesem Fonds werden Selbstständige unterstützt, die alleine wegen einer Fristversäumnis Kinderbetreuungsgeld nachzahlen mussten. – Ich bitte um Zustimmung zu diesem Antrag. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.31


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.


13.31.55

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Wir leben im Moment in Österreich in politisch bewegten Zeiten – und da lässt sich aber auch das eine oder andere bewegen.

Wir sprechen jetzt zum einen über die Reparatur eines Gesetzes, bei dem es darum geht, dass junge Unternehmerinnen und Unternehmer wegen bürokratischer Fallen Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen mussten. Da die Unos in der Wirtschaftskammer eine Petition gestartet hatten, da wir mit Anfragen und Anträgen dahinter waren, kann das jetzt saniert werden. Unternehmerinnen und Unternehmer sind jeden Tag mit ausreichend Schikanen versorgt, sie brauchen nicht auch noch zusätzliche Fallen beim Kinderbetreuungsgeld. Es ist sehr schön, dass hier eine Mehrheit für diese Reparatur gefunden werden konnte.

Zum anderen sprechen wir über Vorschläge zum Papamonat. Da sieht man schon, dass wir in diesem Haus noch nicht so weit sind, dass man von einem Wettbewerb der besten Ideen sprechen könnte, wenn es jetzt um die unterschiedliche Belastung von Männern und Frauen mit dem Faktor Kindererziehung geht. Man kann es natürlich schon so machen, wie die SPÖ das macht, und einfach etwas an ein kompliziertes System dranstückeln und noch einen Papamonat oben draufsetzen; und da obendrauf immer super ist, macht die FPÖ da gerne mit. Man hätte sich aber auch überlegen können, ob wir uns nicht, wenn wir sowieso in der Frage der Kinderbetreuung etwas neu regeln, einmal grundsätzlich anschauen wollen, wie denn die Karenzregelungen im Moment aufgestellt sind. Da braucht es mehr Flexibilisierung, da müssen wir den Müttern und Vätern mehr Möglichkeiten geben, die Karenzzeiten aufeinander, auf die familiären Bedürfnisse, auf den Pensionsantritt des Schwiegervaters und auf andere Dinge so abzustimmen, wie die Familie das braucht. Wir brauchen mehr Väterbeteili­gung, wir brauchen mehr Flexibilität und mehr individuelle Freiheit.

Daher haben wir zusammen mit der ÖVP einen eigenen Antrag eingebracht, wie so eine Papamöglichkeit in ein flexibles Karenzmodell eingebracht werden könnte.

Danke an die ÖVP für die konstruktive Kooperation in dieser Sache!

Da es nicht nach einer Mehrheit für diesen Antrag aussieht, haben wir auch einen Abänderungsantrag zum SPÖ-Papamonat-Antrag eingebracht. Die Menschen brauchen


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nicht noch mehr soziale Ansprüche, sie brauchen ein flexibles System, und unser Abänderungsantrag zielt auf diese Flexibilität ab.

Wenn das so kommt, wie Sie es vorschlagen, dann kommt nicht Flexibilität, dann kommen mehr Kosten, ein zusätzlicher Monat, zusätzliche gesetzliche Regelungen, die kein Mensch braucht, und zusätzliche Bürokratie.

Ich ersuche um Zustimmung zu einer einfacheren Lösung, die den Familien mehr Flexibilität und mehr Freiheit gibt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.35

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dr. Juliane Bogner-Strauß, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 919/A der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kol-legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 – MSchG, das Bundesgesetz, mit dem Karenz für Väter geschaffen wird (Väter-Karenzgesetz – VKG), sowie das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Forstwirtschaft (Landarbeitsgesetz 1984 – LAG) geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. Der Satz in Artikel I Z 2, Artikel II Z 4 sowie Artikel III Z 4 lautet jeweils:

  „Die Karenz muss mindestens zehn Tage betragen.“

II.  In Artikel I Z 3, Artikel II Z 6 sowie Artikel III Z 6 wird jeweils der Ausdruck „zweimal“ durch „dreimal“, sowie „28 Tage“ durch „zehn Tage“ ersetzt.

III.  Artikel II Z 5 wird folgender Satz angefügt:

„Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber zudem unverzüglich von der Geburt des Kindes zu verständigen und damit den tatsächlichen Zeitpunkt des Antritts der Karenz bekannt zu geben.“

IV. Artikel III Z 5 wird folgender Satz angefügt:

„Der Dienstnehmer hat den Dienstgeber zudem unverzüglich von der Geburt des Kindes zu verständigen und damit den tatsächlichen Zeitpunkt des Antritts der Karenz bekannt zu geben.“

IV. Dem Artikel I, Artikel II und Artikel III wird jeweils folgende zusätzliche Ziffer angefügt:

1.          Dem Artikel I wird folgende Z 5 angefügt:

„5. Dem § 39 MSchG wird folgender Abs. 29 angefügt:

„(29) §15 Abs 1a, § 15 Abs 2, § 15a Abs 1, sowie § 15a Abs 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1.1.2020 in Kraft.““

2. Dem Artikel II wird folgende Z 8 angefügt:

„8. Dem Artikel XXIV VKG wird folgender Absatz 4 angefügt:


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„(4) § 2 Abs 1, 2, 3 und 4 , sowie § 3 Abs 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1.1.2020 in Kraft.““

3. Dem Artikel III wird folgende Z 11 angefügt:

„11. Dem Artikel 79 LAG wird folgender Abs 1a angefügt:

„(1a) § 26a Abs 1 bis 5, sowie § 26b Abs 1 und 2, sowie § 105 Abs 1a, Abs 2 und § 105a Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. xx/2019 treten mit 1.1.2020 in Kraft““

Begründung

Ad I, III und IV.

Väter, die direkt nach der Geburt Zeit mit ihren neugeborenen Kindern verbringen wollen, sollen mindestens für 10 Tage oder länger zuhause bleiben können. Diese Regelung steht auch in Einklang mit der EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die einen 10-tägigen Anspruch auf den „Papamonat“ vorsieht. Die vorge­sehenen Fristen, in denen Arbeitgeber informiert werden müssen, entsprechen den Regelungen des Mutterschutzgesetzes. Neben der Bekanntgabe des voraussichtlichen Geburtstermins muss auch der tatsächliche Geburtstermin bekannt gegeben werden.

Ad II.

Durch die vorgeschlagenen Änderungen wird Familien mehr Wahlfreiheit ermöglicht. Dadurch haben sie die Möglichkeit, mehr Zeit mit ihren Familien zu verbringen und zudem die Betreuung ihrer Kinder - ganz gleich in welcher Form - zu organisieren. Väter und Mütter können so umfassender und leichter auf die Bedürfnisse ihrer Kinder und Familien eingehen, Dies stellt darüber hinaus eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf dar. Außerdem können Karenzpausen besser aufeinander und auf Umstände im Familienverband (z.B. Pensionsantritt der Eltern/Schwiegereltern) abgestimmt werden.

Ad V.

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen ab 1.1.2020 in Kraft treten.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 576/A der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 1 Z. 1 lautet § 1a Abs 1 wie folgt:

    „Dem Arbeitnehmer ist auf sein Verlangen für den Zeitraum von der Geburt seines Kindes bis zum Ablauf des Beschäftigungsverbotes der Mutter nach der Geburt des Kindes ( § 5 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes 1979, BGBl. Nr. 221, gleichartige öster­reichische Rechtsvorschriften oder gleichartige Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten


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des Europäischen Wirtschaftsraumes) Freistellung in der Dauer von bis zu einem Monat zu gewähren, wenn er mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt."

II. In Artikel 1 Z. 1 wird dem § 1a folgender Abs 8 angefügt:

    „(8) Die Inanspruchnahme einer Freistellung gem. §1a Abs. 1 verkürzt den Anspruch auf Karenz nach § 15 Abs. 1 bzw. § 15b Abs. 1 MSchG um das Ausmaß dieser Freistellung.“

III. In Artikel 2 Z. 2 lautet § 26u Abs. 1 wie folgt:

    „§ 26u. (Grundsatzbestimmung) (1) Dem Dienstnehmer ist auf sein Verlangen für den Zeitraum von der Geburt seines Kindes bis zum Ablauf des Beschäftigungs­verbotes der Mutter nach der Geburt des Kindes ( § 99 Abs. 1, gleichartige österreichi­sche Rechtsvorschriften oder gleichartige Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes) Freistellung in der Dauer von bis zu einem Monat zu gewähren, wenn er mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt.“

IV. In Artikel 2 Z. 2 wird dem § 26u folgender Abs. 8 angefügt:

    „(8) Die Inanspruchnahme einer Freistellung gem. §26u Abs. 1 verkürzt den An­spruch auf Karenz nach § 26a Abs. 1 bzw. § 26c Abs. 1 um das Ausmaß dieser Frei­stellung.“

Begründung

Ad Z. I u. III

Der Antrag von Abg. Heinisch-Hosek sieht vor, dass für Väter - aufgerechnet auf den gesetzlichen Karenzanspruch - ein Rechtsanspruch auf eine Freistellung für genau einen Monat geschaffen wird. Durch die vorgeschlagenen Änderungen soll es möglich sein, nach Geburt eines Kindes eine Freistellung bis zu 30 Tagen in Anspruch zu nehmen. Damit wird einerseits der personalverrechnerischen Praxis Rechnung getra­gen, andererseits den Wünschen und Bedürfnissen von Vätern und Betrieben, die vielleicht auch kürzer als 30 Tage mit ihrer Familie verbringen möchten.

Ad Z. II u. IV

Die Zeit, die Väter mit ihren Familien gleich nach der Geburt verbringen möchten, soll auf die Karenz nach dem VKG bzw. LAG angerechnet werden. Das entspricht einer Flexibilisierung der bisher bestehenden Regelungen und führt zu keiner Mehrbelastung für Unternehmen.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Die beiden Anträge wurde in den Grundzügen erläutert, werden oder wurden verteilt und stehen mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte schön.


13.35.16

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Wir disku­tieren hier heute drei ganz entscheidende Themen, deren Umsetzung bis vor Kurzem noch überhaupt keine Aussicht auf Erfolg gehabt haben. Ursächlich dafür waren drei Gründe: Altkanzler Kurz, Bundesministerin außer Dienst Bogner-Strauß und das Auftragsbuch der ÖVP, in dem E wie Euro noch immer vor F wie Familie steht.


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Großspender sind da klar im Vorteil und das haben wir in den letzten Jahren auch gelernt. Nach dem Ende von 32 Jahren ununterbrochener Regierungsbeteiligung der ÖVP ist es jetzt aber möglich, genau diese Erfolge, die wir hier heute diskutieren, gemeinsam durchzubringen. Der Rechtsanspruch auf einen Papamonat ist da nur ein Beispiel, nämlich ein Rechtsanspruch, der nicht nur den Bediensteten im öffentlichen Dienst zur Verfügung steht, sondern auch jenen, die in der Privatwirtschaft tätig sind. Vorbei ist die Zeit von Ablenkungsmanövern aus ÖVP-Ministerien, in denen es geheißen hat, dass der Papamonat eigentlich der Väterbeteiligung abträglich sei.

Es hat gestern auch eine gemeinsame Aussprache mit der neuen Familienministerin Stilling gegeben, die gemeint hat, dass es Daten aus dem öffentlichen Dienst gibt, aus denen genau hervorgeht, dass der Papamonat selbst eher ein Motivator ist, die Väterbeteiligung und die Väterkarenz dementsprechend zu fördern, ganz entgegen gegenteiliger Behauptungen, die immer wieder in den Raum gestellt wurden. Frau Ministerin Bogner-Strauß, Frau Ministerin außer Dienst, ich möchte Sie wirklich fragen: Warum hat es diese ständige Behauptung gegeben, dass die Väterkarenz eigentlich gefährdet wäre, wenn Väter in den Papamonat gehen? Diese Behauptung ist nicht mit Daten untermauert. Es gibt keine Fakten, die Sie uns auf den Tisch gelegt haben, und die Beweise aus dem öffentlichen Dienst zeigen genau ein gegenteiliges Bild.

Der Papamonat wird also heute von der ÖVP nicht mitgetragen werden. Wir werden es so akzeptieren, es wird trotzdem im Sinne der Bevölkerung, im Sinne der Väter, im Sinne der Arbeitnehmer in diesem Land hier eine Entscheidung geben und Gott sei Dank dafür auch eine Mehrheit gefunden werden.

Beim nächsten Punkt stehen wir dann genau vor den Selbstständigen, vor den vielen KleinunternehmerInnen, die in den vergangenen Jahren Probleme gehabt haben, was die Abgrenzung der Einkünfte betrifft, und deshalb vor der Situation stehen, das Kin­derbetreuungsgeld zurückzahlen zu müssen – ebenfalls monatelang keinen einzigen Rührer aus der ÖVP, diesbezüglich irgendwie eine Entscheidung, eine Verbesserung für die Situation dieser Betroffenen herbeiführen zu wollen. „Der Standard“ hat damals im März 2019 sogar getitelt: „ÖVP-interner Streit um Kindergeld für Selbstständige“. Es hat geheißen: „Aber auch hier legt sich das Familienressort wieder quer. Es besteht [...] weiter auf einen restriktiven Vollzug.“ Auch das hatten Sie, Frau Abgeordnete Bogner-Strauß, damals als Ministerin zu verantworten.

Aber jetzt ist plötzlich alles anders, jetzt schaltet die ÖVP vom Blockademodus auf den Wahlkampfmodus, und plötzlich entdeckt man dann, dass die Kleinstunternehmer vielleicht ebenfalls ein Wählerklientel sein könnten. Diese Hintergrundinformation möchte ich daher allen Selbstständigen da draußen ausrichten: Sie sehen, das ist reine Wahlkampfrhetorik, die hier gelebt wird, das ist Wahlkampfpolitik, die hier gemacht wird, denn als noch keine Wahlkampfzeiten ins Haus standen, da war die brenzlige Situation für viele Selbstständige überhaupt kein Thema in diesem Haus.

Ja, und was auch kein Thema in diesem Haus ist, sind die Krisenpflegeeltern. Da gibt es die Situation, dass Krisenpflegeeltern kein Kinderbetreuungsgeld erhalten, wenn sie Kinder unter 91 Tage bei sich zu Hause aufnehmen und pflegen. Diese Personen springen in der Sekunde ein, wenn es um Kinder geht, die in Not sind und die Pflege brauchen, die dementsprechend jemanden brauchen, der sich um sie kümmert und sie auch versorgt. Ebenfalls in Ihrer Zeit als Ministerin, Frau Bogner-Strauß, war es nicht möglich, für diese Krisenpflegeeltern eine Lösung zu schaffen, dass ihnen ebenfalls ein Kinderbetreuungsgeld zugestanden würde. Nein, es hat geheißen, wenn es über 91 Tage ist, dann ist es die Elterndefinition, und wenn leider der Fall eintritt, dass Kinder unter 91 Tage bei Krisenpflegeeltern Tag für Tag aufgenommen und gepflegt werden, dann gibt es leider kein Kinderbetreuungsgeld. Das ist keine Lösung einer Situation.


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Heute liegt ein Antrag vor. Sie können heute zeigen, ob Sie weiterhin mit Ihrer Blockadepolitik weitermachen oder ob Sie wenigstens in Wahlkampfzeiten bereit sind, die Situation dementsprechend zu verbessern. Es sind nicht viele Krisenpflegeeltern, aber es ist in so vielen Fällen eine wirklich schwerwiegende Situation, die unbedingt im Sinne der betroffenen Kinder gelöst werden muss. Ich bitte und appelliere in dieser Richtung ein bisschen an Ihr familienpolitisches Gewissen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT.)

13.40


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.40.14

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Wir debattieren verschiedene Themen und stellen dabei fest, dass wir uns familienpolitisch auf einem sehr hohen Niveau bewegen und bemüht sind, hier auch noch weitere Entwicklungen voranzutreiben. Vielleicht darf man dabei auch feststellen, dass die Familienpolitik vielleicht auch deswegen in diesem Land so einen hohen Stellenwert hat und so weit gediehen ist, weil eben die ÖVP seit 32 Jahren mit in der Regierung ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jarolim: Da muss er selber lachen!)

Sehr geehrte Frau Holzinger-Vogtenhuber, es ist schon schön, wenn wir von der gestrigen Besprechung mit unserer Frau Ministerin Stilling sprechen und sie zitieren. Sie hat wirklich gesagt, dass eben in Bezug auf den Papamonat im Bereich des öffentlichen Dienstes deutliche Zahlen zu lesen sind – ja, das stimmt –, aber du musst dann auch wirklich alles wiedergeben, was sie gesagt hat. Sie hat nämlich auch ge­sagt, dass natürlich der öffentliche Dienst schwer bis nicht mit den anderen Bereichen in der Wirtschaft zu vergleichen ist, dass da andere Maßnahmen zu setzen sind. Also bitte: Nicht nur ein Tunnelblick auf das richten, was man sehen will, sondern wirklich die gesamte Aussage wiedergeben! – Danke, Frau Ministerin Stilling, für diese neutrale und gute Aussage, die Sie diesbezüglich getroffen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Ausgangslage für die heutige Debatte ist, dass ganz genau gleich wie bei den unselbstständig Erwerbstätigen die Einhaltung der Zuver­dienstgrenzen auch bei selbstständig Erwerbstätigen seitens der SVA überprüft wird. Es kann und wird aus verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgründen auch für Selbstständige keine Ausnahme gemacht werden können. Selbstständige haben die Möglichkeit, im Zeitraum von zwei Jahren der SVA bekanntzugeben, in welchem Kalendermonat sie Kinderbetreuungsgeld bezogen und wie viel sie während, davor und danach verdient haben. Wir sprechen dabei von der sogenannten Abgrenzung der Einkünfte. Der OGH hat nun im Jahr 2018 entschieden, dass Selbstständige auch nach Ablauf der Zweijahresfrist eine Abgrenzung vornehmen dürfen. Führt die nachträgliche Abgrenzung dazu, dass die Zuverdienstgrenze nicht überschritten wurde, darf es zu keiner Rückforderung kommen. Diesem Umstand werden wir mit den vorliegenden zwei Gesetzentwürfen gerecht.

Zum einen regeln wir im Kinderbetreuungsgeldgesetz die Fristen so, dass eine nachträgliche Abgrenzung für Geburten vom 1.1.2012 bis zum 28.2.2017 bis zum Ende des Jahres 2025 möglich sein wird. Damit schaffen wir den Spielraum für all jene, die zu Rückforderungen verpflichtet wurden. Wir verhelfen ihnen wiederum zu ihrem Recht, das heißt, wir verhelfen ihnen zu ihrem Geld.

Der zweite Teil regelt die Finanzierung der Rückforderungen der betroffenen Personen. Hierfür schaffen wir einen Jungfamilienfonds, der aus Mitteln der SVA gespeist wird. Es


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handelt sich bei den notwendigen Mitteln also um Versichertenbeiträge, mit denen wir den Versicherten ihre Rechte auf das Kinderbetreuungsgeld im Rahmen des Gesetzes sichern. Wir belasten also mit dieser Maßnahme das allgemeine Budget nicht und bleiben beim Pfad einer sparsamen Haushaltsführung. Wichtig ist, dass alle Betrof­fenen nun die Sicherheit bekommen, bei zeitgerechter Meldung ihrer Abgrenzungen die ihnen zustehenden Mittel aus dem Kinderbetreuungsgeld zu bekommen, und zwar auch rückwirkend für all jene, die in der Vergangenheit für das Kinderbetreuungsgeld zu einer Rückzahlung verpflichtet wurden.

Das ist eine gute Lösung für alle Betroffenen im Sinne der Versicherten und im Sinne aller Familien, die nun auch ihren Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld gesichert haben. Als Familiensprecher der ÖVP möchte ich mich bei allen eingebundenen Ver­handlerinnen und Verhandlern recht herzlich bedanken. Ich möchte auch erwähnen und betonen, dass diese Regelung, dass diese Lösung von unserer damaligen Familienministerin Juliane Bogner-Strauß auf den Weg gebracht wurde, und mich dafür bei ihr auch recht herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

13.44


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Vogl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.44.55

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frauen Minis­terinnen! Hohes Haus! Heute haben wir einen historischen Tag, weil wir es endlich schaffen, für junge Familien in unserem Land einen Rechtsanspruch auf einen Papa­monat – beziehungsweise ist es in Wirklichkeit ein Babymonat, weil er ja für alle Formen der Beziehungen offensteht – im Gesetzesrang zu erreichen.

Ich gehöre zu jener Generation von Männern, bei denen es damals üblich geworden ist, dass sich die Türen der Kreißsäle langsam auch für Männer geöffnet haben. Es war im ersten Moment eine gewisse Verunsicherung der Männer da: Gehen wir jetzt zur Geburt mit oder nicht? Man hat aber sehr rasch gesehen, dass sich dieser Trend durchsetzt, weil es schon etwas Besonderes ist. Natürlich ist es noch mehr an Beson­derheit, wenn Frauen über neun Monate erleben, wie sich in ihrem Körper ein Mensch entwickelt, aber diese ersten Momente des neuen Lebens als Vater miterleben zu dürfen, schafft schon auch eine enge Verbindung und etwas Besonderes zwischen dem Kind und dem Vater.

Es ist hier angesprochen worden, dass das jetzt alles so kompliziert ist, was wir fordern. In Wirklichkeit ist es gar nicht kompliziert. Wir alle miteinander, die Kinder gekriegt haben, wissen, dass die ersten Wochen eine massive Umstellung in unserem Leben sind. Der Tagesrhythmus ändert sich ganz gewaltig, weil auf einmal nicht mehr die eigenen Interessen im Vordergrund stehen, sondern das kleine Kind, das kleine Lebewesen den Lebensrhythmus vorgibt. Was wir wollen, ist das, was eigentlich die jungen Väter oder die Jungen, die in einer Beziehung sind, einfach auch wollen, nämlich gemeinsam die ersten Wochen dieser gemeinsamen Herausforderung gestal­ten zu können, gemeinsam die Zeit der ersten Wochen nach der Geburt erleben zu dürfen.

Da ist es halt am einfachsten, wenn man einen Rechtsanspruch schafft, weil es nichts Einfacheres auf der Welt gibt, als einen Anspruch auf etwas. Das schaffen wir mit diesem vorliegenden Gesetzentwurf, und es ist schön zu erleben, dass sich hier die Vernunft durchsetzt, dass wir hier eine Mehrheit finden.

Mein Wunsch ist nur: Wir haben in diesem Land jetzt 25 Jahre erlebt, wie sich dieser Prozess fortgesetzt hat. Wir erleben derzeit, dass rund 7 Prozent der Väter bereits


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diesen Papamonat in Anspruch nehmen. Ich hoffe nur, dass wir nicht weitere 25 Jahre brauchen, damit es fast alle Väter machen, sondern dass diese Veränderung deutlich schneller gehen wird. Wir sorgen dafür, dass Geschwindigkeit da ist. Wir werden diese Veränderung vorantreiben. Heute ist, wie gesagt, ein guter Tag für die Familien in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

13.47


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schimanek. – Bitte schön.


13.47.27

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Ja, auch ich freue mich, dass wir es heute schaffen, den Rechtsanspruch für den Papamonat durchzusetzen. Ich glaube, das ist wirklich ein Meilenstein in der Familienpolitik.

Ich möchte dort anknüpfen, wo Kollege Vogl jetzt schon ein bisschen angefangen hat. Er hat gesagt, die Frauen erleben es, und jetzt erleben es auch die Väter, denn mit der Geburt eines Kindes verändert sich natürlich alles im Leben. Ein neues Familien­mitglied aufzunehmen, ist wunderschön und birgt auch große Herausforderungen. Ich glaube, zu zweit sind diese Herausforderungen leichter und besser anzunehmen.

Der Papamonat bietet die Möglichkeit der gegenseitigen Unterstützung. Damit haben Väter auch rechtlich die Chance, ihr Kind schon ganz früh kennenzulernen, eine stärkere Bindung aufzubauen. Das ist eine sehr wichtige familien- und sozialpolitische Maßnahme. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss hier jetzt tatsächlich lebbar werden.

Die Regelungen zu einem Papamonat finden sich ja derzeit im Dienstrecht des Bundes und in bestimmten Kollektivverträgen. Den generelle Rechtsanspruch auf einen Papa­monat führen wir heute ein. Die Arbeitnehmer können jetzt auch die Entscheidung treffen, ob sie den nehmen wollen oder nicht.

Das Familienzeitbonusgesetz regelt ja nur die finanzielle Absicherung. Auch für selbstständig Erwerbstätige soll es jetzt die Möglichkeit geben, einen Papamonat anzunehmen.

Trotz aller Initiativen, die zuvor gesetzt wurden, wurden ja im Jahr 2018 für die 31-tägige Familienauszeit in nur 7 000 Fällen – genau sind es 7 338 – Anträge gestellt, Stand September, und das sind keine 10 Prozent der 90 000 Geburten in Österreich. Im Jahr 2017 waren es überhaupt nur 642 Personen, die diesen Familienzeitbonus angenommen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich wirklich sehr, dass wir diesen Papamonat heute durchsetzen. Ich wünsche mir auch eine Änderung in puncto Wahlfreiheit für alle Väter, da das vorgestellte Modell des Papamonats Müttern, Vätern und Kindern zugutekommt und auch gesellschaftlich das Bild der Familie für die nächsten Generationen sicherlich zum Positiven verändern wird.

Selbstverständlich werden wir auch dem Antrag zur Errichtung des Jungfamilienfonds zustimmen, aber den Antrag von Kollegen Loacker können wir leider nicht mittragen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.50


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Bundesminister Stilling gelangt nun zu Wort. – Bitte, Frau Bundesminister.



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13.50.51

Bundesministerin im Bundeskanzleramt Mag. Ines Stilling, betraut mit der Leitung der zum Wirkungsbereich des Bundeskanzleramtes gehörenden Angele­genheiten für Frauen, Familien und Jugend: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich möchte mich meiner Ministerkollegin anschließen und Ihnen auch von dieser Stelle sehr herzlich für Ihr Vertrauen danken, dass wir in dieser Zeit bis zur Wahl und zur Bildung einer neuen Bundesregierung Verantwortung für dieses Land übernehmen dürfen. Ich freue mich außerordentlich, dass die Themen Frauen, Familien und Jugend heute so einen ge­wichtigen Schwerpunkt auch auf der Tagesordnung des Nationalrates bilden, denn ich glaube, gerade diese Themen verdienen es, auch einmal im Mittelpunkt zu stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie Herr Abgeordneter Vogl und einige andere Kolleginnen und Kollegen bereits er­wähnt haben, ist die Geburt eines Kindes ein entscheidender Einschnitt im Leben von vielen, vielen Österreicherinnen und Österreichern. Damit beginnt eine völlig neue Prioritätensetzung und es entsteht eine andere Perspektive auf die Wichtigkeiten im Leben. Gerade da halte ich es für besonders wichtig, dass alle Elternteile die Möglichkeit haben, diese wichtige Zeit von Anfang an gemeinsam mit dem Kind verbringen zu können. Wenn es dazu eine Einigung und eine Mehrheit im Parlament gibt, dann ist das für Familien in diesem Land sicher begrüßenswert. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine stärkere Beteiligung von Vätern in der Kindererziehung und Kinderbetreuung ist auch aus frauenpolitischer Sicht eine zentrale Maßnahme, um die Betreuungsarbeiten partnerschaftlich aufzuteilen, ganz im Sinne unserer gesetzlichen Bestimmung von Halbe-halbe. Instrumente, um Erwerbsbeteiligungen von Frauen zu stärken, aber auch um Männern Möglichkeiten zu geben, sich in der Betreuungsarbeit und in der Zeit mit ihren Kindern ausleben zu können, halte ich für ganz wesentlich. Vätern und Müttern ein stärkeres Ausmaß an Zeit mit ihren Kindern zu geben und auch mehr Zeit gemeinsam zu verbringen ist, glaube ich, auch ein Beitrag zur Stärkung der Familien.

Ganz grundsätzlich freue ich mich auch, dass das Thema Jungfamilienfonds heute hier zum Thema gemacht wird, denn ich weiß, dass gesetzliche Bestimmungen gerade beim Kinderbetreuungsgeld manchmal für Außenstehende sehr komplex sind. Einige Abgeordnete, Kolleginnen und Kollegen und ich haben dieses Thema schon sehr lange und intensiv behandelt und verhandelt. Für uns mag manches logisch erscheinen, aber für viele Bürgerinnen und Bürger ist diese Regelung, zumal sie manchmal zum ersten Mal in ihrem Leben damit konfrontiert werden, sehr komplex. Insofern kann es passieren, dass man Fristen übersieht und Rückzahlungen tätigen muss, die gerade für junge Familien existenzbedrohend sein können.

Für umso wichtiger halte ich es, dass heute hier auch ein Antrag diskutiert wird, wie wir bestimmten Familien jedenfalls eine Hilfestellung geben können. Ich halte es auch für einen familienpolitisch wichtigen Beitrag, dass bei diesem Antrag die Möglichkeit einer Anhebung der Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld und bei der Beihilfe zum Kinderbetreuungsgeld mitbehandelt wird.

Das Thema der Krisenpflegeeltern – heute auch schon mehrfach andiskutiert – ist ein ganz wichtiges Thema. Wir können diesen Familien und diesen Personen, die Krisen­pflegekinder übernehmen, nicht genug danken. Es sind Familien, die Unterstützung in ganz schwierigen Zeiten bekommen. Diesen Kindern eine Perspektive zu geben und sie zu stabilisieren, ist eine ganz, ganz entscheidende, gesellschaftspolitisch wichtige Aufgabe. Ich möchte aber auch, dass sowohl die leiblichen Eltern als auch diese Krisenpflegepersonen entsprechende finanzielle Unterstützungen erhalten, damit diese


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Krisen gut gemeistert werden können und alle Kinder in diesem Land eine gute Entwicklungsperspektive bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete Hager-Hämmerle gelangt zu Wort. – Bitte schön.


13.54.43

Abgeordnete Mag. Doris Hager-Hämmerle (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und vor den Fernsehbildschirmen! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich darf mich heute zum ersten Mal als Abgeordnete zum Nationalrat und als NEOS-Frauen- und Gleichbehandlungssprecherin an Sie wenden. Ich danke meiner Vor­gängerin Claudia Gamon, die hier für Frauenpolitik und Gleichbehandlung unermüdlich und mutig aktiv war, und ich wünsche ihr alles Gute für die Zeit und die Arbeit im Europäischen Parlament. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich danke der Parlamentsdirektion für einen reibungslosen Einstieg, meinem Klub und meinen Kolleginnen und Kollegen für ihr Vertrauen und die Unterstützung, aber auch den Vorarlberger Kollegen aus anderen Fraktionen in diesem Haus für das wert­schätzende Willkommen, das ich erfahren durfte. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das freut mich und sagt mir, dass unsere Zusammenarbeit gut wird und dass wir unsere gemeinsame Verantwortung als Abgeordnete auch in einem heißen Sommer und in einem politisch heißen Herbst wahrnehmen werden.

Eine Antrittsrede, so sagte man mir, ist ein guter Moment, um kurz innezuhalten und sich zu fragen: Was hat mich hierhergebracht? – Da waren zum einen ein Vater und eine Mutter, die ihren sechs Kindern eine möglichst sorgenfreie Kindheit und eine gute Ausbildung mitgeben wollten, die uns nie vorschrieben, was wir werden, was wir lernen oder wie wir leben sollten. Jeder und jede von uns hatte die Freiheit, die eigenen Talente und Möglichkeiten zu entdecken und selbstbestimmt ihren oder seinen Weg zu gehen.

Da war beziehungsweise ist ein Ehemann, der mit mir ein Rollenbild auf den Kopf stellte, der sich nach der Geburt unserer Tochter vor fast 20 Jahren ihrer Betreuung und dem Haushalt widmete, während ich für ein paar Jahre in die Rolle der Haupt­familienernährerin schlüpfte.

Wir wollten eine Familie sein und wir wussten wie, aber das gefiel nicht allen. Musst wirklich du das Geld verdienen? Kann das nicht dein Mann? Weißt du eigentlich, was du als Mutter versäumst? – Ich glaube, dass jede Mutter weiß, was sie versäumt, wenn sie ihr Kind ein paar Stunden nicht sieht, und ich glaube, dass das auch jeder Vater weiß. Solche Versuche der Fremdbestimmung hatte ich als Kind und Jugendliche im eigenen Elternhaus nicht erfahren, aber als erwachsene Frau. Was mir da vor- und zugeschrieben wurde, war irgendwie immer da, aber jetzt ist mir klar, das hat mich hierhergeführt.

Wie kann es sein, dass wir Frauen und Familien in diesem Land nach wie vor oder sogar wieder vermehrt vorschreiben wollen, wie sie leben sollen, was sich gehört und nicht gehört, wer das Geld in der Familie verdient? Ist das die Freiheit, die Politik meint, wenn sie von Wahlfreiheit spricht?

Eine Familie zu gründen, ist eine der wichtigsten und schönsten Aufgaben, die wir Menschen treffen. Familie ist der Ort, wo Menschen füreinander und für Kinder Verantwortung übernehmen. Sie können und wollen das in unterschiedlichen Formen. Der Großteil der Gesellschaft hat das verstanden – der Großteil der Politik auch?


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Wenn wir Gesetze machen, dann hoffentlich, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die gerechte Chancen für alle ermöglichen, flexibel sind und unserer Gesellschaft in ihrer Pluralität Rechnung tragen, die nicht zu Ungleichbehandlung und Schlechterstel­lung einer Gruppe führen oder irgendwelche Rollenbilder – egal welche – einzemen­tieren.

Wir NEOS wollen die Familienpolitik dort hinholen, wo sie hingehört, und ich möchte in den nächsten Wochen und Monaten eine starke Stimme sein, die Freiheit für alle und Chancen für Zukunft ermöglichen will. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

13.59


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Graf. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.59.14

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zu­schauerinnen! Wir behandeln unter diesem Tagesordnungspunkt gleich mehrere An­träge, daher darf ich mit dem ersten Antrag zum Thema Kinderbetreuungsgeld starten.

Mit dem vorliegenden gemeinsamen Antrag mit der FPÖ wird einerseits vorge­schla­gen, die Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld ab 2020 von jährlich 6 800 auf 7 300 Euro zu erhöhen. Andererseits soll die rückwirkende Fristverlängerung für Selbstständige, die nicht ganzjährig Kinderbetreuungsgeld bezogen haben, verlängert werden. Diese Fristen hatten nämlich bisher zur Folge, dass manche Selbstständige das Kinderbetreuungsgeld vollständig zurückzahlen mussten, nur weil sie es verabsäumt hatten, die monatsweise Aufschlüsselung ihrer Einkünfte der Sozialversicherung rechtzeitig bekannt zu geben. Wem dies trotz korrek­ter Einhaltung der Zuverdienstgrenze passiert ist, soll nun Unterstützung aus dem extra dafür vorgesehenen Jungfamilienfonds bekommen. Ich bedanke mich hier im Namen aller Mütter aus dem Bereich der Selbstständigen für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun darf ich zum Thema Papamonat beziehungsweise Väterkarenz übergehen. Dazu gibt es zwei ganz unterschiedliche Anträge. Der eine, der SPÖ-Antrag 576, sieht vor, dass ein werdender Vater einen einseitigen Rechtsanspruch auf einen Papamonat hat. – Es mag sein, dass die SPÖ gerne einseitige Entscheidungen trifft und diese ihrem Gegenüber aufzwingt. Wir Unternehmerinnen und Unternehmer sind in unseren Betrieben ein anderes Miteinander gewohnt. Im Sinne unserer Unternehmer und Unternehmerinnen ist es bei uns üblich, Vereinbarungen zu treffen, mit denen beide Seiten leben können und mit denen beiden Seiten geholfen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens beinhaltet der Antrag einen Kündigungsschutz, beginnend mit einer Voran­kündigung beziehungsweise frühestens vier Monate vor dem errechneten Geburts­termin. Dieser Kündigungsschutz ist völlig überzogen und zeigt eines ganz klar, nämlich dass die Belastungspartei SPÖ keine Expertise für das Unternehmertum hat und diese auch in Zukunft nicht mitbringen wird. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Sie sehen wahrscheinlich nur den Staatsbetrieb. Dass es auch private Betriebe gibt, scheint Ihnen vollkommen entgangen zu sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: In Staatsbetrieben bräuchten wir das nicht!)

Interessant ist zudem, dass es zum Thema Papamonat/Väterkarenz auch einen EU-Richtlinienvorschlag gibt, der erstens zehn Tage Väterurlaub vorsieht und zweitens die Umsetzung dieser Richtlinie erst innerhalb von drei Jahren für notwendig erachtet. Drittens sehen die Mitgliedstaaten eine Mindestbeschäftigungsdauer von sechs bis


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zwölf Monaten für den Anspruch auf Bezahlung des Väterurlaubs vor. Österreich hat sich vernünftigerweise auch für die zehn Tage ausgesprochen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Wir bekennen uns natürlich selbstverständlich zur Förderung von Eltern und Familien und somit auch zur Väterbeteiligung. Dies ist ein gesamt­gesell­schaftliches Anliegen, aber wir stimmen einem überbordenden Antrag seitens der SPÖ, der wieder überschießend ein Gold Plating darstellt, sicherlich nicht zu. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich muss sagen, ich bin wirklich sehr verwundert, dass die FPÖ, obwohl sie dem Anti-Gold-Plating-Gesetz zugestimmt hat, nun vorhat, den SPÖ-Antrag zu unterstützen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die freiheitlichen Unternehmer mit einem so überbor­denden Kündigungsschutz von mindestens vier Monaten eine Freude haben werden. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Österreicher und Österreicherinnen kein Gold Plating und im Übrigen auch keine populistischen Schnellschüsse möchten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Nicht mindestens, sondern maximal vier Monate! – Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Der NEOS-Antrag mit den flexibleren Karenzmöglichkeiten stellt zumindest eine Alternative zum SPÖ-Antrag dar. Allerdings enthält leider auch der NEOS-Antrag gewisse Spurenelemente von Gold Plating. Der Anspruch auf 28 anstelle von zehn Tagen Väterkarenz ist so ein kleines Spurenelement. Allerdings ist anzuerkennen, dass es dafür keinen überbordenden Kündigungsschutz, sondern eine Anpassung an bereits feststehende Bestimmungen der Väterkarenz beinhaltet. Wir werden daher den Antrag der NEOS unterstützen und geben diesem auch unsere Zustimmung.

Abschließend möchte ich schon noch festhalten, dass Österreich ein Land ist, in dem es ein gutes Miteinander zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Betrieben gibt. Dieses sollten wir gemeinsam weiter fortführen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Nussbaum. – Bitte.


14.04.17

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Ministerinnen! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten 100 Jahren wurden enorme Verbesserungen für ArbeitnehmerInnen in der sich ständig verändernden Arbeitswelt geschaffen. Auch unser Sicherheitsnetz mit sozialer Kran­kenversicherung, Arbeitslosenversicherung und Pensionen hat sich ständig weiter­entwickelt. Wir können stolz sein, dass es nun auch die Ehe für alle in Österreich gibt. Lediglich bei der Gleichstellung von Männern und Frauen sowohl in der Arbeitswelt als auch in der Gesellschaft habe ich oft den Eindruck, dass einige Entscheidungsträger noch immer ein Rollenbild wie vor 100 Jahren leben. In diesem sind Frauen für die häusliche Sphäre zuständig, betreuen die Kinder und pflegen die älteren Angehörigen, während Männer das Einkommen generieren und den Wohlstand nach Hause bringen sollen.

Diese Rollenklischees werden aber von der jungen Generation nicht mehr gelebt. Um den jungen Familien eine gerechte Arbeitsverteilung zu ermöglichen, müssen wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, denn ohne Begleitmaßnahmen wird es nicht gelingen, die Gleichstellung leben zu können und in weiterer Folge auch die Einkommensschere zu schließen. Wir als SPÖ lehnen dieses veraltete, traditionelle Bild ab, denn jede und jeder muss die gleiche Möglichkeit haben, an unserer Gesell­schaft, am Arbeits- und am Familienleben teilzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Väter wollen sich an der Kinderbetreuung beteiligen, und daher bin ich sehr froh, dass es nun endlich gelingen wird, einen Rechtsanspruch auf den sogenannten Papamonat zu erlangen. Wir können stolz sein, einen Rechtsanspruch zu haben, denn auf Almosen oder auf Goodwill wollen wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht angewiesen sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun möchte ich noch auf die finanzielle Situation der Väter eingehen. Die für den Papamonat vorgesehene Abgeltung ist der Familienzeitbonus in Höhe von 700 Euro monatlich, der als erster wichtiger Schritt gesehen werden kann. Es muss uns jedoch allen ein Anliegen sein, dass diese in Zukunft ohne Anrechnung auf das Kinder­betreu­ungsgeld ausbezahlt wird, und das klare Endziel kann nur sein: voller Lohnausgleich für den Papamonat! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bringe nunmehr einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Genossinnen und Genossen zum Antrag 576/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden, ein, der bereits verteilt worden ist. In diesem Abänderungsantrag geht es darum, dass sich der Zeitpunkt des Inkrafttretens auf 1. September 2019 ändert und die Regelung für Geburten gilt, deren errechneter Geburtstermin frühestens drei Monate nach dem Inkrafttreten liegt, und um weitere legistische Anpassungen. Im Landarbeitsgesetz wur­den noch die Bestimmungen über die Anrechnung der Karenzzeiten aus dem Mutter­schutzgesetz ergänzt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek

Genossinnen und Genossen

zum Antrag 576/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 Z 2 lautet:

„2. § 14 wird folgender Abs. 19 angefügt:

„(19) § 1a samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt mit 1. September 2019 in Kraft und gilt für Geburten, deren errechneter Geburts­termin frühestens drei Monate nach dem Inkrafttreten liegt. § 1a gilt auch für Geburten, deren errechneter Geburtstermin zwischen dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes und drei Monate nach dessen Inkrafttreten liegt, mit der Maßgabe, dass die drei Monatsfrist des § 1a Abs. 3 unterschritten werden darf.““

2. In Artikel 2 wird die Z 1 durch folgende Z 1 und 1a ersetzt:

„1. (Grundsatzbestimmung) § 26i Abs. 1 lautet:

„§ 26i (1) Der Dienstnehmer behält den Anspruch auf sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes EStG 1988, BGBl. Nr. 400, in den Kalenderjahren, in welche Zeiten einer Karenz fallen, in dem Ausmaß, das dem Teil des Kalenderjahres entspricht, in den keine derartigen Zeiten fallen. Für den Dienstnehmer günstigere Regelungen werden dadurch nicht berührt. Zeiten der


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Karenz werden bei Rechtsansprüchen, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, für jedes Kind in vollem in Anspruch genommenen Umfang bis zur maximalen Dauer gemäß den §§ 26a Abs. 1 und 26d Abs. 4 und 5 angerechnet. Die Zeit einer Karenz ist auf die Dauer der Lehrzeit nicht anzurechnen.“

1a. (Grundsatzbestimmung) § 26u erhält die Bezeichnung „§ 26 v“.“

3. Artikel 2 Z 3 lautet:

„3. (Grundsatzbestimmung und unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Dem § 285 wird folgender Absatz 78 angefügt:

„(78) (Grundsatzbestimmung und unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Die Ausfüh­rungsgesetze der Länder zu den §§ 26i, 26u und 26v in der Fassung des Bun­desgesetzes BGBl. I Nr. xx/2019, sind binnen sechs Monaten nach dem der Kund­machung folgenden Tag zu erlassen. Die Ausführungsgesetze der Länder haben ferner vorzusehen, dass

1. §  26i für Eltern (Adoptiv- oder Pflegeeltern) gilt, deren Kind ab diesem Zeitpunkt geboren (adoptiert oder in unentgeltliche Pflege genommen) wird,

2. § 26u für Geburten gilt, deren errechneter Geburtstermin frühestens drei Monate nach dem Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes liegt und

3. § 26u auch für Geburten gilt, deren errechneter Geburtstermin zwischen dem Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes und drei Monate nach dessen Inkrafttreten liegt; in diesen Fällen soll die drei Monatsfrist des § 26u Abs. 3 unterschritten werden dürfen.““

Begründung

Es handelt sich um die Änderung des Inkrafttretens und um legistische Anpassungen.

Im LAG wurden noch die Bestimmungen über die Anrechnung der Karenzzeiten aus dem Mutterschutzgesetz ergänzt.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben in den Grundzügen erläuterte Abän­derungsantrag wurde verteilt und steht mit in Verhandlung.

Ich unterbreche nunmehr die Sitzung für 10 Minuten, da sehr viele schwierige Abstim­mungen bevorstehen und das Croquis von den Klubs teilweise noch nicht durch­gegangen worden ist. Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 14.08 Uhr unterbrochen und um 14.18 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

14.18.35Sehr geehrte Abgeordnete! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf, und wir kommen nun zu einer Reihe von Abstimmungen.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Verhandlungsgegenstand getrennt vornehme.


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Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6, den im An­trag 816/A der Abgeordneten Sieber, Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen enthal­tenen Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreu­ungs­geldgesetz geändert wird und ein Gesetz über die Errichtung eines Jungfamilienfonds erlassen wird.

Hiezu haben die Abgeordneten Sandler, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und an­schließend über den Gesetzentwurf abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Sandler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 3 in Artikel 1 sowie der daraus resultierenden Umnummerierung eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist abgelehnt.

Nun ersuche ich jene Damen und Herren, die für den gegenständlichen Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Initiativantrages sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Somit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Sandler, Leichtfried, Zinggl, Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Antrag auf Sonderprüfung des Familienfests im Schlosspark Schönbrunn – Verstoß gegen das Vergabegesetz und Verdacht auf Parteienfinanzierung durch die Hintertür durch Alt-Bundeskanzler Kurz“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesord­nungs­punkt 7, den im Antrag 576/A der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Väter-Karenzgesetz und das Landarbeitsgesetz geändert werden.

Hiezu liegen folgende Zusatz- und Abänderungsanträge vor: ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen, ein Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen.

Daher werde ich zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz-bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 1 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Initiativantrages.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 138

Die Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Änderung der Ziffer 2 in Artikel 1 und Änderung der Ziffer 1 in Artikel 2 sowie der daraus resultierenden Umnummerierung eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 2 Z 2, der eingebracht wurde.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Initiativantrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 2 Z 3.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile samt Titel und Eingang in der Fassung des Initiativantrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

So kommen wir auch gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit, und somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8, den im Antrag 919/A der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz, das Bundesgesetz, mit dem Karenz für Väter geschaffen wird, sowie das Bundesgesetz betreffend die Grundsätze für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Forstwirtschaft geändert werden.

Hierzu haben die Abgeordneten Mag. Loacker, Dr. Bogner-Strauß, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Loacker, Bogner-Strauß, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 bis 3 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Min­derheit.

Somit kommen wir zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Initiativantrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 139

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Initiativ­antrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.

14.26.29Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 3 bis 5


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir kommen nun zur verlegten Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 3 bis 5, die ich wiederum über jeden Verhandlungs­gegen­stand getrennt vornehme.

Zu Tagesordnungspunkt 3 liegt ein Rückverweisungsantrag des Abgeordneten Muchitsch vor.

Ich lasse daher sogleich darüber abstimmen, den Gesetzentwurf betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert wer­den, nochmals an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zu verweisen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3, den im Antrag 905/A der Abgeordneten August Wöginger, Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden.

Hiezu liegen zwei Zusatzanträge der Abgeordneten Wimmer, Kolleginnen und Kollegen vor. Weiters haben die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht. Schließlich liegt noch ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Wöginger, Neubauer, Kolleginnen und Kollegen vor.

Im Sinne des § 65 Abs. 3 der Geschäftsordnung werde ich zunächst über jene Teile des Gesetzentwurfes – getrennt nach Antrag – abstimmen lassen, die von sämtlichen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträgen betroffen sind.

In der Folge lasse ich – wiederum getrennt nach Antrag – über jene Teile, die sowohl vom Abänderungsantrag der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen als auch vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Wöginger, Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betroffen sind, abstimmen.

Schließlich lasse ich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes in der Fassung des Initiativantrages abstimmen.

Die Abgeordneten Wimmer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag be­treffend Einfügung neuer Ziffern 1 bis 7 und 12 sowie daraus resultierende Umnum­merierungen in Artikel 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Wimmer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz­antrag betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 1 § 261 und daraus resultierende Um­nummerierung in Artikel 1 eingebracht.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.

Ferner liegt mir ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderungen sowie Streichungen in Artikel 1 vor.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.

Weiters liegt mir ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Wöginger, Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 1 vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Artikels 1 in der Fassung des Initiativantrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Die Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 und 3 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, nicht angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Wöginger, Neubauer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 und 3 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, somit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Initiativ­antrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Damit kommen wir zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit, somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4, den im Antrag 695/A der Abgeordneten Fürlinger, Stefan, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetz­entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.

Somit kommen wir gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig, somit ist der Ge­setzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5, den im Antrag 780/A der Abgeordneten Sieber, Neubauer, Kolleginnen und Kollegen enthal-


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tenen Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alterssicherungs­kommissions-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, somit angenommen.

Damit gelangen wir zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit, somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

14.32.589. Punkt

Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zusammenrechnung der NSchG-Belastungen (123/A)(E)

10. Punkt

Antrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend abschlagsfreies Sonderruhegeld (124/A)(E)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punk­ten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Hinsichtlich dieser Anträge wurde dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Frist zur Berichterstattung bis 1. Juli 2019 gesetzt.

Es liegt kein Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung vor, somit gehen wir in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kirchbaumer. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.33.50

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Bundes­minis­terInnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause und hier bei uns auf der Galerie! Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag der SPÖ wird ein absolut falscher Weg eingeschlagen. Es sollte unser Anliegen sein, gleiche Bedingungen für alle Pensionistinnen und Pensionisten zu schaffen. Eine gesetzliche Einzelmaßnahme für eine Gruppe, die dann gegenüber anderen Pensionistinnen und Pensionisten bevorzugt wird, halte ich für den falschen Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte hier nur ein Beispiel dafür nennen, wie es aussieht, wenn wir diesen absolut falschen Weg einschlagen: Eine Frau geht im Alter von 59 Jahren in Pension und hat Abschläge von 4,2 Prozent pro Jahr. Sie hat ihr Leben lang hart gearbeitet, zwei Kinder großgezogen, den Haushalt geführt, ihre Eltern versorgt und zudem noch fünf Tage in der Woche hart gearbeitet. Sie hat eine Pension von 1 100 Euro netto im Monat. Sie hat Abschläge von 4,2 Prozent pro Jahr, weil sie nicht in die Regelpension gegangen ist, sondern ein Jahr früher.

Ein Nachtschwerarbeiter geht mit 57 Jahren – also zwei Jahre früher – in den Ruhe­stand und hat eine Pension von 2 318 Euro netto. Dieser Arbeiter soll jetzt noch einen zusätzlichen Bonus von 300 Euro netto bekommen, weil bei dieser Pension die Abschläge von 4,2 Prozent pro Jahr gestrichen werden sollen.

Finden Sie das allen anderen Pensionistinnen und Pensionisten und den Menschen in Österreich gegenüber gerecht und fair? Sind diese um so viel weniger wert? – Ich


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möchte die Anforderungen der Nachtschwerarbeit mit keinem Wort schmälern. Nachtschwerarbeiter arbeiten tagtäglich sehr, sehr hart. Sie haben auch deshalb bereits bessere Gehälter und werden für ihre Arbeit ordentlich entlohnt. Jetzt aber zur Forderung: Diese Nachtschwerarbeiter mit einem weiteren Pensionsvorteil zu beschen­ken kann nicht der Weg sein. Meiner Meinung nach ist das lediglich ein Wahlgeschenk der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

In unserem Interesse muss es sein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bessere Arbeitsbedingungen in unseren Unternehmen vorfinden. Es muss uns die Gesundheit der Menschen wichtig sein. Diesbezüglich sind die Unternehmen aufgrund moderner Technologien, die die Arbeit maßgeblich erleichtern, bereits auf einem sehr guten Weg. Dadurch wird es in der Zukunft viel weniger Nachtschwerarbeit geben, und das muss unser Ziel sein.

Es ist der falsche Weg, Menschen damit in die Nachtschwerarbeit zu locken, dass sie ohne Abschläge in Pension gehen – wobei zu sagen ist, in diesem Bereich gehen Frauen mit 52 und Männer mit 57 Jahren in Pension. Es wurde somit bereits eine Besserstellung für hart arbeitende Menschen – die sie auch selbstverständlich ver­dienen – vorgenommen, eine weitere Aufweichung ist meiner Meinung aber der falsche Weg.

Zum Thema Sozialpartnerschaft: Ich vermisse diesbezüglich die Einbindung der Sozialpartner, die Sie, liebe SPÖ, immer so vehement fordern. Wo haben Sie das Gespräch gesucht? Oder nehmen Sie die Sozialpartnerschaft erst dann ernst, wenn es um Ihre einseitigen eigenen Gewerkschaftsinteressen geht? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich finde im Antrag auch kein einziges Wort über die Finanzierung seitens des Bundes und der Wirtschaft. Das ist der Stil der SPÖ: Der Unternehmer soll bluten, der Staat soll weiterhin Schulden machen. Die Schuldenpolitik der SPÖ muss ein Ende haben! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

14.37


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.


14.37.53

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist schade, dass die Gelegenheit heute vor allen Dingen von der Freiheitlichen Partei – von der ÖVP habe ich es eh nie erhofft – nicht genutzt wurde, eine Lanze für die Nachtschwerarbeiter zu brechen. (Abg. Wurm: Wir werden es erklären!) Auf der anderen Seite aber ist es gut, denn so können die Menschen draußen beobachten und sehen, welche Partei, wie wir als Sozialdemokraten, für die Arbeitnehmer einsteht und welche Partei ganz massiv gegen die Arbeitnehmer und ‑nehmerinnen ist.

Weil Sie, Frau Kollegin Graf, vorhin gemeint haben – (in Richtung Abg. Kopf:) da lacht der Generalsekretär, das kostet ihn wahrscheinlich gerade einen Lacher –, Arbeit­nehmer und Unternehmer seien sehr harmonisch unterwegs: Da würde ich einmal ersuchen, dass Sie auch von Ihrer Seite her – denn Sie sind eine große und hohe Funktionärin im Bereich der Leiharbeit – dafür Sorge tragen, dass nicht gegen die Arbeitnehmer vorgegangen wird, so wie Sie es das letzte Mal gemacht haben, als Mittel der Arbeitgeber für Ausbildungsmaßnahmen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer gekürzt wurden. (Zwischenruf der Abg. Tanja Graf.) Darauf müssen Sie schon ein bisschen besser aufpassen, meine sehr geschätzten Damen und Herren!

Zum heutigen Entschließungsantrag: Natürlich wäre es wichtig und gut, mit Maßnah­men einen leichteren Zugang zur Nachtschwerarbeit zu ermöglichen, Kolleginnen und


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Kollegen, denn es ist ja nicht irgendwer, der die Arbeit dort verrichtet. Es sind Men­schen in den Bergwerken, in den Stollen, Menschen, die am Hochofen arbeiten, und wie dort gearbeitet wird und welche Einflüsse dort tatsächlich herrschen, wie schwer das ist, Kolleginnen und Kollegen, muss man zuerst einmal erleben, bevor man leichtfertig sagt: Nein, wir bleiben bei der jetzigen gesetzlichen Lage und lassen es einfach so, wie es ist! (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Bundesregierung war in den letzten 18 Monaten gegen die Arbeitnehmer gerichtet. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Ganz deutlich wurden die Arbeitnehmerrechte mit Füßen getreten. Sie von der FPÖ haben sich immer als Arbeitnehmerpartei hingestellt. Genau das Gegenteil haben Sie gemacht: Die Freiheitliche Partei hat die Arbeitnehmer verraten. (Abg. Matznetter: Verrat!) Das haben wir heute beim Beschluss wieder gesehen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der SPÖ.)

Als erster Punkt die Sozialversicherung: Die Sozialversicherung wurde zertrümmert, Milliarden hat das gekostet, die Selbstverwaltung wurde abgeschafft. Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, ihr habt die Generaldirektoren ausgetauscht, sonst gar nichts; die Leistungen werden nicht besser werden, liebe Freundinnen und Freunde (Zwischenrufe der Abgeordneten Nehammer und Zarits): VAEB – schwarzer General­direktor; AUVA – natürlich ein schwarzer Generaldirektor; Pensionsversicherungs­anstalt – natürlich ein schwarzer Generaldirektor; Österreichische Gesundheitskasse – ein schwarzer Generaldirektor; und beim Dachverband haben die Freiheitlichen einen bekommen. Sie haben nicht die Struktur geändert, Kolleginnen und Kollegen, Sie haben umgefärbt und haben Ihre Generaldirektoren jetzt untergebracht. In Wirklichkeit geht es Ihnen nicht um die Menschen, es geht Ihnen um die Macht, liebe Damen und Herren. (Abg. Nehammer: ... ein Geständnis!)

Nächster Punkt, Karfreitag: Darauf werden wir noch zu sprechen kommen und wir werden das noch sehen. Das wird nicht so einfach gehen, dass man da einfach drübersteigt. 300 000 Menschen den Feiertag wegzunehmen, das ist einfach nicht okay und nicht fair, meine sehr geschätzten Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Hammer.)

Ich möchte nur noch einen Punkt erwähnen, weil mir leider die Zeit davonläuft: den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche. Da haben wir morgen bei der Diskussion zum Parteiengesetz beziehungsweise zum Thema Parteienfinanzierung – der General­sekretär hat jetzt schon die Ohren geöffnet – dann Gelegenheit, ein bisschen näher darauf einzugehen. Unglaublich, wie unverhohlen man sich mit der Brieftasche, mit viel Geld den 12-Stunden-Tag einfach kaufen kann (Abg. Nehammer: 360 000 Euro Spenden!), der Herr Ortner mit 438 000 Euro, der Herr Pierer mit 436 000 Euro! Das Geld auf den Tisch zu legen und zu sagen: Aber dafür muss der 12-Stunden-Tag kommen!, das ist unverfroren, Kolleginnen und Kollegen! Das wird sich rächen, und Sie werden das bei der Wahl auch zu spüren bekommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

14.42


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte schön.


14.42.23

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher zu Hause! Vielleicht sollte man diese Geschichte noch einmal kurz erklären, damit die Zuseher auch wissen, worum es hier geht: Wir haben einerseits den Begriff Nachtarbeit und dann die Begrifflichkeit Nachtschwerarbeit. Nachtarbeit ist es,


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wenn man regelmäßig zwischen 10 Uhr am Abend und 6 Uhr in der Früh arbeiten muss – der klassische Schichtdienst. Nachtschwerarbeit ist es, wenn man in dieser Nachtzeit regelmäßig arbeitet und dann noch dementsprechend schwere Arbeit verrichten muss – das heißt, bei heißen Temperaturen oder kühlen Temperaturen im Kühlhaus oder bei extremer Lärmbelastung.

Das sind jene Österreicherinnen und Österreicher, die jahre- und jahrzehntelang unser Land auch nachts am Leben erhalten, und diese Arbeitnehmer haben selbst­ver­ständlich auch einen besonderen Schutz zu erwarten. Deshalb, und das kann ich nur noch einmal wiederholen, ein Zeichen mehr: Nur mit uns Freiheitlichen geht hier etwas weiter; denn, liebe Sozialdemokratie, es hat euch jetzt jahrelang nicht gestört, dass es bei dieser Pensionsregelung Abschläge gegeben hat. Wo war die Sozialdemokratie? (Abg. Keck: Mit der ÖVP ist das nicht gegangen bitte!)

Jetzt, mit uns Freiheitlichen, wird es möglich werden, wir werden sicherstellen, dass dieser Personenkreis – und zwar betrifft es in diesem Fall Frauen ab 52 und Männer ab 57 – vorzeitig in den Sonderruhestand gehen kann und dann ab 60 oder 55 in die normale Alterspension, dass diese Personen diesen Abschlag bei der Pension nicht mehr abziehen müssen.

Wir werden da unterstützend eingreifen und helfen, aber ich sage es noch einmal: Das alles wird ohne Freiheitliche Partei nicht gehen. Deshalb, liebe Arbeitnehmer, beden­ken Sie am 29. September: Nur ein Kreuz bei der FPÖ wird die soziale Gerechtigkeit in Österreich weiterhin sicherstellen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.44


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.


14.44.42

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Als Einreicher dieser Anträge und als jemand, der über viele Jahre Nachtschwerarbeit geleistet hat, bin ich betroffen von den Aussagen, die hier dargebracht werden.

Kollegin Kirchbaumer, du hast Beispiele gebracht, die man nicht vergleichen kann, und ich sage das sehr harmlos. Du hast als Beispiel eine Frau genannt, die eine Tages­diensttätigkeit verrichtet hat, vielleicht in einem klimatisierten Büro, die sehr wohl lange Jahre gearbeitet hat und aufgrund einer Regelung, die die ÖVP damals mit der FPÖ in einem Pensionsgesetz beschlossen hat, Abschläge von 4,2 Prozent hat. Es ist auf­grund einer Maßnahme, die die ÖVP gesetzt hat, dass es diese Abschläge gibt. Dann hast du einen Schwerarbeiter erwähnt und gesagt, es sollen für alle Pensionisten gleiche Bedingungen geschaffen werden.

Was macht denn der Nachtschwerarbeiter? – Ich denke, die meisten – und ich traue mich, das hier zu sagen – wissen nicht, wie die Belastung eines nachtschwer­arbei­tenden Menschen ausschaut, meine Damen und Herren. Ich war viele Jahre lang Nachtschwerarbeiter, und ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie in der Nacht Tätigkeiten verrichten, bei denen Sie hier herum (der Redner deutet auf sein Gesicht) 80 Grad haben und die Sie durchgehend machen müssen, dann ist das eine immense Be­lastung für den Körper, für den Kreislauf, für alles. Daher ist das Nachtschwer­arbeitsgesetz am 1. Juli 1981, also gestern vor 38 Jahren, hier in Österreich eingeführt worden, nämlich dass bei Bedingungen wie Hitzebelastungen, Kältebelastungen, Lärm­­belastungen, Erschütterungen und so weiter in Verbindung mit Nachtarbeit eben eine Maßnahme vorgesehen ist.

Dann kommt das Thema Finanzierung. Wie wollen wir denn das finanzieren? – Ich glaube, Kollegin Kirchbaumer, du weißt nicht, dass für diese Menschen, die Nacht­schwerarbeit leisten, von den Dienstgebern Sonderbeiträge einbezahlt werden müs-


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sen, sodass die Finanzierung über die Jahrzehnte gesichert ist. Wenn 3,5 Prozent der Bruttolohnsumme (Abg. Wurm: 3,5 Prozent!) – ja, 3,5 Prozent der Bruttolohnsumme – über einen Zeitraum von drei bis vier Jahrzehnten für jeden Beschäftigten, der Nacht­schwerarbeit leistet, einbezahlt werden, dann ist dieser vorzeitige Antritt ohne Abschläge garantiert gesichert, weil das mit diesen Beiträgen finanziert ist.

Ich erkläre es Ihnen am Beispiel der Firma, in der ich beschäftigt bin, nämlich der Voestalpine: In der Voestalpine sind nur am Standort Linz 3 800 Menschen in der Nachtschwerarbeit beschäftigt, und für diese 3 800 Menschen in der Schwerarbeit werden pro Jahr 7,4 Millionen Euro an Sonderbeiträgen für das Sonderruhegeld wegen Nachtschwerarbeit einbezahlt. (Abg. Kirchbaumer: Es ist teuer ...!) Das heißt, wenn ich da mit dem Hochrechnen anfange, und ich kann ein bisschen rechnen, dann weiß ich, dass dieses Sonderruhegeld ohne Abschläge garantiert finanziert wäre – auch ohne die Dinge, die Sie genannt haben, die man da angeblich braucht.

Der zweite Antrag, meine Damen und Herren, bezüglich der NSchG-Belastungen: Das Nachtschwerarbeitsgesetz sieht vor, dass man während der Arbeitszeit überwiegend eine Belastung haben muss. Was heißt „überwiegend“? – Das musste erst gesetzlich geklärt werden: Das heißt, die Betroffenen müssen mehr als 4 Stunden eine Belastung haben, damit sie sich auf das Nachtschwerarbeitsgesetz berufen können. Das be­deutet, wenn man mehr als 4 Stunden Hitze ausgesetzt ist, kann man das machen. Wenn man aber 2 Stunden Hitze, 2 Stunden Lärm und 2 Stunden Erschütterungen ausgesetzt ist, dann kann man sich nicht auf dieses Gesetz berufen, weil es ja heißt: eine Belastung überwiegend. Daher gibt es von uns diesen Antrag, eine Zusam­menrechnung der NSchG-Belastungen vorzunehmen. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag 123/A(E) „betreffend Zusammenrechnung der NSchG-Belastun­gen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird ersucht, zu den bestehenden Kriterien neue Belastungskriterien für Schwerarbeit aufgrund der Veränderungen der Anforderungen die an ArbeitnehmerInnen gestellt werden, zum Beispiel länger und flexibler zu arbei­ten, neu festzulegen.“

*****

Der Grund ist, dass sich die Arbeitswelt natürlich geändert hat und diese Altbelas­tungen sehr wohl noch vorhanden sind, aber viele neue Belastungen auf diese Men­schen zukommen. Daher ist es notwendig, auch hier eine Änderung herbeizuführen.

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Es wird ja immer von besseren Arbeitsbedingungen geredet. Ich glaube, mein Unternehmen, die Voestalpine, versucht über Jahrzehnte für seine Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen herbeizuführen. Es gibt aber Tätig­keiten, da kann man Arbeitsbedingungen verbessern, so viel man will, die werden trotzdem im NSchG drinnen bleiben, weil man das nicht wegbringt, wenn jemand etwa im Stahlwerk, am Hochofen oder sonst irgendwo arbeitet.

Wenn da jemand verlangt, man soll gleiche Bedingungen für die Pensionisten schaf­fen, dann möchte ich eines sagen – ich werde jetzt polemisch, und ich habe es in


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diesem Haus vor 14 Jahren schon einmal gesagt –: Wenn man sich die Lebens­erwartung dieser Menschen, die ihr Leben lang Nachtschwerarbeit geleistet haben, ansieht, dann weiß man, dass sie nicht die Lebenserwartung derer haben, die diese Tätigkeit nicht gemacht haben. Und ich glaube, man ist es Ihnen schuldig, dass sie vorzeitig in den Ruhestand gehen können und da keine Abschläge haben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rainer Wimmer, Muchitsch, Keck, Knes, Stöger, Ing. Vogl Ge­nossinnen und Genossen

Eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag 123/A(E) der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen  

„Die Bundesregierung insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesund­heit und Konsumentenschutz wird ersucht, zu den bestehenden Kriterien neue Belastungskriterien für Schwerarbeit aufgrund der Veränderungen der Anforderungen die an ArbeitnehmerInnen gestellt werden, zum Beispiel länger und flexibler zu arbei­ten, neu festzulegen.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.


14.49.52

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Abgeordneter Wurm hat behauptet, die SPÖ hätte die Ab­schläge bei der Invaliditätspension beziehungsweise beim Sonderruhegeld eingeführt beziehungsweise hätte sie verändern können.

Ich berichtige tatsächlich: Die Abschläge wurden 2003 unter der Regierung Schüssel-Haider eingeführt. (Abg. Hafenecker: Der war doch gar nicht in einer Regierung!) – 2003, da war die FPÖ dabei. Es hat eine namentliche Abstimmung gegeben, bei der die Abgeordneten der FPÖ und der ÖVP die Abschläge eingeführt haben.

Ich sage auch deutlich: Die SPÖ hat die Abschläge verringert, weil wir nämlich eine Höchstgrenze dafür eingeführt haben. Heute habt ihr die Chance (Abg. Wurm: Aber jetzt braucht ihr uns!), diese Abschläge zu beenden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.50


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

14.51.03


Somit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Verhandlungsgegenstand getrennt vornehme.


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Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entschließungs­an­trag 123/A(E) der Abgeordneten Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zusam­menrechnung der NSchG-Belastungen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (E 80)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Zusammenrechnung der NSchG-Belastungen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit, angenommen. (E 79)

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entschließungs­antrag 124/A(E) der Abgeordneten Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „abschlagsfreies Sonderruhegeld“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen. (E 81)

14.52.1911. Punkt

Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (338/A)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zu Tagesordnungspunkt 11. Hinsichtlich dieses Antrages wurde dem Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Frist zur Berichterstattung bis 1. Juli gesetzt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.


14.52.53

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh, dass wir heute die Karenzzeitenverbesserung noch beschließen können. Es ist im Endeffekt dann eine Dreiparteieneinigung ge­worden – oder sogar vier Fraktionen stimmen dann zu, wir haben das vorige Woche noch verhandelt.

Worum geht es? – Es geht um die Anrechnung der Karenzzeiten von 24 Monaten bei den Gehaltsvorrückungen, bei der Entgeltfortzahlung. Das ist eine sehr positive Maß­nahme für Frauen beziehungsweise für alle, die die Elternkarenzzeiten nützen. All diese Menschen werden von dieser Regelung profitieren.

Es ist eine wichtige familienpolitische Maßnahme, dass es hier nicht zu diesen Be­nachteiligungen kommt. Wer sich mit den Einkommensberichten auseinandersetzt, weiß, dass das ein Hauptpunkt ist, warum es zu den Einkommensunterschieden zwischen Männern und Frauen in vielen Bereichen kommt.

Es ist eine wichtige Maßnahme. Wir haben voriges Jahr mit der FPÖ angekündigt, dass wir das umsetzen wollen. Ich möchte mich aber bei den Sozialpartnern ganz herzlich bedanken, insbesondere auch bei der Dienstgeberseite, bei den Wirtschafts­kammervertretern, namentlich bei Generalsekretär Karlheinz Kopf, die hier Wort gehalten haben. In den meisten Kollektivverträgen wurde diese Karenzzeitenregelung


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bereits umgesetzt. Ein herzliches Dankeschön den Sozialpartnern insgesamt, vor allem der Dienstgeberseite! Das möchte ich hier auch erwähnen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es gibt aber ganz wenige Kollektivverträge, wo es noch nicht umgesetzt ist, bezie­hungsweise gibt es vor allem Mitarbeiterinnen, die von Kollektivverträgen nicht erfasst sind. In Österreich sind es, Gott sei Dank, ganz wenige, aber es ist uns ein Anliegen, dass auch diese Kolleginnen und Kollegen jetzt von dieser Regelung mit umfasst sind. Es ist auch ein wichtiges Gesetz zum Schließen der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen. Ich bedanke mich bei all jenen, die diesen Antrag mit unter­stützen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.54


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.55.05

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Ich darf zur Rede des Herrn Kollegen Wöginger kurz Folgendes ergänzen: Es sind rund 100 000 Frauen, die von keinem Kollektivvertrag erfasst sind. Das heißt, auch für diese Gruppe schaffen wir gemeinsam diese Verbesserung. Es sind vier Fraktionen in diesem Haus, die heute dieser gesetzlichen Karenzzeitenregelung von 24 Monaten die Zustimmung erteilen.

Es hat ein bisschen gedauert, bis dieses Baby geboren wurde, aber heute ist es so weit. Ich freue mich wirklich, wirklich für alle Frauen in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.) Wenn ein Kind ab dem 1. August 2019 geboren wird, Sie in Karenz gehen und diese Zeit für 24 Monate wirklich in Anspruch nehmen, sich das auch teilen, wie auch immer, werden Sie von dieser Regelung profitieren. Das ist das Beste an der Sache.

Die schon erwähnte Einkommensschere kann dadurch um durchschnittlich circa 3 Prozent geschlossen werden, und das ist großartig für viele, viele Frauen, die diese Karenzzeiten in Anspruch nehmen.

Das gilt ja nicht nur für Mütter, die Kinder selbst geboren haben, sondern auch für Adoptivmütter und Pflegemütter. Es ist also rundum eine wunderbare Sache, dass statt der zehn Monate jetzt 24 Monate voll angerechnet werden und dass es auf Initiative der Sozialdemokratie hin – es war unsere Initiative; man muss so fair sein, das zu sagen – jetzt doch gelungen ist, das gesetzlich so zu regeln, dass man früher An­spruch auf die sechste Urlaubswoche hat, dass eine Entgeltfortzahlung im Krankheits­fall gewährleistet ist, dass der Kündigungsschutz hier auch eine andere Dimension bekommt und einiges mehr, wie dass Sicherheit gegeben ist und die Vereinbar­keitsfrage gut gelöst wird.

Auch ich möchte mich an dieser Stelle bei den Sozialpartnern bedanken, die in Kollek­tivverträgen diese Regelung schon gelöst haben. Es sei mir eine kleine Seitenbe­merkung erlaubt: Dort, wo besonders wenige Frauen arbeiten, in der Metallbranche und in anderen, hatten wir schon die 24 Monate; dort hingegen, wo besonders viele Frauen arbeiten, werden wir es jetzt gesetzlich regeln. (Abg. Wöginger: Handel!) – Der Handel hat es auch, aber Gastronomie und andere Bereiche. Auch die 100 000 Frauen, die bisher gar keinen Kollektivvertrag hatten, werden von dieser Regelung erfasst. Daher finde ich es großartig, dass wir jetzt ein gutes Stück zum Schließen der Einkom­mensschere beitragen.

Ich verlese jetzt den Abänderungsantrag, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen:


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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Dr.in Juliane Bogner-Strauß, Dr.in Dagmar Belakowitsch, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA zum Antrag 338/A

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Z 1.lautet:

„1. § 15f Abs. 1 lautet:

„§ 15 f (1) Die Dienstnehmerin behält den Anspruch auf sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 des Einkommenssteuergesetzes 1988 in den Kalenderjahren, in die Zeiten einer Karenz fallen, in dem Ausmaß, das dem Teil des Kalenderjahres entspricht, in den keine derartigen Zeiten fallen. Für die Dienst­nehmerin günstigere Regelungen werden dadurch nicht berührt. Zeiten der Karenz werden bei Rechtsansprüchen, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, für jedes Kind in vollem in Anspruch genommenen Umfang bis zur maximalen Dauer gemäß den §§ 15 Abs. 1 und 15c Abs. 2 Z 3 und Abs. 3 angerechnet. ““

2. Z 2 lautet wie folgt:

„2. Dem § 40 wird folgender Abs. 29 angefügt:

„(29) § 15f Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2019 ritt mit 1. August 2019 in Kraft und gilt für Mütter (Adoptiv- oder Pflegemütter), deren Kind ab diesem Zeitpunkt geboren (adoptiert oder in unentgeltliche Pflege genommen) wird.““

*****

Ich glaube, das, was bisher erreicht wurde – die Einkommensberichte wurden erwähnt, wo man ein bisschen hineinschauen kann, was jemand in einem Unternehmen ver­dient, auch der Gehaltsrechner, der installiert wurde, aber auch die Gehaltsangaben in Stelleninseraten –, waren erste Schritte, die dazu beitragen, die Lohnschere auch in Österreich ein Stück weit kleiner zu machen.

Was jetzt aber für alle Frauen gelingt, in deren Kollektivverträgen es noch nicht geregelt war, die bisher gar keinen Kollektivvertrag hatten, ist, dass sie, wenn sie mit zwei Kindern die volle Zeit ausschöpfen, bis zu 3 Prozent mehr Lebenseinkommen haben. Das ist wirklich ein Meilenstein. Ich freue mich sehr für die Frauen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Dr.in Juliane Bogner-Strauß, Dr.in Dagmar Belakowitsch, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 338/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Z 1.lautet:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 150

„1. § 15f Abs. 1 lautet:

„§ 15 f (1) Die Dienstnehmerin behält den Anspruch auf sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 des Einkommenssteuergesetzes 1988 in den Kalenderjahren, in die Zeiten einer Karenz fallen, in dem Ausmaß, das dem Teil des Kalenderjahres entspricht, in den keine derartigen Zeiten fallen. Für die Dienst­nehmerin günstigere Regelungen werden dadurch nicht berührt. Zeiten der Karenz werden bei Rechtsansprüchen, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, für jedes Kind in vollem in Anspruch genommenen Umfang bis zur maximalen Dauer gemäß den §§ 15 Abs. 1 und 15c Abs. 2 Z 3 und Abs. 3 angerechnet. ““

2. Z 2 lautet wie folgt:

„2. Dem § 40 wird folgender Abs. 29 angefügt:

„(29) § 15f Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2019 ritt mit 1. August 2019 in Kraft und gilt für Mütter (Adoptiv- oder Pflegemütter), deren Kind ab diesem Zeitpunkt geboren (adoptiert oder in unentgeltliche Pflege genommen) wird.““

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Schimanek zu Wort. – Bitte. (Zwischenruf bei der FPÖ.)


15.00.12

Abgeordnete Carmen Schimanek (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kollegen! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, ich freue mich auch wahn­sinnig, dass wir das nun beschließen können, denn ich arbeite schon seit dem Jahr 2008 an diesem Thema.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, da waren Sie noch Ministerin – Frauen­minis­terin – und haben meine Anträge, die in diese Richtung gegangen sind, immer abgelehnt. Nun also hier zu stehen und zu sagen - - (Abg. Heinisch-Hosek: Keine Ablehnung! ...!) – Ja, aber Sie wissen - - Sie haben sie immer abgelehnt, und sich nun hier herzustellen und zu sagen, das ist immer Ihre Forderung gewesen, ist nicht ganz ehrlich. (Abg. Heinisch-Hosek: Freuen Sie sich mit mir! – Zwischenruf der Abg. Kuntzl.) Es ist seit 2008 eine freiheitliche Forderung (Abg. Heinisch-Hosek – in Richtung ÖVP blickend –: Schauen Sie mal dort rüber!), deswegen freue ich mich auch sehr, dass wir das nun umsetzen können. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Ich bin seit 2008 im Parlament. Wir haben das mehrmals eingebracht, und es wurde seitens der SPÖ immer abgelehnt. (Abg. Heinisch-Hosek: Wir waren in einer Koalition! – Zwischenruf der Abg. Kuntzl.) – Na ja, mit den Kollegen der ÖVP habe ich es zumindest so weit geschafft, dass wir letztes Jahr im September einen gemeinsamen Antrag in diese Richtung machen konnten. Wenn ich mich richtig erinnere, habt ihr diesen Antrag – zumindest im Ausschuss – aber auch abgelehnt; wenn ich das jetzt so richtig im Kopf habe. Ich weiß, dieser ist halt nicht weit genug gegangen, aber irgendwie ist das nun nicht ganz ehrlich.

Es ist ein guter Tag für die Frauen und Mütter in Österreich. Ich freue mich, dass wir es nun geschafft haben, dass auch die Karenzzeiten in die Gehaltsvorrückungen kom-


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men. Die Frauen werden wirklich dankbar sein. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben mit der Mindestpension und nun mit dieser Maßnahme einige Maßnahmen geschaffen, um für die Frauen in Österreich ein Stück weiterzukommen. Was da auch eindeutig herauskommt: Mit der Freiheitlichen Partei geht auch frauenpolitisch etwas weiter. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

15.02


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.


15.02.29

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (JETZT): Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Ich halte es für wichtig, dass es heute mit der Änderung des Mutterschutzgesetzes möglich werden wird, endlich für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Arbeitswelt zu sorgen, denn Kinder bekommen auch heute immer noch die Frauen – da ist die Natur unerbittlich –, und auch die Nachteile, die sich daraus ergeben – egal, ob es das Erwerbsleben, die Karriere, das Einkommen bis hin zur Pension betrifft –, sind großteils weibliche Phänomene, und da war die Politik bisher unerbittlich. Mit der Anrechnung der Karenzzeiten allein wird sich das aber noch nicht grundsätzlich ändern, denn da braucht es noch viele weitere Schritte. Das aber ist ein erster und ein sehr wichtiger Schritt.

Bevor aber die große Feierlaune ausbricht, möchte ich noch einen Blick in die Ver­gangenheit werfen, um womöglich auch feststellen zu können, Kollegin Schimanek, warum es überhaupt so lange gedauert hat – seit 2008 – und warum auch in den letzten zwei Jahren dahin gehend nichts möglich gewesen ist. Ja, wir waren derselben Meinung. Bis auf die Kollegen der Volkspartei haben wir alle hier herinnen betont, dass es eine gesetzliche Lösung brauchen würde – deshalb nun auch dieser kleine Rückblick.

Im September 2018 gab es einen Beschluss der Regierungsparteien, und zwar einen Antrag, der eingebracht worden ist und der darauf gelautet hat, man möge es den Kollektivvertragspartnern überlassen, diese volle Anrechnung von bis zu 24 Monaten festzuschreiben. Ein Monat darauf, im Oktober 2018, hat es dann in der Sozial­ausschusssitzung geheißen: Wenn diese Kollektivvertragsverhandlungen scheitern sollten, dann machen wir das gesetzlich und garantieren das für die Frauen in diesem Land.

Dann hat es die Abstimmung gegeben, die ich auch mitgetragen habe, weil ich der Überzeugung bin, dass es die volle Anrechnung der Karenzzeiten dringend braucht – im besten Fall auch eine gesetzliche Regelung, damit auch jene 3 Prozent der Frauen, die keinen Schutz aus Kollektivverträgen haben, auch diese volle Anrechnung bekommen. Im Plenum wurde das dann ebenfalls mit den Stimmen von Schwarz-Blau und meiner Fraktion so beschlossen.

So, und was ist dann passiert? – Es ist nichts passiert. Es war leider in der Herbst­lohnrunde nicht möglich, die volle Anrechnung von bis zu 24 Monaten in allen Kollek­tivverträgen festzuschreiben (Ruf bei der ÖVP: Fast in allen!), und das in einer Situation, in der eigentlich das Gesetz hätte greifen müssen (Zwischenruf des Abg. Haubner), denn man hat sich ja damals die Frist von Ende 2018 gesetzt, und diese war schon lange vorbei. Es gab keine gesetzliche Regelung und es hat auch nicht so ausgesehen, als würde es irgendwie in diese Richtung gehen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 152

Ich war damals sehr verwundert und habe auch in meiner Rede Klubobmann Wöginger gefragt: Warum passiert da nichts? Warum will man 500 000 Frauen, Müttern, Arbeit­nehmerinnen genau diese Anrechnung nicht gewähren, wenn es doch bei den Kollek­tivvertragsverhandlungen nicht möglich gewesen ist, sie überall festzuschreiben?

Sie, Kollege Wöginger, haben mir damals gesagt: Na man muss sich das noch anschauen. – Mir war damals nicht klar, was man sich denn noch anschauen muss, weil wir ja hier im Parlament einen Antrag beschlossen hatten, der darauf lautete, bis Ende 2018 gesetzlich festzulegen, dass wir die volle Anrechnung wollen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.) Deshalb: Es war mir überhaupt nicht klar, warum da nichts pas­siert ist.

Ich bin aber froh, dass wir heute hier stehen und genau diesen Antrag verhandeln. Es gibt keine Regierung mehr, daher ist es nun möglich, da etwas weiterzubringen. Ich bin froh, dass wir einen Schritt dahin gehend weiterkommen, die volle Anrechnung von bis zu 24 Monaten Karenz für die Frauen in diesem Land zu erreichen.

Das war möglich, weil Ibiza gekommen ist. Das war möglich, weil die damalige Bun­desregierung aufgrund des Misstrauensantrages nun nicht mehr in den Regierungs­ämtern sitzt und dieses freie Spiel der Kräfte endlich auch Möglichkeiten dazu bietet, hier herinnen im Sinne der Bevölkerung tätig zu sein und überhaupt so viele wertvolle Initiativen wie schon lange nicht mehr im Sinne der Menschen da draußen beschließen zu können.

Ich glaube, wir sind da gemeinsam einen großen Schritt gegangen. Dieser bleischwere türkise Deckel auf diesem Thema ist nun weg; Sie gehen momentan bei diesem Antrag mit – ich danke auch hierfür. Es ist, denke ich, ein gemeinsamer großer Schritt für die Frauen in diesem Land. Stimmen Sie wirklich alle geschlossen zu, denn ich glaube, das ist ein starkes Zeichen für die Frauen in diesem Land! – Vielen Dank. (Beifall des Abg. Zinggl.)

15.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Graf zu Wort gemeldet. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP: Ist eh keiner mehr da bei der Liste Pilz!)


15.07.06

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuschauerin­nen! Wie wir nun schon mehrmals gehört haben, geht es bei diesem Tagesord­nungs­punkt um die Anrechnung der Karenzzeiten. Ich darf einmal kurz die Zeit zurückdrehen und die Geschichte rund um dieses Thema Revue passieren lassen.

Erst im letzten Herbst wurde hier im Nationalrat der Beschluss gefasst, die Sozial­partner zu beauftragen, die Anrechnung der Karenzzeit im Zuge ihrer KV-Verhand­lungen zu berücksichtigen. In unzähligen Gesprächen und Verhandlungsrunden sind die Sozialpartner diesem Auftrag in den verschiedenen Branchen auch nachge­kom­men und konnten bereits in über 90 Prozent der Kollektivverträge individuelle, für die Branche entsprechende Modelle der Anrechnung von Karenzzeiten umsetzen. Ich darf die Gelegenheit dazu nutzen, den Verhandlungspartnern meinen Dank auszusprechen.

Obwohl die Sozialpartner ihrer Aufgabe gewissenhaft nachkamen, hat die SPÖ über­raschenderweise im Juni – im freien Spiel der Kräfte – einen Antrag zur vollen An­rechnung der Karenzzeit eingebracht. Für mich als Unternehmerin und KV-Verhand­lerin war dies völlig unverständlich, aber es zeigte auch, dass der Gegensatz zwischen moralischem Anspruch und Realität bei der SPÖ nicht größer hätte sein können, denn demokratische Beschlüsse und Entscheidungen scheinen nur von Belang zu sein (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), wenn sie auch im Sinne der SPÖ ausfallen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 153

Der sonst so vehement eingeforderte und beschworene sozialpartnerschaftliche Weg (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) wurde mit dem von der SPÖ eingebrachten Antrag 338/A eindeutig verlassen, denn der Antrag hätte folgende gravierende Auswirkungen gehabt (Ruf bei der ÖVP: Tatsachenbericht!): Er hätte einen massiven Eingriff in die KV-Entgeltregelung und auch in die Sozialpartnerauto­nomie dargestellt. Mit dem Antrag hätte die SPÖ die Sozialpartnergespräche und -autonomie für bedeutungslos erklärt.

Es stellt sich also ganz generell die Frage, ob die SPÖ womöglich den Gewerkschaften überhaupt noch eine Rolle zudachte oder sie nur als Erfüllungsgehilfen betrachtete. (Abg. Vogl: Karfreitag ...!) Auf Vertrauen hätte die Gewerkschaft wie auch die Wirt­schaft mit diesem Antrag seitens der SPÖ nicht mehr zählen können. Auch Rechts­sicherheit schien ein Fremdwort zu sein, denn der damalige SPÖ-Antrag hätte rück­wirkend eine völlig überraschende Mehrbelastung für Unternehmer und Unterneh­merin­nen bedeutet – woher das Geld kommt, schien der SPÖ und insbesondere Frau Heinisch-Hosek egal zu sein. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Vogl.)

Nach den SPÖ-Vorstellungen hätten unsere Unternehmerinnen und Unternehmer (Abg. Heinisch-Hosek: Ich freue mich für die Frauen!), die schließlich und endlich das Sozialsystem auch bezahlen, knapp 2,7 Millionen Menschen beschäftigen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek) und stets neue Arbeitsplätze schaffen, wieder voll zur Kasse gebeten werden sollen.

Als Unternehmervertreterin war ich zudem wirklich über Ihre Aussage entsetzt, Frau Heinisch-Hosek, die Sie neulich in der „Presse“ zur Frage der Gegenfinanzierung ge­tätigt haben. Sie haben gemeint, diese „sei zweitrangig. ‚Das müssen wir uns jetzt leis­ten‘“ – wohl wissend, dass Sie selbst keinen einzigen Euro dazu beitragen und dass die im ursprünglichen SPÖ-Antrag enthaltene rückwirkende Maßnahme eine Mehr­belas­tung von bis zu 400 Millionen Euro für unsere Betriebe bedeutet hätte. (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Klassische SPÖ-Politik: Geld ausgeben, ohne zu bedenken, dass es auch einen Zahler geben muss. (Abg. Heinisch-Hosek: Wer leistet die ...?!)

Liebe Kollegin (Abg. Heinisch-Hosek: Falsche Rede, glaube ich!), unser Zugang ist ein anderer, nämlich ein verantwortungsvoller (Zwischenrufe bei der SPÖ), der einer­seits darauf schaut (Abg. Jarolim: Falscher Tagesordnungspunkt!), dass wir Maß­nahmen setzen, die Menschen brauchen (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), und andererseits darauf, dass sie auch finanzierbar sind. (Zwischenruf des Abg. Jarolim.)

Wir haben die positive Arbeit der Sozialpartnergespräche anerkannt und weitere Gespräche geführt. Wir sind auch der Meinung, dass die vorhandene Lücke, wie es der Kollege schon gesagt hat, geschlossen werden muss. Daher gab es auch die Ge­spräche für den Dreierantrag, dass es einen Abänderungsantrag gibt, wobei Sie dann doch vernünftigerweise mitbeschlossen haben, dass wir das erst ab August 2019 machen. Ich darf hier auch meinen Dank aussprechen, denn unser Standort Österreich braucht Rechtssicherheit und Verlässlichkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Abschluss gestatten Sie mir aber trotzdem noch einen Hinweis für eventuell kommende SPÖ-Anträge: Wahlkampfanträge können wirklich Nebenwirkungen haben! Wahlzuckerl können den Magen verpicken! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Wir helfen den Frauen, begreifen Sie das nicht? – Zwischenruf des Abg. Wittmann.)

15.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Wöginger zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 154

15.11.43

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte mich noch einmal kurz zu Wort melden, weil Frau Kollegin Holzinger-Vogtenhuber sozusagen die Historie erzählt hat.

Eines möchte ich schon festhalten: Es waren wir mit der FPÖ, die damals diesen Ent­schließungsantrag eingebracht haben. Ich habe immer ganz klar gesagt, die Sozial­partner sollen einmal die Möglichkeit haben, zu zeigen, dass sie die Karenzzeiten anrechnen. Es ist in fast allen Kollektivverträgen passiert, auch in jenen Sektoren, in denen überdurchschnittlich viele Frauen arbeiten – wenn man den Handel hernimmt, wenn man die Reinigungskräfte hernimmt, in denen 45 000 Personen, fast ausschließ­lich Frauen, tätig sind, in denen nun die 24 Monate angerechnet werden.

Wir haben gesagt, wir schauen uns dann an, wie das letzten Endes aussieht. Wir haben nun einige wenige Prozent, die nicht von Kollektivverträgen erfasst sind, und das regeln wir jetzt. Wir regeln es mit einer Lösung mit Hausverstand, das heißt, das ist nicht rückwirkend, weil das für die Betriebe unfinanzierbar gewesen wäre – wie auch Kollegin Graf gesagt hat, das ist völlig richtig –, sondern pro futuro ab 1. August.

Ich bin daher froh, dass wir das mit diesem Antrag im Sinne der Frauen, im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam lösen können. Uns war es aber schon wichtig, dass man die Sozialpartner nicht von Haus aus außen vor lässt, sondern ihnen auch die Möglichkeit gibt, diese Zeiten anzurechnen, und das wurde zu fast 100 Pro­zent erfüllt. (Beifall bei der ÖVP.)

15.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächster – es scheint zwar noch nicht bei mir auf, ich sehe es aber an der Warteposition – gelangt Herr Abgeordneter Muchitsch zu Wort. – Bitte.


15.13.31

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Nur ganz wenige Sätze zur Klarstellung, wie die Entstehung war und wie die Fakten sind (Zwischenruf des Abg. Nehammer): Fakt ist, es hat einen Entschließungsantrag gegeben. Dieser Entschließungsantrag hatte zum Inhalt – die politischen Botschaften von ÖVP und FPÖ waren immer klar –, dass es bis Jahresende 2018 eine gesetzliche Regelung geben muss.

Fakt ist, wir als SPÖ und als Oppositionspartei haben immer darauf hingewiesen, wann diese gesetzliche Vorlage nun kommt. – Lieber August Wöginger, sie ist nie gekom­men! Ich war dann so weit, dass ich als Sozialsprecher gesagt habe, wir eruieren, welche Branchen sie haben und welche nicht. Ich habe euch diese Listen zur Verfügung gestellt. (Ruf bei der ÖVP: Wem hast du sie gegeben?)

Ich war es, der gesagt hat, versuchen wir eine gemeinsame Lösung, weil es diese Frauen ganz besonders verdienen, dass sie nicht noch weiter betreffend die Einkom­mensschere abdriften. (Beifall bei der SPÖ.) Es kann nämlich nicht verboten und kein Nachteil hinsichtlich Einkommen sein, wenn sich jemand dazu entschließt, Kinder selbst zu betreuen – das war immer unser Ziel. (Abg. Schimanek: Seit 2008 lehnt ihr meine Anträge ab!)

Dass wir als SPÖ da so draufgeblieben sind, dass das nun heute hier im Parlament ist und es zu einer breiten Beschlussfassung kommt, ist nicht euer Verdienst – das war unser Verdienst! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Diesen Antrag und diese Errungenschaft für die Frauen in ganz Österreich lassen wir uns von euch nicht wegnehmen! (Beifall


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 155

und Bravorufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner, Kassegger und Schimanek.)

15.15

15.15.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den im Antrag 338/A der Abgeordneten Schieder, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf.

Hierzu haben die Abgeordneten Heinisch-Hosek, Bogner-Strauß, Belakowitsch, Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf im Antrag 338/A samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des Abänderungs­an­trages der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Bogner-Strauß, Belakowitsch, Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in der dritten Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig, und somit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

15.16.27 12. Punkt

Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz, das Gutangestell­tengesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (274/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen nun zum 12. Tagesordnungspunkt.

Hinsichtlich dieses Antrages wurde dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Bericht­erstattung eine Frist bis 13. Juni gesetzt.

Ein Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung liegt im Sinne des § 44 Abs. 4 der Geschäftsordnung nicht vor.

Als Erster gelangt Herr Klubobmann Wöginger zu Wort. – Bitte.


15.17.06

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir haben auch in diesem Fall letzten Endes einen gemeinsamen Antrag zustande gebracht, der das Ehrenamt, insbesondere die Einsatzkräfte, unter­stützt.

Worum geht es? – Es geht darum, dass, wenn ein Großschadensereignis eintritt – das war in den letzten Jahren ja immer wieder der Fall –, geregelt ist, dass die Einsatz­kräfte, sprich Feuerwehrkameraden oder auch Rettungsleute zum Beispiel vom Roten Kreuz, dann vom Arbeitsplatz weg können, auch die Entgeltfortzahlung für die Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter gesichert ist und der Unternehmer, der Dienstgeber, diesbezüglich einen Bonus erhält, und zwar in der Form, dass pro Tag 200 Euro aus dem Katastrophenfonds sozusagen rückvergütet werden. Das ist ein Bonussystem, das die Feuerwehren auch selber vorgeschlagen haben.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 156

Vom Ursprungsantrag der SPÖ ist da nicht mehr viel übrig geblieben. Das, was ursprünglich vorgelegen ist (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), war ein Rohrkre­pie­rer – allen einfach fünf Tage, ohne irgendwelche Parameter dazu, freizugeben, was selbst die Feuerwehren und Einsatzorganisationen nicht wollten.

Wir haben dann gemeinsam – ich möchte da noch den jetzigen Volksanwalt Rosenkranz erwähnen – einen Abänderungsantrag ausgearbeitet. Die SPÖ ist in letzter Minute noch auf den fahrenden Zug aufgesprungen, was in Ordnung ist. Wir haben nun einen sinnvollen Antrag, der im Sinne der Einsatzorganisationen ist. (Zwischenruf des Abg. Plessl.)

Bei einem Großschadensereignis – wir reden da von 100 Personen, die mindestens 8 Stunden im Einsatz sein müssen – gilt es, mit dem Dienstgeber zu vereinbaren, ob man vom Dienstort weggehen kann. Wenn der Dienstgeber sagt, das passt für ihn, dann kann man als Einsatzkraft bei diesem Großschadensereignis mitwirken. Die Ent­geltfortzahlung ist gesichert. Das haben wir uns letzte Woche noch ausgemacht. Der Unternehmer erhält diese 200 Euro Tagessatz sozusagen dafür, dass er diese Einsatzkraft, den Mitarbeiter, dann auch dort hingehen lässt. Das ist eine sinnvolle Regelung. Das ist nicht das, was ursprünglich mit dem Antrag vorgelegen ist, denn das hätte das ehrenamtliche System aus den Fugen gerissen.

Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt hier eine sinnvolle Lösung zur Verab­schiedung vorliegen – im Sinne unserer Einsatzkräfte, im Sinne unserer Zigtausend Ehrenamtlichen. Und es ist mir abschließend ein besonderes Anliegen, mich bei all jenen zu bedanken, die in unseren Einsatzorganisationen tätig sind. Österreich ist hier ein Vorzeigeland. Ohne Ehrenamt würde unser Land ärmer aussehen. Seien wir dankbar dafür, dass wir so viele Menschen haben, die sich ehrenamtlich in den Einsatzorganisationen engagieren! (Beifall bei der ÖVP.)

15.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Muchitsch. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Jarolim. – Abg. Kirchbaumer – in Richtung Abg. Jarolim –: So ein Quatsch! – Ruf bei der SPÖ: Das war nett! Das war kein Quatsch!)


15.20.14

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Also wie man Dinge verdrehen kann, ist wirklich sensationell. Ich mache es jetzt einmal sachlich: Fakt ist, die SPÖ hat diese Initiative gestartet. Wir alle erinnern uns, im zweiten Quartal 2018 gab es die Großwetterkapriolen, den vielen Regen, den Dauerregen, die Katastrophen. Daraufhin hat die SPÖ, namentlich Andreas Schieder, den Antrag ein­gebracht: Tun wir etwas für unsere Einsatzorganisationen!

Wenn es klimatische Veränderungen gibt, meine sehr geschätzten Damen und Herren, dann bedarf es auch gesetzlicher Veränderungen für jene Menschen, die da freiwillig zum Einsatz kommen. Immer dann, wenn wir ein Blaulicht sehen, wenn wir eine Sirene hören, sind Menschen im Einsatz, die anderen Menschen helfen wollen, und überwie­gend sind das freiwillige Helferinnen und Helfer verschiedener Einsatzorganisationen. Das war der Grund dafür, dass wir als SPÖ im Sommer 2018 gesagt haben, wir wollen hier gesetzliche Änderungen. Wir wollen, dass die Menschen, die zum Einsatz fahren, bei der Entgeltfortzahlung rechtlich abgesichert werden. Das war der Grund.

Was habt ihr von ÖVP und FPÖ gemacht? – Ihr habt uns im Sozialausschuss mit unserem Antrag im Kreis geschickt: Vertagung, Vertagung, Vertagung. So war es. (Abg. Hammer: Weil der Antrag sehr schlecht war, handwerklich ganz schlecht!) Letztendlich ist der Druck auf eure Schultern gestiegen, weil wir einfach draufgeblieben sind und weil wir die Gespräche gesucht haben.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 157

Ich bedanke mich an dieser Stelle beim Präsidenten des Österreichischen Bundes­feuerwehrverbandes Albert Kern für diese konstruktiven gemeinsamen Gespräche. (Abg. Hammer: Aber der war gegen euer Modell! Der wollte euer Modell nicht!) Ich bedanke mich auch bei den Vertretern des Roten Kreuzes, die auch mit uns in die Gespräche eingetreten sind. (Abg. Hammer: Das hätten wir aber vor dem Antrag auch machen können! Vor dem Antrag wäre es besser gewesen!) Und mit diesen Erkennt­nissen haben wir dann das Gespräch mit euch gesucht, und auf einmal habt ihr gesagt: Ja, versuchen wir doch eine gemeinsame Lösung. – Das waren die Gespräche.

Ja, zum ursprünglichen Antrag gibt es Abänderungen. Aber ihr habt dahin gehend nie etwas dazu eingebracht, sondern letztendlich nur vertagt, dafür braucht ihr euch heute nicht auf eure Brust zu klopfen, das ist ein Blödsinn! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jarolim: Die Leute sind ihnen wurscht! – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Fakt ist, wir wollten eine konstruktive Lösung, wir wollten klar diesen Rechtsanspruch für jene Menschen, die zum Einsatz kommen, und letztendlich ist es uns gelungen, auch in diesen Gesprächen am letzten Donnerstag, einen gemeinsamen Abänderungs­antrag zu formulieren, nämlich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Hanger, Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag betreffend „ein Bundes­gesetz, mit dem das Angestelltengesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gutangestelltengesetz, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Katastrophenfonds­ge­setz 1996 geändert werden (274/A)“.

Der zur Verteilung gebrachte Antrag, den ich nun in seinen Kernpunkten erläutern möchte, liegt Ihnen vor.

Kernpunkte sind folgende: Die Dienstfreistellung ist mit dem Dienstgeber wie bisher zu vereinbaren. Bei Großschadensereignissen haben freiwillige Mitglieder der Einsatz­organisationen einen Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung. Die Arbeitgeber erhalten eine Rückvergütung in Form einer Ersatzprämie/Einsatzprämie in der Höhe von 200 Euro pro Tag. Eine Rückvergütung der Einsatzprämie wird durch den Katastro­phenfonds gesichert. Der Bund hat diese Mehrkosten für diese Einsatzprämie den Län­dern abzugelten.

Wir von der SPÖ haben jetzt ein Jahr lang dafür gekämpft, hier eine Lösung zustande zu bringen. Ich bedanke mich recht herzlich und kann sagen, dieses eine Jahr zu kämpfen, das hat sich wirklich gelohnt. Es ist ein guter Tag für alle Einsatzorgani­satio­nen, für alle freiwilligen Helferinnen und Helfer, aber auch für alle Menschen in ganz Österreich. Recht herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu diesem Tagesordnungspunkt möchte ich auch noch den Entschließungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitszeitum­ver­tei­lung“ einbringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie wissen, vor einem Jahr, es war fast zum gleichen Zeitpunkt, ist hier mittels Initiativantrages ein neues Arbeitszeitgesetz einge­bracht worden, das nicht gut ist, nicht fair ist, nicht durchdacht ist, und deshalb stellen wir heute hierzu einen Entschließungsantrag zum Thema Arbeitszeitumverteilung, faire Arbeitszeiten, und Sie haben heute die Möglichkeit, hier Farbe zu bekennen.

Der Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitszeit­umverteilung“


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 158

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, unverzüglich unter Einbindung der Sozialpartner eine Regierungsvorlage zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes zu erarbeiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung zuzuleiten, die die derzeit gel­tenden Bestimmungen über den 12-Stunden-Arbeitstag und die 60-Stunden-Arbeits­woche zurücknimmt und eine Arbeitszeitumverteilung unter folgenden Grundsätzen ermöglicht:

• Arbeitszeitflexibilisierung

o Reduktion der Wochenarbeitszeit

o Verkürzung der Jahresarbeitszeit durch leichtere Erreichbarkeit einer 6. Urlaubs­woche für alle ArbeitnehmerInnen

o geeignete Rahmenbedingungen für flexiblere Arbeitszeiten: eine branchenbezogene Veränderung der täglichen Normalarbeitszeit kann nur bei gleichzeitiger Reduktion der Wochenarbeitszeit und mit Zustimmung der Kollektivvertragspartner erfolgen

o Rechtsanspruch auf 4-Tage Woche

• Rechtsanspruch auf Zeitautonomie

o Rechtsanspruch auf einseitigen Verbrauch von Zeitguthaben

o Wahlrecht auf Zeitguthaben oder Auszahlung von Mehr- und Überstunden

o Rechtsanspruch auf Papamonat

o Rechtsanspruch auf Altersteilzeit

• Planbarkeit der Arbeitszeit

o Gesicherte Arbeitszeiten: Flexibilitätszuschlag bei Unterschreitung der 14-tägigen Ankündigungszeit

o Rechtsanspruch auf AZ-Wechsel: Vollzeit – Teilzeit – Vollzeit“

*****

Für mehr Fairness für die ArbeitnehmerInnen steht dieser Entschließungsantrag. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegt an Ihnen, ob Sie diesem Antrag zustimmen oder nicht. Wir als SPÖ werden wie beim Thema freiwillige Helfer auch an diesem Punkt, wenn es darum geht, faire Arbeitszeiten für alle Menschen in diesem Land zu verwirklichen, dranbleiben, und wenn wir das Vertrauen der Menschen in diesem Land am 29.9.2019 erhalten, werden wir uns auch weiterhin dafür einsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.26

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch, Hanger, Dr.in Dagmar Belakowitsch

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 159

zum Antrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz, das Allge­meine Bürgerliche Gesetzbuch, das Gutsangestelltengesetz, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (274/A)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel 1 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „153/2017“ durch den Ausdruck „100/2018“ ersetzt.

2. Artikel 1 Z 1 lautet:

„1. Nach § 8 Abs. 3 wird folgender 3a eingefügt:

„(3a) Ist ein Angestellter nach Antritt des Dienstverhältnisses wegen eines Einsatzes als freiwilliges Mitglied einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr bei einem Großschadensereignis nach § 3 Z 2 lit. b des Katastrophenfondsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996 oder als Mitglied eines Berg­rettungs­dienstes an der Dienstleistung verhindert, so hat er unbeschadet seiner Ansprüche nach Abs. 3 einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, wenn das Ausmaß und die Lage der Dienstfreistellung mit dem Dienstgeber vereinbart wird.““

3. Artikel 1 Z 2 lautet:

„2. Dem Artikel X Abs. 2 Z 18 wird folgende Z 19 angefügt:

       „19. § 8 Abs. 3a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt mit 1. September 2019 in Kraft.““

4. Im Artikel 2 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „153/2017“ durch den Ausdruck „100/2018“ ersetzt.

5. Artikel 2 Z 1 lautet:

„1. Nach § 8 Abs. 4 wird folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) Ist der Dienstnehmer nach Antritt des Dienstverhältnisses wegen eines Einsatzes als freiwilliges Mitglied einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr bei einem Großschadensereignis nach § 3 Z 2 lit. b des Katastrophenfondsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996 oder als Mitglied eines Bergret­tungsdienstes an der Dienstleistung verhindert, so hat er unbeschadet seiner An­sprüche nach Abs. 4 einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, wenn das Ausmaß und die Lage der Dienstfreistellung mit dem Dienstgeber vereinbart wird.““

6.Artikel 2 Z 2 lautet:

„2. Dem § 42 wird folgender Abs. 16 angefügt:

„(16) § 8 Abs. 4a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt mit 1. September 2019 in Kraft.““

7. Im Artikel 3 werden in der Überschrift der Ausdruck „Bürgerlichen“ durch den Ausdruck „bürgerlichen“ und im Einleitungssatz der Ausdruck „Bürgerliche“ durch den Ausdruck „bürgerliche“ sowie der Ausdruck „153/2017“ durch den Ausdruck „100/2018“ ersetzt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 160

8. Artikel 3 Z 1 lautet:

„1. Nach § 1154b Abs. 5 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Ist der Dienstnehmer nach Antritt des Dienstverhältnisses wegen eines Einsatzes als freiwilliges Mitglied einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr bei einem Großschadensereignis nach § 3 Z 2 lit. b des Katastrophenfondsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996 oder als Mitglied eines Berg­rettungsdienstes an der Dienstleistung verhindert, so hat er unbeschadet seiner An­sprüche nach Abs. 5 einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, wenn das Ausmaß und die Lage der Dienstfreistellung mit dem Dienstgeber vereinbart wird.““

9. Artikel 3 Z 2 lautet:

„2. Im § 1164 wird der Ausdruck „§ 1154b Abs. 1 bis 5“ durch den Ausdruck „§ 1154b“ ersetzt.““

10. Artikel 3 Z 3 lautet:

„3. Dem § 1503 wird folgender Abs. 12 angefügt:

„(12) Die §§ 1154b Abs. 6 und 1164 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 treten mit 1. September 2019 in Kraft.““

11. Im Artikel 4 wird im Einleitungssatz der Ausdruck „161/2017“ durch den Ausdruck „22/2019“ ersetzt.

12. Artikel 4 Z 1 lautet:

„1. (Grundsatzbestimmung) Dem § 26 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Ist der Dienstnehmer nach Antritt des Dienstverhältnisses wegen eines Einsatzes als freiwilliges Mitglied einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr, bei einem Großschadensereignis nach § 3 Z 2 lit. b des Katastrophenfondsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996 oder als Mitglied eines Berg­rettungsdienstes an der Dienstleistung verhindert, so hat er unbeschadet seiner Ansprüche nach Abs. 1 einen Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts, wenn das Ausmaß und die Lage der Dienstfreistellung mit dem Dienstgeber vereinbart wird.““

13. Artikel 4 Z 2 lautet:

„2. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Dem § 285 wird folgender Abs. 79 an­gefügt:

„(79) (Unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Die Ausführungsgesetze der Länder zu § 26 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 sind binnen sechs Monaten nach dem der Kundmachung folgenden Tag zu erlassen.““

14. Artikel 5 lautet:

„Artikel 5

Änderung des Katastrophenfondsgesetzes 1996

Das Katastrophenfondsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996, zuletzt geändert durch das Bun­desgesetz BGBl. I Nr. 11/2019, wird wie folgt geändert:


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1. In § 3 Z 4 wird nach der lit. n folgende lit. o angefügt:

„o. zur Deckung außerordentlicher Erfordernisse, die dem Bund entstehen durch finanzielle Hilfe für Entschädigungen zur Abfederung außerordentlicher Schäden ge­mäß Z 1 im Vermögen physischer und juristischer Personen mit Ausnahme der Gebietskörperschaften, auf Grund unwetterartiger Witterungsverhältnisse des Jahres 2018 in der Höhe von bis zu 10 Millionen Euro. Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit den Ländern die Höhe der Vergütung sowie die Abwicklung festzulegen.“

2. § 3 Z 3 lit. b lautet:

              „b) für Zuschüsse an die Länder für Auszahlungen, die das Land für Abgel­tungen an Dienstgeber mit Ausnahme von Gebietskörperschaften oder Unternehmen im überwiegenden Eigentum von Gebietskörperschaften für Entgeltfortzahlungen an Dienstnehmer vornimmt, die im Dienste einer anerkannten Einsatzorganisation bei einem Großschadensereignis oder bei einem Bergrettungseinsatz zumindest acht Stunden durchgehend eingesetzt waren. Ein Großschadensereignis ist eine Schadens­lage, bei der während eines durchgehenden Zeitraumes von zumindest acht Stunden insgesamt mehr als 100 Personen notwendig im Einsatz sind. Die Fondsmittel be­tragen pauschal 200 Euro pro im Einsatz befindlichen Dienstnehmer und Tag.

3. § 3a lautet:

„§ 3a. Mittel des Fonds aus Aufstockungsbeträgen sind ausschließlich für Maßnahmen gemäß § 3 Z 1 und Z 3 zu verwenden.

4. § 5 Abs. 2 erster Satz lautet:

„Die Rücklage ist zur Finanzierung der Abgeltung von Schäden auf Grund von Naturkatastrophen gemäß § 3, für Zuschüsse für Abgeltungen an Dienstgeber für Entgeltfortzahlungen (§ 3 Z 3 lit. b) und zur Förderung der Versicherungsprämien gemäß § 1 des Hagelversicherungs-Förderungsgesetzes (§ 3 Z 4 lit. d) zu verwenden.“

5. Nach § 7 Abs. 2h wird folgender Abs. 2i eingefügt:

„(2i) § 3 Z 3 lit. b, § 3a, § 5 Abs. 2 und § 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2019 treten mit 1. September 2019 in Kraft und sind erstmals auf Schadens­ereignisse ab diesem Zeitpunkt anzuwenden. § 5 Abs. 3 tritt mit Ablauf des 31. August 2019 außer Kraft. Die Anwendung des § 3 Z 3 lit. b in der Fassung dieses Bun­desgesetzes und die zugrundeliegende Praxis bei Großschadensereignissen und Bergrettungseinsätzen ist innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten zu evaluieren.“

6. Dem § 8 wird folgender Satz angefügt:

„Mit der Vollziehung des § 3 Z 3 lit. b ist der Bundesminister für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz betraut.““

Begründung:

Arbeitnehmerinnen sollen für ihre Einsätze, die sie im Rahmen ihrer Mitgliedschaft zu einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr im Rahmen eines Großeinsatzes leisten in Hinkunft einen Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung haben.


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Ausmaß und Lage der jeweiligen bezahlten Dienstfreistellung soll mit dem Arbeitgeber vereinbart werden und dieser soll aus dem Katastrophenfonds für die gewährte Frei­stellung und die Entgeltfortzahlung eine Prämie in der Höhe von 200 Euro pro im Einsatz befindlichen Dienstnehmer und Tag erhalten.

Mit dieser Regelung soll sichergestellt werden, dass freiwillige Helfer nicht gezwungen sind für ihre Einsätze im Interesse der Gesellschaft den Erholungsurlaub oder Zeitaus­gleich konsumieren zu müssen und gleichzeitig, dass Arbeitgeber keine Verluste erlei­den, wenn sie diese Arbeitnehmer für die Einsätze von der Arbeitsleistung freistellen.

Damit kann den Hundertausenden freiwillig engagierten Menschen in unserem Land selbst geholfen und ihnen wieder ein Stück mehr Anerkennung zuteilwerden.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch

Genossinnen und Genossen

betreffend Arbeitszeitumverteilung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Antrag der Abgeordneten Mag. Schieder, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Angestelltengesetz, das Gutangestelltengesetz, das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Landarbeits­gesetz 1984 und das Katastrophenfondsgesetz 1996 geändert werden (274/A)

Vor fast genau hundert Jahren wurde der 12-Stunden-Tag abgeschafft. Diese Errun­genschaft wurde hundert Jahre später von Schwarz/Blau rückgängig gemacht.

12 Stunden-Arbeitstage machen krank und vernichten Arbeitsplätze. Sie erschweren die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, insbesondere dem Familienleben und ver­festigen an sich bereits überholte Geschlechterrollen. Ihre generelle Einführung ist daher nicht nur für die betroffenen ArbeitnehmerInnen, sondern auch gesamtgesell­schaftlich ein Rückschritt in frühindustrielle Zeiten. Jede Ausweitung der Arbeitszeit sollte mit Bedacht erfolgen, sie muss sich an harten Prüfsteinen messen lassen und sie muss auch den ArbeitnehmerInnen Vorteile bieten.

Das Arbeitszeitgesetz ist ein Schutzgesetz, dass verhindern soll, dass Arbeit­neh­merInnen durch überlange Arbeitszeiten krank werden und sie sich für die Profit­maxi­mierung ihres Arbeitgebers kaputt arbeiten müssen. Ein Schutzgesetz, das verhindern soll, dass ihr Privatleben leidet, dass sie ihre Kinder nur zum Schlafen­gehen sehen. Es muss eine Planbarkeit und Vorhersehbarkeit einer selbstbestimmten Freizeitgestaltung geschaffen werden.

Klar ist, je belastender Arbeitszeiten sind (zB wegen ihrer Länge oder der einseitigen Bestimmungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber), desto wichtiger sind ihre Beschrän­kung auf Einzelfälle und die Schaffung von Ausgleichsmaßnahmen. Die Palette dabei ist vielfältig: Höhere Zuschläge, mehr Freizeit, begründungsloses Ableh­nungs­recht von Überstunden etc.

Neben Geld rückt zunehmend die Schaffung von zusätzlicher Freizeit in den Fokus. Denn niemand kann sich seine Gesundheit zurückkaufen, niemand kann die verlorene Zeit mit den eigenen Kindern zurückdrehen.

Die von Schwarz/Blau geschaffene Arbeitszeitverlängerung enthält keine Wahlfreiheit, keine Freizeit, keine Selbstbestimmtheit. Keine Arbeitszeitverkürzung, keine langen


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Wochenenden, keine zusätzlichen Ausgleichsmaßnahmen. Kein Wort davon. Zeitaus­gleich ist wie bisher vom „Good Will“ des Arbeitgebers abhängig. Zusätzliche Freizeit oder kürzere Gesamtarbeitszeiten? Fehlanzeige!

Betriebliche Mitbestimmung wird bereits seit geraumer Zeit als lästig, bürokratisch, eben einfach nicht mehr modern, abgetan. Die Konsequenz von Schwarz/Blau: Sie wird einfach ersatzlos abgeschafft. Die bisherige Mitbestimmung des Betriebsrats, Arbeits­inspektion, Arbeitsmedizin und die Instrumente zum Interessenausgleich beim 12-Stunden-Tag wurden ersatzlos gestrichen. Bisher haben sie sichergestellt, dass die ArbeitnehmerInnen bei einer derartigen Ausweitung der Arbeitszeit nicht auf der Strecke bleiben.

Das ist keine Flexibilisierung der Arbeitszeit, das ist keine Modernisierung. Im Gegen­teil. Aus einem ArbeitnehmerInnen-Schutzgesetz wird ein Gesetz zur Mehrarbeit durch einseitige Anordnung der Arbeitgeber.

Eine flexiblere Wirtschaftswelt erfordert selbstverständlich auch Anpassungen im Arbeitsrecht und bei der Arbeitszeit. Doch die Veränderungen benötigen Konsens und bedürfen eines fairen Ausgleichs zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Die Arbeitszeit ist derzeit ungerecht verteilt. Viele Überstunden – ungewollte Teilzeit – geringfügige Beschäftigung. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich (und Personalausgleich) führt zu mehr Zufriedenheit der AN und zu höherer Produktivität.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Ge­sundheit und Konsumentenschutz wird aufgefordert, unverzüglich unter Einbindung der Sozialpartner eine Regierungsvorlage zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes zu erar­beiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung zuzuleiten, die die derzeit geltenden Bestimmungen über den 12-Stunden-Arbeitstag und die 60-Stunden-Arbeitswoche zurücknimmt und eine Arbeitszeitumverteilung unter folgenden Grundsätzen ermög­licht:

•             Arbeitszeitflexibilisierung

o            Reduktion der Wochenarbeitszeit

o            Verkürzung der Jahresarbeitszeit durch leichtere Erreichbarkeit einer 6. Urlaubswoche für alle ArbeitnehmerInnen

o            geeignete Rahmenbedingungen für flexiblere Arbeitszeiten: eine branchen­bezogene Veränderung der täglichen Normalarbeitszeit kann nur bei gleichzeitiger Reduktion der Wochenarbeitszeit und mit Zustim­mung der Kollektivvertragspartner erfolgen

o            Rechtsanspruch auf 4-Tage Woche

•             Rechtsanspruch auf Zeitautonomie

o            Rechtsanspruch auf einseitigen Verbrauch von Zeitguthaben

o            Wahlrecht auf Zeitguthaben oder Auszahlung von Mehr- und Über­stun­den

o            Rechtsanspruch auf Papamonat


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o            Rechtsanspruch auf Altersteilzeit

•             Planbarkeit der Arbeitszeit

o            Gesicherte Arbeitszeiten: Flexibilitätszuschlag bei Unterschreitung der 14-tägigen Ankündigungszeit

o            Rechtsanspruch auf AZ-Wechsel: Vollzeit – Teilzeit – Vollzeit“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Anträge sind ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und stehen somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Amesbauer. – Bitte.


15.27.10

Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Nach dieser Wahl­kampfrede des Kollegen Muchitsch möchte ich jetzt wieder zum Thema zurückkom­men. Ich freue mich wirklich, dass wir diesen Beschluss heute mit breitester Mehrheit hier in diesem Haus fassen, denn der heutige Beschluss ist gut für das Ehrenamt in Österreich, ist gut für die Katastrophenhilfe in Österreich.

Als Steirer möchte ich mich kurz mit der größten der zahlreichen Einsatzorganisationen befassen, nämlich mit der freiwilligen Feuerwehr. Die Einsatzbilanz der freiwilligen Feuerwehr allein in der Steiermark ist beeindruckend. So wurden im Jahr 2018 1 800 Menschenleben gerettet. Die 773 steirischen Feuerwehren mit mehr als 50 000 ehren­amtlichen Mitgliedern haben rund 6,3 Millionen Einsatz- und Arbeitsstun­den unentgeltlich zum Wohle der Allgemeinheit geleistet. Das sind bei einem ange­nommenen Stundenlohn von 30 Euro 188 Millionen Euro, die durch freiwillige Arbeit auch dem Steuerzahler eingespart wurden, und da kann der Dank der Politik und der Dank der Gesellschaft gar nicht groß genug sein. (Beifall bei der FPÖ und bei Abge­ord­neten der ÖVP.)

Wir erleben es gerade in der jüngsten Vergangenheit, in den letzten Jahren, dass Naturkatastrophen immer mehr zunehmen. Im Sommer sind es die bekannten Schadensereignisse infolge von Hochwasserkatastrophen, und speziell im vergan­ge­nen Winter haben wir gesehen, was diese Massen an Schnee bewirken können, wo es dann wirklich nur mehr die freiwillige Feuerwehr schafft, die Dächer abzuschaufeln, sodass diese nicht einstürzen, und auch Ortschaften, die von der Außenwelt abge­schnitten sind, zu versorgen.

Gerade diese Einsätze haben auch gezeigt, dass die Feuerwehr da und dort, obwohl das alles mustergültig bewältigt wurde, an die Grenzen ihrer Kapazität stößt, gerade im ländlichen Raum, wo weite Strecken zur Arbeit zu bewältigen sind. Solche Ereignisse passieren ja unabhängig von der Tages- und Nachtzeit, unabhängig davon, ob es am Wochenende ist oder ob es unter der Woche ist, diese Ereignisse nehmen keine Rücksicht darauf, ob die Menschen gerade in der Arbeit sind oder frei haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin selbst Feuerwehrmitglied seit mittler­weile 25 Jahren, bin im 13. Lebensjahr der Jungfeuerwehr beigetreten und darf seit nunmehr neun Jahren selbst Ortsfeuerwehrkommandant in der freiwilligen Feuerwehr meiner Heimatgemeinde sein – eine sehr, sehr schöne und spannende Tätigkeit, die ich zusammen mit meinen Kameraden sehr, sehr gern mache.


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Jeder von uns Politikern ist am Wochenende immer bei zahlreichen Veranstaltungen von Einsatzorganisationen, ob das die Rettung, die Feuerwehr oder die Bergrettung ist. Wir Politiker danken den Einsatzkräften immer, und quer durch die Fraktionen sprechen wir alle auch teilweise salbungsvolle Worte des Dankes und der Anerkennung. Es muss aber auch einmal genug der Worte sein, es müssen konkrete Taten folgen, und darum bin ich froh, dass das heute passiert.

Wir haben dem Fristsetzungsantrag der SPÖ damals zugestimmt, dass wir das heute hier inhaltlich behandeln können. Ich muss aber gleich sagen, dass wir diesem Antrag inhaltlich nicht zugestimmt hätten. Kollege Wöginger hat völlig recht, Beppo Muchitsch ist ja da wirklich ein Gschichtldrucker, denn euer Antrag hätte das Ehrenamt in diesem Land massiv gefährdet. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Muchitsch.) – Das stimmt sehr wohl, Kollege Muchitsch! Du hast den Präsidenten des Bundesfeuerwehrverbandes Albert Kern – ein Steirer wie wir beide – angesprochen, aber wenn du die Stellungnahme des Bundesfeuerwehr­verban­des zu eurem ursprünglichen Antrag gelesen hättest, dann wüsstest du, dass die Feuerwehr als hauptbetroffene Organisation ein vernichtendes Urteil über euren Antrag gefällt hat. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Bundesfeuerwehrverband schreibt zum SPÖ-Antrag wörtlich: „Wir befürchten Nachteile für Feuerwehrmitglieder am Arbeitsmarkt, wenn [...] Arbeitgeber dazu ver­pflichtet werden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bei einer Freiwilligen Feuerwehr ehrenamtlich engagiert sind, 5 Tage Sonderurlaub – egal ob die Kosten rückerstattet werden oder nicht – gewähren zu müssen.“ – Das schreibt nicht die FPÖ, das schreibt der Bundesfeuerwehrverband.

„Das österreichische Feuerwehrwesen basiert auf Ehrenamtlichkeit, was ein unent­geltliches Engagement bedeutet. Eine verpflichtende Entgeltfortzahlung kann auch als eine Bezahlung der Ehrenamtlichen verstanden werden, was unserem System mas­siven Schaden zufügen“ würde.

Ich bin dankbar und froh, dass ÖVP und FPÖ diesen Schaden, den die SPÖ vorgehabt hat, von unseren freiwilligen Feuerwehren abwenden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit dem Bonussystem, das angesprochen wurde - - (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) – Ihr habt ja bitte nicht einmal definiert, was eine Katastrophe ist! Jetzt ist endlich auch das Großschadensereignis mit mindestens 8 Stunden und mindestens 100 Einsatz­kräften klar definiert. Das ist wirklich Wischiwaschi, was ihr da gemacht habt. – Dieses Bonussystem, das der Bundesfeuerwehrverband gefordert hat, setzen wir jetzt um. (Abg. Plessl: Ist das eine Wahlrede? Sehr sachlich ist die Rede nicht!) Ich bin froh, dass ihr zur Vernunft gekommen seid und dass wir jetzt hier eine breite Mehrheit für diese wichtige Maßnahme haben, meine Damen und Herren!

Es ist bekannt, dass in Österreich freiwilliges Engagement unverzichtbar ist, es sollte aber keinesfalls als selbstverständlich betrachtet werden. Es war und ist daher höchst an der Zeit, dass die Einsatzbereitschaft unserer ehrenamtlichen Helfer auf ein rechtlich adäquates Niveau gebracht wird.

Meine Damen und Herren! Ich denke, das ist genau der richtige Weg, dass sich der Dienstgeber mit dem Dienstnehmer auf die Dauer und auf das Ausmaß der Dienst­freistellung bei Großschadensereignissen einigt. Mit dieser Bonuszahlung von 200 Euro pro Einsatzkraft und Tag lassen wir auch die Dienstgeber nicht im Regen stehen. Das ist eine gute Lösung, und wie ich eingangs erwähnt habe, ist heute ein guter Tag für das Ehrenamt in Österreich, ein guter Tag für den so wichtigen Katastrophenschutz in Österreich, denn dieses Parlament gibt den ehrenamtlichen Helfern in diesem Land


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endlich jene Unterstützung und Wertschätzung, die sie sich schon längst verdient haben. – Gut Heil! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Sacré Coeur aus Graz recht herzlich auf unserer Galerie begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte.


15.34.00

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Als Freiwilligensprecher unseres Parlamentsklubs möchte ich einleitend betonen, dass ich mich sehr freue, dass dieser Beschluss jetzt offensichtlich hier im Hohen Haus ein­stimmig fällt. Ich glaube, es ist tatsächlich wichtig, dass wir gerade für unsere ehren­amtlichen Organisationen versuchen, die parteipolitische Debatte so weit wie möglich herauszuhalten, und dass ein breiter Konsens für dieses Modell, das mein Vorredner schon skizziert hat, gegeben ist.

Gestatten Sie mir aber, doch auch die Historie, wie es zu diesem Antrag gekommen ist, ein bisschen zu beleuchten. Herr Kollege Muchitsch, ich muss schon sagen, von dem ursprünglichen SPÖ-Antrag bleibt überhaupt nichts übrig! Das muss man schon einmal in dieser Deutlichkeit festhalten, das ist ganz klar so. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Kollege Muchitsch, es ist schon eine Kunst, für die Freiwilligen etwas tun zu wollen – und die großen Freiwilligenverbände sprechen sich dagegen aus. Das muss man einmal zusammenbringen! Ich würde Ihnen dringend anraten, vorher mit den Freiwilligenorganisationen zu reden, bevor Sie Ihre Anträge formulieren. Dann würden wir uns im Hohen Haus in manchen Dingen viel leichter tun.

Was waren die Hauptkritikpunkte? Ich möchte sie noch einmal kurz zusammenfassen. Der erste Hauptkritikpunkt: Der Antrag wurde nicht spezifiziert. Ich habe den Antrag dem Budgetdienst weitergeschickt und darum gebeten, eine Folgenabschätzung zu machen: Was kostet er? – Ich bekomme die Antwort, dass man sich nicht auskennt, welche Einsatzkräfte man meint. Nur ein Beispiel: Beim Roten Kreuz gehen wir in den Dienst und nicht in den Einsatz. Wir gehen im Dienst dann vielleicht in den Einsatz. Der Antrag war nicht einmal spezifiziert und ist handwerklich sehr, sehr schlecht gemacht gewesen.

Zum Zweiten haben die Einsatzorganisationen unisono gesagt, das führt zu Nachteilen am Arbeitsmarkt, das wollen wir für unsere ehrenamtlichen Mitglieder nicht, denn die haben dann einen Nachteil am Arbeitsmarkt. (Zwischenruf des Abg. Krist.)

Zum Dritten: Ich habe dann versucht, die Kosten ein bisschen zu überschlagen. Die SPÖ hat gesagt, dass 300 000 Freiwillige betroffen sind, in einer anderen Aussendung waren es sogar 500 000. Na rechnen wir einmal ein bisschen: 500 000 Ehrenamtliche mal fünf Urlaubstage mal 8 Stunden mal 25 Euro – da reden wir von Hunderten Millionen! Ganz ehrlich, das kann es nicht sein.

Und zum Vierten, und das ist wahrscheinlich das Allerwichtigste: Es hätte das Ehrenamt an sich infrage gestellt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Wenn wir beginnen, das Ehrenamt zu bezahlen – wo fangen wir an, wo hören wir auf? Wie schaut es aus mit dem Kapellmeister vom Musikverein, was sagt dann der Kulturverantwortliche dort? (Zwischenruf des Abg. Vogl.) Das geht ganz einfach nicht! Wir müssen das Ehrenamt hochhalten, wir müssen es wertschätzen, aber sobald man es bezahlt, ist es kein Ehrenamt mehr. Da ist die Grundlage sehr klar.


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Deshalb ist mir auch noch ein Aspekt wichtig: Ich bin dafür, dass wir uns nicht mit fremden Federn schmücken, das möchte ich wirklich betonen, denn das, was wir heute beschließen, ist in Wirklichkeit das Modell des Bundesfeuerwehrbandes und nicht unseres, nicht das der Parteien, sondern das der Experten. Und ich halte es für sehr gescheit, dass wir es auf die anderen Einsatzorganisationen ausdehnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.) Wenn wir nicht längst schon mit den Interessengruppen gesprochen hätten – bevor in der Endphase dann auch die SPÖ Gespräche führte –, dann hätten wir dieses Modell nicht am Tisch.

Daher von meiner Seite auch ein großes Dankeschön, ich möchte mich da an­schließen: an den Präsidenten Albert Kern und natürlich auch an den Vizepräsidenten Armin Blutsch. Es hat einen einstimmigen Beschluss aller neun Landesfeuer­wehrkom­mandanten gegeben, dass das SPÖ-Modell abgelehnt wird. Da darf ich auch von meiner Seite ein großes Dankeschön sagen.

Ich freue mich sehr, dass wir diese Regelungen auf die gesamten Einsatzorgani­sa­tionen ausdehnen; es geht um das Rote Kreuz, es geht um den Arbeiter-Samariter-Bund, es geht um die Bergrettung, es geht um die Wasserrettung. Natürlich müssen wir alle Einsatzorganisationen mitnehmen.

Abschließend noch einmal: Ich freue mich sehr, dass es zu einer einstimmigen Be­schlussfassung kommt, offensichtlich liegt ein gutes Modell am Tisch, und ich danke schon jetzt für die Unterstützung. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der FPÖ.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums St. Martin in Villach, die auf Einladung des Abgeordneten Weidinger gekommen sind, auch recht herzlich im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte.


15.38.00

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ich kann mich meinen Vorrednern nur an­schließen, ich glaube, mit dem Ehrenamt müssen wir als Politiker sehr vorsichtig um­gehen; Ehrenamt muss Ehrenamt bleiben. Wenn man da übereifrig versucht, Gesetze zu initiieren und zu beschließen, die selbst die Ehrenamtlichen ablehnen, tun wir dem Ehrenamt keinen Gefallen.

Ich finde, diese Lösung, die da in der Hitze des Gefechtes Gott sei Dank noch zwi­schen allen Parteien ausgearbeitet werden konnte, ist eine sehr gute. Wenn alle damit einverstanden sind, die Arbeitnehmer, die Arbeitgeber, die Freiwilligenorgani­sationen, ich glaube, dann hat man alles richtig gemacht.

Viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Ich könnte jetzt noch sagen, dass wir es erfunden haben, aber ich glaube, alle stehen hinter dem Ehrenamt in Österreich und alle stehen hinter unseren Feuerwehren.

Wir als Bürgermeister oder Bürgermeisterinnen, die schon mit Katastrophen zu tun hatten, wissen, wie wichtig das Ehrenamt ist. Wir wären nicht in der Lage, diese Ereignisse zu bewältigen. Wir brauchen aber auch das Bundesheer, wenn es zu solch einem Ereignis kommt. Wenn ich unsere Vertreter des Bundesheers sehe und hier Initiativen laufen, dass man auch das Bundesheer wieder entsprechend ausstattet, dass es auch unsere Freiwilligenorganisationen professionell unterstützen kann, dann ist das ein wichtiger nächster Schritt. Ich appelliere an alle, dass im Sinne der Sicher-


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heit Österreichs, im Sinne der Sicherheit unserer Bevölkerung geschaut wird, dass das Bundesheer die entsprechenden Mittel bekommt, damit es auch in Katastrophenfällen unsere Ehrenamtlichen unterstützen kann. – Danke schön. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

15.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf auch die Schülerinnen und Schüler der HTL Dornbirn herzlich willkommen heißen. Die letzte Schulwoche hat zugeschlagen. (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Wassermann. – Bitte.


15.39.51

Abgeordnete Sandra Wassermann (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Luft, Feuer, Wasser und Erde – die antike griechische Philosophie hat die Lehre von den vier Elementen entwickelt, und ich möchte heute das Ehrenamt im Hinblick auf diese vier Elemente veranschaulichen.

Denken wir an die Luft, sie hat immer zwei Seiten, einerseits freuen wir uns über eine kühle Brise im Sommer, aber andererseits gibt es Wirbelstürme. Es gibt viele Men­schen, die ihr Dach über dem Kopf verloren haben, und die freiwilligen Helfer stehen tagelang im Einsatz, um ihnen zu helfen und die Umweltkatastrophen zu bewältigen.

Das Feuer: Ein Lagerfeuer ist etwas Angenehmes, auf der anderen Seite ist aber gleichsam das Bild von verheerenden Waldbränden, wie zum Beispiel in meiner Heimat Kärnten, im Bezirk Klagenfurt-Land, in Ferlach, schrecklich. Vor einigen Wochen waren dort Einsatzorganisationen zur Bekämpfung des verheerenden Wald­brandes vor Ort. Im steilen Gelände haben Feuerwehrleute gegen die Flammen gekämpft. Der Katstrophenzug hat hervorragend funktioniert, aber aus der Luft wurden die Löscharbeiten von Bundesheer- und Polizeihubschraubern unterstützt. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Einsatzorganisationen und den 140 Feuerwehrleuten, die bei diesem verheerenden Waldbrand im Bezirk Klagenfurt-Land im Einsatz gestan­den sind, sehr herzlich bedanken. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Element Erde: Durch die Erde wächst vieles, aber im Gegensatz dazu erleben wir auch schreckliche Erdbeben, Murenabgänge. Denken wir an die Wälder und Almen, die Dörfer und Städte, die zum Teil vernichtet wurden! Auch da waren wiederum Hunderte freiwillige Helfer im Einsatz.

Das Element Wasser: Auf der einen Seite denke ich an Kärnten, wo wir 1 270 Seen haben und der Wörthersee Trinkwasserqualität hat, auf der anderen Seite sind die schrecklichen Bilder von den Hochwasserkatastrophen, von den Lawinenkatastrophen, den tagelangen Regenfällen, die viele Bewohner aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben haben. Auch da waren wiederum Hunderte freiwillige Helfer im Einsatz.

Jeder von uns kennt freiwillige Helferinnen und Helfer und auch jeder von uns kennt das schrille Tönen der Alarmsirenen, wenn es wieder zu einem Einsatz geht. In Kärnten haben wir mehr als 20 000 freiwillige Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen. Das macht mich sehr stolz, und ich bin sehr dankbar für jeden Einzelnen. Es ist zum Großteil eure Freizeit, geschätzte Helferinnen und Helfer, die ihr für eure Ausbildungen hergebt. Es ist euer Leben, das ihr oft im Dienste des Nächsten riskiert. Für euer Engagement, für eure Zivilcourage, ohne zu zögern zu helfen, ein Vergelts Gott! (Beifall bei der FPÖ.)

Der heutige Antrag ist eine langjährige Forderung der Freiheitlichen, auch der Frei­heitlichen in Kärnten, und wird für die Arbeitnehmer und für die Arbeitgeber eine deutliche Verbesserung herbeiführen. Für die freiwilligen HelferInnen und Arbeitneh-


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merIn­nen wird es künftig für Einsätze, die im Rahmen der Mitgliedschaft zu einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuer­wehr im Zuge eines Großeinsatzes geleistet werden, einen Rechtsanspruch auf Ent­geltfortzahlung geben. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass die Mitarbeiter eben nicht mehr ihren Urlaub oder ihren Zeitausgleich dafür in Anspruch nehmen müs­sen.

Für den Arbeitgeber wird aber auch eine Sicherstellung geleistet, indem er 200 Euro pro im Einsatz befindlichen Dienstnehmer und Tag erhält. Das freut mich auch als Unternehmerin, dass da für beide Seiten eine Lösung gefunden werden konnte. Dieser Antrag der Freiheitlichen und Kollegen ist ein Antrag zur Stärkung des Ehrenamtes, zur Stärkung der Freiwilligkeit und soll für die Hunderttausenden engagierten Menschen in unserem Land ein starkes Zeichen der Dankbarkeit und der Anerkennung sein. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Noch zu Wort gemeldet: Abgeordneter Stöger. – Bitte.


15.44.00

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Hanger sollte mehr mit den Feuerwehrleuten reden (Heiterkeit bei der ÖVP – Abg. Amesbauer: Das solltet ihr machen!), als da über den Feuerwehrverband mitzureden.

Ich war am Wochenende bei drei Feuerwehren unterwegs und habe dort mit jenen Menschen gesprochen, die die Sandsäcke füllen (Zwischenrufe der Abgeordneten Hanger und Kirchbaumer), die die Einsätze machen, die auch die schwierigen Einsätze machen; wie bei uns vor 14 Tagen, Verkehrsunfälle mit zwei Toten. Wer da die Leistungen erbringt, hat auch das Recht dazu, dass die Gesellschaft darauf schaut, dass sie kein Problem mit dem Arbeitgeber haben. Ich bedanke mich bei jedem Unternehmer, der seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Einsätze der Feuerwehr freistellt. Im Regelfall sind es die kleinen Unternehmen, die im Ort ansässig sind, und genau für diese Mitarbeiter und für diese kleinen Unternehmen wollten wir Maßnahmen setzen.

Was sind die Maßnahmen? – Es geht uns um die Menschen, die die Sandsäcke füllen, die die Menschen aus den Autos herausschneiden und die bei Brandeinsätzen ihren Mann und ihre Frau stellen. Diese brauchen Rechtssicherheit und einen Rechts­an­spruch gegenüber dem Arbeitgeber, dass sie auch von der Arbeit weggehen können.

Die Frage, was bei einem Einsatz zu vereinbaren ist, das könnt ihr mir einmal erklären, aber bitte, wenn es um Katastropheneinsätze geht, kann ich das durchaus nachvoll­ziehen. Für uns war es wichtig, dass die Unternehmen nicht irgendwelche Steuer­erleich­terungen bekommen, sondern dass dann, wenn ein Feuerwehrmann/eine Feu­erwehrfrau weggeht, der Arbeitgeber auch einen Ersatz aus dem Katastrophenfonds bekommt. Genau das haben wir umgesetzt, und daher sind wir auf der Seite der Feuerwehrfrauen und der Feuerwehrmänner. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.46

15.46.08


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist dazu niemand mehr. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den im Antrag 274/A der Abgeordneten Schieder, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf.


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Hierzu haben die Abgeordneten Muchitsch, Hanger, Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht. Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile, schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Muchitsch, Hanger, Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 bis 5 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Initiativantrages und bitte jene Damen und Herren, die hierfür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer in der dritten Lesung auch ein Zeichen der Zustimmung gibt, den bitte ich, das zu geben. – Was damit getan ist. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsabgeordneten - - (Allge­meine Heiterkeit. – Abg. Jarolim: Über den entschlossenen Abgeordnetenantrag!) – Ich bitte, meinen Versprecher höflichst zu entschuldigen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Arbeitszeitumverteilung“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, ent­schlossen um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, daher nützt die Entschlossenheit nichts, der Antrag ist abgelehnt.

15.48.0913. Punkt

Antrag der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen (558/A)(E)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tages­ordnung.

Hinsichtlich dieses Antrages wurde dem Gesundheitsausschuss eine Frist zur Bericht­erstattung bis 1. Juli 2019 gesetzt.

Ein Wunsch auf eine mündliche Berichterstattung im Sinne des § 44 Abs. 4 liegt nicht vor.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engelberg. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.


15.48.41

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! In der gegenständlichen Vorlage geht es um ein Verbot der Ausübung von Konversions- und vergleichbaren reparativen Therapieformen an Minderjährigen.

Ich gehe einmal davon aus, dass die meisten von Ihnen mit diesen Begriffen nichts oder nur sehr wenig anfangen können. Tatsächlich haben sie erfreulicherweise in Österreich auch kaum eine Relevanz, ebenso wenig in Deutschland und in der Schweiz, wo es aber gerade jetzt sehr ähnliche Gesetzesinitiativen gibt. Eine gewisse


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Bedeutung haben diese umstrittenen Therapieformen allenfalls in den USA, wo sie aber bereits in einigen Bundesstaaten verboten sind.

Worum geht es eigentlich? – Ich denke, es geht um ein klares Zeichen, das wir setzen wollen. Bei diesen Verfahren geht es darum, Homosexualität in ein asexuelles oder heterosexuelles Verhalten umzuwandeln.Das sind sehr fragwürdige Verfahren mit einer ganzen Reihe von Risken und Nebeneffekten wie Depressionen und Angst­störungen bis hin zu Suizidalität. Deshalb gibt es eine ganz klare Ablehnung vonseiten der Fachverbände im Inland und auch im Ausland. Ich bin Psychotherapeut, und es wäre nach meinem Dafürhalten entgegen den Berufspflichten und auch den ethischen Grundlagen des für mich anwendbaren Psychotherapiegesetzes, so ein Verfahren durchzuführen.

Schon allein der Begriff Konversionstherapie beziehungsweise reparative Therapie­for­men ist höchst umstritten, da er ja impliziert, dass Homosexualität eine Fehlfunktion wäre, die – unter Anführungszeichen – „umgewandelt“ beziehungsweise „repariert“ wer­den könnte. Das ist einfach absolut abzulehnen. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und JETZT.)

Doch gerade in dieser Zeit der höchst intensiven, ja fast fiebrigen legistischen Aktivi­täten müssen wir dennoch auch ein bisschen auf die Professionalität unserer Anträge achten. Worum es uns da gegangen ist, ist eine klare Abgrenzung dieser sogenannten Konversionstherapien von gesetzlich anerkannten und gesellschaftlich enorm wich­tigen Therapieformen im Rahmen der Psychotherapie, Psychiatrie, der klinischen Psychologie bis hin zur Seelsorge. Es ist ganz wichtig, da eine ganz klare Abgrenzung zu schaffen, damit diese in ihrem Wirkungsbereich nicht eingeschränkt werden. Des­wegen haben wir erfolgreich eingefordert, dass bei der Ausarbeitung der ent­sprechen­den Regierungsvorlage die psychiatrischen, psychotherapeutischen und psycholo­gi­schen Fachvereinigungen eingebunden werden.

In dieser geänderten Fassung befürworten wir sodann den gegenständlichen Ent­schließungsantrag zum Verbot der Ausübung von Konversions- oder vergleichbaren reparativen Therapieformen an Minderjährigen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scherak.)

15.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lindner. – Bitte.


15.52.24

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frauen Bundes­ministerinnen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute habe ich eine unglaubliche Freude. Heute ist ein wirklich großer Tag für die LGBTIQ-Community in Österreich. Wir haben über ein Jahr lang ganz hart gekämpft, und nun ist es soweit: Wir stoppen heute Konversionstherapien an Kindern und Jugendlichen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.) Wir stoppen heute Homoheilung in Österreich. Das war auch der Moment, als meine Suizidgedanken begannen. Es ist etwas, mit dem ich noch heute kämpfe. Ich geriet komplett in Panik, Selbstmordgedanken inklusive. Nach alledem blieb ich schwul, war aber dem Suizid nah. – Zitatende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind Berichte von Menschen, die als Kinder oder als Jugendliche eine Konversionstherapie erlebt und überlebt haben. Konversionstherapien, reparative Therapien und ähnliche Praktiken sind eines ganz sicher nicht: Behandlungen. Sie helfen nicht, sie heilen nichts, sie schädigen. (Beifall bei der SPÖ.) Depression, Angst, Suizidgefahr: Das bewirken diese Praktiken. Sie heilen nichts, weil die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität niemals etwas


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sein kann, das krank oder nicht normal ist. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld spricht von jährlich mindestens 1 000 Personen, die Opfer dieser Praktiken werden. Sie passieren in Familien und Kleingruppen, sie passieren nicht immer durch Ärzte und Therapeuten, sondern unter den verschiedensten Deckmänteln: durch Lebensberater, Coaches und im Umfeld von Glaubensgemeinschaften.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir heute mit diesem Antrag beschließen, ist ein Meilenstein. Wir fassen den ersten weitreichenden Beschluss für die LGBTIQ-Community seit zehn Jahren, seit der Ein­getragenen Partnerschaft im Jahr 2009. Nicht Gerichte sorgen für mehr Gleichstellung und Schutz, sondern wir, die Politik – darauf können wir stolz sein, und ich möchte mich dafür ganz herzlich bei Ihnen allen bedanken. (Beifall bei SPÖ, NEOS und JETZT sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin stolz, als offen schwuler Mann in diesem Haus zu stehen. Ich bin stolz, dass wir heute gemeinsam über Parteigrenzen hinweg an jeden jungen Menschen, an jede Mutter und an jeden Vater, an jede Familie in unserem Land das Signal senden: Genau so, wie unsere Kinder und Jugendlichen sind, so ist es richtig! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Ich bin nicht krank, meine Community ist nicht krank – ganz im Gegenteil: Wir sind bunt, wir sind laut, wir sind stolz, wir sind selbstbestimmt, wir sind sichtbar und wir sind in der Mitte unserer Gesellschaft, aber vor allem sind wir unheilbar bunt. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich darf folgenden Abänderungsantrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mario Lindner, Gabriela Schwarz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Antrag (558A(E)) der Abgeordneten Mario Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konversionstherapien stoppen“

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Antrag lautet:

„Die Bundesregierung, insbesondere die zuständige Bundesministerin für Arbeit, Sozi­ales, Gesundheit und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, unter Einbindung der wis­senschaftlichen Fachvereinigungen unverzüglich eine Regierungsvorlage auszuar­beiten und dem Nationalrat zur Beschlussfassung zu übermitteln, mit der die Ausübung von Konversions- und vergleichbaren ‚reparativen Therapieformen‘ an Minderjährigen verboten wird.“

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

15.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Povysil. – Bitte.


15.57.00

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren im


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Plenum, auf der Galerie, in den Medien! Nun, ich bin heterosexuell, ich möchte auch nicht, dass meine sexuelle Orientierung verändert wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Wie wir bereits von meinen Vorrednern gehört haben, sind Konversions- oder Reorien­tierungstherapien Versuche, sexuelle Orientierungen zu verändern. Diese Versuche sind oft sehr aggressiv und sie sind völlig nutzlos. 1991 wurde von der WHO weltweit im ICD-10-Kodex Homosexualität als Diagnose einer psychischen Störung ersatzlos gestrichen und als Ausdrucksform menschlichen Lebens anerkannt. Damit sind diese Therapien, die eine Veränderung der sexuellen Orientierung zur Folge haben, nicht nur unmöglich, sondern auch unethisch; sie können großen Schaden anrichten.

Sie werden von nationalen und internationalen Verbänden für Psychiatrie, Psycho­ana­lyse und Psychosomatik abgelehnt, und daher sind nun vor allem, und das ist ganz wichtig, minderjährige Jugendliche und Kinder schützenswert, bei denen diese Thera­pien als getarnter Umschulungsversuch nur weitere Unsicherheit, Angst und Desorien­tierung hervorrufen. Diese Therapie wird in Deutschland aktiv beworben und ange­boten, in Österreich ist sie weitgehend unbekannt; sie wird freiwillig in Anspruch genommen und privat bezahlt.

An dieser Stelle komme ich nun zu einem wichtigen Thema, meine Damen und Herren, denn klar ist auch, bei allem Negativum dieser Therapien, dass wir einen Präzedenzfall für das Verbieten von nicht evidenzbasierten therapeutischen Methoden schaffen, das sich konsequenterweise dann auch auf andere Gebiete erstrecken muss. Ich nehme hier zum Beispiel die Plattform, die ich mir angesehen habe: Psyonline, Mitglied der Wirtschaftskammer Wien. Hier werden von nicht näher definierten Experten biodyna­mische Körpertherapien, Daseins- und Existenzanalysen, Therapien bei Selbsttötungs­gefahr, Handauflegen angeboten; dann gibt es ja noch viele andere Therapien, die wir kennen, wie Auspendeln, Ohrkerzen, Handauflegen.

Das heißt, wir müssen einerseits der sich ausweitenden Scharlatanerie Einhalt gebie­ten – vor allem dort, wo sie Schaden anrichtet –, andererseits aber schon die Freiheit und das Recht des Einzelnen, privat über seine Behandlungsmethodik zu bestimmen, gewährleisten – vor allem Erwachsenen. Kinder und Jugendliche, meine Damen und Herren, sind immer prioritär zu schützen, daher stimmen wir diesem Antrag, obwohl es ein derzeit in Österreich kaum existentes Detailproblem ist, zu. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir sind für den Vorschlag, der in einer Gesprächsrunde aller Gesundheitssprecher mit der Frau Ministerin eingebracht und formuliert wurde, diesbezüglich wirklich einen umfassenden stufenweisen Gesetzesvorschlag einzubringen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Scherak ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.00.28

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Hohes Haus! Wir leben ja zum Glück in einer Zeit, in der wir gerade im Zusammenhang mit homosexuellen Lebensgemeinschaften immer weiter vorangekommen sind. Es war aber leider de facto nie die Politik, wir haben bei der Frage der Ehe für alle, bei der Frage der Adoptionsrechte immer Höchstgerichtsurteile gebraucht.

Es ist an und für sich etwas Schönes, dass es das jetzt gibt, nur ist es gerade für die Politik beschämend gewesen, dass wir das nicht von allein zustande gebracht haben.


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Wir leben aber leider auch in einer Zeit und in einer Welt, in der leider immer mehr Menschen – obwohl es für viele klar ist und von vielen akzeptiert wird, dass es unterschiedliche sexuelle Neigungen gibt – das nicht nur irgendwie infrage stellen oder nicht nur Rechte von Homosexuellen einschränken wollen, sondern sehr bewusst dagegen agitieren und das auch sehr bewusst vorantreiben wollen. Diese meiner Meinung nach sehr reaktionäre Geisteshaltung sieht man in ganz anderen Bereichen auch, beispielsweise wenn es um die Frage der sexuellen Selbstbestimmung oder wenn es um reproduktive Rechte geht; es gibt eine Bürgerinitiative, die die Fristen­lösung infrage stellen will. Das sind alles Dinge, die mich sehr besorgt machen.

Es gibt noch etwas, was dem Fass in Wirklichkeit irgendwie den Boden ausschlägt, und das ist die angesprochene Konversionstherapie. Es ist schon angesprochen wor­den, aber man muss sich das noch einmal vergegenwärtigen: Da geht es wirklich darum, dass jemand das Ziel hat, jemandem seine homosexuellen Neigungen abzu­nehmen und ihn umzupolen. Irgendjemand, der diesen unwissenschaftlichen Schwach­sinn glaubt, glaubt, dass man jemandem eine andere sexuelle Neigung aufzwingen kann, also dass er dann entweder heterosexuell oder asexuell wird. Ich halte das für hanebüchen und absurd, dass es Menschen gibt, die glauben, dass so etwas in irgend­einer Art und Weise wissenschaftlich möglich sein soll. Das ist nicht nur – Kollege Engelberg hat es angesprochen – umstritten, sondern es ist vollkommener Schwach­sinn, dass man ernsthaft glaubt, dass man irgendeine sexuelle Orientierung umdrehen kann! Das ist etwas so Absurdes, dass es ärger nicht mehr geht. (Beifall bei Abgeord­neten von NEOS und SPÖ.)

Deswegen halte ich es für dringend notwendig, dass wir diesen Beschluss fassen. Ich bin sehr froh, dass wir das gemeinsam machen. Frau Kollegin Povysil hat gesagt, dass dadurch ja insbesondere Kinder und Jugendliche, die sich nicht wehren können, betroffen sind und dass es Menschen gibt, die sie in diese Therapie – man darf es ja gar nicht Therapie nennen, weil es ein solch unfassbarer Schwachsinn ist, dass allein der Begriff schon falsch ist – schicken. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir die­sem unwissenschaftlichen Irrsinn Einhalt gebieten müssen, und ich bin sehr froh, dass wir das heute so beschließen können. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

16.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Schwarz ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.03.10

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Vor allem liebe junge Menschen hier bei uns auf der Galerie und natürlich auch alle Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich bin normalerweise keine Freundin von Zitaten, aber ich glaube, dass einige Sätze, die mich zeit meines Lebens schon begleiten und von Goethe sind, da ganz gut passen – man muss nicht unbedingt gläubig sein, um dem zustimmen zu können –: „[...] wir können die Kinder nach unserm Sinne nicht formen; So wie Gott sie uns gab, so muß man sie haben und lieben, Sie erziehen aufs beste und jeglichen lassen gewähren.“ – Damit ist eigentlich alles gesagt.

Jeder von uns kommt auf die Welt mit Anlagen, mit Talenten, mit Charakter, mit Haut-, mit Augenfarbe, mit was auch immer. Worauf es ankommt, ist, dass wir ein Leben lang gut begleitet und unterstützt werden, egal ob von der Familie oder von Freunden. Unterstützung ist die Konversionstherapie unter Garantie nicht, sondern ganz das Gegenteil. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)


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Mein Kollege Martin Engelberg hat ja aus seiner professionellen Sicht schon sehr viel erklärt. Ich verstehe psychologische und psychotherapeutische Hilfe natürlich für alle – auch für Kinder und Minderjährige – als wertvolle Hilfe. Ich weiß, dass die Berufs­gruppen der Psychotherapeuten und Psychologen in Österreich, also ÖBVP und BÖP, das nicht anwenden, aber es muss gewährleistet sein, dass es nicht angewendet wer­den darf. Das ist, glaube ich, das, worauf es wirklich ankommt. Die Kodizes der Berufs­gruppen sehen das auch gar nicht vor, aber wir halten es heute einfach fest.

Sexuelle Orientierung – Heterosexualität oder auch Homosexualität – ist keine Krank­heit. Ich suche mir die Menschen, mit denen ich arbeite oder mit denen ich befreundet bin, nicht nach ihrer Sexualität aus. Für mich ist wichtig, dass sie so, wie sie sind, glücklich sind, egal mit wem sie leben oder wie sie ihre sexuelle Orientierung ausleben. Wenn junge Menschen auf dem Weg sind, den Herausforderungen des Lebens begeg­nen, also mitten in der Pubertät erste Erfahrungen mit Liebe, mit Sexualität machen, die ersten Enttäuschungen erleben, dann unterstützen Sie sie bitte, wenn Sie Eltern sind, wenn Sie Freunde sind, und, wenn es notwendig ist, auch durch wirklich profes­sionelle psychologische oder psychotherapeutische Hilfe, aber: Lassen Sie sie einfach so sein, wie sie sind, und kehren Sie sie nicht um! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gibt wirklich viele Institutionen in Österreich, die diese Wege unterstützen. Ich hatte vor Kurzem einen Termin mit Pro Mente, und die haben mir diese Broschüre mit­gegeben (besagte Broschüre in die Höhe haltend): „Erste Hilfe für die Seele“. – Da sind viele Kontaktadressen drinnen, an die man sich wenden kann. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Also: hinschauen, hinhören und Hilfe geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

16.05

16.05.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Lindner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Konversionstherapien stoppen“.

Hiezu haben die Abgeordneten Lindner, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen einen Ab­än­derungsantrag eingebracht.

Ich lasse daher sogleich über den Entschließungsantrag in der Fassung des Abände­rungsantrages der Abgeordneten Lindner, Schwarz, Kolleginnen und Kollegen abstim­men.

Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, ein Zeichen der Zustimmung zu geben. – Das ist einstimmig. Damit ist der Antrag angenommen. (82/E) (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Lindner: Danke!)

16.06.4614. Punkt

Antrag der Abgeordneten Elisabeth Köstinger, Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirt­schafts­ge­setz 2002 geändert wird (AWG-Rechtsbereinigungsnovelle 2019) (887/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Hinsichtlich des Antrages wurde dem Umweltausschuss eine Frist zur Berichterstat­tung bis 1. Juli gesetzt.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung im Sinne der Geschäftsordnung liegt nicht vor.


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Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte.


16.07.23

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir dürfen heute hier mit einer Rechtsbereinigung im Abfallwirtschaftsgesetz einige Vereinfachungen beschließen, aber vor allem ein Thema steht im Mittelpunkt und soll auch Symbol und Ausdruck der vergangenen Regierung im Kampf gegen Umweltverschmutzung sein, nämlich letzt­endlich dem Plastik den Kampf anzusagen. Das Symbol ist das Sackerl, das ton­nenweise Verwendung findet, und mit dem Verbot des Plastiksackerls, vor allem des Einwegplastiksackerls, lassen wir auch Taten folgen.

Ich glaube, es ist in der langfristigen Strategie, die die vergangene Regierung hatte, was die Setzung umweltpolitischer Maßnahmen betrifft, ganz, ganz wichtig, dass wir das heute noch umsetzen können. Dafür bin ich sehr dankbar, denn Einwegkunst­stoff­tragetaschen müssen nicht sein, da wir da auf ein breites Spektrum an Alternativen zurückgreifen können. Zudem machen wir dort, wo man Einwegsackerl braucht, mit dem vorgeschriebenen Anteil an biogenen Stoffen von mindestens 50 Prozent auch in Bezug auf die Frage der Bioökonomie einen Riesenschritt nach vorne.

Es war Bundesministerin Elisabeth Köstinger, die das mit der Strategie zur Bioöko­nomie angestoßen hat. Jetzt kommen wir zu den Umsetzungsschritten. Ich hoffe sehr, dass wir nach den Wahlen weitere Schritte setzen können, denn nur dann, wenn wir gemeinsam den Weg: Raus aus den fossilen Rohstoffen, hin zu erneuerbaren!, konsequent gehen wollen, werden wir auch den Anforderungen gerecht, die Umwelt und Klima an uns stellen.

Es wurde heute auch schon medial darüber berichtet, dass ein gemeinsamer Ent­schließungsantrag eingebracht wurde. Wir konnten in der Auseinandersetzung oder in einer sehr, sage ich einmal, fruchtbaren Diskussion aller Umweltsprecher der Frak­tionen mit den Vertretern von Fridays for Future, jener Jugendorganisation im Bereich der Klimapolitik, die Probleme und die Thematik sehr gut erörtern und einen Ent­schließungsantrag ausarbeiten. Es war der Freiheitlichen Partei am Schluss nicht mehr möglich, mitzugehen. Das ist schade, aber ich glaube, in großen Teilen war man sich einig.

Auch die Feststellung, dass wir einen Klimanotfall haben, findet sich vor allem in der Formulierung des Climate Emergency wieder. Wir haben keinen Notstand – Sie alle hier herinnen wissen, was die Bezeichnung Notstand an juristischer Folge hätte –, sondern einen Notfall.

In der Begründung des Entschließungsantrages finden wir sehr, sehr viele Punkte. Ich bin auch froh und sehr stolz darauf – und ich glaube, darauf kann auch die vergangene Regierung stolz sein –, dass auch in der Begründung drinsteht, dass Österreich ge­meinsam mit den skandinavischen Ländern ein Vorreiter in Europa bei erneuerbaren Energien und beim Zurückdrängen des CO2 ist. Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, das auch festzuhalten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Bitte schön, das ist der Applaus für die Ministerin. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube aber, diese Bemühungen werden oft konterkariert. Indem die Europäische Kommission momentan auf europäischer Ebene mit der Zustimmung in den Mercosur-Verhandlungen letztendlich einem stärkeren Import von Rohstoffen aus südamerikani­schen Staaten nach Europa nachgegeben hat, konterkariert man das. Was wollen wir? Wollen wir die europäische Produktion verringern, diese Produktion auslagern und durch Import ersetzen? – Es kann nicht im Sinne der Klimaziele des Pariser Klima­ab-


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kommens sein, dass wir für die Rodung von Regenwald sind und damit heimische Produktion zurückfahren.

Das Mercosur-Abkommen beinhaltet 650 000 Tonnen Ethanol. Das ist das Dreifache der Produktion, die wir in Österreich haben. Man sollte sich einmal fragen, ob das wirklich so sinnvoll ist oder ob wir da nicht die nächste Klimazeitbombe entwickeln. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich glaube, es ist ganz, ganz wichtig, Umwelt- und Klimapolitik als Gesamtheit zu sehen – und dagegen sollte man nicht handeln. Produktionsverbote in Österreich sind immer eine Vorleistung für Import. Das heißt, die Produktion erfolgt woanders, das heißt, wir nehmen Ressourcen anderer Länder in Anspruch, und das ist eine Über­heblichkeit, die wir uns nicht leisten sollten, denn im Entschließungsantrag steht letzt­endlich Folgendes: „bei zukünftigen Entscheidungen auch stets die Auswirkungen auf das Klima und den Klimaschutz feststellen zu lassen, transparent und nachvollziehbar darzustellen und zu berücksichtigen.“

Ich bitte Sie, das auch während der Debatte zum nächsten Tagesordnungspunkt, im Zuge dessen die Produktion in Österreich eingeschränkt werden soll, zu bedenken, denn wer die Wende beim Klimawandel haben möchte, wer mehr biogene statt fossiler Rohstoffe haben möchte, der muss auch diesen Weg gehen. Nehmen Sie sich den Satz, den wir im Entschließungsantrag gemeinsam formuliert haben, zu Herzen: „bei zukünftigen Entscheidungen auch stets die Auswirkungen auf das Klima und den Klimaschutz feststellen zu lassen, transparent und nachvollziehbar darzustellen und zu berücksichtigen“. – Nehmen Sie sich das für alle Entscheidungen, die wir hier zu treffen haben, zu Herzen! (Beifall bei der ÖVP.)

16.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Feichtinger ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.12.37

Abgeordneter Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich darf mich vorweg den Worten des Kollegen Schmuckenschlager zu diesem gemeinsamen Entschließungsantrag, der heute betreffend die Forderungen von Fridays for Future eingebracht wurde, anschließen. Ich finde es auch sehr bedauerlich, dass die FPÖ bei diesem Antrag letztlich nicht mitgehen konnte. Wir hatten erst gestern letzte Verhandlungen zu dem Thema und haben eigentlich ge­glaubt, dass wir diesbezüglich zu einem Allparteienantrag kommen werden.

Zur AWG-Rechtsbereinigungsnovelle, deren Schwerpunkt ja plakativ auf dem Plastik­sackerlverbot liegt: Es finden sich aber auch Deregulierungsmaßnahmen im Abfallrecht darin, diese sind jedoch nicht so überschießend wie im ursprünglichen Ministerial­entwurf. Wir werden daher auch dem Antrag zustimmen, obwohl wir diese Verknüpfung zwischen Plastiksackerlverbot und Geschenken an die Wirtschaft (Ruf bei der ÖVP: Oje!) etwas problematisch finden.

Der Hauptkritikpunkt am Antrag ist jedoch, dass kein allgemeines Reduktionsziel für Plastikverpackungen in diesem Antrag enthalten ist. Einen entsprechenden Frist­set­zungsantrag für unseren Antrag hat die Mehrheit des Hauses abgelehnt, daher werden wir heute einen entsprechenden Abänderungsantrag einbringen, nämlich den Abän­derungsantrag der Abgeordneten Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 887/A der Abgeordneten Köstinger, Hofer, Schmuckenschlager und Rauch betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird, die AWG-Rechtsbereinigungsnovelle 2019.


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Im Grunde geht es darum, dass in diesem Antrag ein Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen ab 1.1.2020 mit einigen wenigen Ausnahmen enthalten ist, vor allem aber darum, dass im Unterschied zum Antrag, der vorliegt, ein Reduktionsziel von 25 Prozent bis 2025 für die in Verkehr gebrachte Menge von Plastikverpackungen, die vor allem zur einmaligen Verpackung von Produkten entwickelt wurden, enthalten ist.

Wir befürchten nämlich, dass ein Verbot von Plastiktragetaschen allein zu einem mas­siven Anstieg der vorverpackten Waren oder von folierten Produkten führen könnte, und das kann ja nicht das Ziel der Regelung sein.

Wir ersuchen um Zustimmung – der Antrag wurde verteilt und ist auch entsprechend zur Kenntnis gebracht worden.

Die AWG-Novelle bietet natürlich auch Gelegenheit, sich kurz mit der Umweltpolitik der letzten eineinhalb Jahre auseinanderzusetzen. Das AWG und das ALSAG wurden ja mit den Ländern verhandelt und es wurden auch in vielen Punkten Einigungen erzielt, nur liegt das ALSAG jetzt seit Dezember 2018 im Ministerium, und wir hätten uns eigentlich erwartet, dass wir hier bis spätestens Mitte dieses Jahres zu einer ent­sprechenden Beschlussfassung kommen können. Das ist leider nicht der Fall.

Wir haben auch neue Positionen der ÖVP zur Umwelt- und Klimapolitik vernommen: Klimaschutz hat jetzt Priorität und wird zur Chefsache. Es wird auch ein Klimakabinett geben. Das Staatsziel Klimaschutz soll in das Bundes-Verfassungsgesetz aufgenom­men werden.

Es ist heute schon einmal erwähnt worden: Umfassender Umweltschutz ist bereits Staatszielbestimmung, siehe TOP 1 der heutigen Tagesordnung, und im Übrigen wollte die ÖVP vor Kurzem noch das Staatsziel Wirtschaft in die Verfassung schreiben. (Abg. Haubner: Richtig!) Also diesen Schwenk in der Öffentlichkeit zu verkaufen wird Ihnen etwas schwerfallen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ein letzter Punkt noch: Österreich soll jetzt zur Wasserstoffnation Nummer eins wer­den. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, Ihre eigene Klima- und Energiestrategie trifft auf Seite 58 die Feststellung, dass in der Phase vor 2030 durch diese Technologie keine signifikanten zusätzlichen Beiträge zur Substitution fossiler Kraftstoffe zu erwarten sind.

99 Prozent des derzeit weltweit hergestellten Wasserstoffs kommen aus fossilen Ener­gieträgern, daher ist Wasserstoff derzeit noch ein verdeckter Klimakiller. Es ist zu hoffen, dass wir den notwendigen Technologiesprung für die sinnvolle Nutzung von Wasserstoff schaffen, bis dahin bleibt die Ankündigung allerdings dasselbe wie die Klimapolitik der letzten Jahre: unzureichend. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Plessl: Über­schrift ohne Inhalt!)

16.17

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Klaus Uwe Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag 887/A der Abgeordneten Elisabeth Köstinger, Ing. Norbert Hofer, Johannes Schmuckenschlager, Walter Rauch betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Rechtsbereinigungsnovelle 2019)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:


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der Antrag 887/A der Abgeordneten Elisabeth Köstinger, Ing. Norbert Hofer, Johannes Schmuckenschlager, Walter Rauch betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Abfall­wirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Rechtsbereinigungsnovelle 2019) wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 11 lautet:

„Nach § 13i werden folgende §§ 13j bis 13n samt Überschriften eingefügt:

"Verbot des Inverkehrsetzens von Kunststofftragetaschen

§ 13j. Das Inverkehrsetzen von Kunststofftragetaschen ab dem 1. Jänner 2020 ist verboten.

Ausnahmen vom Inverkehrsetzungsverbot von Kunststofftragetaschen

§ 13k. Ausgenommen vom Verbot des Inverkehrsetzens gemäß § 13j sind

1. sehr leichte Kunststofftragetaschen, die nachweislich aus überwiegend nachwach­senden Rohstoffen hergestellt werden und entsprechend dem Stand der Technik für eine Eigenkompostierung geeignet sind, sowie

2. wiederverwendbare Taschen, die folgende Kriterien erfüllen:

a) bestehend aus Kunststoffgewebe oder Materialien von vergleichbarer Stabilität, die einen Kunststoffanteil aufweisen,

b) mit vernähten Verbindungen oder Verbindungen mit vergleichbarer Stabilität und

c) mit vernähten Tragegriffen oder Tragegriffen mit vergleichbarer Stabilität.

Übergangsbestimmungen für Kunststofftragetaschen

§ 13l. Letztvertreiber können Kunststofftragetaschen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2020 an Letztverbraucher abgeben.

Meldungen von Kunststofftragetaschen

§ 13m. (1) Hersteller und Importeure von Kunststofftragetaschen (§ 13g Abs. 1 Z 1) haben zumindest einmal jährlich, spätestens bis zum 15. März, die Anzahl der von ihnen im vorangegangenen Kalenderjahr in Österreich in Verkehr gesetzten Kunststoff­tragetaschen gegliedert nach

1. sehr leichten Kunststofftragetaschen gemäß § 2 Abs. 10 Z 3 und

2. leichten Kunststofftragetaschen gemäß § 2 Abs. 10 Z 4 mit einer Wandstärke ab 0,015 mm dem entpflichtenden Sammel- und Verwertungssystem für Haushalts­ve­rpackungen zu melden.

(2) Sammel- und Verwertungssysteme für Haushaltsverpackungen haben die gemäß Abs. I gemeldeten Daten gegliedert nach sehr leichten Kunststofftragetaschen und leichten Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke ab 0,015 mm jeweils zusam­menzufassen und der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus im Tätig­keitsbericht gemäß § 9 Abs. 6 Z 4 Verpackungsverordnung 2014 mitzuteilen."


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Reduktionsziel für Plastikverpackungen bis 2025

§ 13n. Die in Verkehr gesetzte Menge von Plastikverpackungen, die vor allem zur einmaligen Verpackung von Produkten entwickelt wurden, ist bis 2025 um 25% gegen­über der 2016 in Verkehr gesetzten Menge zu reduzieren.““

Begründung

Die Folge eines Verbots von Plastiktragetaschen soll nicht der massive Anstieg von vorverpackter Ware oder foliierten Produkten sein. Daher wird ein generelles Reduktionsziel für Plastikverpackungen bis 2025 im Ausmaß von 25% gegenüber der im Jahr 2016 in Verkehr gesetzten Menge festgelegt.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und erläutert worden und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rauch. – Bitte.


16.18.14

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Kurz replizierend auf meinen Kollegen Feichtinger und auch ergänzend als Erklärung, warum wir diesem nunmehrigen Vierparteienantrag betref­fend den nationalen Klimanotstand, wie es in einer Aussendung der Fridays for Future heißt, nicht zugestimmt haben: Das würde nämlich die letzten 17 Monate dieser Regie­rungsarbeit konterkarieren, vor allem im Umweltbereich. (Abg. Leichtfried: Ja, aber zu Recht!) Wir haben diesbezüglich konkrete Maßnahmen gesetzt, die auch noch im ver­gangenen Regierungsprogramm standen, und die wären auch noch in der laufenden Periode abzuarbeiten gewesen.

Nehmen wir als Beispiel die Nahverkehrsmilliarde von Norbert Hofer: Die wäre ein wesentlicher Faktor im öffentlichen Verkehr gewesen, vor allem auch im ländlichen Raum. Weitere Punkte sind der Ausbau im Bereich der erneuerbaren Energie – ein wesentlicher Punkt des vergangenen Regierungsprogramms –, zum Beispiel die Mobi­lität insgesamt oder der Wasserstoff, der einen wichtigen Faktor für den Ausstieg aus den fossilen Treibstoffen darstellt. Die Zustimmung zu diesem Antrag würde also das konterkarieren, was wir in den letzten 17 Monaten gemacht haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Deshalb verstehe ich in diesem Bereich die ÖVP nicht ganz; nichtsdestotrotz ist es eine Entscheidung Ihrer Fraktion, das ist legitim. Wir stehen hier zu dem Programm, das wir gemeinsam ausgearbeitet haben und bei dem es natürlich noch viele Möglich­keiten und Luft nach oben gegeben hätte.

Aktuell ist ja die Thematik Plastikverbot, das heißt die Tragetaschen. Da sparen wir auf der einen Seite insgesamt 7 000 Tonnen an Plastikmüll ein, was aber gleichzeitig wieder ein Manko bedeutet, denn man kann dieses Plastik auch als Rohstoff sehen. Diesbezüglich ist es wichtig, dass wir dieses Plastik in einer Kreislaufwirtschaft wieder in das System einbringen, und da haben wir natürlich sehr, sehr viel Luft nach oben. Was zum Beispiel eine weitere Möglichkeit wäre, wäre auch ein Pfandsystem wie in Deutschland, wo alle Plastikflaschen wieder zurückgegeben werden und dann über ein Pfandsystem wieder in die Kreislaufwirtschaft eingebracht werden, es gibt also eine Dekarbonisierung.


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Wenn wir in diesem Bereich so weitermachen wie bisher, ohne dass wir Maßnahmen setzen, dann hätten wir 2050 in den Meeren mehr Plastikmüll als Fische, und das wollen wir nicht. Wir haben da eine klare Position, einen klaren Standpunkt, nämlich dass wir sagen, wir müssen in diesem Bereich nachhaltig arbeiten, nachhaltige Positio­nen beziehen, auf der einen Seite durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe auch im Tragetaschenbereich, aber natürlich auch, wie vorhin erwähnt, indem wir diese Kreislaufwirtschaft wieder in Gang bringen, damit wir da keinen Müll erzeugen, sondern das als Rohstoff sehen, der wieder in die Kreislaufwirtschaft einfließen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

16.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bernhard. – Bitte.


16.21.29

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Heute ist ein guter Tag für die Umwelt- und für die Klimapolitik. (Abg. Neubauer: Und für die Pen­sionisten!) Er ist tatsächlich gleich in zweifacher Hinsicht gut – ich möchte mit dem beginnen, was jetzt noch druckfrisch ist.

Wir – Sozialdemokraten, Konservative, NEOS und Liste JETZT – haben einen Antrag eingebracht, gemeinsam erarbeitet mit den Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future, der tatsächlich den Klimanotfall, wie das mein Vorredner ausgedrückt hat, for­muliert und in dem wir uns gemeinsam mehrheitlich in diesem Parlament dazu bekennen, dass die Klimapolitik in Zukunft Priorität hat, mit all den Abstufungen und vielen Dingen, die wir als NEOS in der Vergangenheit gefordert haben und die abge­lehnt worden sind. Darauf will ich aber gar nicht näher eingehen, sondern feiern wir, dass es diesen Schritt gegeben hat, und lassen wir nun diesem Antrag dann auch Taten folgen!

An dieser Stelle geht aber mein herzlicher Dank an die jungen Menschen, die sich jeden Tag aufs Neue für die Umwelt- und Klimapolitik engagieren. Ohne dieses Engagement der jungen Menschen wäre es in Österreich heute sicherlich nicht zu diesem Antrag gekommen. (Beifall bei den NEOS.)

Nun zum eigentlichen Antrag, den wir auf der Tagesordnung haben: Abfallwirt­schafts­gesetz – das ist etwas sperrig. Was versteckt sich dahinter? – Dahinter versteckt sich das sogenannte Plastiksackerlverbot. Man erwartet da, dass 5 000 bis 7 000 Tonnen an unnötigem Plastikmüll in Zukunft in Österreich nicht mehr anfallen.

Das unterstützen wir natürlich vollinhaltlich, allerdings kann das nur der Anfang sein. Ich habe gerade gesagt, dass das ein guter Tag ist, weil wir jetzt einen Konsens in der Klimapolitik haben, weil wir einen Anfang bei der Reduktion von Plastikmüll haben, aber, und wir dürfen das auch nicht verschweigen – auch die ehemalige Umwelt­ministerin ist ja unter uns; viele andere sind heute nicht mehr hier in diesen Reihen –, es hat in Österreich Dekaden eines absoluten Stillstands in der Nachhaltigkeitspolitik gegeben, ein quasi Nebelgranatenwerfen: ein bisschen was für die Landwirtschaft, ein bisschen was für die Ökologie, aber meistens von beidem viel zu wenig.

Das, was es wirklich bräuchte, wäre ein entschlossenes Handeln, ohne dass die Menschen in unserem Land auf die Straße gehen müssen, um das einzufordern, näm­lich aus Verantwortungsbewusstsein heraus, und das hat auch in den letzten einein­halb Jahren so nicht stattgefunden.


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Deswegen wäre der nächste Schritt aus meiner und aus unserer Sicht, dass wir in der Plastikstrategie tatsächlich die NGOs so einbinden, dass wir die gesamte Kompetenz auch dieser zivilen Akteure für unseren Staat nutzen können, dass wir eine Maßnah­menoffensive bei der Förderung von Pfand-, Wiederverwendungs- und Reparatur­kreisläufen machen, dass wir schrittweise eine Erhöhung der Recyclingquote und die Reduktion der Abfallmengen herbeiführen, dass wir das Abfallwirtschaftsgesetz im Wesentlichen auch dahin gehend abändern, dass wir echte Kreislaufwirtschafts­konzepte in Österreich leichter ermöglichen. Erst vor Kurzem hat eine Statistik heraus­gearbeitet, dass vom gesamten Wirtschaftskreislauf, von den 100 Prozent, 10 Prozent Kreislaufwirtschaft sind; 90 Prozent sind klassische alte Ökonomie. Das heißt, in 90 Prozent der Fälle achten wir noch nicht in einem Ausmaß auf die Ressourcen, wie es uns möglich wäre – Ressourcen, die wir teuer importieren, Ressourcen, die sich möglicherweise in der Umwelt schwer abbauen lassen, und natürlich haben Dinge, die wir reparieren, auch eine höhere Wertschöpfung im Inland. Das wären Dinge, die notwendig gewesen wären.

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, der die Untätigkeit der früheren Regierung beziehungsweise der früheren Regierungen tatsächlich klar aufzeigt – wir haben nachgefragt, es ist trotzdem nichts passiert –: Es geht um das Thema der Umwelt­belas­tung durch Kunststoffgranulat sowie Plastikabrieb bei Kunstrasensportplätzen. Keine Frage, Fußball ist ein hohes Gut in unserer Sportwelt, allerdings ist es so, dass wir aus Studien wissen, dass in Norwegen die Kunstrasenplätze der zweitgrößte Ver­ursacher von Mikroplastikverschmutzung sind. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in den Niederlanden, im Vereinigten Königreich und in Deutschland ab. Wir wissen also, der Kunststoffrasenplatz hat tatsächlich das Problem einer bedeutenden Umwelt­belas­tung.

Viele europäische Staaten haben diesbezüglich Studien in Auftrag gegeben und haben gehandelt. Österreich hat nicht nur nicht gehandelt, Österreich hat nicht einmal eine Studie in Auftrag gegeben, nicht einmal, als wir nachgefragt haben. Das bedeutet: Lassen wir nicht nur in der Klimapolitik, sondern auch im Kampf gegen die Plastik­schwemme dort, wo wir sie wirklich nicht brauchen, endlich den Worten Taten folgen! Das ist ein Aufruf an uns alle. Ich bitte hier um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

16.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Rossmann ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


16.26.51

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Hinter dieser sperrigen Abfallwirtschaftsgesetz-Rechtsbereinigungs­no­velle verstecken sich zwei Dinge: einerseits das Plastiksackerlverbot, also das Verbot des Inverkehrbringens von Kunststofftragetaschen, zum anderen geht es aber auch um einige Punkte im Abfallwirtschaftsgesetz, die ich äußerst kritisch bewerten möchte.

Wenn wir einen Blick auf den § 37 des AWG werfen, so können wir Folgendes fest­stellen – rufen wir uns in Erinnerung, dass mit dem Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018 auf Druck des Europäischen Gerichtshofes überfällige Schritte zur Umsetzung der Aarhuskonvention in Österreich gesetzt wurden, lückenhaft, aber immerhin ein wichtiger Schritt –: Es wird nun in § 37 dieses Gesetzes vorgesehen, dass bestimmte Anlagetypen vom Genehmigungsregime des Abfallwirtschaftsgesetzes ausgenommen werden und auf Verfahren der Gewerbeordnung beziehungsweise des Mineralroh­stoff­gesetzes beschränkt werden. Diese beiden Gesetze wurden jedoch niemals novelliert, um den unionsrechtlich gebotenen Rechtsschutz zu gewährleisten.


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Diese Nichtnovellierung hat natürlich Folgen: Damit wird hinsichtlich der Anlagen des § 37 AWG der gerade erst geschaffene Rechtsschutz durch die Hintertüre wieder abgeschafft. Damit wird meines Erachtens erneut Unionsrecht verletzt und damit wird erneut Rechtsunsicherheit erzeugt, und das gefällt uns gar nicht!

Wenn wir hier und heute dem Plastiksackerlverbot zustimmen werden, weil es eine wichtige umwelt- und klimaschutzpolitische Maßnahme ist, so möchte ich doch anmer­ken, dass diese Zustimmung mit einem großen Zähneknirschen erfolgt, weil im Hinter­grund einmal mehr Wirtschaftsinteressen der ÖVP miterledigt werden, und das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP, gefällt mir gar nicht. Das ist nichts anderes als Wählertäuschung.

Was den Abänderungsantrag des Kollegen Uwe Feichtinger betrifft, so werden wir diesem selbstverständlich zustimmen. Es handelt sich dabei um eine wichtige Ergän­zung dahin gehend, dass eine Reduktion der Plastikverpackungen um 20 bis 25 Pro­zent bis 2025 gewährleistet werden soll.

Ein Wort noch zu dem von allen Vorrednern angesprochenen Entschließungsantrag betreffend die Erklärung des Klimanotstandes: Ja, wir hatten Gespräche mit den jun­gen Menschen von Fridays for Future. Es waren sehr gute Gespräche, die da statt­gefunden haben, und ich glaube, dass das auch ein Modell für die Zukunft sein soll und kann, wenn man Menschen, die Anliegen von außen an das Parlament und an die Regierung herantragen möchten, damit eine Bühne bieten kann. Wie wir gesehen haben, haben diese Gespräche auch ein durchaus gutes Ergebnis zustande gebracht.

Es ist ein Vier-Fraktionen-Entschließungsantrag daraus geworden, in dem die Bundes­regierung aufgefordert wird, gegen den Klimanotstand Maßnahmen zu ergreifen, Maß­nahmen, die dem wissenschaftlichen Stand der Technik entsprechen. – Das ist nicht irgendetwas, sondern das ist deshalb wichtig, weil ja vor wenigen Tagen der Nationale Energie- und Klimaplan durch die Europäische Kommission sehr scharf kritisiert wurde und Österreich in vielen Empfehlungen aufgefordert wurde, verbessernde Maßnahmen durchzuführen.

Herr Kollege Rauch – ich sehe ihn jetzt gerade nicht (Abg. Rauch gibt ein Hand­zeichen), o ja! –, wenn Sie hier argumentieren, dass die Maßnahmen, die in diesem Entschließung­santrag angesprochen werden, das konterkarieren würden, was die vergangene Regierung getan hat, so kann ich nur sagen: Nein, leider nicht! Das konterkariert das nicht, sondern das sind durchaus ergänzende Vorschläge, die wir brauchen, wenn wir überhaupt eine Chance haben wollen, die Pariser Klimaziele zu erreichen.

Ein bisschen überrascht war ich schon von Ihrer Nichtzustimmung, wurde mir doch von meinem Mitarbeiter berichtet, dass Sie aus den gestrigen Gesprächen eigentlich mit sehr positiver Stimmung hinausgegangen sind. Es hätte mich natürlich sehr gefreut, wenn auch Ihre Fraktion diesem Entschließungsantrag zugestimmt hätte. Noch ist es nicht zu spät, Sie können morgen dem Fristsetzungsantrag zustimmen, Sie können aber auch im September diesem Antrag zustimmen. Gehen Sie in sich, unterstützen Sie die jungen Leute! Sie leisten wichtige Arbeit, und für diese Arbeit möchte ich ihnen an dieser Stelle auch meinen herzlichen Dank aussprechen. – Vielen Dank. (Beifall bei JETZT, bei Abgeordneten der NEOS sowie der Abg. Kucharowits.)

16.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete List – an ihrem ersten Parlamentstag die erste Rede. – Alles Gute!


16.32.35

Abgeordnete Ing. Daniela List (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Werte


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Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen zu Hause! Ich darf anstelle der Abge­ordneten Elli Köstinger, die krankheitsbedingt nicht sprechen kann, zum beantragten Plastiksackerlverbot einiges erläutern und auch klarstellen.

Mein Name ist Daniela List, ich bin Unternehmerin aus der Steiermark. Ich freue mich sehr, dass ich zu diesem wichtigen Umweltthema meine erste Rede im Hohen Haus halten darf und möchte mich auch ausdrücklich für die freundliche Aufnahme in diesem Haus bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, bereits im Dezember haben wir unter der damaligen Ministerin Elli Köstinger die Initiative angekündigt, dass wir Einwegplastiksackerl verbieten wollen. Wir halten nun unser Wort und setzen dieses Plastiksackerlverbot auch um. Der Entwurf war schon vor einigen Wochen fertig, daher haben wir ihn heute auch im Nationalrat eingebracht. Wir möchten keine Zeit verlieren und diese äußerst wichtige Umweltmaßnahme rasch beschließen; es gibt aus unserer Sicht keinen Grund, damit noch länger zu warten.

Worum geht es, meine Damen und Herren? – Mit dem heutigen Beschluss werden ab 2020 Einwegplastiktragetaschen verboten. Wir sind erst das dritte Land in Europa, das solch einen Beschluss fasst, und nehmen damit eine Vorbildrolle ein. Bisher haben nur Italien und Frankreich diesen wichtigen Schritt gesetzt, und – wie viele von Ihnen wissen und merken – das Leben funktioniert in diesen Ländern auch ohne Wegwerf­plastiksackerl ausgezeichnet.

Wir können mit dieser Maßnahme in Österreich bis zu 7 000 Tonnen unnötigen Kunst­stoff pro Jahr vermeiden. Nicht von diesem Verbot betroffen sind beispielsweise Hundekotsackerl oder auch die klassischen Müllbeutel, sehr wohl betroffen sind aber Obst- und Gemüsesackerl. Diese machen nämlich einen sehr großen Anteil der gesamten Plastikflut aus. In Zukunft müssen diese zu 100 Prozent biologisch abbaubar sein, was heißt, dass sie kompostierbar sein müssen.

Es ist mir aus umweltpolitischer Sicht und vor allem aus fachlicher Sicht unver­ständlich, wie man gegen eine solche Maßnahme sein kann. Leider werden gerade umweltpolitische Maßnahmen vonseiten der NGOs, aber auch vonseiten der Opposi­tionsparteien oft sehr öffentlichkeitswirksam schlechtgeredet (Zwischenruf bei der SPÖ), anstatt sich gemeinsam über eine Verbesserung zu freuen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Unter der österreichischen Ratspräsidentschaft wurde die bevorstehende EU-Richtlinie erarbeitet, mit der in Zukunft auch weitere Einwegplastik­artikel bald der Vergangenheit angehören. Dazu gehören Trinkhalme aus Plastik, dazu gehören Wattestäbchen oder Plastikbesteck und Plastikteller, die vor allem bei Festen riesengroße Müllmengen verursachen. Solche Einwegartikel sind einfach nicht mehr notwendig, es gibt genügend Alternativen.

Wir sehen diese Maßnahme als starkes Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft. Unser Ziel ist es, eine echte Kreislaufwirtschaft in Gang zu bringen. Die Zukunft liegt darin, dass wir möglichst viele Produkte des Alltags öfter als nur einmal verwenden und überall dort auf Wegwerfartikel verzichten, wo dies sehr gut möglich ist.

Meine Damen und Herren, die Zukunft heißt reduce, reuse und recycle, das heißt vermeiden, wiederverwenden und, als dritter Schritt, bestmöglich stofflich verwerten. Ich möchte an dieser Stelle Elli Köstinger und den ExpertInnen ihres bisherigen Res­sorts, die sehr viel Zeit und sehr viel fachlich fundierte Arbeit in diese Novelle gesteckt haben, sehr herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, das Plastiksackerlverbot ist ein wichtiger Schritt für mehr Umweltschutz in Österreich, es ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen unnötiges


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 185

Plastik, und wir setzen damit ein starkes Signal gegen die Wegwerfgesellschaft und für mehr Nachhaltigkeit in Österreich. – Danke schön für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hager-Hämmerle.)

16.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Duzdar. – Bitte.


16.37.42

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Zuschauer und Zuschauerinnen auf der Galerie! Frau Abgeordnete List, ich glaube, Sie haben uns nicht verstanden. Wir haben niemals gesagt, dass wir gegen ein Plastiksackerlverbot sind.

Wir von der Sozialdemokratie hätten uns einfach nur gewünscht, dass man da einen Schritt weiter geht und in Wirklichkeit auch bereit ist, Plastikverpackungen zu redu­zieren, weil ja, wenn man nur diese eine Maßnahme trifft, natürlich die große Gefahr besteht, dass das letztlich dazu führt, dass Plastikverpackungen zunehmen. Das ist der Grund, weshalb wir Kritik anbringen, aber prinzipiell ist das natürlich ein guter Schritt nach vorne, weshalb wir heute ja auch mitgehen.

Wir von der SPÖ wollen Plastik generell um 25 Prozent bis 2025 reduzieren, und es ist wieder einmal typisch, dass die ÖVP dort, wo Interessen von Großkonzernen betroffen sind, bei sinnvollen Maßnahmen nicht mitgeht. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Da hört man und sieht man nichts von Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Hätt gar nicht so schlecht angefangen, und wieder nach links abgedriftet! – Zwischenruf des Abg. Zarits.) Das ist genau das Bild, das wir kennen.

Da bin ich beim Kollegen Bernhard, der auch zu Recht von Stillstand in der Energie- und Klimapolitik der letzten 17 Monate der schwarz-blauen Regierung gesprochen hat. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Das ist nicht etwas, was ich erfinde, sondern schauen Sie sich einmal an, wie viele klimarelevante Gesetze im Energiesektor in den letzten 17 Monaten auf den Boden gebracht wurden! Bis auf ein kleines Energiegesetz wurde kein einziges relevantes Klimagesetz beschlossen. (Abg. Strasser: Sie haben Ge­spräche verweigert! – Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Wöginger.)

Selbst die EU-Kommission, meine sehr geehrten Damen und Herren – und das kann ich Ihnen nicht ersparen –, hat der schwarz-blauen Bundesregierung in der Klima- und Energiepolitik Versagen attestiert, denn Sie waren nämlich in der Vergangenheit nicht in der Lage, konkrete Maßnahmen vorzulegen, wie Sie diese Klimaziele erreichen wollen, und Sie waren auch nicht in der Lage zu sagen, wie Sie die Erreichung der Klimaziele finanzieren möchten.

Genau deswegen drohen Österreich Milliardenstrafzahlungen. Ich frage Sie: Wer soll das zahlen? Wir als Abgeordnete übernehmen heute Verantwortung und wir beenden diesen Stillstand im Klima- und Umweltbereich. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Genau deswegen haben wir wichtige Anträge eingebracht, nämlich für mehr saubere Energie in Österreich. Wer heute für Klimaschutz ist, der ist für saubere Energie. Und das heißt: mehr Windkraft, mehr Photovoltaik und mehr Wasserkraft. (Abg. Zarits: Nur Wasserkraft! Da müssen Sie lachen! – Abg. Gödl: Keine Biomasse!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben diese Anträge eingebracht, weil wir heute erleben, welche enormen sozialen Auswirkungen die Klimakrise auf unser Leben hat, darauf, wie wir leben, wie wir wohnen, wie wir arbeiten. Daher ist die Klimakrise eine soziale Krise. Wenn nicht bald etwas geschieht, dann führt die Klima­erhitzung dazu, das wissen wir ganz genau, dass Millionen von Menschen betroffen sein werden. Die sozialen Folgen sind fatal!


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Und was erleben wir gerade? – Wir erleben eine Klimaapartheid. Was heißt das? – Das heißt, dass die Reichen diese Klimakrise verursachen und gleichzeitig jene sind, die sich von den negativen Folgen dieser Krise, die sie verursacht haben, freikaufen. (Ruf bei der ÖVP: Stadt Wien!) Sie haben das Geld, sich bessere Lebensbedingungen zu erkaufen, während die vielen, die Mehrheit, die Ärmsten, die Schwächsten die Hauptlast dieser Klimakrise, die sie aber nicht verursacht haben, tragen müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Klimakrise hat sehr viel mit arm und reich zu tun. Wir von der Sozialdemokratie nehmen uns dieser Herausforderung an. (Abg. Hammer: Es ist verdammt heiß heute!) Wir haben erkannt, dass die Klimakrise mit sozialer Gerechtigkeit zu tun hat und dass uns die Zeit davonläuft. Daher ersuchen wir Sie: Gehen Sie mit unseren Anträgen für Klimaschutz, für saubere Energie mit! – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gödl. – Bitte.


16.42.23

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Es mutet schon ein bisschen eigenartig an, Frau Kollegin Duzdar, wenn Sie hier hergehen und von Klima­schutz reden, wo es ja Ihre Fraktion im Bundesrat war, die zum Beispiel die Förderung von Biomasseanlagen blockiert hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Vogl: Ineffizient!) Da haben Sie jede Glaubwürdigkeit verspielt.

Die Frau Bundesministerin derzeit außer Dienst Elli Köstinger (Abg. Leichtfried: Was heißt derzeit? Muss ich eine tatsächliche Berichtigung machen? – Abg. Heinisch-Hosek: Derzeit?) – die heute keine Stimme hat, sodass sie nicht selbst sprechen kann – hat während Österreichs EU-Präsidentschaft viele Dinge durchgesetzt, zum Beispiel auch das Verbot von Einwegplastik. Unsere Bundesministerin hat also im Hinblick auf abfallwirtschaftliche Weiterentwicklung und auch für den Klimaschutz sehr, sehr vieles erreicht. (Abg. Leichtfried: Was wäre das konkret?) Ich glaube, diesbe­züglich braucht man Frau Köstinger wirklich gar nichts vorzuwerfen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Ein einziges Beispiel!)

Nun aber zum Abfallwirtschaftsrecht: Die Abfallbewirtschaftung in Österreich ist eine echte Erfolgsstory. Sehr früh hat Österreich und haben auch alle Bundesländer erkannt, dass man Abfall bewirtschaften muss. Es war unter anderem Joschi Riegler, der die ökosoziale Marktwirtschaft ins Treffen geführt hat. In der Steiermark wurde zum Beispiel im Jahr 1974 das sogenannte Müllbeseitigungsgesetz erlassen.

Schauen wir, wo wir heute stehen: Sie kennen vielleicht die EU-Abfallrahmenrichtlinie, die im Bereich der Abfallwirtschaft eine fünfstufige Pyramide beinhaltet. Da steht die Müllbeseitigung an letzter Stelle und die Müllvermeidung an erster Stelle. Das Plastik­sackerlverbot ist eine klassische Maßnahme der Müllvermeidung, also oberste Priorität der sogenannten Abfallhierarchie auch in der EU-Abfallrahmenrichtlinie. Die türkis-blaue Regierung hat die Novelle, die wir jetzt beschließen, also die AWG-Rechts­be­reinigungsnovelle, natürlich vorbereitet, als sie noch in Amt und Würden war. Sie hat sie vorbereitet, damit wir sie heute hier beschließen können. Es ist gut, dass es nun einen breiten Konsens dafür gibt.

Ich möchte ein bisschen vom Plastiksackerl weggehen, weil das schon genauer erör­tert wurde, und ein bisschen zu den anderen Rechtsbereinigungsmaßnahmen kom­men, die wir hiermit umsetzen. Sebastian Kurz hat 2017 versprochen, zu versuchen, Bürokratie zurückzunehmen, wo dies möglich ist. Eine Kollegin im Bundesrat, die


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Präsidentin der Wirtschaftskammer Niederösterreich Sonja Zwazl, hat einmal formu­liert – und das möchte ich hier zitieren –: Bürokratie ist der größte Feind des Hausver­standes.

Unsere Aufgabe als Gesetzgeber muss es sein, immer darauf Bedacht zu nehmen, wo wir Bürokratie zurücknehmen müssen, weil sie uns in der Entwicklung behindert. Es gab diesbezüglich eine gemeinsame Arbeitsgruppe – dies ist gerade an Kollegen Feichtinger von der SPÖ gerichtet –, in der auch der Städtebund, der Gemeindebund, die Verbände vertreten waren, wo die Wirtschaftskammer dabei war, wo die Sozial­partner dabei waren, wo Unternehmer dabei waren, die versucht hat, auszuloten, wo wir das relativ stark regulierte Abfallrecht entrümpeln können. Jetzt beschließen wir einige Dinge, die absolut wichtig sind, um in der heutigen Zeit anzukommen.

Ich möchte nur ein Beispiel erwähnen: Derzeit ist es so geregelt, dass ein Gärtner, wenn er zum Beispiel jemandem zu Hause den Strauchschnitt macht, die Bäume zurechtstutzt und die Blumen auswechselt, nach dem jetzigen Reglement diese Abfälle, diese Bioabfälle, nicht mitnehmen dürfte. Warum nicht? – Weil er kein Abfall­sammler ist. Ein Abfallsammler braucht nach geltendem Recht eine Bewilligung des Landeshauptmannes.

Jetzt machen wir eine sogenannte Befreiung von der Erlaubnispflicht in § 24a des AWG, mit der wir eben derartige unnötige Regelungen einfach bereinigen. (Abg. Schellhorn: Da gibt es Tausende in der Gewerbeordnung!) Und an diesem Beispiel soll demonstriert werden, dass wir auch unsere eigenen Regelungen immer wieder hinterfragen müssen – ob sie zeitgemäß sind und ob sie auch vollziehbar sind. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schellhorn: Ja, ja!) Das tun wir mit dieser Rechtsbereinigungs­novelle ganz klar, und dazu führen wir auch noch das Plastiksackerlverbot ein. Gerade in diesem Punkt gilt der Grundsatz: Bürokratie kann der größte Feind des Haus­verstandes sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist die Frau Bundesminister. – Bitte, Frau Bundesminister.


16.47.35

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Dipl.-Ing. Maria Patek, MBA: Sehr geehrter Herr Präsident! Wertes Hohes Haus! Bereits im Ministerratsvortrag vom 5. Dezember 2018 hat sich die damalige Bundesregierung mit diesem wichtigen Thema befasst und sich entsprechende Ziele zur Vermeidung von Einwegplastik­pro­dukten und Plastikabfällen gesetzt. Eine Maßnahme diesbezüglich ist das Verbot von Einwegkunststofftragetaschen, der sogenannten Plastiksackerl.

Ebenso hat sich die Vorgängerregierung im Sinne einer Entbürokratisierung eine Durchforstung der Rechtsmaterien vorgenommen, mit dem Ziel, verwaltungstechnische Überregulierungen zu beseitigen, ohne dabei Qualitätsverluste bei wesentlichen inhaltlichen Vorgaben zu erleiden.

Zu den wesentlichen Inhalten des Kunststofftragetaschenverbots ist Folgendes festzu­halten: Mit dem Verbot des Verkaufs von Plastiksackerln erfolgt ein essenzieller Bei­trag gegen das Littering und zur Vermeidung von Kunststoffverpackungen. Um die Vorverpackung von Frischeprodukten wie Obst oder Gemüse zu vermeiden, dürfen weiterhin sehr dünne Plastiksackerl, Obstsackerl, verwendet werden, diese müssen jedoch aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt und biologisch abbaubar sein. Nicht dem Verbot unterliegen Sackerl, die für den mehrmaligen Gebrauch ausgelegt sind sowie Plastikbeutel wie beispielsweise Müllbeutel, Frischhaltebeutel oder Hunde­kotbeutel.


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Die Entbürokratisierung wurde insofern beleuchtet, als bei uns im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus im Sommer 2018 eine Experten- und Expertinnen­gruppe zusammengestellt wurde, die das Abfallwirtschaftsgesetz mit dem Ziel einer Rechtsbereinigung und Verwaltungsvereinfachung durchgearbeitet hat.

Die im nunmehrigen Initiativantrag enthaltenen Ergebnisse betreffen unter anderem den Entfall des Stellvertreters oder der Stellvertreterin des Abfallbeauftragten oder der Abfallbeauftragten, den Entfall des Nachweises eines Zwischenlagers für Abfallsamm­ler nicht gefährlicher Abfälle und die Ausweitung der Erlaubnis und Bilanzierungs­be­freiung der Sammlung sowie der Behandlung von Abfällen auf Berufsgruppen, deren wirtschaftliche Tätigkeit grundsätzlich einem anderen Zweck als dem Sammeln von Abfällen dient, wie zum Beispiel Installateure, Gärtner oder Tischler.

Neben der Sinnhaftigkeit dieser gegenständlichen Novelle des Abfallwirtschafts­geset­zes ist nochmals zu betonen, dass die umfassenden Konsultationen betroffener Unter­worfener und Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren bestmöglich eingear­beitet wurden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.50


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kollross. – Bitte.


16.50.38

Abgeordneter Andreas Kollross (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Meine FraktionskollegInnen haben schon angemerkt, dass wir dem Gesetz natürlich zustimmen werden, aber an die Adresse der ÖVP und auch der FPÖ: Ich glaube, was dieses Gesetz betrifft, ist nicht die Zeit für heroische Reden hier an diesem Rednerpult, denn ein besonders großer Wurf ist das, was vorliegt, nicht.

Ganz im Gegenteil, ich würde eher meinen, es ist mehr oder weniger eine Bestätigung dessen, was sich wie ein roter Faden durch die Umwelt- und Klimapolitik der ehema­ligen Ministerin und jetzt Abgeordneten zieht: Es ist viel Show und hat am Ende wenig Substanz, wenn es um konkrete Umsetzungsmaßnahmen geht. (Beifall bei der SPÖ.) Oder anders gesagt: Es ist viel Populismus, wirklich und tatsächlich plastikmüll­redu­zierende Maßnahmen fehlen aber letztendlich.

Warum meine ich das? – Wir haben zuletzt unter anderem eine Sitzung des Umwel­tausschusses gehabt, in der wir gemeinsam festgehalten haben: In Summe haben wir in Österreich, das Jahr 2016 betrachtend, 300 000 Tonnen Plastikmüll. Jetzt machen wir ein Plastiksackerlverbot, was natürlich richtig ist, aber um zu verdeutlichen, was das in Bezug auf diese 300 000 Tonnen bedeutet – Herr Kollege Rauch hat es heute schon in einem Nebensatz gesagt –: Plastiksackerln machen circa 1,6 bis 2,3 Prozent des Plastikmülls aus, also 5 000 bis 7 000 Tonnen; oder, um es für die ÖVP in ihrer Sprache vielleicht verständlicher zu machen (Abg. Gahr: Solange ihr es versteht!): Wenn ihr davon ausgeht, dass ihr 300 000 Euro Spenden bekommen werdet (Abg. Zarits: Die FSG ... zahlen!), in Wirklichkeit dann aber nur 1,6 Prozent kriegt, so sind das 4 800 Euro. Das ist nicht sonderlich viel, da werdet ihr euch nicht sonderlich freuen. Deshalb ist es auch kein großer Wurf, was dieses Gesetz betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn wir wirklich über Plastikvermeidung diskutieren, dann sollten wir über andere Dinge diskutieren. Wir alle wissen es, wir gehen einkaufen: Mittlerweile gibt es Obst, das geschält und dann in Plastik verpackt ist. Dort ist in Wirklichkeit in erster Linie anzusetzen, nämlich dass es unheimlich viel Plastikverpackung gibt, und wenn wir das


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nicht angehen, dann können wir tausendmal Plastiksackerl verbieten, es wird sich aber am Ende des Tages nichts ändern, weil Kollege Rauch natürlich recht hat.

Wir können das in Österreich natürlich nicht allein lösen, aber wir wissen, dass, wenn wir nichts gegen die Plastikverschwendung tun, am Ende des Tages, im Jahr 2050, mehr Plastikmüll in den Weltmeeren herumschwirren wird als Fische. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Sie glauben, mit ein bisschen einem Plastiksackerlverbot, ein bisschen Show und ein bisschen Populismus, aber ja nichts Konkretem, werden wir das verhindern. Ich bezweifle sehr, dass das funktionieren wird.

Darum appelliere ich an die ÖVP und auch an die FPÖ, vielleicht ein bisschen mehr zu tun und dem Abänderungsantrag der SPÖ zuzustimmen, um bis 2025 wirklich 25 Pro­zent des Plastikmülls zu beseitigen. Das wäre meine Ansage, und das wäre ein bisschen mehr als ein bisschen Plastiksackerl. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.54

16.54.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir kommen gleich zur Abstimmung über den im Antrag 887/A der Abgeordneten Köstinger, Hofer, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf.

Hiezu haben die Abgeordneten Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich darf daher zuerst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzent­wurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Feichtinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Ziffer 11 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil in der Fassung des Initiativ­antra­ges.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Initiativ­antra­ges.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür die Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den darf ich ebenfalls um ein Zeichen er­suchen. – Das ist auch einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.56.0915. Punkt

Antrag der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird (18/A)


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 190

16. Punkt

Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, BGBl. I Nr. 10/2011, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 163/2015, geändert wird (909/A)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 15 und 16 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Hinsichtlich der Anträge 18/A und 909/A wurde dem Ausschuss für Land- und Forst­wirtschaft eine Frist zur Berichterstattung bis 1. Juli 2019 gesetzt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Strasser. Ich darf ihm das Wort erteilen. – Bitte.


16.56.49

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Pflanzenschutz ist zweifellos ein schwer emotionales Thema, und ich möchte versuchen, mit einer gewissen Sachlichkeit in diese Diskussion zu gehen – einer Sach­lichkeit, die mit Sicherheit nottut, weil die Presseaussendungen des heutigen Tages – na ja – nicht das wiederspiegeln, was uns gestern die Boku und die Ages mit auf den Weg gegeben haben.

Wir Bäuerinnen und Bauern wenden Pflanzenschutzmittel an, weil wir in die Wis­senschaft und in die Behörden, die diese Substanzen genehmigen, Vertrauen haben. Wir werden leider oft als Giftspritzer hingestellt, und das möchte ich mit dem ersten Gedanken entkräften. Unser Ziel ist es, saubere, gesunde, qualitativ hochwertige Lebensmittel zu produzieren. Das schaffen wir in der konventionellen Produktionsweise und das schaffen wir in der biologischen Produktionsweise. Wir wollen uns dabei auch selbst schützen und wir wollen absolut niemanden vergiften – das wird uns oft vorge­worfen. Der Erfolg gibt uns recht, weil die Ages in ihren Studien zeigt, dass die öster­reichischen Lebensmittel, was Rückstände von Pflanzenschutzmitteln betrifft, im Ver­gleich sowohl mit dem europäischen als auch dem internationalen Durchschnitt die saubersten auf der Welt sind. Ich glaube, das kann uns durchaus mit großer Dank­barkeit und Zuversicht erfüllen.

Wir diskutieren heute einige Anträge zur Abschaffung des Wirkstoffes Glyphosat. Ein wenig zur Historie: Die vergangene Regierung hat eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, und zwar haben wir zwei unabhängige Institute, die Ages und die Boku, beauftragt, zu analysieren, was es heißt, wenn wir diesen Wirkstoff weiter reduzieren, und was es heißt, wenn wir gewisse Ausstiegsszenarien in Österreich und in Europa anstreben wollen.

Die Ergebnisse wurden gestern präsentiert. Kollege Preiner hat sie eher abschätzig kommentiert. Ich sage, bevor ich zu diesen Ergebnissen komme: Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Ages und die Boku völlig unabhängig und sauber ihren Dienst verrichten, weil sie ihre Arbeit im Auftrag der österreichischen Öffentlichkeit machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein großes Dankeschön an die Auftraggeber: das Landwirtschaftsministerium und das Sozialministerium. Ich habe dort selbst Studienkollegen, die haben Kinder, Familie, das sind ganz normale Leute, ganz normale Wissenschafter, die dort nach bestem Wissen und Gewissen ihre Arbeit verrichten.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 191

Zu den Ergebnissen: Man ist draufgekommen – beziehungsweise war das nicht wirklich etwas Neues, weil Obwexer das schon festgestellt hat und das auch die Erfahrungen aus dem Bundesland Kärnten gezeigt haben –, dass ein Totalverbot des Wirkstoffes Glyphosat unionsrechtswidrig ist. Die SPÖ hätte eigentlich aus den Lehren von Kärnten schon gewisse Erkenntnisse ziehen und diesen Antrag so formulieren sollen, wie wir es getan haben. Die Boku ist draufgekommen, dass es kein erhöhtes Risiko gibt. Von 1 124 Proben sind 92 Prozent ohne Rückstände, und nur eine Probe hat den gesundheitsschädlichen Grenzwert überschritten – also auch aus dieser Sicht nicht wirklich ein Problem. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Man ist draufgekommen und hat auch sehr schön analysiert, dass es im Bereich der Mulch- und Direktsaat mit der Glyphosatanwendung zu einer Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und der Fruchtfolge sowie zu einer Erosionsminderung kommen kann und dass es, wenn richtig angewendet, durchaus ein Beitrag zum Klimaschutz sein kann, weil auch weniger Dieselöl verbraucht wird, wenn man weniger ackert und eggt, und damit die Klimabilanz verbessert wird.

Der SPÖ-Antrag ist somit eine gewisse Wählertäuschung (Abg. Matznetter: Das ist aber sehr gewagt ...!), man streut den Leuten Sand in die Augen, und es ist in Wahrheit ein Schlag ins Gesicht jener Bäuerinnen und Bauern, die diesen Wirkstoff sachgemäß anwenden. Ich frage mich, wo in der FPÖ die Bauernvertreter sind. Sie sind leider wieder einmal umgefallen, und die Bauern werden von der FPÖ wieder einmal im Regen stehen gelassen. (Abg. Schimanek: Ah geh!)

Jetzt zu unserem Antrag: Wir setzen uns dafür ein, dass private Anwendungen verboten werden, wir setzen uns dafür ein, dass öffentliche Flächen nicht mehr mit Glyphosat behandelt werden, und wir bauen auf die Erfahrungen aus Kärnten auf. Wir setzen auf Fortschritt, wir setzen auf Vertrauen, wir setzen auf Effizienz, und wir vertrauen darauf, dass die Bäuerinnen und Bauern, die diese Mittel anwenden, das ordnungsgemäß tun. Ich bitte an dieser Stelle vor allem die FPÖ noch einmal um Unterstützung für diesen Antrag. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bringe nun folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, BGBl. I Nr. 10/2011, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 163/2015, geändert wird (909/A)“

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

1. Die bisherigen Z 1 und 2 werden zu den Z 2 und 3.

2. Z 1 lautet:

„1. Dem § 17 wird folgender Abs. 5 angefügt:

,(5) § 18 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt nur unter der Bedingung in Kraft, dass

1. diese Bestimmung gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Informations­ver­fah­ren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, ABl. Nr. L 241 vom 17.9.2015 S. 1, notifiziert wurde,

2. die gemäß Art. 6 dieser Richtlinie einzuhaltende Stillhaltefrist abgelaufen ist und


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3. eine ausführliche Stellungnahme gemäß Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie nicht abge­geben wurde, eine Bekanntgabe durch die Europäische Kommission gemäß Art. 6 Abs. 3 oder 4 dieser Richtlinie nicht erfolgt ist und der Rat einen Standpunkt gemäß Art. 6 Abs. 5 dieser Richtlinie nicht festgelegt hat.

Diesfalls tritt § 18 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 am drittfolgenden Monatsersten nach Eintritt der genannten Bedingung in Kraft. Der Bun­deskanzler hat den Zeitpunkt des Inkrafttretens im Bundesgesetzblatt kundzumachen.‘“

Begründung:

Der im Antrag 909/A vorgeschlagene § 18 Abs. 10 Pflanzenschutzmittelgesetz ist als technische Vorschrift im Sinne des Art. 1 Abs. 1 - -

*****


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen die Begründung nicht verlesen, der Antrag wäre jetzt schon eingebracht – aber Sie können gerne.


Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (fortsetzend): Nein, dann stoppe ich. (Heiter­keit bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS. Abg. Jarolim: Man kann die Begrün­dung auch draußen am Gang verlesen! Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Der Abänderungsantrag betrifft die Notifizierungspflicht dieses Gesetzes. Wir müssen sozusagen warten, bis aus Brüssel eine positive oder negative Antwort kommt, dann wissen wir, welcher Antrag auch in der Realität das Licht der Welt erblicken wird. – Danke schön und alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

17.05

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011, BGBl. I Nr. 10/2011, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 163/2015, geändert wird (909/A)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Antrag wird wie folgt geändert:

1. Die bisherigen Z 1 und 2 werden zu den Z 2 und 3.

2. Z 1 lautet:

»1. Dem § 17 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) § 18 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt nur unter der Bedingung in Kraft, dass

1.          diese Bestimmung gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Infor­mationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, ABl. Nr. L 241 vom 17.09.2015 S. 1, notifiziert wurde,


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2.          die gemäß Art. 6 dieser Richtlinie einzuhaltende Stillhaltefrist abgelaufen ist und

3.          eine ausführliche Stellungnahme gemäß Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie nicht abgegeben wurde, eine Bekanntgabe durch die Europäische Kom­mission gemäß Art. 6 Abs. 3 oder 4 dieser Richtlinie nicht erfolgt ist und der Rat einen Standpunkt gemäß Art. 6 Abs. 5 dieser Richtlinie nicht festgelegt hat.

Diesfalls tritt § 18 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 am drittfolgenden Monatsersten nach Eintritt der genannten Bedingung in Kraft. Der Bundeskanzler hat den Zeitpunkt des Inkrafttretens im Bundesgesetzblatt kundzu­machen.“«

Begründung:

Der im Antrag 909/A vorgeschlagene § 18 Abs. 10 Pflanzenschutzmittelgesetz ist als technische Vorschrift im Sinne des Art. 1 Abs. 1 lit. f der Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft zu qualifizieren. Daher ist eine Notifikation dieser Vorschrift gemäß der genannten Richtlinie erforderlich. Durch § 17 Abs. 5 Pflanzenschutzmittelgesetz soll sichergestellt werden, dass die technische Vor­schrift nur unter der Bedingung in Kraft tritt, dass das Notifikationsverfahren positiv abgeschlossen ist.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Erwin Preiner. – Bitte.


17.05.54

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörer hier auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehapparaten! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der vor dem Hintergrund eines Fotos von Obst und Gemüse ein rotes Sechseck mit der Aufschrift „Stop Glyphosat“ sowie ein grünes Sechseck mit der Aufschrift „Start Bio-Wende“ abgebildet sind.) Die EU-Kommission hat klar festgestellt, dass es sehr wohl die Möglichkeit gibt, nationale Verbote für eine Glyphosatanwendung und -zulassung auszusprechen, und ich denke, dass die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt hin­sichtlich eines Stopps der Glyphosatanwendung eine historische sein kann, wenn der Antrag, den wir einbringen, auch eine entsprechende Mehrheit findet.

Kolleginnen und Kollegen, ich bringe den gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeordneten Erwin Preiner, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 18/A ein.

Der Antrag ist bereits verteilt worden.

Mit diesem Antrag soll dem Notifizierungsgebot der EU Genüge getan werden.

Weshalb sind wir der festen Überzeugung, dass Glyphosat in der Anwendung komplett verboten werden soll, zum einen auf versiegelten Flächen, auf Parkplätzen, auf Kinderspielplätzen, zum anderen aber natürlich auch und vor allem im Bereich der Land- und Forstwirtschaft, wo Glyphosat zu 90 Prozent Anwendung findet?


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Wir sind, denke ich, dem Vorsorgeprinzip verpflichtet. Viele internationale Studien haben bereits dargelegt, dass Glyphosat in der Anwendung eine Gefahr für die Gesundheit der Menschen und der Tiere darstellt. Auch die WHO hat das letzten Endes so dargestellt. Ich spreche hier nur das Problem des Non-Hodgkin-Lymphoms an. Auch kann sich Glyphosatanwendung entsprechend negativ auf den Hormonhaus­halt der Menschen und der Tiere auswirken.

Ich ersuche daher vorweg um möglichst breite Zustimmung zu diesem Abände­rungs­antrag und somit zu einer Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes.

Kolleginnen und Kollegen! Schon viele Gemeinden – weit über ein Drittel der öster­reichi­schen Gemeinden – haben im öffentlichen, kommunalen Bereich Glyphosat nicht mehr in Verwendung. Es gibt diesbezüglich genügend Alternativen. Jede Woche, fast jeden Tag kommen weitere Gemeinden dazu, die klar sagen: Im öffentlichen Bereich wollen wir das nicht! Das ist aber aus meiner Sicht zu kurz gegriffen. Es gibt Alter­nativen in der Anwendung, nämlich im Bereich der mechanischen Anwendung, auch im Bereich der thermischen Anwendung, aber auch im Bereich der biologischen Möglich­keiten, Mittel, die biologisch abbaubar sind und genau dieselbe Wirkung haben wie Glyphosat, aber mit dem Unterschied, dass sie nicht giftig sind, weder für Menschen noch für Tiere.

Wir haben, Kolleginnen und Kollegen, zu diesem Antrag in der letzten Plenarsitzung auch einen Fristsetzungsantrag mit Frist 1. Juli dieses Jahres beschlossen. Ich bedanke mich bei allen, die diesem Antrag zugestimmt haben, und ich verstehe nicht, dass es keine Sitzung des Landwirtschaftsausschusses gegeben hat, in der wir über diese Thematik hätten diskutieren können.

Es wurde von meinem Vorredner angesprochen, dass am gestrigen Tag, zufällig oder auch nicht einen Tag vor der heutigen Plenarsitzung, die Machbarkeitsstudie, die vom Nachhaltigkeitsministerium in Auftrag gegeben worden war, präsentiert wurde, aber nicht vom Ministerium selbst, sondern von der Boku und von der Ages. (Ruf bei der ÖVP: Die haben wir ja erst gemacht!)

Es gibt Inhalte, aus denen klar hervorgeht, dass es keine neuen empirischen For­schungsergebnisse gegeben hat, die zur Erstellung dieser Studie herangezogen wur­den, obwohl die Wissenschaft bereits etwas ganz anderes zeigt.

Ich denke, diese Studie ist daher teilweise sehr oberflächlich gehalten. Keine neuen Erkenntnisse seitens der international wissenschaftlich tätigen Experten wurden in diese Machbarkeitsstudie eingearbeitet, Kolleginnen und Kollegen!

Noch einmal: Bis zu 90 Prozent der Glyphosatmenge, die aufgebracht wird, wird im Bereich Land- und Forstwirtschaft verwendet.

Ein Problem, das sich dadurch auch ergibt, ist, dass Glyphosat durch den Wind bis zu 300, 400, 500 Meter vertragen wird, auch auf Flächen, auf denen biologischer Landbau betrieben wird, sodass die Biobauern auch Probleme bekommen können, wenn Glyphosatrückstände auf Bioflächen aufscheinen.

Wir haben uns seitens der SPÖ seit Jahr und Tag permanent für eine nachhaltige Stärkung des Biolandbaus und auch für eine nachhaltige Stärkung gesunder Nahrungs- und Lebensmittel ausgesprochen, auch dafür, dass zum Beispiel in der neuen GAP 2020+ verstärkt Fördermittel auch von österreichischen Steuerzahlern in Pestizidreduk­tionsprogramme fließen sollen und der Biolandbau weiter gestärkt werden muss, denn die Menschen haben das Recht, gesunde Lebens- und Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich darf auch erwähnen, dass Glyphosat nicht nur im Bier nachzuweisen ist, sondern auch im Harn – 30 Prozent der Harnproben haben das gezeigt. Ich darf Ihnen aber ebenfalls auch mitteilen, dass Glyphosat im Blut nachzuweisen ist. Ich habe hier einen Glyphosatbefund aus einem deutschen Labor. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe, auf dem grün-gelb-rote Balken zu sehen sind.) Ich muss leider sagen, es ist mein eigener Befund, auf dem zu sehen ist, dass der Glyphosatgrenzwert bei mir persönlich überschritten ist. Ich habe im konventionellen Bereich bis 2013 Landwirt­schaft betrieben und habe nie Glyphosat im eigenen Weinbaubetrieb eingesetzt. Ich wiederhole nochmals: Der obere Grenzwert ist bei mir leider überschritten, und ich scheue mich nicht, hier meinen eigenen Blutbefund betreffend Glyphosat darzulegen und der Öffentlichkeit zu präsentieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, glaube ich, ist Beweis genug, dass Glyphosat sehr wohl ein Problem für die Gesundheit der Menschen und der Tiere darstellt, dass Glyphosat auch ein Problem im Zusammenhang mit dem Artensterben darstellt. Wir haben vor geraumer Zeit eine UNO-Studie präsentiert bekommen, aus der hervorgeht, dass sich eine Million von acht Millionen Arten bereits von dieser Welt verabschiedet haben.

Es gab auch eine Studie der Universität Nimwegen, in der klargelegt wurde, dass in den letzten 25 Jahren 75 Prozent der Insekten in Mitteleuropa verschwunden sind. Wir brauchen die Bienen und Wildbienen aber für die Bestäubung unserer Obstbäume. Wenn wir weiter so agieren und hinsichtlich dieser vielen empirischen wissenschaft­lichen Erkenntnisse und Ergebnisse den Kopf trotzdem noch in den Sand stecken, dann läuft die Entwicklung nicht gut für uns.

Kolleginnen und Kollegen, letzten Endes haben auch die drei Gerichtsurteile gegen Monsanto in den USA gezeigt, dass Glyphosat sehr wohl eine große Gefahr für die Menschen darstellt. Weitere 13 000 Klagen sind in der Pipeline und anhängig.

Kolleginnen und Kollegen, mit der Gesundheit darf man nicht spielen. Ich komme zum Schluss: Die Gesundheit ist das höchste Gut, das jeder Mensch hat, und daher muss man damit achtsam umgehen. Die Politik hat die Aufgabe und die Verantwortung, sich hier im Nationalrat und im Zuge der nachfolgenden Abstimmung für die Gesundheit der Menschen in Österreich nachhaltig einzusetzen und keinen Populismus zu betreiben. Mit der Gesundheit spielt man nicht, auch nicht mit der Gesundheit der nachfolgenden Generationen.

In diesem Sinne hoffe ich auch im Sinne des Vorsorgeprinzips, dass es eine möglichst breite Zustimmung zu einem totalen Anwendungsverbot von Glyphosat ab Jänner 2020 geben möge. (Abg. Jarolim auf das rot leuchtende Lämpchen am Rednerpult deu­tend : Zeit!) – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

17.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Preiner, Cornelia Ecker, Mag. Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abgeordneten Mag. Schieder, Heinisch-Hosek, Mag. Leichtfried, Ecker, Preiner, Ing, Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird, womit ein sofortiges natio­nales Verbot betreffend Pflanzenschutzmittel mit dem wahrscheinlich krebserregenden Wirkstoff Glyphosat erlassen wird, (18/A)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


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Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag lautet zur Gänze wie folgt:

„1. Dem § 17 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) § 18 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt nur unter der Bedingung in Kraft, dass

1.    diese Bestimmung gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Informations­verfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, ABl. Nr. L 241 vom 17.09.2015 S. 1, notifiziert wurde,

2.    die gemäß Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie einzuhaltende dreimonatige Stillhaltefrist abge­laufen ist und

3.    eine ausführliche Stellungnahme gemäß Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie nicht ab­gegeben wurde und innerhalb der dreimonatigen Stillhaltefrist eine Bekanntgabe durch die Europäische Kommission gemäß Art. 6 Abs. 3 oder 4 dieser Richtlinie nicht erfolgt ist.

Der Bundeskanzler hat den Eintritt der genannten Bedingung im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

§ 18 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt nach Eintritt der Bedingung mit 1. Jänner 2020 in Kraft.“

2. In § 18 Abs. 10 wird der Satz "Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ist hinsichtlich der Indikation" Sikkation " verboten, sofern das Erntegut für Lebens- oder Futtermittelzwecke bestimmt ist." durch folgenden Satz ersetzt:

"Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ist im

Sinne des Vorsorgeprinzips verboten."

3. § 18 Abs. 10 lautend “§ 15 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL I NR.189/2013 tritt am l. Jänner 2014 in Kraft." wird § 18 Abs. 10a.““

Begründung

Zu Zi. 1:

Mit dem neuen § 17 Abs. 5 soll das Verbot des Inverkehrbringens von Pflanzen­schutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ab 1.1.2020 in Kraft treten und der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft entsprochen werden.

Zu Zi. 2:

Für die Gesundheitspolitik, eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, sowie eine nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik spielt der Umgang mit chemisch-synthetischen Pestiziden eine entscheidende Rolle.

Einer der weltweit meist eingesetzten Wirkstoffe in chemisch-synthetischen Pestiziden ist Glyphosat.

Glyphosat ist ein Wirkstoff in Pestiziden, sog. „Herbiziden“. Es tötet jede Pflanze, die nicht gentechnisch so verändert wurde, dass sie den Herbizideinsatz überlebt. Es wirkt systemisch, d.h. aufgenommen über die Blätter gelangt es in alle Bestandteile der Pflanze: in Blätter, Samen und Wurzeln.


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Glyphosat lässt sich nicht abwaschen und wird weder durch Erhitzen noch durch Einfrieren abgebaut. Glyphosat-Rückstände halten sich etwa ein Jahr lang in Lebens- und Futtermitteln.

Die pflanzenvernichtenden Eigenschaften von Glyphosat wurden von der Firma Monsanto 1969 patentiert. Das Mittel kam unter dem Namen "Roundup" auf den Markt und wurde zum weltweit meistverkauften Pestizid.

Glyphosatprodukte werden mittlerweile von mehr als 40 Herstellern vertrieben.

Glyphosat wird unter anderem in Landwirtschaft, Gartenbau, Industrie und Privat­haus­halten eingesetzt. Schätzungsweise werden bis zu 90% des Wirkstoffes in Österreich in der konventionellen Landwirtschaft und Forstwirtschaft eingesetzt.

Tests durch das Umwelt-Netzwerk „Friends of the Earth“ haben Glyphosat im mensch­lichen Körper nachgewiesen. 182 Urinproben von Menschen aus 18 europäischen Län­dern wurden in einem unabhängigen Labor in Deutschland auf Glyphosat und seinen Metaboliten AMPA untersucht. In 45 Prozent aller Proben wurde Glyphosat nachge­wiesen, in Malta in 90 Prozent der Proben, in Mazedonien in 10 Prozent. In Österreich wurde eine Belastung mit Glyphosat in 30 Prozent der Harnproben nach­gewiesen.

Aus der Sicht von ExpertInnen wird die Hypothese geäußert, dass einer der Haupt­eintragswege dafür die Nahrungsmittelaufnahme ist.

Vorsorgender Grundwasserschutz ist in Österreich besonders essenziell, da unser Trinkwasser aus Grundwasserreserven und Quellen gewonnen wird. Diffuse Einträge (Nitrat, Pestizide) in Grundwasserkörpern und Quellen sind deshalb zu vermeiden.

Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung initiierte gemeinsam mit dem Joan­neumResearch und dem Umweltbundesamt ein dreijähriges Forschungsprojekt: Im Leibnitzerfeld wurde erstmals in Österreich getestet, ob Glyphosat eine Gefährdung des Grundwassers darstellen kann. Auf der Homepage des Umweltbundesamtes ist nachzulesen: „Die Studie ergab, dass eine Glyphosate-Anwendung auch in hydro­geo­logisch sensiblen Gebieten, z.B. in Grundwasserschongebieten, im Regelfall keine starke Gefährdung für das Grundwasser darstellt. Dennoch kann eine Verlagerung ins Grundwasser nicht ausgeschlossen werden. Daher wird zum vorbeugenden Grund­was­serschutz empfohlen, beim Einsatz des Herbizides auf die Witterungsbedingungen besonders Rücksicht zu nehmen - kein Einsatz vor zu erwartenden Niederschlags­ereignissen.“ http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/schadstoff/glyphosate1/

Dies zeigt, wie hochsensibel der Umgang der Landwirtschaft mit Glyphosat erfolgen muss, damit Glyphosat nicht ins Grundwasser gelangt.

Wirkstoffe wie Glyphosat werden auf europäischer Ebene auf der Grundlage der Risi­kobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelas­sen. Nach langen Diskussionen innerhalb der Mitgliedstaaten der EU wurde der Wirkstoff Glyphosat im Dezember 2017 mit einer äußerst knappen Mehrheit für weitere fünf Jahre in der Europäischen Union zugelassen. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R2324&from=DE

Großes Aufsehen erregte deshalb ein vor Kurzem ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Er urteilte, dass zwei Studien über die möglichen Krebsrisiken des Wirkstoffs Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln öffentlich zu machen sind. Der Schutz der Unternehmensinteressen, der als Begründung für die Geheimhaltung dieser Studien durch die EFSA angeführt worden war, sei dabei zweitrangig. Mitglieder des Europäischen Parlaments hatten gegen die EFSA geklagt.

Im Februar 2019 einigten sich das Europaparlament, der EU-Rat und die EU-Kom­mission auf eine Reform des Allgemeinen Lebensmittelrechts, womit die verpflichtende


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Offenlegung sämtlicher Herstellerstudien in den frühen Phasen von EU-Zulassungs­verfahren von Pestiziden und anderen lebensmittelrelevanten Chemikalien zu erfolgen hat.

Der große Erfolg der Europäischen Bürgerinitiative „Stop Glyphosat“ mit über 1,1 Millionen UnterzeichnerInnen sowie die Erkenntnisse eines wegen des stark kritisierten Zulassungsverfahren von Glyphosat initiierten Sonderausschusses des Europäischen Parlaments haben zu diesem Umdenkprozess auf europäischer Ebene beigetragen.

Seit der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat in der europäischen Union im Jahr 2017 für weitere fünf Jahre mehren sich die Hinweise, die die Entscheidungsgrundlagen für die erfolgte Zulassung durch die Europäische Union in Frage stellen.

Die Entscheidung für eine weitere Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat in der Euro­päischen Union fußte auf der Expertise der Europäischen Behörde für Lebensmittel­sicherheit (EFSA), welche wiederum die durch Monsanto vorgelegten Studien als wesentliche Grundlage für ihre Einschätzung nahm, Glyphosat die Voraussetzungen für eine Wiedergenehmigung in der EU erfüllt und insbesondere Pflanzenschutzmitteln, die diesen Wirkstoff enthalten, keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Aus­wirkungen auf die Gesundheit von Menschen haben. Im Gegensatz dazu heißt es in der wissenschaftlichen Bewertung von Glyphosat durch die „Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO): „Krebs beim Menschen: Es besteht der Verdacht beim Menschen für die Kanzerogenität von Glyphosat. Ein positiver Zusammenhang ist bei NON-Hodgkin Lymphom beobachtet worden. Krebs bei Versuchstieren: Es gibt ausreichend Beweise bei Versuchstieren für die Krebserregung durch Glyphosat. Gesamtbewertung: Glyphosat ist wahrscheinlich krebserregend beim Menschen (Gruppe 2A).“ 2A ist die zweithöchste Gefahrengruppe. Die Einstufung erfolgte durch ein Team industrieunabhängiger internationaler Krebs­forscher auf Basis der verfügbaren publizierten wissenschaftlichen Literatur bereits im Jahr 2015.

In den USA sind derzeit ca. 13 400 Klagen anhängig. In drei Fällen liegen Ent­scheidungen vor, die durch Bayer/Monsanto beeinsprucht wurden. Im letzten Fall eines Ehepaares in Kalifornien, wurde jeweils über eine Milliarde Dollar zugesprochen.

Im „Monsanto Trial Tracker“ der US-amerikanischen Non Profit Organisation „Right to know“ finden sich zum Verfahren Pilliod vs. Monsanto folgende bemerkenswerte Aussagen, Kommentare zu und Formulierungen aus den (beeinspruchten) Entschei­dungen des Gerichts: "Bei der Anordnung von Strafschadenersatz musste die Jury feststellen, dass Monsanto "ein Verhalten mit Arglist, Unterdrückung oder Betrug durch einen oder mehrere Beamte, Direktoren oder Geschäftsführer von Monsanto begangen hat", die im Namen des Unternehmens handelten.". Wortwörtlich heißt es: "In ordering punitive damages, the jury had to find that Monsanto “engaged in conduct with malice, oppression or fraud committed by one or more officers, directors or managing agents of Monsanto” who were acting on behalf of the company." Zum Verfahren wird berichtet, dass der Anwalt in seinem abschließenden Plädoyer die Jury aufgefordert hat, mit dem Strafschadenersatz eine Botschaft an Monsanto und Bayer zu senden, damit diese ihre Praktiken ändern. Und so kommentierte er die Entscheidung: „Aus internen Unterneh­mensdokumenten sah es die Jury für erwiesen an, dass von Tag eins weg Monsanto nie ein Interesse gehabt hat, herauszufinden, ob Roundup sicher ist. Anstatt in pro­funde Erkenntnisse zu investieren haben sie Millionen investiert, um wissenschaftliche Erkenntnisse anzugreifen, die ihre Business Agenda bedrohen. Wörtlich heißt es: „Pilliod attorney Brent Wisner suggested to jurors in his closing arguments that they consider punitive damages in the range of $1 billion to send a message to Monsanto and Bayer about the need to change the company’s practices. „The jury saw for themselves internal company documents demonstrating that, from day one, Monsanto


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has never had any interest in finding out whether Roundup is safe,” Wisner said following the verdict. “Instead of investing in sound science, they invested millions in attacking science that threatened their business agenda.”” https://usrtk.org/monsanto-roundup-trial-tacker/monsanto-ordered-to-pay-2-billion-to-cancer-victims/

Seit der Neuzulassung von Glyphosat wurden auch neue wissenschaftliche Belege zu den gesundheitlichen Risiken des Pflanzengifts erbracht.

Eine Studie des Ramazzini Institutes in Bologna zeigte etwa, dass Glyphosat den menschlichen Hormonhaushalt negativ beeinflussen kann (Ramazzini Institute: https://bit.ly/2KOVhAd). WissenschaftlerInnen der Washington State University fanden heraus, dass der Kontakt bei Labormäusen mit Glyphosat häufig zu Prostata-, Eierstock- und Nierenerkrankungen bei den Nachkommen führt (Washington State University: https://go.nature.com/2WHJDJG).

Neue  Evidenz für die Karzinogenität von Glyphosat wird in folgender Studie belegt, die erneut ein statistisch signifikantes Risiko für Non Hodgkin Lymphoma aufzeigt: https://academic.oup.com/ije/advance-article/doi/10.1093/ije/dyz017/5382278

Am 8. April 2019 veröffentlichte die Agency for Toxic Substances and Disease Registry, (ATSDR, Amt für toxische Substanzen und Krankheitsregister), die dem US-Gesund­heitsministerium nachgeordnet ist, eine toxikologische Bewertung von Glyphosat.

Es wurde Folgendes festgestellt: „Zahlreiche Studien berichten von einer Risikoquote von mehr als eins für die Verbindung zwischen dem Kontakt mit Glyphosat und dem Risiko für das Non-Hodgkin-Lymphom oder das Multiple Myelom.“ Der Originaltext lautet: “numerous studies reported risk ratios greater than one for associations between glyphosate exposure and risk of non-Hodgkin’s lymphoma or multiple myeloma.”

Eine Risikoquote von mehr als eins bedeutet, dass der Kontakt mit einer spezifischen Substanz das Krebsrisiko erhöht, während eine Quote von weniger als eins das Krebsrisiko verringert.

https://news.bloombergenvironment.com/environment-and-energy/some-links-to-cancer-shown-in-draft-review-of-common-pesticide

Der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Schutz der Umwelt müssen sehr ernst genommen werden. Die starken Zweifel an der Ungefährlichkeit des Wirkstoffes für den Menschen konnten bisher nicht entkräftet werden, stattdessen mehren sich die Hinweise für seine Gefährlichkeit.

Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die den Zusammenhang mit dem Potential der Krebserregung gegenüber der ursprünglichen Bewertung durch den IARC ver­stärken bzw. weitere Gefährdungspotentiale der menschlichen und tierischen Gesund­heit aufzeigen, müssen Anlass sein im Sinne der Vorsorge zum Schutz der menschlichen und tierischen Gesundheit zu handeln.

Eine wesentliche Problematik des bisher auch in Österreich umfangreich eingesetzten Wirkstoffes in Pestiziden stellt die durch die Luftströmungen bestehende Abdrift dieser Pestizide auf andere Flächen dar. Dies wird auch dadurch verursacht, dass sich der Stoff im Bodenstaub einlagert.  Dies stellt für Österreich ein besonderes Problem dar.

Eine Studie von TIEM Integrierte Umweltüberwachung zu „Biomonitoring der Pestizid-Belastung der Luft mittels Luftgüte-Rindenmonitoring und Multi-Analytik auf >500 Wirkstoffe inklusive Glyphosat 2014-2018“ zur Überprüfung der Verbreitung von Acker­giften durch die Luft, beauftragt vom „Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft“ liefert Ergebnisse, die ein erster Beleg dafür sind, „dass Glyphosat über den Luftweg auch unter mitteleuropäischen Verhältnissen prinzipiell abseits der Felder transportiert


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wird“. Dies beantwortet die Frage, wie es dazu kommen kann, dass Produkte aus Bio-Landbau Belastungen von Glyphosat aufweisen können. Mittels eines Luftgüte-Rinden­monitorings wurde die Rinde von Bäumen an 47 Standorten deutschlandweit auf Pestizidrückstände untersucht: auch in Schutzgebieten, Bio-Anbauregionen und Innen­städten. Die Studie wies insgesamt 107 verschiedene Pestizide nach, zwei davon waren Ackergifte (DDT und Lindan), die seit Jahrzehnten nicht mehr eingesetzt werden. Brisantes Ergebnis ist auch, dass an über der Hälfte aller untersuchten Stand­orte Glyphosat nachgewiesen werden konnte. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass „eine Verbreitung über die Luft als ein möglicher Expositionspfad von Glyphosat im Hinblick auf eine allgemeine Belastung nicht plausibel ausgeschlossen werden kann.“ Österreich setzt im landwirtschaftlichen Bereich immer stärker auf biologische Pro­duktion. Der Anteil der biologischen landwirtschaftlichen Produktion steigt seit Jahren enorm, wobei diese auch von der österreichischen Politik seit Jahren besonders geför­dert wird. Dies zeigt sich auch im aktuellen Programm für die ländliche Entwicklung, der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, in Österreich. Hier existiert deshalb eine besondere Förderschiene, um immer mehr landwirtschaftlichen Betrieben den Umstieg auf biologische Produktionsweise zu ermöglichen und um zu erreichen, dass der Anteil sowohl der biologisch bewirtschafteten Flächen, als auch der Anteil der Biobetriebe im Vergleich zur konventionellen Produktion rasch und stetig steigt.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Publikation von Global 2000 hinzuweisen, in der auf Seite 11 folgende Aussage getroffen wird:

„Hierzulande sind es vor allem die Biobauern und -bäuerinnen, die unter der Pestizidabdrift zu leiden haben. Denn ihre Produkte dürfen – anders als die Produkte von konventionellen LandwirtInnen – keine nachweisbaren Rückstände von Pestiziden aufweisen. Schließlich ist die Abwesenheit von chemisch-synthetischen Wirkstoffen ein wesentliches Merkmal aller Bio-Produkte. Gewährleistet wird sie durch ein dichtes Netz an Rückstandskontrollen durch die Bio-Zertifizierungsstellen und den Lebensmittel­handel. Wird bei einer solchen Kontrolle ein Pestizid nachgewiesen, kann das für den Biobetrieb existenzbedrohend werden und zum Verlust der Bio-Zertifizierung führen – was die Rückzahlung von Förderungen und den Verlust der AbnehmerInnen zur Folge hat und im wirtschaftlichen Ruin enden kann. Doch selbst wenn die BiolandwirtInnen den Verursacher benennen können und dessen Betriebshaftpflicht die Kosten des primär entstandenen Schadens abdeckt, bleibt noch immer der Schaden durch die Zurückstufung der betroffenen Fläche zur Umstellungsfläche11. Das bedeutet, dass auf dieser Fläche für mindestens zwei Jahre nicht der für Bioprodukte übliche Preis erzielt werden kann, obwohl hier nach Biorichtlinien unter Verzicht auf chemische Pestizide und Kunstdünger und daher mit höherem Kostenaufwand produziert wird.“ https://www.global2000.at/sites/global/files/Report_Pestizidabdrift.pdf 

Zur Pestizid-Abdrift ist auch auf folgende Publikation zu verweisen: http://www.pan-germany.org/download/pestizid_abdrift_leben_im_giftnebel.pdf

Der Handlungsbedarf ist gerade bei Glyphosat so besonders hoch, weil dieser Stoff mengenmäßig mittlerweile eine der Hauptbelastungen in der Umwelt darstellt – vgl. für Österreich etwa die Studie über Pestizide in Fließgewässern von Global 2000 (https://www.global2000.at/news/pestizid-cocktail-oesterreichs-gewaessern) – und nahezu allgegenwärtig, zB auch schon in Babywindeln nachweisbar ist (https://www.konsument.at/gesundheit-kosmetik/glyphosat-in-babywindeln-in-frankreich-gefunden).

Der Wichtigkeit der biologischen Produktion für Österreich widmet sich auch die Home­page des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus:


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„Der Trend zur biologischen Landwirtschaft hält in Österreich weiter an. Der Anteil an biologisch bewirtschafteten Flächen stieg 2018 mit rund 25% der landwirtschaftlich genutzten Flächen auf ein historisches Rekordniveau. Jeder 4. Hektar ist somit „Bio“, jeder 5. Betrieb ist ein Biobetrieb. Einen besonders hohen Anteil verzeichnen dabei die Obstanlagen. Hier wird bereits jeder 3. Hektar biologisch bewirtschaftet.

Im Jahr 2018 gab es in Österreich 23.477 Bio-Betriebe, welche eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von 637.805 ha bewirtschafteten. Im Vergleich zum Jahr 2017 erhöhte sich somit der Anteil an biologisch bewirtschafteten Flächen um rund 17.000 ha, davon rund 13.000 ha Ackerland. Starke Zuwächse waren insbesondere in den nordöstlichen Ackerbauregionen Österreichs zu verzeichnen.

Bei den heimischen Eiweißpflanzen (im wesentlichen Pferdebohnen und Erbsen) liegt der Bio-Anteil bei rund zwei Drittel. Positiv entwickelt sich auch der biologische Anbau von Soja mit fast 30 % der Fläche. Die Bio-Anbaufläche von Feldgemüse liegt bei mehr als 20 %.

Rund 22 % der Rinder, 33 % der Schafe und mehr als die Hälfte der Ziegen in Österreich werden auf Biobetrieben gehalten.

Damit ist Österreich auch weltweit unangefochtener Vorreiter im biologischen Anbau. Die Gründe hierfür sind die hohe Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln, die damit verbundenen höheren Rohstoffpreise und die Effekte des Bio-Aktionsprogramms 2015-2020.

Weitere Details sind dem Grünen Bericht zu entnehmen.“ https://www.bmnt.gv.at/land/bio-lw/zahlen-fakten/Bio_Produktion.html

„Bio“ hat sich also in Österreich außergewöhnlich stark etabliert, Österreichsetzt sich im Vergleich zu den anderen EU Mitgliedsstaaten viel stärker für biologische Produktion ein.

Dazu trägt auch bei, dass die österreichischen Disconter ebenfalls diesen österreichi­schen Trend stark unterstützen, indem sie eigene Bio-Vermarktungsschienen aufge­baut haben und immer weiter ausbauen. So wird dem in der Bevölkerung immer stärker steigenden Interesse an Bio-Produkten auch vom Lebensmittelhandel Rech­nung getragen.

Dieses Bekenntnis Österreichs, die Bioproduktion landesweit weiter zu fördern muss geschützt werden, der positive Trend ist gefährdet, wenn der Wirkstoff Glyphosat in Pestiziden weiterhin so umfangreich in den Handel gelangen darf und damit auch Verwendung finden kann.

Das in den letzten Jahrzehnten stattfindende massive Insektensterben, das seit den 80er Jahren zu einem Verlust von mindestens 75% der Insektenmasse geführt hat, insbesonders auch das Sterben der für die Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung wichtigen Bestäuberinsekten, wie Bienen und Hummeln, erfordert ebenfalls rasches staatliches Handeln.

Der massive Einsatz von unspezifisch wirksamen Insektiziden und Pflanzenschutz-Mitteln, wie z.B. von glyphosat-hältigen Herbiziden, ist generell ein wichtiges Gefähr­dungspotenzial für Schmetterlinge. Das deutsche Umweltbundesamt hat z.B. mit mehreren Partnern Risikobewertungen zu Glyphosat durchgeführt und stuft das Mittel auch für die Artenvielfalt hochgradig schädigend ein. Da von jeder Pflanzenart mehr oder weniger viele Insektenarten abhängig sind und von diesen über die Nahrungs­ketten wiederum andere Tiere (insbesondere Vögel, Zugvögel), besteht die Gefahr der generellen Artenverarmung in der Feldlandschaft.


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Der massive Einsatz und die breitbandige Abtötung führen im gesamten ökologi­schen Kreislauf zur Dezimierung der Artenvielfalt. Schmetterlinge, Bienen, an­dere Insekten oder auch Feldvögel sind durch einen massiven Verlust von Nahrungs­habitaten stark betroffen. Die Kombination aus massiven Rückgängen bei den Pflanzen- und Tierbeständen – nicht nur Insekten, sondern (teilweise dadurch bedingt) auch die wildlebenden Wirbeltiere verschwinden (Österreich hat in den letzten 30 Jahren rund 70 Prozent seiner Wirbeltierbestände eingebüßt, https://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/5533069/Rund-70-Prozent-der-Wirbeltiere-in-Oesterreich-verschwunden) – und dem durch den Klimawandel erhöhten Anpassungsdruck auf die heimische Fauna und Flora erfordert auch hinsichtlich der Artenvielfalt und der Bewahrung der Ökosysteme sofortige Maßnahmen im Sinn des Vorsorgeprinzips.

Zu Zi 3:

In einer früheren Novellierung wurden zwei § 18 Abs. 10 beschlossen. Um allfällige Irritationen zu verhindern, wird dies korrigiert, indem ein Absatz 10a geschaffen wird.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, an alle Abgeordneten verteilt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Karin Doppelbauer. – Bitte.


17.15.09

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ja, das ist heute eine echte Bauchwehentscheidung. Sie fällt mir nicht leicht, und sie fällt niemandem bei NEOS leicht.

Wir haben uns entschieden: NEOS wird beim Thema Glyphosat sowohl den Antrag der ÖVP als auch den Antrag der SPÖ unterstützen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Warum haben wir so viel Bauchweh? – Ich erkläre es Ihnen: Weil beide Anträge in Wahrheit populistisch sind und das einfach nicht Sinn der Sache ist.

Das Totalverbot der SPÖ, basierend auf dem Vorsorgeprinzip, wie es der Herr Kollege gerade ausgeführt hat, wird – das kann Ihnen jeder Europarechtler bestätigen – mit der derzeitigen Rechtslage nicht durchgehen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Und die Weichspülervariante der ÖVP geht halt nicht weit genug. Sie täuscht politische Aktivität vor, da müsste jedoch einfach mehr gemacht werden. Warum stimmen wir aber trotzdem beiden Anträgen heute zu?

Es gibt drei Gründe: Einerseits muss man aus unserer Sicht den Diskurs aufrecht­erhalten und die Diskussion über das Thema weiterführen, und zwar sachlich, denn es ist, wie Kollege Strasser schon gesagt hat, im Augenblick eine sehr emotional geführte Debatte, die keine sachliche Argumentation mehr zulässt. Deswegen muss man diese Diskussion am Köcheln halten und mit Experten und auch mit den Medien darüber reden. Vor allem diesen Verunsicherungen, die nicht nur bei den Landwirten, sondern vor allem bei den Bürgerinnen und Bürgern bestehen, muss man entgegentreten, und zwar mit sachlicher Information. – Das ist der eine Grund.

Der zweite Grund ist, dass es offenbar neue wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die ein Verbot von Glyphosat möglicherweise auf Europaebene rechtfertigen könnten – ich sage möglicherweise und könnten, denn bisher haben die Studien, die die Ages bezie-


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hungsweise auch die Boku oder sehr viele andere Experten auf europäischer Ebene durchgeführt haben, nichts mit diesen neuen Studien gemein, die jetzt von der SPÖ hier angeführt wurden und die wirklich massiv andere Ergebnisse zeigen als die Studien, die wir bis jetzt zur Verfügung hatten. Deswegen sollten wir uns das natürlich genau anschauen, im Gespräch darüber bleiben und einen Konsens herstellen.

Was den dritten Grund betrifft, da geht es mir ganz offen gesagt auch darum, dass wir – Frau Bundesminister, das geht jetzt an Sie – den Druck auf Sie als Bundes­ministerin und auch auf zukünftige Regierungen und Bundesminister sehr hoch halten, denn es geht darum, dass wir Rahmenbedingungen schaffen und vor allem Alter­na­tiven für die Landwirtschaft zur Verfügung stellen, die dann angewendet werden kön­nen. Wir alle hier in diesem Saal und auch draußen wissen: Glyphosat hat längst ein Ablaufdatum, und das auch in Brüssel.

Es geht darum, dass Glyphosat, egal, wie die wissenschaftliche Diskussion letztendlich ausgeht, derzeit ein dermaßen großes Imageproblem hat, dass eine Zulassungs­verlän­gerung nach 2022 ungefähr so wahrscheinlich wie eine Zebraherde in Alaska wäre.

Umso wichtiger ist es, dass wir in die Alternativen gehen, und auch ein gemeinsames Vorgehen mit der Europäischen Union ist ganz wichtig, denn am Ende des Tages kann es nicht so sein, dass unsere heimischen Landwirte auf der einen Seite einen Wett­bewerbsnachteil haben, weil sie die politische Rechnung bezahlen, und die Konsu­mentinnen und Konsumenten auf der anderen Seite dann Produkte in den Super­märkten vorfinden, die innerhalb von Europa so produziert werden, wie wir es in Öster­reich verboten haben.

Diese beiden Punkte gehen für mich nicht zusammen. Ich möchte auch nicht missver­standen werden: Wir stehen Glyphosat aus guten Gründen skeptisch gegenüber, aber wir sind als Abgeordnete in diesem Land einer sachlichen Politik verpflichtet, und unser Ziel muss es deswegen sein, unsere österreichische Landwirtschaft beim Umstieg zu unterstützen. – Danke sehr. (Beifall bei den NEOS.)

17.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Wolfgang Zinggl. – Bitte.


17.19.26

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (JETZT): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Es ist auf der einen Seite schon verständlich, dass die Konzerne mit all ihren Möglich­keiten versuchen, das gute Geschäft, das sie mit Glyphosat betrieben haben und nach wie vor betreiben, aufrechtzuerhalten. Es wäre für sie natürlich katastrophal, wenn es zu einem Verbot käme. Insbesondere für Monsanto – das ist jetzt Bayer – wäre das wahrscheinlich ein radikaler Verlust hinsichtlich ihrer Geschäftstätigkeit.

Wir haben aber auf der anderen Seite eine Zivilgesellschaft, die keine Gewinne macht, die sich aber Sorgen macht – Sorgen um die Gesundheit der Menschen und auch Sorgen um die Umwelt.

Wir wissen schon, es gibt da die unterschiedlichsten Studien – krebserregend oder nur krebsfördernd. Eines steht fest: Es gibt eine Korrelation zwischen Krankheiten und Glyphosat, das hat auch die Weltgesundheitsorganisation definitiv festgestellt. Nicht ohne Grund gibt es in den Vereinigten Staaten Tausende Klagen gegen Monsanto, also jetzt Bayer, und wie wir ja schon gehört haben und wissen, sind einige davon schon in erster Instanz ziemlich kläglich für die großen Konzerne, für die Firmen, die Glyphosat vertreiben, ausgegangen.


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Die ganze Diskussion erinnert mich ein bisschen an die Diskussion zum Kraftwerk in der Lobau oder auch zum Atomenergiekraftwerk in Zwentendorf. Da hat auch die Wirtschaft und insbesondere die stromerzeugende Wirtschaft, die Energieversorgungs­wirtschaft, darauf gedrängt, diese Kraftwerke zu bauen, weil Österreich sonst irgendwie keinen Strom mehr produzieren könnte. In der Zwischenzeit wissen wir, die beiden Kraftwerke wurden nicht gebaut, und wir haben immer noch Strom.

Es erinnert mich auch ein bisschen an die Diskussion zur Genmanipulation von Le­bensmitteln. Interessant ist schon, dass just diese Firma Monsanto auf der einen Seite das Saatgut für die genmanipulierten Lebensmittel verbreitet und auf der anderen Seite das Glyphosat, das sämtliche Pflanzen vernichtet, verkauft. Das heißt, zunächst einmal wird das Glyphosat verkauft, dann wächst dort nichts mehr, und dann braucht man das genmanipulierte Getreide, das resistent gegen Glyphosat ist, damit wieder etwas wächst. Das ist natürlich eine Doppelmühle, von der man hervorragend leben kann.

Wie auch immer jetzt irgendwelche Studien ausgehen – da wird es noch lange Diskussionen geben –, Glyphosat ist jedenfalls kein Wirkstoff, der der Umwelt guttut. Herr Kollege Strasser, das werden Sie ja wohl zugeben. Nicht zuletzt ist ja auch Ihr Antrag, der Antrag der ÖVP im Sinne eines Verbots im privaten Bereich und auf öffentlichen Flächen, doch darauf zurückzuführen, dass das ein gefährlicher Wirkstoff ist. Die Logik habe ich nicht ganz: Auf der einen Seite kommen Sie mit einer Studie, die den Wirkstoff Glyphosat verharmlost, und auf der anderen Seite wollen Sie es aber da und dort dann doch verbieten – unserer Ansicht nach viel zu wenig, weil wir ja wissen, dass Glyphosat nicht nur gefährlich ist, wenn es im privaten Bereich aufgebracht wird, sondern natürlich auch in der Lebensmittelproduktion.

Es ist einfach ein Gift; die Fachleute würden sagen, es ist sehr toxisch. Es ist einfach ein gefährliches Gift. Dieses Gift ist fast charakteristisch für ein altes Denken in der Landwirtschaft, das weniger in Richtung Nachhaltigkeit geht, das weniger zum Wohl der Gesundheit als zum Wohl der Lebensmittelindustrie argumentiert. Ein Argument in dem Sinne ist die Konkurrenzfähigkeit, die der österreichischen Landwirtschaft verloren ginge, wenn sie gegenüber ausländischen Produzenten und Produzentinnen, die sehr wohl Glyphosat verwenden, hinten nachhinkt. Das ist ein zynisches Argument, das immer wieder angewendet wird, das ich hier doch auch einmal demaskieren möchte. Es ist ungefähr die gleiche Argumentation, wie wenn wir Kinderarbeit wieder einführen wollten, weil es Länder gibt, die Kinderarbeit erlauben, und dementsprechend müssten wir dann konkurrenzfähig bleiben oder wieder werden. Also: Den Boden vergiften, um konkurrenzfähig zu bleiben, das kann es nicht sein!

Abschließend möchte ich meinem ehemaligen Kollegen Wolfgang Pirklhuber eine Art kleines Denkmal setzen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wolfgang Pirklhuber war der Abgeordnete, der im Juni 2012 im Parlament das erste Mal auf diese Gefahr hinge­wiesen hat, indem er hier eine Flasche Roundup hergestellt hat. Er wollte damals, dass Glyphosat verboten wird. Damals hat es nicht einen Abgeordneten gegeben, der sich auch nur zu Wort gemeldet hat. Seine Ausführungen und sein Antrag wurden einfach von allen weggewischt, sowohl von den Koalitionsparteien, von der damaligen Regie­rung, als auch von den anderen Oppositionsparteien. Ich erwarte kaum, dass er jetzt zuschaut, weil ich glaube, dass er schon genug solcher Sitzungen live erlebt hat (Zwi­schenrufe bei der ÖVP), aber: Dass jetzt das Glyphosatverbot in Österreich doch kommt, ist nicht zuletzt auch ihm als Pionier zu verdanken, und ich bedanke mich bei ihm auch noch einmal dafür. – Danke sehr. (Abg. Zinggl  auf dem Weg zu seinem Sitzplatz in Richtung JETZT –: Vielleicht applaudiert ihr noch? – Beifall bei JETZT.)

17.25


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.



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17.25.27

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher vor den Fernsehbildschirmen und auf der Galerie! Wir behandeln hier zwei Anträge zum Thema Glyphosat, zum einen ein Teilverbot von Glyphosat, eingebracht von uns, und zum anderen ein Totalverbot, eingebracht von der SPÖ.

Es freut mich ganz besonders, dass gestern die Machbarkeitsstudie zu Glyphosat, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, präsentiert worden ist. Ich be­danke mich bei allen Wissenschaftlern der Universität für Bodenkultur und der Agentur für Ernährungssicherheit, die sich daran beteiligt haben.

In dieser Studie wurde festgestellt, dass ein Totalverbot von glyphosathaltigen Pflan­zenschutzmitteln unionsrechtswidrig ist. Weiters wurde festgestellt, dass dieser Wirk­stoff kein erhöhtes Risiko und somit keine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellt. Ebenso wurde festgestellt, dass es derzeit auch im Ackerbau keine Alternati­ven gibt.

Werte Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, zu Ihrem Antrag: Derselbe Antrag wurde vor circa zwei Jahren im Kärntner Landtag eingebracht. (Abg. Ecker: Nicht derselbe! – Abg. Leichtfried: Weder derselbe noch der gleiche!) Die Erläuterungen der Kom­mission diesbezüglich waren ernüchternd. In der Schlussfolgerung steht: „Auf Grund der Mitteilung steht fest, dass die Europäische Kommission ein absolutes Verbot als unzulässig sieht“.

Werte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, Sie haben aus der Vergangenheit nicht sehr viel gelernt und Sie haben auch aus dieser Machbarkeitsstudie nichts heraus­ge­lesen. Ein Totalverbot ist nicht rechtskonform!

Die Freiheitlichen hier in diesem Haus unterstützen diesen Antrag auch noch. Das kann es doch wohl nicht sein! Das ist reiner Populismus. Reiner Populismus in dem Wissen, einen Antrag einzubringen, der rechtswidrig ist, ist eine reine Wählertäu­schung, die Sie hier in diesem Haus durchführen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, viel wichtiger wäre es, die Wettbe­werbs­fähigkeit der österreichischen Landwirtschaft zu verbessern. Schauen wir darauf, dass die Produkte, die importiert werden und in den Regalen der Lebensmittelhandelsketten liegen, die gleichen Produktionsstandards aufweisen, wie wir sie in Österreich haben. Das wäre wichtig! (Beifall bei der ÖVP.) Damit könnten wir zum einen die klein­strukturierte Landwirtschaft in Österreich sicherstellen. Zum anderen müssen wir auch aufpassen – und daher auch mein Appell –, dass wir die österreichische Landwirtschaft nicht durch Freihandelsabkommen wie Mercosur, das gerade verhandelt wird, verkau­fen. Da muss auf Augenhöhe, aber sicher nicht auf dem Rücken der Landwirtschaft diskutiert werden, dann stehen wir auch dazu.

Werte Konsumentinnen und Konsumenten, Sie haben es in der Hand, greifen Sie beim Einkauf zu regionalen Lebensmitteln, leisten Sie Ihren Beitrag zum Klimaschutz und unterstützen Sie die österreichische Landwirtschaft! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir als Volkspartei stehen zur Weiterentwicklung der regionalen Lebensmittel­pro­duktion. Ich glaube, an dem Antrag der SPÖ und an diesem Beschluss hier in diesem Haus sieht man, dass die Koalition zwischen SPÖ (Abg. Preiner: Sie! Sie betreiben Wählertäuschung!) – Herr Kollege Preiner! – und FPÖ (Abg. Preiner: Sie betreiben Wählertäuschung!) auf populistische bauernfeindliche Beschlüsse setzt. Diese zwei Parteien sind auch im Herbst nicht wählbar. Wir stehen hinter den österreichischen Bäuerinnen und Bauern, wir stehen hinter der Lebensmittelproduktion in Österreich und


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wir stehen zur österreichischen Landwirtschaft. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jarolim: Vielleicht wollen Sie ein Grundrecht auf Gift in die Verfassung aufnehmen!)

17.29


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte.


17.29.47

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Frau Ministerin! Wir stehen auch zu unseren Bäuerinnen und Bauern und vor allem zu unseren Biobäuerinnen und -bauern. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Vorredner von der ÖVP, Herr Strasser und Herr Lindinger, ich möchte Ihre Logik verstehen! Einerseits wollen Sie ein Glyphosatverbot in sensiblen Bereichen, in der Nähe von Kindergärten, Spielplätzen, Schulen, denn da ist es bedenklich. In der Landwirtschaft aber, wenn es auf Getreide gesprüht wird, auf Wiesen und Äcker ausgebracht wird, ist es plötzlich nicht mehr bedenklich. Das ist reine Klientelpolitik! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Lindinger. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Mit dem Beschluss des Fristsetzungsantrages zum Verbot von Glyphosat hat das Parlament etwas geschafft, das es schon lange nicht mehr gemacht hat: Es hat Entscheidungen im Sinne der Menschen getroffen, und darauf bin ich stolz.

Gestern wurde völlig überraschend, wie gesagt, diese Studie zum Ausstieg von Glyphosat präsentiert – ohne Vorankündigung, nicht einmal die Länder bekamen eine Vorabinformation, und diese waren schließlich und endlich auch Koauftraggeber dieser Studie. Hinzu kommt, dass eine Begutachtungsfrist bis zum 15. Juli angesetzt wurde. Seid mir nicht böse, 200 Seiten schnell in 14 Tagen abhandeln, das ist nicht korrekt! Das ist nicht korrekt. Das ist ein politisches Manöver, welches das Abstimmungs­ver­halten heute hier im Hohen Haus beeinflussen sollte. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Biolandwirtschaft zeigt es: Österreich braucht kein Glyphosat, wir schaffen das auch ohne. Es ist wenig überraschend, dass diese Köstinger-Studie zu dem Schluss kommt, dass der Einsatz von Glyphosat unbedenklich und in manchen Bereichen der Landwirtschaft sogar unverzichtbar ist – also echt, sorry! (Beifall bei der SPÖ – Abg. Leichtfried: Das ist ja unerhört! – Abg. Krist: Unglaublich!) –, war doch die frühere Landwirtschaftsministerin Frau Köstinger eine glühende Befürworterin von Glyphosat.

Die Studie brachte aber auch andere Umstände ans Tageslicht, die ich gerne näher beleuchtet hätte. Ich vermisse den Aufschrei, wenn in der Studie zu lesen ist, dass es trotz Verbots durch eine Ausnahmeregelung zu Sikkationen kommt. In Österreich ist Sikkation verboten. Für jene, die dieses Wort nicht kennen: Das ist das Ausbringen von Pestiziden kurz vor der Ernte von Getreide. Es ist verboten und trotzdem wird es oftmals gemacht, und da muss es endlich Konsequenzen geben. Wo ist hier der Aufschrei, meine Damen und Herren? (Beifall bei der SPÖ.)

Es wundert mich nicht, dass wir Glyphosat im Urin der Menschen und sogar in der Muttermilch finden. Das kann es nicht sein, so ein Österreich will ich nicht haben! (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist auch bewusst, dass der Verzicht auf Pestizide in der Landwirtschaft eine große Herausforderung ist. Das ist mir klar, aber die Biolandwirtschaft macht es uns vor. Deshalb gehört das Fördersystem geändert. Es gehört nicht mehr hinsichtlich Fläche gefördert, sondern hinsichtlich der Arbeitsplätze. Das würde uns auch viel mehr Menschen in die Landwirtschaft bringen und Arbeits­plätze in der Landwirtschaft schaffen. (Abg. Zarits: ... Maßnahmen fördern! Sie haben


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keine Ahnung!) – Ich habe sehr wohl eine Ahnung, und so eine Beleidigung hat keinen Platz in diesem Haus, wirklich nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich eines sagen, und zwar: Werte KollegInnen von der ÖVP, ich finde es wirklich schade, ich finde es schade als Konsumentin, ich finde es schade als Mutter und ich finde es schade als gewählte Volksvertreterin, welche Klientelpolitik Sie in diesem Bereich machen. Es ist einfach unerträglich.

Ich möchte mit einem Zitat von einem Experten von Greenpeace, Sebastian Theissing-Matei, schließen: „Wer es mit dem Schutz der Menschen und der Umwelt ernst meint, muss [...] den vorliegenden Antrag für ein [...] Verbot von Glyphosat in Österreich unterstützen.“

Vielen Dank an jene, die uns hier bei unserem Antrag unterstützen, die für eine vernünftige Politik sorgen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Karl Schmidhofer. – Bitte.


17.34.04

Abgeordneter Karl Schmidhofer (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätztes Publi­kum auf der Galerie! Werte Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Lieber Kollege Jörg Leichtfried, ich muss dir schon eine Antwort darauf geben, dass du heute in der Früh damit begonnen hast, dass unser Herr Bundeskanzler Sebastian Kurz nicht da ist. Ich darf schon daran erinnern, dass es die SPÖ war, die den Antrag gestellt hat, der der Grund dafür ist, dass der Herr Bundeskanzler nicht im Haus ist. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schimanek: Er kann ja Abgeordneter sein, um Gottes willen! – Ruf bei der SPÖ: Seit wann ist er wieder Bundeskanzler? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Im Livestream ist es nachzusehen, die Frau SPÖ-Vorsitzende war heute auch die meiste Zeit des Tages nicht im Plenum. Meine Damen und Herren, Sie werden dafür bezahlt, während andere nicht bezahlt werden und nicht da sind. Das wollte ich nur einmal festhalten, bevor ich beginne. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­rufe bei SPÖ und FPÖ.)

Meine Damen und Herren, wir kommen zum Thema Glyphosat. Meine Kolleginnen und Kollegen, meine Vorredner, Klaus und Georg ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben jetzt kein Mikrofon, ich habe es mir kurz genommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich ersuche darum, den allgemeinen Lärm­pegel wieder zu senken. (Ruf bei der ÖVP: Benennen Sie’s! Die SPÖ!) Zwischenrufe haben auch die Funktion, dass sie verstanden werden, das ist jetzt nicht mehr der Fall gewesen.

Herr Abgeordneter, ich hoffe, Sie können die Rede jetzt gut fortsetzen. – Bitte. (Abg. Noll: Bitte von vorne anfangen! – Ruf bei der ÖVP: Die SPÖ war gemeint!)


Abgeordneter Karl Schmidhofer (fortsetzend): Danke, Frau Präsidentin! Ich darf meinen Vorrednern danken, lieber Klaus, lieber Georg, ihr habt inhaltlich zu dem Thema eigentlich alles gesagt.

Ich darf nur noch darauf hinweisen, dass unsere Bäuerinnen und Bauern in unserem Land Gewaltiges leisten, nicht nur, was die Produktion gesunder Lebensmittel betrifft,


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sondern insbesondere auch, wenn es um die Infrastruktur in diesem Land geht, wenn es darum geht, Skipisten zur Verfügung zu stellen, Flächen für den Tourismus zur Verfügung zu stellen. Man muss das als Gesamtes sehen.

Ich darf insbesondere die Abgeordneten der FPÖ bitten: Vielleicht könnt ihr doch noch mit unserem Antrag mitgehen! Die Österreichische Volkspartei ist letztlich jene Partei, die den österreichischen Bauern und Bäuerinnen noch unter die Arme greift und sie unterstützt; und wir dürfen auch darum bitten, dass das weiterhin so bleibt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.36


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer. – Bitte.


17.36.59

Abgeordneter Mag. (FH) Maximilian Unterrainer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bildschirmgeräten! (Ruf bei der SPÖ: Auf geht’s, Max!) Kollege Schmidhofer, nur zur Ergänzung: Es gibt keinen Bundeskanzler Kurz, es gibt nicht einmal einen Abgeordneten Kurz, er ist Privatmann, nicht mehr. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Kollegen Lindinger: Lieber Klaus, du hast gesagt: Es gibt keine Alternative, deswegen muss man Glyphosat zulassen. – Wenn man diesen Gedanken jetzt weiter­spinnt, würde das ja einfach heißen: Da es keine Alternative gibt, ist es wurscht, wenn Leute krank werden oder sterben. – Ich glaube, das kann doch nicht die richtige Conclusio sein, und meine ist es ganz sicher nicht. Im Gegenteil, ich bin froh, dass Glyphosat mit dem heutigen Tag in Österreich verboten wird, denn es ist eine Katastrophe, was Glyphosat auf dieser Welt verursachen kann. (Zwischenruf des Abg. Lindinger.)

Es ist durchaus schlüssig, in Österreich kein Glyphosat anzuwenden, weil wir schließ­lich mit Naturprodukten, mit Bioprodukten, mit Regionalität, mit Gesundheit, mit Nach­haltigkeit werben, und dieser positive Trend in der Biolandwirtschaft darf in Österreich nicht unterbrochen werden.

Kollege Strasser, du hast es vorhin selber erwähnt: 25 Prozent aller unserer land­wirtschaftlichen Flächen sind Bioflächen. Kollege Preiner hat auch erwähnt, dass über die Luftverfrachtungen Glyphosat auch in diesen Bereich geht. Ich glaube nicht, dass die richtige Antwort von deiner Seite sein kann, dass dann die Biobauern die Zertifizie­rungen verlieren, weil in ihren Produkten plötzlich ebenfalls Glyphosat festgestellt wer­den kann.

Zu dem, was heute passiert ist: Es hatte kurzfristig den Anschein, als ob der Antrag, Glyphosat zu verbieten, doch nicht beschlossen wird. Es hat so ausgeschaut, als wäre die Mehrheit in diesem Haus nicht mehr gegen das Vergiften und Vernichten unserer Wiesen, Felder, Wälder und Quellen. Schlussendlich hat aber – zumindest wie es jetzt ausschaut – die Vernunft gesiegt, schließlich ist die Gesundheit ja doch ein absolut schützenswertes Gut. Man darf nie vergessen, wir haben nur eine Gesundheit.

Dass die Ausschussentscheidung, Glyphosat zu verbieten, just am Tag vor dem heu­tigen Plenum beinahe gekippt worden wäre, hat ja mit dieser Machbarkeitsstudie, die heute schon erwähnt wurde, ganz viel zu tun. Diese Machbarkeitsstudie ist uns ja schon für den Sommer 2018 versprochen worden und jetzt, siehe da, plötzlich liegt sie auf dem Tisch. Ich glaube nicht, dass es ein Zufall ist, dass diese Machbarkeitsstudie jetzt da ist und zum Inhalt hat, dass ein Totalverbot nicht mit EU-Recht vereinbar wäre und dass keine Gefahr von Glyphosat ausgeht.


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Interessant ist allerdings auch, dass die EU-Rechtswidrigkeit bei anderen Entschei­dungen wie zum Beispiel bei der Familienbeihilfe in der ÖVP anscheinend überhaupt keine Rolle gespielt hat und man das ohne Weiteres machen konnte.

In dieser Studie steht, wie gesagt, dass von Glyphosat keine Gefahr ausgehe. Es sei gleich einzuordnen wie Wurst – wie Wurst? Okay. Ein erhöhter Konsum von Wurst und Schinken steigert die Krebsgefahr – eine Aussage dieser Machbarkeitsstudie. Irgend­wie erinnert mich das ja auch an diesen Ibizafan Strache, der damals allen Ernstes in der Diskussion über das Rauchverbot gemeint hat, dass das Essen von Schweins­braten genau gleich gefährlich wäre wie das Rauchen. (Abg. Neubauer: Was hat das mit Ibiza zu tun?) Aber kann sein, dass das mittlerweile auch andere Gründe hat.

Was ich sagen will, ist ganz einfach: Wie viel Wurst, wie viel Schinken, wie viel Schweinsbraten man isst, kann jeder für sich selber entscheiden. Wie viel Glyphosat man zu sich nimmt, kann man nicht selber entscheiden, weil man einfach nicht fest­stellen kann, wo Glyphosat drinnen ist und wie viel drinnen ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Vor allen Dingen: Auch die Internationale Krebsforschungsagentur hat ja festgestellt, dass Glyphosat zumindest „wahrscheinlich krebserregend“ ist. Die Verurteilung eines Pharmakonzerns, wie heute schon erwähnt, spricht eine andere Sprache, also dass es sehr wohl sehr gefährlich ist und zu sehr schweren Erkrankungen führen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines, glaube ich, ist ganz, ganz wichtig, und das dürfen wir nie vergessen: Profit darf niemals auf Kosten der Gesundheit und der Um­welt gehen. Das ist der Punkt. Deswegen bin ich so dafür, dass Glyphosat heute ver­boten wird.

Mit dem Verbot von Glyphosat gelingt ein weiterer wichtiger Schritt zum Schutz der Umwelt, zum Schutz unserer Gesundheit. In diesem Sinne: Herzlichen Dank für Ihre Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Walter Rauch. – Bitte.


17.41.36

Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Dame und sehr geehrter Herr auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Eingangs: Die FPÖ steht schon seit Jahren für ein Glyphosatverbot – das nur, damit das hier nicht so im Raum stehen bleibt. Alle Vorwürfe, die vonseiten der ÖVP kommen, lieber Georg Strasser, dass das eine Wählertäuschung wäre: Da muss man schon auch auf das Regierungsprogramm eingehen, das wir gemeinsam beschlossen haben, in dem es ja ein gemeinsames Ausstiegsszenario bis zum Jahr 2022 gegeben hat. Also hier muss man schon alles auf den Tisch legen.

Lieber Kollege Lindinger, dass das eine bauernfeindliche, populistische Maßnahme sei, auch das ist nicht richtig, denn im Regierungsprogramm (Zwischenruf des Abg. Lindinger), das du ja auch persönlich mitgetragen hast, steht, dass wir entsprechende Ausgleichsmaßnahmen für die Landwirte beschlossen haben. (Abg. Berlakovich: Wie schauen die aus?)

Ich bitte schon darum: Ihr werdet doch euer eigenes Regierungsprogramm kennen, ich hoffe, dass ihr das nicht vergessen habt! Nichtsdestotrotz: Wer hat denn diese Bun­desregierung einseitig aufgelöst? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben hier einen ganz klaren Fahrplan, den wir auch mit euch gemeinsam auf den Weg gebracht haben.


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Etwas noch aus der Historie: Am 3. Oktober 2017 wurde der damalige Bundesminister Rupprechter hier vom Nationalrat aufgefordert, sich in der Europäischen Kommission gegen die weitere Verlängerung dieses Produkts auszusprechen. Das war ein mehrheitlicher Beschluss. Er hat das umgesetzt, das einzige Problem, das es noch gab, war, dass sich Deutschland der Stimme enthalten hat. Deswegen hat es eine weitere Verlängerung bis 2022 gegeben.

Jetzt stehen wir vor der Situation, dass wir dieses Produkt im Sinne der Gesundheit der Österreicher schon bei allen Studien, die es gibt, betrachten müssen. Lassen wir aber wirklich die Kirche im Dorf! Es gibt in diesem Bereich mehrere Anhaltspunkte, nach denen Studien gefälscht wurden, bei denen ganze Textpassagen von Industrien und von Konzernen reinkopiert wurden, die dieses Produkt in ein schiefes Licht rücken. Das sind die Fakten.

Wir werden uns nichtsdestotrotz für den Weg eines Totalverbots entscheiden. Unsere Ansatzpunkte sind – und da stehen wir wiederum, wie vorhin erwähnt, zu unserem Regierungsprogramm, das wir gemeinsam mit euch beschlossen haben –: Wir werden auch eine Kennzeichnungspflicht für die Landwirtschaft für die Produkte, die aus dem Ausland importiert werden, einfordern, das heißt, dass es diesen Wettbewerbsnachteil für die heimische Landwirtschaft in dieser Art und Weise nicht geben darf. Dieser Wettbewerbsnachteil ist uns natürlich bekannt. Ich gehe davon aus, dass die SPÖ das auch so mittragen wird, dass sie dieses Problem auch in dieser Art und Weise erkannt hat. Wir werden bis zum Herbst diese Ausgleichsmaßnahmen für die Landwirtschaft gemeinsam – ich strecke hier die Hände aus – mit allen Fraktionen erarbeiten. (Beifall bei der FPÖ.)

17.45


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Markus Vogl. – Bitte.


17.45.15

Abgeordneter Ing. Markus Vogl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Als Konsumentenschutzsprecher kann ich nur sagen: Heute ist ein guter Tag für die Konsumentinnen und Konsumenten in unserem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir dürfen gleich noch einmal klatschen: Es ist nämlich auch ein guter Tag für die Biolandwirtschaft in Österreich, denn, wie gesagt, 25 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Österreich werden biologisch bewirtschaftet. Eines ist klar: Wenn es uns gelingt, dieses Totalverbot von Glyphosat durchzusetzen, wird die Qualität der heimi­schen Lebensmittel weiter steigen. (Beifall bei der SPÖ.) Diese werden noch attraktiver sein, und genau das ist es, was wir unterstützen, nämlich diesen Appell: Kauf regional! – Man weiß dann, man bekommt ein Produkt, das garantiert glyphosatfrei ist.

Es ist ein Problem, wo Glyphosat heute überall gefunden wird: in Babywindeln, im Körper, im Urin, in Gewässern. Hier wird behauptet, Glyphosat sei so wenig in An­wendung und lasse sich fast nirgends nachweisen. Wir wissen, dass Glyphosat die Eigenschaft hat, dass es sich sehr gut verfrachten lässt. In 60 Prozent der Ober­flächengewässer in Österreich ist Glyphosat nachweisbar. Das ist nicht nichts! Ich denke, da haben wir etwas zu tun.

Was das Thema Kennzeichnung betrifft: Wir fordern schon seit vielen, vielen Jahren eine Kennzeichnung. Ich glaube auch, dass wir beginnen könnten, zum Beispiel beim AMA-Gütesiegel eine Glyphosatfreiheit zu fordern. Das hätten wir in Österreich in der Hand.


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Wir hatten auch das Thema, wie rechtssicher das ist. Ich darf nochmals an die Diskussion zu Beginn der Plenardebatte erinnern, als man der Meinung war, dass diese neue Ausgleichszulage, die geschaffen worden ist, nicht exportierbar sei. Wir sind hier unterschiedlicher Meinung. Beim Glyphosat seid jetzt ihr (in Richtung ÖVP) unterschiedlicher Meinung, ihr glaubt, dieses Verbot wird nicht halten. Wir sind aufgrund der Aussagen unserer Expertinnen und Experten der Meinung, dass wir ausreichend erläutert und erklärt und auch abgesichert haben und dass es halten wird. Und das ist wichtig.

Ich verstehe auch die Landwirte zum Teil nicht. Es wurde nachgewiesen, dass Glyphosat die Bodenorganismen schädigt, dass es Einfluss auf die Regenwürmer hat, dass es auf das wichtigste Produktionsmittel, das die Landwirtschaft hat, nämlich den Boden, einen negativen Einfluss hat. Ich verstehe daher nicht, warum man sich hier so gegen diesen Ausstieg sträubt.

Wenn es hier Bedenken gibt, dann kann ich nur eines sagen: Schaut zu euren Kolleginnen und Kollegen, die Biolandbau betreiben! Wie machen es die? – Offen­sichtlich gibt es für all diese Probleme, die ihr immer wieder aufzeigt, eine Lösung. Sie zeigen tagtäglich vor, dass diese Lösungsmöglichkeiten vorhanden sind.

Der Grund, warum ich einfach von euch enttäuscht bin, ist, dass ihr sagt: Verbieten wir es im öffentlichen Bereich, denn die können das nicht so! Wir sind die Profis! – Und das war es. Wo sind begleitende Maßnahmen? Wenn ihr schon sagt, ein totales Glyphosatverbot ist für euch nicht vorstellbar – Deutschland zeigt es vor. Da gibt es zumindest die Anforderung, was auch im Bericht der Boku drinnen steht, nämlich zumindest 10 Prozent Biodiversitätsflächen auszuweisen. Nicht einmal dieser minimale Ansatz zur Verbesserung dieser Situation kommt bei euch vor.

Da kann ich am Ende nur noch eines unterstreichen und betonen: Mir ist es wichtig, dass wir in Österreich gesunde Lebensmittel haben. Der Grundsatz ist immer: Es kann nichts in einem Produkt drinnen sein, das vorher nicht reingekommen ist. Ich kann nur sagen: Ich will kein Glyphosat in Lebensmitteln haben. Darum ist das Verbot heute eine wichtige Entscheidung für die Konsumentinnen und Konsumenten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.48


17.49.01Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Verhandlungsgegenstand getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 15 über den im Antrag 18/A der Abgeordneten Mag. Schieder, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz geändert wird.

Hierzu liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Preiner, Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Preiner, Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hierfür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (Abg. Sobotka erhebt sich von seinem Platz. – Abg. Krainer: Das wäre jetzt gar nicht so falsch! Man kann ja manchmal was richtig machen!)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Titel und Eingang des Gesetzentwurfes in der Fassung des Initiativantrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierzu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Dann kommen wir sogleich zur dritten Lesung.

Wer in dritter Lesung dem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Jetzt kommen wir zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 16 über den im An­trag 909/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Strasser, Kolleginnen und Kollegen enthaltenen Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz geändert wird.

Hierzu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Strasser, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und anschließend über den Gesetzentwurf abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Strasser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 1 sowie die daraus resultierenden Umnummerierungen eingebracht.

Wer sich hierfür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt. (Abg. Krainer: Geht sich nicht aus!)

Nun ersuche ich jene Damen und Herren, die für den gegenständlichen Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Initiativantrages sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

17.52.1017. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (623 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Haftungsrecht geändert wird (Haftungsrechts-Änderungs­gesetz 2019 – HaftRÄG 2019) (656 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim zu Wort. – Bitte.


17.52.45

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Bundesminister! Ja, ich glaube, man kann wirklich sagen, wir können uns dazu gratulieren, dass wir einer giftfreien Zukunft entgegenschauen und endlich diese lange Diskussion beendet haben, wobei ich eines auch noch in Erinnerung rufen darf – wir haben das schon öfter diskutiert –: Frau Köstinger war ja im Europäischen Parlament und hätte es in der Hand gehabt, auch dort schon frühzeitig dafür Sorge zu tragen, dass wir diese Giftausbringung nicht mehr hier in Österreich haben, dass unsere


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Konsumenten nicht mehr damit behelligt sind. Das hat nicht stattgefunden. Ich ver­stehe das nicht. Ich glaube, dass es auch wichtig wäre, dort Überzeugungsarbeit zu leisten.

In den USA wird in der Zwischenzeit die Ausbringung von Glyphosat mit Strafen in Millionenhöhe versehen. Das hat natürlich schon einen Grund, nämlich in der massiven Gesundheitsgefährdung. Wenn wir hier Diskussionen führen, die völlig an der Realität vorbeigehen, dann sollte man einmal in die USA schauen: Dort gibt es Gerichtsent­scheidungen, die das sehr wohl darlegen.

Wir kommen nun zum nächsten Tagesordnungspunkt, dieser hängt schon damit zu­sammen, weil Sie betreffend Glyphosat eigentlich aus mir völlig unverständlichen Gründen zwar heute so tun, als würden Sie die Bauern vertreten, aber wenn Sie wirklich für die Bauern eingetreten wären, dann hätten Sie jene Alternativen zur Verfü­gung gestellt, die möglich waren – und diese wären auch diesbezüglich möglich ge­wesen.

Es gab – wir alle können uns erinnern – diesen bedauerlichen Vorfall mit der Kuh, die eine Person niedergetrampelt hat, wobei dann der Gerichtshof eine Entscheidung getroffen hat, die für den einzelnen Landwirt sicher nicht vorteilhaft war.

Eigentlich alle sind der Meinung, dass man die bäuerliche Bevölkerung da unterstützen muss und sie quasi nicht diesen hohen Strafen, nämlich Schadenersatzbeträgen in vielen Fällen, aussetzen muss. Daher war von Beginn an immer die Diskussion, dass wir eine Versicherungslösung zugunsten der bäuerlichen Bevölkerung finden. Das war ganz klar, bis Herr Kurz gekommen ist – vielleicht auch Frau Köstinger, weiß ich nicht – und erklärt hat: Es darf aber nichts kosten! – Wenn es nichts kosten darf, dann muss man natürlich eine gesetzliche Regelung schaffen. Die schaut dann so aus wie das hier: Ich habe noch selten einen derartig miserablen Gesetzentwurf wie jenen, den wir heute beschließen sollen, gefunden, meine Damen und Herren. (Abg. Kühberger: Das sagen Sie immer, bei jedem Gesetz! Das kennen wir schon! Immer die gleichen Sätze!)

Dieser soll die Frage behandeln, Herr Kollege, wie man sicherstellt, dass es auf der Alm nicht mehr passiert, dass eine Kuh jemanden niedertrampelt; und dann gibt es einen Gesetzestext. Ich würde Ihnen empfehlen: Drucken Sie das aus, hängen Sie das auf der Alm auf, damit die Leute das lesen! Ich lese Ihnen ein bisschen etwas vor. Überlegen Sie, wer das verstehen soll! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) – Danke schön.

Da steht: Die Beurteilung des Betroffenen, der auf die Alm geht, hat nach Maßgabe der ihm – also dem Bauern – bekannten „Gefährlichkeit der Tiere“ zu erfolgen.

Zweitens: Er hat die im Hinblick auf „die ihm zumutbaren Möglichkeiten zur Vermei­dung solcher Gefahren und“ – drittens – „die erwartbare Eigenverantwortung anderer Personen gebotenen Maßnahmen zu ergreifen“. – Also der Betroffene soll wissen: Was ist denn für den anderen mehr oder weniger geboten?

Weiters steht da: „Die erwartbare Eigenverantwortung der Besucher von Almen und Weiden richtet sich nach den durch die Alm- und Weidewirtschaft drohenden Gefahren, der Verkehrsübung und anwendbaren Verhaltensregeln.“ 

Meine Damen und Herren, wenn Sie diesen Schwachsinn irgendwo auf der Alm auf- -


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, ich würde Sie bitten, das Wort „Schwach­sinn“ zurückzunehmen. Danke.


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Ich nehme das zurück, aber entschuldigen Sie bitte meine Empörung! (Abg. Kühberger: Immer die gleichen Sätze!


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Immer!) Das ist ja absolut alles andere als eine Lösung. Und so etwas als Lösung zu verkaufen und die Bauern mehr oder weniger in Probleme hineinzuhetzen, anstatt ihnen wirklich zu helfen, finde ich unverschämt und gerade für die Partei, die heute hier mehrfach vom Rednerpult aus wider besseres Wissen erklärt hat, dass sie für die Landwirtschaft eintritt, unangebracht.

Meine Damen und Herren! Herrn Kurz, den Sie ja hier auch zitiert haben, können Sie fragen, warum er da den Bauern nicht mit einer Versicherungslösung hilft. Diese wäre möglich gewesen, ist von allen zu Beginn besprochen worden. Jetzt haben wir diesen Murks hier, aber ich glaube, dass Kollege Noll das noch näher ausführen wird.

Ich denke, dass Ihnen das relativ massiv auf den Kopf fallen wird, und das tut mir in diesem Fall nicht leid. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.57


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser. – Bitte.


17.57.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist, wie bereits berichtet, 2014 zu einem tragischen tödlichen Unfall auf einer Tiroler Alm gekommen und Ende 2018 dann zu einem Schuldspruch in erster Instanz. Der Tiroler Bauer wurde zu einer Schaden­ersatzzahlung von rund 500 000 Euro verurteilt. Es kam daraufhin zu einer großen Empörung in der Bevölkerung und zu einer großen Verunsicherung unter jenen Damen und Herren, die eine Alm bewirtschaften, aber auch unter jenen Damen und Herren, die dort ihre Freizeit touristischer oder sportlicher Natur verbringen.

Ich bin der alten Bundesregierung dankbar, Elli Köstinger für die Initiative, Sebastian Kurz für die Lösungen, die hier auf den Weg gebracht wurden. Ich möchte das ganz kurz erläutern, denn es sind nicht nur juristische Themen, die klargestellt und besser geregelt wurden, sondern es wurde auch im Bereich der Prävention sehr viel getan.

Zum Ersten wurde ein Verhaltenskodex für die Nutzung der Almen erstellt. Gemeinsam mit Bäuerinnen und Bauern, gemeinsam mit den Freizeitsuchenden, gemeinsam mit der Freizeitwirtschaft wurde ein Text erstellt, ein Hinweis, wie man sich, wenn Tiere auf der Alm sind, verhalten soll. Das ist wichtig, denn die Touristen werden mehr, und die Mutterkühe auf den Almen reagieren auf Menschenmassen oft sehr gereizt.

Zum Zweiten wurde von uns Bäuerinnen und Bauern definiert, wie Tiere auf einer Weide und auf einer Alm zu halten sind. Auch das ist sozusagen eine Anleitung zur guten landwirtschaftlichen Praxis und eine Verbesserung im Vergleich zu der Situation, die wir vorher hatten.

Der dritte Bereich betrifft die Dinge rund um den Tierhalterparagrafen, § 1320 im ABGB. Ich darf das jetzt – nicht juristisch, denn ich bin leider kein Jurist, aber sozu­sagen auf Deutsch – interpretieren: Zum einen ist es so, dass in einem Verfahren auf die Standards, die wir gemeinsam mit allen Stakeholdern definiert haben, Bezug genommen werden kann; andererseits ist es so, dass die Rechte und Pflichten der Bauern, der Bäuerinnen auf dem Niveau bleiben, wie sie jetzt sind, wie sie jetzt festgeschrieben sind und wie sie in der bisherigen Judikatur abgearbeitet wurden. Aber – und das ist der Unterschied – die Eigenverantwortung der Freizeitsuchenden wird gesteigert, und das ist in Wahrheit die Verbesserung; die Verbesserung, um ein besseres Miteinander und eine höhere Rechtssicherheit auf den Almen zu gewähr­leisten.


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Kollege Jarolim, was Versicherungen betrifft: Auch das wurde von uns evaluiert. Viele Bäuerinnen und Bauern haben Versicherungslösungen, die auch greifen. Viele Touris­musregionen haben Versicherungslösungen, die im Notfall greifen sollen. Von meinem rechtlichen Zugang her aber sage ich, Versicherungen müssen immer das letzte Mittel der Wahl sein, weil es in der Praxis einfach dann besser funktioniert.

In diesem Sinn: vielen Dank für diese Initiative an die alte Bundesregierung! Es wird damit das Miteinander auf den Almen gewährleistet. Die Almen gehören zur Identität, zur Landschaft Österreichs dazu, und wir wollen das auch in Zukunft so haben. – Aus diesem Grund ein großes Dankeschön und alles Gute für die bevorstehende Almsaison! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Reifenberger.)

18.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Irmgard Griss. – Bitte.


18.01.13

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Vielleicht darf ich versuchen, einiges zurecht­zurücken. Worum geht es da? – Es geht jetzt darum, ob es notwendig ist, § 1320 ABGB zu novellieren, ob dieser zweite Absatz, der jetzt in das Gesetz kommt, mehr Sicherheit bringt, eine Verbesserung gegenüber dem derzeitigen Zustand bringt. Und da muss ich Ihnen leider sagen: Nein, es ändert sich gar nichts. Es ändert sich absolut nichts! Auch wenn § 1320 so bleibt, wie er jetzt ist, werden die Fälle in Zukunft so entschieden, wie sie bisher entschieden wurden.

Diese Verhaltensstandards, die hier angesprochen werden, gelten natürlich nur dann – das ist ja keine Verordnung und auch keine Verordnungsermächtigung –, wenn sie den Grundsätzen der Rechtsprechung entsprechen. Das steht auch in den erläuternden Bemerkungen: entspricht den Grundsätzen der Rechtsprechung. – Ja, aber dann gilt es sowieso!

Wenn Sie nun sagen: Ja, aber die Leute sind jetzt aufgeklärt, weil wir § 1320 Abs. 2 haben!, dann zeigen Sie mir denjenigen oder diejenige, der oder die vor einer Almwanderung, oder den Bauern, der, bevor er sein Vieh hinauftreibt, ins ABGB schaut! Ich glaube nicht, dass das vorkommt.

Worum geht es denn in Wahrheit? – Es geht darum, dass beide Teile, also sowohl die Bauern als auch die Wanderer auf den Almen, gewisse Sorgfaltsstandards zu be­achten haben. Der Bauer, der weiß, dass er eine gefährliche Kuh hat, kann sie nicht frei herumlaufen lassen. Der Bauer, der Mutterkuhhaltung hat und weiß, dass Mutterkühe, wenn das Kalberl in der Nähe ist, allergisch reagieren, wenn ein Hund kommt, muss eine Tafel aufstellen: Achtung Mutterkuhhaltung, achten Sie auf Ihren Hund!, oder so – was ja ohnedies geschieht und was der OGH bereits so entschieden hat.

Wenn ein Wanderer auf der Alm ist, dann hat er natürlich auch eine Eigenverant­wortung, wenn er mit dem Hund geht; dann kann er nicht den Hund da hinlaufen lassen. Das gilt aber sowieso, weil wir im ABGB eine Bestimmung – § 1304 – betreffend das Mitverschulden haben. Wenn ich als Geschädigter meine Sorgfalts­pflichten verletzt habe, dann muss ich einen Teil des Schadens tragen. – Das ist also wie bisher. Jetzt sagen Sie mir vielleicht: Ja, aber jetzt haben wir da diese Informa­tionskampagne gestartet, wir haben diese Broschüren erstellt! – Ja, das können Sie so auch machen, dazu brauchen Sie keinen zweiten Absatz des § 1320 ABGB.

Aber warum haben Sie es gemacht? Warum wollen Sie das machen? – Weil eben aufgrund des Urteils diese Aufregung entstanden ist, die völlig unberechtigt war. Nie-


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mand von denen, die sich darüber ereifert haben, hat das Urteil gelesen und hat gesagt: Na, diese Interessenabwägung stimmt eigentlich nicht! Und ich bin überzeugt: Wenn der Richter heute entschiede und das wäre schon in Kraft getreten, käme wieder das Gleiche heraus. Außerdem war es eine erstinstanzliche Entscheidung, und wir haben in Österreich drei Instanzen – also nach dem Landesgericht entscheidet das Oberlandesgericht und dann der Oberste Gerichtshof.

Wenn ein Erstgericht entscheidet, heißt das noch nicht, dass das jetzt endgültig ist. In diesem Fall glaube ich ohnedies, dass es halten wird – ich weiß es nicht –, aber jedenfalls kann man aufgrund eines erstinstanzlichen Urteils, dessen Inhalt man gar nicht kennt, nicht einen Skandal, eine Gefahr herbeireden und so tun, als käme die Rechtsprechung, kämen die Gerichte ihrer Aufgabe nicht nach und als müsse der Gesetzgeber einschreiten.

Dieses Vorgehen bringt zwei große Gefahren mit sich. Auch wenn der zweite Absatz des § 1320 nicht schadet, aber was sind die Gefahren? – Die eine Gefahr ist, dass die Bauern jetzt denken: Also jetzt ist es geregelt! Unsere Vertreter haben uns ja gesagt, sie machen etwas für uns, und jetzt brauchen wir nicht mehr so aufzupassen! – Das ist das eine.

Und das Zweite ist das, was Sie damit getan haben – für diesen publizistischen Erfolg, oder wie man das nennen soll –: Sie haben das Ansehen der Gerichte geschädigt! Die Leute denken nämlich jetzt: Na, die Gerichte, was die entscheiden! Gott sei Dank haben wir noch unsere Abgeordneten, die rücken das wieder zurecht. (Abg. Stefan: Wie beim Rauchverbot!)

Ich finde, die paar Stimmen, die man dadurch gewinnt, sind das nicht wert. – Danke. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und JETZT.)

18.06


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Volker Reifenberger. – Bitte.


18.06.38

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Österreich ist ein Bergland – sogar in unserer Bundeshymne heißt es: „Land der Berge“ –, Österreich ist aber auch ein Tourismusland. Die Almwirtschaft wird bei uns seit Jahrhunderten betrieben, und die Almwirtschaft liegt auch im öffentlichen Inter­esse, deshalb wird sie auch entsprechend finanziell gefördert.

Das tragische Unglück und das darauf folgende umstrittene Urteil, das quasi Auslöser für die Diskussion, die dieser Gesetzesänderung zugrunde liegt, war, sind uns, glaube ich, schon allen bekannt, Frau Kollegin Griss, und der Aufschrei in der Landwirtschaft war zu Recht groß. Nach jahrelangen Gerichtsverhandlungen wurde der betroffene Landwirt zu einer Schadenersatzzahlung im sechsstelligen Bereich verurteilt. Nach Auffassung des Gerichts war es in diesem Fall nämlich zu wenig, auf die von den Kühen ausgehenden Gefahren hinzuweisen. Die aufgestellten Warnschilder: Achtung Mutterkuhhaltung!, waren nicht ausreichend. Der Landwirt hätte nach Auffassung des Gerichts die Weide zumindest im Bereich dieser Fläche, wo die Unfallstelle war, einzäunen müssen.

Ich komme aus dem Bundesland Salzburg, und da wird dieses Thema sehr emotional diskutiert, ähnlich wie zum Beispiel in Tirol, wo dieser Vorfall passiert ist. Es wäre katastrophal, wenn infolge einer überbordenden Haftung die Alm- und Weidewirtschaft eingestellt würde. Ohne eine Bewirtschaftung würden die Almen rasch verwalden, und


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das wäre ein enormer Schaden für die heimische Tourismuswirtschaft. Die Tiere würden dann den Sommer im Tal, häufig im Stall, verbringen müssen.

Es macht daher Sinn, die zu erwartende Eigenverantwortung ins Gesetz zu schreiben; Eigenverantwortung – ein Grundsatz, der in unserer Vollkaskogesellschaft häufig leider viel zu kurz kommt. (Abg. Griss schüttelt den Kopf.) Wir machen eigentlich nichts anderes, als dass wir den Hausverstand ins Gesetz hineinschreiben. Wir wollen näm­lich keine amerikanischen Verhältnisse haben, wo für jedes Unglück, so tragisch es auch sein mag, immer ein Schuldiger gefunden werden muss, der dann die Haftung zu tragen hat. Wir wollen auch nicht, dass die Landwirte künftig ihre Betriebe in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung führen müssen, damit ihre Existenz wirtschaftlich nicht bedroht wird.

Sollen wir unsere naturbelassenen Almweiden durch kilometerlange Zäune vom Wan­derer abtrennen? – Das ist in weiten Teilen unseres Landes erstens einmal überhaupt nicht möglich, zweitens nicht wirtschaftlich vertretbar und auch nicht zumutbar.

Das ABGB ist über 200 Jahre alt, und der Paragraf, den wir heute ergänzen, wurde das letzte Mal im Jahr 1917 geändert – das ist also auch schon mehr als 100 Jahre her. Die Zeiten haben sich aber geändert. Die Freizeitsportler werden immer mehr, und sie erobern mit ihren E-Bikes immer mehr die Almen. Dadurch kommt es zwangsläufig zu Konflikten, auf die der Gesetzgeber reagieren muss.

Vergessen wir aber nicht: Unsere Landwirte halten auf ihren Almen keine gefährlichen Raubtiere. Wenn man so mancher Schlagzeile der Boulevardmedien Glauben schenkte, müsste man eigentlich glauben, die Kuh sei der schlimmste natürliche Feind des Menschen. Man könnte fast meinen, bei unseren heimischen Rindern hätte sich eine schleichende Mutation eingestellt, die Mahlzähne seien zu spitzen Reißzähnen geworden, und auf einmal handelt es sich um menschenfressende Bestien. Viele vergessen aber ihre Eigenverantwortung, dass Kühe mitgeführte Hunde häufig als Bedrohung wahrnehmen und dass die Kühe gerade bei der Mutterkuhhaltung aufgrund des natürlichen Instinkts ihre Kälber schützen.

So wie es im Skirecht die FIS-Regeln gibt, die bei der Haftung für Verschulden und Mitverschulden herangezogen werden, so sollte es auch entsprechende Verhaltens­regeln für Wanderer geben, die herangezogen werden. Gewisse Spielregeln braucht es eben auch für die Benützer von Almwegen.

Auch wenn Frau Kollegin Griss und jetzt im Anschluss gleich Herr Kollege Noll mit rein juristischen Argumenten gegen diese Gesetzesänderung wettern (Abg. Meinl-Reisinger: Rein juristisch – sagen Sie das abwertend, oder was? Sagen Sie das abwertend?), so stehe ich dazu, dass wir hier ein klares Zeichen für unsere Landwirte setzen müssen und dass wir in dieser Frage hinter der traditionellen Almwirtschaft stehen. Wir führen hier keine rechtswissenschaftlichen Diskussionen an der Universität, sondern wir tun etwas für die Landwirtschaft in unserem Land! Es ist auch eine ganz klare politische Botschaft, die wir damit vermitteln. Bewerben Sie sich doch als Legist beim Herrn Justizminister im Ministerium, dort sind Sie sicher gut aufgehoben, diese Arbeit werden Sie sicher gut machen, aber bezeichnen Sie sich bitte nicht als Politiker, die etwas in diesem Land positiv verändern wollen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Noll, Sie werden gleich ans Rednerpult kommen und Sie werden sicher sagen, auch Sie haben Salzburger Wurzeln. Anscheinend sind Sie aber schon zu lange weg von Salzburg und zu lange in Wien, sodass Sie die Lage vor Ort nicht mehr richtig einschätzen können; und vermutlich haben Sie schon seit vielen Jahren keinen Almboden mehr betreten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Haubner: Sehr gute Rede!)

18.11



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 218

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Alfred Noll zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.


18.11.51

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Kollege Reifenberger, so mutterkuhaffin wie Sie bin ich noch lange! (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von JETZT, SPÖ und NEOS.)

Also: Tatsächlich ist dieser Absatz 2 des § 1320 – Kollege Jarolim hat sich die mah­nenden Worte der Frau Präsidentin eingehandelt – ein Geschwurbel sondergleichen. Das ist nicht das Urteil einer Person, die erst seit 36 Jahren Jurist ist – das ist wahrscheinlich zu wenig, um Kollegen Strasser mit seiner Landläufigkeit hier Paroli zu bieten –, es ist auch nicht bloß das Urteil eines Anwalts, der seit gut einem Viertel­jahrhundert Anwalt ist und mit Haftungssachen zu tun hat, es ist auch nicht das Urteil eines Universitätsprofessors – das alles zählt gegen die Mutterkuhmilchverbundenheit des Kollegen Strasser gar nichts –, sondern es ist das Urteil des Obersten Gerichts­hofes in der Stellungnahme zu diesem Gesetz.

Jetzt kann man sagen: Die Juristen sind allesamt blöd, denn nur wir Politiker tun etwas für das Volk!, aber wenn es um ein Gesetz geht, ist die Meinung von Juristinnen und Juristen nicht völlig unerheblich. Wenn der Oberste Gerichtshof in seiner Stellung­nahme sagt, das ist schlicht überflüssig, und davor warnt, durch diese legistische Nebelgranate, mit der Sie um sich pfeffern, jede Rechtserheblichkeit und jeden rechts­erheblichen Mehrwert zu verlassen, dann sollte man das ernst nehmen.

Jetzt kann man noch sagen: Diese OGH-Juristinnen und -Juristen, na ja, das sind bezahlte Staatsdiener, wahrscheinlich sind sie allesamt politisch bestellt! – Wir könnten uns auch die Stellungnahme des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages zu diesem Gesetzesvorhaben ansehen, die ist nämlich noch grauslicher. Die sagen nämlich, es ist völlig misslungen! – Und auch das ist nichts, was bloß aus reinem juristischen Formalismus entstanden ist, denn Sie glauben doch nicht wirklich, dass die Richterinnen und Richter des Obersten Gerichtshofes oder diejenigen, die für den ÖRAK diese Stellungnahme gemacht haben, mit dem Leben der Leute in diesem Land nichts zu tun haben. Das ist einfach ein überflüssiges Geschwurbel.

Jetzt können wir das der Reihe nach durchdeklinieren:

Wenn der erste Satz lautet: „In der Alm- und Weidewirtschaft kann der Halter [...]“ – Kann? – Na, können tut man viel. Darf er oder darf er nicht? Soll er oder soll er nicht? – Er kann. Na, dazu brauche ich keinen Gesetzgeber, um zu sagen, dass ein Mensch in diesem Land irgendetwas kann (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von JETZT und NEOS), denn das ist entweder eine Tatsachenbehauptung und sie ist richtig oder sie ist falsch, aber ich brauche kein Gesetz dafür.

Und jetzt kommt der Clou: Er kann auf etwas „zurückgreifen“. – Was? Muss er sich umdrehen, wenn er die Standards braucht, weil er zurückgreift? – Das ist legistisch Schwachsinn, und ich sage das trotz der mahnenden Worte der Frau Präsidentin. Das ist nämlich nicht gescheit.


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie haben es natürlich ganz bewusst gesagt, ich weiß es schon. Zu sagen, es ist nicht gescheit, ist möglich. (Abg. Noll: Ich habe versucht, mich zu erklären!) Das andere ist sozusagen der Vorwurf einer psychischen Störung, und deshalb ist das zurückzunehmen. (Abg. Noll: Das habe ich damit schon gemacht!) Das ist in diesem Haus nicht angebracht.


Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (fortsetzend): Nach dem Punkt im ersten Satz kommt jetzt überhaupt ein weiterer legistischer Unfall. Da steht im ersten Satz, der Halter


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 219

kann etwas tun. „Andernfalls [...]“, setzt sich dann dieser Abschnitt fort. – Was? Wenn er nicht kann, also andernfalls? – Das ist erstens einfach nicht Deutsch, und es ist zweitens juristisch unsinnig. Und es bleibt tatsächlich beim Urteil des Obersten Gerichtshofes: Es ist überflüssig und hat keinen Mehrwert.

Letzter Punkt: Wer macht denn die Standards? Da ist die Rede von anerkannten Standards. – Was? In der jeweiligen Gemeinde, im jeweiligen Bezirk, im jeweiligen Land allgemein anerkannte Standards? Oder handelt es sich um Übung des redlichen Verkehrs, um anerkannte Regeln der Technik? – Alles ist hier dermaßen unbestimmt, sodass das Urteil der Frau Präsidentin Griss das einzig zutreffende ist: Man sollte sich das sparen. – Danke. (Beifall bei JETZT und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.16


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Mag.a Gertraud Salzmann gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.


18.16.23

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher auf der Galerie und daheim vor den Fernsehbildschirmen! Die gut gepflegten Almwiesen, das herrliche Bergpanorama, die köstlichen Produkte in den bewirtschafteten Almhütten – all das sind nicht nur schöne Bilder aus einem Katalog, sondern das ist es, was wir im Sommer und im Herbst bei uns, bei mir in Salzburg, aber auch in vielen anderen Bundesländern tagtäglich erleben. Es ist sowohl für die Einheimischen als auch für die Gäste Naturerlebnis, Entschleunigung und Erholung. Die Bäuerinnen und Bauern, meine Damen und Herren, leisten einen ganz wesentlichen Beitrag zur Pflege und zum Erhalt der Landschaft, und sie arbeiten mit großem Einsatz und mit großer Verantwortung für unser Land. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Kumpitsch.)

In meinem Heimatbundesland Salzburg, aber auch in vielen anderen Bundesländern, in denen die Almwirtschaft sehr rege betrieben wird, sind die Almen ein ganz wichtiger Bestandteil – für die Landwirtschaft, für die Wirtschaft, für den Tourismus, aber auch für die Freizeit; daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es uns ganz wichtig, ein gutes Miteinander zwischen den Almbetreibern und den Almbesuchern herzustellen und zu gewährleisten.

Frau Kollegin Griss, Sie sprechen davon, und das kann ich leider nicht nachvollziehen, dass wir als Gesetzgeber das Ansehen der Gerichte schädigen, weil wir ein Gesetz erlassen. – Das kann ich so leider nicht verstehen. Herr Kollege Noll, Sie sprechen davon, dass das Ganze ein Unfall und ein Unsinn ist. – Nein, das ist es nicht! Sie reden jetzt nämlich nur von § 1320 Abs. 2, der jetzt hinzugefügt wird, aber, meine Kolleginnen und Kollegen, betrachten Sie bitte das Gesamtpaket!

Frau Bundesminister außer Dienst Elli Köstinger hat in ihrem Ministerium einen Aktionsplan für sichere Almen erstellt. Dieser Aktionsplan, lieber Herr Kollege Noll, beinhaltet eben nicht nur die Abänderung des § 1320 durch Anfügung des Absatz 2, sondern darüber hinaus auch – ganz wichtig und wertvoll! – einen Verhaltenskodex für Wanderer zur Nutzung der Almen. Ich bin sehr viel auf den Almen unterwegs, und darum weiß ich, wie wichtig es ist, das einzufordern beziehungsweise die Gäste auch bewusst darauf hinzuweisen. – Das ist der erste Teil.

Der zweite Teil, der in diesem Gesamtpaket, über das wir jetzt reden, enthalten ist, ist ein Ratgeber mit Empfehlungen für die Almbetreiber und für die Weideviehhalter. Das ist meines Erachtens auch ganz wichtig. Und dazu, ja, kommt § 1320 Abs. 2 ABGB. Die Änderung betreffend Tierhalterhaftung, meine Damen und Herren, sieht eine


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Verwahrung nach anerkannten Standards vor. Der Halter muss also Maßnahmen ergreifen, die aufgrund der bekannten Gefährlichkeit der Tiere geboten erscheinen, aber auch zumutbare Maßnahmen im Hinblick auf das Eindämmen der Gefahren sind. Und wir legen Wert darauf: Es muss wirklich auch die erwartbare Eigenverantwortung der Wanderer miteinbezogen werden.

Damit, meine Damen und Herren, schaffen wir einen einheitlichen Rahmen für das Verhalten der Besucher auf den Almen und Weiden und für die Betreiber der Almen und Weiden. Uns sind ein gutes Miteinander, die Sicherheit, aber auch die Rechts­sicherheit für beide Seiten auf den Almen ganz wichtig.

Ich darf zum Abschluss allen Bäuerinnen und allen Bauern einen guten und unfallfreien Almsommer wünschen, und allen Wanderern und Besuchern auf den Almen wünsche ich gute Erholung in unserer wunderschönen Heimat. Schauen wir bitte auf ein gutes Miteinander! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.20


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Maximilian Linder. – Bitte.


18.20.42

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Frau Minister! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen, geschätzte Kollegen! Liebe Zuhörer! Haftungsrechts-Änderungsgesetz: Der tragische Vorfall in Tirol und das daraufhin ergangene Gerichtsurteil haben nicht nur unter den Bauern große Diskussionen ausgelöst, sondern – und das hat mich fasziniert – es haben mich irrsinnig viele Men­schen darauf angesprochen und haben gesagt, dass es nicht sein kann, dass die Verantwortung allein bei den Landwirten liegt. Es kann nicht sein, dass die Landwirte die volle Verantwortung tragen, das Prozessrisiko und in weiterer Folge das Haftungs­risiko haben. Es muss auch ein gewisses Maß an Eigenverantwortung der Menschen her, die die Almen benützen. Die Leute sind manchmal sogar recht radikal und sagen: Das darf überhaupt nicht sein, dass ein Bauer da angeklagt werden kann! Wer oben ist, hat die volle Verantwortung zu tragen, und das ist es!

Meiner Meinung nach ist es im Bewusstsein der Menschen verankert, dass die Pflege der Kulturlandschaft, die Betreuung der Almen einzig und allein die Arbeit der Land­wirte ist, und, meine Damen und Herren, da steckt sehr, sehr viel Idealismus dahinter. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aufgrund der Entwicklung der Landwirtschaft und der Entwicklung der Bevölkerung gibt es manche Konflikte und Probleme. Zum einen ist da eine geänderte Betriebsform zu nennen: Es gibt heute wesentlich mehr Mutterkuhbetriebe, und da werden die Kühe mit den Kälbern auf die Weide getrieben. Es gibt immer mehr Freizeitaktivitäten, natürlich auch immer mehr Hunde, und wir wissen, dass gerade die Begegnung von Hunden mit Rindern problematisch ist.

Es ist traurig – früher war es nur in den Städten so, heute ist es leider auch im ländlichen Bereich schon sehr oft so –, dass vielen Menschen das Verständnis für die Landwirtschaft fehlt. Grundbegriffe, die für uns, die in unserer Jugend, ganz normal waren, fehlen den Menschen heute zur Gänze. Und es gibt auch Verrücktheiten. Ich erinnere daran, dass vor ein, eineinhalb Monaten auf Facebook plötzlich eine Challenge gestartet wurde: Küsse eine Kuh und lass dich dabei fotografieren! – Verrückt!

Bei all diesen Dingen waren die Landwirte nahezu alleine haftbar. Es war notwendig, dem entgegenzuwirken, Maßnahmen zu setzen. Es wurde ein Vier-Punkte-Plan ge­startet: zum einen als Standard für die Landwirte, dass auch den Bauern in etwa


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gesagt wurde, worauf man achten und schauen muss, inwieweit man haftbar ist oder wo die Maßnahmen ansetzen müssen, damit man nicht mehr haftbar ist; zum anderen zur Aufklärung, nämlich mit Verhaltensregeln für den Umgang mit Weidevieh.

Genau das ist der Punkt, dass heute viele Leute überhaupt kein Verständnis mehr dafür haben. Die gehen auf die Alm und glauben, eine Kuh ist ein großes Streicheltier und man kann sich jedem Tier nähern. Es hat Gott sei Dank vor einiger Zeit in Kärnten ein Gerichtsurteil gegeben, in dem der Richter in Bezug auf eine ähnliche Situation befand, dass jeder Mensch, der ein Tier hat, so viel Hausverstand haben sollte, um zu wissen, dass von einem Rind mit 750 Kilogramm Eigengewicht eine Gefahr ausgeht.

Es war auch notwendig, das rechtlich niederzuschreiben. Es gab den Wunsch, die Eigenverantwortung im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch zu verankern, diese dort festzuschreiben, um auch den Landwirten das Signal der Rechtssicherheit zu geben. Zu guter Letzt gibt es natürlich die Versicherung als letzte Maßnahme.

Kollegin Griss und Kollege Noll stellen diese Maßnahme heute aus juristischer Sicht infrage. – Meine Kolleginnen und Kollegen, wir haben zwei Möglichkeiten gehabt, und zwar: etwas zu tun, diese vier Maßnahmen umzusetzen, oder nichts zu tun, auf die Gefahr hin, dass entweder viele Weiden nicht mehr bestoßen werden oder dass das noch viel Schlimmere passiert – uns haben nämlich viele Landwirte angedroht, dass sie hergehen und die Wanderwege, wo es nur geht, sperren. Wir hätten in den Gemeinden Riesen-, Riesen-, Riesenherausforderungen gehabt, um einen normalen Sommerbetrieb mit Wanderwegen und Mountainbikerouten aufrechterhalten zu kön­nen.

Ich glaube, wenn man diese zwei Alternativen betrachtet, so hat man richtig gehandelt. Diese Neuregelungen sind kein absoluter Freibrief für uns Landwirte, aber sie verteilen die Verantwortung wenigstens auf beide Seiten, sowohl auf die Landwirte als auch auf die Nutzer der Almen. Ich denke, mit ein bisschen Eigenverantwortung, die auch von den Nutzern erwartet wird, wird es auch in Zukunft möglich sein, die Almwirtschaft im Sinne der Freizeitnutzer, aber auch im Sinne der Landwirtschaft zu betreiben. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.25


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Kühberger. – Bitte.


18.26.07

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Vize­kanzler! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherin­nen und Österreicher! Zum sogenannten Almurteil – verursacht durch viele unglück­liche Umstände; dann der tragische Tod dieser Touristin in Tirol durch eine einzige Kuh, die teils auch natürliche Instinkte hat und sich gewehrt hat, aber dazu komme ich später noch –: Jetzt gibt es dieses erstinstanzliche Urteil mit hohen Schadenersatz­for­derungen, und dabei geht es vor allem auch um die Existenz eines bäuerlichen Familienbetriebs.

Dieser Vorfall ist natürlich breit diskutiert worden und hat zu sehr viel Verunsicherung draußen bei unseren bäuerlichen Familienbetrieben geführt. Wir haben in den Zeitun­gen gelesen, dass es zum einen ums Sperren von Flächen und Wegen geht, andere wollen die Almen nicht mehr bestoßen, und auch in der breiten Öffentlichkeit ist es natürlich ein großes Thema gewesen; auch da hat keiner dieses Urteil verstanden. Ich bin sehr froh, dass wir da handeln. Es ist enorm wichtig, das sage ich als Bauer, aber ich höre es natürlich auch draußen, bei unseren bäuerlichen Familienbetrieben, dass wir da etwas machen.


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Zum Aktionsplan für sichere Almen: Bitte, wir haben da vorhin diskutiert, Herr Kollege Noll, Frau Griss, da ist es um Versicherungen gegangen. Mir ist es als Bauer und für den Tourismus wichtig, dass niemand verletzt wird, dass wir Verhaltensregeln haben, die die Leute kennen

(Abg. Noll: Na, wir wollen alle ...!), die wie FIS-Regeln aufgestellt sind. Die sind ganz, ganz wichtig. Jeden Unfall mit Verletzten, der nicht passiert, brauchen wir nachher nicht auszujudizieren.

Liebe Frau Kollegin Griss, dieses Gesetz ist 100 Jahre alt, und in 100 Jahren ändert sich sehr, sehr viel. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber nicht die eigene Verantwortung ...!) Wir haben sehr viele Experten gehört, die sich damit auseinandergesetzt haben und sicher keinen Blödsinn machen. Frau Kollegin, Sie sprechen die Eigenverantwortung an: Die Eigenverantwortung ist jetzt erstmals in diesem Gesetz drinnen, und das ist ganz, ganz wichtig. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Meinl-Reisinger: Das ist doch nicht wahr ...!)

Frau Kollegin, ich bin selbst Mutterkuh- und Almbauer, und ich kann nur sagen: Es geht eine gewisse Gefahr von einer Kuh mit einem Kalb aus, aber es braucht sich keiner zu fürchten, wenn er diese Verhaltensregeln kennt. (Zwischenrufe der Abgeord­neten Meinl-Reisinger und Noll.) Da steht zum Beispiel drinnen – Herr Jarolim hat probiert, es vorzulesen, aber mir scheint, es ist ihm nicht ganz gelungen (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP) –, man darf kein Foto machen, nicht zur Kuh hingehen, sie streicheln oder füttern. Das weiß ich als Landwirt, da muss ich auch selbst aufpassen. Zum Vergleich: Wenn ein Hund Welpen hat, greife ich auch nicht hin, denn der würde mich zwicken. Das ist bei unseren Nutztieren, das ist bei den Haustieren, aber auch bei den Wildtieren so, und auch in der Familie, glaube ich, schaut jeder Vater, jede Mutter aufs Kind und beschützt es. Das ist auch in der Natur nichts anderes.

Ich möchte hier aber schon die Mutterkuhbäuerinnen und -bauern in Österreich erwähnen, die eine großartige Arbeit leisten, die eine gute Qualität erzeugen. Das ist ein ganz wichtiger Betriebszweig in Österreich; das Kalb ist da natürlich bei der Kuh dabei, und das brauchen wir auf unseren Almen. Wir haben schon den Wolf als Herausforderung, und jetzt auch diese Geschichte; darauf müssen wir schauen. Die Landwirtschaft und der Tourismus, wir sind eine starke Partnerschaft, wir brauchen auch diese Wertschöpfung, und da lassen wir uns keinen Keil hineintreiben. Da ist unseren Mutterkuhbauern und allen Almbäuerinnen und -bauern sehr zu danken, die da großartige Arbeit leisten, die diese Flächen freihalten, die auf Artenvielfalt und natürlich auch auf die Qualität schauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Daher ist es dringend notwendig, dass man diese gesetzliche Änderung macht, dass für den Tierhalter, für den Grundbesitzer Rechtssicherheit besteht, wenn jemand grob fahrlässig handelt, dass er nicht, wenn er seine Flächen hergibt, um seine Existenz zittern muss.

Ich darf Ihnen heute auch noch einen Rat mitgeben – ich bin der letzte Redner dieser Debatte –: Es ist heute sehr schwül hier, auch draußen in der Stadt. Fahren Sie auf unsere Almen, genießen Sie die Natur, die unsere Bauern und Bäuerinnen pflegen, genießen Sie natürlich auch die Kulinarik und die Kühle, denn die haben wir hier leider nicht! Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.30


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dipl.-Ing.in Maria Patek zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


18.30.25

Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Dipl.-Ing. Maria Patek, MBA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Die heute zur Abstimmung stehende


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 223

Änderung des Haftungsrechtes ist Teil des Aktionsplans für sichere Almen, den das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz sowie allen relevanten Stakeholdern erarbeitet hat.

Zentrale Inhalte sind dabei die erhöhte Eigenverantwortung der Besucherinnen und Besucher von Almen und Weiden sowie Standards für Bäuerinnen und Bauern. Damit wird ein einheitlicher Rahmen für das Verhalten auf Österreichs Almen und Weiden geschaffen, auf den sich Personen, Behörden und Gerichte direkt beziehen können. Zur rechtlichen Absicherung wird auch ein neuer Absatz in den § 1320 des ABGB eingefügt, der einen Haftungsausschluss für Bäuerinnen und Bauern festschreibt, wenn sich diese an die Standards halten.

Zum ersten Mal überhaupt gibt es eine Festschreibung der Eigenverantwortung der Besucherinnen und Besucher, und deren Verhalten wird in die Interessenabwägung vor Gericht einbezogen. Betreffend die Interessenabwägung wurden seitens des Bun­desministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus in Abstimmung mit der Almwirtschaft und dem Tourismus Verhaltensregeln für Freizeitnutzer auf Almen sowie seitens der landwirtschaftlichen Interessenvertretung Standards für die Alm- und Weidewirtschaft erarbeitet. Die Änderung des Haftungsrechts ist ein klares Signal des Miteinanders und bedeutet mehr Rechtssicherheit für unsere heimischen Bäuerinnen und Bauern, mehr Klarheit bei der Freizeitnutzung der Almen und höhere Sicherheit für unsere Touris­tinnen und Touristen.

Elementar ist auch der Zeitpunkt der Abstimmung im Nationalrat: Rechtzeitig zur Alm­saison schaffen wir Rechtssicherheit für die heimischen Almbäuerinnen und Almbau­ern, daher gilt mein Dank allen Beteiligten und dem Nationalrat, der dies heute be­schließen möge. Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Loacker.)

18.32


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Klubvorsitzende Beate Meinl-Reisinger. – Bitte.


18.32.47

Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Ich möchte ganz kurz auf zwei Argumente eingehen, die meine Vorredner vorgebracht haben.

Das erste Argument war, Frau Dr. Griss und auch Herr Kollege Noll hätten hier rein juristisch argumentiert. – Ich finde das spannend: das Selbstbewusstsein der österreichischen Nationalratsabgeordneten, die hier Gesetze beschließen und es als geradezu abwertend sehen, wenn man rein juristisch argumentiert. Ich muss wirklich sagen: Schämen Sie sich! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll. Zwischenruf des Abg. Strasser.)

Das Zweite, das ich hier sagen möchte: Wenn Sie heute hier ein Gesetz beschließen, das keinerlei Wirkung hat, Prosa ist, dann streuen Sie den Menschen Sand in die Augen. Sie halten alle für komplett blöd, und das ist auch etwas, das Nationalrats­abge­ordnete nicht tun sollten! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Noll. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.33

18.33.36


Präsidentin Doris Bures: Obwohl nun niemand mehr zu Wort gemeldet ist und die Debatte geschlossen wird, es also nicht mehr erforderlich ist, sage ich Ihnen, Frau Klubvorsitzende, jetzt noch Folgendes: An sich hätte Ihr Redebeitrag es erfordert, an Sie zu appellieren, sich im Ton zu mäßigen. (Ruf bei der ÖVP: Ja, genau!)

Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit kommen wir nun zur Abstimmung.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 656 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. (Ruf: Schau, Frau Griss!) – Das ist mit Mehrheit so angenommen.

Somit kommen wir gleich zur dritten Lesung. (Ruf: Der Schellhorn sitzt!)

Wer in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

18.34.4518. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 910/A der Abgeordneten Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Harald Stefan, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das SE-Gesetz, das Übernahmegesetz und das Unternehmensgesetzbuch geändert werden (Aktienrechts-Änderungsgesetz 2019 – AktRÄG 2019) (658 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag.a Michaela Steinacker. – Bitte.


18.35.16

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Mitbürgerinnen und Mitbürger! Mit dem Initiativ­antrag zum Aktienrechts-Änderungsgesetz setzen wir eine EU-Richtlinie um, welche das Umfeld für die Aktionäre attraktivieren und die Grundsätze der Unternehmens­führung für börsennotierte Unternehmen verbessern soll.

Ich möchte mich bei Ihnen, Herr Vizekanzler, und auch bei unserem Bundesminister außer Dienst Josef Moser sowie bei den Mitarbeitern Ihres Hauses sehr, sehr herzlich für die Vorbereitung bedanken, denn die Umsetzung dieser Aktionärsrechterichtlinie ist ja legistische Feinarbeit und da durften wir auf die Ressourcen Ihres Hauses zurück­greifen. – Herzlichen Dank für die Begleitung.

Ich möchte mich an dieser Stelle aber auch bei den Kollegen Stefan und Jarolim be­danken. Es war ein gutes gemeinsames Miteinander, sodass wir diese Aktionärs­rechte­richtlinie auf einer sehr breiten Basis als Initiativantrag einbringen konnten. – Danke dafür.

Wir schaffen einerseits Transparenz und klare erweiterte Berichtspflichten an die Aktionäre, auf deren Grundlage diese dann in den verschiedenen Gremien Entschei­dungen informiert treffen können. Es wird auf bessere Transparenz Wert gelegt, so ist etwa die verpflichtende Abstimmung in der Hauptversammlung über die Vergütungs­politik des Unternehmens und auch die Legung eines jährlichen Vergütungsberichts erforderlich.

Zudem ist neu, dass bestimmte Geschäfte mit nahestehenden Personen oder Rechts­trägern – sogenannte related party transactions – ab einer Schwelle von 5 Prozent der Bilanzsumme verpflichtend den Aufsichtsräten zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, und bei Geschäften, deren Auftragswert 10 Prozent der Bilanzsumme über­steigt, müssen sie darüber hinaus auch veröffentlicht werden.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 225

Ich denke, dass es uns gerade bei dieser Art der Festlegung gelungen ist, eine Ver­hältnismäßigkeit bei den Berichtspflichten zu erreichen, nämlich eine Verhältnismäßig­keit, die einerseits keinen überbordenden Bürokratismus erfordert und andererseits auch festlegt, dass eben die entsprechenden Doppelgleisigkeiten vermieden werden, insbesondere dadurch, dass wir festgelegt haben, dass 100-prozentige Tochtergesell­schaften zum Beispiel von dieser Berichtspflicht ausgenommen sind, da sie ja an die Muttergesellschaft berichten müssen.

Uns ist wichtig, dass die Aktionäre ausreichend informiert sind, dass sie wissen, für welches Unternehmen sie Informationen haben, denn dort investieren sie ja ihr Geld. Gleichzeitig aber schauen wir auf unsere Unternehmerinnen und Unternehmer, denn sie brauchen Luft zum Atmen fürs Wirtschaften, das ist ja ihr Kerngeschäft. Wir haben uns deswegen, dafür bedanke ich mich noch einmal ausdrücklich, bei der Umsetzung dieser EU-Richtlinie auf Folgendes verständigt: Wir haben Gold Plating vermieden und wiederum sozusagen keine Übererfüllung, keinen Bürokratismus und keine nicht notwendige Formalismen geschaffen, die wir wieder zurücknehmen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das haben wir nämlich im Rahmen der Deregulierung mit dem Anti-Gold-Plating-Gesetz 2019 – das wir vor Kurzem beschlossen haben – begonnen. Wir haben damals 40 Maßnahmen zurückgenommen, die unsere Unternehmer belastet haben. Diesen Weg – ich denke, das ist ein wirklich notwendiger Weg –, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen und werden wir für Sie gerne nach der Wahl weitergehen, indem wir weiter an den Deregulierungen arbeiten werden. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Meinl-Reisinger: Das haben wir gerade ...!)

Ich denke, wir haben eine ausreichend ausgewogene, für alle Seiten gute Lösung gefunden, die vor allem auch die Geheimhaltungsinteressen von Betriebs- und Ge­schäftsgeheimnissen der Unternehmen respektiert.

Was mich im Rahmen dieses Initiativantrages besonders gefreut hat, ist: Wir haben einen sachlichen Diskurs – ohne gekünstelte Aufregung – geführt. Es ist sichtlich ein gutes Gesetz geworden, da alle im Justizausschuss zugestimmt haben. Vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen. Danke noch einmal an den Herrn Vizekanzler und sein Haus. Ich freue mich, dass wir für die Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land eine gute Lösung finden konnten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Stefan.)

18.39


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Mag.a Muna Duzdar ist die nächste Rednerin. – Bitte.


18.40.01

Abgeordnete Mag. Muna Duzdar (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine Vorrednerin hat ja im Wesentlichen schon gesagt, worum es bei diesem Aktienrechts-Änderungsgesetz geht. Es ist im Grunde genommen nichts anderes als die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Es geht um mehr Mitsprache und um mehr Transparenz im Aktien­recht. Ich werde jetzt nicht auf die technischen Details dieses Gesetzes eingehen, möchte aber in diesem Zusammenhang schon auch betonen, dass plötzlich Dinge möglich werden, die unter Schwarz-Blau eben nicht möglich waren. Da war man nämlich der Meinung: Sozialpartnerschaft braucht man nicht! Dialog? – Was ist das überhaupt?

Ich denke, dass jetzt eben klar geworden ist, wie wichtig die Einbindung der Sozial­partnerschaft ist und dass die Zeit des Drüberfahrens endgültig vorbei ist. Man sieht das natürlich auch daran, dass dieses Streitschlichtungsgremium, das man doch einige


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Zeit lang infrage gestellt hat, jetzt beibehalten wird und die Sozialpartner auch weiterhin dort vertreten sein werden. Das ist, glaube ich, eine gute Sache. (Beifall der Abgeordneten Jarolim und Klaus Uwe Feichtinger.) – Danke, Hannes.

Wir sehen, sozialpartnerschaftlich haben wir jetzt im Bereich des Gesellschaftsrechts eine Richtlinie sinnvoll umgesetzt. Es werden die Mitwirkungsrechte sowohl des Auf­sichtsrates als auch der Aktionäre positiv ausgestaltet. Ich kann Ihnen nur sagen: Kaum ist diese Regierung abgewählt, geht wieder etwas weiter in diesem Land. Das ist gut so und das ist auch gut für die Menschen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

18.41


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Markus Tschank ist der nächste Redner. – Bitte.


18.41.51

Abgeordneter Dr. Markus Tschank (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Mit dem vorliegenden gemeinsamen Antrag soll heute eine Richtlinie der Europäischen Union zur langfristigen Mitwirkung der Aktionäre umgesetzt werden. Im Wesentlichen geht es dabei, wie auch die Vorredner schon erwähnt haben, um die Vergütungspolitik von Aktiengesellschaften sowie um die Verpflichtung zur jährlichen Vorlage eines Vergütungsberichtes. Darüber hinaus wird die Novelle zum Anlass genommen, die gesetzlichen Regelungen über das Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses zu überarbeiten.

Zusammenfassend kann man sagen, jene Zuseher, die Aktien an einer börsennotierten Gesellschaft halten, dürfen sich freuen, da ihre Rechte mit dieser Umsetzung in nationales Recht sicherlich erweitert werden. Ziel der Richtlinie ist es, ein attraktives Umfeld für die Aktionäre zu schaffen, die Corporate Governance der börsennotierten Unternehmen zu verbessern und damit natürlich auch einen längerfristigen Erfolg börsennotierter Gesellschaften sicherzustellen.

Die Aktiengesellschaft ist seit jeher ein Träger von Innovation und ein Garant für Wissenstransfer. Sie hat in der modernen Wirtschaft bahnbrechende Bedeutung und dient als Motor des Wirtschaftssystems. Sie bietet Investoren die Chance, am wirt­schaftlichen Erfolg ihres Unternehmens teilzuhaben. Die Idee ist einfach: Jeder steuert einen Teil zum Gründungskapital bei, jeder haftet nur mit seinem Anteil und jeder erhält den seinem Anteil entsprechend ausschüttbaren Gewinn und ein Stimmrecht in der Hauptversammlung.

Allerdings gab es in den letzten Jahren zunehmende Tendenzen – das sei an dieser Stelle nicht unerwähnt gelassen –, die Rechte der Aktionäre einzuschränken. Große Aktiengesellschaften wie Google und Facebook haben vermehrt stimmrechtslose Aktien ausgegeben. Das ist ein Trend, der für Aktionäre negativ ist. Da gilt es, auch vonseiten des Gesetzgebers sehr, sehr wachsam zu sein.

Das britische Wirtschaftsmagazin „The Economist“ warnte in der jüngeren Vergan­genheit angesichts der steigenden Zahl zahnloser Aktionäre bereits vor einem Trend zu autokratischen Unternehmen. Es gibt in jüngster Vergangenheit eine beängstigende Tendenz zur Entmachtung der Teilhaber. Die Aktionärsdemokratie, so sagt man, liegt im Krankenbett. Deshalb und gerade deshalb sind eben wirkungsvolle Behandlungs­methoden zu entwickeln, um genau diese Aktionärsrechte abzusichern. Wir begrüßen daher diese Initiative in dieser Richtlinie und auch die wirklich gute Umsetzung. – Noch einmal ein Dankeschön an alle, die involviert waren, an den Herrn Vizekanzler, an die Sprecher der anderen Fraktionen: Das ist wirklich ein gut gelungener Entwurf!


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Ich möchte abschließend noch einmal zusammenfassen, was geändert wurde: Es wird heute der gesellschaftsrechtliche Teil entsprechend angepasst und umgesetzt. Die Aktionäre erhalten ein Recht auf Abstimmung in der Hauptversammlung über die Vergütung der Unternehmensleitung. Das heißt, die Vergütungspolitik und der Vergü­tungsbericht sind in der Hauptversammlung zu beschließen. Für den Fall, dass die Aktionäre nicht einverstanden sind, gibt es eine Art sanftes Vetorecht. Das heißt, es ist eine entsprechend überarbeitete Vergütungspolitik in der nächsten HV vorzulegen, die dann, wenn sie den Aktionären passt, auch genehmigbar ist; und wenn sie ihnen nicht passt, ist sie eben entsprechend anzupassen.

Bei wesentlichen Geschäften mit nahestehenden Unternehmen oder Personen soll die Transparenz in Form von öffentlichen Bekanntmachungen erhöht werden, und solche wesentlichen Geschäfte, sogenannte related party transactions, sollen natürlich auch die Zustimmung des Aufsichtsrates finden.

Schließlich – das ist eine Besonderheit, die mir persönlich sehr, sehr gut gefällt – kommt es zu Anpassungen im Gremialverfahren. Das ist – für die Zuseher, die das nicht wissen – jenes Verfahren, das das Umtauschverhältnis bei Umgründungsmaß­nahmen, also bei Verschmelzungen, bei Einbringungen, überprüfen soll. Ziel ist eine Verkürzung der Verfahrensdauer. Das erreicht man dadurch, dass man die Antrag­stellung des Gutachtens, die davor bei dem entsprechenden Gremium angesiedelt war, neutralisiert und das Gremium allein für die Streitschlichtung zuständig macht. Das ist an und für sich eine gute Sache, denn das kann das Gremium ausgezeichnet, und in diesem Bereich soll es auch arbeiten dürfen. Das Ziel ist wie gesagt sicherlich eine Verkürzung der Verfahrensdauer, die damit erwirkt wird.

Alles in allem kann man nur sagen, die Umsetzung dieser Richtlinie stärkt auf jeden Fall das Wohl der Aktionäre, und das wird unsererseits ausdrücklich befürwortet. – Danke sehr. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr.in Irmgard Griss. – Bitte.


18.46.54

Abgeordnete Dr. Irmgard Griss (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz setzt nicht nur die Aktionärsrechterichtlinie um, sondern reformiert, wie mein Vorredner zum Schluss auch erwähnt hat, auch das Gremialverfahren, also das Verfahren des Gremiums zur Überprüfung des Umtausch­verhältnisses. Damit wird einem Entschließungsantrag entsprochen, den NEOS eingebracht hat. Das hat mit der Umsetzung der Richtlinie unmittelbar nichts zu tun, ist bei dieser Gelegenheit aber gemacht worden.

Dieses Gremium zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses – Sie haben das schon gesagt, Herr Dr. Tschank – wird tätig, wenn es eine Fusion von Gesellschaften gibt oder wenn der Hauptgesellschafter oder Hauptaktionär beschließt, die Kleingesell­schafter oder Kleinaktionäre auszuschließen. In diesen Fällen kann man diesen Be­schluss nicht bekämpfen, man kann aber eine Überprüfung des angebotenen Betrages verlangen. Da ist im Aktiengesetz vorgesehen, dass dieses Gremium – ein Gremium, das sich aus Fachleuten zusammensetzt – tätig wird. Das gab es schon bisher, das Verfahren hat aber nicht funktioniert; es hat endlos gedauert. Es gibt Verfahren, die haben zehn Jahre gedauert, und das ist natürlich etwas, das untragbar ist.

Es gab noch eine weitere, ganz gewaltige Schwachstelle, das eine war die Auswahl der Sachverständigen und das Zweite war die Kostenberechnung. Es fehlte eine klare Regelung, wie die Anwaltskosten zu berechnen sind. Daraufhin haben manche die


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Vorstellung entwickelt, das Grundkapital sei maßgebend. Das hat natürlich extrem hohe Kosten ergeben, mit dem Ergebnis, dass manche Anwaltskanzleien – leider muss man das so sagen – eine Aktie oder Aktien nur deshalb erworben haben, um so einen Antrag stellen zu können und um dann hohe Kosten erstattet zu bekommen.

Das ist jetzt Geschichte. Durch diese Reform ist klar festgelegt, dass für die Kosten­bemessung das Interesse ausschlaggebend ist. Das ist das, was zu erwarten ist, was zusätzlich gezahlt werden muss. Es ist jetzt auch klar festgelegt, dass, wenn das Verfahren ein Jahr dauert, beantragt werden kann, den Fall wieder an das Gericht zurückzuverweisen. Damit ist sichergestellt, dass die Verfahren nicht so lange dauern. Es ist auch die Auswahl der Sachverständigen geregelt. Das ist also alles in allem eine sehr wichtige und eine sehr nützliche Reform.

Aber nicht nur das: Was mich an diesem Gesetz besonders gefreut hat, war, dass es ein Begutachtungsverfahren gegeben hat – das ist ja leider nicht selbstverständlich –, und nicht nur das: die Kritik, die im Begutachtungsverfahren geäußert wurde, wurde auch berücksichtigt, sodass letztlich ein Gesetz herausgekommen ist, das man wirklich annehmen kann, das wirklich gut gemacht worden ist – mein Kompliment an das Justizministerium! Ich verbinde das auch mit der Hoffnung, dass das vielleicht ein Vorbild für künftige Gesetzesvorhaben ist, dass man also genauso entsprechend lange Begutachtungsverfahren macht und die Ergebnisse dann auch berücksichtigt. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

18.50

18.50.34


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 658 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung einstimmig angenommen.

18.51.2519. Punkt

Antrag der Abgeordneten Dr. Alfred J. Noll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 27. November 1984 über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren geändert wird (80/A)

20. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (633 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Diszi­pli­narstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter und die Jurisdiktions­norm geändert werden (657 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 und 20 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Hinsichtlich des Antrages 80/A wurde dem Justizausschuss zur Berichterstattung eine Frist bis 1. Juli 2019 gesetzt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 229

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim. – Bitte.


18.52.29

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Der vorliegende Antrag beschäftigt sich damit, dass in einem Zivilprozess, wenn es zu einem Vergleich in der ersten Tagungsatzung, bei der ersten Verhandlung kommen sollte, die Hälfte der Gerichtskosten rückerstattet wird. Da wir in Europa bei der Höhe der Gerichtskosten führend sind, ist das natürlich schon ein tatsächlicher Anreiz, einen Vergleich zu schließen, eine vergleichsweise Lösung zu erarbeiten, und wird aus meiner Sicht massiv dazu beitragen – wenn es umgesetzt würde –, dass sich die Anzahl der Verfahren verringert.

Das bedeutet, dass wir auf der einen Seite zwar einen gewissen Ausfall bei den Gerichtskosten haben, auf der anderen Seite aber eine erhebliche Ersparnis bei den Richterkosten, dass sich das daher einerseits wirtschaftlich rechnet und dass auf der anderen Seite natürlich jeder Versuch, Streitschlichtungen, einvernehmliche Lösungen bei Verfahren zustande zu bringen, schon grundsätzlich sinnvoll ist. Wir haben das mit Minister Moser seinerzeit schon besprochen und eigentlich ein sehr offenes Signal dahin gehend bekommen, dass alle Maßnahmen, die dazu dienen, zu Einvernehmen und zu so wenigen Prozessen wie möglich zu führen, willkommen sind.

Ich hoffe, dass wir daher auf dieser Basis hier eine weitestmögliche Einigkeit erzielen können, um dem zuzustimmen. Es spricht ja nichts dagegen, dass wir auch in Zukunft weiterhin Diskussionen darüber führen, wie man die Streitpotenziale und die Anzahl der gerichtlichen Verfahren durch einvernehmliche Lösungen noch weiter reduzieren kann. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

18.54


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte.


18.54.24

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Einmal mehr sind wir heute mit einem Antrag, dieses Mal des Herrn Abgeordneten Noll, konfrontiert, der – ich würde sagen – im sogenannten Spiel der freien Kräfte ein politisches Thema und – in diesem Fall sage ich sogar – einen völlig nachvollziehbaren Änderungsbedarf bei den Gerichtsgebühren herausgreift, aber nach meinem Gefühl alles unter dem Motto: Was könnten wir noch schnell beschließen? Mit welchen Mehrheiten könnten wir noch schnell einen Pflock einschlagen, eine Spur hinterlassen? Koste es, was es wolle, unter dem Motto: Die nachhaltigen Auswirkungen bedenken wir später, außerdem hat das ohnehin die nächste Bundesregierung zu bearbeiten!

Meine Damen und Herren! Das ist genau jene Vorgangsweise, die wir von der neuen Volkspartei vehement ablehnen, denn politische Verantwortung zu tragen heißt für uns, auch in Zeiten einer Übergangsregierung, auch in Zeiten des Vorwahlkampfes wohl­überlegte und nachhaltige Entscheidungen für die Menschen in unserem Land zu treffen, auch wenn wir mitten im Wahlkampf stehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Um es ganz klar zu sagen, meine Damen und Herren: Wir sind inhaltlich und in der Sache absolut nicht gegen die Reduzierung von Gerichtsgebühren, ganz im Gegenteil! Ich darf Sie an unser Regierungsprogramm erinnern, das bis 2022 angelegt war. Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass wir mit einer umfassenden Reform Qualitätsver­besserungen, mehr Bürgernähe, Effizienzsteigerungen, Kostenreduktionen und einen wirksamen Einsatz öffentlicher Mittel erreichen wollen. Und, meine Damen und Herren,


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wir wollen der Bevölkerung zu einem leistbaren Zugang zum Recht verhelfen. Wir wollen die rasche gerichtliche Klärung von zivilgerichtlichen Streitigkeiten haben.

Das alles wollen wir, aber das sind ja letztlich Voraussetzungen, die wir da schaffen wollen, die wichtig sind, damit die Menschen Vertrauen in unseren Rechtsstaat haben, Vertrauen in die Rechtsprechung haben, und letztlich ist das auch, so denke ich, wich­tig für einen funktionierenden Wirtschaftsstandort. Das heißt, wir sind uns da in allem einig.

Ich darf Sie auch daran erinnern, dass im Regierungsprogramm ganz explizit die Redu­zierung der Pauschalgebühren bei gerichtlichem Vergleich und der Klagsrückziehung festgeschrieben war. (Abg. Noll: Na dann machen wir es doch einfach!) – Das allerdings, Herr Abgeordneter Noll – und Herr Abgeordneter Jarolim hat es ange­sprochen –, in einem Gesamtpaket, das auch unseren Grundsätzen der Entlastung und der Deregulierung entspricht und nicht, wie heute von Ihnen beantragt, nur eine Einzellösung im Auge hat. (Abg. Leichtfried: Recht hat der Kollege Jarolim!)

Herr Abgeordneter Jarolim hat es angesprochen, das Thema ist wesentlich breiter. Wir wollen das Thema natürlich weiter bearbeiten, und zwar umfassend und nachhaltig. Wir wollen unsere Ziele der Verfahrensoptimierung und auch der Verfahrensbeschleu­nigung natürlich erreichen – aber in der kommenden Gesetzgebungsperiode basierend auf der umfassenden Darstellung der Situation, wie es Herr Abgeordneter Jarolim auch angedeutet hat, und sicher nicht mit einer einzeln herausgegriffenen Maßnahme.

Meine Damen und Herren! Damit bin ich noch bei einem Punkt, nämlich bei den Kosten. Ich betone, eine budgetäre Bedeckung für diese langfristig wirksame Gebüh­renreduktion ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben. Wir sprechen von einem Gebüh­renausfall von einer halben Million Euro oder einer Million Euro und das pro Jahr; nicht eingerechnet sind jene Fälle, die derzeit nicht streitig sind oder streitig werden, künftig aber durchaus bestritten werden könnten, um in den Genuss einer Gebührensenkung zu kommen.

Es ist daher aus meiner Sicht nicht zu verantworten, dass wir das Justizbudget weiter belasten. Eine isolierte Lösung der Gebührenfrage, meine Damen und Herren, war nie Linie der neuen Volkspartei, und das war eigentlich bis vor Kurzem auch die Meinung der FPÖ im Justizausschuss. Umso mehr bin ich eigentlich überrascht, dass die FPÖ innerhalb weniger Tage ihre Meinung geändert hat und sich nun heute ohne Gesamt­lösung und ohne budgetäre Bedeckung möglicherweise für einen – ich würde es so bezeichnen – Schnellschuss entscheidet.

Daher darf ich an Sie alle und insbesondere an die FPÖ appellieren: Die Senkung der Gerichtsgebühren ist ein berechtigtes und ein gemeinsames Anliegen, aber ich bitte Sie und ich fordere Sie auch auf: Tragen wir gemeinsam Verantwortung für die Zu­kunft, bereiten wir gemeinsam mit der nächsten und künftigen Bundesregierung eine tragfähige und sinnvolle Neugestaltung inklusive Reduzierung der Gerichtsgebühren vor und entscheiden wir dann, in einer umfassenden Sicht der Dinge, im Sinne des Rechtsstaates, im Wissen um die finanziellen Folgen und zum Wohl der Menschen, die von diesen Regelungen ja auch betroffen sind! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.00


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Ruth Becher. – Bitte.


19.00.21

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Hintergrund zur 4. Geldwäscherichtlinie ist ganz klar: Den organisierten Verbrechern, den Wirtschaftskriminellen, aber auch terroristischen


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Organisationen soll die wirtschaftliche Grundlage entzogen werden. Sowohl Geld­wäscherei als auch Terrorismusfinanzierung sind in Österreich ja unter Strafe gestellt. (Präsidentin Kitzmüller übernimmt den Vorsitz.)

Teilbereiche der Umsetzung sind besser gelungen, andere schlechter. Es ist insgesamt inkonsistent.

In der Praxis sind ganze Bevölkerungsgruppen unter Pauschalverdacht gestellt, zum Beispiel Mitglieder von Rechnungshöfen, Vertreter politischer Parteien, Offiziere, Ver­treter internationaler Organisationen, Aufsichtsorgane staatlicher Unternehmen. Mit erfasst sind auch deren Ehegatten, Kinder und Eltern. Das erscheint einerseits natür­lich sinnvoll, nimmt aber andererseits auch erstaunliche Ausmaße an: Eine Bekannte hat mir erzählt, dass sie, als sie das Bankschließfach ihrer verstorbenen Mutter, die zu diesem genannten Personenkreis zählt, übernehmen wollte, auf fast unüberwindbare Hürden gestoßen ist, weil die Überprüfung sehr lange dauerte, aufwendig und lang­wierig war.

Auf der anderen Seite finde ich es aber erstaunlich, dass die von der EU empfohlene verpflichtende Risikoanalyse für Kunden von Immobilienmaklern im Juni 2018 von der FPÖ-ÖVP-Regierung nicht gesetzlich umgesetzt wurde; das ist in der Risikobe­wer­tungsausnahmeverordnung nachzulesen. Hier greift nur die allgemeine Gewerbeord­nung, und diese Ausnahme leuchtet mir als Wohnbausprecherin nicht ganz ein, denn schließlich zeigen die Zahlen der Oesterreichischen Nationalbank, dass der Druck durch das ausländische Kapital enorm ist. Es drängt Geld auf den österreichischen Immobilienmarkt, das wir nicht brauchen, das nur die Preise, die Wohnungspreise in die Höhe treibt und Wohnen verteuert. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Novelle zur Rechtsanwaltsordnung ist für die Berufsgruppe noch immer imprak­tikabel, wir werden diese auch ablehnen. Die 4. Geldwäscherichtlinie war bis 26.6.2017 umzusetzen. – Dass die Republik heute da steht, wo sie steht, ist kein Ruhmesblatt für die abgewählte türkis-blaue Regierung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ragger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.03.21

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler und Justizminister! Ich darf ganz kurz und mit aller Würze begründen, warum die FPÖ heute diesem Antrag die Zustimmung erteilen wird, näm­lich aus drei Überlegungen: Stellen Sie sich vor, Sie kommen zum Amtstag bei einem Gericht und die Richterin oder der Richter sagt: Wir wollen mit einer Streitpartei einen Vergleich schließen!, dann wären dort Gerichtsgebühren in einem Ausmaß von 50 Prozent der normalen Gerichtsgebühren fällig.

Eine Woche später haben Sie wiederum eine Streitigkeit, kommen nach ein paar Wochen wieder zum Gericht, reichen dort einen Schriftsatz ein und vergleichen sich in der ersten Tagsatzung. Dann werden aus diesen 50 Prozent der Gerichtsgebühren auf einmal 100 Prozent der Gerichtsgebühren. Das heißt, wir haben ein eklatantes Missverhältnis, wenn sich jemand einerseits außergerichtlich vergleicht oder bei einem prätorischen Vergleich, wie man es vor Gericht nennt, und wenn jemand – auf der anderen Seite – vor Gericht geht.

Das heißt, die Fragestellung ist: Welche Ungleichbehandlung liegt hier vor? – Das ist einmal das Erste; so steht es nämlich im Gesetz.


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Das Zweite – und das ist mir auch schon im Ausschuss aufgestoßen – ist – ich habe der ÖVP ja mitgegeben, dass sie sich ein wenig Bedenkzeit geben soll, denn man kann ja auch klüger werden –, dass  die Gerichtsgebühren mit 118 Prozent weit über dem europäischen Durchschnitt liegen. Die durchschnittlichen Gerichtsgebühren in Europa betragen 18 Prozent, jene in Österreich 118 Prozent.

Der dritte Punkt ist – und das ist das Frappierendste; ich freue mich auf die Ver­handlungen in der neuen Gesetzgebungsperiode –, dass diese Gerichtsgebühren nicht dem Justizministerium zugutekommen, sondern dem Finanzministerium, und der Finanzminister stellt dann gnadenhalber das Budget für die Justiz zur Verfügung.

Jetzt frage ich Sie: Wofür hat man dann Gerichtsgebühren, die man einhebt, wenn es darum geht, recht zu bekommen und ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auszuüben? – Das kann ja nicht die Lösung sein.

Und wenn Sie, Herr Kollege Mahrer, am Ende Ihrer Ausführungen sagen: Ja, wir wollen eine große Lösung haben!, dann bin ich gespannt, wie wir den Kostenbeitrag für Straftäter, für Vergewaltiger, die nur 50 Euro zu zahlen haben und einen minimalen Kostenbeitrag in dieser Republik leisten, erhöhen werden. Dann werden wir darüber reden, dass man, wenn man Freisprüche hat, die Budgets für die Anwälte entsprechend erhöhen wird.

All das sind Punkte, die wir auch eingefordert haben, gemeinsam mit dem vorherigen Justizminister. Ich erwarte mir von der ÖVP, dass sie das in dieser Schnelligkeit zu einem Abschluss bringt. Wenn wir das zustande bringen, dann sind wir auf einem guten Weg, die Frage der Gerichtsgebühren entsprechend zu lösen.

Die FPÖ ist daher heute ganz klar dafür, diesen ersten Schritt der Entlastung für die Bürger und Bürgerinnen in diesem Land, diesen ganz kleinen Schritt im Bereich dieser Gebühren zu setzen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Jarolim.)

19.06


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Dr. Jabloner. – Bitte, Herr Vizekanzler.


19.06.35

Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Vizekanzler Dr. Dr. h.c. Clemens Jabloner: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich stehe nicht an zu sagen, dass ich mit dem System der Gerichtsgebühren, das wir nun vorfinden, nicht besonders glücklich bin und eine Gesamtlösung anzustreben ist.

Ich habe auch Sympathie für den vorliegenden Antrag, aber er ist einfach nicht finan­zierbar. Ich bin verpflichtet, Ihnen zu sagen, dass wir die mindestens halbe Million Euro nicht budgetiert haben, die die Verwirklichung dieses Antrages bedeuten würde. (Abg. Kassegger: Eine halbe Million?) Das Justizbudget ist äußerst karg bemessen, wir stehen vor größten Problemen. Es fehlen uns im laufenden Budgetjahr 70 Millionen Euro, um auch nur den Normalbetrieb aufrechterhalten zu können.

Das ist die Folge einer systematischen Unterbudgetierung des Justizbereichs, die sich durch mehrere Legislaturperioden zieht. Ich habe genau diese Situation jetzt zu bewältigen und muss daher darauf achten, dass nicht zusätzliche Belastungen entstehen. Ich bitte um Ihr Verständnis. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.07


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Noll. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



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19.07.57

Abgeordneter Dr. Alfred J. Noll (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Mit ebenso großer Sympathie, wie Sie diesem Vorschlag gegenübertreten, trete ich den Budgetnöten des Ministeriums gegenüber. Sie sind nicht von mir verschuldet, sondern von der Vorgängerregierung, die dieses Budget auf eine für die Bevölkerung, für den Rechtsstaat Österreich erniedrigende Weise dezimiert und von tatsächlichen Notwendigkeiten abgerückt hat. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweitens: Ich war ja schon skeptisch, nach dem Kollegen Jarolim – Anwalt –, nach dem Kollegen Ragger – Anwalt – jetzt selbst als Anwalt nur noch einmal etwas zu erzählen, was schon gesagt wurde – ich würde mich nicht scheuen, denn Redundanz ist, wie Sie alle wissen, eine Grundlage für Wissensaufnahme –, aber, Herr Kollege Mahrer, ich sage Ihnen schon zwei Sachen: Erstens – und diesen Grundsatz müssten Sie kennen –: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Das ist einmal das Erste. Und wenn man sagt: Es ist richtig, so etwas zu tun!, und dann aber jahrein, jahraus immer nur das Vokabel Gesamtpaket, Gesamtpaket, Gesamtpaket verwendet und nichts tut, dann besteht das, was Sie als Nachhaltigkeit bezeichnen, einfach im Nichtstun ad calendas graecas. Und damit muss einmal Schluss sein! (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Zweite, was ich Ihnen sage: Sie sind ein wirklich freundlicher Mann, nur: Diese Freundlichkeit steht in umgekehrt proportionalem Verhältnis zu Ihren Gerichts­kennt­nissen und zu den Kenntnissen und Erfahrungen, die Sie vom Gerichtsalltag haben. Sie preisen einen Entgang an Budgetmitteln ein – zu diesem wird es wahrscheinlich kommen; kein Mensch hat empirische Zahlen darüber, um wie viel es geht –, aber was Sie vor allem außer Acht lassen, ist: Es geht uns darum, den Justizbereich zu Ratio­nalisierungen und zu Einsparungen zu motivieren und diese Möglichkeit in der ersten Verhandlung zu schaffen. Deshalb haben wir das auch mit der Richtervereinigung abge­sprochen.

Es geht darum, den Parteien klarzumachen: Ihr habt jetzt eine gute Chance, zu ver­gleichen, denn nachher streitet ihr euch nur mehr um die Kosten!, und überdies be­kommt der Kläger jetzt etwas zurück. Das fördert evidentermaßen die Vergleichsbereit­schaft, und es gibt für die Justiz überhaupt nichts Besseres als Verfahren, die sie nicht führen muss.

Diese Ersparnis kalkulieren Sie aber nicht mit ein, und das ist – mit Verlaub – auch der Mangel dessen, was der Herr Vizekanzler hier gesagt hat. Es geht um eine Ersparnis für die Justiz durch den Entfall von ansonsten notwendiger Arbeit. Und es ist ja kein Zufall, dass der Rechtsanwalt Jarolim, der Rechtsanwalt Ragger, der Rechtsanwalt Noll, dass wir alle darauf hinweisen: Schauen wir uns doch die Praxis an und setzen wir darauf, dass dieses kleine Zeichen ein schöner Mosaikstein dafür ist, dass wir weniger Verfahren vor Gericht haben! – Danke. (Beifall bei JETZT und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

19.11


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fürlinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.11.08

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP): Hohes Präsidium! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Eine sehr herausfordernde Diskussion, wenn man dann als vierter Anwalt in der Reihe hier herauskommt. Ich gestatte mir eine kleine Replik zum Gerichtsgebüh­renthema: Lieber Alfred Noll, ich kann mich daran erinnern, wie du vor wenigen Wochen voll des Lobes über die Expertenregierung warst, in der tiefen Hoffnung, dass


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diese möglichst lange regieren möge. (Zwischenruf des Abg. Noll.) Und jetzt hast du die von dir geliebte Expertenregierung, und dann steht doch da glatt einer dieser Experten auf und sagt dir, dass zwar dein Antrag sehr nett, aber die Umsetzung leider nicht möglich ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.) Insofern war dein Gegenplädoyer gegen das Plädoyer des Vizekanzlers eigentlich doch das schwächere, und ich würde dich bitten, dir das doch zu überlegen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich auch schon als vierter Anwalt hier heraußen stehe, so bin ich doch der erste, der sich nun der Rechtsanwaltsordnung beziehungsweise der entsprechenden Ände­rung zuwendet – dies deshalb, weil ich auch einmal für den Stand sozusagen eine Lanze brechen möchte.

Meine Damen und Herren, über 6 500 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in dieser Republik kümmern sich um Ihr gutes Recht, werden aber doch mit relativ vielen bürokratischen Schikanen da oder dort an ihrer Berufsausübung gehindert und es wird ihnen die Arbeit erschwert. Eine davon war die berühmte Geldwäscherichtlinie – eine Kollegin hat zuvor hier schon einige interessante Auswirkungen geschildert. Meine Damen und Herren! Wenn man in einer kleinen bis mittleren Kanzlei einen Geld­wäschebeauftragten haben muss, dann kommen Tätigkeiten auf einen zu, die durch­aus spannend sind und vom eigentlichen Geschäft doch einigermaßen ablenken.

Ja, sicherlich, es ist die Allgemeinheit, die Mehrheit der Anwältinnen und Anwälte, die dafür büßt, dass Einzelne – auch in unserem Stand – für Geld alles tun und die Regeln nicht einhalten. Aus diesem Grund haben wir schon Treuhandbücher machen müssen: weil einer von 3 000 nicht gewusst hat, wie er mit Fremdgeld umgeht. Aus diesem Grund müssen wir heute hier auch feststellen, dass der eine oder andere offenbar Geld verschoben hat und vielleicht, wie es so schön heißt, Geld gewaschen hat. Aus diesem Grund muss dieser Stand einige Dinge schlucken – die große Umsetzung hat es ja schon gegeben, jetzt gibt es hier nur noch die Ergänzung für Filialkanzleien innerhalb der EU, aber auch in Drittstaaten.

Bei all dem, was hier passiert, warne ich aber ein bisschen: Ich frage schon, wie die Rechtsanwaltskammern das, was ihnen da aufgebürdet wird, tatsächlich noch adminis­trieren und überwachen sollen. Ich frage, ob wir als Anwälte das alles überhaupt noch wirklich umsetzen können. Und: Das Geschäft des Anwaltes ist schon eines mit Verschwiegenheitspflicht, und der Anwalt kann nicht dazu gezwungen werden, letztlich der Anzeiger und mehr oder weniger Geheimnisverräter zu werden und ständig dem eigenen Klienten hinterherzulaufen.

Das sind Dinge, die ich mitgebe, um im gleichen Satz ganz klar den Bearbeitern im Bundesministerium für Justiz Dank dafür auszusprechen, dass man beim ersten Mal, aber auch hier beim zweiten Mal in der Umsetzung die gelindesten Mittel angewendet hat. Das ist, finde ich, so in Ordnung und richtig, und wir werden uns mit dieser Um­setzung auch noch zufriedengeben, ihr zustimmen. Namens des Standes und der freien Berufe möchte ich aber schon einmal sagen: Wir müssen aufpassen, dass wir sie nicht überladen und an der Berufsausübung hindern. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.15

19.15.10


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Ich frage die Frau Berichterstatterin, ob sie ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vor­nehme.


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Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag 80/A der Abgeordneten Noll, Kolleginnen und Kollegen – ich warte, bis alle Damen und Herren sitzen – betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz vom 27. November 1984 über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren geändert wird.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehr­heit. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Diszipli­narstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter und die Jurisdiktionsnorm geändert werden, samt Titel und Eingang in 633 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Damit kommen wir zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dafür sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

19.17.1721. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 924/A der Abgeordneten Dr. Irm­gard Griss, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) geändert wird (659 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 21. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Moser. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.17.42

Abgeordneter Dr. Josef Moser (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich mich einleitend bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Justizministeriums be­danke, die hervorragende Vorarbeit geleistet haben und unter anderen auch dazu beigetragen haben, dass diese Punkte heute, also noch in dieser Legislaturperiode zum Abschluss gebracht werden können.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass sich gerade die Bediensteten des Justizministeriums enorm dafür eingesetzt haben, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken, und dass sie auch gegen Diskriminierungen, egal welcher Art, aufgetreten sind. Ge­rade der Antrag von Frau Abgeordneter Griss, der unter diesem Tagesordnungspunkt behandelt wird, geht in die Richtung, eine Diskriminierung im internationalen Privat­recht, die gegeben ist, zu beseitigen.

Ausgangspunkt dafür ist natürlich auch das VfGH-Erkenntnis aus dem Jahr 2017, in dem festgehalten ist, dass die zwingende Voraussetzung der Verschiedengeschlecht-


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lichkeit zweier Personen für das Eingehen der Ehe jedenfalls aufzuheben ist, wobei begründend ausgeführt wurde, dass durch den bestehenden Zwang zur eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare eine Verletzung des Gleichheitsgrund­satzes – nämlich des Artikels 7 der Bundesverfassung – gegeben ist.

Es haben sich daher vier Handlungsoptionen ergeben, wie man dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes nachkommen kann. Eine Option war: Beibehaltung der Ehe und eingetragene Partnerschaft als Auslaufmodell. Das hätte gleichzeitig bewirkt, dass die eingetragene Partnerschaft, die in der Bevölkerung auf große Zustimmung ge­stoßen ist, weggefallen wäre.

Die zweite Option wäre gewesen: Beibehaltung der Ehe und eingetragene Partner­schaft als Auslaufmodell mit gesetzlicher Umwandlung der eingetragenen Partner­schaft in eine Ehe. Das hätte in letzter Konsequenz einen Zwang zur Ehe bewirkt; also auch ein Weg, den man nicht gehen soll.

Eine dritte Option wäre gewesen: Wiederherstellung des alten Ehemodells und einge­tragene Partnerschaft für alle. Da wiederum wären genauso gleichheitswidrige Ele­mente umfasst gewesen wie auch beim alten Zustand, der vom Verfassungs­gerichts­hof aufgehoben worden ist.

Es war daher, da wir dafür eingetreten sind, Diskriminierungen zu beseitigen und die Rechte des Einzelnen zu stärken, denklogisch, der Entscheidung des Verfassungs­gerichtshofes zu folgen und eine Ehe für alle und gleichzeitig auch eine Partnerschaft für alle zu ermöglichen, wobei seitens des Justizministeriums auch im Zusammen­wir­ken mit dem Innenministerium Maßnahmen gesetzt worden sind, um auch die Um­wandlung einer eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe komplikationslos durchführen zu können. Das heißt, man muss nicht zuerst eine eingetragene Partnerschaft auflö­sen, um eine Ehe eingehen zu können, sondern der Prozess wird – mit Zustimmung der Betroffenen – ein fließender sein.

Mit dem heutigen Antrag – das habe ich bereits erwähnt – wird eine weitere Dis­kriminierung beseitigt. Es gibt nämlich nach wie vor Unterschiedlichkeiten, was die eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaft und die Ehe betrifft. Zurzeit ist vorgesehen, dass Angehörige eines Staates, der die gleichgeschlechtliche Ehe nicht kennt, wie beispielswiese Slowakei, Ungarn oder Bosnien-Herzegowina, in Österreich nicht gleichgeschlechtlich heiraten können, sehr wohl dürfen sie aber in Österreich auf Basis internationalen Privatrechts eine gleichgeschlechtliche eingetragene Partner­schaft eingehen. Der Grund für diese nicht wirklich nachvollziehbare Regelung ist, dass für die Ehe das Personalstatut gilt, das heißt, das Heimatrecht des Ehepartners, und auf der anderen Seite für die eingetragene Partnerschaft das Recht des Begründungs­staates, das heißt, des Staates, in dem tatsächlich die Partnerschaft geschlossen wird.

Die Politik hat die Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen. Die Politik soll nicht war­ten, bis tatsächlich die Gerichte diese Aufgabe erfüllen. Aus diesem Grund ist es zweckmäßig, diese Diskriminierung jetzt zu beseitigen. Es freut mich, dass voraus­sichtlich – wenn man sich die Rednerliste ansieht – auch in diesem Bereich eine weitere Diskriminierung mit großer Mehrheit beseitigt werden kann.

Gestatten Sie mir, abschließend zu den Ausführungen von Dr. Jarolim, den ich sehr schätze, und auch von Dr. Noll kurz noch anzumerken, dass es sehr wohl wichtig ist, dass man auch im Gebührenrecht eine Gesamtlösung in Erwägung zieht, die auch angestrebt wird! Die Lösung, die Gebühren für den Fall, dass ein Vergleich durchgeführt wird, auf die Hälfte zu senken, würde gleichzeitig bedeuten – da die Gebühren, die nicht in Streit gezogen werden, im Mahnverfahren sehr wohl auf der vollen Höhe sind –, dass es für eine Seite besser ist, in den Streit zu gehen und dann einen Vergleich zu schließen, als in die Richtung zu gehen, ein Mahnverfahren durch-


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zuführen und das Mahnverfahren ohne Probleme abzuwickeln, was auch für die Justiz kostengünstiger wäre. Das heißt also, es wäre zweckmäßig, Herr Dr. Noll, dass man tatsächlich auch eine Gesamtlösung herbeiführt, aber damit gleichzeitig dafür sorgt, dass die Justiz, auch nach Senkung der Gebühren, auch in Zukunft handlungsfähig bleibt.

Zu einem weiteren Punkt, der angesprochen worden ist, die Lücke von 70 Millionen Euro, die derzeit besteht: Das sind die Kosten, die sich aus der Rechtsprechung erge­ben, wobei im Jahr 2019 noch die Rücklage, die im Justizministerium angesammelt wurde, ausreicht, um die Bedeckung durchzuführen. Es ist aber richtig, was der Herr Vizekanzler bereits ausgeführt hat, dass in den Jahren 2020 beziehungsweise 2021 für das Funktionieren der Justiz das nötige Budget zur Verfügung zu stellen sein wird, will man in Österreich die Rechtsstaatlichkeit stärken und weiterhin eine funktionierende Justiz haben, auf die wir derzeit eben auch im internationalen Vergleich sehr stolz sein können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Noll.)

19.23


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lindner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.24.00

Abgeordneter Mario Lindner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Also ich muss gestehen, dass ich mir nach dem heutigen Tag und nach der heutigen Debatte ein gewisses Grinsen einfach nicht mehr verkneifen kann, da ich bei der Debatte zur Konversionstherapie wirklich nicht damit gerechnet hätte, dass der Beschluss einstimmig ausgeht – da möchte ich noch einmal Danke sagen! Wenn auch dieser Beschluss jetzt einstimmig gefasst wird, dann haut es mich, glaube ich, vor lauter Freude noch auf die Erde, das muss ich auch sagen.

Meine Damen und Herren, ich komme noch ganz kurz zum Thema Konversions­therapie: Ich habe nach der Abstimmung unzählige E-Mails, Nachrichten von ganz, ganz vielen Menschen in Österreich bekommen, und ich möchte Ihnen eines dieser E-Mails nicht vorenthalten – ich habe Rücksprache gehalten, ob ich dieses E-Mail vor­lesen darf –; darin steht:

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Lindner, lieber Mario! Danke, danke, danke! Ich habe gerade im Fernsehen die Diskussion zum Thema Konversionstherapie höchst interes­siert verfolgt. Vor allem deine Worte haben mich zutiefst berührt und zu Tränen gerührt, denn ich bin auch Opfer einer langjährigen Konversionstherapie, die absolut nichts gebracht hat, außer mich seelisch zu quälen und mich innerlich richtig fertigzumachen. Ich war erst sechs Jahre alt, als dieses Martyrium anfing. Ich bin mit 18 Jahren von zu Hause einfach weggelaufen und habe mit meinem Vater nie wieder ein Wort gesprochen. Ich habe nachher Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass mit mir eigentlich nichts falsch ist und dass es keine Sünde ist, homosexuell zu sein. Ich führe heute ein normales Leben und bin seit Jahren in einer sehr glücklichen Partner­schaft, doch der Weg dorthin war alles andere als einfach. Ich wünsche niemandem das, was ich als Kind und als Jugendlicher durchgemacht habe. Danke nochmals und liebe Grüße! – Zitatende. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wollte Ihnen diese Zeilen nicht vorent­halten, weil sie zeigen, wie wichtig dieser Beschluss heute war.

Zum Tagesordnungspunkt Ehe für alle: Ich bin froh, dass nach dem VfGH-Entscheid im Dezember 2017 endlich eine politische Entscheidung betreffend Ehe für alle getroffen wird. Ab jetzt dürfen endlich binationale Paare in Österreich heiraten, und das ist auch gut so.


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Herr Kollege Moser, eine Herausforderung haben wir noch zu meistern – wir haben dazu einen Antrag im Innenausschuss liegen –, und zwar geht es da um die Aner­kennung von gleichgeschlechtlichen Paaren in Österreich, die vor dem 1.1.2019 in einem anderen Land, außerhalb von Österreich, geheiratet haben. – Diese wichtige gleichstellungspolitische Frage bekommen wir auch noch hin. Es lebe die Liebe! (Beifall bei der SPÖ.)

19.26


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Scherak. – Bitte.


19.27.01

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Wir haben ja schon gehört, worum es grundsätzlich geht. Es ist zum Glück in Österreich so, dass nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes gleichge­schlechtliche Paare auch heiraten dürfen.

Herr Kollege Moser, Sie haben gesagt, es war eine Entscheidung des Höchstgerichtes. Ich muss ein bisschen aufpassen, dass ich jetzt nicht zu scharf in Richtung ÖVP rede, weil ich es sehr positiv sehe, dass sie in diesem Zusammenhang mitgeht, aber mit ein Grund dafür, dass wir alle diese Entscheidungen der Höchstgerichte gebraucht haben, ist leider, dass die ÖVP über Jahre nicht bereit war, Diskriminierungen in diesem Bereich abzubauen.

Fakt ist, wir haben die gleichgeschlechtliche Partnerschaft, die gleichgeschlechtliche Ehe auch in Österreich, da es im IPR-Gesetz aber so drinnen steht, ist es derzeit für ÖsterreicherInnen nicht möglich, Partner aus Ländern, in denen die gleichgeschlecht­liche Ehe nicht erlaubt ist – Ungarn, die Slowakei und so weiter, Sie haben das angesprochen –, zu heiraten. Es können also ein Österreicher und ein Ungar, eine Österreicherin und eine Ungarin nicht heiraten. Ich halte das für eine absurde Dis­kriminierung, und es macht in einem vereinten Europa null Sinn, vor allem auch, wenn beispielsweise dieser Ungar schon seit Ewigkeiten in Österreich lebt und nur des­wegen seinen österreichischen Partner nicht heiraten kann, weil er eine andere Staats­angehörigkeit hat.

Aufgrund dieses Antrages, den wir eingebracht haben, wird das in Zukunft Geschichte sein. Wir wissen, dass es leider Gottes auch noch andere Diskriminierungen gibt, bei denen noch nicht geklärt ist, wie man damit umgeht; in puncto Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Ehen geht es um abstammungsrechtliche Fragen oder um die Frage der Umwandlung der eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe.

Ich bin überzeugt davon, dass es, wenn wir uns abschließend für das Ende der Dis­kriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften einsetzen – und ich habe das Gefühl, dass das seit Neuestem zumindest eine große Mehrheit hier im Haus will –, eine wesentliche Aufgabe ist, insbesondere in einem vereinten Europa, in dem es keine Grenzen geben sollte, Diskriminierungen auch in diesem Zusammenhang so rasch wie möglich abzubauen. Es ist absurd, dass wir, obwohl wir eigentlich alle den Wunsch haben, in einem Europa ohne Grenzen zu leben, Menschen, die einander lieben, nicht die gleichen Rechte einräumen wie anderen, die hier in Österreich leben.

Aus diesem Grund bin ich sehr, sehr froh, dass wir das heute schaffen, und ich wün­sche all denen, die jetzt davon betroffen sind, viel Glück, viel Freude und die Hoffnung, dass sie auch in Zukunft ohne Diskriminierung leben können und dass sie das machen können, was sie wollen, nämlich in Freiheit selbst entscheiden, mit wem sie wie zusammenleben wollen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.29



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Troch. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.29.48

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht eigentlich um eine relativ einfache Geschichte. Es geht ganz einfach darum, dass im Bereich Beziehung, Ehe, Liebe weniger der Staat die Freiheiten der Menschen einschränkt, sondern die Menschen selbst entscheiden, welchen Weg sie gemeinsam durchs Leben gehen, und vor allem darum, dass der Staat weniger verbietet. Es geht um weniger Diskriminierung, es geht um mehr Freiheit, es geht einfach um die Ehe für alle, und es geht jetzt schon um eine Reparatur der Ehe für alle.

Ich darf erinnern, der Verfassungsgerichtshof hat ja mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 die Aufhebung des Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare quasi angeordnet. ÖVP und FPÖ waren dann über ein Jahr säumig. Nichts ist passiert, keine Ge­setzesvorlage war hier im Haus. Man hätte handeln können, tausende Menschen, die betroffen waren, haben auf eine Eheschließung gewartet. Da hat es ja auch kranke Partner gegeben, die es gerne noch erlebt hätten, in Österreich heiraten zu dürfen. Man hat diese Menschen warten lassen, verzögert, taktiert, und dann kam im Jänner überraschend die Weisung des Innenministers, das Erkenntnis des Verfassungs­ge­richtshofes nicht voll umzusetzen.

Ich darf ein Beispiel geben: Zwei Frauen wollen in Wien heiraten, eine Österreicherin und eine Polin. Beide leben in Wien, arbeiten in Wien, zahlen Steuern in Wien; laut Weisung des Innenministers gilt aber für die Polin, die hier lebt und arbeitet, das Heimatrecht, das Eherecht ihres Ursprungslands Polen. Die SPÖ sagte natürlich Nein zu dieser Weisung, denn das ist eine Diskriminierung, es ist das Nichtumsetzen eines Menschenrechts. Seinen erwachsenen Ehepartner selbst zu wählen ist einfach ein Menschenrecht, und es sollte selbstverständlich sein, das umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Einschränkung durch den Innenminister beim Eherecht bedeutete, das Niveau in Österreich auf jenes der Visegrádstaaten zu reduzieren – nicht sehr erfreulich. Ich denke, in Bezug auf Freiheitsrechte, Menschenrechte sollten wir eher in den Westen blicken, nach Westeuropa, und weniger in den Osten.

Nun ist die Reparatur angesagt. Es kann nicht sein, dass ein Österreicher hier in Österreich zwar einen Deutschen oder einen Italiener heiraten kann, aber nicht einen Ungarn oder einen Tschechen. Das geht gar nicht, daher die Reparatur. Der Zerfall der schwarz-blauen Mehrheit macht ein Stück mehr Freiheit, auch ein Stück mehr an Gerechtigkeit hier in Österreich möglich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak.)

19.32


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schatz. – Bitte.


19.32.53

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Vizekanzler! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gut Ding braucht Weile – mit diesem Satz kann man den Weg zur Ehe für alle in Österreich, glaube ich, ganz gut um­schreiben. Letztlich war es der Verfassungsgerichtshofentscheid im Dezember 2017, der den Weg für die gleichgeschlechtliche Ehe in Österreich geöffnet hat, just zu dem Zeitpunkt, als sich die schwarz-blaue Regierung gegründet hat, und, wie ich glaube, ganz zu deren Missfallen.


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Der VfGH-Entscheid war aber ein wichtiger Entscheid, nämlich ein Zeichen für Toleranz und Offenheit, aber vor allem ein Zeichen gegen Ungleichbehandlung und Diskriminierung. Ganz genau genommen ist diese Ehe für alle aber nur eine Ehe für fast alle, da es immer noch Paare gibt, die nicht heiraten dürfen, weil – und das wurde ja schon mehrfach erwähnt – ein Partner oder eine Partnerin aus einem Land kommt, in dem die gleichgeschlechtliche Ehe nicht erlaubt ist, zum Beispiel Polen, Ungarn oder die Slowakei. Diesen Missstand, dieses – quasi – Eheverbot für bestimmte Paare soll dieser Antrag heute beenden. Dieser Missstand muss beseitigt werden, und diese Paare sollte man nicht in eingetragene Partnerschaften zwingen. Das muss endlich der Vergangenheit angehören. (Beifall bei der SPÖ.)

Aufgrund des Antrages werden Hürden beseitigt, die Menschen jahrelang in den Weg gelegt worden sind, nur weil sie sich für die Liebe entschieden haben. Der Entscheid des Verfassungsgerichtshofes vom Dezember 2017 wird mit diesem Antrag quasi vollendet, und es werden keine Ehen mehr ausgeschlossen. Es ist ein tolles Zeichen, das wir heute endlich setzen können: allen Familien in Österreich dieselbe Anerken­nung, allen denselben Respekt zukommen zu lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der vergangene Juni war nicht nur der heißeste Juni aller Zeiten, ich glaube, er war auch der bunteste und regenbogenfarbigste Juni aller Zeiten. Es war der Pride Month und in vielen Städten in Österreich haben Veranstal­tungen stattgefunden. Ich erinnere nur an die riesengroße Europride mit 500 000 Teil­nehmerInnen, die in Wien stattgefunden hat; das war wirklich ein grandioses und tolles Zeichen (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Scherak) für mehr Toleranz und Offenheit und für eine Anerkennung, die diese Community, die Queercommunity, verdient.

Lieber Mario, ich möchte auch dir als Vorsitzendem der Soho, einer der Organi­sa­tionen, die dieses grandiose Fest umgesetzt haben, Danke sagen. Bitte richte das auch der Community aus, die sich seit Jahren für die Anerkennung und für die gleichen Rechte einsetzt, denn durch diesen jahrelangen Kampf wurde es auch möglich, dass wir heute Anträge wie diesen beschließen können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.35

19.36.02


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Da dazu niemand mehr zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Ich frage die Frau Berichterstatterin, ob sie ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 659 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Somit ist der Gesetz­entwurf auch in dritter Lesung angenommen.

19.36.45 22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 678/A der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (646 d.B.)



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Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gödl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


19.37.13

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Gestern vor 26 Jahren, am 1. Juli 1993 wurde zum ersten Mal ein öster­reichweites Bundespflegegeldgesetz in Kraft gesetzt, und es war tatsächlich ein Meilenstein in der Sozialpolitik. (Die Abgeordneten Vogl und Muchitsch: Danke!) Die Zielsetzung war und ist auch heute noch, zum einen bei Pflegebedürftigen die Kosten, die durch den Pflegebedarf entstehen, diese Mehraufwendungen zu decken, und zum anderen damit auch ein möglichst selbstständiges Leben und Disponieren über das eigene Lebensumfeld zu gewährleisten. Es steht also beim Aspekt des Pflegegeldes durchaus dieser Grundsatz der Entscheidungsfreiheit für den Pflegebedürftigen ganz stark im Vordergrund.

Als das Pflegegeld 1993 eingeführt wurde, waren es von Beginn an circa 230 000 Be­zieherinnen und Bezieher. Im Mai dieses Jahres waren es 463 000, also ziemlich genau doppelt so viele wie zum Zeitpunkt der Einführung, und wir wissen aus allen Statistiken, dass diese Pflegegeldbezieherinnen und -bezieher im großen Ausmaß auch nach wie vor zu Hause, im häuslichen Umfeld, im Kreise der Familie gepflegt werden. Etwa 950 000 Menschen in Österreich erbringen für ihre Angehörigen Pflege­leistungen im Rahmen der Familie.

Faktum ist auch, dass seit der Einführung des Pflegegeldes natürlich auch in vielen anderen Bereichen in die Pflege investiert wurde. Gemeinden, Sozialhilfeverbände, Länder und auch der Bund haben in vielen Bereichen investiert, um auch Pflegedienst­leistungen vermehrt anzubieten. Es wurden nicht nur stationäre Einrichtungen, sondern zum Beispiel auch alternative Wohnformen oder auch die mobilen Dienste auf die Beine gestellt.

Wir können, glaube ich, mit Fug und Recht behaupten – auch wenn wir immer wieder sehr umfangreich diskutieren –, wir haben in Österreich ganz sicher nach wie vor eines der besten Pflegesysteme der Welt. Was das Pflegegeld betrifft – wir beschließen heute ja die jährliche Valorisierung ab 2020 –, so habe ich zumindest nicht heraus­gefunden, ob es überhaupt irgendwo in der Welt ein Land gäbe, das mehr Pflegegeld direkt an Pflegebedürftige vergibt, als es Österreich tut.

Sehr gut lässt es sich mit der Bundesrepublik Deutschland vergleichen. Die hat auch eine ähnliche Demografie, hat eine ähnliche soziale und familiäre Struktur, hat auch eine stark alternde Bevölkerung. Auch dort hat man ein Pflegegeldsystem eingeführt, allerdings nicht mit sieben Stufen, wie bei uns, sondern nur mit fünf Stufen. Bei uns ist es so: In der ersten Stufe erhält man derzeit 157 Euro, in der siebenten Stufe fast 1 700 Euro pro Monat. In Deutschland ist es anders. Es gibt nur fünf Stufen, wobei man bei der ersten Stufe gar kein Geld bekommt, sondern nur eine halbjährliche Pflegeberatung garantiert ist. Bei der fünften, also bei der höchsten Stufe bekommt man 901 Euro, also etwas mehr als die Hälfte dessen, was es bei uns in Österreich gibt. Was in Deutschland noch anders ist: Dort beziehen nur 2,6 Prozent der Bevöl­kerung Pflegegeld, in Österreich ist es genau das Doppelte, nämlich 5,2 Prozent.

Das allein zeigt, dass Österreich und dieses Pflegegeldsystem in Österreich sich weltweit messen können und unser Pflegegeldsystem auf jeden Fall zu jenen Systemen gehört, die für die Pflegebedürftigkeit auch am meisten finanzielle Mittel in


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die Hand nehmen und für diese Selbstversorgung, für diese Eigenverantwortung eben auch Pflegegeld gewähren.

Wenn wir diese jährliche Valorisierung heute beschließen, ist das sehr gut und richtig, es soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir trotzdem – und das ist auch Aufgabe der nächsten Regierung – an einem umfassenden Pflegekonzept arbeiten müssen. Die bisherige türkis-blaue Regierung hat sich das ja zum Ziel gesetzt gehabt. Wir haben jetzt über ein Jahr auch intern intensiv an den verschiedenen Themen­bereichen gearbeitet, denn es muss klar sein – und es ist, glaube ich, auch allen in diesem Raum klar –: Die umfassende Pflege ist ein großes Bild mit vielen Mosaik­steinchen. Das eine ist das Pflegegeld, andererseits geht es um die pflegenden Ange­hörigen. Wie können diese – mit Pflegekarenz, mit Krankenversicherung, mit Pensions­versicherung und dergleichen, mit Pflegeteilzeit – unterstützt werden? Es sind also viele Aspekte im Bereich der pflegenden Angehörigen.

Weiters geht es auch darum, wie wir in Zukunft besser die sogenannte Über­gangspflege organisieren, also wenn jemand aus dem Spitalsbereich entlassen wird, bis die Pflege organisiert ist. Welche Zwischenmodelle gibt es? Oder wie organisieren wir noch verstärkt die Kurzzeitpflege, wenn pflegende Angehörige zum Beispiel auf Urlaub gehen, damit die pflegebedürftige Person auch eine Möglichkeit hat, eine zeitweilige stationäre Pflegedienstleistung in Anspruch zu nehmen? Wie tun wir zum Beispiel mit betreuten Wohnformen weiter? Wie geht es mit der 24-Stunden-Betreuung weiter? Wie machen wir dort die Qualitätssicherung? Schlussendlich: Wie sollen auch stationäre Heime ausgestattet sein? Welche Kriterien der Hygiene und dergleichen muss es dort geben? Wie wird auch dort die Qualitätssicherung vorgenommen?

Wir haben also eine Vielzahl an kleinen Steinchen, die zusammen dann das Mosaik einer gesamtheitlichen Pflege ergeben müssen.

Unser Bundesparteiobmann und Spitzenkandidat für die Nationalratswahl Sebastian Kurz hat vor etwa einer Woche anhand dieser vielen Gespräche, die wir bereits in den vergangenen Monaten geführt haben, ein Pflegekonzept vorgestellt, in dem wir uns über viele Punkte und natürlich auch über die Finanzierung Gedanken machen. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Auch da müssen wir völlig ergebnisoffen in die Diskussion einsteigen. Wer soll das finanzieren? Wir werden sehr viel Geld, wir werden noch sehr viel mehr Geld für die Pflege brauchen. Wie soll dieses Geld aufgebracht werden? Ganz wichtig wird sein: Wie können wir in Zukunft auch die Finanzströme bündeln?

Da ist unser Vorschlag, dass wir die AUVA mit dieser Pflegeaufgabe eben verstärken, damit in Zukunft eine Finanzierungseinheit gewährleistet sein soll und es nicht so ist wie jetzt, dass viele, viele verschiedene Finanziers von den Gemeinden über die Länder, über den Bund, über die Sozialhilfeverbände und dergleichen agieren. Daran müssen wir auf jeden Fall in der nächsten Zeit ganz intensiv arbeiten, um ein umfassendes Konzept auf die Beine zu stellen.

Das wird auf jeden Fall die Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein. Heute beschließen wir, wie gesagt, die jährliche Valorisierung des Pflegegeldes. Wie gesagt, es ist aber nur ein kleines Mosaiksteinchen in einem großen Bild der Pflege. Dieses große Bild der Pflege müssen wir in Zukunft wieder ganz genau neu zusammenstellen. Dabei wird uns die Arbeit auch in der nächsten Gesetzgebungsperiode auf keinen Fall ausgehen. – Glück auf! (Beifall bei der ÖVP.)

19.44


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.



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19.44.40

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Finanzminis­ter! Frau Sozialministerin! 1993 war es ein roter Sozialminister, Josef Hesoun, der einen Regierungsentwurf vorgelegt hat, der hier im Parlament beschlossen wurde und der bahnbrechend war: das Pflegegeld in sieben Stufen auszubezahlen. Das hat sich entwickelt und stellt eine unglaubliche Unterstützung nicht nur für pflegende Ange­hörige dar, sondern auch für die Menschen, die Pflege benötigen, selbst. Ja, es war ein rotes Projekt und es ist heute weltweit bekannt und wird nachgeahmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es war aber auch 2016 der rote Sozialminister Alois Stöger, der zum letzten Mal das Pflegegeld valorisiert hat. Heute werden wir alle gemeinsam beschließen – denn auch im Finanzausschuss waren es alle fünf Parteien, die sich dazu bekannt haben –, dass man jetzt endlich wieder einmal diese jährliche Anpassung vornimmt, denn der Wertverlust in den letzten 35 Jahren war doch nicht wenig. Es ist wichtig, denn wenn die Prognosen stimmen, dürfen wir im Jahr 2050 circa eine Dreiviertelmillion pflege­bedürftige Pflegegeldempfängerinnen und -empfänger erwarten und dazu noch circa 40 000 Menschen, die in Gesundheitsbereichen tätig sind, die diese Pflege auch – neben den vielen Angehörigen, die das auch heute schon tun – abdecken.

Herr Kollege Gödl hat jetzt unglaublich viele Fragen gestellt. Aber wissen Sie, Herr Kollege und alle anderen auch: Wir haben ein Pflegekonzept, das Antworten liefert. Es gibt in einigen Punkten ein rotes Pflegekonzept, das gute Antworten liefert, wie wir eine staatlich finanzierte Pflege jetzt und in Zukunft sicherstellen können. Derzeit kostet die Pflege 5 Milliarden Euro. Mit 1 Milliarde mehr können wir staatlich qualitativ hochwertig sicherstellen, dass alle Menschen in diesem Land, die einer Pflege bedürfen, diese Pflege auch bekommen. Wir können gleichzeitig die Angehörigen entlasten. Wir können ihnen jetzt gleich einen Rechtsanspruch auf Pflegeteilzeit und Pflegekarenz einräumen. Wir können die mobile und stationäre Pflege ausbauen. Wir können Pflege­servicestellen regional heruntergebrochen in jedem Bundesland einrichten, wo man nach einem One-Stop-Shop-Prinzip Unterstützung bekommt bei allem, was man benötigt, wenn ein Antrag auf Pflegegeld, ein Antrag auf einen Platz in einem Pflege­heim gestellt wird, wo man gut beraten wird.

Wir können weiters die Pflegepersonen, die in diesen Berufen tätig sind, mit mehr Zeit oder anderen Zeitmodellen und vor allem mit mehr Geld ausstatten. Es ist, glaube ich, wichtig, dass alle Menschen, die wir in Zukunft brauchen werden, auch zu wirklich guten Arbeitsbedingungen arbeiten. Wir brauchen nur den Pflegegarantiefonds, den es ja bis 2021 schon gibt – dort liegen immerhin über 3 Milliarden Euro drinnen –, um 1 Milliarde vergrößern, und wir können die Pflege für die Zukunft sicherstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, dass das, was Sie vorschlagen, nicht mehr als eine Luftblase ist, und ich kann Ihnen auch sagen, warum: Eine Pflegeversicherung über die Allgemeine Unfall­versicherungsanstalt zu finanzieren, würde bedeuten, sie mit dem Geld, das Pflege jetzt schon kostet, viermal auszuräumen. Das wissen Sie genauso gut wie wir, dass das unfinanzierbar, unmöglich ist. (Abg. Gödl: Na geh!) Erstens müssten die sieben Unfallkrankenhäuser geschlossen werden, und all die Leistungen in der Rehabilitation für Menschen, die Unfälle im Arbeitsbereich gehabt haben, zugunsten der Pflege zu streichen – da haben wir ein weitaus besseres Modell. Das können Sie sich ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Alle Parteien werden heute beschließen, dass ab 2020 gleichzeitig mit der Pensionsanpassung das Pflegegeld in jeder Pflegestufe er-


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höht wird. Das ist, glaube ich, ein wirklicher Meilenstein, den wir heute gemeinsam beschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.48


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Frau Abgeordnete Belakowitsch gelangt zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.48.54

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe heute meine Stimme wirklich den ganzen Tag geschont, um jetzt hier sprechen zu können.

Seit vielen Jahren, seit dem Jahr 2006, seitdem ich in diesem Haus bin, haben wir eine jährliche Valorisierung gefordert. Sie ist nie gekommen. Sie ist auch nicht in den Regierungsverhandlungen gekommen, weil das damals die ÖVP noch nicht wollte. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!) Umso erfreuter bin ich heute, dass wir etwas umge­setzt haben, was wirklich den Bürgerinnen und Bürgern hilft, nämlich den Pflege­bedürftigen und all ihren Angehörigen. Das ist etwas ganz, ganz Großartiges und Wichtiges. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich dann im Fernsehen höre, ja, es wird schon wieder Geld verschenkt, dann sage ich ganz offen und ehrlich: Das ist Geld, das definitiv zu 100 Prozent bei denen ankommt, die es auch brauchen. Gerade das Pflegegeld ist etwas, was den Betrof­fenen hilft. Wenn wir wissen, dass wir seit dem Jahr 1993 einen Verlust von über 35 Prozent haben, dann können wir den jetzt finanziell natürlich nicht ausgleichen, aber ab heute wird es keinen Wertverlust mehr geben.

Meine Damen und Herren, ich bin wirklich sehr glücklich, dass wir das geschafft haben, und ich bin auch stolz auf dieses Parlament, dass es jetzt sogar zu einem ein­stimmigen Beschluss gekommen ist. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wenn man hart dranbleibt, dann geht in diesem Land etwas weiter, dann geht in diesem Haus etwas weiter, dann schaffen wir sogar einstimmige Beschlüsse. Ich freue mich vor allem, dass sich die ÖVP wirklich einen Ruck gegeben und auch dafür gestimmt hat.

Ich bin wirklich froh, denn nur einen Tag bevor der Beschluss im Finanzausschuss war, war es Altkanzler Kurz, der von einer Pflegeversicherung geträumt hat. Da freue ich mich wirklich, dass ihm seine eigenen Abgeordneten sozusagen gezeigt haben, das braucht es nicht. Wir wollen jetzt handeln, wir wollen jetzt für die Betroffenen in diesem Land etwas tun. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.50


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte.


19.51.02

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! (Abg. Heinisch-Hosek: Sogar die NEOS sind dafür!) Ja, ich gebe Kollegin Belakowitsch recht, der Wertverlust des Pflegegeldes in den letzten Jahren war nicht mehr vertretbar. Besonders für die Familien, die zu Hause ihre Angehörigen pflegen, ist damit, durch diese schleichende Entwertung, eine große Belastung eingetreten, die schon längst kompensiert gehört hätte.

Man muss aber schon auch eines sagen: In normalen Zeiten, in denen es eine Regie­rung gibt, die ein bisschen darauf schaut, dass in diesem Haus nicht alles wild durch­einander geht, wäre das schon anders gelaufen. Wenn jemand in den Pflegestufen 4 bis 7 ist, dann liegt so jemand typischerweise in einem Heim. Dieses erhöhte Pflege-


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geld bekommt jetzt der Heimträger, nicht die Person. Ob dieser Heimträger dieses zusätzliche Geld in bessere Pflegeleistung investiert, wissen wir nicht, weil es keine Verpflichtung dazu gibt. Das hätte eine Regierung, die in voller Kraft ihres Amtes waltet, natürlich vorbereitet und wäre mit den Gebietskörperschaften, die dann diese Überweisungen bekommen, in einen Dialog getreten, wie man denn sicherstellt, dass das Geld tatsächlich bei denen ankommt, für die es gedacht ist. Das ist leider nicht der Fall. Wir stimmen trotzdem zu, denn gerade die, die zu Hause ihre Verwandten pflegen, brauchen das Geld unbedingt.

Was schon offenbar wird, ist die Heißluftpolitik der Kurz-Regierung. Sie müssen nicht lange zurückdenken, dann kommen Sie auf den Masterplan Pflege. Da wurde ein gigantischer Masterplan nicht nur angekündigt, sondern im Ministerrat am 5.12.2018 beschlossen. Wunderbare Pressekonferenz, Sie kennen diese Inszenierungen: Kurz, Strache, und die Minister links und rechts haben dann immer ein bisschen gewechselt. Es wurde uns verkauft, dass jetzt alles super wird. – Ja, nichts ist passiert, es ist auch nichts vorbereitet worden. (Zwischenruf des Abg. Gödl.)

Was wir also kürzlich gesehen haben, diese schwindlige Pressekonferenz zur AUVA, war ja zum Genieren. Ingrid Korosec ist daneben gestanden, es war Ingrid selber nicht mehr recht, was man ihr da für einen Text hingelegt hat. Das hat man ja gemerkt. Niemand, der sich mit dem System auseinandersetzt, wäre je auf die Idee gekommen, die Pflege in die AUVA zu stecken, denn wenn sie irgendwo nicht hingehört, dann in die AUVA. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) – Danke für dieses schöne Geräusch.

Das Pflegegeld wird von der Pensionsversicherungsanstalt bemessen und zugestan­den. Die Leistungen, die vielleicht einmal hoffentlich Pflegekräfte auch selbstständig abrechnen können, passen eigentlich eher in die Leistungskataloge einer Kranken­kasse, aber zur AUVA gehört es sicher nicht.

Sebastian Kurz stellt sich hin und sagt: Also ganz super wäre eine Pflegeversicherung auf Basis des Sozialversicherungssystems, denn die österreichische Sozialver­siche­rung ist ja so super, das ist ja so ein super System! – Also bitte, diese Kassen kriegen es nicht einmal zusammen, dass wir eine gescheite ärztliche Versorgung haben. Die machen mit der Ärztekammer Verträge zulasten Dritter und dünnen die Versorgung aus. Diesen Selbstverwaltungsleuten will man dann auch noch die Pflege geben? Das wäre ja ein Verbrechen an der Bevölkerung, wenn man das machen würde.

Aber da merkt man, da musste schnell eine Pressekonferenz her, da musste man schnell irgendetwas publizieren, um von der ganzen Spendenproblematik der ÖVP abzulenken, und dann hat man halt schnell die AUVA hingeklopft. Heiße Luft! Sebas­tian Kurz, der politische Luftballon dieser Republik, ist jetzt halt wieder im Wahlkampf, und wir können uns das anhören. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Obernosterer: Das glaubst du ja nicht einmal selber!)

19.54


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gödl zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.55.03

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Herr Kollege Loacker hat behauptet, in Österreich liegt jemand, der Pflegestufe 4 bis 7 hat, typischerweise in einem Heim. Tatsächlich ist es so, dass in Österreich circa 60 000 Menschen stationär betreut wer­den, aber 150 000 zwischen Stufe 4 und Stufe 7 sind. Wenn Sie solche Zahlen ver­wenden, sollten Sie sie bitte auch kennen! (Beifall bei der ÖVP.)

19.55



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 246

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Rossmann. – Bitte.


19.55.40

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (JETZT): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herr Finanzminister auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Die Idee zu diesem Initiativantrag ist mir anlässlich der Präsentation des Steuerkonzeptes, der Steuerpläne der alten Regierung gekommen – ich muss eigentlich sagen: wieder einmal gekommen. In diesem Zusammenhang ist sehr rasch die Frage aufgetaucht, was denn mit der Abgeltung der kalten Progression ist. Da sind die Schreie von allen möglichen Seiten gekommen, besonders laut von den NEOS, geht es doch bei der Abgeltung der kalten Progression darum, dass durch Steigerung der Gehälter aufgrund von Wertverlusten durch Inflation die Progression ein wenig stärker zuschlägt. Aber niemand, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat sich in dieser Situation gefragt, was denn eigentlich mit den Transferleistungen und den Wertverlusten ist, die dort von Jahr zu Jahr durch die Inflation entstehen.

Bei der Pflege nicht, bei der Familienbeihilfe nicht, bei den Studienbeihilfen nicht: In allen drei Bereichen gibt es zwar sporadische Erhöhungen, aber keine laufenden Valo­risierungen, was beim Pflegegeld – es wurde ohnehin schon erwähnt – dazu geführt hat, dass seit 1993 ein Wertverlust von mehr als einem Drittel aufgetreten ist. Über­tragen wir das auf die Pflegestufe sieben, dann bedeutet das seit 1993 einen Verlust von 600 Euro, sage und schreibe 600 Euro.

Ich habe daher diesen Antrag im Sozialausschuss eingebracht, und wie das halt mit Anträgen, die von Oppositionsparteien an Ausschüsse herangetragen werden, so üblich ist, wurde er vertagt. Das war am 20. März. Am selben Tag wurde in einem anderen Ausschuss, dem Verfassungsausschuss, die Parteienförderung valorisiert. Na, da hat es keinen Genierer gegeben. Das war das Selbstverständlichste von der Welt, dass die Parteienförderung valorisiert wird. (Abg. Gödl: Jetzt stimmen Sie gegen die Reduzierung! Jetzt stimmen Sie gegen die Reduzierung der Parteienförderung!)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, das ist außerordentlich unanständig ge­wesen. Das ist unanständig gewesen gegenüber jenen TransferbezieherInnen von Pflegegeld und anderen Transferleistungen, die Wertverluste in Kauf nehmen mussten. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Na ja, was war die Begründung? – Erinnern wir uns: Was war die Begründung für die Erhöhung der Parteienförderung? – Es hat seit 2015 keine Valorisierung mehr gege­ben. Und wissen Sie, wann die letzte Valorisierung des Pflegegeldes stattgefunden hat? – Ich werde es Ihnen sagen: Ebenfalls 2015. Aber diesen Initiativantrag haben Sie natürlich im Sozialausschuss vertagt. Ich habe ihn dann noch einmal im Finanz­ausschuss eingebracht, und erst dank des freien Spiels der Kräfte ist es gelungen, mittels eines Fristsetzungsantrages eine Lösung zu finden, der letztlich alle Parteien zugestimmt haben. Das finde ich gut. Ich finde das deshalb gut, weil wir das den pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen schuldig sind.

Jetzt hat es ja viele Querschüsse gegeben – vom Bundesminister für Finanzen, der seinen Budgetpfad mit Sorge betrachtet. (Ruf bei der ÖVP: Bravo!) Es geht um 50 Millionen Euro pro Jahr, und nicht, Herr Finanzminister, wie Sie behauptet haben, im zweiten Jahr um 100, im dritten Jahr um 150. – Nein, diese Rechnung ist falsch. Die Rechnung geht anders. 50 Millionen und eine Inflationsrate im Folgejahr von 2 Prozent bedeutet, dass es im Folgejahr 51 Millionen kostet, nicht 100. Bitte, wenn rechnen, dann schon richtig rechnen!


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 247

Also mit einem Wort: Der Budgetpfad ist nicht in Gefahr. Ich kann auch den Herrn Präsidenten Sobotka beruhigen, der sich heute im „Morgenjournal“ Sorgen um die Einhaltung des Budgetpfads gemacht hat. Diese 50 Millionen Euro werden den Bud­get­pfad nicht infrage stellen. (Abg. Gödl: Sie machen einen Rechenfehler, einen grundsätzlichen Rechenfehler!)

Es ist auch viel Kritik von den Wirtschaftsforschern gekommen, von Christoph Badelt vom Wirtschaftsforschungsinstitut und von Herrn Martin Kocher vom IHS. Diese Kritik war meines Erachtens besonders peinlich. Das hat mich wirklich sehr, sehr geärgert, denn Herr Badelt war sich nicht zu blöd, um zu sagen, das sei ein ideales Beispiel dafür, wie es nicht laufen sollte. Das sei ein nicht zu Ende gedachtes Konzept, das sei ein Wahlzuckerl. Diese Argumente sind gefallen, und das finde ich ehrlich gesagt extrem peinlich für die Spitze der Ökonomen in unserem Lande, die den zwei großen Forschungsinstituten vorstehen. (Abg. Zinggl: Zum Genieren!) – Zum Genieren! Ja, danke sehr. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es handelt sich um kein Wahlzuckerl, es ist eine überfällige Valorisierung, die den Budgetpfad nicht gefährdet, die auch ein kleiner Schritt in Richtung mehr Verteilungs­gerechtigkeit ist. Diese Valorisierung des Pflegegeldes war auch Anstoß für eine Debatte über ein Pflegekonzept, das mehr als dringend notwendig ist. Was hingegen der Herr Altkanzler in einer dringend einberufenen Pressekonferenz vorgestellt hat, war ein Schnellschuss und ein Pfusch der Sonderklasse. Ich kann es leider nicht anders sagen. Wenn wir diese Debatte führen – und wir müssen sie führen, weil die Pflege langfristig etwa 13 Milliarden Euro kosten wird und das sehr, sehr viel Geld ist, weshalb wir jetzt Überlegungen anstellen müssen, wie wir diesen Budgetpfad finanzieren können –, wenn wir darüber diskutieren, dann diskutieren wir aber bitte seriös und erarbeiten wir tragfähige Lösungen. Von Husch-pfusch-Aktionen à la Altkanzler Kurz halte ich überhaupt gar nichts. (Beifall bei JETZT.)

Abschließend: Vielen Dank an alle, die es ermöglicht haben, dass dieser Antrag heute hier einstimmig beschlossen wird. – Danke schön. (Beifall bei JETZT und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.02


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Grünberg. – Bitte.


20.02.33

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Frauen Ministerinnen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Als selbst Betroffene kann ich nicht genug betonen, welch wesentliche Leistung das Bundespflegegeld für zu Pflegende und ihre Angehörigen ist. Wie wir schon gehört haben, wurde das Pflegegeld seit der Einführung 1993 nur sporadisch erhöht. Somit ist in den vergangenen 26 Jahren ein nennenswerter Wert­verlust entstanden. Nun wird der immer wieder zu Recht geäußerten Kritik von Betrof­fenen, dass eine Valorisierung längst anstünde, Rechnung getragen. Per 1.1.2020 wird also jährlich valorisiert, und das in allen sieben Pflegestufen. Als Richtwert für die Anhebung des Pflegegeldes gilt der Pensionsanpassungsfaktor.

In diesem heutigen Beschluss sehe ich einen ersten guten Schritt auf dem noch vor uns liegenden langen Weg zu einer umfassenden Pflegereform. Wir alle wissen, dass das Thema Pflege von Tag zu Tag drängender wird. Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich an, und je älter der Mensch wird, desto länger ist im Durchschnitt aber auch die Zeit, die er mit Beschwerden und Krankheiten verlebt. Insofern muss der Fokus darauf gerichtet werden, nicht bloß die Lebenszeit zu verlängern, sondern vor


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allem die gesunden Jahre zu vermehren. Diese Vorsorge beginnt in jungen Jahren und nicht erst in der Pension.

Der gesamte Themenkomplex muss von Grund auf neu gedacht werden. Vor allem braucht es eine sensible Differenzierung. Oftmals wird alles über einen Kamm geschert und unter Pflege subsummiert. Dies greift meiner Meinung nach aber zu kurz, denn die Pflege einer 70-jährigen an Demenz erkrankten Frau hat ganz andere Voraussetzun­gen und Folgen als die Assistenz für einen 25-jährigen Rollstuhlfahrer. Wir müssen also zwischen Pflege, Betreuung und Assistenz unterscheiden und ganz genau hinschauen, was das eine vom anderen unterscheidet und was daraus folgt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was wiederum alle Formen vereint, ist der dringende Handlungsbedarf in Richtung bundesweiter Harmonisierung. Wir haben immer noch den Zustand, dass Möglich­keiten und zugesprochene Leistungsumfänge vom Wohnsitz, sprich vom Bundesland abhängig sind. Dies empfinden viele Betroffene wie auch ich als Willkür und als unüberwindbare Hürde. Es gibt auch keine logische Begründung dafür, dass ein Mensch mit Behinderung in Vorarlberg eine andere Leistung und andere Möglichkeiten zur Verfügung hat als eine Burgenländerin oder ein Burgenländer. Insofern möchte ich an das Sozialministerium appellieren, die begonnenen Gespräche fortzuführen und das Thema persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderung nicht aus den Augen zu verlieren.

Ich möchte nun kurz den Unterschied zwischen Pflege und Assistenz aufzeigen. Pflege ist für den Betroffenen großteils passiv. Die Pflegerin beziehungsweise der Pfleger entscheidet meist, was zu tun ist, und hat auch dementsprechendes fachliches Wissen. Bei Assistenz für Menschen mit Behinderung sind diese hingegen sehr aktiv, denn die Betroffenen leiten bei der Unterstützung an und bestimmen, wie, wann und wo etwas gemacht werden soll. Sie sind Expertinnen und Experten in eigener Sache. Natürlich ist auch das sehr individuell und sehr unterschiedlich, aber klassische Pflege ist in der Regel nur ein kleiner Teil der Assistenz.

Die Behinderung ist nicht und sollte nicht das dominierende Thema im Leben einer behinderten Person sein. Das gelingt aber nur dann, wenn die Barrieren beseitigt werden, und das ist Aufgabe der Gesamtgesellschaft, nicht des Einzelnen. Bitte vergessen Sie nie: Die Behinderung ist nicht das Problem, wenn ein Rollstuhlfahrer aufgrund von Stufen nicht in ein Gebäude hineinkommt. Die Stufen werden das Problem bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.07


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gemeldet hat sich nun die Frau Bundes­minister. – Bitte, Frau Bundesminister.


20.07.58

Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Mag. Dr. Brigitte Zarfl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! In der Debatte im Finanzausschuss haben Sie mit dem Finanzminister die budgetären Themen rund um die Valorisierung des Bundespflegegeldes erörtert. Erlauben Sie mir, nun auch aus meiner Sicht als für das Bundespflegegeld und dessen Ausgestaltung inhaltlich zuständige Sozialministerin kurz zu Ihnen zu sprechen.

Die Dotierung des Pflegegeldes ist eine sinnvolle Maßnahme, und ich freue mich auch als ressortzuständige Ministerin, dass es heute zu diesem Beschluss kommt, weil es für die Menschen, die das Pflegegeld bekommen, dadurch zu wichtigen Verbesserun­gen der aktuellen Situation kommt.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 249

Finanzielle Zuwendungen im Sinn von Geldleistungen sind aber nur, und das wurde heute auch schon mehrfach gesagt, ein Aspekt im ganzen System der Ausgestaltung der Pflege in Österreich, den wir beachten müssen. Ich darf Ihnen zu diesem Punkt versichern, dass in meinem Haus alle Arbeiten, die eingeleitet worden sind, um die erforderlichen Grundlagen für Entscheidungen der nächsten Bundesregierung in die­sem Sektor zu schaffen, weiter vorangetrieben werden und im Laufe des Herbstes in einer Form abgeschlossen zur Verfügung stehen werden, dass es eine entsprechend fundierte Grundlage für die nächste Bundesregierung geben wird.

Beispiele dafür sind sachliche Grundlagen im Bereich der Ausgestaltung von neuen Finanzierungsmodellen. Wir werden weiterhin daran arbeiten, den Themenbereich der pflegenden Angehörigen zum Gegenstand zu machen. Sie sind eine ganz wichtige Gruppe von Betroffenen, erbringen aber auch konkrete Leistungen. Es wird im September eine Veranstaltung dazu geben, in der wir das umfassend und mit allen Akteuren thematisieren werden.

Ein dritter großer Bereich wird der Umgang mit Demenz sein, in dem wir in Kooperation mit den Medien neue Initiativen setzen werden, um die Bevölkerung auch durch sachgerechte Information in den Medien zu diesem sehr sensiblen Thema verstärkt zu informieren.

Nicht zuletzt – ich bin nicht nur Sozialministerin, sondern ich bin auch Beschäftigungs­ministerin – werden wir dafür Sorge tragen, dass der wichtige Bereich Pflegekräfte weiter entsprechend beachtet wird. Wir werden uns darum bemühen, Grundlagen dafür zu schaffen, dass der Zugang zu einer Tätigkeit im Bereich der Pflegeberufe für neue Interessentengruppen geöffnet werden kann.

Es wird da also keinen Stillstand geben. Heute wurde oft mit einem gewissen Unterton Expertentätigkeit kommentiert. Wir werden uns jedenfalls in aller Sachlichkeit bemü­hen, für politische Entscheidungen der nächsten Regierung entsprechende Grundlagen zur Verfügung zu stellen.

Herr Abgeordneter Rossmann, ich darf vielleicht eine kurze Ergänzung zu Ihrem Rede­beitrag bringen. Im Hinblick auf die Berechnungen, die dem Budgetbedarf zugrunde liegen, sind der Finanzminister und mein Ressort in enger Abstimmung miteinander vorgegangen. Es sind nicht nur die rein numerischen und über Prozentsätze resultie­renden Größenordnungen, die zu diesem finanziellen Mehrbedarf beitragen, berück­sichtigt worden. Wir müssen natürlich auch die demografischen Entwicklungen und andere Faktoren mitberücksichtigen, wenn man eine sachliche Grundlage für den finan­ziellen Mehrbedarf und die budgetären Erfordernisse haben möchte. (Abg. Rossmann: Das kann aber alles nicht zu einer Verdoppelung führen!) – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.12


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Linder. – Bitte.


20.12.54

Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen! Geschätzte Kollegen! Wir haben es heute schon gehört: Seit 1993 ist das Pflegegeld im Wert, in der Kaufkraft um fast 35 Prozent gesunken. Es ist höchste Zeit, dass die von den Freiheitlichen schon seit 2006 geforderte jährliche Anpassung umgesetzt wird.

Ich glaube, dass das ein Akt der Fairness ist, denn mit der Abschaffung des Pflege­regresses haben sehr viele Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause gepflegt haben, gemerkt, dass sie in dieser Situation eigentlich ein bisschen die Verlierer sind. Das Pflegeheim ist kostenlos, es gibt keinen Zugriff auf Vermögenswerte. Umgekehrt


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bekommen die, die zu Hause pflegen, die zu Hause betreuen müssen, weiterhin denselben Betrag als Pflegegeld. Das hat dazu geführt, dass unsere Pflegeheime voll sind und wir als Gemeinden in der Situation sind, dass wir Pflegeheime ausbauen müssen und hohe Investitionskosten haben. Leider hat die Pflege zu Hause immer mehr abgenommen. Dadurch entstehen für die öffentliche Hand enorm hohe Kosten.

Ich denke, mit der jährlichen Anpassung des Pflegegeldes ist auch ein Anreiz gegeben, die Angehörigen wieder vermehrt zu Hause zu pflegen. Aus Sicht der öffentlichen Hand, aus Sicht der Finanzierung, des Geldes ist das ganz wichtig, nicht nur aus Sicht der Betroffenen, der zu Pflegenden oder der Pflegenden. Die Gemeinden, die sehr oft über Sozialhilfeverbände Betreiber von Pflegeheimen sind, haben in diesem Bereich immense Kostensteigerungen gehabt und das Pflegegeld ist gleich geblieben.

Kollege Loacker, wir sind durch Standards, die in den Ländern und vom Bund definiert sind, verpflichtet, in die Qualität zu investieren, aber wir als Betreiber haben keine Abgeltung in Form eines erhöhten Pflegegelds bekommen. Das ist ganz wichtig. Für uns Gemeinden ist die Pflege, der soziale Bereich für ältere Menschen einer der größten Brocken.

Liebe Kollegin Heinisch-Hosek, Sie sprechen von neuen Konzepten. Was Sie ange­führt haben, ist dem Kärntner Konzept ähnlich, das nur eines zur Folge hat, nämlich die Strukturen auszuweiten, weitere Verwaltungsstrukturen zu schaffen. (Abg. Heinisch-Hosek: Vereinfachen!)

Was wir brauchen, ist, die Kosten im Griff zu haben und, wenn es möglich ist, die Qualität zu steigern. Wer in ein Pflegeheim kommt, wo er eines findet, wie die Pflege ausschaut, wie eine 24-Stunden-Betreuung funktioniert – diesbezüglich sind wir in der Gemeinde jederzeit bereit, die Menschen zu beraten. Das machen wir auch gerne. Es darf aber nicht so sein, dass wir noch zusätzliche Strukturen schaffen, die den zu Pflegenden, auch den Menschen in den Heimen, nicht dienlich sind. (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Deshalb glaube ich, wenn ich das zusammenfassen darf: Die Erhöhung des Pflege­geldes ist ein ganz, ganz wichtiger Schritt, zum einen weil sie eine weitere Motivation für die Menschen ist, die Angehörigen zu Hause zu betreuen, zu Hause zu pflegen, und zum Zweiten weil das auch für die Gemeinden eine Hilfe ist, die Kostensteige­rungen abzufedern und so den Sozialbereich für uns als Gemeinden etwas leichter finanzierbar zu machen. – Danke. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

20.17


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Smodics-Neumann. – Bitte.


20.17.09

Abgeordnete Mag. Maria Smodics-Neumann (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Bundesministerinnen! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Bevor ich auf das Thema Pflege eingehe, habe ich noch ein ganz, ganz großes Anliegen. Ich darf ein Wort an Frau Abgeordnete Dr. Povysil richten, die jetzt plötzlich wieder weg ist, aber vielleicht können die Kollegen - - (Abg. Povysil kehrt zu ihrem Platz zurück.) – Nein, sie ist da! – In Ihrem Redebeitrag zum Thema Konversionstherapie haben Sie im Zu­sammenhang mit Therapien eine Wortwahl getroffen, die ich Sie wirklich bitten würde, in Zukunft vielleicht zu unterlassen. Nicht alles, was nicht Schulmedizin ist, ist des­wegen schon Scharlatanerie. Ich darf Sie wirklich bitten, ganze Berufsgruppen, die mit Leidenschaft an Menschen arbeiten, nicht zu verunglimpfen. Ich weiß, das ist unter Ihrem Niveau, und ich glaube, das wird sich damit auch erledigt haben. Ich danke


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Ihnen dafür im Vorhinein. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Povysil: Ich weiß nicht ganz, was sie meint, aber bitte!)

Zum Thema Pflege ist jetzt inhaltlich schon sehr, sehr viel gesagt worden, was ich sehr interessant finde. Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek, Sie sagen, das Pflegegeld wurde valorisiert, es wurde immer wieder valorisiert. Das war aber in den letzten Jahren die einzige Antwort zum Thema Pflege, dass man immer wieder einmal mit dem Hebel Pflegegeld gearbeitet hat, es erhöht hat, was aber das ganz große Problem nicht gelöst hat. (Abg. Heinisch-Hosek: Wo liegt das Problem?)

Ich kann mich irgendwie erinnern, dass das so seit etwa 25 Jahren immer wieder ein Thema war, dass man gesagt hat, dass das System irgendwann einmal nicht mehr finanzierbar ist. Die reine Erhöhung des Pflegegelds war ein Tropfen auf den heißen Stein, man ist damit das Urproblem nicht angegangen. Das ist auch das Schöne jetzt, denn ich glaube, es ist zum ersten Mal so, dass man die Diskussion groß angelegt hat, wirklich alle Gruppen mit ins Boot geholt hat, alle, die mit der Pflege in irgendeiner Form zu tun haben, gehört hat. Das ist ganz, ganz wichtig, denn jeder hat seinen Teil dazu beizutragen.

Das ist vielleicht der Unterschied zu Ihrem Konzept, dass sowohl das Ministerium als auch die Österreichische Volkspartei allumfassend zugehört haben, was ich so wahr­genommen habe. Sie haben sich durchaus auch bei gemeindenahen Vereinen um­gehört, aber vielleicht ist das dann doch nicht ganz so breit aufgestellt, wie man es sich wünschen würde. Wichtig ist, und das ist jetzt der Sukkus aus dem Ganzen, dass wir uns endlich den Kopf darüber zerbrechen müssen, wie wir das Gesamtsystem korrekt und langfristig finanzierbar aufstellen können.

Da haben Sie Ihre Ideen und wir unsere Ideen, auch das Ministerium arbeitet intensiv an Lösungen. Deswegen sind wir jetzt in einer Zeit, in der es einen Ideenwettbewerb geben wird. Es möge die beste, die allumfassendste Idee, die aber auch langfristig finanzierbar ist, gewinnen!

Ein Wort zu Kollegen Rossmann zu sagen ist mir auch noch ein Bedürfnis. Herr Rossmann, wenn die einzige Intention dafür, das Pflegegeld zu valorisieren, eine Retourkutsche für die Parteienfinanzierung ist, dann ist das konzeptmäßig relativ dünn und hilft dem Staate Österreich gar nicht. Das war mir wichtig festzuhalten. Auf der einen Seite sagen Sie, es ist eine Husch-pfusch-Aktion, auf der anderen Seite geht es Ihren Kollegen beim Thema Pflege viel zu langsam. Also seis drum, ich glaube, es ist wichtig, dass wir ein großes und ganzheitliches Konzept haben. Ich bin sehr froh über die Arbeit in den Ministerien, um auch ein bisschen Politik herauszunehmen und sach­lich zu arbeiten. Ich freue mich auf ein gutes Konzept und bin davon überzeugt, dass wir im Herbst eine hervorragende Lösung finden werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.21


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.


20.21.14

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Regie­rungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher! Vorab möchte ich feststellen, dass das Thema Pflege aus meiner Sicht kein Thema ist, bei dem wir in ideologische Grabenkämpfe verfallen müssen, sondern wir müssen bei dem Thema gemeinsam an einem Strang ziehen, um die vielen Betroffenen in unserem Land bestmöglich und langfristig zu versorgen. Da bin ich auch sehr dankbar für die Worte unserer neuen Frau Bundesministerin, die klargestellt hat, dass im Sozialministerium


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an dem Pflegekonzept, an den Unterlagen, die die bisherige Regierung ausgearbeitet hat, auch in der Übergangszeit bis zur nächsten Regierungsbildung weitergearbeitet wird.

Erlauben Sie mir trotzdem zu Beginn – auch wenn viele Vorredner die wesentlichen Kernpunkte des Tagesordnungspunkts bereits zusammengefasst haben – eine kurze eigene Zusammenfassung.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, den wir heute einstimmig annehmen werden, wird die längst überfällige Valorisierung des Pflegegelds nicht nur als einmalige, son­dern als eine jährliche Erhöhung auf Basis des Pensionsanpassungsfaktors über – und das freut mich ganz besonders – alle Pflegestufen hinweg, von Stufe 1 bis Stufe 7, beschlossen. Dies, meine Damen und Herren, bedeutet eine deutlich weiter gehende Verbesserung für die Betroffenen, als das bisher im Regierungsprogramm vorgesehen war. Es bedeutet, dass nun auch die besonders vielen Betroffenen der Pflegestufen 1 bis 3 von den jährlichen Anpassungen profitieren werden, und das sind eben überwiegend jene Personen, die sich noch in häuslicher, oft familiärer Pflege befinden.

Diese Stärkung und Attraktivierung der Pflege zu Hause ist aus meiner Sicht eine zwingend notwendige Maßnahme, um unser Pflegesystem langfristig finanzierbar zu halten. Dafür darf und soll, sehr geehrter Herr Kollege Wöginger, auch Geld in die Hand genommen werden, denn würde sich die Pflege stärker in den stationären Bereich verlagern, käme uns das ganze System noch viel teurer. So gesehen sind die Mehrkosten für die Erhöhung des Pflegegelds absolut überschaubar und tragbar.

Ich darf Ihnen nun noch aus meiner persönlichen Sicht ein paar Punkte nennen, die wir heute noch nicht gehört haben, betreffend die Frage, wie die Pflege weiter verbessert werden könnte.

Zuallererst zum Pflegegeld selbst: Hier ist es aus meiner Sicht notwendig, den Pflegegeldbetrag der einzelnen Stufen noch besser an den tatsächlichen Aufwand anzupassen, um die Unausgewogenheiten zwischen den verschiedenen Pflegestufen zu beseitigen.

Weiters besteht aus meiner Sicht bei der Einstufung in die Pflegestufen Handlungs­bedarf. Sachverständige, vor allem auch jene der Pflegedienste, sollten bereits bei der Ersteinstufung ein Mitspracherecht haben, damit deren Expertise nicht erst aufwendig und im Nachhinein eingebracht werden muss.

Ein weiterer Punkt betrifft die Angehörigenpflege, die heute bereits vielfach ange­sprochen wurde. Diese, genauso wie eine 24-Stunden-Pflege oder jede andere Form der mobilen Pflege in den eigenen vier Wänden, sollte durch zusätzliche Maßnahmen attraktiviert werden und darf nicht zu einer höheren finanziellen Belastung der Betroffenen führen, als dies bei der stationären Pflege der Fall ist, denn nur so können wir den bislang hohen Anteil an häuslicher Pflege auch weiterhin und langfristig auf­recht­erhalten.

Zu guter Letzt bin ich der Meinung, dass auch die Kompetenzbefugnisse der Pflege, insbesondere der diplomierten Pflege, an die Anforderungen der Realität angepasst und deren Arbeitsbedingungen und Entlohnungssystem verbessert werden sollen, denn nur so können wir dem bestehenden Pflegekräftemangel entgegenwirken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die nächste Bundesregierung hat in Sachen Pflege also noch viel zu tun. Wir werden heute jedoch einen ersten wichtigen gemein­samen Schritt zur Verbesserung der Situation für alle Betroffenen mit Pflegebedarf beschließen. Ich bedanke mich bei allen Fraktionen, dass dieses Gesetz gemeinsam getragen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

20.25

20.25.20



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 253

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Da dazu nun niemand mehr zu Wort gemeldet ist, schließe ich die Debatte.

Ich frage den Herrn Berichterstatter, ob er ein Schlusswort wünscht. – Das ist nicht der Fall.

Somit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 646 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist wiederum einstimmig. Somit ist der Gesetz­entwurf in dritter Lesung angenommen.

20.26.0523. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 871/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird (647 d.B.)


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Wir gelangen nun zum 23. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Taschner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.26.32

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es handelt sich bei diesem Antrag zum Bildungsinvestitionsgesetz um ein sehr wichtiges Projekt. Es geht darum, die Nachmittagsbetreuung, die Ganztages­betreuung von Sechs- bis 14-Jährigen finanziell abzusichern, und das wird mit diesem Gesetz gemacht. Wir werden die Ganztagesbetreuung ausweiten können, wir werden sie auch qualitativ aufwerten können. All dies ist in diesem Gesetz enthalten, und das ist eine ganz wichtige Angelegenheit.

Nebenbei gesagt, meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Gesetz ist schon vorbereitet worden. Es handelt sich dabei um eine Viertelmilliarde Euro, das ist kein geringer Betrag, der über einige Jahre investiert werden wird.

Dieses Geld ist schon eingepreist worden, das heißt, dieses Geld ist bereits in Ver­handlung mit Bundesminister Faßmann und Bundesminister Löger gewesen. Wir werden also keine zusätzlichen Budgetmittel erforderlich machen, sondern können dieses Gesetz beschließen, ohne die Finanz mit zusätzlichen Mittelforderungen weiter zu belasten. Das darf ich dem Herrn Finanzminister freudig mitteilen. (Beifall bei der ÖVP.) Für Länder und Gemeinden, die es exekutieren wollen, ist daher jedenfalls Planungssicherheit bis 2023 gegeben.

Ich möchte mir erlauben, aus Anlass dieser sehr guten und wichtigen Mitteilung zwei Fußnoten anzubringen. Die erste Fußnote betrifft die Nachmittagsbetreuung als solche. Es war uns sehr wichtig, dass wir diese Nachmittagsbetreuung in den verschiedensten Formen unterstützen können, auch in den Formen der sogenannten nichtverschränk­ten Nachmittagsbetreuung, das heißt, dass den Eltern möglichst viel Freiraum in der


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Gestaltung der Erziehung der Kinder gegeben werden kann. Das ist uns sehr wichtig. Es geht darum, dass die Freiheit der Eltern als Ideal erhalten bleibt. Das ist natürlich auch ein gewisses Risiko, das wir den Eltern aufbürden, aber es ist im Sinne unserer Vorstellung, wie Kindererziehung am besten erfolgen sollte. Das Korsett für diese Erziehung soll nicht so fest gespannt werden, dass es dann gleichsam zu einer Bevormundung durch öffentliche Stellen und durch den Staat wird. Wir wollen eine wirkliche Freiheit in der Erziehung gewahrt wissen. – Das ist der eine Punkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Der andere Punkt betrifft die Tatsache, wie dieser Antrag zustande gekommen ist, denn es war nicht die jetzige Bundesregierung, die diesen Antrag im Parlament ein­gebracht hat. Es waren die Parlamentarier selbst, die die Initiative ergriffen haben, namentlich Kollege Mölzer und meine Wenigkeit, die dafür gesorgt haben, dass dieses Gesetz jetzt in die Bahnen gekommen ist. Ich bin ihm und auch allen anderen Kolleginnen und Kollegen im Unterrichtsausschuss dankbar, dass dies gelungen ist. Ich bin auch für die gute Organisation und Koordinierung – ohne die wir ja aufge­schmissen wären – dankbar. Normalerweise nennt man die Namen nicht, aber hier möchte ich partes pro toto Roman Kunyik und Walter Asperl nennen, die uns wirklich unterstützt haben, damit dies so gut gelingen kann. Das ist eine gute Nachricht. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Herr Abgeordneter Kucher! – Ich sehe ihn gerade nicht, vielleicht können Sie ihm das mitteilen: Er hat ja den direkten oder fast direkten Draht zum Kärntner Landeshaupt­mann, sodass er ihm mitteilen kann, wem es der Kärntner Landeshauptmann, der sich ja sehr für dieses Gesetz eingesetzt hatte, verdanken kann und an wen er seine Dan­kes­worte richten kann, wenn dieses Gesetz jetzt eingeführt wird.

Es war tatsächlich der 27. Mai, der eigentlich, ich möchte sagen, in einer Geisterstunde diese Situation so hervorgerufen hatte. Sie haben einem Bundeskanzler, dem nicht nur Österreich, sondern die Staatskanzleien Europas und der ganzen Welt im höchsten Maße Weitsicht, Verantwortungsbewusstsein und Mut attestiert hatten (Abg. Leichtfried: Genau!), jawohl, dem haben Sie – ich möchte sagen: ira et studio würde Tacitus sagen (Abg. Jarolim: Aber da gibt es eine andere Meinung auch!) – mit Zorn und Grimm (Abg. Leichtfried: Nein, das ist ein Irrtum!) das Misstrauen ausgesprochen. (Abg. Leichtfried: Mit großer Gelassenheit haben wir das Misstrauen ausgesprochen! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Jarolim und Leichtfried.)

Ich muss Ihnen sagen, das ist aufgrund einer Idee des Leiters einer Partei, die jetzt gerade in Auflösung begriffen ist, geschehen. Dass sich die Sozialistische Partei von Adler bis hin zu Kreisky immer mit Ruhm, Stolz und Ehre präsentiert hatte, haben Sie jetzt schon vergessen. Sie sind noch unter dieses Niveau gegangen. Sie haben nicht nur dem Bundeskanzler, sondern der ganzen Bundesregierung das Misstrauen ausge­sprochen, auch Minister Faßmann, einem Mann ohne Fehl und Tadel (Beifall bei der ÖVP), einem Minister, der nach zehn Jahren ideologiebesetzter Bildungspolitik die Hoffnung dargestellt hat (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), haben Sie sozusagen verwehrt - - (Abg. Leichtfried: Haben Sie das mitbekommen? Da klatscht jetzt die ÖVP, weil wir das Misstrauen ausgesprochen haben! – Abg. Plessl: Die Regierung hatte keine Mehrheit mehr!) – Ich glaube, Sie haben nicht ganz begriffen, warum diese Damen und Herren geklatscht haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Wöginger: Das ist steirische Logik!)

Diesem Minister, der dieses Gesetz vorbereitet hat, haben Sie also verwehrt, dass er sagen kann: Das ist auch ein wichtiger Teil unserer Bildungspolitik. – Jetzt werden Sie halt auch für dieses Gesetz stimmen. Gut, es sei (Zwischenruf des Abg. Jarolim), aber ein schaler Nachgeschmack bleibt zurück. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP.)

20.32



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 255

Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hammerschmid. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.32.56

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirmen! Ich möchte nach diesem Exkurs jetzt wieder zum eigentlichen Thema zurückführen. Es geht um das Bildungsinvestitionsgesetz und den Ausbau von ganztägigen Schulen.

Das ist ein ganz, ganz zentraler und wichtiger Teil moderner Bildungspolitik. Österreich ist nur eines von ganz wenigen Ländern in Europa und international, das diese ganz­tägigen Schulen noch nicht im Regelschulwesen hat. Der Bildungswissenschafter Michael Schratz hat es einmal wirklich scharf auf den Punkt gebracht: dass Österreich und Deutschland noch immer auf ein Halbtagsmodell setzen, sei, durch die internationale Brille betrachtet, sowieso nur eine Skurrilität. So sehe ich das auch.

Es ist eine Skurrilität, denn in ganztägigen Schulen haben wir die Zeit, zu gestalten, zu lernen, zu unterstützen, zu fordern, zu fördern, zu spielen, Sportmöglichkeiten, Musik, Kunst anzubieten, den Schülerinnen und Schülern schlichtweg Optionen zu bieten, ihr Potenzial und ihre Talente frei zu entfalten. Das ist zentral, wie ich meine, und für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer ein wichtiges Anliegen: die beste Bildung für unsere Kinder entlang ihrer Talente und ihrer Potenziale. (Beifall bei der SPÖ.)

Chancengerechtigkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht im Mittelpunkt. In der ganztägigen Schule haben wir die Zeit dafür. Wir haben die Zeit, sie zu unterstützen. Die Zahlen sprechen ebenfalls eine sehr, sehr klare Sprache. Die Zahl der Sitzen­bleiber – und ich nehme jetzt nur eine Zahl her – reduziert sich in der verschränkten Ganztagsschule nämlich von 8,4 Prozent auf 1,4 Prozent. Da brauchen wir nicht weiter zu diskutieren, welches Schulmodell besser ist, und auch die Expertinnen und Exper­ten aus der OECD, aus der Kommission und so weiter schreiben uns immer wieder ins Stammbuch, den Ausbau der ganztägigen Schulen raschest voranzutreiben.

Wir haben uns 2016 die stolze Summe von 750 Millionen Euro, lieber Kollege Taschner, nicht 250 Millionen Euro, sondern 750 Millionen Euro aus der Bankenmilliarde für den Ausbau der ganztägigen Schulen vorgenommen und gesichert. (Beifall bei der SPÖ.) Das war ein Plus von 115 000 ganztägigen Schulplätzen bis ins Jahr 2025 – so der Plan. Diese Gelder sollten auch für die Ferienbetreuung Verwendung finden.

Was aber hat die schwarz-blaue Bundesregierung getan? – Sie hat sehr schnell be­schlossen, an diesem Gesetz herumzudoktern und -fuhrwerken und hat die Zeit des Ausbaus gleich einmal bis 2033 gestreckt. Aus den 115 000 Plätzen wurden plötzlich nur mehr 40 000. (Abg. Plessl: Eingespart haben sie’s!) Dieses Gesetz, diese Novelle dient leider auch dazu, stark zu verwässern und andere Bereiche zu kofinanzieren, mitzufinanzieren, denn in die 40 000 Plätze, die jetzt noch übrig sind, werden auch gleich die Horte eingerechnet, um das Ziel schneller und leichter zu erreichen. Sie sollen auch in Zukunft mitgefördert werden können.

Dazu kommt: Zuerst hat Schwarz-Blau den Integrationstopf abgeschafft, die Sozial­arbeiter gestrichen. Jetzt werden sie aus diesem selben Topf wieder gefördert – wieder eine Verwässerung.

Zudem kommt hinzu, dass Schwarz-Blau unsere Vorsorge, unseren nachhaltigen Plan der langfristigen Finanzierung von bestehenden ganztägigen Schulplätzen im Finanz­ausgleich in der Aufgabenorientierung schlichtweg gestrichen hat, und jetzt finanzieren wir das auch noch gleich da heraus.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 256

Der Plan ist also relativ klar, und es ist absehbar, wohin uns dieses Gesetz führen wird, nämlich dorthin, dass die Schulerhalter natürlich großes Interesse daran haben wer­den, ihre bestehenden Plätze und ihre Horte weiter zu finanzieren, denn sie haben ja sonst keine Möglichkeit dazu, und die Motivation, auszubauen, wird sich in über­schaubarem Ausmaß halten.

Uns als Sozialdemokratie sind die Gemeinden und Schulerhalter wichtig. Das ist klar. Deshalb werden wir dieser Novelle zustimmen. Wir haben aber auch im Unterrichts­ausschuss schon einen Antrag eingebracht, und ich bringe hier abermals den Abän­derungsantrag zum Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 871/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird.

In diesem Abänderungsantrag ist Folgendes zum Ausdruck gebracht: Wir wollen wieder zurück zum ursächlichen Pfad; 2026 soll das Ausbauziel sein.

Wir wollen dieses Ausbauziel mit einer Betreuungsgarantie für Kinder, die es in den Ferien brauchen, verbinden, denn wir wissen aus den Studien, aus den Zahlen – und von der Arbeiterkammer nicht zuletzt neu erhoben –, dass Eltern Probleme haben, Kinder neun Wochen in den Ferien zu betreuen, überhaupt Betreuungsmöglichkeiten zu finden. Sie geben im Jahr 450 Euro dafür aus. Das kann sich nicht jeder leisten. Diese Betreuungsgarantie ist uns deshalb ein zentrales Anliegen und ist auch mit hineinverwoben.

Was noch dazukommt, ist, dass 35 000 Schülerinnen und Schüler eine Nachprüfung machen müssen. Das heißt, zusätzlich zur Ferienbetreuung ist uns die Lernhilfe ein ganz wichtiges Anliegen, und auch das ist im Antrag entsprechend enthalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kollegen von der ÖVP, von der FPÖ, gebt euren Herzen einen Ruck und unterstützen wir die Eltern, unterstützen wir vor allem die Schülerinnen und Schüler! Geht mit unserem Abänderungsantrag zu einem rascheren, schnelleren Ausbau der ganztägigen Schule mit Lernhilfe und mit Ferienbetreuung mit!

Abschließend darf ich den Pädagoginnen und Pädagogen noch ganz, ganz herzlich danken und ihnen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern und dem Unter­stützungspersonal an den Schulen wunderschöne Ferien wünschen. Genießen Sie die Tage zur Erholung und auf ein gutes neues Schuljahr! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.39

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

§ 53 Abs 3 GOG-NR

der Abgeordneten Sonja Hammerschmid,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Unterrichtsausschusses (647 d.B.) über den Antrag 871/A der Abge­ordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der der Bericht des Unterrichtsausschusses (647 d.B.) über den Antrag 871/A der Abgeord­neten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 257

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinvestitionsgesetz geändert wird, angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

„1. In Ziffer 4 lautet § 2 Abs. 1 erster Satz: 

„Der Bund stellt für den Freizeitbereich im Rahmen der schulischen Tagesbetreuung sowie für außerschulische Betreuungsangebote an ganztägigen Schulformen auch in den Ferienzeiten, welche Gratisnachhilfe und Lernunterstützung beinhaltet, in den Schuljahren 2019/20 bis 2025/26 den Betrag von insgesamt 750 Millionen Euro zur Verfügung.“

2. In Ziffer 4 § 2 Abs. 1 lautet die Tabelle:

2020 und 2021

2022 bis 2025

2026

je 65.000.000,0

je 60.000.000,0

58.000.000,0

 

3. Ziffer 4 § 2 Abs. 2 lautet: 

(2)        Die Beträge gemäß Abs. 1 werden je Bundesland wie folgt aufgeteilt:

2020

2021

2022 bis 2025

2026

 

Gesamtsumme in Euro

Gesamtsumme in Euro

Gesamtsumme in Euro

Gesamtsumme in Euro

(höchstens)

(höchstens)

(höchstens)

(höchstens)

Burgenland

2.206.236,5

2.206.236,5

2.036.526,0

1.968.641,8

Kärnten

4.347.826,0

4.347.826,0

4.013.377,8

3.879.598,5

Niederösterreich

12.496.626,4

12.496.626,4

11.535.347,4

11.150.835,8

Oberösterreich

10.965.819,8

10.965.819,8

10.122.295,2

9.784.885,4

Salzburg

4.111.978,7

4.111.978,7

3.795.672,6

3.669.150,2

Steiermark

9.386.132,6

9.386.132,6

8.664.122,4

8.375.318,3

Tirol

5.479.870,5

5.479.870,5

5.058.342,0

4.889.730,6

Vorarlberg

2.861.368,9

2.861.368,9

2.641.263,6

2.553.221,5

Wien

13.144.140,8

13.144.140,8

12.133.053,0

11.728.617,9

Österreich

65.000.000,0

65.000.000,0

60.000.000,0

58.000.000,0

 

4. In Ziffer 4 § 2 Abs. 3 wird die Wendung „Jahr 2033“durch „Jahr 2026“ und die Wendung „Jahr 2022“ durch „Jahr 2026“ ersetzt. 


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 258

5. In Ziffer 4 § 2 Abs. 4 wird die Wortfolge „die Ferienbetreuung im Zusammenhang mit neu geschaffenen Betreuungsplätzen“ durch die Wortfolge „die Ferienbetreuung sowie Gratisnachhilfe und Lernunterstützung“ ersetzt.

6. In Ziffer 4 § 2 Abs. 4a wird die Wortfolge „bestehende außerschulische Betreu­ungsangebote“ durch „bestehende außerschulische Betreuungsangebote sowie Gratis­nachhilfe und Lernunterstützung in den Ferien“ ersetzt.

7. In Ziffer 4 § 2 Abs. 5 wird die Wendung „des Schuljahres 2018/19“ durch „der Schuljahre 2017/18 und 2018/19“ ersetzt.

8. In Ziffer 6 § 4 Abs. 1 wird die Wortfolge „für außerschulische Betreuungsangebote an ganztägigen Schulformen“ durch „für außerschulische Betreuungsangebote sowie Gratisnachhilfe und Lernunterstützung an ganztägigen Schulformen“ ersetzt.

9. In Ziffer 8 § 5 Abs. 3 wird der letzte Satz gestrichen.

10. Ziffer 8 § 5 Abs. 5 lautet:

(5) Bei der Festsetzung der Beiträge für die Betreuung im Betreuungsteil ganztägiger Schulformen ist auf eine Entlastung der Erziehungsberechtigten insbesondere durch eine soziale Staffelung Bedacht zu nehmen.

11. Ziffer 8 § 5 Abs. 6 entfällt, die Abs. 7 bis 11 werden zu Abs. 6 bis 10.

12. In Ziffer 8 wird im neuen Abs. 6 (vormals Abs. 7) die Wortfolge „Ausbau der schulischen Tagesbetreuung und der Ferienbetreuung“ durch „Ausbau der schulischen Tagesbetreuung und der Ferienbetreuung sowie Gratisnachhilfe und Lernunterstüt­zung“ ersetzt.

Begründung

Zu Z 2 und Z 3:

Das Bildungsinvestitionsgesetz, BGBl. Nr. 8/2017 hatte bei Beschlussfassung im Jänner 2017 das Ziel, ein flächendeckendes Angebot an schulischer Tagesbetreuung (auch in verschränkter Form) in einem Umkreis von maximal 20 km zum Wohnort zur Verfügung zu stellen. Weiters sollte auch das außerschulische Betreuungsangebot während der Ferienzeiten ausgebaut werden. Dieses Ziel sollte bis 2025 erreicht werden. Dazu steht insgesamt ein Betrag von 750 Millionen Euro zur Verfügung. Gegenfinanziert wird dies durch die Abschlagszahlung der Bankenmilliarde iHv. 1 Mrd. Euro. Die ÖVP/FPÖ Regierung hat 2018 allerdings den Ausbau durch die Halbierung der jährlich für den Ausbau zur Verfügung gestellten Mitteln bzw. Verschiebung der Auszahlungen bis zum Jahr 2032 drastisch gebremst. Im vorgelegten Antrag 871/A werden die Auszahlungen um ein weiteres Jahr auf 2033 verschoben. Dabei ist zu beachten, dass dringend Maßnahmen zur Verbesserung von Familie Beruf zu setzen sind – und nicht erst in mehr als zehn Jahren. Gleiches gilt für pädagogische Vorteile, die sich durch den Ausbau ganztägiger Schulformen erzielen lassen.

Zu betonen ist außerdem, dass mit der vorgeschlagenen Novelle der Mechanismus der Mittelbereitstellung verändert werden soll und dadurch das Abrufen der Mittel erleich­tert werden soll. Es ist daher insgesamt nicht einzusehen, warum die vorhandenen Mittel iHv. 750 Mio. Euro nicht ehest möglich für einen raschen Ausbau zur Verfügung gestellt werden sollen, umso die genannte Zielsetzung eines flächendeckenden Ange­bots an ganztägigen Schulformen, das von 40% der Kinder von 6 bis 15 Jahren ge­nutzt wird, sobald als möglich zu erreichen. 

Zu Z 1, Z 3 bis 8, Z 10 bis 12:


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 259

Bisher wurde in der Novelle der Fokus auf die Ferienbetreuung gelegt, nicht aber auf Lernunterstützung im Rahmen der Ferienbetreuung – insbesondere natürlich jene in den Sommerferien. Viele SchülerInnen müssen auch in den Ferien lernen, da sie etwa zum Schulbeginn eine Nachprüfung haben, um in die nächste Schulstufe aufsteigen zu können, oder um generell Defizite aufholen zu können. Eine fachliche Unterstützung ist für den rascheren Lernerfolg oftmals von entscheidender Bedeutung, scheitert aber mitunter an den finanziellen Möglichkeiten des Elternhauses. Daher wird gesetzlich klargestellt dass den Ländern explizit auch Gelder für den Ausbau von Gratisnachhilfe und Lernunterstützung bereit gestellt wird.

Zu Z 9:

Da das derzeitige Angebot an ganztägigen Schulformen insbesondere im ländlichen Raum schlecht ausgeprägt ist, wurde die Kopplung zusätzlicher Investitionen an die demographische Entwicklung wieder gestrichen. Dies ist nicht nur für kleine Schul­standorte problematisch, sondern verstärkt derzeitige Tendenzen der Landflucht zu­sätzlich: junge Familien werden sich dann im ländlichen Raum niederlassen bzw. bleiben, wenn sie auch entsprechende Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorfinden. Dazu zählt auch das Angebot an ganztägigen Schul­formen.

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der Abänderungsantrag wurde in Grundzügen erläutert, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung, nachdem er auch ausgeteilt worden ist.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried: Ich glaube, jetzt muss der Nehammer nachgemeldet werden!)


20.39.48

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Kollege Taschner hat schon sehr präzise auf den Punkt gebracht, wie dieser Antrag zustande gekommen ist.

Es ist, glaube ich, wichtig, dass wir das hier im Parlament erledigt haben beziehungs­weise heute erledigen werden und im Interregnum – wenn man so will – eine wesent­liche Maßnahme umsetzen. Ich schließe mich natürlich auch dem Dank an die beteiligten Proponenten im Unterrichtsausschuss, an die beiden Fachreferenten, an, dass das so geklappt hat. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Frau Kollegin Hammerschmid, Sie haben richtig gesagt, dass es uns ein Anliegen sein muss, die bestmögliche Ausbildung, Chancengleichheit und dergleichen fort für unsere Kinder im Bildungsbereich zu schaffen. Das ist ja selbstverständlich, also ein Stehsatz, den man auch mit Leben erfüllen muss.

Sie haben es erwähnt, Sie haben das 2016 mit ein paar Fehlern, wenn man so will, und unter falschen Voraussetzungen gemacht. Unseres Erachtens war die haupt­sächliche falsche Voraussetzung der Umstand, dass Sie halt versucht haben, das über Zwang zu machen – das hat nicht ganz funktioniert.

Das Zweite ist, dass offensichtlich die Anschubfinanzierung als solche nicht abgeholt worden ist. Das wissen wir. Wenn Sie bemängeln, dass wir mit der heutigen Novel­lierung die Gemeinden, die Schulerhalter, nicht dazu anregen würden, weiter auszu­bauen, dann darf ich Sie daran erinnern, dass es just Ihr sozialdemokratischer Kollege,


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Herr Landeshauptmann Peter Kaiser war, der gesagt hat, wir brauchen unbedingt die Novelle, um weiter auszubauen. Die hätten es also mit Ihrem Modell nicht gemacht.

Ich bin der Überzeugung, dass wir durch unseren Föderalismus ein vielgestaltiges Land haben. Wir haben auf der einen Seite ja bekanntermaßen urbane Ballungszen­tren, auf der anderen Seite aber auch sehr viel ländlichen Raum, der ganz andere Bedürfnisse hat. Dieses vielgestaltige Land braucht auch entsprechend vielgestaltige Lösungsansätze. Das ist etwas, was wir heute mit dieser Novellierung, glaube ich, berücksichtigen und dem wir entsprechend Rechnung tragen.

Es ist schon mehrfach vom Kollegen Taschner erwähnt worden, dass wir einen bedarfsorientierten Ausbau der ganztägigen Schulformen betreiben. Wir stellen die finanziellen Mittel sicher und werden es schaffen, bis 2022 weitere 40 000 Plätze ins Leben zu rufen.

Wir machen eine Verwaltungsvereinfachung, indem wir die Verteilung nur mehr über die Länder bewerkstelligen werden. Wir stellen dazu sicher, dass eben die schulischen und außerschulischen Betreuungseinrichtungen gleichgestellt werden. Das ist in einem vielgestaltigen Land durchaus sinnvoll.

Wir legen auch gleichzeitig fest, dass es natürlich gewisse Qualitätsstandards für eben diese außerschulischen Betreuungseinrichtungen geben muss; das ist auch nicht unwesentlich und auch ein Fehler, der Ihnen damals passiert ist, geschätzte Kollegin Hammerschmid, beziehungsweise denen, die es beschlossen haben. Die mit Öffentlich­keitsrecht ausgestatteten ganztägigen Schulen kommen auch wieder in die Förder­schiene. Das ist, glaube ich, auch nicht ganz unwichtig.

Wir schaffen es also, den leichten Pfusch aus dem Jahr 2016 zu reparieren – auch das hat Kollege Taschner schon erwähnt. Ein wesentlicher Punkt aus freiheitlicher Sicht ist, dass wir dazu übergehen, die Wahlfreiheit der Eltern zu forcieren. Wir wissen aus vielen praktischen Beispielen, dass die verschränkte Form des ganztägigen Schul­unterrichts oder der ganztägigen Schulform eben nicht angenommen wurde, vor allem nicht im ländlichen Bereich, dass also die Wahlfreiheit der Eltern betroffen war.

Das war eine zentrale freiheitliche Forderung; ohne uns Freiheitliche wäre das nicht im Regierungsprogramm gestanden. Es freut mich, Kollege Taschner, dass du das sozusagen auch so siehst. Ich kann mich aber daran erinnern, wir haben diesen Punkt Wahlfreiheit damals wirklich hineinverhandeln müssen. Daher freue ich mich ganz besonders, dass wir das hier umsetzen, denn natürlich sind wir uns alle einig: Wir brauchen einen Ausbau der ganztägigen Betreuungsformen – aber eben nicht mit Zwang in nur eine Richtung.

Es geht aber nicht nur um den Ausbau, sondern auch um den Erhalt dieser Betreu­ungsformen – auch das werden wir mit dieser Vorlage entsprechend sichern. Wir schaffen es mit der Kofinanzierung von 30 Prozent durch die Länder und die Ge­meinden, dass wir eine höhere Zahl an Betreuungsplätzen sicherstellen und damit sicher auch nachhaltiger werden. Wir haben es eben, glaube ich, ganz gut gemacht, dass es da künftig geordnete Rahmenbedingungen und auch Rechtssicherheit für die Schulerhalter geben wird.

Zum Abänderungsantrag der SPÖ – Stichwort Gratisnachhilfe –: Zum einen muss ich wirklich einmal festhalten, dass unser Antrag vorsieht, dass es entsprechende Förder­möglichkeiten gibt. Die Gratismentalität finde ich einfach nicht gut, das ist unseres Erachtens abzulehnen. Wir schaffen aber dennoch eine Verbesserung des Angebots, das auch niederschwellig für sozial Schwache zugänglich ist. Der Unterrichtsaus­schuss – Frau Kollegin Hammerschmid, das wissen Sie – hat ja auch noch einmal sicherheitshalber festgestellt, dass mit der Lernunterstützung auch definitiv Nachhilfe


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gemeint und diese umfasst ist. Ich glaube, auch da wird es eine Verbesserung geben. Wir werden dieses Problem der überbordenden Notwendigkeit von Nachhilfe auch in den Griff bekommen.

Ich halte also abschließend fest: Auf der einen Seite schaffen wir eine effiziente Mittelsicherstellung und auf der anderen Seite – aus freiheitlicher Sicht ganz besonders wichtig – eben auch die entsprechende Wahlfreiheit. Das wird dann sicher um einiges besser funktionieren und sicher auch besser angenommen werden. Die Eltern und Schüler werden natürlich entsprechend davon profitieren.

Wir haben zwar heute und morgen noch zwei weitere Unterrichtsvorlagen auf der Tagesordnung, aber ich denke, das ist vorerst der prominente Schlusspunkt einer anderen Bildungspolitik, einer Bildungspolitik, die nicht einen sozialistischen Einschlag gehabt hat. Ich hoffe – wir werden sehen, was der Wähler im Herbst sprechen wird –, dass wir diese Bildungspolitik in irgendeiner Form fortsetzen können.

Eines ist dabei klar: Ich glaube, wir Freiheitlichen sind eben ein Garant dafür, dass wir keine sozialistische, keine sozialdemokratische, sondern eine erfolgreiche und den Bedürfnissen unserer Bürgerinnen und Bürger, unserer Schülerinnen und Schüler ent­sprechende, gerechte Unterrichts- und Bildungspolitik machen werden. – Danke. (Bei­fall bei FPÖ und ÖVP.)

20.45


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff zu Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.45.40

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Mölzer, ich würde mir eine Sache von der nächsten Regierung wünschen, was Bildungspolitik betrifft, nämlich dass es eine evidenzbasierte Bildungspolitik ist und nicht eine – das ist genau das, was ich auch wieder an dieser Novelle zu kritisieren habe –, bei der es nur darum geht, links gegen rechts auszuspielen. (Zwischenruf des Abg. Mölzer.)

Das ist nämlich genau das, was wir immer wieder haben. Das ist die gefühlt zehnte Novelle, die wir beim Bildungsinvestitionsgesetz haben, bei der es nur darum geht, das, was die vorherige Regierung gemacht hat, wieder rückgängig zu machen, und das ist, glaube ich, am Ende des Tages schlecht für die Schülerinnen und Schüler, weil es auf deren Rücken passiert.

Wenn man sich dieses Bildungsinvestitionsgesetz ansieht, dann ist es recht ernüch­ternd, was da stattfindet. Der bisherige Schwerpunkt – das wurde schon von meinen Vorrednern ausgeführt – weg von der verschränkten Ganztagsschule hin zur getrenn­ten ist verstärkt worden. Das heißt, dass am Ende des Tages genau dieses Modell, von dem wir wissen, dass es sehr gut funktioniert – Frau Kollegin Hammerschmid hat das sehr schön ausgeführt –, und von dem wir wissen, dass es mehr Chancen für SchülerInnen erzeugt, abgedreht wird.

Dementsprechend halte ich genau diese nicht mehr vorhandene Umwandlungsmög­lichkeit von der getrennten in die verschränkte Ganztagesbetreuung für eine wirkliche Katastrophe – man muss es so sagen, weil das Schülerinnen und Schülern wirklich Chancen nimmt.

Darüber hinaus bedeutet die Streckung der Mittel, deren Verwendungsrahmen von 2025 auf 2032 verlängert wurde, de facto weniger Geld, das für den Ausbau von Ganztagesplätzen da ist. Wir wissen auch, dass das insbesondere für Eltern ein sehr wichtiges und attraktives Angebot ist, weil es eben für Eltern wichtig ist, zu wissen,


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dass ihre Kinder in der Schule gut versorgt sind und dort dann auch wirklich viele Dinge fürs Leben mitbekommen. Wir dürfen nämlich nie vergessen: In der Schule sollen wir und werden wir den jungen Menschen das Handwerkszeug für ihr Leben mitgeben. Das ist etwas Großartiges und etwas Wichtiges und da ist die verschränkte Form eine sehr wichtige.

Das Glas ist aber nicht ganz leer, sondern halb voll, wie man auch sagen kann. Es gibt auch Dinge, die positiv sind. Eine Sache, für die wir lange gekämpft haben, ist, dass endlich auch Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht berücksichtigt werden, diese Ange­bote machen können und förderungswürdig sind. Das ist etwas, worum wir NEOS schon lange kämpfen, und das ist nun der Fall.

Positiv ist auch, dass zumindest 5 Prozent der Mittel, die nicht verbraucht wurden, für Unterstützungspersonal verwendet werden können. Das ist etwas, was ich durchaus begrüße. Es steht viel zu wenig Budget für das Unterstützungspersonal zur Verfügung, aber es ist zumindest ein wichtiger Schritt, damit wir da mehr Mittel haben.

Man darf auch eine Sache nicht vergessen: Wenn wir dieses Bildungsinvestitions­gesetz heute vor der sogenannten Sommerpause, also der sitzungsfreien Zeit des Parlaments, nicht beschließen würden, dann hätten wir im Herbst ein sehr großes Problem, nämlich dass rund 40 000 neu geschaffene Plätze nicht geschaffen werden und dass auch die 132 000 bestehenden Plätze nicht gesichert sind – auch finanziell nicht gesichert sind. Wir wollen natürlich keine Politik auf Kosten der Schülerinnen und Schüler machen, deswegen werden wir da auch mitgehen und unsere politische Ver­antwortung wahrnehmen.

Dennoch – das möchte ich schon am Ende des Tages sagen – ist es wichtig, dass die nächste Bundesregierung ihre politische Verantwortung wahrnimmt und nicht wieder eine Umfärberei stattfinden lässt, sondern endlich evidenzbasierte Bildungspolitik für die nächste Generation macht. (Beifall bei den NEOS.)

20.49


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Cox zu Wort. – Bitte.


20.49.18

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren vor den Bild­schirmen! Wir werden der Novelle zum Bildungsinvestitionsgesetz heute auf jeden Fall zustimmen, weil damit einige wichtige Punkte, die auch schon die Kolleginnen und Kollegen vor mir erwähnt haben, verankert werden. Ausschlaggebend dabei ist beson­ders die Tatsache, dass die Finanzierung der Ganztagsbetreuung ab Herbst sicher­ge­stellt werden muss. Das ist ein Fakt und dem wollen wir uns auf keinen Fall verwehren, denn Familien sind auf Ganztagsbetreuung angewiesen, vor allem, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht.

Besonders in Wien und in städtischen Bereichen gibt es bereits sehr gute Angebote. Wichtig ist allerdings, dass wir dieses Angebot auch auf den ländlichen Bereich aus­weiten. Mit dem Bildungsinvestitionsgesetz muss also der Ausbau der Ganztagsbetreu­ung auch da voranschreiten.

In diesem Punkt sehen wir die vorliegende Novelle allerdings sehr kritisch, weil damit der Ausbau der Betreuung verlangsamt wird. Es wurde bereits erwähnt: Das Ziel, die Ganztagsbetreuung von schulpflichtigen Kindern bis 2025 von 20 auf 40 Prozent zu erhöhen, zu erreichen, sehe ich im Moment eher kritisch, weil das ja ziemlich verwäs­sert und gestreckt wurde. Ich bin gespannt darauf, ob wir dieses Ziel wirklich erreichen – es wäre wünschenswert. Im Moment sehe ich allerdings noch eher


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schwarz. Deswegen werden wir auf jeden Fall dem Abänderungsantrag der SPÖ zu­stimmen.

Kritisch sehe ich auch die Tatsache, dass die Regierung die Finanzierung des Unter­stützungspersonals über das BIG als Erfolg feiert, weil das eine Farce ist. Die Mittel aus dem Integrationstopf laufen bis Ende dieses Schuljahres aus, und anstatt diese zu verlängern, werden nun Gelder vom Bildungsinvestitionsgesetz abgezwackt, was bedeutet, dass die Betreuung für schulpflichtige Kinder beschnitten wird. Das ist etwas, das ich nicht als gut empfinde.

Für uns ist auch noch die Ferienbetreuung essenziell. Wir haben dazu schon etliche Anträge – auch im Ausschuss selbst – eingebracht, die dann vertagt wurden. Wir sehen, die Ferien starten. Viele der Eltern haben fünf Wochen Urlaub im Jahr. Wir wissen, dass die Kinder nun mehr als zwei Monate Ferien haben. Da stellen sich die Eltern dann natürlich die Frage: Was passiert mit meinen Kindern? – Das ist eine Frage, die ich keiner Mutter, keinem Vater, keiner Familie in dieser Form wünsche. Das heißt, es braucht da auf jeden Fall noch einen weiteren Ausbau, weil eine Betreuung in den Ferien leistbar und vor allem auch bei der Sekundarstufe I vorhanden sein muss. Das ist unser Ziel.

Ebenso ist es bei der Nachhilfe. Da ist es sehr oft noch vom Geldbörserl der Eltern abhängig, ob eine Nachhilfe möglich ist. Laut einer Ausschussfeststellung ist dies in der Novelle inbegriffen. Ich fordere nicht nur einen gezielten und großzügigen Ausbau der Ferienbetreuung, sondern auch der Nachhilfe. Solange ich noch hier im Haus bin, werde ich besonders darauf schauen, dass diese Forderungen mit dieser Novelle des Bildungsinvestitionsgesetzes auch umgesetzt werden.

Es geht außerdem auch um die Finanzierungssicherheit für die Schulerhalter und die Bundesländer. Es ist wichtig, diese nicht zu vergessen, denn sie muss auch geklärt werden. Ich sehe es als sehr positiv an, dass nicht verbrauchte Fördergelder auch weiter zur Verfügung stehen. Das ist sehr gut. Schlussendlich geht es ja um den Ausbau von ganztägiger Betreuung für unsere Kinder, denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf darf im Jahr 2019 kein Fremdwort sein. Das muss vorhanden sein. Es muss gesichert sein, dass das möglich ist, denn das bedeutet auch Wahlfreiheit. Wahlfreiheit kann man nur haben, wenn auch genug Plätze für die ganztägige Betreu­ung für schulpflichtige Kinder vorhanden sind. Das heißt, ein Plädoyer für diese Wahl­freiheit kann es natürlich erst dann geben, wenn es genug Plätze gibt.

Wir stimmen hier heute zu. Ich bin positiv gestimmt. Es ist aber auf jeden Fall noch einiges zu tun. (Beifall bei JETZT.)

20.54


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Graf zu Wort. – Bitte.


20.54.09

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen! Seit dem Jahr 2012 bemüht sich der österreichische Sport um eine tägliche Bewegungseinheit an den österreichischen Schulen. Diese Bewegungseinheit ist eine gute Voraussetzung für die Gesundheit unserer Kinder und soll ihnen auch Freude am Sport – auch über die Schulzeit hinaus – vermitteln. Außerdem kann sie für das eine oder andere Talent den Einstieg in den erfolgreichen Leistungssport be­deuten.

Auch hier im Nationalrat gab es bereits Konsens für die Umsetzung der täglichen Bewegungseinheit. So hat der Nationalrat am 16. November 2012 einstimmig die


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 264

tägliche Bewegungseinheit in Kindergärten und Schulen durch Einbeziehen der Angebote des organisierten Sports beispielsweise in der Ganztagsbetreuung beschlos­sen. Tatsächlich ist es gelungen – ich erinnere an den Gesetzesbeschluss im Jahr 2015 –, dass in der ganztägigen Schulform die tägliche Bewegungseinheit heute schon Realität ist.

Wir sind allerdings der Meinung, dass das primäre Ziel weiterhin die bundesweite Um­setzung einer täglichen Bewegungseinheit für alle Kinder – vom Kleinkind bis zum Ende der Schulpflicht – sein sollte. Umso verwunderlicher ist die Tatsache, dass die SPÖ am 12. Dezember 2018 dem Antrag von mir und meiner Kollegin Petra Steger betreffend „Sicherstellung von ausreichend Sport und Bewegung an unseren Schulen“ nicht zugestimmt hat. Dieser Antrag beinhaltet nämlich eine tägliche Bewegungseinheit für alle Kinder und Jugendliche im Pflichtschulalter, die von gemeinnützigen Sportvereinen an den Schulen angeboten werden sollen.

Die SPÖ stimmte also noch vor einem halben Jahr gegen die tägliche Bewegungs­einheit. SPÖ-Klubobfrau Rendi-Wagner kündigte aber medienwirksam Mitte Juni für das Juliplenum einen Entschließungsantrag für eine tägliche Turnstunde an – leider ist sie gerade nicht anwesend, sondern glänzt durch Abwesenheit. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sollten uns aber mit dem organisierten Sport eins sein, dass nicht alles nur staat­liche Schulturnstunde sein muss, sondern dass über die tägliche Bewegungseinheit Vereine in die Schulen kommen dürfen. Daher wollen wir Ihnen heute nochmals die Gelegenheit geben, sich gemeinsam mit uns für eine tägliche Bewegungseinheit unter Einbindung gemeinnütziger Vereine für alle Kinder und Jugendlichen im Pflichtschul­alter zu entscheiden.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Graf, Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „täg­liche Bewegungseinheit für alle Kinder und Jugendlichen im Pflichtschulalter“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Öffentlichen Dienst und Sport wird ersucht, in Abstimmung mit dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsu­mentenschutz sowie den Bundesländern und dem organisierten Sport Bewegungs­initiativen in den Schulen unter Einbindung gemeinnütziger Sportvereine weiterhin zu fördern und mittelfristig über die kommenden fünf Jahre hin bis zu einer täglichen Bewegungseinheit für alle Kinder und Jugendlichen im Pflichtschulalter auszubauen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.57

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Graf, Petra Steger

Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 265

betreffend tägliche Bewegungseinheit für alle Kinder und Jugendlichen im Pflichtschul­alter

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 23.) Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 871/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bildungsinves­titions­gesetz geändert wird (647 d.B.)

In der Ganztagsschule ist die tägliche Bewegungseinheit heute schon Realität, indem die im Lehrplan vorgesehene Wochenstundenzahl für den Pflichtgegenstand „Bewe­gung und Sport“ um so viele Bewegungseinheiten im Rahmen der Freizeit an ganz­tägigen Schulformen ergänzt werden soll, dass den Schülerinnen und Schülern in Summe zumindest fünf Bewegungseinheiten pro Woche zuteilwerden.

Primäres Ziel des Sports bleibt aber weiterhin die bundesweite Umsetzung einer täg­lichen Bewegungseinheit für ALLE Kinder in öffentlich finanzierten Betreuungs­einrich­tungen vom Kleinkind bis zum Ende der Schulpflicht unter Einbindung gemeinnütziger Sportvereine.

§ 2 Abs. 1 Schulorganisationsgesetz (sog. „Zielparagraph“) regelt in Entsprechung mit Art. 14 Abs. 5a B-VG die Aufgabe der österreichischen Schule. Die Ergänzung, dass die jungen Menschen auch zu gesundheitsbewussten Gliedern der Gesellschaft heran­gebildet und zu sportlich aktiver Lebensweise hingeführt werden sollen, soll neben anderen Maßnahmen nachhaltig den Bewegungsaspekt als eine der Erziehungs­auf­gaben der österreichischen Schule festigen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Öffentlichen Dienst und Sport wird ersucht, in Abstimmung mit dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sowie den Bundesländern und dem organisierten Sport Bewe­gungsinitiativen in den Schulen unter Einbindung gemeinnütziger Sportvereine weiter­hin zu fördern und mittelfristig über die kommenden fünf Jahre hin bis zu einer täglichen Bewegungseinheit für alle Kinder und Jugendlichen im Pflichtschulalter aus­zubauen.“

*****


Präsidentin Anneliese Kitzmüller: Der soeben verlesene Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.

Als Nächste hat sich die Frau Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte schön.


20.57.39

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung Mag. Dr. Iris Eliisa Rauskala: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Gestatten Sie mir bitte trotz der fortgeschrittenen Zeit als zuständiger Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Forschung, noch einige wenige Worte zum Bildungsinvestitions­ge­setz zu äußern.

Sie haben sich über die sachlichen Argumente und Vorzüge dieses Gesetzes bereits eingehend ausgetauscht. Ich möchte an dieser Stelle meinen ganz herzlichen Dank an


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 266

Sie aussprechen, dass dieses besonders wichtige Gesetz für die Eltern beziehungs­weise für die Schülerinnen und Schüler heute offenbar – so wie es aussieht – sogar einstimmig beschlossen werden kann. Ich möchte Ihnen aber vor allem auch dafür danken, dass Sie die Initiative ergriffen haben, diese Thematik hier im Hohen Haus zu besprechen und aufzugreifen, nachdem – worauf bereits Herr Abgeordneter Taschner verwiesen hat – mein Vorgänger Bundesminister Faßmann dieses Thema gut vorbe­reitet, aufbereitet und auch intensiv begutachtet hat.

Selbstverständlich wird nicht alles, was sich in diesem Gesetz in dieser Form findet, auf absolute Zustimmung stoßen. Das kann bei einem derart großen und breiten Thema kaum der Fall sein. Die Begutachtung hat aber ergeben, dass sowohl Städte- als auch Gemeindebund als auch Länder das vorliegende Gesetz vorwiegend positiv sehen, dass sie vor allem auch die Bestandssicherung sehr, sehr positiv sehen – eine wesentliche Forderung, die mit diesem vorliegenden Antrag auch zur Kenntnis gelangt und positiv erledigt werden kann.

Gleichzeitig ist sehr wichtig, dass das Ausbauziel von 40 Prozent sogar früher erreicht werden kann. Frau Abgeordnete Cox, ich kann Ihnen hier versichern, das Ministerium wird alles dazu beitragen, dass wir dieses 40-Prozent-Ziel so rasch wie möglich und sogar frühzeitig erreichen werden. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Zu den diversen zur Verfügung stehenden Budgetmitteln wurde von Ihnen bereits alles Wesentliche gesagt. Ich kann an dieser Stelle nur darauf verweisen: Ab 2022 ist sicherlich wieder einiges möglich, das Thema in den Finanzausgleich einzubringen, wie immer eine nächste Bundesregierung dazu stehen wird. Das ist selbstverständlich mit diesem Antrag und mit diesem Gesetz nicht präjudiziert.

Gleichzeitig bin ich aber auch sehr positiv darüber gestimmt, dass ein Teil des Unter­stützungspersonals die Möglichkeit der Weiterfinanzierung über den Integrationstopf hinaus durch die Kofinanzierung der Länder mit diesem Gesetz finden wird. Es ist ein sehr wesentliches Signal auch der Schulerhalter, hier einen Beitrag zu leisten.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal meinen ganz herzlichen Dank dafür aus­sprechen, dass dieses Thema hier in dieser Form derart positiv behandelt wurde, und möchte mich bei Ihnen, auch im Namen aller betroffenen Eltern und SchülerInnen, für die Umsetzung dieses Gesetzes im Herbst, für die Bestandsicherung und für diese Rechtssicherheit ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

21.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Schandor ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


21.00.52

Abgeordneter Dipl.-Ing. Christian Schandor (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Das Bildungsinvestitionsgesetz wurde ja bereits 2017 noch von der rot-schwarzen Regierung beschlossen. Die Freiheitlichen haben das damals nicht mitge­tragen, aber die Initiative für die Reparatur dieses Gesetzes wurde in das türkis-blaue Regierungsprogramm hineinverhandelt. Ich möchte auch an dieser Stelle den ÖVP-Abgeordneten im Unterrichtsausschuss für die geleistete gemeinsame Arbeit danken.

Das Ergebnis liegt am Tisch. Wir wissen, dass die aktuelle Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zum Ausbau der Ganztagsschule mit dem Sommer­semester 2019, also diese Woche, ausläuft. Und wir wissen auch aus dem Unter­richtsausschuss und von Bundesminister Faßmann, dass für den schleppenden Aus­bau nicht die fehlenden Mittel verantwortlich waren, sondern vielmehr ein Teil der


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vorgesehenen Gelder von den Ländern und von den Gemeinden gar nicht abgeholt wurde.

Da darf ich an Kollegen Hoyos-Trauttmansdorff und Kollegin Cox folgenden Appell richten: Ihnen fehlt da ein bissel die Erfahrung aus einem Gemeinderat. Deshalb würde ich Ihnen empfehlen, vielleicht auch in einem Gemeinderat politisch aktiv zu werden, denn dann wüssten Sie, welche Ängste und Sorgen die Gemeinden haben. Ich kenne das von meiner Gemeinde Fürstenfeld, da geht es auch um Personalkosten, die die Gemeinden zu tragen haben, gerade was den Freizeitanteil der Ganztagsschule betrifft, und das ist kein unwesentlicher. (Beifall bei Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)

Es geht also um die Unterstützung für die Gemeinden mittels dieses Bildungsinves­titionsgesetzes. Das BIG, wie es kurz genannt wird, regelt die Verteilung einer beacht­lichen Summe, nämlich 750 Millionen Euro in einem Zeitraum von 2020 bis 2033; 428 Millionen davon werden ja zweckgebunden an die Länder verteilt. 80 Prozent der nicht verbrauchten Mittel aus der Artikel-15a-Vereinbarung können im nächsten Jahr abgerufen und bis in das Jahr 2022 mitgenommen werden, und das sind auch 203 Mil­lionen Euro. Und wenn man schon bei den Zahlen ist, dann muss man auch sagen, 75 Prozent können für den Ausbau, sofern die Ausbaustufe noch nicht erreicht wurde, verwendet werden, und 25 Prozent stehen für bestehende Tagesbetreuungen zur Qualitätsverbesserung, aber auch für diese Personalkosten zur Verfügung.

Kollege Mölzer hat über die Ziele dieses Gesetzes schon ausführlich gesprochen – ich möchte das hier nicht wiederholen, darf aber kurz auf den Bildungsbericht zu sprechen kommen. Im Schuljahr 2017/2018 wurden 151 000 Schüler betreut. Wir wollen bis 2022 40 000 Plätze schaffen. Das Ziel ist also: 40 Prozent aller Schulkinder zwischen sechs und 15 Jahren sollen betreut werden. Wenn man das jetzt wieder mit den Zahlen aus dem Bildungsbericht vergleicht, dann muss man feststellen, dass wir in Wien einen Anteil von 37,3 Prozent, in Tirol einen von nur 10,5 Prozent und in der Steiermark, in meinem Bundesland, einen von 20,8 Prozent haben. 

Langfristig ist also unser Ziel, die Finanzierung des Ausbaus sicherzustellen, aber auch die Absicherung des Bestandes. Das führt zu Planungssicherheit für unsere Ge­meinden und letztendlich auch für die Familien und für die Kinder. Daher ersuche ich Sie alle um Ihre Zustimmung. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

21.05


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Salzmann ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


21.05.07

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer auf der Galerie und daheim vor den Geräten, sofern noch welche diese doch sehr, sehr wichtige Debatte mitverfolgen! Wie schön ist es, wenn die Kolleginnen und Kollegen sich so einig sind! Ich freue mich wirklich sehr, dass wir heute dieses Bildungsinves­titionsgesetz, so wie es ausschaut offensichtlich mit einer großen Mehrheit, gemeinsam beschließen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz ist ganz, ganz wichtig. In den Ländern, in den Gemeinden wartet man dringend darauf, und es hängen im Grunde die Schülerinnen und Schüler samt Eltern daran. Es ist unbedingt notwendig, dass dieses Gesetz kommt und dass die schulische Tagesbetreuung und auch die außerschulische Betreuung in den ganztägigen Schulformen auch in den Ferienzeiten gesichert ist, denn wir brauchen da wirklich Planungssicherheit. (Beifall bei der ÖVP.)


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Das Gesetz schafft einen nahtlosen Übergang von der jetzt auslaufenden 15a-Ver­einbarung, die einen weiteren Ausbau der ganztägigen Schulformen vorgesehen hat. Das vorliegende Gesetz schafft geordnete Rahmenbedingungen für den Ausbau dieser ganztägigen Schulformen, ohne die verschränkte Form zu bevorzugen. Und dieses Gesetz schafft Qualitätsstandards für die außerschulischen Betreuungseinrichtungen – und das, meine Damen und Herren, ist auch ein ganz wesentlicher Punkt in diesem Gesetz.

40 000 zusätzliche Betreuungsplätze und, Frau Kollegin Hammerschmid, auch diese 750 Millionen Euro schaffen wir. Sie haben es in Abrede gestellt, aber es ist so! Bis 2022 werden wir für 40 Prozent der Schüler gesicherte Betreuungsplätze schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist uns wichtig, und das, was uns wichtig ist, treiben wir auch voran. Der Bund wird 70 Prozent der Kosten übernehmen und die Länder werden 30 Prozent der Kosten übernehmen. Ja, 150 Millionen Euro aus der 15a-Vereinbarung sind bis jetzt nicht abgeholt worden. Das zeigt, dass da wirklich Bedarf vorhanden ist.

Wir wollen einen bedarfsgerechten Ausbau dieser Betreuungseinrichtungen, und wir wollen ganz bestimmt die Wahlfreiheit der Eltern sichern. Das ist uns wichtig. (Beifall bei der ÖVP.) Das Recht zur Erziehung liegt immer noch bei den Eltern, und das werden wir ganz sicher auch gewährleisten.

Frau Kollegin Hammerschmid, Sie tragen die flächendeckende Ganztagsschule so als Postulat vor sich her, aber ich möchte schon eines klar festhalten (Abg. Heinisch-Hosek: Die beste Schule!): Wir dürfen da nicht in einen Zwang hineingehen, es muss für die Eltern freiwillig bleiben! Das ist uns sehr wichtig. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Kollegin Hammerschmid, Sie legen mir ja die Worte in den Mund! Sie fragen: Was hat die Regierung getan, was hat der Bildungsminister getan? – Ich kann Ihnen versichern, so viel, wie in den letzten eineinhalb Jahren (Abg. Heinisch-Hosek: Geh bitte!) wirklich an positiven Schritten weitergegangen ist (Abg. Kuntzl: Zurück­gegangen! – Abg. Heinisch-Hosek: Da waren ja Sie noch gar nicht da!): Ich kann Bundesminister Faßmann zu seiner Arbeit, zur Arbeit, die er mit seinen Mitarbeitern geleistet hat, wirklich nur gratulieren. Ganz viele wesentliche Schritte sind gelungen. Und was auch neu war und wirklich eine hohe Qualität hat: Man hat endlich auch die Expertise der Fachleute aus der Praxis wieder miteinbezogen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Abänderungsantrag, der vonseiten der SPÖ eingebracht worden ist, möchte ich schon festhalten: Mich wundert das schon ein wenig, denn die Ausbaupläne mit den Ländern werden jetzt einfach stillschweigend gestrichen. Also das ist nicht unser Stil, und das ist für mich auch ein ganz klarer Rückschritt.

Wenn Sie von der Gratisnachhilfe und der Lernunterstützung reden, kann ich Ihnen versichern, dass in den Schulen derzeit schon ganz viel an Lernhilfe und -unterstüt­zung in der Nachmittagsbetreuung gewährleistet wird. – Das ist das eine.

Das andere, das ich aber auch klar festhalten möchte: Eine reine Gratismentalität wird es mit uns aber nicht geben, denn für eine Leistung, die etwas wert ist, darf man auch einen moderaten Beitrag einheben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Aber Bildung muss doch gratis zugänglich sein! Entschuldigung!)

Und was mich auch sehr verwundert: Sie fordern den Ausbau von Betreuungs­ein­richtungen selbst an Standorten, die in ihrem Weiterbestand gefährdet sind. Also für mich ist schon klar: Man muss zweckmäßig mit den Geldern umgehen und kann eigentlich nur an Standorten ausbauen, an denen der Weiterbestand der Schule auch realistisch ist. Alles andere wäre für mich nicht nachvollziehbar.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 269

Wir brauchen dieses Gesetz, damit die Länder - - (Abg. Heinisch-Hosek: Aber kleine Schulen dürfen nicht geschlossen werden!) – Frau Kollegin, Sie dürfen sich selbst in die Rednerliste eintragen und können gerne auch selber reden! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Heinisch-Hosek: Ich darf aber zwischenrufen!)

Wir brauchen dieses Gesetz, damit die Länder und Gemeinden Planungssicherheit haben. Für uns ist ganz wichtig: Wir lassen die Eltern nicht im Stich. Daher werden wir das BIG, wie es von der Vorgängerregierung eigentlich fertig geplant worden ist, heute mit großer Mehrheit beschließen.

Der Dank an die Lehrerinnen und Lehrer ist mir jetzt zum Schluss ganz wichtig. Ich sage Danke an die Lehrerinnen und Lehrer für ihren wertvollen Einsatz für unsere Kinder und Jugendlichen (Beifall bei der ÖVP), und ich wünsche von dieser Stelle aus ganz bewusst allen Schulpartnern, Schülern, Eltern und Lehrern erholsame Ferien. (Beifall bei der ÖVP.)

21.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hauser ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


21.11.54

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Hammerschmid, ich frage Sie: Was haben Sie nicht getan? Wieso hat der Ausbau der Ganztagsschule nicht funktioniert? – Sie haben ein Budget bis 2025 in Höhe von 320 Millionen Euro beschlossen. Das ist in Ordnung, aber Sie haben eines vergessen, nämlich den Finanzausgleich und die Aufgabenverteilung – der Rechnungshof hat das permanent, jahrelang schon kritisiert –, die Ausgaben-/Aufgabenorientierung oder, wenn man das anders formuliert: Der, der anschafft, muss auch bezahlen!

Es ist zu wenig, seitens des Bundes herzugehen und zu sagen: Wir stellen große Summen für den Ausbau der Ganztagsschule zur Verfügung!, aber dabei zu verges­sen, dass die Gemeinden für die Pflichtschulen zuständig und verantwortlich sind. Die Gemeinden haben die Infrastruktur, sprich die Schulgebäude, zur Verfügung zu stellen, sie haben das außerschulische Personal zu finanzieren und sie haben die laufenden Kosten zu finanzieren. Viele Gemeinden in Österreich sind aber aufgrund ihrer finan­ziellen Situation nicht in der Lage, diese Kosten zu tragen. Deswegen war Ihr Konzept, das Sie heute hier vom Rednerpult aus verteidigt haben, nicht umsetzbar. Es hat einfach die Mitfinanzierung der Kommunen in diesen Bereichen gefehlt. So gesehen war Ihr Konzept ein rein theoretisches Konzept, und dieses Konzept werden wir nun durch die Beschlussfassung des Bildungsinvestitionsgesetzes verbessern und damit die entscheidenden Fehler beseitigen. (Beifall bei der FPÖ.) Deswegen hat Ihr Pro­gramm nicht funktioniert. – Das ist die eine Sache.

Die zweite Sache ist: Die Ganztagsschule wird immer so als das pädagogische Wunderwerk dargestellt. Sie wissen aber, dass das Bifie uns allen hier vor nicht allzu langer Zeit einen Nationalen Bildungsbericht präsentiert und darin mitgeteilt hat, dass Kinder von besser gestellten Eltern, Kinder von Eltern, die besser ausgebildet sind, die über ein höheres Bildungsniveau verfügen, im städtischen Bereich Ganztagsschulen besuchen und all jene Kinder, für die der Besuch der Ganztagsschule notwendig und wichtig wäre, speziell die Kinder mit Migrationshintergrund, eben diese Ganztagsschule nicht besuchen. (Abg. Heinisch-Hosek: Vielleicht ist sie zu teuer?! Die kostet ja etwas!) – Zu den Kosten komme ich eh noch! Aber das ist Ihr Problem, und dieses Problem haben Sie auch nicht gelöst.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 270

Was nämlich nicht geht, ist jetzt Ihr Ansatz, zu sagen: Weil wir bildungspolitische Probleme haben, weil Kinder mit Migrationshintergrund die Ganztagsschule benötigen, machen wir das verpflichtend für alle Kinder! Das funktioniert nicht. Wir sind als Freiheitliche Partei für die Wahlfreiheit. Das heißt, die Eltern müssen selber entschei­den können, ob sie das Angebot einer Ganztagsschule in Anspruch nehmen wollen oder nicht. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Und da gibt es einen Riesenunterschied zwischen dem ländlichen Bereich und dem städtischen Bereich. Deswegen kann man Ihre ideologisch geprägte Forderung, eine verschränkte Ganz­tags­schule verpflichtend für alle einzuführen, nicht umsetzen. Das funktioniert nicht und das wollen wir nicht.

Zu den Kosten: Auch da hat uns der Rechnungshof interessante Zahlen geliefert. Es gibt nämlich extreme Unterschiede bei den Kosten. Ich zitiere den Rechnungshof: Ein städtischer Hort in Wien verlangt pro Kind und Monat 227,17 Euro, eine Salzburger Pflichtschule mit Ganztagsbetreuung 137 Euro. Das sind also 90 Euro Unterschied. Wieso gibt es da so extreme Unterschiede? Oder umgekehrt formuliert: Wieso sind Schulen im ländlichen Bereich eher in der Lage, kostengünstige Angebote zu liefern, als Schulen und Horte zum Beispiel in Wien? Auch diese Fragen sind zu klären, bevor wir uns die Frage der Gesamtfinanzierung stellen.

Unter dem Strich haben wir noch ein weiteres Problem zu lösen: Wir müssen auch die finanzielle Potenz von Gemeinden sicherstellen, und da ist wiederum der Finanz­ausgleich gefordert. Sie wissen ganz genau, dass wir als Freiheitliche Partei diesen abgestuften Bevölkerungsschlüssel schon seit ewiger Zeit kritisieren, weil er nämlich Gemeinden mit wenigen Einwohnern benachteiligt. Auch das zu ändern haben Sie nicht geschafft. Das müssen wir aber tun.

Abschließend halte ich fest, dass die Freiheitliche Partei in die Finanzaus­gleichs­verhandlungen bis hin zum Jahr 2017 nicht involviert war. Das hat die ÖVP mit der SPÖ gemacht und uns viele Baustellen hinterlassen. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ. Abg. Krainer: Das, was Sie sagen, ist falsch! Fragen Sie den Kollegen Bösch! FAG 2004 – waren Sie am Tisch! – Abg. Bösch: Aha! Mit Ihnen?)

21.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Brandweiner ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


21.17.15

Abgeordneter Lukas Brandweiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! In Anbetracht der vorgerückten Stunde werde ich mich kurz halten. (Ruf bei der SPÖ: Gute Nacht!) Lassen Sie mich aber bei meiner ersten Plenarrede auch ein paar persönliche Worte äußern!

Ich möchte mich bei meiner Vorgängerin Angela Fichtinger recht herzlich für ihren jahrelangen Einsatz für Österreich und im Speziellen für unser Waldviertel bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Angela, ich weiß, du schaust jetzt zu, deshalb wirklich noch einmal vielen Dank! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Ebenfalls möchte ich mich natürlich bei meinen Freunden, bei meiner Familie, allen voran bei meiner Frau Katharina bedanken. Ihr wart immer und im Speziellen die letzten Tage und Wochen eine starke Unterstützung, und es tut gut, wenn man weiß, dass das auch in Zukunft so sein wird.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 271

Jetzt aber zum Inhaltlichen: Wenn es um Kinderbetreuung geht, dann reden wir über ein Thema, das ganz stark im gesellschaftlichen Wandel steht, in einem positiven gesellschaftlichen Wandel. Was meine ich damit? Bei uns im Waldviertel, aber sicher auch woanders in Österreich ist gerade der Stammtisch der Ort, wo man das spürt. In meinem Familiennamen Brandweiner, steckt der Wein drin. (Abg. Krainer: Brannt­wein!) Der Wein ist früher in ein Viertelglas aus dem Doppler ausgeschenkt worden, heutzutage wird er im Achtelglas serviert und jetzt bei den hohen, sommerlichen Temperaturen auch gerne mit Mineral gespritzt.

Es haben sich aber nicht nur die Trinkgewohnheiten geändert, sondern auch die Themen und auch die Zusammensetzungen. Ein Stammtisch ist keine reine Männer­runde mehr, und natürlich haben sich dadurch auch die Themen geändert. Als mein Opa am Stammtisch war, war die Kinderbetreuung wahrscheinlich noch kein Thema. Heute ist das anders. Ja, ich bin gerne am Stammtisch, und natürlich wird da darüber geredet. Es wird darüber geredet, welche Betreuungsmöglichkeiten es gibt, wie man sich das in der Familie einteilt. Heutzutage ist es fast schon üblich, dass beide Elternteile arbeiten gehen, da muss man sich natürlich organisieren, und unser Job im Parlament ist es, die Menschen dabei zu unterstützen.

Mit dem Bildungsinvestitionsgesetz Neu steuern wir hinsichtlich der ganztägigen Schulformen in die richtige Richtung. Unser ambitioniertes Ziel – es ist heute schon ein paar Mal gefallen –, 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler entweder in ganztägigen Schulformen oder in außerschulischen Betreuungseinrichtungen, erreichen wir schon im Jahr 2022.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das ist heute schon öfter gefallen: Wir schaffen mit diesem Gesetz 40 000 neue Betreuungsplätze. Wir schaffen Planungs­sicherheit für Schulen, für Vereine, für Horte, für die Eltern und auch für die Damen und Herren, die in den Einrichtungen arbeiten, und natürlich auch für die Gemeinden und letztendlich auch für die Kinder. In meiner Heimatregion, im Waldviertel, sind wir diesbezüglich großteils gut aufgestellt. Gerade die Finanzierung stellt aber eine große Herausforderung dar. Deshalb freut es mich, wenn wir mit diesem Bildungsinvestitions­gesetz Neu dabei unterstützen, diese Herausforderung zu meistern. (Beifall bei der ÖVP.)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Abschließend möchte ich sagen, dass ich mich auf eine konstruktive, gute Zusammenarbeit für unsere Landsleute, für unsere Heimat, für unser Österreich freue. (Beifall bei der ÖVP.)

21.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kovacevic. – Bitte.


21.21.41

Abgeordneter Christian Kovacevic (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bun­desministerin! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Hohes Haus! Wir haben es von den VorrednerInnen bereits beschrieben bekom­men: Es geht darum, dass die 15a-Vereinbarung demnächst auslaufen wird und somit die nötigen Mittel zum Ausbau ganztägiger Schulformen für die Länder und in erster Linie für die Gemeinden als Schulerhalter noch nicht gesichert sind. Das ist der Grund dafür, dass wir jetzt über dieses Gesetz diskutieren.

Wir werden dem Antrag natürlich zustimmen, aber nur, weil die Bundesländer und in weiterer Folge eben die Gemeinden auf diese Mittel angewiesen sind, und wir dürfen die Länder und die Gemeinden in dieser Sache nicht alleine lassen.


Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 272

Herr Professor Taschner, es ist ja schön, dass Sie da auch einverstanden sind bezie­hungsweise es zur Kenntnis nehmen, dass wir diesem Antrag zustimmen. Selbstver­ständlich ist es für uns ein essenzielles Anliegen, dass der Ausbau ganztägiger Schulformen vorgenommen und vorangetrieben wird. Aus diesem Grund werden wir eben diesem vorliegenden Antrag auch zustimmen.

Hinsichtlich dessen, was vorhin in Bezug auf dieses Gesetz und darauf, dass wir da in Verzug wären, gesagt wurde, denke ich, dass vorher die Regierung in Verzug war. Sie haben den aufgabenorientierten Finanzausgleich abgeschafft. Jetzt sind die Mittel, die vorher für den Ausbau der ganztägigen Schulformen vorgesehen waren, im BIG, und sie sind auch für bestehende Einrichtungen zu verwenden. Es wurden zum Beispiel auch die Mittel aus dem Integrationstopf gestrichen, es müssen dafür jetzt auch Mittel aus dem BIG verwendet werden. So wird das Ganze verwässert, und die Mittel werden immer weniger. Das ist aber genau der Kritikpunkt, warum wir mit vielen Teilen des Gesetzes nicht einverstanden sind.

Der Hauptkritikpunkt ist nach wie vor die Kürzung der Mittel, die Verlängerung der Frist für die Abholung der Mittel. Wir haben es bereits gehört: Wir haben die Verwendung der sogenannten Bankenmilliarde bis 2025 beschlossen, die gescheiterte türkis-blaue Regierung erstreckt jetzt diese Frist bis 2033 – unserer Ansicht nach völlig unnötig, denn bei dem Zeithorizont, den Sie da vorsehen – das muss man sich überlegen –, werden heute geborene Kinder schon wieder am Ende der Schulpflicht sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein ganz wichtiger Punkt, weil das von ÖVP und FPÖ immer wieder beschworen wird, betrifft den Zwang oder die Wahlfreiheit. Bitte schön, wo haben Sie von einem SPÖ-Vertreter oder einer SPÖ-Vertreterin gehört, dass es einen Zwang geben wird oder dass die Wahlfreiheit der Eltern abgeschafft werden soll? Das ist frei erfunden und entbehrt jeglicher Grundlage! Das stimmt so nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Das ist nicht frei erfunden, das wird zehn Jahre schon gesagt!) – Das stimmt so nicht, sondern es ist ganz einfach: Damit die Menschen dieses Angebot in Anspruch nehmen können, muss es auch geschaffen werden. Wenn wir aber den Retourgang einlegen und das Angebot reduzieren, können die Menschen das auch nicht in Anspruch nehmen. (Abg. Wöginger: Von der Wiege bis zur Bahre ...!)

Ein klassisches Beispiel: Sie haben auch die ländlichen Bereiche erwähnt, wo das nicht nötig sein soll. Frau Kollegin Salzmann, natürlich haben wir diesen Punkt in unserem Abänderungsantrag beanstandet. Sie sehen die Möglichkeit vor, dass länd­liche Standorte geschlossen werden beziehungsweise keine ganztägige Schulform anbieten. Das entspricht nicht unserem Sinn von Ausbau, denn das wird jene Eltern, die das Angebot benötigen, vom ländlichen Raum weg in den städtischen Raum treiben. Das, bitte schön, kann nicht unser Wille sein. Wir wollen Landflucht vermeiden und den ländlichen Bereich in diesem Sinne stärken. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie auch kurz angeschnitten: Im Abänderungsantrag ist klar vorgesehen, dass wir auch die Lernunterstützung forcieren wollen, dass wir auch die Nachhilfe stärken wollen. Dazu gehört eben auch eine fachliche Unterstützung speziell über den Som­mer. Wenn jemand eine Nachprüfung im September hat, dann braucht er vielleicht auch Unterstützung beim Wiederholen und beim Festigen des Lernstoffs.

Unterm Strich: Ein Angebot an ganztägigen Schulformen für zumindest 40 Prozent der Kinder zwischen sechs und 15 Jahren, das wäre mit etwas mehr Willen auch erreich­bar. Wir brauchen jetzt Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26

21.26.02



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 273

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 647 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht. Daher werde ich zuerst über den Abänderungsantrag und die betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungs­antrag betreffend die Ziffern 4, 6 und 8 eingebracht.

Wer hierfür die Stimme erhebt, den bitte ich, ein Zeichen zu geben. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichts.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist nunmehr einstimmig.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichts.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Auch in dritter Lesung ist der vorliegende Gesetzentwurf einstimmig angenommen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Tanja Graf, Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „tägliche Bewegungseinheit für alle Kinder und Jugendlichen im Pflichtschulalter“. (Alle Abgeordneten erheben sich von ihren Plätzen.) – Na, schau! Da kommt Bewegung auf.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. (E 83) – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.27.5924. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 872/A der Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichts­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungs­lehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden (648 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 893/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend alter­na­tive Beurteilung in der Volksschule (649 d.B.)


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26. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 32/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiederein­führung von Ziffernnoten in der Volksschule (650 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hammerschmid. Ich darf ihr das Wort ertei­len. – Bitte, Frau Kollegin.


21.29.07

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minis­terin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, legistisch haben wir es da mit einem großen Packen an Detailregelungen zu tun. Ich möchte zu Beginn ganz kurz auf drei Haupt­themen eingehen, um das Themenfeld aufzuspannen.

Der erste große Punkt ist die Modernisierung der Lehrpläne der Polytechnischen Schu­len. Der Fächerkanon wird modernisiert. Es wird stärker auf Orientierung und auf Spe­zialisierung Bezug genommen, was im Prinzip sehr positiv zu bewerten ist. Fakt ist aber auch da, dass anstatt individueller Förderung und moderner Pädagogik, und das ist der negative Punkt dabei, Separieren und Stigmatisieren drinsteckt, denn da sind die Leistungsgruppen plötzlich wieder da. (Abg. Wurm: Na, geh’ bitte, Frau Kollegin Hammerschmid!)

Der zweite große Punkt ist die Datenweitergabe vom Kindergarten in die Volksschule. Da geht es insbesondere um die Weitergabe betreffend Sprachförderungsmaß­nah­men, die in der Volksschule dann gleich sofort angeschlossen werden können. (Abg. Wurm: Auch gut, oder?) Im Schulrechtspaket 2016 haben wir das schon vorgesehen, wir haben auch einen Bildungskompass dazu vorgesehen, der auch pilotiert wurde. Jetzt wird aus der Freiwilligkeit eine Verpflichtung, was wir auch begrüßen.

Der dritte Punkt in diesem Paket ist die Änderung des Bildungsdokumentations­ge­setzes, und da ist die Anpassung an die Datenschutz-Grundverordnung vorgesehen. (Abg. Wurm: Das begrüßen Sie auch!) Dagegen ist nichts einzuwenden, aber was da mitverwoben ist, ist die individuelle Kompetenzmessung. Wir erinnern uns, die alte Regierung, die türkis-blaue Regierung, hat eine individuelle Kompetenzmessung verpflichtend 3./4. Schulstufe, 7./8. Schulstufe vorgesehen. Wir kennen sie nicht. Wir wissen nicht, was bei dieser individuellen Kompetenzmessung vorgesehen ist. Wir haben keinen Draft davon. Wir wissen nicht, wie sie funktionieren soll. Wir haben damit auch keine Stellungnahme der Bildungswissenschaft, wir haben keine Stellungnahme der Pädagoginnen und Pädagogen, und wie so oft haben wir da wieder dieses türkis-blaue Phänomen, ohne Details, ohne Begutachtung, einfach so, ohne Diskurs etwas durchzudrücken. Die Alarmglocken fangen zu läuten an, wenn der ehemalige Bil­dungsminister Faßmann sagt, das soll eine weitere Entscheidungsgrundlage für die Schullaufbahn sein, vulgo AHS-Aufnahmetests.

Was wir allerdings wissen, ist, dass 50 Millionen Euro für die Etablierung der Bil­dungsstandardtestung, die uns erlaubt hat, einen Blick ins Schulsystem zu werfen und damit Schulentwicklung auch sehr gezielt zu betreiben, dass diese 50 Millionen Euro für die Erstellung und die zehnjährige Durchführung jetzt einfach in den Rauchfang geblasen werden und dem System damit die Basis für Schulentwicklung genommen wird.


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Wie groß, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss die Angst vor einem schlechteren Abschneiden aufgrund der Maßnahmen der letzten Bundesregierung sein, wenn man diese Vergleichsbasis aus dem Bildungsstandardtest jetzt einfach wegschiebt? (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir auch wissen oder jetzt schon erahnen, ist, dass mit der individuellen Kompe­tenzmessung die Verantwortung von der Schule weggeschoben wird und plötzlich dem Einzelindividuum, dem Kind, umgehängt werden soll. Nicht die Schule ist wesentlich für den Bildungserfolg verantwortlich, sondern das Kind steht plötzlich alleine und im Regen da – das kann es nicht sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Direktor der OECD Andreas Schleicher hat erst vorige Woche in einer kleinen Runde gesagt: Ein gutes Bildungssystem zeichnet sich durch das Selbstverständnis aus, dass es alle Kinder schaffen können, unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund. Er stellt diese Chancengerechtigkeit in den Mittelpunkt. (Abg. Wurm: Ihr habt das nie zusammengebracht, leider Gottes!) Durch diese Maßnahmen wird diese nicht unterstützt, und deshalb fordern wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die getrennte Abstimmung dieses Pakets. (Beifall bei der SPÖ.)

21.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Niss. – Bitte.


21.33.26

Abgeordnete Dr. Maria Theresia Niss, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Je später der Abend, umso schöner die Themen. Meine Damen und Herren! Viele Schüler haben sich letzten Freitag schon in die Ferien verabschiedet. Ihnen allen wünsche ich schöne Ferien, auch denen, die diesen Freitag folgen. Wir aber schaffen es Gott sei Dank, nach dem Bildungsinvestitionsgesetz jetzt auch noch mit dem Schulorganisationsgesetz eine weitere wichtige Gesetzesnovelle auf den Weg zu bringen, indem wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir die Polytechnische Schule neu aufsetzen.

Meine Damen und Herren! Neben einem akuten Fachkräftemangel haben wir nämlich einen kräftigen Lehrlingsmangel. Auf offene 12 500 Lehrplätze kommen nur knapp 10 000 Lehrstellensuchende. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass die wirklich interna­tional exzellente Lehre noch nicht so geschätzt wird, aber es ist sicherlich auch so, dass die jungen Leute bei einem möglichen Lehrstart teilweise unzureichend ausge­bildet sind. In einer Umfrage der Wirtschaftskammer gaben kürzlich fast 40 Prozent der Unternehmen an, dass sie weitere Lehrlinge einstellen würden, wenn diese die richtige Ausbildung hätten.

Was können wir nun dagegen tun? – Von der vergangenen Regierung, vor allem von Ministerin Schramböck, wurden durch die Neuschaffung einiger Lehrberufe, wie zum Beispiel des Prozesstechnikers oder auch des Applikationsentwicklers – Coding, schon wichtige Schritte gesetzt, um attraktive und moderne Lehrberufe und Berufsbilder zu schaffen. Dafür gilt ihr und der gesamten Regierung unser großer Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Andererseits müssen wir aber auch die jungen Leute besser auf eine mögliche Lehre vorbereiten. Mit der vorliegenden Gesetzesnovelle ermöglichen wir eine Lehrplanän­derung per Verordnung, um nämlich diese Ausbildung in den Polytechnischen Schulen aktuell zu halten. Diese soll vor allem praxisnah sein und einen guten Übergang in die Berufswelt und in den Lehrberuf sicherstellen, denn dass sich die Berufswelt einem massiven Wandel unterzieht, dürfte wohl, glaube ich, schon bekannt sein. Man muss


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aber eben auf diese Veränderung eingehen, und genau das wollte auch die letzte Regierung, und wir führen das hiermit weiter.

Mit dieser Gesetzesnovelle setzen wir einen Schwerpunkt auf Zukunftsskills. Die Anwendung von Mint-Fächern spielt für die Berufswelt eine immer größere Rolle, und deswegen ist die aktuelle Reform mit der Überführung der angewandten Informatik von einem Freifach zu einem Pflichtfach für alle Schüler so notwendig. EDV-Kenntnisse sind heutzutage, meine Damen und Herren, genauso wichtig wie Lesen, Schreiben und Rechnen, und mit diesem Gesetz sichern wir die sogenannte Computer Literacy auch für die nächsten Generationen.

Auch die bisherigen Pflichtinhalte wollen wir praxisnäher machen. Die Mathematik war zu theoretisch, jetzt machen wir sie zur Angewandten Mathematik. Deutsch polieren wir ein bisschen mit Kommunikation auf und sorgen dafür, dass das alles nicht nur graue Theorie bleibt, sondern dass wir auch das lernen, was uns in der Berufswelt hilft.

Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die Adaption der Fachbereiche, denn auch diese werden praxisnäher und vor allem kombinierbar gemacht. Wer beispielsweise den Schwerpunkt Metall wählt, kann zusätzlich auch in den Fachbereich Elektro hineinschnuppern. Das ist wichtig, wenn man sich beispielsweise auf den Lehrberuf Mechatroniker vorbereitet, einen Lehrberuf, der in der Wirtschaft immer stärker gebraucht wird.

In diesem Zusammenhang ist auch die letzte wesentliche Neugestaltung im Poly wichtig, nämlich die Erweiterung der Orientierungsphase, denn nicht jeder kann sich mit 15 Jahren genau vorstellen, was beispielsweise ein Mechatroniker bei Elektro­prüf­ständen machen soll. Genau das versuchen wir: dass sie eben in dieser Orientierungs­phase auf zukünftige Lehrberufe vorbereitet werden.

Entscheidend ist aber vor allem, was mir beispielsweise ein Direktor einer Polytech­nischen Schule in Kärnten gesagt hat: Sein Geheimrezept sind zwei Faktoren: einer­seits Faszination und andererseits Kooperation.

Wie schaffen wir Faszination? – Faszination schaffen wir vor allem auch mit Lehrern aus der Berufswelt. Es gibt beispielsweise einen ehemaligen Flugzeugbauer, der mit den Schülern eine einsatzfähige Propellermaschine gebaut hat. Genau das schafft Motivation und Interesse an zukünftigen Lehrberufen.

Was ist Kooperation? – Kooperation mit Unternehmen ermöglicht den jungen Leuten teilweise, in die Unternehmen hineinzuschnuppern und somit auch die Angst vor der Jobsuche und nach einer Lehrstelle für nachher zu vermeiden. Genau darauf müssen wir setzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, mein Ziel und meine Vision sind, dass die Polytechnischen Schulen in Österreich zu Startrampen des Erfolgs werden, dass sie sozusagen ein High-Potential-Programm für die Innovationsgesellschaft in Österreich werden. Auf keinen Fall aber darf dieser Schulzweig durch lokale politische Fehlstellungen zum Abstellgleis verkommen, wie das leider im roten Wien tragischerweise passiert ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Cox. – Bitte.


21.39.20

Abgeordnete Stephanie Cox, BA (JETZT): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eine meiner schönsten und spannendsten Aktionen und auch Momente war die Arbeit, bei der wir uns das Thema der Sonderschulen in Oberösterreich angeschaut haben. Dabei ging es konkret um die Aktion „Rettet die I-


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Klassen“. ElternvertreterInnen, DirektorInnen, LehrerInnen und die Schülerinnen und Schüler selber sind nicht nur nach Wien gekommen, sondern wollten in einer groß angelegten Aktion quasi ihre I-Klassen retten.

Das ist uns Gott sei Dank geglückt, und das ist etwas, worauf ich sehr stolz bin. Das geschah vor allem fraktionsübergreifend, und ich muss dazu echt sagen, wir haben gemeinsam fraktionsübergreifend angepackt und da glücklicherweise einfach einen Rahmen zugelassen, der nicht nur einen erfolgreichen Schulversuch ermöglicht hat, sondern durch den man gesehen hat, wie Inklusion, wie Integration funktionieren kann. (Beifall bei JETZT und NEOS.)

In Wien haben wir auch ein Beispiel, nämlich die Integrative Lernwerkstatt Brigittenau. Ich durfte sie mir auch selbst anschauen. Man sieht dort, dass diese Orte nicht nur Versuche sind, sondern Orte, wo sehr viel gelernt, gelehrt und miteinander gelebt wird.

Noch einmal zum Fall Oberösterreich: Zuerst gab es in Oberösterreich Inklusions­klassen an Sonderschulen als eine jahrelange Übergangslösung, als Schulversuch; nach langen Verhandlungen schafften es die Inklusionsklassen an Oberösterreichs Sonderschulen nun zur Überführung ins Regelschulwesen – auch diesbezüglich eine Gratulation nach Oberösterreich. Morgen wird ja gefeiert: Ich gratuliere euch dazu jetzt schon herzlich. Ich freue mich; auch ich werde morgen in Linz dabei sein.

Dies ist nur ein Beispiel von vielen, wie erfolgreich Schulversuche sein können, aber vor allem auch, wie hartnäckig sie sein müssen. Also die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler, die Eltern, die wir dahatten, waren sehr, sehr verzweifelt, denn gerade in Oberösterreich war das ein Schulversuch, der über Jahre, Jahrzehnte gelaufen ist. Deswegen begrüße ich auch den Antrag, in dem es um die Überführung bewährter Schulversuche in das Regelschulwesen geht. Dabei geht es auch darum, dass wir vor allem von Schulversuchen sprechen, die für Innovation im Bildungssystem stehen. Ich glaube, diesbezüglich ist es ganz, ganz wichtig, dass wir hier die Möglich­keit schaffen, dass diese ins Regelschulwesen übergehen und nicht nur unser Regel­schulwesen bereichern, sondern vor allem für die Schülerinnen und Schüler eine Be­reicherung sind.

Ich erachte es als wichtigen Schritt, dennoch möchte ich hier auch sagen, dass es nicht Husch-Pfusch-Aktionen sein dürfen. Wenn wir sagen: Okay, es muss bis Ende des Jahres passieren!, dann wünsche ich mir hier, dass alle Schulversuche evaluiert werden und es für erfolgreiche Versuche – wie gesagt – diese Möglichkeit gibt, um diese auch im Regelsystem durchzuführen. Ein solcher Prozess kann natürlich Jahre beanspruchen.

Ich wünsche mir auch ein faires System mit objektiven Kriterien, da der Antrag von meinen KollegInnen von ÖVP und FPÖ kommt und wir hier, gerade was das Thema Inklusion, das Thema Ethikunterricht und das Thema von Mehrstufenklassen angeht, glaube ich, auch teilweise andere Meinungen haben. Ja, auch solche Schulversuche sollen überführt werden können und auch diese Schulversuche braucht unser Regel­schulsystem. Also diesbezüglich wünsche ich mir Objektivität, diesbezüglich wünsche ich mir, dass wir nicht nur die Fraktionsgrenzen überspringen, sondern dass da auch Ideologie nicht an erster Stelle steht.

Noch ein Letztes ist zu sagen: Ich würde mir vom Bildungsministerium wünschen, dass man sich für Schulversuche generell ein Prozedere überlegt, damit diese nicht über Jahrzehnte laufen müssen, sondern schon früher ins Regelsystem übergehen können, denn, wie gesagt, da sprechen wir von Innovation, da sprechen wir von jahrelangen Mühen von Lehrerinnen, Lehrern und Eltern und natürlich auch von einem Gewinn für unsere Schülerinnen und Schüler – und das muss natürlich im Vordergrund stehen. (Beifall bei JETZT sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.43



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 278

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hauser ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


21.43.50

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte an die Aussagen meiner Vorrednerin, Frau Cox, zu den Schulversuchen anknüpfen. Wie war die Situation, bevor wir die Bildungsreform im Jahr 2017 beschlossen haben? – Auch dazu hat der Rechnungshof interessante Zahlen geliefert: Wir hatten vor der Bildungsreform insgesamt 5 351 Schulversuche laufen – 5 351 Schulversuche! –, deswegen wurde im Rechnungshofausschuss auch die Feststellung gemacht, dass eigentlich das ganze österreichische Schulwesen bei dieser unglaublich großen Anzahl ein Schulversuch ist. Deswegen war es auch der Vorschlag des Rechnungshofes, die Zahl der Schulversuche zu reduzieren, all jene Schulversuche, die sich bewährt haben, in das Regelschulwesen überzuführen und alle Schulversuche, die sich nicht bewährt haben, auslaufen zu lassen.

Dabei wären auch Schulversuche, die wirklich toll waren, zum Beispiel im sportlichen oder im technischen Bereich, ausgelaufen, weil die formalen Voraussetzungen für die Übernahme dieses Modells ins Regelschulwesen nicht vorhanden waren. Ich denke da zum Beispiel an das Schigymnasium Stams, das eigentlich seit dem Jahr 1967/68 ein Schulversuch ist. Deswegen haben wir von FPÖ und ÖVP gemeinsam eine Initiative eingebracht, um das Schulorganisationsgesetz zu verändern, um auch diese bewähr­ten Schulversuche tatsächlich zu erhalten. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Wir reparieren und reduzieren also.

Nur ein paar Fakten zum Schigymnasium Stams: Seit der Gründung im Jahr 1967/1968 wurden 96 olympische Medaillen, 216 Medaillen bei Weltmeisterschaften und 296 Me­daillen bei Juniorenweltmeisterschaften erzielt. Das ist eine absolut imposante Bilanz, die nur stellvertretend für all jene Schulen und Schulversuche, die ähnlich gute Leis­tungen erbracht haben, steht. Es wäre ein Riesenschaden für das österreichische Schulwesen und auch international, wenn man zum Beispiel die Voraussetzungen für die Fortführung des Schulversuches Stams nicht sichern würde. Mit diesem Beschluss, den wir heute fassen, schaffen wir die Voraussetzungen und garantieren, dass dieser erfolgreiche Schulversuch über die Änderung des Schulorganisationsgesetzes in das Regelschulwesen übernommen wird.

Was ist noch wichtig? – Das hat auch der Rechnungshof festgestellt: Wir müssen die Zahl der Schulversuche weiter reduzieren. Im Jahr 2017/2018 laufen immerhin noch 1 420 Schulversuche, obwohl man die Zahl der Schulversuche bereits um 74 Prozent gegenüber dem Höchststand reduziert hat. Zukünftig müssen wir auch klären, unter welchen Voraussetzungen Schulversuche überhaupt stattfinden können, damit man diese Schulversuche evaluieren und dann sagen kann: Jawohl, dieser Schulversuch hat es gebracht oder hat es nicht gebracht.

Abschließend möchte auch ich allen Lehrerinnen und Lehrern und selbstverständlich auch allen Schülerinnen und Schülern schöne Ferien wünschen. Die verdienten Ferien stehen vor der Tür. Macht es gut, erholt euch gut! Ich bedanke mich namens unserer Fraktion für die geleistete Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Holzleitner ist zu Wort gemel­det. – Bitte.



Nationalrat, XXVI.GPStenographisches Protokoll84. Sitzung, 2. Juli 2019 / Seite 279

21.47.44

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Es sind sogar zu späterer Stunde noch ein paar da. Wir sind eh schon bei den letzten Tagesord­nungs­punkten, und wie man im Jahr 2019 so schön sagt: Zack, zack, zack, und vorbei ist die Sitzung! (Zwischenruf des Abg. Zarits. – Heiterkeit des Abg. Lindner.) Jetzt sind schon die letzten Rednerinnen und Redner dran.

Ich möchte kurz auf ein Thema eingehen, das leider in den letzten eineinhalb Jahren sehr wenig Beachtung bekommen hat, und zwar geht es darum, die Förderung von Kindern noch individueller zu gestalten. Gerade in Oberösterreich hat es da eine sehr wichtige Maßnahme gegeben, die pilotiert worden ist, und zwar den Bildungskompass. Dieser leistet Unterstützung an dieser sehr spannenden Nahtstelle zwischen Kinder­garten und Schule. Er ist ein Pilotprojekt des Bundes, das in Oberösterreich getestet wurde, wo es eben genau um diese Entwicklungsdokumentation zum optimalen Sup­port des Kindes und einen nahtlosen Übergang vom Kindergarten in die Volksschule geht. Dieser Bildungskompass hätte eigentlich 2018 nach einer Evaluierungsphase in ganz Österreich ausgerollt werden sollen, was aber leider nicht passiert ist.

Für uns als SPÖ ist es sehr, sehr unverständlich, warum diesbezüglich eigentlich in den letzten eineinhalb Jahren keine Initialzündung vom Bund gekommen ist, da die flächendeckende Verbreitung da wirklich einen positiven Effekt gehabt hätte. Er ist eine positive Maßnahme, die eben genau auf diese individuellen Bedürfnisse der Kinder eingehen soll, aber eben von der Vorgängerregierung leider nicht weiter fokussiert wurde. Ich glaube, dass in diesem Pilotprojekt eben noch sehr, sehr, sehr viel Poten­zial steckt und dass eine Ausrollung auf das gesamte Bundesgebiet sehr positive Auswirkungen gehabt hätte.

Der Kindergarten ist nämlich – und das dürfen wir nicht vergessen und müssen wir endlich in unseren Köpfen verankern – die erste wichtige Bildungseinrichtung. (Beifall bei der SPÖ.) Je früher wir Kinder wirklich umfassend fördern, desto besser gelingt auch der Schuleinstieg.

Gerade diese frühe Kinderbildung ist ein entscheidender Faktor für künftigen Schul­erfolg. Konkrete und umfassende Maßnahmen im Integrationsbereich – wir haben es vorhin schon gehört – sind aber leider gestrichen worden, der Ganztagesschulausbau wurde verzögert, Ziffernnoten, Strafen für das Schulschwänzen und Eignungstests für Volksschülerinnen und Volksschüler wurden eingeführt. Jahr für Jahr zeigt uns die OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ ein Phänomen in Österreich auf, das sich durch die genannten Maßnahmen immer weiter zementiert und verfestigt: Bildung wird in Österreich noch immer vererbt und der sozioökonomische Status eines Haushaltes hängt damit noch sehr, sehr stark zusammen. Das ist nichts, was in den letzten eineinhalb Jahren aufgebrochen wurde.

Der Ausbau einer flächendeckenden und wirklich qualitativen Kinderbetreuung als erste Bildungseinrichtung und der Ausbau von Ganztagesschulen sind aber wesent­liche Voraussetzungen für Chancengleichheit im Bildungssystem, gelingende Integra­tion und auch für Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade die Anerkennung von Bildung bereits in ganz, ganz jungem Alter ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft: Kinderbildung statt Kinderbetreuung! – Man kann es nur immer, immer wieder sagen: Kinderbildung, keine Kinderbetreuung! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte es an dieser Stelle noch einmal betonen: Expertinnen und Experten der OECD – wir sollten ihnen zuhören – (Zwischenrufe der Abgeordneten Vogl und Wurm) belegen jedes Jahr aufs Neue, dass soziale Gerechtigkeit ganz eng mit gezielter Förderung und Chancengerechtigkeit in der Bildung – vom Kindergarten über die


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Schule bis hin zu Berufsausbildung und Hochschule – verbunden ist. Eine Verschrän­kung des Übergangs vom Kindergarten in die Volksschule durch den Bildungskompass würde diesbezüglich wirklich eine Stütze darstellen und eindeutig Vorteile bringen.

Als Vertreterin der Sozialdemokratie kann ich abschließend nur sagen, dass wir für ein Bildungssystem kämpfen, das durchlässig ist, Chancen ermöglicht und wirklich Talente fördert, für Bildung, die für alle leistbar ist und nicht spaltet oder segregiert. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Cox.)

21.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.


21.52.23

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Ich darf zu zwei Anträgen, die noch nicht wirklich behandelt wurden, sprechen, einer von der SPÖ und einer von uns, jeweils zum Thema Ziffernnoten. Die alte Bundesregierung hat diese ja wieder eingeführt, hat die alternativen Beurtei­lungs­möglichkeiten abgeschafft und es damit aus unserer Sicht Schülerinnen und Schülern und insbesondere auch Eltern schwieriger gemacht, weil wir einfach der tiefen Über­zeugung sind, dass es notwendig ist, Personen, Schülerinnen und Schüler nicht nur als Nummer zu sehen, sondern ihre Talente betreffend mehr dahinter zu sehen.

Damals, als die Ziffernnoten in diesem Pädagogikpaket – wie das von der alten Bun­desregierung genannt wurde – eingeführt wurden, gab es auch massive Kritik, insbe­sondere auch von den Lehrerinnen und Lehrern, die massiv dagegen lobbyiert und gesagt haben, dass sie diesbezüglich über die Jahre endlich eine Errungenschaft gehabt haben, dass sie seit 2016 die alternativen Beurteilungsmöglichkeiten hatten und die Bundesregierung das leider wieder abgeschafft und ihnen damit nicht ermög­licht hat, das weiterzuführen. Auch der Rechnungshof hat das damals sehr stark kriti­siert und auch von der Verunsicherung der Eltern gesprochen, weil die Eltern über die letzten Jahre natürlich auch dieses Modell kennen- und sehr schätzen gelernt haben, weil sie eben gemerkt haben, dass es da um mehr geht, sie auch in vielen Fällen besser herauslesen können, wie ihre Kinder performen und welche Stärken und Schwächen ihre Kinder haben, und dass sie das dann auch gemeinsam mit den Kindern besprechen und diese perfekt fördern können.

Kollege Taschner hat in der Debatte zum vorigen Tagesordnungspunkt den ehe­mali­gen Minister gelobt und gesagt, was für eine großartige Arbeit das im Bildungsbereich war. – Das ist aus meiner Sicht nicht so. Gerade dieses Thema zeigt, dass die alte Regierung diesbezüglich Retropolitik gemacht und kein einziges Problem gelöst hat. Sie haben mit der Einführung der Ziffernnoten kein einziges Problem gelöst, nach wie vor kann jeder fünfte Schüler nicht sinnerfassend lesen. Das können Sie doch nicht ernst meinen, dass Sie mit solchen Maßnahmen, die nur plakativ sind, Verbes­serun­gen im Schulsystem herbeiführen. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Hammerschmid.)

Diese Maßnahmen – und das haben wir damals schon sehr klar gesagt – sind am Ende des Tages nur auf den Rücken der Schüler ausgetragene Kämpfe, und es geht Ihnen nur darum, die Gesellschaft weiter zu spalten. Das weiterzuführen, das ist etwas, was wir nicht akzeptieren können, und deswegen haben wir diesbezüglich auch Handlungsbedarf gesehen und diesen Antrag eingebracht, um das zu reparieren.

Wir hatten damals im Ausschuss auch ein ExpertInnenhearing. Das hat damals auch ganz klar gezeigt, dass diese Variante der Ziffernnoten ein – Entschuldigung, wenn ich das so sage – Schmarrn ist; es ist nichts anderes. Das ExpertInnenhearing hat ganz klar gezeigt, dass junge Menschen, wenn sie Noten bekommen, aus entwicklungs-


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psychologischer Sicht nicht unterscheiden können, ob sie selbst gemeint sind, also persönlich beurteilt werden, oder ob ihre Leistung beurteilt wird. Das ExpertInnen­hearing hat auch ganz klar gezeigt – es war Dr. Ferdinand Eder, der das gesagt hat –, dass diese Maßnahme absolut nicht evidenzbasiert ist. Darüber hinaus hat er zum Begriff Notenwahrheit in Bezug auf ein Argument, das die alte Regierung sehr oft gebracht hat, dass man nämlich Notenwahrheit brauche, sodass man die Schülerinnen und Schüler vergleichen könne, klar gesagt, dass das nicht so ist. Er hat gesagt, es gibt keinen Sachverhalt, der besser untersucht ist als die notorische Unzuverlässigkeit von Noten. Viel klarer kann man es also nicht auf den Punkt bringen, dass Noten eben keine gute Beurteilungsform sind, sondern dass es diesbezüglich alternative Modelle braucht.

Wir glauben ganz fest daran, dass man den Profis vor Ort, den Pädagoginnen und Pädagogen, vertrauen muss und ihnen auch ihre pädagogische Freiheit geben muss, dass sie vor Ort gemeinsam mit den Eltern entscheiden, was das Beste für die Kinder ist und wie man sie am besten beurteilt. Deswegen finde ich es sehr schade, dass die Regierungsparteien unseren Vorschlag im Ausschuss abgelehnt haben, weil ich glaube, dass das wirklich ein wichtiger Schritt gewesen wäre, um Dinge, die die alte Regierung wirklich schlecht gemacht hat, zu korrigieren. Das finde ich sehr bedauer­lich. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Hammerschmid. – Abg. Matznetter: Ehe­malige Regierung! Ehemalige Regierung!)

21.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Kirchbaumer ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


21.56.44

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Im vorliegenden Ent­schließungsantrag geht es im Wesentlichen um den Erhalt der bewährten Schulver­suche, die es in ganz Österreich schon seit sehr vielen Jahren gibt. Mein Kollege Hauser hat ja vorhin schon das berühmte Schigymnasium Stams in Tirol vorgebracht (Zwischenruf des Abg. Wurm), das seit 1967, also seit 52 Jahren, ein Schulversuch ist. Dort wurden bekannte Spitzensportler wie Benni Raich, Marlies Schild, Mario Matt und viele andere mehr ausgebildet.

Vor der Bildungsreform 2017 bestehende Schulversuche würden spätestens am 31. August 2025 enden. Das hätte zur Folge, dass die Schulen letztmalig 2019/2020 SchülerInnen aufnehmen können. Das würde auch die Thöni Akademie in Tirol treffen. Dabei handelt es sich um einen Schulversuch der dualen Ausbildung, ein sehr erfolg­reiches Ausbildungssystem für künftige Fachkräfte in der Aluminium- und Metall­branche. Die Schülerinnen und Schüler gehen in ein technisches Gymnasium und werden gleichzeitig dort als Facharbeiter ausgebildet. Die Thöni Akademie hat einen ausgesprochen hervorragenden Ruf und die Anmeldezahlen übersteigen die Zahl an Schülerinnen und Schüler, die überhaupt aufgenommen werden können. Die Plätze sind sehr begehrt.

Es ist ein Paradeunternehmen in Tirol, das zeigt, wie duale Ausbildung perfekt funktio­niert. Die Thöni Akademie ist in das Unternehmen der Familie Thöni eingebunden und arbeitet hervorragend mit dem Borg Telfs zusammen. Auch viele weitere Schul­ver­suche wie zum Beispiel das Sport- und Musik-Realgymnasium Salzburg oder das Leistungssportzentrum Südstadt für den Sommerspitzensport hätten mit 2019/2020 die letzten Schülerinnen und Schüler aufnehmen können. An dieser Stelle möchte ich mich recht herzlich bei allen Fraktionen bedanken, die meinem Entschließungsantrag ein-


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stimmig zugestimmt haben. Das zeigt, dass die Ausbildung in Österreich sehr wichtig ist und auch in weiterer Folge sehr wichtig sein wird.

Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag schaffen wir für alle Schulversuche in Österreich Rechtssicherheit. Wichtig ist, die erforderlichen gesetzlichen Änderungen für eine Übernahme bewährter Schulversuche in das österreichische Schulwesen zu gewährleisten und damit eine unsichere Rechtslage zu vermeiden. Ich danke Ihnen recht herzlich. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

21.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Wurm. – Bitte.


21.59.45

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Es gibt auch einige Reformen im Schulbereich, die wir heute hier diskutieren und auch verabschieden werden, und ich möchte, weil es wichtig ist, schon noch einmal darauf hinweisen, dass auch in diesem Bereich, im Bildungsbereich die letzten eineinhalb Jahre für Österreich extrem wichtig waren. Wir haben versucht, bei Versäumnissen, die in diesen bildungsideologischen Irrwegen der letzten Jahre und Jahrzehnte für Österreichs Kinder leider Gottes nicht viel Gutes gebracht haben, gegenzusteuern.

Da muss ich schon sagen, wenn Frau Kollegin Hammerschmid und andere aus der linken Fraktion vor allem die Wiedereinführung der Ziffernnoten in der Volksschule so kritisieren, so kommt mir das ein bisschen wie die Angst des Teufels vor dem Weihwasser vor. Ich glaube, es ist ganz extrem wichtig, dass die Kinder auch in der Volksschule die Ziffernnoten rechtzeitig erlernen – in der Regel haben die Kinder in dem Bereich auch Freude mit ihrem Zeugnis (Zwischenruf des Abg. Vogl) –, und vor allem ist dann auch, so wie es bis jetzt in der vierten Klasse Volksschule gewesen ist, der Druck beim Übergang ins Gymnasium geringer.

Was machen wir da? – Spätestens ab dem zweiten Halbjahr der zweiten Klasse Volksschule sind Ziffernnoten wieder verpflichtend zu führen, aber die Benotung in Worten, die verbale Benotung läuft parallel weiter. Die Bevölkerung hat diesbezüglich ganz klar entschieden: 94 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wollen in der Volksschule Ziffernnoten haben (Abg. Heinisch-Hosek: Die Kinder nicht!), und deshalb ist es auch richtig und wichtig, diese Ziffernnoten dort wieder einzuführen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Schulbereich selbst hat es, wie gesagt, leider sehr, sehr viele Versäumnisse gegeben. Eine große Baustelle war und ist die Polytechnische Schule, die 9. Schul­stufe. Das Polytechnikum hat leider Gottes nicht den besten Ruf und schafft es auch nicht, speziell für die Wirtschaft im dualen System die Facharbeiter bereitzustellen. Da kommen einige Reformen, vor allem was den Lehrplan betrifft, aber es kommt auch eine Verschärfung beim unentschuldigten Fernbleiben von Prüfungen. Das heißt, wir wollen dieses Poly mehr oder weniger aufwerten, auch vom Fächerkanon her ver­stärken und optimieren, damit dieses 9. Schuljahr für jene, die ins Poly gehen, nicht verloren ist – auch das ist eine ganz, ganz wichtige Entscheidung.

Natürlich – man hat es heute schon von den Vorrednern gehört – ist auch die Sprach­standserhebung beim Übergang vom Kindergarten in die Volksschule sehr wichtig, weil es halt auch nicht hilft, so wie es in der Vergangenheit war, bei Sprachdefiziten die Augen zu verschließen und zu hoffen, dass das alles in der Volksschule irgendwie gut ausgeht.

Zum Abschluss noch einmal, und das ist, glaube ich, das Entscheidende: Das Ver­sprechen, das vor allem die Sozialdemokratie die letzten Jahre und Jahrzehnte gege-


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ben hat, nämlich im Bildungsbereich eine Chancengleichheit für alle Kinder in Öster­reich herzustellen, hat sich nicht bewahrheitet (Zwischenruf des Abg. Vogl), ganz im Gegenteil: Die Kluft ist größer geworden, und wir Freiheitliche werden dafür sorgen, dass diese Kluft kleiner wird und alle Kinder in Österreich eine Chance auf eine gute Bildung haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.


22.03.50

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen zum Ab­schluss eines sehr intensiven Sitzungstages, und auch wenn es die letzten beiden Tagesordnungspunkte sind, ist Bildung keineswegs eine Nebensache, sondern ein zentrales Thema, das immer wieder im Blickpunkt der Politik steht. Es beschäftigt uns auf allen Ebenen – von der Gemeindeebene über die Landesebene, die Bundes- bis hin zur EU-Ebene –, und selbstverständlich betrifft und beschäftigt es viele Öster­reicherinnen und Österreicher.

Einen wichtigen Beschluss haben wir heute bereits gefasst, nämlich jenen betreffend 250 Millionen Euro für die schulische und außerschulische Nachmittagsbetreuung von Kindern von sechs bis 14 Jahren. Und ich sage – weil Kollegin Holzleitner vorhin gesagt hat, Bildung, Kinderbildung sei wichtig –, Bildung findet auch in Form der Nach­mittagsbetreuung statt, aber es ist, glaube ich, genauso wichtig, dass Kinder die Freiräume haben, zu spielen, sich auszutoben, und dass die Eltern die Gewissheit haben, dass sie in diesem Rahmen bestmöglich betreut werden. (Beifall bei der ÖVP.) Somit ist auch das eine wichtige Maßnahme, die Eltern und ihren Kindern zugute­kommt, indem wir den Ausbau der Betreuungsplätze sichern und die Gemeinden, die ja auch Träger der Pflichtschulen sind, wenn es um die Kosten geht, bestmöglich unterstützen.

Ebenso wichtig ist aber auch die Anpassung unserer Schulen, des Lehrplans, der Aus­bildung an heutige und zukünftige Anforderungen. Mit dem vorliegenden Gesetzent­wurf nehmen wir uns besonders die polytechnischen Schulen vor – eine ganz wichtige und wesentliche Ausbildungsform, ein ganz wichtiger und wesentlicher Schultyp, der junge Menschen auf ihren späteren Ausbildungs- und Berufsweg vorbereitet.

In meiner Region, im Weinviertel, gibt es sieben polytechnische Schulen, die alle wertvolle Partner der Wirtschaft und der ausbildenden Betriebe sind. Diese Schulen unterstützen die jungen Menschen dabei, ihre Begabungen und Fähigkeiten richtig einzuordnen, und sie bieten dann in dieser Vielfalt an beruflichen Möglichkeiten auch Orientierung.

Mir ist bewusst, dass wir uns oft auf die Schwächen konzentrieren, aber für mich ist klar: Wir brauchen Grundkompetenzen, wir brauchen Fähigkeiten, und ich sehe nichts Verwerfliches darin, diese auch in Leistungsgruppen zu stärken, indem wir sagen, dass wir diese Schwächen ausmerzen beziehungsweise auch Stärken fördern. Für mich ist aber wichtig, dass gerade die polytechnische Schule als Schultyp der Ort ist, an dem wir Stärken auch weiterhin fördern, an dem wir diese aufgreifen und den jungen Menschen auch Orientierung dahin gehend bieten, wo sie diese Stärken in Zukunft einsetzen können.

Eines ist nämlich klar – wenn wir daran zurückdenken, wie es uns gegangen ist, als wir den Schultyp gewechselt haben, beziehungsweise wissen es auch die, die Kinder haben, die in dieser Übergangsphase sind –: Es ist oft sehr schwer, zu wissen: Wo will


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ich hin? Was will ich in Zukunft beruflich machen? Wo kann ich meine Stärken entsprechend einbringen? Das ist keine leichte Entscheidung, und gerade der Schultyp polytechnische Schule ist eine Unterstützung: Er ist eine Unterstützung für die Eltern und für Kinder in diesem Zusammenhang, und wir wollen sie alle bei dieser wichtigen Aufgabe auch in Zukunft bestmöglich unterstützen.

Mit diesem Gesetz schaffen wir Rahmenbedingungen, die einen zeitgemäßen, kom­petenzorientierten Lehrplan enthalten, wir bauen die Orientierungsphase, die die polytechnische Schule ausmacht, aus, fassen auch die Fachbereiche neu und sehen eine Spezialisierung vor. Ich darf in diesem Zusammenhang daher bitten, diesem Gesetzentwurf im Sinne der Weiterentwicklung der polytechnischen Schule und im Interesse der Schülerinnen und Schüler zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.07

22.08.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung, die ich über die jeweiligen Ausschussanträge getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Schulpflichtgesetz 1985 und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert werden, in 648 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich darf zunächst über die vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betrof­fenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfs abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 Z 4, Art. 2 Z 2, 3 und 6 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfs samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit, damit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 648 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Sicherstellung der Überführung bewährter Schulversuche in das Regelschulwesen“.

Ich darf jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist die Einstimmigkeit. (E 84)


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Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 649 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer den Bericht zur Kenntnis nimmt, den darf ich um ein entsprechendes Zeichen bitten. – Das ist die Mehrheit, der Bericht ist daher zur Kenntnis genommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 650 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, der Bericht ist zur Kenntnis genommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft – wir noch nicht.

22.11.01Abstimmung über Fristsetzungsanträge


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Abstimmungen über die in dieser Sitzung eingelangten Fristsetzungsanträge.

Ich werde die Fristsetzungsanträge einzeln unter Nennung des Ausschusses sowie der Nummer des jeweiligen Antrages und der Antragsteller abstimmen lassen.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 923/A der Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 20. September 2019 zu setzen.

Wer sich für diesen Fristsetzungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist zu wenig. Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen, dem Gleichbehandlungsausschuss zur Bericht­erstat­tung über den Antrag 332/A der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Eine weitere Abstimmung betrifft den Antrag der Abgeordneten Becher, Kolleginnen und Kollegen, dem Bautenausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 15/A der Abgeordneten Becher, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist abgelehnt, weil es die Min­derheit ist.

Nun kommen wir zur Abstimmung über insgesamt drei Anträge der jeweiligen An­tragsteller, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales jeweils eine Frist bis zum 24. Sep­tember 2019 zur Berichterstattung über folgende Anträge zu setzen:

Antrag 324/A der Abgeordneten Stöger, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Antrag 577/A der Abgeordneten Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Antrag 900/A der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen: Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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Wir kommen zu drei weiteren Anträgen, dem Umweltausschuss (Unruhe im Saal) – ich darf noch für den Rest der Sitzung um Ihre Aufmerksamkeit ersuchen; es dauert nicht mehr sehr lange – eine Frist bis zum 24. September 2019 zur Berichterstattung über folgende Anträge zu setzen:

Antrag 894/A(E) der Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Antrag 805/A(E) der Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Antrag 803/A(E) der Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Androsch, Kolle­ginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zur Berichter­stattung über den Antrag 763/A(E) der Abgeordneten Androsch, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 4. Juli 2019 zu setzen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist nunmehr die Mehrheit. Damit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über insgesamt drei Anträge der Abgeordneten Androsch, Kolleginnen und Kollegen, dem Gesundheitsausschuss eine Frist bis zum 4. Juli 2019 zur Berichterstattung über folgende Anträge zu setzen:

Antrag 566/A(E) des Abgeordneten Androsch, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Antrag 814/A(E) der Abgeordneten Androsch, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Gleiches Stimmverhalten, damit mehrheitlich angenommen.

Antrag 860/A der Abgeordneten Androsch, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über insgesamt drei Anträge der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber, dem Gesundheitsausschuss eine Frist bis zum 12. September 2019 zur Berichterstattung über folgende Anträge zu setzen:

Antrag 878/A der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Antrag 854/A der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen: Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Schlussendlich kommen wir zum Antrag 877/A der Abgeordneten Holzinger-Vogtenhuber, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Gleiches Stimmverhalten: Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen nun zu drei Anträgen der Abgeordneten Griss, dem Justizausschuss eine Frist bis zum 1. September 2019 zur Berichterstattung über folgende Anträge zu setzen:

Antrag 840/A der Abgeordneten Griss, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.


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Antrag 821/A(E) der Abgeordneten Griss, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Einstimmigkeit. Angenommen.

Antrag 841/A der Abgeordneten Griss, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wieder die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Loacker, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 827/A der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 1. September 2019 zu setzen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Schellhorn, dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zur Berichterstattung über den Antrag 902/A(E) der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Weiters gelangen wir zum Antrag des Abgeordneten Bernhard, dem Ausschuss für Familie und Jugend zur Berichterstattung über den Antrag 838/A der Abgeordneten Bernhard, Kolleginnen und Kollegen eine Frist bis zum 24. September 2019 zu setzen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung zweier Anträge der Abgeordneten Griss, dem Aus­schuss für innere Angelegenheiten eine Frist bis zum 1. September 2019 zur Be­richt­erstattung über folgende Anträge zu setzen:

Antrag 843/A der Abgeordneten Griss, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Antrag 822/A(E) der Abgeordneten Griss, Kolleginnen und Kollegen: Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist ebenfalls die Minderheit. Abgelehnt.

22.18.47Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 926/A(E) bis 969/A(E) eingebracht worden sind.

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 22.20 Uhr ein, das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.19.18Schluss der Sitzung: 22.20 Uhr

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