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Plenarsitzung
des Nationalrates


Stenographisches Protokoll

 

85. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

Mittwoch, 24., und Donnerstag, 25. Februar 2021

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

 

 

 

Großer Redoutensaal

 


Stenographisches Protokoll

85. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Mittwoch, 24., und Donnerstag, 25. Februar 2021

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 24. Februar 2021: 9.04 – 24.00 Uhr

Donnerstag, 25. Februar 2021: 0.00 – 0.18 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz über die Absicherung des österreichisch-jüdischen Kulturerbes (Österreichisch-Jüdisches Kulturerbegesetz – ÖJKG)

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1206/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1253/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler erlassen wird, und Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Förderungs­prü­fungs­gesetz geändert wird (22. COVID-19-Gesetz), geändert werden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1268/A der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider den Bun­desminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober

5. Punkt: Grüner Bericht 2020

6. Punkt: Bericht über den Antrag 214/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend Nein zum Mercosur-Abkommen

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1029/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Unterstützung der Privatvermieter – Härtefälle vermeiden

8. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 2

9. Punkt: Sonderbericht der Volksanwaltschaft betreffend „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung“

10. Punkt: Bericht über den Antrag 1108/A der Abgeordneten Martina Diesner-Wais, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 802/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend leichteren Zugriff auf Abfertigungsgelder

12. Punkt: Bericht über den Antrag 1238/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Mar­kus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeits­losenversicherungsgesetz 1977 geändert wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1237/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1229/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beitragsstundungen: Staatsversagen darf nicht zu überdurchschnittlicher Konkurswelle führen

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1173/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG) geändert wird

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1165/A der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutz­gesetz 1979 geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1240/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutter­schutzgesetz 1979 geändert wird

18. Punkt: Bericht über den Antrag 992/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Lehrstellen schaffen durch Einführung des Blum-Bonus-Corona

19. Punkt: Bericht über den Antrag 1232/A(E) der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Selbständigen vor Covid-19

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1239/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alterssicherungskommissions-Gesetz geändert wird

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1214/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden

22. Punkt: Bericht über den Antrag 1263/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ge­sundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Antrag 1215/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird

24. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 3

25. Punkt: Bericht über den Antrag 1213/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz geändert wird

26. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Bundesabgabenordnung geändert wird

27. Punkt: Bericht über den Antrag 1236/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Bereitstellung kostenloser FFP2-Masken

28. Punkt: Bericht über den Antrag 614/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit der allgemeinen COVID-19-Masken­pflicht in Österreich

29. Punkt: Bericht über den Antrag 1252/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Bundespflegegeld­ge­setz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Führerscheingesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitsberuferegister-Gesetz geändert wird (GBRG-Novelle 2020)

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Musiktherapiegesetz, das Apothekengesetz, das Kardiotechnikergesetz und das Sanitätergesetz geändert werden (Berufsanerkennungsgesetz Gesundheit 2020)

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Depotgesetz geändert wird

33. Punkt: Bericht über den Antrag 1241/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgaben­ord­nung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Investitionsprämiengesetz geändert werden (2. COVID-19-Steuermaßnahmen­gesetz – 2. COVID-19-StMG)

34. Punkt: Bericht über den Antrag 1264/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisa­beth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun­desgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) erlassen wird

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung Österreichs als internationaler Amtssitz- und Konferenzstandort (Amtssitzgesetz – ASG) erlassen wird und das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Inter­natio­nale Steuervergütungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Meldegesetz 1991 ge­ändert werden

36. Punkt: Bericht über den Antrag 1172/A der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird

37. Punkt: Bericht über den Antrag 1116/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von auto­nomen Waffensystemen ohne menschliche Kontrolle („Killer-Robotern“)

38. Punkt: Bericht über den Antrag 1117/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheit von Journalis­ten, insbesondere Journalistinnen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 4

39. Punkt: Bericht über den Antrag 1148/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ständige Einsatzbereitschaft am Hubschrauber­stütz­punkt Klagenfurt

40. Punkt: Bericht über den Antrag 991/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp den Liegenschaftsverkäufen bzw. Übertragungen an die BIG

41. Punkt: Bericht über den Antrag 935/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend Priorität beim Mannschutz

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 35

Ordnungsruf .................................................................................................................... 45

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wor­tung 4709/AB gemäß § 92 Abs. 1 GOG .................................................................................................................... 60

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 GOG ................................. 145

Redner/Rednerinnen:

Hermann Brückl, MA .............................................................................................. ... 145

Bundesminister Dr. Heinz Faßmann ..................................................................... ... 148

Nico Marchetti ............................................................................................................. 150

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ................................................................................ 151

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ... 152

Mag. Sibylle Hamann .............................................................................................. ... 154

Mag. Martina Künsberg Sarre ............................................................................... ... 155

Antrag der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst auf Nichtkenntnisnahme der Anfragebeantwortung 4709/AB – Ablehnung .....................................................  154, 156

Antrag der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, MMag. DDr. Hubert Fuchs, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 421/A der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Herbert Kickl, Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäfts­ordnungsgesetz 1975) geändert werden“, gemäß § 43 Abs. 1 GOG eine Frist bis 23. März 2021 zu setzen ............................................................................................................................. 60

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 GOG auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................................................................... 60

Redner/Rednerinnen:

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 157

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ... 161

Mag. Karin Greiner .................................................................................................. ... 162

Erwin Angerer ......................................................................................................... ... 163


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 5

Dr. Elisabeth Götze ................................................................................................. ... 164

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ... 165

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 167

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 5 GOG      ............................................................................................................................... 61

Antrag des Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried im Sinne des § 18 Abs. 3 GOG auf Anwesenheit des Bundesministers für Finanzen – Ablehnung .......................................................  159, 161

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 160

Wortmeldungen im Zusammenhang mit der Sitzungsunterbrechung:

Herbert Kickl ............................................................................................................... 160

August Wöginger ....................................................................................................... 160

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsident Mag. Wolfgang Sobotka ........................................................................... 321

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ................................ 322

Aktuelle Stunde (18.)

Thema: „Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Insolvenzwelle, statt Kampf gegen die österreichische Justiz, Herr Bundeskanzler! Tun Sie es für Österreich.“ ........................................ 35

RednerInnen:

Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc .................................................................................. 35

Bundeskanzler Sebastian Kurz ............................................................................. ..... 37

Andreas Ottenschläger .......................................................................................... ..... 40

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ..... 42

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ..... 43

Dr. Elisabeth Götze ................................................................................................. ..... 45

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ..... 47

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher ............................................ ..... 49

Christoph Zarits ...................................................................................................... ..... 50

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................ ..... 52

Christian Hafenecker, MA ...................................................................................... ..... 53

Mag. Markus Koza .................................................................................................. ..... 55

Dr. Johannes Margreiter ........................................................................................ ..... 57

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 35

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  59, 223, 223

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (605 d.B.): Bundesgesetz über die Absicherung des österreichisch-jüdischen Kul­turerbes (Österreichisch-Jüdisches Kulturerbegesetz – ÖJKG) (641 d.B.) ............................................................................ 61

RednerInnen:

Mag. Martin Engelberg ........................................................................................... ..... 61

Mag. Jörg Leichtfried ............................................................................................. ..... 62


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 6

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ..... 63

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ ..... 64

Dr. Helmut Brandstätter ......................................................................................... ..... 65

Bundesministerin Mag. Karoline Edtstadler ........................................................ ..... 66

Sabine Schatz .......................................................................................................... ..... 68

Mag. Thomas Drozda .............................................................................................. ..... 68

Annahme des Gesetzentwurfes in 641 d.B. .................................................................. 81

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1206/A der Ab­geordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert wird (639 d.B.)          69

RednerInnen:

Johann Singer ......................................................................................................... ..... 69

Mag. Selma Yildirim ................................................................................................ ..... 70

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ ..... 71

Annahme des Gesetzentwurfes in 639 d.B. .................................................................. 81

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1253/A der Abge­ordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfonds­gesetz – K-SVFG) und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Überbrückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler erlassen wird, und Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert wird (22. COVID-19-Gesetz), geändert werden (640 d.B.) ............................................................................ 72

4. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1268/A der Ab­geordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober (642 d.B.) ......................................................................................................................................... 72

RednerInnen:

Dr. Susanne Fürst ................................................................................................... ..... 72

Maria Großbauer ..................................................................................................... ..... 74

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ..... 75

Mag. Christian Drobits ........................................................................................... ..... 76

Mag. Agnes Sirkka Prammer ................................................................................. ..... 77

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ..... 78

Staatssekretärin Mag. Andrea Mayer ................................................................... ..... 79

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. ..... 80

Mag. Dr. Rudolf Taschner ...................................................................................... ..... 80

Annahme des Gesetzentwurfes in 640 d.B. .................................................................. 82

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 642 d.B. ....................................................... 82

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2020 der Bundesregierung (III-170/637 d.B.) ................................................................................ 82

RednerInnen:

Peter Schmiedlechner ............................................................................................ ..... 82

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ..... 85


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 7

Cornelia Ecker .............................................................................................................. 86

Dipl.-Ing. Olga Voglauer .............................................................................................. 89

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ..... 90

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ..... 91

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................ ..... 93

Klaus Köchl ............................................................................................................. ..... 94

Cornelia Ecker (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 97

Clemens Stammler ................................................................................................. ..... 97

Norbert Sieber ......................................................................................................... ..... 98

Elisabeth Feichtinger, BEd BEd ............................................................................ ..... 99

Ing. Klaus Lindinger, BSc ...................................................................................... ... 101

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ... 101

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebens­mit­teln“ – Ablehnung  84, 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beendigung der Förderung von Glyphosatprodukten und an­deren Breitbandherbiziden durch öffentliche Steuermittel im Rahmen des Um­weltprogramms des Programms für die ländliche Entwicklung (Säule 2 der GAP)“ – Ablehnung .........................................................................................  87, 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kol­legen betreffend „notwendige Transparenz und zusätzliche Vorgaben bei der Vergabe von 350 Mio. € an WaldbesitzerInnen“ – Ablehnung ..........................................................................  96, 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umverteilungsprämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuermittel zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhö­hen“ – Ablehnung ..................................  100, 120

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „70 000 Euro Förderobergrenze für land- und forstwirtschaft­liche Betriebe“ – Ablehnung               103, 120

Kenntnisnahme des Berichtes III-170 d.B. .................................................................. 120

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den An­trag 214/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Nein zum Mercosur-Abkommen (638 d.B.) ...................................................................................................................... 105

RednerInnen:

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 105

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 106

Peter Schmiedlechner ............................................................................................ ... 108

Dipl.-Ing. Olga Voglauer ......................................................................................... ... 108

Alois Kainz ............................................................................................................... ... 109

Michael Bernhard .................................................................................................... ... 110

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 112

Johannes Schmuckenschlager ............................................................................. ... 113

Michel Reimon, MBA .............................................................................................. ... 114

Ing. Johann Weber .................................................................................................. ... 115

Franz Hörl ................................................................................................................ ... 116

Andreas Kühberger ................................................................................................ ... 117


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 8

Michael Schnedlitz .................................................................................................. ... 118

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ... 119

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 638 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 214/A(E)     ............................................................................................................................. 120

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 638 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Nein zum Mercosur-Abkommen“ (135/E) ................................................................. 120

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1029/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend drin­gende Unterstützung der Privatvermieter – Härtefälle vermeiden (656 d.B.) ...................................................... 121

8. Punkt: Bericht und Antrag des Tourismusausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härte­fallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (657 d.B.) ...................................................................................................................... 121

RednerInnen:

Christian Ries .......................................................................................................... ... 121

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................. ... 122

Erwin Angerer ......................................................................................................... ... 123

Maximilian Köllner, MA .............................................................................................. 127

Barbara Neßler ............................................................................................................ 128

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 129

Bundesministerin Elisabeth Köstinger ................................................................ ... 130

Ing. Johann Weber .................................................................................................. ... 132

MMMag. Gertraud Salzmann ................................................................................. ... 133

Gabriel Obernosterer .............................................................................................. ... 134

Karl Schmidhofer .................................................................................................... ... 135

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ... 135

Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausverkauf der heimischen Wirtschaft nach bevorstehender Pleitewelle im Tourismusbereich verhindern“ – Ablehnung .....................................................................................  124, 139

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Unterstützung für vom Lockdown massiv betrof­fene Sportartikelhändler und Skiverleiher in Tourismusregionen“ – Ablehnung .........................................................................  137, 139

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 656 d.B. ..................................................... 138

Annahme des Gesetzentwurfes in 657 d.B. ................................................................ 139

9. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den Sonderbericht der Volksanwaltschaft betreffend „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Men­schen mit Behinderung“ (III-66/614 d.B.)    ............................................................................................................................. 139

RednerInnen:

Kira Grünberg .......................................................................................................... ... 139

Rudolf Silvan ........................................................................................................... ... 140

Mag. Christian Ragger ............................................................................................ ... 143

Heike Grebien .......................................................................................................... ... 144

Fiona Fiedler, BEd ...................................................................................................... 167

Martina Diesner-Wais ................................................................................................. 169

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................ ... 170

Edith Mühlberghuber .............................................................................................. ... 171


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 9

Ing. Josef Hechenberger ........................................................................................ ... 173

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz ....................................................................... ... 174

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ... 175

Entschließungsantrag der Abgeordneten Rudolf Silvan, Mag. Christian Ragger, Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Realität von Menschen mit Behinderung“ – Ablehnung              142, 184

Entschließungsantrag der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bundesgenossenschaft für Pflege und Betreuung“ – Ablehnung .....................  172, 184

Kenntnisnahme des Berichtes III-66 d.B. .................................................................... 184

10. Punkt: Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den Antrag 1108/A der Abgeordneten Martina Diesner-Wais, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksanwaltschafts­gesetz 1982 geändert wird (615 d.B.) .............................. 176

RednerInnen:

Dr. Stephanie Krisper ............................................................................................. ... 176

Peter Weidinger ...................................................................................................... ... 180

Rudolf Silvan ........................................................................................................... ... 181

Volksanwalt Werner Amon, MBA .......................................................................... ... 182

Mag. Eva Blimlinger ................................................................................................ ... 183

Annahme des Gesetzentwurfes in 615 d.B. ................................................................ 184

Gemeinsame Beratung über

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 802/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend leichteren Zugriff auf Abfertigungsgelder (646 d.B.) ...................................................................................................................... 185

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1238/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungs­ge­setz 1977 geändert wird (647 d.B.) ........................ 185

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1237/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geän­dert wird (648 d.B.) ............................................ 185

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1229/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bei­tragsstundungen: Staatsversagen darf nicht zu überdurchschnittlicher Konkurs­welle führen (652 d.B.) ............................... 185

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1173/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, David Stögmüller, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von freiwilligem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG) geändert wird (655 d.B.) ............................................................................................................... 186

RednerInnen:

Josef Muchitsch ...................................................................................................... ... 186

Mag. Markus Koza .................................................................................................. ... 189

Dr. Dagmar Belakowitsch ...................................................................................... ... 190


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 10

Laurenz Pöttinger ................................................................................................... ... 191

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 192

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher ............................................ ... 194

Ralph Schallmeiner ................................................................................................ ... 196

Mag. Christian Drobits ........................................................................................... ... 198

Mag. Ernst Gödl ...................................................................................................... ... 199

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 201

David Stögmüller .................................................................................................... ... 205

Alois Stöger, diplômé ............................................................................................. ... 206

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................ ... 207

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ... 207

Josef Muchitsch (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 208

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aktion 40.000“ – Ablehnung ..............................................................................  187, 222

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „System der sozialen Absicherung“ – Ablehnung ..............................................  193, 222

Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „Aufschub des Endes der gesetzlichen Corona-Kreditstundun­gen“ – Ablehnung  203, 223

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 646 und 652 d.B. ............................. 221

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 647, 648 und 655 d.B. ..................................... 221

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 1165/A der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (650 d.B.) ........................................................ 209

17. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1240/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (651 d.B.) ..................................................... 209

RednerInnen:

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 209

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 211

Gabriele Heinisch-Hosek (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 212

Rosa Ecker, MBA ........................................................................................................ 212

Barbara Neßler ............................................................................................................ 212

Fiona Fiedler, BEd ...................................................................................................... 213

Mag. Gerald Loacker (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 214

Bettina Zopf ................................................................................................................. 214

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 650 d.B. ..................................................... 223

Annahme des Gesetzentwurfes in 651 d.B. ................................................................ 223

Gemeinsame Beratung über

18. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 992/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Lehrstellen schaffen durch Einführung des Blum-Bonus-Corona (649 d.B.) ............................................................................... 215


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 11

19. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1232/A(E) der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Selbständigen vor Covid-19 (654 d.B.) ...................................................................................................................... 215

RednerInnen:

Mag. Verena Nussbaum ......................................................................................... ... 215

Tanja Graf ................................................................................................................ ... 216

Erwin Angerer ......................................................................................................... ... 217

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 217

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 649 und 654 d.B. ............................. 223

Zuweisung des Antrages 992/A(E) an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie         ............................................................................................................................. 223

Zuweisung des Antrages 1232/A(E) an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie     ............................................................................................................................. 223

20. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1239/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alterssicherungskommissions-Gesetz geändert wird (653 d.B.) ....................... 218

RednerInnen:

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 218

Dr. Gudrun Kugler .................................................................................................. ... 219

Mag. Markus Koza .................................................................................................. ... 220

Annahme des Gesetzentwurfes in 653 d.B. ................................................................ 223

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1214/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (671 d.B.)         ............................................................................................................................. 224

22. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1263/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 ge­ändert wird (672 d.B.) ...................................... 224

23. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1215/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (673 d.B.) ............................... 224

24. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallver­siche­rungsgesetz geändert werden (674 d.B.) ....... 224

25. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1213/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz geändert wird (675 d.B.) ........................................................ 224


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 12

26. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Bundesabgabenordnung geändert wird (676 d.B.) ............................... 224

27. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1236/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bereitstellung kostenloser FFP2-Masken (677 d.B.)          ............................................................................................................................. 224

28. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 614/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit der allgemeinen COVID-19-Maskenpflicht in Österreich (678 d.B.) ......................................................................... 224

29. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1252/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflege­gesetz, das MTD-Gesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Führerscheingesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden (679 d.B.) ......................................................................................................... 225

RednerInnen:

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 225

Ralph Schallmeiner ................................................................................................ ... 227

Mag. Gerhard Kaniak .............................................................................................. ... 229

Gabriela Schwarz .................................................................................................... ... 232

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 233

Bedrana Ribo, MA ...................................................................................................... 235

Dietmar Keck .............................................................................................................. 235

Dr. Josef Smolle ...................................................................................................... ... 237

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 238

Bundesminister Rudolf Anschober ...................................................................... ... 239

Fiona Fiedler, BEd ...................................................................................................... 243

Bettina Zopf ................................................................................................................. 244

Mag. Verena Nussbaum ......................................................................................... ... 245

Dr. Werner Saxinger, MSc ...................................................................................... ... 247

Mag. Felix Eypeltauer ............................................................................................. ... 249

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................ ... 250

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ... 251

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ........................................................................................... ... 251

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend „schnellstmögliche Öffnung der Hundeschulen für Gruppenaus­bil­dung als Gefahrenpräventionsmaßnahme gegen Verhaltensstörungen und aus Gründen des Tierschutzes“ – Ablehnung ...........................................................................................................  236, 258

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Blutspende-Diskriminierung von schwulen und bisexuel­len Männern, sowie Transgenderpersonen endlich beenden!“ – Ablehnung ..........................................................................  246, 259

Annahme der sieben Gesetzentwürfe in 671, 672, 673, 674, 675, 676 und 679 d.B. .... ... 257

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 677 und 678 d.B. ............................. 259

Gemeinsame Beratung über

30. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (608 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitsberuferegister-Gesetz geän­dert wird (GBRG-Novelle 2020) (680 d.B.) ...................................................................................................................... 252


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 13

31. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (644 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Musiktherapie­gesetz, das Apothekengesetz, das Kardiotechnikergesetz und das Sanitätergesetz geändert werden (Berufsanerkennungsgesetz Gesundheit 2020) (681 d.B.) ........................................................................................ 253

RednerInnen:

Ralph Schallmeiner ................................................................................................ ... 253

Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................................................... ... 253

Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda ............................................................................ ... 256

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 680 und 681 d.B. ........................................ 260

Gemeinsame Beratung über

32. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (596 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Depotgesetz geändert wird (668 d.B.) .................................................................. 261

33. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1241/A der Abge­ordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Ge­bührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Al­koholsteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Investitionsprämien­gesetz geändert werden (2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – 2. COVID-19-StMG) (669 d.B.) .......................................................................................................... 261

34. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1264/A der Abge­ordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) erlassen wird (670 d.B.) .............................................................................................. 261

RednerInnen:

Kai Jan Krainer ....................................................................................................... ... 261

Karlheinz Kopf ......................................................................................................... ... 262

MMag. DDr. Hubert Fuchs ...................................................................................... ... 264

Dr. Elisabeth Götze ................................................................................................. ... 265

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid ............................................................................ ... 266

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer ................................................................................. ... 268

Bundesminister Mag. Gernot Blümel, MBA ......................................................... ... 270

Ing. Reinhold Einwallner ........................................................................................ ... 271

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 273

Petra Bayr, MA MLS ................................................................................................ ... 274

Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA ................................................................................. ... 275

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 276

Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck .................................................... ... 277

Franz Leonhard Eßl ................................................................................................ ... 278

Julia Elisabeth Herr ................................................................................................ ... 279

Entschließungsantrag der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung von Thomas Schmid als Vorstand der Öster­reichischen Beteiligungs AG (ÖBAG)“ – Ablehnung ...........................................................................................................  272, 280

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 668, 669 und 670 d.B. ..................................... 280

Gemeinsame Beratung über

35. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (609 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung Österreichs als


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 14

internationaler Amtssitz- und Konferenzstandort (Amtssitzgesetz – ASG) erlassen wird und das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Internationale Steuervergütungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthalts­gesetz, das Asylgesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Mel­de­gesetz 1991 geändert werden (665 d.B.) .................................................................... 281

36. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1172/A der Abgeordneten Dr. Reinhold Lopatka, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird (666 d.B.) ...... 281

RednerInnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ... 281

Dr. Reinhold Lopatka .............................................................................................. ... 283

Katharina Kucharowits .....................................................................................  284, 295

Michel Reimon, MBA ........................................................................................  285, 292

Dr. Helmut Brandstätter ............................................................................................. 286

MMMag. Dr. Axel Kassegger (tatsächliche Berichtigung) ......................................... 287

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ....................................... ... 287

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 290

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 290

Mag. Martin Engelberg .....................................................................................  291, 295

Mag. Dr. Martin Graf ................................................................................................... 293

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 665 und 666 d.B. ........................................ 296

37. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1116/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von autonomen Waffensystemen ohne menschliche Kontrolle („Killer-Robotern“) (531 d.B.) ............. 297

RednerInnen:

Dr. Gudrun Kugler .................................................................................................. ... 297

Robert Laimer .......................................................................................................... ... 298

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ........................................................................................... ... 299

Hans Stefan Hintner ............................................................................................... ... 300

Christian Hafenecker, MA ...................................................................................... ... 300

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 531 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Verbot von autonomen Waffensystemen ohne menschliche Kontrolle (,Killer-Robotern‘)“ (136/E)          ............................................................................................................................. 309

38. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1117/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherheit von Journalisten, insbesondere Journalistinnen (532 d.B.) ............................................... 301

RednerInnen:

Dr. Reinhold Lopatka .............................................................................................. ... 301

Dr. Harald Troch ...................................................................................................... ... 302

Dr. Ewa Ernst-Dziedzic ........................................................................................... ... 303

Dr. Helmut Brandstätter ......................................................................................... ... 304

Bundesminister Mag. Alexander Schallenberg, LL.M. ....................................... ... 306

Dr. Helmut Brandstätter (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 307

Sabine Schatz ............................................................................................................. 308


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 15

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 532 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Sicherheit von Journalisten, insbesondere Journalistinnen“ (137/E) ......................... 309

Gemeinsame Beratung über

39. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 1148/A(E) der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ständige Einsatzbereitschaft am Hubschrauberstützpunkt Klagenfurt (658 d.B.) ........................................................... 309

40. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 991/A(E) der Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Stopp den Liegenschaftsverkäufen bzw. Übertragungen an die BIG (659 d.B.) .................................................................. 309

41. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 935/A(E) der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Priorität beim Mannschutz (660 d.B.) ...................................................................................................................... 309

RednerInnen:

Philip Kucher ........................................................................................................... ... 309

Mag. Friedrich Ofenauer ........................................................................................ ... 310

Dr. Reinhard Eugen Bösch .................................................................................... ... 311

David Stögmüller .................................................................................................... ... 312

Rudolf Silvan ........................................................................................................... ... 314

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff .......................................................................... ... 314

Bundesministerin Mag. Klaudia Tanner ............................................................... ... 316

MMag. DDr. Hubert Fuchs ...................................................................................... ... 317

Ing. Manfred Hofinger ................................................................................................ 318

Robert Laimer ............................................................................................................. 319

Rebecca Kirchbaumer ............................................................................................ ... 320

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 320

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 658 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 1148/A(E)      ............................................................................................................................. 321

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 658 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „ständige Einsatzbereitschaft am Hubschrauberstützpunkt Klagenfurt“ (138/E) ........ 321

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 659 d.B. ..................................................... 321

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 660 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Priorität beim Mannschutz“ (139/E) ............................................................................ 321

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 59

661: Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz geändert wird

662: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschul-Quali­tätssicherungsgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Fachhochschulgesetz und das Privathochschulgesetz geändert werden

663: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 2018, das Finalitätsgesetz, das Finanzmarkt-Geldwäsche-Gesetz, das Sanierungs- und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 16

Abwicklungsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz geändert werden

664: Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschüler­schafts­gesetz 2014 geändert wird

667: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik zur Beendigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen in der Fassung des Notenwechsels vom 22. De­zember 1993 und 14. Jänner 1994

682: Digitalisierungsfondsgesetz-Digi-FondsG

683: Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird

Berichte ......................................................................................................................... 59

III-246: Bericht betreffend Grundversorgung in Wien – Reihe BUND 2021/8; Rechnungshof

III-252: Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds für Jänner 2021; BM f. Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport

III-253: Bericht betreffend EU-Jahresvorschau 2021; BM f. Finanzen

III-254: Bericht über die Situation und Entwicklung kleiner und mittlerer Unter­nehmen der österreichischen Wirtschaft („KMU im Fokus 2020“); BM f. Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort

III-255: Bericht gemäß §  33 Abs. 13 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, BGBl. I Nr. 107/2019 und über das Ergebnis der Evaluierung der Auswirkungen der Mautbefreiungen durch § 13 Abs. 1a und 1b Bundesstraßen-Mautgesetz 2002; BM f. Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

III-256: Nationale Strategie gegen Antisemitismus; BM f. EU und Verfassung

Anträge der Abgeordneten

Heike Grebien, Kira Grünberg, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausbau der Chancen am Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen“ (1277/A)(E)

Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirt­schaftsstandort (1278/A)

Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Kommunikation zwischen Bund und Ländern in der Kinder- und Jugendhilfe (1279/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Michael Schnedlitz, Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend unabhängiger Monitoringausschuss zur Umsetzung der UN-Kinder­rechtekonvention (1280/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jugend-Gipfel in Zeiten von Covid-19 (1281/A)(E)

Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere Verhand­lungen für den geförderten Austausch mit Großbritannien (1282/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 17

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend internationale Impfsolidarität stärken (1283/A)(E)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen betreffend aktuelle Situation in Myan­mar (1284/A)(E)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aussetzung der Erhöhung der Kategoriemietzinse und der Verwaltungshonorare (1285/A)(E)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Inflationsfolgen bei den Wohnkosten das Richtwertgesetz 1993 geändert wird (3. Mietrechtliches Inflationslinderungsgesetz) (1286/A)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kreditstundungen (1287/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung von fairen Rahmenbedingungen bei Kreditvergaben (1288/A)(E)

August Wöginger, Josef Muchitsch, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungs­ge­setz, das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden (1289/A)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire und ausgewogene Verteilung von Impfstoffen in den palästinensischen Gebieten (1290/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen zum Schutz der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während und nach Corona (1291/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zivildienst – Sonderdienst­freistel­lung für Berufsvorbereitungen oder Ausbildungszwecke verlängern (1292/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung des dritten Ge­schlechtseintrags im Meldewesen (1293/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulagen für Zivildiener in Corona-exponierten Tätigkeitsbereichen (1294/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rasche Umsetzung des Ausbaus der Werte- und Orientierungskurse (1295/A)(E)

Mag. Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jugend ohne Sport: Öffnungsschritte rasch setzen! (1296/A)(E)

Dr. Reinhold Lopatka, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Verurteilung von Alexei Nawalny in Russland (1297/A)(E)

Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umverteilungsprämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuermittel zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen (1298/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Täto­wierfarben (1299/A)(E)

Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für Täto­wierfarben (1300/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 18

Christoph Zarits, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitsverfas­sungs­gesetz, das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, das Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallver­siche­rungsgesetz geändert werden (1301/A)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Behinderung der Energie­wende durch WKO beenden (1302/A)(E)

Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Duldungs­pflichten des Mieters/ der Mieterin in Bezug auf Fossil Fuel Phase-out (1303/A)(E)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtssicherheit an E-Ladestationen (1304/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablierung einer Covid-Testanreizsystematik (1305/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Elektronischer Impfpass: Ergänzung um Covid-Immunität (1306/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gezielte Anwendung von Schnelltestungen (1307/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flächendeckendes Be­triebspensionssystem (1308/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Erarbeitung eines Systems für das Aufsperren der Wirtschaft mit Corona (1309/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Covid-19-Screenings (1310/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuorientierung der Ägyptenpolitik (1311/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teilzeitstudium an den Universitäten (1312/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützungs­maßnahmen für Lehrerinnen und Lehrer hinsichtlich psychischer Probleme von Schüle­rinnen und Schülern (1313/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausreichende Mittel für COVID-19-Antigentests an Hochschulen (1314/A)(E)

Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kindergarten-Qualität erfassen, vergleichen und verbessern (1315/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz und Service­charakter der Netzbetreiber verbessern (1316/A)(E)

Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau von Therapieplätzen für LGBTIQ-Geflüchtete (1317/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erarbeitung eines Systems für das Aufsperren der Wirtschaft mit Corona (1318/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mobilisierung der Geothermie für die Energiewende in Österreich (1319/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 19

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konzepte gegen den chro­nischen Fachkräftemangel im IT-Bereich (1320/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Ing. Reinhold Einwallner, Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Notwendige gesetzliche Anpassungen zur Stärkung der öster­reichischen Spionageabwehr (1321/A)(E)

Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Tourismus- und Freizeit­wirt­schaft retten – gezielte Maßnahmen für mehr Eigenkapital! (1322/A)(E)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung repräsentativer Bürgerräte für eine partizipativere Klimapolitik (1323/A)(E)

Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (1324/A)

Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert wird (1325/A)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausbau der Familien­gerichts­hilfe (1326/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (1327/A)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nebenbeschäftigungs­verbot für Mitarbeiter_innen des BVT (1328/A)(E)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geändert wird (1329/A)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eltern-Kind-Pass (1330/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kaukasus Konferenz in Wien (1331/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schnellstmögliche Wiederaufnahme des Iran Nuklearabkommens (1332/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend China-Verhandlungen aus einer Position der Stärke führen (1333/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterstützung der demokratischen Kräfte in Myanmar (1334/A)(E)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Visa für verfolgte Demo­kratieaktivist_innen in Problemstaaten (1335/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend ÖBB-Beamtenpensionen: Umsetzung der RH-Empfehlungen (1336/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufsichtsversagen darf nicht zu Willkür bei Covid-Impfungen führen (1337/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorbereitungen für einen an Zielen orientierten Finanzausgleich im Bereich Gesundheit und Pflege (1338/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schrittweiser Ausstieg aus der Kurzarbeit (1339/A)(E)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 20

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kollektivvertrag für die Arbeiterkammern (1340/A)(E)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung des Nationalrats bei Umsetzung EU-Aufbau- und Resilienzfazilität (1341/A)(E)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Säumigkeit der Bundes­regierung – Mittel aus dem EU-Aufbaufonds sofort abrufen (1342/A)(E)

Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird und das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Bekämpfung pandemiebedingter Armutsfolgen (COVID-19-Gesetz-Armut) geändert wird (1343/A)

Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 6. Feber 1968, über elektrische Leitungsanlagen, die sich auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken (Starkstromwegegesetz 1968) und das Bundes­gesetz vom 6. Feber 1968 über elektrische Leitungsanlagen, die sich nicht auf zwei oder mehrere Bundesländer erstrecken geändert werden (1344/A)

Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Säumigkeit der Bundesregierung – Ökostromausbau und Energieeffizienzsteigerung sofort umsetzen (1345/A)(E)

Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aktion 40.000 (1346/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Selbsttests als Berufs­gruppentest und Zutrittstest anerkennen (1347/A)(E)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erstellung eines Nationales Pande­mieplanes (1348/A)(E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Blutspende-Diskrimi­nierung von schwulen und bisexuellen Männern, sowie Transgenderpersonen endlich beenden! (1349/A)(E)

Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kunst und Kultur nach der COVID-19-Krise (1350/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Selbsttests als Berufs­gruppentest bei PädagogInnen (1351/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Selbstbestimmungsrecht der Süd­tiroler (1352/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des österreichi­schen Gesundheitsdienstes (1353/A)(E)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Diskriminierung der Besitzer von Klebevignetten (1354/A)(E)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Nova-Erhöhung (1355/A)(E)

Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Diskriminierung im Sport beenden (1356/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über hochschulrechtliche und studienförderungsrechtliche Sonder­vorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Einrichtungen zur Durchführung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 21

von Fachhochschul-Studiengängen und Fachhochschulen aufgrund von COVID-19 (COVID-19-Hochschulgesetz – C-HG) geändert wird (1357/A)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortige Auflösung der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) und Übertragung der Kompetenzen an das Bundesministerium für Finanzen (1358/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Toponomastik-Landesgesetz im Südtiroler Landtag (1359/A)(E)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend Amnestie für die letzten Südtiroler Freiheitskämpfer (1360/A)(E)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausverkauf der heimischen Wirtschaft nach bevorstehender Pleitewelle im Tourismusbereich verhindern (1361/A)(E)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausverkauf der heimischen Wirt­schaft nach bevorstehender Pleitewelle im Tourismusbereich verhindern (1362/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassender Einsatz zur Freilassung oppositioneller Politiker (1363/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine Diskriminierung von Covid19-Ungeimpften (1364/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine Diskriminierung von Covid19-Ungeimpften (1365/A)(E)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Keine Diskriminierung von Covid19-Ungeimpften (1366/A)(E)

Franz Leonhard Eßl, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Durchführung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates zu Tierseuchen und zur Änderung und Auf­hebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) im Rahmen der bestehenden österreichischen Veterinärgesetze sichergestellt wird (Vete­rinärrechtsnovelle 2021) (1367/A)

Johann Singer, Mag. Nina Tomaselli, Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem zur Linderung der Folgen der COVID-19-Pan­demie bei den Wohnkosten das Mietrechtsgesetz und das Richtwertgesetz geändert werden (Mietzinsrechtliches Pandemiefolgenlinderungsgesetz – MPFLG) (1368/A)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Glücksspielgesetz 1989 geändert wird (1369/A)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhandlungsstopp für das Mercosur-Abkommen (1370/A)(E)

Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderung für echte Bauern statt immer deren „Tod“ bedauern (1371/A)(E)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehrmalige Unterstützung aus dem Corona-Familienhärtefonds (1372/A)(E)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen betreffend fachgerechte Entsorgung statt Reimport von Plastikmüll (1373/A)(E)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zum Verbot von Parteispenden (1374/A)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 22

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Veröffentlichungspflicht wissenschaftlicher Arbeiten (1375/A)(E)

Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz in der Asyl- und Fremdenrechtsstatistik des BMI (1376/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona Tests (5385/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Inklusive Bildung (5386/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidi­gung betreffend des Kostenersatzes hinsichtlich Einsätze des Bundesheeres während der Coronapandemie (5387/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landes­ver­teidigung betreffend Hubschrauberstützpunkt Klagenfurt (5388/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Pressekonferenz erledigt, Plan fehlt? Wer öffnet, muss auch testen. (5389/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Land­wirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend die Auszahlung des Fixkostenzuschus­ses 2 in der Reisebranche (5390/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Auszahlung des Fixkostenzuschusses 2 in der Reisebranche (5391/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Corona Tests (5392/J)

Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend prunkvolle Büroräumlichkeiten für die Message-Controlleure des Bundeskanzlers? (5393/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend SARS-CoV-2 Sequenzierungen (5394/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Folgeanfrage Kaufhaus Österreich (5395/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Folgeanfrage Öster­reich testet (5396/J)

Mag. Michaela Steinacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aufklärung betreffend der Vorgehensweise einzelner Vertreter der zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption gegen den Bundesminister für Finanzen (5397/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Verzögerung und Verunsicherung bei der Realisierung des Brenner Basistunnels (5398/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 23

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Ver­fassung betreffend Umsetzung der Stellungnahme des Hauptausschusses zur öffent­lichen transparenten länderspezifischen Berichterstattung durch die Bundesregierung (5399/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Umsetzung der Stellungnahme des Hauptaus­schus­ses zur öffentlichen transparenten länderspezifischen Berichterstattung durch die Bun­desregierung (5400/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Umsetzung der Stellungnahme des Haupt­ausschusses zur öffentlichen transparenten länderspezifischen Berichterstattung durch die Bundesregierung (5401/J)

Maximilian Lercher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Entschädi­gung für Autobahn Jahresmautkartenbesitzer (5402/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verständigungsverfahren im Doppelbesteuerungsrecht (5403/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsetzung der Stellungnahme des Hauptausschusses zur öffentlichen trans­parenten länderspezifischen Berichterstattung durch die Bundesregierung (5404/J)

Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Ersatz der Kosten für Gebärdendolmetsch in der Weiterbildung (5405/J)

Mag. Verena Nussbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für So­ziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Organisatorisches Chaos bei den „Gratis-Masken für alle über 65-jährigen“ (5406/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Vorgehen einer Tiroler Abgeordneten und des Innsbrucker Bürgermeisters nach Demo-Eskalation in Innsbruck (5407/J)

Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aufklärung betreffend Auffälligkeiten in der Arbeit einzelner Vertreter der zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (5408/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Blümel hat sich verzockt – Das Spiel der ÖVP ist aus! (5409/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend das Mantra von der „Verfehlung“ durch die WKStA (5410/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Konsum pornografischer Inhalte von Kindern und Jugendlichen im Internet (5411/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Termin von „Kurz“ bei Novomatic-Eigentümer Johann Graf (5412/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Hausdurchsuchung in der Wohnung des Ibiza-Detektivs Julian H. und Kanzleigemeinschaft von dessen Anwalt mit Grün-Abgeordnetem Bürstmayr (5413/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 24

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Hausdurchsuchung in der Wohnung des Ibiza-Detektivs Julian H. und Kanz­leigemeinschaft von dessen Anwalt mit Grün-Abgeordnetem Bürstmayr (5414/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Coronagelder für die CASAG (5415/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Betreuer bestahl betagtes Ehepaar (5416/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend rechtliche Qualität inländischer Reisewarnungen (5417/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Prüfung von LKW-Fahrverboten (5418/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Impfaufstand (5419/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Coronavirus-Varianten (5420/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Zusatzversicherung für Ehe­partner bei der BVAEB (5421/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Kulturerbestätte „Asmara“ (5422/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffent­lichen Dienst und Sport betreffend Kulturerbestätte „Asmara“ (5423/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend fehlendes Equipment für die Übertragung des Unterrichts im Internet (5424/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Umgang mit sensiblen Daten (5425/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend coronabedingte Lerndefizite (5426/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Corona-Tests und Exklusion testunwilliger Schüler (5427/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Befunde zur Situation von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie (5428/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Internatsgebühren während Heimunterrichts­phasen (5429/J)

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Befunde zur Situation von Kindern und Jugend­lichen in der Pandemie (5430/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 25

Hermann Brückl, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Befunde zur Situation von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie (5431/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Projekt Arbeitslose sollen in Niederösterreich in Covid-19 Teststraßen aushelfen (5432/J)

Alois Kainz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Projekt Arbeitslose sollen in Niederösterreich in Covid-19 Teststraßen aushelfen (5433/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend der Auswirkungen von COVID-19 auf die Geschlechtergleichstellung (5434/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für In­neres betreffend Anzeigen nach dem Verbotsgesetz und Feststellung der Teilnahme angeblicher Rechtsextremer an Demonstrationen gegen die Anti-Corona-Regierungs­maßnahmen (5435/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend FABIAN – eine unendliche Geschichte? (5436/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend keine Corona Testungen bei Ersatzfreiheitsstrafe (5437/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend der Abwicklung des Lockdown-Umsatzersatzes für Unternehmen durch die COFAG (5438/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Suizidrate bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Zeiten der COVID-19 Pandemie (5439/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit be­treffend Inanspruchnahme der integrativen Lehre (5440/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Rechnungshof empfiehlt strengere Maßnahmen gegen Luftverschmutzung (5441/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Bereitschaftsdienst (5442/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Be­reitschaftsdienst (5443/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Bereitschaftsdienst (5444/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Bereitschaftsdienst (5445/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 26

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Bereitschaftsdienst (5446/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Bereitschaftsdienst (5447/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Bereitschaftsdienst (5448/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Bereitschaftsdienst (5449/J)

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend die Einschränkung des Ärzte-Bereitschaftsdienst (5450/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Mögliche Förderungen oder Spenden des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres an die ÖVP (5451/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend AMS-Schulungen Jänner 2021 (5452/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Geldforderungen von Warner an „Jerusalema“-Tanzgruppen (5453/J)

Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration betreffend Umsetzungsmaßnahmen des in der EU-Jahresvorschau 2021 thematisierten Migrationspaktes (5454/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Corona fordert gehörlose und blinde Menschen sehr (5455/J)

Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Positionspapier Rettungsdienst (5456/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Betreuer bestahl betagtes Ehepaar (5457/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Betreuer bestahl betagtes Ehepaar (5458/J)

Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend EU-Wiederaufbaufonds (5459/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verschiebung der Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel aufgrund des Lockdowns (5460/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend das Mantra von der „Verfehlung“ durch die WKStA (5461/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Lan­desverteidigung betreffend Mobilfunkausbau im Raum Ostarrichi-Kaserne zur Verbes­serung der Kommunikation unserer Soldaten (5462/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 27

Christian Ries, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Versammlungsfreiheit im Zusammenhang mit Corona-Demonstrationen (5463/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Proteste im Zuge der Rückführung von Personen aus gescheiterten Asyl­verfahren (5464/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend die Öffnung von Tennishallen (5465/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend die Strate­gische Prüfung-Verkehr der geplanten Breitspurbahn in den Bezirken Bruck an der Leitha und Neusiedl am See (5466/J)

Maximilian Köllner, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport betreffend die Aufhebung des generellen Rad­fahrverbots im Wald für den Zeitraum von 1. November bis 31. März (5467/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Finanzplan des ÖBH 2021-2024 (5468/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Covid Tests Raiffeisen Ware Austria AG (5469/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Ermittlungen nach Corona-Totalcrash in Mürztaler Pflegeheim (5470/J)

Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Festnahme von zwei ehemaligen BVT-Mitarbeitern (5471/J)

Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Mangelnder Datenschutz auf oesterreich-testet.at (5472/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Einmeldung von Umweltmaß­nahmen für den European Recovery Fund (5473/J)

Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Shreddergate“ im BKA (5474/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Visaerleichterung für politisch Verfolgte aus Belarus und anderen Problemstaaten (5475/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend Austrian Microdata Center (5476/J)

Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Austrian Microdata Center (5477/J)

Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landesverteidigung betreffend Weisung gegen unerbetene private Meinungs­äuße­rungen von Wehrpflichtigen (5478/J)

Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Umweltmaßnahmen im European Recovery Fund (5479/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 28

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Beitragsforderungen der Sozial­versicherungsträger (Folgeanfrage 02/2021) (5480/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Sozialversicherung: Offenle­gung der Gebarungsvorschaurechnungen (Folgeanfrage 02/2021) (5481/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Psychische Gesundheit in der Krise (5482/J)

Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Fragwürdige Einstellung eines Ermittlungsverfahrens wegen gewerbs­mäßi­gen Betruges (5483/J)

Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend Langfristige Einkommensent­wick­lung in der Landwirtschaft (5484/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Daten zu Clustern und Melde­ketten (5485/J)

Rudolf Silvan, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend der offiziellen Anprangerung von Politikberater Rudolf Fußi auf der Startseite der Website des Bundesministeriums für Inneres (5486/J)

Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Wo sind die Hotspots einer COVID-19 Infektion? Dem Contact Tracing auf der Spur. (5487/J)

Hermann Gahr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vorgehen einer Tiroler Abgeordneten und des Innsbrucker Bürgermeisters nach Demo-Eskalation in Innsbruck (5488/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Missstände in der Cofag (5489/J)

Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Förderpaket 200 Millionen Euro“ (5490/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Strahlentherapieversorgung in Österreich (5491/J)

Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Untersagung der Feier im Gedenken an das „Massaker von Bleiburg“ (5492/J)

Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Untersagung der Feier im Gedenken an das „Massaker von Bleiburg“ (5493/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lieferkettengesetze auf inter­nationaler, europäischer und nationaler Ebene (5494/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Lieferkettengesetze auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene (5495/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 29

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Digita­lisierung und Wirtschaftsstandort betreffend Lieferkettengesetze auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene (5496/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Klima­schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Lieferketten­gesetze auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene (5497/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Lieferkettengesetze auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene (5498/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für EU und Verfassung betreffend Lieferkettengesetze auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene (5499/J)

Julia Elisabeth Herr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit betreffend Lieferkettengesetze auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene (5500/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (4658/AB zu 4657/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolle­ginnen und Kollegen (4659/AB zu 4658/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen (4660/AB zu 4660/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (4661/AB zu 4696/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4662/AB zu 4671/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4663/AB zu 4670/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (4664/AB zu 4683/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (4665/AB zu 4684/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfra­ge der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4666/AB zu 4674/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4667/AB zu 4682/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4668/AB zu 4664/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 30

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (4669/AB zu 4668/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4670/AB zu 4679/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4671/AB zu 4677/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4672/AB zu 4680/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4673/AB zu 4673/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen (4674/AB zu 4678/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Felix Eypeltauer, Kolleginnen und Kollegen (4675/AB zu 4663/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen (4676/AB zu 4690/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen (4677/AB zu 4687/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (4678/AB zu 4688/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (4679/AB zu 4689/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (4680/AB zu 4692/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (4681/AB zu 4693/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolle­ginnen und Kollegen (4682/AB zu 4675/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen (4683/AB zu 4685/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (4684/AB zu 4747/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (4685/AB zu 4722/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosa Ecker, MBA, Kolleginnen und Kollegen (4686/AB zu 4742/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (4687/AB zu 4717/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 31

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt Frauen, Familie, Jugend und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Nurten Yılmaz, Kolleginnen und Kollegen (4688/AB zu 4667/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (4689/AB zu 4748/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (4690/AB zu 4695/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (4691/AB zu 4744/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen (4692/AB zu 4743/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (4693/AB zu 4749/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (4694/AB zu 4746/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolleginnen und Kollegen (4695/AB zu 4694/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Schatz, Kolle­ginnen und Kollegen (4696/AB zu 4691/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4697/AB zu 4704/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4698/AB zu 4702/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (4699/AB zu 4736/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (4700/AB zu 4698/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4701/AB zu 4740/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4702/AB zu 4708/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (4703/AB zu 4726/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, MA MLS, Kolleginnen und Kollegen (4704/AB zu 4715/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (4705/AB zu 4720/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 32

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4706/AB zu 4741/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (4707/AB zu 4716/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4708/AB zu 4705/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen (4709/AB zu 4735/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (4710/AB zu 4723/J)

der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (4711/AB zu 4700/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen (4712/AB zu 4721/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (4713/AB zu 4750/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Kolleginnen und Kollegen (4714/AB zu 4745/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (4715/AB zu 4730/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (4716/AB zu 4731/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hannes Amesbauer, BA, Kolleginnen und Kollegen (4717/AB zu 4732/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (4718/AB zu 4754/J)

des Bundesministers für Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4719/AB zu 4713/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4720/AB zu 4738/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4721/AB zu 4701/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (4722/AB zu 4737/J)

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4723/AB zu 4703/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 33

des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (4724/AB zu 4699/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (4725/AB zu 4760/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4726/AB zu 4710/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (4727/AB zu 4718/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Kolleginnen und Kollegen (4728/AB zu 4759/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4729/AB zu 4706/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4730/AB zu 4712/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolle­ginnen und Kollegen (4731/AB zu 4724/J)

der Bundesministerin für EU und Verfassung im EU und Verfassung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (4732/AB zu 4727/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolle­ginnen und Kollegen (4733/AB zu 4728/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Helmut Brandstätter, Kolleginnen und Kollegen (4734/AB zu 4725/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (4735/AB zu 4734/J)

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die An­frage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (4736/AB zu 4729/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4737/AB zu 4707/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen (4738/AB zu 4733/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Drozda, Kolleginnen und Kollegen (4739/AB zu 4719/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Kollross, Kolleginnen und Kollegen (4740/AB zu 4714/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4741/AB zu 4739/J)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 34

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt Frauen, Familie, Jugend und Integration auf die Anfrage der Abgeordneten Eva Maria Holzleitner, BSc, Kolleginnen und Kollegen (4742/AB zu 4711/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Mag. Volker Reifenberger, Kolleginnen und Kollegen (4743/AB zu 4758/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (4744/AB zu 4755/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (4745/AB zu 4756/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen (4746/AB zu 4757/J)

des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen (4747/AB zu 4751/J)

der Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen (4748/AB zu 4753/J)

der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen (4749/AB zu 4752/J)

der Bundesministerin für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (4750/AB zu 4762/J)

der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Tech­nologie auf die Anfrage der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen (4751/AB zu 4785/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen (4752/AB zu 4761/J)

des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (4753/AB zu 4765/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (28/ABPR zu 27/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (29/ABPR zu 30/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen (30/ABPR zu 31/JPR)


 


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 35

09.04.10Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Mag. Wolfgang Sobotka, Zweite Präsidentin Doris Bures, Dritter Präsident Ing. Norbert Hofer.

09.04.12*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie, liebe Abgeordnete, recht herzlich zu unserer 85. Sitzung begrüßen. Herzlichen Gruß auch den Damen und Herren der Journalistik und Ihnen zu Hause vor den Bildschirmen! Ich begrüße den Herrn Bundeskanzler und Herrn Bundesminister Kocher. Ich darf die Sitzung eröffnen.

Die Amtlichen Protokolle der 83. und der 84. Sitzung sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Andreas Kollross, Petra Vorderwinkler, Christian Lausch und Henrike Brandstötter

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanzleramt mitgeteilt, dass, wie schon in den letzten Sitzungen, Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M. durch Vizekanzler Mag. Werner Kogler vertreten wird.

*****

Der ORF überträgt die Sitzung bis 13 Uhr in ORF 2 und anschließend bis 19.15 Uhr in ORF III. Danach wird die Sitzung in der TVthek kommentiert übertragen.

09.05.06Aktuelle Stunde


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Insolvenzwelle, statt Kampf gegen die österreichische Justiz, Herr Bundeskanzler! Tun Sie es für Österreich.“  

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Rendi-Wagner. – Frau Klubobfrau, Sie haben das Wort. Sie wissen, dass Ihre Redezeit 10 Minuten nicht übersteigen darf. Bitte sehr.


9.05.23

Abgeordnete Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Coronakrise hat nicht nur enorme gesundheitliche Folgen – nein, viele Menschen in unserem Land trifft sie auch wirtschaftlich und sozial sehr hart. Man muss es so sagen, wie es ist: Diese Krise hat viele Verliererinnen und Verlierer. Unsere Aufgabe – vor allem auch Ihre Aufgabe, Herr Bundeskanzler – ist es, niemanden in dieser so schwierigen Zeit alleinzulassen, niemanden zurückzulassen, zum Beispiel die Frau in Spielberg in der Obersteiermark, die nach 30 Jahren in der Fertigung ihren Job verliert, wenige Jah­re vor der Pension, oder auch die 16-Jährige im selben Betrieb, die gerade ihr zweites Lehrjahr


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 36

begonnen hat. Beide stehen plötzlich vor dem Nichts, weil ihre Firma zusperrt – Corona­krise.

Da ist der 57-jährige gelernte Maurer, der es schon vor der Krise sehr schwer hatte, mit seinem kaputten Kreuz eine Stelle zu finden; langzeitarbeitslos nennt man das. Da ist die alleinerziehende Mutter aus Wien, die in den letzten Monaten nicht mehr weiß, wie sie die Miete für sich und ihre Kinder zahlen soll. Da sind aber auch die vielen Unter­nehmerinnen und Unternehmer unseres Landes, die sich ihr Leben lang ihren persön­lichen Traum aufgebaut haben, die alles investiert haben, alles hineingesteckt haben und von heute auf morgen ihre Betriebe schließen müssen, ihren Traum, ihre Zukunft aufgeben müssen. (Abg. Wurm: Das haben wir immer gesagt!) Ja, diese Krise kennt viele Verliererinnen und Verlierer, und einige von ihnen habe ich in den letzten Tagen, Wochen und Monaten persönlich getroffen. Ich habe ihnen zugehört, ich habe mit ihnen gesprochen. Sie waren verzweifelt. Sie alle sind aber keine Einzelfälle.

Nein, Österreich – so ehrlich muss man sein, Herr Bundeskanzler – ist unter jenen Län­dern in Europa mit dem stärksten Wirtschaftseinbruch: minus 8 Prozent. Die Arbeits­losigkeit ist in Österreich doppelt – doppelt! – so stark gestiegen wie in Deutschland. Ja, wir erleben einen Winter der Rekordarbeitslosigkeit: über eine halbe Million Menschen ohne Job, eine halbe Million in Kurzarbeit.

Vom Negativrekord beim Impfen, Herr Bundeskanzler, ganz zu schweigen: Nur Tschechien liegt in Europa hinter uns, was die Durchimpfungsrate betrifft. Muss das so sein? – Nein, das muss nicht so sein! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Margreiter.)

Viele fragen sich: Warum ist denn die Arbeitslosigkeit in Österreich doppelt so stark gestiegen wie in unserem Nachbarland Deutschland? Der Tourismus alleine als Erklä­rung ist zu wenig. Warum ist unsere Wirtschaft wesentlich stärker eingebrochen als in 25 anderen EU-Ländern? Ja, warum? – Die Gründe liegen auf der Hand: Weil Sie die Unternehmerinnen und Unternehmer von Anfang an über Nacht zu Bittstellern gemacht haben, weil die von Ihnen versprochene Hilfe während der ersten Welle zu wenig, zu spät und zu bürokratisch war und dadurch im März letzten Jahres binnen zwei Wochen 200 000 Menschen in Österreich ihren Job verloren haben – 200 000 Menschen, das gab es noch nie, Herr Bundeskanzler –, weil seit dem zweiten Lockdown noch immer viele kleine und mittlere Unternehmen – zum Teil noch immer seit November! – auf Hilfszahlungen warten, die nicht einmal eine Ansprechstelle haben, nur eine Hotline, die aber keinen Zugang zu den Daten hat und keine Auskunft geben kann.

50 Milliarden Euro, das ist die gute Nachricht, gibt es für die heimische Wirtschaft. 50 Milliarden heißt aber noch nicht, dass dieses Geld alleine hilft. 50 Milliarden heißt nicht, dass dieses Geld dort ankommt, wo es auch am dringendsten gebraucht wird, denn wohin dieses Geld, diese 50 Milliarden Euro fließen – es ist Steuergeld, Herr Bun­deskanzler –, wohin diese Steuermittel fließen, darf, wenn es nach Ihnen geht, niemand wissen – die größte Summe, die je ein Finanzminister freihändig in der Zweiten Republik ausgeben konnte, und niemand in diesem Land darf es wissen.

Was auch niemand weiß und niemand versteht, ist, warum unser Finanzminister, der jetzt mit anderen Dingen sehr beschäftigt ist  das wissen wir , warum genau dieser Finanzminister noch immer keinen Plan auf den Tisch gelegt hat, wie Österreich die 3 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds abholen will – 3 Milliarden Euro, kein Plan! Die Zeit läuft. Wir können darauf nicht verzichten. Wo ist der Plan für diesen Wiederaufbaufonds? (Beifall bei der SPÖ.)

Das alles, Herr Bundeskanzler, müsste nicht so sein, und ich gehe weiter, das alles darf nicht so sein. Wenn es darum geht, Menschen in Beschäftigung zu halten, Betriebe in Österreich zu retten, neue Jobs zu schaffen, ja, unser Land aus dieser Krise zu führen,


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dann ist die SPÖ immer – darauf können Sie sich verlassen – ein konstruktiver, ein verlässlicher Partner gewesen und wird es auch weiter sein.

Wir haben dazu klare Ideen und Vorschläge geliefert: für ein großes Konjunkturpaket zur Ankurbelung der österreichischen Wirtschaft, für eine freiwillig geförderte Viertage­woche, um Hunderttausende Arbeitsplätze zu sichern, für ein höheres Arbeitslosengeld (Zwischenruf des Abg. Haubner), um die Existenzen einer halben Million Menschen zu sichern, die Kaufkraft zu stärken, damit auch die Wirtschaft wieder anzukurbeln, für eine Pflegearbeitsstiftung, um Arbeitslose zu Pflegekräften auszubilden. (Ruf bei der ÖVP: ... weniger Arbeitslosigkeit!) Ja, und einen weiteren Vorschlag von uns haben Sie gestern aufgegriffen, das ist ein positiver Schritt, nämlich unseren Vorschlag, die gesetzliche Mieterhöhung heuer auszusetzen. Damit sind eine Million Menschen in unserem Land entlastet – ein guter, ein richtiger, ein erster Schritt. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ein erster Schritt, und viele weitere müssen folgen, denn diese Krise löst sich nicht von selbst. Die Wirtschaft muss angekurbelt werden, das alleine reicht aber nicht. Das alleine wird nicht reichen, denn Menschen, die trotz aller Bemühungen in dieser schwierigen Zeit länger als ein Jahr keinen Job gefunden haben, schaffen es nicht alleine. Sie brauchen Unterstützung und sie brauchen vor allem eines: Sie brauchen eine ehrliche Chance. Diese Chance, und so ehrlich muss man auch sein, haben sie nur durch die öffentliche Hand. Das weiß ich und das wissen Sie alle – nur durch die öffent­liche Hand.

Herr Bundeskanzler, deswegen schlage ich Ihnen heute die Joboffensive für Langzeit­arbeitslose vor. Schaffen wir gemeinsam 40 000 sinnvolle, neue Jobs für Langzeitar­beitslose in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Wirtschaft nach oben bringen, die Arbeitslosigkeit runterbringen, das ist eine Mammutaufgabe, die ebenso das Gemeinsame braucht wie die Bekämpfung dieser Jahrhundertgesundheitskrise. Das Gemeinsame: Arbeiten wir gemeinsam daran!

Und, Herr Bundeskanzler, führen Sie entschlossen einen Kampf gegen Corona, gegen die Arbeitslosigkeit, gegen die Pleitewelle! Führen Sie bitte keinen Kampf gegen die österreichische Justiz! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

9.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. Ich erteile ihm das Wort.


9.14.26

Bundeskanzler Sebastian Kurz: Grüß Gott, sehr geehrte Damen und Herren! Ge­schätzter Herr Präsident! Lieber Martin Kocher! Sehr geehrte Damen und Herren Abge­ordnete! Wir haben mittlerweile fast ein Jahr lang mit der größten Pandemie seit 100 Jah­ren zu kämpfen. Es ist eine gewaltige Gesundheitskrise, die die ganze Welt erschüttert hat, die kein Land verschont und die uns in Europa und auch in Österreich hart getroffen hat. Es ist ein Krisenjahr, ein schwieriges Jahr, keine einfache Zeit – weder für die Politik noch für die Menschen, weder für Arbeitgeber noch für Arbeitnehmer, weder für Familien noch für Alleinstehende. (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz.) Es ist eine massive Her­ausforderung, und es ist eine Herausforderung, die wir nur gemeinsam stemmen kön­nen.

Wie bei vielen großen Krisen ist es so, auch wenn sie einen am Anfang hart treffen, dass das Allerschwierigste ist, durchzuhalten. Dass die letzten Meter die anstrengenden sind, das ist nicht nur bei einem Langstreckenlauf so, sondern das ist auch bei der Krisen­bewältigung so. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Darum bin ich froh, dass wir in den letzten Zügen dieser Krise sind, dass wir wissen, dass wir im Sommer wieder Richtung Nor­malität zurückkehren können. Aber ja, diese letzten Meter sind besonders schwierig,


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besonders herausfordernd und für uns alle nicht einfach. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Unser oberstes Ziel war es das ganze Jahr über – und das wird sich auch in den nächsten Monaten nicht ändern –, alles zu tun, um Österreich gut durch diese Krise zu führen, alles zu tun (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch), um die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher zu schützen und gleichzeitig die wirtschaftlichen und sozialen Folgen dieser Krise so gut als möglich abzufedern. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Und ja, die wirtschaftlichen Auswirkungen sind enorm. (Abg. Amesbauer: Alles Ihre Schuld!) In der Finanzkrise im Jahr 2008 gab es einen Einbruch von 4,3 Prozent der Wirtschaftsleistung. Diese Krise jetzt trifft uns in Europa und auch uns in Österreich deutlich härter. (Abg. Amesbauer: Sie sind schuld!) Sie trifft uns heftiger und sie ist wirtschaftlich und sozial deutlich herausfordernder. (Abg. Amesbauer: Kurz ist schuld! Kurz muss weg! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Österreich, sehr geehrte Damen und Herren, hat viele Stärken. Eine dieser Stärken ist, dass wir eine Tourismus- und Kulturnation sind. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir sind einer der schönsten Plätze dieser Welt, und der österreichische Tourismus hat eine unglaubliche Kraft. Wir sind nicht nur im Sommer ein begehrtes Reiseziel, sondern sind eine der ganz starken Wintertourismusnationen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeord­neten Rössler und Schallmeiner. Abg. Belakowitsch: Deswegen haben wir den Tourismus gesperrt! – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.)

Die Gastronomie und die Beherbergungsbetriebe, die sonst einen ganz wesentlichen Beitrag zu unserer Wertschöpfung leisten, sind gerade in Zeiten einer Pandemie natür­lich ganz besonders hart getroffen. Sehr geehrte Damen und Herren, es ist kein Geheim­nis, dass Österreich im Bereich Gastronomie und Beherbergung drei Mal so stark ist wie Deutschland oder die Schweiz. Der Anteil an der Wertschöpfung von Gastronomie und Beherbergung ist in Österreich doppelt so hoch wie im Schnitt der Europäischen Union (Abg. Belakowitsch: Wie schaut das in Kroatien aus, in Italien?!), und was sonst unsere Stärke ist, das ist natürlich ein Bereich, der in einer Pandemie ganz besonders gefordert ist.

Wenn der internationale Reiseverkehr einbricht, wenn die Grenzen hochgefahren wer­den (Abg. Belakowitsch: Warum werden sie denn hochgefahren?!), wenn man auf­grund eines Virus wesentlich schwieriger Geschäftsreisen durchführen kann (Zwischen­ruf des Abg. Amesbauer) und sich die Verhandlungen auf Videokonferenzen verlagern, und wenn der Urlaub für viele unmöglich wird (Abg. Belakowitsch: Wer hat denn Tirol abgesperrt?! Das ist ja Kindesweglegung!), dann trifft das Gastronomie, Tourismus und Freizeitwirtschaft und alle Beschäftigten in diesem Bereich ganz besonders stark. (Zwi­schenruf des Abg. Schnedlitz.)

Das ist mit ein Grund dafür, warum wir in Österreich stärker helfen als alle anderen. (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch.) Frau Rendi-Wagner hat vieles aufgezählt, was sie aber nicht erwähnt hat, war, dass Österreich weltweit die Nummer eins ist, wenn es um Unterstützungsleistungen für die Unternehmen und die Beschäftigten geht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Österreich hat in den letzten Jahren gut gewirtschaftet (Abg. Hafenecker: Darum sind wir Vorletzter beim Wirtschaftswachstum! Vorletzter in Europa! – Abg. Belakowitsch: Wir sind das Schlusslicht!), und wir sind ein erfolgreiches Land mit fleißigen Menschen. Daher haben wir jetzt auch die finanziellen Möglichkeiten, in dieser Zeit der Notwen­digkeit stärker zu helfen als andere Staaten in Europa und auf der ganzen Welt. (Abg. Kassegger: Das ist ein völliger Blödsinn! – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Bis jetzt wurden über 32 Milliarden Euro an Hilfsgeldern geleistet, für Klein- und Mittel­betriebe ganz besonders und insbesondere auch für deren Beschäftigte, es gibt 1 Milliarde


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Euro im Härtefallfonds, insbesondere für Einzelunternehmer, 3 Milliarden Euro Umsatz­ersatz (Abg. Belakowitsch: Das kommt aber nicht an, offenbar!), gerade für die ge­schlossenen Branchen im Bereich der Gastronomie und des Tourismus, sowie Stundun­gen von Steuern und Abgaben.

Ein Danke an Gernot Blümel, dass er es geschafft hat, den Deckel der Europäischen Union für bestehende Hilfen zu erhöhen und da einen wichtigen Verhandlungserfolg zu erzielen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Danke, danke, danke! – Zwischen­ruf der Abg. Doppelbauer. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ein Danke an Werner Kogler und den Koalitionspartner, mit dem wir es gestern gemein­sam auf den Weg gebracht haben, dass die Mietpreiserhöhung in diesem Jahr aus­gesetzt wird. (Abg. Loacker: Für den Mietadel! – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Damit werden gerade die Menschen, die weniger zum Leben haben, ein klein wenig stärker unterstützt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Leichtfried: Wollt ihr uns pflanzen, oder was?)

Ein ganz besonderes Danke an Martin Kocher für alle Anstrengungen, die im Bereich der Kurzarbeit unternommen werden. Ich möchte mich hier auch bei den Sozialpartnern bedanken. Wir haben in Österreich mit dem Modell der Kurzarbeit eines der besten Modelle der Welt. Wir haben 6 Milliarden Euro in die Kurzarbeit investiert und so zwischenzeitlich über eine Million Menschen in Beschäftigung gehalten, die sonst viel­leicht ihre Jobs verloren hätten, und das ist auch der Grund, warum wir betreffend Arbeitslosigkeit unter den besten zehn Ländern in Europa und betreffend Jugendarbeits­losigkeit unter den besten fünf sind. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.)

Darüber hinaus, sehr geehrte Damen und Herren, bringen wir gerade die größte Quali­fizierungsoffensive der Zweiten Republik auf den Weg. Wir investieren 700 Millionen Euro in Qualifizierungsmaßnahmen, um Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen, denn neben der Arbeitslosigkeit, neben den Folgen der Krise gibt es im Bereich der Digitalisierung, im Pflegebereich und anderen Branchen nach wie vor offene Stellen. Je intensiver und schneller wir Menschen aus- und weiterbilden können, desto mehr Menschen können wir wieder in Beschäftigung bringen, und das muss stets das oberste Ziel unserer Politik sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Leichtfried.)

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist keine einfache Zeit. Es ist eine extrem heraus­fordernde Phase für jeden Einzelnen in unserem Land, für jeden Einzelnen in Europa und weit darüber hinaus. Es ist eine Phase des Verzichts (Abg. Belakowitsch: Auf was verzichten Sie eigentlich? – Abg. Leichtfried: Sie könnten auf die 200 Millionen Werbe­gelder verzichten! Das wäre ein Anfang!), es ist für viele eine Phase der Vereinsamung. Es ist eine Phase, in der wir alle unser Leben nicht so leben können, wie wir es gerne leben würden. (Abg. Amesbauer: Weil Sie sie nicht lassen! Sie sind der größte Pha­risäer von allen!) Es ist eine Phase, in der Unternehmer, die fleißig, mutig, innovativ sind, nicht das machen können, wofür sie normalerweise brennen und mit dem sie einen wesentlichen Beitrag in unserem Land leisten. Es ist eine Phase, in der Menschen ihren Job verloren haben, ohne dass sie sich irgendetwas zuschulden haben kommen lassen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es wird ein enormer Kraftakt sein und es wird unseren Zusammenhalt brauchen, um Österreich nach dieser Krise wieder bestmöglich zurück­zukämpfen, ich bin aber überzeugt davon, dass uns das gemeinsam gelingen kann. Ich bin auch überzeugt davon, dass es keine Alternative zu diesem Ziel geben darf, und daher werden wir weiterhin mit voller Kraft an diesem Ziel arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Wir haben vor knapp drei Wochen einen sehr mutigen Schritt gemacht und wesentliche Teile der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens früher geöffnet als andere Staaten. Wir haben früher als andere die Schulen wieder für den Präsenzunterricht aufgesperrt, damit die Kinder wieder zur Schule gehen können. (Abg. Kickl: Bei anderen waren sie nie zu! – Abg. Belakowitsch: Was reden Sie? Die Kinder können nicht zur Schule gehen, die sitzen ...! – Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Wir haben früher als andere Staaten den Handel wieder geöffnet und so viele Menschen wieder in Beschäftigung bringen können.

Während Deutschland und andere Staaten nach wie vor im Lockdown sind, haben wir versucht, erste Öffnungsschritte zu machen, und wir begleiten diese Öffnungsschritte mit aller Vorsicht, zum einen mit FFP2-Masken und zum anderen mit einer intensiven Teststrategie. Österreich ist unter den Ländern in Europa, in denen am allermeisten getestet wird, und das ist gut so (Abg. Amesbauer: Warum ist das gut? Warum? Was bringt das?), weil die Testungen unsere Chance sind, wieder zur Normalität zurückzu­kehren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Während die körpernahen Dienstleister in anderen Ländern noch geschlossen sind, ist es in Österreich möglich, nach einem Test dorthin zu gehen (Abg. Amesbauer: Und wenn man ohne Test hingehen will?), und das hilft nicht nur den Kunden, sondern vor allem den Betrieben und den Beschäftigten in diesen Branchen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch.) Ich bin froh, dass sich mittlerweile auch Tourismus und Gastronomie für diese Teststrategie aussprechen und auch bereit sind, auf intensive Testungen zu setzen.

Wir werden in den nächsten Monaten weiterhin behutsam vorgehen müssen, aber eines steht fest: Je mehr wir testen (Abg. Amesbauer: Umso sinnloser ist es!), desto mehr Freiheit wird für uns alle möglich sein. (Abg. Kickl: So ein Schmarrn!) Je stärker wir testen, desto eher werden wir Öffnungsschritte setzen können (Abg. Belakowitsch: Das ist Erpressung!) – sehr behutsam, sehr vorsichtig, aber mit einem klaren Ziel: so viel Freiheit wie möglich, so viel Einschränkung wie notwendig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir zum Abschluss, der österreichischen Bevölkerung für den Zusammenhalt in dieser Zeit zu danken (Abg. Belakowitsch: Die wollen von Ihnen keinen Dank mehr!), vor allem aber auch dafür, dass so viele Men­schen in diesem Land versuchen, ihren Beitrag zu leisten, indem sie Abstand halten, indem sie Masken tragen, indem sie sich regelmäßig testen lassen (Abg. Belakowitsch: Tausende jeden Tag!), damit wir uns Schritt für Schritt wieder zurück ins normale Leben kämpfen können. (Ruf bei der FPÖ: Gesellschaftsspalter! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) – Danke vielmals. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei den Grünen.)

9.26


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit der künftigen Redner laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ottenschläger. – Bitte.


9.27.06

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Zu Beginn möchte ich eines klarstellen, Bezug nehmend auf den Titel, den die SPÖ für diese Aktuelle Stunde gewählt hat: Der Herr Bundeskanzler führt keinen Kampf gegen die Justiz, sondern für Aufklärung und Gerechtigkeit. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf


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bei der SPÖ: Hahaha! – Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger. – Heiterkeit bei Abge­ordneten von SPÖ und NEOS.) Er kämpft für den Erhalt der Arbeitsplätze und für die Unternehmen in diesem Land – das sei hier einmal klargestellt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Hafenecker.)

Der Herr Bundeskanzler hat es ja schon skizziert (Abg. Belakowitsch: Der spielt mit dem Handy!), auch ich bin seiner Meinung: Die zwei wichtigsten Maßnahmen – auch für den Erhalt der Arbeitsplätze, für die Unternehmen in diesem Land – sind jetzt aktuell testen, testen, testen, und zu schauen, dass wir bis zum Sommer eine hohe Durchimp­fungsrate haben. (Abg. Deimek: Wie soll denn ...? – Abg. Hafenecker: Ihr wart ja nicht einmal in der Lage, einen Impfstoff zu besorgen! Ihr führt euch ja selber ad absurdum!) Das gewährleistet eben Öffnungsschritte unter gewissen Rahmenbedin­gungen, damit unsere Unternehmer wieder selber ihr Geld verdienen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bezahlen können. Das ist der entscheidende Punkt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie Sie wissen, macht uns der Vergleich auch da sicher: Was das Testen betrifft, gehören wir zu den Top drei in Europa (Abg. Belakowitsch: Zwangstesten!), und das wird uns viel weiter bringen, auch wenn Sie es vielleicht nicht glauben wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zu den Kritikpunkten – Kritik ist ja in Ordnung, wenn sie konstruktiv ist und nicht nur um der Kritik willen geschieht, um eben vielleicht einen politischen Vorteil zu erreichen. (Ruf bei der FPÖ: Das ist das, was Sie jetzt machen!) Ich erwähne die Kurzarbeit, das wahrscheinlich großzügigste Modell in Europa für die Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer, aber auch für die Unternehmer. (Abg. Loacker: Großzügig ist nicht immer gut! Es sollte vielleicht gescheit sein statt großzügig!)

Der Eingangssteuersatz wurde gesenkt, die Familien wurden unterstützt, kleinere Pen­sionen erhöht, Arbeitslose mit zusätzlichen Zuschüssen unterstützt. Betreffend Wirt­schaftshilfen, der Herr Bundeskanzler hat es gesagt (Abg. Belakowitsch: Wenn er schon was sagt!): 32 Milliarden Euro wurden an Unternehmen ausbezahlt und zugesagt, auch da befinden wir uns im europäischen Spitzenfeld. Es war gerade zu Beginn von entscheidender Bedeutung, dass wir die Liquidität in den Betrieben sichern. Dazu hat es garantierte Kredite in Milliardenhöhe gegeben. Der Umsatzersatz wurde erwähnt, der Fixkostenzuschuss in Höhe von über 640 Millionen Euro wurde an 64 000 Antragsteller bezahlt, dazu kommen der Härtefallfonds und jetzt der Ausfallsbonus, der bereits seit letzter Woche beantragt werden kann und sich bereits in Abwicklung befindet.

Für die Bundesregierung mit unserem Bundeskanzler an der Spitze war es ja von Anfang an klar: Wir müssen unsere Betriebe rasch und bestmöglich unterstützen, damit diese nach der Krise selbstständig weiterarbeiten und damit auch weiterhin Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer beschäftigen können.

Ja, es gibt auch Unternehmer, die noch nicht alle Unterstützungsmaßnahmen bekom­men haben, auch diese begleiten wir aber (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch – Abg. Kickl: Palliativmedizin!), und wir schauen, dass alle die Unterstützung bekommen, die ihnen zusteht. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Meine Damen und Herren, für die Zukunft: Selbstverständlich wird an der Gestaltung entsprechender Rahmenbedingungen für den Erhalt unserer Betriebe und damit den Erhalt der Arbeitsplätze gearbeitet. Stichwörter: Joboffensive, Sanierungsoffensive; aber auch die Investitionsprämie, die bereits in Umsetzung ist und viel bewirken wird, wird dazu einen Beitrag leisten.

Meine Damen und Herren, hinsichtlich der von Frau Kollegin Rendi-Wagner erwähnten künstlichen Jobs, wie sie sie vorschlägt, sind wir mehr als skeptisch. Wir glauben nicht, dass das der Weisheit letzter Schluss ist. Es hat auch die Vergangenheit bewiesen, dass


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das nicht funktioniert. Wir wollen, dass unsere Betriebe die entsprechenden Rahmen­bedingungen haben, damit sie Beschäftigung schaffen können und wir keine künstlichen Jobs schaffen. (Beifall bei der ÖVP.)

Und ja, es wird viele weitere positive Signale brauchen: Stärkung des Eigenkapitals, steuerliche Rahmenbedingungen, all das werden wir brauchen. Wir brauchen auch eine positive Aufbruchsstimmung, und an dieser mitzuarbeiten, dazu lade ich Sie ein. Wir alle können dazu einen Beitrag leisten: sachlich diskutieren, dann aber versuchen, gemein­sam den Menschen eine positive Perspektive zu geben.

Meine Damen und Herren, dazu rufe ich Sie wirklich auf! Ich glaube, das ist eine wichtige Maßnahme, damit die Unternehmerinnen und Unternehmer in diesem Land wieder arbeiten können und entsprechend für Beschäftigung sorgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Muchitsch ist zu Wort ge­mel­det. – Bitte.


9.32.29

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Arbeitsminister! Ich wollte heute eigentlich eine sehr sachliche Rede halten, aber in den bisherigen Debattenbeiträgen – es tut mir leid! – wurden Dinge derartig verdreht, Miss­stände derartig schöngeredet, dass ich sagen muss, das ist eine Katastrophe und des Hohen Hauses nicht würdig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Herr Bundeskanzler, sogar die Grünen – Ihr Koalitionspartner – sagen, Sie hätten ein gestörtes Verhältnis zur Justiz. (Bundeskanzler Kurz schaut auf sein Smartphone. – Abg. Belakowitsch: Der muss jetzt einmal auf dem Handy etwas finden!) – Herr Bun­deskanzler, können Sie einmal das Handy wegtun? Herr Bundeskanzler, können Sie bitte einmal das Handy wegtun? (Beifall bei der SPÖ.) Wir reden über Menschen, die arbeitslos sind, wir reden über die Wirtschaft, die Wirtschaftstreibenden, die nicht wissen, wo das Licht am Ende des Tunnels ist – und Sie spielen auf dem Handy herum! (Bundeskanzler Kurz legt sein Smartphone zur Seite.) – Danke schön.

Herr Bundeskanzler, wir haben eine Million Menschen, die jetzt weniger Einkommen haben. (Abg. Belakowitsch: Das interessiert ihn nicht!) Es sind drei Gruppen: Es sind die Arbeitslosen, es sind die arbeitslosen Menschen in Schulungen und es sind die Menschen in Kurzarbeit, Herr Arbeitsminister. Diese drei Gruppen, das sind eine Million Menschen, haben weniger Einkommen. Sie können wöchentlich eine Pressekonferenz machen und diese Zahlen kommentieren: Da sind es ein bisschen mehr geworden, dort sind es ein bisschen weniger geworden, dort schulen wir ein bisschen mehr!, das ist aber kein Plan, um diese eine Million Menschen mit weniger Einkommen aus der Krise zu holen, sodass sie wieder mehr Einkommen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, es hilft nichts, wenn Sie sich hierherstellen und sagen: 31 Milliarden Euro an Wirtschaftshilfen! – Wir haben die höchste Zunahme der Zahl der Arbeitslosen in Europa, wir haben den größten Wirtschaftsabschwung in Europa nach Spanien und wir haben die höchsten Wirtschaftshilfen – da haben Sie recht (Zwischenruf des Abg. Kickl) –, aber was hat es uns gebracht? Warum stehen wir bei den Arbeitslosenzahlen, bei den Wirtschaftszahlen dennoch so schlecht da? – Der Aufschwung ist weit weg, weil Sie keine Maßnahmen zulassen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie müssen jetzt einen Plan entwickeln! Wenn wir die Pandemie überstanden haben, dürfen wir es nicht gleich schlecht machen wie bei der Impfstrategie: zuerst Impfstoff bestellen, Impfstoff wird geliefert, dann werden ein paar Dosen verimpft und dann liegt der restliche Impfstoff 14 Tage im Keller. – Das ist keine Strategie! Das Gleiche gilt für


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den Arbeitsmarkt: Für den Arbeitsmarkt brauchen wir jetzt Konzepte und Maßnahmen, wie wir, wenn die Pandemie besiegt ist, rasch aus dieser schlimmen Arbeits­markt­situ­ation herauskommen, um die Arbeitslosigkeit zu senken. – Da hat die SPÖ Vorschläge vorgelegt, da haben wir Anträge eingebracht.

Herr Bundeskanzler, bei Ihrer Arbeitsmarktpolitik steht Ihnen das Wasser bis zum Hals! (Beifall bei der SPÖ.) In Ihrer Situation würde ich die Vorschläge der Opposition nicht immer schlechtreden.

Herr Kollege Ottenschläger, bei aller Wertschätzung: Redet nicht jetzt schon wieder einen Vorschlag der SPÖ schlecht, bevor wir miteinander geredet haben! – Wieso reden wir nicht miteinander? (Abg. Wöginger: Das ist ja ein Rohrkrepierer!) Warum reden Sie die Aktion 20 000 schlecht (Abg. Wöginger: Das ist ja ein Rohrkrepierer!), die ihr gar nicht habt starten lassen? (Abg. Wöginger: Das hat ja damals nicht funktioniert!) – Ihr habt euch noch gar nicht damit befasst! (Abg. Wöginger: Was soll denn das bringen? – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) Eine neue Aktion für 140 000 Langzeit­be­schäftigungslose, für jene Menschen, die keine Chance haben, über die Privatwirt­schaft in Jobs zu kommen – genau deshalb brauchen wir das für diese! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Was soll das bringen? – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)

Lieber August Wöginger, das, was Österreich nach einer Krise immer starkgemacht hat (Abg. Wöginger: Aber das nicht!), war das Gemeinsame! (Abg. Wöginger: Aber das nicht! Das ist doch ein Blödsinn! – Zwischenruf der Abg. Greiner.)

Ihr könnt nicht einfach nur hergehen und sagen, ihr schafft es, die 140 000 Langzeit­beschäftigungslosen in den Arbeitsmarkt zurückzubringen. (Abg. Wöginger: Was bringt denn das? Das ist ein Rohrkrepierer!) Das funktioniert nicht! Wir brauchen da die öffent­liche Hand und die gemeinnützigen Vereine. (Abg. Wöginger: Ja freilich! Verstaatlichen, nicht? „Konsum“-Pleite! So ein Schwachsinn!)  

Wenn euch ein bissl etwas an diesem Österreich liegt, dann redet mit uns, ladet uns ein! Tun Sie es für Österreich, Herr Bundeskanzler! Tun Sie es nicht für sich, sondern tun Sie es für Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

9.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Belakowitsch ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


9.37.22

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es geht hier primär um den Arbeitsmarkt und den Umgang der Bundesregierung mit demselben. Der Bundeskanzler hat sich heute hierhergestellt und erklärt, wie großartig nicht alles sei, denn Österreich gehöre ja bei den Förderungen zu den Besten. – Das mag stimmen, Herr Bundes­kanz­ler, aber offensichtlich kommen sie nicht an, denn sie haben nicht die Wirkung, die sie bei dieser Höhe erzielen könnten.

Wir haben die schlechtesten Wirtschaftsdaten in Europa, wir haben die höchste Arbeits­losigkeit in Europa – also irgendetwas ist faul in dem System. Das zeigen ja auch die zahllosen E-Mails von Unternehmern – ich nehme an, auch Sie werden sie bekommen –, die verzweifelt sind, weil sie immer noch keine Hilfszahlungen bekommen haben. Das heißt, Sie haben zwar große Beträge versprochen, die auch hier beschlossen wurden, aber diese kommen nicht dort an, wohin sie gehören. Da ist ein Fehler im System, und für diesen ist die Bundesregierung zuständig! (Beifall bei der FPÖ.)

Das gesamte Land Österreich befindet sich in einem wirtschaftlichen Chaos. Sie wollen das nicht hören. Die Kollegen von der ÖVP haben bei der Rede meines Vorredners jetzt


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gerade gesagt, sie wollen sich das, was die Opposition sagt, nicht anhören, denn es komme nur Blödsinn heraus. – Das ist der Zugang: Man sagt, die Opposition brauche man sich nicht anzuhören, man wisse eh alles besser – und jetzt sehen wir, wie Öster­reich dasteht, meine Damen und Herren!

Was haben wir denn jetzt? – Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik. Wir haben Menschen, die zu Hause verzweifelt sind. Wir haben Bürger, die nicht wissen, wie es weitergehen wird, die vielleicht nie wieder Urlaub machen können.

Sie stellen sich hierher, beklatschen sich selber, weil das Testen in Österreich so gut funktioniert. – Herr Bundeskanzler, Sie wissen ganz genau: Das Testen hat nie gut funktioniert, aber dann haben Sie es zum Zwangstesten gemacht! Jeder muss sich jetzt einem Zwangstest unterziehen. Das geht hinunter bis zu den Jüngsten! (Abg. Wöginger: Das würde euch auch nicht schaden, einmal testen lassen!) – Herr Kollege Wöginger, melden Sie sich zu Wort, wenn Sie glauben, das sei so super! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dieser Sadismus, der von der ÖVP kommt, der unseren Kindern den Schulbesuch verunmöglicht, wenn sie sich nicht testen lassen, und das sind dann die Fach- - (Abg. Wöginger: Genau! Ja, genau!) – Ja, ganz genau. Sehen Sie - - (Abg. Wöginger: Ja, weil ihr fest husst mit euren Funktionären!)

Herr Präsident, vielleicht könnten Sie Kollegen Wöginger einmal sagen, er soll sich ein bissl zusammennehmen. (Abg. Wöginger: Du schreist die ganze Zeit, und wir dürfen nichts sagen! So weit kommt es noch! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Kollege Wöginger, ich bin jetzt am Wort! Das ist der Unterschied: Ich habe jetzt das Wort! Wenn Sie etwas sagen wollen, dann stellen Sie sich hier heraus!

Es ist eine Tatsache: Sie von der ÖVP haben das Land gegen die Wand gefahren, Herr Bundeskanzler! (Abg. Wöginger: Sie mit Ibiza!) Jede Woche wird eine Teststraße irgendwo in Österreich eröffnet – das haben Sie von der ÖVP Niederösterreich gelernt: Der ehemalige Landeshauptmann Pröll hat jede Woche einen Kreisverkehr eröffnet. Das bringt uns aber wirtschaftlich nicht weiter, Herr Bundeskanzler! (Abg. Wöginger: ... hat den jemand geglaubt auch?)

Gestern hat die Friseurinnung Alarm geschrien, indem sie gesagt hat, die Hälfte aller Friseure wird wahrscheinlich in Konkurs gehen. (Abg. Wöginger: Ist ja nicht wahr! Ja, weil ihr nicht hingeht zum Friseur!) Dann haben wir noch die Gastro: Die ist nicht mehr nur dabei, die ist schon mittendrin! Jeder zweiter Gastronomiebetrieb wird vermutlich nicht mehr aufsperren können. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Sie und Ihre Bundesregierung haben Leid, Perspektivlosigkeit und Armut über dieses Land gebracht (Ruf bei der ÖVP: Unfassbar!), und Sie stellen sich hierher und klopfen sich an die Brust. Das Einzige, womit Sie in den letzten Wochen beschäftigt waren, war, dass Sie staatliche Institutionen schlechtgemacht haben, dass Sie diese delegitimiert haben. Da stellt sich dann Ihre Kanzleramtsministerin, Ihre Verfassungsministerin ins Fernsehen und beschimpft auch noch die WKStA, damit sie Ihnen einen Gefallen tut, Herr Bundeskanzler. Wissen Sie, was? Das ist die stellver­tretende Leiterin dieser Dienstbehörde! Sie hat dort zwar keinen Tag gearbeitet, aber sie hat sich hineingeschummelt aufgrund Ihrer politischen Intervention, das ist richtig (Zwischenruf des Abg. Hörl – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP)  ja, Sie können schreien –, und beschimpft ihre eigene Dienststelle! Da höre ich auch nichts vom Justiz­minister – normalerweise müsste so etwas ein Disziplinarverfahren nach sich ziehen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler! Kommen Sie mir nie wieder mit Ungarn oder mit Russland oder mit China (Abg. Hörl: Na, na, na! Jetzt hören wir auf!) und damit, dass Sie sich über die


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dortigen Verhältnisse aufregen. Dort gehört möglicherweise dieses faschistoide (Ruf bei der ÖVP: Hallo!), dieses autokratische System zur politischen Kultur, aber bei uns in Österreich gehen Sie von der ÖVP her und führen hier unter dem Deckmantel der Demokratie wieder ein austrofaschistisches System ein. (Beifall bei der FPÖ. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das ist das System, das Sie machen: Kontrolle, Vernaderung und Überwachung der Bürgerinnen und Bürger, das Bilden einer Zweiklassengesellschaft, ein Spalten der Gesellschaft in die Braven, die sich testen lassen, und in die Bösen, die sich nicht testen lassen. Das machen Sie! Wer brav ist, der hat Vorteile, und wer böse ist, hat diese Vorteile nicht. Das hat gestern auch die Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums bestätigt, darüber wurde in der Regierung schon gesprochen.

Meine Damen und Herren! Das ist kein Österreich, wie wir es wollen. Wir wollen keine Diskriminierung von Menschen, die sich nicht impfen lassen. Wir wollen auch keine Diskriminierung von Menschen, die sich nicht testen lassen können oder wollen. Auch das gibt es, meine Damen und Herren der ÖVP: Dutzende Eltern, die verzweifeln, - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Das Schlusswort bitte!


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (fortsetzend): - - weil sie schwer kranke Kin­der haben, die nicht getestet werden können. Sie machen sich darüber lustig! (Abg. Wöginger: Nein!) Sie haben in diesem Land einen Sarkasmus und einen Sadismus entwickelt, dass es schauderhaft ist, meine Damen und Herren! (Abg. Wöginger – in Richtung Rednerin weisend –: Das ist schauderhaft!) Herr Bundeskanzler Kurz, treten Sie zurück! (Beifall bei der FPÖ.)

9.43

09.43.00 *****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Für den Vorhalt des Austrofaschismus darf ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Aber es stimmt!) Das ist ein strafrechtswürdiges Delikt. (Abg. Belakowitsch: Aber es ist trotzdem richtig!)

*****

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte. (Abg. Hörl: Belakowitsch, schämen Sie sich!)


9.43.14

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Werter Herr Bundes­kanzler! Herr Minister! Geschätztes Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die heute zuschauen! Ich werde versuchen, nach diesen Tiraden wieder ein bisschen Sachlichkeit in die Angelegenheit zu bringen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Das Thema ist uns nämlich äußerst wichtig – und insofern bin ich auch Ihnen, Kolle­ginnen und Kollegen von der SPÖ, sehr dankbar dafür, dass wir darüber sprechen können –: Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Insolvenzen. Das ist auch das, woran wir seit Monaten, seit dem letzten Jahr arbeiten – und sehr erfolgreich, wie ich meine. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wurm – erheitert –: Ha, ha, ha! Was wären die Erfolge, Frau Kollegin? – Abg. Kickl: Da möcht ich nicht wissen, wie es unerfolgreich ausschaut!)


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Zum Arbeitsmarkt: Wir sind uns ja innerhalb der Koalition nicht immer einig, aber diesbezüglich definitiv, und ich möchte dazu Bruno Kreisky zitieren, der gesagt hat: Mir bereiten „ein paar Milliarden mehr Schulden“ weniger Sorgen, „weniger schlaflose Nächte“ als „hunderttausend Arbeitslose“. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wurm: Jetzt haben wir beides, Frau Kollegin! – Abg. Belakowitsch: Hundertausende haben wir sogar! – Abg. Wurm: Jetzt haben wir Schulden und Arbeitslose! Das wär dem Kreisky nicht passiert!)

Deswegen haben wir, wie wir bereits gehört haben, im letzten Jahr 6 Milliarden Euro in die Kurzarbeit gesteckt, um eine Million Menschen in Beschäftigung zu halten. Und ja, die Arbeitslosenzahlen sind geringfügig über dem Niveau der gleichen Zeit des letzten Jahres (Abg. Belakowitsch: Geringfügig?! Ha, ha, ha! – Abg. Wurm: Frau Kollegin, wo leben Sie denn?! – Abg. Belakowitsch: Was ist denn dann nicht geringfügig?), und ich sage explizit, mir tut es für jeden Menschen, der keine Arbeit hat und der auf Arbeitsuche ist (Abg. Wurm: Eine halbe Million, Frau Kollegin!), wirklich leid, und dafür wird es auch weiterhin Unterstützung geben. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Zu den Insolvenzen: Auch da ist es gelungen, die Zahl äußerst niedrig zu halten (Abg. Deimek: Ja, weil es die Antragspflicht nicht gibt! Entschuldigung! Macht zuerst ein Ge­setz, und ...!) – 40 Prozent weniger Insolvenzen im vergangenen Jahr (Abg. Belakowitsch: Und wie viele werden es heuer werden?), 2 000 Insolvenzen weniger als üblicherweise. (Abg. Kickl: Um Gottes willen!) Wie ist das gelungen? (Abg. Belakowitsch: Sie sind ein Wirtschaftsphänomen!) – Durch Unterstützungsmaßnahmen – und man sieht, die kom­men an, sie kommen zu einem ganz großen Teil an – und auch durch Stundungen von diversen Abgaben, Sozialversicherung und Steuern.

Aber ja, wie kommen wir da wieder heraus? (Abg. Kickl: Ist eh alles paletti!) Wir haben alle genug davon, auch ich habe genug von der Krise, von den Einschränkungen, von Masken, vom Zu-Hause-Arbeiten, vom Homeoffice, vom Homeschooling. Neben den Schülerinnen und Schülern möchte ich auch die Studierenden explizit erwähnen – mein Neffe hat zu studieren begonnen und war noch nicht an der Uni. Das ist also eine große Belastung für uns alle, und wir wollen da herauskommen, aber ich bin sehr optimistisch: Wir schaffen das! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: Das ist schon einmal danebengegangen!)

Frühling liegt in der Luft (Abg. Wurm: Ha, ha, ha! Eine politische Ansage, Frau Kolle­gin! – Heiterkeit des Abg. Wurm): In den Schulen hat der Präsenzbetrieb wieder begonnen, auch der Schichtbetrieb bei den Größeren (Abg. Belakowitsch: Geh’n S’ a bissl spazieren!), der Handel hat wieder geöffnet, die Museen haben geöffnet (Abg. Belakowitsch: Wir gehen nur im Frühling ins Museum, wenn das Wetter schön ist, ja, dafür im Winter raus bei den Minusgraden!), und es werden in Kürze weitere Schritte folgen. Wir werden unsere Gesundheitskrise in den Griff bekommen, mit Tests – da sind wir sogar unter den Weltbesten! (Abg. Belakowitsch: Weltbesten, ja! Mit den Zwangs­tests sind wir gut gefahren, ja!) –, einem ganz wichtigen Instrument, auch mit Impfungen, und unsere Bevölkerung ist auch zunehmend immun gegen Corona. (Abg. Hafenecker: ... Verschwörungstheorien ...!)

Jetzt müssen wir es gleichzeitig schaffen, gut aus der Wirtschaftskrise herauszukom­men – also aus der Gesundheitskrise und aus der Wirtschaftskrise –, und dafür tun wir alles: für unsere Jugend, für die Menschen, die hier leben und Arbeit wollen, für die Betriebe, für die Unternehmerinnen und Unternehmer, für Kunst und Kultur.

Wie machen wir das, und was planen wir? – Wir brauchen eine Veränderung. Notwendig ist eine Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit und Ökologie in der Gesellschaft, in der Wirtschaft – und das schaffen wir. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Unternehmen sind dazu bereit. Die große Nachfrage nach der Investitionsprämie hat gezeigt, dass sie genau diese Bereiche verändern wollen, dass sie ökologische Inves­titionen tätigen wollen, und auch digitale Investitionen wurden besonders stark nachge­fragt. Wir werden dafür auch den Rückenwind der EU nützen. Der Covid-Wiederauf­bau­fonds der EU sieht genau das vor – Investitionen, die zu einem großen Teil in ökolo­gische und digitale Bereiche erfolgen –, und wir werden das umsetzen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Neben Geld braucht es aber auch Unterstützung und Beratung für Unternehmen im Hinblick darauf, wie sie sich neu orientieren können. Das wird kommen, ebenso auch Beratung im dem Fall, dass einem Unternehmen doch die Insolvenz droht oder es in die Insolvenz schlittert, denn wie gesagt (Abg. Kickl: Läuten Sie halt einmal, Herr Präsident!), diese aufgeschobenen Insolvenzen werden heuer kommen. Das ist auch Teil des Wirtschaftens, alle Ökonomen und Ökonominnen sind sich darin einig - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (fortsetzend): Okay. Wir brauchen eine Kultur der zweiten Chance. Wir arbeiten auch an dieser Veränderungskultur.

In diesem Sinn bin ich sehr optimistisch, dass wir das schaffen, und ich bitte Sie alle, es für uns zu tun, es gemeinsam zu tun – dann können wir es schaffen. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Kickl: „Frühling liegt in der Luft“! – Abg. Schellhorn: Schmetterlinge im Bauch!)

9.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.


9.49.46

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Ja, Kollegin Götze hat offensichtlich, weil der Frühling in der Luft liegt, auch ein paar Schmetterlinge im Bauch, weil es in dieser Regierung so wunderbar funktioniert und weil es auch so abgestimmt ist.

Ich möchte, bevor ich zum Hauptteil komme, mit drei Missverständnissen aufräumen – zum einen mit dem Missverständnis der Konstruktivität, Kollege Ottenschläger. Das ist nämlich ein eklatantes Missverständnis, denn ein Schulterschluss ist eurer Ansicht nach eine Sackgasse, und immer, wenn ihr uns – wenn ich dieses Beispiel bringen kann – knapp vor Mitternacht einen Verordnungsentwurf hinschmeißt und wir müssen ihn, sollten ihn um 9 Uhr adoptieren beziehungsweise apportieren, dann haben wir damit eine Schwierigkeit. Das ist keine Konstruktivität, und so stellt man sich vor allem in einer so schwierigen Krise Konstruktivität, um gemeinsam aus dieser Gasse herauszu­kom­men, auch nicht vor. (Beifall bei den NEOS.)

Das zweite Missverständnis, Herr Bundeskanzler, ist, dass Sie gesagt haben, wir zählen zu den Besten. Ja, Sie haben im Verhältnis am meisten ausgeschüttet, aber erklären Sie mir in Ihrer PR- und PK-Show – ich verstehe es schon bei den extrem betroffenen Branchen wie Tourismus, Handel, all diesen dienstleistungsnahen Branchen, die am Tourismus dranhängen –, warum bei diesen 32 Milliarden Euro auch Ausfallsboni, Zahlungen als Umsatzersatz für Windparks dabei sind, die im Dezember weniger Wind gehabt haben! Also da merkt man diese Planlosigkeit und da merkt man auch dieses Unverständnis. Gezielt und punktuell zu helfen wäre oft besser, als mit der Gießkanne durchs Land zu fahren. Das ist ein Missverständnis. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Matznetter.)

Das dritte Missverständnis ist, dass Türkis-Grün Wirtschaftskompetenz hätte. Ich will Ihnen das auch anhand Ihres Redebeitrags noch einmal vor Augen führen. Es ist keine


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Hilfe oder keine großzügige Hilfe, die Kurzarbeit so lange hinauszuziehen. Es ist aber auch ein Beitrag der Klein- und Mittelbetriebe, der Unternehmer, dass sie die Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit beschäftigen, denn das kostet natürlich auch noch etwas, obwohl keine Umsätze da sind. Was will man denn für einen Umsatz machen, wenn man null Umsatz macht? – Da kann man nichts machen, aber man hat Kosten und man beschäftigt diese Mitarbeiter.

Betreffend das Missverständnis beim Umsatzersatz muss ich Ihnen auch Wirtschafts­kompetenz absprechen. Sie haben sehr wohl den Tourismus erwähnt, aber Sie haben nicht die mittelbar betroffenen Unternehmen erwähnt – und die mittelbar betroffenen Unternehmen sind Handel, die mittelbar betroffenen Unternehmen sind Textildienst­leister, die mittelbar betroffenen Unternehmen sind auch jene, die gar nichts mit dem Tourismus zu tun haben, aber bis heute noch keine Hilfen bekommen haben. Ich glaube, bevor ein Windpark Umsatzersatz für entfallenen Wind kriegt, sollte ihn der Sporthändler in Serfaus wohl allemal vorher kriegen.

Das letzte Missverständnis ist das, was Kollegin Götze jetzt auch gesagt hat, was Sie gesagt haben und was Herr Finanzminister Blümel gesagt hat: Er war nämlich aus­gesprochen stolz, dass wir im letzten Jahr wahnsinnig wenig Insolvenzen gehabt haben – minus 46 Prozent natürlich im Tourismus, minus 43 Prozent Insolvenzen im Handel. Dort ist am meisten geholfen worden, und das zeigt auch – und das wissen Sie –: Dort, wo am meisten geholfen wird, Herr Minister Kocher, das wissen Sie aufgrund Ihrer evidenzbasierten Arbeit, dort, wo am meisten geholfen wurde, sind auch die Insolvenzen am stärksten zurückgegangen. Daher brauchen wir etwas ganz anderes. Die Experten (Zwischenrufe der Abgeordneten Hörl und Pfurtscheller– ich weiß nicht, ihr zählt ja nicht zu den Experten – sagen ja, dass eine Insolvenzwelle auf uns zukommen wird. Was ist denn, Kollegin Götze, wenn die Stundungen auslaufen? Dann hat man eine Lawine vor sich! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ihr habt es noch nicht begriffen. Hört einfach den Experten zu! Diese Insolvenzwelle wird auf uns zu­kommen.

Daher brauchen wir drei wichtige Punkte, und jetzt ginge es noch einmal um die Part­nerschaft, um das Gemeinsame, um die Konstruktivität. Diese drei Punkte erwähne ich schon seit Oktober; bei euch heißt es dann einfach, gesagt ist noch lange nicht gehört – ihr wollt es auch nicht hören.

Diese drei Punkte sind: Wir müssen das Eigenkapital stärken – ein wichtiger Punkt –, vielleicht auch mit einer Aufwertungsbilanz. Der zweite Punkt ist: Wir brauchen Beteil­igungsfonds, wir müssen eine steuerliche Erleichterung für Risikokapital herbeiführen. Nicht der Staat soll sich irgendwo beteiligen, sondern wir sollten diesen Privaten ermög­lichen, mit einer KESt-Endbesteuerung zum Beispiel einen Beteiligungsfonds zu grün­den. Das Dritte ist: Wir brauchen ein modernes Insolvenzrecht nach dem Modell Chapter 11. (Beifall bei den NEOS.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Wir brauchen auch da die Beteiligung des Bundes. Die Banken beteiligen sich, der Arbeitgeber beteiligt sich natürlich, der Unternehmer beteiligt sich, aber auch der Bund muss sich daran beteiligen, wenn es darum geht, Nachlässe im Fall einer Insolvenz zu geben, was die Steuerstundungen, was die Sozialversicherungsbeiträge betrifft, nämlich - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf um den Schlusssatz bitten!


Abgeordneter Josef Schellhorn (fortsetzend): Ja, danke; es gibt noch eine Zugabe, Herr Präsident. (Heiterkeit bei den NEOS.)


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Es ist nämlich das Wichtigste, und das muss ich schon auch noch betonen: Die Arbeit­geber schaffen diese Arbeitsplätze, und je mehr Insolvenzen es gibt, umso mehr Arbeitslose werden wir haben. Das ist ein wichtiger Punkt, den dürfen Sie nicht ver­gessen. – Danke, Herr Präsident. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.55


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die folgenden Redner darauf aufmerksam machen, dass es eine wirklich fixe Redezeit gibt.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Kocher. Auch für ihn gilt eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.


9.56.01

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Abgeordnete! Die wirtschaftliche Lage, die Arbeits­marktlage ist tatsächlich sehr herausfordernd. Alle Menschen sind in dieser Pandemie massiv betroffen, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation, in der sie davor waren. Es ist für alle Länder eine große Herausforderung, durch diese Pandemie zu kommen, und es werden die Länder besser durch die Pandemie kommen, in denen sich die gesellschaftlichen Gruppen nicht auseinanderdividieren lassen, sondern zusammen­stehen und die Herausforderungen annehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ein paar Fakten klarzustellen. Das ist, glaube ich, wichtig in dieser emotionalen Debatte. Das Wirtschaftswachstum Österreichs für 2020, dafür gibt es vorläufige Daten, das sind noch nicht die endgültigen Daten, ist im Mittelfeld der Europäischen Union. Wir sind, was die Arbeitslosigkeit betrifft, in den Top-zehn-Ländern, und bei der Jugendarbeitslosigkeit haben wir die viertniedrigste Jugend­arbeits­losigkeit im EU-Vergleich. (Abg. Leichtfried: Wie war das vorher? Können Sie das beantworten? – Zwischenruf der Abg. Steger.) Das ist immer noch viel und nicht das, was unser Ziel ist, das ist keine Frage, aber das lässt sich auf die Wirtschaftsstruktur Österreichs zurückführen.

Da bin ich jetzt unverdächtig, ich zitiere den Ökonomen Gabriel Felbermayr, Präsident des Weltwirtschaftsinstituts in Kiel, der sagt, dass der Unterschied zu den anderen Ländern tatsächlich in der größeren Bedeutung des Tourismus und in der größeren Bedeutung der Gastronomie- und Freizeitwirtschaft in Österreich im Vergleich zu ande­ren Ländern liegt. (Abg. Angerer: ... das Missmanagement der Regierung! – Zwischen­ruf des Abg. Leichtfried.)

Das ist der entscheidende Unterschied. Entscheidend ist auch, dass uns diese Struktur der Wirtschaft besser durch frühere Krisen gebracht hat. Jetzt, da die Pandemie Kontakt­möglichkeiten einschränkt, da es die Gefahr der Ansteckung gibt, ist diese Struktur ein Nachteil, aber die Maßnahmen, die gesetzt werden – gerade am Arbeitsmarkt –, ver­suchen, diesen Nachteil abzufedern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage etwas zur Kurzarbeit: Die Kurzarbeit ist das Wichtigste und auch das teuerste Einzelinstrument in der Krisenbekämpfung. Ich finde, es ist ein sehr gutes Instrument. Wir haben die großzügigste Kurzarbeitsregelung in der ganzen Welt. Sie funktioniert. Sie hat dazu geführt, dass wir 1,2 bis 1,3 Millionen Beschäftigungsverhältnisse mittelfristig gesichert haben; die Leute wären sonst zum Großteil in die Arbeitslosigkeit gekommen. Über 6 Milliarden Euro sind für die Kurzarbeit ausgegeben worden, über 10 Milliarden Euro sind zugesagt. Das ist ein substanzieller Beitrag, um die Folgen auf dem Arbeits­markt abzufedern.


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Noch ein Punkt: Die Kurzarbeit ist keine versteckte Arbeitslosigkeit. Sie ist ein Instru­ment, um eine Unterauslastung am Arbeitsmarkt auszugleichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Angerer: Das wissen schon alle, Herr Kocher! Sagen Sie uns ...!)

Sie ist aber nicht das einzige Instrument. Die Joboffensive hat der Herr Bundeskanzler angesprochen: Wir haben das größte Budget für Qualifikation am Arbeitsmarkt, das es je gegeben hat. Ich glaube, das ist auch wichtig. Das bereitet uns für die Zeit nach der Krise vor. Es gibt einen Bildungsbonus für diejenigen, die sich weiterbilden. Es gibt einen Neustartbonus, der unterstützt, Neuanstellungen vorzunehmen. Es gibt einen Lehrlings­bonus. Wir betreiben aktive Arbeitsmarktpolitik. Es gibt Stellen für Langzeitarbeitslose in den Schulen, in den Gemeinden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Die Notstandshilfe wurde an das Niveau des Arbeitslosengeldes angepasst. Es gibt Pflegestiftungen – gemeinsam mit den Ländern –, um Pflegekräfte für die Zukunft auszu­bilden. Es gibt also eine Reihe von Maßnahmen, die gesetzt werden, um diese Krise zu bekämpfen. (Abg. Bösch: Die würden wir gerne kennen!) Und: Es wird auch weitere Maßnahmen brauchen, um dann, wenn die akute Krise vorbei ist, Österreich wirt­schaft­lich und am Arbeitsmarkt wieder ganz nach vorne zu bringen.

Es gibt die schöne Aussage building back better – also: besser zurückkommen aus der Krise. Das ist unser großes Ziel in der Bundesregierung, und wir werden mit aller Kraft dieses große Ziel, besser aus dieser Krise zurückzukommen, Österreich ganz nach vorne zu bringen, weiterverfolgen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

10.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zarits. – Bitte.


10.01.00

Abgeordneter Christoph Zarits (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Geschätzter Herr Minister! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause, Hut ab – sofern Sie nach dem Redebeitrag von Frau Kollegin Belakowitsch noch nicht abgedreht haben, darf ich Sie ganz herzlich zu dieser Plenarsitzung begrüßen! (Heiter­keit und Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte Ihnen etwas sagen, Frau Kollegin Belakowitsch: Es geht nicht darum, wer hier vom Rednerpult am lautesten schreit. Die, die am lautesten schreien, haben für gewöhnlich nicht die leiseste Ahnung – und da gehören Sie leider Gottes auch dazu. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich bin mittlerweile 40 Jahre alt und habe in meinem Leben viele Menschen kennen­gelernt. Von den meisten Menschen kann man positive Dinge lernen; von Ihnen kann man lernen, wie es sicherlich nicht funktioniert. Das ist einmal klar. (Abg. Belakowitsch: Das weiß ich! – Abg. Kickl: Obergescheit auch noch!)

Zu Kollegen Schellhorn: Von Missverständnissen ist hier die Rede gewesen, bezie­hungsweise hat er diese in seiner Rede angesprochen. Die NEOS – ich weiß nicht, was ich zu den NEOS sagen soll. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Sie bringen keine konstruktiven Vorschläge zur Krisenbewältigung. – Für mich seid Ihr irgendwie ver­gleichbar mit der Salatschüssel bei McDonald’s: Die gibt es zwar, aber brauchen tut sie keiner. Das muss man ganz ehrlich sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bernhard zeigt den Vogel. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Konstruktive Vorschläge sind von euch noch überhaupt keine gekommen, das muss man sagen. (Abg. Schellhorn macht die sogenannte Scheibenwischerbewegung.)


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Aber zur Sache: Worum geht es heute eigentlich? Es geht darum, den Menschen eine Perspektive zu geben, den Menschen Mut zu machen, und natürlich darum, die Men­schen auch sozial abzusichern. Darum geht es mir, darum geht es uns, der Volkspartei, darum geht es unserem Kanzler und darum geht es unserem Arbeitsminister. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten viele wichtige Maßnahmen gesetzt, mit dem Ziel, Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen. Da ist uns – gemeinsam – sehr, sehr viel gelungen. Es hat viele Beschlüsse gegeben, die wir auch mit breiter Mehrheit beschlossen haben.

Mir geht es um den 16-jährigen Lehrling, den ich kenne, der einen Job gesucht hat; mir geht es um den Familienvater, der arbeitslos geworden ist und zwei Kinder hat; mir geht es darum, dass die alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern sozial abgesichert ist; mir geht es auch um jene Menschen, die schon lange arbeitslos waren, vor Corona schon arbeitslos waren, und die natürlich auch mit Existenzängsten zu kämpfen haben – um diese Menschen geht es mir heute. Wir haben vieles gemeinsam hier im Parlament geschafft, wir haben viele Beschlüsse gefasst, um diesen Menschen, die wir alle kennen, schnell und unbürokratisch zu helfen. Das muss man ganz ehrlich sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nehmen wir zum Beispiel den Familienvater mit den zwei Kindern, der arbeitslos ge­worden ist: Im September haben wir den Kinderbonus von 360 Euro ausgezahlt – macht 720 Euro. Im September und im Dezember gab es einen Zuschuss zum Arbeitslosen­geld: 450 Euro mal zwei, das sind 900 Euro, meine geschätzten Damen und Herren.

Zum 16-jährigen Lehrling, den ich angesprochen habe: Ja, er hat jetzt einen Job, er hat eine Lehrstelle, dank des Lehrlingsbonus. Mit dem Lehrlingsbonus ist es uns gelungen, 23 000 Lehrstellen in Österreich zu sichern und zu fördern. Darum geht es uns, meine geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Ein Bekannter von mir ist in Kurzarbeit. Mit der Kurzarbeit – der Herr Minister hat es angesprochen – ist es uns gelungen, dass wir Einkommen sichern, dass wir Menschen vor der Arbeitslosigkeit bewahren. 100 000 Menschen konnten wir dank der Kurzarbeit vor der Arbeitslosigkeit bewahren. Das ist gut! Ein herzliches Dankeschön den Sozial­partnern, die die Kurzarbeit mit uns verhandelt haben. Das ist ein Erfolgsmodell in Europa. Wir haben es geschafft, Arbeitsplätze zu sichern, und das ist das Wichtigste. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Für die Familien, die in einer sehr, sehr schwierigen Situation sind, gibt es aus dem Familienhärteausgleichsfonds bis zu 3 600 Euro. – Das ist das Entscheidende, meine geschätzten Damen und Herren: dass wir Maßnahmen gesetzt haben, mit dem Ziel, Menschen, die unverschuldet in eine schwierige Situation gekommen sind, rasch und unbürokratisch zu helfen.

Heute setzen wir weitere Maßnahmen mit dem Ziel, zu helfen. Der Herr Minister hat es an­gesprochen: Auf der einen Seite heben wir die Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeits­losengeldes an – 200 000 Menschen werden davon profitieren – und auf der anderen Seite verlängern wir die Kurzarbeit bis Ende Juni. Damit  schaffen wir Sicherheit für viele Hunderttausende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das ist gut so, meine geschätz­ten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich bin in der Kommunalpolitik tätig und möchte noch das Kommunalinvestitionsgesetz ansprechen: 100 000 Euro für meine Gemeinde, eine kleine Gemeinde, im ersten Teil; im zweiten Teil wieder 100 000 Euro. Das heißt, das Geld geht automatisch in die regionale Wirtschaft, wird dort investiert. Das sichert weiterhin Arbeitsplätze.


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Ich bin überzeugt davon, dass wir die Krise gemeinsam überstehen werden, dass wir gestärkt aus dieser Krise kommen werden. Wir packen das! Ich bin überzeugt davon, weil wir die richtigen Maßnahmen setzen und auch in Zukunft die richtigen Maßnahmen setzen werden, mit dem Ziel, zu helfen und aus dieser Krise zu kommen. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Inhaltsleere Durchhalteparolen!)

10.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Matznetter. – Bitte.


10.06.54

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Und vor allem: Von der Pandemie betroffene Zuseherinnen und Zuseher! In der Aktuellen Stunde haben wir nicht die Möglichkeit einer tatsächliche Berichtigung, daher nur ein kleiner Nachtrag: Der Erstredner der ÖVP, Herr Ottenschläger, hat behauptet, die Aktion 40 000 für Langzeit­arbeitslose würde künstliche, von niemandem benötigte Arbeitsplätze schaffen. (Abg. Kassegger: Richtig!) Denken Sie einmal nach, was es heißt, wenn man Tausende davon in Schulen einsetzen würde – unsere Kinder sind seit Monaten aufgrund von Lockdowns und fehlender Betreuung belastet –, allein dort wäre es sinnvoll. Daher: Bitte zuerst nachdenken, Herr Kollege Ottenschläger, und erst dann solche Bemerkungen machen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wöginger.)

Ich wollte etwas Positives sagen, Herr Klubobmann Wöginger. Ich habe mir eigentlich vorgenommen gehabt, den Herrn Bundeskanzler zu fragen, wieso er Herrn Kocher als Experten ins Arbeitsministerium setzt – nur, weil die Vorgängerin wegen Plagiats­vor­würfen gehen musste –, und nicht gleich zum Finanzminister macht. Aber nach dem Beitrag des Herrn Bundesministers kann ich mir das sparen.

Entschuldigen Sie, Herr Bundesminister – ich bleibe jetzt unverdächtig bei Eurostat –: Eine Rezession, werden Sie mir zustimmen, ist, wenn in zwei Quartalen eine Schrump­fung da ist. (Bundesminister Kocher nickt.) Wenn ich mir die zwei Quartale, die wir vorliegen haben – nämlich drittes und viertes Quartal – laut Eurostat anschaue, sind wir beide Male schlecht – einmal im dritten Quartal mit minus 4,3 Prozent die Schlechtesten, und wenn ich mir das vierte Quartal anschaue, mit minus 7,8 Prozent nach Spanien die Schlechtesten –, und Sie zitieren halb Kollegen Felbermayr aus Kiel mit dem Hinweis auf den Tourismus? Er hat das ganz anders gesagt. Aber, meine geschätzten Zuse­herinnen und Zuseher, verwenden Sie einfach den Hausverstand – der arbeitet nicht nur beim Billa: Wie schaut es mit Kroatien aus? Wie schaut es mit Italien aus? Glauben Sie, dass dort der Tourismussektor kleiner ist als in Österreich?

Warum machen Sie bei diesen Ausreden mit? Gerade als neuer Minister, vor allem als Arbeitsminister, wäre es Ihre Aufgabe gewesen – wir haben hier ja eh eine sonderbare Art von Regierungsbeteiligung mit der ÖVP –, zu sagen: 513 000 Arbeitslose sind eine Schande, 110 000 Arbeitslose mehr sind eine Katastrophe. Es wurde schlecht gehan­delt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ehrlich gesagt, ich verstehe es nicht: Warum machen auch Sie da mit? – Mein Ratschlag an Sie: Hören Sie nicht auf die Mitarbeiter im Kanzleramt – ob das jetzt Bonelli, Fleisch­mann, Steiner oder sonst wer ist –, machen Sie die Ohren zu! Machen Sie das, was Sie können, Herr Bundesminister, nämlich nachdenken! Dann brauchen Sie keine vorge­fertigten Texte. Das hat uns ja dorthin geführt.

Sie, Herr Kurz, haben nicht nur die Macht in der ÖVP übernommen – an der Stelle nur eingefügt, Herr Bundeskanzler: Machtübernahme ist nicht SPÖ-Jargon, dessen Ver­wendung Sie der Staatsanwaltschaft unterstellen, sondern bei uns heißt das, was mit


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Kollegen Mitterlehner passiert ist, klar innerparteilicher Putsch (Widerspruch bei der ÖVP – Beifall bei der SPÖ), das sei nur ehrlich dazugesagt –, Sie haben nicht nur übernommen, sondern Sie haben auch mit dem Argument, Sie hätten die Balkanroute geschlossen (Zwischenrufe bei der ÖVP) – was nicht stimmt, denn das war Angela Merkel zusammen mit der Türkei –, der FPÖ die Wähler weggenommen und spielen seither den Empathielosen und versuchen, das zu halten. (Rufe bei der ÖVP: Unglaub­lich!)

Sie schieben Kinder, die hier geboren sind, aus der Schule ab, statt dass Sie sich um jene, die arbeitslos sind, kümmern. (Abg. Wurm: Wir holen sie alle zurück!) Sie wollen Grenzen sperren. Haben Sie aber damals, vor einem Jahr, als in Italien die Epidemie in Europa ausgebrochen ist, darauf geachtet, dass die Zurückkommenden in Quarantäne sind? (Abg. Wöginger: Das ist grenzwertig! So ein Schwachsinn!) – Nein, Herr Kollege Wöginger, Sie haben Sie hereingeholt. Sie haben nicht getestet, nicht kontrolliert, und am Ende haben wir es hier im Land gehabt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Ja, ja!)

Und noch eine Bemerkung dazu: Schauen Sie sich doch einmal Fakten wie die Über­sterblichkeit, zum Beispiel bei Eurostat, an! Es wäre gut, wenn Sie sich das anschauen, bevor Sie Lobeshymnen singen. (Abg. Wöginger: Das könntest bei deinem Partei­vor­stand ...!) – Dafür brauchen wir keinen Parteivorstand. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

„Der Standard“ hat den Artikel veröffentlicht: „Warum Österreich schlechter [...] durch die Krise kommt“. Bei uns ist die Zahl seit September um über 40 Prozent laufend stärker angestiegen, in Deutschland nicht. (Abg. Deimek: Das sagen genau die ...!) Denken Sie doch einmal nach, das sind Fakten! (Abg. Wöginger: Ja, genau ...!) Sie können es nicht, Sie haben eine Truppe, die nur applaudiert, und Sie haben sich nicht bemüht, etwas zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Da passt es doch hinein, dass bei dieser Cofag – ich weiß ja nicht, ob die Recht­schrei­bung stimmt: C – O – F – A – G – Garantien für 25 000 Fälle und 4,7 Milliarden Euro nach eigenen Angaben drei Tage dauern, aber man für den Fixkostenzuschuss, bei dem der durchschnittliche Betrag gerade 75 000 Euro beträgt, 17 Tage, für den Umsatzersatz im November 13 Tage und im Dezember 15 Tage braucht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (fortsetzend): Alles klar, bei denen, die genug Geld auf der Spenderliste haben (Abg. Wöginger: ... wo ist da der Vergleich mit Deutschland?), geht es schnell. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger. In Deutschland ist das deutlich besser als bei uns. Das sei Ihnen ins Stammbuch ge­schrieben, Herr Wöginger. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wöginger: Volkswirtschaftlich ein totaler Schwachsinn!)

10.12


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hafenecker ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.12.26

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Die fabelhafte Welt der ÖVP, von der haben wir gerade gehört. Der Herr Bundeskanzler hält eine Rede, wobei ich mir dachte, was sich „Die Tages­presse“ noch dazu einfallen lässt beziehungsweise von welchem Land er eigentlich spricht, und dann kommt der eigentliche Treppenwitz – und ich möchte es ja schon fast als frivol bezeichnen –, dass der Präsident aus jener Fraktion im Haus, die vor Kurzem noch Herrn Dollfuß im Klub hängen gehabt hat, einen Ordnungsruf für Austrofaschismus erteilt. Wir wissen jetzt, wie Sie ticken. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt kommen wir zurück in die Realität (Zwischenruf bei der ÖVP): Wir haben eine Million Arbeitslose; 17 Prozent aller arbeits­fähigen Menschen in Österreich sind arbeitslos. (Abg. Wöginger: Was ist jetzt mit dem Countdown?) Das ist jeder fünfte Bürger. Das ist ein Plus von 31 Prozent, Herr Bun­deskanzler Kurz, das sind also nicht die grünen Wiesen, von denen Sie uns vorhin versucht haben zu berichten. Der Alpenländische Kreditorenverband prognostizierte im Jänner 2021 einen Anstieg der Firmeninsolvenzen um 15 Prozent, bei den Privatinsol­venzen sind es 50 Prozent. Auch da kann ich keine grünen Wiesen erkennen.

Vielleicht noch eines zur SPÖ: Liebe SPÖ, Sie müssen sich halt einmal überlegen, was Sie jetzt wollen! Wollen Sie das Land zusperren, wollen Sie das Land aufsperren? Ich habe ein bisschen den Eindruck, Sie machen das so nach dem Motto: Wasch mich und mach mich nicht nass! Sie müssen aber auch irgendwann einmal Farbe bekennen, denn nur diese Aktuelle Stunde zu machen wird auch von Ihrer Seite her zu wenig sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wieder zurück zur ÖVP: Die Creditreform sagt Ende 2020, dass es einen massiven Rückstau von Insolvenzen gibt und dass davon immerhin 50 000 Unternehmen betroffen sind – das sind 10 Prozent aller Unternehmen in Österreich –, und die bezeichnen sie dort als zombiefiziert. Zombiefiziert sind die des­wegen, weil Ihre Maßnahmen vollkommen danebengehen und das dicke Ende erst droht. Kollege Eypeltauer von den NEOS hat vorhin einen wichtigen Zwischenruf ge­macht: Die größte Insolvenz, die es in dieser Republik gibt, die sitzt hier, das ist die Bundes­regie­rung. – Das werden wir relativ bald präsentiert bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind die Ergebnisse von verfassungs­widri­gen Erlässen, die Sie gemacht haben. In dieser Phase, in der nichts funktioniert, in der wir wirtschaftlich hinterherhinken, in der sich das Land demontiert und in Wahrheit alles zu Staub zerfällt, was Generationen aufgebaut haben, haben Sie nichts Besseres zu tun, als die Justiz anzugreifen. Zum Beispiel diese Debatte rund um den VfGH mit dem Sondervotum: Wenn dieses Sondervotum kommt, möchte ich mir anschauen, ob Ihre rechtswidrigen Erlässe dann noch gehoben werden, da Sie damit jedem Verfas­sungs­richter ein Mascherl umhängen und fordern: Wenn du dagegen bist, musst du erklären, warum du das bist! – Ich möchte wissen, wie Herr Suppan, Ihr Multianwalt für alles, der noch dazu im Verfassungsgerichtshof sitzt, ohne die Anwaltschaft für Ihre Partei zurück­zulegen, abstimmt, wenn er das darlegen muss. Ich glaube also, das ist ein bisschen zu kurz gedacht worden und am Ende des Tages geht wieder alles mit dem Fokus der Messagecontrol in Richtung der ÖVP.

Da stellt man sich die Frage, wie der Ostererlass gehoben worden wäre, wie die rechtswidrige Unterscheidung von Handelsunternehmen gehoben worden wäre und wie der rechtswidrige Mindestabstand an Tischen gehoben worden wäre. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) – Herr Kollege, nimm die Maske ein bisschen herunter, dann kriegst du Luft, denn dann ist auch im Hirn wieder alles besser und du brauchst nicht so dazwi­schenzurufen. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Unglaublich!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie würde der Verfassungsgerichtshof damit umgehen, wenn er dann feststellen muss, ob Ihre Verordnungen entsprechend Corona­gesetz rechtswidrig sind? Dort steht, dass das Einschränken des Verlassens des privaten Wohnbereichs zu bestimmten Zwecken nur dann zulässig ist, wenn ein Zusam­menbruch des Gesundheitssystems droht. – Dieser droht aber nicht. Das heißt, der Verfassungsgerichtshof wird relativ rasch erkennen, dass all Ihre Verordnungen rechtswidrig sind. Wie soll er das dann machen, wenn er von Ihnen das Mascherl umgehängt bekommt? (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Der nächste Wahnsinn betreffend Justiz ist die Hausdurchsuchung bei Ihrem Intimus Blümel. Warum ist denn die eigentlich verschoben worden? – Wegen des Lockdowns,


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das ist ja klar. Die Verdunkelungsgefahr besteht ja in Pandemiezeiten nicht, und deshalb können wir uns natürlich alle Anschläge auf die Justiz leisten und auch noch Hausdurch­suchungen verschieben.

Ich komme dann noch zu Frau Bundesminister Edtstadler, das ist mir schon ein Anliegen: Kollegin Belakowitsch hat vorhin von dem Mascherlposten gesprochen. Sie haben ihr eine Gehaltserhöhung zugestanden, die es in Wahrheit nicht gibt. Es hat 13 Bewerber gegeben; sie ist damals auf Platz drei nominiert worden und trotzdem die Leiterin der WKStA geworden. Ich frage mich schon, warum Vizekanzler Kogler jetzt zu diesen unglaublichen Angriffen von Frau Edtstadler in Richtung der Justiz schweigt. Warum gibt es noch kein Disziplinarverfahren, warum gibt es noch keine Versetzung?

Der Nächste, der mir in diesem Bunde noch fehlt, ist der Bundespräsident. Dem fällt zu allem und jedem etwas ein, vor allem wenn es im Ausland passiert. Wenn aber ein Bundeskanzler der WKStA einen Brief schreibt, der seinesgleichen sucht, dann fällt ihm nichts ein, dann schläft er weiter in der Hofburg vor sich hin und dann gibt es keinen Beitrag mehr dazu.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was sich da abspielt, ist Wahnsinn; was sich da abspielt, ist ein Ablenkungsmanöver und am Ende des Tages nur dem geschuldet, dass die ÖVP den absoluten Zugriff auf die Macht haben möchte.


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!


Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (fortsetzend): Meine sehr geehrten Damen und Herren – und auch wenn der nächste frivole Ordnungsruf schon auf mich wartet –, es wird keinen Ständestaat 2.0 geben. Schminken Sie sich diese Idee ab! (Beifall der FPÖ sowie des Abg. Krainer.)

10.17


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Koza. – Bitte. (Abg. Neßler: Das wird eine gute Rede! – Abg. Koza – auf dem Weg zum Rednerpult –: Schau ma mal!)


10.17.52

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Minister! Zurück zur Tagesordnung, nämlich zu den Themen Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Bewältigung derselben, die ja dringend not­wendig ist, wie wir bekanntermaßen alle wissen: Ein zentraler Inhalt der heutigen Aktuellen Stunde ist die leider sehr unzureichende Vorstellung der Aktion 40 000, die von der SPÖ als ein Nachfolgeprogramm zur Aktion 20 000 gefordert wird. Es tut mir ehrlich gesagt sehr leid, dass das Thema heute wenig Niederschlag gefunden hat, wenig besprochen worden ist und hier wieder mehr der Raum für Polemik, andere Themen und Abrechnungen war. Das soll auch seinen Platz haben und ist auch notwendig.

Allerdings ist das Thema Arbeitslosigkeit in der größten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik infolge einer enormen Gesundheitskrise, denke ich mir, zu wichtig, um nur dazu verwendet zu werden, politisches Kleingeld zu schlagen, darum erlaube ich mir heute, mich tatsächlich mit diesem Thema Aktion 40 000 zu beschäftigen. Was kann sie für Potenziale haben, was für Probleme hat sie und warum ist sie für uns nicht das Gelbe vom Ei und nicht von jedem Zweifel frei, aber dennoch überlegenswert und betrachtens­wert? Erlauben Sie mir, darauf einzugehen und ein paar Punkte zu erwähnen!

Die eine Sache ist: Wir haben tatsächlich, der Herr Minister hat es erwähnt, ein sehr großes Paket für eine Joboffensive geschnürt, das insbesondere auf Bildung, Qualifi­zierung, berufliche Umorientierung für jene Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, setzt. 100 000 sollen in diese Projekte, in diese Maßnahmen miteinbezogen werden,


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umgeschult werden, in den Bereichen grüne Jobs, Pflege, soziale Dienste, digitale Fähigkeiten weitergebildet werden, um eben Jobs mit Zukunft und Perspektive zu be­kommen.

Das betrifft einen Teil der Arbeitslosen, nämlich diejenigen, die noch nicht zu lange vom Arbeitsmarkt weg sind, die auch noch die entsprechende Motivation und Perspektive haben und in der Lage sind, sich tatsächlich dieser Auseinandersetzung, dieser Heraus­forderung zu stellen, diese Ausbildungsmöglichkeit in Anspruch zu nehmen. Ich denke beispielsweise an das vorbildliche Projekt der Pflegestiftung in Wien, das diese Woche vorgestellt worden ist, im Rahmen dessen 50 Millionen Euro dieser Joboffensive in die Ausbildung und Qualifizierung von Pflegekräften für die Zukunft investiert werden. Da gibt es derzeit eine Orientierungsphase, in der sich Menschen, die den Pflegeberuf annehmen wollen, einmal anschauen können: Bin ich dafür überhaupt geeignet?

Was auch sehr gut ist: Zusätzlich zu den Leistungen aus dem AMS, die sie im Rahmen dieser Ausbildung erhalten, gibt es auch noch 400 Euro als zusätzliche Bildungsprämie. Es ist also eine Ausbildung, eine längerfristige Ausbildung, gut sozial abgesichert, und genau dafür ist die Joboffensive da, genau dafür sind diese 700 Millionen Euro in diesem Paket da, und das ist gut investiertes Geld. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Wir wissen natürlich, dass diese Möglichkeiten nicht von allen in Anspruch genommen werden können. Wir wissen, dass die Langzeitarbeitslosigkeit besonders hoch ist. Es ist besonders für Langzeitarbeitslose sehr schwierig, wieder in Jobs zurückzukommen, wieder in Jobs zurückzufinden, Ausbildungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, weil Langzeitarbeitslosigkeit oft auch noch mit anderen Problemen einhergeht, mit anderen Vermittlungsproblemen, mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, und Langzeitarbeits­lose sehr oft ältere Arbeitslose sind, die oft nicht ausreichend qualifiziert sind. Diese Zahlen – es gibt aktuell circa 140 000 langzeitarbeitslose Menschen – fordern tatsäch­lich Aktivitäten, Maßnahmen, Schritte von uns, diese Menschen in Beschäftigung zurück­zuführen, denn jeder, der Arbeit haben will, soll das Recht haben, Arbeit zu bekommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da ist natürlich die Frage von öffentlichen Beschäftigungsprogrammen, um diesen Men­schen eine Perspektive auf Jobs mit einem Einkommen zu geben, eine ganz zentrale, eine ganz entscheidende. Wir bewerten die Aktion 20 000 keinesfalls so negativ, wie sie hier in diesem Hause – teilweise auch seitens der ÖVP – kritisch bewertet wird. Wir sehen hier durchaus Potenziale, wenn man sich anschaut: Was waren die guten Seiten? Was hat funktioniert, was hat nicht funktioniert?

Tatsächlich haben insbesondere Menschen, die über 55 waren, Menschen, die gesund­heitlich beeinträchtigt waren, wenn sie in dieser Aktion 20 000 waren, bessere Vermitt­lungsperspektiven gehabt. Im Gegensatz zu denen, die nicht in der Aktion 20 000 waren, haben 30 Prozent derjenigen, die in diesen Projekten waren, tatsächlich Jobs gefunden, eine Beschäftigung gefunden, längerfristige Beschäftigungsperspektiven gefunden. Aus der Aktion 20 000 sind auch teilweise Jobs entstanden, die weitergeführt werden, ich denke beispielsweise an die Altenbetreuung in den Kommunen in der Steiermark, aber auch in Niederösterreich.

Auf der anderen Seite gab es natürlich ein grundlegendes Problem: Die Aktion 20 000 war auf den gemeinnützigen und kommunalen Bereich beschränkt. Das heißt, wir haben in Wirklichkeit den gesamten privatwirtschaftlichen Bereich draußen gelassen, was ein großer Fehler war, und von den 20 000 Jobs, die man sich erhofft hat, keine Rede, tatsächlich waren es 3 800 (Zwischenruf des Abg. Muchitsch), die man mit Müh und Not irgendwie im Bereich der Kommunen und der gemeinnützigen Plätze zusammen­gekratzt hat.


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Natürlich war auch die Zeit zu kurz, aber es war nicht so leicht, da tatsächlich etwas zu finden. Daraus müssen wir lernen, und darum sagen wir: Die Aktion 40 000 ist unserer Meinung nach zu hoch angesetzt und zu wenig zielgruppenspezifisch. Da wird alles als langzeitarbeitslos definiert, und die Maßnahmen werden nicht mehr speziell auf die Gruppen zugeschnitten, bei denen die öffentliche Beschäftigung etwas bringt – in die Richtung müssen wir aber gehen. (Zwischenruf des Abg. Muchitsch.)

Darum sagen wir: Die Aktion 40 000 ist unserer Meinung nach zu wenig durchdacht, aber um über öffentliche Beschäftigung zu reden und um Maßnahmen zur öffentlichen Beschäftigung zu setzen, brauchen wir jetzt wirklich dringend entsprechende Schritte – dafür ist es höchste Zeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Margreiter. – Bitte.


10.23.59

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! (In Richtung Bundeskanzler Kurz:) Nun sag, wie hast du’s mit dem Rechtsstaat? Du bist ein leidlich guter Mann, allein ich glaub’, du hältst nicht viel davon. – Ich habe mir erlaubt, die berühmte Gretchenfrage aus Goethes „Faust“ in den heutigen Kontext zu stellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Justiz – das ist die Gretchenfrage jeder Demokratie. (Beifall bei den NEOS.)

Der Rechtsstaat kristallisiert ganz im Besonderen an der Frage aus, ob er in der Lage ist, ohne Ansehen der Person Recht zu sprechen. Nur wenn sich die Bürger darauf ver­lassen können, dass die Gerichte unabhängig und ohne Ansehen der Person handeln, akzeptieren sie auch die Entscheidungen, mögen sie auch manchmal nicht ihren Vor­stellungen entsprechen.

Eine gute und verlässlich funktionierende Justiz, Herr Bundeskanzler, ist so etwas wie die Visitenkarte des Rechtsstaates. Die Justizbehörden und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen für die Wahrung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden in Öster­reich, und ich möchte ihnen dafür einmal ganz ausdrücklich danken. (Beifall bei den NEOS.)

Durch die hohe Qualität ihrer Arbeit genießt die Justiz in Österreich, wie wir wissen, sehr hohes Vertrauen. Dieses Vertrauen ist ein unverzichtbares Fundament für die Freiheit, für die Sicherheit und für das Recht.

Herr Bundeskanzler, ich arbeite schon mehr als 34 Jahre als Rechtsanwalt, und ich be­haupte, ich habe in diesen Jahrzehnten eine recht gute Innensicht in den Justizbetrieb in Österreich gewonnen. Ich sage Ihnen jetzt eines: Ich lege für die österreichische Justiz meine Hand ins Feuer, und ich stelle damit keineswegs in Abrede, dass auch im Justizbetrieb – wie in allen Systemen, in denen Menschen arbeiten – Fehler passieren. Der Justizbetrieb ist aber dadurch gekennzeichnet, dass er über ein ausgeklügeltes internes Korrektursystem verfügt, Instanzenzug genannt. (Abg. Steinacker: Disziplinar­verfahren ...!) Gegen eine Hausdurchsuchung, von der man glaubt, dass sie zu Unrecht erfolgt ist, kann der Betroffene am Oberlandesgericht Beschwerde erheben. Da braucht es keine Zurufe aus der Politik und schon gar nicht von Ihnen, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Die von Ihnen und Ihren Leuten so vielfach als Verfehlung der WKStA ins Treffen geführte BVT-Hausdurchsuchung wurde im Beschwerdeweg bekämpft, und es wurde


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festgestellt, dass es nicht gepasst hat – so funktioniert das! (Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Auch der Finanzminister hätte gegen die Durchsuchung seiner Privatwohnung Beschwerde erheben können – das wäre der richtige Weg gewesen. Er wird seine Gründe gehabt haben, warum er das nicht getan hat, vielleicht hat er gefürchtet, dass das OLG den dringenden Tatverdacht einzementieren könnte – was auch immer. Es ist aber keines­falls zulässig und der Würde des Amtes des Bundeskanzlers angemessen, wenn Sie nun der WKStA per Brief falsche Fakten andichten wollen. Sie beschädigen mit diesem Vorgehen nicht nur die Justiz, sondern vor allem auch Ihr eigenes Amt. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Unsere Verfassungsarchitektur ruht auf drei Säulen: Legislative, Exekutive und Justiz. Es ist gute Tradition, dass sich die obersten Repräsentanten dieser drei Säulen nicht medial etwas ausrichten. Es steht Ihnen nicht gut an, Herr Bundeskanzler, die Justiz ständig medial zu attackieren. (Zwischenruf des Abg. Eypeltauer.) Wenn Sie Mängel im Justizbetrieb feststellen: Es gibt kaum jemanden, der so viele Möglichkeiten hat, das abzustellen, wie Sie.

Sie könnten das Budget erhöhen, Sie könnten gesetzliche Rahmenbedingungen ändern. Warum haben Sie das alles nicht gemacht? Das Justizministerium war jahrelang in der Hand von ÖVP-Ministern, da ist es fast zum stillen Tod der Justiz gekommen. Jetzt plötzlich, weil gegen einen ÖVP-Minister ermittelt wird, sehen Sie Handlungsbedarf, jetzt soll plötzlich alles passieren. Häppchenweise bekommen wir die Neuigkeiten serviert: Heute haben wir gelesen, dass offenbar geplant ist, die Pressefreiheit einzuschränken. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hörl: So ein Blödsinn!) Es soll nicht mehr möglich sein, aus Justizakten zu berichten. – Ja, wo führt denn das hin?

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Wieso diskreditieren Sie in Hintergrundgesprächen ständig die WKStA? Wieso beschädigen Sie damit die Visitenkarte unseres Rechts­staates? (Zwischenruf der Abg. Steinacker.) Es hat den Anschein, Sie fürchten die Leichen im Keller und Sie fürchten sich genau vor jener Behörde, die diesen nachgeht – das ist eben die WKStA. Wenn Sie es mit der Strafjustiz gut meinen, Herr Bundeskanzler, dann setzen Sie sich bitte dafür ein, dass die Weisungshierarchie nicht durch partei­politisch besetzte Institutionen wahrgenommen wird, dass die Arbeit der Staatsanwälte zur Gänze einer rechtsstaatlichen Kontrolle der Gerichte unterworfen wird (Abg. Hörl: Redezeit!), dass der Anschein jeder parteipolitischen Einflussnahme unterbleibt - -


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte den Schlusssatz!


Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (fortsetzend): - - und dass auch weiterhin über das, was die Strafjustiz macht, berichtet werden darf.

Meine Damen und Herren, allein ein hübsches Etikett Bundesstaatsanwalt macht es nicht aus. Wir werden da sehr genau schauen, dass die Weisungsspitze, wenn sie geändert wird, so geändert wird, dass sie den Anforderungen eines demokratischen Rechtsstaates entspricht. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Ich bedanke mich beim Herrn Bundeskanzler und beim Herrn Bundesminister fürs An­wesendsein.


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10.30.11Einlauf und Zuweisungen


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegen­stände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 5385/J bis 5500/J

2. Anfragebeantwortungen: 4658/AB bis 4753/AB

Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates):

28/ABPR bis 30/ABPR

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Maß- und Eichgesetz geändert wird (661 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschul-Qualitätssiche­rungsgesetz, das Hochschulgesetz 2005, das Fachhochschulgesetz und das Privat­hochschulgesetz geändert werden (662 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 2018, das Finalitäts­gesetz, das Finanzmarkt-Geldwäsche-Gesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz geändert werden (663 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014 geändert wird (664 d.B.)

Digitalisierungsfondsgesetz-Digi-FondsG (682 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 geändert wird (683 d.B.)

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes betreffend Grundversorgung in Wien – Reihe BUND 2021/8 (III-246 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik zur Be­endigung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Inves­titionen in der Fassung des Notenwechsels vom 22. Dezember 1993 und 14. Jänner 1994 (667 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Finanzausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen betreffend EU-Jahresvorschau 2021 (III-253 d.B.)


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Sportausschuss:

Bericht nach § 1 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Errichtung eines Non-Profit-Organisationen Unterstützungsfonds für Jänner 2021, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (III-252 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Nationale Strategie gegen Antisemitismus vorgelegt von der Bundesministerin für EU und Verfassung (III-256 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie gemäß § 33 Abs. 13 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, BGBl. I Nr. 107/2019 und über das Ergebnis der Evaluierung der Auswirkungen der Mautbefreiungen durch § 13 Abs. 1a und 1b Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (III-255 d.B.)

Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie:

Bericht über die Situation und Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen der öster­reichischen Wirtschaft ("KMU im Fokus 2020"), vorgelegt von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (III-254 d.B.)

*****

Behandlung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 3 und 4, 7 und 8, 11 bis 15, 16 und 17, 18 und 19, 21 bis 29, 30 und 31, 32 bis 34, 35 und 36 sowie 39 bis 41 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4709/AB


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die schriftliche Beantwortung 4709/AB der Anfrage 4735/J der Abge­ordneten Fürst, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Rechtsgrundlage Maskenpflicht“ durch den Herrn Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledigung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weiters darf ich mitteilen, dass die Abgeordneten Leichtfried, Fuchs, Doppelbauer beantragt haben, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 421/A eine Frist bis 23. März 2021 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung ge­stellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzu­führen. Diese kurze Debatte wird im Anschluss an die Debatte über die Anfrage­beant­wortung stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird am Schluss der Debatte stattfinden.


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Redezeitbeschränkung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tages­blockzeit von 9,5 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass auf die ÖVP 185, auf die SPÖ 128, auf die FPÖ 105, auf die Grünen 95 sowie auf die NEOS 76 Minuten Redezeit ent­fallen.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tages­ordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, 38 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten pro Debatte beschränkt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die dargestellten Redezeiten.

Wer dafür ist, den bitte ich, ein Zeichen zu geben. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

10.32.33 1. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (605 d.B.): Bun­desgesetz über die Absicherung des österreichisch-jüdischen Kulturerbes (Öster­reichisch-Jüdisches Kulturerbegesetz – ÖJKG) (641 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu Punkt 1 der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engelberg. Ich darf ihm das Wort erteilen.


10.32.51

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Im Vorblatt der gegenständlichen Regierungsvorlage werden sie angeführt: Tina Blau, Gerhard Bronner, Sigmund Freud, Hugo von Hofmannsthal, Marie Jahoda, Hans Kelsen, Hedy Lamarr, Gustav Mahler, Ludwig von Mises, Marcel Prawy, Max Reinhardt, Arthur Schnitzler, Arnold Schönberg, Friedrich Torberg, um nur einige wenige zu nennen.

Vor einigen Jahren kürte das renommierte britische Wochenmagazin „Economist“ Wien zur Stadt des letzten Jahrhunderts. Es war eine unglaubliche Ansammlung an Genie, Geist, Talent, Einfallsreichtum, Unternehmertum. Wien brachte Persönlichkeiten hervor, welche die Welt der Musik, der Kunst, der Literatur, des Unternehmertums, der Geistes- und Naturwissenschaften, nicht nur jene Wiens, sondern der ganzen Welt, nachhaltig prägten. Überdurchschnittlich viele dieser Persönlichkeiten waren österreichische Jüdin­nen und Juden. Sie haben in der Geschichte Österreichs deutliche Spuren hinterlassen, sie trugen wesentlich zu dem bei, was wir heute als typisch österreichisch empfinden.

Es waren aber nicht nur die Prominenten, die Stars, es waren zahllose Handwerker, Arbeiterinnen und Arbeiter, die ihren Beitrag für Österreich leisteten – als loyale Öster­reicher in der Monarchie, aber auch als Gründungsväter der neu gegründeten Republik. Die jüdische Gemeinde leistete zum Beispiel auch einen überdurchschnittlich hohen Blutzoll im Ersten Weltkrieg im Dienste der K.-u.-k.-Armee.

Die gegenständliche Regierungsvorlage ist in die Zukunft gerichtet. Sie dient erstens der Sicherstellung eines aktiven jüdischen Gemeindelebens in Österreich, dem breiten Zugang der Bevölkerung Österreichs zum jüdischen kulturellen Erbe, dem Ausbau des interreligiösen Dialogs sowie der Sicherstellung der aktiven Beteiligung von jungen Jüdinnen und Juden am jüdischen Gemeindeleben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 62

Der kluge frühere Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Hofrat Paul Grosz sagte einmal in einer Diskussion: Schauen Sie, wie es der jüdischen Gemeinde geht, dann wissen Sie, wie es dem Land geht! – Das hat sich nur zu oft bewahrheitet. Wie geht es also der jüdischen Gemeinde in Österreich heute, und was sind die zukünftigen Heraus­forderungen? – Ja, es gibt die Bedrohung des Antisemitismus. Andererseits gibt es einen Rückgang des traditionellen Antisemitismus, aber leider auch eine Zunahme eines neuen Antisemitismus, vor allem in den muslimischen Communities.

Die Terroranschläge sind ein gutes Beispiel. Da vermischt sich der Antisemitismus mit dem Ziel eines Angriffs auf unsere westliche Wertegemeinschaft, auf unsere gemein­samen Werte: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung, kulturelle und religi­öse Vielfalt. Die Sicherheit seiner Staatsbürger zu gewährleisten ist eine der elementars­ten Aufgaben eines Rechtsstaates, und das gilt natürlich auch für die jüdische Ge­meinde. Sie ist mit der Wahrnehmung sehr vieler Sicherheitsaufgaben auf einem hohen Standard konfrontiert, diese werden durch den gegenständlichen Gesetzentwurf abge­deckt.

Wie geht es der jüdischen Gemeinde heute in Österreich? – Es ist eine kleine – derzeit leben circa 15 000 jüdische Österreicherinnen und Österreicher in Österreich –, aber eine sehr lebendige Gemeinde. Es gibt zahlreiche Synagogen, Bethäuser, jüdische Kin­der­gärten und Schulen, koschere Supermärkte, Restaurants, das Jüdische Museum und so weiter. Das Gesetz ist in die Zukunft gerichtet, es hilft der jüdischen Gemeinde beim weiteren Wiederaufbau und bei der Erhaltung der Gemeinde mit den dafür notwendigen Sicherheitsvorkehrungen, es wirkt aber eben auch unterstützend bei der Jugendarbeit, beim Ausbau des interreligiösen und interkulturellen Austausches und so weiter.

Der Bundesregierung ist mit diesem Gesetz ein wichtiger und guter Wurf gelungen. Großer Dank gilt dafür Bundeskanzler Kurz und insbesondere auch Frau Bundes­minis­terin Karoline Edtstadler. Mit großer Freude habe ich im Ausschuss festgestellt, dass dieser Gesetzentwurf die einhellige Zustimmung aller Parteien findet. Das ist ein gutes, ein wichtiges, ein würdiges Zeichen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

10.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr stellvertretender Klub­obmann Leichtfried. – Bitte.


10.37.27

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor gar nicht allzu langer Zeit konnten wir Folgendes in österreichischen Medien lesen: „Angriff auf Elie Rosen, den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde Graz“, „Erneut schwere Sach­beschädigung an Grazer Synagoge“, „Angriff auf Jüdische Gemeinde in Graz“. Das waren vor nicht allzu langer Zeit die Schlagzeilen, die unser Land geprägt haben – ein Tiefpunkt in der jüngsten Geschichte.

Nach diesen Vorfällen versammelten sich unzählige Menschen zu Solidaritätskund­ge­bungen und Mahnwachen, um ein Zeichen der Solidarität mit unseren jüdischen Mitbür­gerinnen und Mitbürgern zu setzen. Ich bin froh über diese Zivilcourage. Ich bin froh darüber, dass die Menschen gezeigt haben, es gibt ein anderes Österreich, das unser Österreich ist, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der NEOS.)

Ja, ich gebe Kollegen Engelberg vollkommen recht: Die jüdische Kultur, das jüdische Leben hat unser Österreich massiv und nachhaltig geprägt. Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal, Gustav Mahler, Franz Kafka, Hans Kelsen und viele, viele mehr sind


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jüdische Literaten, Komponisten, Publizisten, Wissenschaftler, Juristen, die wesentlich zu der Entwicklung unseres Landes beigetragen haben – bis die nationalsozialistischen Mörderbanden diese Zeit beendet haben, bis Leid, Tragik, Verbrechen in unserem Land geherrscht haben.

Geschätzte Damen und Herren! Erste Aufgabe unserer Generation ist es, niemals zu vergessen und entschieden Widerstand zu leisten, wenn sich diese Entwicklungen unter Umständen wieder entfalten können. Das ist wirklich unsere gemeinsame Aufgabe, geschätzte Damen und Herren! Das Miteinander müssen wir leben, und gegen das Gegeneinander müssen wir auf jeden Fall gemeinsam auftreten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Ganz egal, welcher Hintergrund diesen jetzigen Antisemitismus prägt, er darf niemals toleriert werden!

Die finanzielle Absicherung und der Erhalt von kulturellen Einrichtungen sind deshalb auch ein Beitrag: ein Beitrag, niemals zu vergessen, ein Beitrag, dass so etwas nicht noch einmal kommen kann, und deshalb stimmen wir dem selbstverständlich zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fürst. – Bitte.


10.40.21

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Engelberg hat im Ausschuss und auch in der heutigen Rede mehrmals darauf Bezug genommen, dass mit diesem Gesetz in die Zukunft geblickt werden soll. Die Zukunft muss ja von der Jugend gelebt und bewältigt werden, und der Jugend helfen dabei ein Blick zurück und möglichst viel Kenntnis über das reiche geistige Erbe, das die Vorfahren hinterließen.

Unabhängig von der geistigen Disziplin, die man betrachtet, stößt man auf fundamentale jüdische Beiträge, ohne die wir uns unsere Kultur gar nicht vorstellen können – in der Musik: Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Erich Korngold, Alexander Zemlinsky; in der Physik: Nobelpreisträger Wolfgang Pauli; in der Medizin: Nobelpreisträger Otto Loewi, Sigmund Freud, Alfred Adler, Viktor Frankl, Carl Sternberg, und man kann die Liste wirklich noch lange fortsetzen, und natürlich muss man auch in die Literatur, in die Schriftstellerei schauen, wo Hugo von Hofmannsthal, Karl Kraus, Friedrich Torberg, Franz Kafka, Egon Friedell Meilensteine gesetzt haben.

Besonders möchte ich der Jugend Arthur Schnitzler ans Herz legen. Ich denke wirklich – vielleicht ist es ein frommer Wunsch, aber ich denke, es sollte gemacht werden –, kein Jugendlicher sollte die Schule verlassen, ohne „Leutnant Gustl“, den „Reigen“ oder auch „Professor Bernhardi“ gelesen zu haben, denn Arthur Schnitzler nimmt darin die Doppelmoral, die Heuchelei aufs Korn. Er war mit diesen Stücken seiner Zeit voraus, er hat Tabus gebrochen – sie alle haben ihm Aufführungsverbote, zum Teil auch gesell­schaftliche Ächtung eingebrockt. Er stand kompromisslos zu seinem Werk und zu seiner Meinung, und dies sollte sich die Jugend von ihm abschauen.

Ein Werk sei Ihnen auch noch besonders ans Herz gelegt: „Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers“ von Stefan Zweig, in dem er sich mit der Kultur des alten Europa auseinandersetzt, mit Wien und der K.-u.-k.-Monarchie Österreich-Ungarn als Dreh- und Angelpunkt. Ich denke, damit kann man auch viel über die Welt von heute lernen und sie verstehen.

Wenn die jüdische Jugend und im Austausch mit ihr dann unsere gesamte Jugend sich von den genannten Herren ein paar Dinge abschaut, wie die Abneigung gegen den


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Krieg, den bedingungslosen Einsatz für Frieden, mit viel Willen, Fleiß und Leistung seinen Weg zu gehen, die Ablehnung von Obrigkeitshörigkeit und Heuchelei, zu den wahren Werten Europas zu stehen, Individualität, Freiheit, Leistung, geistiger Wettbe­werb, Iden­tität, Liebe zur Heimat und Toleranz, aber keine Selbstaufgabe, dann wird die Zukunft gut und das Geld ist gut investiert. (Beifall bei der FPÖ.)

10.43


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.


10.43.28

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolle­gin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Im März 1938 lebten in Österreich ungefähr 200 000 Jüdinnen und Juden. Dazu kamen noch ein paar Zehntausend, die sich eigentlich nicht mehr als Juden verstanden haben, aber von den Nationalsozialisten zu solchen gemacht worden sind. Sie waren dann sogenannte Mischlinge ersten oder zweiten Grades, wiewohl sie eigentlich gar nichts mehr mit dem Judentum zu tun haben wollten.

Im Mai 1945 lebten in Österreich eine Handvoll Juden und Jüdinnen – 60 000 wurden ermordet, der Rest konnte flüchten, ein paar haben als U-Boot in Österreich überlebt. Flüchten konnte unter anderem das Ehepaar Ella und Ludwig Weisz. Sie haben im 12. Bezirk gewohnt, sie hatten ein kleines Radiogeschäft, das sehr prosperierend war, weil das Radio in den Dreißigerjahren ja jene Quelle war, aus der man Informationen bezogen hat.

Gleich im März 1938 wurde das Geschäft arisiert und nach und nach andere Teile des Geschäfts, nämlich das ganze Inventar; dann wurde die Wohnung arisiert, und schließ­lich gelang im April 1939 die Flucht nach Palästina. Ludwig Weisz sagt dann: „Wir haben zu leben gehabt, nicht, [...] aber [...] gerade nur, um zu leben“.

Wohnung konnten sie sich keine leisten, aber sie sind Wiener geblieben. Sie wollten immer wieder zurück, und kaum war der Krieg zu Ende, kaum war der Holocaust vorbei, wollten sie nach Wien zurück. Sie schreiben dann auch immer wieder nach Wien: Wir wollen zurück, wie geht das? – Sie brauchen eine Einreisegenehmigung, als Wiener und Wienerin eine Einreisegenehmigung aus Palästina in ihre Heimatstadt. Diese wurde ihnen nicht erteilt.

Es hat bis zum April 1947 gedauert – genau acht Jahre, nachdem sie geflüchtet waren –, dass sie nach Wien zurückkommen konnten. Die Wohnung haben sie nicht zurückbe­kommen, das Geschäft haben sie nicht zurückbekommen. Sie konnten dann ein neues Geschäft gründen, aber all das war es nicht mehr. Es war nicht mehr so: Wir haben keine Möglichkeit gehabt, wieder dort anzufangen, wo wir aufgehört haben.

Jetzt fragt man sich: Warum wollten sie eigentlich in dieses Land zurückkommen, aus dem sie vertrieben worden sind, in dem andere – ihre Freunde, Freundinnen, ihre Familien – ermordet worden sind? – Ella Weisz sagt in einem Interview: „Wir waren Juden, aber wir waren Wiener.“ Man hatte immer Heimweh.

Österreich war nach 1945 nicht in der Lage, zu erkennen, dass man genau diese Per­sonen, die überlebt haben, zurückholen sollte, dass man ihnen hier einen freundlichen Empfang bereitet. Spät, sehr spät haben wir jetzt einen Gesetzentwurf vorliegen, der das sicherstellen soll: dass jüdisches Leben – es gibt circa 10 000 Juden, Jüdinnen, die in Österreich leben – sichergestellt wird, dass wir die Sicherheit gewährleisten, dass wir den kulturellen Austausch gewährleisten und dass wir wirklich eine jüdische Gemeinde haben, in der es den Leuten, die hier leben, gut geht.


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Ich muss Martin Engelberg leider widersprechen: Nein, der autochthone Antisemitismus hat leider überhaupt nicht abgenommen. Gerade in Coronazeiten zeigt sich, dass die Mythen der Coronaleugnerinnen und -leugner immer und zum großen Teil mit anti­semi­tischen Verschwörungsmythen und -erzählungen – denn Verschwörungs­mythen und –er­zählungen haben das in sich – verbunden sind.

In diesem Sinne freue ich mich, dass es endlich gelungen ist, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen, und wünsche mir, dass es dann möglichst rasch zu den notwendigen Zahlungen kommt.

Im Übrigen bin ich dafür, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne um­benannt wird. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

10.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter. – Bitte.


10.47.34

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Ja, Kollegin Blimlinger hat es natürlich ganz richtig gesagt: Das Gesetz ist wichtig. Es kommt spät, aber diesen Vorwurf kann ich Ihnen (in Richtung Bundes­ministerin Edtstadler) natürlich nicht machen, ganz im Gegenteil: Wir sind sehr froh, dass Sie dieses Gesetz jetzt vorbereitet haben. Ich bin auch dankbar für die Gespräche, die wir davor geführt haben – ich glaube, das war sehr wichtig. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit manchen dieser Dinge als Republik Österreich spät kommen, aber es ist gut, dass es jetzt beschlossen wird.

Richtigerweise wurde auch gesagt, es ist ein Gesetz, das in die Zukunft gerichtet ist – was aber nicht heißt, dass wir nicht trotzdem unsere Verantwortung haben, das ist ja auch angesprochen worden. Die nächsten Generationen müssen immer wieder die Vergangenheit lernen, weil das auch für uns so wichtig ist.

Wichtig ist auch ein weiterer Punkt, der angemerkt wird, nämlich der Dialog der Religio­nen; ich glaube, dass auch dieser wirklich wichtig ist. Das gegenseitige Abwerten von Religionen ist auf jeden Fall falsch. Deren Anhänger haben sich innerhalb der Gesetze zu bewegen, aber wenn das der Fall ist, dann haben wir natürlich den entsprechenden Respekt gegenüber den Religionen auszudrücken.

Ich möchte diesmal ganz bewusst nicht ein Buch eines Menschen, der Auschwitz oder eines der anderen Konzentrationslager überlebt hat, bringen, sondern ich habe eines von Topsy Küppers mitgebracht, und zwar deswegen, weil ich sie vor Kurzem im Radio ge­hört habe. Sie wird in wenigen Monaten 90 Jahre alt und sie hat vor Kurzem ein Buch heraus­gebracht, das „Nix wie Zores!“ heißt. (Der Redner hält das genannte Buch in die Höhe.)

Blicken wir auf das Leben von Topsy Küppers – auch das ist wichtig –: Sie wurde 1931 in Aachen geboren. Warum hat sie überlebt? – Weil sie mit ihrer Mutter nach Holland fliehen konnte und dort auf Menschen gestoßen ist, die sie beschützt haben, die sie versteckt haben. Sie wissen, in den Niederlanden war es damals ein Österreicher, es war Seyß-Inquart, der dort Reichskommissar war. Das heißt, egal, wo wir hinschauen, wir werden immer wieder auf unsere Geschichte gestoßen.

In diesem Buch sind sehr viele witzige Dinge enthalten, und weil es so gut passt – ich möchte hier niemanden beleidigen, aber es ist ja wirklich witzig, deswegen muss ich es sagen –, möchte ich eine Passage erwähnen. Sie schreibt nämlich: „Wenn Politikerinnen zum TV-Interview geladen werden, ist ihr erster Satz: ,Vielen Dank für die Einladung!‘“ et cetera.


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„Und wieso merken Politiker und Politikerinnen nicht, wie lächerlich sie sind, wenn sie sich bei Journalisten einschleimen?“

Wie gesagt, das schreibt Topsy Küppers. – Schöne Grüße von ihr.

Ein wichtiger Punkt in dieser Gesetzesvorlage ist natürlich auch der Schutz jüdischer Einrichtungen, und da sind wir beim Thema Antisemitismus; das ist ja auch ange­sprochen worden. Dazu möchte ich schon ernst sagen: Ich hatte eigentlich gehofft, dass mit Jörg Haider die Zeit vorbei ist, in der es Politiker gibt, die einfach nur einen jüdischen Namen aussprechen und damit etwas auslösen wollen. Als das Ibizavideo heraus­gekommen ist und Herr Kurz Silberstein gesagt hat, fand ich das schon schrecklich. Ich glaube, wir müssen auch darauf achten, denn es gibt so viele Formen und so viele Möglichkeiten, nicht unbedingt selbst Antisemit zu sein, es aber zu befördern. Diese Sensibilität können wir, glaube ich, von jedem erwarten – und von jedem Politiker und von jeder Politikerin erst recht! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen.)

Noch ein wichtiger Satz: Ich glaube, wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Schoah etwas Einmaliges ist. Es hat natürlich auch andere Genozide gegeben, aber was es nie wieder gegeben hat, war dieses einmalige Vorhaben, alle Menschen – um in dieser Sprache zu bleiben – bewusst auszurotten. Das war damals der Fall, und das dürfen wir auch nie vergessen, das müssen wir weitersagen. Wie gesagt, Topsy Küppers und viele andere haben überlebt, weil es Menschlichkeit gab.

In diesem Zusammenhang möchte ich jetzt noch einen Bogen zu heute spannen: Im letzten Außenpolitischen Ausschuss haben wir wieder über Flüchtlinge gesprochen, und Kollegin Kucharowits hat gesagt: Jetzt reden wir doch einmal untereinander, ob wir da nicht helfen können! Ich habe gesagt: Danke für die Anregung. Wenn wir in einem Ausschuss sitzen – und das ist, glaube ich, auch für die Zuseherinnen und Zuseher wichtig –, ohne Öffentlichkeit, können wir vielleicht doch offen miteinander diskutieren. Kollege Leichtfried ist auch darauf eingestiegen und hat gesagt: Reden wir darüber! Es gibt Familien in Österreich, die helfen wollen, und dort gibt es Familien, die dringend Hilfe brauchen. Vielleicht finden wir eine einfache, menschliche Möglichkeit, diese zu­sammenzubringen. Man kann ja dagegen sein – was ich schrecklich finde, aber im­merhin –, aber dass wir nicht einmal darüber reden, dass wir im Ausschuss nicht einmal darüber reden, wie wir im Kleinen Menschen helfen können, das fand ich dann doch enttäuschend. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Ich darf noch etwas zum Parlamentarismus sagen: Überlegen wir uns doch einmal, vielleicht in einer kleinen Gruppe, ob es nicht Möglichkeiten gibt, dass sich Menschen zusammensetzen, um da etwas bewegen zu können! Ich glaube, das ist auch unsere Aufgabe, das ist unser Auftrag. Und gerade wenn wir heute über Vergangenheit und Zukunft reden, reden wir doch bitte auch über Menschlichkeit und über die Form von Menschlichkeit, mit der wir miteinander durchaus etwas bewegen könnten. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesminister Edtstadler ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


10.52.45

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Es freut mich, dass Ihnen heute dieses Österreichisch-Jüdische Kulturerbegesetz zur Abstimmung vorliegt. Das ist eine extrem wichtige Maßnahme, und ich darf mich auch gleich dafür bedanken, dass es im Verfassungsausschuss tatsächlich einstimmig angenommen worden ist. Es ist eine


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Maßnahme aus der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus (ein Exemplar in die Höhe haltend), die im Übrigen heute auch dem Verfassungsausschuss zugewiesen wird, wo wir in Zukunft noch viel und ganz intensiv darüber reden müssen, wie wir Anti­semitismus in all seinen Erscheinungsformen begegnen können.

Es ist ganz wesentlich zu betonen, dass, ganz egal aus welcher Ecke der Antisemitismus kommt – ob von links, von rechts, ob autochthon oder auch importiert –, dieser Anti­semitismus aufs Entschiedenste bekämpft werden muss und es natürlich auch darum geht, auch historisch die Verantwortung wahrzunehmen, dafür zu sorgen, dass so etwas wie die Schoah – es ist angesprochen worden – nie wieder auch nur im Ansatz passieren kann. Das ist unsere historische Verantwortung.

Gleichzeitig geht es aber darum, in die Zukunft zu blicken. Das ist auch das, was die Israelitische Kultusgemeinde, die Israelitische Religionsgesellschaft, die Jüdinnen und Juden in diesem Land wollen, das ist das, was wir als ein Land, das von vielen pro­minenten, einflussreichen Jüdinnen und Juden geprägt worden ist – fast alle von Ihnen haben diese Namen oder einige dieser Namen genannt –, ihnen auch schuldig sind. Ob es die Gründer der Salzburger Festspiele sind – Hugo von Hofmannsthal, um ihn auch namentlich zu nennen –, ob es der Architekt des Bundes-Verfassungsgesetzes Hans Kelsen ist, ob es der Begründer der Psychoanalyse ist, all diese Persönlichkeiten sind prägend für die Geschichte, für die Entwicklung dieses Landes gewesen, und jetzt liegt es an uns, mit diesem Österreichisch-Jüdischen Kulturerbegesetz dieses Leben auch zukünftig sichtbar zu machen.

Wie kann man denn Antisemitismus am besten begegnen? – Mit einem florierenden, mit einem abgesicherten, mit einem sichtbaren jüdischen Leben in Wien, in Österreich; mit einem Leben, das in Zukunft noch sichtbarer sein wird, mit einem Dialog der Religionen, wie angesprochen worden ist, der geführt werden muss, natürlich mit einer Absicherung auch der jüdischen Einrichtungen. Dieses Österreichisch-Jüdische Kulturerbegesetz ist ein Baustein von vielen Maßnahmen, die wir mit dieser Nationalen Strategie gegen Antisemitismus umsetzen wollen.

Ich möchte mich insbesondere bei der jüdischen Religionsgesellschaft, bei Martin Engelberg, aber auch bei Frau Abgeordneter Blimlinger für die gute Zusammenarbeit bedanken, ich möchte mich ganz explizit auch bei Abgeordnetem Brandstätter für die Gespräche, die wir geführt haben, und auch bei Frau Abgeordneter Fürst bedanken. Wir haben diese Gespräche im Vorfeld geführt, wir haben auch definiert, in welche Richtung wir gehen wollen, und ich sage Ihnen ganz offen: Wir brauchen Sie, denn wir können das nur gemeinsam machen. Wir brauchen Sie als Multiplikatoren – auch in der Gesell­schaft –, dass wir über Themen, die es da zu bewältigen gibt, die es gemeinsam zu bewältigen gibt, in einen Diskurs kommen, denn letztlich ist der Auftrag der Europäischen Kommission an alle Staaten der Europäischen Union ergangen, eine Strategie gegen Antisemitismus zu entwickeln. Warum? – Weil wir weltweit einen Anstieg von antise­mitischen Vorfällen verzeichnen müssen. Das dürfen wir nicht dulden, dagegen müssen wir entschieden ankämpfen! Das wollen wir machen, indem wir in einem ersten Schritt jüdisches Leben sichtbarer machen und das auch mit einer entsprechenden finanziellen Dotierung, nämlich mit 4 Millionen Euro jährlich – im Jahr 2020 sind es 5 Millionen Euro –, unterstützen.

Ich danke Ihnen schon jetzt, da ich davon ausgehe, dass hoffentlich auch hier im Plenum ein einstimmiger Gesetzesbeschluss zustande kommen wird, und ich wünsche uns allen, dass wir diesen Kampf gegen Antisemitismus gemeinsam, gesamtgesellschaftlich auf­nehmen können.

Einen habe ich noch vergessen: Herr Abgeordneter Thomas Drozda war natürlich im Vorfeld auch dabei, als es darum ging, diese Strategie zu besprechen, das Österreichisch-


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Jüdische Kulturerbegesetz zu besprechen. Dafür ein Danke! Das zeigt nämlich, dass ein Schulterschluss von allen im österreichischen Parlament vertretenen Parteien möglich ist, und das ist es auch, was uns tatsächlich stark macht. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

10.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schatz. – Bitte.


10.57.48

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr ge­ehrte Damen und Herren! Mit der Reichspogromnacht am 9. November 1938 begann die sichtbare Zerstörung jüdischen Lebens in Österreich. Synagogen, Friedhöfe, Ge­schäfte, Wohnungen wurden zerstört, niedergebrannt oder geplündert. Menschen wurden angegriffen, verletzt, verfolgt und letztendlich ermordet. Jahrzehntelang gereifter Antise­mitismus zeigte darin seine hässlichste Fratze. Die Schoah ist bis heute der größte Angriff auf jüdisches Leben in ganz Europa, auch in Österreich. Während in der Ersten Republik rund 200 000 Juden und Jüdinnen in Österreich lebten, sind es heute geschätzt nur mehr in etwa 10 000 bis 15 000. Die Ermordung und Vertreibung der Juden und Jüdinnen durch die Nationalsozialisten wirkt bis heute nach.

Seit September 2020 sind Nachkommen von emigrierten Juden und Jüdinnen einge­laden, die österreichische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Das ist ein wichtiger erster Schritt, dem heute ein weiterer folgt – in der Verantwortung und Anerkennung der Opfer und ihrer Rechte bis in die heutige Generation, und das ist gut und richtig und wichtig. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Engelberg.)

Dennoch: Dass es 76 Jahre nach Ende des Holocaust immer noch nicht selbstver­ständlich ist, dass die jüdische Bevölkerung in Österreich gefahrlos leben kann, sehr geehrte Damen und Herren, das ist wirklich bezeichnend. Man muss sich das einmal vorstellen: Jüdische Einrichtungen, ja sogar Kindergärten und Schulen müssen rund um die Uhr gesichert werden, damit es nicht zu gewalttätigen Übergriffen kommt!

Es ist schon angesprochen worden, der Antisemitismusbericht weist darauf hin, dass es wieder vermehrt zu antisemitischen Übergriffen kommt. Die Coronakrise und die Pro­teste dagegen führen zu einem eklatanten Anstieg von antisemitischen Verschwörungs­theorien. Das macht die Dringlichkeit, Antisemitismus aktiv zu bekämpfen, deutlich sicht­bar.

Der Nationale Aktionsplan ist dabei ein wichtiger erster Schritt. Wer aber, sehr geehrte Damen und Herren, über Antisemitismus spricht, darf zu Rechtsextremismus nicht schweigen, und wir fordern auch jetzt wieder, dass der im Regierungsprogramm ver­ankerte Nationale Aktionsplan gegen Rechtsextremismus endlich umgesetzt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Setzen wir heute in unserer historischen Verant­wor­tung gemeinsam ein Zeichen, indem wir für die Absicherung unseres österreichischen jüdischen Kulturerbes aufstehen. Das ist ein kleiner Akt der Wiedergutmachung. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Drozda. – Bitte.


11.01.05

Abgeordneter Mag. Thomas Drozda (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Er sei „dafür, die Sache in


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die Länge zu ziehen“. – Das sind Worte des damaligen Innenministers Oskar Helmer, die den Grundkonsens der jungen Zweiten Republik in der Frage der Restitution wider­spiegeln: Man sei sich keiner Schuld bewusst, es sei nicht unsere Verantwortung ge­wesen.

Bis zum Präsidentschaftswahlkampf Waldheims war der Umgang mit jüdischem Leben in Österreich durch diese falsche Haltung geprägt. Man schwieg ob der Schande, die man zu verantworten hatte. Erst Franz Vranitzky brach in den frühen Neunzigerjahren das Schweigen und fand Worte, die bis heute nachhallen und die Zeit überdauern. Sein Weg ist die Basis für das, was heute beschlossen wird, nämlich nicht mehr und nicht weniger als die Anerkennung jüdischen Glaubens und Lebens als Teil des österreichi­schen Glaubens und Lebens. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Nur mit dieser Anerkennung können und werden wir akzeptieren, wie groß die Ver­brechen sind, die begangen wurden. Das Wien der Jahrhundertwende – das wurde heute erwähnt – war nicht nur eine blühende Metropole, eine Weltstadt, sondern Wien war vielfach auch dank der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger eine Stadt von Welt. Es sind dies die Menschen, die die Kunst und Kultur geprägt haben, und viele von ihnen wurden erwähnt, etwa Torberg, Leopoldi, Farkas und viele andere. 200 000 Menschen haben in der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg die Wiener jüdische Gemeinde repräsentiert, 2 000 waren es danach.

Jedenfalls freut es mich, dass wir heute den Beschluss fassen, jüdisches Leben in Österreich und in Wien zu fördern und zu erhalten. Das macht nichts ungeschehen. In der Tradition des Franz Vranitzky ist es aber unsere Aufgabe und Verpflichtung, zu han­deln und das Richtige zu tun. Ein Österreich ohne jüdische Kultusgemeinde und ohne jüdisches Leben ist ein ärmeres Österreich. Das mussten wir dieser Tage mit dem Ableben Arik Brauers wieder spüren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.03


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Verfassungsausschusses und fahre in der Tagesordnung fort.

11.04.012. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1206/A der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl, Mag. Agnes Sirkka Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert wird (639 d. B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Johann Singer. – Bitte.


11.04.36

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frau Präsidentin hat es schon angesprochen: Wir behandeln nun das Ausschreibungsgesetz, ein Gesetz, das die breite Bevölkerung kaum betrifft.


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Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Die meisten von Ihnen werden wohl noch nie von der Existenz dieses Gesetzes gehört haben. Es regelt die Bewerbung um die Aufnahme in den Bundesdienst und, damit verbunden, das zugehörige Aufnahmeverfahren sowie die Besetzung von Funktionen.

Aus meiner Sicht ist wichtig zu wissen, dass nicht eine Einzelperson diese Entschei­dungen trifft, sondern eine Kommission, die sogenannte Begutachtungskommission, die grundsätzlich paritätisch zusammengesetzt ist, nämlich mit zwei Arbeitnehmer- und zwei ArbeitgebervertreterInnen. Aktuell werden jährlich rund 2 100 bis 2 200 Funktionen im Bundesdienst nach dem Ausschreibungsgesetz besetzt.

Bei den nun vorliegenden Änderungen handelt es sich um eine redaktionelle Klarstel­lung, die festlegt, dass die genehmigten Arbeitsplatzbeschreibungen Grundlage für die Ausschreibung sein müssen. Das heißt, die geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten der Bewerberinnen und Bewerber müssen identisch mit der Arbeitsplatzbeschreibung sein. Damit erwartet man sich eine weitere Professionalisierung. Man erwartet sich eine Beschleunigung des Ausschreibungsverfahrens und eine Erhöhung der Transparenz der Ausschreibung für die Bewerberinnen und Bewerber im Hinblick auf die gestellten Anforderungen im Zusammenhang mit dem künftigen Arbeitsplatz. Ich freue mich über die Einstimmigkeit im Verfassungsausschuss und sage ein herzliches Danke dafür.

Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sind in diesen Monaten ganz besonders gefordert, ich denke jetzt etwa an jene, die in den Krankenhäusern, den Alten- und Pflegeheimen, den Universitäten, Schulen, Kindergärten und bei der Polizei arbeiten, und sage allen ein großes Danke für ihren Einsatz. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Besonders erwähnen möchte ich heute die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit dem Contacttracing bei den Bezirkshauptmannschaften und Magistraten beschäftigt sind. Sie leisten neben ihrer Alltagsarbeit zusätzlich eine besondere Arbeit und sind besonders gefordert. Sie machen einen für die Eindämmung der Pandemie wichtigen Job. Ich richte ein ganz, ganz großes Danke an all jene! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.07


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Selma Yildirim. – Bitte.


11.07.55

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher vor dem Bild­schirm! Der Missbrauch der politischen Macht für eine Personalpolitik im Sinne der herrschenden Parteien ist ein ewiges Thema in der öffentlichen Auseinandersetzung in Österreich. Politischem Einfluss steht nach wie vor die Türe offen. – Herr Vizekanzler, das waren vor 30 Jahren die Worte eines grünen Abgeordneten. Das Ziel des Aus­schreibungsgesetzes sind objektive und transparente Kriterien bei der Besetzung: Dass das eine Utopie ist, hat Ihr Herr Kollege schon vor 30 Jahren gesagt, und dass das eine Utopie ist, sage ich heute nach 30 Jahren, denn politischen Einflüssen stehen nach wie vor Tür und Tor offen.

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll nun gesetzlich festgelegt beziehungsweise klar­gestellt werden, dass die Ausschreibung mit der Arbeitsplatzbeschreibung deckungs­gleich ist. Es ist schon ziemlich eigenartig, dass solche Selbstverständlichkeiten in die­sem Land gesetzlich festgeschrieben werden müssen. Papier ist geduldig, und letztlich können noch so schöne Worte und Formulierungen in Gesetze verpackt werden, es kommt aber auf die tatsächliche Umsetzung an. Die sogenannten Versorgungsposten gibt es leider immer noch. Wie viel in den Ressorts schiefgeht, zeigt sich schmerzlich


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ganz besonders jetzt in der Krise. Die Freunderlwirtschaft und das Parteibuchdenken feiern fröhliche Urstände.

Ich darf dabei zum Beispiel auf die Erkenntnisse aus dem Ibiza-Untersuchungs­aus­schuss und insbesondere darauf verweisen, wie staatliche Positionen in diesem Land offenkundig vergeben werden. Ein Geschäftsführer einer neu gegründeten staatsnahen Gesellschaft ist türkis, einer ist grün, und dann macht die Finanzverwaltung die ganze Arbeit.

Ich möchte auch nicht verabsäumen, auf die Vorgänge im BVT hinzuweisen. Wir wollen die besten Köpfe an den richtigen Stellen in Österreich. Die Änderung im Ausschrei­bungs­gesetz ist zwar ein kleiner Schritt, vielleicht eine redaktionelle Korrektur, aber er geht jedenfalls in die richtige Richtung, zumindest am Papier. Wir werden sehen, ob sich dadurch in der gelebten Praxis viel ändert. Es braucht dazu nicht nur eine Gesetzes­änderung, sondern den echten politischen Willen zur Veränderung. Hoffen wir, dass es diesen auch gibt! In diesem Sinne werden wir dieser Gesetzesänderung zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.10


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Eva Blimlinger. – Bitte.


11.11.08

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Wir beschließen heute eine Novelle des Ausschreibungsgesetzes, in der es – meine Vorrednerin hat das schon kurz angesprochen – im Prinzip darum geht, dass die Aus­schreibung und die Arbeitsplatzbeschreibung ident sein sollen. Diejenigen, die in der Verwaltung oder im Bundesdienst arbeiten, wissen, dass ein Ausschreibungsprozess im Bund immer relativ lange dauert, weil es oft die Situation gibt, dass eine Ausschreibung nicht der Arbeitsplatzbeschreibung entspricht, dass die notwendigen Kompetenzen, Erfordernisse nicht in der Ausschreibung abgebildet sind.

Wir werden das in Zukunft noch verbessern, um diese Prozesse – das ist der erste Schritt, da kann ich mich auch der Vorrednerin anschließen –, um letztlich auch die Verfahren abzukürzen und um eine idente Situation zwischen der Ausschreibung und der Arbeitsplatzbeschreibung herzustellen; dies vor allen Dingen auch deswegen, weil manchmal – das passiert in allen Bereichen, in allen Dienststellen – ein Ausschreibungs­text zum Beispiel eine andere Bewertung hat, als eigentlich in der Arbeitsplatz­be­schreibung vorgesehen ist, was im schlimmsten Fall dazu führt, dass man solche Dinge dann auch noch in der Richtverwendung ändern muss.

Ich weiß, das ist ein Vokabular, das für Menschen, die mit dem Beamtendienstrecht nicht vertraut sind, wie aus einem anderen Land oder wie vom Mars klingt, aber es geht eben darum, das zunehmend zu vereinfachen und auch so verständlich zu machen, dass zwischen Ausschreibung und Arbeitsplatzbeschreibung eine idente Situation gegeben ist.

Das Wichtigste ist, dass man vor allen Dingen Transparenz für Bewerberinnen und Bewerber schafft, sodass diese dann genau wissen, dass die Ausschreibung dem Arbeitsplatz entspricht, und sie nicht nachträglich in eine Situation gelangen, in der sie sich zwar um einen Arbeitsplatz beworben haben, aber dann plötzlich mit einer ganz anderen Arbeitsplatzsituation konfrontiert sind.

Vielleicht in Richtung Perspektive: Es geht schon darum, diesen Prozess Ausschrei­bung – Arbeitsplatzbeschreibung so eng zu führen, dass Besetzungsprozesse von ausgeschriebenen Planstellen verkürzt werden. Diese dauern jetzt im Durchschnitt von drei bis fünf Monaten, das kommt immer sehr darauf an. Das ist ein relativ langer


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 72

Zeitraum, und da liegt es sicher an uns, dieses Ausschreibungsgesetz auch weiter­zuentwickeln und zu professionalisieren.

Lassen Sie mich noch zwei Sätze – das betrifft zwar erst den nächsten Tagesord­nungspunkt – zur Erhöhung des Überbrückungsfonds für Künstlerinnen und Künstler sagen: Es ist sichergestellt, dass weiterhin an Künstlerinnen und Künstler gezahlt wird. Ich freue mich, dass das gelingen konnte, damit zumindest eine finanzielle Sicherheit gegeben ist, da die Künstlerinnen und Künstler ja noch immer in der Situation sind, dass sie in die Kunstquarantäne, wenn man so will, verbannt sind.

Im Übrigen bin ich dafür, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt wird. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.15


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich auch diese Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Verfassungsausschusses.

11.15.233. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1253/A der Abgeordneten Maria Großbauer, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds zur Förderung der Beiträge der selbstständigen Künstler zur gesetzlichen Sozialversicherung (Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz – K-SVFG) und das Bundesgesetz über die Errichtung eines Fonds für eine Über­brückungsfinanzierung für selbständige Künstlerinnen und Künstler erlassen wird, und Bundesgesetz, mit dem das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert wird (22. COVID-19-Gesetz), geändert werden (640 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1268/A der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ministeranklage gemäß Art. 142 Abs. 2 lit. b B-VG wider den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober (642 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Rednerin: Frau Abgeordnete Susanne Fürst. – Bitte.


11.16.18

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vize­kanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir bringen heute zum zweiten Mal eine Ministeranklage gegen Bundesminister Anschober ein, da er durch die anhaltende Überschreitung des ihm gesetzlich eingeräumten Rahmens den Tatbestand der schuld­haften Rechtsverletzung nach Art. 142 unserer Bundesverfassung erfüllt. Er realisiert sozusagen ein Dauerdelikt.


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Wir haben mittlerweile schon die 4. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung mit schika­nösen Maßnahmen ohne entsprechende Datenbasis, die dies rechtfertigen würde. Wir haben umfassende Ausgangsbeschränkungen, illusorische Abstandsvorschriften, zum Teil unzumutbare Maskentragepflichten, überdies nach wie vor die desaströse Sperre der Gastronomie und der Hotellerie und auch die weitgehende Beschränkung des Han­dels.

Die gesetzliche Ermächtigung, auf die sich der Gesundheitsminister stützt, der § 5 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, deckt diese Maßnahmen nicht oder zumindest zum allergrößten Teil nicht, denn dieser Paragraf ist keine pauschale Ermächtigung für eine völlig willkürliche, negative Maßnahmenspirale, die es ihm erlaubt, im Namen eines abstrakten Gesundheitszustandes oder einer Solidarität alles ohne näheren Rechtferti­gungsbedarf zu tun.

Der Gesundheitsminister versteht dies vollkommen falsch. Herr Vizekanzler, vielleicht können Sie ihm das ausrichten. Es reicht nicht, hypothetische Verläufe zu präsentieren oder von Variationen des Virus zu sprechen, sondern man muss Daten liefern. Die massiven Verletzungen der Grund- und Freiheitsrechte verlangen einfach eine laufende tägliche Überprüfung hinsichtlich der Zweckmäßigkeit, der Sachlichkeit, der zeit­lichen/sachlichen/persönlichen Angemessenheit jeder einzelnen Maßnahme.

Hinsichtlich dieser Grundrechtseinschränkungen ist das kein Jammern auf hohem Niveau, sondern es geht darum, dass da wirklich viele Grundrechte beseitigt werden – mit fatalsten Auswirkungen. Da geht es nicht um ein bissl Maskentragen und so weiter, sondern da geht es um eine unglaubliche Erhöhung der Arbeitslosigkeit, um einen Wirtschaftseinbruch, um psychische und gesundheitliche Schäden für die Bevölkerung, die sich dann auch nicht mit einem Schnips von einem Tag auf den anderen wieder beseitigen lassen. Aus meiner Sicht macht uns diese Form des Gesundheitsschutzes, die da durch den Minister realisiert wird, krank und pleite.

Die Bundesverfassung gibt dies aus gutem Grund verfassungsrechtlich nicht her und erlaubt dies nicht. Es ist auch gesundheitspolitisch nicht notwendig: Das Heimatbundes­land des Gesundheitsministers, der heute nicht da ist, ist Oberösterreich, so wie meines, und von einem Zusammenbruch, von einer Überanspannung des Gesundheitssystems ist keine Rede. Auch der Landeshauptmann von Kärnten, Kaiser, hat gestern erwähnt, dass es dort etwa sieben bis neun Coronapatienten auf den Intensivstationen und 70 bis 80 auf den Normalstationen gibt. Es gibt da also keinen Notstand.

Wenn dann immer wieder gesagt wird, dass die Zahlen steigen werden: Na ja, Sie haben es in der Hand! Mit dieser flächendeckenden Testpflicht, die jetzt in den Schulen, in den Betrieben eingeführt wird – sie soll jetzt auch in der Gastronomie und Hotellerie kommen –, steigen natürlich die Zahlen. Zudem haben wir Februar/März, und da sind Infektionskrankheiten etwas Normales. Man sollte also schon dazusagen, dass bei diesen millionenfachen Testungen eine Siebentageinzidenz von gut 50 allein schon auf­grund der Fehlerquote ganz normal erreicht sein sollte – es ist eigentlich niederträchtig, das nicht dazuzusagen. Wenn Gesundheitsminister Anschober dann davon spricht, dass die Inzidenz unter 50 gedrückt werden soll, dann muss man sagen, ergibt das wenig Sinn.

Herr Vizekanzler, weil Sie auch hier sind: Es wäre sehr nett und ich würde Sie darum ersuchen: Vergessen Sie nicht auf die Vereine, auf den Sport! Bitte öffnen Sie! Die Kinder und Jugendlichen sitzen seit Monaten zu Hause. Sie haben ihre Lieblings­be­schäf­tigung, ihre Lieblingsballsportarten, bitte haben Sie das im Kopf und öffnen Sie, die Kinder werden uns sonst depressiv! Es ist auch wirklich nicht gesund, wenn sie so viel zu Hause sitzen.


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Die EU-Kommission nennt die Grenzsperre der Bayern zu Recht überschießend und undifferenziert. Ich muss aber dazusagen, dass das die Bundesregierung und Gesund­heitsminister Anschober provoziert haben, denn wir haben mit der innerösterreichischen Abriegelung begonnen und mit dieser Angst- und Panikmache auch innerhalb Öster­reichs diesen Schritt durch die Bayern provoziert.

Die Adjektive überschießend und undifferenziert gelten zum größten Teil aber leider auch für die Coronapolitik des Gesundheitsministers, und daher haben wir diese Minis­teranklage eingebracht. (Beifall bei der FPÖ.)

11.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maria Großbauer. – Bitte.


11.21.36

Abgeordnete Maria Großbauer (ÖVP): Da kann ma’ machen was ma’ will / da bin i her, da g’hör’ i hin (Zwischenruf bei den NEOS), / da schmilzt das Eis von meiner Seel’ / wie von an Gletscher im April. (Zwischenruf bei der FPÖ.) / Auch wenn wir’s schon verges­sen hab’n. – Hören Sie die Musik von Reinhard Fendrich in Ihrem geistigen Ohr? (Rufe bei der SPÖ: Nein! – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Wir vermissen das Singen, das gemeinsame Singen, sehr, so wie so vieles aus der Kultur. Deswegen unterstützen wir die Kunst und Kultur weiterhin, damit sie gut durch diese Krise kommen – heute mit der Aufstockung von zwei Fonds für freischaffende Künstlerinnen und Künstler in Höhe von 30 Millionen Euro. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir müssen aber heute auch darüber reden, was die Auswirkungen sind, was die Lehren aus der Pandemie sind, und da gibt es viele Themen, überall, aber auch in der Kunst und Kultur, wie zum Beispiel die soziale Lage, die Arbeitslosenversicherung, das Fair Pay. Das sind Themen, die lange aufgeschoben worden sind, die aber im Regierungs­programm dieser Koalition stehen und an denen jetzt schon gearbeitet wird.

Ein Thema, das man auch nicht vergessen darf – ganz wichtig –, ist das Singen in der Schule. Warum? – Weil das überhaupt die Basis unseres Kulturlandes ist. Wenn Sie sich erinnern: Dieses Thema Singen in der Schule ist mir schon sehr, sehr lange, seit ich in der Politik bin, ein großes Anliegen, weil Singen so wichtig für Kinder und Jugendliche ist und so vieles für Kinder und Jugendliche macht. Es macht in erster Linie Spaß und Freude, und davon werden wir nach der Pandemie viel brauchen. Es bildet aber auch Synapsen im Gehirn, es unterstützt die geistige und sprachliche Entwicklung, es fördert Toleranz und Gemeinschaft. Ich würde sogar sagen, Singen macht aus Menschen Mitmenschen. Es stärkt das Hören, das Zuhören, das eigene Körpergefühl, die Konzentration und die Merkfähigkeit, und zwar in allen Fächern, auch in den Mint-Fächern – dazu gibt es ganz aktuelle Studien aus Kanada und England.

Ein Aspekt des Singens in der Schule ist ein ganz wesentlicher – auch nach der Pandemie –: Singen ist nämlich ein Ventil für Gefühle. Da gibt es auch eine Studie aus Salzburg aus dem Jahr 2017 mit dem Titel „Art is a doctor“. Wie wirkt sich Kunst und Musik auf Patienten in der Kinder- und Jugendpsychiatrie aus? – Da gab es zwei Testgruppen; die eine Gruppe hat regelmäßig aktiv gemeinsam im Chor gesungen, die andere Gruppe hat Musik gehört. Das Ergebnis aufgrund von Fragebögen und Speicheltests war: Die Singgruppe hatte nachweislich viel weniger Stresshormone und eine viel bessere psychische Befindlichkeit als die Gruppe, die nur gehört hat.

Das heißt, es genügt im Musikunterricht nicht, dass man einfach nur auf Play drückt, nein, man muss es machen, man muss es spüren. Deswegen müssen wir singen,


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sobald es nach der Pandemie wieder möglich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Deswegen plädiere ich sogar für einen Singschwerpunkt nach der Pandemie – sofort, wenn es wieder möglich ist – in allen Volksschulen in ganz Österreich. Bis dahin möchte ich aber die Eltern ermutigen, dass sie das Singen mit ihren Kindern in den Alltag einbauen, ganz nebenbei. Im Auto, am Weg zum Einkaufen: Radio an, CD hinein und gemeinsam laut mitsingen!

Bis dahin werden wir auch Kunst und Kultur weiterhin unterstützen. Wenn man das zusammenrechnet, die heutige 30-Millionen-Euro-Aufstockung von zwei Fonds für freischaffende Künstlerinnen und Künstler und alle Unterstützungshilfen in der Pan­demie für Kunst und Kultur, dann kommt man – die Staatssekretärin hat es vor­gestern vorgerechnet – auf über 1 Milliarde Euro für Kunst und Kultur, die Österreich jetzt in der Pandemie investiert. 1 Milliarde Euro! (Beifall bei der ÖVP.) Auch der IWF hat ausge­rechnet, dass Österreich bei den Unterstützungsleistungen wirklich die Nummer eins in Europa ist, also 1 Milliarde Euro für Kunst und Kultur. Da (singend) „sag’ ich am End’ der Welt voll Stolz / und wenn ihr a wollt’s / auch ganz alla – / I am from Austria“. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der ÖVP: Juchhe!)

11.26


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Harald Stefan. – Bitte.


11.26.38

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank – nein, der Vizekanzler hat uns schon verlassen! Ganz Österreich wünscht sich, dass wir möglichst gut durch diese Krise kommen, und da wünscht man sich natürlich auch, dass man kompetente Führungsper­sönlichkeiten hat, die auch entsprechend in der Lage sind, Maßnahmen zu setzen. Genau das haben wir aber leider nicht.

Wir wissen, es gibt immer wieder schlechte Minister – wir haben auch schon in den letzten Jahren genug gesehen –, aber einen Minister, der einen derartigen Schaden wie der Gesundheitsminister angerichtet hat, gab es bisher noch nicht. Es ist kein Wunder, dass die Österreicher ihm nicht mehr vertrauen und sie nicht mehr auf die Maßnahmen setzen, die vom Gesundheitsminister kommen, wenn man sich nur zurückerinnert, welche Aussagen und Aktivitäten von ihm im letzten Jahr gekommen sind.

Zuerst einmal hat er gesagt, Covid ist weniger gefährlich als die Grippe – ich glaube, wir erinnern uns noch. Dann hat er gesagt, Masken machen keinen Sinn. Dann hat er gesagt, das mit dem Testen ist nicht so wichtig. Ja, und dann ist der Lockdown gekom­men, und zwar, wie man im Nachhinein weiß, ohne jedes Ziel, ohne jeden Plan. Wir wissen bis heute nicht, was eigentlich die Maßgabe des Lockdowns ist, was die große Evidenz ist – wir reden ja immer groß von Evidenz –, also was steht da dahinter? Was war der Sinn?

Ist es um die Siebentageinzidenz gegangen, um die Infektionszahlen, um die Überlas­tung des Gesundheitssystems, oder geht es jetzt um die Mutante? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Was ist eigentlich das Kriterium? – Eben, das weiß keiner genau. Alles zusammen und gar nichts – da kann man immer alles begründen, das ist keine Evidenz, und genau das ist der Punkt.

Wir wissen nicht, wo es hingeht, aber die Maßnahmen zerstören Existenzen in dieser Republik, noch und noch. Wir zerstören die Psyche der Kinder. Es gibt in der Ausbildung eine Riesenlücke bei den Schülern, bei den Studenten. Wir haben Existenzen durch die Arbeitslosigkeit ruiniert. Die Unternehmer schütteln nur noch den Kopf, was da eigentlich los ist. Es ist von vorne bis hinten ein Wahnsinn.


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Im Moment haben wir das große Thema Impfen. Man beschäftigt sich mit den Impfkritikern, schafft es aber bei Weitem nicht, jene, die sich impfen lassen wollen, zu impfen. Ich verstehe diese Diskussion gar nicht. Das ist angeblich die große Lösung, und dann sind wir in ganz Europa genau da am schlechtesten, weil die von Anschober eingesetzten Personen und er selbst völlig unfähig sind. Es gibt inhaltsleere Presse­konferenzen: Ja, das kommt!, aber es ist nichts dahinter und dann kommen letztlich Maßnahmen, die, wie gesagt, die Menschen massiv beschädigen.

In einer Krise ist es wichtig, dass man trotzdem den Rechtsstaat und die Demokratie berücksichtigt. Das ist sogar die Stütze – nicht das Gegenteil, sondern die Stütze –, damit man gut durch eine Krise kommt, genau das hat er aber nicht gemacht.

Er hat, und das ist genau der Punkt, schuldhaft Gesetzesverletzungen in Ausübung seines Amtes begangen, und das ist genau die Definition dafür, warum es eine Minis­teranklage gibt. Deswegen bringen wir diesen Antrag ein, weil er genau das gemacht hat.

Erinnern Sie sich noch an den Ostererlass, der letztendlich, wie sich herausgestellt hat, völlig rechtswidrig war, ein Erlass, dass sich nicht mehr als fünf Personen im privaten Haushalt miteinander treffen sollten? Damit hat er unser aller Leben massiv einge­schränkt.

Zweitens war die Verordnung, die besagt hat, man darf den öffentlichen Raum ganz allgemein nicht mehr betreten, nicht vom Gesetz gedeckt, daher war auch das eine schuldhafte Gesetzesverletzung. Das sind ja keine Kleinigkeiten. Das, was da passiert ist, da geht es ja wirklich um die Grund- und Freiheitsrechte bis ins Tiefste hinein, und ich habe leider nicht die Zeit, hier alles aufzuzählen, was sonst noch an Unsinnigkeiten und an Fehlern und ohne jede Evidenz passiert ist.

Jetzt wird vielleicht der eine oder andere herauskommen und sagen: Es ist nicht der richtige Zeitpunkt für so eine Ministeranklage. – Da gebe ich ihm recht, das stimmt. Es ist ein Jahr zu spät! Vor einem Jahr hätten wir das machen müssen, dann hätten wir uns sehr viel Schaden erspart. (Beifall bei der FPÖ.)

11.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte.


11.31.18

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Zum Tagesordnungspunkt 3 geben wir grünes Licht – grünes Licht für Förderungen für Künstler, für Künstlerinnen, für all diejenigen in der Kreativwirtschaft, die unter dieser Covid-19-Pandemie sehr stark leiden.

Eine neue Studie der Verwertungsgesellschaften besagt, dass die Kreativwirtschaft sogar stärker leidet als die Gastronomie, fast so sehr wie der Luftverkehr. Darum ist dieser heutige Antrag jedenfalls zu unterstützen. Es ist eine Verlängerung und auch ein Mehrwert. Ich möchte aber auch kritisch anmerken, dass diese Gruppe der Künstlerin­nen und Künstler durchaus noch mehr verdient hat.

Es geht nämlich dermaßen bürokratisch zu, dass wir sagen müssen: Acht verschiedene Einrichtungen, das ist ein richtiger Dschungel. Wir stehen dafür, dass es einen One-Stop gibt, der dann quasi für alle gleich gelten soll. Momentan ist es nicht so, und das führt auch zu Irritationen. Wir sehen auch, dass es teilweise sehr stark an der Lebens- und Arbeitsrealität der Künstlerinnen und Künstler vorbeigeht und deshalb diese Förde­run­gen nicht ankommen.


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Ich sage auch dazu, dass der Ansturm erst im Juni kommen wird, wenn die Tantiemen­abrechnungen kommen. Im regionalen Bereich, im Partybereich, im Bereich der Song­writer, auch im Bereich der Alleinunterhalter werden viele erst im Juni betroffen sein. Mir fehlt da momentan die langfristige Planung, die sich unsere Künstlerinnen und Künstler in Österreich jedenfalls verdienen. (Beifall bei der SPÖ.)

Hinsichtlich der Ministeranklage, die seitens der FPÖ gegenüber dem Gesundheits­minister ausgesprochen wurde, möchte ich kurz anmerken: Wir sind derzeit – während einer Pandemie – nicht bereit, eine Ministeranklage mitzutragen. Dazu gibt es ein klares rotes Licht: Nein. (Beifall der Abgeordneten Götze und Koza.) Warum nicht? Ich glaube, die österreichische Bevölkerung weiß ganz genau, dass man jetzt zusammen­arbeiten muss. Sie weiß, dass kein politisches Hickhack bestehen darf, und sie weiß auch ganz genau, dass es nicht richtig ist, einzelne Minister herauszuschießen und damit eventuell das gesamte Bild zu verfälschen.

Wir wollen, dass es nach dieser Pandemie eine Pandemieabrechnung gibt, dass das Management ganz genau angeschaut wird, und dann sollen alle – wir, vielleicht aber auch die Wählerinnen und Wähler – in einigen Jahren darüber entscheiden, ob das, was gemacht worden ist, das Richtige war.

Jedenfalls ist dieser Antrag auf Ministeranklage überzogen. Er heißt für mich auch, dass schuldhafte Rechtsverletzungen begangen werden würden, und diese sind im konkreten Fall meiner Meinung nach nicht zu beurteilen, auch wenn man sagen muss, dass die derzeit bestehenden Verordnungen durchaus schwach sind. Ich behaupte auch, dass das Organisationsgenie des Bundesministers nicht unbedingt hervortritt, und deshalb gibt es ja bereits auch acht aufgehobene Verordnungen; das sagt auch einiges aus.

In diesem Sinne: grünes Licht hinsichtlich der Künstlerinnen und Künstlern und der Förderungen, rotes Licht hinsichtlich der Ministeranklage. Danke für die Aufmerk­sam­keit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.34


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer. – Bitte.


11.34.30

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Wir haben in der letzten Zeit des Öfteren über den Verfassungsgerichtshof gesprochen, und da haben sich auch Men­schen zu Wort gemeldet und die Sorge geäußert, dass der Ruf dieser Institution ange­kratzt werden könnte und dass ihre Autorität leiden könnte, und das ist etwas – das möchte ich von dieser Stelle hier ausdrücklich festhalten –, das niemals passieren darf.

Der Verfassungsgerichtshof ist eine der wichtigsten Institutionen in unserem Land, er erfüllt eine bedeutende Rolle als wichtiges Regulativ für uns hier, für die Gesetzgebung und für die Vollziehung, für die Regierenden bei ihren Verordnungen und für uns bei unseren Gesetzen, und er gewährleistet, dass wir niemals den gemeinsamen Boden unserer Verfassung verlassen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dieselben Beschützer des Verfassungsgerichtshofes haben hier eine Ministeranklage eingebracht, und diese Ministeranklage, die hier vor uns liegt, ist tatsächlich eine Beleidigung für dieses Höchstgericht. Es ist noch nicht lange her, da haben wir hier schon einmal über eine Ministeranklage gesprochen, und damals war es allen klar, auch den Antragstellern, dass dieser Antrag abgelehnt werden muss, weil er sich einfach inhaltlich überholt hatte.

Dieses Mal ist es anders. Dieses Mal ist die Begründung des Antrages an sich schon so weit von einer gesetzmäßigen Ausführung entfernt, dass diese Anklage schon aus


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formalen Gründen niemals Aussicht auf Erfolg hätte, und ich wage zu behaupten, das ist Ihnen auch voll und ganz bewusst.

Sie haben hier ein wichtiges parlamentarisches Kontrollinstrument vor den Karren Ihrer Propaganda gespannt, um eine weitere Bühne für immer wieder die gleichen Phrasen in immer wieder den gleichen Versionen zu haben, nur benutzen Sie einfach ein anderes Medium, und das ist eine Geringschätzung des Verfassungsgerichtshofes. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ganz unabhängig von politischen Standpunkten und Ansichten: Es kann doch nicht sein, dass Sie auf Basis dieses Schriftsatzes ernsthaft von uns verlangen, einen Minister vor dem Verfassungsgerichtshof anzuklagen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie selbst davon ausgehen, dass dieser Antrag überhaupt die formalen Voraussetzungen erfüllt. Das wäre ja aber wohl das Mindeste, was man überhaupt verlangen muss.

Es ist natürlich keine Überraschung, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen werden. Ich möchte Ihnen auch empfehlen, genau darüber nachzudenken, ob Sie selbst diesem Antrag überhaupt zustimmen wollen. (Beifall bei Grünen und ÖVP. Zwischenruf des Abg. Stefan.)

11.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Josef Schellhorn.– Bitte.


11.37.35

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Frau Präsident! Geschätzte Frau Staats­sekretär! Meine Vorrednerin, Frau Großbauer, die ja, muss man sagen, Rainhard Fendrich sehr gut gesungen hat, hat mich dazu animiert, ein wahres Zitat von Karl Kraus herauszuholen, der meint: „Kunst ist etwas, was so klar ist, daß es niemand versteht.“

Ich glaube, man muss jetzt auch noch einmal den heutigen Redebeitrag des Bun­des­kanzlers in Betracht ziehen, der zwar Kunst und Kultur einmal genannt hat, aber nie einen Satz darum herum formulieren konnte. Ich glaube, das ist das Wesentliche. Das ist das Wesentliche, wenn wir von einer Kunst- und Kulturnation sprechen, dass wir auch entsprechend etwas dafür tun. Ich kann und muss Frau Staatssekretärin Mayer ihr großes Bemühen anerkennen, dass sie sich wirklich hineinhaut, und ich spreche ihr auch nicht den Willen ab, man sieht aber ganz klar, wie die Entscheidungsbefugnisse am Ministerratstisch sind, und ich denke, da braucht es einen ganz anderen Stellenwert. Darum sage ich erneut, wie immer, fast schon mantraartig: Wir brauchen ein Kulturminis­terium, wenn wir eine Kulturnation sein wollen; anders ist es nicht auszudrücken. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich darf jetzt noch einmal ganz kurz daran erinnern – weil ich ja nicht mehr viel Redezeit habe –: Wenn man schon den Tourismus aufsperrt, dann sollte man bitte auch die Kultur und Kulturinstitutionen mit aufsperren (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Drozda), denn es ist nirgends so leicht wie dort, mit allen Hygienemaßnahmen ausgestattet, mit allen Vorsichtsmaßnahmen ausgestattet auch personalisierte Karten zu verkaufen, und es gäbe dazu seit dem letzten Jahr auch technische Applikationen, die man sehr wohl über das Handy steuern könnte.

Diese Regierung hat sich auf die Wirtschaftskammer verlassen und die Wirtschafts­kammer hat in dieser Hinsicht versagt, auch die technischen Applikationen für Kunst und Kultur, aber auch für die touristischen Bereiche bereitzustellen.

Wir brauchen aber noch viel mehr  nach dieser Coronathematik. Wir brauchen das Thema Bundeskulturstiftung – Stichwort Pro Helvetia –, wir brauchen ein Büro für zeit­genössische Kunst, und  ich erwähne es wieder : Was ist mit dieser Kunst- und


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Kulturstrategie, die wir jetzt brauchen, die wir jetzt erarbeiten müssen, damit wir nach dieser Zeit gut weiterkommen? Ich erwähne es noch einmal: Es gäbe für diese Regie­rung, für den Finanzminister nichts Leichteres, als die steuerliche Absetzbarkeit jetzt auch dafür zu öffnen, um Anreize zu schaffen – Anreize für Investitionen für Kulturschaf­fende.

Darum würde ich bitten, das wäre dringend notwendig – und ich könnte noch sehr lange darüber sprechen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Einwallner.)

11.40


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste hat sich Frau Staatssekretärin Andrea Mayer zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.


11.40.42

Staatssekretärin im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport Mag. Andrea Mayer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sie werden heute hoffentlich wie im Ausschuss, so auch im Plenum einstimmig eine weitere Erhöhung der beiden zentralen Maßnahmen für freischaffende Künstlerinnen und Künstler zur Unterstützung in der Pandemie beschließen. Dieser Anlass ist ja schon ein bisschen wie ein Déjà-vu: Wir erhöhen die SVS-Überbrückungs­finanzierung von 110 auf 120 Millionen Euro und den Covid-19-Fonds des Künstler-Sozialversicherungsfonds von 20 auf 40 Millionen Euro. Allein das zeigt schon, dass wir es als Bundesregierung mit den Hilfen für den Kulturbereich sehr, sehr ernst meinen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Singer.)

Wir schärfen ständig nach, wo es notwendig ist. Insgesamt wurden für den Kunst- und Kulturbereich bis jetzt 250 Millionen Euro zusätzlich zu anderen Hilfsmaßnahmen und zum regulären Kulturbudget in die Hand genommen, und wir haben schon jetzt fest­gelegt, dass diese Hilfen bis Ende Juni weiter zur Verfügung stehen, wenn es notwendig sein sollte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal wiederholen, wie wichtig diese beiden Instru­mente für das Überleben der Kunstszene in Österreich sind. Die Überbrückungs­finan­zierung bei der SVS haben wir ins Leben gerufen, um den Künstlerinnen und Künstlern rasch und unbürokratisch eine Unterstützung zukommen zu lassen. Dieser Topf ist eine Erfolgsgeschichte. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Großbauer.)

Wir haben bereits 85 Millionen Euro ausbezahlt, mit dem Lockdownbonus zuerst für November und Dezember, und seit Montag ist diese Zusatzzahlung auch für Jänner und Februar möglich, weil es eben aufgrund des Veranstaltungsverbots weiterhin kaum Auftrittsmöglichkeiten gibt. Vor allem haben wir das Versprechen eingelöst, dass das alles einfach und schnell über die Bühne gehen soll. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Großbauer.)

Von Anfang an bis heute sorgt die SVS dafür, dass die Anträge binnen weniger Tage bearbeitet und die Beträge überwiesen werden. Dieses Hilfsinstrument ist mittlerweile auch international als Best-Practice-Beispiel sehr gefragt.

Der Covid-19-Fonds des Künstler-Sozialversicherungsfonds erfüllt eine andere Funk­tion: Er ist ein drittes Sicherheitsnetz, wenn alle anderen Stricke zur Unterstützung der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler reißen. Wir wissen, dass es im Kulturbereich sehr viele atypische Beschäftigungsverhältnisse und viele prekäre Lebenssituationen gibt, wir wissen, dass es viele Künstlerinnen und Künstler gibt, die normalerweise so wenig verdienen, dass sie aus der Sozialversicherungspflicht herausfallen, und genau da kommt dieses Instrument des Covid-19-Fonds ins Spiel.


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Natürlich ist es so, dass keine Hilfszahlung der Welt wettmachen kann, dass die künst­lerische Tätigkeit – Auftreten, Lesen, Musizieren, Singen, wie auch immer – derzeit nur sehr, sehr eingeschränkt möglich ist. Was wir aber tun können, ist, die schlimmsten Notlagen zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass die freischaffende Szene diese Krise auch übersteht – und das wird weiter möglich sein, das garantieren wir mit dieser erneuten Aufstockung der genannten Hilfsmaßnahmen.

Ich darf Sie um breite Zustimmung ersuchen und danke herzlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.45


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl. – Bitte.


11.45.19

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich komme zurück, und es ist vielleicht ein bisschen unglücklich, dass es bei diesem Tagesordnungspunkt nicht nur um das Positivthema der Erhöhung des Budgets für den Kultursektor geht, sondern auch um die Ministeranklage der FPÖ gegen den Gesundheitsminister.

Meine Damen und Herren, die FPÖ wirft in den letzten Wochen und Monaten der Regie­rung immer wieder vor, verfassungswidrig zu handeln. Umso unverständlicher ist es, dass Sie heute eine Ministeranklage einbringen, die nur so vor Fehlern strotzt. Der Ver­fassungsgerichtshof würde, wie meine Kollegin Agnes Sirkka Prammer schon gesagt hat, eine solche Anklage schon nach der ersten oberflächlichen Sichtung ablehnen. Sie können in diesem Antrag nicht einmal ein Gesetz richtig zitieren. Ihnen geht es dabei offensichtlich um anderes: um politisches Anschütten und nicht um eine wahre Verfas­sungsklage.

Werte Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, Sie sind nun wirklich schon eine Weile im Parlament, Sie sollten Ihr Handwerk besser können. Mit dieser Anklage wirken Sie eher wie ein Kfz-Mechaniker, der den Motor am Fahrersitz sucht. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Hafenecker.)

Meine Damen und Herren, ja, wir hätten im vergangenen Jahr vielleicht auch das eine oder andere etwas anders gemacht, in dieser Zeit aber, in einer solchen Krise, heißt es, zusammenzustehen. In dieser Zeit heißt es, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und nicht Öl ins Feuer zu gießen. Ich möchte daher Harry Potter zitieren (Zwischenrufe bei der SPÖ): „Wir sind nur so stark, wie wir vereint sind, und so schwach, wie wir getrennt sind.“ – Nur gemeinsam kommen wir aus dieser Krise. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Liebe Damen und Herren von der FPÖ, lernen Sie, Anträge zu schreiben, und seien Sie versichert, dass wir zusammenstehen müssen und dass das für Österreich wichtiger ist, als hier parteipolitisches Kleingeld zu schlagen! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.47


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Rudolf Taschner. – Bitte.


11.48.02

Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! (Abg. Loacker: Haben Sie auch ein Harry-Potter-Zitat? – Heiterkeit bei den NEOS.) An diesem Pulte sprach knapp vor Ende der letzten Legislaturperiode Abgeordneter Alfred


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 81

Noll, dessen Ansichten ich großteils nicht teilen konnte, den ich aber als einen brillanten Denker sehr geschätzt habe. Er hat angeregt, man möge die Einbringung einer Minister­anklage als Minderheitsrecht festlegen. Herr Kollege Scherak, Sie können sich daran erinnern, über diese Tatsache ist noch eine Wette offen. Sie werden aber jetzt fest­stellen, dass es vielleicht nicht ganz klug war, diesen Antrag einzubringen.

Nebenbei gesagt: Es war ja nicht nur Noll selbst, der diese Idee hatte, es war schon der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Gerhart Holzinger, der gemeint hatte, dass die Ministeranklage vielleicht Minderheitsrecht sein könnte, damit es nicht mehr, wie Noll es genannt hat, „totes Recht“ oder, wie Holzinger gesagt hat, schlafendes Recht sein sollte.

Diese Art des Denkens setzt aber voraus, dass die Opposition oder jedenfalls diese Minderheit, die den Antrag einbringt, von staatstragenden und verantwortungs­bewuss­ten Interessen zum Wohle des Staates getragen ist – und das ist, nebenbei, bei dieser Ministeranklage offensichtlich nicht der Fall. (Zwischenruf des Abg. Scherak.) Es ist vielmehr so, dass – das haben Frau Kollegin Prammer und Herr Kollege Gerstl ja festgestellt – in Wirklichkeit die Verhältnismäßigkeit von dem, was Sie anklagen, und dem, was wirklich geschehen ist, überhaupt nicht gewahrt wurde. Dafür gibt es über­haupt keine Basis, Herr Kollege Stefan! Sie haben das sehr groß dargestellt, aber so groß ist es in Wirklichkeit nicht. Sie schießen mit Kanonen nicht einmal auf Spatzen, sondern sogar auf Schmetterlinge. (Abg. Stefan: ... Ministeranklage ...!)

Worauf es Ihnen ankommt, meine sehr verehrten Damen und Herren von der FPÖ, ist der Kanonendonner. Den haben Sie natürlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.) Aber wissen Sie, was Sie machen? – Mit diesem Kanonendonner werfen Sie Rauch in das politische Klima hinein und verpesten es damit, und das ist scheinbar das, was Ihnen am meisten Interesse bietet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.50


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor ich zu den verlegten Abstimmungen komme, frage ich wie vereinbart, ob wir gleich fortfahren können mit den Abstimmungen? – Dann werde ich auch so vorgehen.

11.50.51Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 bis 4


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Verfassungsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betreffend Österreichisch-Jüdisches Kulturerbege­setz, samt Titel und Eingang in 605 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Dritte Lesung: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 2: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ausschreibungsgesetz geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 639 der Beilagen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 82

Wer sich für diesen Gesetzentwurf ausspricht, den bitte ich um Zeichen. – Das ist ein­stimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das 22. COVID-19-Gesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 640 der Beilagen.

Wer spricht sich für diesen Gesetzentwurf aus? – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Dritte Lesung: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Verfas­sungs­ausschusses, seinen Bericht 642 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Das ist mit Mehrheit so zur Kenntnis genommen.

11.52.415. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Be­richt 2020 der Bundesregierung (III-170/637 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße Frau Bundesministerin Köstinger in unserer Mitte und erteile Herrn Abge­ordneten Peter Schmiedlechner das Wort. – Bitte.


11.53.14

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Grüner Bericht 2019, Bericht über die Einkommens­situation der Landwirtschaft im Jahr 2019, somit vor der von ÖVP und Grünen ver­ur­sachten Coronawirtschaftskrise – während die ÖVP der Öffentlichkeit die heile Welt verkauft und die katastrophale Situation schönredet, sieht es in der Realität ganz anders aus. Land- und Forstwirte werden mit Marketinggeschichten und Sonntagsreden ihr schlechtes Einkommen betreffend beglückt. Inhaltslose Absichtserklärungen sollen zudem den Eindruck erwecken, dass Aktivitäten stattfinden.

Die Realität: Das durchschnittliche Einkommen der Betriebe lag 2019 unter 28 000 Euro. Damit eine Familie und einen Betrieb zu erhalten ist beinahe unmöglich. Dass immer mehr ihren Betrieb aufgeben, ist daher kein Wunder.

Die Land- und Forstwirte haben in den letzten Jahren einen Kaufkraftverlust von bis zu 90 Prozent hinnehmen müssen. Das Schönreden der letzten 30 Jahre hat viele Betriebe die Existenz gekostet und natürlich damit auch sehr viele Arbeitsplätze im ländlichen Raum zerstört. Die verfehlte ÖVP-Agrarpolitik hat den Bauern in der Realität einen Kaufkraftverlust von bis zu 90 Prozent gebracht. Wenn man das mit der Produktion eines Liters Milch vergleicht, dann kann man sagen: 1994 konnte sich ein Landwirt für einen Liter produzierter Milch noch drei Wurstsemmeln leisten. 2020 kann er sich nur mehr drei Bissen von einer Wurstsemmel leisten. Seit dem EU-Beitritt gibt es eine Inflation von 55 Prozent, die weder bei Erzeugerpreisen noch bei Ausgleichszahlungen abgegolten wurde.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 83

Frau Minister, in welcher Branche gibt es so etwas? Wo sind die selbsternannten Bau­ernvertreter des Bauernbundes? Warum stoppen Sie das Bauernsterben nicht? Warum verlassen Sie nicht endlich diesen Irrweg der verfehlten Agrarpolitik?

Die von ÖVP und Grünen verursachte Wirtschaftskrise wird das Bauernsterben noch weiter anheizen. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind zwar systemrelevant, verdienen dürfen sie aber nichts. Die Absatzmärkte und damit auch die Umsätze sind einge­brochen, es fehlen die Großabnehmer: Kantinen, Restaurants und Großküchen. Der Absatzeinbruch widerlegt aber auch das Märchen des Bauerbundes, dass die Gastro­nomie nicht auf österreichische Produkte setzt. Mit dem Einzelhandel konnte man die Verluste nicht ausgleichen, denn dieser ersetzt die österreichischen Produkte oft und gerne mit billiger Ware aus dem Ausland. Wir müssen den Absatz sicherstellen, unsere Bäuerinnen und Bauern vor dieser schwierigen Situation schützen und Billigimporte verhindern.

Der erste Schritt müsste eine gute und nachvollziehbare Herkunftskennzeichnung für verarbeitete Produkte sein. Mindestens diesen kleinen Schritt könnten Sie doch setzen! So würden die Kunden genau wissen, woher ihre Lebensmittel kommen, und sie würden auch unsere Bauern gezielt unterstützen. Anstatt es ständig nur anzukündigen, könnten wir jetzt einmal etwas umsetzen.

Unlängst beim Kennzeichnungsgipfel der Regierung, der Ministerin Köstinger, haben Sie darauf hingewiesen, dass das eh im Regierungsprogramm steht und dass man das eh umsetzen wird. Fakt ist, Bauernbundpräsident Strasser ist noch mit einer Aussendung ausgerückt: Ja, wir wollen eh, die Grünen verhindern das aber. – Alles wieder nur Show.

Ich, wir geben euch heute mit einem Antrag die Chance, das zu ändern.

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „lücken­lose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln sicherstellt und unter anderem folgende Punkte umfasst:

- strenge Auslegung der EU-Primärzutatenverordnung

- Herkunftskennzeichnung jener Produkte, die nur wenig verarbeitet sind (insbesondere für den tierischen Bereich)

- Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Eiern und Milch in Großküchen

Ferner muss es eine bessere Unterstützung für freiwillige Kennzeichnungssysteme geben.“

*****

Ich bitte um Zustimmung. Ändern wir etwas! (Beifall bei der FPÖ.)

11.58

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 84

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln

eingebracht im Zuge der Debatte in der 85. Sitzung des Nationalrats am 24. Februar 2021 über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2020 der Bundesregierung (III-170/637 d.B.) - TOP 5

Noch nie war die Auswahl an Produkten aus den verschiedensten Ländern so umfang­reich wie heute. Die Kennzeichnung auf der Verpackung soll die Konsumenten dabei unterstützten, jene Lebensmittel auszuwählen, die dem eigenen Geschmack und den individuellen Bedürfnissen und Wünschen entsprechen.

Um beim Kauf von Lebensmitteln und Rohstoffen ausreichend Informationen für diese Entscheidung zu erhalten, braucht es eine nachvollziehbare und exakte Kennzeichnung. Ein Schritt in diese Richtung ist eine strenge Auslegung der EU-Primärzutaten­ver­ordnung. Dadurch wird eine Verwechslung mit „österreichischen“ Produkten unterbun­den, wenn die enthaltenen Hauptzutaten nicht aus unserem Land kommen.

Weiters muss eine lückenlose Herkunftskennzeichnung verpflichtend für jene Produkte eingeführt werden, die nur wenig verarbeitet wurden – dies gilt vor allem für den tierischen Bereich. Zudem ist eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Fleisch, Eier und Milch in Großküchen erstrebenswert.

In weiterer Folge braucht es für diese Kennzeichnungspflicht systematische Kontrollen durch die Lebensmittelaufsichtsbehörden, um den Handel und die Gemeinschafts­ver­pflegung auf deren Einhaltung zu prüfen. Zusätzlich bedarf es einer größeren Unter­stützung der freiwilligen Systeme, da diese – wie zum Beispiel das AMA-Gütesiegel – den Konsumenten Sicherheit geben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln sicherstellt und unter anderem folgende Punkte umfasst:

•             strenge Auslegung der EU-Primärzutatenverordnung

•             Herkunftskennzeichnung jener Produkte, die nur wenig verarbeitet sind (insbe­sondere für den tierischen Bereich)

•             Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Eiern und Milch in Großküchen

Ferner muss es eine bessere Unterstützung für freiwillige Kennzeichnungssysteme geben.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Georg Strasser. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 85

11.58.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Lieber Peter Schmiedlechner, danke für diese interessanten Ausführungen. Nur zwei Argumente, denn ich habe an und für sich eine seriöse Rede vorbereitet (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ): Das Vertrauen der Bäuerinnen und Bauern wurde dem Bauernbund in den letzten zwei Jahren bei den Kammerwahlen eindeutig ausgesprochen, und ich hoffe, dass du in Wiener Neustadt schon angelobt bist und dort, in dieser Kammer, mitarbeitest.

Zweitens: Mit dem Vorschlag zur Herkunftskennzeichnung sind wir noch nicht ganz zufrieden, da sind wir aber auf dem Weg. Wir haben lange darauf gewartet, dass Frau Kollegin Hartinger-Klein einen Vorschlag liefert; das heißt, Max Linder und ich haben unzählige Male im Sozialministerium angefragt und es herrschte gähnende Leere be­treffend das Thema Herkunftskennzeichnung, als das Ministerium FPÖ-geführt war. (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Wir reden heute über den Grünen Bericht – obwohl der Bericht „Grüner Bericht 2020“ heißt, hat Peter Schmiedlechner richtig festgestellt: Wir reden über das Jahr 2019.

Wenn man ein bisschen in die Jahre 2015, 2016 und 2017 zurückschaut, dann war das 2015er-Jahr ein Krisenjahr und das 2016er und 2017er-Jahr von einem gewissen Aufschwung begleitet, das 2018er-Jahr mit minus 10 Prozent ein Krisenjahr und das 2019er-Jahr sozusagen ein Nullsummenspiel mit einem Ergebnis, mit dem man leben kann, aber mit dem man nicht zufrieden sein darf. Bäuerinnen und Bauern, Verbände, Molkereien und die Regierung haben Maßnahmen gesetzt, um diesem Umstand Rech­nung zu tragen. Ein erstes Zwischenergebnis wurde heute bereits kommuniziert, die Statistik Austria prognostiziert für 2020 im landwirtschaftlichen Einkommen ein Plus von 5,4 Prozent.

Die Regierung schmiedet zielgerecht Programme, um Antworten auf die Klimakrise zu finden, um Antworten auf die Märkte zu finden, um Antworten auf die Covid-Krise zu finden. Erster Bereich: Waldfonds. – Danke, geschätzte Frau Bundesministerin! Da ist etwas gelungen (Beifall bei der ÖVP), da kommt Geld in die Betriebe, da kommt Geld in absatzfördernde Maßnahmen: Holz als Baustoff, Holz als Energiequelle. Letztendlich sind wir froh darüber, dass auch am Holzmarkt wieder ein preislicher Aufwind zu spüren ist. Es wird in die Zukunft investiert und das werden wir auch in Zukunft tun – im Bereich der Programme für ländliche Entwicklung, im Bereich der Covid-Investitionsprämie; wir investieren in Tierwohl, wir investieren in Ökologisierung, wir investieren in Wettbewerbs­fähigkeit und Digitalisierung. Das brauchen unsere bäuerlichen Familienunternehmen. Das war so, das ist so und wird auch in Zukunft so sein, meine geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme zum Schluss zur Handelspolitik der Europäischen Union, weil diese heute noch ein Teil unserer Debatte sein wird, und ich sage ganz offen Ja: Ja zum Binnen­markt, Ja zur internationalen Vernetzung der österreichischen Volkswirtschaft und der europäischen Volkswirtschaften, Ja zu einem Technologietransfer und zur internatio­nalen Vermarktung von Dienstleistungen und Know-how. (Abg. Hafenecker: Aber nicht zum ...!) Wozu wir aber Nein sagen, ist die Vermischung von Handelspolitik mit Land­wirtschaftspolitik (Abg. Hafenecker: Nein zur ÖVP ...!), die Negation von Produktions­standards und Sozialstandards, das Fehlen von Lösungen in Klimafragen und die För­derung der Regenwaldabholzung über Handelsabkommen. Aus dem Grund sagen wir zum Mercosur-Abkommen aktuell Nein (Zwischenruf des Abg. Einwallner), denn es ist ein Relikt aus der Urzeit der Handelsabkommen (Zwischenruf des Abg. Leichtfried), und es braucht dringend Nachbesserungen im Bereich der Lebensmittel und konsequen­terweise im Bereich der Futtermittel.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 86

Da werden wir nicht lockerlassen, die Linie der Regierung ist klar. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.) Ich bedanke mich wirklich für die starke Achse mit den Grünen (Zwi­schenruf des Abg. Leichtfried), denn wir müssen die Lehren aus der Krise ziehen und wir werden dieses Land konsequent aus dieser Krise führen. – Danke schön, alles Gute. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.03


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Also die Rede war unsinniger als angekündigt!)


12.03.45

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Für die Landwirtschaft war das Jahr 2020 sehr herausfordernd. Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich mich bei allen Bäuerinnen und Bauern in Österreich für ihre hart geleistete Arbeit bedanken. (Beifall bei der SPÖ, bei Abge­ordneten der FPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Sie stellen mit ihrer Tätigkeit sicher, dass Österreich auch während dieser schweren Covid-Krise einen hohen Selbstversorgungsgrad an Lebensmitteln aufweist. Der Grüne Bericht, den die Landwirtschaftsministerin jedes Jahr dem Hohen Haus vorlegt, offenbart im Jahr 2020 eine positive Entwicklung der heimischen Landwirtschaft. Doch es gibt trotzdem viel Anlass zur Kritik: Wenn man sich das Einkommen der heimischen Bäue­rinnen und Bauern ansieht, fällt auf, dass dieses im Vergleich zu 2019 zwar gleich geblieben ist, aber die Verteilung eine ganz andere geworden ist.

Die nähere Betrachtung der einzelnen Betriebsformen lässt erkennen, dass Nebener­werbslandwirtInnen im Vergleich zu VollerwerbslandwirtInnen weniger Einkommen erzielen. Frau Ministerin, Österreich ist das Land der Nebenerwerbsbauern, daher ist diese Entwicklung sehr bedenklich und da haben Sie Handlungsbedarf. (Beifall bei der SPÖ.)

„Österreich ist der Feinkostladen Europas.“ – Diesen Satz hört man von der Landwirt­schaftsministerin gerne, wenn sie mit dem Bioland Österreich wirbt. Dass der Anteil der heimischen BiolandwirtInnen zwar gestiegen ist, das Einkommen der Biobauern und Biobäuerinnen im Jahr 2020 aber um satte 10 Prozent gesunken ist, heißt für mich, dass die Ministerin zwar gerne mit Bio wirbt, den heimischen Biobauern aber nicht unter die Arme greift. (Beifall bei der SPÖ.)

Wie in so vielen anderen Bereichen hapert es allerdings auch da bei der ÖVP mit der Verteilungsgerechtigkeit. Die ÖVP agiert auch in der Landwirtschaft in gewohnter Manier und schüttet über den Großen und Mächtigen das Füllhorn aus. Die kleinen Familien­betriebe bleiben leider auf der Strecke und schauen durch die Finger. Am eindrucks­vollsten wird diese Verteilungspolitik beim neu geschaffenen Waldfonds ersichtlich. Es gibt keine Geldmittel, die speziell KleinwaldbesitzerInnen vorbehalten sind; es gibt keine Transparenz, wer wie viele Gelder erhält – und Frau Ministerin, es gibt auch gar keine parlamentarische Kontrolle, nur ist das ja offensichtlich nicht erwünscht. (Bundesminis­terin Köstinger: Doch!) Werte Kolleginnen und Kollegen, wir wollen Transparenz – gerade, wenn es um Steuergelder geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sind allerdings nicht nur die neu geschaffenen Förderungen, die auf großes Unver­ständnis stoßen, sondern auch, dass die Ministerin weiterhin Anbindeställe fördert – ein Medienbericht am Wochenende hat dies hervorragend aufgezeigt. Das sind Ställe, in denen Tiere Tag und Nacht angebunden sind. Das sehen wir als höchstproblematisch und ist nicht mit dem österreichischen Verständnis einer artgerechten Tierhaltung zu vereinbaren. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: ... Blödsinn!) Hier stelle ich mich


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 87

an die Seite des Rinderzuchtverbandes und etlicher BauernvertreterInnen und fordere Sie auf, Frau Ministerin, diese Fördermaßnahme endlich abzustellen.

Zum Abschluss möchte ich mich noch einem Thema widmen, das mir sehr am Herzen liegt: dem Verbot von Glyphosat in Österreich. Ich bin wirklich sehr enttäuscht und eigentlich auch sehr betroffen über den Umstand, dass die Landwirtschaftssprecherin der Grünen vor Monaten im Fernsehen ein Teilverbot angekündigt hat und dann im Nationalrat nichts passiert. Wo ist der Antrag, werte Grüne? Wo ist das Teilverbot, das Sie versprochen haben? Wir warten.

Wissen Sie, wieso ich mich über dieses Thema so massiv aufregen kann? Eine kürzlich von mir gestellte Anfrage an die Landwirtschaftsministerin hat zum Vorschein gebracht, dass der Einsatz von Glyphosat in Österreich 2019 im Vergleich zu 2018 um 10 Tonnen angestiegen ist. (Ruf bei der SPÖ: Boah!)

In Österreich wurden im Jahr 2019 252 Tonnen Glyphosat in Verkehr gebracht, Glypho­sat ist also in der heimischen Landwirtschaft nach wie vor sehr, sehr stark vertreten. Ich begrüße die Initiative der heimischen NGOs, die mit „Kein Steuergeld für Glyphosat“ ein Signal setzen, und stelle dazu folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beendigung der Förderung von Glyphosatprodukten und anderen Breitbandherbiziden durch öffentliche Steuermittel im Rahmen des Umweltprogramms des Programms für die ländliche Entwicklung (Säule 2 der GAP)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, alle Maßnahmen im gegenwärtigen Umweltprogramm des Programms für die ländliche Entwicklung (Säule 2 der GAP) inklusive der Übergangsjahre und in allen zukünftigen Umweltprogrammen im Rahmen der neuen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU so aufzusetzen, dass Agrarfördermittel durch landwirtschaftliche Betriebe nur mehr dann bezogen werden können, wenn Glyphosat-frei bzw. ohne Breitbandherbizide ge­wirtschaftet wird.“

*****

Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Genossinnen und Genossen

betreffend Beendigung der Förderung von Glyphosatprodukten und anderen Breitband­herbiziden durch öffentliche Steuermittel im Rahmen des Umweltprogramms des Pro­gramms für die ländliche Entwicklung (Säule 2 der GAP)

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5 Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2020 der Bundesregierung (III-170/637 d.B.)

Eine kürzlich eingegangene Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Landwirt­schaft, Regionen und Tourismus weist aus, dass es im Vergleich von 2018 auf 2019


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 88

einen Anstieg der in Verkehr gebrachten Menge an Glyphosat gab, nämlich von 242 Tonnen auf 252 Tonnen des Giftes.

Der Wirkstoff Glyphosat wird von der IARC (Internationale Agentur für Krebsforschung, WHO) nach wie vor als möglicherweise krebserregend für den Menschen eingestuft. Trotz Mehrheitsbeschlüssen im Nationalrat sowie im Bundesrat, diesen Wirkstoff in Österreich aus dem Verkehr zu ziehen, und einer breiten Meinung in der Bevölkerung, dass nicht nur im Privatbereich, sondern auch im öffentlichen Bereich und vor allem auch im Rahmen der Lebensmittelherstellung und Futtermittelproduktion Glyphosat keine Verwendung mehr finden soll, sind in Österreich Pestizide mit dem Wirkstoff Glyphosat nach wie vor im Handel.

Die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft hat Hebel in der Hand, die öster­reichischen Äcker von Glyphosat zu befreien. Eine dieser Möglichkeiten besteht durch die Gestaltung des Maßnahmenprogramms für die ländliche Entwicklung, das die sogenannte Säule 2 der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU bildet. Hier ist die Landwirt­schaftsministerin auf Grund fehlender innerösterreichischer gesetzlicher Verpflichtung die alleinige Gestalterin im Rahmen der europäischen Gesetzgebung. Das Umwelt­programm innerhalb der Säule 2 ist ein entscheidender Mechanismus. Es ist längst überfällig, dass Agrarfördermittel, die im Rahmen des Umweltprogramms des Pro­gramms für die ländliche Entwicklung in Anspruch genommen werden können, nur unter der Vor­aussetzung abgerufen werden können, dass der landwirtschaftliche Betrieb ohne Breit­bandherbizide, also auch ohne Pestizide mit den Wirkstoff Glyphosat, seine Felder bearbeitet - dies, um für die Gesundheit der Bevölkerung vorzusorgen und um ein lebendiges Bodenleben zu erhalten, wieder zu erreichen, saubere Grundwasserkörper zu erhalten oder wieder zu erlangen und um ausreichend Futtermittelquellen für Be­stäuber und andere für die Biodiversität wichtige Insekten sicher zu stellen.

Die Umwelt-NGO Global 2000 weist seit Langem darauf hin, dass hier eine wesentliche Mög­lichkeit besteht, die ausgebrachte Menge Glyphosat auf Österreichs Feldern deutlich zu reduzieren. Dies dient auch dem Interesse der landwirtschaftlichen Betriebe, denn ein gesunder Boden und Lebensmittel, die möglichst pestizidfrei produziert wer­den, sichern langfristig die Chancen der Höfe in Österreich. Der Einsatz der öffentlichen Steuermittel durch die Gemeinsamen Agrarpolitik der EU muss Klima- und Umwelt­schutz voranbrin­gen. Gerade das Umweltprogramm ist ein wichtiges Steuerungsinstru­ment, weshalb auch ein direkter Einfluss auf die Ausbringung chemisch-synthetischer Pestizide erfolgen muss.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert, alle Maßnahmen im gegenwärtigen Umweltprogramm des Programms für die ländliche Entwicklung (Säule 2 der GAP) inklusive der Übergangsjahre und in allen zukünftigen Umweltprogrammen im Rahmen der neuen Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU so aufzusetzen, dass Agrarfördermittel durch landwirtschaftliche Betriebe nur mehr dann bezogen werden können, wenn Glyphosat-frei bzw. ohne Breitbandherbizide gewirtschaftet wird.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 89

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Olga Voglauer. – Bitte. (Abg. Leichtfried: Jetzt bin ich sehr neugierig mit dem Glyphosat!)


12.09.10

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bäuerinnen und Bauern zu Hause, die wahrscheinlich jetzt keine Zeit haben, uns zuzu­sehen, weil sie mit ihrer Arbeit beschäftigt sind – aber für jene, die zuschauen: Schön, dass Sie dabei sind!

Der Grüne Bericht ist in der österreichischen Landwirtschaft letztendlich das Standard­werk, an dem wir uns orientieren können. Es ist einzigartig im österreichischen Wirt­schaftsbereich, dass man – auch als Bundesregierung – so einen Bericht als Grundlage hat, um weitere Lenkungseffekte zu überlegen, zu planen und umzusetzen.

Also in Wirklichkeit haben wir mit dem Grünen Bericht jährlich eine Grundlage, anhand der wir sehen können: Wohin tendiert die österreichische Landwirtschaft? Was ist der Trend in der Europäischen Union und global?

Die Vorrednerinnen und -redner haben es schon angesprochen: Die Situation in der Landwirtschaft ist nicht rosig. Auch wenn wir vor circa einer halben Stunde die Nachricht bekommen haben, 2020 sei das Einkommen der bäuerlichen Betriebe um 5 Prozent gestiegen, kann ich Ihnen sagen: Das heißt, Bäuerinnen und Bauern haben im Jahr 2020 um 3,80 Euro pro Tag mehr verdient – also so rosig kann diese Nachricht nicht sein –, 3,80 Euro brutto, versteht sich.

In Österreich gingen in den letzten 50 Jahren 50 000 Betriebe verloren. Pro Tag machen sieben Betriebe das letzte Mal das Licht aus. Das ist keine Erfolgsgeschichte. Es sind keine rosigen Rahmenbedingungen, unter denen man sich zukünftige Innovationen und auch Szenarien überlegt: Wie werde ich mit meiner Jungfamilie oder mit meinen Nach­kommen positiv einwirken, dass wir unsere Landschaft bewirtschaften, dass wir eine Kulturlandschaft erhalten, dass wir auch im biologischen Bereich weiterhin die Nummer eins in Europa bleiben? Es ist dieser Strukturwandel, der uns beschäftigt; nur: Er beschäftigt uns schon ziemlich lang. Das Mehreinkommen des Jahres 2020 ergibt sich nämlich daraus, dass eben jeden Tag Betriebe zusperren. Auf Kosten derer, die zu­sperren, verdiene ich als aktive Bäuerin 3,80 Euro brutto mehr pro Tag. Das kann es ja wohl zukünftig nicht sein.

Trotzdem, obwohl es diesen Strukturwandel gibt, obwohl wir täglich vor Ort, auf unseren Grünflächen und auf unseren Äckern, mit dem Klimawandel kämpfen, gibt es die Nischen, gibt es die Erfolgsgeschichten, gibt es Wege für die Zukunft. Dieser Weg kann nur die biologische Bewirtschaftung unserer Fläche und der Erhalt der fruchtbaren Böden sein. Dieser Weg kann nur dort sein, wo sich Betriebe diversifizieren, wo sie sich auf viele Beine stellen und nicht mit dem Wachsen und Weichen wie bisher weitertun.

Das heißt auch, dass die Neigungsgruppe im landwirtschaftlichen Sektor, die dazu neigt, zu sagen: Bleiben wir bei dem, was jetzt erfolgreich war, und tun wir so weiter!, ihren Erfolg nicht einfahren wird. Wir werden eine neue Neigungsgruppe brauchen, nämlich die, die die Vision der österreichischen Landwirtschaft 2040 entwickelt. Es ist höchste Zeit, dass man sich hinsetzt und diese Arbeit beginnt.

Es sind fast 1,4 Milliarden Euro, die wir jedes Jahr in die österreichische Landwirtschaft einzahlen, um Umweltmaßnahmen zu finanzieren und Direktzahlungen auszuzahlen. Es ist höchste Zeit, aus diesen 1,4 Milliarden Euro eine weitere Klimamilliarde zu machen, denn die Landwirtschaft kann das leisten. Unsere Bäuerinnen und Bauern können das, und sie brauchen diese Vision. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.12



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 90

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Karin Doppelbauer. – Bitte.


12.12.58

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Nur kurz zu meiner Vorrednerin: Wenn man sich das alles anhört, würde man sich wirklich wünschen, dass die Grünen in der Bundesregierung wären. Habe ich etwas verpasst? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Sehr geehrte Frau Minister! Ich habe Ihnen zuletzt im Landwirtschaftsausschuss eine Frage gestellt. Die hat gelautet: Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Landwirte in Öster­reich wieder von ihrem Einkommen leben können? – Die Reaktion, ja, die war einiger­maßen verdutzt: so ganz ohne Förderungen, ganz ohne Subventionen, ohne Steuer­zuckerl?, als ob das vollkommen undenkbar wäre. Ja – ich bin ja bei Ihnen –, es wird auch nicht ganz ohne Förderungen gehen.

Wenn man sich aber den Grünen Bericht anschaut, und nicht nur der letzten zwei, drei, vier Jahre, sondern vor allem auch der letzten Jahrzehnte, muss man sagen, dann sieht man halt, dass die landwirtschaftlichen Einkommen wirklich stagnieren. Die Einkünfte pro Betrieb – wir haben es schon gehört – lagen im Jahr 2019 unter 28 000 Euro. Damit sind wir das Schlusslicht in Westeuropa. Das ist halt das traurige Ergebnis einer jahr­zehntelangen ÖVP-Agrarpolitik.

Sie kommen immer mit den gleichen Ausreden: Es ist die böse EU, wo nichts weitergeht, es sind die internationalen Agrarmärkte. – Das ist natürlich Unsinn, weil dann ja alle anderen westeuropäischen Länder auch Schlusslicht sein müssten. Das sind sie aber nicht. Dann kommt die nächste Ausrede – wobei Ausrede da vielleicht nicht ganz richtig ist –: Es sind die kleinteiligen Strukturen, das schwierige Gelände in der österreichischen Agrartopografie. – Das stimmt, da bin ich auch bei Ihnen. Das ist wirklich schwierig, und deswegen ist es auch wirklich keine Ausrede in diesem Fall. Da bin ich bei Ihnen, das muss ich auch sagen, aber Sie müssten halt einfach auch darüber nachdenken, was man im System verändern muss, um den Landwirten wieder Zukunft zu geben, damit sie wieder von ihrer eigenen Tätigkeit leben können.

Das ist keine Frage für agrarpolitische Feinspitze. Es ist eine ganz, ganz wichtige strate­gische Frage für die österreichische Politik, denn die Landwirtschaft ist ein Schlüssel­faktor. Sie ist ein wirtschaftlicher Schlüsselsektor, der zudem Leistungen für das Allge­meinwohl erbringt. Die werden halt nicht vom Markt abgegolten werden, und, ja, da gibt es auch unser Bekenntnis zu treffsicheren Förderungen, um Standards wie Tierwohl, Artenschutz oder Biodiversität zu sichern. Das wollen wir natürlich auch, aber diese Anliegen der Gesellschaft kosten etwas, und das verzerrt den Wettbewerb. Da würden auch wir sagen: Diese Leistungen müssen fair von der Gesellschaft abgegolten werden.

Jetzt komme ich wieder zum Aber: Wenn man jetzt trotz massiver Förderungen, die jedes Jahr in dieses System gekippt werden, die Anzahl der Betriebe nicht aufrecht­erhalten kann, die Einkommen der Betriebe weiter sinken oder sich zumindest nicht ver­ändern, dann wird es Zeit, dass man die ÖVP-Fördergießkanne überdenkt. (Beifall bei den NEOS.) Sie funktioniert nicht. Sie kippen Geld in ein kaputtes System.

Es kann schon sein, dass die Regierung, wie es mein Vorredner auch gesagt hat, sehr viele Programme schmiedet. Diese Programme sind aber letztendlich alle darauf aus­gelegt, dass es zu größeren Abhängigkeiten kommt. Das mag dem Bauernbund gefallen, doch wir wollen das nicht. (Beifall bei den NEOS.)

Wir legen im Landwirtschaftsausschuss regelmäßig sehr viele Ideen vor, wie man wieder neue Einkommensarten für die Landwirtschaft generieren könnte. Ansätze wären: Er­zeugung von Energie – Windkraft und Agrarfotovoltaik –, das Unternehmertum stärken


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und die Unabhängigkeit vom Handel ermöglichen – zum Beispiel: engere Verzahnung von Gastronomie, Hotellerie und Tourismus, mehr Direktvermarktung. Und, ja, wir würden uns wünschen, dass nicht in jedem Gremium die AMA-Marketing drinnen sitzt, der Bauernbund drinnen sitzt oder die Landwirtschaftskammer drinnen sitzt. Dann würde, glaube ich, da auch mehr weitergehen.

Eine ganz zentrale Zukunftsfrage, bei der es auch eine Riesenmöglichkeit für Einkom­men in der Landwirtschaft gäbe, ist die Frage der CO2-Speicherung. Da gibt es ganz, ganz große Potenziale, die Landwirtschaft – nicht nur beim Humusaufbau oder Forst­aufbau oder bei der Bewirtschaftung von Almen – in den Emissionshandel zu holen. Da gibt es wirklich ganz, ganz viele Möglichkeiten. Es gäbe also diese Ansätze, es gäbe viele Ideen. Wir legen sie regelmäßig auf den Tisch, doch sie werden regelmäßig vertagt.

Ja, es kommen auch Impulse aus Ihrem Haus, aber da wird halt sehr viel geredet, und letztendlich wird wenig umgesetzt. Das ist das Problem. Sie müssen es einfach tun, aber, ja, man muss konstatieren: Wenn die Regierung im Augenblick zeigt, dass sie etwas kann, dann ist es jedenfalls nicht, dass die Stärke in der Umsetzung liegt. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.17


Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.


12.18.04

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Wir über­mitteln jedes Jahr den Grünen Bericht an das Parlament. Der Grüne Bericht 2020 be­schreibt sehr detailliert die wirtschaftliche und vor allem auch die soziale Situation unserer bäuerlichen Familien im Jahr 2019. Der Grüne Bericht ist vor allem auch für uns in der politischen Entscheidungsfindung eine ganz zentrale Grundlage dafür, wie wir die Weichen in Richtung Zukunft stellen.

Die bäuerlichen Familienbetriebe – und das unterscheidet uns durchaus von den Agrar­modellen anderer Länder in Europa, auch in unseren Nachbarstaaten – bauen ganz, ganz stark auf flächendeckende Bewirtschaftung, von den Bergregionen bis in die Täler. Wir setzen vor allem auf die bäuerlichen Familienbetriebe.

Ja, es wird wahrscheinlich immer einen Fleck auf dieser Erde geben, wo man billiger und schneller produzieren kann als bei uns in Österreich, weil wir in vielerlei Hinsicht durch die Berggebiete und durch die benachteiligten Gebiete wenige Gunstlagen haben. Wir setzen aber – und das ist das ganz klare Bekenntnis vor allem auch dieser Bun­desregierung – auf die Flächenbewirtschaftung in allen Regionen und unterstützen vor allem auch die kleinteilige österreichische Landwirtschaft in einem übergeordneten Maß, weil wir davon überzeugt sind, dass es unsere ganz, ganz große Stärke ist, dass wir nicht auf wenige große Betriebe setzen, sondern auf die kleinbäuerlichen Familien­betriebe. Das wird auch unser Weg für die Zukunft sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Grüne Bericht 2020 zeigt auch sehr deutlich, wie abhängig die bäuerliche Produktion von Naturfaktoren ist. Wir hatten 2019 ein sehr trockenes, niederschlagarmes Jahr. Das wirkt sich natürlich auch auf die Erntemengen aus, was sich dann natürlich auch auf die Marktpreise und in letzter Konsequenz auf die Einkommen auswirkt. In vielerlei Hinsicht sind es externe Faktoren, die dazu einen Beitrag leisten, vielleicht ist aber Marktwirt­schaft nicht immer die ganz große Stärke von Einzelnen.

Die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft beliefen sich 2019 auf rund 28 000 Euro je Betrieb und blieben damit gegenüber dem Jahr 2018 de facto unverändert. Positive


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Faktoren bei der Einkommensentwicklung waren vor allem bessere Erträge aus der Direkt­vermarktung, dem Heurigenbetrieb und auch aus dem Bereich Urlaub am Bauern­hof. Das ist wahrscheinlich auch eine der guten Nachrichten, die der Grüne Bericht mit sich bringt. Es sind eben vor allem kleinere landwirtschaftliche Betriebe, die diese Betriebs­zweige gewählt haben und dabei durchaus ein Einkommensplus erzielen konn­ten.

Außerdem wirkten sich die höheren Schweinepreise, die höheren Erntemengen bei Getreide, Hack- und Ölfrüchten sowie die Zunahme der öffentlichen Mittel für die Abgel­tung aus den Agrarumweltmaßnahmen positiv aus. Wir haben in unseren Förder­pro­grammen vor allem einen großen Schwerpunkt auf den Bereich Klimaschutz gelegt, und das ist natürlich auch in der Landwirtschaft einkommenswirksam.

Einkommensmindernd wirken sich aufgrund des hohen Schadholzanfalls durch den Borkenkäfer sehr stark gesunkene Holzpreise sowie höhere Kosten für Tierzukäufe, Futtermittel, Energie und auch Instandhaltungen aus. Wir verzeichneten niedrige Erzeu­gerpreise im Obst- und Weinbau. Das hat 2019 vor allem auch mit einer sehr hohen Erntemenge zu tun. Rückläufige Preise im Bereich der Rinderhaltung zeigen ebenfalls negative Auswirkungen auf die Einkommen.

Das Jahr 2019 war von äußerst unterschiedlichen Entwicklungen bei den verschiedenen Betriebsformen geprägt. Den höchsten Einkommensanstieg – 49 Prozent – erzielten die Veredelungsbetriebe. Natürlich ist es auch für uns sehr wichtig, zu schauen, wo es Rückgänge gibt, und dort entsprechend entgegenzuwirken. Vielleicht kann man aber auch in diesem Kreis einmal anerkennen, dass ein Plus von 49 Prozent speziell bei Veredelungsbetrieben durchaus sehr beachtlich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Die Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest in Asien hat aufgrund des hohen Import­bedarfs, speziell aus China, im Jahr 2019 zu kräftigen Preisanstiegen in Europa geführt. Für das Jahr 2020 hat sich die Situation vollkommen gedreht, jetzt erlebt die Schweine­branche seit Monaten exakt das Gegenteil. Wir haben ja durch Fälle der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland einen massiven Markteinbruch zu verzeich­nen. Wir haben deswegen auch auf Initiative des Landwirtschaftsministeriums einen ganz dringend notwendigen Verlustersatz für diese indirekt betroffenen Betriebe in der Landwirtschaft auf den Weg gebracht. Wir unterstützen explizit die Familienbetriebe, die eine sehr schwere Zeit durchmachen, vor allem weil auch Gastronomie und Hotellerie geschlossen sind und damit ein ganz wesentlicher Absatzmarkt für die Landwirtschaft fehlt.

Positiv war im Jahr 2019 die Entwicklung bei den landwirtschaftlichen Gemischt­betrie­ben mit einem Einkommensplus von 9 Prozent und bei den Marktfruchtbetrieben mit 4 Prozent mehr Einkommen gegenüber dem Jahr 2018. Nach der erneuten Trockenheit im Frühjahr rettete später Niederschlag im Mai die Getreideernte. Positiv haben sich der geringere Schädlingsbefall bei Hackfrüchten und auch die höhere Anbaufläche von Sonnenblumen und Ölkürbissen ausgewirkt.

Bei den Forstbetrieben mussten Einkommensrückgänge in der Höhe von 10 Prozent festgestellt werden. Wir haben ein großes Niederschlagsdefizit bei sehr langen Hitze­perioden. Das betrifft uns nahezu in ganz Österreich, ganz speziell aber in Niederöster­reich und Oberösterreich. Das hat einen erhöhten Anfall von Borkenkäferschadholz mit sich gebracht und entsprechend auch einen Rückgang des Holzpreises. Die Situation am Holzmarkt ist nicht nur in Österreich eine sehr schwierige, sondern in ganz Mittel­europa. Die Schadholzsituation ist vor allem auch in der Slowakei, in Tschechien und in Deutschland enorm, und das drückt massiv die Preise.

Diesbezüglich haben wir bereits Lösungen in Umsetzung, die den sehr stark betroffenen Waldbauern wirklich massive Unterstützung bringen und ihnen auch unter die Arme greifen werden. Wir stellen insgesamt 350 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist das


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größte Investitionspaket in den österreichischen Wald in der Geschichte der Zweiten Republik, und darauf können wir, glaube ich, sehr stolz sein. Dafür darf ich mich noch einmal sehr herzlich beim Parlament für die Unterstützung bedanken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Diese Maßnahmen sind seit 1. Feber für die bäuerlichen Familienbetriebe zu bean­tragen, und wir werden damit jetzt sehr schnell in die Umsetzung gehen, denn jeder Tag, an dem wir aufforsten, ist ein guter Tag, weil er die Grundlage für die nächsten und übernächsten Generationen schafft, damit auch diese aus dem Wald ein Einkommen erwirtschaften können. Der Wald ist die wichtigste Klimaanlage in Österreich – auch das darf man nicht vergessen.

Auch die Futterbaubetriebe hatten im Jahr 2019 aufgrund höherer Sachaufwendungen und Abschreibungen bei gleichbleibenden Erträgen ein Einkommensminus in der Höhe von 7 Prozent zu verzeichnen. Den stärksten Einkommensrückgang – 31 Prozent – mussten die Dauerkulturbetriebe hinnehmen, dieser war vor allem durch enorme Preis­rückgänge im Vergleich zum Vorjahr im Obstbau und durch Ertragseinbußen im Wein­bau bedingt.

Viele Redebeiträge der geschätzten Kolleginnen und Kollegen lassen sich durchaus widerlegen: Es wird behauptet, wir würden nur auf die größeren Betriebe schauen und diese zusätzlich noch in irgendeiner Art und Weise überproportional fördern und unter­stützen. Der Grüne Bericht zeigt, dass in der Direktvermarktung, im Bereich von Urlaub am Bauernhof und der Heurigenbetriebe das größte Plus zu verzeichnen ist und dass vor allem im Ackerbau durchaus ein größeres Minus hinzunehmen ist. Das hat wie gesagt sehr stark mit Niederschlag und Erntemengen zu tun.

In all diesen sehr sensiblen Bereichen arbeiten wir intensiv daran, Unterstützungs­maß­nahmen auszubauen, und wir versuchen vor allem auch, alternative Absatzwege zu finden. Der Markt ist für uns natürlich ganz entscheidend. Da setzen wir auch in den nächsten Mo­naten einige wichtige Akzente, um für bessere Wertschöpfung in den Be­trieben zu sorgen.

Ich darf an dieser Stelle ein ganz, ganz großes Dankeschön an alle Bäuerinnen und Bauern in diesem Land aussprechen. Ich glaube, vor allem das Jahr 2020 und die Corona­krise haben gezeigt, wie wichtig und systemrelevant unsere bäuerliche Produktion in Österreich ist. Wir haben Schutzmaterialien, Medikamente und vieles andere – bis jetzt auch hin zu den Impfstoffen – von überall besorgen müssen.

Betreffend Lebensmittel können wir uns in allen wichtigen Bereichen selbst versorgen. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Faktoren im Hinblick auf die Lebensmittel­ver­sorgungssicherheit in diesem Land, und dafür gebührt unseren Bäuerinnen und Bauern der ganz große Dank, die 365 Tage im Jahr dafür arbeiten, dass unsere Tische gedeckt sind, dass unsere Regale voll sind und dass wir vor allem auch einen lebendigen länd­lichen Raum haben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

12.27


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Josef Hechenberger. – Bitte.


12.27.54

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Ge­schätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ganz besonders: geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! An und für sich ist jetzt Mittagszeit, und es ist die wichtigste Gelegenheit, bei der man mit der Landwirtschaft in Kontakt kommt: beim Mittagessen. Deshalb ein Danke an die Bauernfamilien, die rund um die Uhr, jeden Tag im Jahr, jahrein, jahraus fleißig arbeiten und den österreichischen Konsumentinnen und Konsu­menten Lebensmittel in höchster Qualität und in ausreichender Menge zur Verfügung stellen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


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Wir diskutieren heute den Grünen Bericht betreffend das Jahr 2019, und ich darf, bevor ich darauf einsteige, die aktuelle Situation analysieren: Die Landwirtschaft ist von der Coronakrise massiv betroffen. Danke, Frau Minister, für die Maßnahmen, die bereits gesetzt wurden. Es ist aber notwendig, weitere Maßnahmen zu setzen.

Aktuell liegen bei uns in Tirol 2 000 Tonnen Kartoffeln und warten auf Abnehmer. Das ist aufgrund des Ablaufdatums äußerst schwierig – ab April können wir sie in die Bio­gasanlage führen. Wir wollen ja Lebensmittel in den Verkehr beziehungsweise zu den Konsumentinnen und Konsumenten bringen.

Ich schaue mir die Zahlen bei der Einkommensentwicklung immer sehr genau an. Es ist doch so, dass gerade die Bergbauern beim Einkommen hinterherhinken. Ich denke, wir müssen uns in nächster Zeit wirklich sehr bemühen, die Berglandwirtschaft, die benach­teiligten Regionen im Bereich der Produktverbesserung, aber auch im Bereich der Aus­gleichszahlung stärker zu unterstützen. Für mich ist klar: In der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik braucht es ein rechtssicheres System der Almfutterflächenfeststellung, eine Stärkung der Ausgleichszulage und eine bessere Unterstützung der ersten Hektare.

Ich bin sehr froh über die Diskussion und darüber, dass wir uns im letzten Landwirt­schafts­ausschuss ausführlich mit dem Thema Mercosur beschäftigt haben. Es wird ja heute mehrheitlich von den Regierungsparteien beschlossen, dass das Mercosur-Ab­kommen so nicht umgesetzt wird. Meiner Meinung sehr schade ist, dass die geeinte Opposition nicht mitgestimmt hat. Da frage ich mich dann schon: Wer ist für die öster­reichische Land­wirtschaft und wer ist dagegen? (Beifall bei der ÖVP. Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Beim Thema Herkunftskennzeichnung gibt es noch Luft nach oben. Es gibt jetzt den ersten Gesetzesvorschlag, der muss weiterentwickelt werden. Wir haben ein tolles Re­gierungsprogramm, und auf Basis des Regierungsprogrammes muss die Herkunfts­kenn­zeichnung umgesetzt werden. Das ist nicht nur unsere Forderung, da sind wir den Bauernfamilien und den Konsumenten verpflichtet. Wir werden das gemeinsam mit einem starken Bauernbund in der ÖVP umsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend nun zu Kollegin Ecker  jetzt sehe ich sie gerade nicht –, zum Vorwurf hin­sichtlich Unterstützung der Anbindeställe: Also Frau Kollegin, da würde ich wirklich bitten, sich zuerst zu informieren, zuerst Gesetze zu lesen und dann hier am Rednerpult Rede­beiträge abzugeben. Fakt ist, die ständige Anbindehaltung ist verboten. (Abg. Cornelia Ecker: Das stimmt nicht!) Das stimmt schon, Sie brauchen nur nachzulesen. Ich bin ein glühender Befürworter, da gerade in extremen Bergregionen die Anbinde­haltung in Kombination mit Auslauf und Weide eine gute Form der Viehhaltung für die Zukunft ist.

Ich würde Sie einladen, Frau Kollegin, einmal mit mir Betriebe anzuschauen, das sind oft die Klein- und Kleinstbetriebe, die so Landwirtschaft betreiben: Im Winter wird die Kuh zeitweise angebunden, dafür ist sie im Frühjahr, im Sommer und im Herbst auf der Weide und im Winter zusätzlich im Laufhof oder im Auslauf. Also wenn das nicht artge­recht ist, dann verstehe ich das nicht. Bitte zuerst informieren, dann reden! Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.32


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Sie haben das Wort.


12.32.10

Abgeordneter Klaus Köchl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Grüne Bericht ist ein Bericht, in dem sehr viel geschrieben und eigentlich sehr gut zusammengefasst ist. Man muss nur wissen, dass in diesem Bericht der ganz reiche Bauer und der ganz arme Bauer, der Nebenerwerbsbauer, gar nicht mehr vorkommen. Wenn Herr Strasser sagt, wir machen Landwirtschaftspolitik, das war


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so, das ist so und das wird auch immer so sein, so muss ich erwidern: Es ist für mich ganz klar, solange die ÖVP in Österreich in der Landwirtschaft zu reden hat, werden halt täglich sieben bis neun Betriebe zusperren. Das werdet ihr nicht zusammenbringen, dass die Bauern anständig leben können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihr zeigt das auch beim Waldfondsgesetz. Es ist zu befürworten, 350 Millionen Euro in drei Jahren, der Beschluss war im Sommer 2020. Was mich da so stört, Frau Minister, ist Folgendes: Warum bringen Sie dazu im Parlament keinen Bericht? Warum sagen Sie nicht, wer das Geld kriegt? Es ist ja bei der ÖVP so, dass wieder die großen Betriebe bis 200 000 Euro kriegen. Warum macht ihr das so? Warum fördert ihr nicht die Klein­bauern? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Köstinger.) Dann brauchen wir uns keine Gedanken mehr darüber zu machen, ob eine Kuh ange­bunden ist oder nicht, denn das wird bei den kleinen Bauern so und so nicht mehr funktionieren. Warum tragt ihr das nicht in die Transparenzdatenbank ein? Warum wird nicht eingetragen, welche Förderungen es da gibt? – Ich kann das nicht verstehen.

Deshalb bringe ich auch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „notwendige Transparenz und zusätzliche Vorgaben bei der Vergabe von 350 Mio. € an Waldbe­sitzerInnen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert,

1. die durch öffentliche Steuermittel finanzierten Fördermittel des Waldfonds so auszu­zahlen, dass

- die Förderungen degressiv sind, so dass pro Hektar Förderflächen kleinere Forsteigen­tümerInnen in Relation mehr Ausgleich erhalten als Wald-Großgrundbesitzer“ das ist ja ganz klar, die Kleinen sollen da pro Hektar mehr kriegen als die Großen, das ist ja irgendwie ganz logisch –„,

- die ausbezahlten Förderungen in die Transparenzdatenbank [...] eingetragen werden,

- die Einhaltung der kollektivvertraglichen Entlohnung und der ordnungsgemäßen Unter­künfte der durch diese Maßnahme beschäftigten WaldarbeiterInnen überprüft und ga­rantiert wird,

- ein Verzicht auf den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide vorgegeben wird“ – das sind unsere Forderungen –„, und

2. dem Nationalrat für die Dauer der Maßnahmen jährlich einen Bericht vorzulegen, der neben einer Darstellung der Förderfälle u. a. auch eine Quantifizierung der CO2-Einspa­rungen ausweist.“

*****

Da sind die Grünen meines Erachtens nämlich komplett daneben, darauf achtet ihr nicht. Das ist jetzt eine Covid-Förderung und keine Klimaförderung mehr. (Beifall bei der SPÖ.)

12.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 96

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Klaus Köchl,

Genossinnen und Genossen

betreffend notwendige Transparenz und zusätzliche Vorgaben bei der Vergabe von 350 Mio. € an WaldbesitzerInnen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5 Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2020 der Bundesregierung (III-170/637 d.B.)

Seit Kurzem liegt die Sonderrichtlinie der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus zur Vergabe der öffentlichen Fördermittel des Waldfonds in Höhe von insgesamt 350 Millionen Euro innerhalb von drei Jahren an WaldbesitzerInnen vor.

Bereits bei Beschluss des Waldfondsgesetzes im Sommer 2020 wurde der Mangel auf­gezeigt, dass es keinerlei Vorgabe gibt, inwiefern die BMLRT dem Parlament offen zu legen hat, an wen welche Förderung aus welchem Maßnahmentopf ausgezahlt wird. Zusätzlich lässt sich aus den bisherigen Wortmeldungen insbesondere der ÖVP schließen, dass es sich bei den Waldfondsgeldern vor allem um eine auf die Gesellschaft ausgelagerte Haftungsübernahme für den Wertverlust von Grundbesitz handelt. Entge­gen diesen Äußerungen und den im Gesetz formulierten Zielen wird der Waldfonds im Budget 2021 so dargestellt, dass es sich um eine Covid-Maßnahme handelt. Im Sommer 2020 wurde bei Beschlussfassung des Gesetzes noch von einer Klimaschutzmaßnahme in Höhe von 350 Mio. € gesprochen. Wie hoch die Treibhausgaseinsparungen pro Maß­nahme pro Mitteleinsatz sein sollen, wurde bis jetzt noch immer nicht beantwortet – auch die Richtlinie gibt hier keine Anhaltspunkte.

Der Mangel der gesetzlichen Vorgaben für die Richtlinienerstellung zeigt sich – wie leider erwartet - auch darin, dass der Fördergeldbezug weder von einem Verzicht auf che­misch-synthetische Pestizide, noch von der Einhaltung von Arbeitnehmervorschriften abhängig gemacht wird, und keine Obergrenze eingezogen wurde, sondern bei nur einer einzigen von insgesamt zehn Maßnahmen bis zu 200.000 € für Großbetriebe bezahlt wird.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus wird aufgefordert,

1.          die durch öffentliche Steuermittel finanzierten Fördermittel des Waldfonds so auszuzahlen, dass

•             die Förderungen degressiv sind, so dass pro Hektar Förderfläche kleinere ForsteigentümerInnen in Relation mehr Ausgleich erhalten als Wald-Großgrundbesitzer,

•             die ausbezahlten Förderungen in die Transparenzdatenbank: www.transparenzdatenbank.at eingetragen werden,

•             die Einhaltung der kollektivvertraglichen Entlohnung und der ordnungsgemäßen Unterkünfte der durch diese Maßnahmen beschäftigten WaldarbeiterInnen überprüft und garantiert wird,

•             ein Verzicht auf den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide vorgegeben wird, und


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 97

2. dem Nationalrat für die Dauer der Maßnahmen jährlich einen Bericht vorzulegen, der neben einer Darstellung der Förderfälle u.a. auch eine Quantifizierung der CO2- Ein­sparungen ausweist.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt, steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Cornelia Ecker zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Abgeordnete.


12.35.17

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Frau Präsidentin! Ich möchte gerne eine tat­säch­liche Berichtigung bringen, und zwar: Abgeordneter Hechenberger hat in seiner Rede behauptet, dass es die Anbindehaltung in Österreich nicht mehr gibt.

Tatsächlich berichtige ich, dass das unrichtig ist. Der richtige Sachverhalt lautet: Es gibt viele Ausnahmen, die das tatsächlich erlauben. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Dass dieses Tierschutzgesetz kein besseres ist, daran ist mit Sicherheit die ÖVP schuld, denn es gibt Ausnahmen: wenn die Tiere nicht auf eine Weide gebracht werden können, in städti­schen Betrieben und, und, und. Also es ist leider nicht wahr, was der Kollege behauptet hat. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenruf bei der ÖVP.)

12.35


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Clemens Stammler. – Bitte.


12.36.00

Abgeordneter Clemens Stammler (Grüne): Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir den Grünen Bericht der letzten Jahre anschauen, wirft sich leider schon die Frage auf, ob die Bauern­befreiung durch Kudlich tatsächlich eine Bauernbefreiung war, oder ob nur der Herr ausgetauscht wurde, nämlich weg von den Grafen, hin zu Raiffeisen.

Die Entwicklung, die dieser Grüne Bericht aufzeigt – und ganz interessant, im oberöster­reichischen Grünen Bericht ist eine Prognose drinnen, die bei fortschreitendem Klima­wandel nicht im höchsten, sondern im mittleren Niveau liegt –, zeigt uns: Das trifft nicht nur die 3,5 Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft, sondern das betrifft das ganze Land.

Die Prognosen würden sagen, dass in den Jahren ab 2035 die Eigenversorgung bei Weizen von 102 Prozent auf 51 Prozent und bei Kartoffeln von 85 Prozent auf 30 Pro­zent zurückgeht. Wer in diesem Land eine Eigenversorgung, die gerade in Krisenzeiten notwendig ist, erhalten will, muss die kleinbäuerliche Struktur erhalten. Wir sprechen uns auch für eine flächendeckende Förderung über Österreich aus, aber man muss schon schauen, wohin beziehungsweise in welche Sparten man diese gibt. Wir müssen die Bauern dort unterstützen, wo sie gut sind, und gut sind sie darin, qualitativ hochwertige Lebensmittel herzustellen und nicht Lebensmittel en masse für einen Weltmarkt herzu­stellen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich gebe Kollegen Strasser recht, wenn er sagt, die große Marktordnung wird in Brüssel, wird in der EU geschrieben. Derzeit merken wir da eines: Ja, es sind zwei Loks – auf beiden Seiten des Zugs eine – angespannt. Während wir einerseits Farm to Fork haben, haben wir andererseits Abkommen wie Mercosur und Freihandel und Welthandel. Das ist richtig. Die Frage ist nur: Was unterstützen wir als Österreich? Wo geben wir unser


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 98

starkes Triebwerk hin? Was können wir wirklich tun, um diese Einkommensschere zwischen Bergbauern und Nichtbergbauern etwas zu schmälern? Was können wir wirklich tun, um kleine Betriebe zu schützen beziehungsweise zu fördern?

Bei den kleinen Betrieben bis circa 40 Hektar gibt es den Umstand, dass sie 75 Prozent ihres Einkommens an die Sozialversicherung abgeben, während die Großen ab 200 Hektar bei 24 Prozent liegen. Der Durchschnittsatz soll irgendwo zwischen 32 und 33 Prozent liegen, da bedarf es einer Anpassung. Es bedarf einer Anpassung bei der AZ, bei den Ausgleichszahlungen für benachteiligte Gebiete, und es müssen die ersten 20 Hektar besser gefördert werden, denn krisenfeste Landwirtschaft ist kleinstrukturierte, familien­basierte Landwirtschaft. (Beifall bei den Grünen. Zwischenruf bei der ÖVP.)

12.39


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte.


12.40.05

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Wir debattieren den Grünen Bericht 2020, also die Zahlen aus dem Jahr 2019. Ohne jetzt alles noch einmal wiederholen zu wollen, ist klar, dass das Jahr 2019 mit durchschnittlich 27 966 Euro Betriebseinkünften eigentlich unverändert war gegenüber dem Jahr 2018 mit 28 035 Euro. Dass das ein schlechter Wert ist, ist uns allen klar, und das, obwohl die Politik ihre Hausaufgaben gemacht hat und wir auch jedes Jahr eine Steigerung des Agrarbudgets um 2,4 Prozent erreicht haben. – Die Politik hat also ihre Aufgaben gemacht.

Wenn man in der Debatte jetzt hört, man müsse die Kleinen fördern, sollte man vielleicht auch einmal die Zahlen im Grünen Bericht zur Kenntnis nehmen, denn Faktum ist, dass gerade die kleinsten Betriebe, die es am schwersten haben, nämlich die Bergbauern­gruppe 4, eine Steigerung von 12 Prozent an öffentlichen Mitteln hatten. Also genau das, was Sie fordern, hat stattgefunden, und ich finde es auch richtig so. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich der Debatte heute zuhöre, freut es mich: Es stehen eigentlich alle Fraktionen sehr hinter der Landwirtschaft, alle sagen, was man da nicht alles machen müsse. Ich erinnere mich aber auch an andere Debatten, die wir geführt haben, zum Beispiel über das Forstpaket oder über die vorgezogenen Maßnahmen aus der Steuerreform, als das dann plötzlich ganz anders geklungen hat. Da sind die Bauern dann die Abcasher, weil man betreffend Pensionsberechnung etwas gemacht hat; da sind sie dann plötzlich die Großabcasher. So klingt es, wenn man die Themen auswechselt. So kann man Agrar­politik nicht machen – nicht heute hü und morgen hott –, sondern man muss das ganze Jahr hinter den Bauern stehen. Das tut die ÖVP, das tut der Bauernbund. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich habe viel Verständnis für unsere Gesellschaft, für unsere Konsumentinnen und Konsumenten. Sie haben Wünsche an die Landwirtschaft, und wir können diese Wünsche erfüllen. Sie wollen mehr bio – wir können das, wir machen das. Selbstverständlich können wir das! Sie wollen mehr hochwertige, gesunde, regionale Lebensmittel – die österreichische Landwirtschaft kann das, sie macht das gerne. Sie wollen mehr Tierwohl – ja, wir leben mit und von unseren Tieren, wir wollen mehr Tier­wohl, wir können das, wir machen das. Sie wollen noch mehr Arbeitsplätze im ländlichen Raum, Investitionen in den ländlichen Raum – ja, wer, wenn nicht die Landwirtschaft investiert da und macht das? –, sie wollen das, wir machen das.

Wir verstehen diese Wünsche, meine Damen und Herren, und da schließt sich dann wieder der Kreis zu uns, denn das Ganze gibt es eben nicht zum Nulltarif. (Beifall bei der ÖVP.)


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Ich möchte noch einmal wiederholen: Die Wünsche der Gesellschaft sind bei uns ange­kommen. Wir verstehen sie und wir arbeiten daran, aber wir brauchen den gleichen Schulterschluss, der betreffend Anforderungen besteht, auch betreffend Umsetzung der Unterstützung. Diese verständlichen Anforderungen müssen mit Respekt, Anstand und Fairness abgegolten werden, und auch dafür muss es einen Schulterschluss geben.

Meine Damen und Herren, dafür, dass diese Fairness den bäuerlichen Betrieben in Österreich gegenüber gewahrt wird, gibt es einige Garanten. Einer sitzt hier, es ist unsere Ministerin Elli Köstinger. Es ist natürlich der Österreichische Bauernbund mit unserem Präsidenten Georg Strasser an der Spitze – was auch bei den letzten Kammer­wahlen eindrücklich bestätigt wurde. (Zwischenrufe der Abgeordneten Rauch und Schmiedlechner.) Es ist die ÖVP, es ist diese Regierung aus Grünen und ÖVP, und es sind – und da möchte ich zwei Männer besonders hervorheben – zwei Josefs aus dem Westen, Josef Hechenberger in Tirol und Josef Moosbrugger in Vorarlberg, die gerade eine Kammerwahl schlagen. Ich sage Ihnen: Eine Stimme für den Bauernbund ist eine gute Stimme. (Beifall bei der ÖVP.)

12.44


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Elisabeth Feichtinger zu Wort gemeldet. – Bitte.


12.44.20

Abgeordnete Elisabeth Feichtinger, BEd BEd (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kommen wir jetzt bitte wieder zu den Fakten zurück! Der Grüne Bericht sagt etwas anderes: Die Einkommens­unterschiede zwischen den großen und den kleinen landwirtschaftlichen Betrieben haben sich massiv differenziert. Das wurde untersucht, und im Vergleich zwischen 2019 und 2020 ist es ganz klar so, dass es bei den Bergbauern 5 Prozent und bei den Biobauern 10 Prozent Einkommensverlust gibt. Wenn man dann noch weiß, dass zwei Drittel der Bergbauern Biobauern sind, dann braucht man gar nicht mehr extra zu beto­nen, dass da dringender Handlungsbedarf besteht.

15 000 Euro im Jahr muss man verdienen, damit man die Chance bekommt, im Grünen Bericht repräsentiert zu sein. Die kleinen ländlichen Sacherln, wie wir sie bei uns im Salzkammergut nennen, scheinen im Grünen Bericht gar nicht auf, aber sie sind sehr, sehr wichtig für den ländlichen Raum. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Rauch.)

Wir hätten jetzt die Chance, zurzeit laufen ja die Verhandlungen über die neuen För­derrichtlinien für 2023 bis 2027, dass es zu mehr Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Landwirten, zu mehr kleinteiliger Landwirtschaft kommt, die es dringend braucht. Die Einkommensunterschiede zwischen Vollerwerb, Nebenerwerb, Biobauern und Bergbauern sind klar ersichtlich und werden immer größer. Es braucht mehr Verteilungs­gerechtigkeit im Fördersystem der GAP, um das Höfesterben zu verhindern.

Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag  

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umverteilungs­prämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuermittel zwischen den land­wirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, sich aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit auf


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 100

europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass alle Mitgliedstaaten eine Umverteilungs­prämie in Höhe von 100 Euro pro Hektar für die ersten 20 Hektar pro landwirtschaft­lichem Betrieb festsetzen können und dass diese auch in Österreich bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben für die nächste Förderperiode der GAP eingeführt wird.“

*****

Liebe Abgeordnete der Regierungsfraktionen, stimmen Sie dem Antrag zu, um kleinen landwirtschaftlichen Betrieben eine Chance zu geben! (Beifall bei der SPÖ.)

12.46

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Cornelia Ecker, Elisabeth Feichtinger, BEd BEd, Genossinnen und Genossen

betreffend Umverteilungsprämie um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuer­mittel zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 5 Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2020 der Bundesregierung (III-170/637 d.B.)

Die derzeit laufenden Verhandlungen zu den Vorgaben der Verteilung der Fördermittel der nächsten Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) für die Jahre 2023-2027 haben leider schon gezeigt, dass die Flächenzahlungen weiterhin eine eigene Säule der Förderung darstellen werden. Eine Deckelung der Förderungen der Säule 1 wird zusätzlich mit höchster Wahrscheinlichkeit nur auf hohem Niveau, nämlich 100 000 € pro Betrieb festgelegt werden – und dies auch nur freiwillig (!). Dies festzulegen bleibt den Mitgliedsstaaten überlassen. Die Verteilungsgerechtigkeits-Frage wird immer dring­licher. Der Grüne Bericht 2020 zeigt auf, dass die Einkommen der landwirtschaft­lichen Betriebe immer weiter auseinanderdriften. Dies findet zwischen den Vollerwerbs- und Nebenerwerbsbetrieben, aber auch den Bergbauernbetrieben statt. Dies findet auch statt zwischen den großen Betrieben und den kleineren Betrieben, die sehr oft um das wirtschaftliche Überleben kämpfen. So lag laut Grünem Bericht 2020 das verfügbare Haushaltseinkommen in einem größeren Landwirtschaftsbetrieb im Durchschnitt bei 59.093 €, während das eines Kleinbetriebes inklusiver aller anderen Einkünfte – vor allem auch jener der unselbständigen Einkommen - bei nur 38.122 € lag. Eine wichtige Maßnahme, um ein Höfesterben verhindern zu helfen und tatsächlich etwas mehr Vertei­lungsgerechtigkeit in das Fördersystem der GAP zu bringen, ist die Vorgabe, eine Umverteilungsprämie für die ersten zwanzig Hektar pro Betrieb vorzuschreiben.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, sich aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass alle Mitgliedstaaten eine Umverteilungs-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 101

prämie in Höhe von 100 Euro pro Hektar für die ersten 20 Hektar pro landwirtschaft­lichem Betrieb festsetzen können und dass diese auch in Österreich bei der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben für die nächste Förderperiode der GAP eingeführt wird.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Lindinger. – Bitte.


12.46.58

Abgeordneter Ing. Klaus Lindinger, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Transparenz zählt mehr denn je, das sehen wir tagtäglich bei allen oder bei sehr vielen Dingen, die wir persönlich erleben, die wir im betrieblichen Umfeld erleben, familiär und in der Beziehung. Transparenz zählt mehr denn je, und genau diese Transparenz haben wir auch bei den Nahrungsmitteln im Supermarkt, in der Gemüseabteilung bei der Herkunftskennzeichnung der Karotten oder Erdäpfel: Da steht drauf, woher die Produkte kommen. Diese Transparenz ermög­licht ein bewusstes Handeln, nämlich sich selbst zu entscheiden: Kaufe ich diese Pro­dukte oder lege ich sie wieder zurück ins Regal?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt da eine einzige Ausnahme, und diese einzige Ausnahme gibt es zwei Millionen Mal am Tag: Beim Außerhausverzehr, bei der Gemeinschaftsverpflegung im Kindergarten, in den Betriebskantinen, in den Großküchen und im Alters- und Pflegeheim fehlt die Transparenz. Da können die Menschen nicht entscheiden – beziehungsweise wissen sie das nicht –, woher das Schnitzelfleisch kommt, woher die Eier für den Kaiserschmarren kommen. Kommen sie in großen Kübeln aus dem Ausland oder sind es echte österreichische Eier? – Meine sehr geehrten Damen und Herren, genau deshalb braucht es für die Gemeinschafts­verpflegung, für die verarbeiteten Produkte eine Herkunftskennzeichnung, wie sie im Regierungsprogramm vor über einem Jahr gemeinsam vereinbart worden ist, und das sofort, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Nur die Herkunftskennzeichnung schafft für die Menschen beim Einkauf Gewissheit und nutzt das Vertrauen in österreichische Produkte, die qualitativ dem höchsten Standard entsprechen. Das bietet dann auch den bäuerlichen Familienbetrieben Halt. Setzen wir sie also um, und zwar nicht in einer abgespeckten Version, Herr Bundesminister Anschober, sondern so, wie es vereinbart ist! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.49


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Franz Leonhard Eßl. – Bitte.


12.49.39

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Cornelia Ecker! Selbstverständlich hat Herr Kollege Josef Hechenberger, der sich massiv für die Bäuerinnen und für die Bauern einsetzt, recht.

Die dauernde Anbindehaltung ist generell verboten, aber es gibt ein paar Ausnah­me­tatbestände. Und da kommen Sie unter dem Vorwand einer tatsächlichen Berichtigung hier heraus und behaupten etwas, was nicht richtig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber jetzt zum Grünen Bericht: Der Grüne Bericht widerspiegelt die Arbeit der Bäuerin­nen und Bauern und gibt die wirtschaftliche Situation der land- und forstwirtschaftlichen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 102

Betriebe wieder. Es geht aber auch um Versorgungssicherheit und um die Tatsache, dass die Bäuerinnen und Bauern tagtäglich dafür sorgen, dass Versorgungssicherheit gegeben ist, dass die Menschen, die Bürger in unserem Land ausreichend Lebensmittel in höchster Qualität zur Verfügung haben und dass sie einen Lebensraum vorfinden, der eine hohe Lebensqualität bietet. Daher ergeht ein Dank an die Bäuerinnen und Bauern sowie an die Regierung, die dafür geeignete Rahmenbedingungen schafft.

Beim Lesen des Berichts ist mir aufgefallen – das möchte ich schon anmerken –, dass sich gerade die Bergbäuerinnen und Bergbauern in den letzten Jahren immer am unte­ren Ende der Einkommensskala befinden. Es gibt ein geeignetes Mittel, um das zu verbessern, nämlich die Ausgleichszulage. Ich wünsche mir, dass wir eine kräftige Erhö­hung dieser Ausgleichszulage schaffen, damit wir das Einkommen der Bergbauern auch dorthin führen, wo sich das Einkommen anderer Berufsgruppen befindet.

Ich schließe mit dem Dank an die Frau Bundesminister, dass die Mittel aus Brüssel für die nächste Periode gesichert sind und auch nationale Mittel eingesetzt werden, denn es wird nicht möglich sein, dass die Bäuerinnen und Bauern ohne diese Mittel jene Leistungen erbringen, die die Gesellschaft wünscht.

Ganz zum Schluss noch der Appell an die KonsumentInnen: Wenn Sie heimische Lebensmittel kaufen, helfen Sie nicht nur den Bäuerinnen und Bauern, sondern Sie sichern auch Ihren eigenen Arbeitsplatz und Ihren Lebensraum mit hoher Lebensqualität und leisten einen großen Beitrag zum Umweltschutz. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

12.52


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Hauser. – Bitte.


12.52.21

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuseher vor den Fernsehschirmen! Wenn man die Debatte verfolgt, bekommt man ein bisschen das Gefühl, dass aus Sicht der ÖVP eh alles in Ordnung ist. Dem ist aber nicht so!

Wie schauen die Zahlen aus dem Jahr 2019 tatsächlich aus? – Ich lasse die im Bericht enthaltenen Zahlen sprechen: Das durchschnittliche Einkommen der Bauern beträgt 27 966 Euro. Das ist ein Rückgang gegenüber 2018. Damit bewegen wir uns auf dem Niveau von 2016. Wenn man diese Zahlen inflationsbereinigt, bedeutet das, dass es doch massive Einkommensverluste gegeben hat. – Erste Feststellung.

Die zweite Feststellung, auch im Grünen Bericht dokumentiert, mit Zahlen untermauert, ist: Die Einkommensschere zwischen Bergbauern und Nichtbergbauern geht massiv auseinander. Im Jahr 2019 verdienten die Bergbauern im Schnitt um 19 Prozent weniger als der Durchschnitt der Bauern, und in Relation zu den Nichtbergbauern betrug das Einkommensminus 32 Prozent – also ein massives und eklatantes Minus.

Was schließen wir daraus? – Dass der Strukturwandel in der Landwirtschaft leider Got­tes weitergeht. Die Großen werden größer, die bewirtschafteten Flächen werden größer, und Kleine sperren für immer die Stalltür zu.

Damit ist doch der Beweis erbracht, dass die Förderpolitik auch in der Agrarwirtschaft nicht das erreicht, was jetzt speziell die Mandatare der Grünen hier vorgeben: dass die kleinstrukturierte Landwirtschaft überleben kann. Nein! Wir fördern nämlich an der kleinstrukturierten Landwirtschaft massiv vorbei.

Ich darf Ihnen das anhand einer Aufstellung auch klar erläutern (eine Tafel mit der Überschrift „Agrarförderungen 2019 in Österreich“ auf das Rednerpult stellend) – da


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 103

zeigt sich wie immer die Förderungerechtigkeit, die sich von der Tourismuswirtschaft hin zur Landwirtschaft nahtlos fortsetzt.

Schauen wir uns die Agrarförderungen 2019 in Österreich an: 140 Bauern bekommen weniger als 5 Euro, 200 Bauern bekommen weniger als 10 Euro, 390 Bauern bekom­men weniger als 50 Euro, 2 900 Bauern bekommen weniger als 500 Euro, 7 594 Bauern be­kommen weniger als 1 000 Euro und 10 129 Bauern bekommen weniger als 1 250 Euro – während die Top 20 in Summe 73 Millionen Euro bekommen, und unter den Top 20 ist kein einziger echter Bauer! (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Das ist der schlagende Beweis dafür, dass die Verteilung der EU-Hilfsgelder und auch der nationalen Mittel leider Gottes in Richtung der Großen geht. Die Großbetriebe wer­den größer und die kleinen Betriebe müssen aufhören.

Deswegen bringe ich jetzt folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „70 000 Euro Förderobergrenze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für heimische Bauern einzusetzen und folgende Punkte umzusetzen:

- Förderobergrenze: Die Auszahlungen aus dem Agrarbudget der EU und Österreichs pro Jahr für land- und forstwirtschaftliche Betriebe werden mit 70.000 € gedeckelt und die ersparten Summen zugunsten kleiner Betriebe umgeschichtet

- Gerechte Verteilung: Industrie- und Handelsfirmen dürfen aus Agrarfördermittel nicht gegenüber land- und forstwirtschaftlichen Betriebe bevorzugt werden“

*****

Ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

12.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Peter Schmiedlechner und weiterer Abgeord­neter

betreffend 70.000 Euro Förderobergrenze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe

eingebracht im Zuge der Debatte in der 85. Sitzung des Nationalrats am 24. Februar 2021 über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2020 der Bundesregierung (III-170/637 d.B.) - TOP 5

Alljährlich müssen die Empfänger von Agrarbeihilfen aus der jeweils letzten EU-Finanz­periode mit Namen, Beihilfenhöhen und Verwendungszweck veröffentlicht werden. Ein Blick auf die veröffentlichte Liste über das Finanzjahr 2018/19 veranschaulicht die Fehl­entwicklungen in der heimischen Agrarpolitik1:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 104

1. Nach wie vor mit Abstand auf Platz eins liegt die Agrarmarkt Austria (AMA), die in der Periode 2018/19 insgesamt 33,53 Mio. € (2017/18: 32,47 Mio. €) für technische Hilfe bei der Verwaltung der EU-Fonds erhalten hat.

- Weitere 1,68 Mio. € flossen an die 100% Tochterfirma AMA Marketing GmbH (= Platz 13).

2. Auf Platz zwei landete die ARGE der Landes-Landwirtschaftskammern mit 5,13 Mio. € für Beratungs-, Betriebsführungs- und Vertretungsdiensten an den Bäuerinnen und Bauern. Im Vorjahreszeitraum war sie mit 2,78 Mio. € noch am dritten Rang gelegen.

3. Den dritten Platz holt sich das nunmehrige Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus mit 3,33 Mio. €. Zusätzlich gibt es Förderungen für die ausgelagerten Organisationseinheiten, beispielsweise:

- Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald: 1,2 Mio. €

- Landwirtschaftliche Bundesversuchswirtschaften GmbH: 765.600 €

- Österreichische Bundesforste AG: 576.600 €

- Spanische Hofreitschule-Gestüt Piber: 46.700 €

Insgesamt hat die Zahl der Förderempfänger in Österreich erneut abgenommen: von 115.993 auf 115.280 Empfänger. In der Finanzperiode 2016/17 waren es noch 116.755 gewesen. Erst an 21. Stelle findet man den ersten "echten" landwirtschaftlichen Betrieb, die Guts- und Forstbetrieb-Zweigniederlassung Wilfersdorf der Stiftung Fürst Liechten­stein mit 1,21 Mio. €. Insgesamt verzeichnet die Datenbank 45 Stiftungen als Bezieher von Agrarförderungen.

Unter 10.000 € Förderung gab es für 60.328 Betriebe, unter 1.000 € für 7.586 Bauern und unter 10 € für 212 Landwirte. Ein Bauer in Linz Land erhielt sogar nur 0,01 € För­derung für „Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen“.2

Diese Aufstellung zeigt drastisch die ungerechte Verteilung der Unterstützungen für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe. Die anstehende neue Periode der Gemein­samen Agrarpolitik (GAP) sollte daher zum Anlass genommen werden, endlich eine gerechtere Verteilung der Agrarförderungen auf die einzelnen land- und forstwirtschaft­lichen Betriebe herbeizuführen.

Die Agrarförderungen müssen den "echten Bauern" zugutekommen, um ein Überleben unserer heimischen Bauern und Bauernhöfe sicherzustellen. Die Förderungen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe sollen sich daher nach der Anzahl der Arbeitskräfte am Bauernhof richten. Zudem muss eine Förderobergrenze von 70.000 € pro Betrieb und Jahr muss eingeführt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, sich auf EU-Ebene für heimische Bauern einzusetzen und folgende Punkte umzusetzen:

- Förderobergrenze: Die Auszahlungen aus dem Agrarbudget der EU und Österreichs pro Jahr für land- und forstwirtschaftliche Betriebe werden mit 70.000 € gedeckelt und die ersparten Summen zugunsten kleiner Betriebe umgeschichtet


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 105

- Gerechte Verteilung: Industrie- und Handelsfirmen dürfen aus Agrarfördermittel nicht gegenüber land- und forstwirtschaftlichen Betriebe bevorzugt werden“

1. vgl. https://www.topagrar.at/management-und-politik/news/ama-und-ministerium-kassierten-am-meisten-12077582.html

2. https://www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/mehr-als-100-000-euro-agrarfoerderungen-fuer-1-005-betriebe-88459420

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft.

12.56.556. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 214/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zum Mercosur-Abkommen (638 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte, Herr Abge­ordneter.


12.57.30

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Der EU-Unterausschuss und der EU-Ausschuss des Bundesrates haben schon einstimmig be­schlossen, dass wir diesem Mercosur-Abkommen nicht zustimmen werden. Der Grund dafür liegt ganz klar auf der Hand: Wir wollen keine Überschwemmung des österreichi­schen Marktes mit Billiglebensmitteln, die aus diesen Staaten kommen werden. Wir wollen den Schutz der kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft. Wir wollen angesichts des rasant fortschreitenden Klimawandels kein Abkommen abschließen, aufgrund dessen in Brasilien vermutlich noch mehr Regenwald geopfert wird als bisher. Das wollen wir nicht, das wäre fahrlässig. Daher haben wir alle miteinander gesagt, dass wir dieses Mercosur-Abkommen nicht haben wollen und dass wir dem nicht zustimmen werden.

Es gibt auch Aussagen von Mitgliedern der Regierungsfraktionen, die erst vor zwei Monaten getätigt wurden. So sagte zum Beispiel Bundeskanzler Kurz – ich lese das vor –: „Ich bin ein Befürworter von einem gut organisierten, gerechten und fairen Freihandel. Aber man muss sich bei jedem Abkommen ansehen, ob es Sinn macht. Mercosur ist eines, das wir definitiv nicht unterstützen, weil wir sehr viele negative Facetten sehen, insbesondere für unsere heimische Landwirtschaft. Daher wird es das mit uns nicht geben“. – Ganz klar und deutlich die Aussage des Bundeskanzlers: Es wird kein Mercosur-Abkommen mit ihm geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters gibt es die Aussage von Michel Reimon, der hier herinnen sitzt, vom 21. De­zember 2020: „,Die Koalition wird das EU-Mercosur-Abkommen ablehnen, weil es das


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 106

klimaschädlichste Handelsabkommen der Welt wäre: Autoexport nach Südamerika im Abtausch gegen Soja-Import von Amazonas-Plantagen. Wir werden dieses Klima-Killer-Abkommen definitiv zu Fall bringen.‘ Als langfristiges Ziel müsse sichergestellt werden, dass Unternehmen sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU hohe Standards erfüllen. ,Es ist an der Zeit, dass wir an Fair-Trade-Abkommen arbeiten, die sowohl ökologisch- als auch sozial-nachhaltig sind, und nicht mehr Großkonzerne und ihre Lobbys unterstützen.‘“ (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Sowohl Frau Bundesminister Köstinger, die anwesend ist, als auch Frau Bundesminister Schramböck haben in Anfragebeantwortungen schriftlich bestätigt, dass der Beschluss des Nationalrates und des Bundesrates für die Bundesregierung rechtlich bindend sind. Das heißt, es wird kein Mercosur-Abkommen geben – ganz klar und deutlich!

Ich verstehe daher den Antrag, der gemäß § 27 der Geschäftsordnung im Ausschuss eingebracht wurde, nicht, in dem auf einmal drinsteht:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, sich gegen das Mercosur-Abkommen in der der­zeitigen Form auszusprechen.“

Ja, was heißt denn das Ganze, mit diesem Antrag? – Das bedeutet nichts anderes, als dass versucht wird, Hintertürchen zu öffnen, indem man sagt: Okay, verhandeln wir irgendein Zusatzprotokoll aus, das rechtlich nicht bindend ist, damit hat es nicht mehr die derzeitige Form, und wir können dem zustimmen.

Meine Damen und Herren, so geht das nicht! (Abg. Strasser: Das hat Faymann das letzte Mal gemacht!) – Darum ist er auch nicht mehr Bundeskanzler und nicht mehr Parteivorsitzender, Georg! Ich hoffe, ihr haltet es mit eurem Bundeskanzler auch so. Wenn er dem zustimmt, dann darf er nicht mehr Bundeskanzler und nicht mehr Partei­vorsitzender sein. Wir werden diesem Abkommen ganz klar nicht zustimmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann es noch einmal sagen: Wir werden diesem Mercosur-Abkommen nicht zustim­men. Wir appellieren speziell an die Grünen: Wir verhandeln gerade ein Klimavolks­begehren, um die Klimafrage in Österreich zu klären. Da sollen wir einem Abkommen zustimmen – oder es soll ein Abkommen verhandelt werden –, das massivste klima­schädliche Folgen hat und aufgrund dessen jährlich Hunderttausende Hektar Regen­wald abgeholzt werden, damit Sojaplantagen oder Palmölplantagen daraus gemacht werden können?! Nicht mit uns, meine Damen und Herren, wir werden dem nicht zustimmen! (Beifall bei der SPÖ.)

13.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Dipl.‑Ing. Nikolaus Berlakovich. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.01.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Keck, Ihre Bedenken sind wichtig und auch ernst zu nehmen, Sie müssen aber in der eigenen Parteifamilie beginnen. Derzeit hat Portugal den Ratsvorsitz in der Europäischen Union. Wir haben vor Kurzem im europäischen Bauernverband eine Tagung mit der portugiesischen Landwirtschaftsministerin gehabt – einer sozialistischen Regierung –, die sagt, sie wolle das Mercosur-Abkommen noch mit einer Nebenvereinbarung verhandeln. Richten Sie das also bitte auch an diese Adresse und sorgen Sie innerhalb der eigenen Parteifamilie dafür, dass der freie Handel fair und ausgewogen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 107

Der Freihandel wird zunehmend kritisch kommentiert. Früher hat man nur die Vorteile gesehen, heute sind derartige Abkommen immer mehr zu hinterfragen. Die Sorge der Bevölkerung ist, dass hohe Produktionsstandards gesenkt werden, dass die Trans­parenz mangelhaft ist, dass letztendlich der Einfluss der Politik sinkt und multinationale Konzerne immer mehr bestimmen. Sie erinnern sich an die heftigen Debatten, die wir bei Ceta hatten, Debatten, die wir bei TTIP hatten und jetzt auch beim Mercosur-Ab­kommen haben. Tatsächlich ist es so, dass man sich das Mercosur-Abkommen genauer ansehen muss.

Vorausschicken möchte ich: Wir als ÖVP bekennen uns eindeutig zum Handel. Die Welt ist arbeitsteilig und globaler geworden, und entsprechend ist auch der Handel global. Österreich braucht den internationalen Handel, wir profitieren sehr stark vom Export unserer Erzeugnisse. Tausende Arbeitsplätze hängen am Export, und gerade auch in der Pandemie haben unsere Industrie und unser Export bewiesen, wie stabilisierend sie als Wirtschaftsfaktoren sind und wie Arbeitsplätze gesichert werden können.

Der Export ist für die Industrie wichtig, der Export ist in Österreich für die mittelständische Wirtschaft wichtig, aber der Export ist auch für die Landwirtschaft wichtig. Wir erzeugen in manchen Bereichen mehr Lebensmittel, als wir im Inland verbrauchen, zum Beispiel Milch: Wir erzeugen 160 Prozent Milch; 100 Prozent brauchen wir selber, 60 Prozent müssen wir exportieren. (Abg. Schellhorn: ... eh was falsch!) Wir erzeugen 140 Prozent Rindfleisch und müssen dieses Rindfleisch auch exportieren, und ich darf daran erinnern: Wir exportieren auch Biolebensmittel im großen Ausmaß, darunter Biogetreide und Biomilch. Bei den agrarischen Exporten ist gerade die Biomilch oft ein Türöffner für Exporte in die Schweiz, nach Deutschland und auch nach Übersee.

Auch der Agrarbereich ist also an fairen, ausgewogenen Exportmöglichkeiten interes­siert. Unsere Handelsbilanz zeigt es ja: Wir haben 1990 in etwa 1,7 Milliarden Agrargüter exportiert, jetzt über 12 Milliarden. Wir bringen damit auch den bäuerlichen Familien Wohlstand. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der entscheidende Punkt dabei ist aber, dass der Welthandel fair sein muss, dass er für alle Partner ausgewogen sein muss und dass globale Anliegen berücksichtigt werden müssen. Der reine Warenaustausch ist zu wenig. Derartige Abkommen müssen heutzu­tage Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards entsprechen, sie müssen nachhaltig sein und den Klimaschutzkriterien entsprechen. Das sind die tatsächlichen Kritikpunkte.

Beispiel: Beim Mercosur-Abkommen ist es das Pariser Klimaschutzabkommen. Ein zentraler Punkt des Abkommens ist, dass der tropische und subtropische Regenwald nicht gerodet werden soll. Brasilien, als ein wesentlicher Teil dieses Mercosur-Abkom­mens, kümmert sich darum herzlich wenig. Sie wissen, der tropische Regenwald bindet Treibhausgase wie CO2 und setzt Sauerstoff frei. Allein seit 1990 wurden rund 400 000 Quadratkilometer tropischer Regenwald abgeholzt, das ist die Fläche von Deutschland und den Niederlanden zusammen – unvorstellbar! Im Vorjahr – also in Zeiten des Pariser Klimaabkommens – wurden entgegen internationaler Verpflichtungen in Brasilien zu­sätz­lich 11 000 Quadratkilometer Regenwald brandgerodet und abgeholzt, das ent­spricht der Fläche Oberösterreichs. Gleichzeitig werden auf diesen Flächen Agrarpro­dukte erzeugt, die dann im Rahmen des Mercosur-Abkommens nach Österreich und Europa kommen. (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer.) Das können wir nicht akzeptie­ren! Es wird Rindfleisch importiert, Geflügelfleisch, Zucker und Ethanol sollen importiert werden (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Doppelbauer), sogar Honig soll importiert werden.

Wir als Bauern wehren uns dagegen, weil es natürlich die Landwirtschaft massiv betrifft, weil einerseits die Europäische Union im Rahmen des Green Deal die Anforderungen für die Bauern noch mehr erhöht hat. Die Farm-to-Fork-Strategie und Biodiversitäts­stra­tegie bringen zusätzliche Auflagen mit sich, und die Bauern verstehen nicht, warum sie


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in Österreich mehr Auflagen haben und gleichzeitig Lebensmittel zu uns hereinkommen, die diesen Standards eben nicht entsprechen.

Daher ist es wichtig, dass das Mercosur-Abkommen in der jetzigen Form nicht akzeptiert wird (Zwischenrufe der Abgeordneten Leichtfried und Cornelia Ecker), dass wir schauen, wie es gerecht werden kann. – Herr Kollege Leichtfried, als Arbeitnehmervertreter müs­sen auch Sie daran interessiert sein, dass wir einen Export haben, der fair ist (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Leichtfried), der ausgewogen und gerecht ist, und dafür setzen wir uns ein. (Beifall bei der ÖVP.)

13.06


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Peter Schmiedlechner ist der nächste Redner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.06.30

Abgeordneter Peter Schmiedlechner (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Zuseher und Zuseherinnen! Seit 1999 verhandelt die EU das Mercosur-Abkom­men, und im Juni 2019 wurde eine große politische Einigung verkündet. Die Einigung sieht, kurz zusammengefasst, vor: Autos gegen Rindfleisch, Zucker und andere landwirt­schaftliche Produkte. Das Mercosur-Freihandelsabkommen würde unsere Lebensmittel-, Umwelt-, Tierwohl- und Sozialstandards unterlaufen. Während man in Österreich die Landwirte mit immer mehr Verboten, Richtlinien und Reglementierungen in die Knie zwingt, wird nicht darauf geschaut, wie auf der anderen Seite der Erde produziert wird.

Das Mercosur-Abkommen bringt noch mehr Abholzung im Amazonasgebiet, die Ver­trei­bung kleiner indigener Gruppen im Regenwald, lange Transportwege, niedrige So­zial­standards für die Bauern, wenig Tierwohl in riesigen Anlagen und hohen Pestizid­einsatz mit sich. (Abg. Schellhorn: Yes!) Allein in Brasilien werden 150 Pestizide verwendet, welche in der EU aus gutem Grund verboten sind.

Während wir uns klar gegen dieses Abkommen aussprechen, wird bei diesem Thema wieder einmal die Falschheit der ÖVP klar ersichtlich. Die ÖVP und die Grünen beteuern zwar in der Öffentlichkeit, gegen den Pakt zu sein, wollen sich aber noch eine Hintertür offen halten. Der Antrag der Regierung ist deutlich aufgeweicht und würde den Mercosur-Vertrag nicht verhindern, sondern weitere Verhandlungen zulassen: eine typische Blend­granate der ÖVP.

Wie die ÖVP bei Verhandlungen auf EU-Ebene im Liegen umfällt, ist uns allen bekannt. Beispiele sind die Almfutterflächenfeststellung, die Bioweideverordnung, die Änderung der FFH-Richtlinie, um die Wolfsproblematik zu klären – alles Dinge, bei denen sich die ÖVP nicht durchsetzen kann. Wer also dem Märchen glaubt, die ÖVP könnte bei Verhandlungen zum Mercosur-Abkommen noch etwas verändern oder etwas zum Posi­tiven erwirken, der wird ein böses Erwachen erleben.

Wir müssen dieses Abkommen in jeder Form ablehnen, und jeder, der ein bisschen Anstand hat, wird unserem Antrag zustimmen und dem ÖVP-Antrag die Zustimmung verweigern. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.09


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.‑Ing. Olga Voglauer. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.09.34

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Gospod predsednik! Spoštovana Visoka Hiša! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wie soll ich es erklären: Nein zum Mercosur-


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 109

Abkommen! Soll ich es Ihnen jetzt noch schriftlich geben?! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Pfurtscheller.)

Wir diskutieren hier über das Thema: Nein zum Mercosur-Abkommen, von da (in Rich­tung SPÖ weisend) bis da (in Richtung ÖVP weisend), und wir meinen alle immer das­selbe: Zu diesem Handelsabkommen wird es kein Ja geben! Es ist absolut vereinbart: Nein zum Mercosur-Abkommen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schmuckenschlager.)

Wenn es jemandem noch immer nicht klar ist, dann gebe ich es ihm wirklich gerne schriftlich, und ich frage mich, was er bei diesem Nein nicht versteht. Logischerweise sind wir als grüne Bäuerinnen und Bauern für solche Handelsabkommen nicht zu haben, denn was haben wir denn beim vorigen Tagesordnungspunkt eben erst besprochen? – Dass Österreichs Landwirtschaft, gerade auch in der Biolandwirtschaft, eine Vorzeige­option für Gesamteuropa und für die globale Welt ist! Wenn wir uns diesbezüglich als Vorzugsschüler und -schülerinnen sehen, dann ist ja wohl ganz klar, dass wir so einem Handelsabkommen nie und nimmer zustimmen werden.

Als diejenigen, die den Klimaschutz in die Bundesregierung gebracht haben, werden wir auch diejenigen sein, die dieses Abkommen sicher zu verhindern wissen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir brauchen in Österreich kein Billigfleisch, kein Hormonfleisch! Wir brauchen es übrigens auch innerhalb Europas nicht, es gibt einen anderen Weg. Es gibt keine Zustimmung zu einer Landwirtschaft auf Kosten des Klimaschutzes, auf Kosten der Abholzung des Regenwaldes oder auf Kosten von Menschenrechten und sozialer Sicherheit! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Baumgartner.)

Es ist aber schon spannend, zu erleben, wie weit die Interpretationen frei nach der FPÖ oder frei nach der SPÖ in dieser Frage gehen. Ich glaube nicht, in den letzten Jahren vernommen zu haben, dass sich irgendjemand hier offen dazu äußert, und ich freue mich darüber, wenn wir gerade in der Landwirtschaft in Österreich einen breiten Schulterschluss haben, wenn es darum geht, die europäischen Standards als solche zu sehen, wie wir sie anderen vorschreiben wollen.

Wir wollen soziale Standards, wir wollen soziale Sicherheit, und wir wollen Produktions­transparenz; und ja, Frau Doppelbauer, liebe Kollegin, du hast das ganz richtig erkannt: Wir haben selbst noch nicht alle Hausaufgaben gemacht, nämlich beim AMA-Gütesiegel, und es ist höchst an der Zeit, dass wir auch bei der Eiweißstrategie als Vorbild vorangehen, dass Amazonas- und Regenwaldsoja in Österreich nichts mehr verloren haben und wir auch da unsere Hausaufgaben machen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Baumgartner.)

13.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.12.24

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseher! Ich spreche heute zu unserem freiheitlichen Ent­schließungsantrag betreffend „Nein zum Mercosur-Abkommen“. Bereits im Septem­ber 2019 beschloss das österreichische Parlament, ein Veto gegen dieses Handels­abkommen einzulegen. Durch diesen Beschluss wurden die österreichischen Regie­rungsmitglieder dazu verpflichtet, in allen Gremien der Europäischen Union gegen den Abschluss des Paktes aufzutreten und dies bei allen Abstimmungen klar zum Ausdruck zu bringen. Um zu erreichen, dass sich die Mitglieder der Bundesregierung klar gegen das Mercosur-Abkommen in jeder Form aussprechen und auf europäischer Ebene alle


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Maßnahmen ergreifen, um einen Abschluss des Abkommens zu verhindern, haben wir Freiheitlichen den gegenständlichen Entschließungsantrag eingebracht.

Meine Damen und Herren, ich bin sehr stolz darauf, dass wir in unserem schönen Österreich einen derartig hohen Lebensmittelstandard haben, und es ist von höchster Wichtigkeit, dass wir dieses hohe Niveau und die erstklassige Qualität unserer heimi­schen Produkte beibehalten.

Bei der Ratifizierung des Mercosur-Abkommens würde der wirtschaftliche Druck auf die teilweise kleinräumige sowie nachhaltige Landwirtschaft in Europa und vor allem auch in Österreich weiter erhöht werden. Die Folge wäre ein weiteres Sterben kleiner Bauern­höfe. Die Ausweitung des Handels mit landwirtschaftlichen Produkten aus Südamerika hätte außerdem massive, negative Auswirkungen auf unsere Umwelt.

Einerseits könnte zum Beispiel noch mehr Gensoja nach Europa kommen. Auch jetzt sind Sojabohnen schon mit Abstand das wichtigste Handelsprodukt, wobei in Argen­tinien schon fast 100 Prozent und in Brasilien 96 Prozent des Sojas genmanipuliert sind.

In Brasilien hingegen ist die industrielle Fleischproduktion stark gewachsen. Das Land ist weltweit der zweitgrößte Produzent und der größte Exporteur von Rindfleisch. Für die Produktion werden weitere Teile des verbleibenden Amazonas-Regenwaldes abgeholzt. Durch den Abschluss des Mercosur-Abkommens kann es daher zu einer Überschwem­mung des europäischen Marktes mit Rindfleisch kommen, was insbesondere für unsere kleinstrukturierte Rinderlandwirtschaft eine große Gefahr bedeutet.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP und von den Grünen! Unserem Entschließungsantrag haben Sie ja bereits im Ausschuss nicht zugestimmt. Stattdessen haben Sie einen eigenen Ausschussantrag eingebracht, in dem Sie betonen, dass die Einhaltung des europäischen Standards durch das Mercosur-Abkommen „derzeit nicht gewährleistet“ sei und Sie diesem daher derzeit nicht zustimmen.

Die Formulierung „derzeit“ muss man aber ganz genau betrachten, denn durch die Ver­wendung dieses Wortes haben Sie sich eine Hintertür offen gelassen, um dem Vertrag bei einer wenn auch nur kleinen Änderung doch zuzustimmen.

Als gewählte Volksvertreter haben wir alle eine gemeinsame Verantwortung unserer Bevölkerung und vor allem auch unseren Landwirten gegenüber, und aus diesem Grund ist es an der Zeit, sich absolut und endgültig gegen das Mercosur-Abkommen auszu­sprechen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.16.13

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir werden heute, glaube ich, Zeuge der bisher verlogensten Debatte im Nationalrat (Beifall bei den NEOS), und zwar sowohl bei den Gegnern als auch – anscheinend – bei den versteckten Befürwortern des Frei­handels. Ich möchte zwei, drei Punkte aufklären, die, glaube ich, ganz wichtig sind.

Es werden in der Debatte ganz viele Dinge jetzt unter dem Thema Mercosur-Abkommen verhandelt, die überhaupt nichts mit dem Freihandelsabkommen zu tun haben. Das erste – und das ist einmal ganz zentral –: Es ist komplett richtig, dass in Lateinamerika aus der Perspektive der Umwelt eine sehr schädliche Form von Landwirtschaft betrieben wird; es ist vollkommen richtig, dass Techniken eingesetzt werden, die klimaschädlich sind – und es ist im Übrigen auch so, dass die Produkte, die dort hergestellt werden, bereits heute auf dem europäischen Markt erhältlich sind.


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Um nichts davon geht es in einem Freihandelsabkommen. Die Fragen, die wir beim Freihandelsabkommen debattieren, betreffen zwei Dinge: Wollen wir Barrieren zwischen Wirtschaftsräumen abbauen? – Ja, das wollen wir als Liberale. – Und: Wollen wir durch diesen Handel dazu beitragen, dass die Welt auf beiden Seiten besser wird? – Ja, auch das wollen wir als Liberale. (Beifall bei den NEOS.)

Schauen wir uns die Situation bei den landwirtschaftlichen Produkten an: Wir sprechen beim Rindfleisch im Fall einer Befreiung von den Zollgebühren von 1 Prozent der europäischen Produktion, während Lateinamerika insgesamt 2,2 Prozent der Produktion in Europa bedient – bei einem gleichzeitigen, bereits jahrzehntelangen Rückgang des Rindfleischverbrauchs. Das heißt ganz konkret, dass da keine große Gefahr besteht, nämlich dass weder das südamerikanische Rindfleisch plötzlich den europäischen Markt überflutet – weil das mit diesem Vertrag einfach nicht geht – noch dass die Europä­erin­nen und Europäer sich das überhaupt wünschen. Das Gleiche ist im Übrigen auch beim Hühnerfleisch der Fall, und Ähnliches gilt bei fast allen anderen landwirtschaftlichen Produkten, für die es immer Kontingente gibt.

Jetzt aber stellen wir – wir NEOS nicht, aber alle anderen Parteien im Nationalrat – uns hier heraus und sagen, es darf keinen Handel mit Agrarprodukten geben, und gleich­zeitig freuen wir uns, wenn der österreichische Wein in Kalifornien, in den Vereinigten Staaten verkauft wird, wir freuen uns darüber, wenn unsere Schweine und Ähnliches exportiert werden. Wir freuen uns über jedwede Art von Export, beim Importieren aber kriegen wir plötzlich Angst. Das ist ganz, ganz billiger Agrarnationalismus und hat nichts mit Evidenz zu tun. (Beifall und Bravoruf bei den NEOS.)

Im Übrigen, um auch auf den Begriff Regionalität zu sprechen zu kommen – und das ist auch ganz wichtig –: Regionalität hat nichts mit Staatsgrenzen zu tun. Als Wiener sind für mich die Slowakei und Ungarn viel regionaler als Vorarlberg – keine Sorge, ich liebe Vorarlberg –, und für einen Vorarlberger ist es viel näher, wenn er in die Schweiz oder nach Deutschland schaut. Regional bedeutet kurze Wege, und es bedeutet vernünftigen Anbau.

All das hat im Übrigen wieder nichts mit dem Mercosur-Abkommen zu tun. Es wird hier einfach nur vermischt, um den Freihandel plötzlich schlechtzumachen. – So, und jetzt möchte ich zu einem anderen Punkt kommen, der sehr wohl gerechtfertigt ist:

Gerechtfertigt ist natürlich der Hinweis darauf, dass, wenn wir insgesamt auf der Welt mehr Handel betreiben, dies unter Anwendung der bestehenden Techniken für das Klima schädlich ist. Das ist definitiv so. Die Frage ist – und das ist die Frage, die wir uns stellen müssen –: Wollen wir deswegen den Handel per se ausschließen? Wollen wir deswegen die Globalisierung auf null drehen und quasi wieder zurück in ein kleines Walddorf? – Das wird sich volkswirtschaftlich einfach nicht ausgehen.

Das, was es braucht, ist ein Handel mit Mechanismen. Das ist der Kritikpunkt, aufgrund dessen wir NEOS dem vorliegenden Mercosur-Abkommen in der jetzigen Fassung nicht zustimmen können. Wir denken, es ist der richtige Weg, das Klimaabkommen darin zu verankern.

Dieses ist bereits ein Bestandteil davon, es gibt auch schon ausreichend Prüfmechanis­men, das Einzige, was fehlt, ist die Konsequenz. Wenn ich also feststelle, dass mein Handelspartner sich nicht an die Regeln, die ich in dem Vertrag vereinbare, hält, dann muss es eine Konsequenz geben. Eine logische Konsequenz wäre, dass die Erleich­terungen, die in dem Vertrag zugesichert werden, ausgesetzt werden. Das ist im Übrigen nicht etwas, das nur wir als kleinste Fraktion im österreichischen Nationalrat uns denken, sondern das ist tatsächlich auch die Denke vieler europäischer Partner, und es wäre der richtige Weg.


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Wir wollen, dass jetzt einmal ganz grundsätzlich darüber nachgedacht wird, wie wir ein Abkommen mit Lateinamerika schließen können, das den Menschen in Österreich, den Menschen in Europa und den Menschen in Lateinamerika dienlich ist – für die Lebens­grundlage, für den Wohlstand und für die Zukunft. Wenn das gelingt, werden wir dem gerne zustimmen. Wenn das nicht gelingt, können wir nachher noch immer Nein sagen. Wir brauchen nicht schon vorher durch Lügen schlechte Stimmung zu machen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.21


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.21.24

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Heute diskutieren wir darüber, ob wir dieses Freihandelsabkommen wollen oder nicht. Wollen wir Rindfleisch gegen Autos tauschen, das heißt, dass die Mercosur-Staaten ihren Überschuss an landwirtschaftlichen Produk­ten – im Wesentlichen Rindfleisch und so weiter – auf dem europäischen Markt und auch in Österreich verkaufen können und wir dafür Autos dorthin exportieren? – Wir als Freiheitliche Partei sagen Nein. Deswegen haben wir auch über unseren Klubobmann einen Antrag eingebracht, der sagt: Stopp den Verhandlungen!

Wir haben einen klaren Standpunkt, der der einen oder anderen Partei nicht passen kann  – das ist in Ordnung, es gibt unterschiedliche Meinungen. Das ist unser Stand­punkt. Wie ist der Standpunkt der anderen Parteien?

Vielleicht noch zur Vorgeschichte: Wie sieht denn überhaupt der Verhandlungsstand aus? – Ich zitiere aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung von Anfang De­zember: „Ende Juni 2019 gab es zum Abkommen zwischen der für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhandelnden Europäischen Kommission und den Vertretern der Mercosur-Staaten eine politische Einigung auf Verhandlerebene. Diese Einigung stellt einen ersten Schritt im Prozess zu einer Umsetzung des Abkommens dar.“ – Das heißt, das ganze Abkommen ist im Wesentlichen auf Schiene, und deswegen sagen wir: Stopp!

Wie schaut jetzt die Position der ÖVP aus? – Die Position der ÖVP ist: Sie hat keine Position. Sie hat für jeden etwas. Ich darf das erläutern (eine Tafel auf das Rednerpult stellend, auf der unter dem Titel „297 : 303“, „ÖVP-Stimmen gaben den Ausschlag“ eine Tabelle zu sehen ist): Diese Mercosur-Verhandlungen werden mittlerweile bereits gestoppt, im Europäischen Parlament hat es im Jänner eine Abstimmung darüber gegeben, ob das Mercosur-Abkommen quasi weiterverhandelt wird oder nicht. Wie hat es da ausgeschaut? – Diese Abstimmung ist knapp mit 297 zu 303 Stimmen für das Mercosur-Abkommen, für das Weiterverhandeln ausgegangen, und welche Stimmen haben den Ausschlag gegeben? – Die Stimmen der ÖVP-EU-Parlamentarier, weil näm­lich auf europäischer Ebene jene Abgeordneten der ÖVP, die Vertreter des Wirtschafts­bundes und des ÖAAB sind, für das Mercosur-Abkommen und für das Weiterverhandeln gestimmt haben, während die Vertreter des Bauernbundes dagegen waren.

So wie immer also, so wie bisher: Man hat für jeden etwas im Sortiment, man entscheidet sich für gar nichts. So ist auch der heutige Antrag der Regierungsparteien zu verstehen (Beifall bei der FPÖ), ein absoluter No-na-net-Antrag: Wir sind ein bisschen dafür, wir sind ein bisschen dagegen, wir lassen uns alle Türen offen und in letzter Konsequenz werden wir wohl für das Mercosur-Abkommen sein. So schaut die Sache aus: keine Ehrlichkeit; man streut den Konsumenten und den Wählern einfach Sand in die Augen.


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Wir als Freiheitliche Partei sagen: Sofortiger Stopp der Verhandlungen!, und so haben wir auch in Brüssel abgestimmt. (Beifall bei der FPÖ.)

13.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.24.48

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Wenn es so leicht wäre und die Welt schwarz-weiß wäre, dann würde das ja leicht gehen mit Ja und Nein, nach dem Motto: Ich mach mir die Welt, so wie sie mir gefällt. (Beifall bei der ÖVP.)

So funktioniert es aber in der Politik nicht, schon gar nicht in der internationalen Politik, und vor allem dann nicht, wenn wir unsere Ziele auch erreichen wollen. Weiters sollten auch Sie den Menschen nicht Sand in die Augen streuen, denn Sie sprechen davon, dass wir alles zusperren und dann nichts mehr nach Europa kommt. – Diese Produkte aus den südamerikanischen Staaten gibt es in Europa bereits, sowohl Rindfleisch als auch Getreideprodukte, Zucker et cetera. Auch darüber können wir uns also nicht hinwegsetzen, auch das sind Tatsachen, die bereits existieren. Da geht es darum, das auch entsprechend zu regeln.

Wenn wir es agrarpolitisch betrachten, dann müssen wir natürlich darauf achten, dass wir in Verhandlungen stehen, um unsere heimische Produktion oder europäische Pro­duktion auch bestmöglich abzusichern. Was ist denn momentan unser größtes Problem in der Agrarmarktsituation Europas? – Es ist nicht das Mercosur-Abkommen, die Frage, ob irgendein anderes Land oder ein Kontinent in den Handel dazukommt oder nicht, sondern es ist eher das Problem rund um den Brexit: dass ein ganzes Land aus Europa rausgedriftet ist und wir deswegen jetzt Verwerfungen auf unseren heimischen Märkten haben. Dort waren auch Ihre Kollegen am Werk, um diesen Dissens letztendlich zu initiieren.

Wir müssen danach trachten, die europäische Produktion voranzubringen. Nur so kön­nen wir auch gestärkt am Weltmarkt auftreten und nur so können wir letztendlich unsere Wirtschaft absichern. Das geht aber nicht, wenn wir die falschen Mechanismen bedie­nen. Wenn wir eine Heile-Welt-Landwirtschaftspolitik in Europa betreiben, so wie es in einigen Ausführungen des Green Deal ausschauen sollte, dann fahren wir mit der europäischen Produktion zurück, wenn wir die Produkte aber nicht selbst produzieren können, initiiert das ja nur, dass wir ausländische Produkte importieren müssen.

Dieser Gefahr dürfen wir uns nicht aussetzen. Es ist wichtig, dass wir diese hohen Pro­duktionsstandards auch so gestalten, dass wir als Landwirtschaft in Europa wirtschaftlich mithalten können und vor allem wettbewerbsfähig sind. Das ist eine absolute Maßgabe und wesentlich, um die Produktion innerhalb Europas abzusichern. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir über Standards sprechen, dann geht es darum, dass wir in Europa von Pro­duktionsstandards, der Frage, wie wir produzieren, reden. Wenn wir importieren, reden wir von den Produktstandards, das heißt der Frage, ob die Produkte okay sind. Darum geht es auch beim Mercosur-Abkommen: auf die Produktionsstandards dieser Länder einzuwirken, um da auch ein möglichst faires Spiel gestalten zu können. Da sollte man sich vor den Verhandlungen letztendlich nicht drücken. Am Ende des Tages wird es anders kommen, dann sind wir wieder bei den gesperrten Bauernhöfen und da sind dann Kollegen aus Ihrer Fraktion für eine Antwort nicht mehr zu finden.

Das Wesentlichste wird sein, die Herkunftskennzeichnung entsprechend umzusetzen, denn dann hat der Konsument die Macht, dass er entscheiden kann, welchen Produktionsauftrag


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er gibt. Gibt er mit einem Kauf des österreichischen Produkts einen Kaufauftrag in Österreich, dann wird auch in Österreich produziert.

Das ist der Weg, den diese Bundesregierung geht. Minister Anschober muss letztendlich noch einen Herkunftsnachweis erbringen, dass er auch wirklich zur heimischen Land- und Forstwirtschaft steht. Die Frau Ministerin und er arbeiten daran, und ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Regierung bei der Herkunftskennzeichnung ein Paket zusammenbringt, das unsere Produktion in Österreich absichert. (Beifall bei der ÖVP.)

13.28


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Michel Reimon. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.28.37

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das EU-Mercosur-Abkommen ist das klimaschäd­lichste Abkommen, das derzeit weltweit verhandelt wird, zumindest von der Euro­pä­i­schen Union aus gesehen. Es muss ohne Wenn und Aber abgelehnt werden. Bei dem Text, der derzeit vorliegt und verhandelt wird, geht nichts und wird auch nichts mehr zu reparieren sein – um das klipp und klar zu sagen. (Beifall bei den Grünen.)

Das wird auch passieren, aus einem ganz einfachen Grund: Das heute ist eine Stellung­nahme des Landwirtschaftsausschusses; das finde ich sehr wichtig. Der Bauernbund, wie wir vorhin von der FPÖ gehört haben, ist sehr vehement dagegen, und ich finde, man muss die Kollegen und Kolleginnen in dieser Position auch wirklich stärken. Entscheidend ist, dass es eine Bindung der Regierung an den EU-Unterausschuss gibt. Diese ist aufrecht, sie bleibt aufrecht, sie wird aufrecht bleiben, und wir als Grüne werden auch alleine durchsetzen, dass sie aufrecht bleibt und dass da nichts verhandelbar ist. (Beifall bei den Grünen.)

Womit Sie in der Kritik recht haben, ist, dass die portugiesische Ratspräsidentschaft, die sozialistische Regierung dort, tatsächlich versucht, dieses Abkommen in den nächsten vier Monaten durchzukriegen. Da gibt es enge Kontakte mit der brasilianischen Regie­rung, mit dem rechtsextremen Präsidenten Bolsonaro. Die wollen das tatsächlich voran­treiben und wollen da jetzt mit unverbindlichen Zusatzpapieren einen Trick liefern, wie man das vielleicht noch annehmen könnte.

Jetzt verstehe ich schon, dass Freiheitliche und SPÖ als Opposition etwas konstruieren, wenn im Regierungspaket steht: In der derzeitigen Form muss das abgelehnt werden. Ich möchte das aber explizit verteidigen, dass wir das so formulieren. Das hat Gründe. Wenn Sie es nicht aus dem Kontext reißen würden, wenn Sie das Ganze zitieren würden, müssten Sie dazusagen, dass im Regierungsprogramm nicht nur steht: in der derzeitigen Form wird abgelehnt, sondern dort steht auch: „Handelsverträge müssen durchsetzbare Standards für soziale Rechte, öffentliche Dienstleistungen und Umwelt- und Klimaschutz sowie gegen Abholzung der Wälder, Sozialdumping und Bodens­pekulation garantieren.“ – Durchsetzbare Standards!

Irgendein Wischiwaschipapier, das die Brasilianer und die Portugiesen jetzt noch verhandeln und dranhängen wollen, erfüllt nicht – in keiner Form – das, was wir im Regierungsprogramm stehen haben, und wird so auch nicht beschließbar sein und nicht durchgehen – ganz einfach. Sie müssen nur den gesamten Text aus dem Regierungs­programm zitieren und das nicht aus dem Kontext reißen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist wichtig, dass wir das aufmachen. Da gebe ich auch den NEOS vollkommen recht. Man kann sich sicher nicht hinstellen und sagen: Jeglicher Handel mit Südamerika ist grundsätzlich böse und abzulehnen. – Was ist das bitte für ein billiger und plumper


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Populismus? Selbstverständlich ist intelligenter, gut gesteuerter, sozialer, ökologischer Handel mit Südamerika anzustreben.

Wenn Sie mit Gewerkschaftern, Gewerkschafterinnen aus Brasilien reden, wenn Sie mit den Vertretern der Indigenen dort reden, wenn Sie mit den UmweltschützerInnen dort reden, dann werden Sie merken, dass diese auch Wert darauf legen, dass es Verhand­lungen von Europa mit Südamerika gibt. Die wollen alle, dass Druck auf ihre Regie­rungen gemacht wird, dass diese Standards in diese Richtung angepasst werden. Sie wollen alle, dass wir Verhandlungen aufrechterhalten und sagen: Grundsätzlich muss Handel zu besseren Standards betrieben werden! Nur das macht Druck auf einen Rechtsextremen wie Bolsonaro, dass er überhaupt die Möglichkeit hat, etwas zu ver­ändern. Deswegen werden wir weiterhin Wert darauf legen, dass Druck in dieser Form auf Südamerika ausgeübt wird.

Mit dem Mandat aber, das es zu diesem Abkommen derzeit gibt, ist auch keine Repa­ratur möglich. Es braucht ein neues Verhandlungsmandat, es braucht einen vollkommen neuen Verhandlungsstart, sonst ist mit den Grünen da nichts zu machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich verstehe, dass Freiheitliche und die Sozialdemokratie nervös sind und dass sie jetzt quasi Erinnerungen an Ceta haben. Bei Ceta war es ja auch so, dass sie beide dagegen waren – grundsätzlich. Dann hat das SPÖ-Präsidium beschlossen, dass man doch zu­stimmt und hat im Rat die Zustimmung gegeben. Da hat die FPÖ getobt. Dann waren Neuwahlen, dann hat es Türkis-Blau gegeben. Dann ist es ins Plenum gekommen, da hat dann die FPÖ zugestimmt und die SPÖ hat getobt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ihr seid beide umgefallen, je nachdem, ob ihr in der Regierung oder in der Opposition wart – hin und her. Ihr wart immer dagegen, wenn ihr in der Opposition wart, jetzt seid ihr in der Opposition beide dagegen, wenn ihr aber regieren würdet, würdet ihr wieder zustimmen. Ich sage euch etwas: Wir waren immer dagegen, wir werden immer dagegen sein. Ich kampagnisiere seit 20 Jahren gegen solche Abkommen. Das werden wir kippen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

13.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Ing. Johann Weber. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.33.37

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseher und Zuhörer zu Hause vor den Bildschirmen! Wir diskutieren hier jetzt einen Tagesordnungspunkt, dem ursprünglich ein Antrag von Klubobmann Kickl zugrunde liegt, und wenn ich in die Runde schaue: Ich sehe den Antragsteller dieses Themenbereichs nicht anwesend. (Abg. Schmiedlechner: Doch, ich bin da!) – Klubobmann Kickl steht da als Antragsteller – er ist nicht anwesend. Da sieht man schon auch etwas den Ernst und den Willen bei diesem Thema. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Schmiedlechner.)

Nichtsdestotrotz glaube ich, müssen wir uns alle hier ganz ehrlich eine Frage stellen, und zwar: Was wollen wir? Wollen wir auch weiterhin beste, gesunde Lebensmittel bei uns haben, bei denen wir zusehen können, wie sie produziert werden, wie sie wachsen, wie sie reifen, dann veredelt werden und eben letztendlich – nach dem Motto: regional ist genial – nah und frisch direkt auf kurzem Weg auf unseren Tisch kommen? Wollen wir das auch weiterhin so haben? Wollen wir eine gewisse Versorgungssicherheit, auch in Krisenzeiten? Wir haben das ja unlängst erleben dürfen, erleben es teilweise noch immer. Wollen wir weiterhin eine gesunde, intakte, hochgeschätzte lebenswerte Umwelt- und Kulturlandschaft haben, die wir alle so groß plakatieren? Wollen wir das auch


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weiterhin haben? Wollen wir den Wohlstand, die Zufriedenheit in möglichst allen Bevöl­kerungsschichten auch weiterhin haben? Und so weiter und so fort.

Das ließe sich weiter fortführen, ich glaube aber, ich habe den Weg gewiesen. Ich möchte aber bei der Gelegenheit einmal der Landwirtschaft ein großes Dankeschön dafür aussprechen, was sie tagtäglich, jeden Tag, 365 Tage im Jahr, für die Gemein­schaft in Österreich leistet und wodurch sie eben die Versorgungssicherheit sicherstellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Oder wollen wir nur volle Regale haben, Regale mit billigen Lebensmitteln, von denen wir nicht genau wissen, woher genau sie kommen, wie sie unter welchen Bedingungen produziert werden? Wollen wir überhaupt neue Abhängigkeiten schaffen? Wollen wir auch weiterhin den Raubbau und die Umweltzerstörung unterstützen? Wir kennen alle die Bilder vom Abbrennen des Regenwaldes, von den Rodungen, von der Boden­auslaugung, der einseitigen Auslaugung. Wir wissen, wie dort mit Pestiziden und Her­biziden umgegangen wird und so weiter. Letztendlich wird die Umwelt durch diese Maßnahmen dort vielfach zerstört. Eine Klimakatastrophe auf der ganzen Erde: Wollen wir das? Wollen wir weiterhin, dass die Landwirtschaft in Österreich im Schwinden begriffen ist? Soll das so weitergehen? Ich glaube, wir wollen vielmehr den Wohlstand in allen Bereichen unserer Gesellschaft haben, und da gehört auch die Landwirtschaft dazu. Deswegen muss man sich fragen: Wollen wir das alles?

Nein, wir wollen das nicht, und Gott sei Dank haben wir eine Bundesministerin und auch einen Bundeskanzler, die da klipp und klar Stellung bezogen haben und dieses Mercosur-Abkommen in dieser Form ablehnen. Ich schließe mich dieser Ablehnung ge­nauso inhaltlich voll an. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Hauser.)

13.37


Präsident Ing. Norbert Hofer: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich darf Sie darüber in Kenntnis setzen, dass wir in der letzten Sitzung der Präsidialkonferenz wieder einmal darüber gesprochen haben, dass wir es vermeiden wollen, vom Rednerpult aus bekannt zu geben, welcher Mandatar gerade nicht im Raum ist und wer im Raum ist. Das betrifft Mandatare aller Fraktionen. Es wurde zugesagt, dass die Klubobleute diese Information in ihren Fraktionen weitergeben werden. Ansonsten wäre es der bessere Weg, den Zuschauern automatisch bekannt zu geben, welche Mandatare nicht im Raum sind. Man darf aber nicht vergessen, dass ein Mandatar zwischendurch vielleicht auch eine andere Sitzung hat, die zu erledigen ist, und das könnte jeden von uns jederzeit betreffen.

Zu Wort gelangt nun Abgeordneter Franz Hörl. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


13.38.02

Abgeordneter Franz Hörl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Österreich ist ein kleines exportorientiertes Land mitten in Europa, und ich hoffe, das bleibt auch so. Es ist ein weltoffenes Land – 6 von 10 Euro werden im Ausland verdient, und wenn ich Tirol hernehme, sind es 7 von 10. 35,2 Prozent der öster­reichi­schen Wertschöpfung werden durch Exporte – Waren und Dienstleistungen – erwirt­schaftet. In Österreich sind es 154 Milliarden Euro – 87 Milliarden Euro in der Dienst­leistung –, und wenn ich das kleine Bundesland Tirol, das sich ja derzeit abgesondert fühlt, hernehme, sind es 13,2 Milliarden Euro Warenexporte und 8 Milliar­den Euro an Einnahmen aus Dienstleistungsexporten – immerhin 58 Prozent des BIP.

Jeder zweite Job in der Privatwirtschaft geht direkt oder indirekt auf den Handel zurück. Die Exporterfolge unserer Unternehmen sichern den Wohlstand in diesem Land und auch die Arbeitsplätze. Wirtschafts- und Handelsabkommen stellen große Chancen dar und erschließen Exportmärkte. Handelsabkommen sind keine Einbahnstraße, und deshalb


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verstehe ich die Vehemenz der Ablehnung vielleicht für dieses Abkommen schon, denke aber, dass es ja auch die Möglichkeit gibt, über diese Handelsabkommen auf Stan­dards – auf Natur- und Umweltstandards oder auch auf soziale Standards – in unseren Partnerländern einzuwirken. Bei Mercosur reden wir immerhin vom siebtgrößten Wirt­schaftsraum der Welt, wir reden von 250 Millionen Menschen, also der Hälfte der euro­päischen Bevölkerung. Das einfach so, leichtfertig, den Chinesen oder anderen zu überlassen, finde ich auch nicht richtig. Ich glaube, wir sollten besser einwirken.

An die einflussreichen Kräfte in diesem Haus hier vielleicht noch ein kleiner Rat: Vielleicht sollte man, wenn man von der Landwirtschaft spricht, oder auch bei der jetzt angehenden Diskussion um den Tierschutz und die zu erwartenden Auflagen, einmal darüber nachdenken: Wie sieht es in Ungarn aus? Wie sieht es im Binnenmarkt der Europäischen Union aus?

Ich sehe dort ganz andere Anlagen als hier in Österreich. Vielleicht muss man zuerst einmal schauen, dass wir in der Europäischen Union den gleichen Standard zustande bringen, und dann erst wieder zusätzliche Auflagen für die österreichische Landwirt­schaft bezüglich Laufställen und dergleichen machen. Es geht um Chancengleichheit für alle, natürlich auch um Chancengleichheit bei diesen Handelsübereinkommen, und dafür sollten wir arbeiten und kämpfen. Wenn dieses Abkommen geändert werden muss, dann muss es so sein, aber Österreich ist ein Exportland, und das dürfen wir nicht vergessen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.40


Präsident Ing. Norbert Hofer: Vorerst letzter Redner dieser Debatte ist Abgeordneter Andreas Kühberger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.40.37

Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Als letzter Sprecher zu diesem Tagesordnungspunkt will ich die Reden meiner Vorredner ein bisschen zusammenfassen. Keine Angst, Herr Präsident: Ich werde jetzt nicht sagen, ob der Antragsteller im Raum ist oder nicht. Es ist jedenfalls sehr befremdlich, wenn man den Rednern der Freiheitlichen Partei zuhört und feststellen muss, dass sie anscheinend gar nicht wissen, was in ihrem eigenen Antrag drinnensteht. Es steht nämlich schon drinnen, dass Freihandelsabkommen sehr wichtig für unsere Bundesrepublik sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Zusammenfassend möchte ich aber noch sagen – wie es auch in der Debatte raus­gekommen ist –, dass Wirtschaft, Industrie, Landwirtschaft, aber auch der Konsu­ment gemeinsam stark sind und gemeinsam auch von großer Bedeutung sind. Natürlich hat eine intakte Umwelt auch eine große Bedeutung, und diese Umwelt müssen wir auch schützen. Momentan ist es in Südamerika, vor allem auch in Brasilien, wo quasi die Lunge unserer Erde beheimatet ist, so, dass der Regenwald in Gefahr ist. Bei uns in Österreich gibt es aber eine nachhaltige Landwirtschaft, die unsere Wälder schützt und vor allem auch erhält. Es gibt Familienbetriebe, die auf hohem Niveau hochwertige Lebensmittel produzieren. Auch die Lebensmittelversorgung ist angesprochen worden: Beim Rindfleisch ist es zum Beispiel so, dass wir davon in Österreich mehr produzieren, als wir brauchen. Deshalb ist natürlich so ein Handel auch ganz, ganz wichtig.

Mit dem vorliegenden Pakt habe ich aber auch selber ein Problem, weil der Sinn im Umweltschutz, im Pflanzenschutz, im Tierwohl, aber auch bei den sozialen Standards liegt. Da sind wir weit weg, daher brauchen wir den in Wahrheit bei uns nicht.

Jetzt möchte ich noch kurz auf die NEOS eingehen: Wir haben ja auch gehört, dass da auch ein nachhaltiges Kapitel dabei ist, ich frage mich aber schon: Wo sind denn die


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Konsequenzen, wenn in einem Land etwas passiert und dort die Dinge nicht ent­sprechend erledigt werden? – Herr Kollege Bernhard, es wird sich nicht ausgehen, wenn man hier ein brasilianisches Steak isst, aber drüben in Südamerika quasi die Hüttn brennt.

Darum finde ich es im Sinne unserer Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch im Sinne der bäuerlichen Familienbetriebe hier in Österreich und vor allem auch im Sinne unserer Kinder sehr unfair, den vorliegenden Vertrag zu bestätigen. Ich bitte Sie, das zu bedenken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.43


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Michael Schnedlitz. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.43.24

Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Das ist ein perfektes Beispiel dafür, wie man hier heraußen Haltung zeigen kann, und ein perfektes Beispiel, welche Partei es hier in diesem Haus ehrlich mit Ihnen meint und welche Partei es nicht ehrlich mit Ihnen meint. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie hören schon, wo die Nervosität her­kommt, nämlich aus dem Sektor der Österreichischen Volkspartei, weil jetzt natürlich Dinge aufgezeigt werden (weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), die den Fernsehzu­schau­ern, Ihren Wählern, vor allem aber den Bauern nicht gefallen werden – und nicht einmal dem Bauernbund gefällt das (Abg. Michael Hammer: Wer wählt denn euch bei der Landwirtschaftskammerwahl? Niemand!), weil Sie ganz einfach eine Doppelbödigkeit an den Tag legen, die nicht mehr normal ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn Sie hier herausgehen und sich bei den Bauern bedanken, dann ist das etwas, was wir alle unterstützen, nur hat der Bauer nichts von Ihrem Dank, von Ihren Sonntagsreden und von Ihren Worten. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sie und wir alle müssen Umfeldbedingungen schaffen, unter denen die Bauern und Bäuerinnen in diesem Land auch wirklich etwas für ihre Produkte bekommen und der Konsument gesunde Lebensmittel bekommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie hier herausgehen und das Thema gesunde Lebensmittel ansprechen, dann müssen Sie danach handeln. Das heißt, Sie müssen Taten setzen, zum Beispiel beim Abstimmungsverhalten, mit denen das Mercosur-Abkommen verhindert wird. Kollege Hauser hat es gesagt: Sie haben etwas ganz anderes gemacht, Ihre Mitglieder der Wirtschaftslobby – Wirtschaftsbund und Ähnliches – haben im Europäischen Parlament anders abgestimmt als die Mitglieder der Bauernlobby. Den Bauern hat das nichts gebracht, sehr geehrte Damen und Herren, weil es die Österreichische Volkspartei, die Stimmen der Österreichischen Volkspartei waren, die das Mercosur-Abkommen ermög­licht und nicht zu Fall gebracht haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe es namentlich vor mir: Es war Mandatar Bernhuber von der ÖVP, dem die Bevölkerung und die Bauern das zu verdanken haben. Es war Kollege Mandl von der ÖVP, dem die Bauern und Bäuerinnen das zu verdanken haben. Es waren die Man­datare Sagartz, Thaler und Winzig von der ÖVP, denen die Bauern und Bäuerinnen zu verdanken haben, dass das Mercosur-Abkommen jetzt kommt.

Sehr geehrte Damen und Herren, bei der Österreichischen Volkspartei können Sie sich bedanken, beim Bauernbund können Sie sich bedanken, denn dieser ist zwar vertreten, aber das hilft halt leider nichts, wenn dessen Vertreter vom anderen Flügel überstimmt werden. Mit dieser Augenauswischerei muss endlich Schluss sein, sehr geehrte Damen und Herren, zeigen Sie Haltung!


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Und ja: Haltung ist schwarz oder weiß, das sage ich Ihnen, denn entweder man hat Haltung oder man hat keine Haltung. Sie haben bewiesen: Sie haben keine Haltung. Sie sind verantwortlich für das Mercosur-Abkommen, die ÖVP ist verantwortlich für das Mercosur-Abkommen. Die Leidtragenden aber, sehr geehrte Damen und Herren, sind unsere Bäuerinnen und Bauern – und die werden sich bei Ihnen noch ausreichend bedanken. (Beifall bei der FPÖ.)

13.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Cornelia Ecker. – Bitte, Frau Abgeordnete.


13.46.27

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Ich möchte auch noch einmal abschließend be­treffend Mercosur-Abkommen zusammenfassen: Es gibt eine Stellungnahme des Ständigen EU-Unterausschusses aus dem Jahre 2019, die die Vertreter der Regierung ganz klar verpflichtet, ohne Wenn und Aber gegen das Abkommen zu sein. Mittels dieser Stellungnahme ist das eigentlich fix, wir bräuchten diese Entschließung also gar nicht. Mit dieser Entschließung soll nun offenbar – und ich habe die Doppelzüngigkeit der ÖVP durchaus im Ohr – aber ein Hintertürchen zum Mercosur-Abkommen offengelassen werden.

Ja, ich glaube meinen grünen KollegInnen Olga Voglauer und Reimon zutiefst, wenn sie sagen: Wir wollen das Mercosur-Abkommen nicht, das gibt es für uns nicht! – Nur: Als sie die Forderungen ausgesprochen und gesagt haben, dass sie das nicht wollen ich bin der Diskussion sehr aufmerksam gefolgt , gab es keinen Einzigen bei der ÖVP, der geklatscht hat, der das wohlwollend zur Kenntnis genommen hat. Das gab es nicht, also ist aus unserer Sicht die Hintertür nach wie vor offen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Ich warne mit Blick auf das Mercosur-Abkommen und dessen Inkrafttreten vor den öko­logischen, landwirtschaftlichen und auch vor den sozialen Folgen. Der Vertrag zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten würde die europäische Landwirt­schaft in einen Preiskampf zwingen, Europa mit Billigfleisch überschwemmen und gleichzeitig die Regenwaldzerstörung befeuern. Auch ArbeitnehmerInnenrechte sind im Abkommen nicht verankert und nicht ausreichend abgeklärt.

Das Abkommen hat Wirtschaftsliberalisierungen im Interesse internationaler Konzerne zum Ziel – auf Kosten der ArbeitnehmerInnen, der Umwelt und vor allem der heimischen Landwirtschaft. Mit der Sozialdemokratie gibt es kein Mercosur-Abkommen, sondern ein klares Nein dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

13.48


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Debatten über die Vorlagen des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft.

13.48.45Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 5 und 6


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, die ich über jeden Tages­ordnungspunkt getrennt vornehme.


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Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen: Wünschen die Klubs eine Unter­brechung? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Aus­schus­ses für Land- und Forstwirtschaft, den Grünen Bericht der Bundesregierung, III-170 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „lückenlose Herkunftskennzeich­nung von Lebensmitteln“. (Abg. Schmiedlechner: Stehts auf!)

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Zwi­schenruf des Abg. Schmiedlechner.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Cor­nelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beendigung der Förderung von Gly­pho­satprodukten und anderen Breitbandherbiziden durch öffentliche Steuermittel im Rahmen des Umweltprogramms des Programms für die ländliche Entwicklung (Säule 2 der GAP)“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Cornelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „notwendige Transparenz und zusätzliche Vorgaben bei der Vergabe von 350 Mio. € an WaldbesitzerInnen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Cor­nelia Ecker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umverteilungsprämie um die Vertei­lungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuermittel zwischen den landwirtschaftlichen Be­trieben zu erhöhen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „70 000 Euro Förderober­grenze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe“.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zu den Abstimmungen über Tagesordnungspunkt 6.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 638 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungs­antra­ges 214/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 638 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Nein zum Mercosur-Abkommen“.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. (135/E)

13.51.397. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Antrag 1029/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend dringende Unterstüt­zung der Privatvermieter – Härtefälle vermeiden (656 d.B.)

8. Punkt

Bericht und Antrag des Tourismusausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (657 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 7 und 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Christian Ries. – Bitte, Herr Abgeordneter.


13.52.15

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minis­ter! Werte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Änderung des Härtefallfonds­ge­setzes ist ein wichtiger Schritt in Richtung Abschaffung der Benach­teiligung von kleinen Privatzimmervermietern. Bis jetzt waren Betriebe bis zehn Betten vom Härtefallfonds ausgeschlossen, obwohl sie brav ihre Tourismusbeiträge bezahlt und die Ortstaxe abgeliefert haben.

Diese Änderung wurde möglich, da wir – und ganz besonders unser Tourismussprecher Gerald Hauser – nicht lockerließen, um den Regierungsfraktionen dahin gehend die Augen zu öffnen. Warum war uns das so wichtig? – Viele Österreicherinnen und Öster­reicher verbringen ihren Urlaub schon seit Jahrzehnten in diesen kleinen familiären Be­trieben, teils weil die Urlaubskasse einfach nicht mehr hergibt, teils weil man seinen Urlaub ungezwungen und nicht von Essenszeiten eingeengt verbringen will, oder auch, weil man es einfach so gewohnt ist. Diese Betriebe – so wie bisher – nicht zu unter­stützen, hieße, diese kleinen Betriebe vom Markt zu verdrängen und das Familienein­kommen dieser Betriebe stark einzuschränken. Damit würde man auch der Landflucht Vorschub leisten, und das wollen wir nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Damit ist aber die Benachteiligung von kleinen touristischen Vermietern noch nicht behoben. Nehmen wir einmal folgenden Fall an: Eine vierköpfige Familie, die Mutter beaufsichtigt die zwei schulpflichtigen Kinder und kümmert sich um eine kleine Pension mit vier Doppelzimmern; zurzeit gibt es keine Vermietung, daher auch kein Einkommen. Der Familienvater arbeitet bei einem Getränkezusteller, Hotels und Gaststätten haben geschlossen – keine Zustellung, ergo ist er arbeitslos. Zuletzt verdiente er 1 700 Euro netto, jetzt erhält er Arbeitslosengeld in Höhe von 935 Euro. Wissen Sie, wie viel Geld, wie viel Zuwendung aus dem Härtefallfonds diese Familie bekommt? – Keinen Cent, denn natürliche Personen, die zum Antragszeitpunkt eine Leistung aus der Arbeitslosen­versicherung beziehen, sind nicht förderfähig.

Meine Damen und Herren, das kann doch niemand von uns gerecht finden! Wer ein soziales Gewissen hat, darf so etwas nicht tatenlos hinnehmen!


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Was machen die Regierungsfraktionen? – Sie stecken den Kopf in den Sand. Meine Damen und Herren, Probleme kann man nicht aussitzen. Vertagen – und das ist eine Domäne von Türkis-Grün – löst keine Probleme. Kommen Sie endlich ins Handeln! Hotellerie und Gastronomie stehen bereits wirklich am Rande des Abgrunds. Das trifft Österreich viel mehr als andere vergleichbare Länder in Europa. Es gibt trotzdem Mo­delle in diesen Ländern, die es möglich machen, Tourismus zu gestatten und den Betrie­ben dort Gelegenheit zu geben, tätig zu werden.

Es brauchen aber nicht nur die Betriebe diese Öffnung, auch unsere Bürger brauchen diese Öffnung. Sie brauchen einen Tapetenwechsel, sie sind genug gestresst von Home­schooling, von Heimarbeit und all dem. Sie wurden in diesem Jahr arg herge­nommen. Daher: Verstecken Sie sich nicht länger hinter Charts und Berechnungs­mo­dellen, die ohnehin schon oft falsch waren! Stellen Sie umsetzbare Regelungen auf, lassen Sie die Betriebe und die Menschen endlich wieder leben und geben Sie den Tirolern die Reisefreiheit zurück! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Hörl: Freiheit für Tirol!)

13.55


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau Dipl.-Kffr. Elisabeth Pfurtscheller ist nächste Red­nerin. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


13.56.10

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen vor den Bildschirmen! Ich freue mich wirklich sehr, dass ich heute zu diesem Tages­ord­nungs­punkt sprechen kann. Wie Kollege Ries schon erklärt hat, geht es um jene Privat­zim­mervermieter und -vermieterinnen und Ferienwohnungsvermieter und –vermieterin­nen, die bis jetzt noch keine Wirtschaftshilfen erhalten haben.

Es war mir ein sehr, sehr großes Anliegen, diese letzte Lücke bei der Unterstützung der touristischen Betriebe schließen zu können, und das wird mit dem heutigen Beschluss auch gelingen.

Die gegenständliche Änderung des Härtefallfondsgesetzes bewirkt, dass touristische Vermieter, die mehr als zehn Betten haben, aber kein Gewerbe führen, in Zukunft auch im Härtefallfonds berücksichtigt werden. Die Richtlinien werden entsprechend geändert. Es bewirkt, dass jene Vermieter, die mehr als zehn Betten haben, aber über § 28 Ein­kommensteuergesetz veranlagen, auch unterstützt werden. Es bewirkt, dass jene, deren Ferienwohnungen oder Zimmer, die sie vermieten, in einem anderen Haus sind als dem, in dem sie wohnen, das ihnen aber auch gehört, ebenfalls unterstützt werden, und es bewirkt, dass jene, die einer zusätzlichen Beschäftigung nachgehen, auch unterstützt werden und Gelder aus dem Härtefallfonds bekommen.

Die Richtlinien werden, wie vorhin schon gesagt, derzeit ausgearbeitet und dann natür­lich schnellstmöglich veröffentlicht, sodass jeder Betroffene nachlesen kann, wo er einen Antrag stellen kann und was ihm zusteht.

Ganz besonders freut mich diese Lösung auch, weil es vor allem Frauen sind, die diese Vermietungsform sozusagen managen, und es sich um das Einkommen dieser Frauen handelt, das sie in diesen Krisenzeiten natürlich genauso dringend wie alle anderen brauchen. Bei uns in den ländlichen touristischen Gebieten ist es gang und gäbe, dass man ein paar Zimmer oder ein, zwei Ferienwohnungen vermietet. Damit wird das touris­tische Angebot bei uns abgerundet. Vor allem aber tragen diese Einnahmen zu den Familieneinkommen bei und sind deswegen in den kleineren Gemeinden am Land unglaublich wichtig.

Ich möchte mich bei allen ganz herzlich bedanken, die zu dieser Lösung beigetragen haben, insbesondere bei meiner Kollegin von den Grünen Barbara Neßler, natürlich bei


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unserer Frau Ministerin Elli Köstinger, auch bei Landeshauptmann Platter, der auch versucht hat, Argumente einzubringen, warum man das unbedingt braucht, und bei meinen anderen Abgeordnetenkollegen.

Eigentlich wollte ich mich auch bei Kollegen Hauser, unserem Tourismusausschuss­ob­mann, für seinen Einsatz, den er im Tourismusausschuss ganz unbestritten beweist, bedanken – dann aber ist dieser Brief gekommen, Herr Kollege Hauser, und der hat mich ehrlich gesagt schon ein bisschen geärgert. Der Brief ist an alle Vermieter und Ver­mieterinnen – zumindest in Tirol, wahrscheinlich hat es ihn auch in Salzburg, wie ich gehört habe, und in anderen Bundesländern gegeben – gegangen.

Jetzt einmal ganz abgesehen davon, dass ich mich frage, Herr Kollege, woher Sie all die Adressen haben, wie Sie es mit dem Datenschutz insgesamt halten und ob Sie wirklich glauben, dass sich jeder freut, wenn er einen Brief von der FPÖ bekommt, impliziert dieser Brief natürlich schon, dass wir das alles Ihnen zu verdanken haben. Herr Ries hat es jetzt auch gerade wieder bestätigt: Ohne Kollegen Hauser hätte es diese Lösung nicht gegeben. Ich finde, Sie könnten so fair sein und sagen, dass wir alle unseren Beitrag dazu geleistet haben, denn es ist in Österreich doch noch so, dass es eine Mehrheit für einen Beschluss braucht, Herr Kollege, und die FPÖ hat diese Gott sei Dank nicht. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.00


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Erwin Angerer. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.00.35

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ge­schätzte Damen und Herren! Es wird immer sichtbarer, dass nicht ein Virus, sondern diese Bundesregierung dafür verantwortlich ist, dass eine gesamte Volkswirtschaft massiven Schaden davonträgt und zerstört wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Ein wirklich besonders geschädigter Bereich ist die Tourismuswirtschaft, ist die Gastro­nomie und sind vor allem die Privatzimmervermieter, die bis heute nicht antragsbe­rechtigt sind, bis heute im Regen stehen gelassen worden sind. Und sie sind nicht nur im Regen stehen gelassen worden, sie sind von dieser Regierung auch belogen worden.

Wir können uns alle noch gut daran erinnern, als der Herr Bundeskanzler vor der Presse gestanden ist – ein- von tausendmal im letzten Jahr – und gesagt hat: Keiner wird zu­rückgelassen, alle werden mitgenommen, allen wird geholfen. – Bis heute gibt es keine Unterstützung für gewisse Branchen, wie gesagt erreichen uns täglich Mails von Be­troffenen, unter anderem eben auch von Privatzimmervermietern.

Das ist das Kartenhaus, das diese Regierung aufgebaut hat: ein Kartenhaus aus Lügen, aus Korruption, aus Zensur, aus Beeinflussung der Medien und aus Freunderlwirtschaft. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist das, was im letzten Jahr aufgebaut worden ist. Zusätzlich wird eine Politik der Angst und Panikmache betrieben, mit der Sie die gesamte Bevölkerung verunsichern und in Angst und Panik versetzt haben. Eine Hand wäscht die andere und beide das Gesicht. Nach diesem Motto werden Medien beeinflusst, werden Zeitungen gekauft, werden Medienförderungen auf das Doppelte erhöht. Das ist die Politik dieser Bundesregierung, und Rot und Grün unterstützen das auch noch. Das ist wirklich das, was wir erlebt haben.

Wir gehen davon aus, dass im heurigen Jahr eine Pleitewelle auf uns zurollen wird. Die Nationalbank geht davon aus, dass mindestens 10 Prozent der Wirtschaft betroffen sein werden – in der Tourismuswirtschaft wird es sogar in Richtung 30 Prozent gehen. Diese Pleitewelle ist unaufhaltbar und wird auf uns zukommen. Es werden viele Betriebe sein,


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die in Schwierigkeiten kommen und natürlich auch von einer feindlichen Übernahme ge­fährdet sind.

Kollege Schellhorn von den NEOS hat es heute schon richtig angesprochen: Es braucht jetzt Maßnahmen, um diesen Betrieben zu helfen: Es muss das Eigenkapital gestärkt werden, es müssen Beteiligungsmodelle angeboten werden, sodass Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden kann, und es müssen im Insolvenzrecht die Regeln für den Fall einer drohenden Insolvenz abgeändert werden.

Deshalb bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein, der diese Regelung im Zuge eines Insolvenzverfahrens oder einer drohenden Insolvenz unterstützen soll:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausverkauf der heimischen Wirtschaft nach bevorstehender Pleitewelle im Tourismusbereich verhindern“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat Regierungsvorlagen zuzuleiten bzw. Maßnahmen zu setzen, die durch die Umsetzung nachstehender Forderungen einen Ausverkauf Österreichs durch Übernahmen heimischer Unternehmen durch Investoren aus Drittstaaten verhindern bzw. erschweren:

Festlegung eines Vorkaufsrechts für österreichische Investoren bzw. Investoren aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Nachweispflicht eines Masseverwalters oder Veräußerer, dass kein Käufer aus Öster­reich bzw. der Europäischen Union gefunden werden konnte

Einführung einer Genehmigungspflicht für Transaktionen insbesondere im Bereich von Hotellerie und Gastronomie, sodass die Verträge aufschiebend bedingt gültig durch die Genehmigung abgeschlossen werden

Einsetzen auf Europäischer Ebene für die rasche Beschlussfassung von Richtlinien, die einen Ausverkauf von österreichischen und EU-Unternehmen an Drittstaats-Hedge-Fonds und Konzerne verhindern oder zumindest erschweren

Neben gesetzlichen Maßnahmen Auf- und Ausbau der notwendigen Ressourcen bei den zuständigen Behörden.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Mag. Harald Stefan

und weiterer Abgeordneter

betreffend Ausverkauf der heimischen Wirtschaft nach bevorstehender Pleitewelle im Tourismusbereich verhindern


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eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 8: Antrag und Bericht des Tourismus­ausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (657 d.B.) in der 85. Sitzung des Nationalrates am 24. Februar 2021

Österreichs Wirtschaft und insbesondere die Tourismuswirtschaft wurde und wird durch die COVID-19 Krise massiv geschwächt. Die Tourismusbranche als Österreichs Visiten­karte für Millionen ausländischer Gäste sieht einer düsteren Zukunft entgegen. Dro­hende Insolvenzen könnten insbesondere ausländische „Schnäppchenjäger“ auf den Plan rufen. Österreichs Tourismus könnte sein weltweit geschätztes Gesicht, für das herzliche Gastgeber in unserer wunderschönen Natur sorgen, auf Dauer verlieren. Ein McDonald’s auf der Schmittenhöhe, ein Starbucks auf der Planai oder ein Hilton-Hotel in Bad Gastein sind Beispiele dafür, wie sich dieser drohende Ausverkauf auswirken würde. Dies gilt er rechtzeitig und mit aller Entschlossenheit zu verhindern.

Wie alarmierend, existenzgefährdend und arbeitsplatzvernichtend das neuerlich verlän­gerte Aufsperrverbot insbesondere für den Bereich Tourismus ist, belegt unter anderem eine Modellrechnung der Österreichischen Nationalbank vom Dezember des Vorjahres, die prognostiziert, dass bis 2022 fast zehn Prozent der heimischen Unternehmen pleite sein könnten, im Bereich Gastronomie und Hotellerie sogar 29 Prozent. Dabei sind die nunmehr verlängerten Verschärfungen noch gar nicht eingerechnet.

In welchem Ausmaß die heimischen Tourismusbetriebe mittlerweile mit dem Rücken zur Wand stehen, bestätigt sehr drastisch die jüngste WIFO-Tourismusanalyse, die im ge­samten Winterhalbjahr von einem Nächtigungseinbruch um 83 Prozent gegenüber der vergangenen Wintersaison ausgeht. Damit wird die bereits schlechte Sommersaison mit einem Nächtigungsminus von 31,8 Prozent noch weit übertroffen. Ohne Berücksich­tigung der COVID-19-Unterstützungen müssen die heimischen Tourismusbetriebe im Winter einen Einnahmeneinbruch von rund 90 Prozent verkraften – wir sprechen hier von etwa 14 Milliarden Euro, von denen 8 Milliarden zu Lasten der Hotellerie und Gastro­nomie gehen.

Darüber hinaus steht Österreich vor einer Pleitewelle noch nicht geahnten Ausmaßes. Der Alpenländische Kreditorenverband stellt in seiner Insolvenzstatistik fest, dass durch die Maßnahmen der Regierung zwar die Firmeninsolvenzen 2020 zahlenmäßig um 40 Prozent geringer waren als im Vorjahr, die betroffenen Unternehmen jedoch Gesamt­verbindlichkeiten von 5,2 Milliarden Euro – nach 2,2 Milliarden im Vorjahr – aufweisen. Durch das Instrumentarium der Kurzarbeit werden derzeit zahlreiche KMU vor einer Insolvenz bewahrt, jedoch ist aufgrund dieses Verzögerungseffekts mit einem über­durch­schnittlichen Pleiteszenario in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 zu rechnen.

In dasselbe Horn stoßen die Schuldnerberatungen (APA-Journal Karriere vom 18.01.2021): „Die Corona-Wirtschaftskrise wird sich erst heuer mit Verzögerung in der Insol­venz­statistik niederschlagen. Wenn staatliche Hilfen und Kreditstundungen auslaufen, wird die Pleitewelle ab der Jahresmitte anrollen, erwarten Gläubigerschutzorganisationen.“

Daher ist es in Hinblick auf die zu befürchtenden zahlreichen Insolvenzen gerade im Bereich der Tourismusbetriebe, die infolge des monatelangen seitens der Bundes­regie­rung verordneten Totalstillstandes unter enormen Liquiditätsengpässen und Zahlungs­schwierigkeiten leiden, dringend erforderlich, hier Maßnahmen zu setzen, die vor Über­nahmen unserer heimischen Tourismusbetriebe insbesondere durch Investoren aus Drittstaaten, wie beispielsweise aus China, wirksam schützen.

Eine Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young zum Thema „Chi­nesische Investoren in Europa 2019“ kommt unter anderem zu dem Ergebnis, dass zwar die Aktivitäten chinesischer Investoren in Europa im Jahr 2019 abgeebbt sind, jedoch „im zweiten Halbjahr der Markt spürbar anzog: Die Bereitschaft, auch größere Deals


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anzugehen, ist deutlich gestiegen“, so Eva-Maria Berchtold, Leiterin Transaction Advi­sory Services bei EY Österreich. „Zunehmend drängen nun auch chinesische Finanz­investoren nach Europa, die zuvor nur in ihrem Heimatland unterwegs und somit hier weitgehend unbekannt waren. Einige von ihnen sind auf Transaktionen im dreistelligen Millionenbereich spezialisiert und treten in diesem Segment zunehmend in Konkurrenz zu den etablierten großen Finanzinvestoren aus Amerika und Europa.“ Zwar sei die Abschlussquote noch nicht hoch, aber Berchtold beobachtet eine „steile Lernkurve“.

„2018 haben Investoren aus China drei heimische Unternehmen gekauft, darunter das Vorarlberger Traditionsunternehmen Wolford. Europaweit erwarben chinesische Inves­toren im Jahr 2019 182 Unternehmen mit einem Gesamtkaufswert von 17,3 Milliarden Euro.“

(Pressemitteilung von EY vom 6. Februar 2020)

Österreich muss daher aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten unter anderem mit folgenden Maßnahmen dringend sicherstellen, dass die heimischen Unternehmen vor einem Ausverkauf geschützt werden:

•             Festlegung eines Vorkaufsrechts für österreichische Investoren bzw. Investoren aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union

•             Nachweispflicht eines Masseverwalters oder Veräußerers, dass kein Käufer aus Österreich bzw. der Europäischen Union gefunden werden konnte

•             Einführung einer Genehmigungspflicht für Transaktionen insbesondere im Bereich von Hotellerie und Gastronomie, sodass die Verträge aufschiebend bedingt gültig durch die Genehmigung abgeschlossen werden

•             Einsetzen auf Europäischer Ebene für die rasche Beschlussfassung von Richt­linien, die einen Ausverkauf von österreichischen und EU-Unternehmen an Drittstaats-Hedge-Fonds und Konzerne verhindern oder zumindest erschweren.

•             Neben gesetzlichen Maßnahmen Auf- und Ausbau der notwendigen Ressourcen bei den zuständigen Behörden

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­hen­den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat Regierungsvorlagen zuzuleiten bzw. Maßnahmen zu setzen, die durch die Umsetzung nachstehender Forderungen einen Ausverkauf Österreichs durch Übernahmen heimischer Unternehmen durch Inves­toren aus Drittstaaten verhindern bzw. erschweren:

Festlegung eines Vorkaufsrechts für österreichische Investoren bzw. Investoren aus Mit­gliedstaaten der Europäischen Union

Nachweispflicht eines Masseverwalters oder Veräußerer, dass kein Käufer aus Öster­reich bzw. der Europäischen Union gefunden werden konnte

Einführung einer Genehmigungspflicht für Transaktionen insbesondere im Bereich von Hotellerie und Gastronomie, sodass die Verträge aufschiebend bedingt gültig durch die Genehmigung abgeschlossen werden


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Einsetzen auf Europäischer Ebene für die rasche Beschlussfassung von Richtlinien, die einen Ausverkauf von österreichischen und EU-Unternehmen an Drittstaats-Hedge-Fonds und Konzerne verhindern oder zumindest erschweren

Neben gesetzlichen Maßnahmen Auf- und Ausbau der notwendigen Ressourcen bei den zuständigen Behörden.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Maximilian Köllner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Lercher – Beifall spendend –: Bravo!)


14.04.36

Abgeordneter Maximilian Köllner, MA (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin! Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass man in meinem Heimatbundesland Burgenland wunderschön Urlaub machen kann. Nicht nur für den Kollegen Franz Hörl aus Tirol, sondern auch für uns ist der Tourismus eine ganz, ganz wichtige Säule.

Eine zentrale Stütze des Tourismus – es ist angesprochen worden – sind die vielen kleinen Privatzimmervermieter, die rund zwei Drittel aller Beherbergungsbetriebe aus­machen. Sie leisten wie die Hotels einen wesentlichen Beitrag, dass es in den Touris­musregionen ausreichende Nächtigungsmöglichkeiten gibt, und wenn wir sie jetzt im Stich lassen, wird das nachhaltige Folgen für den Tourismus in Österreich haben.

Wir haben Ihnen schon im Ausschuss nach dem burgenländischen Vorbild des Bonus­tickets einen Vorschlag geliefert, wie Sie den Tourismusmotor wieder ankurbeln können. Mit dem Erfolgsmodell des Burgenland-Bonustickets konnten die lockdownbedingten Einbußen durch ein großartiges Comeback im Sommer mit einem starken Plus kompensiert werden, sogar mit nachhaltigen Effekten, weil sich gezeigt hat, dass neue Gästeschichten ihren Urlaub im Burgenland verbracht haben.

Erfolgreiche Investitionsmodelle wie diese wären ganz gut für Österreich, für das gesamte Österreich, doch wie gehen Sie mit diesen Ideen und Erfolgsmodellen anderer Parteien um? – Sie ignorieren sie, indem Sie sie immer wieder vertagen und vertagen, manches Mal ablehnen. Wir erleben also einen ständigen Vertagungsmarathon unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Sie hören aber nicht nur auf uns als Opposition nicht – das ist das Problem –, sondern Sie reden anscheinend auch nicht mit den Betroffenen.

Eine Branche, für die Sie überhaupt noch kein Ohrwaschel gerührt haben, ist die Reise­branche. Ich werde nicht müde, zu betonen, dass diese Branche eine besondere Unter­stützung braucht, weil sie wie kaum eine andere von den Reiseverboten und –einschrän­kungen getroffen wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin laufend mit Reisebüros und -veranstaltern in ganz Österreich in Kontakt und erschüttert, was mir da teilweise berichtet wird: Keine Umsätze, vom versprochenen Fixkostenzuschuss Phase zwei aber dennoch keine Spur. Ich habe Sie, Frau Ministerin, schon in den Ausschusssitzungen im Vorjahr mehrmals auf die Auszahlung ange­sprochen, Sie werden sich sicher erinnern. Jedes Mal haben Sie geantwortet: bald, ehestmöglich – in diese Richtung. Mittlerweile haben wir Ende Feber. Also bitte, was ist dann nach Ihrem Verständnis „ehestmöglich“?  Das würde mich interessieren.

Sind das zwei Wochen, zwei Monate, ein halbes Jahr? Wann können die Betroffenen endlich mit den Hilfsgeldern rechnen? Oder wollen wir zuschauen, wie nach und nach


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Reisebüros in den Ruin schlittern und Tausende arbeitslos werden? Die Reisebranche braucht endlich Gewissheit und Planungssicherheit. Das sind Sie ihr schuldig, Frau Ministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Abschluss eines noch: Die Betroffenen wurden im Glauben gelassen, dass sie pau­schal 19 Prozent vom Umsatz 2019 ersetzt bekommen. Auf Nachfrage beim Finanz­minis­terium, bei der Cofag heißt es nun: Das gilt nur für Reiseveranstalter, aber nicht für Reisevermittler. Seien Sie mir nicht böse, aber das ist eine Farce!

Im Sinne der Betroffenen bitte ich Sie daher: Klären Sie das! Zahlen Sie aus, was versprochen wurde, und sorgen Sie für eine Verlängerung der Kurzarbeit bis in den Herbst, denn es braucht endlich klare Perspektiven, unter welchen Voraussetzungen der Tourismus wieder durchstarten kann! (Beifall bei der SPÖ.)

14.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.08.10

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Dass unsere Beher­bergungsbetriebe besonders betroffen sind, das haben wir schon in der Aktuellen Stunde diskutiert, daher ist es mir ein großes Anliegen, dass wir den Zugang zu den finanziellen Unterstützungsleistungen im Bereich der PrivatzimmervermieterInnen heute ausweiten und somit deutlich mehr Kleinbetriebe von den Hilfen profitieren können.

Bisher haben bereits rund 30 000 PrivatzimmervermieterInnen und Ferienwohnungs­vermieterInnen Anspruch auf die Unterstützungsleistungen aus dem Härtefallfonds erhalten. Jetzt schaffen wir mit diesem Antrag die Grundlage dafür, dass weitere Klein­betriebe, die aus verschiedenen Gründen bisher noch keinen Anspruch hatten, auf Mittel aus dem Härtefallfonds zurückgreifen können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Es ist gut, dass wir diesen Antrag heute beschließen, denn er wird mehr als 10 000 Klein­betrieben eine schnelle und unbürokratische Hilfe bieten. Ich möchte auch meinen Dank an die Opposition aussprechen, speziell an die FPÖ. Ich kenne zwar diesen Brief nicht, was ich etwas irritierend finde, aber der FPÖ-Tourismussprecher hat sich in diesem Bereich sehr stark gemacht, und ich glaube, es ist wichtig, dass wir gerade jetzt beson­ders gut über Parteigrenzen hinweg miteinander arbeiten, sodass wir gut durch diese Krise kommen.

Was es noch anzumerken gibt: Es geht um die Privatzimmervermietungen, das hat also nichts mit den typischen, ich sage jetzt einmal Airbnb-Wohnungen, zu tun. Das möchte ich nur klarstellen, damit es nicht zu Verwechslungen kommt.

Noch ganz kurz zum Kollegen der SPÖ: Max, bei der letzten Sitzung des Touris­mus­ausschusses haben wir Maßnahmen für die Reisebranche gesetzt. Zum Thema Pla­nungssicherheit: Ja, Planungssicherheit hätten wir alle gerne, und zwar in allen Bereichen. (Zwischenruf des Abg. Köllner.) Das würden wir alle uns wünschen, aber in dieser Zeit gibt es so etwas wie Planungssicherheit leider nicht. Was wir aber für die Reisebranche gemacht haben, ist eine Haftungsübernahme, damit sie Veranstaltungen planen kann, und wenn diese coronabedingt ausfallen, einfach quasi die Haftung übernommen wird. Also es wurden Maßnahmen gesetzt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Hilfe soll jedenfalls rasch und unkompliziert bei den Betrieben ankommen, damit die coronabedingten wirtschaftlichen Folgen einfach bestmöglich abgefedert werden.


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Was ich hier auch noch erwähnen möchte, ist: Viele dieser kleinstrukturierten Betriebe sind auch abseits der Coronakrise bereits massivem Konkurrenzdruck ausgesetzt, wenn es um internationale Billighotels oder um Chaletdörfer geht. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Dem Druck vonseiten der – meist sind es ausländische – Investoren mit Franchise- oder Zweitwohnsitzprojekten werden wir langfristig einen Riegel vorschieben müssen, damit wir in der Branche einfach so etwas wie einen Wettbewerbsausgleich schaffen können, denn diese Investorenmodelle bringen weder Wertschöpfung für die Region noch helfen sie unserem heimischen Tourismus. Die Privatzimmervermieter sind jedoch noch, wenn man so sagen möchte, Teil einer ursprünglicheren und authentischen Form des Touris­mus, und ich glaube, kein Chaletdorf kann das in dieser Form ersetzen.

Was man noch dazusagen muss: Während Investorenmodelle und Chaletdörfer wirklich eine reine Kapitalanlage für Investoren darstellen, sorgen die kleinstrukturierten, oft familiär geführten Betriebe für Wertschöpfung. Das hilft unseren Regionen, weil die Wertschöpfung dort bleibt, und sie tragen einfach zum Charme unseres Tourismus in Österreich bei. Und das ist, glaube ich, das, was wir brauchen, das, worauf wir verstärkt setzen müssen: ein Tourismus, von dem viele profitieren, und nicht nur Einzelne.

Familiäre Beherbergungsbetriebe gilt es also zu erhalten, es gilt sie zu stärken – besonders in der Krise, aber auch generell; und das machen wir auch. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn zu Wort. – Bitte.


14.12.44

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Kollegin Pfurtscheller hat einen Brief erwähnt, und das hat mich daran erinnert: Stimmt! Auch ich habe einen Brief vom FPÖ-Partei­obmann betreffend die Gastronomie bekommen. Das war 14 Tage vor dem Faschings­dienstag, und ich habe geglaubt, das ist ein Faschingsbrief – auch bezüglich Öffnen und so. Ich weiß nicht, ist er heute da? (Der Redner wendet sich zum Präsidenten.) – Ja, er ist da. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Das war also so ein ähnlicher Brief, er war halt ein bisschen unseriöser. Dass das ein Foul des Kollegen Hauser war, da stimme ich Ihnen zu, weil es de facto nicht möglich ist, das ohne die Regierungsparteien zu machen, und dann darf man es sich auch nicht an die Brust heften – so fair muss man sein.

Ja, das ist schon wichtig, und ich möchte es auch noch einmal betonen: Im Ausschuss waren wir dagegen, weil uns die Datenbasis gefehlt hat. Wir wollten wissen, um wie viele Betriebe es sich handelt, wie das ausschaut und wie man den Bereich der Förderungs­bedürftigen eingrenzen kann. – Es ist richtig, dass diese Apartments, diese Privat­zim­mervermieter auch einen erheblichen Teil zum Tourismus beitragen, und darum stimmen wir dem heute auch zu. Das ist einmal grundsätzlich zu sagen.

Ich glaube aber, dass es damit nicht getan ist, sondern ich glaube, die Privatzimmer­vermieter, die Apartments genauso wie die Hotellerie, sie alle brauchen jetzt, ich will nicht sagen Planungssicherheit, aber zumindest eine klare Ansage, wie der Sommer gestaltet wird – mit dieser Testerei, mit der Freitesterei oder dem Hineintesten und der Annahme oder Registrierung der Getesteten. Das ist, glaube ich, ganz wichtig, und es würde mich auch freuen, würden die Unternehmer jetzt erfahren, wie es läuft, weil es für mich auch ein Marketinginstrument ist, sich als sicheres Land darzustellen. Die tech­nischen Applikationen gibt es bereits seit dem Herbst und sie sollten jetzt auch noch verfeinert und verbessert werden. Ich denke, es ist ein falsches Zeichen, wenn die Wirtschaftskammer glaubt, sie muss es jetzt selber machen, weil in letzter Zeit bei


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technischen Applikationen oder Homepages relativ wenig Gescheites herausgekommen ist. (Abg. Hörl: Das stimmt nicht!) Das wissen wir, und das ist auch zu sagen.

Über die Beteiligungsmodelle, über einen Beteiligungsfonds, über eine Tourismus­an­leihe sollten wir dringend diskutieren, weil vor allem ein Wiederaufstehen des Tourismus ganz wichtig ist und wir die Betriebe vor Insolvenzen retten müssen – das habe ich vorhin schon gesagt –; dafür braucht es auch die Berücksichtigung der steuerlichen Aspekte.

Was mir aber wichtig zu betonen ist, und man hat es letzte Woche in einem kleinen Satz gelesen, ist Folgendes: Die ÖW-Chefin tritt offiziell nicht mehr an, sie möchte ihren Vertrag nicht verlängern, und ich glaube, da müssen wir einmal hinterfragen, wie und warum das passiert. Gerade in Zeiten einer Krise sollte man auch neu strukturieren und sollte man die ÖW neu aufstellen. Es muss aber nicht die Person sein, sondern zuerst sollte eine generelle Neustrukturierung der ÖW angedacht werden, bevor man nur ein Gesicht austauscht. Es ist mir besonders wichtig, dass man da auch klar darauf schaut, wie wir in die Zukunft gehen. Man kann sagen, ich war mit Frau Stolba nie richtig eng. Ich habe sie respektiert, dass sie aber gerade jetzt in Zeiten der Krise abgelöst wird, wirft kein gutes Licht auf die Sache. – Das möchte ich betonen. (Beifall bei den NEOS.)

14.16


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.


14.16.20

Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Speziell der Tourismus, die Gastronomie, unsere gesamte Reisebranche, die Messe- und die Kon­gressveranstalter sind aufgrund der weltweiten Coronapandemie, in der wir uns befin­den, bereits seit einem Jahr in einer wirklichen Ausnahmesituation. Wir haben in den Ferienregionen einen durchaus recht positiven Sommer erlebt, die Stadthotellerie hat leider keinen solchen haben können. Wir haben in Österreich, vor allem eben auch im Städtetourismus, einen unglaublich hohen Anteil an internationalen Gästen, an auslän­dischen Gästen, und die Einschränkung der Reisefreiheit trifft uns vor allem in dieser Branche ganz enorm.

Wir haben aber auch, und das ist leider der etwas negative Teil der Botschaft, durchaus noch sehr schwierige Monate vor uns. Aktuell kämpfen wir auch mit unterschiedlichen Mutationen, die zurzeit auftreten, egal ob die britische Mutation oder jene aus Südafrika; hinzu kommen die brasilianische Variante und die Frage, ob auch jeder Impfstoff ent­sprechend wirksam ist. All das muss uns veranlassen, dass wir uns noch auf eine durchaus etwas schwierige Zeit, auf schwierige Monate einstellen. Wir sind aber, und ich glaube, das ist die wichtige und sehr positive Botschaft, ein beliebtes, starkes, gutes und hochqualitatives Urlaubsland und werden auf jeden Fall an diese alte Stärke wieder anknüpfen können.

Der Tourismus ist für uns einer der ganz zentralen Wirtschaftsbereiche, er ist aber vor allem ein ganz zentraler Jobmotor in Österreich, insbesondere in den ländlichen Regio­nen, wo sehr oft Wirtschaftsbetriebe oder Industriebetriebe fehlen. Wir haben beispiels­weise im Jahr 2018 in Österreich über den Tourismus eine Wirtschaftsleistung von fast 60 Milliarden Euro erwirtschaftet; Tourismus- und Freizeitwirtschaft gemeinsam tragen rund 15 Prozent der Wirtschaftsleistung zum BIP der österreichischen Republik bei. Vor allem, was den Wintertourismus betrifft, ist die Zahl sehr eindrucksvoll: 50 Prozent des europäischen Wintersporttourismus finden in Österreich statt – und all das vermissen wir heuer natürlich sehr schmerzhaft.


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Es war aufgrund der sehr stark steigenden Infektionszahlen im Herbst leider nicht möglich, diese Wintersaison heuer so durchzuführen, wie wir sie normalerweise kennen. Das war insbesondere betreffend den Monat Feber schmerzhaft, der für den Winter­tourismus eigentlich der wichtigste ist, genauso wie es der August für den Sommertouris­mus ist, aber in ganz Europa ist die Reisefreiheit massiv eingeschränkt. Ich stehe als Tourismusministerin auch in einem sehr engen Austausch und Kontakt zu meinen europäischen Kollegen, und in allen Ländern ist die Situation der Branche zurzeit sehr verzweifelt.

Für die Betriebe, vor allem aber auch für mich als Tourismusministerin ist diese fehlende Planbarkeit und diese fehlende klare Prognose – zum Tag X wird es so und so sein – zurzeit das Schmerzlichste. Wir wissen aber – und wir als Bundesregierung sind uns der Verantwortung sehr wohl auch bewusst –, dass für die Veranstaltungswirtschaft, für die Hotellerie und auch für die Gastronomie eine Planungssicherheit notwendig ist. Es braucht Vorlaufzeiten, um Betriebe dann auch wieder hochfahren und Buchungen ent­sprechend annehmen zu können.

Dementsprechend haben wir vereinbart, dass wir gemeinsam mit der Branche einen sehr intensiven Austausch pflegen, uns auch darüber beraten, wie mögliche Öffnungs­schritte vollzogen werden können.

Wir setzen ganz massiv auf ein umfassendes Testkonzept. Wir haben in den letzten Monaten – und dafür darf ich mich vor allem auch bei den Bundesländern ganz herzlich bedanken – umfassende Testmöglichkeiten aufgebaut, dass sich jeder Österreicher und jede Österreicherin täglich testen lassen kann. Das soll und wird für uns auf jeden Fall eine Überbrückung bis hin zu der Zeit, zu der wir das Coronavirus vollständig über­wunden haben beziehungsweise jeder, der eine Impfung haben will, diese dann auch bekommen kann, sein.

Wir sind zurzeit gemeinsam mit der Branche, mit den Vertretern der Gastronomie, des Tourismus, vor allem aber auch mit der Veranstaltungswirtschaft mittendrin in einem Re­startprozess. Wir werden auf jeden Fall unsere Testprogramme, die wir haben, aus­weiten. Wir waren ja bereits Vorreiter bei den Branchentestungen, wir bieten seit dem Sommer Tourismusmitarbeiterinnen und -mitarbeitern Tests an und haben das insbe­sondere auch auf die Gastronomie ausgeweitet.

Ich muss Herrn Abgeordnetem Schellhorn auf jeden Fall recht geben, wenn er sagt, dass die Sicherheit in der Zukunft eines der ganz zentralen Elemente auch für die Werbung sein wird. Früher war für viele Gäste buchungsentscheidend, wie die Wellnessanlage im Hotel ist oder ob das WLAN bis ins letzte Eckchen der Anlage funktioniert, jetzt wird als Erstes gefragt: Wie sehen die Sicherheitskonzepte beziehungsweise wie schauen die Covid-Regeln in den Hotels und in den Betrieben aus? – Darauf setzen wir ganz massiv, um dann eben, wenn es möglich ist, wieder aufzusperren, entsprechend vorbereitet zu sein.

Daneben, und das ist für uns schon etwas ganz Zentrales und Wichtiges, wollen wir einfach auch die bestmöglichen Wirtschaftshilfen für die Betriebe schaffen und zur Ver­fügung stellen. Erinnern Sie sich zurück, als die Coronakrise ausgebrochen ist! Damals haben wir bereits mit Härtefallfonds, mit Fixkostenzuschuss die Grundlagen geschaffen. Wir haben diese Hilfen permanent angepasst, haben sie weiterentwickelt, haben immer wieder versucht, so viele wie möglich anspruchsberechtigt zu machen, sie mitzunehmen. Vor allem die Kurzarbeit ist eines unserer ganz zentralen Unterstützungselemente für den Tourismus, für die Gastronomie. Das ist für uns von ganz zentraler Bedeutung, weil fast keine andere Branche so hart getroffen ist, schon so lange zu hat und auch sehr in Sorge um das qualifizierte Personal ist.


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Ich darf mich heute ganz besonders herzlich beim Finanzminister dafür bedanken, dass uns jetzt auch diese Lösung für die Privatvermieter gelungen ist, und ich muss vielleicht ein paar Äußerungen dazu korrigieren. Speziell Herr Abgeordneter Angerer hat gemeint, die Privatzimmervermieter hätten keine Hilfe erhalten. – Das stimmt nicht. Es betrifft nur mehr diesen einen Bereich der Privatvermieter – die über Vermietung und Verpachtung eben auch Räume vermieten –, die nicht von privaten Gästezimmern im eigenen Haushalt mit zehn Betten erfasst sind. Alle anderen, bis hin zu Urlaub am Bauernhof, der ja in Österreich auch ein ganz wichtiger Faktor im Tourismus ist, haben jetzt schon die Möglichkeit, Härtefallfonds, Fixkostenzuschuss und dergleichen in Anspruch zu nehmen. Es geht nur mehr um diesen kleinen Bereich der Vermietung und Verpachtung, weil uns zum Teil – und Herr Abgeordneter Hauser kennt die Problematik – halt auch die Abgrenzung zur normalen Raumvermietung gefehlt hat.

Es war keine böse Absicht, dass das so lange gedauert hat, uns haben aber schlichtweg auch die Daten gefehlt. Wir erfassen jeden einzelnen Betrieb händisch, müssen die Kontrolle auch händisch nachvollziehen, wir stehen aber auf jeden Fall auch zu diesen Betrieben und werden sie jetzt bestmöglich unterstützen. Es würde mich sehr freuen, wenn Sie dem heute Ihre Zustimmung geben, damit wir ehestmöglich mit den Aus­zahlungen der Hilfen für die Privatvermieter beginnen können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.24


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Ing. Johann Weber. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.24.17

Abgeordneter Ing. Johann Weber (ÖVP): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, wir haben uns die Pandemie nicht gewünscht, wir haben sie auch nicht herbeigeredet, sie trifft uns aber mit voller Wucht, mit voller Kraft, und das in sehr vielen Branchen. Diese Koalition tut wirklich alles, sowohl im Parlament als auch in der Re­gierung, um wirklich niemanden zurückzulassen.

Im vorliegenden Fall etwa müssen wir nun das Härtefallfondsgesetz, wie wir von den Vorrednern schon gehört haben, überarbeiten. Ich freue mich – und das betone ich –, ich freue mich wirklich, dass es gelungen ist, diese Lücke, die die Frau Bundesminister angesprochen hat, zu schließen. Davon betroffen, wie wir auch schon in einem vorher­gehenden Redebeitrag gehört haben, sind circa 10 000 Betriebe in Österreich, die jetzt die Möglichkeit erhalten, beim Härtefallfonds um entsprechende Unterstützung anzu­suchen.

Die Bedeutung dieses Beschlusses ist für den österreichischen Tourismus und die Situation der Privatzimmervermietung in den österreichischen Bundesländern enorm. Das ist ein wichtiger Beschluss, den wir heute hier fassen, denn das betrifft, wie gesagt, 10 000 Betriebe, die jetzt diese Möglichkeit bekommen. Oft sind das nur sehr kleine Betriebe, die sich durch Vermietungen ein kleines Zubrot zu dem, was sie sonst noch machen, erwerben, um eben auch ein Familieneinkommen zu erwirtschaften, um letzt­endlich auch ein entsprechendes Auskommen zu haben. Und wo vor allem haben wir diese kleinen Beherbergungsbetriebe? – Speziell draußen in den ländlichen Regionen, wo wir es ohnedies schon sehr stark mit Abwanderung zu tun haben. Jetzt schaffen wir die Möglichkeit, dass sie dort bleiben können, indem sie eben mit Vermietungen ein Zusatzeinkommen erwirtschaften können.

Gerade in meiner Heimat – ich komme aus dem wunderschönen Lavanttal, eingebettet zwi­schen Koralm und Saualm, das sind 2 000er-Berge – gibt es keine großen Hotelanlagen.


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Wir haben ein paar kleinere, durchaus attraktive Hotels, und wir haben relativ „viele“ – unter Anführungszeichen; im Vergleich zu einer Tourismusregion natürlich nicht so viele –, immerhin 170 kleinere private Beherbergungsbetriebe, die jetzt in diesen Ge­nuss kom­men. Ich glaube, das werden diese Betriebe auch zu schätzen wissen.

Ich möchte ein großes Dankeschön für den Beschluss, den wir heute hier fassen, aussprechen. Das ist wieder eine Hilfe, die wirklich dort ankommt, wo sie gebraucht wird. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.26


Präsident Ing. Norbert Hofer: Frau MMMag.a Gertraud Salzmann ist die nächste Rednerin. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.27.00

Abgeordnete MMMag. Gertraud Salzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseher daheim vor den Bildschirmen! Die rund 40 000 österreichischen Privatzimmervermieter stellen ein wichtiges Angebot im touristischen Sektor dar; gerade bei mir daheim, in meiner Heimat Salzburg, sind es etwa 8 000 Privatzimmervermieter. 30 000 davon sind bis jetzt schon vom Härtefallfonds erfasst, diesen 30 000, die bis zehn Betten haben, ist schon schnell und unbürokratisch geholfen worden.

Heute geht es um eine kleinere Gruppe, um diejenigen, die über zehn Betten haben; allen anderen haben wir schon helfen können. Die Privatzimmervermieter, die über zehn Betten haben – 10 000 sind es in etwa –, werden jetzt durch diese Beschlussfassung, durch die Abänderung der Bestimmungen des Härtefallfonds, auch unter den Anwen­dungsbereich des Härtefallfonds fallen. – Geschätzte Frau Minister, ich hatte viele Anfragen aus meinem Bundesland, ganz speziell auch aus meiner Heimat, dem Pinzgau, und ich bin sehr froh, dass das jetzt nach vielen Gesprächen auch gelungen ist.

Wie die Frau Minister schon ausgeführt hat, war das nicht einfach abzugrenzen. Wir wollen ja nicht die normale Vermietung über Airbnb und dergleichen fördern, sondern uns geht es wirklich um unsere Privatzimmervermieter. Vielen herzlichen Dank für diese gute Zusammenarbeit mit Ihnen, Frau Minister, und mit Minister Blümel – nur so ist es gelungen; und auch in Zusammenarbeit mit Kollegen Hauser, aber lieber Kollege Hauser, es gehört sich nicht, dass du das allein auf deine Fahnen heftest. Miteinander haben wir gekämpft und miteinander haben wir das jetzt auch erreicht! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich möchte in einem zweiten Punkt auch noch gerne auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tourismus eingehen. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten in den letzten Monaten ihrer Arbeit nicht nachgehen. Viele davon sind Gott sei Dank durch die Kurzarbeit aufgefangen worden und dadurch nicht in die Arbeitslosigkeit abgerutscht.

Ganz besonders möchte ich auf die in etwa 9 000 Lehrlinge im Bereich des Tourismus hinweisen. Sie konnten zwar die Berufsschulen besuchen, ihnen fehlt aber die Mög­lich­keit, die so wertvolle Praxis in den Betrieben auszuüben. An dieser Stelle auch ein ganz herzliches Danke an die Lehrerinnen und Lehrer in den Berufsschulen, die tagtäglich bemüht sind, den Lehrlingen ein gutes Fundament für den beruflichen Erfolg zu geben.

Allen Mitarbeitern im Tourismus sei gesagt: Bitte haltet durch, bleibt den Betrieben auch treu! Den Lehrlingen möchte ich im Besonderen sagen: Ihr seid keine Lost Generation, wie das immer wieder behauptet wird! Das wäre völlig unfair. Ihr seid die zukünftigen Fachkräfte, wir bauen auf euch, wir brauchen euch!

Die Lehre, meine Damen und Herren, ist der erste Schritt hin zu einer erfolgreichen Karriere. (Beifall bei der ÖVP.)


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Die Tourismusleistungen sind derartig gut, dass wir von Österreich aus gesehen europa­weit führend sind, unter anderem auch bei den Tests, zum Beispiel bei den Tests in den Schulen. Sie und wir alle warten darauf, dass die Gastro- und die Tourismusbetriebe wieder aufsperren können – die Infektionszahlen geben das hoffentlich auch bald her. – Ich wünsche Ihnen alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

14.30


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Gabriel Obernosterer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.30.48

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Es ist von meinen Vorrednern eigentlich schon alles gesagt wor­den, ich möchte aber noch einmal ganz kurz darauf eingehen, warum dieser Beschluss erst jetzt kommt.

Es wurde schon gesagt: Gastronomie, Hotellerie, Privatzimmervermieter, Urlaub auf dem Bauernhof – diese Förderpakete stehen alle, ein gewisser Bereich wurde aber noch ausgelassen. Es handelt sich dabei um nicht gewerbliche Betriebe mit über zehn Betten. Die Frau Bundesministerin hat auch schon erklärt, warum das so lange gedauert hat (Bundesministerin Köstinger nickt), nämlich weil man im Gewerbebereich nicht alle Daten zur Verfügung hatte, da alles händisch abgearbeitet werden muss, und weil man auch gewusst hat, dass bei Vermietung und Verpachtung auch die Stadtwohnungen dabei sind. Man kann Airbnb nicht miteinberechnen, da keiner weiß, wie viele das ge­wesen sind. Deshalb war das so schwierig. Ich bedanke mich vielmals bei der Frau Bundesministerin und beim Herrn Finanzminister – da das auch über das Finanz­minis­terium finanziert wird –, dass diese Lücke jetzt geschlossen wurde.

Es freut mich auch ganz besonders, dass alle Fraktionen, soweit ich es jetzt weiß, die­sem Gesetzentwurf zustimmen werden. Womit ich keine Freude habe, sage ich euch auch ganz ehrlich: Das sind immer diese Wortmeldungen hier heraußen. Wir wissen, in welcher Krise wir sind, wir alle wissen das. Die Tourismusbetriebe sind seit sieben Mo­naten zu. Eines sage ich auch ganz klar: Wer vor der Theke steht, hat bei Weitem nicht das Wissen desjenigen, der hinter der Theke steht. Ich stehe auch hinter der Theke, ich kenne die Bilanzen der Betriebe. Ich kenne sie von einem Gasthaus, von einem Restau­rant, von einem Hotel und von einem Stadthotel. Diese Pakete, die von unserer Bundes­ministerin für Tourismus mit dem Finanzminister ausgearbeitet wurden, sind gute Pa­kete!

Dass man in dieser Situation nichts verdienen kann, ist klar. Ich sage es noch einmal: Jeder Betrieb, der bis zum 15. März letzten Jahres finanzkräftig war, ist auch heute noch finanzkräftig, und das haben wir dem Paket dieser Bundesregierung zu verdanken. Schaut nach Deutschland, nach Italien und in die Schweiz, dann wisst ihr, wie es dort ist! Ich sage euch ganz ehrlich: Seit ich in diesem Hohen Haus bin, wurde auf den Tourismus noch nie so geschaut wie jetzt, und ich bin stolz, dass ich da mitwirken und auch mitbestimmen kann. Wenn etwas gut gemacht wird, soll man es auch sagen: Ich danke der Frau Bundesministerin, dem Herrn Finanzminister und dem gesamten Regie­rungsteam. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Haubner: Klare Worte!)

14.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Karl Schmidhofer. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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14.33.26

Abgeordneter Karl Schmidhofer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Werte ZuseherInnen zu Hause! Ich kann als Tourismussprecher der Volkspartei zusammenfassen – Gabriel Obernosterer hat es gesagt –: Laut IWF belegt Österreich bei der Coronahilfe Platz eins in Europa. (Abg. Angerer: ... was verwechselt! ...!) Insbesondere der Tourismuswirtschaft wurde mit dem Umsatzersatz, mit dem Fixkostenzuschuss, der Kurzarbeit, der Senkung der Mehrwertsteuer – auch wieder bis zum Jahresende verlängert –, dem Lehrlingsbonus, um nur einiges aufzuzählen, großartig geholfen. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Nunmehr kann der Beschluss aus dem Ausschuss heraus einstimmig gefasst werden, dass auch die privaten touristischen Vermieter – ich lege Wert darauf, zu ergänzen: nur jene, die auch die Gästemeldungen abgeben, also in den Gemeindeämtern melden –, in den Genuss der Förderung kommen.

Heute bedanke ich mich nicht, Frau Ministerin, sondern ich zitiere einen Dank, der mir ges­tern am Abend geschrieben wurde. Es schreibt eine Gastwirtin, die auch einen Beher­ber­gungsbetrieb bei uns in der Region Murau in der Steiermark hat: Danke für die Förde­rungen und Unterstützungen! Es wird sehr gut geholfen, es ist alles perfekt! – Zitatende.

Frau Ministerin, mit diesem Schreiben, das von außen, von unseren Tourismusbetrieben kommt, möchte ich meine Rede schließen und mich auch bei Ihnen recht herzlich für die Unterstützung bedanken. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.35


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Belakowitsch: Gerald, sag Ihnen, wie’s war!)


14.35.20

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Jetzt hätten wir beinahe Jahrestag gefeiert: elf Monate Einsatz dafür, dass kleine private Vermieter mit mehr als zehn Gästebetten, deren Betrieb behördlich geschlossen wurde, endlich einen Funken Gerechtigkeit bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

Dafür haben wir als Freiheitliche Partei diesen Antrag im Tourismusausschuss dreimal und im Parlament auch dreimal eingebracht, heute das vierte Mal! Speziell die ÖVP hat diese Reform und diesen Funken Gerechtigkeit immer blockiert. (Bundesministerin Köstinger schüttelt den Kopf.) Uns ist es wichtig, dass das jetzt gelingt.

Frau Minister, danke, dass Sie das jetzt umsetzen, wir können es nicht umsetzen! Jetzt aber so zu tun, als ob das solch ein großer Schritt sei – Entschuldigung, das ist ein Schritt, der eigentlich selbstverständlich ist und der längst überfällig ist.

Frau Pfurtscheller, erklär uns bitte hier heraußen, wieso du elf Monate gegen diese Initia­tive gestimmt hast, wieso du, stellvertretend für die ÖVP, mich nahezu ausgelacht hast, als ich mit dieser Initiative hier heraußen gestanden bin und mir den Vorwurf anhören musste: Da geht es eh lei um ein paar Betriebe! (Zwischenruf der Abg. Pfurtscheller.) Ihr habt das elf Monate blockiert, elf Monate haben diese kleinen Vermieter kein Geld bekommen, und sie werden dieses Geld auch nicht rückwirkend bekommen! (Beifall bei der FPÖ.)

Worum geht es? – Meine Standardtafel, damit ihr wisst, worum es geht (eine Tafel mit der Aufschrift „!8 fixe Betten + 2 Sofas = 12 Betten! ‚Ihr Förderungsansuchen bezüglich dieses Betrachtungszeitraums muss die Agrarmarkt Austria (AMA) leider ablehnen.‘ Begründung: Sie vermieten mehr als zehn Betten. Die ‚Kleinen‘ werden wieder benach­teiligt!“ auf das Rednerpult stellend): Kleine private Vermieter, die mehr als zehn Betten


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haben, also ab dem elften Bett, bekommen bis heute nichts – heute erst wird der Be­schluss gefasst; und dann gibt es die Richtlinien, die wir noch nicht kennen. So schaut die Sache aus!

Und weil unser Brief an 30 000 Vermieter angesprochen wurde – Frau Pfurtscheller, danke für die Werbung für diesen Brief! –: Wir haben in diesem Brief (ein Schriftstück in die Höhe haltend) ausschließlich die Wahrheit angesprochen. Ich sage es jetzt laut und deutlich: Am 29. März 2020 wurde das Härtefallfondsgesetz erlassen. Wissen Sie, wer da nicht drinnen war? – Die touristischen Privatvermieter. Die bäuerlichen Privat­ver­mieter bis zehn Betten waren am 29. März 2020 bereits enthalten.

Wir unterstützen das, wir stehen für ländlichen Raum, wir stehen für die bäuerlichen privaten Vermieter. Ich frage Sie aber, Frau Minister, und ich frage euch da drüben (in Richtung ÖVP): Wieso habt ihr am 29. März 2020 nicht darauf geschaut, dass die nicht bäuerlichen privaten Vermieter bis zehn Betten über den Härtefallfonds entschädigt werden? (Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) Wisst ihr, was es da gebraucht hat? – Engagement seitens der Freiheitlichen Partei! Wir haben Initiativen eingebracht (Beifall bei der FPÖ), und wir haben bis Ende April kämpfen müssen, dass die Privatzimmer­vermieter in das Härtefallfondsgesetz aufgenommen werden. Wir mussten weiterkämp­fen bis Ende Juni, dass auch die privaten Vermieter von Ferienwohnungen bis zehn Betten in das Härtefallfondsgesetz aufgenommen wurden. Ihr aber habt das alles ge­tan!? – Darum geht es mir nicht; uns ist wichtig, dass diesen Betrieben Gerechtigkeit widerfährt. Das steht in diesem Brief, deswegen stört er dich.

Noch etwas: Den Umsatzersatz für Privatvermieter habt ihr in der ersten Fassung auch vergessen, da hat es auch wieder Initiativen von uns gebraucht, damit die Privatver­mieter Umsatzersatz bekommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir müssen schieben! – Wir schieben gerne, damit endlich in dieser Republik Gerechtigkeit herrscht. Das ist das Entscheidende! (Beifall bei der FPÖ und Heiterkeit bei der ÖVP.)

Frau Pfurtscheller, ich muss dich leider beunruhigen: Wir sind noch nicht am Ende des Weges angekommen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Das war erst der Start, jetzt geht es weiter. Jetzt haben wir die Anerkennung, dass die §-28-Betriebe – das sind all jene, die mit § 28 Einkommensteuergesetz abrechnen – endlich einmal berücksichtigt werden. Diese Betriebe bekommen aber keinen Umsatzersatz, keinen Fixkostenersatz und wer­den über die Cofag, über das Finanzministerium nicht abgerechnet. Wir werden weitere Ungerechtigkeiten aufzeigen und bekämpfen, und wir werden schauen, dass endlich komplette Gerechtigkeit herrscht.

Abschließend noch einmal: Danke, Frau Minister, und ich möchte mich auch bei Barbara Neßler bedanken, die mir zumindest moralisch immer zur Seite gestanden ist. – Ich danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter ich habe den Eindruck, Sie wollen noch einen Antrag einbringen. – Bitte. (Heiterkeit bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Michael Hammer: ... in der Aufregung vergessen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)


Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (fortsetzend): Den habe ich jetzt glatt vergessen.

Neben den Privatvermietern gibt es eine Branche, die auch speziell im ländlichen Raum um ihre Existenz bangt, und das sind die Sportartikelhändler.

Deswegen bringe ich folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 137

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Unterstützung für vom Lockdown massiv betroffene Sportartikelhändler und Skiverleiher in Tourismusregionen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend sicherzustellen, dass insbesondere Sportartikelhändlern und Skiverleihern in den vom Lockdown betroffenen Tourismus­regionen im Sinne der Sicherung der Liquidität ein Umsatzersatz von 40 Prozent für die gesamte Dauer des Betretungsverbots von Beherbergungsbetrieben gewährt wird.“

*****

Ich bitte auch da um Unterstützung. (Beifall bei der FPÖ.)

14.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Mag. Gerald Hauser

und weiterer Abgeordneter

betreffend dringende Unterstützung für vom Lockdown massiv betroffene Sportartikel­händler und Skiverleiher in Tourismusregionen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 8: Antrag und Bericht des Tourismus­aus­schusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung eines Härtefallfonds (Härtefallfondsgesetz) geändert wird (657 d.B.) in der 85. Sitzung des Nationalrates am 24. Februar 2021

Bereits seit mehr als zwei Monaten ist der heimische Tourismus und insbesondere die Hotellerie und Gastronomie vom gänzlichen Lockdown und der damit verordneten Schließung aller Betriebe massiv betroffen. Bis zur Stunde ist nicht klar, wann wieder geöffnet werden kann.

In Zusammenhang mit dem Ausbleiben der Touristen und Gäste sind neben den Touris­musbetrieben gerade Handelsbetriebe in den Tourismusregionen und Schigebieten infolge drastischer Umsatzeinbußen mit enormen finanziellen Belastungen konfrontiert.

Gerade für Sportartikelhändler und Skiverleiher in den Tourismusregionen sind die Win­termonate die umsatzstärksten im Jahr und damit überlebensnotwendig.

„Durch das Ausbleiben der Winterurlauber haben die Sporthändler vor allem in den westlichen Bundesländern Tirol, Vorarlberg und Salzburg dramatische Einnahmen­aus­fälle erlitten. "Wir haben null Umsätze", sagte der Chef der Sporthändler-Genossen­schaft Sport 2000, Holger Schwarting, am 8. Jänner 2021 gegenüber der APA.“ (APA0426)

Unter dem Titel „Die Saison haben wir abgehakt“ berichteten die Vorarlberger Nach­richten" am 2.Jänner 2021 in diesem Zusammenhang folgendes:

Die Sportartikelhändler und Skiverleiher in den Tourismusregionen werden durch die Coronapandemie massiv getroffen. Denn seit dem Lockdown in der Hotellerie und Gastronomie fehlt ihnen in ihrer umsatzstärksten Zeit mit den Touristen ihre wichtigste Kundengruppe.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 138

„Dem touristischen Sporthandel geht es dramatisch schlecht“, sagt Harald Rudigier, der in St. Gallenkirch drei Geschäfte betreibt und der auch stellvertretender Sprecher der Fachgruppe des Mode- und Freizeitartikelhandel ist. Mittlerweile sei die Situation existenzbedrohend, da man ohne Urlauber mit Umsatzeinbußen von bis zu 90 Prozent zu kämpfen habe, aber in den Hilfspaketen der Regierung keine entsprechende Be­rücksichtigung finde.

Dass es bald besser wird, glaubt Rudigier nicht. Schließlich sei nicht absehbar, dass die Reisewarnungen so schnell aufgehoben würden. „Wir stellen uns darauf ein, dass diese Wintersaison gelaufen ist.“ Die Bedrohung bleibt aber. 90 Prozent der touristischen Sportgeschäfte seien familiengeführt. „Wenn es so weitergeht, wird es im Frühjahr 30 bis 40 Prozent nicht mehr geben. Aber unsere Notlage ist im Finanzministerium schein­bar noch nicht angekommen“, ärgert sich Rudigier.“

Aus Sicht des Handels kommt „verschärfend hinzu, dass die Lager voll mit Ware sind. Denn das Sortiment für den Winter 2020/2021 wurde aufgrund der Vorlaufzeit vor dem ersten Lockdown eingekauft. „Damals war von Corona noch nichts in Sicht. Die Waren bringen wir nun nicht mehr fort. Und wenn ist sie zwischen 50 und 70 Prozent weniger wert. Das ist ein wahnsinniger Substanzverlust“, erklärt der Sporthändler. Das bringe auch Ski- und Textilhersteller unter Zugzwang.

„Der Wareneinsatz mache im Sporthandel rund 60 Prozent der Kosten aus“, so Holger Schwarting, und stellt weiters klar, dass das Thema Liquiditätssicherung momentan ganz im Vordergrund steht. Daher sollte für die Monaten Jänner, Februar und März ein Um­satzersatz in der Höhe von 40 % dringend ermöglicht werden, um zumindest einen Teil der Kosten abzudecken.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­he­nden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend sicherzustellen, dass insbesondere Sportartikelhändlern und Skiverleihern in den vom Lockdown betroffenen Tourismus­regionen im Sinne der Sicherung der Liquidität ein Umsatzersatz von 40 Prozent für die gesamte Dauer des Betretungsverbots von Beherbergungsbetrieben gewährt wird.“

*****

14.41.01


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eingehen, stelle ich wieder die Frage an die Klubs, ob eine Unterbrechung gewünscht wird. – Das ist auch nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Tourismus­ausschusses, seinen Bericht 656 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 139

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit an­genommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend Härte­fallfondsgesetz samt Titel und Eingang in 657 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist ein­stimmig. Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausverkauf der heimischen Wirtschaft nach bevorstehender Pleitewelle im Tourismusbereich verhindern“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ge­­rald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „dringende Unterstützung für vom Lock­down massiv betroffene Sportartikelhändler und Skiverleiher in Tourismus­regionen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

14.42.569. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den Sonderbericht der Volks­anwaltschaft betreffend „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung“ (III-66/614 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung. 

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kira Grünberg. – Bitte, Frau Abgeordnete.


14.43.16

Abgeordnete Kira Grünberg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Zuallererst möchte ich mich bei der Volksanwaltschaft für den Bericht „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung“ recht herzlich bedanken.

In diesem Bericht halten die Volksanwälte fest, dass die Situation von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt in Österreich unbefriedigend und unzulässig ist. Dem muss ich leider Gottes teilweise zustimmen, denn für Menschen mit Behinderung ist es im Vergleich zu nicht behinderten Menschen immer noch ungleich schwieriger, eine Anstellung zu finden. Menschen mit Behinderung haben auch im Jahr 2021 kaum eine Chance am regulären Arbeitsmarkt. Die Situation hat sich gerade im letzten Jahr wäh­rend der Coronapandemie verschärft. Gott sei Dank konnte das Arbeitsmarktpaket viele Dinge auffangen und weitreichendere negative Auswirkungen abfangen, denn damit konnten viele Arbeitsplätze von Menschen mit Behinderung gesichert werden.

Die Volksanwälte zeigen im Bericht auch die Problematik der derzeitigen Situation von Menschen mit Behinderung in Tagesstrukturen auf, denn Menschen mit Behinderung,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 140

die in Tagesstrukturen arbeiten – und ich verwende ganz bewusst das Wort arbeiten –, sind nicht selbstständig sozialversichert. Sie sind bei ihren Eltern mitversichert und gelten somit mehr oder weniger als Kinder; wenn ein Elternteil stirbt, bekommen sie auch Waisen- oder Halbwaisenpension.

Ich finde, das ist einfach nicht mehr zeitgemäß und entspricht auch nicht der UN-Behin­dertenrechtskonvention. Deshalb ist im Regierungsprogramm festgehalten, dass wir diese Situation ändern wollen und auf jeden Fall auch ändern müssen. Wir wollen, dass die Menschen, die in Tagesstrukturen arbeiten, einen Lohn bekommen und nicht ein Taschengeld, dass sie selbstständig sozialversichert sind und für sich selber in die Pensionskasse einzahlen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ein ganz entscheidender Punkt ist auch die Feststellung der Arbeitsfähigkeit bezie­hungs­weise der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit. Es gibt in Österreich extrem tolle Möglich­keiten, damit Menschen mit Behinderung mehr Möglichkeiten am Arbeitsmarkt bekom­men. Österreich verfügt mit dem Netzwerk Berufliche Assistenz, mit den Neba-Dienst­leistun­gen, über ein sehr ausdifferenziertes und bedarfsgerechtes System zur Unterstützung von Menschen mit Behinderung. Dazu zählen unter anderem das Jugendcoaching, das Jobcoaching, die Berufsausbildungsassistenz, die Arbeitsassistenz und – jetzt neu – das Betriebsservice, das es ermöglicht, Menschen mit Behinderung mehr Chancen am Arbeits­markt zu bieten.

Das große Problem ist nun aber, dass Menschen mit Behinderung, die als dauerhaft arbeitsunfähig eingestuft werden, keinen Zugriff auf diese Leistungen haben, und das muss unbedingt geändert werden. Deshalb haben wir heute schon einen Selbständigen Entschließungsantrag genau zu diesem Thema eingebracht, der dem Sozialausschuss zugewiesen wird, und ich freue mich schon sehr, noch einmal tiefer in das Thema einzutauchen und all diese Themen im Ausschuss zu diskutieren.

Das Thema Arbeitsmarkt und Menschen mit Behinderung ist ein sehr komplexes Thema, denn es gibt unterschiedlichste Arten und Schweregrade von Behinderungen. Deswe­gen braucht es meist auch sehr individuelle und auf den Menschen angepasste Lösun­gen. Ich freue mich schon, weiterhin an verschiedenen Schrauben zu drehen, um die Situation von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt zu verbessern. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.47


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Rudolf Silvan. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


14.47.42

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Es ist eine Freude, zu sehen, dass auf der Regierungsbank diesmal Menschen Platz genommen haben, die sich wirklich für die Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung interessieren. – Herzlichen Dank für die Arbeit der Volksanwaltschaft, herzlichen Dank für diesen Sonderbericht.

Meine Kollegin Grünberg hat schon einige Dinge ausgeführt. Es gibt in Österreich über 20 000 Frauen und Männer, die täglich zur Arbeit gehen, die täglich 8 Stunden oder mehr Arbeit verrichten, die wöchentlich 40 Stunden oder mehr Arbeit verrichten, die das jahrzehntelang machen und trotzdem keinen Lohn bekommen, trotzdem keinen Urlaubs­zuschuss bekommen, kein Weihnachtsgeld bekommen und sozialversicherungs­recht­lich nicht abgesichert sind, also auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nach lebenslanger Arbeit keinen Anspruch auf eine Pension haben. Das sind Menschen mit Behinderung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 141

Menschen mit Behinderung haben in Österreich zwei Möglichkeiten, nämlich einerseits zum Nichtstun verdammt zu sein und zu Hause zu sitzen, andererseits in einer Behinder­tenwerkstätte Beschäftigung zu finden, mit einem Taschengeld von 5 bis maximal 100 Euro pro Monat – das ist eher die Ausnahme. Damit ist ein selbstbestimmtes Leben nicht möglich.

Aus Sicht der Sozialdemokratie sind diese Lebensumstände im 21. Jahrhundert in Österreich nicht länger zu akzeptieren. Es sind vor allem die rechtlichen Rahmen­bedin­gungen, die den Betroffenen den Zugang zum Ersten Arbeitsmarkt verwehren, denn diese Menschen wollen und können mehr leisten. Die Arbeitslosenquote in diesem Bereich ist von 2007 bis 2017 um 139 Prozent gestiegen.

Aktuell haben wir in diesem Bereich 97 757 Menschen mit Behinderung, die Arbeit suchend sind, das sind um 15 000 mehr als im Februar 2020. Und ich sage es hier ganz ehrlich, auch wenn wir es heute schon ein paarmal gehört haben: Anstatt sich an der Justiz abzuarbeiten, sollte der Bundeskanzler für diese Menschen sorgen, sollte er sich für diese Menschen einsetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Deswegen bringen wir folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rudolf Silvan, Mag. Christian Ragger, Fiona Fiedler, BEd, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „die Realität von Menschen mit Behinderung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1. die Umsetzung von Artikel 27 der UN Behindertenrechtskonvention (Dieser normiert, dass alle Menschen das Recht haben, in einem richtigen Arbeitsverhältnis zu arbeiten und damit ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können) voranzutreiben und

2. dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der dieses Recht auch natio­nal im Art. 7 B-VG, im § 7 Behindertengleichstellungsgesetz und im § 1 Bundesbehin­dertengesetz umgesetzt wird sowie

3. mit den Länder in Verhandlungen einzutreten, um dies auch in den Zielsetzungen der Behindertengesetze der Länder zu realisieren.

4. Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang ebenso aufgefordert, dazu rasch die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und die notwendigen gesetz­lichen Initiativen dem Nationalrat vorzulegen (z.B. Entfall der Figur der Arbeitsunfähigkeit im Sozialrecht, Einbau der Legalvermutung, dass alle Behinderten bis zum Nachweis des Gegenteils als arbeitsfähig gelten, Schaffung eines erweiterten, durchlässigen Arbeitsmarktes für Menschen mit Behinderungen, Zugang zu Leistungsangeboten für alle Menschen mit Behinderungen zu den Leistungen des Sozialministeriumservice sowie des Ausgleichstaxfonds, Zugang zu sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Inklusiven Betrieben im Rahmen des Arbeitsrechts auf Grundlage einer kollektivver­trag­lichen Entlohnung).“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 142

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rudolf Silvan, Mag. Christian Ragger, Fiona Fiedler BEd

Kolleginnen und Kollegen

betreffend die Realität von Menschen mit Behinderung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Sonderbericht der Volksanwaltschaft 2019 - Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung (III-66/614 d.B.)

In Österreich kann die Situation von vielen Menschen mit Behinderung in Bezug auf ihre Arbeitsmöglichkeiten am besten mit folgenden Worten beschrieben werden: „unbefriedi­gend und unzulässig“.

Die meisten Menschen mit Behinderung, denen eine Leistungsfähigkeit von unter 50 % attestiert wurde, haben derzeit nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie sind in einer Be­schäftigungstherapiewerkstätte bzw. ähnlicher, sogenannter Tagesstruktur (Werkstät­ten) tätig oder sie sind zum Nichtstun verurteilt.

Die Kommissionen der Volksanwaltschaft haben in den vergangenen Jahren fast 600 Besuche in Einrichtungen von Menschen mit Behinderung absolviert. Dabei wurden zahlreiche Beschwerden von Betroffenen, Angehörigen, Expertinnen und Experten aber auch Einrichtungen zu diesem Thema geäußert. Aus diesem Grund möchte die Volks­anwaltschaft mit diesem Bericht auf die unzureichende Situation hinweisen. Das be­deutet aber nicht, dass in Einrichtungen schlecht gearbeitet wird. Viele Menschen mit Behinderung haben sich bei Befragungen grundsätzlich zufrieden und positiv über die Betreuung geäußert. Das Personal ist in der Mehrzahl der Werkstätten sehr engagiert und begegnet den Betroffenen mit besonderer Wertschätzung. Kommissionen der Volksanwaltschaft bezeichneten mehrere Einrichtungen als Best-Practice-Beispiele. Gleichzeitig sind aber die (gesetzlichen) Rahmenbedingungen problematisch (aus der Einleitung des gegenständlichen Berichtes).

Auch das Zentrum für Sozialwirtschaft hat sich am Internationalen Tag für Menschen mit Behinderung mit Forderungen an die Öffentlichkeit gewandt. Es sollen wegen der Bedeutsamkeit der Materie diese Forderungen und die Anliegen der Volksanwaltschaft mit dem gegenständlichen Entschließungsantrag unterstützt und gestärkt werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesregierung folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

„Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1.          die Umsetzung von Artikel 27 der UN Behindertenrechtskonvention (Dieser normiert, dass alle Menschen das Recht haben, in einem richtigen Arbeitsverhältnis zu arbeiten und damit ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können) voranzutreiben und

2.          dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, mit der dieses Recht auch national im Art. 7 B-VG, im § 7 Behindertengleichstellungsgesetz und im § 1 Bun­desbehindertengesetz umgesetzt wird sowie

3.          mit den Länder in Verhandlungen einzutreten, um dies auch in den Zielsetzungen der Behindertengesetze der Länder zu realisieren.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 143

4.          Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang ebenso aufgefordert, dazu rasch die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und die notwendigen gesetz­lichen Initiativen dem Nationalrat vorzulegen (z.B. Entfall der Figur der Arbeitsunfähigkeit im Sozialrecht, Einbau der Legalvermutung, dass alle Behinderten bis zum Nachweis des Gegenteils als arbeitsfähig gelten, Schaffung eines erweiterten, durchlässigen Arbeitsmarktes für Menschen mit Behinderungen, Zugang zu Leistungsangeboten für alle Menschen mit Behinderungen zu den Leistungen des Sozialministeriumservice so­wie des Ausgleichstaxfonds, Zugang zu sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Inklusiven Betrieben im Rahmen des Arbeitsrechts auf Grundlage einer kollektiv­ver­traglichen Entlohnung).“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Mag. Christian Ragger. – Bitte, Herr Abgeordneter.


14.51.51

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Geschätzte Volksanwaltschaft! Ich möchte nahtlos an meinen Vorredner und Kollegen anschließen und an unseren heute gemeinsam einge­brachten Antrag. Ich glaube, dass es wirklich an der Zeit ist, einmal vor Augen zu führen, dass wir in Österreich vor einer Situation stehen, die für mich unvorstellbar ist, nämlich dass es heutzutage bei uns Menschen gibt, die unter jeder Würde, unter jeder Kritik entlohnt werden, und dass wir einfache Fragen aufwerfen, die nicht einmal in einem Dritte-Welt-Land vorstellbar wären.

Fragen Sie sich doch einmal selbst, wie es wäre, wenn Sie im Monat 5 Euro Entlohnung bekämen, vielleicht sogar, so wie es im Sonderbericht ausgewiesen ist, maximal 200 Euro! Fragen Sie sich doch einmal selbst, wie es wäre, keine Arbeitslosen­versiche­rung zu haben! Fragen Sie sich doch einmal selbst, wie es wäre, weder unfall- noch kranken- noch pensionsversichert zu sein! Fragen Sie sich doch einmal selbst, ob Sie sich mit diesem Geld jemals einen eigenständigen selbstbestimmten Aufbau Ihres Ver­mögens leisten könnten! – Sie werden schnell unisono, alle Abgeordneten hier in diesem Hohen Haus, zu dem Schluss kommen: Das ist denkunmöglich. Und das spiegelt dieser Sonderbericht heute wider, nämlich dass wir es in unserer Gesellschaft nicht zustande bringen, dass sich diese Menschen selbstbestimmt versorgen können, dass man sie nicht selbst versorgen lässt und letztendlich auch, dass wir ein Recht auf eine ordnungs­gemäße Entlohnung hier gesetzlich festlegen.

Das war die Grundüberlegung sowohl der NEOS, der SPÖ als auch von uns, sodass wir heute neben diesem Ausschuss und dem Ausschussbericht diesen Entschließungs­an­trag eingebracht haben, und ich glaube, dass es selbstverständlich und selbstredend angebracht ist – und die Volksanwaltschaft hat dem auch entsprechend die Zustimmung erteilt –, dass es an der Zeit ist, diese gesetzliche Regelung zu schaffen.

Inklusiver Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung heißt heute, wie wir in der Ge­sellschaft mit unseren Menschen umgehen, und wir alle müssen uns selbst mit Blick auf diese Personen die Frage stellen: Schaffen wir das gemeinsam in dieser Gesell­schaft oder schaffen wir es nicht? Daher: Unterstützen auch Sie – die ÖVP und vielleicht auch die Grünen – diesen Entschließungsantrag, und wir würden ein gutes Stück des Weges miteinander gehen können, um ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Beein­trächtigungen sicherzustellen! Danke. (Beifall bei FPÖ und NEOS.)

14.54



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 144

Präsident Ing. Norbert Hofer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heike Grebien. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


14.54.25

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Werte ZuseherInnen! Der Volks­anwaltschaftsbericht aus dem Jahr 2019 mit dem Titel „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung“ zeigt das auf, worüber wir hoffentlich mittler­weile alle Bescheid wissen.

Die Hauptprobleme, die im Bericht skizziert werden und an denen wir Grüne nun schon seit einem Jahr intensiv arbeiten, wurden auch von der BürgerInneninitiative, die wir im letzten Oktober hier behandelt haben, angesprochen. Die Kritik der BürgerInneninitiative bezieht sich auf die Kriterien, anhand derer die PVA Menschen mit Behinderungen Arbeitsfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit attestiert.

Menschen mit Behinderungen – das geht aus dem Bericht hervor und wurde von einigen KollegInnen schon erwähnt – wird sehr schnell nach dem Verlassen der Schule die Arbeitsunfähigkeit attestiert. Damit werden ihnen weitere Chancen am Arbeitsmarkt verbaut.

Die Folgen sind der Besuch von Tageswerkstätten und Taschengeld statt Lohn. Zwar sind die Menschen dort unfallversichert, sie haben aber keine eigene Sozialver­siche­rung, keine eigene Pensionsversicherung und sie bleiben ein Leben lang BittstellerInnen im österreichischen System.

Die Durchlässigkeit der Tagesstrukturen ist dabei sehr gering. Lediglich ein Bruchteil der Menschen schafft es aktuell, diese zu verlassen und eine Arbeit am allgemeinen Arbeits­markt zu finden. Das muss sich ändern. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Brandstätter.)

Diese Kriterien orientieren sich ausschließlich am medizinischen Modell von Behinde­run­gen und nicht, wie von der UN-Behindertenrechtskonvention und uns Grünen gefor­dert, am sozialen Modell von Behinderungen. Dementsprechend bringen wir heute einen Selbständigen Entschließungsantrag ein, der sich an den Bundesminister für Soziales sowie an den Bundesminister für Arbeit wendet und unter anderem Folgendes beinhal­tet:

Die Feststellung der Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Arbeitsunfähigkeit muss dem Paradigma des sozialen Modells entsprechen. Das bedeutet, die Kompetenz der ein­zelnen Person muss im Vordergrund der Begutachtung stehen und auch bestehende Unterstützungsstrukturen müssen mitgedacht und mitgeplant werden. Das bedeutet aber auch, dass die Feststellung einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres einer Person nicht vorgesehen ist.

Im Frühjahr 2019 wurde auf Anregung des ATF-Beirats eine Studie zur Arbeitsfähigkeit und Arbeitsunfähigkeit von Menschen mit Behinderungen in Auftrag gegeben. Sie ist an der Uni Klagenfurt in Auftrag gegeben worden und soll voraussichtlich im Herbst 2021 fertiggestellt werden. Aufbauend auf diese soll möglichst bald ein Gesamtkonzept zur Umsetzung dieser Maßnahmen erstellt werden.

Ich freue mich schon, diesen Antrag mit Ihnen allen im nächsten Ausschuss für Arbeit und Soziales zu diskutieren. Werte KollegInnen der Opposition: Das ist ein sehr kom­plexes Thema, wie Kollegin Grünberg schon gesagt hat, und wir werden das in diesem Ausschuss diskutieren. Deswegen bringen wir den Antrag auch so ein: damit wir ihn dann gemeinsam diskutieren können.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 145

In der Arbeitsstiftung wurden auf Druck der Grünen Menschen mit Behinderungen auf­genommen und besonders berücksichtigt. Hierzu freue ich mich, bald vom zuständigen Arbeitsminister mehr darüber zu erfahren. Gesamt lässt sich aber eines festhalten: Die Stereotype über Menschen mit Behinderungen sitzen tief in den Köpfen der Menschen in Österreich.

Wenn Menschen ohne Behinderungen sich nicht vorstellen können, dass Menschen mit Behinderungen inklusiv beschult werden, danach eine Lehre machen, eine Ausbildung machen, Studiengänge besuchen und erfolgreich abschließen, politische Positionen besetzen, eine Firma gründen und so weiter, dann ist es meiner Meinung nach unter anderem unsere Aufgabe, hier von Best-Practice-Beispielen zu berichten, sie zu fördern und auszubauen, damit sie sich vorstellen können, was andere schon lange wissen und sehen.

Nehmen wir den Unternehmern die Angst vor der Verantwortung, Menschen mit Behin­derungen einzustellen! Die Beratungsstelle Wibs aus Innsbruck – das ist eine Bera­tungsstelle von Menschen mit Lernschwierigkeiten für Menschen mit Lernschwierig­keiten – hat schon vor vielen Jahren gesagt: „Den größten Teil der Verantwortung können Sie ruhig Menschen mit Behinderungen überlassen“. Wir aber müssen ihnen die Chance geben, diese Verantwortung auch wahrnehmen zu können! Ich habe auch heute wieder eine Liste mit Best-Practice-Beispielen mitgenommen; sie liegt bei mir hinten am Platz. Wieder einmal lade ich Sie auch ein: Kommen Sie auf mich zu! (Prä­sident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Abschließend möchte ich an dieser Stelle noch meinen Dank an die Volksanwälte aus­sprechen, die mit ihrem wichtigen Bericht und Einsatz für Menschen mit Behinderun­gen einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass wir immer wieder darüber diskutieren, denn das ist in unserem Land noch immer notwendig. Ich danke Ihnen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

14.59

14.59.35Kurze Debatte: Rechtsgrundlage Maskenpflicht


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf nun die Verhandlungen zum Tagesord­nungspunkt 9 unterbrechen.

Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit der Ordnungszahl 4709/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verle­sung erübrigt. Wir gehen daher gleich in die Debatte ein.

Ich darf darauf aufmerksam machen, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern – das ist eine Sollzeit.

Ich darf nun Abgeordneten Brückl als Antragsteller bitten, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit, Herr Abgeordneter, beträgt 10 Minuten. – Bitte sehr.


15.00.49

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir erleben gerade die schwerste Bildungskrise der Zweiten Republik. Sie, Herr Bundesminister, sind beziehungsweise – das wissen wir beide – Ihr Kabinett ist nicht bereit, hier in diesem Haus, in diesem Parlament – im Herzen unserer Demokratie – über diese Krise, über


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 146

die Probleme, die wir haben, zu reden und zu debattieren. Eine Sitzung des für Bildungs­fragen zuständigen Unterrichtsausschusses wird es erst nach Ostern, irgendwann im April, geben. Herr Bundesminister, da Sie dazu nicht bereit waren oder Ihr Kabinett keinen früheren Termin zugesagt hat, haben wir Sie eben heute hierhergebeten. Ich würde Ihnen überhaupt vorschlagen, sich die nächsten Plenartage in Ihrem Termin­kalender freizuhalten, wenn wir keine früheren Termine für die Ausschusssitzungen bekommen.

Herr Bundesminister, wir haben eine an Sie gerichtete parlamentarische Anfrage in schriftlicher Form eingebracht, und wir wollten wissen, auf welche Rechtsgrundlage Sie sich bei der Erlassung der Verordnung zur sogenannten Maskenpflicht an unseren Schulen stützen. Diese Frage birgt eine so große Brisanz, weil der Verfassungs­gerichts­hof ja bereits einmal eine solche von Ihnen erlassene Verordnung aufgehoben hat – damals allerdings mehr oder weniger aus formalen Gründen, weil Sie dem Verfassungs­gerichtshof trotz Aufforderung keine Akten betreffend das Zustandekommen dieser Verordnung vorgelegt haben und deshalb auch nicht nachvollziehbar darlegen konnten, weshalb die Maßnahmen erforderlich waren. Auf weitere Bedenken ist der Verfassungs­gerichtshof nicht mehr eingegangen. Wir wollten also von Ihnen wissen, auf welche Rechtsgrundlage Sie sich bei der Maskenpflicht an unseren Schulen berufen.

In Ihrer Antwort, Herr Bundesminister, betonen Sie unter anderem die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler und verweisen auf die §§ 44, 44a Abs. 1 und § 49 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz.

In § 49 Abs. 1 heißt es: „An allgemein bildenden Pflichtschulen ist ein Ausschluss nur zulässig, wenn das Verhalten des Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt und die Erfüllung der Schulpflicht gesichert ist.“ – Das ist ja der entscheidende Teil: „die Erfüllung der Schulpflicht gesichert ist“.

Herr Bundesminister, das wirft zwei Probleme auf. Zum einen: § 49 umfasst auch noch die Absätze 2 und 3, in denen es um die formale Vorgehensweise beim Schulausschluss geht, in denen es darum geht, Eltern, Schülern ein rechtliches Gehör einzuräumen, denn das wird ihnen ja in der derzeitigen Vorgehensweise nicht zuerkannt.

Das zweite Problem ist eben die Erfüllung der Schulpflicht, Herr Bundesminister. Kinder, die keine Masken tragen wollen oder auch tragen können – das Gleiche gilt ja auch für das Testen, gestern waren es die Masken, heute ist es das Testen –, die sich nicht testen lassen wollen oder können, werden ausgeschlossen. Es geht dabei tatsächlich um die körperliche Unversehrtheit unserer Kinder, es geht um den psychischen Stress, dem unsere Kinder ausgesetzt sind, es geht um ihre Seelen. (Zwischenruf der Abg. Salzmann.) Man quält sie ja tatsächlich, denn die Kinder sitzen in der Klasse, warten dort 20 Minuten, eine halbe Stunde auf dieses Testergebnis – das ist eine Qual für diese Kinder. Herr Bundesminister, ich weiß ganz genau, dass Sie das auch nicht wollen; so sind Sie ja nicht, das sind nicht Sie, Herr Bundesminister.

Es geht um Fröhlichkeit bei unseren Kindern, Herr Bundesminister, es geht um ihre Unbeschwertheit, es geht um die Ängste, es geht um die Sorgen der Eltern, der Väter, der Mütter – und sie alle sind keine Coronaleugner, sie sind keine Testverweigerer, sie sind keine Maskenverweigerer, sie sind keine Impfverweigerer, aber sie haben ganz einfach Angst um ihre Kinder, sie machen sich Sorgen, weil die Kinder vom Unterricht ausgeschlossen werden, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundesminister, sogar Kinder, die aus verschiedensten gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen können, die sich nicht testen lassen können, die die Maske nicht tragen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 147

können, werden ausgesperrt. Die Bildungsdirektionen – das muss ich Ihnen schon auch sagen, denn diese Mitteilung erhalten wir von den Menschen draußen, von der Bevölke­rung – gehen da sehr gnadenlos vor, oftmals weit überschießend und oftmals wirklich ohne Gespür. (Abg. Salzmann: Das ist eine massive Unterstellung, die nicht stimmt!) Ich denke, da müssen Sie auch Einhalt gebieten, weil sich dann ja die Frage stellt, inwieweit Sie diese Bildungsdirektionen im Griff haben, Herr Bundesminister. Ich bitte Sie, dass Sie da wirklich einlenken und eingreifen, denn, wie gesagt, das sind nicht Sie, das wollen Sie ja auch nicht.

Die Kinder werden also alleine gelassen. Es gibt Schulen, in denen ihnen keine Unter­lagen zur Verfügung gestellt werden – auch das wissen wir –, und es gibt Eltern, denen mit dem Jugendamt gedroht wird. Herr Bundesminister, auch da gilt es, von Ihrer Seite Einhalt zu gebieten, weil wir wissen, dass Sie das ja tatsächlich nicht wollen.

Wir dürfen also keine Kinder zurücklassen – ich glaube, darüber sind wir uns alle einig. Wenn ich nur an Oberösterreich denke: Dort waren – die Zahlen sind sehr aktuell – in der ersten Schulwoche 1 521 Kinder nicht in der Schule. Das bedeutet, dass es auf ganz Österreich umgelegt Hunderte Schulklassen gibt, die nicht am Unterricht teilnehmen. Was passiert mit diesen Kindern, Herr Bundesminister? Sie haben in Wirklichkeit das Schicksal dieser Kinder selber in der Hand, Sie haben es in der Hand – wir dürfen sie einfach nicht verlieren, wir dürfen niemanden verlieren, Herr Bundesminister. Das wirft ja die nächste Frage auf: Wie werden Kinder, die vom Unterricht ausgeschlossen sind, beurteilt? Alleine in Oberösterreich sind 1 521 Kinder, österreichweit, wie gesagt, Hun­derte Schulklassen betroffen.

Ich darf aber zurück zur Anfrage kommen, Herr Bundesminister, zur Maskenpflicht: Haben Sie sich den Unterricht in unseren Oberstufen, in der Sekundarstufe II, schon einmal angesehen, Herr Bundesminister? Der Unterricht erfolgt an zwei Tagen in der Woche mit FFP2-Maske, und da sitzen diese Jugendlichen – unsere Kinder – in den Klassenzimmern, apathisch, reaktionslos, es findet kein lebhafter Unterricht statt. (Abg. Salzmann: Das ist ja eine unglaubliche Unterstellung ...!) Das ist eine Tatsache, da könnt ihr bestreiten, was ihr wollt – wir wissen es, weil uns das auch die Lehrer sagen. Der Wunsch der Schüler geht mittlerweile so weit, dass sie sagen: Im Grunde ge­nommen war es besser, zu Hause unterrichtet zu werden, als diese Qualen, die wir in den Schulen erleiden! (Zwischenruf der Abg. Salzmann.)

Das ist der Wahnsinn, Herr Bundesminister, da müssen Sie wirklich handeln! Das darf so nicht weitergehen – auch weil es so gut wie keine Maskenpausen gibt. Es wird bei offenen Fenstern unterrichtet, die Schüler sitzen mit der Pudelhaube und mit dem Anorak in den Klassenzimmern, frieren, haben die Maske auf. (Abg. Salzmann: In welchen Schulen ...?) Also das ist wirklich nicht nachvollziehbar. Das ist aus unserer Sicht massiv überzogen, und das verstehen wir ganz einfach nicht.

Die Bundesschülervertretung, Herr Bundesminister, hat diese Woche eine Umfrage veröffentlicht oder uns zugesandt – ich nehme an, Sie kennen sie –, bei der 7 363 Schü­ler befragt wurden. Unter anderem wurde gefragt: Wie sehr beeinflusst Covid deine Psyche im Schulalltag? – Darauf haben 73 Prozent der Schüler geantwortet: sehr stark bis stark. – Eine andere Frage war: Gibt es an deiner Schule Unterstützungs­mög­lichkeiten, die du in Anspruch nehmen kannst? – Darauf haben 67 Prozent mit Nein ge­antwortet, Herr Bundesminister. Auch da, denke ich, müssen Sie ansetzen. Eine Frage war: Hast du das Gefühl, den Unterrichtsstoff aktuell ausreichend gelehrt zu be­kom­men? – 67 Prozent sagen Nein. Auch da gilt es, zu reagieren, Herr Bundesminister.

Es geht nämlich auch ohne Tests, es geht ohne Maskenzwang in den Schulen, und es geht auch fünfmal pro Woche, nicht nur zweimal. Sie wissen, wir haben das auch immer wieder hervorgehoben: Selbstverständlich gilt es, die Hygienevorschriften einzuhalten,


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selbstverständlich gilt es, Abstand zu halten. Es soll mir egal sein: Von mir aus tragen die Kinder auf den Gängen Maske, waschen sich die Hände – aber setzen Sie Trenn­wände ein, setzen Sie Raumlüfter ein!

Es gibt von der Universität der Bundeswehr München Studien dazu, die haben dieses Konzept bereits um- und eingesetzt. Fragen Sie dort nach! Unterricht ist möglich, fünfmal in der Woche, ohne Maske und ohne Tests. Herr Bundesminister, wenn wir regieren würden, wir würden das so machen. Derzeit sind Sie dran, ich bitte Sie tatsächlich, das auch so umzusetzen. Ich richte noch einmal meinen Appell an Sie: Reden Sie mit dem Institutsleiter der Universität der Bundeswehr München, Dr. Kähler. Er hat das erforscht, er hat das getestet.

Herr Bundesminister, bieten Sie unseren Kindern einen unbelasteten Schulalltag! Been­den Sie diese experimentelle Politik! Das tut unseren Kindern nicht gut. Wir haben Prob­leme en masse, auch im Hinblick auf die Bildungsrückstände, die entstanden sind. Bitte lassen Sie einen normalen Unterricht für unsere Kinder zu! (Beifall bei der FPÖ.)

15.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Bundesminister Faßmann. – Bitte.


15.10.58

Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Dr. Heinz Faßmann: Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder des Nationalrates! Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Brückl, für die Thematisierung der Anfragebeantwor­tung zum Thema Rechtsgrundlage der Maskenpflicht, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde.

Ich denke, uns verbindet über alle Parteigrenzen hinweg die Sorge um eine funktio­nie­rende Schule in der Pandemie. Es ist, so meine ich, Ihnen allen nicht verborgen geblie­ben, dass ich für eine Schule mit Präsenz immer eingetreten bin und alles dafür tue, damit dies möglich bleibt. Schulöffnungen sind aus bildungspolitischen, aber auch so­zialpolitischen und sozialpsychologischen Gesichtspunkten heraus dringend notwen­dig.

Mich haben die Aussagen des Leiters der Kinder- und Jugendpsychiatrie am AKH Paul Plener berührt, der auf die gestiegene Anzahl an jungen Patienten mit unterschiedlichen Krankheitssymptomen hingewiesen hat. Die Bildungspsychologie um Christiane Spiel, Barbara Schober et cetera verweist auch auf die Schwierigkeiten: Lernmotivation, die Sinnfrage zu klären, wachsende Zukunftsängste bei den Älteren. Mich erreichen, so wie Sie wahrscheinlich auch, klarerweise viele Sorgen und Nöte der Eltern, die über Home­schooling und Homework klagen.

Es mag Virologen geben, die die Ansteckung in den Vordergrund rücken. Das verstehe ich aus deren Perspektive, aber ich muss das größere Ganze im Auge haben, und ich habe auch immer betont: Wir öffnen die Schule, aber nicht mit Hurra und Blauäugigkeit, sondern mit Respekt und Vorsicht. Ich habe auch immer auf unser dreifaches Sicher­heitsnetz hingewiesen: Ausdünnung, Maske und Testen.

Das Testen ist ein großes und wichtiges Projekt, denn wir können damit sicherstellen, dass hochinfektiöse Schüler, Lehrer und sonstiges Personal an der Schule identifiziert werden. Wir können den Eltern Sicherheit geben, dass ihre Kinder in einer einigermaßen sicheren Umgebung unterrichtet werden, nicht und niemals zu 100 Prozent, aber mit einer Verlässlichkeit, die wir vorher nicht hatten.

Herr Brückl, ich denke, das ist unser geteiltes Ziel: Schule offen zu halten. Wir können das aber nicht erreichen, wenn wir so tun, als ob es keine Infektionen gäbe, und einfach wegschauen. Wir würden das Vertrauen der Eltern, aber auch der Lehrer und Lehrerinnen


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verlieren und die Sicherheit der Kinder gefährden. (Beifall bei der ÖVP sowie der Ab­geordneten Disoski und Hamann.)

Wir haben daher unser Testprogramm seit nunmehr in etwa drei Wochen installiert. Wir haben letzte Woche 554 Personen positiv getestet – Schüler und Lehrer waren dabei. Wir haben 554 Personen, die möglicherweise andere Lehrer oder andere Mitschüler angesteckt hätten, der Gesundheitsbehörde übergeben, und es waren nicht nur 554 Fälle, sondern 554 Haushalte mit Müttern, Vätern und Geschwistern, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ebenfalls infiziert sind.

Ich habe auch immer gesagt, wir müssen lernen, mit dem Virus umzugehen, es zu entdecken und Infektionsketten zu unterbrechen, denn das Senken der Inzidenz auf 35, 20, 7 oder 0 ist, glaube ich, in einem Binnenland wie Österreich eine Illusion.

Nicht ohne Stolz möchte ich auch bemerken, dass mein Haus bei der aktiven Pan­demiebekämpfung nicht nur Zuschauer war und ist. Wir haben mit Peter Hacker in Wien zusammengearbeitet und haben mitgeholfen, die Gurgelstudie dort auszurollen. Wir haben zusammen mit Michael Wagner und Kollegen von vier medizinischen Universitä­ten ein Monitoring aufgebaut, und wir haben die niederschwelligen Antigentests, die in der Diktion der Parteivorsitzenden Rendi-Wagner immer als Wohnzimmertests bezeich­net worden sind, in die Schule gebracht.

Wie macht Österreich das?  Das fragen uns unsere Nachbarstaaten Deutschland, Frankreich, die Tschechische Republik und andere mehr.

Zu diesem Sicherheitsnetz zählt auch – Herr Brückl, Sie haben es richtig erwähnt – unser Mund-Nasen-Schutz. Damit bin ich bei Ihrer Anfrage und der konkreten Frage nach den rechtlichen Grundlagen dieser Maskenpflicht. Wir haben den § 44 des Schul­unterrichtsgesetzes in unserer Anfragebeantwortung angeführt, und dieser sagt  ich verkürze extrem, damit es nicht zu lange wird : „Der zuständige Bundesminister“ darf „Maßnahmen zur Sicherheit der Schüler in der Schule [...] sowie zur Ermöglichung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebes“ durch Verordnungen „erlassen“.

Ich gebe schon zu, dass der Begriff Sicherheit in der Schule ein sehr breiter Begriff ist, ein Begriff, der schon über 50 Jahre im Schulunterrichtsgesetz verankert ist. Der Ge­setzgeber hat aber ganz bewusst diesen breiten Begriff verwendet, denn Sicherheit kann ja ganz Unterschiedliches implizieren.

Dieser Sicherheitsbegriff ist auch einigermaßen ausjudiziert – anhand des Rauchverbots an Schulen, des Alkoholverbots an Schulen, und noch konkreter hat der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit Katastrophenfällen über Sicherheit gesprochen und erlaubt, dass der Minister in einer Katastrophensituation Verordnungen erlassen darf. Dass Corona eine Katastrophe darstellt, Herr Brückl, ich glaube, das bestreitet ja keiner von uns.

Sie sagen in der gegenständlichen Anfrage kategorisch und ohne weitere juristische Begründung, Herr Brückl, dass § 44 – ich zitiere jetzt Sie – „keine [...] Regelungs­grund­lage“ darstellt. – Hm, Rechtsmeinung gegen Rechtsmeinung.

Ich denke, der Verfassungsgerichtshof wird sich in seiner aktuellen Session auch mit dieser Frage befassen. Ich vertraue dem Rechtsstaat sowie der Gerichtsbarkeit und werde selbstverständlich Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes akzeptieren. Unterschiedliche Rechtsmeinungen, die wir hier offensichtlich haben, mögen dort ent­schieden werden, und wenn der Verfassungsgerichtshof zu einer Meinung kommt, die ich zu respektieren habe, dann werden Sie sehen: Ich werde sie respektieren und selbstverständlich Änderungen oder Ergänzungen vornehmen.


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Ich danke der FPÖ, dass sie mir heute die Gelegenheit gegeben hat, über Testungen und einen sicheren Schulbetrieb zu referieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.18


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti.

Nun haben alle Abgeordneten 5 Minuten Redezeit. – Bitte sehr.


15.18.17

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bei den letzten Malen den Fehler gemacht und versucht, auf diese Daueraufregung, die wir hier im Hohen Haus haben, mit Daueraufregung zu antworten, und ich habe mir jetzt in der Fastenzeit vorge­nom­men, genau das nicht zu tun. Ich glaube, das hilft zwar nicht meiner Figur, aber vielleicht der Figur, die das Hohe Haus nach außen hin abgibt.

Zum konkreten Fall: Dazu ist, glaube ich, zu sagen, dass all diesen Menschen, egal ob sie Ängste und Sorgen haben, wie Sie sagen, Herr Brückl, begründet oder nicht begrün­det, seriös oder nicht seriös, oder ob sie vielleicht sogar Verschwörungstheorien hinter­herhecheln, eines gemeinsam ist: Sie wollen etwas wissen und sie wollen eine Aufklä­rung und klare Antworten haben, und ich glaube, dafür ist dieser Dialog heute auch sehr wertvoll.

Ich möchte aber eines außer Streit stellen, bevor ich jetzt auf die einzelnen Punkte eingehe. Sie haben gesagt, der Herr Minister will etwas anderes als vielleicht sonst jemand, und haben dieses Wollen immer in den Vordergrund gestellt. Ich hoffe doch, wir sind uns einig, dass wir alle hier als Politiker, egal welcher Couleur oder auf welcher Ebene tätig, den Schülerinnen und Schülern nicht vorsätzlich etwas Böses wollen. Ich hoffe, zumindest da sind wir uns einig: Wir wollen alle das Beste! Und ich glaube, die Grundlage für das, was wir alle wollen, nämlich dass die Schulen offen sind, sind Sicherheitsvorkehrungen. Es geht einfach nicht anders! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auch ich kriege Rückmeldungen von allen möglichen Schulpartnern, und ich gebe Ihnen recht, es ist wirklich eine unangenehme Situation. Es ist nicht lustig, zu testen; es ist nicht lustig, in einem Schichtbetrieb zu werken; es ist auch nicht lustig, eine Maske zu tragen. Ich kann diese Gefühle und diese unangenehme Situation vollkommen nachvoll­ziehen, aber wie gesagt, wir alle wollen, dass die Schulen offen sind, und das geht nicht, indem wir einfach die Schultore aufmachen, ohne irgendwelche Vorkehrungen zu treffen (Abg. Brückl: Das haben wir auch nicht gesagt!), und dann schauen wir, was passiert. Ich sage Ihnen, was passieren wird: Die Schulen werden bald wieder zu sein, und das wollen wir nicht. (Abg. Brückl: Sie haben mir nicht zugehört!)

Mit unserem System, mit diesen drei Sicherheitsschranken, die wir eingebaut haben, bleiben die Schulen offen. Das ist die Sicherheit, die die Eltern wie auch die Schülerinnen und Schüler möchten. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Brückl: Die bieten wir!) Zum rechtlichen Aspekt dieser drei Sicherheitsvorkehrungen hat der Herr Minister schon eingehend Stellung genommen.

Die Tests funktionieren wirklich gut. Wir haben allein in der letzten Woche 1,3 Millionen Tests an den Schulen durchgeführt. Damit tragen wir zur Sicherheit nicht nur in den Schulen bei, sondern auch beim ganzen Infektionsgeschehen in Österreich (Zwischenruf des Abg. Brückl), weil wir so Cluster schnell aufdecken und schnell reagieren können. Da tun wir also nicht nur für die Schulen etwas, sondern sogar für das ganze Land. Ich halte das für eine extrem sinnvolle Maßnahme, sie steht auch international vollkommen außer Streit. Der Minister hat es gesagt: Tschechien, Deutschland, Frankreich und viele


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andere Länder rufen bei uns an und fragen uns, wie das geht und warum das nicht bei ihnen schon längst so ist. Ich glaube, da sind wir ganz, ganz richtig unterwegs. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Trotzdem lehnen wir uns nicht zurück und sagen, alles super, passt schon, sondern wir sind im Dialog, zum Beispiel mit der angesprochenen Bundesschülervertretung, und versuchen laufend, dieses System zu verbessern und zu adaptieren. Wir haben auch andere Dinge erleichtert. Wir haben zum Beispiel die Frist zur Einreichung der vor­wissenschaftlichen Arbeit nach hinten verschoben. Wir haben zum Beispiel auch im Bereich der Sonderpädagogik auf die Kritik reagiert und haben jetzt Testmöglichkeiten geschaffen, die adäquater sind.

Wir haben auch – und darauf bin ich wirklich sehr, sehr stolz – die Schulpsychologie besser aufgestellt, und dafür möchte ich auch gleich Werbung machen: Jede Schülerin und jeder Schüler kann unter der Nummer 0800 211 320 anrufen und bekommt da wirk­lich einen guten Service, einen Überblick über alle möglichen Hilfsangebote. Wir werden das weiter ausbauen, da wird in den nächsten Wochen noch etwas kommen, weil, und da haben Sie recht, ganz viele Schüler – das ist belegt durch die Bundesschüler­ver­tretung und auch andere – unter dieser gesamten Situation leiden. Wir haben das erkannt und wollen da sehr wohl etwas tun. Wir freuen uns immer über Vorschläge und sind da ein lernendes System. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Abschließend möchte ich noch sagen: Mir ist es ganz, ganz wichtig, dass wir in dieser politischen Debatte eines nicht aus den Augen verlieren: Wenn wir über Schülerinnen und Schüler reden, so geht es um die wirklich kleinsten und schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Ich glaube, wir sollten uns bei all der Polemik, die da immer wieder auch geführt wird, für die ich teilweise Verständnis habe, teilweise nicht, bitte in einem einig sein: Sagen wir den Schülern doch nicht, dass sie eine verlorene Generation sind, dass alles schlecht ist, sondern geben wir ihnen Hoffnung, geben wir ihnen ein bisschen Sicherheit mit diesen Maßnahmen, aber auch in unseren politischen Debatten! Ich glaube, das hilft ihnen wesentlich mehr als das, was hier von mancher Seite manchmal kommt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

15.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Hammerschmid ist zu Wort ge­meldet. – Bitte.


15.23.45

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich bei der FPÖ bedanken, nämlich dafür, dass wir dieses Thema heute wieder auf der Tages­ord­nung haben. (Abg. Wurm: Gerne!) Es ist gut und wichtig, über Bildung in Österreich zu reden.

Was ist Fakt? – Seit Ende Jänner besteht eine Situation an der Kinderpsychiatrie im AKH, die zum Himmel schreit. Die Ärzte stehen vor der Situation, dass sie Kinder auswählen müssen, die sie betreuen können, und die anderen Kinder wieder weg­schicken müssen. Das zeigt sehr drastisch, wie die Situation ist und wo wir stehen.

Es sind nicht nur enorme Lerndefizite, die sich durch Distancelearning und Homelearning aufgetan haben, sondern es geht auch um die psychische Gesundheit unserer Kinder, die wirklich auf dem Spiel steht. Wir haben bereits im Sommer als Sozialdemokratie ein Konzept dazu erstellt, wie sichere Schule im Herbst funktionieren kann, doch fand unser Konzept damals kein Gehör bei der Bundesregierung. Auch Sie, lieber Herr Minister Faßmann, schenkten uns damals kein Gehör. Dieses Konzept fußte in Wahrheit auf ganz simplen Maßnahmen: Engstmaschiges Testen der Pädagoginnen und Pädagogen,


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aber auch der Schülerinnen und Schüler, ein ausgeklügeltes Hygienekonzept und natürlich prioritäres Impfen der Pädagoginnen und Pädagogen. Die Tests sind, Gott sei Dank, in der Schule endlich angekommen.

Liebe FPÖ! Natürlich wäre es mir lieber, wenn die Kinder ohne Maske in der Schule sitzen könnten, aber gleichzeitig ist es uns auch wichtig, dass die Schule ein sicherer Ort ist; und solange wir diese Infektionszahlen haben und das Impfen so schleppend vonstattengeht, geht es für ältere Kinder und Pädagoginnen und Pädagogen schlichtweg nicht ohne Masken.

Die Masken sind aber nicht das, was mich in der Nacht umtreibt und nicht schlafen lässt. Wir hoffen, dass diese Masken früher oder später wieder weggelegt werden können und dass sie vergessen werden. Was mich umtreibt, sind die langfristigen Nachwirkungen dieser Pandemie, nämlich die Lerndefizite, die pädagogischen Defizite und die psychi­schen Folgen für unsere Kinder. Das ist das Problem. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

Das Problem dabei ist, dass die Förderstunden, die Sie versprochen haben, bis jetzt nicht angekommen sind. Bereits in der Sitzung des Unterrichtsausschusses vom 2. De­zember – ich habe heute noch einmal nachgeschaut – haben Sie, lieber Herr Faßmann, uns allen zugestanden und eingestanden, dass es da Unterstützungspakete braucht, dass es Fördermaßnahmen braucht. Am 25. Jänner haben Sie die Fördermaßnahmen in einer großen Pressekonferenz präsentiert, nämlich ein Förderpaket und Förderstun­den, die eigentlich ein paar Tage später, zumindest mit Semesterbeginn, in der Schule hätten gelandet sein und greifen sollen. Keine einzige dieser Förderstunden ist allerdings bisher umgesetzt, weil der Finanzminister dieses Budget nach wie vor blockiert. Nun wissen wir ja, dass der Herr Finanzminister gerade etwas anderes zu tun hat, ander­weitig beschäftigt ist, aber es kann wirklich nicht sein, dass die Leidtragenden dieser Situation unsere Kinder sind.

Daran erkennt man wieder einmal mehr das wiederkehrende Muster dieser Regierung: Große Ankündigungen, starke Ankündigungen, aber die Umsetzung hatscht.

Jetzt komme ich zurück zum Impfen: In Südtirol sind 4 000 Pädagoginnen und Päda­gogen geimpft, in Deutschland hat man die Gruppe der Pädagoginnen und Pädagogen ganz nach vorne geschoben, die Priorität ist hoch. Sie selbst, Herr Faßmann, haben angekündigt, unsere Pädagoginnen und Pädagogen werden mit Ende Februar geimpft. Laut einer Umfrage bei den Pädagoginnen und Pädagogen haben sie allerdings bis dato weder Informationen zu Impfungen noch einen Impftermin erhalten; dabei wäre es mittlerweile Ende Februar und es wäre an der Zeit, dass das jetzt endlich umgesetzt wird. – Also wieder große Ankündigung, mangelnde Umsetzung. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek. – Abg. Loacker: ... 80-Jährigen geimpft! – Ruf bei der ÖVP: Na geh!)

Das Gleiche mit den EU-Mitteln: Sie haben uns angekündigt, Sie holen EU-Mittel rein, um die Förder- und Unterstützungsmaßnahmen flankieren zu können, aber auch von denen fehlt noch immer jede Spur. Ich bitte Sie, Herr Minister Faßmann: Konzentrieren Sie sich und fokussieren Sie bitte auf die Umsetzung der guten angekündigten Maßnah­men, damit das bei den Kindern endlich ankommen kann, anstatt ständig Presse­konferenzen mit leeren Ankündigungen abzuhalten! Man könnte echt meinen, man wird von einer PR-Agentur regiert. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Künsberg Sarre.)

15.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte.


15.28.18

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Maske ist ein Verbrechen gegen die Gesundheit,


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gegen die Stimme, gegen die Lungen und gegen das Herz. – Ich zitiere hier die welt­berühmte russische Opernsängerin Anna Netrebko und ich stimme ihr in den Fällen zu, in denen insbesondere Kinder und Jugendliche dazu gezwungen werden, in den Schulen stundenlang im Unterricht Maske zu tragen. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Minister, ich rechne es Ihnen hoch an, dass Sie jetzt in Ihrer Stellungnahme auch die Aussagen der Ärzte erwähnt haben, wonach sich so viele Kinder auf der Psychiatrie befinden – nämlich aufgrund der Coronamaßnahmen, wie ich meine. Sie rühmen aber gleichzeitig Ihr dreifaches Sicherheitsnetz an den Schulen mit Zwangsmaske, Zwangs­tests und Schichtbetrieb. Vielleicht fragen Sie sich einmal, ob das eine, nämlich diese umfassenden Maßnahmen, mit dem anderen, nämlich mit dem Aufenthalt von Kindern in psychiatrischen Heilanstalten, zu tun hat. Das ist, glaube ich, unser großes Problem, nämlich diese Vorgabe, dass jeder rund um die Uhr an das Thema Coronavirus denken soll, was die psychische Gesundheit insbesondere der Kinder angreift.

Wir haben uns in der parlamentarischen Anfrage nicht aus Jux und Tollerei nach der Rechtsgrundlage erkundigt, sondern deshalb, weil wir die Vermutung hatten, dass es dafür keine gibt. Ich habe Ihre Antwort auf die Anfrage aufmerksam gelesen. Ich bin mir nicht sicher, ob die von Ihnen zitierten §§ 43 ff Schulunterrichtsgesetz als rechtliche Grundlage dienen. Da geht es um das Kapitel Schulordnung, um die Organisation, Haus­ordnung, Beaufsichtigung, disziplinäre Maßnahmen. Das wird, wie Sie sagen, der Verfassungsgerichtshof klären. Für mich ist das aber eine sehr wackelige Grundlage – und das reiht sich meines Erachtens schon ein bisschen in das Verhaltensmuster dieser Bundesregierung ein, die sich bei den Coronamaßnahmen schon sehr oft frei schwe­bend ein bissel im rechtsfreien oder verfassungswidrigen Raum bewegt und uns unver­hältnismäßige Maßnahmen oktroyiert. Mehr Rücksichtnahme auf das Rechtsstaatprinzip beziehungsweise auf das Legalitätsprinzip und generell auf die Angemessenheit täte diesbezüglich, glaube ich, sehr gut.

Abgesehen von der Problematik um die Rechtsgrundlage halte ich einfach Ihre persön­liche Verantwortung für die Zustände an den Schulen für sehr problematisch – auch für die Situation, in der sich die Kinder und Jugendlichen befinden. Sie haben es auch erwähnt: Monatelange Abwesenheit vom Unterricht ist für Kinder ein großes Problem. Sie wissen, Homeschooling kann den Präsenzunterricht nicht ersetzen. Viele Kinder sind abgehängt worden, sind zu Hause gewesen – mit den entsprechenden Nachteilen für die psychische und körperliche Gesundheit und mit Bildungslücken.

Sie haben lange Zeit die Einführung von verpflichtenden Tests von sich gewiesen. Es hat geheißen, das komme nicht. Nun sind sie da. Sie haben gesagt: Ja, es sind ein paar Hundert positive Ergebnisse gewesen – Sie haben nicht dazugesagt: von 1,3 Millionen Tests, was ja eigentlich eine gute Nachricht und der Anlass dafür wäre, dass man sagt: Weg damit, Gott sei Dank, wir brauchen zumindest an den Schulen keine Maßnahmen, wir können die Kinder und Jugendlichen nun förmlich aufatmen lassen! Dem ist aber nicht so: Es wird nur von diesen paar Hundert Fällen gesprochen, von denen mit Sicher­heit dann noch ein großer Teil unter die Fehlerquote fällt.

Sie haben gesagt, es kommt keine Maskenpflicht. Nun ist sie da. Sie haben sie im Sommer noch als unzumutbar und untragbar bezeichnet – völlig zu Recht, das ist sie. Nun wurde sie ohne Notwendigkeit und ohne Evidenz verhängt. Einen besonderen Miss­stand finde ich, dass sowohl die Maskenpflicht als auch die Testpflicht erbarmungslos ohne Ausnahme durchgesetzt werden. Es heißt, es sei alles freiwillig, weil man die Kinder ja zu Hause lassen kann, sie müssen ja nicht in die Schule gehen. Es gibt keine Ausnahmen für Sonderschüler, für behinderte Kinder und vielleicht für Kinder, die ein­fach aufgrund persönlicher Erfahrungen Schwierigkeiten mit den Tests haben. Es gibt dafür keine menschliche Lösung – und noch dazu werden Lehrer, die da menschlich vorgehen, Ausnahmen schaffen und den Kindern mehr Luft geben wollen, dann auch


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noch disziplinär verfolgt. Das, finde ich, ist eine entsetzliche Entwicklung. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist meiner Meinung nach wirklich eine traurige Bilanz nach einem Jahr Bildungs­minister unter Türkis-Grün. Vielleicht können Sie da – ich würde Sie auch herzlich darum bitten – eine Kehrtwende machen, auch angesichts der wirklich positiven Nachrichten, dass es an den Schulen so wenige Infektionsfälle gibt.

Ich möchte noch einen Antrag auf Nichtkenntnisnahme der schriftlichen Beantwortung einer Anfrage einbringen:

Antrag gemäß § 92 Abs. 3 GOG-NR

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Beantwortung 4709/AB der Anfrage 4735/J der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Rechtsgrundlage Maskenpflicht durch den Bun­desminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung wird nicht zur Kenntnis ge­nom­men.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

15.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Hamann. – Bitte.


15.33.54

Abgeordnete Mag. Sibylle Hamann (Grüne): Herr Präsident! Lieber Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hat man Kollegin Fürst da eben zugehört, könnte man ja meinen, es wären in diesem Land ganz furchtbare Dinge im Gange (Abg. Kickl: Das sind sie! – Abg. Wurm: Ja, das stimmt ja auch! – weiterer Zwischenruf des Abg. Martin Graf), „Verbrechen“, hat sie gesagt, unmenschliche Dinge, die passieren, Menschen, die in den Schulen verfolgt werden. Ich glaube, von Quälen war auch einmal kurz die Rede. (Abg. Kickl: Das stimmt auch! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die Frage, die die FPÖ stellt, ist: Warum müssen Kinder in den Schulen zumindest zeitweise einen Mund-Nasen-Schutz tragen? – Diese hat der Minister soeben schon rechtlich beantwortet, ich kann es mit einer ganz einfachen logischen Erklärung ver­suchen: Was sind die zwei großen Aufgaben, die wir in der Bildungspolitik haben? Erstens müssen wir dafür sorgen, dass Kinder lernen können – und zwar so viel wie möglich miteinander, vor Ort, in der Schule, weil es ein Recht auf Bildung gibt. Die zweite Aufgabe ist, dafür zu sorgen, dass sie dort, wo sie lernen, halbwegs sicher sein können, nämlich, soweit das halt möglich ist, gesund zu bleiben, weil es gleichzeitig auch ein Recht auf Gesundheit gibt.

Was machen wir nun mit diesen beiden grundlegenden, wichtigen Aufgaben? Wie bringt man die in einer Extremsituation wie einer Gesundheitskrise, die derzeit herrscht, zu­sam­men? Wie bringt man möglichst viele Kinder möglichst sicher in den Präsenzunter­richt? Das macht man eben, indem sie eine FFP2-Maske (die Rednerin hält ihre FFP2-Maske in die Höhe) oder einen normalen Mund-Nasen-Schutz tragen. Das ist ein guter


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Kompromiss – gemeinsam mit den anderen Maßnahmen wie Abstandhalten, Lüften und großflächigen Testungen. (Abg. Kickl: Man kann sich jeden Unsinn schönreden!)

Es ist völlig richtig, dass es lästig ist, das zu tragen. (Die Rednerin hält ihre FFP2-Maske erneut in die Höhe und setzt, diese in der Hand haltend, ihre Ausführungen fort.) Wir tragen sie hier ja auch nicht zum Spaß (Abg. Martin Graf: Nicht nur lästig, das ist eine Qual!), das ist manchmal unangenehm. Aber warum macht man es? – Weil es einen Zweck erfüllt. Und was ist der Zweck dieser FFP2-Maske? Das ist, dass sie Viren abhält und uns daran hindert, einander anzustecken. (Abg. Deimek: Fragen Sie einfach Ihre Kollegin, die erzählt Ihnen ...!) Das ist der  dieser Maßnahme. Außerdem – aber nur außerdem – ist sie auch ein Signal, nämlich dafür, dass wir verantwortungsvoll miteinan­der umgehen, dass wir Rücksicht nehmen und dass wir gemeinsam versuchen, alles zu tun, um diese Krise gemeinsam zu bewältigen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn ich mir nun die Kollegen von der FPÖ anschaue, kann ich mir schon vorstellen, dass das eine Denkungsart ist, die ihnen nicht immer sehr naheliegt. Das sieht man daran, dass Sie das Tragen dieser Masken verweigern und damit auch dazu beitragen, andere hier in diesem Saal zu gefährden. (Abg. Deimek – auf die Glaswand an der Seite seines Sitzplatzes klopfend –: Wozu ist das? Wozu hat man das gemacht?)

Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Kinder in den Schulen (Abg. Deimek: Sie sind eine Diskriminiererin, und zwar heftig!) das wesentlich besser hinkriegen als Sie hier im Saal! (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Abg. Deimek: Sie diskriminieren ...!)

Ich glaube, es wäre an der Zeit, dass wir uns jetzt einmal bei den Kindern für ihr verant­wortungsvolles Vorgehen jeden Tag in der Schule bedanken, ihnen für ihre Geduld danken (Zwischenruf bei der ÖVP) und einfach gemeinsam hoffen (Abg. Wurm: Eine Schande ...!), dass das so bald wie möglich vorbeigeht. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

15.37


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Künsberg Sarre. – Bitte.


15.37.24

Abgeordnete Mag. Martina Künsberg Sarre (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich finde, man muss nicht alles schlechtreden; Frau Kollegin Hamann, da haben Sie recht, aber so, wie Sie immer tun, dass es überhaupt nirgends ein Problem an den Schulen gibt und alles super läuft, so ist es auch nicht.

Wir waren immer für die Öffnung der Schulen und haben diesen ersten Schritt nach den Semesterferien sehr begrüßt. Solang das Impfen von dieser Bundesregierung so schlep­pend und unkoordiniert durchgeführt wird, so lange brauchen wir selbstverständlich Be­gleitmaßnahmen, dass die Schulen offen bleiben können, also: Lüften, Abstandhalten, Händehygiene und dort, wo es notwendig ist, auch Masken. Ich hinterfrage zwar, ob im Schichtbetrieb FFP2-Masken notwendig sind – aber gut, es braucht ganz bestimmt Maßnahmen.

Die derzeitige Situation ist aber aus meiner Sicht nur ein erster Schritt – und Sie müssen nun anfangen, anzudenken, wie es weitergehen kann. Warum ist es wichtig, dass wir wieder zu einem normalen Schulbetrieb kommen? – Weil dieser Schichtbetrieb eben nicht so super funktioniert. Die Bandbreite reicht von zwei zusätzlichen Ferientagen, wenn Schüler und Schülerinnen zu Hause sind, weil von der Schule überhaupt nichts kommt, bis dahin, dass sie zu Hause sitzen und gleich wie in der Schule alles in den Unterricht hineingestopft bekommen, und das geht auch nicht. Deswegen wäre es ja aus unserer Sicht so notwendig gewesen – diesen Antrag haben die Regierungsparteien


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schon letztes Frühjahr abgelehnt –, dass es digitaldidaktische Fortbildungen und Ausbil­dungen für Pädagogen gibt, weil es eben einen ganz großen Unterschied macht, ob man in der Schule Präsenzunterricht abhält oder hybriden Unterricht gestalten muss.

Es ist wichtig, dass wir an den Schulen einen nächsten Schritt gehen, weil es Abschluss­klassen gibt – Maturantinnen und Maturanten, die nicht genau wissen, wie es nun weiter­geht, ob sie Zusatzunterricht bekommen oder nicht. Es gibt Übertrittsklassen, von der Volksschule in die Sekundarstufe I und von der Sekundarstufe I in die Sekundar­stufe II. Es gibt Berufsschulen, die derzeit unzureichenden Unterricht haben und sehr unzu­frieden sind. All das ist schwierig für unsere Kinder und Jugendlichen – und da braucht es einen nächsten Schritt von Ihnen, dass wir bald in einen normalen Schulbetrieb kommen. (Beifall bei den NEOS.)

Die gesamten psychischen, physischen, sozialen Auswirkungen und auch der Lern­fort­schritt wurden ohnehin schon hinreichend thematisiert. Was mir in dieser gesamten Diskussion abgeht – auch von Ihnen, Herr Minister Faßmann, und auch von den Grünen –, ist, einen nächsten Schritt zu gehen, nicht nur immer in die nächste Woche zu schauen: Was tun wir da?, sondern einen Blick weit nach vorne zu richten, nicht nur auf dieses Semester und auch nicht nur auf das nächste Wintersemester, und dann ist wieder alles vorbei. Es wird noch ganz, ganz lange brauchen, bis wir das abfedern können, was unsere Kinder und Jugendlichen in dem letzten Jahr erlebt haben. Dazu kommt eigentlich nichts.

Sie haben gesagt, es gibt 200 Millionen Euro Förderungen. Da wurde ja ganz groß ange­kündigt – auch von Ihnen, Frau Kollegin Hamann –, dass ganz viel aus den EU-Förder­töpfen kommt. Es ist eine Anfragebeantwortung zurückgekommen: Es sind 35 Millionen Euro, die da offensichtlich ins Bildungsbudget oder in die Bildung einfließen. Bei 1,2 Mil­lionen Schülern ist das ein bisschen lächerlich, glaube ich.

Also zu den 165 Millionen Euro würde mich interessieren, wo die herkommen und vor allem wann. Wie werden die verteilt? Welche konkreten Ideen gibt es? Wie werden die Lehrerinnen und Lehrer unterstützt? Gibt es vor allem ein begleitendes Monitoring? Es wäre ja dann auch nicht schlecht, zu wissen, wie das vonstattengegangen ist.

Noch einmal: Diese verpflichtende digitaldidaktische Aus- und Fortbildung für unsere Lehrkräfte halte ich für ganz wichtig.

Die Pandemie hat noch deutlicher gezeigt, wo die Probleme im Bildungsbereich sind. Wenn Sie jetzt wirklich glauben, liebe Regierungsparteien, dass wir, wenn bei der Pan­demie endlich das Licht am Ende des Tunnels aufgetaucht ist, dann wieder zum Alten zurückkehren können, dann, glaube ich, sind Sie echt auf dem Holzweg. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass Sie jetzt darauf warten, dass das vorbeigeht, und dann machen wir im Schulbereich weiter, als ob nichts gewesen wäre. Das, glaube ich, ist falsch. (Beifall bei den NEOS.)

15.41

15.41.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu dieser Debatte ist niemand mehr mit einem Redebeitrag gemeldet. Damit ist sie geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Fürst, Kolleginnen und Kollegen, die Anfragebeantwortung nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Wer für die Nichtzurkenntnisnahme ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.


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15.42.25Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu einer weiteren kurzen Debatte.

Diese kurze Debatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Leichtfried, Fuchs, Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen, dem Geschäftsordnungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 421/A eine Frist bis zum 23. März 2021 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristset­zungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich darf wieder darauf aufmerksam machen, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäfts­ordnung kein Redner länger als 5 Minuten reden darf. Der Erstredner hat zur Begrün­dung 10 Minuten Zeit, auch die Regierungsmitglieder haben 10 Minuten Zeit – Sie sind aber derzeit nicht anwesend.

Bei Abgeordneten Krainer steht das Wort. Ich darf ihn dazu bitten.


15.43.16

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir merken (auf die leere Ministerbank weisend): Minister Blümel interessiert das nicht, ihn interessiert parlamentarische Kontrolle nicht. Das ist natürlich ein Riesenproblem, aber wir sind es von ihm gewohnt, dass er Untersuchungen und Kontrolle, was seine Person betrifft, nicht sehr gerne hat. (Abg. Wöginger: Fristsetzung! Hallo!)

Wir debattieren hier die Frage, wie das Parlament mit der Kontrolle der Cofag umgeht. Was ist die Cofag? – Das ist so eine Erfindung von Finanzminister Blümel, über die sage und schreibe 15 Milliarden Euro Hilfsgelder durchgeschleust werden.

15 Milliarden Euro: Es gibt keinen einzigen Budgetposten in Österreich, der diese Größe hat. Das ist mehr Geld, als wir für alle Pensionen im gesetzlichen Bereich ausgeben, das ist mehr Geld, als wir für alle Beamtenpensionen ausgeben, das ist mehr Geld, als wir im Jahr für Bildung ausgeben, das ist mehr Geld, als wir für Sicherheit ausgeben, das ist mehr Geld, als wir in dieser Republik für irgendetwas anderes ausgeben.

Wenn er aber – weil Kollege Faßmann hier war – eine Subvention von 5 000 Euro oder 10 000 Euro an einen Verein vergibt, dann unterliegt das der parlamentarischen Kon­trolle. Die ÖVP will aber nicht, dass wir als Parlament Kontrolle darüber haben, was mit 15 Milliarden Euro passiert, keinerlei Kontrolle will die ÖVP da zulassen. Das geht nicht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Erinnern wir uns daran zurück, wie das im März 2020 – vor ein bisschen weniger als einem Jahr – war! Da hatte die Regierung eigentlich die weitaus beste Opposition, die man sich wünschen kann. Da gab es Praktikerinnen und Praktiker aus allen Oppositions­fraktionen – egal ob das bei den Sozialdemokraten, beispielhaft nur, Kollege Matznetter oder Kollegin Ecker war, ob bei den Freiheitlichen Kollege Angerer oder Kollege Fuchs oder bei den NEOS Kollegin Doppelbauer oder Kollege Schellhorn –, die aus ihrer beruflichen Praxis, aus dem, was sie gelernt haben, aus dem, was sie als Beruf machen, hier ohne jede Parteipolitik, ohne irgendwelche Hintergedanken an Wahlen, ohne irgend­welche ideologischen Scheuklappen, sondern nur aus Sorge darüber, wie wir durch diese Pandemie kommen, mit Engagement, mit Kompetenz, mit Leidenschaft und mit Erfahrung ganz viele unterschiedliche Vorschläge gemacht haben, was man da am besten machen kann.

Eines der Dinge, die fast alle hier als Vorschlag hatten, war, dass man die Hilfe über die Finanzämter regeln sollte. Wieso über die Finanzämter? – Aus guten Gründen: Dort gibt


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es Tausende Mitarbeiter, eine funktionierende Infrastruktur mit ganz vielen Außenstellen in ganz Österreich, eine funktionierende EDV. Das sind erfahrene Leute, die ihre Firmen kennen, die ihre Kleinbetriebe kennen, die ihre Mittelbetriebe kennen, seit vielen Jahren ihre Bilanzen, ihre Zahlen haben und sie wissen. Die müssen sich sowieso wegen Stundungen et cetera an sie wenden, die haben Kontakt mit diesen Firmen.

Alles, was die Praktiker von der Opposition hier gesagt haben, war: Bitte machen wir das über die Finanzämter! Das haben auch andere Länder natürlich, aus diesen guten Gründen, so gemacht, doch aus irgendeinem Grund hat die ÖVP – und zwar vollkom­men egal ob es um die Kleinen gegangen ist, um den Härtefallfonds – immer so Umweg­konstruktionen erfunden: über die WKO, wo man dann über Nacht EDV-Programme schreiben musste, wo man Hunderte Mitarbeiter ausbilden musste. Das hat natürlich alles nicht funktioniert, das war dann zu langsam, zu bürokratisch, zu spät, die Mitar­beiter waren überfordert – engagiert, aber überfordert.

Bei der Frage jetzt geht es ja gar nicht darum, dass die Hilfen zu spät, zu langsam, zu bürokratisch waren, sondern da geht es um die Frage der Kontrolle.

Das ist das, was die ÖVP durch ihre Umwegkonstruktionen gemacht hat, und zwar egal ob es bei den Kleinen ist, über die WKO, oder im Großen, wo vor allem auch die Groß­spender der ÖVP ja dann auch die sind, die sich um die Hilfen angestellt haben. Dass bei der Cofag die parlamentarische Kontrolle ausgeschaltet werden soll, ist ja der Hinter­grund dessen, weil die Arbeit im Hintergrund über die Finanzämter läuft: Die Zahlen im Hintergrund sind ja dann eh über die Finanzämter gelaufen, die Kontrollen laufen über die Finanzämter. Natürlich passiert die Arbeit dort, weil es dort die Leute, das Know-how und das Personal gibt, aber es werden Konstruktionen geschaffen, um die Kontrolle in Wahrheit auszuschalten.

Ganz ehrlich: Wenn die ÖVP 15 Milliarden Euro im Dunkeln verteilt, unter anderem an ihre Großspender, dann ist Misstrauen angebracht. Da ist es ganz wichtig, dass wir dort den Scheinwerfer hinhalten und dort Licht in das hineinbringen, was die ÖVP im Dunkeln machen will. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Wir wissen ja aus dem Untersuchungsausschuss, wie die ÖVP mit den Wünschen ihrer Großspender umgeht, egal ob das bei den Privatspitälern oder anderswo ist – etwa bei der Premiqamed, die sich mehr öffentliche Gelder gewünscht haben und sich gleich hingesetzt haben und mit Minister Löger und mit Minister Blümel den Gesetzestext ausverhandelt haben, was dazu führt, dass der Großspender pro Jahr 5 Millionen Euro mehr aus öffentlichen Geldern erhält. (Zwischenruf des Abg. Strasser.) – Das ist pas­siert, das ist dokumentiert, das weiß auch die Staatsanwaltschaft, die WKStA. Ich weiß, die mögen Sie nicht. Die schaut Ihnen nämlich auf die Finger, und das ist gut so. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wissen auch genau, wie das bei der Novomatic war und ist. Ich meine, hinter mir sitzt ja quasi ein Symbolbild für ÖVP und Novomatic. Es ist vollkommen egal, was der Herr hinter mir macht, immer steht einer von der Novomatic mit der Kreditkarte um die Ecke und zahlt die Spesen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wenn er gerade irgendwo dirigiert – die Novomatic zahlt die Spesen. Wenn er gerade irgendwie bei einem Verein, bei einem vorwissenschaftlichen Institut präsidiert – die Novomatic zahlt die Brötchen. Wenn er Parteisitzungen abhält und sich einen Referenten einlädt: Wer zahlt das Honorar? – Die Novomatic. Es ist nie direkt eine Spende, immer über Umwege, verdeckt, heimlich im Dunkeln.

Wir wissen wie Minister Blümel hüpft, wenn er ein SMS vom Novomatic-Chef bekommt. Wir haben ein kleines Problem in Italien – dann kommt gleich das SMS: „Tu es für mich“.


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Hilf doch! (Ruf bei der ÖVP: Das ist eine Unterstellung!) – Was ist eine Unterstellung? Was ist eine Unterstellung? Der Minister hat selbst gesagt, das macht er jeden Tag, dass er Firmen hilft, Steuern zu sparen, wenn sie Steuern zahlen sollten. Er hat gesagt, das macht er jeden Tag. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn die ÖVP Milliarden Euro verteilt – auch an ihre Großspender –, geht es nicht darum, dass Vertrauen gut ist, da geht es darum, dass Kontrolle besser ist. Und Sie wollen uns als Parlament diese Kontrolle verbieten, bieten uns einen sogenannten Beirat an, in den einer von jeder Fraktion hineingehen darf. Der darf dann auch Einsicht in die Bücher nehmen. Wisst ihr aber, was passiert, wenn er dort hineineingeht? – Man näht ihm den Mund zu! Das ist, was passiert. (Ruf bei der ÖVP: Ja, genau!) Er darf mit niemandem darüber sprechen, was er sieht. Und ich sage Ihnen eines – und da schaue ich auch zu den Grünen –: Glauben Sie wirklich, dass Gabi Moser in einen Buwog-Vergabebeirat gegangen wäre, wenn ihr beim Eingang der Mund zugenäht worden wäre? (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Die hätte sich dagegen gewehrt und hätte gesagt: Da gehe ich doch nicht rein! Ich lasse mir doch als Parlamentarier nicht den Mund verbieten. Ich bin hier für Kontrolle, ich bin hier für Sauberkeit, und ich bin hier für Ordnung. Ich schaue mir die Sachen genau an, und dann rede ich über das, was ich dort sehe.

Dieser Beirat verbietet dem, der dort hineingeht, zu reden, und ich sage Ihnen: Kein Parlamentarier, der etwas auf sich hält, geht in diesen Beirat, sondern er stimmt endlich zu. Seit Mai liegt der Vorschlag am Tisch, und Sie vertagen hier immer nur die Kontrolle. Jeder Parlamentarier, der etwas auf sich hält, stimmt dafür, dass die Kontrolle startet, und nicht dafür, dass sie vertagt wird, stimmt zu, dass die ÖVP nicht mehr im Dunkeln Milliarden ohne Kontrolle durch das Parlament vergeben kann. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

15.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Leichtfried. – Bitte.

*****


15.53.11

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Prä­sident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, Herr Abgeordneter Krainer hat sehr gut dargelegt, dass wir jetzt über die massivsten Ausgaben der Republik und über die Kontrolle dieser Ausgaben diskutieren. Das sind ernsthafte Anliegen, und diese Anliegen erfordern meines Erachtens – und ich glaube, damit bin ich nicht alleine – auf jeden Fall die Anwesenheit des Finanzministers, geschätzte Damen und Herren. Es geht nicht, dass über diese Dinge diskutiert wird und das den Finanzminister nicht interessiert. Ich weiß nicht, was der Grund dafür ist, dass er nicht hier ist, es gibt ja mehrere Mög­lichkeiten dafür. Es ist aber inakzeptabel, und deshalb stelle ich den Antrag, Herr Prä­sident, den Finanzminister herbeizuschaffen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

15.54


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch weitere Wortmeldungen zur Ge­schäftsbehandlung?

Wenn das nicht der Fall ist, darf ich die Klubs fragen, ob abgestimmt werden kann. (Ruf bei der ÖVP: Nein!) – Nein.


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Ich unterbreche die Sitzung, bis die Klubs bereit sind, abzustimmen.

*****

(Die Sitzung wird um 15.54 Uhr unterbrochen und um 15.57 Uhr wieder aufge­nom­men.)

*****


Herr Abgeordneter Klubobmann Kickl ist noch zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemel­det. – Bitte.


15.57.51

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich stelle fest, dass in der Zwischenzeit die ÖVP-Abgeordneten hier sind, der Finanzminister aber noch immer nicht.

Ich möchte auf Folgendes hinweisen: Die Sitzungsunterbrechung, die Sie jetzt getätigt haben, ist aus unserer Sicht nicht geschäftsordnungskonform – wir werden das auch in der nächsten Präsidiale zur Sprache bringen –, denn die Vereinbarung, dass vor irgend­welchen Abstimmungsvorgängen das Einverständnis der Klubs eingeholt wird, wurde von uns allen gemeinsam unter der Maßgabe getroffen, dass sich Abgeordnete infolge einer gelockerten Sitzordnung noch in den oberen Reihen, also auf der Galerie befinden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Deshalb glaube ich, dass die Vorgangsweise, die Sie jetzt gewählt haben, nicht geschäftsordnungskonform, dafür aber umso parteiischer gewesen ist. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Klubobmann Kickl, ich darf Sie korrigieren. Sie ist natürlich geschäftsordnungsmäßig, wie Sie wissen, Sie behaupten aber offenbar bewusst das Unrichtige. (Abg. Kickl: Was?!) In der Präsidiale ist klar gesagt worden, dass sich die Abgeordneten des Nationalrates im Dachfoyer oder auch in den Klub­räumlichkeiten aufhalten können. Deswegen habe ich gewartet und letzten Endes auch die Meinung von allen Klubs eingeholt, ob wir abstimmen können.

Klubobmann Wöginger. – Bitte.


15.59.12

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Das ist wieder einmal das übliche Polittheater. Heute hat es eh ein bissel länger – bis in den Nachmittag hinein – gedauert.

Zum Ersten, Herr Klubobmann Kickl, würde es dir gut anstehen, selber in die Präsidiale zu gehen, dann wüsstest du auch, was dort vereinbart wird und was dort besprochen wurde. Das wäre einmal wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir haben nämlich vereinbart, dass vor jedem Abstimmungsvorgang die Fraktionen gefragt werden, ob sie bereit sind, abzustimmen, weil sich die Abgeordneten nicht nur auf der Galerie oder im Dachfoyer, sondern auch in anderen Räumlichkeiten, zum Beispiel im Pavillon Hof, aufhalten können. Sie können bei Abstimmungen herbeigeholt werden, weil wir das so vereinbart haben.

Zum Zweiten möchte ich festhalten: Wir diskutieren hier über einen Fristsetzungsantrag. Ob sich das Parlament selber eine Frist setzen will oder nicht, ist eine interne Debatte. Ich gehöre dem Nationalrat seit 18 Jahren an (Zwischenruf des Abg. Kickl) und habe noch nie erlebt, dass bei einer Fristsetzungsdebatte ein Minister anwesend war. Es ist


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natürlich möglich, es kann sein, aber es ist parlamentarischer Usus, dass bei Fristset­zungsdebatten kein Minister anwesend sein muss.

Wenn Sie das gewollt hätten, hätten Sie von der Opposition die Möglichkeit, eine Anfra­gebeantwortung zu verlangen oder eine Dringliche Anfrage an ein Regierungsmitglied zu stellen. Dann muss das Regierungsmitglied natürlich anwesend sein, aber nicht im Falle einer Fristsetzungsdebatte, die Sie von der SPÖ selber verlangt haben. Deshalb ist es nicht notwendig, dass der Minister kommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen.)

16.00


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch einen Beitrag zur Geschäftsbehand­lung? Wenn es keinen Beitrag zur Geschäftsbehandlung mehr gibt, dann lasse ich über den Antrag auf Herbeischaffung des Finanzministers abstimmen.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist daher abgelehnt.

*****

Wir kommen zum Redebeitrag des Abgeordneten Ottenschläger. – Bitte.


16.01.32

Abgeordneter Andreas Ottenschläger (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Betreffend das Thema Transparenz, Herr Kollege Krainer, würde ich einmal in mich gehen und schauen, was in der Stadt Wien diesbezüglich los ist. Sie wissen, die Stadt Wien geht direkte Beteiligungen an Unternehmen ein.

Da frage ich übrigens auch die Kolleginnen und Kollegen von den NEOS: Kennen Sie die Richtlinien, die Kriterien (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), unter welchen Aspek­ten da Steuergeld investiert wird? Stellen Sie einmal die Anfrage an den zuständigen Stadtrat: Sie bekommen keine Antwort. Wir im Bund haben klare Richtlinien dafür, wer nach welchen Richtlinien Unterstützungsleistungen bekommt – das sei an dieser Stelle auch einmal gesagt. (Beifall bei der ÖVP.)

Noch dazu stellen Sie ja, glaube ich, den Transparenzstadtrat – so nennt er sich ja manchmal. Frau Kollegin Doppelbauer, vielleicht reden Sie einmal mit Ihrem Kollegen in Wien darüber, dass er wirklich für die Transparenz sorgt, für die Sie hier immer so ein­stehen.

Jetzt sage ich Ihnen, was im Bund eigentlich alles passiert. Es gibt umfangreiche Berichtspflichten seitens des Finanzministeriums (Zwischenruf der Abg. Doppelbauer), und es gibt umfangreiche Analysen des parlamentarischen Budgetdienstes, die wir, glaube ich, alle sehr schätzen und die uns dazu dienen, unsere Kontrollfunktion auch tatsächlich auszuüben. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Darüber hinaus zur Cofag: Herr Kollege Krainer hat gemeint, da könne keiner reinschauen. Was Sie aber nicht dazusagen, ist, dass auch eines der wichtigsten Kontrollinstrumente des Parlaments, nämlich der Rechnungshof, die Cofag prüft. Das sagen Sie bei der Debatte nie dazu. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Was Sie auch nicht dazusagen, weil Sie es vielleicht nicht wissen: Es gibt eine verbind­liche europäische Richtlinie, die besagt, dass alle Förderungen über 100 000 Euro ent­sprechend transparent in eine europäische Transparenzdatenbank gemeldet werden müssen und damit für jedermann und jedefrau einsichtig sind. Das sagen Sie auch nie dazu. (Beifall bei der ÖVP.)


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Zum letzten Punkt, weil Sie den Cofag-Beirat immer so flapsig wegschieben: Sie haben selber gesagt, es gibt hier im Parlament viele Praktiker. Ich zähle mich selber auch dazu und lade Sie nach wie vor ein, Ihren Beitrag im Cofag-Beirat zu leisten, da wird inhaltlich diskutiert. Wenn Sie ihn nicht als Kontrollinstrument sehen, sei Ihnen das unbenom­men ich habe schon skizziert, welche Kontrollmöglichkeiten das Parlament hat. Einen Beitrag leisten, um die Produkte der Cofag zu verbessern, könnten Sie allemal, wenn Sie im Beirat so wie übrigens auch die Sozialpartner konstruktiv mitarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

16.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Greiner. – Bitte.


16.05.07

Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Der ÖVP schmeckt die Herbeischaffung nicht. – Liebe ÖVP, auch das ist ein parlamentarisches Instrument, das kann gezogen werden oder nicht; ob Ihnen das gefällt oder nicht, steht nicht zur Debatte. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Michael Hammer: Es kann auch abgelehnt werden!) Ich erinnere: Sie haben es ja praktiziert, sogar ressortfremde Regierungsmitglieder herzuzitieren. Warum regen Sie sich also auf?

Zur jetzigen Debatte: Heute bringen wir zum wiederholten Mal einen Antrag auf Instal­lierung eines Cofag-Unterausschusses ein. Leider sind bis dato sämtliche Aktivitäten in diese Richtung von der ÖVP und leider auch von den Grünen torpediert worden. Liebe ÖVP und liebe Grüne, was haben Sie eigentlich gegen parlamentarische Kontrolle? Was wollen Sie verheimlichen? (Abg. Ottenschläger: Wir haben die parlamentarische Kon­trolle!) Sehr geehrte Damen und Herren! Warum fordern wir als SPÖ gemeinsam mit den anderen Oppositionsparteien die Installierung eines Cofag-Unterausschusses?  Weil es dabei um Förderungen geht, um Steuergelder, die an Unternehmen fließen und dort auch ankommen sollen.

Da wir gerade bei ankommen sind: Die Vergangenheit hat ja leider gezeigt, dass Unter­nehmensförderungen nicht so effektiv ankommen. Unternehmen haben gar keine Förde­rung erhalten, haben bürokratische Hürdenläufe hingelegt, um festzustellen, sie kriegen gar nichts, aufgrund eines Fehlers im Finanzministerium der Herr Minister zieht es vor, nicht da zu sein wurden Unterstützungen zu gering berechnet. Und Sie wundern sich, warum wir Kontrolle einfordern? Es ist die ureigenste Aufgabe des Parlaments, zu kontrollieren, zu fragen, wohin das Steuergeld in welcher Höhe fließt. Das betone ich als Parlamentarierin, als Rechnungshofsprecherin und vor allem als Vertreterin der Bürge­rinnen und Bürger, die das Recht auf volle Transparenz haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

In einem Cofag-Unterausschuss wäre es so, dass wir Fragen stellen könnten und der Herr Finanzminister darauf antworten sollte. Jetzt wissen wir, das Antworten, vor allem das Erteilen ausführlicher Antworten, ist nicht seine Sache; wir geben aber die Hoffnung nicht auf. Wir sprechen von 15 Milliarden Euro, das ist keine Kleinigkeit, wesentlich gerin­gere Summen, sehr geehrte Damen und Herren, unterliegen der parlamentarischen Kontrolle. Schauen Sie sich die Budgets für die einzelnen Ministerien an: Zum Beispiel unterliegt das Budget für die obersten Organe inklusive Präsidentschaftskanzlei, 11 Mil­liarden Euro, natürlich der parlamentarischen Kontrolle. Das Arbeitsmarktbudget, 11 Mil­liarden Euro, unterliegt natürlich der parlamentarischen Kontrolle. Weil der internationale Frauentag bald da sein wird, spreche ich auch das Frauenbudget an, da sind wir ja Lichtjahre von den 15 Milliarden Euro entfernt, da sprechen wir von 14 Millionen Euro – auch die unterliegen der parlamentarischen Kontrolle, und das zu Recht.


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Warum bestehen wir auf diese Kontrolle? Die Regierung legt ein Transparenzpaket vor. Da geht es darum, dass der Rechnungshof bei 25-prozentiger Staatsbeteiligung prüfen kann. Wie passt denn ein Transparenzpaket zur Kontrollverweigerung? In der Cofag entscheiden ÖVP und Grüne, wohin Förderungen fließen. Ich erinnere nur kurz an die vorwöchige Sondersitzung. Da ging es um den Herrn Finanzminister, der als Beschuldigter geführt wird und gleichzeitig sich selbst kontrolliert. Da ging es um ein Novomatic-SMS, dessen Inhalt eine Spende betraf. Lieber Herr Bundesminister gerne hätte ich ihn persönlich gefragt beziehungsweise an ihn appelliert, ich mache das nun über die Kamera , es gilt, jeglichen Verdacht zu vermeiden, dass mögliche Gönner in großem Ausmaß Nutznießer von Unternehmensförderungen werden, die ein Finanz­minister selbst gewährt. Das geht nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Diese schiefe Optik müsste ein Finanzminister, der sich seiner Verantwortung bewusst ist, zurechtrücken. Von einem seriösen Finanzminister erwarte ich mir, erwarten wir uns als Kontrollorgan ein klares, lautes und deutliches Ja zu parlamentarischer Kontrolle. Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.09


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Angerer. – Bitte.


16.09.41

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler! Geschätzte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Ich glaube, ich rede mit Ihnen, denn die ÖVP interessiert es sowieso nicht, den Finanz­minister interessiert es auch nicht, das zeigt er uns ja.

Also es ist vonseiten der ÖVP und des Ministers wieder einmal nicht nur ignorant gegenüber diesem Haus; auch wenn es geschäftsordnungsmäßig richtig ist, dass er nicht hier sein muss, aber wenn es um 15 Milliarden Euro geht, die ihn betreffen, wäre es vielleicht nicht schlecht. Er muss sich ja auch nicht uns gegenüber verantworten, aber vielleicht den Menschen gegenüber, die ihm dieses Geld zur Verfügung stellen, und das sind die Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der FPÖ.)

Damit man eine Vorstellung davon hat, wie viel 15 Milliarden Euro sind – Kollege Krainer hat es schon ganz gut auf den Punkt gebracht –: Wir reden in den letzten Jahren nur mehr von da ein paar Milliarden Euro, dort ein paar Milliarden Euro. Nach dem öster­reichischen Finanzausgleichsgesetz werden jährlich rund 85 Milliarden Euro an Steuer­einnahmen verteilt. Davon erhalten die Gemeinden 11,88 Prozent. Es gibt 2 095 Ge­meinden in Österreich, das heißt, alle diese 2 095 Gemeinden bekommen 11,88 Prozent von diesen 85 Milliarden Euro. Das sind rund 10 Milliarden Euro.

Jetzt bekommen zwei Hypersuperbürgermeister – ein schwarzer und ein grüner –, die zwei Geschäftsführer der Cofag, 15 Milliarden Euro. Sie bekommen um 5 Milliarden Euro mehr zu verteilen als alle Gemeinden in Österreich zusammen, sie sind niemandem außer sich selber und einem Aufsichtsrat gegenüber verantwortlich, der von zwei Regie­rungsparteien besetzt wird, von den Grünen, die der ÖVP den Steigbügel halten.

Ihr setzt dort einen Aufsichtsrat und zwei Geschäftsführer ein, und die verteilen 15 Mil­liarden Euro. 10 Milliarden Euro bekommen alle österreichischen Gemeinden, die von Gemeinderäten kontrolliert und vom Rechnungshof geprüft werden können, bei denen durch die Gemeinderäte, durch die Organe volle Transparenz hergestellt wird, und ihr verteilt über zwei Geschäftsführer 15 Milliarden Euro. Da muss man ja misstrauisch werden!

Jetzt möchte ich einmal wissen: Kannst du ausschließen, dass die Novomatic von diesen 15 Milliarden Euro schon etwas bekommen hat, und weißt du andernfalls, wie viel? Wir


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wissen es nicht! Kannst du es ausschließen, Herr Kollege Ottenschläger? (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) Wie viel hat die Novomatic bekommen? Wir würden es gerne wissen, und deshalb haben wir von Anfang an diesen Unterausschuss gefordert, damit das Parlament die Kontrolle über diese 15 Milliarden Euro im Sinne der Österreiche­rinnen und Österreicher, der österreichischen Steuerzahler ausüben kann. Ihr verhindert das bis heute! Die Grünen machen den Steigbügel!

Frau Tomaselli – ich sehe sie nicht, sie ist wohl irgendwo untergetaucht – hat nämlich - - (Abg. Tomaselli – im Gespräch mit Abg. Mahrer an dessen Sitzplatz –: Ich bin da!) – Da ist sie, Gott sei Dank! Frau Tomaselli, freut mich, dass Sie da sind! Ich möchte Ihnen nämlich sagen, was Sie in der Debatte am 22. April letzten Jahres gesagt haben – ich zitiere –: Ja, es braucht Transparenz. „Ja, wenn es nach uns Grünen geht, sollen Sie bitte einen Ausschuss bekommen, wir würden uns auch sehr gerne in solch einem Ausschuss engagieren.“ – Wo ist der Ausschuss, Frau Tomaselli? Wo ist der Budget­unterausschuss, der Einsicht in diese Cofag hat? Den gibt es bis heute nicht! Ihr deckt das zu, und ihr macht euch zusammen mit der ÖVP zu Mittätern! (Beifall bei der FPÖ.)

Viele von uns bekommen täglich E-Mails von betroffenen Unternehmern, von Einzel­unternehmern oder KMUs, über die Cofag. Eines möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, ohne einen Namen zu nennen. Das sind insgesamt zwei Seiten. Ich mache mir die Mühe, dass ich mir die auch durchlese, und manchmal mache ich mir auch die Mühe, dass ich zurückschreibe; ich weiß nicht, ob Sie das tun. Ein Ausschnitt daraus, da steht zum Beispiel drinnen – ich zitiere –: Auf Anfragen meinerseits wird bei der Cofag-Hotline nicht einmal reagiert. Es gibt kaum ein Durchkommen. Nur ein einziges Mal erreichte ich einen Sachbearbeiter, welcher nun meinte, dass mein Antrag händisch bearbeitet werde, wahrscheinlich wegen der Plausibilitätsprüfung, aber mehr konnte er mir auch nicht sagen. Was ich besonders schlimm und zermürbend finde, ist, dass man sich gegen die Vorgangsweise bei der Cofag nicht einmal wehren kann, vielmehr wird man mit Floskeln wie: Bitte um etwas Geduld!, aus der Leitung geworfen. – Zitatende.

Das tun Sie im Parlament auch, Sie werfen uns aus der Leitung, Sie verhindern die Kontrolle! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Martin Graf: Die Grünen stehen schon auf der Leitung!)

16.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Götze. – Bitte.


16.15.00

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Vorsitzender! Wertes Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir führen eine Debatte, die wir schon Anfang dieser Woche im Unterausschuss zum Budgetvollzug über die Covid-19-Finanzierungen ge­führt haben, nämlich wie viel Geld wo ausgegeben wird und was damit passiert. Ich erinnere mich noch sehr gut: Auch von der SPÖ kam dem Budgetdienst gegenüber Lob, und auch der Budgetdienst selbst hat das COVID-19-Transparenzgesetz gelobt, welches besagt, dass wir von jeder haushaltsführenden Stelle Informationen darüber bekommen, welche Finanzierungen ausbezahlt werden.

Das heißt beispielsweise: Über den bereits erwähnten Härtefallfonds, der schon erwähnt wurde, berichtet das Wirtschaftsministerium dem Wirtschaftsausschuss. In diesem Gre­mium kann man darüber diskutieren. Das Landwirtschafts-, Regionen- und Tourismus­ministerium berichtet dem Tourismusausschuss. Wir haben heute schon über den Härte­fallfondszuschuss für Privatzimmervermieter gesprochen, über den wird dort berichtet werden. Über Fixostenzuschuss, Umsatzersatz und diverse andere Zuschüsse berichtet das Finanzministerium im Finanzausschuss. Ein umfassender Bericht über diverse


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Finanzierungen findet dann noch einmal im Finanzausschuss statt. Das heißt, wir haben in meinen Augen einen guten Überblick über das, was passiert, und so habe ich das am Montag auch mitgenommen.

Es wurde die Cofag angesprochen. Es ist ja nichts Neues, dass ausgegliederte Organi­sationen mit Beiräten geschaffen werden, um in Krisensituationen Finanzierungen schnell abzuwickeln. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich erinnere mich beispielsweise an 2009, da gab es eine ÖVP/SPÖ-Regierung und das Unternehmensliquiditäts­stärkungs­gesetz in der Bankenkrise, wenn Sie sich erinnern. Auch damals hat es einen Beirat gegeben.

Zum Beirat: Ja, ich habe mich entschlossen, in den Beirat zu gehen, weil ich sehr wohl wissen will, was in der Cofag passiert, weil ich auch nachfragen will. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Übrigens: Die Sozialpartner wie der ÖGB, die Arbeiterkammer, die Industriellenvereinigung und die Landwirtschaftskammer sind dort alle vertreten! Wir haben die Möglichkeit, in die Akten Einsicht zu nehmen und auch unsere Zustimmung zu verweigern. Insofern gibt es da die Möglichkeit, mitzugestalten, mitzubestimmen und auch Verbesserungen vorzunehmen.

Konkret wurde angesprochen, und da gebe ich Ihnen ja auch recht, dass die Cofag am Anfang wegen der Fülle der Anträge unzureichend reagiert hat. Sie hat einfach aus­gezahlt, aber den Antragseingang nicht sofort rückgemeldet. All das wurde verbessert. Inzwischen gibt es bei der Antragstellung unverzüglich Informationen und ein weiteres Mal nach zehn Tagen, sollte noch nicht ausgezahlt worden sein. Übrigens: 317 000 An­träge sind eingegangen und zu einem Großteil, zu über 90 Prozent, bereits abgewickelt. (Abg. Leichtfried: Was ist mit der Novomatic? Hat jetzt die Novomatic Geld bekommen oder nicht?)

Diese 10 oder unter 10 Prozent sind natürlich Fälle, bei denen man sagen kann, das sollte schneller gehen. Andererseits verlangen wir ja auch eine ausführliche Stich­pro­benprüfung, und genau die findet statt. (Abg. Leichtfried: Hat das bei der Novomatic stattgefunden?) Rückfragen müssen beantwortet werden. Das muss stattfinden, daher dauert es einfach etwas länger.

Der Kollege hat die EU-Transparenzdatenbank schon angesprochen, in der spätestens ein Jahr nach den Zuschüssen, nach den Unterstützungszahlungen alle aufscheinen und in die auch Einsicht genommen werden kann. Aus meiner Sicht gibt es also eine wirklich umfassende Information. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.19


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Doppelbauer ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


16.19.18

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Vorsitzender! Hohes Haus! Liebe Zuseher und Zuseherinnen! Wir alle wissen ja mittlerweile, dass Österreich nicht besser durch die Krise kommt als andere Länder, und das ist ja etwas, das der Herr Bundeskanzler monatelang verkauft hat. Da sind die Daten unbarmherzig: Die nackten Zahlen unterwerfen sich Gott sei Dank noch nicht der Messagecontrol der österreichi­schen Bundesregierung.

Ganz ehrlich: Ein Jahr nach dem Setzen der ersten Krisenmaßnahmen stelle ich fest, dass es sehr viel besser gewesen wäre, ein begleitendes Monitoring durch einen Covid-19-Unterausschuss zu machen. Das hätte die Qualität wirklich erhöht! (Beifall bei den NEOS.)


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Nach wie vor stellt sich natürlich die Frage: Welche Mittel fließen in welchem Ausmaß mit welcher Begründung wohin – und wohin eben nicht?

Damit Sie verstehen, was ich meine, nenne ich ein Beispiel, das Kollege Schellhorn heute Früh schon gebracht hat: Es gibt einen Windpark, der eine Förderung von 60 000 Euro für den Monat Dezember bekommt, weil der Wind im Dezember 2020 um 40 Prozent schwächer war als im Dezember 2019. (Heiterkeit der Rednerin. – Beifall bei den NEOS.)

Ehrlich? Das ist doch vollkommen absurd! Da fragen sich die Leute natürlich, was mit den Hilfen los ist. Ganz im Ernst - - (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.) – Ja, dann schauen Sie sich die Richtlinien an, Herr Ottenschläger! Wir haben das eh schon einmal diskutiert.

Beim Ausfallsbonus hat man offenbar verabsäumt, Covid-bedingte Einbrüche als Bedin­gung in das Regelwerk aufzunehmen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Zarits und Ottenschläger.) – Ja, ganz im Ernst, ich glaube durchaus, man hätte, wenn man ein begleitendes Monitoring gehabt und sich über solche Dinge ein bisschen mehr den Kopf zerbrochen hätte, durchaus mehr Qualität in das gesamte Aufsetzen der Wirtschafts­hilfen bringen können. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.)

Kommen wir zum Punkt: Warum wollen Sie das nicht? – Das ist ja, glaube ich, ganz klar: weil die ÖVP Transparenz scheut wie der Teufel das Weihwasser. (Heiterkeit der Red­nerin.) Das sehen wir natürlich auch ganz deutlich. (Abg. Zarits: Wie ist das in Wien mit den Richtlinien? Keine Transparenz!)

Die Grünen schauen da verlegen weg oder durchaus auch verlegen zu. Aber ja, so ist es halt, wir haben uns daran auch schon ein bisschen gewöhnt – leider.

Weil ich gerade Klubobmann Wöginger sehe: Es war halt auch keine gute Idee, dass Sie letztes Jahr im Frühjahr ausgeritten sind und sich so gegen den Unterausschuss gewehrt haben. Ganz im Ernst, das war ein machtpolitischer Reflex. Wenn Sie die Abwicklung der Förderungen so sauber machen, wie Sie das die ganze Zeit behaupten, dann kann es ja kein Problem sein, diesen Unterausschuss ins Leben zu rufen. (Beifall bei den NEOS.)

Stattdessen erklären Sie uns jetzt seit einem Jahr, dass eh alles ganz toll ist, und Sie müssen natürlich auch ständig erklären, warum Sie mauern und warum Sie sich beim Ausgeben von Steuergeldern in Milliardenhöhe nicht in die Karten schauen lassen. Ehrlich gesagt wundert es mich ja, dass Ihnen das nicht total auf die Nerven geht. (Heiterkeit der Rednerin.) An Ihrer Stelle würde ich das nicht wollen.

Durch die Schaffung der Cofag – das haben wir schon ein paarmal gehört – ist die parla­mentarische Kontrolle vollkommen ausgehebelt worden, und es gibt ja keinen Zusatz­nutzen durch diese privatrechtliche Parallelstruktur: eine Blackbox, in der Steuergelder in Milliardenhöhe ohne Bescheide vergeben werden. Das ist ein Punkt, der für die Unternehmerinnen und Unternehmer ganz wichtig ist, auch wenn Frau Götze dieses System so lobt: Sie bekommen von der Cofag keinen Bescheid. Das heißt, wenn Sie irgendwie nicht zufrieden sind, wenn Sie Einspruch erheben, wenn Sie Fragen haben, dann müssen Sie zivilrechtlich klagen, und das wird sich in Zeiten wie diesen kein Unternehmer leisten können. (Beifall bei den NEOS.)

Ablenkung, Nebelgranaten: Man lädt die Opposition ein, sich in diesen zahnlosen Beirat der Cofag hineinzusetzen – ohne die geringste Einflussmöglichkeit bei höchster Ver­schwiegenheitspflicht mit einem wunderhübsch geflochtenen Maulkorb. Das ist das Ein­zige, was Sie da gemacht haben, und das ist wirklich ein Jammer.


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Normalerweise ist es ja Klubobmann Wöginger – heute war es Kollege Ottenschläger –, der sagt, wir haben eh so ein tolles Reporting. Einmal im Monat gibt es jetzt ein ganz tolles Reporting, eine parlamentarische Kontrolle, die wirklich alles hält, was sie verspricht, um eben die Krisenmaßnahmen zu kontrollieren.

Ganz im Ernst: Müssen wir uns jetzt dafür bedanken, dass wir einen monatlichen Bericht bekommen? (Abg. Ottenschläger: Hab ich nicht gesagt!) Sie können natürlich die Zahlen auch per E-Mail an den Fischereiverband schicken, aber es wäre schon schön, wenn wir sie im Parlament auch anschauen könnten. (Beifall bei den NEOS. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ottenschläger.)

Ganz im Ernst: Wer immer im ÖVP-Klub sich ausgedacht hat, dass man diesen Unter­ausschuss eben nicht einsetzt, der hat der Republik damit wirklich einen Bärendienst erwiesen. Dass die Grünen da mitmachen, ist natürlich enttäuschend.

Noch einmal mein Appell, meine Damen und Herren: Es gibt ja die Möglichkeit, das zu ändern. Politik hinter verschlossenen Türen ist, das wissen Sie alle, Old School, das wollen wir alle nicht mehr. Öffnen Sie die Fenster! Wir haben heute schon gehört: Der Frühling kommt. Lassen Sie frischen Wind herein, öffnen Sie die Türen (Zwischenruf des Abg. Ottenschläger), und dann beenden Sie die Blockade gegen eine Struktur, mit der saubere, demokratische Kontrolle möglich ist! Richten wir einfach diesen Ausschuss ein und machen wir gemeinsam weiter! – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Leichtfried.)

16.24

16.24.46


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist niemand mehr dazu zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich darf jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung ersuchen. – Das ist die Minderheit, daher abgelehnt.

16.25.11Fortsetzung der Tagesordnung


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die Verhandlungen über Tagesord­nungspunkt 9 wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.


16.25.19

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Volksanwälte! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! 13. Februar 2020: „Sozialausschuss setzt sich für bessere Chancen für Men­schen mit Behinderung am Arbeitsmarkt ein.“ Alle Parteien sprechen sich dafür aus, dass die Schaffung eines Inklusionsfonds geprüft werden soll, und für einen Ent­schließungsantrag der NEOS, dass bundeseinheitliche Rahmenbedingungen zur per­sönlichen Assistenz erarbeitet werden.

Viele von Ihnen wissen es vielleicht nicht mehr, aber wir haben diesen Bericht der Volks­anwaltschaft vor ziemlich genau einem Jahr hier im Nationalrat behandelt. An dieser Stelle danke ich herzlichst für den Sonderbericht.

Vor einem Jahr waren wir uns alle einig, dass diese Empfehlungen schleunigst umge­setzt werden müssen. Doch dann kam Corona, und die Welt stand still.


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Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Niemand wusste, was kommen wird und was zu tun ist. Manche wissen es auch heute noch nicht.

Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass es eine Zeit lang ruhig um dieses Thema geworden ist, aber nach der ersten Schockstarre wäre es nötig gewesen, etwas zu unternehmen. Passiert ist leider nichts: Menschen mit Behinderung werden noch immer in arbeitsfähig und nicht arbeitsfähig eingeteilt. Das führt dazu, dass sie vom AMS nicht gefördert werden und ihnen keine Arbeitsplätze vermittelt werden. Es existiert immer noch keine sozialversicherungsrechtliche Absicherung für Menschen, die in Beschäfti­gungstherapiewerkstätten arbeiten.

Volksanwalt Bernhard Achitz führt hierzu aus: „Sie sind angewiesen auf die Mitversiche­rung bei den Eltern. Im Alter bleibt ihnen dann nur ein Leben auf dem Existenzminimum – Pension gibt es für sie nicht.“

Für ihre Arbeit in den Werkstätten bekommen sie noch immer Taschengeld und keinen Lohn. Volksanwalt Walter Rosenkranz meinte dazu: „Das ist weder wertschätzend, noch entspricht es der tatsächlichen Abgeltung der dort geleisteten Arbeit und des besonderen Engagements der Menschen mit Behinderung“. 

Fakt ist: Es wird geplant, es wird geredet, geplant, geredet. Was wir aber wirklich brauchen, ist schnelles Handeln, und das besser heute als morgen.

Vor rund zwei Wochen durfte ich, wie auch schon im vergangenen Jahr, an der unglaub­lich inspirierenden Auftaktveranstaltung des Zero Project Arbeit – Inklusion – Informa­tionstechnologie teilnehmen.

Im Mittelpunkt stand heuer die Beschäftigung von Menschen am Ersten Arbeitsmarkt. Diskutiert wurden die großen Herausforderungen für die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die durch die Covid-Krise noch größer wurden, und wie die prekäre Lage mittels Digita­lisierung verbessert werden könnte: von Jobs im IT-Sektor über die Neugestaltung von Arbeitsprozessen bis hin zum verbesserten Zugang zu hochwertigen Bildungswegen.

Ich zitiere: EntscheidungsträgerInnen im öffentlichen Sektor wie in der Privatwirtschaft sind gefordert, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. – Zitatende.

Bei der Vorstellung von drei sensationellen Projekten stand durchwegs folgender Leit­satz im Mittelpunkt: Digitalisierung muss im Interesse aller Menschen gestaltet sein, und im Diskurs darf niemand zurückgelassen werden. Setzen wir auf mehr Chancen­gerech­tigkeit und arbeiten wir alle gemeinsam an einer inklusiven Arbeitswelt!

Diese Projekte sind sensationell, innovativ und zukunftsweisend. Umgesetzt wurden die Projekte vom Vorjahr aber dennoch nicht, und ich habe die leise Befürchtung, dass ich auch im nächsten Jahr wieder hier stehen werde und dasselbe von den Projekten aus diesem Jahr sagen muss.

Ganz besonders möchte ich das Projekt Discovering Hands erwähnen, das nunmehr seit über einem Jahr auf die rechtliche Grundlage wartet, damit medizinisch-taktile Unter­sucherinnen ausgebildet werden können, um bei der Brustkrebsvorsorge mitzuwirken.

Sehr geehrter Herr Sobotka! Liebe ÖVP! Es reicht nicht, diese Veranstaltungen jahrein, jahraus zu hosten. Was es wirklich braucht, ist die Umsetzung dieser Projekte, und ja, dafür muss Geld in die Hand genommen werden. Aber das will die ÖVP nicht, weil es zu viel kostet.

Hubert Hüppe, ehemaliger Beauftragter für die Belange von Menschen mit Behinderung in Deutschland, sagt: „Wer Inklusion will, sucht Wege, wer sie verhindern will, sucht Begründungen.“ – Wir suchen Wege, und daher bitte ich um breite Zustimmung zu unse­rem Entschließungsantrag.


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Ich denke aber mittlerweile, dass Ihnen einfach nicht bewusst ist, dass Diversität auch auf dem Arbeitsmarkt ein ungemein wertvolles Gut ist, denn worum geht es eigentlich? – Arbeitgeber wollen und suchen Talente für ihre Unternehmen. Was spricht dagegen, bei der Talentsuche auf Diversität zu setzen? – Gar nichts! – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

16.30


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Diesner-Wais. – Bitte.


16.30.14

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Volksanwälte! Liebe Damen und Herren hier im Plenarsaal! Liebe Zuseher! Wir diskutieren heute den Sonderbericht der Volksanwaltschaft über die Situation von Men­schen mit Behinderung am Arbeitsplatz, und ich möchte mich bei unseren drei Volks­anwälten besonders dafür bedanken, dass sie dieses Thema für ihren Sonderbericht gewählt haben, denn die Ausführungen der vielen Vorredner zeigen schon, dass da großer Handlungsbedarf besteht. Es freut mich, dass wir die Einigkeit aller Fraktionen gefunden haben und diesen Bericht auf die heutige Tagesordnung gestellt haben.

Die Kommissionen der Volksanwaltschaft haben in den vergangenen Jahren 600 Be­suche in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung gemacht und dort Beschwerden aufgenommen, eben von den Betroffenen, von den Angehörigen, von den Experten und Expertinnen und natürlich auch von Vertretern der Einrichtungen.

Mir ist es wichtig, dass nicht der Eindruck entsteht, dass in diesen Einrichtungen schlecht gearbeitet wird, denn die Menschen dort sind eigentlich sehr zufrieden und haben sich positiv über die Betreuung geäußert.

Das Personal in den Werkstätten begegnet den Menschen mit großer Wertschätzung und die Kommissionen der Volksanwaltschaft haben auch mehrere Einrichtungen als Best-Practice-Beispiele genannt.

Worin liegt nun das Problem? – Wir haben es schon gehört: Österreich hat sich durch die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, Menschen mit Behinderung ein Recht auf Arbeit zu gewähren, solch ein inklusiver Arbeitsmarkt ist derzeit aber nicht ver­wirklicht.

Im Berichtsjahr 2018 lag die Erwerbsquote von Menschen mit Behinderung bei 58,5 Pro­zent, bei jenen ohne Behinderung sind es um 20 Prozent mehr.

Ein Problem ist auch, dass junge Menschen mit Behinderung häufig schnell als nicht arbeitsfähig qualifiziert werden. Es ist daher dann schwierig, auf dem normalen Arbeits­markt einen Platz zu finden, sodass sie dann in Werkstätten tätig sind, wo es, wie schon angeführt worden ist, keine Entlohnung gibt, sondern nur ein Taschengeld. Damit einhergehend haben sie auch keinen Anspruch auf Krankengeld, Sozialversicherung nach dem Arbeitsrecht, Pensionsversicherung oder Maßnahmen des AMS betreffend Berufssuche.

Die Betroffenen sind von den Leistungen der Sozialhilfe beziehungsweise von Waisen­pensionen und den damit verbundenen sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen ab­hängig. Damit haben sie das Gefühl, nicht voll integriert und nicht wertgeschätzt zu sein.

Wir haben uns – das steht im Regierungsprogramm – vorgenommen, das zu ändern. Es handelt sich dabei um eine Querschnittmaterie, die alle Ministerien betrifft, aber auch die Länder und Gemeinden. Daher ist das ein großer Ansatz und nicht so einfach zu erle­digen.

Wir, die Regierungsparteien, haben heute den Selbständigen Entschließungsantrag be­treffend die Neuüberprüfung der Attestierung der Arbeitsfähigkeit eingebracht, der im


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Sozialausschuss behandelt werden wird. Es soll in Zukunft auch eine Durchlässigkeit von den Tagesstätten zum allgemeinen Arbeitsmarkt geben. Dies soll diskutiert werden.

Es ist ein erster Schritt und es ist ein wichtiger Schritt, um einen besseren Arbeits­marktzugang für Menschen mit Behinderung sowie deren gerechte Entlohnung und Ver­sicherung zu schaffen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.34


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.


16.34.18

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Damen und Herren! Die UN-Behindertenrechtskonvention normiert, dass jedem Menschen ein geregeltes Arbeitsverhältnis zusteht, eines, das auch dazu geeig­net sein soll, den Lebensunterhalt des jeweiligen Menschen zu bestreiten.

Nach der Diskussion, nach dem Bericht – ich danke auch dafür – wissen wir, dass wir in Österreich sehr weit davon entfernt sind. Es ist jetzt aber schon eine ganze Menge an guten Argumenten gekommen, warum es notwendig ist, auch Menschen mit Behin­derung die Möglichkeit zu geben, zu arbeiten, und das auch sozial abgesichert und in vollem Ausmaß zu machen.

Ich möchte noch ein Argument dazu anführen: Wenn wir uns das Thema behinderte Frauen genauer anschauen, sehen wir, dass bis zu 90 Prozent als Kinder oder als Jugendliche Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen machten. Auch bei erwachsenen Frauen mit Behinderung ist die Erfahrung mit körperlichen Übergriffen, mit sexuellen Übergriffen doppelt so hoch wie bei nichtbehinderten Frauen. Das ist für Europa genauso gültig, wie das global gültig ist, und das ist ein wirkliches Drama. Ganz besonders gefährdet sind Frauen, die blind sind, die gehörlos sind oder die psychische Krankheiten haben.

Wir können ja aus der Entwicklungszusammenarbeit eine ganze Menge lernen. Unter anderem können wir lernen, dass Frauen, die ein unabhängiges, selbstständiges Einkommen haben, also nicht von jemand anderem in der Familie finanziell abhängig sind – sei es vom Lebenspartner oder von sonst jemandem; auch bei behinderten Frauen kommen die Übergriffe überwiegend im sozialen Nahraum vor, das ist nichts Außergewöhnliches im Vergleich zu sonstigen Übergriffen –, eine stärkere Position haben. Wir sehen, dass ökonomische Eigenständigkeit extrem vor Übergriffen schützt, weil Frauen, die ökonomisch selbstständig sind, einfach eine stärkere soziale Position haben.

Diese Überlegung, diesen Gedankengang sollten wir, glaube ich, auch mitnehmen, wenn wir darüber reden, dass wir gut abgesicherte, sozialrechtlich richtige, ordentliche Arbeitsplätze für Menschen beziehungsweise Frauen mit Behinderung in Österreich brauchen, weil wir sehen, dass Frauen mit eigenständigem Einkommen seltener von sexuellen Übergriffen betroffen sind, dass sie zum Beispiel darauf bestehen können, dass beim Geschlechtsverkehr ein Kondom verwendet wird, was für HIV-Prävention aus­gesprochen wichtig ist. Und wir sehen auch, dass Kinder von Frauen mit ökono­mischer Eigenständigkeit bessere Schulerfolge haben, länger in der Schule sind.

Es ist also ein ganzer positiver Rattenschwanz an Effekten, und wenn uns das hilft oder helfen kann, Frauen aus Gewaltbeziehungen zu befreien, dann sollten wir gerade auch bei behinderten Frauen besonders hinschauen, da ansetzen und aktiv sehr schnell Ordentliches tun. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

16.37



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 171

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Mühlberghuber. – Bitte.


16.37.21

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwälte auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen! Ja, etwa 23 000 Menschen mit Behinderung sind in Tages- und Be­schäftigungsstrukturen oder in den sogenannten geschützten Werkstätten tätig.

Diese Tätigkeiten werden nicht als Erwerbsarbeit gewertet, obwohl dort Beschäftigte regelmäßig zur Arbeit gehen, an Geräten arbeiten, Produkte herstellen und Dienst­leistungen erbringen und zum Teil auch in ausgelagerten Gruppen bei Firmen arbeiten. Diese Personen erhalten kein Entgelt, sondern nur ein geringes Taschengeld von durch­schnittlich weniger als 100 Euro monatlich. Das Taschengeld ist nach Bundesland unter­schiedlich geregelt, so erhalten zum Beispiel in Niederösterreich Menschen, die in Werk­stätten arbeiten, ungefähr 900 Euro im Jahr. Ja, Sie haben richtig gehört: 900 Euro im Jahr! Die Lebenshilfe zahlt diesen Betrag in Raten aus, etwa 75 Euro im Monat. In Tirol ist dieses Entgelt noch geringer, dort sind es 50 Euro im Monat.

Urlaub und Urlaubsgeld – gibt es nicht für diese Menschen. Eigenständige Sozialver­sicherung – gibt es nicht für diese Menschen. Pensionsversicherung – gilt für diese Personen nicht. Sie sind auf die Mitversicherung bei ihren Eltern angewiesen und im Alter bleibt dann nur ein Leben am Existenzminimum.

Insbesondere für junge Menschen ist die Situation ganz schwierig. Sie haben kaum eine Chance, sich ein selbstständiges Leben aufzubauen. Ich kenne einige Familien in meiner Umgebung, die betroffen sind, und ich weiß auch, wie belastend die Situation für die Eltern ist. Sie machen sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befinden uns im Jahr 2021, und es ist traurig, dass Menschen mit Behinderung im Sozialstaat Österreich nicht sozial abge­sichert sind. Noch trauriger aber ist, dass wir dieses Thema hier nicht das erste Mal diskutieren, sondern wir diskutieren schon seit Jahren darüber und verweisen immer wieder auf die Probleme, die beim Thema Arbeit und Behinderung bestehen. Daher muss dieser Bericht ein Weckruf für die Politik und ein Weckruf natürlich ganz besonders für die derzeitige Regierung sein.

Genauso soll auch der Antrag betreffend eine Bundesgenossenschaft für Pflege und Betreuung ein Weckruf sein. Es gelingt seit vielen Jahren nicht, für leistbare Pflege und Betreuung eine rechtlich einwandfreie und für die Betroffenen praxistaugliche Lösung zu erzielen. Darüber hinaus sehen sich pflegebedürftige Menschen und ihre Familien­ange­hörigen durch bürokratische Verpflichtungen im Rahmen der Anmeldung des Personals überfordert.

Dazu bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Bundes­genossenschaft für Pflege und Betreuung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die rechtlichen, administrativen und finanzi­ellen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Bundesgenossenschaft für Pflege und


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Betreuung zu schaffen, um unselbständige Pflege und Betreuung für die Betroffenen zu erleichtern.“

*****

Ich bitte um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mühlberghuber

und weiterer Abgeordneter

eingebracht in der 85. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 24. Februar 2021 im Zuge der Debatte zu TOP 9, Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den Son­derbericht der Volksanwaltschaft betreffend "Keine Chance auf Arbeit –Die Realität von Menschen mit Behinderung" (III-66/614d.B.)

betreffend Bundesgenossenschaft für Pflege und Betreuung

Es gelingt seit vielen Jahren nicht, für leistbare Pflege und Betreuung eine rechtlich einwandfreie und für die Betroffenen praxistaugliche Lösung zu erzielen. Darüber hinaus sehen sich pflegebedürftige Menschen und ihre Familienangehörigen durch büro­kra­tische Verpflichtungen im Rahmen der Anmeldung des Personals überfordert. Die arbeitsrechtliche Komponente der Pflege- und Betreuungsproblematik ist außerdem in vielfältiger Art umstritten.

Ein Dauerproblem bei der unselbständigen Pflege ist, dass nach geltender Rechtslage der Pflegebedürftige zum Arbeitgeber mit allen dazugehörigen Pflichten gegenüber sämtlichen Behörden wird. Das beginnt mit den Meldepflichten bei der Österreichischen Gesundheitskasse, geht über die Lohn- und Gehaltsabrechnung, der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen und der Mitarbeitervorsorge bis zu den abgaben­recht­lichen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt. Auch die Organisation von Urlaubs­vertretungen ist ein Dauerbrenner in diesem Zusammenhang.

Zahlreiche Pflege- und Betreuungsbedürftige, die unselbständig beschäftigten Pflege­rinnen und Pfleger, sehen sich nicht in der Lage, all diese Verpflichtungen entsprechend organisatorisch umzusetzen. Dies führt deshalb immer wieder zur Situation, dass es zu nicht adäquaten Arbeitsverhältnissen mit allen Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer führt.

Die von ÖVP-EU-Ministerin Karoline Edtstadler in Gang gesetzte Aktion, einen Korridor­zug aus Rumänien für ausländische Pflegerinnen zu organisieren, samt undurchsichtiger Vermittlung dieser Pflegekräfte über Pflegeagenturen mit nicht nachvollziehbaren Haf­tungssituationen in COVID-19-Fällen, haben einmal mehr aufgezeigt, wie wichtig es ist, dass es hier zu klaren organisatorischen Strukturen kommen muss.

Eine arbeits- und sozialpolitisch praxistaugliche Lösung wäre die Schaffung einer bun­desweit aktiven Trägerorganisation in Form einer Genossenschaft, die für die Pflege- und Betreuungsbedürftigen unselbständige Pfleger und Betreuer beschäftigt und den Betroffenen auf diesem Weg alle administrativen Leistungen abnimmt.

Die Pflegebedürftigen als Nutzungsberechtigte der Leistungen dieser Genossenschaft können - wenn die entsprechende Qualifikation vorhanden ist – die Pflege- und Betreu­ungskräfte ihrer Wahl bei der Genossenschaft beschäftigen lassen und brauchen sich


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auch keine Sorgen wegen einer Urlaubsvertretung machen. Sie können versichert sein, dass alle administrativen Schritte im arbeits-, sozial- und abgabenrechtlich pünktlich und richtig gesetzt und von der Genossenschaft auch die Qualität der Pflege- und Betreu­ungsleistungen sichergestellt werden.

Diese Bundespflegegenossenschaft für Pflege und Betreuung stellt ihre Leistungen pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen als Genossenschafter ohne Gewinn­absicht zur Verfügung. Die Bundespflegegenossenschaft für Pflege und Betreuung könnte auch im Rahmen der Ausbildung und der Weiterbildung von Pflege- und Betreu­ungspersonal aktiv werden und eng mit dem Arbeitsmarktservice zusammenarbeiten. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, die unselbständige Pflege auf ein festes, soziales und rechtliches Fundament zu stellen, um auch für die Anforderung der Zukunft gerüstet zu sein. Die rechtlichen, administrativen und finanziellen Voraussetzungen für diese Bun­despflegegenossenschaft sollen durch das Bundesministerium für Soziales, Ge­sundheit, Pflege und Konsumentenschutz gestellt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die rechtlichen, administrativen und finanziellen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Bundesgenossenschaft für Pflege und Be­treuung zu schaffen, um unselbständige Pflege und Betreuung für die Betroffenen zu erleichtern."

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hechenberger. – Bitte.


16.41.38

Abgeordneter Ing. Josef Hechenberger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzte Volksanwälte! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Eingangs einmal ein herzliches Danke an die Volksanwälte für ihre Arbeit – nicht nur für diesen Bericht, sondern für die gesamte Arbeit, die sie leisten!

Ich habe letztes Jahr die Gelegenheit gehabt, in meinem Wahlkreis mit Werner Amon Sprechtage anzubieten, und habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, dass es möglich war, dem Volksanwalt auf eine niederschwellige Art und Weise die Probleme und Herausforderungen näherzubringen. Dafür mein herzliches Danke! (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Volksanwälte! In diesem Sonderbericht weisen Sie auf die bestehenden Probleme bei Arbeit und Behinderung hin, und ich denke, es ist so, dass das Grund­problem oft darin liegt, dass sehr leicht Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird und auf diese Weise Menschen dann mehr oder weniger in die Situation der Arbeitsunfähigkeit ge­drängt werden. Ich glaube, dass es entscheidend ist, dass man sich mit diesem Thema sehr eingehend auseinandersetzt, und ich habe mir die Mühe gemacht, mich nicht nur einzulesen, sondern mir auch Beispiele anzusehen.

Ich war unlängst in Schwaz in der geschützten Werkstätte und konnte mir mit dem Geschäftsführer Klaus Mair nicht nur den Betrieb ansehen, sondern auch das, was in


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diesem Unternehmen entwickelt und produziert wird. Ich muss sagen, ich verneige mich tief vor der Leistung dieser Menschen, die mit Perfektion, Fleiß und großem Einsatz wirklich versuchen, in verschiedenster Art und Weise tolle Produkte zu erzeugen. Ich denke, das ist ein gutes Beispiel dafür, um Menschen mit Behinderung positiv in den Arbeitsprozess einzubinden beziehungsweise in den Arbeitsprozess zu bringen.

Zum anderen habe ich kürzlich zum Beispiel Folgendes erlebt: Bei einem meiner Sprech­tage ist eine Mutter gekommen, die mir verschiedene Herausforderungen mitgegeben hat. Unter anderem hat sie zu mir gesagt, sie macht sich berechtigte Sorgen und hat Ängste, was die Zukunft ihres Kindes betrifft, weil sie nicht weiß, wie es mit ihrem Sohn weitergeht, wenn sie einmal nicht mehr auf ihn schauen kann beziehungsweise nicht mehr ausreichend die Möglichkeit hat, ihn zu unterstützen.

Summa summarum, denke ich, ist es sehr wichtig, dass wir uns mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen und die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass nicht Taschengelder von 5 bis maximal 200 Euro gewährt werden, sondern auch eine ent­sprechende rechtliche Absicherung im Bereich der Sozialversicherung besteht. Ich denke, der vorliegende Bericht ist die Grundlage dafür. Nehmen wir die Sorgen und Ängste der Menschen, der Eltern ernst und versuchen wir, die Situation so gemeinsam im Sinne aller zu verbessern! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.44


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Volksanwalt Mag. Achitz. – Bitte sehr.


16.44.33

Volksanwalt Mag. Bernhard Achitz: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herzlichen Dank dafür, dass Sie diesen Sonderbericht hier behandeln und dieses wichtige Thema aufgreifen. Wir haben auch den Eindruck und es freut uns sehr, dass alle Rednerinnen und Redner Bereitschaft signalisiert haben, an der Situation etwas zu ändern. Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen, worum es uns geht!

Menschen mit Behinderung in Österreich sind nicht ausreichend in den Arbeitsmarkt integriert, es gibt keinen inklusiven Arbeitsmarkt, sie sind deswegen auf Beschäftigung in Behindertenwerkstätten angewiesen. Gleichzeitig haben sie oft keine Wahl zwischen einzelnen Einrichtungen, sondern müssen ein bestimmtes Angebot annehmen. In diesen Werkstätten sind sie nicht sozialversichert, sie bekommen keinen Lohn, sondern nur ein Taschengeld, sie sind deshalb in einer Zwangssituation.

Die Betroffenen können keine Maßnahmen des AMS in Anspruch nehmen, um am Ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, es gibt keine Möglichkeit, in Krankenstand zu gehen oder andere ArbeitnehmerInnenrechte in Anspruch zu nehmen, die Betroffenen sind auf Waisenrente oder Sozialhilfe angewiesen. Der Bezug von Sozialhilfe verunmöglicht auch Vermögensaufbau. Es gibt keinen Pensionsanspruch und daher keine Absicherung im Alter. Das hat zur Folge, dass in vielen Wohneinrichtungen und Werkstätten für Men­schen mit Behinderung auch Menschen im Pensionsalter leben und tätig sind. All das widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention und ist Österreichs unwürdig.

Wir empfehlen daher, die Einteilung von Menschen mit Behinderung in arbeitsfähig und nicht arbeitsfähig möglichst abzuschaffen, eine eigene, auf die Tätigkeit bezogene so­zial­rechtliche Absicherung zu schaffen und Modelle einer Entlohnung statt der bis­herigen Taschengeldmodelle zu prüfen. Die Entschließungsanträge, die heute vorliegen, sind ein Schritt in die richtige Richtung; was es aber letztendlich braucht und aus unserer


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Sicht rasch braucht, sind gesetzliche Änderungen sowohl im Nationalrat als auch in den Landtagen. Ich hoffe und appelliere an Sie, diese Initiativen bald zu ergreifen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP, bei der SPÖ sowie der Abg. Fiedler.)

16.47


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Einwallner. – Bitte.


16.47.22

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Ich darf im Anschluss an die Ausführungen des Herrn Volksanwalts noch ganz kurz ein paar Worte zu diesem Thema sagen. Leider ist es ja ein Thema, das uns schon seit vielen Jahren immer wieder begleitet. Wir sind sonst immer mit einem Ausschnitt davon befasst, wenn wir die Jahresberichte der Volksanwaltschaft debat­tieren, darum bin ich sehr dankbar und froh, dass Sie jetzt die Möglichkeit genutzt haben, einen Sonderbericht zu diesem Thema zu verfassen, weil dadurch dieses aus meiner Sicht sehr wichtige Thema in einen anderen Fokus gestellt wird und ich auch die Hoff­nung habe, dass durch eine Debatte, die sich ausschließlich mit der derzeitigen Situation befasst, die Chance besteht, dass sich auch gesetzlich wirklich etwas ändert.

Ich glaube, die Kurzzusammenfassung, die es im Bericht gibt, in der die Volksan­walt­schaft den Bericht im Prinzip in zwei Worten zusammenfasst, indem sie sagt, die Situ­ation der behinderten Menschen ist „unbefriedigend und unzulässig“, sagt uns eigentlich schon alles und sagt auch ganz klar, dass wir einen starken und dringenden Hand­lungs­bedarf haben. Es ist ein klarer Handlungsauftrag für uns hier im Nationalrat, aber auch für die Regierung, und zwar nicht nur im Bund, sondern auch auf Landesebene.

Ich habe es im Ausschuss schon gesagt: Ich glaube, wir müssen natürlich jetzt auch den Ball in Richtung Länder spielen, damit dort die Behindertengesetze entsprechend geän­dert werden. Wir müssen das Behindertengleichstellungsgesetz so rasch wie möglich ändern, wir müssen das Behindertengesetz so rasch wie möglich ändern, damit wir diese Zustände, wie sie jetzt vorhanden sind – dass es wirklich nur ein Taschengeld gibt, dass es keine sozialversicherungsrechtliche Absicherung gibt –, so rasch wie möglich abstel­len. Und wenn die Länder dazu nicht bereit sind, muss der Bund entsprechende Hand­lungen setzen und auch entsprechende Vorgänge sicherstellen.

Meine Damen und Herren, ich möchte nicht in einem Jahr oder in zwei Jahren wieder hier stehen und ein Urteil der Volksanwaltschaft zu diesem Thema bekommen, das wieder lautet: Es ist unzulässig und ungerecht und eigentlich ein Zustand, den wir in dieser Form nicht haben wollen. – Ich glaube, wir sind alle gemeinsam aufgerufen, da etwas zu tun, und es gibt eine gute Gelegenheit: Unterstützen Sie bitte unseren Ent­schließungsantrag, der von drei Parteien gemeinsam eingebracht wurde! Ich glaube, es wäre ein gutes Zeichen, wenn es dazu heute eine einhellige Meinung und eine klare Ent­schließung des Nationalrates gäbe. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart darf ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Volksanwaltschaftsausschusses legen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 176

16.50.1610. Punkt

Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den Antrag 1108/A der Abge­ordneten Martina Diesner-Wais, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geän­dert wird (615 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 10. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.


16.50.39

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Volks­anwälte! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Rede heute steht unter dem Titel: Denn sie wissen langsam doch, was sie tun, und ziehen es trotz­dem durch. – Da rede ich jetzt nicht von der ÖVP, die meistens am Anfang gleich weiß, was sie tut, sondern von der SPÖ, der FPÖ und insbesondere von den Grünen. (Zwi­schenruf des Abg. Hörl.)

Worum geht es? – Die Volksanwaltschaft hat eine ganz wichtige Aufgabe übernommen, nämlich als nationaler Präventionsmechanismus. Das heißt, dass sie Kommissionen hat, mit denen sie Orte von Freiheitsentziehung kontrolliert: Pflegeheime, Altersheime, Kin­derheime, Einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Gefängnisse, Polizeianhaltezentren.

Bei dem Mandat ist natürlich was sehr wichtig und eine Voraussetzung laut den UNO-Vorgaben? – Unabhängigkeit. Wie steht es mit der Unabhängigkeit in Österreich? Wer sitzt hier heute vor uns? – Vertreter der drei größten Parteien, weil das Gesetz vorsieht, dass die drei mandatsstärksten Parteien das Vorschlagsrecht haben. Das wird irgendwie österreichisch missverstanden, und deswegen überlegen die drei Parteien nicht, von allen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern die Besten, die Experten und die unabhän­gigsten Charaktere zu nominieren, sondern Personen, die bisher in ihrer beruflichen Laufbahn gezeigt haben, dass sie primär einer Partei gegenüber loyal sind.

Aufgrund des parteipolitischen Bestellmodus wurde der Volksanwaltschaft mangelnde Unabhängigkeit attestiert und sie erlangte im Rahmen einer Attestierung nicht den A-Status, sondern den B-Status. Sie ist deswegen auch kein Menschenrechtsinstitut in vollwertiger Manier. Das ist selbstverständlich, insbesondere ab heute.

Warum? Was passiert heute? – Es wird der Volksanwaltschaft die Möglichkeit gegeben, politischen Einfluss auch in den Kommissionen auszuleben; denn unabhängig können Kommissionen nur dann sein, wenn es bei der Abberufung von Kommissionsmitgliedern einen wirksamen Rechtsschutz gibt. Das ist logisch. Das stellte auch der Verwaltungs­gerichtshof in zwei Entscheidungen klar fest. Im Fall einer Abberufung müssen die Mitglieder Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren haben, insbesondere rechtliches Gehör und Rechtsschutz. Und diesen Rechtsschutz gibt es nur, wenn die Volksanwalt­schaft einen Bescheid über die Abberufung erlässt.

Dass das Gericht das so sieht und dass sich geschasste Kommissionsmitglieder dem­nach auch in Zukunft gegen einen sie abberufenden Bescheid wehren können, gefällt anscheinend nicht. Deswegen beantragt heute die ÖVP mit den Grünen – unfassbarer­weise! – etwas, was unschuldig klingt, nämlich dass das Gesetz geändert wird und dann in Zukunft drinnen steht: alle „Akte der Volksanwaltschaft, insbesondere die Bestellung und die Abberufung der Mitglieder der Kommissionen, sind der Gesetzgebung zuzu­rechnen“.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 177

Wenn nun die Volksanwaltschaft zur Gesetzgebung mutiert und sie nicht mehr Ver­wal­tungsorgan ist und nicht mehr Bescheide erlassen muss, wenn sie entscheidet, wie will man sich dann beschweren? Das ist mir und allen Experten und Professoren für öffent­liches Recht und Zivilrecht, die ich gefragt habe, völlig unklar. (Beifall bei den NEOS.)

Weil die Volksanwaltschaft schon an sich nicht die geforderte Unabhängigkeit hat, kommt jetzt zu diesem Übel noch dieses Übel dazu. Genau dieser Konnex hat dazu geführt, wie ich höre, dass die österreichische Vertretung in Genf einen Brief vom SPT, dem UNO-Gremium, bekam, das sehr besorgt ist, dass sich alle NGOs in Österreich, denen dies ein Herzensanliegen ist – Amnesty, Zara, Österreichische Liga der Menschenrechte –, besorgt an alle Abgeordneten gewandt und gemeint haben, diesem Antrag sei bitte nicht zuzustimmen. Der Konnex ist heute auch bewiesen, weil SPÖ und FPÖ mitstimmen – weil sie Volksanwälte stellen.

Damit nimmt die Politisierung der Volksanwaltschaft ihren Lauf und daher mein sehr optimistischer Abänderungsantrag zu Antrag 1108/A:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. Die Z 1 lautet:

„1. § 12 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

,Die Bestellung und die Abberufung der Mitglieder der Kommissionen sind als Bescheid zu erlassen.‘“

2. Die Z 2 wird zu Z 4. Als neue Z 2 und Z 3 werden eingefügt:

„2. Der erste Satz des § 12 Abs. 2 lautet:

,Die Mitglieder werden mit ihrer Zustimmung nach Anhörung des Menschenrechtsbeirats von der Volksanwaltschaft mit Bescheid bestellt.‘“

„3. Der erste Halbsatz des § 12 Abs. 4 vor der Aufzählung lautet:

,Die Volksanwaltschaft kann ein Mitglied mit Bescheid schriftlich und begründet vorzeitig abberufen,‘“

*****

Der Antrag ist wohl chancenlos, das ist mir klar. Umso mehr werden wir NEOS uns weiterhin mit demselben Antrag, wie schon einmal, dafür einsetzen, dass der Bestell­modus der Volksanwaltschaft in Zukunft anders aussieht, denn wir brauchen in Öster­reich eine unabhängige Folterpräventionskontrollstelle. (Beifall bei den NEOS.)

16.55

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 178

zum Bericht des Volksanwaltschaftsausschusses über den Antrag 1108/A der Abge­ord­neten Martina Diesner-Wais, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksanwaltschaftsgesetz 1982 geändert wird (615 d.B.) - TOP 10

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. Die Z 1 lautet:

"1. § 12 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

’Die Bestellung und die Abberufung der Mitglieder der Kommissionen sind als Bescheid zu erlassen.’"

2. Die Z 2 wird zu Z 4. Als neue Z 2 und Z 3 werden eingefügt:

"2. Der erste Satz des § 12 Abs. 2 lautet:

’Die Mitglieder werden mit ihrer Zustimmung nach Anhörung des Menschenrechtsbeirats von der Volksanwaltschaft mit Bescheid bestellt.’"

"3. Der erste Halbsatz des § 12 Abs. 4 vor der Aufzählung lautet:

’Die Volksanwaltschaft kann ein Mitglied mit Bescheid schriftlich und begründet vorzeitig abberufen,’"

Begründung

Sicherung des Rechtsschutzes gegen Abberufung als Kommissionsmitglied durch die Volksanwaltschaft

Der vorliegende Gesetzesentwurf der Regierungsfraktionen wird damit begründet, dass man angesichts einer Judikaturdivergenz zwischen dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) und dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) mit der vorgeschlagenen Änderung Klarheit schaffen möchte. Es soll "gesetzlich ausdrücklich klargestellt werden, dass die Einset­zung der Kommissionen sowie alle damit zusammenhängenden Akte der Volksanwalt­schaft, insbesondere die Bestellung und die Abberufung der Mitglieder der Kommis­sio­nen, der Gesetzgebung zuzurechnen sind". Durch diese Regelung wäre jedoch fraglich, ob etwa gegen Beschlüsse der Volksanwaltschaft (VA) Kommissionsmitglieder abzu­berufen effektiver Rechtsschutz gewährleistet ist. Durch eine explizite Zuordnung zur Staatsfunktion Gesetzgebung bestünde jedenfalls gegen die entsprechenden Akte der Volksanwaltschaft kein öffentlich-rechtlicher Rechtsschutz. Inwiefern ein zivilrechtlicher Rechtsschutz gegen solche Akte der Gesetzgebung in Frage kommt, ist auch nicht ersichtlich.

Die Antragsteller_innen schlagen daher vor, die Bestellung und die Abberufung der Mit­glieder der Kommissionen durch die Volksanwaltschaft aus Rechtsschutzgründen ge­setz­lich explizit an die Bescheidform zu knüpfen. Damit wäre klargestellt, dass diese Entscheidungen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegen. Dass der Volks­an­waltschaft in diesem Bereich die Stellung einer Verwaltungsbehörde zukommen soll, ist im Hinblick auf die Eingriffsqualität derartiger Akte gerechtfertigt. So ist die Abberufung von Kommissionsmitgliedern gemäß § 12 Abs 4 VolksanwG nur aus folgenden Gründen zulässig: 1. auf dessen Wunsch, 2. wenn es auf Grund seiner gesundheitlichen Verfas­sung die mit seiner Funktion verbundenen Aufgaben nicht mehr erfüllen kann oder 3. wenn es die mit seiner Funktion verbundenen Pflichten grob verletzt hat oder dauernd vernachlässigt oder eine Tätigkeit ausübt, die Zweifel an der unabhängigen Ausübung


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 179

seiner Funktion hervorrufen könnte. Auch in Bezug auf die Ausübung der Diensthoheit gegenüber den Bediensteten der VA kommen dem Vorsitzenden der Volksanwaltschaft behördliche Befugnisse zu (Art 148h Abs 1 und Abs 2 B-VG).

In Bezug auf die schon aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit sowie geltenden, internationalen Verpflichtungen erfließende Notwendigkeit der Überprüfbarkeit der Ab­berufung von Kommissionsmitgliedern durch die VA wird auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, insbesondere VwGH Ro 2018/03/0009, 26.06.2019, ver­wiesen:

"42 [...] Dieser funktionalen Unabhängigkeit iSd Art. 18 OPCAT dient auch die Beachtung der Abberufungsgründe nach § 12 Abs. 3 VolksanwG durch die Volksanwaltschaft selbst, ohne die ein stabiles Mandat der Kommissionsmitglieder während ihrer Funk­tions­periode sowie deren "echte Unabhängigkeit" nicht garantiert werden kann (vgl. Art. 18 OPCAT sowie die Pariser Regeln in der genannten Resolution der Generalver­sammlung der Vereinten Nationen). Sicherzustellen ist, dass die Mandatsdauer durch eine unzutreffende Handhabung der vorzeitigen Abberufung nicht unterlaufen werden kann. Werden die auf Basis des OPCAT gesetzlich normierten Abberufungsgründe nicht beachtet, wäre nämlich trotz gesetzlicher Festlegung der Amtsperiode kein stabiles Mandat gewährleistet. Den Mitgliedern der Kommissionen werden durch § 12 Abs. 4 VolksanwG subjektiv-öffentliche Rechte eingeräumt, nur unter den in den Z 1 bis Z 3 näher normierten Voraussetzungen vorzeitig abberufen zu werden.

43 Gemessen an den mit dem OPCAT-Durchführungsgesetz verfolgten Absichten des Gesetzgebers treffen für die Abberufungsregelung daher dieselben Wertungen und Gesichtspunkte zu wie für den in Art. 148h Abs. 1 und 2 B-VG geregelten Fall der ande­ren Hilfskräfte der Volksanwaltschaft, nämlich die bei ihr tätigen Beamten. Dies insofern, als den für diese Beamten der Volksanwaltschaft - für diese im Wege der Diensthoheit - eröffnete gerichtliche Rechtsschutz betreffend ihr Arbeitsverhältnis bei der Volksanwalt­schaft auch bezüglich der Kommissionen (samt ihrer Mitglieder) als der zweiten (beson­deren) Art der Hilfskräfte der Volksanwaltschaft zum Tragen kommen muss.

44 Angesichts der Absicht, das OPCAT (wie erwähnt) mit dem genannten Durchfüh­rungsgesetz vollinhaltlich umzusetzen, kann dem Gesetzgeber nämlich nicht unterstellt werden, dass er für einen Fall wie den vorliegenden - nämlich die Handhabung der Abbe­rufungsgründe des § 12 Abs. 3 VolksanwG - keinen der Garantieverpflichtung des Art. 18 OPCAT adäquaten und dem Rechtswegniveau, wie er für die "Beamten der Volks­anwaltschaft" als der anderen Kategorie der Hilfsorgane der Volksanwaltschaft einschlä­gig ist, vergleichbaren Rechtsschutz vorsehen wollte. Angesichts der gesetz­gebe­rischen Absicht und der immanenten Teleologie des genannten Durchführungs­gesetzes würde eine andere Sichtweise das OPCAT als unvollständig umgesetzt erscheinen lassen. Ein solches Verständnis widerspricht auch nicht einer in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich dargestellten Beschränkung. Damit kann aber eine solche Beschränkung im vorliegenden Fall auch nicht als beabsichtigt angesehen werden [...].

45 [...] Der Aspekt eines Rechtsschutzes gegenüber der Volksanwaltschaft wird noch dadurch unterstrichen, dass den Kommissionen bezüglich der Berichte der Volksanwalt­schaft eine gewisse Eigenständigkeit gegenüber der Volksanwaltschaft zukommt, die in ihrer schon angesprochenen Möglichkeit zum Ausdruck kommt, in den Berichten der Volksanwaltschaft gegenüber dem Nationalrat (unter bestimmten Voraussetzungen) eigene "Bemerkungen" vorzunehmen. [...]

58 Wenn auch die Volksanwaltschaft in ihrem Verfahren zur Abberufung der revisions­werbenden Partei von ihrer Funktion als Kommissionsmitglied nicht die §§ 56 ff AVG betreffend Bescheide und deren Gestaltung anzuwenden hatte (vgl. § 5 VolksanwG), so bedeutet es aber nicht, dass von der Volksanwaltschaft etwa auch jene allgemeinen


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Grundsätze, die sich schon aus dem Wesen des Rechtsstaates ergeben, nicht zu beach­ten gewesen wären. Zu den allgemeinen, für jedes rechtsstaatliche Verfahren wichtigen Rechtsgrundsätzen zählt insbesondere die Pflicht zur Feststellung des entscheidungs­wesentlichen Sachverhalts in einem Ermittlungsverfahren, die Pflicht zur Entschei­dungs­begründung (vgl. hier § 12 Abs. 4 VolksanwG) sowie die Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs [...].

59 [...] Wie ausgeführt kommen der Volksanwaltschaft als Kollegialorgan im Rahmen der Bestellungs- und Abberufungsbefugnis hinsichtlich der Kommissionsmitglieder gemäß Art. 148h Abs. 3 B-VG iVm § 1 Abs. 2 VolksanwG iVm § 9 Abs. 1 Z 7 der GeO der VA 2012 "angelagerte Verwaltungsfunktionen" zu. Das Kollegium der Volksanwaltschaft wird diesbezüglich als (oberstes) Verwaltungsorgan tätig und hat in Ausübung der Befug­nisse nach Art. 148h Abs. 3 B-VG einen Bescheid über die Abberufung der Revisions­werberin als Kommissionsmitglied zu erlassen. Die Zuständigkeit des Verwaltungs­ge­richtes des Bundes gemäß Art. 131 Abs. 2 erster Satz B-VG knüpft daran an, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung (im Sinne des Art. 102 B-VG) besorgt wird; dies unabhängig davon, ob die betreffende Angelegenheit in Art. 102 Abs. 2 B-VG genannt ist oder sich ihre Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung aus anderen Bestimmungen ergibt (vgl. EBRV 1618 BlgNR XXIV. GP, Seite 15). Da die Volks­anwalt­schaft organisatorisch ein Bundesorgan ist und damit im Rahmen ihrer angelagerten Verwaltungstätigkeit gemäß Art. 148h Abs. 3 B-VG in unmittelbarer Bundesverwaltung tätig wird, fällt die Beschwerde der Revisionswerberin in den Zuständigkeitsbereich des BVwG. [...]"

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Weidinger. – Bitte.


16.55.28

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP): Geschätzte Damen und Herren! Liebe Öster­reicherinnen, liebe Österreicher und alle Menschen, die in diesem Land leben! Vor allem aber: hochverehrte Volksanwälte! Die Volksanwaltschaft ist eine zentrale Einrichtung bei uns in Österreich, und ich werde in den nächsten Minuten auch klar den Beweis antreten, warum es argumentativ richtig ist, dass die Volksanwaltschaft zur Staatsfunktion der Gesetzgebung zählt, und dass der Antrag, wie er von Frau Kollegin Krisper eingebracht wurde, unserer Meinung nach sachlich nicht gerechtfertigt ist.

Was macht die Volksanwaltschaft? – Ich habe mir dazu intensiv die Stenographischen Protokolle aus den Siebzigerjahren, aus den Achtzigerjahren angesehen, als in diesem Haus von unseren Vorgängerinnen und Vorgängern intensiv diskutiert wurde, wie man eine Ombudsmannschaft in Österreich einführt. Ich denke da auch an den Klubobmann außer Dienst der ÖVP, Stephan Koren, der es damals, 1977, fast prophetisch auf den Punkt gebracht hat: Die Volksanwaltschaft wird die Aufgabe haben, als Klagemauer zu dienen, um Härtefälle genau anzuschauen und Vorschläge zu machen, wie man diese Härtefälle auch verhindern kann. – Zitatende.

Ich bin auch auf den Ausspruch des ehemaligen Wiener Bürgermeisters Helmut Zilk gekommen. Ihm wird ja zugeschrieben, dass er gesagt hat, die Volksanwaltschaft sei so genial, daraus müsste man eine TV-Sendung machen! – Meine Damen und Herren, man sieht heute an den Einschaltziffern von „Bürgeranwalt“, wie groß das Interesse und wie hoch das Vertrauen der Bevölkerung in die Institution der Volksanwaltschaft sind –


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deswegen ein Danke den Volksanwälten für diese wertvolle Arbeit, die sie leisten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Die Kernaufgabe der Volksanwaltschaft ist es, Menschen zu unterstützen, die nicht mehr weiterkönnen. Gestatten Sie mir zu sagen: Wir haben ein ausgezeichnetes Rechts­sys­tem, einen Rechtsstaat in Österreich, der funktioniert. Wir haben Instanzenzüge. Die Verfassung, die Gesetze geben jeder Österreicherin/jedem Österreicher die Möglichkeit, dass ihren Rechten und ihren Pflichten auch zur Durchsetzung verholfen wird.

Meine Damen und Herren! Es gibt aber immer wieder auch Fälle, in denen das geschrie­bene Papier an seine Grenzen stößt, in denen man zuhören muss, in denen man die Ohren weit aufmachen muss. Dieses Sinnesorgan ist die Volksanwaltschaft. Diese wurde nach langen Verhandlungen ganz bewusst dort eingesetzt, wo sie hingehört, nämlich zur Gesetzgebung. Was macht sie dort, meine Damen und Herren? – Sie hebt Themen, wie jetzt zum Beispiel beim Sonderbericht zu Behinderung und Arbeit, auf die Ebene des Hohen Hauses, damit Männer und Frauen Abgeordnete, wir alle hier, mit­einander diskutieren können, um Verbesserungen zu erzielen und bessere Rahmen­bedingungen für die Österreicherinnen und Österreicher zu schaffen. Und das ist auch gut so, meine Damen und Herren.

Wir wollen, dass diese Institution eine Zukunft hat, und eine Zukunft hat sie, wenn sie so bleibt, wie sie ist, nämlich schlank und effizient. Wenn Sie nun, meine Damen und Herren, der Meinung sind, dass wir hier in diesem Haus, in unseren Reihen einen Kon­sens darüber haben, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Die NEOS haben sich noch nicht entschieden, wo sie hinwollen. Die Partei weiß momentan nicht, wo sie steht. – Stehen Sie auf der Seite eines schlanken, effizienten Staates, so wie die Volks­anwaltschaft ausgeführt ist, oder stehen Sie auf der Seite eines aufgeblähten büro­kra­tischen Apparates? Man merkt, wie nach kurzer Zeit auch die Einflüsse der SPÖ durch die Koalition in Wien auf Sie übergeschlagen haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Erstens gibt es jederzeit die Möglichkeit, über den ordentlichen Zivilrechtsweg Entschä­di­gungsansprüche zu stellen oder sich auch gegen Abberufungen rechtlich zur Wehr zu setzen.

Meine Damen und Herren! Was von ganz besonderer Bedeutung ist, ist, dass die Volksanwaltschaft als Einrichtung, als Apparat zum Parlament gehört, denn es muss auch in Zukunft für uns gelten, dass die Gesetzgebung die Verwaltung kontrolliert und nicht umgekehrt. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

16.59


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Silvan. – Bitte. 


17.00.01

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Die Diskussion wurde auch schon im Ausschuss geführt. Es gibt zwei juristische Meinungen dazu, ob die Volksanwaltschaft der Verwal­tungsebene oder der Gesetzgebung zuzuordnen ist. Der Verfassungsgerichtshof ist der Meinung, dass die Volksanwaltschaft der Gesetzgebungsebene zuzuordnen ist, der Ver­wal­tungsgerichtshof ist der Meinung, dass die Volksanwaltschaft mit Bescheiden arbeiten muss, weil sie Teil der Verwaltung ist.

Wir haben das auch in unserer Fraktion sehr lange diskutiert. Wir sind aus Sicht der Sozial­demokratie der Meinung, wie mein Vorredner schon gesagt hat, dass die Volks­anwalt­schaft der Gesetzgebung zuzuordnen ist und deswegen nicht mit Bescheiden arbeiten muss. Wie mein Vorredner auch schon gesagt hat, gibt es auch den zivilrechtlichen Weg,


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um Abberufungen zu beeinspruchen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Krisper: Nein!)

17.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Volksanwalt Amon. – Bitte.


17.01.06

Volksanwalt Werner Amon, MBA: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kollegen Volksanwälte! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal dem Hohen Haus dafür danken, dass es heute Klarheit schafft. Frau Abgeordnete Dr. Krisper hat ja schon darauf verwiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof in zwei Ent­scheidungen von der Volksanwaltschaft verlangt hat, dass im Hinblick auf die Abberu­fung von Mitgliedern der Opcat-Kommissionen, also des NPM – dessen Aufgabe ja die Kommissionen gemeinsam mit der Volksanwaltschaft ausüben –, Entscheidungen mit­tels Bescheid vorzunehmen sind. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Nun ist aber auch ein Faktum, dass sich nicht nur der Verwaltungsgerichtshof mit der Materie beschäftigt hat, sondern auch der Verfassungsgerichtshof. Beim Verfassungs­gerichtshof wurde ebenfalls eine Beschwerde eingebracht, und der Verfassungsge­richtshof hat mit seinem Beschluss vom 24. November 2017 diese mit folgender Begrün­dung abgewiesen: RIS - Rechtssätze und Entscheidungstext für Ro 2018/03/0009 - Verwaltungsgerichtshof (VwGH) (bka.gv.at) „Die von der Volksanwaltschaft nach Art. 148h Abs. 3 B-VG einzusetzenden Kommissionen führen zur Kontrolle der Verwal­tung Be­suche und Überprüfungen für die Volksanwaltschaft durch (§ 13 Abs. 1 Volk­sanwG) und sind daher – wie die Volksanwaltschaft [...] – als deren Hilfsorgan der Staatsfunktion Gesetzgebung zuzurechnen. Behördliche Befugnisse kommen der Volks­anwaltschaft – abgesehen von der Ausübung der Diensthoheit durch ihren Vorsitzenden nach Art. 148h Abs. 1 und 2 B-VG – nicht zu“. Das war für uns als Volks­anwaltschaft eine schwierige Situation.

Das Hohe Haus hätte natürlich in die eine wie in die andere Richtung entscheiden können. Ich weiß schon, dass Gesetzgebung üblicherweise nicht etwas ist, wo man einen Schönheitswettbewerb gewinnen muss. Konrad Adenauer hat, glaube ich, den Satz gesagt: Es gibt zwei Dinge, wo es besser ist, wenn man nicht weiß, wie sie zustande kommen: Das eine sind Würste und das andere sind Gesetze. (Abg. Krisper: Falsch!) – Wenn es aber so etwas gibt wie in diesem Fall, finde ich gerade diese Vorgangsweise eigentlich einen sehr schönen Akt der Gesetzgebung, wenn nämlich zwei Höchst­ge­richte sozusagen eine unterschiedliche Herangehensweise darlegen, dass dann der Gesetzgeber Klarheit schafft, wie vorzugehen ist. Diese Klarheit wird eigentlich durch die heutige Änderung im Volksanwaltschaftsgesetz geschaffen, und dafür, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen auch namens meiner Kollegen herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im Übrigen erlaube ich mir schon, darauf hinzuweisen, dass es international sehr unterschiedliche Modelle gibt, wie dieses Opcat-Mandat, dieses Fakultativprotokoll – also ein Zusatzprotokoll zur Antifolterkonvention der Vereinten Nationen – wahrgenom­men wird. Es gibt Volksanwaltschaften, Ombudseinrichtungen, die das selbst wahr­neh­men – also etwa mit ihren hauptamtlichen Mitarbeitern –, es gibt Volksanwaltschaften, die sich bei den unterschiedlichen Visitationen Experten bedienen, und es gibt eben auch Konstruktionen, wie wir sie haben, dass wir Kommissionen bestellen, die aber dann völlig unabhängig ihre Visitationen vornehmen, ihre Wahrnehmungsberichte verfassen und ihre Tätigkeit ausüben.

Erlauben Sie mir, schon auch darauf hinzuweisen, dass es im Volksanwaltschaftsge­setz heißt: „Die Volksanwaltschaft kann ein Mitglied schriftlich und begründet vorzeitig


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abberufen“, auf Basis des Wunsches des Mitgliedes, aufgrund von gesundheitlichen Problemen oder wenn mit seiner Funktion verbundene Pflichten grob verletzt oder dauernd vernachlässigt werden und dadurch sozusagen die Unabhängigkeit der Aus­übung der Funktion in Zweifel gezogen wird.

Die Volksanwaltschaft selbst hat in der eigenen Geschäftsordnung im Übrigen diese Punkte noch erweitert und ausdrücklich festgehalten, dass eine solche Abberufung nur „nach vorheriger Anhörung des Menschenrechtsbeirates“ vorgenommen werden kann. An diesen Feststellungen – sowohl im Volksanwaltschaftsgesetz als auch in der Ge­schäftsordnung – ändert sich heute gar nichts. Es wird lediglich klargestellt, dass die Volksanwaltschaft und ihre Kommissionen als Organ des Parlaments aktiv werden. Ich denke, damit ist auch dem Genüge getan, dass Klarheit geschaffen wird und wir nicht in Unklarheit verharren müssen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.06


Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Eva Blimlinger zu Wort gemeldet. – Bitte.


17.06.32

Abgeordnete Mag. Eva Blimlinger (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Volksanwälte! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Liebe Damen und Herren vor den Bildschirmen! Frau Abgeordnete Krisper, ich finde es schon ein bisschen kühn, zu sagen, dass es unfassbar ist, dass wir da mitstimmen. Ich finde es unfassbar, dass Sie offensichtlich nicht in der Lage sind, zu verstehen, warum diese Lösung sinnvoll ist, nämlich diese Art von unterschiedlichen Entscheidungen von VfGH und VwGH aufzulösen. Es geht ja darum – und deswegen war die Novelle ja dringend notwendig –, zu sagen, wie das geht, denn hätte die Volksanwaltschaft Bescheide erlassen, wäre der VfGH ja der Meinung gewesen, das sei rechtswidrig, und vice versa. Das heißt, man musste zum jetzigen Zeitpunkt klarstellen, wie die Sache ist.

Sie sind der Meinung – was ja doch etwas wunder nimmt, da Sie ja sonst immer so antietatistisch sind –, dass es ein Bescheid sein muss. Wenn man sich das aber genauer anschaut, kann es gar kein Bescheid sein, und zwar aus mehreren Gründen: Der eine Grund ist vor allen Dingen der – und das ist, glaube ich, der zentrale Grund –, dass der Volksanwaltschaft als Kollegialorgan eben nicht, wie behauptet, die Stellung als oberstes Verwaltungsorgan des Bundes zukommt. Das ist nur der Vorsitzende. Sie wissen: Ein Bescheid kann nur von einer natürlichen Person unterschrieben und erlassen werden. Ich verweise da auf die Randbemerkungen 49, 50 der Erkenntnisse. Da aber die Bestellung und Abberufung der Mitglieder der Kommissionen, wie es im Gesetz geregelt ist, der kollegialen Beschlussfassung der Volksanwaltschaft unterliegen, können sie nicht vom Vorsitzenden oder der Vorsitzenden einen Bescheid kriegen.

Man hätte dann das ganze Gesetz umbauen müssen – das können wir immer noch machen, da spricht auch nichts dagegen, sich das noch einmal genauer anzuschauen. Wenn wir uns das schon genauer anschauen, dann würde ich dafür plädieren – und das gilt jetzt nicht nur für die Volksanwaltschaft, sondern auch für die Sozialversicherungen und was auch immer –, überhaupt einmal den Rechtscharakter dieser Kommissionen zu klären. Es ist vollkommen ungeklärt – und das zeigt sich an der Bezahlung der Mitglieder der Kommissionen –, was diese Personen eigentlich sind. Sie sind weder Angestellte noch freie Dienstnehmerinnen, Dienstnehmer, Werkvertragsnehmer natürlich ganz und gar nicht. Wenn sie Beamtinnen, Beamte sind, können sie das in einer Nebentätigkeit machen, die Vertragsbediensteten in der Nebenbeschäftigung, die Richter, Richterinnen auch in der Nebenbeschäftigung. Also: Was ist es? – Das zeigt sich auch immer wieder


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daran, wie an Kommissionsmitglieder ausgezahlt wird. Es ist eine Funktionsgebühr, die aber auch im Einkommensteuergesetz nicht näher geregelt ist.

Ich verwahre mich überhaupt nicht dagegen, sich ganz grundsätzlich neu zu überlegen, wie diese Kommissionen einzurichten sind, wie der Rechtscharakter von solchen Kom­missionen ist, wie der Bestellungsmodus ist, und auch – und das war natürlich auch immer wieder der Einwand der Grünen –, ob es sinnvoll ist, dass die drei stimmen­stärksten Parteien jeweils einen Volksanwalt stellen. Das kann man gerne diskutieren, das ist überhaupt keine Frage, aber zum derzeitigen Zeitpunkt erlaubt es keine Be­scheid­verfahren, denn dann hätte man vor allen Dingen die Ernennung der Kommis­sionsmitglieder ändern müssen. (Zwischenruf der Abg. Krisper.)

In diesem Sinne: Ich bin selbstverständlich nach wie vor der Meinung, dass die Windisch-Kaserne in Richard-Wadani-Kaserne umbenannt werden muss. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.10


Präsidentin Doris Bures: Zu diesem Tagesordnungspunkt ist nun niemand mehr zu Wort gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

17.10.25Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 9 und 10


Präsidentin Doris Bures: Wenn alle Klubs zustimmen, kommen wir nun zu den verleg­ten Abstimmungen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Antrag des Volksanwalt­schaftsausschusses, den Sonderbericht der Volksanwaltschaft betreffend „Keine Chance auf Arbeit – Die Realität von Menschen mit Behinderung“, III-66 der Beilagen, zur Kennt­nis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Das ist einstimmig so zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silvan, Ragger, Fiedler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Realität von Menschen mit Behinderung“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mühlberghuber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Bundesgenossenschaft für Pflege und Betreuung“.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Volksanwaltschaftsgesetz geändert wird, in 615 der Bei­lagen.

Hiezu liegt ein Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Krisper, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­de­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimm­ten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 185

Die Abgeordneten Krisper, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag betreffend Ziffer 1, Einfügung neuer Ziffern 2 und 3 sowie Umnummerierung der bisherigen Ziffer 2 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzesantrag ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Ich bedanke mich bei den Herren Volksanwälten und begrüße den Herrn Bundes­minis­ter.

17.13.1411. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 802/A(E) der Abgeordneten Mag. Christian Drobits, Kolleginnen und Kollegen betreffend leich­teren Zugriff auf Abfertigungsgelder (646 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1238/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (647 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1237/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird (648 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1229/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bei­tragsstundungen: Staatsversagen darf nicht zu überdurchschnittlicher Konkurs­welle führen (652 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 186

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1173/A der Abgeordneten Mag. Andreas Hanger, David Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Förderung von frei­willigem Engagement (Freiwilligengesetz – FreiwG) geändert wird (655 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungspunkten 11 bis 15, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Josef Muchitsch. – Bitte.


17.14.36

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Wir haben heute das zweite Mal das Vergnügen. Wir kom­men jetzt zur Debatte über die Anträge betreffend Arbeitsmarkt; wir durften das heute ja schon in der Aktuellen Stunde thematisieren. In dieser Debatte gibt es zahlreiche Anträge, denen wir als SPÖ die Zustimmung erteilen werden. Auch dem Antrag auf Ein­mal­zahlung werden wir zustimmen, obwohl das nicht unsere Variante ist, wie Sie wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wir sind nach wie vor ganz fest der Überzeu­gung, dass es für jene Menschen, die unverschuldet in eine Coronaarbeitslosigkeit ge­schlittert sind, ein erhöhtes Arbeitslosengeld geben muss. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation ist bekannt: Die Beschäftigtenzahl ist gegenüber dem Vormonat gesunken, die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor sehr hoch, bewegt sich in Rekordhöhen, und bei den offenen Stellen verzeichnen wir einen Rückgang. Wir haben jetzt unter 59 000 offene Stellen, denen 520 000 Arbeit suchende Menschen gegenüberstehen. Das heißt, wir kom­men da auf einen Faktor von 1 : 9, auf eine offene Stelle kommen neun Arbeit­suchende.

Daher war es für uns als SPÖ wichtig, einen diesbezüglichen Vorschlag – der sofort einmal von der ÖVP negativ dargestellt wurde – betreffend eine neue Initiative mit dem Namen Aktion 40 000 einzubringen, mit der 40 000 Langzeitbeschäftigungslose einen Job finden sollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedanke mich für die Gesprächsbereitschaft bei den Grünen; Markus Koza hat gesagt: Reden wir darüber!

Wir werden es nämlich nicht schaffen, Langzeitbeschäftigungslose – das sind unab­hängig vom Alter Menschen, also junge und ältere Menschen, die über zwölf Monate beim AMS auf Jobsuche sind – in Jobs zu bringen. Aus diesem Grund schlagen wir eine Aktion 40 000 vor, die anders ist als die Aktion 20 000, die damals unter Sozialminister Alois Stöger initiiert, aber hier abgedreht wurde, bevor sie bei den Gemeinden überhaupt ins Laufen kommen konnte. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.) Aus diesem Grund wird unsere neue Variante für alle Langzeitbeschäftigungslosen, für alle Altersgruppen, ob jung oder alt, für alle, die länger als zwölf Monate Arbeit suchend sind, auf zwei Jahre ausgedehnt, wobei sich der Staat in Etappen langsam aus der Finanzierung zurück­nimmt – der Kostenaufwand beträgt 260 Millionen Euro für zwei Jahre –, damit die Bürgermeisterinnen, die Bürgermeister in ganz Österreich Jobs für 40 000 Menschen schaffen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist ein Vorschlag, den wir doch bitte diskutieren können müssen. Aus diesem Grund bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aktion 40.000“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, ein Beschäftigungsprojekt für 40.000 geförderte Arbeitsplätze bei öffentlichen und gemein­nützigen Trägern für die Beschäftigung von Langzeitbeschäftigungslosen und unter Be­reit­stellung der erforderlichen zusätzlichen finanziellen Mittel auszuarbeiten und bis spä­testens Juni 2021 umzusetzen.“

*****

Sie können diesem Antrag zustimmen, weil wir dem Herrn Bundesminister das Vertrauen schenken, die Aktion 40 000 mit uns gemeinsam auszuarbeiten. Ich bitte um Ihre Zustim­mung. (Beifall bei der SPÖ.)

17.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Muchitsch,

Genossinnen und Genossen

betreffend: Aktion 40.000

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1237/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarkt­service­gesetz geändert wird (648 d.B.)

Die Coronakrise hat eine bereits davor eingesetzte Entwicklung, die Verknappung von Arbeit, wesentlich verstärkt.

Die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer lag Ende Jänner im Vergleich zum Vorjahresmonat um 27 Prozent höher. 535.470 Personen sind arbeitslos gemeldet oder in AMS-Schulung, das sind um 114.769 mehr als im Jänner 2020.

Die Zahl der unselbständig Beschäftigten ging im Jänner im Vergleich zum Vorjahres­monat laut vorläufiger Prognose um 3,3 Prozent auf 3,636 Millionen zurück. Die Anzahl der sofort verfügbaren Stellen schrumpfte um 18,5 Prozent auf rund 58.347. Damit kom­men auf eine beim AMS gemeldete offene Stelle mehr als 9 vorgemerkte Arbeits­suchende.

In Österreich sind viele Arbeitslose sehr lange auf Jobsuche. Die Zahl der Langzeit­beschäftigungslosen lag Ende Jänner bei 139.818, ein Plus von 43,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Wer mit über 50 Jahren mehr als ein Jahr lang arbeitslos ist, hat kaum mehr eine Chance eingestellt zu werden. 2017 wurde unter Bundeskanzler Kern und Sozialminister Stöger deshalb die Aktion 20.000 ins Leben gerufen: 20.000 Arbeitslose sollten in öffentlichen Einrichtungen und gemeinnützigen Vereinen arbeiten, der Staat zahlte diese Arbeits­plätze.

Türkis-Blau strich das Jobprogramm für ältere Arbeitslose nach weniger als einem Jahr. Damit konnte die Aktion 20.000 ihr Potenzial nur zu 5 Prozent ausschöpfen: Nur jeder


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20. ältere Arbeitslose bekam eine Chance über die Aktion. 3.824 Arbeitslose über 50 Jahren wurden gefördert – möglich gewesen wären aber bis zu 74.361.

Trotzdem war diese Aktion ein voller Erfolg: Jeder Dritte Langzeitarbeitslose über 50 Jahren, der an der Aktion 20.000 teilnahm, hat heute wieder einen Arbeitsplatz.

1.213 ehemalige Langzeitarbeitslose, die an der Aktion teilnahmen, haben heute einen Arbeitsplatz – nicht vom Staat gefördert. Diese Menschen haben Optimismus und eine sinnvolle Beschäftigung.

Es zeigt sich auch jetzt wieder: Der Arbeitsmarkt reguliert sich nicht von selbst. Es gibt in dieser Arbeitsmarktkrise jetzt schon viele VerliererInnen und sie werden noch mehr. Daher ist es Zeit, dagegen etwas zu unternehmen.

Es braucht nachfrageorientierte Lösungen, welche die ökologische Transformation, den Strukturwandel und strukturschwache Regionen auffangen.

Die SPÖ fordert daher eine Jobgarantie für 40.000 zusätzliche Beschäftigungen mit Ausbildungsmöglichkeiten – eine Aktion 40.000.

Mit der Aktion 40.000 sollen sinnvolle Beschäftigungsprojekte geschaffen werden, die dazu beitragen, soziale, ökologische und/oder ökonomische Strukturen einer bestimm­ten Region im Sinne einer wohlstandorientierten Wirtschaftspolitik zu verbessern. Träger für die Förderung können öffentliche oder gemeinnützige Einrichtungen und Dienstleis­tungsverbünde sein, um regionale/kommunale Bedarfe abzudecken. Beispiele:

o            Stützkräfte in den Schulen;

o            Alltagsbetreuung für ältere MitbürgerInnen;

o            Sanierungsarbeiten der Gemeinde-Infrastruktur;

o            Parkraumüberwachung;

o            Botendienste;

o            Unterstützungskräfte bei Kinderbetreuung;

o            Bürohilfskräfte;

o            Instandhaltung von Grün- und Parkflächen.

Gefördert werden damit existenzsichernde Vollzeitdienstverhältnisse oder Teilzeitbe­schäfti­gungen ab 30 Wochenstunden bei öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen oder Dienstleistungsverbünden für die Beschäftigung von Arbeitslosen, die mindestens 12 Monate durchgehend beschäftigungslos waren (Langzeitbeschäftigungslose nach AMS-Definition).

Die Teilnahme daran ist freiwillig und eine Ablehnung kann nicht zur Sperre des Arbeits­losengeldes führen.

Um Verdrängungs- aber auch Mitnahmeeffekte zu vermeiden sollen nur zusätzlich ge­schaffene Arbeitsplätze gefördert werden.

Die Entlohnung hat nach Kollektivvertrag zu erfolgen, mindestens 1.700 Euro Brutto (für Vollzeit). Während der geförderten Beschäftigung sollen auch entsprechende Aus-, Um- und Weiterbildungsangebote, sowie bei Bedarf ein Coaching für den Wiedereinstig in das Arbeitsleben den Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden.

Die Förderung erfolgt degressiv für 2 Jahre. Die ersten 12 Monate zu 100 Prozent, danach 6 Monate mit 75 Prozent und schließlich 6 Monate mit 50 Prozent der gesamten Lohnkosten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, ein Beschäftigungsprojekt für 40.000 geförderte Arbeitsplätze bei öffentlichen und gemein­nützigen Trägern für die Beschäftigung von Langzeitbeschäftigungslosen und unter Be­reitstellung der erforderlichen zusätzlichen finanziellen Mittel auszuarbeiten und bis spätestens Juni 2021 umzusetzen.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markus Koza. – Bitte.


17.18.36

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute werden wir zwei sehr wichtige Maßnahmen für die ArbeitnehmerInnen in diesem Land beschließen. Das eine ist die Verlängerung der Coronakurzarbeit bis Ende Juni 2021, die zweite Maßnahme ist die rückwirkende Erhöhung der Notstandshilfe auf Höhe des Arbeitslosengeldes von Jänner bis März 2021. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Das sind zwei wesentliche Instrumente zur sozialen Absicherung der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitsuchenden in diesem Land, zwei wesentliche Instrumente, um Einkom­men und die Nachfrage zu stabilisieren.

Zur Erinnerung – Minister Kocher hat es heute schon erwähnt –: Die Kurzarbeit ist und war in dieser Krise wahrscheinlich eines der wichtigsten Instrumente zur Stabilisierung der Beschäftigung und zum Kampf gegen Arbeitslosigkeit. Am Höhepunkt dieser Krise im Frühjahr 2020 waren 1,3 Millionen Menschen, ArbeitnehmerInnen in Kurzarbeit. Ins­gesamt wurden bislang 6 Milliarden Euro für Kurzarbeit ausgegeben.

Die zweite Maßnahme, die Erhöhung der Notstandshilfe auf Höhe des Arbeitslosen­geldes, geht inzwischen in die zweite Verlängerung. Von März 2020 bis Ende März 2021 – das heißt für ein Jahr – ist auf jeden Fall gesichert, dass die Notstandshilfe auf Arbeitslosengeldniveau angehoben wird. Das ist vor allem eine wichtige Maßnahme zur Bekämpfung der Armutsgefährdung im Fall von Langzeitarbeitslosigkeit.

Langzeitarbeitslosigkeit ist angesichts der Covid-19-Krise und der schwierigen Situation am Arbeitsmarkt ein Phänomen, das im Augenblick sehr viele Menschen betrifft. Es hat sich gerade in dieser Krise – ich habe es schon einmal erwähnt – wieder gezeigt, wie wichtig die Notstandshilfe ist und welch wesentlichen Beitrag sie zur Stabilisierung der Einkommen und zum Kampf gegen Armut in diesem Land leistet, und sie zeigt sich der Sozialhilfe oder Mindestsicherung deutlich überlegen.

In diesem Haus – wir behandeln heute wieder einen diesbezüglichen Antrag von Kolle­gen Loacker von den NEOS – wurde ja schon einige Male von unterschiedlichsten Parteien angedacht, ob man die Notstandshilfe nicht abschaffen, mit der Sozialhilfe zusammenlegen sollte. Gerade jetzt hat sich gezeigt, wie falsch das gewesen wäre. Die Notstandshilfe ist schließlich nicht nur ein Instrument, das den BezieherInnen lange zusteht und bei dem keine Vermögensverwertung, keine Verwertung der Ersparnisse anfällt, sie ist vor allem ein Instrument, das seit dem 1. Juli 2018 nicht mehr auf das Haushaltseinkommen, auf das Partnereinkommen bezogen ist, sondern jedem/jeder


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zusteht, der oder die diese Leistung – die Notstandshilfe – aus der Arbeitslosen­versiche­rung tatsächlich bezieht. Sie ist damit eine wesentliche und zentrale Stärkung der Haushaltseinkommen. (Abg. Belakowitsch: Ja, stimmt!) Damit ist auch die Erhöhung der Notstandshilfe eine wesentliche Stärkung der Haushaltseinkommen, was bei der Sozialhilfe so schlichtweg nicht möglich wäre, weil die Haushaltseinkommen des Part­ners/der Partnerin angerechnet würden.

Es ist für uns daher ganz klar, dass wir allen Versuchen, die Notstandshilfe mit der So­zialhilfe zusammenzulegen, klar entgegenstehen und dass wir für den weiteren Erhalt der Notstandshilfe als wesentliches Sicherungsinstrument einstehen werden und gege­benenfalls auch weitere Schritte setzen werden müssen, falls die Krise noch länger andauert, damit wir auch diese Form von Einkommen weiter stabilisieren. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.22


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch ist die nächste Red­nerin. – Bitte.


17.22.23

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Ganz kurz zu meinem Vorredner: Er hat das richtig angesprochen, die Notstandshilfe ist vom Partnereinkommen unabhän­gig. Das wurde noch im sogenannten koalitionsfreien Raum vor der Wahl 2017 be­schlossen, auch mit den Stimmen der Freiheitlichen. Warum ist das so wichtig und warum ist die Notstandshilfe überhaupt wichtig? Herr Kollege Koza, Sie haben viel Richtiges gesagt, aber eines – und das ist der wesentliche Faktor – nicht erwähnt: weil sie auch für die Pensionszeiten anrechenbar ist. Das ist der ganz wesentliche Unter­schied zur Sozialhilfe, und darum muss es die Notstandshilfe auch weiterhin geben, auch weil wir vor allem bei den Älteren, die arbeitslos werden, sehen – vor allem in Zeiten wie diesen –, dass es kaum noch Vermittlungen in Jobs gibt. Je älter man wird, desto schwieriger wird es natürlich. Daher ist es ganz, ganz wichtig, dass die Notstandshilfe erhalten bleibt, und es ist auch gut, dass sie jetzt an das Arbeitslosengeld angepasst wird.

Das ist alles sehr nett und sehr lieb, Herr Bundesminister, was aber wesentlich ist: Wir erleben Rekordzahlen im Bereich der Arbeitslosigkeit und wir wissen, dass es für viele Bürger ganz, ganz schwer ist, nach so langer Zeit überhaupt noch über die Runden zu kommen. Eine Besserung am Arbeitsmarkt ist angesichts dessen, dass diese Bundes­regierung diese Maßnahmen permanent fortschreibt, nicht in Sicht. Von dieser Regie­rung kommen auch keine Innovationen mehr, seit einem Jahr wird einfach nur das Programm fortgeschrieben: Wir verlängern jetzt einmal die Kurzarbeit und wir verlängern die erhöhte Sondernotstandshilfe!, all das wird fortgeschrieben.

Eine Innovation sehe ich nicht, Herr Bundesminister, und ich hatte wirklich Hoffnung – ein neuer Minister, der vielleicht neue Ideen einbringt –, aber wir haben ziemlich schnell erkannt: Sie sind als erfolgreicher Universitätsprofessor, als jemand, der tatsächlich erfolgreich gearbeitet hat, in die Zange der ÖVP geraten, und jetzt dürfen Sie nur noch das sagen, was Ihnen die mächtige Kabinettschefin aufschreibt. Das ist leider Gottes eine Tatsache, und deshalb wird sich in diesem Bereich auch in Zukunft nicht mehr sehr viel ändern, meine Damen und Herren.

Es wäre aber so dringend notwendig. Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit in der Zweiten Republik, viele Menschen stehen vor den Trümmern ihrer Existenz, wir sehen eine Perspektivenlosigkeit – und es kommen keine Antworten. Ich erwarte mir von Ihnen als Arbeitsminister jetzt einmal tatsächlich eine Antwort und nicht nur immer: Wir haben


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eine Arbeitsstiftung, wir haben eine Arbeitsstiftung! – Das kommt offensichtlich nicht an, denn die Zahlen steigen weiterhin.

Was wir jetzt brauchen, ist Optimismus, endlich eine Stabilisierung im Bereich der Wirt­schaft, ein Öffnen der Gastronomie, ein Öffnen des Handels, nämlich ein vollständiges, nicht nur in Form eines Dahingeplätschers. Ich habe es heute Früh schon erwähnt: Die Friseure schreien: Achtung! Hilfe!, weil es keine Laufkundschaft mehr gibt. Die Ge­schäfte sind leer, die Leute kommen kaum noch. Na klar, als sie am Anfang aufgemacht haben, haben sie sich alle testen lassen und sind zum Friseur gegangen – und jetzt ist es vorbei. Dieses spontane Ich-gehe-heute-einmal-zum-Friseur, das ist alles weg, das ist ein Geschäftsverlust, der da aufgebaut worden ist. Das werden wir auch bei der Gastronomie sehen: Wenn man mit einem Test in die Gastro gehen muss, na was glauben Sie, wird dann passieren? Das spontane Weggehen, das ist alles weg, das schafft sich alles selbst ab. Das heißt, die Wirtschaft wird nicht einfach wieder ins Laufen kommen.

Da braucht es tatsächlich Maßnahmen, und da muss man auch überlegen: Welche dieser komischen Coronamaßnahmen sind wirklich zielführend und sinnvoll, und was hemmt die Wirtschaft, was hemmt den Arbeitsmarkt und was braucht es auch gar nicht? Immer nur das fortzuschreiben, was wir schon seit einem Jahr haben – sanfter Lock­down, harter Lockdown, sanfter Lockdown, Öffnen mit Verschärfungen –, das wird uns nicht weiterbringen und das nützt vor allem dieser Million Menschen, die beschäftigungs­los zu Hause sitzen, überhaupt nicht, den 500 000 Arbeitslosen nicht und den 500 000 Men­schen, die in Kurzarbeit sind, vielleicht auch nicht mehr wirklich.

Ich begrüße es natürlich – und wir begrüßen es als Fraktion –, dass die Kurzarbeit noch einmal verlängert wird – selbstverständlich, das ist keine Frage –, aber wissen Sie, Herr Minister, das kann keine Dauerlösung sein. Die Leute wollen eine Perspektive, sie brauchen eine und sie haben eine verdient. Ich glaube, das ist dringend notwendig. Österreich hat wirklich die schlechtesten Wirtschaftsdaten in der EU. Es ist jetzt echt notwendig, dass Sie sich als Arbeitsminister durchsetzen, auch Ihre Expertise einbringen und tatsächlich wieder einen Weg für unser Land öffnen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.26


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte.


17.26.53

Abgeordneter Laurenz Pöttinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Belakowitsch, offensicht­lich schließen Sie von sich auf andere. In der ÖVP gibt es keine Zangen, in die ein Minister eingeklemmt wird. (Abg. Belakowitsch: Na sieht man ja bei ihm! Am Anfang war er viel innovativer! Messagecontrol nennt man das!) Minister Kocher hat mit Sicher­heit eine hohe Reputation und ist sicher toll am Werk. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Aber der Minister sieht’s anders! Man sieht’s ihm an den Augen an!)

Herr Kollege Muchitsch, ich hoffe nicht, dass die Aktion 40 000 eine Verdoppelung der Aktion 20 000 ist. Ich habe diese damals auf kommunaler Ebene sehr genau mitverfolgt (Abg. Belakowitsch: Mitgestimmt habt ihr!), sie war wirklich nicht gut. (Beifall bei Ab­geordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Mitgestimmt! Die ÖVP war dabei!)

Ich möchte kurz zu Tagesordnungspunkt 11 betreffend leichteren Zugriff auf Abferti­gungsgelder bei Arbeitgeberkündigung Stellung nehmen. (Abg. Belakowitsch: Die ÖVP war mittendrin statt nur dabei! Der Herr Wöginger hat es verhandelt!) Es gab 2002 eine Sozialpartnereinigung und einen einstimmigen Beschluss hier im Nationalrat über die sogenannte Abfertigung Neu. Schon damals hat es Diskussionen gegeben, weil die


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Experten eigentlich von einem längeren Zeitraum als drei Jahre für das Zugriffsrecht auf die Auszahlungsmöglichkeit ausgehen wollten. Aufgrund der Veranlagung und des Verwaltungsaufwandes sprach eigentlich einiges für einen längeren Zeitraum. Schon im Ausschuss habe ich darauf hingewiesen, dass eine Abänderung aus unserer Sicht aufgrund einer Sozialpartnereinigung erfolgen könnte. Der zu erwartende Aufwand steht aber aus meiner Sicht nicht in Relation zur eigentlichen Hilfestellung.

Zu Tagesordnungspunkt 14 darf ich Folgendes sagen: Herr Abgeordneter Loacker, man liest aus Ihrem Antrag eine besondere Liebe zur Wirtschaftskammer heraus. (Abg. Loacker: Jawohl! Dann ist es authentisch!) Aber zur Sache: Die Beitragsstundungen im Bereich der Sozialversicherung und die Steuerstundungen waren und sind in dieser herausfordernden Zeit wichtig. Die Finanz und auch die ÖGK haben dankens­werter­weise einer Verlängerung der bis Ende März geltenden Regelungen bis Ende Juni zuge­stimmt. Dies werden wir heute noch unter Tagesordnungspunkt 23 beschließen. Die SVS hat sich für einen anderen Weg, jenen der individuellen Lösungen, entschieden. (Abg. Belakowitsch: ... ÖVP-treu!) Die Unterstützung wird mit den Betroffenen an die aktuelle Situation angepasst. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Stundungen und Raten­zah­lungen werden in der aktuellen Situation sehr großzügig eingesetzt. (Abg. Belakowitsch: Also wer der ÖVP zu Gesicht steht, bekommt die Stundung!)

Ich habe mich bei der SVS erkundigt und habe auch mit Peter Lehner darüber ge­sprochen: Man wird da sehr großzügig agieren.

Einige Fakten zur neuen Lösung: Vereinbarungen von Ratenzahlung sind mit einer Lauf­zeit bis zum 30. Juni 2023 möglich. Das sind fast zweieinhalb Jahre. Die Zinsen können individuell angepasst werden: von den gesetzlich festgelegten 3,38 Prozent auf 0 im Einzelfall. Ziel ist es, all jene Unternehmer und Unternehmerinnen zu unter­stützen, die post Corona eine Zukunftsperspektive haben. (Abg. Belakowitsch: Bitte denken Sie über das nach, was Sie da erzählen!) Die laufenden Beiträge können bei den Stun­dungen mitberücksichtigt werden.

Wichtig für die Betroffenen ist noch Folgendes: Bitte treten Sie in Kontakt mit der SVS, wenn Sie eine Mahnung erhalten, und vereinbaren Sie eine Lösung für die Zahlung der Rückstände! Sich nicht zu melden ist keine Lösung.

Mit dem neuen Fixkostenzuschuss können Sie seit Ende des Jahres 2020 die Sozialver­sicherungsbeiträge geltend machen. Und vergessen Sie nicht, dass durch diese Sozial­versicherung unter anderem auch Ihre Pension gesichert wird! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.31


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


17.31.18

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! (Abg. Belakowitsch: Bitte nicht lachen, es ist so peinlich!) Danke an den Kollegen Pöttinger, der meinen Antrag schon eingeleitet hat. Es ist für die Zuschauer ein bisschen schwer zu verfolgen, denn es wurden da fünf verschiedene Anträge in eine Debatte verwurschtet.

In unserem Antrag geht es darum, dass der Chef der Selbständigenversicherung, Peter Lehner, im Jänner medial groß angekündigt hat, die SVS werde jetzt beginnen, die Bei­träge einzutreiben. Und das war natürlich das Topsignal mitten im Lockdown, den Unter­nehmern zu sagen: Wir treiben jetzt die Beiträge ein!

Da geht es ja nicht nur um die Selbstständigen, da würde man die Situation verkennen, sondern da geht es auch um Arbeitsplätze von Mitarbeitern dieser Selbstständigen. Und


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wenn man den Druck auf die Unternehmer erhöht, dann gefährdet man zusätzlich Arbeitsplätze. Da sieht man, wie gut die Selbständigenversicherung ihre Zwangs­ver­sicherten versteht. Peter Lehner ist überhaupt eines meiner Lieblingsexemplare in der neuen türkis eingefärbten Sozialversicherung. Das, was er macht, vernichtet nicht nur Unternehmen, das vernichtet eben auch Arbeitsplätze. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Apropos Arbeitsplätze: Der Antrag in Tagesordnungspunkt 12 erhöht die Notstandshilfe für die Langzeitarbeitslosen. Das ist nett, aber hilft vielen nicht, weil sie ihre Notstands­hilfe mit der Mindestsicherung aufstocken. Das ist Österreich: Wer einmal soziale Ab­sicherung will, muss zu zwei Behörden gehen und zweimal einen Antrag stellen, damit er einmal sozial abgesichert wird. Das sieht man auch in dem Abänderungsantrag, den die Mehrheitsparteien selbst zu ihrem Antrag eingebracht haben. In diesem wird darauf verwiesen, wie aufwendig die Abklärung des Arbeitsmarktservice mit dem jeweiligen Sozialhilfeträger ist. Die müssen natürlich korrespondieren, wer wem wie viel auszahlt. Das ist bürokratisch, und das sieht auch der Rechnungshof so. Er empfiehlt, diese beiden sozialen Absicherungssysteme, Notstandshilfe und Mindestsicherung, zu einem gemeinsamen System der sozialen Absicherung zusammenzuführen, einfach auch um die Bürokratie zu reduzieren.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „System der sozialen Absicherung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz, sowie der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die der Rechnungshof­forderung entspricht und Sozialhilfe und die Notstandshilfe zu einem gemeinsamen System der sozialen Absicherung zusammenführt.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

17.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend System der sozialen Absicherung

eingebracht im Zuge der Debatte in der 85. Sitzung des Nationalrats über 12. Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1238/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (647 d.B.)– TOP 12

Von einem österreichweit einheitlichen System der Sozialhilfe kann nach wie vor keine Rede sein, selbst wenn sich die alte FPÖ-ÖVP-Regierung dafür gerühmt hat, zum ersten


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 194

Mal ein Grundgesetz in diesem Bereich geschaffen zu haben. Eine Reform der Arbeits­losenversicherungsleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe) wurde ebenso wenig angegangen. Auch unter der aktuellen schwarz-grünen Bundesregierung ist eine solche nicht absehbar und im Regierungsprogramm 2020-24 nicht vorgesehen. Doch die Aus­gestaltung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung ist eine zentrale Frage, wenn es darum geht, Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, einerseits ent­sprechend sozial abzusichern, andererseits diese Personen auch wieder rasch in Beschäftigung zu bringen und die Dauer der Arbeitslosigkeit kurz zu halten. Hinzu kommt noch der büro­kratische Aufwand, der mit der aktuellen Ausgestaltung verbunden ist. Bei den soge­nannten "Aufstockern" sind zwei Behörden mit einer Person befasst. "Aufstocker" sind jene Personen, die Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen, die geringer als die Mindestsicherung sind, die Differenz wird über die Mindestsicherung bezogen. Eine Harmonisierung bzw. Zusammenführung der Notstandshilfe und Mindestsiche­rung/So­zialhilfe wird auch vom Rechnungshof (Reihe Bund 2014/9) als notwendig erachtet. Die Umsetzung dieser Forderung würde zu einem Abbau einer wesentlichen Doppelstruktur führen. Über den bürokratischen Aufwand sind sich auch ÖVP und Grüne im klarem. Der eingebrachte Abänderungsantrag der Regierungsparteien argumentiert klar und deut­lich, dass die Kombination aus Mindestsicherung und Notstandshilfe zu kompliziert ist und es für die Behörden zu aufwendig ist, die unterschiedlichen Zahlungen abzugleichen:

Durch die Nichtanwendung des § 67 AlVG (Erstattungsregelung) auf die Notstandshilfe für Februar und März 2021 kann auf eine aufwendige Abklärung des Arbeitsmarktservice mit den Sozialhilfeträgern, ob Leistungsempfänger für diese Zeiträume bereits eine Un­terstützung von diesen erhalten haben, verzichtet werden. Dadurch kann eine raschere Auszahlung der erhöhten Beträge erreicht und der Verwaltungsaufwand des Arbeits­marktservice bei der Auszahlung dieser Leistungen verringert werden.

Daher wäre es umso wichtiger die beiden Systeme zusammenzuführen. Nur so ist es möglich, ein möglichst chancenorientiertes, treffsicheres und effizientes System der so­zialen Sicherung in Österreich zu schaffen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, sowie der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die der Rech­nungshofforderung entspricht und Sozialhilfe und die Notstandshilfe zu einem gemein­samen System der sozialen Absicherung zusammenführt.“

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


17.34.11

Bundesminister für Arbeit Mag. Dr. Martin Kocher: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich glaube, ich brauche nicht zu wiederholen, dass wir in einer wirtschaftlich schwierigen Lage sind. Das ist bekannt. Ich möchte vielleicht doch die Zahlen wiederholen, weil sie immer wieder etwas verzerrt wiedergegeben werden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 195

Es sind im Moment, diese Woche, 440 000 Personen in Arbeitslosigkeit, 70 000 Per­sonen in Schulungen und 485 000 Personen für die Kurzarbeit vorangemeldet. Wichtig: vorangemeldet, die Abrechnung erfolgt danach. Aus der Erfahrung wissen wir, dass ungefähr 40 bis 50 Prozent dieser Kurzarbeitvoranmeldungen nicht abgerechnet wer­den. Deshalb ist es übertrieben, von einer Million Menschen zu sprechen, die von Kurz­arbeit und Arbeitslosigkeit betroffen sind.

Gleichzeitig – das ist mir auch wichtig zu betonen – erkennen wir in den letzten Wochen eine leichte Entspannung, was die Arbeitslosenzahlen betrifft. Von letzter Woche auf diese Woche hat sich die Zahl der Arbeitslosen um 8 500 reduziert. Die Woche davor waren es 7 500 und auch schon die Woche davor waren es einige Tausend. Es gibt also einen leichten Trend der Entspannung, der natürlich mit den Öffnungsschritten im Nicht­lebensmittelhandel und im Bereich der körpernahen Dienstleistungen zusammenhängt.

Dennoch ist die Krise am Arbeitsmarkt noch lange nicht überwunden. Daher ist es wichtig, dass die Menschen weiter auf unsere Unterstützung zählen können und dass alle Beschäftigten und Betriebe Planungssicherheit für die nächsten Wochen und Mo­nate haben.

Die Fülle von Maßnahmen, die wir gesetzt haben, habe ich am Vormittag schon kurz angesprochen. Ich möchte noch zwei Maßnahmen, die jetzt auch auf der Tagesordnung stehen, herausgreifen.

Erstens: Was tun wir? – Vor knapp einem Jahr, mit Beginn der Krise, haben wir die Anhebung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes beschlossen. Ziel war es, Arbeitsuchende, die es ohnehin sehr schwer haben und die es unverschuldet in dieser Krise getroffen hat, finanziell zu unterstützen. Daher haben wir verhindert, dass die Auszahlung der erhöhten Notstandshilfe mit Jahresende 2020 ausläuft, und eine Verlängerung bis Ende März sichergestellt. Wir unterstützen damit 200 000 Menschen monatlich, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht in die Notstandshilfe abrutschen können.

Darüber hinaus ist die Kurzarbeit unser zentrales arbeitsmarktpolitisches Unterstüt­zungsinstrument. Mehr als eine Million Menschen konnten dadurch vor der Arbeitslosig­keit bewahrt werden und in ihrem Job bleiben.

Ich möchte nochmals hervorheben, dass die Kurzarbeit im internationalen Vergleich einzigartig ist. Es gibt kein Land, in dem die Kurzarbeit so großzügig ausgestaltet ist und die Ersatzrate, die der Staat zahlt, sowohl für die Unternehmen als auch für die Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer so hoch ist wie bei uns. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben immer betont, dass es, solange es eine behördliche Schließung in substanziellen Bereichen der Wirtschaft gibt, die Corona­kurzarbeit in einer großzügigen Form geben muss. Deswegen haben wir jetzt, nach Gesprächen mit den Sozialpartnern, mit den Spitzen der Sozialpartner, mit den ver­schiedenen betroffenen Ministerien in den letzten Wochen, die Kurzarbeit in der derzeitigen Form nach Ende März noch einmal für drei Monate bis Ende Juni verlängert. Das heißt: weitere drei Monate, in denen Betriebe und ihre Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter auf das Erfolgsmodell der Kurzarbeit setzen und sich der Unterstützung sicher sein können.

Wie sehen die Eckpunkte aus? Auch das ist, glaube ich, wichtig, noch einmal zu wie­derholen. Die Nettoersatzrate bleibt bei 80 oder 90 Prozent. Die Arbeitszeit kann im Normalfall auf bis zu 30 Prozent reduziert werden. In Ausnahmefällen, wenn Betriebe zum Beispiel von behördlichen Schließungen betroffen sind, kann die Arbeitszeit bis auf 0 Prozent reduziert werden. Das gibt es auch fast nirgends.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 196

Darüber hinaus – und das ist mir sehr wichtig – wird Weiterbildung weiterhin gefördert. 60 Prozent der Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen in den Betrieben für Menschen, die in Kurzarbeit sind, werden durch das AMS rückerstattet. Auch finanziell haben wir vorgesorgt: Der Rahmen für die Kurzarbeit wurde auf 7 Milliarden Euro für 2021 erhöht. Das reicht vorläufig. Sollte es aber nicht reichen, ist auch klar, dass wir nachschießen werden.

Wir haben damit bewiesen, dass wir rasch auf die Umstände im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Entwicklung reagieren können, indem wir jetzt schon, knapp sechs Wochen vor dem Auslaufen der Phase drei der Kurzarbeit, die Phase vier konkret fest­gelegt haben. Damit gibt es genug Vorlaufzeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Betriebe und auch für das AMS, für jene, die das umsetzen müssen. Mein Dank geht an alle, die an dieser Lösung beteiligt waren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Gleichzeitig möchte ich aber auch betonen, dass die Kurzarbeit zwar in Krisenzeiten – und wir sind in der tiefsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, was die Wirtschaft betrifft – ein sehr wichtiges Instrument ist, um Beschäftigung zu sichern, sie ist aber kein Instru­ment auf Dauer in dieser Form, sie ist ein Instrument, um eben diese Unterauslastung auszugleichen. Daher wollen wir, wenn die gesundheitliche Entwicklung und die Lage am Arbeitsmarkt es zulassen, ab 1. Juli mit einem schrittweisen Aussteigen aus der Kurzarbeit in der derzeitigen Form beginnen.

Es wird auch weiter eine Kurzarbeit geben, aber die derzeitige Form muss ausgephast werden. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sich nach der Pandemie die Dynamik am Arbeitsmarkt wieder so einstellt, wie wir das brauchen, und dass wir im Aufschwung, der nach der Pandemie kommen wird, auch wieder Beschäftigung schaffen können und am Arbeitsmarkt Erfolge haben werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.40


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte.


17.40.35

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause! Passend zu den Ausführungen des Herrn Ministers hinsichtlich der Kurzarbeit möchte ich jetzt einen Antrag einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Sozialausschusses (648 d.B.) betreffend den Initiativ­antrag (1237/A d.B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird

„Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 1 lautet:

„1. In § 37b Abs. 4 werden die Bezeichnungen ,Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz‘ und ,dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft‘


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 197

durch die Bezeichnungen ,Bundesministers für Arbeit‘ und ,der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort‘ ersetzt.“

2. Die Ziffer 3 des Antrages wird als Ziffer 4 bezeichnet und davor wird folgende neue Ziffer 3 eingefügt:

„3. In § 78 Abs. 38 und Abs. 42 wird die Wortfolge ,31. März 2021‘ jeweils durch die Wortfolge ,30. Juni 2021‘ ersetzt.“

3. Die (neue) Ziffer 4 lautet:

„4. Dem § 78 wird nach Abs. 42 folgender Abs. 43 angefügt:

,(43) § 37b Abs. 4 und Abs. 6 sowie § 78 Abs. 38 und Abs. 42 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2021 treten mit 1. Februar 2021 in Kraft.‘“

*****

Dies ist im Endeffekt nichts anderes als die Abänderung, damit wir die Kurzarbeit ins zweite Quartal verlängern können, so wie es eben auch gerade angekündigt wurde. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Markus Koza

und Kollegen

zum Bericht des Sozialausschusses (648 d. B.) betreffend den Initiativantrag (1237/A d. B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. Ziffer 1 lautet:

„1. In § 37b Abs. 4 werden die Bezeichnungen „Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz“ und „dem Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirt­schaft“ durch die Bezeichnungen „Bundesministers für Arbeit“ und „der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort“ ersetzt.“

2. Die Ziffer 3 des Antrages wird als Ziffer 4 bezeichnet und davor wird folgende neue Ziffer 3 eingefügt:

„3. In § 78 Abs. 38 und Abs. 42 wird die Wortfolge „31. März 2021“ jeweils durch die Wortfolge „30. Juni 2021“ ersetzt.“

3. Die (neue) Ziffer 4 lautet:

„4. Dem § 78 wird nach Abs. 42 folgender Abs. 43 angefügt:

„(43) § 37b Abs. 4 und Abs. 6 sowie § 78 Abs. 38 und Abs. 42 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2021 treten mit 1. Februar 2021 in Kraft.““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 198

Begründung

Die vorgeschlagene Änderung ermöglicht die COVID-19-bedingte Kurzarbeit auch im zweiten Quartal 2021 zu den derzeit geltenden Rahmenbedingungen, da für die Be­kämpfung der Pandemie weiterhin Betriebseinschränkungen und Betriebsschließungen erforderlich sind. Dadurch können Betroffene während dieser Zeit weiter in Beschäf­tigung gehalten werden und ein zusätzlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit vermieden werden. Mit Z 1 wird ein redaktioneller Fehler behoben.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Christian Drobits. – Bitte.


17.42.37

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun, es ist für mich unver­ständ­lich gewesen und ich bin eigentlich traurig darüber, dass mein Antrag, unser Antrag für jene Menschen, denen das Wasser bis zum Halse steht, abgelehnt wird – abgelehnt wird, obwohl diese Menschen durch diesen leichteren Zugriff auf ihr Abfertigungsgeld im Endeffekt die Möglichkeit hätten, jeden einzelnen Euro für sich zu verwenden und auch so zu verwenden, dass die Wirtschaft davon profitiert.

Ich denke, es wäre wirklich leicht gewesen, den Menschen das Abfertigungsgeld, das an und für sich eine Überbrückungshilfe darstellt – so wie bei der Abfertigung Alt gilt das auch für die Abfertigung Neu –, zu geben, jenen Menschen, die es brauchen und die es sich verdient haben. Im konkreten Fall ist das aber nicht passiert, weil es wahrscheinlich darum geht, dass man den Aktionären, die in den Pensionskassen profitieren, oder den Aktionären, die von Vorsorgekassen profitieren, mehr zutraut als den Menschen, die das Geld brauchen.

Ich glaube, da trennt sich die Spreu vom Weizen, und zwar deshalb, weil die arbeitenden Menschen, die es jetzt getroffen hat, wahrscheinlich auch Umschuldungen bei Krediten durchführen müssen, auch vor einer Insolvenz stehen und dann nicht mehr wissen, was sie tun sollen. Es wäre leicht gewesen zu sagen: Auszahlung nicht erst nach drei Jahren bei Arbeitgeberkündigung, sondern man hat bereits nach einem bis zu drei Jahren die Möglichkeit, das Abfertigungsgeld zu nehmen.

Herr Bundesminister, ich weiß nicht, inwieweit Sie sich mit dem Antrag beschäftigen konnten. Nunmehr gäbe es die Möglichkeit, hunderttausend Menschen, die 2020 arbeitslos geworden sind, die während der Pandemie gekündigt worden sind, bei einem durchschnittlichen Bruttoeinkommen von 2 000 Euro rund 800 bis 1 300 Euro zu geben. Das ist, glaube ich, ein Betrag, der vielen helfen würde, den sie auch wieder in die Wirt­schaft investieren würden, und ich bin überzeugt davon, dass man damit den Armen helfen kann und den Reichen nicht schaden würde.

Ich bin aber auch überzeugt davon, dass nur unsere Fraktion bei diesem Antrag übrig bleibt, dass wir diejenigen sind, die wirklich zu den arbeitenden Menschen stehen, und alle anderen, die heute gegen diesen Antrag sind, die Aktionäre unterstützten.

In diesem Sinne: Ich bin traurig, aber auch gleichzeitig dankbar dafür, draußen erklären zu können, wer für diejenigen da ist, die momentan wirklich alles tun müssen, damit sie sich und in weiterer Folge ihre Familien über die Runden bringen. – Danke für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

17.45



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 199

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ernst Gödl. – Bitte.


17.45.24

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Arbeit ist ein sehr wichtiger Teil der Sinn­erfüllung des Lebens. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ja, Arbeit und Beschäftigung ist ein außerordentlich wichtiger Beitrag für ein sinnerfülltes Leben, und wohl die ganz große Mehrheit in unserer Gesellschaft im erwerbsfähigen Alter hat zum Ziel, mit der eigenen Leistung ein Einkommen zu erzielen, um damit das eigene Leben und auch das Leben der Familie finanzieren zu können, und jede Volkswirtschaft hat die Aufgabe, den Menschen die bestmöglichen Rahmenbedingungen dafür zu gewährleisten, indem sie nämlich eine aktive Standortpolitik und auch eine aktive Arbeitsmarktpolitik forciert. Jetzt, in der Zeit einer Pandemie, sind die diesbezüglichen Herausforderungen natürlich sehr groß, aber unsere Bundesregierung hat diese Herausforderung von Anfang an ganz klar angenommen, und zwar gemeinsam mit uns hier im Parlament.

Der Herr Bundesminister hat es ausgeführt. Die Kurzarbeit ist ein extrem wichtiges Instru­ment: einerseits, um die Unternehmen zu stärken, indem sie Beschäftigungsverhältnisse aufrechterhalten können, andererseits aber auch für die Beschäftigten, damit sie in einer Zeit, in der es möglicherweise eben weniger Nachfrage gibt, ein gesichertes Einkommen haben – ein ganz wichtiges Instrument, wofür wir in ganz Europa und auch international beneidet werden. Dafür ein großes Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)

Trotzdem gibt es Menschen, die in die Arbeitslosigkeit abrutschen, und arbeitslos, ja, das ist ein hartes Los, aber auch da haben wir jetzt durchaus den einen oder anderen Schimmer der Zuversicht erblicken dürfen. Der Herr Bundesminister hat es ausgeführt: Woche für Woche gibt es jetzt weniger Menschen in Österreich, die auf Arbeitsuche sind.

Herr Beppo Muchitsch, weil du heute sehr kritisch hier aufgetreten bist: Hoffentlich hast du die heutige „Kleine Zeitung“ schon gelesen! Auf der Titelseite steht, dass ein großer Betrieb in der Steiermark, der Logistiksysteme herstellt – die Firma Knapp –, bekannt gibt, dass er in den nächsten Monaten die Zahl seiner Beschäftigten um 1 000 Menschen aufstocken wird – zusätzlich 1 000 Menschen in den nächsten Monaten! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Kirchbaumer.) Das sind die ersten positiven Zeichen, die auch auf diese Joboffensive zurückgehen, mit der wir in dieser krisenhaften Zeit in die Ausbildung, eben in die Joboffensive investieren.

Nun zum Bereich jener Menschen, die Notstandshilfe beziehen. Mein Kollege von den Grünen hat es sehr gut erklärt: Auch da setzen wir ein Zeichen, indem wir wiederum – wie bereits seit dem letzten März – die Notstandshilfe auf die Höhe des Arbeits­losen­geldes anheben, damit diese Menschen – es sind circa 200 000 davon betroffen – ein Einkommen haben, mit dem sie ihren Alltag auch bestreiten können. All diese Maß­nahmen dienen dazu, in dieser krisenhaften Situation durchzukommen.

Ich darf und muss dazu auch noch einen Antrag einbringen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Sozialausschusses (647 d.B.) betreffend den Initiativantrag (1238/A d.B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 200

 

„Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Ziffer 1 (§ 12 Abs. 2a) wird die Wortfolge ,März 2020 bis einschließlich März 2021‘ durch die Wortfolge ,März 2020 bis einschließlich Juni 2021‘ ersetzt.

2. Ziffer 3 lautet:

„3. Dem § 79 wird nach Abs. 170 folgender Abs. 171 angefügt:

,(171) § 12 Abs. 2a und § 82 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2021 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft und mit Ende Juni 2021 außer Kraft. § 81 Abs. 17 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 1 Nr. xxx/2021 tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und mit Ende März 2021 außer Kraft. § 81 Abs. 17 ist auf die Bezüge der Notstandshilfe für die Monate Jänner, Februar und März 2021 anzuwenden. § 67 ist auf die Bezüge der Monate Februar und März 2021 nicht anzuwenden.‘“

3. Nach der Ziffer 3 wird folgende Ziffer 4 angefügt:

„4. In § 82 Abs. 5 wird die Wortfolge ,bis längstens 31. März 2021‘ durch die Wortfolge ,bis längstens 30. Juni 2021‘ ersetzt.“

*****

Damit ist dieser Abänderungsantrag eingebracht, der einige Fristen verlängert und somit auch die Umsetzung dieser Maßnahmen in Wirklichkeit ermöglicht.

Meine Damen und Herren! Das sind Instrumente, die natürlich Teil einer Krisen­bewäl­tigung sind. Auf Sicht gesehen muss es uns wieder gelingen, dass möglichst alle Men­schen in Österreich, die arbeiten können und arbeiten wollen, auch Arbeit finden, denn, wie schon eingangs gesagt: Arbeit ist ein ganz wesentlicher Teil für ein sinnerfülltes Leben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.50

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag.Ernst Gödl, Mag. Markus Koza

und Kollegen

zum Bericht des Sozialausschusses (647 d. B.) betreffend den Initiativantrag (1238/A d. B.) eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geän­dert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die eingangs bezeichnete Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

1. In Ziffer 1 (§ 12 Abs. 2a) wird die Wortfolge „März 2020 bis einschließlich März 2021“ durch die Wortfolge „März 2020 bis einschließlich Juni 2021“ ersetzt.

2. Ziffer 3 lautet:

„3. Dem § 79 wird nach Abs. 170 folgender Abs. 171 angefügt:

„(171) § 12 Abs. 2a und § 82 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2021 treten mit 1. Jänner 2021 in Kraft und mit Ende Juni 2021 außer Kraft. § 81 Abs. 17 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. 1 Nr. xxx/2021 tritt mit 1. Jänner


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 201

2021 in Kraft und mit Ende März 2021 außer Kraft. § 81 Abs. 17 ist auf die Bezüge der Notstandshilfe für die Monate Jänner, Februar und März 2021 anzuwenden. § 67 ist auf die Bezüge der Monate Februar und März 2021 nicht anzuwenden.““

3. Nach der Ziffer 3 wird folgende Ziffer 4 angefügt:

„4. In § 82 Abs. 5 wird die Wortfolge „bis längstens 31. März 2021“ durch die Wortfolge „bis längstens 30. Juni 2021“ ersetzt.“

Begründung

Durch die vorgeschlagenen Änderungen sollen Unterbrechungen der selbständigen Er­werbstätigkeit sowie der Altersteilzeit infolge der anhaltenden Pandemie bei späterem Wiederbeginn noch bis Ende Juni 2021 keine nachteiligen Auswirkungen auf die Leis­tungsansprüche der Betroffenen haben.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Peter Wurm gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.


17.50.55

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wir verhandeln jetzt den Sozialblock, und ich muss sagen, ich bin auch heute wieder erschüttert, dass offensichtlich bei sehr, sehr vielen in dieser Regierung immer noch nicht angekommen ist, welchen sozialen Kollateralschaden diese Regierung im letzten Jahr in Österreich angerichtet hat.

Ich komme gleich zu dem vorliegenden Antrag der SPÖ, den wir im Ausschuss diskutiert haben – das zeigt vielleicht auch die Problematik auf; ich bin schon ein bissl erschüttert, dass das auch bei der SPÖ offensichtlich immer noch nicht ganz durchgedrungen ist. Es geht darum, dass man quasi jederzeit von seinem Anspruch auf die Abfertigung Neu Gebrauch machen darf. Die SPÖ hat das im Ausschuss damit argumentiert, dass es 100 000 Österreicher gebe, die sich sonst die Lebensmittel nicht mehr leisten könnten. So war die Argumentation der SPÖ.

Das heißt, wenn man das als Tatsache annimmt – und ich weiß, wie viele Probleme wir in Österreich haben –, dann, so meine ich, sollte auch der SPÖ mittlerweile klar ge­worden sein, dass wir den Menschen helfen müssen, indem wir ihnen in erster Linie wieder Arbeitsplätze verschaffen. Ich sage es zum wiederholten Male: Ihr von der SPÖ müsst euch irgendwann einmal mit eurer Vorsitzenden darüber unterhalten, ob sie schon weiß, dass sie die Regierungslinie unterstützt und wir genau deshalb 100 000 Öster­reicher haben, die sich die Lebensmittel nicht mehr kaufen können!

Das ist die Grundproblematik. Wenn ihr aber damit anfangt, die Abfertigung abzu­knab­bern – das Letzte, das einem bleibt –, also wenn man den Hausrat der Ärmsten ver­kaufen muss, wenn das der Ansatz der Sozialdemokratie ist, dann sitzt ihr im gleichen Boot wie die Grünen und die ÖVP. Das kann nicht die Lösung sein! Wir als FPÖ, als Freiheitliche, sagen es seit einem Jahr: Wir müssen den Menschen Arbeit geben, wir müssen die Wirtschaft öffnen, denn so kann es nicht weitergehen!

Es gibt noch einige Dinge mehr, und ich erwähne einen weiteren ganz wichtigen Punkt – ich werde auch einen Antrag einbringen –, und zwar die Coronaschuldentilgung mehr oder weniger. Der Aufschub wurde mit 3. Februar beendet. Das trifft – ich wiederhole es


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 202

noch einmal – auch Unternehmer, Kleinstunternehmer, die ihre Raten jetzt wieder zah­len müssen, und das trifft natürlich auch viele arme Menschen, die ihre Wohnungs- oder Kreditraten jetzt wieder zahlen müssen. Das heißt, man hat keine Chance mehr, außer als Bittsteller bei der Bank, einen Aufschub der Schuldentilgung, einen Aufschub der Zahlungen zu erreichen.

Da schauen alle zu – die Grünen sind in diesem Bereich sowieso abgetreten. Alles, was ihr jemals an Sozialkompetenz hattet, habt ihr im letzten Jahr nicht nur verkauft, sondern auch begraben, liebe Grüne. Ihr seid so weit weg von einer sozialen Wärme, dass selbst die NEOS noch als sozial heißblütige Partei bezeichnet werden können, sage ich einmal. Was die Grünen in diesem Bereich abliefern, ist erschreckend. Ihr spielt der ÖVP in die Karten, und übrig bleibt – ich sage es noch einmal – Österreich als ein geteiltes Land, was diese Krise betrifft. Die Hälfte der Österreicher kommt finanziell ganz gut über die Runden, weil sie ein fixes Einkommen hat, aber die andere Hälfte der Österreicher leidet schwerst unter dieser Krise. Wir haben wirklich soziale Verwerfungen zu vermerken. Mir tun diese armen alleinerziehenden Mütter leid, mir tun Leute leid, die in Kurzarbeit sind und viel Nettoeinkommen verloren haben, und mir tun Leute in der Arbeitslosigkeit leid – da passiert nichts, da passiert nichts vonseiten der Regierung, aber auch von Teilen der Opposition zu wenig!

Unser Anspruch als Freiheitliche ist, den Leuten wieder Arbeit, Einkommen und eine Zukunft zu geben. Das gilt – in Richtung ÖVP – natürlich auch für die vielen, vielen Hun­derttausend Klein- und Kleinstunternehmer. Nur ein kleiner Hinweis: Friseure, Kos­metikstudios, Nagelstudios, alles, was es an körpernahen Betrieben gibt, haben jetzt einen Einbruch von rund 50 Prozent, und ihr wollt die Schließung der Gastronomie fortsetzen – das ist wirtschaftspolitisch ein Wahnsinn!

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufschub des Endes der gesetzlichen Corona-Kreditstundungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die gesetzliche Regelungen für folgende Maßnahmen umfasst:

- Das rückwirkende Wiederinkrafttreten der mit 31. Jänner 2021 ausgelaufenen ge­setzlichen Corona-Kreditstundungen in der bisherigen Fassung.

- Die Anwendung dieser gesetzlichen Corona-Kreditstundungen auf den bisherigen Anspruchsberechtigtenkreis, wie Verbraucher und Kleinstunternehmer.

- Die Geltung dieser gesetzlichen Corona-Kreditstunden bis zum Ende der Corona-Wirt­schaftskrise.“

*****

Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

17.56

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 203

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Wurm, Dr. Dagmar Belakowitsch, Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Aufschub des Endes der gesetzlichen Corona-Kreditstundungen

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 14.) Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1229/A(E) der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beitragsstundungen: Staatsver­sagen darf nicht zu überdurchschnittlicher Konkurswelle führen (652 d.B.) in der 85. Sitzung des Nationalrats am Mittwoch, dem 24. Februar 2021.

Mit dem 3. Februar 2021 tut sich in Zeiten der Corona-Arbeitsmarkt- und Wirtschaftskrise eine echte Gesetzeslücke auf, die zu schweren volkswirtschaftlichen Schäden führen kann:

„Ende der gesetzlichen Corona-Kreditstundungen

Mit 31. Jänner 2021 ist der seit dem Frühjahr geltende Anspruch Bankkredite stunden zu lassen ausgelaufen. Voraussetzung des gesetzlichen Stundungsrechtes war, dass Kreditnehmer aufgrund der Covid-19-Pandemie finanzielle Einbußen erlitten haben und die Weiterzahlung der Kreditraten nicht mehr zumutbar war. Es war aufgrund des Ge­setzes möglich Kreditraten, die im Zeitraum von 1. April 2020 bis 31. Jänner 2021 fällig geworden sind, stunden zu lassen. Und zwar vom Eintritt der Fälligkeit der jeweiligen Raten für einen Zeitraum von 10 Monaten.

Kreditkunden und Banken konnten aber davon abweichende Vereinbarungen treffen. Wenn nach dem Ende der Stundung keine einvernehmliche andere Lösung mit der Bank getroffen wird, dann verlängert sich der Kreditvertrag von Gesetzes wegen um 10 Mo­nate.

Zinsen und Entgelte

Bearbeitungsentgelte und Verzugszinsen waren nicht erlaubt. Ob während des ge­setzlichen Stundungszeitraumes die vertraglichen Sollzinsen anfallen, ist strittig und wird aktuell vom VKI im Auftrag des Sozialministeriums gerichtlich geklärt. Die Zahlung der durch die Zinsen erhöhten Rate, die von den Banken in der Regel vorgeschrieben wird, kann bis zur Gerichtsentscheidung unter Vorbehalt gemacht werden.

Kündigungsverbot wirkt weiter

Neben dem Stundungsrecht war im Gesetz auch ein Kündigungsverbot enthalten, das auch nach dem Auslaufen des Stundungsrecht weiterwirkt, und zwar bis zum Ende des 10-monatigen Stundungszeitraumes der letzten gestundeten Rate. Wurde etwa die Jänner-Rate noch gestundet, dann erstreckt sich daher das Kündigungsverbot bis November 2021.“

https://www.arbeiterkammer.at/kreditstundungen

Im Juni 2020 lobte ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel diese Einrichtung noch über den „grünen Klee“. Jetzt wollen Schwarz und Grün nichts mehr davon wissen:

„Finanzminister Blümel: Stundung der Kredite für Private und Kleinstunternehmen um vier Monate verlängert – bereits mehr als 4 Mrd. Euro gestundet

Im April 2020 führte die Bundesregierung ein gesetzliches Kreditmoratorium ein. Damit haben Verbraucher und Kleinstunternehmer, die Möglichkeit erhalten, Verpflichtungen für Rückzahlungen, Zins- oder Tilgungszahlungen gestundet zu bekommen, ohne dass


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 204

sie dadurch rechtliche Nachteile erleiden. Der Anwendungszeitraum dieser Regelung wurde am Freitag per Initiativantrag um vier Monate bis 31. Oktober 2020 verlängert.

Finanzminister Gernot Blümel: „Wir setzen mit der Verlängerung des Kreditmoratoriums einen wichtigen Schritt, um besonders schützenswerte Kreditnehmer wie Private und Kleinstunternehmer weiter zu entlasten und ihre Liquidität zu stärken. Wer durch die Folgen der Coronakrise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, soll sich keine Sorgen um akut drohende Kreditrückzahlungen machen müssen.“

Das Kreditmoratorium hat bisher zu einer massiven Entlastung von Privaten und Kleinst­unternehmen geführt: So wurden bisher 103.636 gesetzliche Stundungen mit einem Volumen von 4,08 Mrd. Euro umgesetzt.

Vom Kreditmoratorium profitieren Private sowie Unternehmen mit weniger als 10 Mit­arbeitern und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz von bis zu 2 Mio. Euro, die wegen der Auswirkungen der COVID-19-Krise ihre Verpflichtungen aus Kreditverträgen nicht mehr erfüllen können. Die Verlängerung sieht vor, dass der Zeitraum, in dem der Fälligkeitstermin der betreffenden Ansprüche des Kreditgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen zu liegen hat, nicht mehr am 30. Juni 2020, sondern am 31. Oktober 2020 endet. Das gesetzliche Kreditmoratorium sieht eine 3-monatige Stundung aller Kreditforderungen gegenüber Verbrauchern und Kleinstunternehmen (Vertrags­schluss vor dem 15. März 2020) vor. Bis zur heutigen Verlängerung hatte die Fälligkeit der betreffenden Forderungen im Zeitraum von 1. April bis 30. Juni 2020 zu liegen. Weitere Voraussetzung für das Kreditmoratorium ist, dass die Zahlungsleis­tungserbrin­gung infolge von COVID-19-bedingten Einkommensausfällen und der Existenzgefähr­dung in Form einer wirtschaftlichen Notlage für den Kreditnehmer nicht zumutbar ist. Wenn ein Kreditnehmer seine Ratenzahlungen zunächst fortgesetzt hat, so können die Stundungen von ihm trotzdem auch zu einem späteren Zeitpunkt ausgelöst werden. Um europäischen Regulierungsstandards zu entsprechen, nachteilige Auswirkungen für stundende Kreditinstitute hintanzuhalten (insbesondere Vermeidung des NPL-Status durch Stundung von Kreditzahlungsverpflichtungen) und Rechtssicherheit zu schaffen, wurde ein gesetzliches Kreditmoratorium eingeführt.

Die wichtigsten Zahlen und Daten auf einem Blick:

•             Anzahl der gesetzlichen Stundungen:  103.636 – Mitte April waren es 25.000 Kredite die gestundet wurden.

•             Volumen der gesetzlichen Stundungen: 4,08 Mrd

•             Insgesamt vergeben: Kreditvolumen: 26,59 Mrd – Mitte April waren es noch 12 Milliarden Euro.

Blümel: „Wir haben eine Vielzahl von Instrumenten aufgesetzt, um die Kreditvergabe für Unternehmen zu erleichtern. Wir haben den regulatorischen Spielraum so weit wie möglich ausgereizt, um den Firmen mehr Liquidität zu geben. Durch all diese Maß­nahmen ist die Kreditvergabe bei den Banken zuletzt deutlich angestiegen. Besonders erfreulich ist der Anstieg bei den 100% Garantien des Staates, wo die Kosten für die Unternehmer auf ein Minimum reduziert wurden.“ Allein bei den 100%- Garantien des Staates wurde bisher ein Volumen von mehr als 900 Millionen Euro genehmigt. Das entspricht in der Regel auch der damit verbundenen Kreditsumme für die Unternehmen. Die Zinsen für diese Kredite sind für die ersten beiden Jahre mit 0% Zinsen festgelegt und die Rückzahlung beginnt erst ab 1.1.2021. Wir sind nur einer von vier EU-Mit­gliedstaaten, die 100%-Garantien vergeben. Im 10-mal größeren Deutschland wurden rund 9.000 Anträge für 100%-Garantien genehmigt, in Österreich sind es rund 7.000.“

https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2020/juni/kreditmoratorium-verlaengert.html


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 205

Neben der weiteren Stundung der Sozialversicherungsbeiträge ist es daher volkswirt­schaftlich geboten, auch bei den Kreditstundungen für Verbraucher und Kleinstunter­neh­mer die mit 31. Jänner 2021 ausgelaufenen gesetzlichen Corona-Kreditstundungen in der bisherigen Fassung bis zum Ende der Corona-Wirtschaftskrise weiterzuführen. Fin­det dies nicht statt, dann könnte es zu einer Insolvenzwelle kommen, die breite Kreise der Bevölkerung treffen würde.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die gesetzliche Regelungen für folgende Maßnahmen umfasst:

- Das rückwirkende Wiederinkrafttreten der mit 31. Jänner 2021 ausgelaufenen ge­setzlichen Corona-Kreditstundungen in der bisherigen Fassung.

- Die Anwendung dieser gesetzlichen Corona-Kreditstundungen auf den bisherigen Anspruchsberechtigtenkreis, wie Verbraucher und Kleinstunternehmer.

- Die Geltung dieser gesetzlichen Corona-Kreditstunden bis zum Ende der Corona-Wirtschaftskrise.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter David Stögmüller, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte.


17.56.20

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Minister! Es passt nicht ganz zum Thema Arbeitsmarkt, aber es ist trotz­dem in diesem Paket drinnen, nämlich die Verlängerung des Freiwilligengesetzes unter TOP 15. Das ist ein sehr wichtiger Punkt, es geht nämlich darum, dass mit dieser Än­derung im Freiwilligengesetz der außerordentliche Freiwilligendienst versehen mit einer Sunset­clause bis zum 31. August verlängert wird.

Das ist deswegen wichtig, weil es um Rechtssicherheit zum einen für die Träger, die diese Zivil- beziehungsweise Gedenkdiener ins Ausland schicken, und zum anderen für jene jungen Menschen, die aufgrund von Corona wieder nach Österreich kommen, um hier ihren Zivildienst abzuleisten, der auch angerechnet wird, geht. Diese Verlängerung bis zum 31. August ist sehr notwendig.

Ich möchte die Gelegenheit auch gleich nützen und allen Zivildienern, die gerade in dieser schwierigen Zeit ihren Dienst ableisten und für diese Gesellschaft einen wichtigen Beitrag leisten, danken. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Ein weiterer Punkt, der im Zusammenhang mit dem Freiwilligengesetz immer wieder herangetragen worden ist, ist die Frage, warum die Verlängerung nur bis zum 31. August und nicht bis Ende des Jahres erfolgt. Das liegt daran, dass es mit dem Zivildienstgesetz gleichgesetzt wurde. Es gibt jetzt gleiche Fristen, wir werden uns das aber bis Ende des Sommers noch einmal konkreter anschauen, schauen, ob es noch eine Verlängerung braucht. Wir, die Grünen, sind der Meinung, dass das Damoklesschwert, das natürlich beim außerordentlichen Zivildienst über den jungen Menschen schwebt, eines ist, das


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 206

wir uns ganz gut anschauen müssen. Ob eine Verlängerung gebraucht wird oder nicht – es braucht jedenfalls klare Rechtssicherheit für diese Trägerorganisation und auch für diese Gedenkdiener.

Vielen Dank, dass heute, wie ich glaube, alle Parteien dieser Gesetzesvorlage zustim­men werden. Ich glaube, das ist großartig und notwendig und zeigt auch den Respekt, den wir gegenüber den Gedenkdienern haben. – Vielen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

17.58


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Alois Stöger. – Bitte.


17.58.36

Abgeordneter Alois Stöger, diplômé (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Coronapandemie hat nicht nur neue Probleme geschaffen, sondern sie hat auch alte Probleme verschärft. Eine dieser großen Verschärfungen findet auf dem Arbeitsmarkt statt. Jene Menschen, die langzeitarbeitslos sind, haben noch weniger Chancen, und die Zahl der Menschen, die langzeitarbeitslos sind, hat sich auf 140 000 Per­sonen erhöht.

Das ist ein Problem, das lange ignoriert worden ist. Wir haben mit der Aktion 20 000 einen Schritt gesetzt, um gerade in dieser Gruppe etwas zu verbessern, und jetzt merken wir in diesem Feld große Untätigkeit dieser Regierung. Herr Bundesminister, da kann man nicht wegschauen, sondern da muss man jetzt etwas tun! Es wundert mich, dass man 50 Milliarden Euro ausgeben kann und die Arbeitslosigkeit bei uns trotzdem explodiert.

Es ist höchste Zeit für neue Initiativen – die Sozialdemokratie hat sie entwickelt. Wir haben Vorschläge gemacht, wie das geht. Pamela Rendi-Wagner hat heute vorge­schla­gen: Machen wir eine Aktion 40 000! Mit einer aktiven, gezielten Arbeitsmarktpolitik kann man den Betroffenen helfen.

Die Menschen, die arbeitslos geworden sind, brauchen Einkommen. Erhöhen Sie daher bitte das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent! (Beifall bei der SPÖ.)

Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, brauchen Perspektiven – Perspek­tiven, wie es nach Corona weitergehen soll, Perspektiven, wie sie trotz einer schlechten Ausgangsposition wieder einen Job bekommen können.

Daher noch einmal: Aktion 40 000! Ich selbst habe als Minister die Aktion 20 000 ein­geführt, und ich habe viele Menschen kennengelernt, die sich bei mir dafür bedankt haben, dass wir das gemacht haben. Wir haben in einem halben Jahr mehr als 4 000 Men­schen in Beschäftigung gebracht. Wenn Herr Pöttinger meint, das war nichts, dann muss ich sagen: Fragen Sie bitte die Leute!, sie können das gerne tun. Ich würde mich freuen, wenn die Unternehmen 4 000 Menschen, die über 50 Jahre alt sind und ein Jahr arbeits­los waren, aufnehmen.

Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, brauchen einen Job im öffent­lichen Bereich, in dem sie auch gebraucht werden. Davon profitieren die Betroffenen, die Gemeinden, die BürgerInnen. Es wäre eine Perspektive für Menschen, und das wäre eine Arbeitsmarktpolitik, die wir unterstützen wollen. In diesem Sinne: die konkreten Vorschläge der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

18.01


Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer zu Wort. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 207

18.01.43

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Ich möchte gerne auf zwei Themen eingehen, zuerst auf die SPÖ und ihren Antrag, dass man die Abfertigungsgelder sozusagen vor dem Pensionsantritt auszahlen sollte, wenn sie wirklich dem Kapitalvertrag unterliegen.

Ich möchte den Menschen gerne erklären, was die Abfertigung eigentlich bedeutet. Das ist im Grunde genommen eine Sparform, gleich einem Bausparer, den man abschließt. Löst man diesen Bausparer vorzeitig auf, dann muss man eigentlich Strafzahlungen leisten. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Das ist eine Gemeinschaft, in die Gelder einbezahlt werden, ein Vertrag, bei dem ganz viele Menschen, viele Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer einzahlen, und das sollte eigentlich die Vorsorge dafür sein, wenn sie dann irgendwann einmal in Pension gehen.

Ich möchte dazu noch etwas sagen: Ein Sparbuch kann ich anlegen, ich kann auf das Sparbuch Geld einlegen, ich kann es auch wieder abheben – wie ich möchte. In einer solchen Sparform ist das aber weder günstig noch gut noch zielführend. All diejenigen, die in diese Sparform einzahlen und das Geld nicht herausnehmen, haben dann nicht mehr die Erträge, die sie eigentlich vorprognostiziert bekommen haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Beispiel, das im Antrag der SPÖ steht, dass man, wenn man zwei Jahre einzahlt, bis zu 850 Euro bekommt, möchte ich noch einmal eindringlich hervorstreichen, dass wir bis zu 900 Euro zusätzlich an Arbeitslose, die durch die Coronakrise arbeitslos geworden sind, ausbezahlt haben. Sie haben also dieses Geld in dieser Form erhalten. (Beifall des Abg. Pöttinger.)

Ich möchte gerne auf ein zweites Thema eingehen, das mir persönlich sehr wichtig ist, nämlich die Freiwilligentätigkeit in unserem Land. Österreich ist Vorreiter auf der ganzen Welt, was die Freiwilligkeit, den Zivildienst und dergleichen angeht.

Ich möchte unserem Sprecher für den Bereich der Freiwilligen nicht vorgreifen, aber ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Freiwilligen, die in Österreich ihren Dienst leisten, recht herzlich bedanken; das gibt es nirgendwo auf der Welt. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

18.04


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Hanger. – Bitte.


18.04.16

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich habe soeben festgestellt, dass mich Kollegin Kirchbaumer schon sehr gut kennt. Wenn ich über das Ehrenamt spreche, weiß sie, was ich sagen will.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ja tatsächlich, es ist bei uns in Österreich schon so, dass wir auf das Ehrenamt, auf den gemeinnützigen Sektor unglaublich stolz sein können: 3,5 Millionen Menschen engagieren sich in Österreich Tag für Tag ehrenamtlich. Das sind 44 Prozent aller über 15-Jährigen, und mit diesem Wert sind wir Europaspitze. Kollegin Kirchbaumer hat es schon gesagt, das ist tatsächlich etwas, auf das wir unheimlich stolz sein können, aber das vereint uns auch, wie ich glaube, hier im Hohen Haus, das möchte ich ausdrücklich betonen.

Wenn gesagt wird: Na ja, die Politiker, Sonntagsreden und überall wird das Ehrenamt gelobt!, stellt sich natürlich auch die politische Frage: Was tun wir denn dafür, dass dieses


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System auch tatsächlich funktioniert? – Das ist für mich immer wieder eine spannende politische Frage, denn wenn man damit beginnt, quasi Ehrenamt finanziell abzugelten, dann ist das wahrscheinlich der falsche Zugang, weil das schon per se nicht funktio­nieren kann, da man das Ehrenamt an sich aushöhlen würde. Man muss aber natürlich immer die Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Ehrenamt gut entwickeln kann.

Ich freue mich sehr, auch immer wieder sagen zu können, dass wir doch viel getan haben. Ich erinnere an den NPO-Fonds, an den Fonds für die gemeinnützigen Träger: 700 Millionen Euro. Ich freue mich immer sehr, wenn Vereine zu mir sagen: Ja, da ist es einfach, das Geld abzuholen, damit wir diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe weiter­hin erfüllen können.

Ich möchte auch das Regierungsprogramm erwähnen. Ich bin sehr stolz darauf, dass wir Maßnahmen in einer noch nie dagewesenen Dichte dafür festgelegt haben, wie wir das Ehrenamt und die Gemeinnützigkeit weiterentwickeln wollen. Wir wollen uns einmal das Gemeinnützigkeitsrecht an sich sehr genau anschauen, vor allem auch in der abgabenrechtlichen Behandlung; es geht um Themen wie die Spendenabsetzbarkeit. Wir wollen uns auch die juristische Unterscheidung zwischen der sozialversicherungs­pflichtigen Arbeit und der ehrenamtlichen Arbeit sehr klar anschauen, da gibt es immer wieder Überschneidungsthemen.

Wir haben also das große Ziel, Rahmenbedingungen zu bauen, damit Freiwilligenarbeit, damit gemeinnützige Arbeit auch in Zukunft in Österreich funktionieren kann.

Konkret zum Gesetz: Kollege Stögmüller hat es schon gesagt, es adressiert einen relativ kleinen Kreis, aber umso wichtiger ist – das möchte ich ausdrücklich wertschätzen –: Es geht um junge Österreicherinnen und Österreicher, die Freiwilligenarbeit, die das Ehren­amt im internationalen Kontext leben, die für Sozialprojekte zum Beispiel nach Kenia, nach Ecuador, nach Indien und in andere Länder fahren, um dort im Kinderbereich, im sozialen Bereich, im pädagogischen Bereich zu arbeiten. Für diese Personengruppe gibt es jetzt Rechtssicherheit bis 31. August, das heißt, es gibt auch ein entsprechendes Rückkehrrecht. Für diejenigen, denen dann auch der Zivildienst in Österreich angerech­net wird, schaffen wir damit die Möglichkeit, den Zivildienst in Österreich fertig zu machen.

Ich möchte mich dem, was Kollege Stögmüller gesagt hat, anschließen: Wir haben jetzt einmal eine Befristung bis 31. August. Wir müssen sehr genau hinschauen. Wir alle hoffen, dass die Pandemie dann vorbei ist, aber es ist uns ein gemeinsames Anliegen, auch in Zukunft für Rechtssicherheit zu sorgen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.07


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Josef Muchitsch zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.07.15

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Eine tatsächliche Berichtung: Frau Abgeordnete Kirchbaumer hat behauptet, dass die Beiträge für die Abfertigung Neu von den Arbeitnehmern einbezahlt werden.

Ich stelle richtig: Die Beiträge werden von den Arbeitgebern einbezahlt; 1,53 Prozent Lohnbestandteil.

Damit komme ich gleich zur zweiten Berichtigung: Die Behauptung, es ist eine Sparform, ist unrichtig.

Es ist ein Lohnbestandteil, der von den Arbeitgebern für die Arbeitnehmer einbezahlt wird und auf ein Konto kommt. Der Arbeitnehmer entscheidet nach drei Jahren, bei


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 209

Beendigung des Dienstverhältnisses, ob er es ausbezahlt haben will oder nicht. Fast 40 Prozent haben das vor Corona schon genutzt. Unser Antrag lautet: ab einem Jahr. Mehr ist es nicht. Ihr sei dagegen – schade! (Beifall bei der SPÖ.)

18.08


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist diese Debatte geschlossen.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

18.08.2416. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1165/A der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (650 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1240/A der Ab­geordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird (651 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 16 und 17 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet: Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte.


18.09.12

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht in diesem Antrag um werdende Mütter, um schwangere Frauen. Die Pandemie macht alles kompliziert, es ist alles anders – das haben wir alle schon sehr oft in den Mund genommen –, ja, das stimmt. Was aber nicht mehr stimmt, ist, dass die ÖVP sich Familienpartei nennt. Das kann ich jetzt ganz gut begründen.

Herr Kollege Sieber, Sie werden nach mir hier herauskommen (Zwischenruf des Abg. Sieber), und ich muss sagen: Entweder ihr in der ÖVP habt es nicht gecheckt oder ihr macht es absichtlich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Zweiteres wäre ganz übel.

Ich richte auch meinen Appell an alle Frauen in der ÖVP: Wenn wir jetzt quasi die Sonderfreistellung für Frauen, die in körpernahen Bereichen arbeiten und die während der Schwangerschaft freigestellt werden, verlängern, ihr heute gemeinsam mit uns diese Verlängerung bis Ende Juni beschließen wollt (Zwischenruf des Abg. Sieber), dann hat das Ganze, muss ich sagen, einen Haken. Achtung, Achtung: Wer bis Ende März in diese Sonderfreistellung kommt, für den gilt das dann weiter. Wenn wir das heute bis Ende Juni verlängern und eine Freistellung zwischen 1. April und 30. Juni erfolgt, gilt sie nicht weiter, sondern sie endet mit 30. Juni! Was tun dann diese Frauen ab dem 1. Juli? Müssen sie dann wieder an ihrem Arbeitsort erscheinen? – Das könnt ihr doch bitte nicht ernst meinen! Reparieren wir das doch! Wir können es auch heute schon reparieren. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 210

Wir können das auch heute schon in der zweiten Lesung ändern, denn ich habe einen Abänderungsantrag vorbereitet. Ich darf das jetzt schon sagen: Wir haben uns wirklich bemüht. Im Sozialministerium haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das längst gecheckt. Wir sind dann an euch herangetreten: Reparieren wir das doch, damit die Frauen nicht verunsichert sind, dass sie am 1. Juli wieder arbeiten gehen müssen, obwohl sie sonderfreigestellt sind! Die alte Regelung ist besser als eure Verlängerung! – Ihr habt es nicht gecheckt oder wollt es nicht checken.

Es hat ohnehin zehn Monate gedauert, bis ihr erkannt habt, dass die Erkrankungen schwerer verlaufen können, dass es für schwangere Frauen, die in diesen Bereichen gearbeitet haben, häufiger auf Intensivstationen enden kann. Wir haben das vor zehn Monaten schon versucht, und nun verlängern wir etwas, das schlechter ist als das vorherige.

Daher bringe ich zum Reparieren, Herr Kollege Sieber, einen Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Genossinnen und Genossen

zu 651 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Die Bezeichnung „1.“ und die Z 2 entfallen.

2. In der bisherigen Z 1 wird vor dem Wort „durch“ das Wort „jeweils“ eingefügt.

*****

Das sind zwei kleine Dinge, die geändert werden. Da geht es nicht um eine riesengroße Gruppe, aber um Sicherheit für schwangere Frauen, die sich fürchten. Wir wollten ja auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ansteckungsgefahr mitnehmen – das sieht unser Antrag vor –, nicht nur sozusagen auf den direkten Kundenkontakt abstellen. Auch dann, wenn man im Handel tätig ist, kann es passieren, dass man einer Ansteckungs­gefahr ausgesetzt ist, auch wenn man keinen direkten Kontakt zur Kundin hat – keinen direkten Körperkontakt hat, so wie ihr das versteht –, der man vielleicht trotzdem in der Kabine beim Anziehen hilft. Das wollt ihr aber auch nicht.

Wir könnten heute mit einem Schlag zwei Dinge, die für diese sehr verunsicherte Gruppe wirklich ganz wichtig wären, reparieren. (Beifall bei der SPÖ.)

18.13

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (651 d.B.) über den Antrag 1240/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Barbara Neßler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979 geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Die Bezeichnung „1.“ und die Z 2 entfallen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 211

2. In der bisherigen Z 1 wird vor dem Wort „durch“ das Wort „jeweils“ eingefügt.

Begründung

Im derzeit geltenden Gesetzestext, aufgrund dessen die Sonderfreistellung für Schwan­gere geschaffen wurde, besagt § 3a Abs.6, dass die Bestimmungen, die grundsätzlich bis zum 31. März gelten, weiterhin auf Freistellungen vor diesem Zeitpunkt anzuwenden sind. Diese Bestimmung soll nun entfallen, was bedeutet, dass Freistellungen, die vor dem 30.6. ausgesprochen wurden, nicht über diesen Zeitpunkt hinaus gelten und die Frauen mit 1.7. wieder die Beschäftigung antreten müssen.

Mit der vorliegenden Änderung soll diese Nachwirkung der bereits ausgesprochenen Freistellung, so wie bisher auch, über diesen Zeitpunkt hinaus gelten.

*****


Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Norbert Sieber. – Bitte.


18.13.20

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Wir debattieren heute eine Änderung des Mutterschutzgesetzes 1979. Worum geht es? – Wir haben zu Beginn des Jahres eine Sonderfreistellung für schwan­gere Frauen beschlossen. Wir haben lange darüber diskutiert, und es war dann so, dass Studien eindeutig ergeben haben, dass es ab der 14. Schwangerschaftswoche doch Belastung gibt und bei körpernahen Tätigkeiten eine Freistellung notwendig ist. Des­wegen haben wir das auch beschlossen, und zwar bis 30. März.

Die Pandemie wird sicherlich länger dauern, deswegen werden wir diese Sonder­frei­stellung bis Ende Juni beschließen, so wie wir es auch im Ausschuss schon miteinander gemacht haben.

Zum Antrag von Kollegin Heinisch-Hosek, dem Antrag 1165/A, in dem Sie zunächst eigent­lich fordern, dass praktisch allen Schwangeren diese Möglichkeit gegeben wird (Abg. Heinisch-Hosek: Nein! Nein, das ist unrichtig!), möchte ich Ihnen sagen, dass wir da keine pauschale Freistellung sehen (Abg. Heinisch-Hosek: ... Ansteckungsrisiko!), sondern dass wir eine individuelle Beurteilung für diese Frauen haben. Das findet gemeinsam mit dem Arbeitsinspektorat statt, sodass entsprechende Schutzmaßnahmen für diese Frauen gesetzt werden. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Deswegen werden wir diesen Antrag auch ablehnen, weil wir eben eine individuelle Behandlung präferieren und vorantreiben.

Zu Ihrem Abänderungsantrag: Wir haben das natürlich nicht übersehen oder nicht be­dacht. Faktum ist, dass wir, wenn es Ende Juni, Kollegin Heinisch-Hosek, die Pandemie noch gibt, was wir alle nicht hoffen, wenn dann immer noch Pandemie herrscht, natürlich diese Regelung auch verlängern werden. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) Wenn es, was wir alle wirklich hoffen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek), keine Pandemie mehr gibt, dann endet diese Sonderfreistellung auch mit Ende Juni, und folgerichtig werden wir Ihren Abänderungsantrag auch ablehnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.15


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abge­ordnete Gabriele Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte. (Zwischenruf bei der ÖVP.)



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 212

18.15.33

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Abgeordneter Sieber hat soeben behauptet, dass unser Antrag alle Schwangeren umfassen würde.

Lest bitte einmal genau, was da gemeint ist! Wir meinen die Frauen, die werdende Mütter sind und in Bereichen arbeiten, in denen körpernahe Dienstleistungen zu erbringen sind und in denen sie einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind. (Zwischenruf des Abg. Sieber.) Das sind doch nicht alle Schwangeren, Entschuldigung! (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Matznetter.)

18.16


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Rosa Ecker zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.16.00

Abgeordnete Rosa Ecker, MBA (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geschätzte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! Wir sehen, im sensiblen Bereich Schwangerschaft und Covid sind noch viele Fragen offen und es gibt wenige klare, konkrete Antworten, aber eines ist sicher – das wurde auch in Studien schon nachgewiesen –: Schwangere Frauen haben im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen ein erhöhtes Risiko, schwer zu erkranken, ein erhöhtes Risiko für einen schwereren Verlauf. Sie brauchen öfter intensivmedizinische Betreuung und sie müssen auch öfter beatmet werden. Natürlich bedeutet Schwangerschaft an sich schon oft ein erhöhtes Risiko für Diabetes oder Bluthochdruck, eben ähnlich der Covid-19-Hochrisiko­gruppe an sich.

Im Frühjahr 2020 glaubte man noch, dass Corona während der Schwangerschaft keine besonderen Auswirkungen hätte, aber amerikanische Untersuchungen haben schon nachgewiesen, dass es Einzelfälle gibt, bei denen das Virus auf das Ungeborene über­tragen wurde, dass Babys in der Plazenta unterversorgt sind – mit den daraus resultie­renden Spätfolgen –, und es werden vereinzelt öfter Fehlgeburten und vereinzelt öfter Totgeburten gemeldet. Daher sind wirklich Präventivmaßnahmen zu ergreifen, um schwangere Mütter vor Infektionen zu schützen.

Dazu gilt es zum einen die Sozialkontakte zu reduzieren – das wissen wir –, aber zum anderen auch die Kundenkontakte. Das betrifft natürlich den Bereich der körpernahen Dienstleistungen, in dem für Schwangere keine anderen Schutzmaßnahmen getroffen werden können, aber auch andere Dienstleistungsbereiche. Denken wir an den Handel: Da ist Homeoffice schwer möglich und das Reduzieren von Kundenkontakten ist auch schwer möglich. Es besteht dort dann ein erhöhtes Ansteckungsrisiko und FFP2-Masken sind schwangeren Frauen wirklich nicht zumutbar.

Für Mütter steht immer der Schutz des Babys an erster Stelle. Das gesundheitliche und das seelische Wohlbefinden sind für Mutter und Kind genauso wichtig, Ängste und Sorgen sind zu vermeiden. Das heißt, der Schutz des werdenden Lebens muss uns sehr wichtig sein, er hat Priorität. Wir stimmen natürlich beiden Anträgen auf Freistellung ab der 14. Schwangerschaftswoche bei gleichem Gehalt zu. (Beifall bei der FPÖ.)

18.18


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Barbara Neßler. – Bitte.


18.18.36

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minis­ter! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Sicherheit und Gesundheit


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 213

haben insbesondere, wenn es um den Schutz von Schwangeren geht, oberste Priorität. Es gilt daher, alles daranzusetzen, um das Risiko im Vorfeld für die Mutter und natürlich auch für das Kind zu minimieren. Darum haben wir mit der Freistellung entsprechende Schutzmaßnahmen für Schwangere im Kontext mit der Coronakrise getroffen, die wir nun bis Juni verlängern.

Das ist deshalb wichtig, weil viele Schwangere gerade in Berufen mit Körperkontakt besondere Sorgen oder Ängste vor der Infektion mit dem Coronavirus haben und Schwangere sich ja nicht nur um ihre eigene Gesundheit sorgen, sondern auch um die Gesundheit ihres Kindes, was natürlich zu einer vermehrten psychischen Belastung führen kann. Es kann also somit auch zu einer emotionalen Belastung kommen, was sich negativ auf die Schwangerschaft auswirkt, und das wollen wir natürlich nicht. Wir nehmen die Sorgen und Ängste wirklich ernst und daher müssen wir allen Schwangeren in einem körpernahen Beruf weiterhin einfach den besten Schutz bieten.

Wenn es Schwangeren nicht möglich ist, ihre Beschäftigung mit einem Mindestabstand oder im Homeoffice oder an einem anderen Ort auszuüben, dann besteht eben das Recht auf Freistellung mit voller Lohnfortzahlung, und die Arbeitgeber, Arbeitgeberinnen erhalten die Lohnkosten ersetzt.

Zur Kollegin der SPÖ (in Richtung Abg. Heinisch-Hosek): Ja, das mit der Verlängerung bis Juni, mit dem Zeitpunkt, das ist tatsächlich ein Problem. (Abg. Heinisch-Hosek nickt.) Das werden wir uns noch genauer anschauen und darauf schauen, dass wir da auch wirklich eine Lösung finden. (Beifall der Abgeordneten Disoski und Voglauer sowie bei der SPÖ.)

Wir verlängern somit eine Regelung, mit der die Gesundheit geschützt und die Belastung reduziert wird und mit der für die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen keine zusätzlichen Kosten anfallen, und somit profitieren alle.

Was ich allerdings nicht ganz verstehe, ist, dass die NEOS bereits im Dezember diese wichtige Maßnahme abgelehnt haben und jetzt wieder ablehnen, mit der Begründung, dass sie dem Anliegen nichts abgewinnen können, weil ihrer Ansicht nach die Wahlfrei­heit für Betroffene gegeben sein muss. Diese Kritik läuft aber ins Leere, liebe NEOS. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass es einen Anspruch auf Freistellung gibt und kein Muss. (Abg. Loacker schüttelt den Kopf.)

Eine ähnliche Situation hatten wir bei der Sonderbetreuungszeit, bei der Sie gemeint haben, das wäre dem Betrieb gegenüber illoyal. Da möchte ich Sie aber bitte auf die Betreuungspflicht der Eltern per Gesetz verweisen.

Es braucht, glaube ich, gerade jetzt ein gutes Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, damit wir wirklich gut durch diese Krise kommen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Obernosterer.)

18.21


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte.


18.21.47

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Seit Anfang dieses Jahres sind schwangere Beschäftigte in Berufen mit Körperkontakt ab der 14. Schwangerschaftswoche bei vollem Lohnausgleich freizustellen. Vorausset­zung dafür ist, dass eine Änderung der Arbeitsbedingungen, zum Beispiel Homeoffice oder die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes, nicht möglich ist – das betrifft etwa Friseurinnen, Masseurinnen oder Kindergartenpädagoginnen. Der Arbeitgeber erhält im


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Gegenzug die Lohnkosten inklusive Lohnnebenkosten von der Krankenversicherung ersetzt.

Derzeit ist diese Regelung mit 31. März befristet, nun soll sie bis Ende Juni verlängert werden. ÖVP und Grüne haben eine entsprechende Novelle zum Mutterschutzgesetz vorgelegt, zudem soll eine rechtliche Klarstellung in Bezug auf die Erstattung der Kosten für Arbeitgeber vorgenommen werden.

Unsere Position habe ich schon beim letzten Mal deutlich gemacht: Das Gesetz stellt ein Arbeitsverbot für Schwangere in körpernahen Berufen dar. Das ist absolut nicht unsere Philosophie.

Jede Schwangere soll die Option haben, selbst zu entscheiden, ob sie arbeiten will oder nicht. Jeder Mensch soll die Freiheit haben, so zu leben, wie er es möchte – unabhängig, frei und selbstbestimmt. Zudem wollen wir einen gleichberechtigten Zugang zum Arbeitsmarkt für Frauen, und so wird uns das nicht gelingen.

Kleineren Unternehmen fällt außerdem von heute auf morgen das Personal aus, was in der jetzigen Situation besonders schwierig ist. Außerdem hat der Gesundheitsminister die Möglichkeit, per Verordnung Schwangere den Risikogruppen zuzuordnen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

18.23


Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abge­ordneter Loacker zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.23.31

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Kollegin Neßler hat behauptet, es handle sich bei dieser Freistellung der Schwangeren um ein Recht der Betroffenen.

Ich berichtige tatsächlich: Tatsächlich handelt es sich um ein Beschäftigungsverbot, weil in § 3a Mutterschutzgesetz steht, sie „dürfen [...] nicht beschäftigt werden.“ – Das ist also kein Recht der Betroffenen, sondern ein absolutes Beschäftigungsverbot. (Beifall bei den NEOS.)

18.24


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte.


18.24.13

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Fern­sehbildschirmen! Wir beschließen heute hier im Parlament die Verlängerung des Frei­stellungsanspruches für schwangere Arbeitnehmerinnen. Mit dieser Maßnahme schüt­zen wir Frauen und ihre ungeborenen Kinder. Wir minimieren das Risiko einer Ansteckung, und das ist dort am höchsten, wo physischer Körperkontakt mit anderen Personen nicht vermeidbar ist. Davon sind rund 4 500 Arbeitnehmerinnen in körpernahen Berufen betroffen. Uns ist der verstärkte Schutz von Schwangeren immer sehr wichtig.

Ebenso ist in der Coronapandemie auch sicherzustellen, dass dem Dienstgeber durch diese Regelung keine Kosten entstehen. Den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern wer­den die Lohnkosten zu 100 Prozent ersetzt.

Schon vor der Krise haben wir in vielen Bereichen unsere schwangeren Frauen und ihre ungeborenen Kinder frühzeitig vor schweren Belastungen geschützt. Das Tragen einer FFP2-Maske ist einer Schwangeren generell nicht zumutbar und führt zu einer frühzeitigen


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Karenzierung. Die Freistellung während der Coronapandemie gilt dann, wenn schon bestehende Freistellungen und andere Maßnahmen, wie zum Beispiel Homeoffice oder dergleichen, nicht greifen.

Nach wie vor ist der beste Schutz gegen das Virus das Einhalten von Hygiene­maß­nahmen. Es ist medizinisch belegt, dass für Schwangere im Umgang mit dem Corona­virus besondere Vorsicht geboten ist. Von der Verlängerung dieser Maßnahme sind unter anderem Elementarpädagoginnen, Friseurinnen, Physiotherapeutinnen, Masseurin­nen et cetera betroffen.

Es ist unsere Aufgabe, gerade jene zu schützen, die es selbst nicht können, und dazu zählen ganz klar unsere ungeborenen Kinder. Wir werden die zukünftigen Generationen nicht unnötigen Gefahren aussetzen und deshalb verlängern wir den frühzeitigen Mutter­schutz bis Ende Juni. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Heinisch-Hosek: 1. Juli!)

18.26


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist in dieser Debatte niemand mehr gemeldet. Damit ist sie geschlossen.

Die Abstimmung verlege ich wie vereinbart an den Schluss der Verhandlungspunkte des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

18.26.4718. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 992/A(E) der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Lehrstellen schaffen durch Einführung des Blum-Bonus-Corona (649 d.B.)

19. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1232/A(E) der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz von Selbständigen vor Covid-19 (654 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen somit zu den Punkten 18 und 19 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Verena Nussbaum. – Bitte.


18.27.35

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Corona macht vor niemandem Halt. Das Virus unterscheidet auch nicht, ob jemand selbstständig ist oder ein Anstellungsverhältnis hat – die gesetzlichen Rege­lungen aber schon. Es kann aber nicht sein, dass Selbstständige, die zu einer Risiko­gruppe gehören, zusätzliche Umsatzeinbußen erleiden, weil sie wegen ihrer Vorerkran­kungen ihre Kunden- und andere Geschäftskontakte einschränken müssen. Es müssen dringend Änderungen vorgenommen werden, damit Selbstständige nicht zwischen ihrer Gesundheit und ihrer wirtschaftlichen Existenz wählen müssen.

Für Covid macht es aber auch keinen Unterschied, ob ich mich mit 15 für eine Lehre entscheide oder weiterhin in die Schule gehen möchte. Die Zukunft vieler Jugendlicher ist derzeit ungewiss, denn die Jugendarbeitslosigkeit steigt immer weiter an. Die Arbeits­losenquote von jungen Menschen bis 25 Jahre beträgt derzeit mehr als 10 Prozent. In den Monaten März bis Mai 2020 haben ungefähr 38 000 junge Menschen ihren Job


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verloren oder konnten keine Arbeit beginnen. Damit gehören junge Menschen zu den Hauptbetroffenen der Coronakrise.

Gerade für junge Menschen, die erst am Beginn ihrer Berufstätigkeit stehen, ist die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt brandgefährlich, denn wer am Beginn seiner Erwerbstätigkeit, seines Erwerbslebens ohne Arbeitsplatz dasteht, hat später nicht nur ein erhöhtes Risiko, den Job zu verlieren, sondern auch ein niedrigeres Einkommen und schlechtere Aufstiegschancen. Arbeitslos zu sein ist für alle Menschen schwer, es fehlt das Gefühl, gebraucht zu werden, aber bei jungen Menschen kommt auch noch die fehlende Perspektive dazu.

Aber auch für die Gesellschaft sind die Spätfolgen der derzeitigen Jugendarbeitslosigkeit sehr teuer. Die Bundesregierung hat zwar die Taskforce Jugendbeschäftigung ins Leben gerufen, ein Gesamtkonzept und eine Arbeitsmarktoffensive fehlen jedoch weiterhin. Jetzt braucht es unserer Meinung nach dringend einen Coronanotausbildungsfonds und eine massive Aufstockung der Plätze in der überbetrieblichen Lehrausbildung. (Beifall bei der SPÖ.) Nur so kann eine Generation Corona verhindert werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte.


18.30.16

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer zu Hause! Ich darf mich zu zwei Anträgen, die wir heute dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zuweisen werden, zu Wort melden.

Im ersten Antrag, 992/A(E), von der FPÖ geht es um den Blum-Bonus, mit dem Betriebe gefördert werden sollen. Grundsätzlich kann ich der FPÖ dabei in einem Punkt recht geben: Die Lehre ist sowohl für unsere Jugendlichen als auch für unsere Betriebe unge­mein wichtig. Eine Lehrausbildung ist der perfekte Start ins Berufsleben, viele Karriere­möglichkeiten und Aufstiegschancen ergeben sich dadurch.

Allerdings gibt es bereits ein sehr gutes Instrument für diesen Bereich: den Lehrlings­bonus. Diesen haben wir vor dem letzten Sommer beschlossen, und seither wurde dieser Lehrlingsbonus von über 12 000 Unternehmen beantragt. Mit über 48 Millionen Euro konnten wir mehr als 24 000 Lehrstellen sichern – ein wichtiger und erfolgreicher Beitrag zur Ausbildung, und damit hat sich unser Lehrlingsbonus auch bewährt.

Zum Thema Lehre liegt bereits ein wortgleicher Antrag des Kollegen Angerer von der FPÖ dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie vor, wo er auch hingehört, denn für das Thema Lehrlingsausbildung ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Digitalisierung mit Bundesministerin Schramböck zuständig. Daher erfolgt nun auch die Zuweisung an den richtigen Ausschuss, an das richtige Ressort.

Das Gleiche gilt für den zweiten Antrag, 1232/A(E), von der SPÖ. Dabei geht es um den Schutz von Selbstständigen in Coronazeiten. Dienstfreistellungen, Entgeltfortzahlungen und Homeoffice können für Selbstständige aber nicht eins zu eins von den Arbeit­nehmern und Unselbstständigen übernommen werden, da bin ich mit Kollegen Loacker einer Meinung. Ein Selbstständiger hat sich bewusst für eine Selbstständigkeit entschie­den und möchte daher auch nicht wie ein Arbeitnehmer eingeschränkt werden. Natürlich ist es uns ein großes Anliegen, Selbstständige vor der Infektionsgefahr zu schützen und sie bestmöglich zu unterstützen, wo immer es möglich ist, wir haben deshalb auch zahlreiche Maßnahmen getroffen, wie etwa den Härtefallbonus, den Fixkostenzuschuss, den Umsatzersatz und auch den Ausfallbonus. All diese Unterstützungen haben wir für


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die Selbstständigen geschaffen, um sie so gut wie nur irgendwie möglich zu unterstützen und durch diese Pandemie zu begleiten.

Um Doppelförderungen zu vermeiden, haben wir vorgeschlagen, diesen Antrag eben­falls dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zuzuweisen. Somit wird sich der richtige Ausschuss mit den genannten Themen auseinandersetzen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Erwin Angerer zu Wort. – Bitte.


18.33.05

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Mein Antrag zum Thema Lehrlingsausbildung, Blum-Bonus, Frau Kollegin Graf, liegt im Wirtschaftsausschuss, das ist richtig, und ich habe den Antrag schon mehrfach eingebracht. Es würde uns aber nichts daran hindern, diesem sinnvollen Antrag heute zuzustimmen. Dann hätten wir es erledigt, dann hätten wir sehr viel für die Lehrlinge getan, weil der Blum-Bonus nämlich nicht wie die Prämie von 2 000 oder 3 000 Euro, die Sie heute Betrieben geben, eine Einmalzahlung ist, sondern eben eine Zahlung über die gesamte Lehrzeit. Das heißt, dass der Lehrling oder der Betrieb über die gesamte Lehrzeit unterstützt wird. Der Vorschlag ist in einer Größen­ordnung von 400 Euro pro Monat im ersten Jahr – das ergibt 5 600 Euro im Jahr –, 200 Euro pro Monat im zweiten Jahr – das ergibt 2 800 Euro im Jahr – und 100 Euro pro Monat im dritten Jahr – das wären 1 400 Euro im Jahr.

Wir wissen – es ist schade, dass der Arbeitsminister jetzt nicht mehr bei uns ist und sich für die Lehrlinge keine Zeit mehr nimmt –, dass es einen Lehrstellenmangel gibt, dass es viele junge Leute gibt, die Arbeit suchen. Ich glaube, es wäre wichtig, in der jetzigen Zeit in die Jugend, in die Bildung der Jugend und vor allem in die Ausbildung der Jugend zu investieren. Sie sind die Fachkräfte der Zukunft, und deshalb hoffe ich, dass Sie diesen Antrag unterstützen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.34


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Josef Schellhorn zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.34.35

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Es trifft sich gut, dass der Gesundheits- und Sozialminister jetzt da ist, wenn wir über die Lehre sprechen. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Herr Sozialminister, das war damals eigentlich Ihr Wahlkampfthema: Asyl und Lehre und der Abschiebestopp. (Bundesminister Anschober: Das ist ein grober Irrtum! Wahlkampf ist was anderes!) Ja, und jetzt sitzen Sie in der Regierung, und ich möchte Sie daran erinnern, was Sie damals versprochen haben: dass Sie sich dafür einsetzen werden, dass Asylsuchende, die in der Lehre sind, dann nach Abschluss der Lehre nicht abgeschoben werden. Wenn wir über einen Fachkräftemangel reden und die Hirn- und Herzlosigkeit besitzen, sie danach wieder abzuschieben, empfinde ich es doch als dreist, dass man sich dabei nicht durchsetzen konnte. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir – Kollege Angerer hat auch schon gesagt, wir müssen alles in die Bildung stecken – das Thema Lehre und die Attraktivität der Lehre immer wieder ansprechen, so kann ich nur meine Worte wiederholen, dass wir ein anderes Bildungssystem brauchen: Wir brauchen die Mittlere Reife. Ich denke nach wie vor, dass es keinem jungen Menschen zumutbar ist, dass er mit 14 eine Entscheidung trifft. Die trifft er


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sowieso nicht selber, sondern die treffen die Eltern. Dann hat er vielleicht noch ein neuntes Schuljahr in der polytechnischen Schule, aber die schulischen Defizite aus der Volksschule und der Mittelschule kann er nicht aufholen. Ich denke, es ist sehr wohl an der Zeit, dass auch Klein- und Mittelbetriebe die Chance bekommen, diese Lehrlinge aufzunehmen, aber sie haben nicht die Möglichkeiten wie große Betriebe oder – wie Beppo Muchitsch auch immer wieder sagt – Lehrlingsausbildungsstätten, diese schuli­schen Defizite auszugleichen.

Es ist sowohl ein Bildungsthema, das wir haben, als auch eine Frage der Chancen­gerechtigkeit, dass wir die Lehre anders denken. Ich glaube nämlich, dass man, wenn man mit 16 wählen, mit 17 den Führerschein machen kann, mit 16 schon mehr seinen Neigungen nachgehen kann und sieht, ob das technische Neigungen, handwerkliche Neigungen oder Neigungen im Dienstleistungsbereich sind.

Dann können diese jungen Menschen selbstbestimmt vielleicht auch eine andere Lehre genießen – eine Lehre über zwei Jahre, denn ich glaube nicht, dass es noch notwendig ist, dass junge Menschen in der Gastronomie drei Jahre lernen. Ich glaube, dass es auch möglich sein kann, zwei Jahre zu lernen und dazu eine Matura zu machen. Das wäre zum Beispiel ein innovativer Ansatz. Wir brauchen auch andere Möglichkeiten neben dem Blum-Bonus, man würde sich mit dem Blum-Bonus vielleicht vieles ersparen, etwa wenn man im Sinne des lebenslangen Lernens und unter dem Aspekt, dass wir viel länger leben als noch vor 30 Jahren, erst mit 17 eine Lehre antreten würde.

Ich glaube, das ist der springende Punkt, um einem Fachkräftemangel in der Zukunft entgegenzuwirken. Es ist eben nicht zumutbar, dass sich 14-Jährige entscheiden. Diese 14-Jährigen, die dann in der polytechnischen Schule auch noch visionslos sind, landen direkt in der Arbeitslosigkeit. Da müssen wir ansetzen, glaube ich, und da müssen wir auch Herz, Hirn und Mut beweisen: dass wir gerade in Krisenzeiten, wenn es danach wieder um einen Aufschwung geht und es danach wieder einen Fachkräftemangel gibt, dem entgegenwirken. Das wäre ein innovativer Ansatz. (Beifall bei den NEOS.)

18.38


Präsidentin Doris Bures: Zu dieser Debatte ist nun niemand mehr zu Wort gemeldet, damit ist sie auch geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Die Abstimmung verlege ich an das Ende der Beratungen über die Vorlagen aus dem Ausschuss für Arbeit und Soziales.

18.38.4420. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1239/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alterssicherungskommissions-Gesetz geändert wird (653 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gerald Loacker. – Bitte.


18.39.10

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Die Alterssicherungskommission sollte regelmäßig Pro­gnosen zum Pensionssystem abgeben – eigentlich jedes Jahr. Die Alterssicherungskommission


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ist seit 2017 gesetzlich verankert. Diese Zahlen, die sie da erarbeitet, sollte sie der Öffentlichkeit vorlegen. Oje – objektive Zahlen haben viele Politiker gar nicht gerne, da könnte man ja sehen, wo es falsch läuft. Also hat man diese Kommission sicherheits­halber nicht zusammentreten lassen.

Wir schütten – das muss man sich auch einmal vorstellen – jedes Jahr ungefähr ein halbes Coronahilfspaket ins Pensionssystem. 20 Milliarden Euro im Jahr gehen ins Pen­sionssystem, in dieser Legislaturperiode steigert sich das um 20 Prozent auf 24 Milliar­den Euro im Jahr, und da könnte diese Kommission zeigen: Wo hakt es? Wo läuft es gut? Wo wären Verbesserungsschritte angezeigt? Wo haben Reformen, die man einmal gesetzt hat, vielleicht gegriffen und wo haben sie nicht gegriffen?

Diese Wahrheit aber hört man nicht gerne, und daher ist die Kommission lange nicht zusammengetreten. Erst unter der Übergangsregierung Bierlein wurde ein Kommis­sionsvorsitzender bestellt. Es hat schon einmal zwei Jahre gedauert, bis diese Kommis­sion überhaupt einen Vorsitzenden hatte, und die Regierung Bierlein hat das nur ge­macht, um einen gesetzwidrigen Zustand, nämlich das Nichtexistieren der Kommission, zu beseitigen. Das ist natürlich unangenehm.

Nun würde die Kommission ein Gutachten vorlegen, aber heute soll zum zweiten Mal ein Gesetz beschlossen werden, mit dem der Termin für das Gutachten verschoben wird, denn diese Regierung will nicht sehen, was da für eine Bombe daherkommt. Die Wahr­heit darf nicht ans Licht! Das ist typisch, denn alle Maßnahmen, die die Regierung setzt, speziell jetzt in der Coronazeit, gehen auf Kosten der jungen Menschen.

Die Regierung hat den Schulunterricht ausgesetzt und den jungen Menschen die Bildung gestohlen. Die Regierung ruiniert mit überzogenen Lockdowns die Jobchancen der jun­gen Menschen, ruiniert die Wirtschaft und hindert die jungen Leute am beruflichen Weiterkommen. Die Regierung schüttet fette Coronaförderungen aus – an Wettbüros, die Umsatzersatz bekommen, an Windparks, die Umsatzersatz bekommen –, und den jungen Leuten werden die Schulden dafür hinterlassen.

Und jetzt sollen die jungen Menschen nicht einmal erfahren, was für ein Pensionssystem sie erben – eines, das im Kern schrottreif und für die Zukunft schlecht aufgestellt ist! Daher kommt es heute zum Beschluss, diese Alterssicherungskommission wieder nicht zusammentreten zu lassen und wieder den Bericht zu verschieben.

Diese Form der Politik ist duckmäuserisch, sie ist gegenüber den jungen Menschen unehrlich und auch absolut unfair. (Beifall bei den NEOS.)

18.42


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gudrun Kugler. – Bitte.


18.42.20

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolle­ginnen und Kollegen! Das Ziel der Alterssicherungskommission ist das Sichern des Lebens­alters, ist Lebensqualität, Teilhabe, es ist das Sichern des Lebens im Alter auch in Sorgen­freiheit. Dafür gibt es diese Alterssicherungskommission. Damit sie das alles auch tun kann, geben wir ihr dafür heute mehr Zeit, denn, Herr Kollege Loacker – es ist nicht Angst vor der Wahrheit –, es ist eine unbestimmte Zeit, in der wir uns befinden. Es ist jetzt nicht die richtige Zeit, Prognosen abzugeben (Abg. Loacker: Die Zukunft ist immer unge­wiss!), denn wir wissen nicht, wie es mit der Pandemie weitergeht, wir wissen nicht, wie sich die Produktivität entwickelt, und wir wissen nicht, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt.

Aber, lieber Herr Kollege Loacker, das verurteilt uns jetzt nicht zur Untätigkeit, denn wie Sie sicher wissen, hat die Kommission im Dezember ein Mittelfristgutachten vorgestellt,


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und da gibt es ganz viel zu tun. Da gibt es vielleicht auch etwas, was die NEOS herauslesen könnten, in diesem Mittelfristgutachten haben wir nämlich die Zeit von 2020 bis 2025 beschrieben, und da geht es auch um die Beamtenpensionen und auch um die Beamtenpensionen in Wien.

Liebe NEOS, Sie sind jetzt in Wien an der Regierung beteiligt. Das rot-pinke Regie­rungsprogramm in Wien beinhaltet das Thema Pensionen gar nicht. Wien hat das Son­derpensionenbegrenzungsgesetz nicht umgesetzt, Privilegien und Luxuspensionen sind in Wien weiterhin möglich. Das ist im Wahlprogramm der NEOS – kein Wort davon im Regierungsprogramm in Wien.

Und noch etwas, liebe NEOS: Wir wissen – der Rechnungshof hat dazu gerade einen Bericht herausgegeben –, wie es mit den Frühpensionsantritten in Wien aussieht, näm­lich: 96 Prozent aller Pensionsantritte in Wien finden aufgrund von Frühpensionierungen statt (Abg. Loacker: ... in Wien ...!), und das Pensionsantrittsalter der Beamten in Wien ist um drei Jahre niedriger als das durchschnittliche der Beamten in ganz Österreich. Und noch etwas: 96 Prozent sind Frühpensionsantritte und 50 Prozent finden aufgrund von Dienstunfähigkeit statt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) – Lieber Herr Loacker, jeder CEO, der in seinem Unternehmen so eine Bilanz vorweisen kann, muss zurück­treten! Im Wiener Regierungsprogramm: kein Wort darüber. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist also nicht Zeit für moralische Überhöhungen, sondern es ist Zeit, vor der eigenen Türe zu kehren. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Und wenn Sie da gekehrt haben, dann kommen Sie hierher zurück und dann sprechen wir darüber, wie wir auch auf Bundesebene die Pensionen langfristig sichern können. Wir als Volkspartei stehen genau dafür, dass jeder in der Lage ist (Ruf bei den NEOS: Ja, genau!) und gerne bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter auch arbeiten kann und will. Wir wollen das auf Bundesebene umsetzen, so steht das auch im Regierungsprogramm. In Wien ist ganz viel Handlungsbedarf. (Abg. Belakowitsch: ... Parlament!)

Hier ist nicht Zeit für Verschwörungstheorien, die Alterssicherungskommission wird uns im November einen Bericht vorlegen, und wir werden alles tun, um das Leben im Alter in Österreich in hoher Qualität, in Sorgenfreiheit, mit aktiver Teilhabe abzusichern. (Bei­fall bei der ÖVP sowie des Abg. Stögmüller. – Abg. Belakowitsch: Eine sehr schlechte Rede, Frau Kollegin!)

18.46


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Markus Koza zu Wort gemeldet. – Bitte.


18.46.20

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Was ist die Aufgabe des Langfristgutachtens der Alterssiche­rungs­kommission? – Es soll auf Basis einigermaßen valider Daten – einigermaßen valider ökonomischer Daten und einigermaßen aussagekräftiger und verallgemei­ner­barer ökonomischer Daten – eine Projektion über die Entwicklung des Pensions­systems und der Kostenstruktur des Pensionssystems über die nächsten Jahrzehnte abgebildet werden. – So.

Bekommen wir einigermaßen valide und aussagekräftige Daten, wenn wir vor allem die ökonomischen Daten aus einer Zeit heranziehen, die eine extreme ökonomische Situation widerspiegelt, mit massiven Einbrüchen, mit einem massiven Anstieg von Arbeitslosigkeit, in einer Ausnahmesituation aufgrund einer Gesundheitskrise, die sich in einer schweren Arbeitsmarktkrise und Wirtschaftskrise niederschlägt? Sind das verall­gemeinerbare Daten, verallgemeinerbare Fakten, um eine Projektion hinsichtlich der


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Entwicklung der Wirtschaft, des Wachstums, der Beschäftigung, der Produktivität für die nächsten Jahrzehnte abzubilden? – Nein, vermutlich nicht!

Genau darum geht es. Darum haben wir diesen Termin schon einmal verschoben: weil die ökonomischen Daten nicht entsprechend brauchbar, aussagekräftig und verallge­meinerbar waren, und darum wird es auch jetzt wieder gemacht, damit wir wirklich eine entsprechende, einigermaßen realistische Projektion, die ohnehin mit Unsicherheiten behaftet ist, weil es sich eben um eine Projektion über Jahrzehnte handelt, eine einigermaßen aussagekräftige Langzeitprognose zustande bringen.

Jetzt stelle ich mir tatsächlich die Frage, lieber Kollege Loacker: Warum ist es dir so wichtig, genau jetzt auf Basis dieser Zahlen eine Projektion zu machen, wo du jetzt schon weißt, wie das Ergebnis sein wird, nämlich: Das Pensionssystem ist unfinanzierbar, das Pensionssystem muss dringend reformiert werden, das Pensionssystem kostet nur die Jungen, das Pensionssystem ist nicht mehr leistbar? (Zwischenruf des Abg. Scherak.) – Nein, das ist nicht das Ziel. Man merkt die Absicht und man ist verstimmt.

Schauen wir uns doch lieber ganz konkrete, ganz reale, wirklich aussagekräftige und verallgemeinerbare Zahlen, Daten, Fakten an! (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Pen­sionssysteme müssen immer wieder Reformen unterzogen werden. Wenn wir sie aber Reformen unterziehen, dann sozial gerecht und zumindest auf irgendwelchen Fakten basierend, die die Bezeichnung Fakten auch tatsächlich und ernsthaft verdienen. Darum bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag. – Danke sehr. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

18.49


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist nun dazu niemand mehr gemeldet, damit ist diese Debatte geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

18.49.20Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 11 bis 20


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für Arbeit und Soziales.

Können wir gleich fortfahren mit den Abstimmungen? – Dann gehe ich so vor.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 11: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 646 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? Ich bitte um ein zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert wird, in 647 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Gödl, Koza, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimm­ten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gödl, Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- bezie­hungsweise Abänderungsantrag betreffend Ziffern 1 und 3 sowie Einfügung einer neuen Ziffer 4 eingebracht.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist einstimmig angenommen.


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Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer stimmt in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zu? – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „System der sozialen Absicherung“.

Wer spricht sich für diesen Entschließungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abge­lehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz geändert wird, in 648 der Beila­gen. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.) – Es handelt sich nicht um sehr lustige Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Pöttinger, Koza, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­de­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Pöttinger, Koza, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag mit folgendem Inhalt eingebracht: Einfügung einer neuen Ziffer 3 samt Umnummerierung der Folgeziffer sowie Änderungen der Ziffern 1 und 4 (neu).

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer stimmt in dritter Lesung dem Gesetzesantrag zu? – Der Gesetzesantrag ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Muchitsch, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Aktion 40.000“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 652 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Entwurf betreffend Freiwilligengesetz samt Titel und Eingang in 655 der Beilagen.

Wer spricht sich für den Gesetzentwurf aus? – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 650 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz geändert wird, in 651 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Ziffern 1 und 2 eingebracht.

Wer spricht sich für den Abänderungsantrag aus? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Daher kommen wir sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Wer ist dafür? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Aufschub des Endes der gesetzlichen Corona-Kreditstundungen“.

Wer ist für diesen Entschließungsantrag? – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 649 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer ist für die Kenntnisnahme? – Das ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Ich weise den Antrag 992/A(E) dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zu.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 654 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich für die Kenntnisnahme aus? – Der Bericht ist mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Ich weise den Antrag 1232/A(E) dem Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie zu.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Alterssicherungskommissions-Gesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 653 der Beilagen.

Wer ist für diesen Gesetzentwurf? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 224

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

18.56.2921. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1214/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmen­gesetz geändert werden (671 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1263/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz 2012 geändert wird (672 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1215/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (673 d.B.)

24. Punkt

Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz geändert werden (674 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1213/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz geändert wird (675 d.B.)

26. Punkt

Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem die Bundesabgabenordnung geändert wird (676 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1236/A(E) der Abgeord­neten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bereitstellung kosten­loser FFP2-Masken (677 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 614/A(E) der Abgeord­neten Mag. Gerhard Kaniak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schluss mit der allgemeinen COVID-19-Maskenpflicht in Österreich (678 d.B.)


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29. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1252/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Bundespflegegeldgesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Führer­scheingesetz und das 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz geändert werden (679 d.B.)


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir nun zu den Tagesordnungspunkten 21 bis 29, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner zu diesen Tagesordnungspunkten: Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte.


18.57.09

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob das jetzt an mir liegt, dass sich die Reihen wieder etwas lichten. (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Danke für die freundliche Rückmeldung, dass es nicht so ist. Ich beginne deswegen bewusst positiv.

Die Coronakrise beschäftigt uns alle seit über einem Jahr und hat für die gesamte Bevölkerung Österreichs sehr dramatische Auswirkungen. Ich glaube, es war deswegen parteiübergreifend ein sehr, sehr wichtiger Zugang, dass wir ein Jahr Coronakrisen­management hier in diesem Saal miteinander diskutiert haben, mit Expertinnen und Experten ein Hearing abgehalten haben und auch überlegt haben: Wie hat das Krisen­management bisher funktioniert?

Wir wissen alle – das ist der traurige Befund –: Österreich ist leider deutlich härter von Corona, von der Krise getroffen worden als viele andere vergleichbare Staaten. Wir haben im Krisenmanagement leider viele Fehler gemacht. Darüber zu diskutieren ist kein Selbstzweck, sondern – und das war für mich der spannende Zugang –: Wenn man über Fehler nicht redet, wenn man nicht darüber diskutiert, warum Österreich so viel schlech­ter als andere vergleichbare Staaten durch die Krise gekommen ist, wenn man aus Feh­lern nicht lernt und die Dinge dann auch nicht anders macht, dann ist die Gefahr sehr groß, dass sich Fehler wiederholen. Ich glaube, deswegen war es sehr wichtig, dass wir miteinander darüber diskutiert haben, was die zentralen Schwachpunkte im Krisenmana­gement waren. (Zwischenruf der Abg. Greiner.)

Zum Thema Schwachpunkte im Krisenmanagement: Ich möchte jetzt nicht unhöflich sein und direkt auf Minister Anschober zu sprechen kommen, der nicht da ist. (Abg. Belakowitsch: Aber er war eh beim Expertenhearing!) Sollen wir kurz warten?


Präsidentin Doris Bures: Nur wenn ich die Sitzung unterbreche, was ich jetzt aber nicht tue. (Allgemeine Heiterkeit.) Sie sind am Wort, aber es gibt parlamentarische Instru­mente. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.)


Abgeordneter Philip Kucher (fortsetzend): Gerade für Minister Anschober wäre es doch so wichtig, sich zu überlegen, was man auch im Krisenmanagement besser machen kann. Daher ist es doppelt schade, dass Minister Anschober das jetzt nicht mitbekommt. (Abg. Michael Hammer – erheitert –: Er liest sicher das Protokoll!) Vielleicht kann man es irgendwie aufschreiben.

Was waren die zentralen Eckpunkte, die diskutiert worden sind? – Keine zentrale Ko­ordination, der öffentliche Gesundheitsdienst hat nicht schnell genug reagiert. Also ein Punkt, der immer wieder - - (Bundesminister Anschober betritt den Saal.) – Herzlich willkommen, Herr Minister, vielen Dank! (Bundesminister Anschober: Philip, wenn ich


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dich höre, bin ich sofort da! – Allgemeine Heiterkeit. – Beifall bei Grünen und ÖVP. – Ruf: Er ist schon da!) – Ja, er ist schon da.

Was waren also die zentralen Kritikpunkte? – Es gab keine zentrale Koordination. Man hat sehr, sehr oft eher parteipolitisch agiert, haben wir gehört. Oft war die Krisen­kom­munikation nicht so wichtig, da ist es eher um PR gegangen. Wir haben gehört, der zentralste Punkt in einer Krise ist es, Vertrauen zu bewahren. Die Warnung der Ex­pertinnen und Experten war, nicht zu lügen. Ich glaube, Unwahrheiten sind das Schlimmste. Angst zu machen ist etwas, das man nicht tun soll. Das waren Dinge, die man in Österreich leider gemacht hat. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Es gab natürlich auch dramatische Versäumnisse. Wir haben die Risikogruppen nicht so geschützt, wie es sein soll. Wir haben Tausende Menschen in den Pflegeheimen leider nicht ausreichend schützen können, sie sind dann an Corona verstorben. Da hat es schon auch massive Fehler gegeben – und ich glaube, es wäre ein gemeinsamer Zugang, daraus zu lernen.

Wie kann man das Krisenmanagement in Zukunft verbessern? – Eine Ableitung wäre wirklich, in Zukunft auch verstärkt Expertinnen und Experten beizuziehen – und nicht, wie es Sebastian Kurz macht, immer wieder sozusagen von Lockdown zu Lockdown zu stolpern, keinen Plan zu haben, Öffnungen zu versprechen, die Zahlen nicht zu kennen. Es wäre auch meine Bitte, dass wir endlich zu einem professionellen Krisenmanagement gelangen, weil wir in Österreich leider deutlich schlechter unterwegs sind als viele, viele andere Staaten.

Ein Punkt, der aber positiverweise funktioniert hat, war die offensive Teststrategie – leider viel zu spät, aber da ist man nun dahinter. Es ist eine positive Nachricht, dass es nun ab März auch diese Wohnzimmertests geben soll, dass alle Menschen in Österreich fünf Wohnzimmertests beziehen können, dass diese kostenlos sind, dass man zu Hause selbst Verantwortung übernehmen und sich selbst testen kann. Das ist ein ganz, ganz wesentliches Mittel im Bereich der Eindämmung der Pandemie.

Was noch nicht so gut funktioniert, sind zwei Punkte, die wir dringend reparieren müs­sen. Es gibt auch da wieder einen Schönheitsfehler: 300 000 Menschen hat man leider vergessen, sie bekommen leider keinen Wohnzimmertest, weil sie nicht im Elga-System sind. Wir haben bereits im Ausschuss davor gewarnt; da hat es noch geheißen, das wird repariert werden, dann hat man das leider wieder vergessen. Ich bitte wirklich darum, dass alle Menschen in Österreich diese Wohnzimmertests bekommen und man nicht 300 000 Menschen vergisst.

Ein Punkt, der noch sehr wichtig wäre, ist, glaube ich, dass man, wenn man zum Friseur geht und diesen Wohnzimmer- und Selbsttest selbst vor Ort durchführt, auch ein Vier­augenprinzip hat. Selbstverständlich wäre es auch möglich, dass man sich als Ein­trittstest selbst vor Ort beim Friseur testet. Das sollte doch ein Weg sein, dass man diese Antigentests auch in diesem Maße nutzt. Das ist leider noch nicht umgesetzt, und man hat eben leider 300 000 Menschen vergessen.

Ich bitte darum: Versuchen wir gemeinsam, die Wohnzimmertests nun endlich auf Schiene zu bringen, schauen wir, dass wirklich alle Menschen in Österreich selbst Verantwortung übernehmen können, und reparieren wir wirklich noch die Fehler, die passiert sind – dass eben 300 000 Menschen diese Tests nicht bekommen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.02


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte, Herr Abgeordneter.



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19.02.17

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Last, but not least: Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Philip, danke, dass du das Ganze hier sozusagen schon ein bisschen eingeklatscht und einen Rückblick gemacht hast. Ich möchte vielleicht ein bisschen mehr nach vorne blicken, weil wir im letzten Gesundheits­ausschuss nicht nur Rückschau gehalten haben, sondern eben auch sehr, sehr gut nach vorne geschaut haben. Wir bearbeiten hier heute in einer Debatte insgesamt neun Tagesordnungspunkte, das heißt sieben Anträge der Regierung plus zwei Anträge der Opposition. Das ist ein Zeichen dafür, dass da eben sehr, sehr gut gearbeitet wurde und sehr, sehr viel gemacht wurde. (Ruf bei der SPÖ: Haha!)

Gehen wir es aber kurz der Reihe nach durch, dann sieht man auch, dass die Koope­ration eigentlich gar nicht einmal so schlecht funktioniert, wie du es vielleicht gerade eben dargestellt hast! Okay, zum einen gibt es den klassischen Antrag der FPÖ – in diesem Fall, dass man eben eine durchaus notwendige und anerkannte Maßnahme wieder abschaffen möchte, nämlich das Maskentragen. Überall dort, wo wir eng zusam­menkommen, sollen die Masken fallen, nach diesem Prinzip – obwohl eigentlich in der Zwischenzeit schon genügend Evidenzen da sind, dass die Maske durchaus sinnvoll ist, dass sie uns schützt, dass wir damit andere schützen, dass es nebst anderen Maßnah­men auch damit zu einer Eindämmung der Pandemie kommen kann. Deswegen werden wir diesen Antrag natürlich ablehnen beziehungsweise haben wir ihn auch im Gesund­heitsausschuss abgelehnt.

Zum anderen gibt es – Philip Kucher hat es schon erwähnt – die fünf Gratisselbsttests für zu Hause für alle ab 14. Die 300 000 Personen, die da erwähnt wurden, werden auch in den nächsten Tagen in diversen Varianten aufgefangen werden. Da muss man auch dazusagen: Das sind nicht nur Personen, die aus Elga hinausoptiert haben, sondern das sind beispielsweise auch sehr, sehr viele Ärztinnen, Ärzte und Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte, Ziviltechnikerinnen, -techniker, für die es eben eigene Gesundheits­systeme gibt. Da müssen wir noch Lösungen finden. Es geht auch um die Grenzgän­gerinnen und Grenzgänger, die tagtäglich zum Arbeiten ins Ausland pendeln. Auch für sie wird es Lösungen geben, und ich gehe davon aus, dass wir – ich schätze, bis Mitte März, so hat es, glaube ich, geheißen – diesbezüglich Lösungen finden werden. Da fällt also niemand um irgendetwas um. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Wir ermöglichen heute natürlich auch das Gratistesten in den Apotheken. Wir sichern die Qualität der Labore, die die PCR-Tests auswerten, indem diese zukünftig auch auf gesetzlicher Basis an sogenannten Ringtests teilnehmen müssen; bisher war das nur ein Zertifizierungsschritt. Wir verbessern die Ausrollung des E-Impfpasses in die Ordi­nationen, insbesondere auch im Bereich der Wahlärztinnen und Wahlärzte, die vor dem 31.12. bereits an Elga angebunden waren. Wir verlängern Stundungen beziehungs­weise die Möglichkeit von Ratenzahlungen an die Sozialversicherungen seitens der Unterneh­merinnen und Unternehmer um weitere drei Monate, um eben auch da für mehr Sicher­heit zu sorgen. Wir reparieren die Zulassung der Schultests, die wir in der letzten regu­lären Sitzung beschlossen haben, sodass die bisherige Regelung, die wir das letzte Mal getroffen haben, nun auf saubere Füße gestellt wird.

Übrigens haben sich diese Schultests in der Zwischenzeit als internationales Rolemodel herausgestellt. Der Bayerische Landtag hat heute beispielsweise das österreichische Modell durchdiskutiert. (Abg. Belakowitsch: ... Schwachsinn, Schwachsinn, ... Schwach­sinn!) – Nein, Kollegin Belakowitsch, es ist kein Schwachsinn, das ist so: Es ist ein europäisches Rolemodel, es wird mehrere Länder geben, die dieses Modell zu Recht übernehmen werden. Wir schaffen die Möglichkeit, dass Geimpfte Zertifikate bekommen,


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dass Genesene Zertifikate bekommen. – Sehr, sehr viel davon erfolgt auch mit Zu­stimmung der SPÖ. (Abg. Belakowitsch: Ja, ja, Zweiklassengesellschaft ...!)

Es gibt heute noch einen Antrag der SPÖ betreffend Gratismasken. Diesem Antrag brauchen wir nicht zuzustimmen, weil wir ihn schon längst erledigt haben (Zwischenruf bei der SPÖ), mit 1,7 Millionen Pensionistinnen und Pensionisten ab 65, die zehn Stück Gratis-FFP2-Masken bekommen haben. (Abg. Belakowitsch: Unpackbar!) 52 000 Stück FFP2-Masken wurden an 245 Wohnungslosenvereine abgegeben, 1 Million Stück FFP2-Mas­ken an das Team Österreich zur Verteilung an finanziell schwächer gestellte Perso­nen, 132 000 Stück FFP2-Masken an 66 Sozialmärkte. 14 Millionen Stück FFP2-Masken stehen als Kontingent für die Sozialeinrichtungen der Länder zur Verfügung. Auch dieser Job wurde also bereits erledigt, deswegen können wir diesen Antrag hier heute guten Gewissens ablehnen. (Abg. Belakowitsch: ... zustimmen!)

Zum Schluss möchte ich noch einen Abänderungsantrag einbringen, der zum Glück auch in Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ entstanden ist:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1214/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maß­nahmengesetz geändert werden, in 671 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Z 8 wird in der Novellierungsanordnung die Zahl „20“ durch die Zahl „21“ ersetzt und dem § 4 Abs. 20 folgender Absatz 21 angefügt:

„(21) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister ist berechtigt, auf das Register der anzeigepflichtigen Krankheiten personenbezogen in dem Umfang zuzu­greifen, als es erforderlich ist, um die Nachweise über eine erfolgte und aktuell abge­laufene Infektion an SARS-CoV-2 an die genesenen Personen zu übermitteln. Abs. 8 zweiter Satz gilt.“

*****

In diesem Sinne: Danke für die Kooperation, danke für die Zusammenarbeit! Schauen wir lieber in die Zukunft und schauen wir, dass wir diese Pandemie gut bekämpfen. Die­jenigen, die immer noch glauben, dass diese Pandemie real nicht existiert, lade ich erneut dazu ein, sich konstruktiv und kooperativ zu zeigen, so wie es beispielsweise die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ hier regelmäßig machen. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.08

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen,


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zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1214/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (671 dB)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs genannte Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Z 8 wird in der Novellierungsanordnung die Zahl „20“ durch die Zahl „21“ ersetzt und dem § 4 Abs. 20 folgender Absatz 21 angefügt:

„(21) Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister ist berechtigt, auf das Register der anzeigepflichtigen Krankheiten personenbezogen in dem Umfang zuzu­greifen, als es erforderlich ist, um die Nachweise über eine erfolgte und aktuell abge­laufene Infektion an SARS-CoV-2 an die genesenen Personen zu übermitteln. Abs. 8 zweiter Satz gilt.“

Begründung

Artikel 1 (Epidemiegesetz 1950 – EpiG):

Zu § 4 Abs. 21:

Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist Ver­antwortlicher des Registers der anzeigepflichtigen Krankheiten. Hier erfolgt eine Klar­stellung, dass der Bundesminister berechtigt ist, auf die Daten im Register in dem Umfang personenbezogen zuzugreifen, als es erforderlich ist, die „Genesungs­nach­weise“ an die genesenen Personen zu übermitteln. Dies soll als Serviceleistung auch unaufgefordert erfolgen, um es für die Genesenen besonders einfach zu gestalten. Dazu werden keine neuen Daten erhoben, sondern lediglich auf Daten im Register zugegriffen, die bereits dort verarbeitet sind. Der Zugriff ist auf die Daten beschränkt, die für die Generierung der Genesungsbescheinigung und deren Übermittlung erforderlich sind (Adresse und allenfalls e-mail-Adresse). Die automatische Versendung durch die Bezirksverwaltungsbehörden stellt keine Option dar, weil für diese zusätzlicher Aufwand vermieden werden soll, da sie ohnehin mit Bekämpfungmaßnahmen mehr als ausge­lastet sind. Darüber hinaus erfolgt eine Klarstellung, dass sich der für das Gesundheitwesen zuständige Bundeminister auch für diese neue Anwendung eines Auftragsverarbeiters bedienen kann.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.08.23

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­des­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute hier die 23. Än­derung des COVID-19-Maßnahmengesetzes und die ich weiß gar nicht wievielte Änderung des Epidemiegesetzes, neun Tagesordnungspunkte in einer Debatte zusam­mengefasst, über 20 verschiedene Gesetzesänderungen, und – wie könnte es anders sein? – wir haben diese Fülle an Gesetzesänderungen wieder am Freitagnachmittag, zwei Tage vor dem Ausschusstermin, erstmalig übermittelt bekommen, natürlich wieder ohne verfassungsdienstliche Überprüfung und ohne Begutachtungsfrist.


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Natürlich ergibt sich heute hier gar nicht die Zeit, auf jede einzelne dieser gesetzlichen Änderungen einzugehen. Es finden sich einige darunter, die tatsächlich sinnvoll sind. Es finden sich sehr viele darunter, die absolut inakzeptabel sind. Aus diesem Grund werden wir einen Antrag auf gesonderte Abstimmung stellen, damit wir hier zumindest ansatz­weise differenziert beurteilen können.

Ich möchte aber auf einen ganz anderen Punkt des letzten Gesundheitsausschusses eingehen, nämlich auf das Expertenhearing. Die Aussagen der Experten, die wir im Gesundheitsausschuss geladen haben, waren für mich wirklich auf der einen Seite sehr erhellend und auf der anderen Seite erschütternd. Wenn namhafte Experten aus der für die Seuchenprävention und Seuchenbehandlung zuständigen Behörde Ages sagen, dass sie selbst behördlich und strukturell zwar sehr gut auf diese Krise vorbereitet waren, dass aber die Ratschläge und Empfehlungen der Experten von der Bundesregierung und von Bundesminister Anschober schlicht und ergreifend ignoriert wurden, dann finde ich das schon sehr bedenklich.

Diese Experten haben im Frühling des letzten Jahres klipp und klar gesagt, dass eine Politik der Angst mehr Schaden anrichtet, als sie hilft, und die Angst aus den Köpfen der Menschen nicht mehr wegzubekommen ist. Die Bundesregierung hat das ignoriert, und das halte ich für sehr bedenklich.

Wenn diese Experten empfehlen, dass der Einzelhandel geöffnet bleiben soll, weil dort kein Risiko besteht, und die Bundesregierung den Einzelhandel komplett, ohne differen­zierte Betrachtung, schließt, dann halte ich das für sehr bedenklich.

Diese Experten sagen auch, dass Schulschließungen der vollkommen falsche Weg sind, weil weder für die Schüler eine Gefahr besteht noch von den Schülern eine Gefahr aus­geht. Ich halte es für sehr bedenklich, wenn die Regierung die Schulen trotzdem schließt.

Betreffend das Thema Maskenpflicht, das Kollege Schallmeiner angesprochen hat, sagen die Experten, dass es in Österreich keine Evidenz gibt, dass weder die Einführung der Maskenpflicht noch die Abschaffung der Maskenpflicht im Frühling noch die Wieder­einführung der allgemeinen Maskenpflicht im Herbst irgendeinen epidemiologischen Effekt gehabt hat. Also, meine sehr geehrten Damen und Herren, was soll denn das bitte? (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Anschober: Da behaupten Sie etwas, das nicht stimmt! Welche ExpertInnen sagen ...?)

Die Experten haben auch gesagt, dass eines der größten Probleme ist, dass die Akzep­tanz in der Bevölkerung für die Maßnahmen nicht mehr da ist und es eine Müdigkeit in der Bevölkerung betreffend die gesamte Coronapolitik gibt. – Ja, ich kann das verstehen.

Herr Bundesminister, Sie haben ja vorgeworfen, dass die Politik der Freiheitlichen so widersprüchlich sei. Ich möchte Ihnen ein paar Widersprüche aufzeigen: Am Anfang hat es geheißen, entweder Abstand halten oder Maske tragen. Jetzt heißt es auf einmal: FFP2-Masken tragen, das sogar im Freien, und zusätzlich Abstand halten; am besten, obwohl eine natürliche Immunität vorhanden ist, in bestimmten Arbeitsbereichen trotz­dem noch wöchentliche Tests machen müssen. Obwohl von den Schülern Eigentests gemacht werden, dürfen sie trotzdem nicht die Sportplätze besuchen. Obwohl es offizielle Testmöglichkeiten gibt, werden für die schulischen Testungen die offiziellen Tests nicht anerkannt. – Das sind lauter Widersprüche, die die Menschen da draußen nicht verstehen, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wissen, dass Bewegung für die Gesundheit der Schüler so wichtig ist – die Men­schen verstehen daher nicht, warum die Schüler keinen Turnunterricht mehr haben dürfen und warum Sie die Vereine und die Sportstätten schließen. Das verstehen die Menschen natürlich nicht. Wenn in den gesetzlichen Regelungen steht, dass Ausgangs­sperren und ein Lockdown nur die Ultima Ratio sein können, und Sie das seit zwei


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Monaten im Dauerzustand verhängt haben, obwohl seit 26. Dezember alle Experten in ihren Forecasts sagen, dass keine Überlastung des Gesundheitssystems droht, dann verstehen das die Menschen auch nicht, Herr Bundesminister, auch wenn Sie sich jetzt auf die Seite gestellt haben und mir vielleicht nicht mehr so aufmerksam zuhören. (Abg. Loacker: Der hat die Rede ... Zeit wieder raus ...!) – Das kann gut sein.

Auch betreffend die aktuellen gesetzlichen Regelungen möchte ich einige Widersprüche aufzeigen: Sie wollen die Impfdaten der Bürger verwenden, um Bestätigungen über den Impfstatus auszustellen. Das ist ein richtiges Ansinnen, aber statt auf die datenschutz­rechtlich sicherere Möglichkeit, auf den elektronischen Impfpass zurückzugreifen und dort die Daten bedarfsgerecht herauszuholen, lassen Sie sich die Daten täglich ins Gesundheitsministerium liefern. Das verstehen die Menschen auch nicht, Herr Bun­desminister. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Wenn Sie Gratistestungen und einen niederschwelligen Zugang für die Bürger wollen, dann ist das ein guter Ansatz, aber wenn Sie das medial ankündigen, ohne die ent­sprechenden Strukturen vorab zu schaffen, und zwei Wochen brauchen, bis Sie über­haupt den Kostenersatzbeschluss zustande bringen, dann verstehen auch das die Betroffenen nicht, Herr Bundesminister.

Ein dritter Punkt, der in der aktuellen Gesetzesmaterie drinnen ist, nämlich das Thema der Laientests, der Schnellzulassung oder sozusagen der Selbstdeklaration der Her­steller von Tests, damit sie auch von Laien angewendet werden dürfen: Wenn Sie auf der einen Seite den Herstellern erlauben, dass sie das selber einfach behaupten, und auf der anderen Seite die nationale Prüfbehörde, die Ages, gesetzlich einschränken, zu überprüfen, ob diese Aussagen auch stimmen, dann, Herr Bundesminister, verstehen das die Menschen ebenfalls nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann zusammenfassen: Der größte Widerspruch ist an sich der, dass Sie be­haupten, Ihr sogenanntes alternativloses Handeln würde Leid in diesem Land verhin­dern; dabei erzeugen Ihre überschießenden Maßnahmen viel mehr Leid, als sie ver­hindern. Das ist der größte Widerspruch von allen.

Ich möchte aber konstruktiv enden, mit fünf klaren Punkten, wie wir mit dieser Krise besser zurechtkommen: Beenden Sie den Lockdown, beenden Sie die Ausgangs­sperren, die Schließungen im Einzelhandel, den eingeschränkten Betrieb in Schulen! Öffnen Sie die Sport- und Bildungsstätten, so wie es Ihre eigenen Experten Ihnen schon seit Langem empfehlen!

Legen Sie endlich ehrliche und transparente Daten auf den Tisch, so wie es ein Martin Sprenger, so wie es Mitarbeiter aus dem Team von Niki Popper schon seit Monaten fordern, damit auch ehrliche Prognoserechnungen entstehen!

Sorgen Sie dafür, dass alle Ihre Gesetze, Verordnungen und Erlässe einer ordentlichen Überprüfung auf Verfassungskonformität und Rechtmäßigkeit unterzogen werden, so wie wir das in unserem Antrag fordern!

Sorgen Sie für einen effektiven Schutz der Risikogruppen, aber bitte ohne die Menschen sozial zu vereinsamen!

Zu guter Letzt: Sorgen Sie endlich dafür, dass die Gesundheitsbehörden eine ent­sprechende finanzielle Aufwertung erfahren, dass die Behandlungskapazitäten ent­sprechend aufgestockt werden und neue Therapieoptionen, aber auch Präventions­maßnahmen flächendeckend umgesetzt werden! – Dann, Herr Bundesminister, können wir tatsächlich viel Leid verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)

19.15



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Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Belakowitsch: Oje! ...! – Abg. Amesbauer: Das wird jetzt wieder was!)


19.15.29

Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP): Ich werde schon begrüßt. Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen, die Sie sich teilweise schon sehr lautstark zu Wort melden! Also, lieber Kollege Kaniak, ich weiß ja nicht, in welchem Gesundheitsausschuss du warst, aber es muss ein anderer gewesen sein. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Kollegen haben mich gerade gefragt, wo denn da davon die Rede gewesen wäre, dass Masken keinen Sinn machen. Hat das irgendjemand außer dir noch gehört? Also dazu würde mir nichts einfallen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Das wurde nämlich von keinem, egal von welcher Fraktion benannten, Experten und von keiner Expertin so gesagt. Ganz im Gegenteil: Wir wissen (ihre Maske in die Höhe haltend), dass Masken wie diese FFP2-Maske schützen, auch wenn du lachst (in Rich­tung Abg. Wurm), Peter.

Ich empfinde es zum Beispiel als Zumutung allen Risikopatienten gegenüber – und da spreche ich nicht nur für mich, weil ich auch eine bin, sondern auch für alle anderen –, allen gegenüber, denen ihr (in Richtung FPÖ) begegnet, ohne diese Masken zu tragen. Ihr könntet ja unwissentlich auch infektiös sein, ohne Symptome zu haben, und dann steht einer vis-à-vis von euch, dem das wirklich schaden könnte. (Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Wie ihr das mit eurem Gewissen vereinbaren könnt, weiß ich nicht. (Zwi­schenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich an eurer Stelle könnte es nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Seit gut einem Jahr beherrscht die Pandemie unser Leben, und es hätte wahrscheinlich kaum jemand für möglich gehalten, wie sehr sich die Welt dadurch verändert. Ich habe ein Interview mit dem ärztlichen Direktor des Wiener Gesundheitsverbundes gelesen, der darauf hingewiesen hat, wie viel Flexibilität es braucht; man könne immer nur auf einen kurzen Zeitraum vorausblicken, aber nicht längerfristige Prognosen treffen.

Genau das ist passiert: Es wurden immer wieder Dinge evaluiert, überprüft und neu entschieden. Das machen wir selbstverständlich auch weiter so. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.) Was es dazu braucht? – Da möchte ich schon auf einiges zu sprechen kommen. Es wird immer davon geredet, dass unser soli­darisches Gesundheitssystem so gut funktioniert – Gott sei Dank! –, aber Solidarität ist keine Einbahnstraße. Ich erwarte von uns allen, dass wir diesem System gegenüber und unseren Mitmenschen gegenüber solidarisch sind. Das ist nämlich so, wenn man Masken trägt. (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch.)

Ich habe eine Zuschrift bekommen – Kollege Angerer war es, glaube ich; er hat heute aus einem Mail zitiert –, und dieses Mail möchte ich euch allen ans Herz legen. Da ist nämlich schon die Rede davon, ob sich jemand von euch überlegt hat, was es für andere bedeutet, Masken zu tragen: für Ärztinnen und Ärzte, die ewig im OP stehen und die selbstverständlich Masken tragen, für Pflegepersonal, das Masken trägt, für Apotheker, lieber Gerhard Kaniak – ich habe dich ersucht, in meiner Gegenwart eine FFP2-Maske zu tragen, du hast gesagt, vulnerablen Gruppen gegenüber machst du das, ich habe nicht aufs Hirn tätowiert, dass ich eine Risikopatientin bin; also so viel dazu –; diese Menschen tragen Masken.

Es ist keine Frage der Einschränkung der Freiheit (die Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch: Doch!) – das ist es nicht –, sondern es hat mit der Verantwortung zu tun,


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die wir alle für unsere Mitmenschen übernehmen. (Abg. Hafenecker: Nein! ...!) Das erwarte ich mir von euch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Anna hat mir das nicht einfach so geschrieben, sondern sie hatte selbst einen schweren Covid-Fall in der Familie und weiß, was es für Familien bedeutet, wenn man erkrankt ist.

Niemand von uns weiß, wie schwer er erkranken wird oder ob er gar nicht erkranken wird. (Abg. Stefan: Das habe ich noch nie gewusst!) Ich bin bereit, mich zu schützen. Schützen Sie auch Ihre Mitmenschen, denn nur mit Solidarität werden wir weiterkom­men: FFP2-Masken tragen! Noch einmal: Die Expertinnen und Experten haben kein Wort davon gesagt, dass diese nicht nützen würden.

Deswegen, finde ich, sollten wir weiter einen solidarischen Weg gehen: Abstand halten, FFP2-Masken tragen, die nötige Hygiene und das nötige Verständnis für Mitmenschen an den Tag legen. Das erwarte ich mir, und ich erwarte es mir ganz besonders von uns allen, dass wir mit gutem Beispiel vorangehen. Ein bisschen beherzigen! (Abg. Stefan: Müssen wir das eigentlich jetzt ewig tragen? Kann das jemals aufhören? Kann das jemals aufhören? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die FPÖ kann noch so laut schreien, trotzdem setze ich die FFP2-Maske auf, und ich erwarte mir das von allen anderen auch. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.19


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Abgeordneter Mag. Gerald Loacker. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.19.30

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ja, also die direkte Durchsage aus dem Generalsekretariat der ÖVP haben wir auch gehört.

Wir diskutieren hier neun verschiedene Themen und mantschen die in einer Debatte zusammen. Das ist für die Zuschauer eigentlich nicht mehr nachzuverfolgen, und es ist auch ein schöner Beleg dafür, warum viele Gesetze eine so schlechte Qualität haben.

Warum hebt der Verfassungsgerichtshof so vieles auf, was vom Herrn Gesundheits­minister kommt? Weil er so arbeitet, wie er arbeitet. Kollege Kaniak hat es schon ange­rissen: Wir haben am Montag Gesundheitsausschuss gehabt, und bis zum Freitag waren nur Trägerraketen bekannt. Die gesamten Inhalte sind uns am Freitagnachmittag über­mittelt worden, und das war in einer Qualität, dass zum Beispiel im Ausschuss selbst Abgeordnete Tanda nicht erklären konnte, was mit dem Antrag gemeint war, den sie selbst vorgetragen hat. Die eigenen ÖVP-Abgeordneten haben sich also inhaltlich nicht mehr ausgekannt. (Abg. Belakowitsch: Gut, die kennen sich eh nie aus!)

Wie viel Begutachtung hat es für die Gesetze gegeben, die am Montag auf der Tages­ordnung gestanden sind und heute beschlossen werden? – Null Tage! Keine Experten, keine Bürger, keine NGOs, keine betroffenen Organisationen – niemand konnte auch nur einen Kommentar dazu abgeben.

Dass die Gesetze überhudelt und schlecht sind, sieht man an vielen Details. Ich gebe Ihnen ein paar Beispiele aus diesem wirklich gigantischen Sammelsurium, über das man locker eine Stunde reden könnte.

Die Regierung will also einen Covid-Impfausweis erstellen, wie es ihn in Israel gibt. Dazu müssen die Impfungen, die im elektronischen Impfpass stehen, und die überwundenen Erkrankungen, die leider nicht ins Elga-System eingespeist werden, obwohl das das Parlament so beschlossen hat und den Minister damit beauftragt hat, zusammengeführt


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werden – weil es ja diese natürliche Immunität gibt, wenn ich die Krankheit überwunden habe, und die künstliche Immunität, wenn ich geimpft worden bin –, sonst kann ich keine Immunitätsausweise erstellen.

Anstatt dass man alle Daten in den elektronischen Impfpass spielt und von dort aus den Impfausweis erstellt – dort, wo die Daten sicher sind, in der Elektronischen Gesundheits­akte –, saugt man jetzt mit diesem Gesetz jeden Tag die Daten aus dem sicheren System der Elektronischen Gesundheitsakte ab und spielt es ins EMS, von dem jeder weiß, dass es ein labiles und nur temporäres System ist. Sie als Bürger und als Bürgerin haben den Vorteil, dass Sie in der Elektronischen Gesundheitsakte, im E-Impfpass immer nachschauen können, wer auf Ihre Daten zugegriffen hat – jederzeit, wer, wie oft, zu welchem Zeit­punkt. Wenn natürlich aber die Daten dort jeden Tag abgesogen werden und ins EMS gespielt werden, haben Sie als Bürger nicht mehr die Kontrolle darüber, wer auf Ihre Daten zugreift und wer etwas mit Ihren Daten macht. Das muss man sich vorstellen: Ein grüner Minister verantwortet einen solchen Datenpallawatsch. (Ruf bei der FPÖ: Un­glaublich!)

Man hätte den Menschen Sicherheit geben können, man hätte das Vertrauen der Men­schen in die Elektronische Gesundheitsakte stärken können, indem man dort das Sys­tem aufbaut, aber nein, wir machen einen Datenschlendrian und werden dann schon schauen, wo diese Daten irgendwann umherkugeln.

Schlendrian kann er, der Minister, das hat er in den letzten elf Monaten bewiesen. Es kommt nämlich noch besser: Wir beschließen auch, dass die Bürger ab 1. März fünf Antigentests zur Selbstanwendung in der Apotheke abholen können, wenn sie ihre E-Card stecken. Das ist ein bisschen ein Problem, denn ungefähr 9 Millionen Bürger mal fünf Tests ist ziemlich viel. So viel ist aber nicht lagernd. Und was haben die Apotheker zusammen mit der Bundesregierung entschieden? Sie werden einen Appell an die Bürger richten, damit nicht alle die Tests gleich zu Beginn der Aktion abholen. Wenn ich will, dass alle in die Apotheke rennen, dann mache ich es genau so, denn jetzt werden alle hinstürmen und sagen: Ich muss schnell gehen, denn das Zeug ist knapp! So werden die Apotheker dastehen und den Bürgern erklären müssen, dass der Minister wieder einmal etwas versprochen hat, was er nicht halten kann. Das war ja bei den versendeten FFP2-Masken und bei verschiedenen anderen Dingen auch so.

Diese Tests zahlt die Republik aus Steuergeld, aber bekommen tut sie nur, wer eine E-Card hat. Es bekommen sie nicht die KFA-Versicherten, es bekommen sie nicht die Menschen, die Freiberufler sind und nicht in der gesetzlichen Versicherung erfasst sind, es bekommen sie nicht die Tausenden Grenzgänger, die in Deutschland, in der Schweiz, in Liechtenstein arbeiten. Die bekommen sie in der Apotheke nicht kostenlos. Das ist gleichheitswidrig, wenn ich etwas nur einer Gruppe gebe und der anderen nicht. Das ist verfassungswidrig, das interessiert aber den Minister vom Schlendrian nicht.

Wir haben die sensationelle Leistung, dass schon 208 000 Menschen mit Impfungen vollimmunisiert sind – 208 000 Österreicher in acht Wochen. Also in dem Tempo brauchen wir ja weit über 2024 hinaus, bis wir halbwegs Impfschutz haben. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Anschober.) Und wer wird geimpft? – 30 Prozent der Geimpften sind über 75, weil wir alle möglichen jungen Leute impfen. Das Problem ist aber, im Spital landen vor allem Menschen 65 plus. Und wenn wir die alten Menschen nicht impfen, werden wir von Lockdown zu Lockdown rasen, weil ja immer die hauptgefähr­dete Gruppe ungeschützt ist.

Der Minister hätte ein Weisungsrecht. Er kann nach dem Epidemiegesetz den Bundes­ländern anschaffen, was sie zu tun haben. Er nützt dieses Weisungsrecht aber nicht, er schaut dem Impfpallawatsch in den Bundesländern zu, verschränkt die Arme und sagt: Zuständig sind die Länder! Und wenn dann im Mai oder im Juni mehr Impfstoff kommt


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und die Länder nicht so aufgestellt sind, dass sie das gut organisieren, ist mir das wurscht – verantwortlich sind die Länder! Und die SPÖ findet das alles total super und beschließt das alles mit. (Beifall bei den NEOS.)

19.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Bedrana Ribo. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.26.00

Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Heute werden einige Änderungen im Epidemiegesetz vorgenommen. Auf eine davon möchte ich etwas ge­nauer eingehen. Ich freue mich sehr, dass nun auch professionelle Pflegekräfte Covid-19-Testungen durchführen können. Das ist aus meiner Sicht eigentlich eine Selbstver­ständlichkeit. Das war leider in der letzten Fassung des Gesetzes nicht enthalten, das wird heute korrigiert.

Mit dieser Änderung können diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegekräfte sowie PflegefachassistentInnen selbstständig und ohne ärztliche Anordnung Abstriche aus Nase und Rachen durchführen. Für PflegeassistentInnen wird das auf Anforderung und unter Anleitung ermöglicht. Diese Ergänzung ist ein Beitrag zur Kompetenzerweiterung und damit zur Wertschätzung dieser Berufsgruppe. Damit erfolgt auch eine Attraktivie­rung dieser Profession.

Wir haben vor Kurzem Bilanz über ein Jahr Corona gezogen. Das Jahr war für uns alle fordernd, aber für die Pflegekräfte war es besonders hart. Sie haben trotz immenser Unsicherheiten Unglaubliches geleistet. Sie haben uns und ihre KlientInnen mit Maske durch die Krise begleitet. Ihr Einsatz ist sicherlich keine Selbstverständlichkeit. Daher sage ich Danke. Ein Danke reicht aber nicht, das weiß ich, und es soll auch nicht bei diesem Danke bleiben. Pflegeberufe sollen endlich bessere Rahmenbedingungen be­kommen, und daran arbeiten wir intensiv im Zuge der kommenden Pflegereform. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.27


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dietmar Keck. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.28.07

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich habe schon mehrmals von diesem Rednerpult aus auf die Situation in den Alten- und Pflege­heimen hingewiesen. Du weißt es (in Richtung Bundesminister Anschober), es gab von mir einige Redebeiträge dazu. Ich habe Mails vorgelesen. Ich hätte mich auch heute vorbereitet, das zu tun, aber jetzt muss ich sagen, diese Rede habe ich natürlich schmeißen können, weil du mir zuvorgekommen bist. Ich weiß, dass du das wegen mir gemacht hast, Herr Minister, dass jetzt eine Regelung kommt, dass die Besuche in den Alten- und Pflegeheimen wieder gemacht werden können. Ich bedanke mich dafür, dass das pas­siert ist, dass wir das erreicht haben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Lieber Herr Minister, es gibt auch viele Nebenschauplätze, das habe ich schon im letzten Gesundheitsausschuss gesagt, und einer der Nebenschauplätze ist, dass sich im Zuge der Pandemie und des Lockdowns viele Menschen Haustiere zugelegt haben. Wir haben im letzten Jahr in Österreich um 40 000 Hunde mehr als in den Jahren davor dazube­kommen. Betreffend diese Hunde gibt es die Problematik, dass die Gruppenausbildung, die für diese Hunde notwendig ist, nicht gemacht werden kann, weil laut der Verordnung


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nur Einzelunterricht erlaubt ist. Auch das haben wir erst im November nach vielen Gesprächen miteinander erreicht.

Es ist dringend notwendig, Gruppenausbildungen in den Hundeschulen, bei den Hunde­trainerInnen wieder zuzulassen, damit das soziale Verhalten dieser Tiere wirklich ge­prägt werden kann. Es ist dringend notwendig, diese Verhaltensschulungen zur Reso­zialisierung und zur Gefahrenprävention mit erwachsenen Hunden zu machen, weil das Gefahrenpotenzial, das in ihnen steckt, weggemacht gehört. Du bist selber Hundebesit­zer, du weißt, was es bedeutet, in dieser Zeit keine Ausbildung der Hunde und keine beratenden Gespräche im Hinblick auf sie haben zu können.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „schnellst­mög­liche Öffnung der Hundeschulen für Gruppenausbildung als Gefahrenpräventions­maß­nahme gegen Verhaltensstörungen und aus Gründen des Tierschutzes“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird auf­gefordert, aus Gründen der Gefahrenprävention und des Tierschutzes die Gruppenaus­bildung durch Hundeschulen und HundetrainerInnen im Freien schnellstens zuzulassen, wobei die Gruppengröße fünf TeilnehmerInnen nicht überschreiten soll und selbstver­ständlich die Hygienevorschriften, wie das Tragen von FFP2-Masken und ein Zwei-Meter-Abstand, einzuhalten sind.“

*****

Kollegin Schwarz hat vorhin gesagt, man soll Verantwortung für die Mitmenschen über­nehmen. Ja, dem stimmen wir zu, aber auch in diesem Fall sollten wir Verantwortung übernehmen. Ich bitte dich wirklich, diesem Antrag mit deiner Fraktion zuzustimmen, denn jeder Tag, der verloren geht, ist ein Tag, an dem das Gefahrenpotenzial bei diesen Hunden steigt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.30

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dietmar Keck, Max Lercher,

Genossinnen und Genossen

betreffend schnellstmögliche Öffnung der Hundeschulen für Gruppenausbildung als Gefahrenpräventionsmaßnahme gegen Verhaltensstörungen und aus Gründen des Tierschutzes

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 21 Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1214/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden (671 d.B.)

Die Covid-Krise hat zu einem massiven Anstieg des Kaufs von Tieren geführt. Im Jahr 2020 wurden allein rund 15.000 Hundewelpen in Österreich gezüchtet, zusätzlich wurde eine Unzahl an Mischlingshunden im vorigen Jahr geboren. Einen wesentlichen Faktor


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für das Zusammenleben Mensch-Hund stellt die Schulung der BesitzerInnen und die Sozialisierung und Erziehung der Hunde dar.

Diese Tatsache führte auch zur Vorgabe in der Verordnung über die tierschutzkonforme Ausbildung von Hunden, wonach laut § 2 Absatz 2 Ziffer 1 bei der Ausbildung des Hundes darauf Wert zu legen ist, dass ein gutes Sozialverhalten der Hunde gegenüber Menschen und anderen Hunden und eine geeignete Gewöhnung an ihre Lebens- und Trainingsumgebung gefördert werden.

Die Gruppenausbildung durch Hundeschulen bzw. HundetrainerInnen hat gerade zum Ziel Hunde und deren HalterInnen im Sozialverhalten zu schulen und auszubilden. Sie erbringen damit eine – leider oft unterschätzte - Leistung für die Gesellschaft. Diese Aus­bildungen stellen eine wichtige Basis in der Sozialisierung für Welpen und Junghunde dar. Dringend notwendig sind die Verhaltensschulungen in der Gruppe mit erwachsenen Hunden zur Resozialisierung und zur Gefahrenprävention! Der Faktor, dass Hunde Rudeltiere sind, führt auch zu der Notwendigkeit, positive Sozialkontakte zu fördern und damit Defizite in der sozialen Kompetenz zu vermeiden – dies ist wesentlich für eine nachhaltige Gefahrenprävention.

Auf Grund der im Zusammenhang mit der Pandemie erlassenen Verordnungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz auf Grund­lage unter anderem des Epidemiegesetzes findet die - wie oben beschrieben so not­wendige - Gruppenausbildung für das Sozialverhalten der Hunde seit nunmehr fast einem Jahr nicht statt. Es hätte unabschätzbare Folgen für das Zusammenleben Mensch-Hund, sollte dieses Verbot noch länger andauern. Verhaltensstörungen muss daher so rasch als möglich entgegengewirkt werden, um die Lage nicht noch zu verschlimmern.

Die gefertigten Abgeordneten stellen daher den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, aus Gründen der Gefahrenprävention und des Tierschutzes die Gruppen­ausbildung durch Hundeschulen und HundetrainerInnen im Freien schnellstens zuzu­lassen, wobei die Gruppengröße fünf TeilnehmerInnen nicht überschreiten soll und selbstverständlich die Hygienevorschriften, wie das Tragen von FFP2-Masken und ein Zwei-Meter-Abstand, einzuhalten sind.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Dr. Josef Smolle. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.30.54

Abgeordneter Dr. Josef Smolle (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte auf den Antrag zur weitgehenden Abschaffung der Maskenpflicht eingehen, weil ich glaube, dass das paradigmatisch für die Diskussion und auch für das Dilemma, das wir alle weltweit in der Bewältigung dieser Coronapandemie haben, ist.

Der Antrag stammt von Ende Mai des vergangenen Jahres. Es war ein Zeitpunkt, zu dem viele irrtümlich geglaubt haben, die Sache wäre überstanden, und aus diesem


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Aspekt heraus ist er irgendwie verständlich. Mittlerweile wissen wir, es ist nicht über­standen, es stehen noch herausfordernde Zeiten vor uns. Mittlerweile gibt es mehr als tausend Publikationen über die Wirkung von Masken in der Covid-19-Krise und bei anderen respiratorischen Infekten. Diese sind zum Teil heterogen, das erklärt auch, dass die Empfehlungen der verschiedenen Institutionen je nach Zeit und Ort manchmal etwas wechselhaft sind. Gerade Mitte Februar aber hat die CDC in den Vereinigten Staaten festgestellt, dass korrekt getragene Masken – wenn beide Partner sie haben – im Experimentellen eine Reduktion von etwa 95 Prozent bringen. Eine sehr schöne Studie aus Deutschland hat gezeigt, dass das Übertragungsrisiko und die Zahl der Fälle um etwa 45 Prozent gesenkt werden.

Natürlich ist keine Maßnahme in der Medizin hundertprozentig, deshalb ist es zum Beispiel sinnvoll, Tests – bei denen wir in Richtung Testweltmeister gehen – mit den Masken zu kombinieren. Solche Maßnahmen haben einen additiven Effekt, das heißt, mathematisch korrekt ausgedrückt, sie multiplizieren sich eigentlich.

Ich möchte aber kurz über diese Details hinausgehen und Folgendes sagen: Wir alle wissen, wie wichtig es ist, dass die Wirtschaft bald wieder in Gang kommt. Mit den Masken haben wir eine Maßnahme, die mit fast allen wirtschaftlichen Aktivitäten aus­gezeichnet verträglich ist. Es wäre kontraproduktiv, genau diese Maßnahme jetzt aufzu­geben. Ich bin sehr froh, dass wir im Ausschuss einen breiten Konsens haben, vier von fünf Fraktionen sehen das ebenso und lehnen diesen Antrag ab.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir alle gemeinsam solidarisch arbeiten, um über diese Krise hinwegzukommen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.33


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.33.44

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher! Vielleicht sollte man die fünf Experten, die dabei waren, noch einmal kurz namentlich aufzählen, es war eine hochkarätige Runde: Von Regierungsseite, vom Regierungsexpertenstab waren Dr. Kollaritsch und Frau Dr. Rabady genannt und dabei, dann waren Dr. Allerberger, Dr. Sprenger und Dr. Szekeres hier im Haus, die uns ausführlich Fragen beantwortet und ihre Meinungen kundgetan haben.

Kollegin Schwarz, liebe Gabi, natürlich nimmt jeder ein bissel selektiv das wahr, was er gerne hört, aber du kannst gerne noch einmal im Protokoll nachlesen: Es war eigentlich relativ klar, dass alle fünf Experten nach einem Jahr – Gott sei Dank! – mittlerweile großteils die Linie von uns, der Freiheitlichen Partei, bestätigt haben. Das ist für mich ganz eindeutig gewesen. Ich kann es gerne noch einmal aufzählen, wenn du es nicht glaubst, liebe Gabi. Die Hauptaussage von allen fünf war, dass natürlich Panik und Todesangst kontraproduktiv sind. Alle fünf haben bestätigt, dass die Kollateralschäden im Gesundheitsbereich – von den restlichen rede ich gar nicht – ganz, ganz massiv sind. Das haben alle fünf Experten zugegeben.

Ganz interessant war die Aussage des Kollegen Kollaritsch – der ist ja von euch genannt worden, als ÖVP-nahe –, der auf die Frage: Was wäre passiert, wenn wir nichts gemacht hätten?, geantwortet hat: „Gott sei Dank wissen wir das nicht!“ – Die Aussage war relativ deutlich. (Zwischenruf der Abg. Gabriela Schwarz.) Wir wissen nicht, ob das Ergebnis dasselbe wäre, hätten wir das alles – die Verordnungen, die sowieso verfassungswidrig waren – nicht gemacht. Wir wissen aber, dass die Kollateralschäden ganz massiv da sind.


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Ganz klar war auch die Aussage: Das Gesundheitssystem in Österreich ist sehr gut aufgestellt und war nie in Gefahr. – Das haben alle fünf Experten gesagt. Ebenso haben alle fünf Experten gesagt – der Minister hat es auch gehört, das war ja auch der Vorwurf an ihn –, dass wir leider Gottes keine Analyse über die Maßnahmen haben und dass keine Evaluierung stattgefunden hat. Das ist ein Hauptproblem. Wir wissen bis heute nicht, was die Maßnahmen des Ministers, die Verordnungen in Einzelfällen, in Einzel­segmenten – wissenschaftlich überprüfbar – gebracht haben. Das haben alle fünf Exper­ten gesagt. Liebe Gabi Schwarz, ich hoffe, du kannst das auch bestätigen, das waren die Aussagen der fünf Experten.

Vielleicht zum Schluss – ich will es nicht zu ausführlich machen –: Alle fünf Experten haben auch ganz klar gesagt, es ist Gott sei Dank nicht Pest und Cholera, es ist im Prinzip eine virale, grippeähnliche Erkrankung mit saisonalem Verlauf (Abg. Belakowitsch: Mit weniger Toten!), und wir werden weiterhin mit Corona leben müssen. Das haben alle fünf Experten gesagt.

Um positiv zu bleiben: Die Aussage war auch ganz klar, dass alle fünf Experten im Grunde genommen davon ausgehen, dass es nach diesem Frühling, Sommer erledigt sein sollte und nicht mehr so ein Wahnsinn wie im letzten Jahr passiert. Das gebe ich allen Zuschauern mit, damit auch alle wissen, wohin die Reise nach Meinung der Ex­perten geht. Das ist ja auch sehr erfreulich.

Was aber schon Thema ist: Wir haben keine Vergangenheitsbewältigung gemacht, sondern wir sind mittendrin, der Minister schießt eine Verordnung nach der anderen raus. Als Tiroler bin ich ja von diesem Wahnsinn, dass man ein ganzes Bundesland mit Militär abriegelt und quasi zum Hochrisikogebiet erklärt, selbst betroffen. Ich kann Ihnen versichern – ich komme gerade aus Tirol –, wir haben wirklich eine sichere Situation, es ist dort nichts gefährlich, aber der Minister hat das halt im vorauseilenden Gehorsam (Zwischenbemerkung von Bundesminister Anschober) so definiert und die Deutschen haben das dann gern übernommen.

Man könnte über das Thema natürlich stundenlang reden. Es ist einfach ganz wichtig, noch einmal zu erwähnen – wir waren die einzige Partei, die das von Anfang an kon­sequent kommuniziert hat –: Wir sind gegen einen Impfzwang und gegen einen Test­zwang. Wir wollen diese Zweiklassengesellschaft nicht haben, Sie führen sie aber ein, Herr Minister. Ich bin als Tiroler gezwungen, mich alle zwei Tage testen zu lassen (Abg. Belakowitsch: Schule ... Zwangstestung ..!), wenn ich das Bundesland verlassen will. Ich komme nicht darum herum, außer ich werde Revolutionär, was ich momentan noch nicht vorhabe.

Ich sage Ihnen aber schon eines, Herr Minister das ist eigentlich das Hauptproblem für viele : dass die Leute spüren, es wird drübergefahren, es zählt überhaupt keine Ver­fassung und gar nichts mehr. Das, Herr Minister, werfe ich Ihnen schwerstens vor; wir werden noch öfter darüber diskutieren. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.38


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Rudolf Anschober. – Bitte schön, Herr Bundesminister.


19.38.43

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Rudolf Anschober: Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Das passt ja ganz gut nach dieser Wortmeldung. Ich will mich da jetzt nicht im Detail verbreitern, aber das eine: Ich habe das sehr genossen, dass diese Expertinnen- und Expertenanhörung von fünf sehr, sehr kompetenten Fachexper­ten stattgefunden hat, denn das ist gelebter Parlamentarismus.


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Was sie aber aus meiner Sicht nicht verdient haben, das ist, dass sie im Stillepost­ver­fahren da irgendwie wiedergegeben werden und reininterpretiert wird, was Sie von ihnen verstehen wollten. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Sie zitieren zum Beispiel Professor Kollaritsch – ein großartiger Fachexperte – dahin gehend, dass er auf die Fragestellung: Was wäre passiert, wenn wir keine Maßnahmen gesetzt hätten?(Abg. Wurm: Das steht im Protokoll, Herr Minister!), gesagt hätte: Ich bin froh darüber, dass ich es nicht weiß. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.) Damit hat er gesagt, geschätzter Kollege Wurm – ich meine es wirklich sehr ernst, was ich jetzt sage, zumindest den zweiten Teil –, dass er es nicht wissen will, weil es verheerend gewesen wäre.

Ich habe mit Professor Kollaritsch Hunderte Abende verbracht, weil er im Beraterkreis der Bundesregierung und in meinem Haus tätig ist. Ich sage Ihnen, der weiß ganz genau, was passiert wäre, wenn nicht gehandelt worden wäre. Einige Länder haben das einige Monate hindurch probiert und haben dann eine verheerende Situation gehabt. Kommen Sie uns also bitte nicht mit diesen Rezepten! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben die Situation, dass – morgiges Datum, wir werden es vermutlich mit dieser Debatte, so erwarte ich es mir jedenfalls, nicht mehr erreichen – der 25. Februar der Termin und der Tag war, als dann das, was wir alle befürchten mussten, vor einem Jahr tatsächlich geschehen ist, nämlich dass die Pandemie mit den beiden ersten Fällen in Österreich angekommen ist. Damals haben wir geglaubt, 100, 200, 300 Fälle sind sehr, sehr viel. Heute wissen wir, dass wir froh wären, wenn wir bei 300 Fällen wären. Wir sind in den letzten 24 Stunden bei über 2 000 Fällen. Das heißt, die Fallzahlen steigen derzeit wieder an, und das war eigentlich auch zu erwarten. Warum war es zu erwarten? – Weil wir seit Anfang Jänner wissen, dass wir in ganz Europa das Auftreten von zwei sehr riskanten Mutationen haben, die vor allem dadurch gekennzeichnet sind, dass sie eine um 30 bis 40 Prozent erhöhte Ansteckungskraft haben. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schreit irgendwo anders, aber lasst mich in Ruhe reden! Okay? (Beifall bei Grünen und ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Auf der ganzen Welt sind sich alle Fachexperten einig (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), aber die Professorinnen und Professoren der FPÖ wissen es besser, sie wissen es anders. (Abg. Stefan: Wie viele Südafrikafälle gibt es? – Abg. Deimek: In Tirol gibt es 100!) Ich werde meine Redezeit nicht mit ihren Zwischenrufen verbringen.

Wir sind also in der Situation, dass sich zwei Mutationen in ganz Europa ausbreiten, die um 30 bis 40 Prozent ansteckender sind als das Stammvirus. Das ist das eigentliche Problem. Wir haben gewusst, dass wir dann, wenn diese Varianten, diese Mutationen eine Dominanz im virologischen Geschehen in Österreich einnehmen, auch wieder steigende Fallzahlen haben werden, das ist ja ganz klar. Wenn ich dann einen um das 0,3- oder 0,4-Fache höheren Reproduktionsfaktor habe, dann steigen die Gesamt­reproduktionszahl und damit die Infektionszahlen generell an. Wenn wir so wie derzeit einen Reproduktionsfaktor von 1,1 haben, dann bedeutet das, dass von 100 Personen, die eine Infektion haben, 110 andere angesteckt werden. Damit steigt die Kurve an, und das ist derzeit natürlich besorgniserregend. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Der Druck auf das Infektionsgeschehen steigt. Wir halten mit fünf konkreten Maß­nahmen, die unter allen Fachexpertinnen und Fachexperten weitestgehend außer Streit stehen, dagegen. Wir kontrollieren zum einen die Verbreitung dieser beiden Varianten. Das heißt, Österreich ist das erste Land – da bin ich wirklich stolz auf die Labore, auf die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in Österreich –, das alle positiven PCR-Ergebnisse vollständig auf Mutationen abtestet. Wir haben dadurch mittlerweile ein sehr präzises Wissen und wissen, dass im Osten Österreichs, in Wien zum Beispiel, der


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Mutationsanteil des britischen Virus mittlerweile bei über 50 Prozent liegt (Abg. Wurm: Dann sperren wir Wien zu, oder?), in Niederösterreich ähnlich, im Burgenland mittler­weile bei deutlich über 70 Prozent. Und dann haben wir ein Ost-West-Gefälle, Vorarlberg liegt derzeit bei rund 16 Prozent, also deutlich besser. Je höher der Anteil, desto höher ist der Druck auf das Infektionsgeschehen und desto mehr steigen die Werte an. Punkt eins in unserer Strategie ist daher: Dagegenhalten mit einer guten Kontrolle der Mutan­ten.

Punkt zwei: Die FFP-2-Maske, die heute von einzelnen Abgeordneten mit wenig Ver­ständnis diskutiert wurde, ist eine ganz zentrale Schutzmöglichkeit und Schutznot­wendigkeit, weil wir uns, wenn es ein erhöhtes Ansteckungsrisiko gibt, damit und durch einen größeren Mindestabstand selbstverständlich besser schützen können.

Punkt drei, den wir in diesem Schutzprogramm, in dieser Schutzstrategie realisieren, ist der Ausbau des Contacttracings. Mittlerweile arbeiten 5 000 Menschen in Österreich an diesem Contacttracing, und es ist mittlerweile durchdigitalisiert und dadurch noch deut­lich handlungsfähiger.

Sie beschließen heute einen wesentlichen Punkt, nämlich dass es Datenübermittlungen aus dem Bereich des Impfpasses an das Kontaktpersonenmanagement geben kann. Stellen Sie sich vor, es gibt einen Menschen, der geimpft ist, und der würde dann mög­licherweise, weil er beim Kontaktpersonenmanagement eine Kontaktperson ist, in Qua­rantäne geschickt. Das wäre völlig verrückt, das wollen wir nicht. (Abg. Belakowitsch: Könnte es nicht auch daran liegen, dass das Contacttracing völlig versagt hat?) Des­wegen ist es gut, dass es diesen Informationsfluss gibt.

Der vierte Punkt sind die Tests. Ich glaube wirklich, dass da in Österreich in den letzten Wochen durch ganz unterschiedliche Beteiligte Großartiges passiert ist. Wir haben im Augenblick 1,4 bis 1,5 Millionen Testungen pro Woche. Es arbeiten da im Übrigen – ein Beispiel, das noch wenig in der Öffentlichkeit ist – die österreichischen Betriebe ganz fantastisch mit. Es machen da mittlerweile fast 1 200 – laut meiner Erinnerung 1 164 – mit, machen offizielle Screenings bei ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. 500 000 Mit­arbeiter, mehr als 500 000 MitarbeiterInnen werden damit erfasst, haben damit die Mög­lichkeit, laufend getestet zu werden, und diese Betriebstestungen sind auch offen für Gemeindebürgerinnen und -bürger. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich glaube, das ist ein guter Punkt, bei dem Betriebe auch etwas für die allgemeine Öffentlichkeit anbieten können.

Zweitens: Die Apothekerinnen und Apotheker haben in kürzester Zeit das Programm der Gratistestungen übernommen. Das funktioniert fantastisch. Wir sind mittlerweile bei über 900 Apotheken in ganz Österreich, die diese Gratistestungen durchführen.

Drittens, last, but not least: Ich kann mich noch erinnern, dass im November, Dezember von einzelnen Abgeordneten ganz kurze Listen vorgetragen worden sind, wie viele Teststraßen es in den Bundesländern bereits gibt. Mittlerweile haben wir über 400 in ganz Österreich. Das heißt, der Zugang zum Gratistest ist mittlerweile hervorragend, und es lassen sich deswegen auch immer mehr Menschen testen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Zwischen 200 000 und 240 000 sind es in dieser Woche bisher gewesen. Das ist sehr, sehr gut, und da ist Österreich ganz vorne mit dabei.

Ich könnte Ihnen Medienartikel dieser Woche zeigen, zum Beispiel im „Wall Street Journal“, das Österreich als Vorbild für die Schulöffnungen in den USA darstellt. Es waren in der letzten Woche sechs oder sieben deutsche Fernsehteams bei uns in Wien, um sich anzuschauen, wie die Ösis das machen, weil das auch ein Modell ist, das mittlerweile in Deutschland diskutiert wird. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.) Ich glaube, in dem Zusammenhang haben wir etwas weitergebracht – dank vieler, die sich engagieren, dank der Teamarbeit, des Zusammenhalts. Das ist halt unsere Vorgangsweise,


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Frau Kollegin Belakowitsch, auch wenn Sie das nicht so nachempfinden können. (Abg. Belakowitsch: Sie können nicht nachempfinden!)

Der fünfte Punkt ist einer der ganz zentralen – und auch da haben Sie mit Ihren Be­schlüssen heute wieder wesentliche Verbesserungen zustande gebracht –, das ist der Impfprozess. Wir haben mittlerweile einen E-Impfpass, der so weit ausgerollt ist, dass 94 Prozent der Impfungen bereits im elektronischen Impfpass verankert sind. Das ist ein Projekt, das seit 15 Jahren in Vorbereitung war und das bis zum Jahr 2030 hätte ausgerollt werden sollen. Wir haben das innerhalb von zwölf Monaten geschafft, haben das umgesetzt. Mittlerweile ist das Realität und funktioniert auch Tag für Tag besser. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

In dem Zusammenhang möchte ich noch kurz zwei Dinge ansprechen: Wir haben es zwar erst morgen in der neuen Verordnung im Hauptausschuss als Punkt, der be­schlossen werden soll, wie ich hoffe. Wir haben eine Lockerung im Bereich der Alten- und Pflegeheime. Es ist eine sehr gute Entwicklung, die in den Alten- und Pflegeheimen realisiert werden konnte. Sie erinnern sich vielleicht, wir haben Ende November rund 4 300 Infektionsfälle an einem einzigen Tag in Alten- und Pflegeheimen in Österreich gehabt – trotz einer sehr, sehr engagierten Arbeit der Pflegerinnen und Pfleger und der Besucher und Besucherinnen, die wirklich achtgegeben haben, aufgepasst haben. Es ist dennoch passiert. Immer dann, wenn das Infektionsgeschehen in der Umgebung heftig ist, ist das nur schwer zu vermeiden. Wir haben trotzdem die Maßnahmen noch einmal angezogen. Das hat sich bewährt, hat aber natürlich auch dazu geführt, dass es für die Bewohnerinnen und Bewohner schwierig gewesen ist, weil es nur wenig Besuchs­möglichkeiten gegeben hat. Kollege Keck hat das in seiner Rede vorhin schon ange­sprochen.

Ich finde wirklich, dass es jetzt, da wir bei 340, 350 Infektionsfällen sind, an der Zeit ist, da wieder einen Lockerungsschritt zu realisieren. Den werden wir morgen mit der Ver­ordnung verankern. Das wird dann ab nächster Woche gelten, und dann können zumin­dest pro Woche zweimal zwei Besuche realisiert werden. Das, was sich ganz viele Großeltern gewünscht haben, nämlich dass sie den Papa oder die Mama und das Kind, das Enkerl wieder einmal sehen können, das wird ab nächster Woche Realität und Normalität in den Alten- und Pflegeheimen werden.

In Summe möchte ich mich ganz einfach bei all den Abgeordneten bedanken, die in einer schwierigen Situation – mir ist das völlig klar –, unter enormem Zeitdruck immer wieder bereit sind, gemeinsam konstruktiv an Lösungen zu arbeiten. Ich möchte da ausdrücklich alle inkludieren, auch die Sozialdemokratie, die sich in diesen konstruktiven Prozess immer wieder auch sehr offensiv mit einbringt, die Regierungsfraktionen und auch die NEOS-Fraktion, die von ihrem Zugang als Oppositionspartei aus selbstverständlich auch spannende Ideen einbringt. Wir haben ja auch etliches, was in der damaligen Diskussion verankert wurde, übernommen, etwa im COVID-19-Maßnahmengesetz.

Auch wenn es manchmal härter zugeht, ist es trotzdem wichtig, dass wir das Gemein­same in dieser Pandemiebekämpfung sehen, denn nur gemeinsam werden wir Schritt für Schritt diese ganz große Herausforderung bewältigen.

Da wird es Fehler geben. Da läuft nicht alles hundertprozentig perfekt. In keinem ein­zigen Land der Welt läuft es hundertprozentig perfekt. Wir sind teilweise auch Suchende, weil es ein neues Virus ist. Auch die Experten und Expertinnen sind in manchen Detailbereichen noch nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, dass dann in Summe, wenn dieses Land zusammenhält, wenn die Bevölkerung zusammenhält, das Ziel schon ein bisschen zu erahnen ist. Wenn diese Pandemie ein Marathon wäre, wären wir meiner Einschätzung nach wahrscheinlich bei Kilometer 32 oder 33.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 243

Zu Ostern, wenn wir schon mehr Menschen geimpft haben, wird es besser, glaube ich. Also in Summe: Wir werden das gemeinsam schaffen. Wir werden da gemeinsam durchkommen, und wir werden dann gemeinsam viel zu tun haben, um das zu schaffen, was dann, nach dem Ende der Pandemie – oder dann, wenn wir die Pandemie unter Kontrolle gebracht haben, um es besser zu formulieren –, die erste Notwendigkeit sein wird, nämlich die soziale Krise zu verhindern und das wirtschaftliche Comeback zu ver­wirklichen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

19.51


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


19.51.44

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Werter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Im Aus­schuss waren wir wieder mit zahlreichen Trägerraketen konfrontiert, die kurzfristig mittels umfassender Abänderungsanträge geändert wurden.

Dass die Anträge aus dem Gesundheitsministerium kommen, macht es nicht viel besser. Inhaltlich kann man nur wenige Teile positiv hervorheben – zumindest ist auch die Bun­desregierung gesundheitspolitisch in manchen Dingen im 21. Jahrhundert angekom­men.

Man hat endlich erkannt, dass der Pflegebereich prädestiniert dafür ist, Covid-Tests durchzuführen, aber die schwarz-grüne Regierung braucht leider immer ewig, um anzu­erkennen, dass auch die Menschen in nichtärztlichen Gesundheitsberufen höchst qua­lifiziert sind und auch bereit, weitere medizinische Aufgaben zu übernehmen.

Warum der Pflegebereich und die Apotheken nicht schon seit dem Frühjahr 2020 Covid-Testungen durchführen dürfen und dafür Kassenhonorare bezahlt werden, wie es bei Ärzten der Fall ist, verstehe ich bis heute nicht, aber ich verstehe auch bis heute nicht, warum Apotheker und diplomierte Pfleger nicht impfen dürfen. Erst kürzlich meinten Sie, dass durch das Impfen durch Apotheker und Pfleger die Patientensicherheit gefährdet sei, und da frage ich Sie, Herr Minister: Haben Sie so wenig Vertrauen in unsere Apo­theker? (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Rolle der Pflege war übrigens auch ein großes Thema im Expertenhearing zu den Covid-Maßnahmen. Der Gesundheitsexperte Dr. Martin Sprenger wies dabei sehr deutlich darauf hin, dass in der Pandemie kein Gesundheitsberuf so sehr vernachlässigt wurde wie die Pflege.

Herr Gesundheitsminister, da helfen auch zahlreiche Pressekonferenzen mit schönen Worten nicht. In Ihrem Pflegereformpapier steht beispielsweise, dass auch die Pflege einen Abrechnungskatalog mit den Krankenkassen braucht. Ein entsprechender Antrag zu einem Pflegeabrechnungskatalog wurde von Ihren grünen Parlamentskollegen schon zweimal niedergestimmt. Jetzt hat ihn die Pflegetaskforce in ihrem Pflegereformpapier vorgeschlagen. Da könnten Sie bei der Umsetzung durchaus einen Zahn zulegen.

Es ist also nicht verwunderlich, dass Dr. Martin Sprenger Ihren Beraterstab gleich am Beginn der Pandemie verlassen hat. Er hat die soziale Komponente und die sozialen Auswirkungen der Pandemie deutlich aufgezeigt.

Herr Bundesminister, genau bei diesen Problemstellungen sind Pressekonferenzen zu wenig. Negativ überrascht bin ich aber auch von der SPÖ, die ausgerechnet den Ärzte­kammerpräsidenten ins Covid-Expertenhearing geladen hat, also jemanden, der klas­sische Ärzteklientelpolitik betreibt, selbstverständlich auch in Zeiten der Pandemie. Für Pflege und Apotheken ist da kein Platz. Von der SPÖ hätte ich mir zumindest einen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 244

Sozialexperten erwartet, der auf die Auswirkungen der oft überzogenen Maßnahmen der Regierung eingeht, wie Martin Sprenger; aber gut, niemand ist so oft bei den Verschär­fungen der Regierung mitgegangen wie die SPÖ.

Da wundert es mich auch nicht, dass die SPÖ jetzt bei jedem Husch-Pfusch-Gesetz mitgeht, das unser Minister heute vorlegt. (Beifall bei den NEOS.)

19.54


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bettina Zopf. – Bitte, Frau Abgeordnete.


19.54.54

Abgeordnete Bettina Zopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! In den vergan­genen Wochen sind mehr als 1,5 Millionen Coronatests durchgeführt worden. Seit den ersten Öffnungsschritten werden die Covid-19-Testungen von der Bevölkerung sehr gut angenommen. Wir sind in Europa unter jenen Ländern, die am meisten testen, mit den Schultests sind wir sogar Spitzenreiter. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das wäre sicher nicht ohne Mithilfe der knapp 1 000 Apotheken möglich gewesen. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg. Daher möchte ich mich an dieser Stelle recht herzlich bei allen Apothekerinnen und Apothekern bedanken, vor allem bei Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr.

Die starke Nachfrage bestätigt uns, dass wir mit dieser Strategie auf dem richtigen Weg sind. Andere Länder beginnen jetzt auch, diesen Weg einzuschlagen. Öffnungsschritte können nur in Zusammenhang mit einer guten Teststrategie funktionieren. Der Zweck heiligt die Mittel.

Seit 8. Februar dürfen wieder zwei Haushalte zusammenkommen, und letztes Wochen­ende war auch ich selbst endlich wieder einmal zu Besuch bei meiner Freundin. Als Gastgeschenk hatte ich diesmal nicht nur wie gewöhnlich Getränke mit, nein, auch einen Selbsttest hatte ich dabei.

Die Freude über dieses Gastgeschenk war sehr groß, denn diese Momentaufnahmen bieten uns eine zusätzliche Absicherung. Wir sind soziale Wesen und brauchen den sozialen Austausch und das Zusammenkommen. Daher ist unser Grundsatz: So viel Freiheit wie möglich und nur so viel Einschränkung wie nötig – und dazu brauchen wir unsere Teststrategie.

Mit dem heutigen Beschluss schaffen wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Abwicklung der Gratistests bei symptomlosen Personen. Diese Tests bieten einen zusätzlichen Schutz. Es besteht nun die Möglichkeit der Selbstkontrolle in den eigenen vier Wänden, und das sogar gratis.

Besonders hervorzuheben ist, dass wir diesen Beschluss heute mit überwiegender Mehrheit fassen. Das zeigt, dass auch die Opposition unsere Maßnahmen befürwortet. Wir werden auch weiter daran arbeiten, dass wir den Kampf gegen Corona gemeinsam gewinnen.

Wir wollen unser normales Leben wieder zurück, und das können wir nur schaffen, wenn wir auch über die Parteigrenzen hinweg gut zusammenarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

19.58


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Mag.a Verena Nussbaum. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 245

19.58.13

Abgeordnete Mag. Verena Nussbaum (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wo stehen wir heute? – Wir befinden uns quasi ein Jahr nach dem ersten Lockdown, 445 000 Coronainfektionen später, und wir haben es jetzt endlich geschafft, flächendeckende Gratiscoronatestungen zur Verfügung zu stellen.

Wir als SPÖ fordern schon seit Beginn der Pandemie ausreichende und vor allem kos­tenlose Tests. Heute beschließen wir etwas, was wir ebenfalls schon lange gefordert haben: dass es diese Antigentests zur Eigenanwendung, die sogenannten Wohnzim­mertests, gibt. Es sollen jetzt fünf kostenlose Tests pro Monat von Menschen in Österreich, die eine E-Card haben und über 15 Jahre alt sind, in den Apotheken abgeholt werden können, und jetzt hoffe ich schon, Herr Minister, dass das funktionieren wird, wenn ich an diese FFP2-Masken für über 65-Jährige denke – Anfang Dezember haben wir das beschlossen, bis Mitte Februar waren noch immer nicht alle Masken bei den Menschen zu Hause angelangt. (Bundesminister Anschober: Ich arbeite nicht bei der Post!) – Ja, das ist richtig, Sie arbeiten nicht bei der Post (Abg. Greiner: Aber die Verantwortung haben Sie!), aber ich hoffe, wir haben jetzt genügend Tests, dass die Apotheken sich ordentlich vorbereiten können und dass sie auch genügend Zeit haben, das dann aufzuteilen und unter die Menschen zu bringen.

Was noch immer nicht umgesetzt wurde, ist unsere Forderung, dass diese Wohn­zim­mertests auch als Berufsgruppen- und Eintrittstests gelten sollen, wenn man sie direkt dort, vor Ort, macht. Das ist für uns eine ganz wesentliche Sache. Ich gehe aber jetzt einmal davon aus, dass wir das vielleicht in drei Monaten hier beschließen, denn um diesen Zeitraum verzögert sich immer die Umsetzung unserer Forderungen. Es besteht also noch ein bisschen Hoffnung, dass das auch noch kommt.

Wichtig ist für uns natürlich, dass der Zugang zur Gesundheitsversorgung nicht vom Geldbörserl abhängig gemacht wird. Es ist wichtig, dass diese Tests gratis sind. Wir sehen das schon so, dass diese Tests ein Schlüssel zur Pandemiebekämpfung sind. Da ja, Stichwort Impfstrategie, die Impfungen bei uns eher im Schneckentempo voran­gehen, werden die Tests noch lange ein Instrument sein, um die Weiterverbreitung des Virus in dieser Pandemie einzudämmen.

Wir müssen aber festhalten – und das muss ich heute wieder sagen; Sie wissen jetzt schon, was kommt –: Wir brauchen eine Strategie, ein Ziel, auf dessen Erreichung wir gemeinsam hinarbeiten. Die Menschen kennen sich mit dem Hin und Her nicht mehr aus, sie wissen nicht mehr, welche Maßnahmen jetzt aktuell sind. Es werden Zahlen genannt, diese Zahlen werden nicht erreicht, aber es kommt trotzdem etwas anderes. Es wird gelockert, obwohl die Zahlen nicht erreicht werden. Die Zahlen sind derzeit wieder auf einem hohen Niveau und wir glauben, dass sie auch weiter steigen werden, aber es wird jetzt von weiteren Lockerungen gesprochen. Man darf sich daher nicht wundern, dass die Bevölkerung zu einer gewissen Maßnahmenfaulheit, so möchte ich das jetzt einmal bezeichnen, kommt.

Wir brauchen ein solidarisches Miteinander, um diese Pandemie in den Griff zu be­kommen, und dafür braucht es ein Gesamtkonzept und Ziele, die bestehen bleiben und auf deren Erreichung wir gemeinsam hinarbeiten können.

Beim Thema solidarisches Handeln mache ich jetzt einen Sprung – weg von Corona, doch nicht ganz, denn ein sehr solidarisches Handeln in unserem Gesundheitssystem legen Menschen an den Tag, die Blut spenden. Wir haben schon im Dezember im Ge­sundheitsausschuss ein Hearing abgehalten. Ich möchte, dass wir die noch immer bestehende Diskriminierung hinsichtlich Blutspenden von schwulen und bisexuellen Männern sowie Transgenderpersonen endlich beenden. Es kann nicht sein, es gibt keine


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 246

wissenschaftliche Begründung dafür, dass dieser Personenkreis ausgeschlossen wer­den soll. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Da handelt es sich eindeutig um eine politische Entscheidung. Wir brauchen keine Studien mehr, wir brauchen keine weiteren Hearings. Sie haben jetzt gesagt, die Warte­zeit soll von zwölf Monaten auf vier Monate gesenkt werden, und da muss ich Ihnen schon sagen: Allein deshalb, weil die Frist verkürzt wird, ist es nicht weniger diskrimi­nierend.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein: 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Blut­spende-Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern, sowie Transgenderper­sonen endlich beenden!“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die Blutspendeverordnung umge­hend zu ändern, sodass ein genereller Ausschluss von Spendern aufgrund ihrer sexu­ellen Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht mehr zulässig ist.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

20.03

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Mag.a Verena Nussbaum, Genossinnen und Genossen

betreffend Blutspende-Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern, sowie Transgenderpersonen endlich beenden!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 85. Sitzung des Nationalrats TOP 23 zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 1215/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (673 d.B.)

Selten war es wichtiger als jetzt, dass möglichst viele Menschen in Österreich durch ihre Blutspende einen Beitrag leisten. Die Corona-Pandemie bringt nicht nur unser Sozial-, sondern auch das österreichische Gesundheitssystem an seine Grenzen. Umso weniger ist es daher verständlich, dass noch immer große Personengruppen ohne wissen­schaftliche Basis von der Möglichkeit zur Blutspende ausgeschlossen werden. Männern, die Sex mit Männern haben (MSM), und auch Transgender-Personen wird in Österreich trotz intensiver Diskussionen in den letzten Monaten und Jahren noch immer der Zugang zur Blutspende verweigert, während andere Länder von Ungarn, über Großbritannien, bis Brasilien die aktuelle Krise genutzt haben, um ähnlich veraltete Regelungen endlich abzuschaffen. Auch hierzulande ist es höchste Zeit, dass die Diskriminierung endlich ein Ende hat.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 247

Denn neben dem viel diskutierten Ausschluss von MSM für 12 Monate erfahren in Öster­reich auch Transgenderpersonen durch einen generellen Ausschluss Diskriminierung, wie in den letzten Wochen von NGOs offengelegt wurde. Dies geschieht unter Bezug auf die Lage in Deutschland und ohne zugrundeliegendes europäisches Studienmaterial – ohne Differenzierung des medizinischen Status von Transgenderpersonen. Während Hormon-Therapien explizit keinen Einfluss auf die Voraussetzung zum Blutspenden haben und im Fall von Operationen dieselben Richtlinien wie bei allen anderen Spender*innen anzuwenden sind, wird die gesamte Trans-Community einzig und allein aufgrund ihrer Geschlechtsidentität ausgeschlossen. Dieser Zustand ist untragbar.

Trotz zahlreicher Ankündigung sind die De-Facto-Blutspende-Verbote in Österreich bis heute aufrecht. Auch das Expert*innen-Hearing im Gesundheitsausschuss des National­rats im Dezember 2020 hat, wie viele vorangegangene Diskussionen, klar gezeigt, dass es dafür keine wissenschaftliche Begründung gibt. Der oft diskutierte Lösungsweg eines aktualisierten Anamnesebogens ist, wie der Ausschluss von Transgenderpersonen zeigt, unzureichend – das Ende der Diskriminierung beim Blutspenden ist eine politische Frage und muss politisch gelöst werden: Durch die Verankerung eines Antidis­kriminie­rungsparagraphs in der Blutspendeverordnung durch den zuständigen Bundesminister. Denn zählen muss das individuelle Risikoverhalten aller Spender*innen, nicht deren sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität!

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die Blutspendeverordnung umgehend zu ändern, sodass ein genereller Ausschluss von Spendern aufgrund ihrer sexuellen Orien­tierung oder Geschlechtsidentität nicht mehr zulässig ist.“

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Werner Saxinger. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.03.59

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Der frühere deutsche Politiker Heiner Geißler hat gesagt:  „In der Politik sind Emotionen Fakten“ – und er hatte damit eigentlich recht.

Die Pandemie hat uns jetzt seit genau einem Jahr in Geiselhaft und treibt uns vor sich her, sie erschöpft uns emotional, laugt uns aus, aber ich sage Ihnen: Wir halten dagegen mit allem, was uns zur Verfügung steht! Die Bundesregierung, der Gesundheitsminister und alle konstruktiven Politiker im Lande, auch hier im Hohen Haus, bemühen sich mit allen Kräften, die Pandemie psychosozial, ökonomisch, gesellschaftspolitisch lebbarer und erträglicher zu machen.

In der Sitzung des Gesundheitsausschusses vor zwei Tagen fand, wie schon gehört, ein externes Expertenhearing statt, bei dem über die Coronamaßnahmen und die aktuelle Lage diskutiert wurde. – Die Kollegen Kaniak und Wurm müssen bei einem anderen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 248

Expertenhearing gewesen sein, sie haben sich Dinge herausgepickt und subjektiv wahrgenommen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Ich möchte ein paar wichtige Kernpunkte, die von allen fünf Expertinnen und Experten wirklich konsensual berichtet wurden, erwähnen:

Eine Message zum Lockdown: Es war klar, der erste Lockdown war zeitgerecht und rigoros.

Eine Botschaft zur Übertragung, zur Ansteckung, die auch unisono von allen geteilt wurde: Menschen ohne Symptome können dennoch andere anstecken.

Eine Kernaussage zu den Impfstoffen: Die drei bisher in Europa zugelassenen Impfstoffe wirken alle sicher und zuverlässig und schützen alle bei den hierzulande vorherrschen­den Virusarten vor schweren Krankheitsverläufen.

Und ein Statement noch zu den Tests: Die Testoffensive mit den Eintrittstests ist sehr zu begrüßen.

Mit den zuletzt täglich bis zu 250 000 Testungen ist es uns wirklich gelungen, viele Infektionsketten zu durchbrechen und einiges zu ermöglichen. Wir sind europäischer Vorreiter bei den Testungen, und diese Tests sind Wellenbrecher. Sie sind mittlerweile reichlich vorhanden und im Regelfall auch gratis. Viel testen kann natürlich auch kurz­fristig zu höheren Fallzahlen führen – Trump würde sagen: dann testen wir halt gar nicht! –, aber jede infizierte Person, die man herausnimmt, ist ein Gewinn, der sich später in niedrigen Zahlen ausdrückt.

Schnelltests sind nicht dazu da, eine Infektion zu diagnostizieren, sie sind dazu da, eine hohe Viruslast und damit das Potenzial, jemand anderen anzustecken, zu erkennen. Je alltäglicher ein Coronatest wird, desto besser.

Danke an alle Österreicherinnen und Österreicher, die bei den Testungen mitmachen! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Teststrategie kann man auch auf andere Bereiche anwenden. Im Idealfall wird in den nächsten Monaten jeder Erwachsene sich selbst alle zwei bis drei Tage testen, und auch für Schulkinder sind diese Nasenbohrtests völlig harmlos. Da von Körperverletzung zu reden, wie das in manchen Mails vorkommt, ist absurd und skurril. Der gleichen Logik folgend wäre ja auch zum Beispiel das Zähneputzen eine Körperverletzung im Mund­raum, denn da fährt man auch mit einem harten Gegenstand – sprich Zahnbürste – im Mund umher und nimmt dazu auch noch chemische Substanzen wie Zahnpasten. Also lassen wir die Kirche im Dorf und den Hausverstand walten! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben im letzten Jahr sehr viel dazugelernt. Dank Maske und Abstand gibt es heuer de facto keine Erkältungskrankheiten, auch keine Grippewelle. Es wird aber leider nicht diesen einen Tag geben, den wir alle ersehnen, ab dem wir die Maske abnehmen und unser früheres Leben wieder aufnehmen. Der Weg zurück erfolgt leider in Trippel­schritten, aber Impfungen und Tests bieten uns Freiräume, Möglichkeiten, und diese sollten wir nützen. Handeln wir positiv, konstruktiv!

Es gibt auch überraschend gute Beispiele. Ich finde es zum Beispiel sehr löblich, dass der frühere FPÖ-Obmann Strache jetzt in eine Firma eingestiegen ist, die Vlies für Masken produziert – ein wahrlich unerwarteter Mitstreiter.

Massenimpfungen und -tests sind Leuchttürme in der Pandemiebekämpfung. Wir schaf­fen es gemeinsam. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.08


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 249

20.08.17

Abgeordneter Mag. Felix Eypeltauer (NEOS): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Der Ökonom Prof. Fritz Schneider von der Johannes-Kepler-Universität in Linz hat vor Kurzem ge­meint, nichts hat in der Krise so floriert wie der Pfusch. Und da bin ich mitten im Thema, Herr Minister, denn das, was Sie im letzten Jahr dem Nationalrat an Husch-Pfusch-Gesetzen vorgelegt haben, macht mich als Juristen wirklich grantig und betroffen.

Herr Minister, Sie trauen sich – bedauerlicherweise –, auch heute mit der Novelle zum Epidemiegesetz dem Nationalrat im Detail wirklich haarsträubende Änderungen vorzu­legen. Ich kann mir das mittlerweile nur mit einer geschmalzenen Portion Wurschtigkeit Ihrerseits erklären.

Worum geht es mir? – Mir geht es um den unnötig komplizierten Versuch, den Ausweis von Geimpften oder Genesenen sozusagen separat zu machen, statt mit dem E-Impfpass oder Elga zu arbeiten. Herr Minister, Sie wurden ja von der Elga GmbH mit einer umfassenden Stellungnahme gewarnt, dass diese Gesetzesänderung, die Sie heute hier vorlegen, komplett gegen das wichtige Elga-Prinzip verstößt, denn die Bürgerinnen und Bürger in Österreich müssen jederzeit wissen und wissen können, wer auf ihre Gesundheitsdaten zugreift, und Ihr Gesetz, Herr Minister, unterläuft genau das. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Bundesminister, wenn Sie künftig täglich eindeutig zuordenbare personen­bezo­gene Impfdaten aus dem Elga-System absaugen und irgendwo geheim verwurschten, wenn Sie das machen würden, dann hat der betroffene Bürger keinen Einblick mehr, was mit seinen Elga-Gesundheitsdaten passiert, wer zugegriffen hat.

Die Elga GmbH hat Sie nicht nur gewarnt, sie hat auch Lösungsvorschläge gebracht, und auch der Nationalrat hat Sie bereits im Mai 2020 auf Initiative von uns NEOS dazu aufgefordert, den umgekehrten Weg zu gehen – EMS-Daten ins Elga-System, nicht umgekehrt –, weil nur dann für Bürgerinnen und Bürger jederzeit ersichtlich ist, was mit ihren Gesundheitsdaten geschieht.

Legistisch wäre das auch leicht lösbar gewesen. Uns liegt ja heute das Gesund­heits­telematikgesetz auch noch zur Debatte vor, und es ist bedauerlich, dass Sie auch diese Gelegenheit nicht genützt haben. Das wundert mich nach einem Jahr Gesetzespfusch nicht mehr wirklich. Was mich aber sehr wundert, ist, dass nicht nur die ehemalige Datenschutzpartei der Grünen, sondern auch die SPÖ da offenbar zustimmen möchten.

Es ist ja nicht der erste Gesetzespfusch, den wir aus Ihrem Haus erleben, Herr Minister. Niemand beim VfGH oder bei der Datenschutzbehörde und auch nur mehr wenige Bürgerinnen und Bürger fürchten irgendjemanden so sehr wie Sie und Ihre Legistik. Die funktioniert einfach nicht.

Bleiben wir beim E-Impfpass, und zwar völlig abseits des Coronachaos: Dieser wurde 2018 auf Initiative der NEOS initiiert. Ministerin Hartinger-Klein hat dann begonnen, daran zu arbeiten. Ministerin Zarfl hat im Dezember 2019 den Gesetzentwurf vorgelegt, und dann kamen Sie, Herr Minister, in Verantwortung und haben sich hier wirklich eine Reihe von Hoppalas geleistet.

Erstens einmal gab es ein riesiges Datenschutzleck im Gesetz, das den E-Impfpass regelt. Da braucht es dann einen medialen Aufschrei der NEOS, damit dieser Daten­schutz-Super-GAU verhindert wird. Zweitens haben Sie den E-Impfpass ja bis heute nicht wirklich umgesetzt, und bei über 10 Prozent der Impfungen wissen Sie – laut Website – nicht, wer geimpft wurde. Drittens lese ich heute in der „Kronen Zeitung“, dass nur ein Drittel der Geimpften über 75 Jahre alt ist, in Niederösterreich und Wien sind es sogar nur 20 Prozent. Die Bundesländer impfen also, wen sie wollen, weil Sie nicht


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 250

kontrollieren können – aufgrund des unfertigen Gesetzes über den E-Impfpass – oder nicht kontrollieren wollen. Und Hoppala vier folgt heute – es wäre vermeidbar gewesen, es wäre besser gegangen, und besonders schade ist, dass auch die SPÖ da offenbar zustimmen möchte. (Beifall bei den NEOS.)

20.12


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.12.20

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen heute eine Reihe von Maßnahmen für die Abwicklung, aber auch für die Verrechnung von Gratistests. Es war uns wichtig, auch vonseiten der Seniorenvertretung, ein engmaschiges Testangebot vor Ort sicherzustellen, und das ist wirklich gelungen – gerade für die ältere Generation, aber auch für die Familien, aber ebenso für die Wirtschaft ein ganz wichtiger Aspekt.

Es wurde ja schon gesagt: Es gibt 650 permanente Teststationen und über 900 Apo­theken, die bereits mit dabei sind. In den Schulen funktionieren die Tests sehr gut, aber, und das möchte ich auch noch einmal betonen, auch das betriebliche Testen mit mittlerweile mehr als 1 000 Betrieben wird laufend ausgebaut. Es gibt nun einmal nicht in jeder Gemeinde eine Apotheke, und da springen jetzt zum Teil auch die Betriebe ein. Ich halte das für eine sehr gute Variante.

Erfreulich ist auch, Herr Bundesminister, dass morgen im Hauptausschuss – davon gehe ich aus – eine Lockerung für die Besuche in den Pflegeheimen und in den Altenheimen möglich sein wird, speziell wenn Besucher getestet und geimpft sind. Wichtig ist auch – ich betone es jetzt, weil es noch nicht gesagt wurde –, dass Testungen und Impfungen auch durch Hausärzte in der Folge kostenfrei möglich werden. Darüber wird ja verhan­delt, und ich denke, das ist das Ziel, das sollten wir versuchen zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Eine wichtige Botschaft ist – Kollege Saxinger hat es schon gesagt –, dass es weiteren Impfstoff geben wird und dass der Impfstoff, der jetzt verimpft wird, gegen schwere Verläufe bei der Erkrankung wirkt. Meine Damen und Herren, Impfungen haben in der Vergangenheit Millionen von Menschenleben gerettet, und ich vertraue da der Wirtschaft, daher noch einmal: Impfen und Testen bieten die beste Chance, wieder zur Normalität zurückzukehren. Ich denke da an die Gastronomie, an den Tourismus, an die Freizeitbereiche, an die Kultur, aber auch an die vielen Vereine, die ihre Aktivitäten wieder aufnehmen wollen, die Seniorenorganisationen, die sich schon einsam fühlen, weil sie im Moment nicht aktiv sein können.

Wichtig ist auch – und ich sage es immer wieder –: Es funktioniert derzeit, dass An­meldungen zu Testungen und zu Impfungen nicht nur digital möglich sind, sondern da auch telefonisch entsprechende Hilfestellung gegeben wird.

Auch diese sogenannten Wohnzimmertests – sie wurden heute ja schon mehrfach erwähnt –, die Nasenvorhoftests, wie sie heißen, für den privaten Bereich halte ich für eine wichtige Ergänzung. Ich habe sie selbst schon verwendet. Sie sind, wenn beispiels­weise die Enkelkinder die Großeltern besuchen kommen, für die Verwendung im Bereich der Familie ganz wichtig. Schauen wir einmal, Herr Bundesminister, ob man ihre An­wendung auch noch weiter ausbauen kann.

Nehmen wir aufeinander Rücksicht, meine sehr geehrten Damen und Herren, schützen wir uns, schützen wir andere! Danke an alle Österreicherinnen und Österreicher, die da mitmachen. Tragen wir FFP2-Masken, testen wir, halten wir Abstand, und lassen wir uns


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 251

impfen, sobald es möglich ist! Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie gesund bleiben. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.15


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Martina Diesner-Wais. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.15.48

Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren hier im Nationalrat! Meine Damen und Herren vor den Fernsehschirmen! Sehr geehrte Kollegen Kucher, Kaniak und Wurm, ich war auch bei dem Hearing dabei. Ich habe konstruktive Kritik gehört, aber nicht nur kritische Stimmen, sondern auch viel Zustimmung: dass der Weg, die Kombination von Maßnah­men, ein guter war und dass wir damit gut durch die Krise kommen – besser als manche anderen Länder rund um uns. (Abg. Belakowitsch: Wer hat das gesagt? Wer genau? Wer hat das gesagt, ...?)

Aber nun zum Tagesordnungspunkt 22: Wir bauen mit der vorliegenden Novelle den E-Impfpass aus – ein wichtiger Baustein. Bis vor einem Jahr war es noch so, dass unser Gesundheitssystem größtenteils analog war, und es ist Ihnen vielleicht auch schon einmal so gegangen, dass Sie impfen gehen wollten und den Impfpass nicht dabei hatten oder dass er gar verloren war, und es wussten viele nicht, ob der Impfschutz noch aufrecht ist. Die Technologie und die Digitalisierung beim Impfpass, die wir jetzt voran­gebracht haben, nützen den Patienten, den Ärzten, den Apothekern und dem Gesund­heitssystem. Mehrfachimpfungen sind nicht mehr notwendig, und Impflücken und Durch­impfungsraten können somit festgestellt werden. Wir setzen heute aber auch noch einen weiteren Schritt, nämlich dahin gehend, dass die Coronaschutzimpfungen auch nach­träglich noch eingetragen werden.

Ein weiterer Punkt ist noch: Die Bezugsberechtigung für die Wohnzimmertests wird über die Elektronische Gesundheitsakte Elga sichergestellt. So können eben ab 1. März fünf Tests kostenlos von den Apotheken mit nach Hause genommen werden, und damit erweitern wir wirklich unser Testangebot. Wir haben mittlerweile 650 permanente Test­stationen und knapp 900 Apotheken, die testen und deren Angebot auch von den älteren Menschen sehr gerne angenommen wird – und das wird jetzt noch um die Haustests erweitert.

In diesem Sinne möchte ich noch den Apothekern und Apothekerinnen herzlichen Dank für ihre Bereitschaft, sich in so hohem Maß an der Teststrategie zu beteiligen, sagen. Ich denke, das Testen und das Impfen sind ein Weg in Richtung mehr Normalität, daher: Gehen wir ihn gemeinsam! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.18


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr.in Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.18.33

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ich möchte mich auf den vorhin eingebrachten Antrag von Kollegin Nussbaum betreffend „Blutspende-Diskriminierung von schwulen und bisexu­ellen Männern, sowie Transgenderpersonen endlich beenden!“ beziehen.

Es ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig, dass wir das zum Anlass nehmen, um hier zu sagen, dass wir zwar noch keine endgültige Lösung haben, aber wichtige und richtige Schritte gesetzt worden sind, seit wir im April hier im Parlament einen entsprechenden Beschluss gefasst haben. Im Antrag steht es:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 252

„Trotz zahlreicher Ankündigung sind die De-Facto-Blutspende-Verbote in Österreich bis heute aufrecht. Auch das Expert*innen-Hearing im Gesundheitsausschuss des National­rats im Dezember 2020 hat, wie viele vorangegangene Diskussionen, klar gezeigt, dass es dafür keine wissenschaftliche Begründung gibt.“

Das ist genau der Punkt. Seit Jahrzehnten fordern die SPÖ und auch wir Grüne – die letzten Jahre auch die NEOS –, dass dieses Verbot fällt. Wir sind da einer Meinung, auch mit den Betroffenen, mit der Community, mit den Experten, Expertinnen, aber auch mit den Medizinern, die sich mit diesem Thema befassen.

Wichtig ist mir, in Bezug auf den Antrag festzustellen – weil ich das auch überprüft habe –, dass es hinsichtlich Transpersonen keinen Ausschluss gibt. Weder in der Blutspenderverordnung noch im Blutsicherheitsgesetz ist festgeschrieben, dass Trans­personen ausgeschlossen werden dürfen. Wenn das die Praxis des Roten Kreuzes ist, dann müssen wir dem auf jeden Fall nachgehen. – Das vielleicht nur zur Klarstellung.

Was ist in der Zwischenzeit, nach diesem Hearing im Gesundheitsausschuss im Dezem­ber, passiert? – Die Frist für den Ausschluss von Männern, die Sex mit Männern hatten, wird künftig von zwölf Monaten, also von einem Jahr, auf vier Monate reduziert. Das ist ein richtiger Schritt, das gibt es beispielsweise in den Niederlanden, aber auch in vielen anderen europäischen Staaten. Die Umsetzung dieser sogenannten Rückstellfrist erfolgt zum einen unter wissenschaftlicher Begleitung, zum anderen hat das Ministerium – Sie, Herr Minister – angekündigt, dass es zusätzlich eine Studie geben wird, die diesbe­züglich sexuell übertragbare Krankheiten und auch die Gesundheitsfolgenabschätzung unter die Lupe nimmt, und das ist ganz, ganz wichtig. So weit waren wir noch nie, denn das Totschlagargument war ja bisher immer, dass wir keine wissenschaftlichen Studien haben. Das heißt, wir sind da noch nicht am Ende – das stimmt.

Danke für die Debatte, die wir immer wieder dazu führen, bis wir einmal die Lösung haben werden, dass dieses Blutspendeverbot fallen wird. Dafür kämpfen wir weiter mit der Community, mit der SPÖ, mit den NEOS, mit Betroffenen, denn niemand kann verstehen, dass man in Österreich eine bestimmte Gruppe vom Blutspenden aus­schließt, aber jeder wird verstehen, dass wir natürlich aufgrund der Blutsicherheit gewisse Fragen stellen, und zwar allen Personen – ob sie nämlich ein Risikoverhalten an den Tag legen, das zu einem Ausschluss führen könnte.

Das heißt, wir bleiben weiterhin dran, der Kampf für eine vollkommen diskriminie­rungs­freie Blutspende geht weiter. Das Gute daran ist, wir haben hierfür jetzt zumindest einen adäquaten Ansprechpartner. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

20.22


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ist seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses und fahre in der Erledigung der Tages­ordnung fort.

20.22.4830. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (608 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitsberuferegister-Gesetz geändert wird (GBRG-Novelle 2020) (680 d.B.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 253

31. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (644 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998, das Musiktherapiegesetz, das Apo­thekengesetz, das Kardiotechnikergesetz und das Sanitätergesetz geändert wer­den (Berufsanerkennungsgesetz Gesundheit 2020) (681 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen zu den Punkten 30 und 31 der Tages­ord­nung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde wiederum verzichtet.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Ralph Schallmeiner. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.23.27

Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Bildschirmen! Diese Rede behandelt jetzt ein bisschen ein ungelegtes Ei, weil der Abänderungsantrag zu den Tagesordnungspunkten, der jetzt noch kommen wird – wahrscheinlich mit dem nächsten Redebeitrag seitens der SPÖ –, in dem Sinn noch nicht vorliegt. Ich möchte aber trotzdem darauf eingehen, da er uns ja bereits vorab übermittelt wurde und bekannt ist.

Es geht bei diesem Abänderungsantrag darum, insbesondere die Sozialberufe in das Gesundheitsberuferegister hineinzunehmen. Das ist eine durchaus interessante Stoß­richtung, ein durchaus interessanter Ansatzpunkt, dem man sich sicherlich annä­hern sollte. Es gibt ja auch schon die entsprechenden Zusagen und Aussagen aus dem Ministerium, nur, und das muss man leider Gottes auch dazusagen: Ganz so schnell und mit einer einfachen Abänderung wird es nicht funktionieren.

Das ist zum einen so, weil da Berufe und Berufsgruppen drinnen sind, die in Länder­kompetenz sind. Die können wir nicht einfach handstreichartig überführen, sondern da geht es schon darum, dass man das Ganze dann auch aus dieser Länderkompetenz herauslöst, damit das technisch und sachlich eben auch richtig gemacht wird.

Zum anderen braucht es wie schon gesagt gerade bei den GuKG-Spezialisierungen eine entsprechende Vorarbeit, das kann man nicht einfach mittels eines schnellen Abände­rungsantrages machen. Ich weiß aber – und ich glaube, das ist in der Sozialdemokratie auch bekannt –, dass die Fachbeamtinnen und -beamten auch bereits in diese Richtung Vorarbeiten leisten. Wir werden 2023 bei der Verlängerung sowieso eine Novelle brauchen, und da könnte man das Ganze dann auch dementsprechend einarbeiten.

Der Plan ist gut, die Zeit noch nicht dafür bereit, haben Tocotronic gesungen. Ich glaube, das können wir auch da so halten, und ich denke, mit der Novelle sollten wir das dann mitnehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.25


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.


20.25.25

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Kollege, das ist ein guter Weg. Wo ein Wille, da ein Weg – das würde ich schon auch so sehen. Es wäre natürlich auch möglich: Alle Fraktionen haben den Abänderungsantrag bekommen, er wurde ja auch im Vorfeld wirklich verhandelt, es wurde versucht, da zu einer Lösung zu kommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 254

Worum geht es? – Es ist gut, dass es seit Juli 2018 das Gesundheitsberuferegister-Gesetz gibt. Dort kann man sich eintragen, man ist auch verpflichtet, sich einzutragen. 185 000 Personen, die im Pflege- und MTD-Bereich tätig sind, sind dort eingetragen. Es ist wichtig, dass das Pflegepersonal, das gerade in der Coronapandemie teilweise so einem Stress ausgesetzt ist, sichtbar wird, dass wir wissen, wer wo arbeitet, wer was kann, wer welche – und darum geht es jetzt auch – Zusatz- und Sonderausbildungen hat.

Das wollen wir mit diesem Abänderungsantrag zum Bericht des Gesundheits­aus­schus­ses, 680 der Beilagen, zum Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitsberuferegister-Gesetz geändert wird, 608 der Beilagen, der an Sie verteilt wird, den die Fraktionen haben, erreichen, den ich – wenn das passt, Herr Präsident – nur in den Grundzügen erläutern möchte. Es geht im Prinzip darum, dass wir Sozialbetreuungsberufe, die oft einen ganz engen Konnex zu anderen Ausbildungen haben, da miteinbeziehen wollen, damit man im Gesundheitsberuferegister-Gesetz einsehen kann, wie die Sozialbetreu­ungsberufe gelistet sind. Es ist auch wichtig für uns, dass die Sonderausbildungen, beispielsweise im Intensivpflegebereich, sichtbar werden, damit man auf diese Daten zugreifen kann und auch die Informationen hat, gerade in Zeiten von Krisen und Pan­demien, wenn jemand schnell gebraucht wird.

Das Gesetz hat sich bewährt. Die Anpassungen, die im Grundantrag klargestellt werden, etwa dass das Geschlecht herausgenommen wird, weil uns der VfGH schon vor langer Zeit gesagt hat, dass das Recht auf einen Personenstand, wie man ihn selbst interpre­tieren möchte, wichtig ist, befürworten wir alle, aber ich glaube, dass diese Abänderung auch wichtig wäre – je schneller wir das verhandeln können, desto besser –, damit das Register vollständig wird und Sonderausbildungen auch anerkannt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

20.28

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kucher, Gabriele Heinisch-Hosek,

Genossinnen und Genossen

zum Bericht des Gesundheitsausschusses (680 d.B.) betreffend die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitsberuferegister-Gesetz geändert wird (GBRG-Novelle 2020) (608 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert

a.          Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. In § 1 Abs. 2 wird folgende Z 3 angefügt:

              „3. Angehörige der Sozialbetreuungsberufe““

b.          Nach Z 4 werden folgende Z 4a und 4b eingefügt:

„4a. In § 6 Abs. 2 Z 9 wird nach dem Wort „Gesundheitsberuf“ die Wortfolge „oder Sozialbetreuungsberuf;“ angefügt.

4b. In § 6 Abs. 2 wird folgende Z 9a eingefügt:

              „9a. Sonderausbildungen bzw. Spezialisierungen““


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 255

c.          Nach Z 5 wird folgende Z 5a eingefügt:

„5a. In § 6 werden folgende Abs. 4a und 4b eingefügt:

              „(4a) Berufsangehörige die bereits vor dem 1.1.2022 registriert wurden, können Sonderausbildungen bzw. Spezialisierungen gem. Abs. 2 Z 9a auf Antrag registrieren lassen. Erfolgt kein Antrag, ist im Zuge der Verlängerung das Vorliegen einer Sonderaus­bildung bzw. Spezialisierung der Behörde zu melden und die entsprechenden Nach­weise zu erbringen.

(4b) Berufsangehörige der Sozialbetreuungsberufe, die vor dem 1.1.2022 als Pfle­ge­assistenz registriert wurden, haben bis zum 31.12.2023 eine Änderung ihrer Registrie­rung zu beantragen.“

d.          Nach Z 10 wird folgende Z 10a eingefügt:

„10a. In § 19 Abs. 2 wird folgende Z 3a eingefügt:

              „3a. Sonderausbildungen bzw. Spezialisierungen““

e.          Nach Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

„11a. In § 19 werden folgende Abs. 3a und 3b angefügt:

              „(3a) Sonderausbildungen und Spezialisierungen können für Berufsangehörige die bereits vor dem 1.1.2022 registriert wurden auf Antrag in das Gesundheits­berufe­register eingetragen sowie ein neuer Berufsausweis mit dem Hinweis der anzuführenden Spezialisierungen ausgestellt werden.

(3b) Angehörigen der Sozialbetreuungsberufe, die vor dem 1.1.2022 als Pflegeassistenz registriert wurden, ist ein neuer Berufsausweis mit der neuen Berufsbezeichnung auszustellen. Der alte Berufsausweis ist einzuziehen.““

f.            Nach Z 12 wird folgende Z 12a eingefügt:

„12a. In § 26 wird folgender Abs. 1a eingefügt:

              „(1a) Personen, die am 31.12.2021 berechtigt sind einen Sozialbetreuungsberuf gemäß § 1 (2) Z 3 auszuüben, haben sich bis längstens 31.12. 2023 bei der zuständigen Registrierungsbehörde registrieren zu lassen.““

g.          In Z 13 wird in § 29 folgender Abs. 10 angefügt:

              „(10) § 1 Abs. 2 Z 3, § 6 Abs. 2 Z 9, 9a und Abs. 4a und Abs. 4b, § 19 Abs. 2 Z 3a, Abs. 3a und 3b, § 26 Abs. 1a treten ab 1.1.2022 in Kraft.“

Begründung

Die Berufsangehörigen der Sozialbetreuungsberufe mit integrierter Pflegeassistenz sind lediglich als Pflegeassistenz im Register sichtbar. Da Sozialbetreuungsberufe va für die Langzeitpflege und -betreuung sowie in der Behindertenarbeit eine wichtige Berufs­gruppe sind, wäre es gut – va im Hinblick auf den eklatanten Personalmangel – diese Berufsgruppen auch im Register zu erfassen und auszuweisen. Das ist nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung und Sichtbarkeit dieser Berufsgruppen, sondern auch aus Sicht der Planung unumgänglich.

Dasselbe gilt für Berufsangehörige die eine Sonderausbildung bzw. Spezialisierung aufweisen können. Insbesondere in dieser Gesundheitskrise ist es unumgänglich zu wissen wie viele Berufsangehörige welche Sonderausbildungen bzw Spezialsierungen (zB. in der Anästhesie- oder Intensivpflege) absolviert haben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 256

Auch aus Gründen der dringend notwendigen Wertschätzung für Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe sollten die vorgeschlagenen Änderungen so rasch als möglich umgesetzt werden.

Für Berufsangehörige, die bereits registriert sind und eine Sonderausbildung bzw. Spe­zialisierung im Register eingetragen und auf dem Berufsausweis sichtbar haben möchten, soll das auf Antrag möglich sein. Wird dieser Antrag nicht gestellt ist diese Meldung im Zuge der Verlängerung verpflichtend nachzuholen.

Berufsangehörige der Sozialbetreuungsberufe die bis 31.12.2021 ihre Berufsberech­tigung erworben haben, haben bis Ende 2023 Zeit sich ins Register eintragen zulassen. Personen die nach dem 1.1.2022 ihren Berufsabschluss machen, müssen sich registrie­ren lassen, damit sie zur Ausübung ihres Berufes berechtigt sind.

*****


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Ing. Mag.a Alexandra Tanda.

Ich darf noch ergänzen, dass der Abänderungsantrag ausreichend unterstützt und ord­nungsgemäß eingebracht ist und somit auch mit in Verhandlung steht, und er wurde gemäß Geschäftsordnung verteilt.

Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.28.26

Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Wie schon gehört behandeln wir in dieser Debatte zwei sehr wichtige Anpassungen, nicht nur zum Gesundheits­beruferegister-Gesetz, sondern auch zum Berufsanerkennungsgesetz. Worum geht es inhaltlich bei diesen beiden Gesetzen, jetzt noch ohne Berücksichtigung des Abände­rungsantrages? – Wie Kollegin Heinisch-Hosek bereits gesagt hat, müssen sich seit Juli 2018 die in Krankenpflegeberufen ausgebildeten Personen in dieses Gesundheits­beruferegister eintragen. Mit 2019 waren es 185 000 Personen, die in zehn registrie­rungspflichtigen Berufen tätig sind.

Mit der heutigen Abstimmung zur kommenden Novelle soll nun auch noch zusätzlich eine rechtliche Grundlage geschaffen werden, um das Geschlecht, also Informationen zum Geschlecht, sowie auch ausländische Disziplinarstrafbescheinigungen aus dem öffentlich zugänglichen Teil des Registers und aus dem Berufsausweis herauszuneh­men. Im Hinblick auf die Geschlechterdiskriminierung begrüße ich besonders, dass man die Streichung des Geschlechts da hineingebracht hat. Außerdem soll bei den Höher­qualifizierungen in Gesundheits- und Krankenpflegeberufen, wie zum Beispiel bei der Weiterentwicklung von der Pflegefachassistenz in den gehobenen Dienst, ausschließlich die höchste erworbene Qualifikation im Register angeführt werden.

Wieso die FPÖ bei dieser sinnvollen und logischen Novelle nicht mitgeht, entbehrt für mich jeder Logik – aber es ist so. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Die andere Novelle, die wir noch zur Debatte haben, ist jene des Berufsaner­ken­nungs­gesetzes Gesundheit. Diese schafft eine EU-konforme Rechtslage für die Anerkennung von ausländischen Qualifikationsnachweisen aus anderen EU- und EWR-Mitgliedstaa­ten sowie der Schweiz für bestimmte Gesundheitsberufe. Diese Herstellung einer ein­heit­lichen Rechtsgrundlage ermöglicht nun auch den Berufsangehörigen von fünf Be­rufsgruppen aus dem Gesundheitsbereich aus der EU, dem EWR und der Schweiz, ihrer Tätigkeit innerhalb dieser Länder ganz unkompliziert nachzugehen. Da ohnehin ein Mangel an Pflege- und Gesundheitspersonal besteht, ist es daher notwendig und sinn­voll, dass unnötige Schwellen für den Zugang zu den Berufen in Österreich gestrichen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 257

werden. Unter anderem entfallen etwa im Ärztegesetz und im Apothekengesetz die Vor­gaben, dass fremdsprachige Urkunden erforderlichenfalls als beglaubigte Übersetzung vorgelegt werden müssen.

Als glühende Europäerin – wirklich sehr, sehr glühend – freut es mich sehr, wenn wir dadurch den Austausch zwischen diesen Ländern in diesem Bereich fördern und ver­einfachen. Ich denke, dass auch Österreich davon profitieren wird. Beide Anpassungen sind aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre erforderlich geworden.

Ich möchte mich da zum Schluss meiner Kollegin Bettina Zopf anschließen: Ich freue mich sehr, dass im Bereich Gesundheit viele Anträge eine breite Mehrheit haben, und ich darf mich bei den hier anwesenden Abgeordneten für die zumeist – wie gesagt ist es nicht immer, aber zumeist so – sehr konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss bedan­ken.

Ein Letztes – noch blinkt das Licht – habe ich für Kollegen Loacker: Ich habe sehr viel gelernt, danke für die Lehrstunde. Ich werde es nie wieder ganz genau und ehrlich sagen, wenn ich etwas nicht weiß, weil ich sehe, es fällt auf einen zurück. Die zweite Lektion, die ich gelernt habe: Sie haben gesagt, neun Millionen Österreicher gehen mit der E-Card in die Apotheke. Seit wann gehen Babys und Kleinkinder mit einer E-Card in die Apotheke? – Ich bedanke mich recht herzlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

20.32


Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Nein, das ist nicht der Fall.

Wie vereinbart verlege ich die Abstimmungen an den Schluss der Abstimmungen über die Vorlagen des Gesundheitsausschusses.

20.32.32Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 21 bis 31


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir kommen nun zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Gesundheitsausschusses, die ich über jeden Tagesordnungspunkt getrennt vornehme.

Ich frage gleich die Klubs, ob eine Unterbrechung der Sitzung gewünscht wird. – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz und das COVID-19-Maßnahmengesetz geändert werden, in 671 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Schallmeiner, Kucher, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­de­rungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimm­ten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gabriela Schwarz, Schallmeiner, Kucher, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Art. 1 Z 8 einge­bracht.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 258

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Auch das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend „schnellstmögliche Öffnung der Hun­deschulen für Gruppenausbildung als Gefahrenpräventionsmaßnahme gegen Verhal­tens­störungen und aus Gründen des Tierschutzes“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 672 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird, in 673 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Mag. Kaniak, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über den vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstim­mung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Ziffer 9 in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Teil des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 259

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Blutspende-Diskriminie­rung von schwulen und bisexuellen Männern, sowie Transgenderpersonen endlich be­enden!“

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das ist die Minderheit, der Antrag ist abgelehnt. (Unruhe im Saal.)

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 24: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-So­zialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 674 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Medizinproduktegesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 675 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung geändert wird, samt Titel und Eingang in 676 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 677 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein diesbe­zügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit, der Antrag ist somit mehrheitlich angenom­men.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 678 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 260

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das MTD-Gesetz, das Bundespflegegeldgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 679 der Bei­lagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Kaniak, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über die Artikel 1 und 2 sowie 4 bis 6 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen gleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Entwurf betreffend GBRG-Novelle 2020 in 608 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kucher, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über den erwähnten Zusatzantrag und anschließend über den Gesetzentwurf abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Kucher, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betref­fend Einfügen neuer Ziffern 1a, 4a und 4b, 5a, 10a, 11a und 12a sowie Einfügung eines neuen Absatzes 10 in Ziffer 13 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Nun ersuche ich jene Damen und Herren, die für den gegenständlichen Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Ge­setzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 261

Nun gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Entwurf betreffend Berufsanerkennungsgesetz Gesundheit 2020 samt Titel und Eingang in 644 der Bei­lagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstim­mig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

20.41.5532. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (596 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Depotgesetz geändert wird (668 d.B.)

33. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1241/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuer­ge­setz, das Umsatzsteuergesetz 1994 und das Investitionsprämiengesetz geändert werden (2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetz – 2. COVID-19-StMG) (669 d.B.)

34. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 1264/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) erlassen wird (670 d.B.)


Präsident Ing. Norbert Hofer: Wir gelangen nun zu den Punkten 32 bis 34 der Tages­ordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde auch bei diesen Tagesordnungspunkten verzichtet.

Zu Wort gelangt Abgeordneter Kai Jan Krainer. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.42.49

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir debattieren hier mehr oder weniger jene Fragen, die diese Woche am Montag im Finanzausschuss Thema waren. Da gab es viel Einigkeit zwischen den Frak­tionen.

Das Erste ist, dass – ich glaube, sogar einstimmig – alle Fraktionen den steuerlichen Teil der Homeofficeregelung hier beschließen. Da geht es darum, dass die Kosten, die für Betriebe beziehungsweise für ArbeitnehmerInnen, die im Homeoffice sitzen, entstehen, steuerlich anerkannt werden. Das waren früher wenige, das waren aber im heurigen Jahr ganz, ganz viele. Deswegen bedarf es dringend dieser Regelungen. Da sind wir uns alle einig.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 262

Das Zweite ist, dass wir uns alle einig sind, dass Testungen in Betrieben gut sind und dass es da einen Kostenausgleich geben soll. Worüber wir uns nicht ganz einig sind, ist: Was ist alles ein Betrieb? Die Koalitionsparteien sehen das ein bisschen enger, wir sind der Meinung, dass auch Vereine, Ämter, Behörden, Fachhochschulen – das sind auch Arbeitsplätze – berücksichtigt werden sollen.

Der dritte wesentliche Punkt ist, dass wir – ich glaube, auch einstimmig – Stundungen und Steuermaßnahmen, die mit Covid-19 zusammenhängen, verlängern, und zwar jedenfalls bis 30. Juni. Einige Parteien waren der Meinung, wir sollten das gleich ein bisschen weiter verlängern, denn es schaut nicht so aus, als ob das Virus in den nächsten drei Monaten weg wäre, aber da sind wir uns jedenfalls einig.

Es gab auch Punkte, bei denen es weniger Einigkeit gab, vor allem bei der entschei­denden Frage, der wir uns alle werden stellen müssen – an und für sich schon heute, aber vor allem auch in den nächsten Jahren –, nämlich: Wer bezahlt eigentlich die Rech­nung? Wer bezahlt die Krisenkosten? Die ÖVP ist nach wie vor der Meinung, das sollen vor allem, zu 85 Prozent, jene zahlen, die ihr Geld verdienen, indem sie arbeiten gehen. Das sind nicht nur Arbeiterinnen und Arbeiter, das sind ja auch alle Arbeitnehmer, das sind Beamte, das sind Selbstständige – kleine, selbstständige EPUs –, und die sollen zu 85 Prozent die Rechnung zahlen. Andere Parteien wie die Sozialdemokraten sagen: Ja, die müssen auch einen Beitrag leisten, aber die, die über Kapital und über Vermögen Einkommen beziehen, müssen mehr zahlen als die läppischen 15 Prozent, die die ÖVP vorsieht (Beifall bei der SPÖ), denn die zahlen einen zu geringen Beitrag.

Diese Diskussion werden wir nicht nur heute, sondern auch weiterhin führen, denn das, was Sie machen, ist, dass Sie jene Anträge, in denen es darum geht, vertagen. Was Sie aber nicht auf Dauer machen können, ist, ein gerechtes Steuersystem zu vertagen. Wir brauchen einen höheren Beitrag von Kapital und von Vermögen zur Finanzierung des Staates und damit auch der Krisenkosten. Das können Sie nicht mehr ewig vertagen. Sie werden am Ende des Tages dafür sein müssen, dass die Gerechtigkeit auch im Steuersystem Einzug hält. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.46


Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter, nur zur Sicherheit: Sie wollten keinen Antrag einbringen? (Abg. Krainer: Das macht später wer anderer! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) – Alles klar. (Abg. Kopf: Das kann nicht so wichtig sein!)

Zu Wort gelangt nun Karlheinz Kopf. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.46.33

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Bildschirmen! Vielleicht beim Letzten beginnend, bei Kollegen Krainer: Ich glaube nicht, dass jetzt, mitten in der Krise, der Zeitpunkt ist, Kollege Krainer, darüber zu philosophieren – und zwar ideologisch – und zu diskutieren, wer denn derzeit wie viel an Steuern abliefert und wer das pro futuro dann vielleicht bei der Finanzierung und Sanierung der Krise tun soll. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir sollten jetzt alle Kraft darauf verwenden, denen zu helfen, die derzeit von der Krise arg gebeutelt und geprügelt sind, und denen bestmöglich unter die Arme zu greifen. Das ist das Gebot der Stunde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber auch da sei noch eines gesagt: Die ÖVP hat mitnichten irgendwelche Prozentsätze an Verteilungen, wie Sie es hier behauptet haben, verteidigt oder festgestellt. Das haben Sie uns unterstellt. Das ist mitnichten so diskutiert worden.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 263

Aber zurück zur Ausgangssituation: Es ist ja kein großes Geheimnis mehr, dass wir im Jahre 2020 über 7 Prozent Wirtschaftsleistung verloren haben, durch die vielen notwen­digen Sicherheitsmaßnahmen, aber natürlich auch durch viele, viele Dinge, die passiert sind: Der internationale Reiseverkehr ist zum Erliegen gekommen, auch Lieferketten sind unterbrochen gewesen und so weiter. In einem Land, in dem der Tourismus und auch die Veranstaltungs- und Freizeitwirtschaft einen überproportionalen Anteil an der Wirtschaftsleistung ausmachen, heißt das zwangsläufig, dass damit auch eine größere Wirkung, nämlich im negativen Sinne, auf die Wirtschaftsleistung ausgeübt wird. Insofern lässt sich natürlich auch unser Wirtschaftseinbruch, der tatsächlich etwas größer als in anderen Ländern ist, leicht erklären.

Dazu kommt, dass wir natürlich als kleine Volkswirtschaft ein Land sind, das besonders viel seiner Wirtschaftsleistung im Export verdient. Auch da sind wir ganz besonders ge­troffen, weil natürlich, wie gesagt, durch Unterbrechung von Lieferketten, durch nicht mögliche Reisetätigkeiten und so weiter auch der Export überproportional eingebrochen ist und das natürlich auch eine negative Auswirkung auf unsere Wirtschaftsleistung hatte. Dass dadurch dann auch der private Konsum gelitten hat, weil die Menschen vorsichtiger geworden sind, gespart haben, und dass leider auch die Investitionen – sowohl die privaten wie auch die betrieblichen – zurückgegangen sind, wahrscheinlich auch eine Folge von Vorsichtsmaßnahmen, die getroffen wurden, ist auch nicht weiter verwunderlich.

Dem muss man mit geeigneten Konzepten entgegenwirken. Beim Konsum wird es jetzt in den nächsten Wochen darum gehen, mit klugen Konzepten – nämlich Sicher­heits­kon­zepten – in den einzelnen Branchen und Betrieben ein schrittweises Öffnen wieder möglich zu machen und diesen Betrieben damit wieder wirtschaftliche Leistung, ein selbstständiges Erwirtschaften von Erträgen zu ermöglichen.

Es gibt dazu morgen in der Wirtschaftskammer einen ganzen Tag unter dem Titel Öff­nungsgipfel, bei dem die einzelnen Branchen ihre Konzepte dazu vorstellen werden, wie sie gedenken, die Sicherheit der Mitarbeiter, der Kunden zu gewährleisten, wenn wieder geöffnet wird.

Dazu gehört eine umfassende Teststrategie – das ist schon erwähnt worden – sowohl der öffentlichen Hand als auch der Betriebe. Und den Betrieben werden – das beschließen wir ja heute auch – die Kosten dieser Tests, die sie in den Betrieben anbieten, auch ersetzt werden.

Zum Zweiten: Investitionen, die zurückgegangen sind, gilt es, wieder anzukurbeln. Das gesündeste Wachstum, das eine Volkswirtschaft hervorbringen kann, ist jenes, das investitionsgetrieben ist. Deswegen ist diese Investitionsprämie, die wir auf den Weg gebracht haben, so wichtig. In der Zwischenzeit sind Anträge – und das ist noch gar nicht das Ende, weil die Antragsfrist noch bis Sonntag läuft – für 3,9 Milliarden Euro an Investitionsprämie gestellt worden. Das wird eine Investitionswelle – und die tut uns gut – von 40 Milliarden Euro auslösen, 40 Milliarden Euro! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Natürlich ist es notwendig – und das werden wir auch beschließen –, die Betriebe jetzt vor Zahlungen, die ihre Liquidität belasten, zu schonen. Darum verlängern wir die Stundungen für Steuern und Abgaben noch einmal um drei Monate. Auch das ist eine ganz, ganz wichtige Maßnahme.

Und nicht zuletzt – Kollege Krainer hat es schon erwähnt – nehmen wir in diesem Ge­setzeskonvolut auch noch steuerliche Begünstigungen für jene mit, die ihre Tätigkeit im Homeoffice verrichten, zum Teil verrichten müssen. Das wird etwas sein, das in der Arbeitsorganisation künftig stärker Platz greifen wird. Deswegen ist es auch angebracht,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 264

steuerliche Entlastungen für die Betriebe, vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter vorzusehen. Das machen wir ebenfalls mit diesem Gesetzespaket.

In Summe ist das ein weiterer wichtiger Beitrag und Baustein dieses Parlaments und dieser Regierungskoalition zur Abfederung dieser massiven Krisenauswirkungen, und ich darf Sie alle einladen, diesem Gesetzespaket zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.52


Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist MMag. DDr. Hubert Fuchs. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.


20.53.00

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Österreicher und Österreiche­rinnen! Mit dem 2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetz werden zahlreiche Covid-19-bedingte Begünstigungen und Befristungen eingeführt beziehungsweise verlängert, weshalb wir diesem Gesetzentwurf auch zustimmen werden.

Kritisch anzumerken ist jedoch – ich habe es im Ausschuss schon erwähnt – die legis­tische Umsetzung bei den abzugsfähigen Homeofficewerbungskosten, die einen mas­si­ven bürokratischen Aufwand erzeugt. Das fängt schon damit an, dass die Homeoffice­werbungskosten bereits rückwirkend für 2020 geltend gemacht werden können. Jetzt haben wir aber das Problem, dass die Steuerformulare 2020 bereits gedruckt sind und viele Arbeitnehmer ihre Arbeitnehmerveranlagung bereits gemacht haben und rechts­kräftige Bescheide existieren. All diese Personen müssen nun quasi zum zweiten Mal eine Veranlagung für 2020 machen, indem sie ein Ergänzungsformular beim Finanzamt einreichen. Das Finanzamt hebt dann in der Folge die alten Bescheide auf und erlässt neue Bescheide. Darüber hinaus müssen die Steuererklärungsformulare 2021 bis 2023 viele neue Steuerkennzahlen enthalten, wodurch diese Formulare natürlich noch un­übersichtlicher werden.

Umständlicher geht es nicht mehr – wir erzeugen mit dieser Bestimmung wieder einmal viel Bürokratie, nicht nur zulasten der Arbeitnehmer, sondern auch zulasten der Finanz­verwaltung.

Dabei wäre das Problem ganz einfach zu lösen gewesen: Man hätte nur die Möglichkeit schaffen müssen, die Homeofficewerbungskosten für das Jahr 2020 mit der Arbeitneh­merveranlagung 2021 geltend zu machen. Dadurch hätten wir uns die Korrektur von Zigtausenden Bescheiden erspart.

Eine noch bessere Lösung wäre gewesen, das jährliche Werbungskostenpauschale von 132 Euro auf 300 Euro pro Jahr anzuheben. Diese 300 Euro wären bereits im Rahmen der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt worden, wodurch alle Arbeitnehmer sofort entlastet worden wären, und zwar ohne Arbeitnehmerveranlagung. Anstatt zusätzliche Arbeitnehmerveranlagungen und neue Kennzahlen in den Steuerformularen zu produ­zieren, hätten sich dadurch rund 60 000 Arbeitnehmer zukünftig die Abgabe einer Steuer­erklärung erspart. Natürlich hätte sich auch die Finanzverwaltung sehr viel administrative Arbeit erspart.

Herr Finanzminister, wir müssen das Steuerrecht vereinfachen – das steht auch im Re­gierungsprogramm, wird nur leider nicht gemacht, wie so vieles andere auch nicht. Bei der Legistik müssen wir auch verwaltungsökonomische Aspekte berücksichtigen. Die Bundesregierung macht das Gegenteil: Es wird nicht nur Bürokratie im Rahmen der Covid-19-Hilfsmaßnahmen geschaffen, sondern bedauerlicherweise auch im Steuer­recht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

20.56



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 265

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin ist Frau Dr.in Elisabeth Götze. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


20.56.34

Abgeordnete Dr. Elisabeth Götze (Grüne): Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Diese Woche war eine Sitzung des Finanzausschusses, und ich denke, wir haben da wirklich einige wichtige Dinge, gute Punkte für die Unterneh­men auf den Weg gebracht. Sie wurden von meinen Vorrednern schon angesprochen. Ich möchte die Dinge herausgreifen, die aus meiner Sicht für die Unternehmer, für die Betriebe wirklich sehr wichtig sind.

Das Erste: Homeoffice. Wir wissen, dass Homeoffice im letzten Jahr massiv zuge­nom­men hat. Laut einer Befragung waren im Jänner, also in einer Zeit, in der der Lockdown schon zurückgefahren wurde und Unternehmen ihre Mitarbeiter zum Teil auch wieder in die Arbeit zurückgeholt haben, noch immer 40 Prozent im Homeoffice. Das ist circa eine Verdreifachung gegenüber der Zeit vor Corona. Expertinnen und Experten schätzen, dass dieser Prozentsatz zwar nicht ganz so hoch bleiben wird, aber viele von uns haben auch die Vorteile von Homeoffice entdeckt. Bis dato war das ein rechtlicher Graubereich, der jetzt beseitigt wird.

Durch dieses Homeofficepaket wird jetzt versicherungstechnisch und auch steuer­recht­lich Klarheit geschaffen. Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen im Homeoffice können bis zu 3 Euro pro Tag, bis zu 300 Euro im Jahr Homeofficepauschale steuerfrei beziehen. Ich glaube, das ist eine sehr gute Sache. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Darüber hinaus können auch Möbel als Werbungskosten abgesetzt werden. In Summe schafft das Klarheit für den Arbeitgeber, aber auch für den Arbeitnehmer, ist also wirklich sehr gut.

Was noch fehlt und wo wir noch nachlegen werden, ist eine Homeofficeregelung für Selbstständige. Dazu gibt es Pläne, und auch das wird demnächst kommen, denn vor allem Selbstständige, die kein eigenes Arbeitszimmer haben, benötigen das.

Ein zweiter Punkt, den ich kurz ansprechen möchte, sind die betrieblichen Testungen. Wir sind schon unter den Besten beim Testen, und wir wollen das noch weiter forcieren, indem wir Unternehmen die Möglichkeit geben, zu testen. Sie bekommen die Kosten ersetzt, 10 Euro, das ist in etwa kostendeckend, kann man sagen, und – ganz wichtig! – sie dürfen auch betriebsfremde Personen testen. Das heißt, insbesondere auf dem Land kann ein Unternehmen sagen: Alle Personen in der Umgebung dürfen zu mir testen kommen, Angehörige, aber auch alle anderen, Lehrer, Lehrerinnen der örtlichen Schule zum Beispiel. Wer auch immer sich testen lassen mag, kann sich im Betrieb testen lassen. – Nach § 1 UGB können zum Beispiel auch die Lerncafés der Caritas diese betriebliche Testung in Anspruch nehmen. Das ist also auch eine sehr wichtige Sache, wie ich meine.

Der dritte Punkt, den ich noch kurz anspreche, ist die Verlängerung der Steuer­stun­dun­gen bis Ende Juni – danach gibt es die Möglichkeit zur Ratenzahlung über drei Jahre, also wirklich sehr lange –, und auch die Verlängerung der Sozialversiche­rungsstundun­gen: ebenso, gleiches Modell, bis Ende Juni und dann drei Jahre Ratenzahlung.

Letzter Punkt, Investitionsprämie: Diese ist super angekommen, sie wurde mit circa 3 Milliarden Euro schon ausgeschöpft. Bis Sonntag können sie Unternehmen noch beantragen, aber sie müssen den Nachweis der Bestellung der ersten Lieferung oder was auch immer erst bis (die Rednerin blickt in ihre Unterlagen) – dass ich es nicht falsch sage – Ende Mai bringen. Das ist also eine wirklich gute Übergangsregelung für die, die sich jetzt noch entscheiden. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

21.00



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 266

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.


21.00.50

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich möchte mich in den nächsten Minuten auf das Betriebliche Testungs-Gesetz fokussieren und dazu kurz Folgendes ausführen:

Darüber, dass Impfen unsere einzige Chance ist, um die Pandemie möglichst schnell hinter uns zu bringen, brauchen wir, glaube ich, nicht mehr zu diskutieren, das ist in der Allgemeinheit angekommen. So ist, solange das Impfen so schleppend läuft, für uns als Sozialdemokratie ganz klar, dass wir alles unterstützen, was mit Tests und der Um­setzung von Tests einhergeht, einfach um infizierte Personen möglichst schnell identi­fizieren zu können und die Arbeitsplätze für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer sicher zu gestalten. Das ist keine Frage. Entlarvend ist aber wieder einmal, wie dieser Gesetzentwurf, über den wir heute abstimmen, geschrieben ist und wie die Regie­rung so tickt, denn wie so oft in dieser Pandemie ist es ein Gesetzentwurf, der maximal unbestimmt ist, und alles wird in Richtung einer Richtlinie geschoben, die zumindest wir als Oppositionsparteien gar nicht kennen.

Was in dem Gesetzentwurf bestimmt ist, ist, dass Tests bis zum 30. Juni abgegolten werden. – Gut, die Pandemie ist im Juni nicht vorbei, das ist einmal ganz klar. Das Zweite, was bestimmt ist, und das hat Kollegin Götze gerade ausgeführt, ist, dass die Kostenabdeckung für Unternehmen nach UGB § 1 gilt – und für die Wirtschaftskammer, für andere Sozialpartner und Interessenvertretungen. (Zwischenruf des Abg. Haubner.)

Jetzt ist es schön, dass die ÖVP auf die Wirtschaftskammer nicht vergisst – feine Ge­schichte! –, aber wie wäre es denn mit Universitäten, mit Fachhochschulen, mit The­atern, mit Museen, die auch von diesem Gesetz profitieren würden? Universitäten gehören zu den größten Arbeitgebern unserer Republik: Es gibt 55 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Unis – hallo?! (Beifall bei der SPÖ.) Und wenn die Unis und Fach­hochschulen Testmöglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Studie­renden hätten, dann könnten sie auch wieder – zumindest zum Teil – zum Präsenz­unterricht zurückkehren.

Wir hören jetzt von einem Gastrogipfel – schön, aber was ist mit einem Gipfel für Kunst und Kultur, mit einem für Universitäten? Da heißt es: Bitte warten!, und das zeigt wieder einmal ganz klar, die ÖVP reagiert auf ihre Spender und auf ihr nahestehende Lobby­inggeschichten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Haubner und Hörl.)

Ich fordere Sie daher auf, dass wir für alle – für alle! – Möglichkeiten schaffen, in den Genuss dieses Gesetzes zu kommen, und ich bringe deshalb einen Antrag ein. (Prä­sident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Mag.a Dr.in Sonja Hammerschmid, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Antrag 1264/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundes­ge­setz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) erlassen wird (670 d.B.):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 267

„Der oben zitierte Antrag (1264/A) in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (670 d.B.) wird wie folgt geändert:

Das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betrieb­liches Testungs-Gesetz – BTG) wird wie folgt geändert:

1) In § 2 Abs. 1 wird das Datum ‚30. Juni 2021‘ durch das Datum ‚31. Dezember 2021‘ ersetzt.

2) In § 2 Abs. 2 lautet die Z 1:

‚1. bestehende und neugegründete Unternehmen aller Branchen und aller Größen und sonstige juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts,‘

3) In § 3 Abs. 1 lautet die Z 3:

‚3. die Höhe der Pauschalförderung von 10 Euro pro Testung für Unternehmen bis zu 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt sowie die Förderung der tatsächlichen betrieb­lichen Testkosten für Unternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmer im Jahresdurch­schnitt bis höchstens 10 Euro pro Testung.‘“

*****

Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.04

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Maga. Drin. Sonja Hammerschmid

Genossinnen und Genossen,

betreffend den Antrag 1264/A der Abgeordneten Peter Haubner, Dr. Elisabeth Götze, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betriebliches Testungs-Gesetz – BTG) erlassen wird (670 d.B.):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der oben zitierte Antrag (1264/A) in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (670 d.B.) wird wie folgt geändert:

Das Bundesgesetz über eine COVID-19 Förderung für betriebliche Testungen (Betrieb­liches Testungs-Gesetz – BTG)  wird wie folgt geändert:

1) In § 2 Abs. 1 wird das Datum „30. Juni 2021“ durch das Datum „31. Dezember 2021“ ersetzt.

2) In § 2 Abs. 2 lautet die Z 1:

„1. bestehende und neugegründete Unternehmen aller Branchen und aller Größen und sonstige juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts,“

3) In § 3 Abs. 1 lautet die Z 3:

„3. die Höhe der Pauschalförderung von 10 Euro pro Testung für Unternehmen bis zu 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt sowie die Förderung der tatsächlichen betrieb­lichen Testkosten für Unternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmer im Jahresdurch­schnitt bis  höchstens 10 Euro pro Testung.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 268

Begründung

zu Z 1)

Laut dem zugrundeliegenden Antrag beträgt jener Zeitraum, innerhalb dessen die CoV-Tests gefördert werden, nur viereinhalb Monate und wird mit Juni 2021 enden. Da nicht zu erwarten ist, dass die Pandemie bis zu diesem Zeitpunkt beendet ist, soll der Zeitraum bis Jahresende 2021 verlängert werden.

Zu Z 2)

Der Antrag schränkt den Umfang der Förderungswerber auf Unternehmen und Interes­sensvertretungen ein. Unklar bleibt ob zum Beispiel (gemeinnützige) Vereine, Non-Profit-Organisationen, Museen, Theater, Universitäten, Fachhochschulen etc. ebenfalls die Förderung der Testkosten beantragen können. Mit der Ausweitung der Definition des Förderungswerbers auf juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts soll klar gestellt werden, dass es sich um eine umfassende Begriffsdefinition handelt, da auch umfassende Tests im gesundheitspolitischen Interesse liegen.

Zu Z 3)

Der Antrag enthält keine spezifischen Angaben zur Förderhöhe. In den Ausschuss­bera­tungen war außerdem nicht klar, ob in Fällen von Massentestungen der von der an­wesenden Bundesministerin genannte 10 Euro-Betrag/Testung für sehr große Betriebe nicht mehr nur zur pauschalen Abdeckung der Selbstkosten sondern mit tatsächlich mit einem Gewinn durchgeführt werden kann. Aus diesem Grund wird für kleine und mittlere Unternehmen, deren Definition nach Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer*innen an die Größenklassen des UGB angelehnt ist, ein Pauschalbetrag von 10 Euro/Testung gesetzlich definiert. Unternehmen, die mehr Arbeitnehmer*innen beschäftigen, müssen die tatsächlichen (Sach-, Personal-, Neben-) Kosten nachweisen, liegen diese im Schnitt unter 10 Euro/Testung werden die tatsächlichen Kosten ersetzt, ansonsten der Pau­schalbetrag von 10 Euro.

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte.


21.04.54

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Vorsitzender! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe ZuseherInnen! Auch ich spreche zum 2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetz, und auch wir finden, dass es eine Verlängerung der bestehenden steuerlichen Krisenmaßnahmen bis Ende Juni braucht. Das ist eine gute Entscheidung. In Zeiten wie diesen macht das besonders Sinn, und deshalb tragen wir NEOS das auch mit.

Besonders wichtig ist uns in diesem Zusammenhang vor allem die Verlängerung der Stundungen, damit die Unternehmerinnen und Unternehmer noch ein bisschen eine Verschnaufpause beziehungsweise auch mehr Klarheit haben. Da sind wir durchaus froh, dass das gekommen ist, wir haben es ja auch schon mehrfach gefordert.

Was aber auch klar ist, ist, dass in vielen Bereichen trotzdem noch mehr Hand­lungsbedarf besteht, und da beginne ich jetzt mit der Pendlerpauschale, die auch hierin umfasst ist und die auch bis Juni 2021 verlängert wird. Das ist aus unserer Sicht weniger gut, weil da ein Aufwand vergütet wird, den es im Augenblick nicht gibt, und wir wissen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 269

genau – das hat ja auch der Budgetdienst sehr gut ausgeführt –, wie schwierig es ist, solche Dinge zurückzunehmen, wenn man wieder in normale Zeiten zurückkehrt.

Das ist also etwas, was wir sehr kritisch sehen, und wir sehen es auch deshalb kritisch, weil wir die Pendlerpauschale generell kritisch sehen, weil sie eben den motorisierten Individualverkehr fördert. Das ist falsch, es ist vor allem auch nicht sozial treffsicher, und ich glaube, darüber sind sich inzwischen auch fast alle Fraktionen in diesem Haus einig. Viel klüger wäre es aus unserer Sicht gewesen, dass man endlich wirklich die steuerliche Entlastung aller ArbeitnehmerInnen angeht und das in Kombination mit einer Bepreisung von CO2 macht, weil das ökologisch wirklich wichtig wäre.

Natürlich braucht es parallel dazu den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Auch da ist einiges auf den Weg gebracht worden, und wir NEOS bleiben da definitiv dran.

Letztendlich – ja, Sie wissen es alle, ich rede davon, was es wirklich braucht – braucht es ein wirkliches Steuerpaket, und zwar eine ökologische Steuerreform, die diesen Namen auch verdient. Uns ist es ganz besonders wichtig, dass in diesem Zusam­men­hang auch die Entlastung des Faktors Arbeit wirklich ernst genommen wird, denn das ist einfach der Motor für die Zukunft, um auch aus dieser Krise herauszukommen.

Zur Investitionsprämie: Ja, auch die finden wir gut. Ich habe gerade gehört, dass es nicht 3 Milliarden Euro sind, sondern schon 3,9 Milliarden Euro, die da ausgegeben worden sind. Das ist viel Geld, und deswegen fordern wir zusätzlich auch eine Evaluierung. Warum fordern wir das? – Weil wir, wenn jetzt einmal in einer Krise so viel Geld für dieses Paket ausgegeben wird, einfach wissen wollen, was es wirklich bringt, wie treffsicher es ist, welche konjunkturellen und wachstumspolitischen Effekte es wirklich bringt, denn was der Finanzminister aus meiner Sicht ganz richtig gesagt hat, ist das Folgende: Das wird nicht die letzte Krise sein. – Das heißt, wir müssen solche Pakete gut evaluieren, um einfach auch zu schauen, wie man in der Zukunft damit umgeht und ob damit Gelder auch treffsicher eingesetzt werden können.

Damit zum dritten Punkt, und das ist auch bei mir das Homeoffice. Wir freuen uns wirklich darüber, dass es in diesem Bereich endlich auch steuerliche Anreize gibt, wir sehen aber auch, dass die Legistik durchaus nicht sehr elegant ist, wenn ich es jetzt einmal positiv formulieren soll. Da gibt es schon einige wirklich große Gaps, aber ja, endlich gibt es zumindest einmal eine Lösung, die auch wieder evaluiert wird. Was wir da besonders kritisieren, ist einfach die Bürokratie, das hat Kollege Fuchs schon gut ausgeführt. Es ist letztendlich wirklich, wirklich schwierig für die Betroffenen, das gut zu managen, und es bleibt nur zu hoffen, dass die Menschen nicht an der Bürokratie scheitern werden.

Also noch einmal zusammengefasst: Ja, trotz der legistischen Schwächen, die wir sehen – nicht nur in diesem Gesetzespaket, sondern eigentlich in sehr, sehr vielen, die wir in letzter Zeit gesehen haben –, können wir diesem Paket zustimmen, ich möchte aber auch in aller Klarheit sagen, dass das nicht reichen wird. Österreich muss wirklich sehr viel tun und Hausaufgaben erledigen, um aus der Krise herauszukommen. Da braucht es einfach sehr viel mehr als schlampige Arbeit, und ich warne davor – man sieht es ja jetzt beim EU Recovery Fund schon wieder –, dass da nicht wirklich zeit­gerecht gearbeitet wird. Das war auch heute wieder nicht im Ministerrat, da läuft uns die Zeit davon. Es geht da um potenziell bis zu 4 Milliarden Euro, die wir abholen können, also da braucht es wirklich sehr viel mehr Arbeit.

Deswegen noch einmal: Wir brauchen einen Fahrplan, wie wir aus der Krise heraus­kommen, und das heißt nicht, dass wir Geld auf alle Probleme werfen, sondern es heißt einfach, dass wir uns wirklich hinstellen, dass wir legistisch sauber arbeiten, Pakete auf den Weg bringen, die auch umsetzbar sind, und letztendlich mutige Reformen ange­hen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

21.09



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 270

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister. Ich darf ihm das Wort erteilen.


21.09.41

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Prä­sident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf vielleicht zu Beginn kurz auf Frau Kollegin Doppelbauer eingehen, weil der Recovery Fund und der Plan angesprochen worden sind.

Heute ist im Ministerrat ein Fahrplan beschlossen worden – Sie haben völlig recht, die Projekte sind noch nicht beschlossen worden, aber der Fahrplan wurde heute vor­gelegt –, und wir haben da einen anderen Weg als andere Länder gewählt. Deutschland zum Beispiel hat die konkreten Projekte bereits vor einigen Monaten im Ministerrat quasi beschlossen und nach Brüssel geschickt. Es gibt jetzt lange Verhandlungsprozesse mit der Kommission, die der Meinung ist, dass ein Gutteil der eingereichten Projekte den Kriterien nicht entspricht. Wir haben gesagt, wir wollen aus den Erfahrungen der anderen Länder lernen und zuerst mit der Kommission abklären, welche Projekte wirklich infrage kommen, den Zeitplan, den Fahrplan festlegen – der heute beschlossen worden ist – und dann am Ende des Tages, wenn die Gespräche auch erfolgreich waren, rechtzeitig die konkrete Liste einreichen, denn ich gebe Ihnen natürlich völlig recht, dass wir jeden einzelnen Euro aus diesem uns zustehenden Topf abholen müssen. Das werden wir auch machen. Danke auch für das Draufschauen, wir werden hundertprozentig schauen, dass wir die 3 Milliarden Euro abholen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich komme nun zu den diskutierten Themen. Die Coronapandemie hat in vielen Be­reichen, so wie das in einer Krise oft der Fall ist, Entwicklungen beschleunigt, die ohnehin vorhanden waren – zweifellos auch im Berufsleben, was den Aspekt der Digitalisierung und neue Arbeitsformen betrifft. Das gilt natürlich auch für den Aspekt des sogenannten Homeoffice, also des Arbeitens von zu Hause aus; dafür braucht es die entsprechenden digitalen Möglichkeiten. Das ist gerade jetzt in der Krise natürlich in mehrfacher Hinsicht relevant und wichtig: einerseits weil es ohnehin geboten ist, dass man es in möglichst vielen Fällen, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das gerne hätten, auch anbie­ten kann – weil es auch ein positiver Aspekt ist, wenn man mehr Flexibilität zeigt –, andererseits aber auch, weil wir so die sozialen Kontakte weiter einschränken können, um die Ausbreitung des Virus möglichst einzudämmen.

Wir wissen aber, dass Homeoffice auch nach dieser Krise ein wichtiges Thema bleiben wird. Viele jener Gewohnheiten, die wir uns jetzt aufgrund dieser Krise angewöhnt ha­ben, werden danach nicht ganz verschwinden. Ich denke da beispielsweise an die Liefer­services vor allem im städtischen Bereich – da wird vieles auch nach der Krise weiterhin genutzt werden –, und Homeoffice wird wohl auch so ein Bereich sein. Deswegen war für uns in der Bundesregierung klar, dass wir bei all den Betroffenen, sowohl den Unter­nehmerInnen als auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, in dieser Krise keinen Nachteil betreffend Homeoffice entstehen lassen wollen und gleichzeitig so viel Flexibilität wie möglich an den Tag legen wollen. Deswegen haben wir uns auch gemeinsam mit den Sozialpartnern auf ein Paket verständigt.

Die steuerlichen Maßnahmen etwas im Detail: Es geht um die Bereitstellung der erfor­derlichen digitalen Arbeitsmittel durch den Arbeitgeber, woraus kein steuerpflichtiger Sachbezug entsteht; 3 Euro pro Tag können für höchstens 100 Tage im Jahr den Arbeitnehmern übermittelt werden, und zwar ohne Anfall von Steuern. Dadurch, so glauben wir, können in vielen Bereichen entstehende Mehrkosten abgedeckt werden. Die Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung großzügig, und deswegen, glaube ich, ist es wichtig, rechtzeitig eine Evaluierung durchzuführen. Das heißt, diese Maßnahme


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ist bis 2023 befristet, um dann eben nachsehen zu können, ob sie den entsprechenden Nutzen beziehungsweise die entsprechende Wirkung gehabt hat oder ob es irgendwo Nachbesserungen braucht.

Ein zweiter Teil, der in diesem Block mitdiskutiert wird, sind diverse Stundungs­verlänge­rungen. Sie wissen, dass die Stundungen und Herabsetzungen von Steuervoraus­zah­lungen ein wesentlicher Aspekt waren, um in der Krise mehr Liquidität in den Unterneh­men zu belassen. Entgegen landläufiger Meinung hilft das vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen: Circa 77 Prozent der Antragsteller sind kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 700 000 Euro. Insgesamt lag der Höchststand an Stun­dungen beziehungsweise Vorauszahlungsherabsetzungen bei 6,5 Milliarden Euro, der­zeit sind es noch 5,3 Milliarden Euro.

Diese Stundungsmöglichkeit war ursprünglich bis Anfang dieses Jahres vorgesehen, wir haben sie im Dezember bis Ende des ersten Quartals verlängert. Aufgrund der Tatsache, dass die Krise durch Mutationen und andere Entwicklungen leider nicht so schnell vorbei sein wird, wie wir uns das alle wünschen würden, haben wir gesagt, wir sollten auch diese Maßnahmen nochmals verlängern, und zwar bis zum 30. Juni.

Darüber hinaus haben wir bereits letztes Jahr hier im Hohen Haus auch für die Zeit nach diesen Stundungen ein sehr kulantes Rückzahlungsmodell mit wesentlich längeren Rückzahlungsdauern, mit einem wesentlich geringeren Zinsaufschlag möglich gemacht. Dadurch hoffen wir, nach der Krise den Unternehmen die Last bestmöglich zu nehmen, damit ein Wirtschaften nach der Krise weiterhin möglich ist. – Vielen Dank für Ihre Auf­merksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.15


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Einwallner. – Bitte.


21.15.19

Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich nehme Stellung zur Änderung des Depotgesetzes.

Lassen Sie mich eingangs dazu sagen, dass wir nicht grundsätzlich gegen eine Entbüro­kratisierung und ein Fortschreiten der Digitalisierung sind, wir sind aber der Meinung, dass es Bereiche gibt, in denen man durchaus sensibel und bedachtsam vorgehen sollte. Der Bereich der Wertpapiere und des Finanzmarktes ist aus unserer Sicht solch ein Bereich, in dem es keine komplette Digitalisierung geben sollte. Wir sind der Meinung, es sollte da weiterhin eine minimale analoge Mindestinfrastruktur geben. Das liegt im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten, im Interesse der Anleger und, ich glaube, schlussendlich, wenn es um die Sicherheit des Finanzmarktes geht, auch im Interesse des Finanzplatzes. Es geht ja im Prinzip um Vertragsdokumente, und da wäre es schon gut, gäbe es die noch irgendwo in Papierform.

Also ja zu einer Digitalisierung und ja zu einer Entbürokratisierung, aber das darf nicht dazu führen, dass der Schutz der Anleger und der Konsumenten herabgesetzt wird.

Meine Damen und Herren! In der Tat gab es – Kollegin Götze hat es, glaube ich, gesagt – ein Bündel wichtiger Themen im Finanzausschuss, und es hätte noch viel mehr wichtige Themen gegeben, die wir auch heute hier im Plenum gerne besprochen hätten. Wir hätten gerne darüber gesprochen, wer diese Krise schlussendlich bezahlen wird, wer die Kosten dieser Krise tragen wird. Es gibt eine Fülle von Themenspektren, die wir angesprochen hätten, aber da tritt auch im Finanzausschuss das ein, was in allen Ausschüssen immer wieder eintritt: Sie scheuen die Diskussion hier im Plenum, Sie


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wollen nicht darüber diskutieren, und deshalb vertagen und vertagen und vertagen Sie immer wieder – das ist nicht zu akzeptieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es hätte auch noch andere wichtige Themen gegeben, über die wir im Finanzausschuss auch gerne ausführlicher informiert worden wären und gesprochen hätten, zum Beispiel wenn es um Öbag-Vorstand Schmid geht. Das wäre ein Thema gewesen, gerade jetzt zu einem Zeitpunkt, zu dem sich herausstellt, wie verstrickt er in diese Casinos-Causa ist, zu dem sich zeigt, welche Rolle er schon als Generalsekretär von Finanzminister Löger gespielt hat und dass er Dokumente zur Novomatic weitergeleitet hat.

Meine Damen und Herren, da gibt es vieles, aber eines ist klar: Öbag-Vorstand Schmid genießt unser Vertrauen nicht mehr! Ich glaube, das zeigt sich jetzt ganz deutlich, wenn man sich die Entwicklungen der letzten Tage ansieht. Ich möchte daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung von Thomas Schmid als Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (Öbag)“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, umgehend eine Hauptversammlung der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) einberufen zu lassen und alle notwen­digen Schritte zu setzen, um eine Abberufung von Herrn Thomas Schmid als Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) zu bewirken.“

*****

Herzlichen Dank, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schellhorn. – Ruf: Ein ausgezeichneter Antrag!)

21.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,

Genossinnen und Genossen

betreffend Abberufung von Thomas Schmid als Vorstand der Österreichischen Beteili­gungs AG (ÖBAG)

eingebracht im Zuge der Debatte zu Antrag 1241/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Gebührengesetz 1957, die Bundes­abgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das Alkoholsteuergesetz, das Umsatzsteuer­ge­setz 1994 und das Investitionsprämiengesetz geändert werden (2. COVID-19-Steuer­maßnahmengesetz – 2. COVID-19-StMG)

Begründung

Die ÖBAG-Holding verwaltet elf staatliche Beteiligungen, unter anderem auch jene der OMV, Telekom, Verbund, Post und Casinos Austria. Diese Unternehmen sind für die Österreichischen Gemeinden von besonderer Bedeutung, da sie z.B. mit dem Aufkommen


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aus der Kommunalsteuer zu den Einnahmen der Sitzgemeinden beitragen. Darüber hinaus sind sie für die Gemeinden sehr wesentlich, weil sie vor Ort wichtige Infra­struk­turinvestitionen tätigen und, wie etwa die Post, wichtige regionale Funktionen für die Bevölkerung erfüllen. Die ÖBAG wird derzeit vom Alleinvorstand Thomas Schmid geführt. Schmid gilt als enger Vertrauter von Bundeskanzler Kurz, war vor seinem raschen Aufstieg im Finanzministerium Pressesprecher, unter anderem von Michael Spindelegger und Wolfgang Schüssel. Zudem war er vor seiner Bestellung zum Alleinvorstand der ÖBAG Büroleiter und Generalsekretär des damaligen ÖVP-Finanzminister Löger. In dieser Funktion hat er am 31.1.2019 eine geheime Unterlage des Finanzministeriums zur Lizenzvergabe an Glücksspielunternehmen an den Vorstandsvorsitzenden der Novomatic, Harald Neumann, abfotografiert und geschickt. In dieser geheimen Unter­lage ging es um die Vergabe von Online-Lizenzen. Hier hat Schmid offensichtlich Amts­missbrauch begangen. Herr Schmid steht aus medial bekannt gewordenen Chat-Verläufen auch in Verbindung mit Dirty Campaigning-Methoden und wird in der Casinos-Causa als Beschuldigter geführt. Herr Schmid war bis zu seiner Bestellung zum Allein­vorstand der ÖBAG in keiner Führungsposition eines großen Wirtschaftsunternehmens tätig und erfüllt die Qualifikationsvoraussetzungen für diese Funktion nicht. Die Haus­durchsuchung bei Finanzminister Blümel und die sichergestellten Chats zwischen Blümel und Schmid haben den Verdacht des Amtsmissbrauchs massiv erhärtet.

Aus diesen Gründen ist Herr Schmid in der Funktion des Alleinvorstandes jedenfalls nicht tragbar. Es stellt sich bei einem Unternehmen der Größe der ÖBAG mit einem Beteiligungswert von 26,6 Milliarden Euro grundsätzlich die Frage, ob in der Geschäfts­führung nicht generell ein 4-Augen-Prinzip – auch aus Kontrollgründen – angestrebt werden sollte.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, umgehend eine Hauptversammlung der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) einberufen zu lassen und alle notwen­digen Schritte zu setzen, um eine Abberufung von Herrn Thomas Schmid als Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG) zu bewirken.“

*****


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhand­lung. Der Zusammenhang ist weit hergeholt, aber zu den Steuergesetzen geht es.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Peter Haubner. – Bitte.


21.19.31

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Digitalisie­ren, unterstützen, motivieren ist unser Motto; drei Themen in 3 Minuten.

Als Erstes zum Thema Digitalisierung: Herr Kollege Einwallner, das Wort Digitalisierung hat Modernisierung und Entbürokratisierung in sich. Das heißt nicht, dass man alles, was man digitalisiert, dann wieder in einem Archiv doppelt und dreifach ablegt, denn dann braucht man es eigentlich nicht zu digitalisieren. In dieser Hinsicht machen wir also, wie ich glaube, mit diesem Depotgesetz einen richtigen Schritt in Richtung Modernität, in


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Richtung Digitalisierung und vor allem auch in Richtung Attraktivierung des Finanz­platzes Österreich. Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Jakob Schwarz.)

Mit dieser digitalen Sammelurkunde erleichtern wir die Wertpapieremission. Ich denke, wir sollen ja etwas erleichtern, und wir sollen nicht immer alles verbürokratisieren, und wenn wir einmal etwas entbürokratisieren und digitalisieren, dann kritisieren Sie das auch. Unser Zugang ist also: digitalisieren.

Der zweite Punkt ist: unterstützen. Will man aus dieser Pandemie herauskommen, dann ist ein ganz wichtiger Punkt: testen, testen, testen. Deshalb ist es ganz wichtig, dass wir die Betriebe unterstützen, die alle etwas unternehmen und uns bei unserer Teststrategie unterstützen. Das tun wir mit unseren Maßnahmen und mit unseren Unterstützungen.

Meine Damen und Herren, über 1 000 Betriebe haben sich bereits auf dieser Plattform angemeldet. Das heißt, dass sie erstens einen Beitrag zu dieser Teststrategie leisten wollen und zweitens unser Angebot der Unterstützung annehmen. Das ist gut und wich­tig, damit wir gemeinsam den Weg aus dieser Pandemie finden.

Zum Dritten: motivieren. Motivieren ist eines der wichtigsten Elemente in dieser Krise, und das tun wir mit der Investitionsprämie. Es ist heute schon öfter gesagt worden: Fast 4 Milliarden Euro Investitionsprämie lösen 40 Milliarden Euro Investitionen aus.

Viele Unternehmer schätzen das. Es gibt auch einige, die das sagen, und darüber bin ich sehr froh. In den heutigen „Salzburger Nachrichten“ sagt ein Firmenchef und Unter­nehmer aus Salzburg – Salzburg ist ja ein Land mit viel Motivation, das liegt wahrschein­lich auch am guten Landeshauptmann (Zwischenruf des Abg. Schellhorn–: „Wir inves­tieren 3,4 Mill. Euro in den Neubau und vermieten an bauaffine Unternehmen.“ – Das sagt Josef Rettenwander, ein Baumanager, und er sagt dazu: „Die Auftragslage sei sehr gut, [...] er könne auch keine Anzeichen erkennen, dass in der Baubranche ein Einbruch bevorstehe. ‚Viele stecken ihr Geld in Immobilien, auch die Investitionsförderung des Bundes wirkt sich positiv aus.‘“

Meine Damen und Herren, das ist ein Beispiel, und es gibt viele. Ich glaube, man sollte auch einmal jene erwähnen, die die von der Bundesregierung gesetzten Unterstützungs­maßnahmen, die richtig und wichtig sind, schätzen und das auch sagen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Jakob Schwarz.)

21.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.


21.23.11

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Betriebliche Testungs-Gesetz wird am Ende des Tages nur ein ganz kleiner Teil dessen sein, was in Summe das Budget – aufgrund der Corona­maßnahmen – voraussichtlich über viele Jahre belasten wird. Ich glaube, das ist auch ein guter Anlass, einmal einen verteilungspolitischen Blick auf diese Pandemie zu wer­fen. Es ist nämlich so, dass sich, wenn man sich anschaut, wer wo aufgrund von Corona stirbt, zeigt, dass die Todeszahlen in armen Gebieten doppelt so hoch sind wie in reichen Gebieten. – Das ist ein Aspekt dieser Ungleichheitspandemie.

Ein anderer Aspekt ist aber auch, dass die reichsten 1 000 Menschen auf dieser Welt ihre Verluste, die sie wirtschaftlich in der Coronapandemie gemacht haben werden, innerhalb von neun Monaten wieder ausgleichen werden. Die ärmsten 50 Prozent der Welt werden über eine Dekade brauchen, um die Verluste, die sie gehabt haben, wieder irgendwie wettzumachen und sich aus dieser Armutsfalle zu befreien.


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Noch eine andere Zahl: Die 100 reichsten Männer der Welt – es sind nur Männer – wer­den, Corona hin oder her, seit Februar 2019 zu ihrem jetzt schon bestehenden Ver­mögen eine halbe Billiarde US-Dollar hinzuaddieren können. – Eine halbe Billiarde US-Dollar würde reichen, um alle acht Milliarden Menschen auf der Welt zu impfen, und würde reichen, dass niemand aufgrund dieser Pandemie dauerhaft in Armut verharren muss.

Das heißt, es zeigt sich ganz klar, dass man Umverteilungsmaßnahmen setzen muss. Ich finde es durchaus sinnvoll, das jetzt zu diskutieren und es nicht auf den Sankt-Nim­merleins-Tag zu vertagen, denn es ist wichtig, jetzt zu überlegen, wie man das in Öster­reich steuerlich bewerkstelligen wird. Es kann ganz sicher nicht so sein, dass jene, die der­zeit schon individuell am meisten unter der Pandemie leiden, die wirklich in ihrer Existenz bedroht sind – zum Teil körperlich bedroht sind –, den Großteil der Zeche zahlen.

Es kann auch nicht sein, dass man in dieser Umverteilungsfrage international wirksame Mechanismen vollkommen außer Acht lässt. Ich halte es zum Beispiel für wirklich wichtig und sinnvoll, die Finanztransaktionssteuer in diesem Zusammenhang noch einmal zu diskutieren (Beifall bei der SPÖ) und da zu schauen, wie man von dem riesengroßen Kuchen, den es gibt, auch wirklich etwas dorthin bringen kann, wo viel zu wenig da ist. Diese Pandemie der Ungleichheit ist etwas, das man mit politischen Mitteln durchaus bezwingen kann. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

21.25


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schwarz. – Bitte.


21.26.07

Abgeordneter Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuseherInnen zu Hause! Ich spreche auch zum 2. Covid-19-Steuermaßnahmengesetz, einem Initiativ­antrag von Kollegen Kopf und mir, der notwendig geworden ist, weil viele der richtigen Maßnahmen, die die Bundesregierung gesetzt hat, um die Auswirkungen dieser Krise abzufedern, am 31. März auslaufen würden. Leider läuft die Krise noch nicht aus, des­halb müssen die Gesetze und Maßnahmen verlängert werden. Dazu zählen Steuerstun­dungen, dazu zählt auch die steuerliche Begünstigung der Desinfektionsmittel­herstel­lung, und dazu zählen auch die Schutzmasken.

Mit diesem Paket kommt aber auch etwas anderes, nämlich der steuerliche Teil der neuen Homeofficeregelung, die ich sehr begrüße. Dies ist insbesondere vor dem Hinter­grund entstanden, dass aufgrund von gesundheitspolitischen Notwendigkeiten Unter­neh­men und ArbeitnehmerInnen darin übereinkommen, dass Leute zu Hause bleiben. Es braucht aber auch die Rahmenbedingungen, damit das weiterhin sicher und gut genutzt werden kann. Das wird eben mit diesem Paket sichergestellt. Damit schafft man einerseits gesundheitspolitisch etwas Wichtiges, andererseits reagiert man quasi auf die zunehmende Flexibilisierung. (Abg. Herr: Nach einem Jahr!) – Ja, aber es kommt jetzt, und es ist gut und ist auch auf längere Zeit gesehen, nicht nur für die Krise, sondern eben auch auf längere Sicht. Ich komme gleich darauf zu sprechen, was das dann für Auswirkungen haben wird.

Ich glaube, man reagiert ein bisschen darauf, dass man als Arbeitnehmerin oder Arbeit­nehmer nicht mehr am Unternehmensstandort anwesend sein muss.

Das Homeofficepaket hat, und das freut mich besonders, einen weniger offensichtlichen Aspekt, nämlich dass es ein maßgeblicher Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz ist, und zwar deshalb, weil damit die Arbeit von zu Hause aus erleichtert wird, PendlerIn­nenströme und damit auch die Treibhausgasemissionen reduziert werden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mahrer.)


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Man mag meinen, dass das ein Orchideenthema ist, aber das sind keine Peanuts. Die österreichische Treibhausgasemissionsbilanz ist durch den Verkehr extrem belastet, denn ein Drittel der Emissionen kommt aus dem Verkehr. Die Hälfte des gesamten Pkw-Verkehrs ist Berufswegen zuzurechnen, das heißt, wenn man es schaffen würde, statt fünfmal pro Woche nur dreimal oder viermal pro Woche in die Arbeit zu fahren, könnte man die Treibhausgasbilanz nur mit dieser Homeofficemaßnahme um einige Prozent reduzieren. Das ist doch, glaube ich, ein gewichtiger Beitrag.

Zum Zweiten schafft dieses Paket aber auch eine Alternative für jene Menschen, die in ihrer Umgebung nicht die Möglichkeit haben, auf zumutbare öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Es ist explizit auch ein Ziel der Bundesregierung, möglichst viele Um­stiegsmöglichkeiten, Alternativen für die Menschen anzubieten, damit es möglich ist, sich ein bisschen aus diesem Zwang zu befreien, Emissionen verursachen zu müssen; diese Maßnahme trägt dazu bei.

Zuletzt ein formaler Punkt: Es war im letzten Jahr aufgrund der Pandemie immer wieder notwendig, den Gesetzgebungsprozess mit hoher Geschwindigkeit ein bisschen anzu­stoßen, und dabei konnten nicht immer alle rechtsästhetischen Erwartungen und Usancen und so weiter, die man sich – auch ich – zu Recht wünschen würde, eingehalten werden. Insbesondere in der letzten regulären Sitzung hat es da einen Fall gegeben, bei dem wir Bestimmungen zu Medizinprodukten und zur Umsatzsteuer geschafft haben, die in der Bundesabgabenordnung geregelt wurden. Das hat für einigen Unmut gesorgt, auch für eine Geschäftsordnungsdebatte. Mit diesem Initiativantrag werden jetzt alle Punkte, die davon betroffen waren, repariert.

Ich glaube, bei aller Geschwindigkeit ist das auch wichtig, und das sollte auch die Zustimmung zu diesem Antrag erleichtern. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Loacker. – Bitte.


21.30.02

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Regierungs­mitglieder! Das Gesetzeskonvolut, das zur Debatte steht, beinhaltet einen Haufen verschiedener Dinge, unter anderem den steuerrechtlichen Teil des Homeofficepakets. Ja, diesem steuerrechtlichen Teil stimmen wir zu, auch wenn wir es für reichlich absurd halten, dass man nun Pendlerpauschale und Homofficesteuerfreibetrag gleichzeitig gel­tend machen kann – aber gut, dann nehmen wir das halt in Kauf. Dass Steuergesetze irgendwie sinnvoll wären, würde ja niemand unterstellen.

Was noch kommen soll, sind die Regelungen fürs Homeoffice im Arbeitsrecht. Immerhin, nach einem Jahr sind wir nun langsam so weit – das ist ja nicht übertrieben früh. Das, was da in Begutachtung geschickt worden ist, ist ein veritabler Schrott. Die Experten lassen kein gutes Haar an diesem Elaborat der Sozialpartner – ein Kammermurks halt, wie man ihn von den Kammern kennt. Nicht nur Homepages, die man mit Kammern macht, sind ein Murks.

Zum Beispiel ist das Homeofficegesetz nach diesem Gesetzentwurf tatsächlich Home­office im engeren Sinn, dass also jemand in seiner Wohnung arbeitet. Mobile Office – also in einem Café, in einem Hotelzimmer, das man sich während des Lockdowns mietet, oder in einem Park zu arbeiten – ist jedenfalls nicht Homeoffice im Sinne dieses Ge­setzes. Da sieht man, wie weit die Sozialpartner vom Leben der Österreicher entfernt sind. Kammerbeiträge dürfen sie trotzdem zahlen, auch wenn die weit weg in ihren Elfenbeintürmen wohnen.


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Ähnlich praktisch ist auch eine andere Bestimmung im Gesetzentwurf, denn zum Bei­spiel geht es nicht, dass die Chefin mit dem Mitarbeiter ausmacht: Nächste Woche bist du am Donnerstag und am Freitag im Homeoffice!, und der Mitarbeiter sagt: Ja, ist okay!, weil die Vereinbarung immer schriftlich sein muss, mit einer Kündigungsfrist von einem Monat. Das ist völlig lebensfremd, völlig unpraktisch. Dass man in einer Kammer so arbeitet, können wir uns alle gut vorstellen, aber im wirklichen Leben arbeitet man nicht so. (Beifall bei den NEOS.)

Wir können daher der Regierung anbieten, mit Tipps aus der Praxis den Gesetzentwurf noch zu verbessern. Bevor Sie es so beschließen, wie es jetzt daliegt – den arbeits­rechtlichen Teil –, sollten Sie es lieber bleiben lassen, weil dann alles, was wir heute haben, besser als dieser Sozialpartnermurks ist. (Beifall bei den NEOS.)

21.32


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Schramböck. – Bitte.


21.32.34

Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Dr. Margarete Schramböck: Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir be­finden uns immer noch mitten in dieser Pandemie. (Zwischenruf des Abg. Kucher.) Es ist wichtig, dass wir unseren Unternehmen durch diese Krise helfen, dass wir unsere Unternehmen dabei unterstützen, in Österreich gut durch diese Krise zu kommen, und dass wir gleichzeitig auch Impulse setzen.

Wenn wir darauf schauen, was wir gemeinsam erreicht haben: Wir sind das Land mit den größten Wirtschaftshilfen für die Unternehmen pro Kopf, und – das muss auch einmal gesagt werden – wir sind das Land, das am meisten testet, wir sind unter den top drei Ländern, also Weltmeister im Testen. Wir sind trotz dieser Krise auch ein Land mit geringer Jugendarbeitslosigkeit. Für all das haben wir gemeinsam Maßnahmen gesetzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Lassen Sie mich im Rahmen der Debatte über dieses Paket auf einige dieser Maßnah­men eingehen! Eine davon ist sicher das betriebliche Testen als eine wichtige Säule, um durch diese Krise zu kommen. Als Brücke hin zur Impfung ist das betriebliche Testen neben dem Testen in den Infrastrukturen, den Teststraßen und den Apotheken eine ganz wichtige Säule. Hierzu die aktuellen Zahlen: 1 142 Unternehmen haben sich bereits angemeldet, und das deckt in etwa 570 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab. Es sagen ja sehr, sehr viele, dass sie in den Betrieben zur Testung bereit sind, und darum ist es so ein wichtiger Punkt, dass wir alle Unternehmen in Österreich mit 10 Euro je Test dabei unterstützen, diese so wichtigen Testungen durchzuführen.

Eine kleine Ergänzung noch zu Kollegin Hammerschmid – lassen Sie mich darauf ein­gehen! –: Sie haben die Wirtschaftskammer genannt, und ich möchte Sie darauf auf­merksam machen, dass die Arbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschafts­bund ebenso wie die IV auch in diesem Vorschlag erwähnt sind, dass es also nicht nur um die Wirtschaftskammer alleine geht. Sie schauen da immer nur mit diesem einen Auge hin. Mir ist es wichtig, dass diese Organisationen auch an diesem Testen teilneh­men können und dass das flächendeckend über Österreich gemacht wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das zweite Thema, Wirtschaftshilfen: Da möchte ich ganz kurz auf die Investitionsprämie eingehen. Sie kennen dieses Instrument, das ist sehr gefragt, da gab es in den letzten Tagen bis zum Sonntag einen Run, wir haben 140 000 Anträge. Da höre ich auch immer wieder – ich habe es auch im Ausschuss gehört –, dass das nur für große Betriebe ist: Das stimmt so nicht, denn das ist vor allem auch eine Maßnahme für die Klein- und


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Mittelbetriebe, ja, für die Kleinstbetriebe. 85 Prozent aller Anträge entfallen auf Kleinst­unternehmen und Kleinunternehmen. Das ist uns wichtig, weil wir damit gerade in dieser Krise auch den österreichischen Mittelstand stärken.

Nun zum dritten Thema, das zwar nicht Teil dieses Paketes ist, aber mir ist es wichtig, das auch zu sagen – ich habe es angesprochen –, die Jugendarbeitslosigkeit: Wir haben auch in diesem Bereich eine Maßnahme geschaffen, nämlich den Lehrlingsbonus. Auch hierzu möchte ich Ihnen den Status geben: 48 Millionen Euro haben wir ausbezahlt und damit 24 000 Lehrlinge in den Betrieben unterstützt. Wir haben die Betriebe dabei unterstützt, diese Lehrlinge gerade jetzt einzustellen. Wir haben auch in allen Bundes­ländern mit Ausnahme von Wien einen Überhang an Lehrstellen, das heißt, die Lehrlinge finden in allen Bundesländern Lehrstellen. Ich würde mir das auch in Wien verstärkt wünschen, aber wir können ja noch gemeinsam daran arbeiten. Wir haben noch viel zu tun, denn die Krise ist noch nicht vorbei. Vieles müssen wir noch tun, um den Unter­nehmen zu helfen. Es werden nun intensive Maßnahmen verlängert, gesetzt, die wichtig für unsere Betriebe und ihre Zukunft sind, damit sie danach wieder gut wirtschaften können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

21.36


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.


21.37.02

Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Sie wissen, wir befinden uns in der größten Krise seit 100 Jahren, und Corona hat diese Krise ausgelöst. Diese Pandemie ist derzeit wirklich unser Hauptproblem, aber die Bun­desregierung tut alles, um diese Krise zu bekämpfen. Österreich hat zwar an Wirtschafts­leistung verloren, aber Österreich ist Nummer eins, wenn es darum geht, Unternehmen Hilfe zur Verfügung zu stellen, und das ist gut für die Unternehmen, aber das ist auch gut für die Arbeitsplätze.

Ich könnte natürlich auch Maßnahmen aufzählen, die weit darüber hinaus gehen, über die Hilfe für die Wirtschaft bis hin zur ausgesetzten Mietpreiserhöhung, dem ausbe­zahl­ten Kinderbonus, dem Gemeindepaket, dem Familienhärtefonds und vielem anderen mehr.

6 Milliarden Euro wurden für die Kurzarbeit zur Verfügung gestellt, und damit sind circa 1,2 bis 1,3 Millionen Beschäftigungsverhältnisse mittelfristig gesichert, das heißt, Men­schen haben Sicherheit. Daneben gibt es noch das bisher größte Budget für Qualifika­tionsmaßnahmen. Wir kämpfen auch weiter gegen die Arbeitslosigkeit.

Ein wichtiges Instrument ist die Investitionsprämie. Diese gibt einen Anreiz für Inves­titionen, stärkt die Wirtschaft massiv und sichert auch Arbeitsplätze. Das ist ein Impuls­programm, das hervorragend angenommen wird und einen ganz hohen Multiplikations­effekt hat. Nun setzen wir Maßnahmen, um diese Investitionsprämie noch praxisgerech­ter machen zu können. Wir ändern das Investitionsprämiengesetz. Antragsfrist bleibt nach wie vor der 28. Februar, also der kommende Sonntag, aber die Frist für die erste Maßnahme wird mit der Änderung dieses Gesetzes auf 31. Mai 2021 verlängert. Darüber hinaus hat der Ministerrat auch beschlossen, dass die Richtlinie geändert wird, was den Investitionsdurchführungszeitraum betrifft: Er soll sich für Investitionen bis 20 Millionen Euro statt bis zum 28. Februar 2022 zum 28. Februar 2023 erstrecken. Ich hätte mir gewünscht, dass es 2024 wäre, so wie bei den Großinvestitionen, aber auch das ist ein wesentlicher Erfolg. Die Abrechnungsfrist wird zudem von drei auf sechs Monate erweitert.


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Dies ist eine wichtige Änderung zugunsten der Wirtschaft, dies ist eine wichtige Ände­rung zugunsten der Arbeitnehmer, und dies ist eine wichtige Änderung für die Menschen in Österreich. Stimmen Sie also diesem Gesetzentwurf zu! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

21.40


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Herr. – Bitte. (Ah-Rufe bei der ÖVP. Abg. Michael Hammer: Jetzt kommt sie auch noch ...!)


21.40.30

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Wertes Hohes Haus! Ich will heute eine ganz kurze Geschichte erzählen, und zwar von einer Freundin von mir namens Conni. Conni arbeitet für ein recht großes Unternehmen in einem Großraumbüro gemeinsam mit sechs Kollegen und Kolleginnen. Jetzt wissen wir, das ist in Zeiten von Corona eine besonders schlechte Situation, und deshalb ist Conni seit einem Jahr im Homeoffice. Sie arbeitet ohne gescheiten Schreibtisch, ohne schnelles Internet, ohne irgendeinen Rechtsanspruch auf all diese Punkte seit einem Jahr von zu Hause (Abg. Michael Hammer: Du hast Freunde!), und heute beschließen wir endlich – das muss man auch dazusagen – vor allem dank der Sozialpartner, allen voran der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer, dass Menschen wie Conni sich ihr Homeoffice nicht selbst finanzieren müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und als wäre es nicht schon eine Frechheit per se, dass die Regierung ein Jahr lang Pandemie braucht, um so ein Gesetz vorzulegen, sind wir nun bei der Wurzel des Problems angekommen: Es sind nämlich immer die Interessen der arbeitenden Men­schen, die auf die lange Bank geschoben werden, aber immer sind es die Inter­essen der Konzernchefs und Konzernchefinnen, die Ihnen nur ein SMS schicken müs­sen, und schon springen Sie für diese. (Beifall bei der SPÖ. Zwischenrufe bei der ÖVP.) Immer, immer, immer sind es auch solche Politiker wie Sie, Herr Finanzminister, und auch Kanz­ler Kurz, die genau diese Schieflage zwischen den Kapitalinteressen und den Interessen der arbeitenden Menschen überhaupt erst ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das ist ja lächerlich! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Da ist die ÖVP immer gleich ganz emotional.

Ich weiß schon, warum Sie Politik für Ihre Konzernfreunde, zum Beispiel Herrn Neumann von der Novomatic, machen, warum Sie sich da vermutlich einsetzen (Oh-Rufe bei der ÖVP – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP): weil es danach vielleicht eine Spende gibt. (Ah-Rufe bei der ÖVP.) Eh klar, Ibiza sei Dank, denn da haben wir ja gelernt, wie das abläuft. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Was wird dagegen Conni mit ihrem kleinen Gehalt an die ÖVP spenden können oder – denken wir das weiter – eine arbeitslose Person in Österreich mitten in der Krise an die ÖVP spenden können? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Genau nach dieser Frage bestim­men Sie aber Ihre Politik, und vor allem beantworten Sie so die Frage, für wen Sie Politik machen. (Abg. Michael Hammer: ... wählt euch ja keiner! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich komme zum Schluss: Menschen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind, wur­den mit einer Einmalzahlung von 450 Euro abgespeist. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wie eine halbe Million Menschen, die immer noch auf der Suche nach Be­schäftigung ist, wieder dahin kommen soll, ist ungeklärt, aber trotzdem stimmen Sie heute gegen die Initiative 40 000, bei der es darum geht, für Langzeitarbeitslose endlich wieder Beschäftigung, endlich wieder Perspektiven zu schaffen! Dafür haben Sie kein Geld, Herr Finanzminister, daran haben Sie offensichtlich auch kein Interesse.


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Somit komme ich auf den Punkt: Ihnen ist Herr Neumann von der Novomatic wichtiger als beispielsweise Conni (Oh-Rufe bei der ÖVP) und wichtiger als eine halbe Million Menschen, die gerade arbeitslos sind. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Michael Hammer: ... deine Freundin Conni! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Setzen Sie die Initiative 40 000 um! Ich glaube, noch mehr kann man das nicht auf den Punkt bringen: Es wäre wegen der Arbeitsplätze. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Michael Hammer: Pfiat di Gott!)

21.43

21.43.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Berichterstattung ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich frage die Parteien: Können wir abstimmen? SPÖ? – Grüne? – NEOS? – FPÖ? – ÖVP? – Ja.

Dann darf ich zur Abstimmung kommen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 32: Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Depotgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 596 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Entwurf betreffend ein 2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetz, samt Titel und Eingang in 669 der Beilagen.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig.

In der dritten Lesung? – Das ist einstimmig angenommen.

Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Abberufung von Thomas Schmid als Vorstand der Österreichischen Beteiligungs AG (ÖBAG)“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Entwurf betreffend Be­triebliches Testungs-Gesetz in 670 der Beilagen. (Unruhe im Saal.) Darf ich um etwas Ruhe bitten?

Hiezu haben die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ich werde zuerst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes ab­stimmen lassen.

Die Abgeordneten Krainer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend die Paragrafen 2 und 3 eingebracht.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 281

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­be­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit.

Wir kommen zur dritten Lesung. – Auch in dritter Lesung das gleiche Stimmverhalten.

Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

21.46.3135. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (609 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung Österreichs als internatio­naler Amtssitz- und Konferenzstandort (Amtssitzgesetz – ASG) erlassen wird und das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Inter­nationale Steuervergütungsgesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Meldegesetz 1991 geändert werden (665 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1172/A der Abgeord­neten Dr. Reinhold Lopatka, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird (666 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Tagesordnungs­punk­ten 35 und 36, über die die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Ich begrüße den Herrn Außenminister.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kassegger. – Bitte.


21.47.20

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außenminister! Ja, zwei Tagesordnungspunkte aus dem Bereich des Aus­schusses für Außenpolitik: Eine Sitzung desselben hat ja letzte Woche stattgefunden, sie wurde relativ schnell und überhastet mit Betonung auf besondere Dringlichkeit einbe­rufen, die sich mir nach wie vor nicht erschließt. Ich komme vielleicht noch zum Proze­dere bezüglich des Tagesordnungspunktes betreffend das Rote Kreuz beziehungsweise betreffend Finanzierung der sogenannten nationalen Koordinierungsstelle oder nationa­len Kommission zur Umsetzung des humanitären Völkerrechts. Worum es inhaltlich geht, war aber bei der Einberufung des Ausschusses und auch bei der Tagesordnung nicht ersichtlich.


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Es ist heute schon mehrmals der Ausdruck Trägerrakete gefallen. Als Erklärung für die Zuseher, die jetzt noch vor den Fernsehgeräten oder wo auch immer diese Sitzung verfolgen: Eine Trägerrakete ist praktisch ein Gesetz, das man einbringt und in dem nichts oder nur die Überschrift drinnen steht. Man beruft dann entsprechend eine Sitzung ein und bringt Abänderungsanträge – diese Abänderungsanträge sind meistens zehn­mal so lang wie das Gesetz selbst beziehungsweise geht es dann wirklich um das, worum es der Regierung geht – zu diesem Gesetz, in dem nichts drinnen steht, ein, und zwar sehr, sehr kurzfristig vor Beschlussfassung, in dem Fall vor der Ausschusssitzung – noch schlimmer ist es dann, wenn Abänderungsanträge vor dem Plenum vorgelegt werden. Dann wird von der Opposition erwartet, dass sie innerhalb von 3 Millisekunden komplexe Sachverhalte beurteilt und eine Entscheidung trifft. – Das entspricht nicht dem parlamentarischen Prozedere. Diese Trägerraketen häufen sich in letzter Zeit schon ganz gewaltig, und das ist nicht unser Selbstverständnis von einem offenen, transparen­ten parlamentarischen Umgang neuen Stils. Auch da haben wir den neuen Stil nur als Überschrift, aber nicht in der tatsächlichen Umsetzung. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist auch inhaltlich etwas eigenartig, denn es sollen 2 Millionen Euro an das Rote Kreuz für eine Koordinierungsstelle überwiesen werden – bitte das jetzt nicht misszu­verstehen, die Institution des Roten Kreuzes wollen wir in keiner Weise kritisieren, die leistet gute Arbeit. Es ist aber nicht ersichtlich, wofür das Geld konkret verwendet wird. 2 Millionen Euro für eine Koordinierungsstelle, die zweimal jährlich tagt und die Um­setzung dessen, was auf internationalen Konferenzen beschlossen wird, koordiniert, kommen uns in Wahrheit sehr, sehr viel vor, zu viel vor. Möglicherweise wird das Geld für etwas anderes verwendet. Das wissen wir nicht, denn es gibt keinerlei Detail­planungen, wofür das Geld verwendet wird.

Das entspricht überhaupt der grundsätzlichen Einstellung dieser Bundesregierung. Geld ist ja offensichtlich abgeschafft – „Koste es, was es wolle“! –, dort ein paar Millionen, dort ein paar Milliarden. Vielleicht eine interessante Zahl: Wir haben 35 Milliarden Euro Budgetdefizit. Nur zum Vergleich: Die Schweiz hat 10 Milliarden Euro Defizit. Ich weiß nicht, hat die Pandemie einen Bogen um die Schweiz gemacht oder ist die Schweiz die Insel der Seligen? (Abg. Stefan: ... Tourismus wahrscheinlich!) Oder hat das vielleicht damit zu tun, dass die Schweizer Regierung das ein bisschen intelligenter und geschick­ter als die österreichische gemacht hat? – Ich glaube, Zweiteres ist der Fall.

Zu dieser grundsätzlichen Philosophie, dass das Geld abgeschafft ist – es ist heute auch schon gesagt worden –: Wer soll das bezahlen? Das wird überhaupt einmal ein span­nende Frage sein: Wer soll das alles bezahlen, diese gewaltigen Schulden? Da rede ich jetzt noch gar nicht davon, was wir tun, wenn das Zinsniveau steigt. Also das kann man sich, wenn man multiplizieren kann, dann ausrechnen. Diese Szenarien möchte ich mir jetzt gar nicht im Detail weiter ausdenken, weil sie furchtbar sind. Die Schulden werden entweder wir oder unsere Kinder und Kindeskinder bezahlen, oder es wird eine Wäh­rungsreform geben. Dann werden diejenigen, die sich in den letzten Jahren über Ge­nerationen etwas aufgebaut haben, gewaltig verlieren. Oder es werden Leistungen ge­kürzt werden.

Also ich habe nicht mehr Fantasie, was da sonst noch passieren kann. Diesen dynami­schen Wirtschaftsaufschwung, der explosionsartig passieren wird, glaube ich Ihnen nicht, zumal Sie den ja jetzt permanent verzögern. Jede Woche, die wir mit der wirklichen Öffnung der Wirtschaft noch zuwarten, kostet viel, viel Geld. Wir wissen, die Wirtschafts­forschungsinstitute revidieren schon jede Woche die Prognosen für das Jahr 2021 nach unten. Also das ist eine Sache: Geld spielt keine Rolle.

Der zweite Punkt ist das Amtssitzgesetz, auch dabei gibt es Privilegien für alle möglichen Organisationen samt Angehörigen. Darauf wird mein Kollege Dr. Martin Graf noch näher


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eingehen. Das halten wir auch für überschießend, und wir sind auch bei diesem Punkt dagegen. (Beifall bei der FPÖ.)

21.52


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Lopatka. – Bitte.


21.52.16

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesen zwei Vorlagen des Außenpolitischen Aus­schusses beschließen wir einerseits die Novellierung des Rotkreuzgesetzes, anderer­seits bekommt Österreich ein neues Gesetz, nämlich das Amtssitzgesetz.

Hinsichtlich des Roten Kreuzes denken wir eigentlich an die großartigen Leistungen der ehrenamtlichen, aber auch der hauptamtlichen Mitarbeiter bei uns vor Ort in den Wahl­kreisen und weniger an das Internationale Rote Kreuz, das gemeinsam mit dem Roten Halbmond zu einer der wichtigsten humanitären Organisationen gehört. Es ist daher gut, dass wir das Rote Kreuz – es ist schon angesprochen worden – mit dieser nationalen Koordinierungsstelle institutionell, aber auch finanziell absichern. Daher gibt es von unserer Seite ein klares Ja zu diesem Gesetz. Ich verstehe nicht, dass die Freiheitliche Partei weder dem Rotkreuzgesetz zustimmt, noch dem Amtssitzgesetz die Zustimmung gibt. (Abg. Kassegger: Habe ich eh versucht zu erklären!)

Eigentlich agieren Sie damit gegen die Interessen der Österreicherinnen und Öster­reicher. (Zwischenrufe der Abgeordneten Martin Graf und Stefan.) Warum? – Mit dem Amtssitzgesetz bringen wir internationale Organisationen ins Land, und es kommen somit Millionen – Millionen sage ich Ihnen! – an Steuergeld ins Land. Sie sind dagegen, wir sind dafür. (Abg. Kassegger: Wir sind nicht dagegen, es ist überschießend!) Abso­lute Umkehr: Sie stimmen dagegen, Sie haben es ja eben deutlich gesagt.

Die Amtssitzstudie zeigt eines sehr deutlich: 19 000 Arbeitsplätze in Österreich werden durch diese internationalen Organisationen gesichert und jährlich gibt es – außer wir haben so ein Jahr wie das letzte – Steuereinnahmen von mehr als 500 Millionen Euro – mehr als 500 Millionen Euro –, und dann stimmt man dagegen, also dafür fehlt mir wirklich jedes Verständnis. Bisher hat es darüber immer das Einvernehmen aller Par­teien gegeben.

Meine Damen und Herren, wir stehen ja in einem Wettbewerb mit anderen Staaten, das dürfen wir nicht vergessen. Die Schweiz hat zum Beispiel seit 2007 ein sogenanntes Gaststaatgesetz – und die Schweizer schauen sicherlich auch auf ihr Steuergeld –, mit dem die Schweiz klare Regelungen für internationale Organisationen trifft.

Eine dieser internationalen Organisationen tagt jetzt gerade. Nicht einmal 100 Meter von uns entfernt ist die Parlamentarische Versammlung der OSZE. Die OSZE ist auch eine ganz wichtige Organisation für uns. (Zwischenruf des Abg. Kassegger.) Sie hat mit 57 Mitgliedstaaten ihren Sitz hier in Wien, daher sind auch 57 Ständige Vertretungen hier. Diese OSZE wird den Standort in Wien stärken – das Sekretariat der Parlamen­tarischen Versammlung wird personell stark aufgestockt. Auch da stehen wir in einem Wettbewerb mit Kopenhagen, wo ein Büro ist, und mit Warschau, wo die ODIHR sitzt, die vor allem für Wahlbeobachtungen zuständig ist. Durch dieses Amtssitzgesetz signa­lisieren wir diesen Organisationen ganz klar: Rechtssicherheit und auch die notwendige Wertschätzung!

Daher ist es ganz wichtig, dass Österreich in diesem Wettbewerb stark bleibt, wenn es darum geht, internationale Organisationen anzusiedeln – aber nicht nur internationale Organi­sationen im herkömmlichen Sinn, sondern auch NGOs, die zunehmend wichtig werden, wenn es um internationale Arbeit geht. Es ist daher gut und richtig, dass die


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Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm 2020 bis 2024 auch die Förderung des Amtssitzes festgeschrieben hat.

Es geht nicht nur um einen Amtssitz, sondern auch um wichtige Verhandlungen. Wien war Schauplatz einer solchen wichtigen Verhandlung, was den Iran betrifft. Die Nut­zung – hoffentlich Nichtnutzung – von atomaren Waffen stand dabei zur Debatte. Es gab eine Unterbrechung, und hoffentlich können mit der neuen US-Administration diese Verhandlungen zielführend wiederaufgenommen werden.

Daher zusammenfassend und abschließend: Wenn es Wien gelingt, mit Organisationen wie der OSZE einerseits ein Zentrum für Sicherheit, aber andererseits mit dem neuen zweiten Fokus auch ein Zentrum für Energie und Climatediplomacy zu werden, dann ist uns viel gelungen. Wenn Wien als Amtssitz für internationale Organisationen da ist, profitieren davon auch die Bundesländer. Das zeigt diese Amtssitzstudie.

Daher gibt es von unserer Seite ein klares Ja zu diesem Gesetz und ein Danke an die anderen Fraktionen, die dem zustimmen. Wie gesagt, ich habe großes Unverständnis dafür, dass sich die Freiheitliche Partei auch in dieser Frage von jeder Verantwortung abmeldet. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kassegger: Wir werden es eh noch einmal erklären!)

21.57


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.


21.57.53

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben schon gehört, es liegen heute zwei Gesetzesmaterien zur Beschlussfassung auf dem Tisch, die ganz klar internationale Organisationen, NGOs auf internationaler Ebene und das humanitäre Völkerrecht, die humanitäre Hilfe im Fokus haben. Das ist sehr be­grüßenswert und sehr unterstützenswert.

Zum einen ist das eben das Amtssitzgesetz, in dem es explizit um die Förderung und Ansiedlung von internationalen Organisationen geht: das Ansehen von Österreich, auch der Bundeshauptstadt Wien, für internationale Organisationen und vor allem für Tätig­keitsbereiche sozusagen noch einmal in den Fokus zu bringen. Das ist sehr, sehr positiv und unterstützenswert.

Ich möchte aber an dieser Stelle auch erwähnen, dass von österreichischer Seite her natürlich auch noch ein bisschen Luft nach oben ist, was die finanzielle Unterstützung von internationalen Organisationen anbelangt, und ich möchte an dieser Stelle auch erwähnen, dass wir, wenn wir über EZA-Mittel sprechen, noch nicht an dem Ziel sind – nämlich bei den 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens –, das wir uns schon sehr lange gesetzt haben, und das im Übrigen auch Herr Bundeskanzler Kurz, damals Außenminister, schon damals in Aussicht gestellt und versprochen hat: Rauf mit den EZA-Mitteln! – Diesen Appell möchte ich an dieser Stelle auch bringen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Das Zweite ist das Rotkreuzgesetz. Wir haben es gehört, es geht um das Verankern einer nationalen Kommission, die dafür zuständig ist, für die Umsetzung des humani­tären Völkerrechts zu sorgen, aber auch für die Vermittlung und für die Information der österreichischen Bevölkerung. Ich habe es im Ausschuss auch schon gesagt: Mir ist noch nicht gänzlich klar, an wen das gerichtet wird, und es wäre vor allem wichtig, in die Breite zu kommen und so viele Menschen wie möglich damit zu konfrontieren. Wir halten aber auch das für sehr, sehr unterstützenswert und werden auch diesem Gesetzentwurf zustimmen.


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Ich möchte an dieser Stelle aber schon sagen: Die internationale Zusammenarbeit zu forcieren ist uns ungemein wichtig, und das geht im Tagesgeschäft oftmals wirklich unter.

Ich finde, das Bekenntnis reicht nicht, sondern es braucht, Herr Bundesminister, ein ech­tes Engagement, wenn wir daran denken, dass mitten in Europa – mitten in Europa! – tagtäglich Menschenrechtsverletzungen stattfinden, dass Kinder im Schlamm liegen, mittlerweile in der Kälte, dass Pushbacks, illegale Pushbacks, in Europa stattfinden, an der Grenze zwischen Kroatien und Bosnien!

Mit Verlaub: Gelder reichen nicht, vor allem dann nicht, wenn die Gelder nie ankommen. Zelte reichen nicht aus, wenn die Zelte dort nie ankommen. Es ist nichts in Kara Tepe winterfest gemacht. Kinder sind noch immer damit konfrontiert, keinen Zugang zu Bildungseinrichtungen zu haben. Das Recht auf Bildung zählt dort anscheinend nicht. Und, werte Kolleginnen und Kollegen, mit Verlaub, das Einzige, was Sie von den Regie­rungsfraktionen machen, ist, unsere Anträge immer wieder zu vertagen oder abzu­lehnen, und das ist, mit Verlaub, beschämend. Wir haben die humanitäre Verpflichtung, da zu helfen! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Es gibt etliche Initiativen, etliche Gemeinden, die bereitstehen. Wir – einige Kolleginnen und Kollegen – haben heute auch eine Initiative entgegengenommen, nämlich Wir wählen Menschlichkeit: über 4 000 Stimmen, die sich ganz klar dafür aussprechen, Menschen aufzunehmen, Kinder aufzunehmen, Unbegleitete aufzunehmen. – Ich bitte Sie, handeln Sie endlich und lassen Sie endlich Hilfe zu! BürgermeisterInnen, Gemein­den, Zivilgesellschaft, alle stehen bereit. Sie blockieren, und das ist beschämend. Wir werden aber nicht lockerlassen und auch nicht leise werden. – Danke. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

22.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Reimon. – Bitte.


22.01.39

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Herr Außenminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Beim Rotkreuzgesetz geht es jetzt konkret darum, dass in den nächsten drei bis vier Jahren 2 Millionen Euro pro Jahr fürs humanitäre Völker­recht budgetiert werden, ausgegeben werden. Das sehen wir als Grüne im Paket mit der humanitären Offensive, die wir mit dieser Regierung zu setzen versuchen.

Wir haben ja den Katastrophenfonds von ursprünglich 15 Millionen Euro auf jetzt 52,5 Mil­lionen Euro und am Ende der Periode auf 60 Millionen Euro aufstocken können – eine Vervierfachung; das ist humanitäre Hilfe in den Katastrophengegenden. Wir haben über das Umweltministerium und über das Sozial- und Gesundheitsministerium noch einmal zwei Extrafonds aufgesetzt, die in diesen Bereichen humanitäre Hilfe leisten; und das ist jetzt aus unserer Sicht ein weiterer Baustein.

Humanitäres Völkerrecht – und nicht humanitäre Hilfe – betrifft speziell den Einsatz des Roten Kreuzes direkt in Kriegszonen, in denen das Rote Kreuz international völker­rechtlich eine Sonderstellung hat, in Kriegszonen direkt hineingehen kann, durch das Völkerrecht geschützt ist, dort wie keine andere Hilfsorganisation agieren kann. Rotes Kreuz und, speziell im Nahen Osten, Roter Halbmond werden in dieser Funktion ge­stärkt – das ist das, was noch vor der humanitären Hilfe notwendig ist, und dafür geben wir jetzt mehr Geld aus.

Das sind – und dazu bekennen wir uns – 2 Millionen Euro im Jahr, ohne dass wir eine Vorschrift dazu geben, wie das eingesetzt werden muss, weil wir davon ausgehen, dass das Rote Kreuz das kann. Am Ende jedes Jahres gibt es eine Evaluierung (Abg. Kassegger: ... jeden dritten Jahres!), wir schauen natürlich, was gemacht wurde. Da


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wird evaluiert und sollte es damit ein Problem geben, werden wir uns dazu natürlich äußern. Man kann dem Roten Kreuz aber nicht im Vorhinein vorschreiben, in welchem Kriegsgebiet und wie im jeweiligen Kriegsgebiet es dieses Geld einsetzt.

Dass die FPÖ dem Roten Kreuz so wenig Vertrauen entgegenbringt, dass sie bei einer jährlichen Finanzierung mit einer Kontrolle im Nachhinein nicht einmal 2 Millionen Euro hergeben möchte und sich daher dagegen ausspricht, ist wirklich beschämend – welch schlechte Meinung die FPÖ zum Roten Kreuz hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen.  Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

22.04


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Brandstätter, dann folgt eine tatsächliche Berichtigung von Kollegen Kassegger. – Bitte.


22.04.16

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Herr Bundesminister! Wir freuen uns natürlich über das Amtssitzgesetz, es ist großartig. Wien ist eine herrliche Stadt, ich freue mich über alle internationalen Organisationen, über möglichst viele Leute, die hierher­kommen, und ich freue mich vor allem, wenn sich Wien offen und ausländerfreundlich präsentiert, vor allem aber auch gegenüber allen möglichen Gruppen, die in dieser Stadt leben.

Deswegen aber finde ich es so problematisch, was ich in den letzten Wochen und Monaten erlebt habe: Wenn es einen Innenminister gibt, der mit Demonstrationen ein Problem hat, und dann jemanden, den er nicht mag, auf seine Website stellt, dann muss ich sagen, ist das etwas ganz Schreckliches.

Wir haben vor Kurzem ein Videogespräch mit Abgeordneten von Belarus gehabt, und ich sowie auch andere Kolleginnen und Kollegen haben sehr deutlich gesagt, dass wir die Menschenrechtsverletzungen dort nicht akzeptieren. Was sagen die Kollegen dort? – Na, bei euch in Österreich dürft ihr ja nicht einmal demonstrieren gehen! – Das mit Nehammer haben sie Gott sei Dank nicht gewusst. Wenn sie das gewusst hätten, hätten sie uns das auch noch vorgehalten.

Die Art und Weise, wie der Innenminister da agiert hat, ist undenkbar, und nun wird es ja noch schlimmer, jetzt geht der Bundeskanzler auf die Justiz los! Gott sei Dank gibt es noch Franz Fischler. Was hat Franz Fischler gesagt? – Er hat gesagt: Diese Attacken auf die Justiz müssen aufhören; „wehret den Anfängen“. – Und der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck hat überhaupt gleich gesagt: Das Maß ist voll! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, wenn Österreich sich auf diese Art und Weise gegen Journalisten, gegen die freie Justiz und gegen Leute, die auf die Straße gehen, weil sie demonstrieren wollen, präsentiert, dann werden wir uns als Amtssitz lächerlich machen, und dann ist das Positive, was das natürlich darstellt, auf einmal weg.

Der zweite Punkt: Ich möchte zum Rotkreuzgesetz etwas sagen, und das tut mir jetzt wirklich weh, weil ich beim Kurier-Lernhaus sehr, sehr gute Erfahrungen mit dem Roten Kreuz gemacht habe, ich vor allem all die freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schätze, die ich kennengelernt habe, und die Arbeit des Roten Kreuzes schätze.

Nur: So, wie Sie hier Parlamentarismus betreiben, schaden Sie dem Roten Kreuz. Sie können nicht einfach eine leere Seite mit ein paar Punkten vorlegen und dann ganz knapp vor einer Ausschusssitzung sagen: So, das legen wir euch hin und das beschließt jetzt! – Ich vertraue dem Roten Kreuz, dass sie mit den 2 Millionen Euro richtig umgehen, Ihnen aber vertraue ich nicht, dass Sie Parlamentarismus leben. Ich vertraue Ihnen nicht,


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dass wir hier anständige Gesetze beschließen, und deswegen tut es mir wirklich leid, dass Sie dem Roten Kreuz auf diese Art und Weise schaden. (Beifall bei den NEOS.)

22.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Kassegger zu Wort gemeldet. – Bitte.


22.06.52

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Abgeordneter Reimon hat in seiner Rede vorgebracht, dass diese Zuwendungen am Ende eines jeden Jahres evaluiert werden. Das ist nicht richtig.

Ich berichtige tatsächlich: Diese Zuwendungen werden – ich zitiere § 10b Abs. 5 – „nach drei Jahren ab dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes einer Evaluierung“ unterzogen. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

22.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Schallenberg. (Abg. Reimon hebt die Hand.) – Sie können eine persönliche Erwiderung vorbringen – ich denke noch einmal darüber nach.

Zuerst aber gelangt Herr Bundesminister Schallenberg zu Wort. – Bitte.


22.07.42

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Vielleicht kann ich darauf gleich von meiner Warte aus erwidern: Es ist ja so – deswegen auch die Eile –, dass die Finanzmittel fürs Rote Kreuz rück­wirkend kommen, und die Bilanzen müssen bis Jahresmitte vorgelegt werden. Das ist sozusagen das, was jedes Jahr selbstverständlich, wenn Steuermittel eingesetzt wer­den, vom Roten Kreuz in aller Vertrautheit vorgelegt werden wird. Da wird also nicht erst in drei Jahren evaluiert, sondern die Bilanzen werden schon heuer vorliegen.

Nun komme ich zurück: Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Gerade diese Woche wurde das wieder augenscheinlich, was wir auch schon im Ausschuss besprochen haben, nämlich dass das außenpolitische Rad nicht aufhört, sich zu drehen.

Wir haben am Montag im Rat der EU-Außenminister eine sehr intensive Diskussion zu Russland gehabt und uns da wegen der inakzeptablen Umgangsweise mit Alexei Nawalny geeinigt, Sanktionen auf den Weg zu bringen. Wir haben eine sehr klare Linie zum Militärputsch der Junta in Myanmar gefunden – sofortige Freilassung aller politi­schen Gefangenen –, auch da haben wir die Rute von möglichen Sanktionen gegen diese Militärjunta, und man kann es nicht anders bezeichnen, ins Fenster gestellt. Und – was sehr wesentlich war – es gab einen ersten, wirklich sehr interessanten Austausch mit dem neuen amerikanischen Außenminister, Secretary of State Tony Blinken, zum Beispiel über den Iran. Das ist ein Thema, das uns unmittelbar betrifft, und wo Rafael Grossi, der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde hier in Wien, am Wochenende in Teheran ganz wesentliche Verhandlungen geführt hat, die uns zumindest eine Atempause von drei Monaten verschaffen, damit Diplomatie wieder Fuß fassen kann und wir eventuell einen irreparablen Schaden vom Wiener Atomabkommen mit dem Iran abwenden können.

Das ist nur ein Kurzüberblick. Wir haben noch Themen wie Belarus, Horn von Afrika, Hongkong, Sahelzone besprochen, am Rande der Ratstagung natürlich auch das Grenz­management mit den deutschen und den italienischen Kollegen.


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Sie sehen also: Die Welt um uns herum bleibt nicht stehen. Wir dürfen daher, glaube ich, unbedingt auch in dieser Zeit der Pandemiebekämpfung langfristige Perspektiven nicht aus den Augen verlieren. Diese zwei Tagesordnungspunkte, das Gesetz zum Roten Kreuz und das Amtssitzgesetz, sind genau solche langfristigen Perspektiven, um die es uns allen gehen sollte. Einerseits, und das wurde jetzt schon erwähnt, ist das die nach­haltige Absicherung von Österreich als internationalem Amtssitz und als traditionellem Ort des Austausches und des Dialoges – etwas, worauf wir, glaube ich, alle hier in die­sem Haus zu Recht stolz sind.

Andererseits wollen wir die Zusammenarbeit mit dem wesentlichsten Partner der Öster­reichischen Entwicklungszusammenarbeit und der österreichischen Nichtregierungs­organisationsszene auf ganz neue Beine stellen. Ich glaube, behaupten zu können, dass diese beiden Punkte und dieses Ansinnen um eine langfristige Perspektive in diesem Haus – zumindest bis auf die FPÖ – auf einen sehr breiten Konsens stoßen, und ich bin eigentlich sehr erfreut darüber. Wie es auch Abgeordneter Reimon gesagt hat, gliedert sich das in ein breites Bemühen ein. Wir haben den AKF wesentlich aufgestockt, wir haben die humanitäre Hilfe und die EZA aufgestockt und wir werden auch in den anderen Bereichen noch voranschreiten.

Ich kann auch den Abgeordneten Brandstätter beruhigen: Der Ruf Österreichs als inter­nationaler Ort des Dialoges ist tadellos. Wir hatten letztes Jahr die strategischen Gespräche zwischen Russland und den Vereinigten Staaten hier in Wien. Ich hatte vor Kurzem wieder Kontakt mit Robert Malley – das ist der neue Sonderbeauftragte des US-Präsidenten für den Iran –, der gesagt hat: I expect to be in Vienna a lot. – Wir hoffen also, dass es wieder zu Irangesprächen kommen wird, wir bemühen uns darum. Das sind natürlich nicht die einzigen Dialogforen, um die wir uns bemühen. Vergessen wir nicht: Wir sind Sitzstaat von 51 internationalen Organisationen. Wir sind ein Hub für Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wesentliche Zukunftsthemen, wie Energie, Entwicklung und Klimadiplomatie, werden hier besprochen, aber – ich habe es schon im Ausschuss gesagt, und das muss uns ganz klar sein – die Konkurrenz schläft nicht.

Es ist nicht gottgegeben, es ist nicht in Stein gemeißelt, dass wir diesen Amtssitz haben, dass diese 51 Organisationen hier angesiedelt sind. Es geht nämlich nicht nur darum, dass wir uns bemühen, Neues nach Wien zu ziehen, sondern auch darum, das, was derzeit schon da ist, abzusichern, es zu konsolidieren. Die Konkurrenz schläft nicht und sie liegt nicht nur in Europa. Wir hatten direkte, wenn man so will, „Angriffe“ – unter Anführungszeichen – von einigen europäischen Städten, aber wir haben in der Zwischenzeit schon Konkurrenz von Doha, Dubai, Abu Dhabi und anderen Städten, die sehr attraktive Angebote auf den Tisch legen, um internationale Organisationen anzu­ziehen.

Da muss ich auch ganz klar sagen: Warum machen das diese Staaten? Warum gibt es jedes Mal sozusagen auch Neid gegenüber Wien und warum gibt es jedes Mal so einen Kampf und eine Konkurrenz um die Ansiedlung von internationalen Organisationen? – Na, weil es ein Sicherheitsfaktor und ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist. (Zwischenruf des Abg. Stefan.) Abgeordneter Lopatka hat es ja schon erwähnt: Denken wir allein daran – die IHS-Studie hat es kürzlich gezeigt –: 19 000 Arbeitsplätze werden gesichert. Wir haben einen Bruttowertschöpfungseffekt von 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Natürlich entfällt der Löwenanteil auf Wien – und ich muss auch sagen, die Zusammen­arbeit mit der Stadt Wien funktioniert in diesem Punkt gut –, aber auch die Bundesländer profitieren. Dort gibt es einen Bruttowertschöpfungseffekt von 483 Millionen Euro, und die Kostennutzenrechnung geht sich, egal, wie man es dreht und wendet, auf jeden Fall aus, denn die direkten und indirekten Ausgaben für den Amtssitz liegen unter 100 Mil­lionen Euro pro Jahr. (Abg. Stefan: ... Steuer! ... Steuern ...!) Dem gegenüber stehen


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Steuer- und Abgabeneinnahmen von 527 Millionen Euro. Jedes Bemühen, den Amtssitz abzusichern, ist folglich ein Bemühen, das nicht nur unseren Standort, sozusagen un­sere internationale Präsenz am diplomatischen Parkett stärkt, sondern das auch einen wesentlichen Wirtschaftseffekt bedeutet. Ich glaube, jeder hier sollte dem zustimmen. Ich könnte sogar salopp formulieren, dass das Außenministerium mit einem Budget von circa 550 Millionen Euro eigentlich dazu beiträgt (Abg. Stefan: Welche Steuern zahlen denn die?), dass wir ein Dreifaches an Wertschöpfung und an Einnahmen generieren. Ich glaube, that’s well invested money. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Lassen Sie mich noch ganz kurz auf den Initiativantrag zum Rotkreuzgesetz eingehen! Ich glaube, wir alle in diesem Saal wissen, dass wir eigentlich täglich erschreckende Nachrichten aus Krisenhotspots rund um die Welt bekommen – dem Jemen, Äthiopien, Myanmar, der Sahelzone. Das heißt, unser humanitäres Engagement darf nicht enden, darf nicht in einem Lockdown und sozusagen im Schatten der Pandemie verschwinden. Laut UNO-Angaben hat sich die Zahl der von Hungersnot betroffenen Menschen 2020 fast verdoppelt. Die extreme Armut ist zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder auf dem Vormarsch, und wir laufen Gefahr, in den Sustainable Development Goals, also den SDGs, um Jahre zurückzufallen. Sich in dieser Gemengelage zu engagieren und zu ver­suchen, wesentliche Akteure in der humanitären Arbeit in Österreich zu stärken – und das Österreichische Rote Kreuz ist nun einmal die Nummer eins in diesem Zusam­menhang –, ist, glaube ich, sehr sinnvoll.

Das Rote Kreuz ist ein von uns im Außenministerium geschätzter langjähriger Partner in der österreichischen Zusammenarbeit – nicht nur bei der Abwicklung der humanitären Auslandshilfe, sondern bei der Entwicklung des humanitären Völkerrechts. Das ist ganz wesentlich, und darum geht es ja auch in diesem Gesetz. Allein seit 2010 haben wir 13,1 Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds über das Rote Kreuz Österreich abgewickelt. Derzeit laufen 13 Projekte mit dem Roten Kreuz, die von der Austrian Development Agency kofinanziert werden. Die Gesamtsumme beträgt 6,3 Mil­lionen Euro.

Zwei wesentliche Punkte, die vorhin schon kurz angesprochen wurden, sind in dieser Novelle enthalten. Zum einen ist das die Einrichtung dieser Nationalen Kommission. Ich kann Abgeordnetem Kassegger sagen: Die 2 Millionen Euro Basisabgeltung haben gar nichts mit dieser Nationalen Kommission zu tun. Diese Nationale Kommission hat als Zielsetzung die Umsetzung des humanitären Völkerrechts; da kommen die Ressorts, Fachleute, Experten und Nichtregierungsorganisationen zusammen. In den meisten anderen Staaten haben diese Kommissionen eine Rechtsgrundlage, in Österreich gab es die noch nicht. Nun wird diese Kommission rechtlich auf feste Beine gestellt, es wird dazu auch eine internationale Konferenz in Wien geben. Da geht es einerseits um die Absprache der humanitären Hilfsprogramme, die wir machen, aber eben auch um wesentliche Bereiche des humanitären Völkerrechts, wie zum Beispiel unsere Initiativen im Abrüstungsbereich oder beim Verbot besonders gefährlicher Waffen.

Die Basisfinanzierung halte ich für essenziell – und es ist sozusagen eine Anerkenntnis dessen, was das Rote Kreuz hier in der Vergangenheit geleistet hat, was es auch in Zukunft als Partner leisten wird. Sie stellt diese Zusammenarbeit auf stabile und leis­tungsfähige Beine und sichert sie ab. Ich glaube, dass beide Tagesordnungspunkte summa summarum das traditionelle Engagement, das wir in Österreich haben und auf das wir zu Recht immer stolz waren, für die Stärkung des humanitären Rechts, für den Dialog, für Wien als Ort des Dialoges und des Amtssitzes, widerspiegeln. Daher hoffe ich auf breitestmögliche Zustimmung. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

22.17



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 290

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berlakovich. – Bitte.


22.17.18

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Unsere Welt ist leider unruhiger geworden. Die Hamburger Ar­beitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung sagt, dass sich die Zahl der Kriege im Vorjahr um zwei, auf 29 weltweite Konflikte erhöht hat, konkret sind das im Vorjahr der Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Region Bergkarabach und der Krieg in Äthiopien um die Region Tigray. Zehn dieser 29 Kriege sind auf afrikanischem Territorium, neun in  West- und Zentralasien, mit den bekannten in Afghanistan, im Irak und im Jemen. Zusammen zeigt das, dass die Welt eben unruhiger geworden ist. Ver­schärft wird das durch die Coronapandemie, die viele Staaten, die ohnedies schon ein schweres Schicksal haben, große Armut haben, in noch größere Konflikte und soziale Spannungen führt. Der Herr Außenminister hat es erwähnt: Die Armut steigt, der Hunger steigt weltweit, und auch das zeigt, dass die Welt summa summarum unruhiger gewor­den ist.

Das UNHCR sagt, dass es im Jahr 2019 rund 80 Millionen Flüchtlinge gab, wovon 26 Millionen vor Konflikten, Verfolgung und schweren Menschenrechtsverletzungen Schutz suchen und ihre Heimat verlassen. In Ländern, die als einigermaßen stabil galten und es ja auch sind, wie den USA, treten Konflikte hervor, die vielleicht durch Corona, aber jedenfalls durch eine Strömung in der Gesellschaft, die teilweise auch schwer nachzu­vollziehen ist, verstärkt wurden. Wer hätte gedacht, dass das Herz der Demokratie, das Kapitol in Washington, von einer aufgebrachten Bevölkerungsmenge gestürmt wird? Das zeigt, dass es weltweit große Unruhe und Spannungen in der Gesellschaft gibt, und erhöht gleichzeitig die Sehnsucht, dass es Orte gibt, die einigermaßen stabil sind. Orte, an denen die Vereinten Nationen ihren Sitz haben, gelten als solche – zum Beispiel New York, Genf, aber auch Wien.

Wien ist seit 40 Jahren Standort der Vereinten Nationen und ist damit eine wichtige Drehscheibe zwischen Ost und West, Nord und Süd, ein beliebter Begegnungsort. In diesem Licht sehe ich das Amtssitzgesetz, denn ich glaube, dass es gerade in derart unruhigen Zeiten wichtig ist, dass es Orte gibt, an denen man sich friedlich treffen und den Austausch pflegen kann, was letztendlich der ganzen Welt zugutekommt.

Sie haben gehört, dass über 50 internationale Organisationen hier ihren Sitz haben, wichtige Organisationen wie die Internationale Atomenergiebehörde, die vielleicht bei den Bestrebungen, den Atomdeal betreffend den Iran, der ja in Wien geschlossen wurde, sozusagen wiederzubeleben, auch eine Unterstützung sein kann. Zu nennen wären auch Aktivitäten im Bereich der Menschenrechte, der erneuerbaren Energien, teilweise Außenstellen von internationalen Organisationen, die wichtig sind, die zeigen, dass Wien und Österreich ein derartiger Standort sein und als solcher ausgebaut werden soll.

Wir hoffen, dass wir einen Beitrag leisten können, um unsere Welt ein Stück friedlicher und ein Stück lebenswerter zu machen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.20


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Becher. – Bitte.


22.20.44

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist ja kein großes Land, und daher ist dieses Amtssitzgesetz für unser Land sehr, sehr wichtig.

Österreich war unter Bundeskanzler Kreisky auf der Weltbühne sehr präsent und hat als Friedensstifter auch sehr viel geleistet. Von den guten außenpolitischen Beziehungen


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 291

profitiert Österreich noch heute – und das ist doch schon sehr lange her. (Beifall bei der SPÖ.)

Umso mehr freut es mich aber, dass dieses Gesetzesvorhaben Österreich wieder stärker als Drehscheibe der internationalen Politik positionieren soll. Die Ansiedlung inter­nationaler Einrichtungen und internationaler Nichtregierungsorganisationen soll erleich­tert werden, und das geschieht auch durch das Zusammenziehen verstreuter bundes­gesetzlicher Regelungen zu diesem Gesetz und durch eine Stärkung der Rechte von Angehörigen internationaler Organisationen.

Wien ist einer von vier UNO-Hauptsitzen weltweit. Das verpflichtet uns zu einer aktiven Außenpolitik, zu einem aktiven Engagement bei Friedenseinsätzen, zu humanitärem Engagement und einer engagierten Entwicklungszusammenarbeit. Es geht um die Zukunft unserer Welt, zum Beispiel beim Abkommen betreffend das Atomprogramm im Iran. Beispielsweise werden auch Konferenzen zum Klimaschutz entscheidend dafür sein, wie bewohnbar unsere Welt in 100 Jahren, in 200 Jahren sein wird, ob Menschen noch überall eine Lebensgrundlage finden oder ob sie flüchten werden müssen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass das Thema Klimaschutz in Wien nicht nur Theorie ist, zeigt auch die UNO-City als Gebäude, denn seit letzter Woche wird die Abwärme der Klimaanlagen für das Beheizen der umliegenden Wohnungen in der Donaucity genützt. Dafür hat die Stadt Wien 400 Millionen Euro investiert. 2 400 Wohnungen können durch diese Initiative klima­schonend beheizt werden. Das ist ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz in der UNO-City. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

22.23


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Engelberg. – Bitte.


22.23.31

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Ich finde es schon bemerkenswert, wie man zwei wichtige Gesetze, weitreichende, für Österreich bedeutungsvolle, auch international bedeutungsvolle Gesetze – ich kann es nicht anders sagen – für alle möglichen Themen missbraucht. Da wird über Flüchtlinge gesprochen, über die Justiz, über den Klimaschutz. Mir ist beim Heruntergehen diese Frage aus der „Tante Jolesch“ – für die, die literaturbeflissen sind – eingefallen: Wie viel kann man ein Kind missbrauchen?

Es ist mir aber trotzdem wichtig, auf einen Punkt einzugehen, weil ich auch im Ausschuss diese Diskussion mit Kollegin Kucharowits hatte: Die Frage ist: Woher nehmen Sie diese moralische Oberhoheit darüber, zu entscheiden, was die richtige Hilfe für die Flüchtlinge ist?

Ich habe Ihnen im Ausschuss gesagt: Niemanden lassen die Situation und die Schick­sale der Menschen kalt. (Abg. Brandstätter: ... sind verzweifelt! Hallo! Dort sind ver­zweifelte Menschen ...!) Das heißt, wir sind alle davon betroffen und wir alle überlegen uns, was der richtige Weg ist. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich wiederhole auch hier, was ich im Ausschuss gesagt habe: Österreich hat in den letzten Jahren sehr viel geleistet. Österreich hat im Jahr 2020 3 Millionen Euro an Hilfe aus dem Auslandskatastrophenfonds geleistet, die über den UNHCR abgewickelt wurden. 2 Millionen Euro an Hilfe hat das Innenministerium an die Internationale Organisation für Migration zur Etablierung medizinischer Teams geleistet. Es ist eine Tagesbetreuungsstätte für Kinder auf Lesbos in Kooperation mit SOS-Kinderdorf in Planung. Es sollen 500 Kinder aus Kara Tepe betreut werden.


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Österreich hat in den letzten fünf Jahren verglichen mit dem EU-Durchschnitt mehr als doppelt so viele Flüchtlinge aufgenommen. Seit 2015 wurden nicht 10 000 oder 100 000 Menschen aufgenommen – nein! –, sondern 124 000 Menschen haben in Öster­reich einen Schutzstatus bekommen, davon sind 56 000 Minderjährige und 26 000 Frauen. Ich denke, wir müssen uns nicht darüber belehren lassen, was angesichts dieser tat­sächlich katastrophalen Situation der Flüchtlinge das moralisch Richtige ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Mir bleibt mit Blick auf die Redezeit nur noch zu sagen: Es gibt dem, was der Außen­minister zum Rotkreuzgesetz gesagt hat, nicht mehr viel hinzuzufügen. Ich denke, wenn man die Tragweite und die Wichtigkeit der internationalen Rotkreuzorganisation nicht erkennt – vor allem auch bei der Einhaltung des humanitären Völkerrechts, der Stärkung des humanitären Völkerrechts, was ein so zentrales Anliegen und eine so zentrale Priorität der österreichischen Außenpolitik ist – und das sozusagen nicht über tages­politische Plänkeleien stellt, ist das traurig. Wir werden zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Kucharowits.)

22.27


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Reimon. – Bitte.


22.27.32

Abgeordneter Michel Reimon, MBA (Grüne): Herr Präsident! Die falsche tatsächliche Berichtigung von Kollegen Kassegger kann man leider so nicht stehen lassen. Er hat gesagt, dass er gelesen hat, in Absatz 5 steht, nach drei Jahren wird das evaluiert. – Da muss ich tatsächlich berichtigen, dass er nicht lesen kann. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist so – lesen Sie es, Sie haben es ja vor sich liegen! –, in Absatz 3 steht: Es wird jedes Jahr evaluiert, was ausgegeben wird. Bis zum 31. Mai muss das abgegeben werden, und wenn diese Evaluierung nicht passt, wird Geld auch gestrichen und nicht weiterüberwiesen – jedes Jahr! Lesen Sie Absatz 3 und Absatz 4! In Absatz 5 steht dann, nach drei Jahren wird das Gesamte evaluiert, ob man das Gesamte langfristig weitertragen will. Ob das Geld aber vom Roten Kreuz sinnvoll eingesetzt wird, wird jedes Jahr überprüft und angeschaut, muss vom Roten Kreuz jedes Jahr belegt werden. Ver­trauen Sie doch bitte dem Roten Kreuz, sodass es in der Kriegsregion vorweg für 2 Millionen Euro, für 500 000 Euro im Quartal, agieren kann! Was Sie da tun, ist, dem Roten Kreuz Misstrauen auszusprechen, und das sollte so nicht sein. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wenn ich schon einmal heraußen bin, muss ich zu Kollegen Brandstätter auch etwas sagen: Es stimmt, wir haben bei diesem Gesetz sehr aufs Tempo gedrückt, um noch eine Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses hinzukriegen. Warum? – Weil jedes Quartal überwiesen wird, und wir haben es so hingekriegt, dass das Rote Kreuz im März fürs erste Quartal noch Geld für diese internationale humanitäre Arbeit bekommt. Des­wegen haben wir uns beeilt. (Abg. Brandstätter: Das ist Ihnen nicht vor drei Monaten eingefallen?) – Nein, das ist uns jetzt eingefallen. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

22.29


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Also tatsächlich hätte ich die tatsächliche Be­richtigung zulassen müssen. Wir werden in der Präsidiale noch einmal besprechen, wie wir mit solchen Dingen umgehen. Das war ja offenbar wirklich richtig, was hier gemacht wurde. (Zwischenrufe der Abgeordneten Stögmüller und Reimon.– Herr Kollege Reimon, Sie sind nach meiner derzeitigen Einschätzung der Situation auf der richtigen Seite. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Ich hätte Ihnen gleich zu


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einer tatsächlichen Berichtigung das Wort erteilen sollen. (Abg. Reimon: Ich hätte als Wortmeldung ...?) – Das war eh eine Wortmeldung. Ich hätte es gleich als tatsächliche Berichtigung bezogen auf die Berichtigung des Kollegen Kassegger zulassen sollen, nur gibt das die Geschäftsordnung in dieser Form nicht her. (Abg. Reimon: Na, dann passt’s eh!) – Ja.

Abgeordneter Graf gelangt als Nächster zu Wort. – Bitte.


22.30.04

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Vielleicht ein paar Worte zu Kollegen Lopatka in dieser Angelegenheit, weil er sich ganz entsetzt zeigt, dass wir dem Amtssitzabkommen nicht zustimmen können: Wir haben ein Verlangen auf getrennte Abstimmung eingebracht, und dem, was an sich zu einem Amtssitzabkommen gehört, werden wir in der zweiten Lesung auch zustimmen.

Wenn Sie dann überschießend Dinge in ein Gesetz – und ich werde Ihnen jetzt erzählen, was da noch alles für Unglaublichkeiten mitverpackt sind – hineinpacken, muss es – mit Verlaub – schon noch möglich sein, dass wir die nicht mittragen.

Abgesehen davon freue ich mich immer, wenn neu kodifiziert wird – wenn etwas in verschiedenen Materien vorhanden ist, und man dann neu kodifiziert, damit es klarer wird. Das sollte man auch zum Anlass nehmen, klarere Gesetzesbegriffe einzuführen – das ist auch nicht passiert, sage ich an diesem Punkt – und vielleicht auch Systematiken hineinzupacken.

Dass Sie eine Koordinationsstelle zwecks Ansiedlungsbemühungen von Konferenzen und Ähnlichem mehr, die wieder Geld kosten wird, zwischen Ihnen als Außenminister, dem Finanzminister und der Wirtschaftsministerin einrichten, und – damit der partei­politische Proporz in der Regierung funktioniert – auch noch der Herr Vizekanzler genannt ist – also schön aufgeteilt, drei zu eins Ministerien –, ist eine zweite Geschichte.

Ich habe mir gedacht, Sie sind der prädestinierte Koordinator der Außenpolitik. Wozu brauchen wir schon wieder eine zusätzliche Koordinierungsstelle, die natürlich wieder zusätzliche Verwaltung verursachen und Posten schaffen wird, wobei sich natürlich Grün und Schwarz das wieder im Proporz aufteilen? Wozu brauchen wir das? Wir haben höchstes Vertrauen in Sie. Sie regeln das alleine, da haben wir keine Sorge. Kreisky hat auch keine Koordinierungsstelle gebraucht, um die UNO hier anzusiedeln; jetzt brauchen wir eine Koordinierungsstelle, wenn wir vielleicht eine Konferenz machen. Das wird man alles sehen.

Es geht aber weiter: Sie haben ja nicht nur die Amtssitze der internationalen Organi­sationen geregelt, sondern auch die NGOs geregelt. Dabei haben Sie Privilegien aus­geschüttet – Privilegien in Zeiten, in denen der Österreicher sparen muss und wir eigent­lich Geld brauchen. Es gibt nicht nur finanzielle Privilegien, sondern es wurden auch rechtliche und Beschäftigungsmaßnahmen verpackt. Sie haben zum Beispiel von den NGOs und den Quasi-Internationalen-Organisationen gesprochen. Ich habe gehofft, dass dieser untechnische, nicht juristische Begriff einer Quasi-Internationalen-Organi­sation einmal definiert wird. Nein, das wird weitergeschrieben. Damit sind wir einfach nicht einverstanden.

Und in Zukunft – das ist ja neu, das kommt ja dazu, das attraktiviert natürlich – dürfen sich jetzt die Arbeitnehmer dieser internationalen Organisationen, aber auch der NGOs, am Arbeitsmarkt auch um Arbeit bemühen, aber nicht nur die, sondern auch noch alle Familienangehörigen dazu. Das ist neu, und das tragen wir einfach nicht mit. Das ist auch in der Schweiz nicht so geregelt, das ist auch in den USA in New York nicht so


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geregelt. Wir wollen da beim internationalen Standard bleiben. Es gibt noch vieles dazu zu sagen, denn das ist nicht okay und nicht in Ordnung.

Dann gibt es natürlich finanzielle Dinge. Ich habe gedacht, dabei wird man vielleicht die Handschrift der Grünen erkennen. Dass man die internationalen Organisationen von allen Steuern und Abgaben inklusive Einkommensteuer der Mitarbeiter befreit, auch Grunderwerbsteuer und, und, und, und dass sie ihr Gold und Geld – das steht aus­drücklich im Gesetz – ohne jegliche Kontrolle international transferieren können, wie sie wollen, ist ganz einfach nicht mehr zeitgemäß, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich dann solche Privilegien lese – auch für einen neuen Typus –, die da stehen, soll das der österreichische Steuerzahler wissen. Sie sind von Gebühren von Bestand­verträgen befreit – das ist in Ordnung, aber jetzt kommt es –, von der Normver­brauchs­abgabe für Dieselkraftfahrzeuge und auch von der motorbezogenen Versicherungs­steuer. Geht es noch, liebe Grüne? Haben Sie das hineinreklamiert, dass die mit den Dieselstinkern und SUVs in Zukunft auch noch steuerfrei bei uns weiterfahren dürfen, aber dem Österreicher die motorbezogene Versicherungssteuer und alles erhöht wird? Das haben Sie offensichtlich hineinreklamiert. Wir wollen das nicht! Wenn die hier eh schon einkommensteuerfrei unterwegs sind und keine Abgaben und nichts zahlen, dann sollen sie wenigstens ein umweltverträgliches Auto fahren oder diese CO2-Steuern zahlen, wie jeder Österreicher auch. Nichts anderes verlangen wir in diesem Bereich. Es werden auch die Angehörigen von vielen Dingen befreit. Die Kommunalsteuer wird auch nicht bezahlt.

Ich rede nicht von den internationalen Organisationen, ich rede von den quasi Nicht­regierungsorganisationen, die angesiedelt werden. Jetzt schauen wir einmal, die gab es ja bis jetzt auch. Derzeit gibt es neun – Herr Bundesminister, berichtigen Sie mich – solche Quasi-Internationalen-Organisationen. Wissen Sie, was man da findet? – Ein paar ganz hübsche und nette: Ban-Ki-moon-Zentrum, von Fischer gegründet, damit die Roten auch ein bisschen etwas haben, das ist doch klar; Frauen ohne Grenzen – ganz wichtig, das verstehe ich auch. Dann steht da: Multilateraler Dialog KAS. Dann schaut man – das ist die Konrad-Adenauer-Stiftung, die weltweit 660 Leute beschäftigt. Eine politische Akademie der CDU aus Deutschland zahlt bei uns keine Steuern, darf mit dicken SUVs herumfahren, hat Privilegien in rechtlicher und finanzieller Hinsicht und vieles anderes mehr.

Damit die Roten auch bedient werden, ist dann noch das FES-Regionalbüro für Zusam­menarbeit und Frieden in Europa dabei, das ist die Friedrich-Ebert-Stiftung, die rote Parteiakademie aus Deutschland, die hier keine Steuern zu zahlen braucht. Tolle inter­nationale Organisationen sind das! (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Ist das noch zeitgemäß?

Mit Verlaub, Herr Kollege Lopatka, das tragen wir einfach nicht mit! Sie machen mit die­sen Beispielen für die Zukunft eine Türe auf, bei der man nicht weiß, wo das aufhört, wer noch aller von Steuern befreit wird, während der Österreicher belastet wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Und bei den Auswirkungen schreibt dann der Herr Bundesminister hinein: Aus den ge­genständlichen Maßnahmen dieser Gesetzesvorlage „ergeben sich daher keine unmit­telbaren finanziellen Auswirkungen auf den Bund, die Länder, die Gemeinden oder die Sozialversicherungsträger.“ Na, danke schön! Das kann es ja auch nicht sein! Die zahlen ja auch nichts in die Kassen ein, aber es kostet am Ende auch Geld, Herr Bundes­minister, wenn sie auch etwas bringen. Wir reden nicht von den internationalen Organi­sationen, der UNO, Unido und ähnlichen, wir reden von NGOs, die dann in Zukunft auch


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privilegiert werden sollen. Das tragen wir nicht mit, und daher wollen wir getrennte Abstimmung. (Beifall bei der FPÖ.)

22.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Kucharowits ist zu Wort ge­mel­det. – Bitte.


22.38.15

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Ich möchte einige Worte an Kollegen Engelberg richten. Nummer eins: Herr Kollege, es gilt hier am Pult die freie Rede, und daran werden Sie auch nichts ändern! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Nummer zwei: Sie werfen uns moralische Überheblichkeit vor und bezeichnen unsere Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Europa als Geplänkel? Ist das Ihr Ernst? Als Geplänkel? Das ist unerhört! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.) Es geht um Menschenrechtsverletzungen, die hier in Europa stattfinden.

Wir hatten zwei Tagesordnungspunkte, bei denen es um internationale Organisationen, um internationale NGOs, um das humanitäre Völkerrecht und um humanitäre Hilfe ging. Das gilt es hier ganz klar anzusprechen und zum Thema zu machen, auch wenn Ihnen das nicht passt.

Sie können noch öfter alle Zahlen, alle Investitionen, die die Bundesregierung getätigt hat, hier vom Pult aus nennen. Das Problem ist nur – noch einmal –: Diese Hilfen kom­men nicht an. (Abg. Pfurtscheller: Das stimmt ja nicht!) Das ist nicht etwas, was wir hier frei erfinden: Den Kindern, den Menschen vor Ort ist mit diesen Hilfen nicht geholfen.

Noch einmal unser Appell: Bitte bewegen Sie sich! Nehmen Sie auch die Appelle in den eigenen Reihen wahr und lassen Sie endlich helfen! Holen wir die Menschen dort heraus! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

22.39


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist noch Abgeordneter Engelberg. Es wird noch eine lebendige Debatte. – Bitte sehr.


22.40.01

Abgeordneter Mag. Martin Engelberg (ÖVP): Auch zu später Stunde kann man Dinge nicht hier im Raum stehen lassen. Vielen Dank für den Begriff „moralische Über­heblich­keit“ – ich habe ihn gar nicht verwendet, das ist ein guter Begriff –, ja, die werfe ich Ihnen vor. (Beifall bei der ÖVP.  Zwischenruf des Abg. Leichtfried. – Abg. Krainer: Mora­lische Überheblichkeit ...!)

Mein Begriff des Geplänkels bezog sich auf einen vollkommenen Missbrauch einer Dis­kussion über zwei Gesetze für eine Justizdiskussion und – was war das andere? – für eine Klimaschutzdiskussion. (Zwischenrufe der Abgeordneten Kucharowits und Brandstätter.) Selbstverständlich ist es jedem Abgeordneten unbenommen, über das zu reden, was er will, außer die Geschäftsordnung sieht vor, dass der Präsident zur Ordnung und zur Sache ruft. (Abg. Brandstätter: Zur Sache!) Das ist wunderbar. (Abg. Brandstätter: Zur Sache!) – Auch das ständige Unterbrechen und das laute Schreien macht es nicht besser, Kollege Brandstätter, auch die Emotionalität macht es nicht besser. Ich denke, wir sollten die Sache ernst nehmen. (Abg. Brandstätter: Der Bundeskanzler stört die Justiz, das ist schlecht fürs Land! Der Bundeskanzler stört die Justiz, und das ist schlecht für das Ansehen unseres Landes!) – Herr Kollege Brandstätter, wollen Sie sich zu Wort melden? Dann tun Sie das, aber lassen Sie mich doch in Ruhe reden! (Weiterer Zwi­schenruf des Abg. Brandstätter.)


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 296

Ich denke, wir sollten diese Sache ernst nehmen (Zwischenrufe bei der SPÖ), ohne zu versuchen, einander ständig mit einer moralischen Überheblichkeit durch den Dreck zu ziehen. Wenn wir die Sache ernst nehmen, dann können wir gemeinsam über die besten Lösungen nachdenken und diese auch finden – nicht über diesen Weg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.41

22.41.48


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine Wortmeldung dazu? (Abg. Leichtfried: Das war nach dem Bundeskanzler die schlechteste Wortmeldung!) – Herr Klubobmann, du kannst ihn auch noch von heraußen abgeben, wenn du einen wesent­lichen Beitrag zur Diskussion zu den beiden Gesetzen hättest.

Da das nicht der Fall ist, ist die Debatte geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? Herr Abgeordneter Lopatka? – Nein.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, frage ich, ob die Klubs noch Zeit brauchen. SPÖ? – Nein. (Abg. Leichtfried: Wir sind bereit!) Grüne? – FPÖ? – Okay. ÖVP? (Zwischenruf des Abg. Krainer.) – Nein. Dann darf ich zu den Abstimmungen kommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 35: Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz zur Stärkung Österreichs als internationaler Amtssitz- und Konferenzstandort erlassen wird und das Ausländerbeschäftigungs­ge­setz, das Fremdenpolizeigesetz, das Internationale Steuervergütungsgesetz sowie wei­tere Gesetze geändert werden, in 665 der Beilagen.

Dazu liegt ein Verlangen des Abgeordneten Graf, Kolleginnen und Kollegen auf ge­trennte Abstimmung vor.

Ich gehe daher so vor, dass ich zuerst über die vom erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimm­ten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lasse.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über Artikel 1 §§ 1 bis 14 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist mehrstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit dem gleichen Stimmverhalten angenommen. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 36 betreffend ein Rotkreuzgesetz samt Titel und Eingang in 666 der Beilagen.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 297

Wer das auch in dritter Lesung tut, den bitte ich um ein Zeichen. – In dritter Lesung gibt es ebenfalls das gleiche Stimmverhalten, damit ist der Gesetzentwurf in dritter Lesung angenommen.

22.44.1037. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1116/A(E) der Abgeordneten Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Dr. Gudrun Kugler, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Verbot von autonomen Waffensystemen ohne menschliche Kon­trolle („Killer-Robotern“) (531 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zum 37. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Kugler. – Bitte.


22.44.40

Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Passend zur Diskussion, die wir gerade hatten: Die große Polittheoretikerin Hannah Arendt definiert Politik als „Zusammen- und Miteinander-Sein der Verschiedenen“ zum Wohle der Gesellschaft.

Ich frage mich aufgrund der Diskussion, die wir gerade hatten, aber auch noch weit darüber hinaus, ob wir in diesem Haus einander auch wirklich zuhören und – ich bin auch selbstkritisch – ob wir die Ideen und die Anliegen der Verschiedenen ernst nehmen, ob wir nur Fehler beim anderen suchen oder vielleicht gemeinsam nach Lösungen suchen, ob es um Krisenbekämpfung geht oder ob wir einfach einander bekämpfen. Ich habe das Gefühl, dass wir in den Dialogen der letzten Wochen immer mehr Mitte, Maß und Balance verlieren. Karlheinz Böhm ist bekannt für ein Zitat, das man auch in sehr vielen Lebensratgebern lesen kann: Man kann nie den andern ändern, immer nur sich selbst. – Zitatende.

Das bringt mich jetzt zum Menschenrechtsausschuss, denn wir versuchen dort, mit­einander zu arbeiten. Ich freue mich, dass wir heute zwei Tagesordnungspunkte haben, die einstimmig verabschiedet werden, und dass wir auch in der kommenden Sitzung des Menschenrechtsausschusses zwei Anträge einbringen, die Allparteienanträge sind. Ich glaube, dass das wichtig ist und auch die Wichtigkeit der Anliegen unterstreicht. Dafür möchte ich dir, Herr Minister, für die Zusammenarbeit im Menschenrechtsauschuss Außenpolitik danken, aber auch den Sprecherinnen und Sprechern der anderen Fraktionen zum Thema Menschenrechte. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Hamann und Stögmüller.)

Politik ist das Zusammensein und das Miteinandersein von Verschiedenen. Wir haben im Menschenrechtsausschuss also zuerst einen Antrag, der auf ein völkerrechtliches Verbot von automatischen Waffensystemen abzielt. Man stelle sich ein Kind vor, das auf der Straße spielt, von einem Killerroboter nicht erkannt und vernichtet wird, oder einen verwundeten Soldaten, dem man nicht ansieht, dass er sich eigentlich mit einer weißen Fahne ergeben möchte, der vom Killerroboter getötet wird. Unser Regierungsprogramm bekennt sich zu einer aktiven Friedenspolitik, nur der Mensch hat ein Gewissen, das Gewissen kann von einem Killerroboter nicht ersetzt werden.

Der zweite Antrag aus dem Menschenrechtsausschuss, den wir heute behandeln, betrifft die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten, die Sicherheit von Medien­schaf­fenden in der Welt. Wir werden beim nächsten Tagesordnungspunkt mehr dazu hören. Da gibt es weit entfernte Länder wie die Türkei, Saudi Arabien, Syrien –, in denen es


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die Journalistinnen und Journalisten sehr schwer haben, aber es gibt solche Länder auch in unserer Nähe. Wir haben in den letzten Tagen in den Medien wieder gelesen, was in den Fällen in Serbien, aber auch in Malta herausgekommen ist, wir haben auch beob­achtet, wie es der Slowakei nach dem Journalistenmord gegangen ist, und es gibt viele andere Beispiele (Abg. Brandstätter: Ungarn?) für den nächsten Tagesordnungspunkt, Herr Brandstätter.

Politik als Zusammensein und Miteinandersein der Verschiedenen: In seiner Neujahrs­ansprache hat Bundespräsident Van der Bellen gesagt: Wie wäre es, den Trend zu beenden, andere Meinungen erbittert zu bekämpfen? Wie wäre es, wenn wir Frieden schließen würden mit der Erkenntnis, dass wir nur durch Gegensätze wachsen und lernen können und dass unsere Gesellschaft durch gegenseitigen Respekt stärker wird? – Zitatende.

Der Menschenrechtsausschuss möchte dafür Vorbild sein. Ich hoffe, wir bleiben damit nicht allein. (Beifall bei der ÖVP.)

22.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Laimer. – Bitte.


22.49.21

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Künstliche Intelligenz ist längst in der Gesellschaft angekommen und insbesondere im militärischen Bereich unter enormen Entwicklungskosten sehr weit fortgeschritten. Prä­zise militärische Systeme wie Kampfdrohnen werden bereits gezielt in kriegerischen Auseinandersetzungen eingesetzt.

Als jüngstes Beispiel sei der Konflikt in Bergkarabach zwischen Armenien und Aser­baidschan angeführt. Da hat künstliche Intelligenz wie nie zuvor den Ausgang der militärischen Auseinandersetzung klar entschieden.

Es ist zu beobachten, dass viele Armeen ihre Programme zum Aufbau autonomer Waffensysteme forcieren und militärisch zunehmend auf die sogenannte Integration von Robotic Combatsystems setzen. Es handelt sich um eine Entwicklung, die zukünftige Auseinandersetzungen bestimmen und auch prägen kann. Die Vereinten Nationen müssen daher für ein völkerrechtliches Verbot vollautonomer Waffensysteme eintreten. Die Entscheidung über Leben und Tod eines Menschen darf unter keinen Umständen an Algorithmen delegiert werden. Daher sollten derartige autonome automatisierte Waffensysteme auch im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds nicht förder­fähig sein. Österreich hat schon 2018 gemeinsam mit Chile und Brasilien die Sicher­stellung menschlicher Kontrolle in kritischen Funktionen von autonomen Waffensys­temen angesprochen und sich dezidiert gegen Killerroboter ausgesprochen.

Bei dieser Gelegenheit müssen wir aber auch konventionelle Waffenlieferungen deut­licher ansprechen. Ich nenne hier nur das Beispiel Libyen, wo ein Stellvertreterkrieg zwischen Söldnerarmeen, zwischen Russland und der Türkei, tobt.

Meine Damen und Herren, ein Waffensystem das dazu bestimmt ist, ohne menschliche Kontrolle Ziele selbstständig auszuwählen und anzugreifen, ist nicht nur abzulehnen, ein solches System ist zu verbieten. (Beifall bei der SPÖ.)

Dies gerade auch vor dem Hintergrund, dass derartige Waffensysteme auch im Inland gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden könnten. Ohne menschliche Kontrolle und die Möglichkeit, in jedem Stadium des Einsatzes wirksam einzugreifen, werden Kriege der Zukunft zu Computerspielen mit realer Vernichtung unvorstellbaren Aus­maßes. In Österreich als friedliebendem Land soll die Entwicklung, Herstellung, Beschaffung,


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Vermittlung und der Verkauf, die Ein-, Aus- und Durchfuhr sowie der Besitz vollauto­nomer Waffen- und Waffensysteme verboten sein.

Künstliche Intelligenz ist weder gut noch böse. Sie muss zum Vorteil der Menschen eingesetzt werden. Künstliche Intelligenz kann und darf Rechtsstaat und Demokratie unterstützen. Richtig eingesetzt kann sie sogar Frieden sichern und Abrüstung beschleu­nigen. Falsch eingesetzt, brutal eingesetzt kann die fortschreitende künstliche Intelligenz allerdings die Welt auch in den Abgrund führen. Da liegt die hohe Verantwortung von Politik und insbesondere von Demokratien. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.53


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Ernst-Dziedzic. – Bitte.


22.53.08

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen zu später Stunde! Ich freue mich, dass wir uns bei diesem Antrag so einig sind, dass ich mich kurzfassen kann. Nicht einmal die Pandemie hat zu einer Entschärfung der weltweit zahlreichen bewaffneten Konflikte geführt. Im Gegenteil: Wir haben heute schon von den aktuellen Entwicklungen im Jemen, in Äthiopien, in Libyen und Myanmar gehört – um nur einige zu nennen –, und die sind sehr besorgniserregend. Wir wissen, dass die Pandemie eigentlich zu einer Verschärfung dieser Konflikte führt und somit natürlich auch zu einem vermehrten Waffengebrauch.

Sowohl der UN-Generalsekretär Guterres als auch unser Bundespräsident Alexander Van der Bellen haben erst kürzlich dazu aufgerufen, dass es während der Pandemie überhaupt zu einer globalen Waffenruhe kommt. Das können wir natürlich nur gut finden, es braucht aber zahlreiche Maßnahmen, was die Friedenssicherung anbelangt, bis wir vielleicht irgendwann einmal dorthin kommen. Und ja, da braucht es auch neue Instrumente, weil wir aktuell mit ganz anderen Waffen wie eben vollautomatisierten Waffensystemen konfrontiert sind und diese sich immer mehr unserer Kontrolle entziehen.

Das heißt, es geht im weitesten Sinne um Abrüstung, Friedenssicherung, Exportkon­trollen, um einen Stopp der Waffenverkäufe in Kriegsgebiete, aber auch darum – und darauf zielt eben dieser Antrag ab –, das Bewusstsein für die Problematik zu stärken, sich dafür einzusetzen, diese autonomen Waffensysteme, die insbesondere Zielauswahl und Angriffe ohne menschliche Kontrolle durchführen können, wie wir heute schon gehört haben, im Rahmen des Europäischen Verteidigungsfonds nicht zu fördern bezie­hungsweise dem Ganzen eine klare Absage aus Österreich zu erteilen, und sich auf europäischer wie internationaler Ebene für die Stärkung von Initiativen einzusetzen, die wirksam Problemen begegnen, die durch künstliche Intelligenz für die Menschenrechte, für die Rechtsstaatlichkeit und für die Demokratie entstehen.

Österreich ist da international Vorreiter, was die Abrüstung und die Stärkung der Initiativen anbelangt, denen es um das humanitäre Völkerrecht geht. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, einen so breit unterstützten Antrag im Menschenrechts­aus­schuss einzubringen, in dem es um die neuen Herausforderungen im Bereich der künstlichen Intelligenz geht. In diesem Sinne danke ich für Ihre Zustimmung. Ich freue mich, dass wir uns da einig sind. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.56


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hintner. – Bitte.



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 300

22.56.13

Abgeordneter Hans Stefan Hintner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Klaudia! Lieber Alexander! Hohes Haus! Heute in der Früh habe ich unter news.orf.at gelesen: „bizarrer Eintrag auf der Agenda“ des Hohen Hauses. Ein Journalist hat nämlich gemeint, dieser bizarre Eintrag auf der Agenda wäre das Verbot von autonomen Waffen­systemen. Abgesehen davon, dass es eine journalistische Unart ist, in Nachrichten seinen persönlichen Kommentar und seine Wertung zu verpacken – das können sich vielleicht Tendenzblätter oder Parteizeitungen leisten –, denke ich, dass diese Initiative seitens des österreichischen Parlaments durchaus kein bizarrer Eintrag auf irgendeiner Agenda ist.

Es geht um das Verbot und die Ächtung von Waffensystemen ohne menschliche Kon­trolle. Es geht darum, ein europäisches, ein internationales Bewusstsein dafür zu schaf­fen. Dafür möchte ich mich auch persönlich bei unserem Außenminister recht herzlich bedanken, der von Wien aus immer wieder solche Initiativen setzt. Es geht darum, diese Verbote im Völkerrecht zu verankern und sie als Kriegsverbrechen klagbar zu machen. Die Geschichte hat gezeigt, irgendwann schlägt jedem die Stunde, in der er sich dann als Kriegsverbrecher zu verantworten hat. Es geht um Verbote, es geht um Kontrolle und es geht um die Sanktionen in diesen Gesetzen.

Ich weiß schon, es werden einige sagen, dass die Supermächte und andere Waffen­produzenten sagen werden: Das ist ja lächerlich! Was soll denn das kleine Österreich da schon beschließen? Das kann man ja nicht ernst nehmen, wir setzen weiter auf unsere Technologien. – Ich denke aber, dass es gut ist, dass Österreich, das neutrale Österreich, das friedensschaffende Österreich das zum Thema macht. Wir können da im Hohen Haus ein deutliches Zeichen setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ord­neten der Grünen.)

22.58


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.


22.58.28

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Ja, wie gefährlich künstliche Intelligenz ist, haben wir, so habe ich den Ein­druck, auch heute wieder den ganzen Tag über hier im Plenum feststellen können, man hat das an so manchem Redenroboter und Abstimmungsroboter gesehen. Dinge wer­den einfach nicht mehr hinterfragt, und das ist auch der springende Punkt, wenn wir heute diese Diskussion über autonome Waffensysteme führen. Ich bin froh darüber, dass wir darüber diskutieren und dass wir auch einer Meinung sind, dass diese Systeme in keinem Einsatzbereich etwas verloren haben. Ich verstehe aber zum Beispiel Frau Kollegin Kugler nicht, die hier gesagt hat, es sollen keine Kinder, keine verwundeten Soldaten und keine Journalisten von den Robotern erschossen werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte diese Roboter überhaupt nirgendwo im Einsatz haben. Ich denke auch, es ist einmal ein erster Schritt, dass wir uns dagegen aussprechen. Faktisch ist es aber auch so, dass natürlich die Supermächte diese Entwicklungen in der Hand haben und wir hier jedenfalls einmal ein Zeichen setzen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Trotzdem sehe ich eine gewisse Doppelmoral. Warum? – Wir reden jetzt über autonome Systeme und ein bisschen auch über auto­matische Systeme, aber die automatischen Systeme, sprich Lenkraketen, Minen et cetera, und auch Drohneneinsätze, die tagtäglich geflogen werden, gehören bereits jetzt zum täglichen Ablauf in der militärischen Auseinandersetzung, und von denen hört man eigentlich nur sehr wenig. Jetzt wird dieser Terminatorantrag gestellt, aber faktisch müsste


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 301

man schon tagtäglich über diese automatisierten Waffen sprechen, mit denen durch irgendwelche Militärverwaltungen täglich Leute ohne gerichtliche Verfahren oder Sons­tiges hingerichtet werden. Da würde ich mir also mehr Einsatz erwarten, auch im außen­politischen Bereich, Herr Minister, denn eines fällt schon auf: Befreundete Nationen wie zum Beispiel die Vereinigten Staaten werden von Österreich nie dafür in die Ziehung genommen, dass es ständig Drohneneinsätze zum Beispiel im Nahen Osten gibt und es eigentlich zum täglichen Bild gehört, dass dabei auch immer wieder Zivilisten ums Leben kommen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Zuletzt die Situation in Aserbaidschan, Bergkarabach: Auch da sind Drohnen eingesetzt worden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hörl), auch da habe ich leider Gottes noch keine kritische Stimme gehört. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir unter­stützen diesen Antrag natürlich. Ich würde mir aber trotzdem – das möchte ich noch einmal erwähnen – mehr Mut erwarten, auch bestehende Waffensysteme, die aus unse­rer Sicht ethisch gar nicht vertretbar sind, zu kritisieren, und auch erwarten, dass man das nicht nur bei den sogenannten internationalen bösen Buben tut, sondern auch bei befreundeten Nationen.

Wenn wir diesen Schritt schaffen und diesen Mut aufbringen, dann geht es in die richtige Richtung – nur kann ich das bis jetzt nicht erkennen. Wie gesagt: Passen Sie mit der künstlichen Intelligenz auf! (Beifall bei der FPÖ.)

23.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, ich würde Sie bitten, nicht durch untergriffige Darstellungen Kollegen herabzuwürdigen.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Ich verlege die Abstimmung an den Schluss der Verhandlungen über die Vorlagen des Ausschusses für Menschenrechte.

23.01.3738. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 1117/A(E) der Abgeordneten Dr. Gudrun Kugler, Dr. Ewa Ernst-Dziedzic, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Sicherheit von Journalisten, insbesondere Journalistinnen (532 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gehen weiter in der Tagesordnung und kom­men zum 38. Tagesordnungspunkt.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lopatka. – Bitte.


23.01.57

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Situation von Journalisten hat sich weltweit verschlechtert. „Die Welt“ - - (Zwischenruf des Abg. Brandstätter.) – Kollege Brandstätter, ich habe noch nicht einmal begonnen und Sie müssen schon zwischenrufen! (Abg. Brandstätter: Ja!) – Das ist eine Unart, sage ich Ihnen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Brandstätter: Die Unart ist, gegen Journalisten vorzugehen, das ist das Wesentliche!) – Sie kommen ohnehin noch zu Wort. (Abg. Brandstätter: Ja, eh!) Ihr Verhalten ist nicht sehr angebracht! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Brandstätter.) – In Wirklichkeit ist es unerhört, was Sie machen, sage ich Ihnen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Brandstätter.– Ja, das ist keine Wertschätzung Kollegen gegenüber, wenn man nicht einmal einen Satz


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sagen darf und Sie schreien schon. (Abg. Brandstätter: Wie ihr mit Journalisten umgeht, ist unerhört, aber ich werde es euch dann noch erklären! – Rufe bei der ÖVP: Unglaub­lich!) – Ja, und das war jetzt sehr überheblich.

Sie müssen mir gar nichts erklären! (Abg. Brandstätter: Ich habe es erlebt, Oida!) – Was heißt das: „Ich habe es erlebt, Oida!“? (Abg. Brandstätter: Ja!) – Was ist das für eine Art, wie Sie hier reden? (Abg. Brandstätter: Was ist das für eine Art, wie ihr mit Journalisten umgeht? – Ruf bei der ÖVP: Mehr Zurückhaltung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Na, das ist ja wirklich unerhört, sage ich Ihnen. Vielleicht lassen Sie mich jetzt zu Wort kommen – Oida?! (Beifall und Heiterkeit bei der ÖVP.)

„Die Welt“ von heute schreibt auf der Titelseite: „In der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba haben drei bewaffnete Männer das Haus der Journalistin Lucy Kassa gestürmt und diese attackiert.“ – Kassa schreibt für ausländische Medien wie die „Los Angeles Times“. Sie wurde geschlagen, zu Boden geworfen; die Eindringlinge haben den Com­puter mitgenommen, Fotos mitgenommen und ihr gesagt: „Beim nächsten Mal schlagen wir härter zu“.

Eines von vielen Beispielen: 387 Journalisten und Journalistinnen waren zu Jahres­beginn in Gefängnissen. Reporter ohne Grenzen weiß das zu berichten. Die Hälfte der betroffenen Journalisten sind nur in fünf Staaten zu finden: China, Saudi-Arabien, Ägypten, Türkei und Syrien. Den Blogger Ruhollah Sam ließ der Iran vor wenigen Wochen, am 12. Dezember 2020, hinrichten, den saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi traf dieses Schicksal im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul bekanntlich am 2. Oktober 2018.

Jetzt ist die Frage: Tun wir genug – da kann man durchaus emotional werden, Kollege Brandstätter –, um dieses Unrecht zu beenden?

Ich sehe auch diesen Antrag als einen gerechtfertigten Aufschrei von unserer Seite, aber das furchtbare Schicksal dieser Journalisten hat wirklich nichts mit unserer Situation hier zu tun. Das möchte ich schon deutlich sagen: Dazwischen liegen Welten. Wir sollten uns wirklich auf das konzentrieren, was dieser Antrag beinhaltet, und da hat Österreich, vor allem das Außenministerium, eine gute Tradition. Da brauchen wir uns von niemandem etwas vorwerfen zu lassen. Das Außenministerium und die österreichische Bundesregie­rung haben immer viel getan, und wir haben jetzt den Vorsitz – und das wird weltweit sehr beachtet – im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen. Auch dort haben wir das zu einem Schwerpunktthema gemacht.

Gerade jetzt, in Covid-Zeiten, war es umso wichtiger, dass es unabhängige Journalisten gibt, die gegen Desinformation entsprechend glaubwürdig vorgehen konnten. Daher ist es sehr wichtig, dass wir diesen Antrag diskutieren, und es freut mich, dass ihm alle Fraktionen im Haus zustimmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ernst-Dziedzic.)

23.06


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Troch. – Bitte.


23.06.18

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Re­gierungsmitglieder! Der 21. Februar 2018 war eine Tragödie. Ein Mordkommando stürmte die Wohnung des slowakischen Journalisten Ján Kuciak. Er und seine Verlobte wurden ermordet – in Bratislava, vor unserer Haustür, in einem EU-Land. Ein Urteil gegen die Hintermänner dieses Mordes steht immer noch aus. Erschreckend an diesem Mord war die Verflechtung von Politik, Big Business, organisiertem Verbrechen und letztlich auch der Justiz in diesem Land. Am Anfang eines solchen Irrwegs, eines solchen


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Irrsinns steht immer der Maulkorb, und daher ist die Gewaltentrennung ein Fundament der Demokratie.

Im Jahr 2020 hat es Reporter ohne Grenzen zufolge – die ja schon genannt worden sind – 50 Morde an Journalisten und Journalistinnen gegeben. Die gefährlichsten Län­der sind Mexiko, Afghanistan, Indien, Pakistan und der Irak, aber der traurige Tiefpunkt war die Hinrichtung des Journalisten Ruhollah Sam durch die staatliche Justiz in Teheran. Ruhollah Sam kritisierte die Regierung, Ruhollah Sam war unbequem. Ange­klagt wurde er wegen Verbrechen gegen die innere und äußere Sicherheit, wegen Spionage und wegen Beleidigung des Islam.

In Europa steigt ebenfalls die Gewaltbereitschaft, auch bei Covid-Demonstrationen. In einem, Kollege Lopatka, bin ich nicht ganz deiner Meinung: Es geht hier nicht nur um die Morde an Journalisten. Der Außenminister wird aufgefordert, sich für unabhängigen Journalismus generell einzusetzen, nicht nur in Mexiko und bei den anderen bösen Buben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Wie steht es in Österreich um die Pressefreiheit? Wir müssen einmal bei uns selbst anfangen und schauen, was wir hier vor Ort, in unserer Heimat verändern können. Wie steht es hier um die Informationsfreiheit? Kommt es in Österreich vor, dass Journalisten zu einer Wahlveranstaltung einer Partei nicht zugelassen werden? (Zwischenruf der Abg. Kugler.) Kommt es vor, dass in Österreich ein Journalist zu einer Pressekonferenz nicht zugelassen wird? Meinungsfreiheit und kritische Berichterstattung sind historisch erkämpft worden: 1848, 1867, 1918.

Im Weltindex für Pressefreiheit sinkt Österreich weiter ab, inzwischen hat es nur mehr Position 18. Die Österreichchefin von Reporter ohne Grenzen nennt als Gründe für das schlechte Abschneiden Österreichs etwa „das gerichtliche Vorgehen der ÖVP“ gegen den „Falter“, den beabsichtigten Maulkorb des ORF, „den weiterhin überdimensionierten PR-Apparat des Kanzlers mit dutzenden Helferinnen und Helfern der Message-Control“. (Abg. Hörl: Das geht euch nichts an!) Zu lesen ist das unter anderem im „Standard“.

Ich bringe ein letztes Beispiel: Als klassischer unbequemer Journalist gilt Peter Klien. Ja, er stellt witzige und unbequeme Fragen im ORF. Seine ORF-Sendung „Gute Nacht Österreich“ ist ersatzlos abgesetzt worden (Zwischenruf des Abg. Haubner) – ein Schelm, wer da Böses denkt. (Abg. Haubner: Wer hat das geschaut?!)

Ich sage: Wenn dem kritischen, unabhängigen Journalismus ein derartiger Maulkorb verpasst wird, dann: Gute Nacht, Österreich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

23.10


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Ernst-Dziedzic gelangt zu Wort. – Bitte.


23.10.38

Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Ministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Machen wir uns nichts vor: Es ist tatsächlich so, dass die Demokratie als Regierungsform weltweit auf dem Rückzug ist. Auch wenn sich die Menschen beispielsweise in Belarus mittlerweile seit August zu Hundert­tau­senden gegen einen Autokraten erheben, auch wenn sich die Bürger und Bürgerinnen Hongkongs mit allen Mitteln gegen den Raub ihrer demokratischen Rechte wehren und auch wenn vor nicht allzu langer Zeit der Diktator im Sudan gestürzt worden ist, ist die Situation insgesamt recht ernüchternd.

Seit 2006 registrieren Nichtregierungsorganisationen wie Freedom House sogar eine traurige Trendwende: Die Zahl der Länder, in denen die Demokratie Fortschritte macht,


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nimmt ab, und die Zahl der Länder, in denen die Demokratie demontiert wird, nimmt leider zu. Das betrifft die ganze Welt. Ja, wir haben auch in Europa traurige Beispiele wie Polen oder Ungarn. Und ja, auch ich – gerade ich – und die grüne Fraktion haben immer schon vor genau diesen Entwicklungen auch in Österreich gewarnt.

Umso stärker müssen unsere Anstrengungen sein, diesem autoritären Backlash entge­genzutreten, und dazu gehört natürlich die entschlossene Verteidigung der verfassungs­mäßigen Ordnung und des Rechtsstaats. Dazu zählt aber natürlich vor allem auch die Unterstützung all jener Personen, die oft unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Freiheit darüber berichten, wie sich ihr oder ein anderes Land entwickelt, die sachlich und offen informieren, die kritisch kontrollieren, die den Mächtigen auf die Finger schauen und dabei jene bloßstellen, die ihre einflussreichen Positionen zum persönlichen Vorteil nutzen.

Kurz: Ohne freie Medien und JournalistInnen, die sich ihrer wichtigen Rolle bewusst sind, kann keine Demokratie funktionieren.

Mindestens 387 Journalistinnen und Journalisten und andere Medienschaffende saßen allein 2020, also im Vorjahr, nur aufgrund ihrer Arbeit im Gefängnis, mehr als die Hälfte von ihnen in nur fünf Ländern – die Länder wiederholen sich –: China, Saudi-Arabien, Ägypten, Vietnam und Syrien.

Natürlich müssen und dürfen wir dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen. Wir haben zahlreiche Möglichkeiten, diese Entwicklung nicht nur zu kritisieren, sondern konkrete Maßnahmen dagegen zu setzen, sei es über die Mitgliedschaft in internationalen Gre­mien wie dem UN-Menschenrechtsrat oder dem Unesco-Exekutivrat.

Wer sich für die Sicherheit von Journalisten und Journalistinnen einsetzt, der setzt sich klarerweise und gleichzeitig auch für die Verteidigung der Demokratie ein.

Es ist mir wichtig, Folgendes in diesem Rahmen auch zu sagen, damit es nicht nur die Opposition ist, die das erwähnt: Natürlich ist Pressefreiheit auch in Österreich nicht nur etwas Wichtiges, sondern auch etwas, das es stets zu verteidigen gilt. Und natürlich haben wir Grüne, aber auch unser Koalitionspartner da noch einige Hausaufgaben zu erledigen, und natürlich gehört das Verbieten von Zitaten aus Ermittlungsakten oder das Erschweren der Auswertung der Kommunikation nicht dazu, sondern im Gegenteil: Die Einschränkung der Pressefreiheit ist für uns, ist für Österreich, ist vor allem für uns Grüne nicht verhandelbar. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

23.14


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Brandstätter ist zu Wort gemel­det. – Bitte.


23.14.45

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Engelberg hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass wir das Thema verfehlt haben. Ich habe Kolle­gen Lopatka darauf aufmerksam gemacht, dass er das Thema verfehlt hat. Es steht eins zu eins – das ist fair, oder? – Gut. Dann ist das schon einmal eine gute Basis, wie wir ganz ruhig weiterreden können.

Selbstverständlich geht es um den weltweiten Schutz von Journalistinnen und Journa­listen, und selbstverständlich ist Reporter ohne Grenzen eine großartige Einrichtung, und es ist ganz wichtig, dass wir diese auch unterstützen und schauen, wo die Bericht­erstattung eingeschränkt wird.

Da gilt aber dasselbe, das ich zuerst gesagt habe: Wenn wir mit dem Finger auf andere zeigen und wenn wir darauf aufmerksam machen wollen und auch müssen, was woanders


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schiefgeht, dann müssen wir schon auch im eigenen Land schauen, was schiefgeht. Natürlich kann man das nicht vergleichen, die Art und Weise, wie diktatorische Regime mit Medien umgehen, und was bei uns los ist – das kann man nicht vergleichen! –, aber eines ist auch klar: Wir haben inzwischen mehrere Beispiele gesehen, wie ein Land Schritt für Schritt zu einem autoritären Staat gemacht wird.

Das möchte ich jetzt schon sagen: Als ich das Buch über Kurz und Kickl geschrieben habe, bin ich in meiner These davon ausgegangen, dass Herr Kickl einen autoritären Staat aufbauen will und Herr Kurz dem halt irgendwie zustimmt, Hauptsache, er ist an der Macht. – Herr Kickl ist nicht mehr Innenminister, Herr Kurz ist wieder Bundeskanzler, da sind neue Entwicklungen eingetreten, und ich bitte Sie wirklich und sage – und die eige­nen Parteifreunde sagen es Ihnen inzwischen –, dass man da sehr genau aufpassen muss, wenn es um die Justiz geht und die Art und Weise, wie Sie gerade die Justiz beschä­digen. Fragen Sie Herrn Fischler, er wird es Ihnen erklären! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Oder wenn sich Frau Edtstadler hinstellt und wieder dasselbe sagt und eine Journalistin sagt: Sie haben eigentlich nichts Neues gesagt!, und man sich dann Sorgen machen muss, was mit dieser Kollegin passiert, dann ist auch wieder ein Schritt weiter gemacht.

Ich weiß, was mit solchen Kolleginnen und Kollegen passiert: Da gibt es jemanden, der im Kanzleramt sitzt und viel Geld verdient – und nebenbei viel Geld verteilt (Zwischenruf des Abg. Hörl) –, der solche Leute dann anschreit, der ihnen sagt: Was glauben Sie, wie lange Sie den Job noch haben?!, und so weiter. Das gibt es in unserem Land, und ich bitte Sie dringend, das zur Kenntnis zu nehmen. Das unterhöhlt die Pressefreiheit in unserem Land! (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

Es wird mit zwei Mitteln gearbeitet. Wie wird denn gearbeitet? – Ich kann es Ihnen wirklich erzählen, weil ich das alles ja erlebt habe. Es wird mit Zuckerbrot und Peitsche gearbeitet. Das Zuckerbrot ist natürlich die Inseratenkorruption. Ich habe schon so oft Inseratenkorruption gesagt und es sagt auch niemand etwas dagegen. Was heißt Inseratenkorruption? – Dass man sagt: Du bekommst ein bisschen mehr Geld, aber dann erwarten wir schon eine freundliche Berichterstattung. – Das ist Medienpolitik der Firma Kurz, und ich weiß, dass es so ist.

Das andere ist dann eben die Peitsche: Wenn du das nicht so machst, dann bin ich beim Chefredakteur, bin ich beim Herausgeber, bin ich beim Eigentümer und dann wirst du vernadert! – Dann ruft man nachher den Herrn Bundeskanzler an und fragt: Warum hast du dich schon wieder beschwert?! – Nein, nein, ich habe eh nichts gesagt! – Dann sagt er noch die Unwahrheit! Damals hat er mir schon die Unwahrheit gesagt, ich war ja damals schon schockiert: Wie kann denn ein Bundeskanzler die Unwahrheit sagen?

Und was ist dann passiert? – Dann ist er vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss aufgetreten – und ich sage das sehr bewusst, ich habe es schon dort gesagt –, und er hat auch dort die Unwahrheit gesagt.

Warum ist das so? – Das kann ich auch noch sehr gut erklären. Es geht nämlich um die Frage: Wie sehe ich Medien, wofür sind Medien da? Sehe ich sie dafür, dass sie einfach nur das verbreiten, was ich sage, sind sie sozusagen die Lautsprecher für die Politik, oder sind sie die Kontrollore?

Ich habe den Ausdruck vierte Gewalt immer abgelehnt, denn die Journalisten und Jour­nalistinnen sollen keine Gewalt sein, sie sollen Kontrollore sein, sie sollen genau hin­schauen. Was passiert aber jetzt? – Die, die genau hinschauen, die in diesem Land Skandale aufdecken, die will man jetzt unter Strafe stellen – nicht jene, die gegen das Parteiengesetz verstoßen, wie wir das verlangt haben, sollen in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden, sondern Journalistinnen und Journalisten, die Skandale aufdecken.


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Da muss ich noch einmal den Fall Berlusconi zitieren – und das steht in dem Buch von Peter Eigen von Transparency International, der das genau beschrieben hat. Herr Eigen hat gesagt: Es ist nicht so, dass Herr Berlusconi dann etwas gemacht hat; er ist gegen die Staatsanwälte und nicht gegen die Korruption vorgegangen. Die Korruption war ihm eh recht, gegen die Staatsanwälte ist er vorgegangen! Und das ist der entscheidende Punkt.

Lassen wir die Journalistinnen und Journalisten in Ruhe arbeiten! Überlegen Sie bitte nicht neue strafgesetzliche Regelungen oder neue Sachen, wie man sie einschränken oder wie man sie behindern kann. Seien Sie doch froh, dass Sie kontrolliert werden, denn wir wissen auch, was passiert, wenn Sie nicht kontrolliert werden: Dann müssen wir nachher die SMS anschauen, dann müssen wir nachher die Whatsapp anschauen, aus denen sehr deutlich hervorgeht, dass eben vor dem Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt wird.

Herr Kurz hat gesagt: Ich habe gehört, Herr Schmid will sich, glaube ich, da mög­licher­weise für etwas bewerben. – Kurz darauf kommen wir drauf, was wirklich passiert ist (Abg. Michael Hammer: Ihr seid auf nichts draufgekommen!): Herr Kurz und Herr Schmid haben per SMS und per Whatsapp miteinander darüber gesprochen, in welchen Aufsichtsrat er gehen soll, wer überhaupt Aufsichtsrat werden soll et cetera. Er war involviert! Das heißt, die Aussage war dann unwahr. Wenn ihr aber wisst: Wir werden kontrolliert!, dann werdet ihr viel besser regieren, dann werdet ihr für das Volk regieren und nicht nur für ein paar Leute, die spenden – und auch da werden wir noch auf einiges draufkommen.

In diesem Sinne – auch das ist gesagt worden –: Wenn wir in den internationalen Ran­kings zurückfallen, ist das schlecht. Schauen wir doch, dass wir das eigene Land in Ordnung halten! (Abg. Michael Hammer: Für das brauchen wir aber euch nicht!) Lassen wir die Kolleginnen und Kollegen in Ruhe arbeiten, und betrachten Sie bitte Journalisten und Journalistinnen, die Ihnen nicht gefallen, nicht als Feinde – so wie das ja dann auch ausgesprochen wird –, sondern betrachten Sie sie als wohlmeinende Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die ein sauberes Land haben wollen und kein korruptes. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

23.21


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Schallenberg. – Bitte.


23.21.05

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke für diese beiden Entschließungen. Ich glaube, die breite Unterstützung in diesem Haus ist eine sehr starke Rückendeckung für mich. Ich muss aber doch etwas sagen, nämlich dass ich sehr erstaunt bin über die Art der Debatte, wie sie hier gerade geführt wird. Es gibt ja den schönen Satz von Voltaire: „Je ne suis pas d’accord avec ce que vous dites, mais je me battrai jusqu’à la mort pour que vous ayez le droit de le dire.“ – Das heißt: Ich missbillige, ich bin nicht einverstanden mit dem, was Sie sagen, aber ich kämpfe bis zum Tod dafür, dass Sie die Möglichkeit haben, es zu sagen. – Und ganz offen, Herr Abgeordneter Brandstätter: Es ist eine Verhöhnung der gefolterten, der ein­ge­sperrten, der getöteten Journalisten, wenn Sie die Situation in Österreich vergleichen und sagen, wir haben Schritte in Richtung eines autoritären Staates. Das ist einfach absurd in diesem Land! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Verzeihen Sie, aber: Wenn man zum Menschenrechtsrat geht, wenn man bei der UNHCR ist, dann weiß man, dass 99,9 Prozent der Menschheit gerne hier sitzen würden und


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gerne diese Probleme hätten. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht täglich darum kämpfen muss. Das heißt nicht, dass das in einer Demokratie nicht immer wieder erfoch­ten werden muss und dass diese Medienfreiheit nicht etwas ist, das sozusagen aus­gelotet werden muss. Und das ist das Herzstück! Medienfreiheit, Meinungsfreiheit, Schutz von Journalisten, das sind Herzstücke, und genau deswegen setzen wir uns international dafür ein.

Es ist immer Österreich, das die Resolutionen in der Generalversammlung einbringt. Es ist Österreich, das die Resolutionen im Menschenrechtsrat einbringt. Es ist daher für mich jetzt offen gestanden völlig unverständlich, dass man – wenn man das international vergleicht – bei einem solchen Entschließungsantrag, bei einer solchen Debatte sozusagen daherkommt und – verzeiht! – solche Sachen sagt. (Abg. Michael Hammer: Da geht es ja nur um sein Ego!) Lassen wir die Kirche im Dorf! Das ist für mich eine Themenverfehlung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Vielleicht nur ganz kurz zum vorhergehenden Entschließungsantrag betreffend Laws, also autonome Waffensysteme: Dazu kann ich nur etwas sagen, und das wird uns, glaube ich, hier in diesem Hohen Haus noch öfter beschäftigen: Menschenrechte im Cyberspace, das ist die große Frage, das ist das große Schlachtfeld der Zukunft im menschenrechtlichen Bereich und im Bereich des humanitären Völkerrechts. Die Frage künstliche Intelligenz und Waffensysteme spitzt sich gerade zu, und weil Abgeordneter Laimer gesagt hat, wir müssten auf nationaler Ebene ein Gesetz haben, das Durchfuhr, Produktion und so weiter verbietet, kann ich darauf hinweisen: Wir wollen in Österreich noch sehr viel weiter gehen. Wir wollen ein völkerrechtliches weltweites Verbot dieser autonomen Waffensysteme, weil es nicht geht, dass ein Algorithmus mit Nullen und Einsen über Leben und Tod entscheiden kann. Das muss ethisch und moralisch ein Mensch sein. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Maurer.)

Wir planen daher, diesen Herbst eine internationale Konferenz in Wien auszurichten. Wir wollen eine breite Front machen – mit Experten, mit NGOs, mit Staaten –, und wir wollen einen Prozess in Gang setzen – ich habe das schon in Genf mit einer ganzen Reihe von Nichtregierungsorganisationen besprochen, die begeistert sind, dass Österreich sich da an die Speerspitze stellt –, einen ähnlichen Prozess, wie wir ihn bei der Streumunition gemacht haben, wie wir ihn bei den Landminen gemacht haben oder wie wir ihn beim Verbot der Nuklearwaffen, das auch vor Kurzem hier thematisiert wurde, gemacht haben. Wir werden das genau in diesem Sinne auch da schaffen, glaube ich, sodass wir in einigen Jahren einen internationalen Verbotsvertrag für autonome Waffensysteme haben, die nur auf Basis eines Algorithmus Todesentscheidungen treffen können. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

23.24


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es gibt eine Wortmeldung zu einer tatsächlichen Berichtigung von Herrn Abgeordneten Brandstätter. – Bitte. (Abg. Michael Hammer: Noch einmal der Egomane!)


23.24.42

Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Ich weiß nicht, warum man sich da als Egomane beschimpfen lassen muss. – Ich weiß nicht, Herr Präsident, was Sie dazu sagen.

Es tut mir leid, Herr Bundesminister, dass ich tatsächlich berichtigen muss. Sie haben gesagt, ich habe Österreich mit Diktaturen verglichen. – Ich habe ausdrücklich betont, dass ich Österreich nicht mit Diktaturen vergleichen möchte, und deswegen möchte ich das tatsächlich berichtigen. (Beifall bei Abgeordneten von NEOS und SPÖ.)

23.25



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 308

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Schatz. – Bitte.


23.25.18

Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bun­desministerin! Dieses Jahr ist noch keine zwei Monate alt, und trotzdem verzeichnet Reporter ohne Grenzen bereits zwei getötete und aktuell 278 inhaftierte Journalistinnen und Journalisten, 117 inhaftierte Blogger und Bloggerinnen und zwei inhaftierte Medien­assistentinnen und Medienassistenten. Das ist eine wirklich erschreckende Bilanz, und richtigerweise weist der vorliegende Antrag auf die Verschlechterung der Situation für Journalistinnen und Journalisten in bestimmten Regionen der Welt hin.

Autoritäre Regierungen, die immer dreister vorgehen, populistische Stimmungsmache und steigende Gewaltbereitschaft gegen Pressevertreter und Pressevertreterinnen brin­gen die Presse- und Medienfreiheit weltweit unter Druck. Spitze des Eisbergs sind ge­walt­tätige Übergriffe, Inhaftierungen und letztlich Ermordungen von Pressevertreterin­nen und Pressevertretern. Mindestens 50 Medienschaffende wurden alleine im vergan­genen Jahr weltweit ermordet. Die Coronapandemie wirkt zusätzlich als Brandbeschleu­niger für autoritäre Politik und gefährdet die Meinungs- und Pressefreiheit noch mehr und noch weiter. Wir begrüßen und unterstreichen daher die Intention des Antrages, dass sich Österreich für die Sicherheit und für den Ausbau der Sicherheit von Medienvertretern und Medienvertreterinnen, Pressevertretern und Pressevertreterinnen einsetzt.

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in Österreich selbst eine er­schreckende Entwicklung miterleben und genug Hausaufgaben zu erledigen haben. Im Presseranking von Reporter ohne Grenzen sind wir allein im Zeitraum vom Jahr 2018 bis zum Jahr 2020 von Platz elf auf Platz 18 abgerutscht, und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist wirklich ein alarmierendes Signal für unsere Demokratie. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut und ein wichtiges Fundament unserer Demokratie. Dieses gilt es von allen Seiten zu wahren, und Angriffe gegen unsere Demokratie gilt es auf alle Fälle zu verurteilen und zu bekämpfen.

Abschließend, weil wir gerade über die Sicherheit von Pressevertreterinnen und Presse­vertretern in Österreich diskutieren: Wir erleben, dass es tatsächlich – zum Beispiel bei den aktuellen Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen – zu gewalttätigen An­griffen und Übergriffen auf Medienvertreter und Medienvertreterinnen kommt, und ich erwarte mir, dass jede zur Verfügung stehende Maßnahme ergriffen wird, um die Sicherheit der Medienvertreter und Medienvertreterinnen zu gewährleisten. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

23.28


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wünscht die Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Dann verlege ich die Abstimmung an den Schluss – aber wir sind schon so weit.

23.28.47Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 37 und 38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir kommen zu den verlegten Abstimmungen über die Berichte des Ausschusses für Menschenrechte, die ich über jeden Tagesordnungs­punkt getrennt vornehme.

Können wir abstimmen? – Ja.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 309

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37, die dem Ausschuss­bericht 531 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Verbot von auto­no­men Waffensystemen ohne menschliche Kontrolle“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig ange­nommen. (136/E)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 38, die dem Ausschuss­be­richt 532 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Sicherheit von Jour­nalisten, insbesondere Journalistinnen“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig. (137/E)

23.29.3539. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 1148/A(E) der Ab­geordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ständige Einsatz­bereitschaft am Hubschrauberstützpunkt Klagenfurt (658 d.B.)

40. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 991/A(E) der Ab­geordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stopp den Liegenschaftsverkäufen bzw. Übertragungen an die BIG (659 d.B.)

41. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 935/A(E) der Ab­geordneten Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Priorität beim Mannschutz (660 d.B.)


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zu den Punkten 39 bis 41 der Tagesordnung, über welche die Debatten unter einem durchgeführt werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir kommen gleich zur Debatte. Das Wort steht bei Abgeordnetem Kucher. – Bitte.


23.30.53

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminis­terin! Ich weiß ja nicht, ob ich nach dem letzten Landesverteidigungsausschuss zu voreilig und vielleicht ein bisschen blauäugig bin oder ob das vielleicht wirklich der Beginn einer ganz großartigen Freundschaft werden könnte. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich bin da noch vorsichtig und möchte sozusagen nicht vorschnell urteilen, aber die Hoffnung ist natürlich, dass Sie auch für Kärnten ein großes Herz haben (Zwischenruf des Abg. Weidinger) und die Situation dieses Hubschrauberstützpunktes in Klagenfurt nicht nur prüfen, sondern auch vorantreiben wollen.

Worum geht es? – Für alle, die die Situation nicht kennen: Kärnten hat eine Beson­derheit, im Fall von Unwettern, Waldbränden, Murenabgängen, im Fall von überraschen­den Naturkatastrophen ist es aufgrund des Wetters oft nicht möglich, dass ein Hub­schrauber von Aigen über den südlichen Alpenhauptkamm auch nach Klagenfurt über­stellt werden kann. Dann besteht in Kärnten konkret die Situation, dass wir im Katastro­phenfall keinen Hubschrauber für Erkundungsflüge, zum Beispiel bei ausbrechenden Waldbränden, vor Ort haben. Diese Katastrophen haben wir in der Vergangenheit leider


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 310

erleben müssen, und deswegen ist es so wichtig, dass wir auch eine fixe Stationierung eines Bundesheerhubschraubers in Klagenfurt haben.

Der damalige Bundesminister Doskozil – das sage ich aus einer neutralen Perspektive – hat ein großes Herz für Kärnten bewiesen. Er hat erkannt, wie wichtig die Stationierung auch im Süden von Österreich ist, und deswegen war es wichtig, dass wir diese Debatte miteinander führen und eine ständige Stationierung des Hubschraubers in Kärnten zustande bringen. In der Zwischenzeit haben wir es nicht ganz geschafft. Sie, die Regie­rungsparteien, haben sich als ersten Schritt gemeinsam dazu bekannt, dass nach Instandsetzung, nach der Anschaffung der neuen Mehrzweckhubschrauberflotte auch eine ständige Stationierung in Kärnten und in Klagenfurt geprüft wird. Wir halten das für einen sehr, sehr wichtigen Schritt.

Die Bitte ist nur – das sage ich dazu –: Es hat jetzt in Coronazeiten leider eine heimliche Ausdünnung gegeben. 80 Prozent der Zeit haben wir bisher immer einen Hubschrauber am Hubschrauberstützpunkt Klagenfurt gehabt, und im gegenständlichen Entschließungs­antrag steht auf einmal die Zahl von 50 Prozent. Das heißt, das geht natürlich schon in die falsche Richtung, aber ich möchte ja positiv enden. (Bundesministerin Tanner schlägt die Hände zusammen.) – Ich bete auch in Ihre Richtung! Wir werden es miteinan­der hinkriegen. Vielleicht können Sie, damit das sozusagen noch ein bisschen mehr dokumentiert ist, den guten Willen auch noch ganz kurz mit ein paar Worten hier im Hohen Haus bekunden.

Ich würde mich wirklich freuen, wenn wir eine Lösung fänden. Da geht es nicht nur um Lokalpatriotismus, sondern wirklich um Schutz, um Hilfe für die Kärntner Bevölkerung – das hat die Vergangenheit gezeigt. Das wäre wirklich ein wichtiges Signal auch für Kärnten und für den Schutz der Kärntner Bevölkerung. Ich bitte also alle Parteien wirklich um Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.33


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Ofenauer. – Bitte.


23.33.46

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte vielleicht gleich bei Kollegen Kucher ansetzen, der Herrn Bundesminister Doskozil hervorgehoben hat. Die Geschichte beginnt aber schon etwas früher, nämlich 2015, als unter Bundesminister Klug die Stationierung auf diesem Hub­schrauberstandort eingestellt wurde. Doskozil hat es dann wieder in Gang gesetzt, aber unter Bundesministerin Tanner ist es jetzt so, dass es diesen Entschließungsantrag gibt, um die notwendige Infrastruktur sicherzustellen. Frau Bundesministerin Tanner stellt die Einsatzbereitschaft und die dafür notwendige Infrastruktur sicher.

Weil die 50 Prozent, die drinnen stehen, erwähnt wurden: 50 Prozent stehen in der Begründung, das bedeutet, dass der Stützpunkt Klagenfurt derzeit bis zu 50 Prozent der Arbeitswochen besetzt ist. Es steht in der Begründung, dass das derzeit so ist, aber unter Frau Bundesministerin Tanner wird die notwendige Infrastruktur für diesen Hub­schrauberstützpunkt sichergestellt werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich glaube aber, generell sind die Sicherheitspolitik im Allgemeinen und das Bundesheer im Besonderen zu wichtig, um tagespolitisches Kleingeld zu wechseln, denn wir werden in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren Entscheidungen mit Weitblick brauchen, weil sich auch die Sicherheitslage weitreichend verändern wird – Stichwort Cyberbe­drohungen, hybride Bedrohungen, Blackoutszenarien. Da brauchen wir Entscheidungen,


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 311

im Idealfall mit einem breiten Konsens, der auf fachlicher Grundlage von und mit Exper­ten erarbeitet wird, die die Risiken erkennen und benennen, die Bedrohungsszenarien realistisch darstellen, die Handlungsoptionen aufzeigen, aber dann auch die notwen­digen Mittel zur Verfügung stellen, finanziell und faktisch.

Nicht zuletzt ist auch eine Einbindung in das europäische sicherheitspolitische Umfeld wichtig, in dem unsere Soldatinnen und Soldaten ihre Fähigkeiten einbringen. Ich darf das auch hier wieder bestätigen und mitteilen: Diese Fähigkeiten sind international beachtet und geachtet, nicht nur die ABC-Abwehr, sondern vor allem auch das Jagd­kommando und alle, die im Ausland im Einsatz sind.

Ich möchte den Blick aber auch auf eine besondere Einrichtung lenken, die es schon sehr lange gibt, nämlich die Parlamentarische Bundesheerkommission, die sich mit 1. Jän­ner 2021 mit neuen Vorsitzenden konstituiert hat; die Kollegen Bösch, Laimer und meine Person haben den Vorsitz übernommen. Diese Parlamentarische Bundesheer­kommission hat eine wichtige Rolle, denn sie bearbeitet Beschwerden von Soldatinnen und Soldaten und ist damit die demokratisch legitimierte Kontrolle des Bundesheeres. Die Parlamentarische Bundesheerkommission trägt mit ihren Prüfbesuchen auch ganz wesentlich zur Verbesserung der Situation bei, im Interesse der Soldatinnen und Sol­daten, aber natürlich auch im Interesse des Ministeriums und vor allem auch der Repu­blik Österreich.

Sie bearbeitet mithilfe eines guten Dialogs und mit bester Kompetenz die Anliegen, und ich möchte hierbei auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Büro der Parlamen­tarischen Bundesheerkommission hervorstreichen, die mit ihrer Kompetenz und hervor­ragenden Arbeit die Tätigkeit der Kommission sehr unterstützen. Die Anliegen und Sor­gen unserer Soldatinnen und Soldaten sind bei ihnen in den besten Händen.

Nicht zuletzt haben die Prüfbesuche und die Berichte, die erstattet wurden, auch zu den Anträgen, die wir hier behandeln, geführt, weil es darum geht, dass die Investitionen in den Mannschutz, in die Ausrüstung verbessert werden. So kann man sagen, dass die Prüfbesuche der Kommission letzten Endes entsprechende Verbesserungen mit sich bringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können uns auf die Soldatinnen und Soldaten und auf unser Bundesheer verlassen. Sie schützen unsere Grenzen, sie gehen im Katastrophenfall in den Einsatz, sie sind zur Stelle, wenn es notwendig ist, zur Not auch mit militärischen Mitteln. Wer arbeitet, braucht aber natürlich auch das entsprechende Werkzeug, und gerade mit diesen Entschließungsanträgen beziehungsweise mit den Investitionsprogrammen, die in den nächsten Wochen und Monaten anstehen, sieht man, dass in diese Richtung, in eine gute und moderne Ausrüstung investiert wird. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

23.38


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Bösch. – Bitte.


23.38.09

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen werden diesen vier Anträgen, die wir im Ausschuss hatten, heute die Zustimmung geben. Es hat in Ihrem Ressort, Frau Minis­terin, in der letzten Zeit aber auch noch andere bemerkenswerte Ereignisse gege­ben. Sie haben durch Ihr Kabinett einen sogenannten Maulkorberlass herausgegeben. Der erste Versuch ist ein wenig verunglückt, aber der zweite gilt jetzt.

In diesem Maulkorberlass – wofür ich grundsätzlich Verständnis habe – bestehen Sie darauf, dass die Bediensteten Ihres Ressorts klar und deutlich machen, was an Po­sitionen sie im Rahmen ihrer militärischen Funktion öffentlich äußern und was sie als


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 312

Privatperson tun. Dafür habe ich durchaus Verständnis. Frau Ministerin, Sie sollten nur gewährleisten, dass dabei das Recht auf freie Meinungsäußerung für den Staatsbürger, auch wenn er in Uniform ist, gewährleistet ist.

Dieser Maulkorberlass kommt allerdings ein wenig in Misskredit, wenn wir an das Sonderheft der „Österreichischen Militärischen Zeitschrift“ denken. Die „Österreichische Militärische Zeitschrift“ hat eine Sondernummer herausgegeben, in der ein Herr Baltha­sar über grundlegende sicherheitspolitische Dinge der Republik Österreich sinniert, über sicherheitspolitische Grundsätze, die wir sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene bisher als klar und bedeutend gesehen haben. Er stellt dort zum Beispiel infrage, dass ein Staat unserer Größe überhaupt eine eigene Landesverteidi­gung betreiben soll.

Er macht sich auch darüber lustig, dass die Türkei unseren Beitrag in der Partnerschaft für den Frieden eigentlich behindert, nämlich aufgrund unserer internationalen Haltung zur Türkei. Er stellt auch infrage, ob wir künftig weiterhin eine aktive Luftraumüber­wachung organisieren werden. Auch werden lauter weitere Dinge, die bisher eine besondere Bedeutung für die Republik gehabt haben, infrage gestellt.

Es hat dann vonseiten des Herrn Gruppenleiters eine Klarstellung zu dieser Aussage gegeben, in der klar gesagt worden ist, es handelt sich dabei um eine private Meinung – da sind wir also wieder bei diesem Zwiespalt, den Sie, liebe Frau Bundesminister, mit dem Maulkorberlass erzeugt haben –, das sei also eine private Meinung und nicht die Meinung des Ressorts. Das kann ich auch so gelten lassen. Wenn das die private Meinung eines Rechtshistorikers ist, dann ist mir das gut und recht, dann soll das so sein.

Dem war aber nicht so. Ihr Kabinett ist weiter tätig geworden, Ihr Generalsekretär hat dann diesem Gruppenleiter klargemacht, dass das nicht die Privatmeinung des Verfas­sers dieses Aufsatzes war, sondern dass das selbstverständlich die Meinung des Res­sorts, also Ihre Meinung darstellt. Ich finde es bedenklich, Frau Ministerin, dass Sie die „Österreichische Militärische Zeitschrift“, die bislang als eine überparteiliche, internatio­nal anerkannte Zeitschrift gegolten hat, da für parteipolitische Propaganda vonseiten Ihres Kabinetts missbraucht haben.

Besser wäre es gewesen, liebe Frau Minister, wenn Sie klargemacht hätten, dass das eine private Meinung eines Verfassers und nicht die Meinung der Republik ist, und damit klargestellt hätten, dass das, was Sie als Maulkorberlass für die anderen Bediensteten herausgegeben haben, auch für die Ihrem Kabinett näheren Mitarbeiter oder sogar für die Mitglieder des Kabinetts gelten soll.

Die „Österreichische Militärische Zeitschrift“ war bisher eine anerkannte Zeitschrift, ich habe es erwähnt, und wurde nicht durch Parteipolitik beschädigt, aber das ist in diesem einen Fall mit diesem Sonderheft eigentlich geschehen – und das ist schade. Frau Minister, Sie sollten sich überlegen, ob Sie diesen Maulkorb, den Sie für die allgemeinen Bediensteten herausgegeben haben, gelegentlich auch für Ihr Kabinett anwenden, und überhaupt in Ihrem Kabinett einmal sicherstellen, dass diese Plaudereien über Dinge, die der Republik wichtig sind, eingestellt werden. – Ich danke Ihnen sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

23.42


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.


23.42.47

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Heute stehen ja zu später Stunde noch einige die Landes­ver­teidigung betreffende Punkte auf der Tagesordnung.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 313

Beginnen möchte ich mit dem Antrag betreffend die fixe Stationierung der Hubschrauber am Hubschrauberstützpunkt in Klagenfurt, der von Kollegen Kucher ja schon demons­trativ und gut erörtert wurde. Auch wenn ich verstehen kann, dass diesbezüglich ein lokales Interesse besteht, bin ich dennoch der Meinung, dass eine fixe Stationierung an einem bestimmten Ort keinen Sinn macht. Wir wollen eine wetterunabhängige Einsatz­möglichkeit, was natürlich nicht heißt, dass dieser Hubschrauberstandort nicht mit der not­wendigen Infrastruktur ausgestattet wird. Das soll natürlich passieren. Es soll zu keiner Ausdünnung des Standorts Klagenfurt kommen, das ist auch klargestellt. Die Hubschrauber sollen aber – besonders in Bezug auf den Katastrophenschutz – dort eingesetzt werden, wo sie gebraucht werden. Das soll Sinn machen, das soll auch gut umgesetzt werden.

Ich freue mich darüber, dass die Frau Ministerin erst vor Kurzem verkündet hat, dass die Flotte der S-70-Hubschrauber, der Black Hawk, 2021 um ein Stück und ab 2022 um weitere zwei Stück aufgestockt wird. Ich glaube, da sind wir auf dem richtigen Weg. Wir wollen noch einen Antrag einbringen, mit dem wir den Standort in Zukunft sicherstellen werden. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

Zum Antrag von Kollegen Bösch betreffend Liegenschaftsverkäufe beziehungsweise Übertragung von Liegenschaften an die BIG: Da möchte ich keine voreiligen Schlüsse ziehen und bitte darum, dass solche auch nicht gezogen werden. Vom Ministerium wird gerade eine Analyse durchgeführt, mit der alle möglichen Optionen geprüft werden und die eine Basis für diese Entscheidungen darstellen soll. Ich kann jedenfalls das Interesse am Erhalt des Eigentums, der Liegenschaften sehr wohl nachvollziehen und verstehen. Ich glaube, das ist wichtig. Es sollen aber vor allem auch Aspekte der tatsächlichen Nutzung gegenüber den Kosten für den Erhalt eine Rolle spielen. Es ist nämlich nicht Sinn und Zweck, eine Liegenschaften zu erhalten, wenn die entsprechenden Kosten für Erhalt und Renovierung so hoch sind, dass es wieder auf Kosten der Mannschaft geht.

Wir haben schon mehrmals betont, dass es uns ein Anliegen ist, dass unsere Solda­tinnen und Soldaten bestmöglich versorgt sind und versorgt werden. Da spielen natürlich die Kasernen eine ganz wichtige Rolle. Der Erhalt soll aber nicht um jeden Preis ge­schehen, sondern eine sinnvolle Nutzung erlauben. Aus diesem Grund müssen wir einmal die Analyse, die vom Bundesministerium kommen wird, abwarten. Ich hoffe, die Frau Ministerin wird sie uns vorlegen, denn dann können wir im Verteidigungsausschuss entsprechend besprechen und beurteilen, wie es weitergeht.

Abschließend möchte ich noch den Antrag von Kollegen Hoyos-Trauttmansdorff betref­fend „Priorität beim Mannschutz“ besprechen. Ich bin dir sehr dankbar – jetzt ist er gerade weg, nein, da ist er – für diesen Antrag, denn es ist doch sehr wichtig und mir persönlich ein wichtiges Anliegen, dass unsere Soldatinnen und Soldaten eine aus­reichende und moderne Ausrüstung zur Verfügung gestellt bekommen. Das ist ein Kernanliegen, dem wir uns im Regierungsprogramm verschrieben haben und das wir umsetzen werden. Die Sicherheit und der Schutz der Truppe haben für uns Grüne einfach höchste Priorität und sind uns sehr wichtig.

Im Bereich der persönlichen Schutzausrüstung wird in den nächsten Jahren intensiv investiert werden. So sollen neben neuen Tarnanzügen, Helmen und Nachtsichtbrillen auch Schutzmasken und Schutzbekleidung für die ABC-Abwehr beschafft werden. Dieser Antrag spielt dabei, glaube ich, eine ganz wichtige Rolle und soll dem Ministerium aufzeigen: Bitte beachtet das und macht das auch weiterhin!

Ich sage vielen Dank an alle Soldatinnen und Soldaten, die uns gerade in dieser Zeit aktiv unterstützen. Ich gratuliere auch allen aktiven Sportlerinnen und Sportlern, die beim Bundesheer Großartiges leisten – es sind gerade die Frauen –, denn darauf können wir massiv stolz sein. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.47



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 314

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Silvan. – Bitte.


23.47.24

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich bin sehr froh, dass Kollege Stögmüller gerade auf die Liegenschaf­ten eingegangen ist und gemeint hat, es gibt eine Analyse dazu.

Ich möchte nur eines vorweg sagen: Ich habe 1986/1987 meinen Präsenzdienst in der Martinek-Kaserne in Baden bei Wien absolviert – Sie werden sie wahrscheinlich ken­nen –, die steht seit 2012 leer. Da können Sie logischerweise nichts dafür, aber ich sage das deswegen, weil damals 400 Arbeitsplätze und ein Teil der Infrastruktur des österreichischen Bundesheeres verlorengegangen sind. Ich glaube, mit Blick darauf ist sehr große Vorsicht geboten, wenn man weitere Maßnahmen in Richtung der Veräuße­rung von Liegenschaften setzt.

Wir haben uns zur umfassenden Landesverteidigung verpflichtet. Das österreichische Bundesheer braucht die Liegenschaften zur Unterbringung, zur Garagierung, zur Lagerung, zur Ausbildung, für Übungen und Milizeinsätze. Dass die Bundesimmobi­lien­gesellschaft diese Liegenschaften eventuell veräußern soll, die Erlöse aber nicht dem Bundesheer, sondern dem Finanzministerium zukommen und das Bundesheer damit wieder Bittsteller sein soll, verstehen wir aus sozialdemokratischer Sicht nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Das österreichische Bundesheer leidet seit seinem Bestehen an chronischer finanzieller Unterversorgung. Wenn jetzt – das sage ich jetzt einmal so, und das soll nicht polemisch klingen, sondern ist Fakt – 210 Millionen Euro für Regierungsmarketing bereitgestellt werden, ist es doch möglich, dass auch Geld für die Infrastruktur und für die Liegen­schaften des österreichischen Bundesheeres bereitgestellt wird. (Beifall und Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Von sozialdemokratischer Seite sagen wir: Nicht verkaufen, sondern investieren und das Bundesheer attraktivieren! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

23.49


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff. – Bitte.


23.49.30

Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, zu später Stunde debattieren wir hier noch drei Anträge aus dem Landesverteidigungsausschuss, die, glaube ich, allesamt sehr spannend sind und in denen sehr wichtige Aspekte angesprochen werden, wenn­gleich sie vielleicht nicht die große Vielfalt der Landesverteidigungspolitik abbilden, bei der es ganz stark um das Thema Sicherheit geht, das in den letzten Jahren leider oft insbesondere budgetär zu kurz kommt.

Ich möchte insbesondere auf meinen eigenen Antrag zum Thema Mannschutz bezie­hungsweise Ausrüstung und Ausrüstungssicherheit der Soldatinnen und Soldaten ein­gehen, weil es für mich doch eine sehr frappierende Situation war, wenn man dann sieht, wie die Zustände für einen Soldaten, für eine Soldatin in Österreich wirklich sind. Wir müssen uns vorstellen: Wir alle schicken gemeinsam – meistens auch durch den Haupt­ausschuss abgesegnet – Soldaten auf Auslandseinsätze, wir haben regelmäßig Solda­ten an den Grenzen, im Assistenzeinsatz, wir haben jetzt rund um den Terroranschlag Soldaten zur Bewachung von Botschaften eingesetzt, wir haben Soldaten, die uns jetzt bei der Bewältigung der Coronakrise unterstützen, und Soldaten und Soldatinnen über­nehmen noch viele, viele andere Aufgaben.


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 315

Die Kernaufgabe von uns als Parlament, aber auch des österreichischen Bundesheeres wäre es, die Sicherheit dieser zu gewährleisten. Wenn man dann aber den Bericht der Parlamentarischen Bundesheerkommission liest – es wurde schon angesprochen –: Da steht zum Beispiel, dass Soldatinnen und Soldaten nicht einmal Schutzwesten bekom­men und sich diese um 1 000 Euro – wenn man sich die Gehälter im österreichischen Bundesheer anschaut, dann ist das ein ordentlicher Patzen Geld – selber kaufen müssen. Das ist echt ein starkes Stück, und es ist schon auch traurig zu sehen – wenn es auch andererseits natürlich positiv ist, dass dieser Antrag heute mit Mehrheit ange­nommen wird –, dass es überhaupt einen solchen Antrag braucht und wir über Jahre hinweg eine solche Situation im österreichischen Bundesheer herbeigeführt haben.

Ich will da jetzt niemanden persönlich ansprechen, es waren Minister verschiedener Couleurs, aber es ist traurig, dass es so weit gekommen ist, dass sich Soldaten Schutz­ausrüstung selber kaufen müssen, Schuhe selber kaufen müssen, weil das Schuhwerk zum Beispiel nicht für die Einsätze in Mali geeignet ist. Das ist eine Situation, die für mich, ganz ehrlich, unerträglich ist. Ich bin sehr froh, dass wir diesen Schritt heute ge­meinsam gehen, aber eigentlich hätte es nie dazu kommen dürfen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir den Antrag von Kollegen Kucher anschauen: Das ist ja eigentlich eine ähnliche Situation. In dem Antrag geht es nur darum, dass das österreichische Bundesheer seine Einsätze, seine Assistenzleistungen, gerade im Katastrophenschutz in Kärnten, immer durchführen kann. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) Auch da sind wir in einer Situation, angesichts derer wir sagen müssen: Das österreichische Bundesheer kann das im jetzigen Zustand eigentlich nicht gewährleisten. Auch da sind wir wieder bei der Diskussion: Wie hat es eigentlich so weit kommen können? Wie hat es so weit kommen können, dass das österreichische Bundesheer über Jahre, Jahrzehnte hinweg in den Zustand gewirtschaftet wurde, in dem es jetzt ist?

Dann ist, finde ich, auch der dritte Antrag eigentlich ganz passend dazu, denn worum geht es darin? – Wir sind dabei, das Tafelsilber, wie es so schön heißt, des öster­reichischen Bundesheers, die letzten noch vorhandenen gebäudetechnisch strategi­schen Punkte zu veräußern – oder eben nicht zu veräußern! Das ist schon eine Thematik, die wir uns immer wieder vor Augen führen müssen, weil es gerade für das österreichische Bundesheer sehr wichtig ist, verschiedene Stützpunkte zu haben, sich breit aufstellen zu können, in einem Katastrophenfall auch agieren zu können, Soldaten verschieben zu können und das wirklich auf der eigenen Basis tun zu können.

Wenn man dann Pläne der Bundesregierung sieht, dass sie Gebäude verkaufen wollen, dass sie genau diese strategische Komponente auch wieder herauslösen wollen, dann muss man ehrlich sagen: Das ist ein weiterer Schritt in genau diesem Abbau und diesem Abwirtschaften, das wir über die letzten Jahre und Jahrzehnte erlebt haben, insbe­sondere wenn man sich dann noch anschauen muss, dass das nicht einmal etwas zum Budget für das österreichische Bundesheer beiträgt, weil wir ja auch wissen, dass die ersten 10 Millionen Euro, die da eingewirtschaftet werden, wiederum an das Finanz­ministerium gehen und dementsprechend nicht einmal ein Mehrwert für das öster­reichische Bundesheer da ist.

Alles in allem sieht man: Die Situation im österreichischen Bundesheer ist über die letzten Jahre schlecht geworden, aber man muss auch eine Sache sagen: Die Frau Bun­desministerin stellt sich gerne hin und sagt, jetzt wird alles besser, wir haben mehr Geld und so weiter, aber es ist halt leider nicht so. Die Situation unter dieser Bundesministerin ist leider auch um kein Stück besser geworden, und das ist eigentlich die Katastrophe, die für die nächsten Jahre prognostiziert wird. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

23.54



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 316

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Tanner. – Bitte.


23.54.36

Bundesministerin für Landesverteidigung Mag. Klaudia Tanner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete und Damen und Herren, die uns zu dieser späten Stunde noch zugeschaltet sind! Ich war heute den ganzen Tag im Burgenland unterwegs, am Grenzübergang Klingenbach, an der grünen Grenze und auch in Eisenstadt, und da hat man das unglaubliche Einsatzspektrum der Soldatinnen und Soldaten und auch der Zivilbediensteten des österreichischen Bundesheeres wieder einmal gesehen – eine unglaubliche Durchhaltefähigkeit, die die letzten Wochen und Monate, das vergangene Jahr an den Tag gelegt worden ist und auch jetzt wird, unter durchaus schwierigen Arbeitsbedingungen, denen unsere Soldatinnen und Soldaten ausgesetzt sind, denn sie müssen ja auch immer darauf achten, dass sie selbst nicht krank werden.

Aktuell, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sind rund 4 000 Soldatinnen und Soldaten im In- und im Ausland im Einsatz, 900 Soldatinnen und Soldaten zur Über­wachung der Staatsgrenze in den Bundesländern Burgenland, Steiermark, Kärnten und Tirol im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz Migration, 220 Soldatinnen und Solda­ten seit dem furchtbaren Terroranschlag am Allerseelentag in Wien beim Objektschutz, und rund 2 000 Soldatinnen und Soldaten befinden sich derzeit in allen Bundesländern im Covid-Einsatz, um im Rahmen von Assistenzeinsätzen und Unterstützungsleistungen bei der Umsetzung der gesundheitsbehördlichen Maßnahmen zu unterstützen, bei Grenzkontrollen, beim Contacttracing, bei Drive-ins und anderen Teststationen, bei der Abwicklung der Probeentnahmen, wo auch immer sie im Kampf gegen das Coronavirus gebraucht werden – unglaublich erfolgreich und geschätzt auch bei den flächen­decken­den Testungen in den einzelnen Bundesländern. Wir haben auch strategische Covid-19-Lager als Notvorrat errichtet, mit Schutzausrüstung und den notwendigen medizinischen Geräten, und auch bei den Impfungen beteiligen wir uns mit unserer Logistikexpertise. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Darüber hinaus, sehr geehrte Damen und Herren, sind unsere Soldatinnen und Solda­ten – 900 derzeit – in 16 Auslandsmissionen im Dienst, zur Erfüllung der sicherheitspo­litischen Verpflichtungen und Aufgaben, die Österreich im internationalen Bereich einge­gangen ist. Daneben laufen ja noch weitere ständige Einsätze wie zum Beispiel die Überwachung des österreichischen Luftraumes oder die Einsätze des Entminungs­dienstes.

Das gesteigerte Budget für das Bundesheer ab 2020 erlaubt auch eine Fortführung des notwendigen, auch von Ihnen angesprochenen Modernisierungskurses des Bundes­heeres. An dieser Stelle möchte ich Ihnen allen, sehr geehrte Damen und Herren Abge­ordnete, danken, denn Sie waren es, die hier im Plenum für ein erhöhtes Bundesheer­budget gestimmt haben. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Ich freue mich auch sehr, dass der Entschließungsantrag der Abgeordneten Hoyos-Trauttmansdorff, Friedrich Ofenauer, David Stögmüller zur Beschaffung moderner Schutz­ausrüstung im Landesverteidigungsausschuss von allen Parteien angenommen wurde. Das ist sehr in unserem Sinne, denn unsere Bundesheerangehörigen leisten wie gesagt unter unglaublich schwierigen und gefährlichen Arbeitsbedingungen ihren Beitrag zum Schutz der Bevölkerung, und wir müssen sie dafür bestens ausstatten. Wir verbessern die Ausrüstung der Soldatinnen und Soldaten: Der Tarnanzug wird in den nächsten Jahren verstärkt zulaufen und den bisherigen Kampfanzug ersetzen, 18 000 neue Helme werden angeschafft, unser bewährtes Sturmgewehr 77 wird durch neue Optiken zeitge­mäß modernisiert werden, im Vorjahr wurden 2 800 Sicherheitsholster für die Pistolen 80


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neu angekauft, wir haben Stichschutzwesten beschafft, und eine große Stückzahl an Nachtsichtbrillen befindet sich derzeit in Auslieferung.

Sie haben es auch ermöglicht, dass wir zahlreiche Sonderinvestitionen – 654,1 Millionen Euro für den Zeitraum 2021 bis 2024 – in den Bereichen Cyberabwehr, Terrorbekämp­fung, Sanitätspaket, beginnend bei der Drohnenabwehr bis zur Modernisierung der Waffensysteme, möglich machen können.

Auch im Bereich der Luftstreitkräfte sind wir – Sie wissen das, sehr geehrte Damen und Herren – dabei, mittels eines Kooperationsprogrammes mit Italien 18 Hubschrauber um 300 Millionen Euro zu beschaffen. Die ersten Maschinen sollen bereits ab Mitte 2022 geliefert werden. Zwölf werden als Einsatzhubschrauber in Aigen im Ennstal, sechs als Einsatz- und Schulhubschrauber an der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule in Langenlebarn stationiert werden.

In Vorarlberg, Tirol und Kärnten sind beziehungsweise werden für den temporären Betrieb Hubschrauberstützpunkte errichtet. Sie wissen, in Klagenfurt ist geplant, in einer Kooperation gemeinsam mit dem Innenministerium und dem ÖAMTC einen Stützpunkt zu errichten. Auf jeden Fall werden wir wie auch bisher unsere Hubschrauber einsetzen und der Kärntner Bevölkerung und den Behörden bei Katastrophenereignissen helfen – selbstverständlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, die gute, konstruktive Stimmung beim letzten Landesverteidigungsausschuss hat uns und hat mir gezeigt, dass wir auf einem guten Weg sind, um unser Bundesheer fit für die Zukunft zu machen. Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit als Verteidigungsministerin gesagt: „Ein schwieriger, ein steiler Weg liegt vor uns.“ Ich sehe allerdings, vor allem aber vertraue ich darauf, dass wir diese Herausforderungen zur Sicherheit unseres Landes, der Bevölkerung und von uns allen gemeinsam meistern werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

0.01


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Fuchs. – Bitte.


0.01.19

Abgeordneter MMag. DDr. Hubert Fuchs (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Der geplante Verkauf beziehungsweise die Übertragung von militärischen Liegenschaften an die BIG ist sehr kurzsichtig, nicht zu Ende gedacht und daher abzulehnen. Das Bundesheer hat bis dato noch nie einen Mehrwert durch den Verkauf von Liegenschaften gehabt. Als Scheinargument, und Sie haben es auch im Ausschuss verwendet, wird immer wieder die Notwendigkeit der Kasernensanierungen gebracht. Ja, Frau Bundesminister, viele dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen stehen an beziehungsweise sind schon längst überfällig, aber eine Junktimierung von Kasernenverkäufen mit Kasernensanierungen ist der falsche Weg.

Ein Verkauf von militärischen Liegenschaften hat schon in der Vergangenheit dem Bun­desheer nicht einmal einen vernünftigen Einmaleffekt, dafür aber den Verlust von not­wendigen Ausbildungs- und Unterkunftsmöglichkeiten in den Bundesländern gebracht, der nie wiedergutzumachen ist.

Frau Bundesminister, Sie haben auch im Ausschuss betont, dass lediglich militärisch nicht notwendige Liegenschaften an die BIG verkauft werden sollen. Es ist aber zu befürchten, dass diejenigen Liegenschaften als militärisch nicht notwendig klassifiziert werden, die die BIG kaufen und verwerten möchte. Die Preisfindung, so haben Sie es im Ausschuss gebracht, soll durch eine Bewertungskommission erfolgen. Das ist der falsche Weg – eine Bewertungskommission ist nie in der Lage, einen transparenten und auch maximalen Verkaufspreis zu ermitteln.


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Die FPÖ fordert einen sofortigen Stopp der geplanten Liegenschaftsverkäufe an die BIG – und sofern Sie, Frau Bundesminister, nicht davon abzuhalten sind, militärische Liegenschaften zu verkaufen, dann bitte am freien Markt, aber nicht an die BIG. Der freie Markt allein ist in der Lage, einen transparenten und auch maximalen Kaufpreis zu ermitteln, aber nicht eine Bewertungskommission, die von Ihnen eingesetzt wurde. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

0.03


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hofinger. – Bitte.


0.03.50

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, gerade in dieser Zeit, in dieser Krisenzeit sieht man, wie wichtig ein funktionierendes Bundesheer ist – und ich möchte mich bei allen Soldatinnen und Soldaten herzlich dafür bedanken, dass sie uns während der Pandemie unterstützen –: in der Verwaltung, im Gesundheitsbereich, aber auch an den Grenzen. Es freut mich ganz besonders, dass wir seit Langem wieder (Ruf bei der SPÖ: Danke, Herr ...!) sehr intensiv in das Bundesheer investieren können: in die Kasernenstandorte, in die Ausrüstung, in die Mobilität und so weiter.

Nun ganz kurz zu den Anträgen zu dem Hubschrauberstützpunkt in Klagenfurt: Wir stehen auch dafür, weil wir natürlich wissen, dass es wichtig ist, südlich der Alpen einen Standpunkt zu haben und da die Infrastruktur bereitzustellen. Uns ist auch bewusst, dass durch die vielen Wetterereignisse natürlich die Einsatzbereitschaft etwas leidet, aber ich glaube, gerade durch die neuen Hubschrauber, die wir bekommen werden und die auch leistungsfähiger sind, wird es leichter möglich sein, dort in Katastrophenfällen Einsätze zu fliegen – und es wird auch, wie wir das aufgrund unseres Entschließungsantrages beschlossen haben, die Stationierung eines Hubschraubers geprüft und neu bewertet, wenn die Indienststellung der neuen Hubschrauber kommt.

Zur Sicherheit und zum Schutz der Truppen im Einsatz und dem Antrag von Abge­ordnetem Hoyos-Trauttmansdorff, dem wir uns auch anschließen: Eine moderne Aus­rüstung ist essenziell für unsere Soldatinnen und Soldaten, zeitgemäße Infrastruktur und Unterkünfte sind auch für unsere Truppe ganz wichtig. Es freut mich, wenn ich sehe, mit welchem Elan, Tatendrang und Durchsetzungsvermögen unsere Bundesministerin an diese Probleme herangeht und dass sie einen frischen Wind in die Kasernen bringt. Erst kürzlich war die Verteidigungsministerin in Oberösterreich und hat gemeinsam mit unse­rem Landeshauptmann Thomas Stelzer eine Standortgarantie für die oberösterreichi­schen Kasernen abgegeben. Ich möchte mich hier auch für diese Klarstellung herzlich bedanken (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz), weil es auch meine Heimatkaserne in meinem Bezirk, die Zehner-Kaserne in Ried im Innkreis, betrifft.

Kasernenstandorte geben der Bevölkerung Sicherheit. Vor allem in Krisenfällen wie Naturkatastrophen, Pandemien, wie wir sie gegenwärtig haben, aber genauso, wenn Krisen an der Grenze oder in Nachbarländern auftreten, ist das Bundesheer von im­menser Bedeutung. Wir sind es unseren Soldatinnen und Soldaten schuldig, Investitio­nen in die Kasernen zu tätigen. Ich möchte noch auf die Kaserne Ried eingehen: Ich dränge schon seit Langem immer wieder darauf und mache in Gesprächen darauf aufmerksam, dass ihre Sanierung äußerst notwendig ist. Es freut mich, dass mit dir, Frau Bundesministerin, endlich Bewegung in die Sache kommt und dass die Verhandlungen bezüglich einer Erneuerung dieser Kaserne schon weit fortgeschritten sind. – Herzlichen Dank dafür.

Abschließend möchte ich schon eines feststellen: Beim Bundesheer herrscht grund­sätzlich eine sehr positive Stimmung vor, und auch das Image hat sich verbessert. Die


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 319

Leute beim Bundesheer spüren, dass da eine Bundesministerin am Werk ist, die endlich Investitionen in die Infrastruktur, in die Kasernenerneuerung, in die Mobilität zustande bringt; und das ist auf gegenseitige Wertschätzung aufgebaut. Ich glaube, dass wir da auf einem sehr guten Weg sind, und ich freue mich auf eine weitere gute Zusam­menarbeit. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

0.07


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Laimer. – Bitte.


00.07.47

Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Vorausschauendes Handeln ist im militärischen Sinne eine Überlebensfrage, Frau Ministerin. Vorausschauendes Handeln ist bei unse­ren Truppen im In- und Ausland auch eine Frage der Fürsorgepflicht der Republik für ihre loyalen Soldatinnen und Soldaten. Als Parlamentarische Bundesheerkommission werden wir bei Prüfbesuchen immer wieder mit Beschwerden konfrontiert, die materielle und infrastrukturelle Mängel aufzeigen, wie Kollege Ofenauer schon ausgeführt hat – so wie in der Vorwoche, als das Präsidium der Bundesheerkommission eine Unterbringung unserer Milizsoldaten in einem Container besichtigte. Dieser wies Mängel im Bereich der hygienischen Versorgung, sprich der Duschzellen, auf – und das bei Soldaten, die ihren Dienst für Österreich freiwillig leisten und die wichtige Aufgabe von Covid-19-Kontrollen am Flughafen Schwechat wahrnehmen. Bei einer Frequenz von 3 000 Menschen­kon­takten pro Dienst ist die Versorgung mit den kurzfristig verordneten FFP2-Masken wohl Mindeststandard, sollte man glauben. Leider kam es da in der ersten Februarwoche zu Engpässen, und es gab keine Qualitätsmasken. Sie mussten privat angeschafft werden.

Meine Damen und Herren, die Regierung verordnete Qualitätsmasken ohne Plan, wie man es an diesem Beispiel festmachen kann, ohne zuvor rechtzeitig die logistischen Vor­bereitungen zu treffen. Die nötigen Krisenstäbe vorab einzubinden wäre sinnvoller gewesen, als in Pressekonferenzen Neuigkeiten wie FFP2-Masken aus dem Hut zu zaubern. (Ruf bei der ÖVP: Fünf... Cent!)

Vorausschauendes Handeln ist aber auch in Bezug auf die hybriden Bedrohungen ein Gebot der Stunde, wie wir aus dem Risikobild 2030 klar erkennen müssen. Diese Be­drohungen können durchaus unsere Demokratie destabilisieren, wobei die künstliche Intelligenz auch noch einen Boost darstellt.

Hackerangriffe, staatlich oder nicht staatlich kontrolliert, setzen auf Überraschungs­effekte, Angriffe auf die kritische Infrastruktur, zum Beispiel durch einen Cyberangriff. Daher ist neben der aufzubauenden Resilienz innerhalb unserer europäischen Wertegemein­schaft auch eine klare Strategie für Österreich, für die nationale Sicherheit erforderlich.

Cyberangriffe sind die Bomben der modernen Zeit. Im ersten Moment mag dieser Vergleich theatralisch klingen, aber Cyberangriffe können eine gewaltige Wirkung erzie­len. Sie sind nach einer simplen Aufwand-Nutzen-Rechnung ein höchst effizientes Mittel. Diese Angriffe sind schwer zu lokalisieren und noch viel schwerer abzuwehren. Sie treten ohne Vorwarnzeit ein. Daher sind Cyberverteidigungsfähigkeiten intensiv aufzu­bauen, und zwar unverzüglich (Beifall bei der SPÖ), koordiniert in einem gesamt­staat­lichen Lagezentrum im Bundeskanzleramt und nicht fragmentiert in verschiedenen Ministerien ohne Letztverantwortung.

Seit Ihrem Amtsantritt haben wir von Planungsarbeiten, allerdings ohne nachhaltiges Konzept, gehört. Wann wird die Steigerung der militärischen Cyberverteidigungs­fähig­keit umgesetzt, Frau Minister? Die Zeit läuft – bis zum Beispiel Erpressertrojaner unsere Krankenhäuser lahmlegen.


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Die digitalisierte Welt stellt uns vor neue Herausforderungen, ganz besonders unsere Landesverteidigung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

0.11


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Kirchbaumer. – Bitte.


0.11.59

Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer (ÖVP): Herr Präsident! Werte Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! In aller Kürze, weil die Zeit schon sehr fortgeschritten ist: Ich möchte auf den FPÖ-Antrag betreffend Stopp der Veräußerung von Liegenschaften eingehen.

In einem normalen Unternehmen in Österreich und auch auf der ganzen Welt wird es wohl in Ordnung sein, dass man Liegenschaften nach ihrem Stand beurteilt, nach der Quantität und der Qualität und danach, ob sie saniert werden oder auch veräußert werden können oder sollen. Ich glaube auch, dass das den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern wichtig ist und dass sie es sinnvoll finden, dass man das evaluiert und anschaut. Das tut unsere Bundesministerin, und wir befinden uns jetzt in dieser Zeit, in der das evaluiert wird. Es geht nicht darum, ob veräußert wird oder nicht, sondern es wird angeschaut. Das macht auch jedes Unternehmen so.

Abschließend möchte ich euch heute einen schönen Abend, eine gute Nacht wünschen. Kommen Sie gut nach Hause! Bleiben Sie gesund! Wir sehen uns im März wieder. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

0.13


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Höfinger. – Bitte.


0.13.08

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Soweit ich gesehen habe, bin ich der letzte Redner des heutigen Tages, der zwölfte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt.

Sowohl die Frau Bundesminister als auch alle KollegInnen von den verschiedenen Parteien haben wunderbar skizziert, was momentan die Aufgaben des Bundesheeres sind, wo wir stehen – egal ob es um die Mannstärke, die Ausrüstung oder die Vorhaben im technischen Bereich geht –, dass wir bereits Sonderinvestitionen auf den Weg gebracht haben, dass es uns allen wichtig ist, das österreichische Bundesheer zu stär­ken und gemeinsam nach vorne zu bringen.

Auch die Anträge, die jetzt diskutiert werden: In Wirklichkeit sind wir nicht so weit von­einander entfernt. Bei einigen haben wir auch einen Konsens erzielen können. Das ist auch ein wertvolles Zeichen nach außen, ein Zeichen der Wertschätzung der Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Angehörigen des österreichischen Bundesheeres, dem ich mich nur anschließen kann. Dafür sage ich auch herzlichen Dank.

Schließen möchte ich heute mit einem legendären Satz von Otto Pendl, dem lang­jährigen Wehr- und Sicherheitssprecher der SPÖ: Kommt gut heim und gute Nacht! (Beifall bei der ÖVP.)

0.14

00.14.41



Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 321

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Er war zwar der letzte Redner, aber es ist noch nicht zu Ende.

Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, darf ich fragen: Können wir loslegen? – SPÖ? – Herr Klubobmann, geht es? – Grüne? – NEOS?

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Tagesordnungspunkt 39: Abstimmung über den Antrag des Landesverteidi­gungsaus­schusses, seinen Bericht 658 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantra­ges 1148/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 658 der Beilagen ange­schlossene Entschließung betreffend „ständige Einsatzbereitschaft am Hubschrauber­stützpunkt Klagenfurt“. (138/E)

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Tagesordnungspunkt 40: Antrag des Landesverteidigungsausschusses, seinen Be­richt 659 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer das tut, den bitte ich um ein dementsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, angenommen.

Tagesordnungspunkt 41, die dem Ausschussbericht 660 der Beilagen angeschlos­sene Entschließung betreffend „Priorität beim Mannschutz“.

Wer dafür ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (139/E)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

00.16.26Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 21 bis 24 zu verlesen, damit diese Teile mit Schluss der Sit­zung als genehmigt gelten.

Tagesordnungspunkt 21:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 671 der Beilagen unter Be­rücksichtigung des Abänderungsantrages Beilage 21/1 in zweiter Lesung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 22:

„Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 672 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.“

Tagesordnungspunkt 23:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 673 der Beilagen in zweiter Lesung in getrennter Abstimmung [...] und in dritter Lesung [...] angenommen.“


Nationalrat, XXVII.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung, 24. und 25. Februar 2021 / Seite 322

Tagesordnungspunkt 24:

Der Gesetzentwurf wird gemäß dem Ausschussantrag in 674 der Beilagen in zweiter und dritter Lesung [...] angenommen.

*****

Erheben sich Einwendungen gegen das Protokoll in dieser Fassung? – Das ist nicht der Fall.

Dann sind diese Teile des Amtlichen Protokolls gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsord­nung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt zu betrachten.

Einlauf


Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf bekannt geben, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1277/A(E) bis 1376/A(E) eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betrifft, berufe ich für 0.18 Uhr ein. Das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

00.18.04Schluss der Sitzung: 0.18 Uhr

 

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