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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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150. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 29. März 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

150. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode             Donnerstag, 29. März 2012

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 29. März 2012: 9.06 – 20.55 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunter­richts­gesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religions­unterrichtsgesetz geändert werden, und Bericht über den

Antrag 1804/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Verankerung der Ernährungs- und Verbraucherbildung in der Neuen Mittelschule

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1762/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Hauptschullehrplans und aus­schließliche Verwendung des AHS-Unterstufenlehrplanes an Neuen Mittelschulen

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1796/A der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes­gesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunst­förderungsgesetz, BGBl. Nr. 146/1988) geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 und das Maklergesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2012 – VersRÄG 2012)

6. Punkt: Übereinkommen über Computerkriminalität

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Grund­buchsumstellungsgesetz, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Baurechts­ge­setz, das Urkundenhinterlegungsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz und die Zivilprozessordnung geändert werden (Grund­buchs-Novelle 2012 – GB-Nov 2012)

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungs­ge­setz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 2

10. Punkt: Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Ener­gieausweis-Vorlage-Gesetz 2012 – EAVG 2012)

11. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 63, 66, 67, 69, 73, 98, 104, 112 und 113, 117, 121, 124, 126 und 127, 130 bis 134, 136, 144, 146 und 151 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 32 und 33

12. Punkt: Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Ver­schwindenlassen

13. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Usbekistan zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung

14. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den Amtssitz der Internationalen Anti-Korruptions­akademie in Österreich

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1862/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gewaltsame Konflikte in Nigeria

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1863/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Menschenrechtslage im Iran

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1849/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsequente Verhandlungsposition zum inter­nationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty)

18. Punkt: Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2010/4

19. Punkt: Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2009 und 2010

20. Punkt: Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund  2011/13

21. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (614 St 3/10m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Kurt Gartlehner

22. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (614 St 3/10m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Werner Amon, MBA

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Ordnungsruf ................................................................................................................... 95

Geschäftsbehandlung

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 1735 und 1736 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung ......................................................... 38


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 3

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 38

Fragestunde (20.)

Gesundheit .................................................................................................................... 14

Dr. Sabine Oberhauser, MAS (135/M); August Wöginger, Martina Schenk, Dr. Kurt Grünewald, Dr. Andreas Karlsböck

Claudia Durchschlag (138/M); Ursula Haubner, Dr. Kurt Grünewald, Dr. Andreas Karlsböck, Renate Csörgits

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (140/M); Wilhelm Haberzettl, Ridi Maria Steibl, Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Kurt Grünewald

Dr. Kurt Grünewald (141/M); Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Erwin Spinde­lberger, Dr. Erwin Rasinger, Stefan Markowitz

Dr. Wolfgang Spadiut (137/M); Karl Öllinger, Dr. Andreas Karlsböck, Ing. Erwin Kaipel, Karl Donabauer

Mag. Johann Maier (136/M); Oswald Klikovits, Kurt List, Karl Öllinger, Dr. Martin Strutz, Erich Tadler

Anna Höllerer (139/M); Gerald Grosz, Mag. Werner Kogler, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Johann Hechtl

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 14

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 37

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1631 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schul­un­terrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grund­satzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religionsunterrichtsgesetz geändert werden, und über den

Antrag 1804/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Verankerung der Ernährungs- und Verbraucherbildung in der Neuen Mittelschule (1683 d.B.) ............... 39

2. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1762/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaf­fung des Hauptschullehrplans und ausschließliche Verwendung des AHS-Unterstufenlehrplanes an Neuen Mittelschulen (1684 d.B.) ..... 39


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 4

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 39

Elmar Mayer ............................................................................................................. ..... 41

Dr. Harald Walser ..................................................................................................  43, 64

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ..... 44

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 46

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................  48, 59

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ..... 50

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................. ..... 51

Ing. Christian Höbart ............................................................................................  52, 79

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ..... 54

Stefan Petzner ......................................................................................................... ..... 56

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ..... 57

Anna Franz .............................................................................................................. ..... 58

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ..... 60

Mag. Helene Jarmer ................................................................................................ ..... 61

Martina Schenk ....................................................................................................... ..... 62

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ..... 71

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ..... 72

Franz Riepl .............................................................................................................. ..... 74

Ewald Sacher .......................................................................................................... ..... 75

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 76

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung der Gruppengröße im Werkunterricht – Ablehnung .....................  69, 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernährung und Haushalt in der AHS – Ablehnung ..............................  69, 102

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig Kolleginnen und Kollegen betreffend Teilqualifizierung von behinderten Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Land­wirtschaftlichen Fachschulen – Annahme (E 236)                73, 102

Annahme des Gesetzentwurfes in 1683 d.B. ............................................................... 100

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1684 d.B. .................................................... 102

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1586 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz ge­än­dert wird (1721 d.B.) ....................................... 80

4. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1796/A der Abge­ordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz, BGBl. Nr. 146/1988) geändert wird (1722 d.B.) .............................................................................................................. 80

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ..... 80

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ..... 82

Mag. Silvia Fuhrmann ............................................................................................. ..... 83

Mag. Heidemarie Unterreiner ................................................................................ ..... 84

Stefan Markowitz .................................................................................................... ..... 87


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 5

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied ............................................................... ..... 90

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ..... 92

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ..... 93

Josef Jury ................................................................................................................ ..... 94

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 95

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ..... 96

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ..... 97

Ewald Sacher .......................................................................................................... ..... 97

Johann Höfinger ..................................................................................................... ..... 98

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ..... 98

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 99

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Bundestheater – Ablehnung ......................................  86, 100

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übermittlung der vollständigen Evaluierung der Bundes­theaterorganisation – Annahme (E 237)               89, 100

Entschließungsantrag der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übermittlung aller Evaluierungen an die Kultursprecher – Ablehnung .................  89, 100

Annahme des Gesetzentwurfes in 1721 d.B. ............................................................... 100

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1722 d.B. .................................................... 100

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1632 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 und das Makler­gesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2012 – VersRÄG 2012) (1696 d.B.) ................................................ 103

Redner/Rednerinnen:

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 103

Mag. Johann Maier .................................................................................................. ... 104

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 105

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 106

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................. ... 107

Mag. Bernd Schönegger ........................................................................................ ... 108

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 108

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 109

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 110

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1645 d.B.): Übereinkommen über Computerkriminalität (1697 d.B.) ................................................................................. 110

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 110

Mag. Karin Hakl ....................................................................................................... ... 112

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ... 113

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 115

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 115

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 116

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Novellierung des UrhG – Abschaffung der cessio legis – Ablehnung ................  114, 117


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 6

Genehmigung des Staatsvertrages in 1697 d.B. ......................................................... 117

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Z 3 B-VG ..................................... 117

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG ........................................... 117

Gemeinsame Beratung über

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1675 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Grundbuchsumstellungsgesetz, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Bau­rechts­gesetz, das Urkundenhinterlegungsgesetz, das Wohnungseigentums­ge­setz 2002, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz und die Zivilprozessordnung geän­dert werden (Grundbuchs-Novelle 2012 – GB-Nov 2012) (1698 d.B.) .................................................................................................. 117

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1676 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird (1699 d.B.) .............................................. 117

Redner/Rednerinnen:

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 118

Otto Pendl ................................................................................................................ ... 120

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 122

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 123

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................. ... 124

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1698 und 1699 d.B. ..................................... 125

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1677 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1700 d.B.) .................................................................................................................... 126

Redner/Rednerinnen:

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 126

Mag. Heribert Donnerbauer ................................................................................... ... 129

Hannes Fazekas ...................................................................................................... ... 131

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 132

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................. ... 134

Mag. Peter Michael Ikrath ....................................................................................... ... 136

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 136

Anna Franz .............................................................................................................. ... 137

Dr. Johannes Jarolim ............................................................................................. ... 138

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 139

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 140

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1650 d.B.): Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energie­ausweis-Vorlage-Gesetz 2012 – EAVG 2012) (1701 d.B.)                    141

Redner/Rednerinnen:

Mag. Harald Stefan ................................................................................................. ... 141

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ... 142

Gerald Grosz ........................................................................................................... ... 143

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 143

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 144

Gerhard Köfer ......................................................................................................... ... 145

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl .............................................................. ... 146


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 7

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 147

11. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 63, 66, 67, 69, 73, 98, 104, 112 und 113, 117, 121, 124, 126 und 127, 130 bis 134, 136, 144, 146 und 151 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 32 und 33 (1688 d.B.) ................................................ ... 147

Redner/Rednerinnen:

Edith Mühlberghuber ................................................................................................. 147

Mag. Rosa Lohfeyer ................................................................................................... 148

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ....................................................................... ... 149

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 150

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 152

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 152

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 156

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 157

Christian Lausch ........................................................................................................ 158

Christine Marek .......................................................................................................... 159

Josef Jury .................................................................................................................... 160

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 161

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 163

Bernhard Vock ........................................................................................................ ... 164

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 165

Johann Hell .............................................................................................................. ... 166

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. ... 167

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 168

Hermann Gahr ......................................................................................................... ... 168

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 169

Johann Singer ......................................................................................................... ... 170

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 170

Fritz Grillitsch ......................................................................................................... ... 171

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (tatsächliche Berichtigung) ............................ 172

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kolle­gen betreffend: die Notwendigkeit von Maßnahmen zur sofortigen Einrich­tung und Freischaltung der Hotline 116000 für vermisste Kinder! – Ablehnung ............................................................................................  155, 172

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Isel als Natura-2000-Schutzgebiet – Ablehnung .............................................................  162, 172

Annahme des Ausschussantrages auf Übermittlung der Petition 144 an die Volksanwaltschaft im Sinne des § 100c Abs. 3 Z 2 GOG ............................................................................................... 172

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1688 d.B. hinsichtlich der Petitionen Nr. 63, 66, 67, 69, 73, 98, 104, 112, 113, 117, 121, 124, 126 und 127, 130 bis 134, 136, 146 und 151 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 32 und 33 ....................................................................................................................... ... 172

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1637 d.B.): Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (1690 d.B.)              ............................................................................................................................. 173

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1671 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Usbekistan zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (1691 d.B.) ... 173


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 8

14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1672 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internationalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den Amtssitz der Inter­nationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich (1692 d.B.) ..... 173

Redner/Rednerinnen:

Wolfgang Großruck ................................................................................................ ... 173

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ... 174

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ... 175

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 176

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 177

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 178

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................ ... 178

Genehmigung der drei Staatsverträge in 1690, 1691 und 1692 d.B. ........................... 179

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1690 d.B. ........ 179

Gemeinsame Beratung über

15. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den An­trag 1862/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gewal­tsame Konflikte in Nigeria (1693 d.B.) .............................................. 179

16. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1863/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Menschenrechts­lage im Iran (1694 d.B.) ................................ 180

17. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1849/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend konsequente Verhandlungsposition zum internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty) (1695 d.B.) ............................................. 180

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ........................................................................................  180, 195

Dr. Reinhold Lopatka ............................................................................................. ... 181

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 185

Petra Bayr ................................................................................................................ ... 187

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 188

Herbert Scheibner .................................................................................................. ... 189

Anton Heinzl ............................................................................................................ ... 192

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 193

Gerhard Huber ........................................................................................................ ... 194

Ing. Kurt Gartlehner ............................................................................................... ... 195

Staatssekretär Dr. Wolfgang Waldner .................................................................. ... 196

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend aktuelle Entwicklungen in der Syrien-Krise – Annahme (E 240) ......  183, 198

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz für die Menschenrechte im Nahen und Mittleren Osten – Ablehnung ...  186, 198

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1693 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend gewaltsame Konflikte in Nigeria (E 238) ...................................................................... 198


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 9

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1694 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die aktuelle Menschenrechtslage im Iran (E 239) ............................................................. 198

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1695 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend konsequente Verhandlungsposition zum internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty) (E 241)   ............................................................................................................................. 198

18. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2010/4 (III-117/1702 d.B.) ................................................................................... 199

Redner/Rednerinnen:

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 199

Oswald Klikovits ..................................................................................................... ... 199

Mario Kunasek ........................................................................................................ ... 200

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 202

Kurt List ................................................................................................................... ... 203

Ing. Erwin Kaipel ..................................................................................................... ... 203

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................ ... 204

Ing. Heinz-Peter Hackl ............................................................................................ ... 205

Ewald Sacher .......................................................................................................... ... 205

Ernest Windholz ..................................................................................................... ... 206

Kenntnisnahme des Berichtes III-117 d.B. ................................................................... 207

19. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unterneh­mungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2009 und 2010 (III-284/1723 d.B.) ................................................................... 207

Redner/Rednerinnen:

Alois Gradauer ........................................................................................................... 207

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 209

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 210

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 211

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 212

Rosemarie Schönpass ........................................................................................... ... 212

Mag. Michael Hammer ............................................................................................ ... 213

Sigisbert Dolinschek .............................................................................................. ... 214

Kenntnisnahme des Berichtes III-284 d.B. ................................................................... 214

20. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes über Reihe Bund  2011/13 (III-285/1724 d.B.) ................................................................................ 214

Redner/Rednerinnen:

Mag. Michael Schickhofer ...................................................................................... ... 215

Johann Singer ......................................................................................................... ... 215

Leopold Mayerhofer ............................................................................................... ... 216

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 217

Mag. Kurt Gaßner ................................................................................................... ... 218

Mag. Christine Lapp ............................................................................................... ... 218

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................ ... 219

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 223

Mag. Christine Lapp (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 225

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 225

Kenntnisnahme des Berichtes III-285 d.B. ................................................................... 230


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 10

21. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Wien (614 St 3/10m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Kurt Gartlehner (1735 d.B.) .................................................................................................................... 230

Annahme des Ausschussantrages ............................................................................... 230

22. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Wien (614 St 3/10m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Werner Amon, MBA (1736 d.B.) .................................................................................................................... 231

Annahme des Ausschussantrages ............................................................................... 231

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Mag. Judith Schwentner, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Rechte und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in der Entwicklungszusammenarbeit (1900/A)(E)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unterstützung für Mehrlingsfamilien (1901/A)(E)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Unterstützung für Familien mit Folgegeburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgeldes (1902/A)(E)

Gerhard Huber, Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhinde­rung des verpflichtenden Erlernens und Absingens der italienischen Hymne an Südtiroler Schulen (1903/A)(E)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend betreute Notwohnung für Betroffene von Zwangsheirat (1904/A)(E)

Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Sensibilisierung von Unternehmen gegenüber Wiedereinsteigerinnen (1905/A)(E)

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erfüllung des Staats­ver­trages von Wien (1906/A)(E)

Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend verpflichtende statistische Erfassung von Abtreibungen (1907/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Änderung der Passverordnung (11253/J)

Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Änderung der Passverordnung (11254/J)

Hannes Fazekas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend „eisige Temperaturen im Bezirksgericht und Justizbildungszentrum Schwechat“ (11255/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Unterlagen des Wolfgang Priklopil in Gewahrsam des Ernst H. (11256/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 11

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend Fortschaffung und Vernichtung von Beweismaterial durch Herrn Ing. Ernst H. (11257/J)

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verschleppung der Verfahren durch willkürliche Gutachtertätigkeit in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren (11258/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Weltagrarbericht – IAASTD (International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development)“ (11259/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Natascha Kampusch und „was man noch ermitteln könnte“ (11260/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien gegen Frau Mag. Margit W. und Herrn Ing. Ernst H. (11261/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend neuen Notenschlüssel (11262/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend strafrechtliche Ermittlungsverfahren in der Causa „Pölfing-Brunn“ (11263/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Belagszahlen in den Justizanstalten und Staatsbürgerschaft der Häftlinge (11264/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rech­nungshofes betreffend die Goldbestände der Oesterreichischen Nationalbank (11265/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Verkehrsachse Paris–Straßburg–Stuttgart–Wien–Bratislava (11266/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrsachse Athen–Sofia–Budapest–Wien–Prag–Nürnberg/Dresden (11267/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Sicherheit an Österreichs Schulen (11268/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend die Überprüfung der Goldbestände der Oesterreichischen Nationalbank (11269/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das Frachtaufkommen im Zuge der Verwirklichung des TEN-T-Projects (11270/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend die Situation von KurzpraktikantInnen und AusbildungspraktikantInnen im öffentlichen Dienst (11271/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 12

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend die Situation von KurzpraktikantInnen und AusbildungspraktikantInnen im öffentlichen Dienst (11272/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Situation von KurzpraktikantInnen und AusbildungspraktikantInnen im öffentlichen Dienst (11273/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Situation von KurzpraktikantInnen und AusbildungspraktikantInnen im öffentlichen Dienst (11274/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend die Situation von KurzpraktikantInnen und AusbildungspraktikantInnen im öffentlichen Dienst (11275/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Situation von KurzpraktikantInnen und AusbildungspraktikantInnen im öffentlichen Dienst (11276/J)

Hannes Weninger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rech­nungshofes betreffend „Landesklinikum Thermenregion Mödling“ (11277/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Übersiedlung des Innsbrucker Bezirksgerichts in den „PEMA-Turm – Headline“ (11278/J)

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Gesetzesbeschlüsse der Landtage in Umsetzung der Ermächtigung der Landesverfas­sungsgesetzgeber zur Ausweitung der Prüfkompetenzen der Landesrechnungshöfe (11279/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend private Nutzung schulischer Ressourcen an der HLT Semmering (11280/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungs­hofes betreffend Vorgänge im Schulungszentrum Fohnsdorf (11281/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen über die zu erwartenden Kosten von Gesetzesinitiativen (11282/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Schmuggel von Drogen insbesondere Methamphetaminen aus der Republik Tschechien nach Österreich (11283/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Steueraufkommen durch die Konzessionsabgabe der Österreichischen Lotterien (11284/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Tages- und Ausflugstourismus als wichtiger Faktor der Tourismusstrategie (11285/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „barrierefreier Tourismus“ für Menschen mit Behinde­rung und ältere Menschen (11286/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 13

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Österreichs Position zu Israel (11287/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend WLAN in Zügen (11288/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Kompetenzen beziehungsweise Zuständig­keiten im Bereich europäischer Angelegenheiten (11289/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend unzureichende Beantwortung der schriftlichen parla­mentarischen Anfrage „Klarstellungen zur Tourismusstrategie“ (11290/J)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Anfragebeantwortung zur Quotenweiterführung“ (11291/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend heimliche Preiserhöhungen (11292/J)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend einen Gesetzesvorschlag im römischen Parlament, der das Absingen der antiösterreichischen Hymne an den Schulen, so auch in Südtirol, verpflichtend vorsieht (11293/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Verunreinigung durch Genmais (11294/J)

Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Verhandlungen über eine Abgeltungssteuer mit der Schweiz (11295/J)

Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Werbung für Kinderlebensmittel (11296/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend die Situation von KurzpraktikantInnen und AusbildungspraktikantInnen im öffentlichen Dienst (11297/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Kriminalitätsentwicklung um Weihnachten (Dezember 2011)“ (11298/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „StPO-Novelle: Strafprozess und Privatbeteiligung – Entwicklung 2011“ (11299/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Sicherheitsanforderungen bei Produkten, Maschinen, Geräten, Ausrüstungen oder deren Teilen – gewerbliche Marktaufsicht in den Jah­ren 2009 und 2010“ (11300/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend ArbeitgeberInnenschulden bei den Gebietskranken­kassen (11301/J)

 

 


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 14

09.05.32Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Cortolezis-Schlager, Einwallner, Dr. Ferdinand Maier, Ing. Hofer, Dr. Winter, Mag. Brunner und Kaufmann-Bruckberger.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich wird durch die Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner und die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter wird durch den Staatssekretär Mag. Andreas Schieder vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung auf ORF 2 von nun an bis zirka 12 Uhr und auf ORF III in voller Länge live übertragen wird.

09.06.33Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen somit zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden, wie bekannt, von den beiden Rednerpulten im Halbrund aus vorgenommen, die Beantwortung durch den Herrn Bundesminister vom Rednerpult der Abgeordneten aus.

Die Redezeit kennen Sie auch: Die Anfragen dürfen nicht länger als 1 Minute dauern, die Hauptantwort 2 Minuten, die Zusatzfragenbeantwortung 1 Minute. Ich werde so wie auch in der Vergangenheit mit der Glocke jeweils auf diesen Ablauf hinweisen.

Bundesministerium für Gesundheit

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen damit zur 1. Anfrage, 135/M, der Frau Abgeordneten Dr. Oberhauser. – Frau Abgeordnete, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Guten Morgen, Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

135/M

„In den Medien wird darüber berichtet, dass man sich auf ein partnerschaftliches Ziel­steuerungssystem im Gesundheitswesen geeinigt hat. – Wie sehen Ihre Vorstellungen und Ziele für ein effizienteres Gesundheitssystem aus?“

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 15

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete, ja, wir haben uns mit den Ländern auf ein Zielsteuerungssystem ge­ei­nigt. Das war sehr entscheidend. Wir haben uns darauf geeinigt, gemeinsam Planung, Steuerung und Finanzierung in den Ländern vorzunehmen. Sozialver­sicherungs­träger, Land und Bund sollen gemeinsam vor Ort steuern.

Darum geht es, dass wir vertraglich fixiert, partnerschaftlich Versorgungsziele, Pla­nungswerte und Versorgungsstrukturen aufbauen können, damit der Patient, die Patientin vor Ort das bekommt, was notwendig ist.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Bundesminister! Neben der geplanten Spitalsreform wird es sicher auch in den anderen Bereichen des Gesund­heitssystems zu neuen Maßnahmen kommen müssen, vor allem, damit man, wenn man im Spitalssektor, sage ich einmal, einspart oder versucht, effizienter zu sein, nicht die Kosten in den anderen Bereichen in die Höhe treibt.

Wie schauen diesbezüglich Ihre Ziele und Vorstellungen aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Erstens: Es geht darum, viele Beiträge dazu zu leisten, Geld in die Prävention zu geben. Es ist ein wichtiger Schritt, zu schauen, dass die Menschen erst gar nicht krank werden. Ich habe daher begonnen, dem Thema Ernährung viel Aufmerksamkeit zu widmen. Ich habe 10 Mil­lionen € dazu verwendet, den Nationalen Aktionsplan Ernährung tatsächlich umzu­setzen. Es geht um das Projekt „Präoperative Diagnostik“, damit der Zusammenhang zwischen der Behandlung im Vorfeld und im Krankenhaus hergestellt wird. Es geht um die Frage ambulante Versorgung: Wie können wir die ambulante Versorgung ver­bessern, Tageskliniken ausbauen? Das ist aus meiner Sicht sehr entscheidend. Und ein wichtiger Schritt wird sein, die Frage elektronischer Gesundheitsakt umzusetzen. Damit wird es gelingen, besser zu planen und umzusetzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Wöginger, bitte.

 


Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Bundesminister, derzeit laufen ja die Gespräche mit den Bundesländern zur Gesundheitsreform. Die Schritte in den einzelnen Ländern sind unterschiedlich weit. Zum Beispiel Oberösterreich, mein Bun­desland, hat im Bereich der Spitalsreform schon wichtige Punkte umgesetzt. Ein wichtiger Punkt der Gesundheitsreform ist aber auch die verstärkte Zusammenarbeit mit der Krankenversicherung auf Ebene des jeweiligen Bundeslandes.

Meine Frage zum Bundesland Wien: In Floridsdorf wird ein neues Spital errichtet. Wir vermissen da die Zusammenarbeit mit der Sozialversicherung, beispielsweise mit dem Hanusch-Krankenhaus oder mit dem Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus. Da könnte man Synergien nutzen.

Was haben Sie, Herr Minister, als Aufsichtsbehörde der Kranken- und Unfallver­sicherung unternommen, um mehr Zusammenarbeit mit den Wiener Krankenanstalten zustande zu bringen, und haben Sie darüber mit der Wiener Gesundheitsstadträtin Wehsely gesprochen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 16

e.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, es geht darum, die Wiener Situation zur Kenntnis zu nehmen und zu akzeptieren, dass in Wien ein großer Schritt der Gesundheitsreform stattfindet. Die Wiener Landesregierung geht davon aus, die Krankenanstalten in Wien zu optimieren, und hat dazu einen Plan erarbeitet, auf Ebene des Landes Wien.

Ich habe, was die konkrete Frage betrifft, die Zusammenarbeit der Sozialversiche­rungsträger in allen meinen Aktivitäten gestärkt. Ich verlange von allen Sozialver­sicherungsträgern, dass sie in ihrem Leistungsgeschehen zusammenarbeiten. Zum Beispiel hat das Hanusch-Krankenhaus mit der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft zusammengearbeitet, um in einer kritischen Situation ihre Patientinnen und Patienten zu versorgen. Es gibt ständig Abgleiche der Leistungen beider Träger: Unfallversicherung, Hanusch-Krankenhaus.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schenk.

 


Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister, die Zielsteue­rung, die in den Medien angekündigt wurde, wurde angesprochen. Das stimmt ja nur insofern, als die Ziele bekannt sind, aber nicht, wie man diese Ziele erreichen will und welche Kontrollen und Sanktionen es im Hinblick auf diese Ziele gibt.

Meine Frage an Sie ist: Wie sehen die Kontrollen und Sanktionen im Zusammenhang mit diesen Zielen aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Es geht bei der Ziel­steue­rung darum, im ersten Schritt jetzt einmal die Ziele gemeinschaftlich zu definie­ren. Ich denke, ein wesentlicher Schritt zur Zielerreichung ist, dass die Ziele gemeinschaftlich definiert werden, dass etwas ganz Neues entsteht, nämlich die Behandlungsziele aus den Bedürfnissen, aus dem Bedarf der Patienten zu entwickeln und diese dann ge­mein­sam umzusetzen.

Die Konsequenzen, die Sanktionen sind gemeinsam zu vereinbaren, und wir befinden uns da in einem Diskussionsprozess mit den Partnern Sozialversicherung, Länder und Bund.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Grünewald.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Die Gesundheitsplattformen der Länder haben ja bestehende Machtverhältnisse und Strukturen, Schnittstellen eher zementiert als abgebaut, durch unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse und so weiter. Die Erwartungen wurden nicht erfüllt.

Wie können Sie sich eine Umgestaltung zu einem funktionierenden Landesgesund­heitsplattformsystem vorstellen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Ich teile die Auffassung, dass diese vielschichtigen Gesundheitsplattformen in den Bundesländern unter­schied­lich wirken. Ich denke, es ist in der Zukunft notwendig, dass wir ein einheitliches Spi­tals­gesetz, das ich eingebracht habe, umsetzen werden und dass, was die Ge­staltung der Plattformen anlangt, diese in Österreich gleichermaßen gestaltet werden. Dazu ist ein Diskussionsprozess eingeleitet worden, und ich gehe davon aus, dass die Länder diesen auch mittragen werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 17

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister, es ist im Sparpaket vorgesehen, dass 3,5 Milliarden € auf Sicht eingespart werden sollen. Es ist aber auch eine Binsenweisheit, dass man Milliarden von Euro nicht einsparen kann, ohne dabei an den Patienten zu sparen. Und es ist eigentlich unseriös, trotz der tiefen Einschnitte den Patienten zu erklären, dass die Qualität da noch gesteigert werden kann.

Jetzt ist es so, dass im Zusammenhang mit dem Sparpaket unsichere Einnahmen prognostiziert wurden. Man spricht bereits davon – das haben wir auch gestern gehört –, dass ein großer Teil wegbrechen wird. Die Finanztransaktionssteuer wird ja vermutlich nicht kommen. Das Steuerabkommen mit der Schweiz ist auch in weite Ferne gerückt. 1,5 Milliarden € fehlen dann noch zusätzlich. Das heißt, diese unsiche­ren Einnahmen müssten auf der anderen Seite durch fixe ausgabenseitige Ersparnisse hereingebracht werden.

Meine Frage ist: Warum geht man nicht her und versucht, durch eine fixe Zusam­menlegung verschiedener Krankenkassen mehrere Milliarden einzusparen, wie das auch viele Experten fordern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, erstens: Ich teile nicht Ihre Auffassung, wie das Stabilitätspaket wirken wird.

Was haben wir im Gesundheitssystem entwickelt und festgelegt? – Ein wesentlicher Aspekt war, dass wir Kostendämpfungspotenziale heben wollen. Wir wollen eine Weiter­entwicklung des Gesundheitssystems auf der Ebene der Wertschöpfung in diesem Land. Wir wollen Steigerungsraten entsprechend der Wertschöpfung, der Steigerung des Bruttoinlandproduktes haben. Darauf haben wir unsere Leistungen aufgebaut. Das wird bedeuten, dass wir im Gesundheitssystem mehr Geld zur Ver­fügung haben, und damit können wir sicherstellen, dass die gute Qualität der öster­reichischen Gesundheitsversorgung, der Zugang der Menschen zu den Leistun­gen aufrechterhalten werden kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 2. Anfrage, 138/M, von der Frau Abgeordneten Durchschlag. – Bitte.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Herr Bundesminister! Sie haben die geplante Gesundheitsreform bereits angesprochen, bei der es ja in jedem Bundesland quasi eine Steuerung, Finanzierung und so weiter aus einer Hand geben soll. Kosten sollen dadurch eingespart werden, dass aus den Spitalsambulanzen in den meist kostengünstigeren niedergelassenen Bereich verlagert werden soll.

Welche konkreten Kostenersparnisse erwarten Sie sich durch die geplante Gesund­heitsreform?

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 138/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche konkreten Kostenersparnisse sollen im Rahmen der geplanten Reform des Gesundheitswesens, bei der das Gesundheitswesen in jedem Bundesland gemeinsam mit der Krankenversicherung geplant, gesteuert und finanziert werden soll, durch die Verlagerung von Behandlungsleistungen aus den Spitalsambulanzen in den meist kostengünstigeren niedergelassenen Bereich österreichweit erreicht werden?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Abgeordnete! Erstens: Ich habe schon einiges von der Gesundheitsreform umgesetzt. Ich erinnere daran, mit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 18

der Kassenreform ist es gelungen, ein Kostendämpfungspotenzial von 1,7 Milliarden € auf die Beine zu stellen. Wir haben tatsächlich damit begonnen, Sozialversicherungen mit den Vertragspartnern, die Leistungen aufrechtzuerhalten und trotzdem Kosten­dämpfungen zustande zu bringen, und zwar in sechs Feldern: ärztliche Leistung, Transporte, Medikamente, im Bereich Physiotherapie, im Bereich Heilbehelfe und Hilfs­mittel und natürlich in der Verwaltung. Das ist aus meiner Sicht sehr entscheidend.

Wichtig ist, dass die richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort erbracht werden kann. Und das sind die zentralen Fragen einer Gesundheitsreform, die ich mit den Ländern und Sozialversicherungen ganz intensiv diskutiere und auch umsetzen werde.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Durchschlag, bitte.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Unserem Gesundheitssystem wird ja immer bescheinigt, dass es ein sehr exzellentes ist. Es gibt allerdings auch Bereiche, die auch finanziell noch ein bisschen Aufholbedarf haben.

Jetzt meine Frage dazu: Welche konkreten Maßnahmen haben Sie ausgearbeitet beziehungsweise vorgeschlagen, um die enormen Kostensteigerungen, die es im Gesundheitswesen gibt, einbremsen zu können, und wie viel Geld wird dadurch für die dringend benötigten Verbesserungen, beispielsweise in der Rehabilitation, aber auch bei der psychologischen Versorgung, frei?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Erstens: Ich habe bereits mit der Umsetzung des Österreichischen Strukturplans Gesundheit 2010 begonnen, die Flexibilität in den Krankenanstalten zu erhöhen.

Es geht immer darum, dass wir nicht mehr nach Institutionen denken, sondern dass im Mittelpunkt steht, was die Patientinnen und Patienten brauchen. Da geht es darum, mehr tagesklinische Leistungen, wochenklinische Leistungen zu erbringen. Es geht darum, Pflegefälle zu vermeiden, und natürlich geht es auch darum, die Zahl der Betten in den Krankenanstalten auf das zu reduzieren, was die Bevölkerung tatsächlich braucht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haubner.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Bundesminister, es ist eine Möglichkeit, Behandlungskosten zu optimieren, indem man sie in den kostengünstigeren nieder­gelassenen Bereich auslagert, eine andere Möglichkeit ist, vermehrt in Prävention und in Vorsorge zu investieren.

Laut einer aktueller Umfrage sagen 88 Prozent der Befragten, dass sie sich ein Anreizsystem für eine gesunde Lebensführung vorstellen könnten.

Meine Frage an Sie: Was ist von Ihrer Seite geplant? Planen Sie Anreize, damit die Menschen selbstbestimmt und eigenverantwortlich für ihre Gesundheit vorsorgen können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Abgeordnete, der Anreiz für Gesundheitsvorsorge ist Gesundheit. Die Menschen sollen gesund bleiben. Das ist Anreiz genug. Und wie unterstütze ich, dass Menschen gesund bleiben kön­nen?


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 19

Erstens: Ernährung ist die erste Medizin. Es geht um das Thema Nahrung, darum, wie Menschen zu Nahrung kommen. Ich habe gezielt einen Nationalen Aktionsplan Ernährung eingeleitet.

Zweitens: Es geht um die Frage gesund bleiben, Bewegung. Das ist ein wichtiges Thema. Auch da arbeiten wir daran, dass Menschen gesund bleiben.

Und der dritte große Schwerpunkt ist betriebliche Gesundheitsförderung. Immer mehr Betriebe machen da mit. Durch betriebliche Gesundheitsförderung unterscheidet sich ein gutes Management von einem schlechten. Gute Manager betreiben betriebliche Gesundheitsförderung, und das führt dazu, dass die Menschen gesund bleiben.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Grünewald.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn man Kostenersparnisse rechnen will, muss zuerst einmal etwas passiert sein. Wenn Leistungen von den Spitälern in den niedergelassenen Bereich ausgelagert werden, bedarf es vieler Maßnahmen, Lehrpraxen, eines verbesserten Ausbildungs­kanons für AllgemeinmedizinerInnen, eines virtuellen Topfes niedergelassener, statio­närer Bereich. Welche Begleitmaßnahmen haben Sie vor? Diese werden ja auch nicht kostenlos sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Natürlich braucht das alles eine Einbettung in ein Gesamtsystem. Ein wichtiges System ist die Frage der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten. Das ist sehr entscheidend. Diese müssen patien­tenorientierter ausgebildet werden. Ich lade alle Medizinischen Universitäten in Österreich ein, der Frage der Prävention im Studium größeres Augenmerk zu schen­ken. Das ist nicht meine Aufgabe. Ich lege sehr großen Wert darauf, dass die prak­tische Ausbildung in der Allgemeinmedizin verbessert wird, dass der Ausbildungs­bereich sich mehr der Prävention widmet und dem Bedarf an chronischen Erkrankun­gen angepasst wird. Das sind Maßnahmen, die gesetzt werden müssen.

Mir ist es wichtig, dass wir einen Zugang zur Medizin haben. Ich habe auch folgende Veränderung veranlasst: Damit Gruppenpraxen gebildet werden können, bedarf es eines neues Konzepts der Behandlung von Patientinnen und Patienten in der Region, und dazu braucht es ein Haus der Gesundheit in der Region.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck.

 


Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Klar ist, dass die Patienten von den Ambulanzen hin in den niedergelassenen Bereich gelotst werden sollen. Dazu braucht es aber, wie schon gehört, eine Strukturverbesserung. Eine Strukturverbesserung wäre es natürlich, wenn Ärzte Ärzte anstellen dürften. Dadurch könnten die Strukturen in den Praxen effizienter gestaltet werden.

Eine weitere Tatsache ist, dass die Zahl der Praxen auf dem Land in den letzten zwanzig Jahren mit 10 000 gleich geblieben ist, obwohl die Bevölkerungszahl um eine Million gestiegen ist.

Meine Frage noch einmal: Wie stehen Sie zu der Forderung, dass Ärzte Ärzte anstellen dürfen, damit die Struktur verbessert wird, vor allem auch zu den Nacht­zeiten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 20

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter! Ärzte dürfen Ärzte anstellen, das ist in Österreich möglich. Sie brauchen sich nur nach dem Krankenanstaltengesetz einen Bedarf feststellen zu lassen. Das ist in Österreich möglich. Daher ersuche ich Sie, das noch einmal genauer anzusehen. Es gibt auch viele Ärzte und Ärztinnen, die bei anderen Ärzten in Ambulatorien angestellt sind, das ist möglich.

Ich denke, dass man aufpassen und schauen muss, was wir brauchen. Wir brauchen die richtige Versorgung für Patientinnen und Patienten. Und es geht nicht um die Frage, wo eine Leistung leichter oder billiger zu erreichen ist, sondern es geht darum, dass der Patient, die Patientin dort behandelt wird, wo er/sie mit bester Qualität und mit Erzielung eines besseren Ergebnisses behandelt werden kann. Das kann einmal das Spital und ein anderes Mal der niedergelassene Bereich sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Csörgits.

 


Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Die öffentlichen Gesundheitsausgaben werden im Jahr 2011 voraussichtlich 21 Milliarden € betragen. Das sind 6,9 Prozent des BIP. Wie werden sich die öffentlichen Gesund­heitsausgaben nominell und bezogen auf das BIP bis zum Jahr 2020 entwickeln, wenn es keine zusätzlichen Leistungen zur Kostendämpfung gibt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Abgeordnete, das ist tatsächlich ein Riesenproblem. Die Gesundheitsausgaben werden bis zum Jahr 2020 auf knapp 32 Milliarden € ansteigen, also um 53 Prozent, wenn wir dem nicht gegen­steuern. Und Ziel des Strukturpaketes, der Gesundheitsreform ist, dem gegenzu­steuern und sicherzustellen, dass wir auf höchstem Niveau Gesundheitsleistungen anbieten können, aber in jenem Ausmaß, in dem sich auch die Wirtschaft weiter­entwickelt, damit wir dieses gute Gesundheitssystem auch aufrechterhalten können. Wir wollen, dass der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt gleich­bleibt und damit sichergestellt werden kann, dass die Menschen versorgt werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 3. Anfrage, 140/M, von der Frau Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Bundesminister! Im Zuge des Sparpaketes sollen die Länder ja weit über 2 Milliarden € einsparen. Letzte Woche hat der oberösterreichische Landeshauptmann Pühringer via Medien verlauten lassen, es gebe noch lange keine Einigung und er halte es für unmöglich, dass vor dem Sommer eine Einigung zwischen Bund und Ländern stattfinden wird.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen:

140/M

„Wie wollen Sie noch vor dem Sommer eine Einigung mit den Ländern bezüglich einer Spitals- und Gesundheitsreform erzielen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Abgeordnete, ich habe im November 2010 begonnen, einen Weg in Richtung Gesundheitsreform zu gehen. Ich habe dazu die Länder, die Sozialversicherung und den Bund eingeladen. Wir sind in der Steuerungsgruppe übereingekommen. Wir haben viele Diskussionen und auch Verhandlungen geführt und Eckpunkte vereinbart, die auch akzeptiert worden sind,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 21

nämlich Stärkung der Rolle des Bundes, was Qualität und Transparenz betrifft. Wir haben uns auf ein partnerschaftliches Zielsteuerungssystem geeinigt, und wir haben in der letzten Bundesgesundheitskommission drei wesentliche Vereinbarungen getroffen, nämlich den Status der Finanzierung festgestellt, ein Steuerungstool und ein Planungs­tool entwickelt, und wir haben uns einvernehmlich über Versorgungsprozesse und Strukturen geeinigt. Das sind gute Voraussetzungen. Ich gehe davon aus, dass wir die Einigung bis zum Sommer punktuell haben werden. Ich gehe auch davon aus, dass dann der gesetzgeberische Prozess beginnen wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Belakowitsch-Jenewein.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Bundesminister, Sie haben es jetzt selbst erwähnt. Sie haben sich in der letzten Sitzung eben auf eine gemeinsame Planung und Steuerung beziehungsweise Finanzierung von Spital- und Gesundheitswesen geeinigt. Meine Frage geht dahin: Ist in diesem Bereich auch die Langzeitpflege eingebunden, und wie weit ist da die Einigung? Sie sagen zwar, Sie gehen davon aus, dass es vor dem Sommer stattfinden wird, Sie sind mir aber die Antwort schuldig geblieben, wie das genau funktionieren soll, wenn Landeshauptmann Pühringer sagt, er schließt aus, dass es vor dem Sommer eine Einigung geben wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Ich bin nicht dazu da, die Aussagen von Landeshauptmann Pühringer zu interpretieren, aber ich habe es so verstanden, dass Pühringer gemeint hat, der Gesetzgebungsprozess wird im Juni nicht abgeschlossen sein, und diese Sicht teile ich auch.

Es geht jetzt darum, dass wir zielgerichtet mit den Beamtinnen und Beamten der Länder, der Sozialversicherung, meines Hauses in dieser Frage die nächsten Schritte setzen, dass wir die Grundsatzeinigung erreichen und dass wir uns auch darüber ver­ständigen, was die Grundelemente einer weiteren 15a-Vereinbarung sein werden. Das werden wir, davon gehe ich aus, bis zum Sommer erreichen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Haber­zettl.

 


Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Bundesminister! Neben einer Spitalsreform wird unser Gesundheitssystem auch noch andere Maßnahmen benötigen, um in Zukunft nicht mehr die Fokussierung auf die Spitäler zu haben. Es stellt sich natürlich die Frage, wie groß die Gefahr ist, dass auch Kosten in andere Bereiche verschoben werden. Und mich würde interessieren, welche Vorstellungen Sie haben, um eine Kostenverschiebung in andere Bereiche im Gesundheitsbereich zu verhindern.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, das ist ein ganz entscheidendes Thema, nämlich keine Kostenverschiebungen zu machen. Das war bisher. Bisher hat sich immer ein Bereich auf Kosten des anderen saniert, und jetzt geht es darum, dass man gemeinsam überlegt, wie man die Versorgung im Interesse einer Patientin, eines Patienten umsetzen kann, und das braucht Zusam­menarbeit. Das braucht Zusammenarbeit auf der Ebene der Länder, wo Planung, Steuerung und in Zukunft auch gemeinsame Finanzierung stattfinden sollen und überlegt werden soll, wie die Deckung eines Bedarfs vor Ort organisiert werden kann. Das braucht einen neuen Zugang. Das braucht einen großen Schwerpunkt auch auf Gesundheitsvorsorge und deren Organisation vor Ort. Es geht auch um die Stärkung der ambulanten Versorgung. Ich habe bewusst das Thema der Gruppenpraxen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 22

gefordert und auch umgesetzt. Diese Themen müssen verstärkt werden. Im Kassen­sanierungspaket sind viele Elemente, die in diese Richtung gehen, umgesetzt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Steibl, bitte.

 


Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ja, die Spitals- und Gesundheitsreform ist eine notwendige Maßnahme, die ansteht.

Der Rechnungshof hat kritisiert, dass das Burgenland offenbar kein Interesse daran hat, für die Krankenanstalt Kittsee eine sinnvolle Zusammenarbeit mit Hainburg zu vereinbaren. Ähnlich ist auch die Situation in Oberwart, das viel mehr mit Hartberg in der Steiermark zusammenarbeiten könnte. Wie beurteilen Sie diese Versäumnisse, und wie ist der aktuelle Stand bei der Umsetzung des Bundes-Kranken­anstalten­gesetzes in den einzelnen Bundesländern, insbesondere natürlich im Burgenland?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Abgeordnete, es ist genau das Ziel, in Österreich die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern zu verbessern. Im Dezember hat dieses Haus ein neues Krankenanstaltengesetz be­schlos­sen, das Flexibilität in den Krankenanstalten ermöglicht. Das Burgenland hat gerade am Standort Güssing viele Veränderungen gesetzt und geht in Richtung Optimierung der Versorgung. Das ist ein Positivbeispiel bei den Krankenanstalten. Es gibt viele Bereiche, wo das gut umgesetzt wird. Die Kritik des Rechnungshofes soll ein Zeichen dafür sein, noch mehr nachzudenken und noch mehr Kooperationen einzu­gehen. Und ich gehe davon aus, dass das alle Landesregierungen in Österreich um­setzen werden, auch die burgenländische.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Spadiut.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Minister! Bei der tiefgreifenden Spitalsreform sind Sie an den Landeshauptleuten gescheitert, das muss man wirklich feststellen.

Die von uns gemachten Vorschläge zur Sicherung der Finanzierung unseres Gesund­heitswesens wie Zusammenlegung der 22 Sozialversicherungsträger, einheitliche Tarifordnung, einheitliche Leistungskataloge sind für Sie kein Thema.

Sie sprechen von Zusammenarbeit, Sie sprechen davon, dass Sie auf die Zusam­menarbeit in den Ländern setzen, nur würden diese Maßnahmen zu wenig sein. Die Österreicher und Österreicherinnen glauben gemäß ÖKONSULT-Umfrage nicht an das österreichische Gesundheitssystem in der bestehenden Form, sind aber überzeugt davon, dass beim Gesundheitswesen wesentliche Einsparungen auch ohne Leistungs­kürzungen für die Versicherten möglich sind.

Meine Frage: Welche Gesetzesinitiativen, die tatsächliche Reformen beinhalten, legen Sie, Herr Minister, dem Parlament in den verbleibenden Monaten Ihrer Amtszeit vor?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, etwas, was ich ganz sicher vorlegen werde, wird eine neue Artikel-15a-Vereinbarung sein, wo man gemeinsam mit den Partnern im Gesundheitssystem, Länder, Sozialversiche­rungen, versucht, die Zukunft der Gesundheitsversorgung niederzulegen. Da wird es viele Elemente der Stärkung des Bundes in der Spitalsversorgung, der Kooperation geben, das werden die großen Schwerpunkte sein. Darüber hinaus habe ich auch noch vor, viele Gesetze im Bereich der Prävention, der Qualität vorzulegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 23

Gestern habe ich ein Gesetz über die Gestaltung von Schönheitsoperationen in Begutachtung gegeben. Auch in dieser Hinsicht werde ich den Nationalrat bitten, die Qualität der Versorgung in Österreich zu verbessern.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Grünewald.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Um bloße Kostenverschiebungen zu vermeiden, bedarf es zumindest eines gemeinsamen Finanzierungstopfes, der den niedergelassenen stationären Bereich umfasst. Und zweitens fällt auf, dass die Kassen trotz hoher Finanzierungsleistung kaum einen Gestaltungsbereich im stationären Sektor, also bei den Spitälern haben.

Wie wollen Sie beides angehen? Und was sind Ihre Pläne, auch die Kassen dies­bezüglich zu stärken und den Hauptverband?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, das ist genau die Gesundheitsreform. Es geht darum, Zusammenarbeitsformen zu finden. Es geht darum, Planung, Steuerung und Finanzierung in den Ländern in eine gemeinsame Verantwortung zu legen. Ich möchte keine Töpfe, die dann nicht finanziert werden. Wir brauchen gemeinsame Planung, Steuerung und Verantwortung und Konsequenzen, wenn man das nicht tut. Das ist genau die Auseinandersetzung im Rahmen der Gesund­heitsreform.

Die Bundesländer sind auch bereit, hier mitzugehen, und sie sind auch bereit, die Krankenversicherungsträger in die Spitalsplanung miteinzubeziehen, aber auch umgekehrt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 4. Anfrage, 141/M, des Herrn Abgeordneten Dr. Grünewald. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Ihr Ministerium verfügt nicht über die notwendigen Kompetenzen, um sich wirklich im Gesundheitsbereich, und zwar flächen­deckend und spartengemäß, durchzusetzen. Halten Sie die 15a-Verträge wirklich für so positiv, oder sollte hier nicht mehr Bundeskompetenz angestrebt werden?

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 141/M, hat folgenden Wortlaut:

„Vertreten Sie die Auffassung, dass Sie als Gesundheitsminister über ausreichend verfas­sungsrechtliche Kompetenzen verfügen, um die dringend notwendige Gesund­heitsreform gegenüber den Bundesländern umzusetzen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Dies ist eine aus meiner Sicht sehr wichtige Frage, nämlich wie man mit der Verfassungslage in Österreich umgeht. Ich habe sehr, sehr klar gesagt, wir brauchen im Gesundheitswesen in Öster­reich eine einheitliche Regelung, und ich stelle mir ein einheitliches Spitalsgesetz für ganz Österreich vor.

Als Bundesminister habe ich die österreichische Verfassung so zur Kenntnis zu nehmen, wie sie ist. Und da gibt es mehrere Instrumente. Ein Instrument ist eine Artikel-15a-Vereinbarung, und ich habe dieses Instrument zu nutzen. Ich habe auch meinen Beamtinnen und Beamten den Auftrag gegeben, einen Vorschlag zu erar­beiten, wie wir erstens die Verfassungslage verbessern können, damit es eine österreichweite Steuerung und Planung auch geben kann. Zweitens habe ich auch den Auftrag erteilt, einen Vorschlag für ein einheitliches Spitalsgesetz auch in die Diskus-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 24

sion miteinzubringen und zu erarbeiten, und das ist Teil meiner Gesundheitsreform. Wir diskutieren das mit den Ländern und den Sozialversicherungen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Grünewald.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das wird mit Sicherheit nicht nach dem Sommer geschehen, außer wir verlängern diesen bis zu Ostern. Ich habe gestern aufgezeigt, dass Artikel-15a-Vereinbarungen teilweise komplett ignoriert werden, komplett! Wie wollen Sie das abstellen und sicherstellen, dass diese auch nachhaltig wirken und das umgesetzt wird, was in diesen Papieren drinnen steht?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Artikel-15a-Vereinbarungen müssen gesetzlich umgesetzt werden; dazu brauche ich die Zustimmung des Parla­ments; dazu brauche ich die Zustimmung aller neun Bundesländer. Ich gehe davon aus, dass die rechtlichen Grundlagen in diese Richtung geschaffen werden. Das liegt in der politischen Verantwortung auch dieses Hauses, des Bundesrates und auch der Landtage.

Ich sage aber eines ganz deutlich: Die Menschen in Österreich wollen, dass wir das gute Gesundheitssystem aufrechterhalten. Da hat sich einiges verändert. Und wir müssen in der Zukunft die gesetzlichen Rahmenbedingungen diesen Veränderungen anpassen, und das wird Thema einer nächsten Artikel-15a-Vereinbarung sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Bundesminister, wenn Sie sagen, Sie wollen einen bundesgesteuerten Spitalsplan haben, dann stellen sich folgende Fragen: Mit welchen Ländern sind Sie da schon in Verhandlung getreten? Gibt es von den Ländern Signale, dass sie Kompetenzen an den Bund in dieser Hinsicht abgeben werden, und, wenn ja, welche Länder sind bereit, Kompe­tenzen abzugeben? Mit welchen sind Sie sozusagen schon einig, mit welchen stehen Sie kurz vor einer Einigung? Welche Länder lassen Sie noch ein bisschen zappeln?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete! Wir haben einen Prozess aufgesetzt, bei dem alle Bundesländer dabei sind. Diese werden durch den Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Pühringer und durch die Stadträtin Mag. Sonja Wehsely vertreten. Auch die Sozialversicherung ist mit dabei und auch der Bund. Dieser ist durch die Finanzministerin und mich vertreten.

In dieser Arbeitsgruppe haben wir einige dieser Themen angesprochen, und es gibt auch eine Zustimmung der Bundesländer, dass in der Frage der Qualität der Gesund­heitsversorgung, dass in der Frage Steuerung und Planung, überregionale Versorgung die Kompetenzen des Bundes gestärkt werden sollen. Da gibt es mittlerweile bereits positive Signale. Es gibt auch einige Landeshauptleute, die gesagt haben, das Gesundheitswesen soll mehr vom Bund aus gesteuert werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Spindelberger.

 


Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Bundesminister! Wenn ich mir die Spitalslandschaft in Österreich anschaue, dann kann ich sie, so wie sie sich derzeit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 25

darstellt, nicht nachvollziehen. Ich sage das deswegen: Ich fahre von Kapfenberg nach Wien ins Parlament, und im Süden Niederösterreichs werden Krankenhäuser en masse neu gebaut, aber in der Steiermark wiederum lässt die Landesrätin Mag. Edlinger-Ploder Krankenhäuser wie jenes in Mariazell sperren – noch dazu, wo wir dort keine ärztliche Versorgung haben.

Sie haben vorhin gesagt, dass es Ziel ist, ein gemeinsames Zielsteuerungssystem von Bund, Ländern und Sozialversicherung in Gang zu bringen, und da habe ich folgende Frage:

Welche Auswirkungen hat das letztendlich auf die Bevölkerung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, das wird folgende Auswirkung auf die Bevölkerung haben – ich sage das immer –: Wir brauchen das Haus der Gesundheit vor Ort, und in Kenntnis des Umfeldes in einer Region muss man den Bedarf einer Region definieren, muss dann überlegen, wie man diesen Bedarf abdecken und alle Instrumente, die man in der Region zur Verfügung hat, auch nutzen kann. Das kann in einem Bezirk anders sein als in einem anderen.

Wichtig ist, dass man die Versorgung sicherstellen kann, dass man die Bedienung der unterschiedlichen Bedarfe sicherstellen kann. Ich nenne ein Beispiel: Vor 20 Jahren hat der Aufenthalt in einer Krankenanstalt 14 Tage gedauert. Heute sind es vier Tage. (Zwischenruf des Abg. Markowitz.) Das schafft andere Voraussetzungen. Und mit meinem Vorschlag, in der Region die Qualität zu verbessern, Flexibilitäten zu erhöhen, vielleicht auch in einer Standardkrankenanstalt von einer Schwerpunktkrankenanstalt eine Leistung zu bekommen, mit diesem Weg wird sich die Versorgung in der Region verbessern und auch die Qualität erhöhen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Rasinger.

 


Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Herr Minister! Eine Bundeskompetenz für Krankenanstaltenrecht würde ja per se noch keinen einzigen Euro einsparen, kein einziges Problem lösen und per se keine Verbesserung bringen. Im Gegenteil! Zen­tralisierung kann wahrscheinlich gar kein Ziel sein, wenn ich mir die Erfahrungen in England anschaue, wo man jetzt genau den anderen Weg geht. Die Vollziehung müssten ja so und so die Länder machen und dann mit Verordnungen agieren; der einzige Unterschied wäre, dass der Landtag nicht mehr mitentscheiden kann.

Halten Sie das für eine demokratische Verbesserung?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Es geht nicht um Zentralisierung, ganz im Gegenteil. Es geht darum, dass man vor Ort schaut, wie man die Versorgung organisieren kann. Derzeit ist es so, dass ein Bereich, zum Beispiel die niedergelassenen Ärzte, von den Sozialver­siche­rungen und der Ärztekammer getragen und darüber entschieden wird, die Spitals­landschaft von den Ländern – und die beiden reden nicht miteinander. Es geht darum, das zu vereinheitlichen, auch über Bundesländergrenzen hinweg.

Wenn Sie das Krankenhaus Steyr ansehen, werden Sie merken, dass das halbe Umfeld dieses Krankenhauses in einem anderen Bundesland liegt. Wir haben viele Krankenhäuser, die in einem anderen Bundesland wirken. Das macht auch deutlich, dass wir eine einheitliche Rechtslage brauchen, um dann der Landesregierung unter einheitlichen Rahmenbedingungen die Chance zu geben, das Beste in dieser Region zu entscheiden.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 26

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Markowitz.

 


Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Minister, ich habe mir das jetzt angehört. – In 18 Monaten endet Ihre Amtszeit. Sie wissen ganz genau, dass wir Strukturreformen brauchen, und ich denke jetzt schon – weil ich mir gerade den Vorredner angehört habe –: Es wird sich wieder nicht ausgehen.

Jetzt ist meine konkrete Frage: Wie werden Sie das in den nächsten 18 Monaten anlegen, dass wir eine solche Strukturreform bekommen, dass das ganze System leistbar wird? – Denn Ihre Aufgabe ist ja ganz klar dafür zu sorgen, dass wir ein Gesundheitssystem haben, dass die Österreicherinnen und Österreicher auch weiterhin in ein Krankenhaus gehen können und das ganze System erhalten bleibt – und das Ganze natürlich kostengünstig.

Weil Sie vorher vier Tage statt 14 Tage Aufenthaltsdauer angesprochen haben: Das heißt aber auch nicht, dass die ÖsterreicherInnen gesünder geworden sind, das heißt nur, dass alles schneller abgewickelt wird. Also wir wollen weiterhin ein System haben, das für alle Österreicherinnen und Österreicher leistbar ist, und deswegen meine Frage:

Wie setzen Sie das in den nächsten 18 Monaten um? (Ruf: Überhaupt nicht!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, so, wie ich es in den letzten drei Jahren im Bereich der Krankenkassen umgesetzt habe, wo wir nämlich eine Kostendämpfung von 1,7 Milliarden € schaffen und trotzdem die Leistungen im Gesundheitssystem in Österreich ausgeweitet haben.

Ich erinnere daran, dass wir es jetzt, in der Krise, erstmals geschafft haben, dass alle Menschen, die in Österreich leben, krankenversichert sind (Beifall bei der SPÖ), und wir haben trotzdem durch die Kostendämpfung gespart. Und die Krankenkassen können berichten, dass sie sogar erfolgreicher sind, als wir das geplant haben.

Also so werde ich das auch in Zukunft umsetzen, nämlich gemeinsam mit den Ländern, der Sozialversicherung und dem Bund darauf zu achten, was die Patien­tinnen und Patienten brauchen, um die Qualität zu erhöhen. Und ich sage, wo wir gute Qualität haben, werden wir am Ende auch in den Kosten besser dastehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 5. Anfrage, 137/M, jener des Herrn Abgeordneten Dr. Spadiut. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Minister, die vielen österreichischen Sozialversicherungsträger verlangen für dieselben Leistungen verschiedene Beiträge. So zahlen Selbständige für die Krankenversicherung 7,65 Prozent ihres Einkommens und haben einen Selbstbehalt von 20 Prozent. Bauern zahlen für die Behandlung ihrer Kinder keinen Selbstbehalt, was sehr positiv ist. Für Arbeiter und Angestellte sind 7,6 Prozent vom Dienstnehmer und Dienstgeber zu gleichen Teilen zu bezahlen; Selbstbehalt gibt es keinen.

Das Gleiche gilt bei den Ärzten: Die Ärzte erhalten für dieselbe Leistung je nach Ver­sicherung sehr unterschiedliche Honorare. Das geht bis zum Fünffachen der nied­rigsten Bezahlung: Ein Arzt bekommt zum Beispiel für eine Tagesordination bei dringender Hilfeleistung von der Wiener Gebietskrankenkasse 5,09 €, von der Ober­österreichischen Gebietskrankenkasse 7,96 € und von der Sozialversicherungsanstalt 25,41 €.

Meine Frage, Herr Minister, lautet:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 27

137/M

„Werden Sie im Rahmen der Gesundheitsreform dafür sorgen, dass die Österreicherin­nen und Österreicher für dieselben Beiträge dieselben Leistungen und Ärzte für dieselben Leistungen dieselben Honorare erhalten?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Wir haben in Österreich eigentlich den gleichen Beitragsprozentsatz – wir haben möglicherweise unterschiedliche Beitragsgrundlagen bei den Selbständigen, weil da eine andere Basis vorhanden ist – und wir haben Selbstbehalte.

Wir haben im österreichischen Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz für ganz Österreich ein gleiches Leistungssystem, und wir haben in den Krankenfürsorgen sichergestellt, dass mindestens das Leistungssystem des ASVG vorhanden sein muss.

Wir müssen – und das ist mein ganz klares Ziel – Selbstbehalte im österreichischen Gesundheitssystem abbauen, weil Selbstbehalte immer zulasten kranker Menschen gehen. Ich bin froh, dass der Vorsitzende der Krankenversicherung der Beamten gesagt hat: Auch wir werden die Selbstbehalte reduzieren!, dass auch die SVA Wege geht, die Selbstbehalte zu reduzieren und dass auch die Sozialversicherung der Bauern schon Selbstbehalte reduziert hat. Das haben wir auch im Parlament gemacht, und ich bin sehr froh, dass wir das machen.

Zu den Ärzten: Die Ärztinnen und Ärzte in Österreich leisten tolle, gute Arbeit. Sie werden auch gut bezahlt, aber wenn man glaubt, man kann alles gleich machen, nenne ich Ihnen jetzt ein Beispiel:

Wenn Herr Dr. Rasinger in Wien auf einen Krankenbesuch geht, dann kann er wahr­scheinlich – er ist Sportler – das Fahrrad verwenden und wird in einer Stunde zwei Krankenbesuche schaffen. Wenn in Tirol der Präsident Dr. Wechselberger denselben Krankenbesuch macht, wird er möglicherweise ein Allradauto brauchen und es im Winter in einer Stunde nicht schaffen, drei Patienten zu versorgen. (Abg. Lausch: Was ist das für eine Antwort?!)

Und das macht Unterschiede und diese Unterschiede werden auch in der Tarifordnung Berücksichtigung finden müssen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Spadiut.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Ich habe vorhin von der Tagesordination bei dringender Hilfeleistung geredet – aber lassen wir das einmal so stehen.

Herr Minister, wir haben vor gut zwei Jahren einen Antrag eingebracht, ein Bonus­system einzuführen, das die belohnt, die gesund leben, für die anderen, die nicht so gesund leben, aber keinen Nachteil bedeutet. Jetzt wird dieses System immer öfter diskutiert, es wird immer lauter darüber nachgedacht, auch in anderen Ländern.

Sie sind sehr für Prävention, das weiß ich, Herr Minister: Wie denken Sie über solch ein Bonussystem und gedenken Sie, dieses einmal einzuführen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Ich habe es schon klar gesagt: Der Nutzen von Gesundheitsprävention ist Gesundheit. Gesundheit ist ganz, ganz entscheidend für die Menschen, und ich will Gesundheit nicht in Geld abändern.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 28

Wichtig ist, dass Menschen eine Chance haben, gesund leben zu können. Das braucht Veränderungen am Arbeitsplatz, das braucht Veränderungen im Bereich der Schule, das braucht Veränderungen im Umfeld, und diese Veränderungen müssen gestärkt werden. Dazu ist es wichtig, das sichtbar zu machen, was krank macht, und dann sind alle auch gefordert, Beiträge zu leisten, damit wir diese Krankmacher in der Gesell­schaft abbauen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Öllinger, bitte.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Guten Tag, Herr Bundesminister! Gleicher Beitrag, gleiche Leistung: sehr gut! Aber es gibt das Problem, dass es nicht überall das gleiche Angebot gibt. Wir haben, und das wissen Sie, Bereiche, aber auch Regionen mit Unterversorgung, wo es zu wenig Psychotherapie gibt, wo es zu wenig kinderärztliche Versorgung gibt, und, und, und.

Was, Herr Bundesminister, werden Sie tun, um in diesen Bereichen beziehungsweise Regionen, wo es Unterversorgung gibt, also zu wenige Angebote, diese Unterver­sorgung zu beseitigen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter! Es ist wichtig, das auch sichtbar zu machen. Ich habe gerade bei einem Feld begonnen, das sichtbar zu machen, und das war der Kindergesundheitsdialog, weil da deutlich geworden ist, dass das österreichische System, das bisher immer auf die Rolle von Institutionen ausgerichtet war, auf manche Zielgruppen vergisst.

Mein Weg ist es, sichtbar zu machen: Gerade im Kindergesundheitsdialog habe ich 180 Expertinnen und Experten eingeladen, aufzuzeigen: Versorgen wir unsere Kinder richtig? – Und da haben wir Mängel festgestellt. Und durch das Feststellen von Mängeln können wir darangehen, diese Mängel Schritt für Schritt – es wird nicht alles auf einmal gehen – zu verbessern. Und wenn nur jede Institution im Bereich der Kindergesundheit eine Maßnahme zur Verbesserung setzt, haben wir in Österreich viel erreicht.

Ich werde diesen Weg fortsetzen und aufzeigen, wo wir Mängel haben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck.

 


Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Ich möchte das, bitte, noch einmal klarstellen: In Österreich dürfen im niedergelassenen Bereich Ärzte nicht Ärzte anstellen. Sie wissen – ich habe selber eine Krankenkas­senpraxis –, ich würde das sofort morgen tun, und wenn Sie mir das hier jetzt sagen und es mir nachher schriftlich geben, werde ich es morgen tun: Ich werde Ärzte anstellen, wenn Sie mir das erlauben – übrigens hätten wir damit einige Probleme in der Versorgung weniger.

Zum Zweiten: Sie sagen, das Leistungsangebot sei ausgeweitet worden. – In Wien ist das leider nicht der Fall. In Wien gibt es im Bereich der Radiologie, Sie wissen das, eine Deckelung. Um den Leuten zu erklären, was das bedeutet: Eine Deckelung bedeutet, dass ein gewisser Topf von Geld für eine gewisse Leistung vorhanden ist. Wenn dieses Geld ausgeschöpft ist, gibt es für diese Leistung kein Geld mehr. Das ist im Bereich des Röntgen der Fall. – Meine Frage an Sie, Herr Minister:

Wie wollen Sie, wie Sie sagen, Selbstbehalte abbauen, Deckelungen nicht weiter ausbauen angesichts dieses Drucks des Sparpakets?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 29

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Es gibt keine Deckelung von Leistungen, sondern es gibt möglicher­weise eine Obergrenze, was einem einzelnen Leistungserbringer vonseiten der Ge­biets­krankenkassen bezahlt wird.

Ich denke, dass wir in Österreich sehr hohe Leistungen auf dem Gebiet der Radiologie haben. Wir sind, was die Versorgung betrifft, weit über dem internationalen Standard. Wir haben da insgesamt ein genügendes Leistungsangebot zu Verfügung, und die Tarifgestaltung, wie Versicherungsträger mit ihren Vertragspartnern umgehen und wie sie das auch gestalten, muss man diesen in Selbstverwaltung überlassen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Ing. Kaipel.

 


Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Bundesminister! Wie haben gestern ein Stabilitätspaket beschlossen, das auch Änderungen für den Gesundheitsbereich bringen wird.

Wird es, Herr Bundesminister, durch diesen Beschluss von gestern zu Leistungs­einschränkungen für die Versicherten kommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, danke für die Zusatzfrage! Nein, es wird keine Leistungseinschränkungen für die Versicherten geben, ganz im Gegenteil. Durch das Strukturpaket ist sichergestellt worden, dass wir mehr Geld für die Gesundheit zur Verfügung haben.

Und das Strukturpaket hat auch in die Richtung gewirkt, dass Sozialversicherungs­träger in Zukunft verstärkt Selbstbehalte reduzieren wollen, wenn ich die Aussagen ihrer Vorsitzenden, ihrer Obleute ernst nehme. Wir haben bei der BVA die Hebesätze in zwei Tranchen reduziert. Das wird auch dazu führen, dass die Leistungen auf­recht­bleiben können.

Die Selbstbehalte sind reduziert worden und wir können auch sicherstellen, dass das Hanusch-Krankenhaus in Zukunft finanziert wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dona­bauer.

 


Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Der Stabilitätspakt, den wir gestern beschlossen haben, hat auch beachtliche Auswirkun­gen auf den Gesundheitsbereich.

Eine aktuelle Umfrage besagt, dass 78 Prozent der Österreicher meinen, dass wir eine bundeseinheitliche Reform brauchen, und 76 Prozent sagen, dass der Herr Minister hier mehr Nachdruck einbringen muss – aktuelle Umfrage. Meine Frage:

Welche Maßnahmen setzen Sie, Herr Bundesminister, um die umfassende Versorgung zu sichern, das Ausgabenwachstum neu zu steuern und die Kostentransparenz auszu­bauen, damit das Reformziel erreicht wird? – Denken Sie dabei an die Vereinheit­lichung der LKF-Punkte, wo wir eine Spreizung von fast 50 Prozent haben, oder denken Sie auch an die Harmonisierung der Tarife bei ärztlichen Leistungen aller Sozialversicherungsträger, wo Sie ja die Staatsaufsicht haben?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, danke für die Feststellung, dass 78 Prozent der Bevölkerung wollen, dass wir hier eine stär-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 30

kere Bundesposition wahrnehmen können, dass es eine gemeinsame Planung und Steuerung gibt.

Was die LKF-Punkte anlangt, teile ich die Position: Wir brauchen in Österreich einheitliche transparente Abrechnungssysteme zwischen den Bundesländern, und das Instrument der LKF-Punkte wäre dafür geeignet. Mit der derzeitigen Rechtslage, dass jedes Bundesland das anders regeln kann, verhindert man Transparenz. Für ein modernes Gesundheitssystem brauchen wir mehr Transparenz, und diese Transpa­renz ist aufrechtzuerhalten.

Ich denke, ein wichtiger nächster Schritt wird nicht die Harmonisierung der Tarife unter den Ärzten sein, sondern ein wichtiger Schritt wird sein, einen Katalog ambulanter Leistungen zu entwickeln und dort die Transparenz zu erhöhen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu 6. Anfrage, 136/M, also jener des Herrn Abgeordneten Mag. Maier. Ich bitte um die Frage.

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Einen recht schönen guten Morgen, Herr Bundesminister! Es gibt viele aktuelle Themen in der Gesundheitspolitik. Ein Thema ist, unter welchen Voraussetzungen Gesundheitsdaten von Patienten elektronisch verarbeitet und verwendet werden dürfen.

Wir erleben eine Diskussion, wo Vertreter der Ärztekammer mit falschen Argumenten massiv dagegen auftreten, und wir erleben gleichzeitig, dass Gesundheitsdaten derzeit im niedergelassenen Bereich, aber auch in Krankenanstalten nicht entsprechend geschützt sind und der Datenschutz nicht gewährleistet ist.

Meine konkrete Frage:

Worin besteht der konkrete Nutzen einer elektronischen Gesundheitsakte, ELGA genannt, für die Patienten und für das Gesundheitswesen? (Abg. Dr. Strutz: Das ist nicht die Frage, die eingebracht wurde!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Das ist nicht die Frage, die eingebracht wurde, Herr Abgeordneter. Ich bitte um die Frage. (Zwischenrufe bei ÖVP und BZÖ. Ruf: Peinlich!)

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Ich bedanke mich. Das ist überhaupt kein Problem. Die Frage, Herr Bundesminister, lautet dann:

136/M

„An der elektronischen Gesundheitsakte ELGA wird bereits seit mehreren Jahren gearbeitet. – Wann wird die ELGA endlich zur Verfügung stehen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, erstens: Der Umsetzungsstand ist so, dass der Nationalrat bereits zweimal ELGA grundsätzlich beschlossen hat, nämlich bei der Artikel-15a-Vereinbarung 2005 und bei der Artikel-15a-Vereinbarung 2008. Ich habe am 24. November 2009 eine Vereinbarung mit den Ländern und den Sozialversicherungen abgeschlossen, mit der wir die ELGA GmbH gegründet haben und habe daher die technische Infrastruktur für ELGA zur Verfügung gestellt. Wir sind derzeit im Plan, in der Entwicklung, und wir können am 1. Juli 2013 mit der ELGA starten, Schritt für Schritt. Eine Voraussetzung, die wir brauchen, ist das sogenannte ELGA-Gesetz, das ich zügig in diesem Haus auch umsetzen möchte.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Maier. (Abg. Grosz: Auswendig lernen!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 31

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Bundesminister, es gibt ja bereits regionale ELGA-Konzepte. In den Bundesländern tauschen innerhalb von Kranken­anstaltenverbünden die Krankenanstalten bereits Daten aus.

Meine konkrete Frage: Gibt es in diesen Bundesländern, wo ELGA bereits angewandt wird, also Gesundheitsdaten ausgetauscht werden, einen entsprechenden Daten­schutz und eine entsprechende Mitwirkungsmöglichkeit der Patienten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, leider nicht. Das ist genau der Grund, warum ich ein ELGA-Gesetz brauche, warum wir es in Österreich schaffen müssen, dass Gesundheitsdaten aufgrund ihrer Sensibilität auch richtig geschützt werden. Das braucht gesetzliche Grundlagen.

Ich möchte, dass wir Gesundheitsdaten erstens in bester Qualität erfassen, zweitens, dass nur der Arzt und nur die Ärztin auf Gesundheitsdaten 28 Tage zugreifen kann, wofür der Patient die Erlaubnis erteilt. Ich möchte, dass wir dezentral die Gesund­heitsdaten auch speichern. Ich möchte, dass Patientinnen und Patienten selber ent­scheiden können, ob man ihre Daten in einen elektronischen Gesundheitsakt aufnimmt oder nicht, und ich möchte, dass wir einen Quantensprung in der Datensicherung bekommen, nämlich dass jede/r Patient/in weiß, wer auf seine/ihre Daten zugegriffen hat. Das möchte ich in einem neuen ELGA-Gesetz umsetzen, und dazu werde ich den Nationalrat um die Zustimmung bitten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Klikovits.

 


Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Bundesminister, Sie haben von sen­siblen Daten gesprochen. Ja, das ist zweifelsfrei bei Gesundheitsdaten so. Am vergangenen Montag hat es Gespräche zwischen Ihrem Ministerium und den Ärztevertretern gegeben, nach langer Zeit wieder, und vor allem ist es um das neue ELGA-Gesetz gegangen. Meine Frage in diese Richtung lautet:

Wenn es diese Verhandlungen gegeben hat, wenn diese Verhandlungen abgeschlos­sen werden, beabsichtigen Sie dann, dieses neue Gesetz neuerlich in Begutachtung zu schicken oder nur mehr über den Ministerrat einzubringen? – denn es geht ja um sehr, sehr sensible Daten, und daher glaube ich, wäre es auch zweckmäßig, eine neuerliche Begutachtung vorzusehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, die Frage, wie Gesetze gestaltet werden, obliegt diesem Haus. Ich habe alle Stakeholder im Gesundheitssystem eingeladen, ständig zu diskutieren. Das ist ein sehr, sehr langer Prozess. Wir diskutieren mit allen Menschen im Gesundheitssystem, mit der Patienten­vertretung, wie wir ein ELGA-Gesetz machen können, das den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten entspricht. Wenn wir diese Verhandlungen beendet haben, werde ich das über den Ministerrat dem Nationalrat übermitteln, und dann ist es Sache dieses Hauses, mit dem Gesetzesvorschlag umzugehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter List.

 


Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Bundesminister! Wenn die rechtlichen Rahmen­bedingungen zum elektronischen Gesundheitsakt bis zum Sommer nicht vorhanden sind, müssen alle damit verbundenen und bereits laufenden Projekte wie die e-Medikation gestoppt werden. Da wird gegenwärtig im absolut rechtsfreien Raum gearbeitet. Deshalb sind die laufenden Datenerhebungen auch illegal. Meine Frage:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 32

Wer im Ressort trägt die Verantwortung für diese rechtlich unhaltbare Situation, in der sich das Projekt jetzt befindet? (Abg. Dr. Strutz: Sehr gute Frage!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Ich kann das zurückweisen. Es gibt keine illegalen Daten im Gesundheitssystem. Es gibt in Österreich das Daten­schutzrecht, das auf die Besonderheit von Gesundheitsdaten wenig Rücksicht nimmt, daher wäre es notwendig, ein verbessertes Gesetz zu haben. Das teile ich, aber insgesamt werden die Daten rechtskonform gestaltet, sie sind nicht immer so, wie es die Patientinnen und Patienten an sich auch wünschen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Öllinger.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Bundesminister! Ihre Schilderung und Beschreibung von ELGA erinnert mich ein bisschen an Zwentendorf. Da war auch die technisch-organisatorische Hülse vorher da, und dann kam das Nachdenken: Wollen wir das und wie machen wir das, wenn wir das wollen? Österreich hat damals anders entschieden, aber zurück zu ELGA: Es geht um sehr sensible Daten, es geht um verfassungsrechtliche Probleme. Warum, Herr Bundesminister, schlagen Sie nicht eine Lösung vor, bei der die Österreicherinnen und Österreicher freiwillig für ELGA votieren können und nicht in ein System verpflichtet werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Danke für diese Frage, Herr Abgeordneter. Das zentrale Wesen eines Gesundheitsverbundes macht dann einen Sinn, wenn der Arzt/die Ärztin, der Gesundheitsdienste-Anbieter sich auch verlassen kann, dass die Daten, die ihm zur Verfügung gestellt werden, auch richtig sind, in guter Qualität vorhanden sind.

Wenn ich das freiwillig mache, könnte es sein, wenn Sie zu einem Arzt gehen, dass der eine Arzt mitmacht, der andere nicht, und der dritte Arzt kann dann mit diesem System nichts anfangen. Was ich möchte – und das sagen auch alle Patienten­vertre­terinnen und Patientenvertreter, das sagen auch die Seniorenverbände –, ist, einen Gesamtüberblick in gesicherter Form zu haben, damit ich dann, wenn ich auf diese Gesundheitsdaten zugreifen möchte, sie auch in guter Qualität zur Verfügung habe.

Das ist der Grund, warum ich sicherstellen möchte, dass alle Gesundheitsdienste-Anbieter mitmachen – Schritt für Schritt, das ist richtig – und dass PatientInnen, die das nicht wollen und von sich sagen, ich bin im System nicht dabei, dieses Recht auch behalten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Strutz.

 


Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Herr Bundesminister! Sie haben das Inkrafttreten von ELGA nun wieder um ein Jahr, in das Jahr 2013 verschoben. Vor­aussetzung ist der Gesetzesbeschluss, für den Sie – und das ist das Ent­scheidende – keine politische Mehrheit haben. Sie wissen, Sie haben die Umsetzung für den 8. November 2011 im Ministerrat angekündigt, die ÖVP hat die Zustimmung nicht gegeben. Nun hat der Obmann des Hauptverbandes Hans Jörg Schelling erklärt, wenn bis zum 30. Juni kein Gesetzesbeschluss vorliegt, dann wird sich auch der Haupt­verband aus diesem Projekt zurückziehen. Ich möchte Sie nun fragen:

Durch welche Maßnahmen wollen Sie sicherstellen, dass bis zum 30. Juni 2012 das Gesetz in Kraft tritt?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 33

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, es ist Sache dieses Hauses, über Gesetze zu entscheiden. Mein Beitrag wird sein, dass ich dieses Gesetz mit den Partnern im Gesundheitswesen diskutiere. Ich gehe auch davon aus, dass es dazu eine Mehrheit in diesem Haus gibt. Ich teile auch die Auffassung des Vorsitzenden Schelling, dass bis zum 30. Juni eine Entscheidung zu treffen ist.

Ich weise aber etwas zurück: Der Start der ELGA ist immer für 1. Juli 2013 geplant gewesen, und wir liegen gut in der Zeit.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Tadler.

 


Abgeordneter Erich Tadler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Das Land Salzburg stellt die Sinnhaftigkeit und den Nutzen in seiner Stellungnahme zur Gesundheitsakte ELGA massiv in Frage, sowie auch der Rechnungshof. Der formuliert es sehr deutlich. Dieser meint, die Kosten-Nutzen-Rechnung sei nicht erkennbar.

Warum, Herr Minister, wollen Sie mit Gewalt dieses Projekt, das bis jetzt schon an die 30 Millionen verschlungen hat, durchsetzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Erstens weise ich Rechnungshofkritik an dem zurück, was derzeit gemacht wird. Das ist nicht der Fall, das sage ich jetzt einmal so – zum einen. Warum will ich das durchsetzen? Erstens, weil Patientinnen und Patienten gut versorgt werden wollen. Sie und auch die Ärztinnen und Ärzte wollen wissen, was ein anderer Arzt einem Patienten verschrieben hat.

Wir brauchen mehr Qualität im Gesundheitswesen, und wir brauchen mehr Wissen im Gesundheitswesen. Und das ELGA-Gesetz bietet dazu eine Chance, dieses Wissen sicherzustellen, damit Patientinnen und Patienten gut versorgt werden. Es macht einen Unterschied, ob ein Facharzt weiß, was ein Allgemeinmediziner vorher an Medikation verschrieben hat. Es macht einen Unterschied in der Behandlung, ob das Krankenhaus weiß, was der Patient schon an Behandlungen bekommen hat. Und um das sicher­zustellen, brauchen wir einen qualitativen, elektronischen Gesundheitsakt, und den möchte ich umsetzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 7. Anfrage, 139/M, das ist jene der Frau Abgeordneten Höllerer. – Bitte.

 


Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Die Steuerungsgruppe Gesundheitsreform hat eine Einigung erreicht, die sogenannten Landestöpfe scheinen vom Tisch zu sein.

Meine Frage:

139/M

„Wer soll im Zusammenhang mit der vorgesehenen Reform des Gesundheitswesens künftig die Versorgungs- und die Finanzierungsverantwortung tragen, wenn sich in einem Bundesland die Krankenversicherung und die Landesregierung nicht einigen können: die Krankenversicherung, das Land oder der Gesundheitsminister?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Abgeordnete, erstens bin ich zutiefst davon überzeugt, dass die Partner im Gesundheitswesen, Länder und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 34

Sozialversicherung, von ihrem Selbstbild her den Menschen in ihrem Land verpflichtet sind. Sie werden sich ihre Versorgung im Land nicht aus der Hand nehmen lassen. Daher gehe ich davon aus, dass eine solche Situation nicht eintritt.

Ich denke, dass es wichtig ist, dass die Landesregierung und die Sozialversicherung in einem Bundesland auf ihrer Ebene entscheiden wollen. Es gibt viele Beispiele, wo das funktioniert. Es ist aber wichtig, sicherzustellen, dass es Konsequenzen gibt, wenn sie das nicht tun. Eine dieser Konsequenzen könnte sein, dass dann die Entscheidung nicht auf Landesebene, sondern auf Bundesebene getroffen wird. Solche Elemente haben wir mehrmals sichergestellt. Aber ich sage, es gibt ein klares Signal auch der Länder, der Sozialversicherung, dass man das auch als Druckmittel oder als Kon­sequenz einsetzen möchte. Ich gehe davon aus, dass wir das Instrument nicht brauchen, ich werde es aber in den Gesundheitsreformprozess einbringen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Höllerer.

 


Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Im Mittelpunkt einer guten Gesundheitsreform steht die Absicherung der bestmöglichen medizinischen und medikamentösen Versor­gung der Bevölkerung. Die Menschen im ländlichen Raum müssen auf eine gleich­wertige und hochqualitative Versorgung, genauso wie im städtischen Bereich, vertrauen können.

Wie kann die Gesundheitsreform genutzt werden, um eine Aufwertung der Hausärzte herbeizuführen – insbesondere auch an die Nachfolge bei Landärzten denkend, um diese sicherzustellen? (Abg. Mag. Kogler: Die Frage passt überhaupt nicht her!) Und welche Gespräche haben Sie im vergangenen Jahr mit der Apothekerkammer und mit der Ärztekammer über die Frage der ärztlichen Hausapotheken geführt, und zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Abgeordnete, erstens ergibt sich die Aufwertung der Hausärzte dadurch, dass sie in die Versorgung in der Region eingebunden sein werden, dass es auch in der Region ein abgestuftes Modell gibt, wo man die Funktion des Hausarztes bei der Versorgung der Region auch stärken und transparenter gestalten muss.

Zum zweiten Teil der Frage, zur ärztlichen Hausapotheke gibt es einen klaren gesetz­lichen Auftrag, der erstens vorsieht, dass Ärztinnen und Ärzte in einer Ein-Arzt-Gemeinde eine ärztliche Hausapotheke haben können. Ich habe mit beiden Kammern, Ärztekammer als auch Apothekerkammer, sichergestellt, dass man an diesem Prinzip auch festhalten will, und ich habe auch sichergestellt, dass dort, wo es Versor­gungs­schwierigkeiten geben könnte, die Apotheker sehr gefordert sind, auch Medi­kamente so zur Verfügung zu stellen, dass sie tatsächlich die Menschen erreichen können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Auf den Einwand des Herrn Abgeordneten Kogler, den er mir gerade zugerufen hat: Sie haben natürlich vollkommen recht, eine Frage darf gestellt werden. Ich korrigiere die Fragen nicht, aber ich nehme voll zur Kenntnis, dass der Herr Bundesminister natürlich nur verpflichtet ist, die eine erste Frage zu beantworten. Wenn weitere gestellt werden, obliegt es dem Herrn Bundes­minister, ob er darauf eingeht oder nicht.

Nächste Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Grosz.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Bundesminister! Das Gesundheitswesen in Österreich ist unfinanzierbar geworden, es implodiert. In der Steiermark verkauft respektive verschenkt die steirische Landesregierung ein neues Spital an einen pri-


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vaten Spitalsträger, die Kassen, in wirtschaftlicher Unfähigkeit, verkünden in allen Bun­desländern, sie würden schwarze Zahlen schreiben, dabei ist der Katastrophen­fonds des Bundes ausgeräumt worden, um ihnen Steuergeld in den Rachen zu werfen. Ich frage Sie:

Wann sind Sie endlich dazu bereit, die 22 Sozialversicherungsanstalten in Österreich – wo kein Mensch mehr Verständnis hat, dass wir sie haben, mit den Aufgliederungen und den aufgeblähten Verwaltungsapparaten – zusammenzulegen? Und wann schaf­fen Sie endlich auch die Mehrfachversicherungen ab, für die auch kein Versicherter mehr in diesem Land Verständnis hat und die auch wirtschaftlich nicht mehr begründbar sind?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter, ich frage Sie: In welchem Land leben Sie? (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Grosz: Sie sind ein Kassenfunktionär!) In Österreich hat man ein Gesundheitssystem, wofür wir weltweit gelobt werden, dass alle Menschen Zugang zu den besten Leistungen haben. (Abg. Grosz: 22 Kassen!) Lesen Sie OECD-Berichte, wo betreffend Österreich ganz, ganz deutlich gesagt wird, dass alle Men­schen guten Zugang haben. (Abg. Strache: Was hat das mit dem Verwaltungsapparat zu tun?)

Ich sage das auch noch einmal deutlich (Ruf beim BZÖ: Sie beantworten die Frage nicht, Herr Minister!): In Österreich haben wir ein gut abgesichertes Gesundheits­system, das gerade durch unterschiedliche Sozialversicherungsträger gesichert wird, und diese Sozialversicherungsträger stellen tagtäglich sicher, dass dieses auch in Zukunft finanziert werden kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Grosz: Kriegen Sie wieder ein paar parlamentarische Anfragen! Wer nicht hören will, muss fühlen!)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Kogler.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Die ursprüngliche Frage hat ja mit dem Bund-Länder-Verhältnis zu tun, Herr Bundesminister. Es ist unbestritten, das Gesundheitssystem ist sicher eines der besten. Allerdings wissen wir genau, dass für das, was hinten herauskommt, trotzdem viel zu viele Milliarden vorne hineingesteckt werden. Jetzt ist also die Frage, wie wir dieses unproduktive Bund-Länder-Verhältnis aufbrechen.

Gestern erst hat der Rechnungshof berichtet, dass die rot-schwarze Proporzregierung in der Steiermark im Zusammenhang mit Aktivitätsaufwänden und Spitalsverwaltung den Rechnungshof um viele hundert Millionen bei ihrer Auskunftspflicht beschwindelt hat, weil die Länder da nicht willig sind. Ich frage Sie also:

Was werden Sie tun, damit die Gesetzgebungskompetenz – hier, mit uns zusammen nämlich – in Gesundheitsbereichen endlich beim Nationalrat landet, und dass Sie sich nicht dauernd von rot-schwarzen Landeshauptleuten auf der Nase herumtanzen lassen müssen? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Ich sage es noch einmal: Ich habe als Bundesminister die österreichische Bundesverfassung so, wie sie ist, zur Kenntnis zu nehmen; das ist auch mein Amtsverständnis. Ich sage auch deutlich dazu, dass ich durchaus der Auffassung bin, dass diese Form Änderungen bedarf. Ich erinnere daran, dass in früheren Gesetzgebungsperioden auch viele Versuche unter-


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nommen worden sind, das zu ändern, es hat sich aber keine verfassungsmäßige Mehrheit in diesem Haus gefunden. Ich weise darüber hinaus darauf hin, dass für Ver­fassungsänderungen nicht nur diese Kammer zuständig ist, sondern auch der Bun­desrat.

Mein Ziel ist es, gemeinsam mit den Ländern in einem gemeinsamen Prozess das umzusetzen, was die Bevölkerung braucht. Wenn 78 Prozent der Bevölkerung meinen, wir brauchen mehr Bundessteuerung, dann möchte ich das auch unterstützen, ich brauche aber parlamentarische Mehrheiten dazu – und dafür werbe ich.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein.

 


Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Seit ungefähr eineinhalb Jahren ist die Vorarlberger Landesregierung bemüht, den Status einer Modellregion zu erreichen, indem sie versucht, die Ärztekammer außen vor zu lassen. Es soll eben nur noch Einigungen zwischen den Sozialversicherungsträgern und einzelnen Ärzten geben.

Können Sie in Ihrer Funktion als Bundesminister ausschließen, dass es zu einer Änderung des ASVG kommen wird und dass Einzelverträge mit einzelnen Ärzten auch in Zukunft in Österreich kein Thema sein werden, damit die Versorgung der Bevölkerung auch wirklich sichergestellt bleibt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Zur konkreten Frage betreffend Modellregionen: Ich habe für Vorarlberg immer ganz deutlich gesagt, man kann im Land alle Modelle entwickeln, es braucht nur zwei Voraussetzungen. Erste Voraussetzung ist die Zustimmung der Sozialversicherung durch die Gebietskranken­kassen, diese Zustimmung braucht es, und die zweite Voraussetzung ist, Land und Gebietskrankenkassen sollen sich darauf einigen. Das wird dann möglich sein, wenn sie ihre Partner im Gesundheitsbereich miteinbinden.

Zur Frage, ob ich sicherstellen kann, dass sich das ASVG nicht ändert: Es ist Sache dieses Hauses, das ASVG zu ändern. Das wird hier in diesem Haus entschieden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Hechtl.

 


Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! In der Gesundheitspolitik in Österreich ist die Spitalsreform ein großes und wichtiges Thema. Wie man den Medien in letzter Zeit entnehmen kann, ist Ihnen dahin gehend sehr viel Positives gelungen. Reformen bringen immer Veränderungen mit sich, und so ist auch in meinem Heimatbezirk Neunkirchen und auch in der Stadt Neunkirchen, die seit 113 Jahren ein Krankenhausstandort ist, aufgrund von Medienberichten über den Rechnungshofrohbericht einige Verunsicherung eingetreten.

Meine Frage im Rahmen der Spitalsreform lautet daher: Müssen kleinere Spitäler auf­grund dieser Reform um deren Existenz fürchten beziehungsweise ist nach einer Spitalsreform auch in den ländlichen Bereichen die beste Gesundheitsversorgung gesichert?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Abgeordneter Hechtl, ein Spital, das sich nicht verändert, das sich nicht auf Patientinnen und Patienten konzentriert, hat tatsächlich ein Problem. Ich gehe davon aus, dass das Krankenhaus in Ihrer Region in 113 Jahren große Veränderungen erlebt hat und auch in Zukunft Veränderungen erleben wird. Wenn es dort Personal gibt – und davon gehe ich an


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 37

allen Krankenhausstandorten in Österreich aus –, das die Menschen gut versorgen will, in guter Qualität, dann mache ich mir um den Standort keine Sorgen.

Ich habe deutlich gesagt, wir brauchen in Österreich alle Standorte, die Menschen brauchen Versorgung, es kann sich aber im inneren Leistungsangebot das eine oder andere ändern. Es geht immer darum, gute Versorgung vor Ort sicherzustellen. In diese Richtung denke ich, und ich sage ganz klar: keine Schließungen von Standorten!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vielen Dank allen für die große Rede­zeitdis­ziplin! Es sind alle Anfragen zum Aufruf gelangt, und damit erkläre ich die Fragestunde für beendet. Vielen Dank, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

10.24.34Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhand­lungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird (1732 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (1733 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Tierärztekammergesetz erlassen und das Tierärztegesetz geändert wird (1734 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Unfalluntersuchungsgesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Seilbahngesetz 2003 sowie das Schifffahrtsgesetz geändert werden (1727 d.B.),

Bundesgesetz über die Festlegung von Flughafenentgelten (Flughafenentgeltegesetz – FEG) (1728 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundes­minis­terin für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird (1729 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Seeschiffahrtsgesetz und das Bundesgesetz zur Erfüllung des Internationalen Schiffsvermessungs-Übereinkommens von 1969 geändert werden (1730 d.B.).

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich mache aus­drücklich darauf aufmerksam, dass entgegen der verteilten Mitteilung die Vorlage: Bundesgesetz, mit dem die Begründung von Vorbelastungen durch die Bundesminis­terin für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigt wird, 1729 der Beilagen, nicht dem Verkehrsausschuss, sondern dem Budgetausschuss zugewiesen wird.


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Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Um die Punkte 21 und 22 der Tagesordnung jedenfalls in Verhandlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäfts­ordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der Ausschuss­berichte abzusehen.

Bei den Punkten 21 und 22 handelt es sich um Berichte des Immunitätsausschusses über

das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Kurt Gartlehner (1735 d.B.) sowie

das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Werner Amon, MBA (1736 d.B.).

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der Aufliegefrist für diese Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 7 und 8, 12 bis 14 sowie 15 bis 17 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 112 Minuten, FPÖ 100, Grüne 88 sowie BZÖ 84 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehübertragung von 10.25 Uhr bis 12 Uhr wurde folgende Rede­ordnung vereinbart: eine Redner-/Rednerinnenrunde mit je 6 Minuten, ein Regierungsmitglied SPÖ 12 Minuten, dann zwei weitere Runden mit je 5 Minuten beziehungsweise 4 Minuten.

Der Aufruf der Rednerinnen und Redner in der ersten Runde erfolgt nach dem Prinzip contra/pro und in den folgenden Runden nach Fraktionsstärke.

Die vorsitzführende Präsidentin/der vorsitzführende Präsident wird ersucht, die genaue Einhaltung der Redezeiten sicherzustellen. Er/sie verteilt vor Beginn der letzten Runde – nach Rücksprache mit den Klubvorsitzenden – die verbleibende Redezeit auf die fünf Fraktionen in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Allfällige tatsächliche Berichtigungen werden erst nach der Fernsehzeit in ORF 2 aufgerufen.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten.


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Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.28.151. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1631 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichts­ge­setz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatz­ge­setz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschul­ge­setz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religionsunterrichtsgesetz geändert werden, und über den

Antrag 1804/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Verankerung der Ernährungs- und Verbraucherbildung in der Neuen Mittelschule (1683 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1762/A(E) der Abgeord­neten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Hauptschullehrplans und ausschließliche Verwendung des AHS-Unterstufenlehr­planes an Neuen Mittelschulen (1684 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. Ich mache darauf aufmerksam, ich stelle die Uhr auf 6 Minuten. – Bitte.

 


10.29.12

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Es steht jetzt eine Reform des österreichischen Schulwesens auf der Tages­ordnung. Es ist grundsätzlich gut, dass die Fragen der Bildung und der Ausbildung – ich lege Wert auf diese Differenzierung – im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Ja, Bildung, eine gute Bildung, eine bestmögliche Bildung ist ein Rohstoff, den unsere Kinder haben müssen, um auch später in Österreich ein wirtschaftlich gutes und glückliches Fortkommen zu haben. Volksbegehren und Ähnliches haben dazu bei­getragen, dass diese Fragen, auch mit entsprechenden Büchern, Fachbüchern und Ähnlichem untermauert, die Gesellschaft insgesamt aufgerüttelt haben.

Die Zeiten, in denen ein christlich-sozialer Abgeordneter in Wien namens Bělohlávek, der ja für einige Aussagen bekannt war, noch gemeint hat: Wenn i Kultur hör’, hab’ i schon g’fress’n!, sind Gott sei Dank vorbei. Jetzt fragt man sich, wie wir unser Bil­dungssystem verbessern können. Es gibt immer wieder einschlägige Studien – ich nenne nur PISA –, die uns einen Spiegel vorhalten und aufgrund dessen wir uns an sich nicht wohlfühlen sollten. Unserer Meinung nach werden aber die falschen Lehren daraus gezogen.

Was war der Befund? – Die Hauptschulen im städtischen Bereich sind, beginnend mit den neunziger Jahren, zu Restschulen verkommen. Ursache dafür ist in erster Linie die hemmungslose Zuwanderung, die uns die Probleme in den Klassen beschert hat. Vor allem in den Ballungszentren ist bei den Schülern mit einem Immigrantenanteil von 50


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bis 90 Prozent zu rechnen (Beifall bei der FPÖ), die keine entsprechenden Sprach­kenntnisse mitbringen.

Das heißt – um nicht missverstanden zu werden –, der FPÖ geht es nicht darum, eine Verantwortung auf Ausländer abzuschieben oder auf Menschen, die in unser Land gekommen sind, sondern die Verantwortung dafür haben Politiker in erster Linie vonseiten der Sozialdemokratie, die in den Ballungszentren, vor allem in Wien, das Sagen haben, die, wenn auch nicht absichtlich – das will ich gar nicht unterstellen –, aber zumindest sehenden Auges dieses Chaos mit in Kauf genommen haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Da nunmehr die Hauptschule in den Ballungszentren gescheitert ist, wird – unter Anführungszeichen – „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“. Im ländlichen Bereich funktionieren unsere Hauptschulen, dort ist das eine gute Regelschule. Von den Hauptschulen im ländlichen Bereich kommen sehr viele Kinder mit ausgezeichneten Erfolgen in weiterführende Schultypen (Abg. Elmar Mayer: Weil es dort Gesamtschu­len sind! Das sind gemeinsame Schulen!), können dort die Matura ablegen, können dort auch zu einem Abschluss kommen. (Beifall bei der FPÖ.) – Weil dieser Einwand des Kollegen Mayer kommt: Deshalb ist es aber auch notwendig, dass bestimmte Schultypen im Ballungszentrum, wie zum Beispiel die AHS in der Langform, erhalten bleiben. Dazu aber noch später.

Dazu passt auch, dass es ein ideologisches Konzept gibt, nämlich das ideologische Konzept der Gesamtschule. In der gesamten Debatte, die zu diesem Thema geführt wird, wird immer gesagt: Wir wollen den Bildungsbereich entideologisieren! Das soll man nur mit Management machen, und Ähnliches. Kollege Mayer wird dann sicher noch die Hirnforschung strapazieren, wobei sich die Hirnforschung wahrscheinlich momentan mehr an das annähert, was die Politik vorgibt, als umgekehrt.

Es geht um Gerechtigkeiten, um Bildungsgerechtigkeiten, weil es natürlich ein tatsäch­licher Befund ist, dass Kinder von Akademiker-Eltern eine andere Bildungslaufbahn einschlagen als Kinder aus bildungsfernen Schichten. Das ist eine Tatsache, nur: Die Lösung kann nicht die Gesamtschule sein, auch nicht im Sinne der Bildungs­gerech­tigkeit, denn Bildungsgerechtigkeit bedeutet, dass in erster Linie jedes Kind die gleichen Chancen bekommt, aber zwischen Chance und Erfolg liegt noch etwas, nämlich: Leistung, Anstrengung, verknüpft mit Disziplin. (Beifall bei der FPÖ.)

Gesamtschulsysteme – überall, wo sie installiert sind, merkt man das – sind teurer, weniger effizient und führen vor allem dazu, dass die Privatschulen blühen. Wir Frei­heitlichen wollen ein öffentliches Schulsystem, das das bietet, was unsere Kinder brauchen, und nicht die Hinwendung zu teuren Privatschulen. Das muss die Ausnahme bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird immer wieder gesagt, man kann das nicht mit dem System in Deutschland zum Beispiel vergleichen, dort gibt es zwar Gesamtschulen, aber dort gibt es noch immer die Parallelen. Deshalb haben Sie, die Sie für die Gesamtschulen eintreten, doch auch den Mut, zu sagen: Ja, wir drehen auch alle Privatschulen um!, denn das muss dann die Reinkultur sein. – Kollege Walser schüttelt schon wieder den Kopf (Abg. Dr. Walser: Bei Ihren Reden bleibt einem nichts anderes über!), er wird versuchen, mich eines Besseren zu belehren, es wird ihm nur nicht gelingen, weil es nicht das Bessere ist, das Sie vertreten.

Wir wollen eine Schule der Vielfalt – und nicht eine Schule der Einfalt. (Beifall bei der FPÖ.) Die Alternative zum differenzierten Schulsystem ist nicht die Einheitsschule, sondern die verbesserte differenzierte Schule. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)


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Nebenbei gibt es natürlich auch noch andere Punkte, woran man erkennt, dass das Gesetz handwerklich schlecht gemacht ist. Ich denke da vor allem an die Probleme, die es mit dem Geometrischen Zeichnen gibt, wo aufgrund des Umfangs des Gesetzes viele kleine Fehler passiert sind. Die Raumintelligenz wird zum Beispiel in der Neuen Mittelschule nicht gefördert, obwohl sie zum Beispiel sogar speziell im Lehrplan der sonderpädagogischen Zentren steht. Es erfolgt keine Orientierung am Realgymnasium, an der Realschule. Die Regelungen sind teilweise einfach nicht besonders zielführend, obwohl das so wichtig wäre für alle, ob im technischen Bereich oder bis hin zur medizinischen Ausbildung. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Ein Letztes noch zur Neuen Mittelschule: Es wurde eine Evaluierung angekündigt, und diese ist nicht erfolgt. Heute wird die Katze im Sack gekauft – daher lehnen wir die Vorlage ab. (Beifall bei der FPÖ.)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


10.35.32

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wer mich kennt, der weiß, ich bin kein Mann von pathetischen Worten, aber heute ist tatsächlich ein großer Tag in der Bildungspolitik dieses Landes. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Was vor fünf Jahren von vielen belächelt wurde – damals hat es geheißen: Was wollen die mit der Neuen Mittelschule, was wollen die mit dem Schulversuch, was soll da herauskommen? –, ist in der Zwischenzeit ein fester Bestandteil in der Sekundarstufe I, das heißt in der Ausbildung unserer Zehn- bis Vierzehnjährigen.

Die ersten Ergebnisse, nachdem der Schulversuch einmal durchgelaufen ist, zeigen, dass bereits jetzt zum Beispiel im Burgenland 76 Prozent der Schüler AHS-Reife erlangt haben; als es noch Hauptschulen gab, waren es 56 Prozent. Da braucht man nicht lange zu evaluieren, wenn sich diese Erfolge einstellen, da gilt es, möglichst schnell diesen Schritt zu setzen, um die Chancen für die Zehn- bis Vierzehnjährigen endlich verbessern zu können. Das ist der entscheidende Schritt, und der gelingt mit diesem heutigen Gesetzeswerk, deshalb sollten wir ihn gemeinsam gehen.

Noch etwas ist mir wichtig, nicht zuletzt wenn ich Kollegem Rosenkranz zuhöre, der jetzt leider nicht da ist. (Rufe bei der FPÖ – in Richtung des Abg. Dr. Rosenkranz, der sich in der letzten Bankreihe aufhält –: Er steht eh da!) – Er versteckt sich da hinten. (Rufe bei der FPÖ: Er versteckt sich überhaupt nicht!)

Herr Kollege Rosenkranz, Sie konnten als Vorsitzender des Unterrichtsausschusses miterleben – ich gebe gerne zu, Sie haben vieles nicht mitbeschlossen –, was wir in den letzten vier, fünf, sechs Jahren im Bildungsbereich auf die Beine gestellt haben, und stellen sich dann hierher und sagen, das sei alles nichts, man solle alles so lassen, wie es war, ohne aufzuzeigen, was wir zum Beispiel im frühpädagogischen Bereich gemacht haben, etwa mit dem verpflichtenden Kindergartenjahr, das auch kostenlos ist, weil wir wissen, wie wichtig die Frühförderung ist.

Oder: Kleinere Klassen, Klassenschülerhöchstzahl von 25, das hat in vielen Bereichen große Erleichterung gebracht, den Lehrern die Chance auf individuelles Fördern eröffnet.

Wir haben endlich den Schritt gemacht zu einer besseren Sprachförderung, nicht nur für Migrantenkinder, auch für Einheimische, die entsprechende Schwächen haben. Wir haben Bildungsstandards eingeführt; wenn auch jetzt noch nicht messbar. Das Bildungsschiff ist träge, das ist uns schon klar, wir werden erst in ein paar Jahren die


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Ergebnisse bestätigt bekommen. Bildungsstandards, neue Matura, die Reform der Oberstufe, die modulare Oberstufe – wer etwas von Pädagogik versteht, der weiß: ein Riesenschritt in die neue Entwicklung der Bildungspolitik.

Heute, meine ich, schließt sich mit der Fixierung einer neuen Regelschule, nämlich der Neuen Mittelschule, wirklich ein entscheidender Schritt. Diese Neue Mittelschule eröffnet neue Chancen im Bereich des Teamteaching, in der Möglichkeit – die wir seit Jahren fordern –, die Kinder stärker zu fördern, aber auch stärker zu fordern. Diese Chancen haben die Lehrer im Team an einer Neuen Mittelschule.

Es ist natürlich eine Herausforderung, das will ich gar nicht kleinreden. Ich weiß von sehr vielen Lehrern, mit denen ich diskutiert habe, von sehr vielen Schulen, die ich selbst aufgesucht habe und wo ich zum Teil auch unterrichtet habe, dass es eine Herausforderung ist und dass es engagierte Lehrer braucht, die das mittragen. Aber wenn sie das tun und wenn sie ihren Beruf ernst nehmen, dann haben wir jetzt alle Möglichkeiten geschaffen, damit die Schule sich so entwickeln kann, wie wir das wollen, um die Chancen für junge Menschen ganz entscheidend zu verbessern.

Wir werden dieses Gesetzeswerk heute beschließen, und ich bedaure, dass zum Beispiel Kollege Walser nicht zustimmen wird. Ich weiß aber, dass die von mir sehr geschätzte Frau Abgeordnete Haubner dieses Gesetzeswerk mittragen wird, wie sie mir gesagt hat. Sie wird es unterstützen und den Weg mitgehen. Umso mehr tut es mir leid, dass Kollege Walser diesen Schritt nicht geht; gerade einer von jenen Historikern, die ich sehr schätze, der wissen müsste, wie die Geschichte die Bildungspolitik, die wir jetzt machen, einmal beurteilen wird, denn es wird erst in 15 Jahren messbar sein, dass diese nicht mitgehen können.

Und für die FPÖ tut es mir leid, dass Sie nicht den Vorarlberger Weg eingeschlagen haben. Dort setzen sich kritische junge Menschen mit der Bildungspolitik auseinander, die längst sogar mehr fordern, was wir heute beschließen können, nämlich die gemeinsame Schule, die wir auch mit diesem Schritt erreichen wollen.

Ich möchte daher zum Schluss, meine Damen und Herren, noch einmal sagen: Die Neue Mittel­schule ist auch aus unserer Sicht nicht der Endpunkt einer Bildungsarbeit. Sie ist aber ein entscheidender Schritt. Bildungsarbeit wird nie an einem Endpunkt ankom­men. Sie wird sich immer weiterentwickeln mit den gesellschaftlichen Herausforde­run­gen, aber sie ist ein wichtiger Schritt dorthin, wo wir hinwollen, nämlich zu einer gemeinsamen Schule.

Ich möchte an diesem Tag auch unserer Bildungsministerin meine ganz persönliche Hochachtung aussprechen, die mit diesem Umfeld, das wir haben, in den letzten Jahren aber auch mit diesem Gesetzeswerk wirklich ganz Hervorragendes geleistet hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Claudia Schmied, es freut mich ungemein, dass es heute möglich ist, diesen wichtigen Schritt – und ich sage das im vollen Bewusstsein auch meiner pädago­gischen Arbeit und Herausforderung, die ich tagtäglich habe –, diesen Weg zu gehen. Ich meine, wir sind damit einem Ziel näher gekommen, das wir uns gemeinsam ge­steckt haben: Kein Kind soll auf der Strecke bleiben, und wir möchten möglichst alle jungen Menschen entsprechend ihren Begabungen und Neigungen fördern und fordern, wo immer wir das können, damit sie bessere Zukunftschancen haben. Dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt dazu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)


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10.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


10.41.54

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Wenn der Bildungssprecher der SPÖ meint, er sei kein Mann großer Worte, hat er soeben eigentlich das Gegenteil bewie­sen. Davon zu sprechen, dass das heute ein großer Tag für die Bildung in Österreich sei, ist einigermaßen vermessen – beziehungsweise: Ja, es ist ein großer Tag – aber für die Stillstandsbewahrer. Es ist ein großer Tag für den Kollegen Werner Amon. Es ist ein großer Tag für Fritz Neugebauer. Die ÖVP hat sich zu 100 Prozent durch­gesetzt.

Es ist das jedoch ein schlechter Tag für die österreichischen Kinder. Es ist ein schlechter Tag für den Wirtschaftsstandort Österreich. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es ist ein schlechter Tag für jene, die an einer sinnvollen Weiterentwicklung des österreichischen Bildungssystems interessiert sind. (Beifall bei den Grünen.)

Die ÖVP ist zufrieden, klar (neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP): Man hat das Türschild ausgetauscht – „Hauptschule“ herunter, „Neue Mittelschule“ drauf –, und schon ist alles in Butter. (Zwischenruf des Abg. Höfinger.) So einfach können Sie es sich nicht machen. Dass Sie nervös werden, verstehe ich, wenn man Ihnen die Wahrheit vorhält, aber es nützt nichts: Da müssen Sie drüber, und die Leute sehen das natürlich auch.

Natürlich, Frau Ministerin, ist es positiv, wenn man mehr Stunden an die Hauptschule gibt. Deswegen aber von einer Reform zu sprechen, das ist reichlich übertrieben. Es gab im vorigen Jahrhundert große sozialdemokratische Reformer: Otto Glöckel, Fred Sinowatz – schmählich unterschätzt in Ihren Reihen. Nehmen Sie sich ein Vorbild an ihnen, sie haben grundlegende Reformen durchgeführt. – Sie sind hier der ÖVP auf den Leim gegangen. (Zwischenruf des Abg. Elmar Mayer.) – Das Einzige, was funktioniert, Kollege Mayer, ist bei euch die Propaganda.

Wenn ich mit dem Zug von Bregenz nach Wien fahre – im railjet, der „Neue Mittelschule“ heißt, gesponsert durch das Unterrichtsministerium (Zwischenruf des Abg. Grosz – Abg. Dr. Rosenkranz: Der hat immer Verspätung!) –, dann sehe ich, was da drinsteht: Die Neue Mittelschule ist die gemeinsame Schule für alle Zehn- bis Vierzehnjährigen – eine glatte Propaganda-Lüge! (Ruf: Warum fahren Sie denn ?) Die gemeinsame Schule: Entscheidung über Schullaufbahn erst mit 14 statt mit 10 Jahren – glatte Lüge! Qualitätvolle Betreuung am Nachmittag – ist keineswegs überall garantiert!

Nur mit der Propaganda, meine Damen und Herren, kommen wir nicht weiter. (Beifall bei den Grünen.) Machen Sie Nägel mit Köpfen, machen Sie ordentliche Gesetze, gehen Sie ein auf das, was die Kinder wirklich brauchen und was unser Schulsystem so dringend notwendig hat!

Insgesamt ist das ein fauler Kompromiss. Wir haben vorhin gehört, die Anmeldezahlen seien gestiegen – im Burgenland, im übrigen Österreich (Ruf: Vorarlberg!) – und es brauche deshalb keine Evaluation. (Zwischenruf des Abg. Elmar Mayer.)

Kollege Mayer, die bisherigen Schulversuche sind so geführt worden, dass den Schülerinnen und Schülern und den Eltern garantiert worden ist, es werde nach dem AHS-Lehrplan unterrichtet. Genau das ist jetzt gestrichen. Genau diesen Punkt, den Sie den Eltern versprochen haben (Zwischenruf des Abg. Großruck), haben Sie herausgenommen – und täuschen.

Ich habe x Briefe bekommen, Mails bekommen von DirektorInnen der Neuen Mittel­schulen – etwa Ranshofen, aus Vorarlberg –: Wir fühlen uns getäuscht. Was soll ich den Eltern sagen, wenn sie mir jetzt sagen, ich hätte sie angelogen? – In diese Situation haben Sie Direktorinnen und Direktoren der Hauptschule gebracht. (Abg.


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Großruck: Die leiden sehr drunter!) – Ja, die leiden sehr drunter, und Sie machen es lächerlich. (Abg. Großruck: Sie machen sich lächerlich!) Sie machen sich lustig über die Sorgen von Eltern, die ihre Kinder voll Vertrauen in diese Neue Mittelschule gegeben haben. Sie machen sich lustig darüber. (Abg. Elmar Mayer: Ein bisschen Optimismus, Herr Walser!) Sie machen mit Ihrer Macht die Landeschulräte. Sie zwingen die Schülerinnen und Schüler in die Hauptschule, damit Sie nachher Erfolgs­statistiken haben. (Abg. Amon: Wollen Sie die Schulpflicht abschaffen, Herr Walser? Wollen Sie die Schulpflicht abschaffen?)

Telfs: Der Bürgermeister von Telfs entscheidet darüber, welches Kind in die AHS darf und welches in die Neue Mittelschule muss. Mit solchen Methoden, meine Damen und Herren, ist es relativ leicht, Erfolg zu haben.

Es führt kein Weg daran vorbei: Sie haben alle Versprechungen gebrochen, und ich sage Ihnen – es ist ganz klar, ich zitiere –: „Die Neue Mittelschule ist nicht einmal ein Schritt in die richtige Richtung.“ – Wissen Sie, von wem das stammt? – Wirtschafts­kammer Österreich, unterschrieben von Christoph Leutl. (Rufe bei der ÖVP: Leitl! Leitl heißt er!) – Ja, Leitl.

Meine Damen und Herren vom Wirtschaftsbund – ein paar haben da ja noch etwas mitzureden, Sie sind ja nicht nur vom ÖAAB dominiert –, Christoph Leitl ist Ihnen egal? „Nicht einmal ein Schritt in die richtige Richtung“ – ÖVP. (Ruf bei der ÖVP: Von wann ist denn das?) Bitte, das sind, glaube ich, Zeugen, da können Sie wenig dagegen sagen.

Wir brauchen ein gerechtes Schulsystem. Wir brauchen eine Schulreform, die den Namen verdient. Wir müssen von diesen faulen Kompromissen wegkommen. Wir brauchen im Bildungsbereich auch eine Koalition der Vernünftigen, die die Lösung der Probleme angeht und die Maßnahmen in die richtige Richtung setzt.

Ich darf darauf verweisen: Es ist möglich. Ich hatte eine ganze Reihe von Ver­anstaltungen mit dem Direktor der besten Schule Deutschlands – eine integrierte Gesamtschule, die besten Ergebnisse. Die Schüler, die in diese Schule kommen, verbessern sich enorm. Schauen Sie sich das Modell an, auf der grünen Homepage haben Sie die Möglichkeit dazu! (Abg. Dr. Rosenkranz: Die dürfen sich auch die Schüler aussuchen! Die suchen sich die Schüler aus! Freiheit vor Gleichheit! Freiheit vor Gleichheit!)

Herr Rosenkranz! In Vorarlberg haben wir die Freiheitlichen sogar dazu gebracht, uns jetzt zuzustimmen. Ich werde auch daran arbeiten, dass Sie das machen. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Unser Prinzip heißt: kein Kind zurücklas­sen – und das muss die Maxime für das österreichische Schulsystem sein. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Rosenkranz: Ihre Maxime ist: Was nicht jeder kann, darf keiner können!)

10.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Amon gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.48.19

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es ist eine traurige Tatsache, dass es offenbar immer mehr zur grünen Philosophie wird, dass man sich in absoluten Bestemmhaltungen einbetoniert und jegliche Beweglichkeit verliert (Abg. Dr. Walser: Das sagen Sie, Kollege! Ausgerechnet Sie!), denn, Herr Kollege Walser, ansonsten würden Sie nicht von vornherein alles, was letztlich ein politischer Kompromiss ist, als faul bezeichnen oder als sinnlos bezeichnen. (Abg. Dr. Walser: Sie zwingen mich


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dazu!) Ich halte es geradezu für eine Notwendigkeit, in einer demokratischen Gesell­schaft kompromissfähig zu bleiben, Herr Dr. Walser! (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat auch niemand behauptet – weder die Sozialdemokratie noch die Volkspartei –, sich beim Modell der Neuen Mittelschule zu 100 Prozent durchgesetzt zu haben. Es wäre ein schlechter Kompromiss, würde sich eine Seite vollständig durchsetzen. Ganz im Gegenteil: Wir haben eine Bildungsreformpartnerschaft begründet, bei der es darum geht, dass wir ideologische Bestemmhaltungen auf die Seite geräumt haben, dass sich beide Seiten bemühen, aufeinander zuzugehen (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser), und dass wir die Dinge sehr pragmatisch im Sinne unserer Kinder und Jugendlichen lösen, Herr Dr. Walser! Dazu sollten die Grünen auch einmal fähig werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

In der Tat ist es ein großer Tag für die österreichische Bildungspolitik, und ich finde da die Ausführungen meines Kollegen Mayer überhaupt nicht pathetisch oder gar über­zogen. Alleine wenn Sie sich die Zahlen der Betroffenen ansehen, dann sollten Sie das anerkennen: Es sind 220 000 Schülerinnen und Schüler von dieser Reform betroffen, 30 000 Lehrerinnen und Lehrer, über 1 100 Schulstandorte; in etwa 200 Gesetzes­materien sind Änderungen erforderlich.

Es ist in der Tat eine große Sache. Die österreichischen Hauptschulen sind zum überwiegenden Teil – und auch das sollte man einmal zur Kenntnis nehmen – sehr gute Schulen. Das heißt nicht, dass wir Probleme, die wir in den Ballungsräumen haben, negieren, aber gerade diese Probleme sind es, die auch eine Weiterent­wick­lung dieser guten Hauptschulen notwendig gemacht haben. Und diese Weiter­ent­wicklung, die legen wir Ihnen heute vor. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Elmar Mayer und Mag. Lohfeyer.)

Es ist auch nicht so, Herr Dr. Walser, dass wir nur ein Türschild auswechseln. Das hätten wir billiger haben können, das möchte ich Ihnen sehr, sehr deutlich sagen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.) Da hätten wir nicht Tausende zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer gebraucht. Da hätten wir nicht das Budget gerade in diesem Bereich ganz massiv erhöhen müssen, wenn wir nur die Türschilder auswechseln würden. (Abg. Dr. Walser: Sagt ja niemand, dass !)

Das Gegenteil ist der Fall: Wir setzen mit der Neuen Mittelschule ein neues Bildungs­modell auf, Herr Dr. Walser; eine Schule, die künftig am Standort entscheiden wird, welche Differenzierungsmaßnahmen gesetzt werden. Sieben sind es an der Zahl: die Individualisierung des Unterrichts, ein differenzierter Unterricht in der Klasse, Bega­bungs- einschließlich Begabtenförderungen, Maßnahmen der inklusiven Pädagogik und Diversität, temporäre Bildung von Schülergruppen, Bildung von Förder- und Leistungsgruppen und das Unterrichten im Lehrerteam, das Team-Teaching.

All diese unterschiedlichen Maßnahmen werden künftig eingesetzt werden können, um am Standort dem Schüler, der Schülerin individuell beste Förderung angedeihen zu lassen – beste Förderung nach Begabungen, nach Neigungen, nach Schwächen, mit dem Ziel, keinen zurückzulassen.

Es heißt im Gesetzestext ausdrücklich: Jedem Schüler und jeder Schülerin ist zu jedem Zeitpunkt die umfassende Allgemeinbildung zu ermöglichen – also der AHS-Lehrplan. Und streiten wir da bitte nicht, Herr Dr. Walser, um des Kaisers Bart, denn Sie waren einer der Mitinitiatoren, die beispielsweise dafür eingetreten sind – und ich halte das für richtig; ich glaube, wir haben es sogar einstimmig im Ausschuss beschlos­sen –, dass wir etwa das Fach Ernährung und Haushalt im Lehrplan erhalten. Das entspricht nicht dem Lehrplan der AHS, Herr Dr. Walser (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser, der einige Schriftstücke in die Höhe hält), das haben wir aus der Hauptschule übernommen, weil es gut ist. Also streiten Sie da nicht um des Kaisers


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 46

Bart, auch Sie sind da nicht ganz so genau, wenn es um den Lehrplan geht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Elmar Mayer.)

Ich bin der Meinung des Kollegen Mayer, und ich danke der Frau Bundesministerin, dem gesamten Team im Bildungsministerium und auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern außerordentlich für die intensiven und in ausgesprochen konstruktiver Art und Weise geführten Verhandlungen. Die Neue Mittelschule ist sicherlich nicht der Endpunkt, denn Bildungspolitik muss sich weiterbewegen. Bildungsreform ist ein nahe­zu permanenter Zustand. Auch die Schule muss auf die neuen Gegebenheiten reagie­ren.

Aber es steht fest: Die Neue Mittelschule kommt, und das Gymnasium bleibt – nicht nur in der Langform, auch in der Oberstufenform, Herr Dr. Walser. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bildungsreform geht aber weiter. Wir haben erst begonnen, mit allen Parteien Gespräche über die Frage der Modernisierung, der Weiterentwicklung etwa der neunten Schulstufe aufzunehmen, ein ganz entscheidender Punkt, wenn es um die Frage der Durchlässigkeit im Bildungssystem geht.

Als Sie hier heftig kritisiert haben, dass die Frau Bundesministerin die Neue Mittel­schule auch werblich begleitet hat und ein Zug, der aus dem Westen nach Wien fährt, den Namen „Neuen Mittelschule“ trägt, habe ich einen Zwischenruf von Herrn Dr. Rosenkranz vernommen, der gemeint hat, der komme immer zu spät. – Das mag schon sein, dass dieser Zug aus dem Westen immer zu spät kommt, aber die Neue Mittelschule kommt rechtzeitig. (Beifall bei der ÖVP.)

10.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Haubner zu Wort. – Bitte. (Abg. Kopf: Züge aus dem Westen kommen nie zu spät! – Heiterkeit. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Aus dem Süden kommen sie spät!)

 


10.54.26

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Gestern haben Sie hier herinnen ein Belastungspaket beschlossen, und damit haben die SPÖ und die ÖVP auch gezeigt, dass sie lieber dem Bürger in die Tasche greifen, statt notwendige Reformen anzu­greifen. (Beifall beim BZÖ.)

Daher darf die heutige Euphorie, die du, lieber Kollege Mayer, an den Tag gelegt hast, nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir eine Reformbaustelle Schule haben, mit großen Brocken, mit einer Schulverwaltung und mit einer Schulorganisation, die nach wie vor die Spielwiese für Parteipolitik ist, mit einer Schulorganisation, die große Mehrgleisigkeiten und verschiedene Zuständigkeiten hat.

Wir leben, was die Schule betrifft, nach dem Motto: Der Bund zahlt, und die Länder schaffen an. Wir haben nach wie vor verschiedene Lehrerdienstrechte – in der Besol­dung, im Dienstrecht generell. Und wir haben nach wie vor auch eine unterschiedliche PädagogInnenausbildung.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, braucht es, um Bildung für die Zukunft zu sichern, einerseits das große Reformprogramm und andererseits ein Investitionsprogramm, mit notwendigen finanziellen Mitteln, mit neuen Ideen, aber auch mit einer besonderen Qualität des Unterrichts. Die notwendigen finanziellen Mittel müssen dort ankommen, wo sie gebraucht werden: in der Schule, bei der Jugend, bei den pädagogischen Leistungs- und Fördermaßnahmen, aber auch bei Maßnahmen für engagierte Lehrer, die gerne auch Herausforderungen im neuen System annehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 47

Ich habe gerade bezüglich der Neuen Mittelschule, die wir auch im Ausschuss sehr intensiv diskutiert haben, die Zeit genützt, mir einige Schulen angeschaut, mit Kolle­ginnen und Kollegen vor Ort gesprochen und verschiedene Meinungen eingeholt. Sie haben mir versichert, dass das jetzt sicher nicht der große Wurf ist in Richtung gemeinsame Schule, aber dass es ein wesentlicher Beitrag zur Qualitätsverbesserung ist, dass es eine Aufwertung  natürlich  der Hauptschule ist, dass es in Zukunft auch möglich ist, dass AHS-Unterstufen so geführt werden, und dass es ein Teil des Weges in die richtige Richtung ist. Daraus resultiert auch unsere Überlegung, dem heute zuzustimmen, denn das Positive überwiegt aus unserer Sicht. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vielleicht darf ich auch persönlich hier noch anführen: 2006 hat es in Kärnten unter Landeshauptmann Jörg Haider die ersten Modellversuche in diese Richtung gegeben, die es auch bis heute noch gibt. Ich glaube, die FPK will es nicht abschaffen, auch wenn hier herinnen die FPÖ eine ganz andere Meinung vertritt. Auch 2006 war es Kärnten unter Landeshauptmann Jörg Haider, das erstmals das verpflichtende Kindergartenjahr eingeführt hat, das es jetzt österreichweit gibt. Daher sehe ich auch da einen positiven Ansatz, etwas, das begonnen wurde, auch gut weiterzuführen. (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich drei Beispiele heraus­nehmen, die ich positiv sehe: Das sind einmal die Individualisierung und Differen­zierung des Unterrichts durch Förder- und Leistungsmaßnahmen und die Möglichkeit des Team-Teachings. Was negativ ist, ist, dass AHS-Lehrer und Hauptschullehrer nach wie vor für gleiche Leistung unterschiedlich bezahlt werden.

Positiv, aus unserer Sicht, ist mehr Autonomie und Verantwortung am Schulstandort, vor allem auch durch eine sehr flexible Stundentafel, durch Schwerpunktsetzung, aber auch durch die Wahlfreiheit, zum Beispiel eine Ganztagsschule führen zu können.

Der dritte Bereich, der mir sehr positiv erscheint, ist, dass erstmals Berufsorientierung verpflichtend ist  ein ganz, ganz wichtiger Ansatz  und dass  dank unseres Antrages, wir haben uns da erfolgreich durchgesetzt  Ernährungs- und Verbraucher­bildung weiter ein Pflichtfach bleibt, denn gerade das brauchen sowohl Mädchen als auch Burschen für ihre Lebenskompetenz im Alltag. Wir sehen ja, dass gerade im Bereich der Ernährung vieles im Argen liegt.

Daher sage ich, dass trotz mancher Schnellschüsse und obwohl es  was ich wirklich bedauere, das habe ich auch schon im Ausschuss gesagt – keine Evaluierungen gegeben hat, Frau Bundesministerin, diese Neue Mittelschule eine Form des modernen Unterrichts bietet sowie mehr Chancen für unsere Kinder, in höhere Bildung aufzusteigen, aber auch eine qualifizierte Lehre zu machen.

Die Leistungsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft werden motiviert, Begabungen werden individuell gefördert. Was mir als ehemaliger Pädagogin auch gefällt: In der Klassengemeinschaft helfen die Starken den Schwächeren. Und eine Kollegin hat mir gesagt: Wir verlieren nicht so viele Kinder. Und das muss unser Ziel sein, dass wir Kinder nicht aus dem Bildungssystem verlieren, weil sie die eine oder andere Schwäche haben und dann in ihrem Leben nie mehr die Chance bekommen, einen Berufsabschluss oder eine qualifizierte Berufsausbildung zu machen.

Ich denke auch, in dieser Klassengemeinschaft in dieser neuen Form werden auch Werte wie Fleiß, Disziplin und gemeinschaftliche Verantwortung gelebt, und das ist positiv, denn wir alle wollen, dass unsere jungen Menschen zu mündigen, selbst­bestimmten Bürgerinnen und Bürgern heranwachsen. Und daher unsere Zustimmung. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

11.00



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Schmied zu Wort. Ich stelle die Uhr – wie vereinbart – auf 12 Minuten. – Bitte.

 


11.00.40

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, dass wir Ihnen heute als Regierungsvorlage ein Gesetzespaket zur Einführung der Neuen Mittelschule in das österreichische Regelschulwesen zur Beschlussfassung vorlegen dürfen.

Für mich persönlich ist das heute ein besonderer Tag. Ich darf das so formulieren. Begonnen hat das große Projekt Neue Mittelschule im Jahr 2007. Ich kann mich noch gut an ganz, ganz viele Vorgespräche erinnern, an die intensiven Verhandlungen damals noch mit Gio Hahn, die letztlich in den § 7a gemündet haben und die Schulver­suche „Neue Mittelschule“ in Österreich möglich gemacht haben, Schulversuche, die österreichweit stattgefunden haben, in einem bisher in dieser Form noch nie dagewesenen Ausmaß und österreichweit vernetzt, wissenschaftlich begleitet und betreut. Darauf bin ich auch ein Stück weit stolz, und ich freue mich, dass wir heute diesen großen, auch gesetzlichen Schritt tun dürfen. (Präsident Neugebauer über­nimmt den Vorsitz.)

Die Neue Mittelschule ist eine nach meiner Wertung beachtliche Schulreform auf der Sekundarstufe I. Für mich ist es die Schulreform des Machbaren auf dem Weg zur gemeinsamen Schule. In dem Punkt ist sich die Bildungspartnerschaft noch nicht ganz einig, aber es ist ein Schritt in diese Richtung, und es ist eine große Investition in das österreichische Schulwesen, denn immerhin werden damit – das möchte ich auch betonen – im Vollausbau 230 Millionen € jährlich mehr in die Sekundarstufe I investiert. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Herzstück der Neuen Mittelschule – Frau Abgeordnete Haubner ist darauf schon eingegangen – ist die neue Lernkultur, ist die neue Haltung, ist das Klima, das an den Standorten herrscht. Die Schüler und Schülerinnen stehen im Mittelpunkt, oder wie auch Herr Abgeordneter Amon es formuliert hat: Es geht um ein neues Bildungsmodell.

Nach Markus Hengstschläger können wir auch festhalten, dass mit der Neuen Mittelschule Vielfalt gefördert werden soll, und zwar nach dem Grundsatz, dass jeder von uns irgendetwas ganz besonders gut kann und in dem Sinn auch jeder von uns Erfolg haben kann, wenn die individuelle Leistungsvoraussetzung gegeben ist, das Interesse und Bereitschaft zu harter Arbeit. In dem Sinn ist mir die Neue Mittelschule auch vom Schultyp und von der Haltung her, die diese Schule verkörpert, sehr sympathisch und das Menschenbild mir sehr vertraut, entspricht sie doch einer wichtigen Haltung, auch nach Arno Gruen: Identität, Selbstwertgefühl, Zuversicht, Selbständigkeit, Mündigkeit, all das wollen wir zum Credo der neuen Schule erklären. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

Für die Neue Mittelschule gilt, Herr Abgeordneter Walser, der Lehrplan, der auf der AHS aufbaut. Die Neue Mittelschule ist eine Regelschule, braucht daher einen Lehrplan mit Eigennamen, wenn Sie so wollen. Wir haben den NMS-Lehrplan zur Begutachtung ausgesendet, und ich kann nur noch einmal betonen – es haben viele kritische Freunde und Freundinnen, Praktiker mitgearbeitet –, dass wir hier die Modelle, die es derzeit gibt, bestmöglich abbilden und ein Höchstmaß an Eigen­ver­antwortung, Autonomie und Schwerpunktsetzung der Schulstandorte ermöglichen. So wird es in Zukunft vier Schwerpunktsetzungen geben: erster Schwerpunkt: sprachlich-humanistisch-geisteswissenschaftlich; zweiter Schwerpunkt: naturwissenschaftlich-


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mathe­matisch; dritter Schwerpunkt: ökonomisch-lebenskundlich; vierter Schwerpunkt: musisch-kreativer Bereich.

Starre Leistungsgruppen gibt es nicht mehr, stattdessen Teamteaching, individuelle Förderung und, was, glaube ich, ganz besonders wichtig und ein großes Qualitäts­merkmal ist, Eltern/Schüler/Lehrer-Gespräche, mindestens zwei Mal im Jahr, auch zur Orientierung der Schüler und Schülerinnen und zur Vorbereitung der Bildungsweg­entscheidung, die ja dann im Alter von 14 Jahren letztlich getroffen werden muss. Da schließe ich mich den Ausführungen von Herrn Abgeordnetem Rosenkranz an: ver­pflichtende Bildungsweg- und Berufsberatung in der 7. und 8. Schulstufe als Schlüssel dafür, dass sich junge Menschen dann in der Sekundarstufe II oder im beruflichen Umfeld möglichst entlang ihrer Begabungen und Talente weiterentwickeln können.

Entscheidend ist für mich auch, dass die Berechtigungen am Ende der 4. Klasse klar auf dem Tisch liegen, wie es weitergeht: Allgemeinbildung, Berufsbildung, duale Aus­bildung. Auch hier ist mir die Einbeziehung der Eltern sehr, sehr wichtig.

Die Neue Mittelschule, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist erfolgreich, wenn mehr Menschen in Österreich höhere Bildung erreichen. Die Neue Mittelschule ist erfolgreich, wenn mehr Menschen entlang ihrer Interessen, individuellen Begabungen und Neigungen dann auch ihren Berufsweg, ihren Lebensweg einschlagen können.

Ich freue mich sehr über die Aufbruchsstimmung, über die Motivation, die an den Neue-Mittelschule-Standorten herrscht. Wenn ich daran denke, dass unsere ersten Treffen in kleinen Lokalen stattgefunden haben und wir jetzt beim nächsten Vernet­zungs­treffen der NMS-Standorte diese Veranstaltung schon im Austria Center abhalten, damit auch wirklich alle Direktoren, Direktorinnen, auch die Partnerschulen daran teilnehmen können, dann ist auch das für mich ein Symbol, dass die Neue Mittelschule mittlerweile eine Bildungsbewegung ist.

Wir brauchen – und das sage ich jetzt ganz direkt auch an den Herrn Abgeordneten Walser gerichtet – eine Kultur des Gelingens. Wir brauchen eine positive Stimmung in den Schulen, wir brauchen ein gutes Selbstwertgefühl der Lehrer und Lehrerinnen. Das heißt, dass wir auch mit Erfolg positiv und wertschätzend umgehen müssen. Das ist ganz, ganz wichtig. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

Die Neue Mittelschule soll eine Leistungsschule sein, die Freude macht. Also der Grad an Zufriedenheit der Eltern, Schüler, Lehrer ist für mich auch ein Erfolgskriterium.

Ich möchte mich auch sehr, sehr herzlich bedanken vor allem bei Herrn Abgeordnetem Elmar Mayer und bei Herrn Abgeordnetem Werner Amon für die stundenlangen Arbeitssitzungen. Ich möchte das gar nicht mehr „Verhandlungen“ nennen. Es waren konstruktive Arbeitssitzungen, in denen wir im Miteinander dieses Gesetzespaket ausgearbeitet haben.

Ich bedanke mich für die konstruktiv-kritischen Diskussionen im Unterrichtsausschuss unter der Vorsitzführung von Herrn Abgeordnetem Rosenkranz.

Wichtig ist der Vollausbau, er wird im Jahr 2018/19 erreicht sein, dass die Ressourcen für die Neue Mittelschule auch im Bundesfinanzrahmengesetz entsprechend berück­sichtigt sind. Der Stufenplan ist mit den Landesschulräten, den Landesschul­ratsprä­sidenten akkordiert. Also wir gehen sofort in die Umsetzung, wenn Sie es wollen, wenn Sie es beschließen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

11.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 



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11.09.31

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Beschluss der flächendeckenden Einführung der Neuen Mittelschule setzen wir heute tatsächlich einen weiteren Schritt in Richtung von mehr Bildungschancen und mehr Durchlässigkeit in unseren Bildungs­einrichtungen. Es besteht nämlich noch immer ein Zusammenhang zwischen Herkunft und Zukunft in Bildungsfragen. Und nach wie vor ist es so, dass die Herkunft zu sehr die Zukunft der Bildungswege der Kinder bestimmt und beeinflusst.

Diesen Zusammenhang aufzubrechen – und da würde ich Sie, Herr Walser, um den differenzierten Blick bitten –, diese Vorbestimmung und diesen Zusammenhang aufzu­brechen, darum geht es heute bei diesem Beschluss, wenn wir die Hauptschulen flächen­deckend in Mittelschulen umwandeln und so einen nächsten Meilenstein setzen.

Ich kann mich noch erinnern, ganz zu Beginn wollte unser Koalitionspartner die Neue Mittelschule unbedingt auf 10 Prozent beschränken, und kurz danach haben wir festgestellt, es gibt viel mehr Bedarf, weil diese neue Schule so erfolgreich ist. Es ist das damals auch ein Schritt gewesen, und wir setzen heute wieder einen Schritt. (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich ist unbestritten, dass unser Ziel die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen ist und auch unser Ziel bleibt. Dazu ist unser Koalitionspartner noch nicht bereit, aber der Herr Kollege Amon hat ja schon gesagt, wir sind in der Bildungspolitik noch nicht am Endpunkt, sondern es geht ja immer weiter. Insofern hoffe ich sehr, dass auch in Zukunft die ÖVP auf die Dauer die Augen vor der Wirklichkeit nicht verschließen wird können, weil wir wissen, dass die zu frühe Trennung der Kinder, eine zu frühe Bildungsselektion falsch ist.

Alle internationalen Ergebnisse beweisen, dass die frühe Trennung der Kinder in Sachen Bildung Ungleichheiten produziert und Entwicklungschancen ver- und behin­dert. Was in den Kindern steckt, kann man mit neun Jahren noch nicht endgültig beantworten. Diese Trennung in Hauptschule und Gymnasium ist bei uns zu früh angesetzt, und wir verlieren auf diesem Weg enorm viel Potential.

Ich kann mich selbst noch erinnern, als mein Sohn neun Jahre war, ist es um die Frage gegangen, ob er in die Schule gehen kann, die er will. Die Voraussetzung für einen Eintritt in diese Schule war damals, er muss lauter Einser in der dritten und in der vierten Volksschule haben. Dann hätte er eine Garantie gehabt, in die Schule zu kommen, in die er gehen wollte. Alle, die Eltern sind, können sich vorstellen, welch enormer Druck da auf den Kindern lastet. Ein Zweier – ganz egal, in welchem Fach – wäre sozusagen schon eine Hürde gewesen. Die Versagensängste, die da in einem Neunjährigen schon hervorgerufen werden, und der Leistungsdruck, der da produziert wird, das ist furchtbar.

Interessant sind auch – vielleicht auch für meinen lieben Kollegen Amon – die Ergeb­nisse einer deutschen Studie, wonach in Hamburg nachgewiesen wurde, dass ein Drittel jener Schüler, die eine Empfehlung für ein Gymnasium hatten, unterdurch­schnittliche Lesekompetenz hatte, wohingegen ein Drittel jener Schüler, die eine Hauptschul-Empfehlung hatten, überdurchschnittliche Lesekompetenz hatte.

Eine PISA-Studie hat auch nachgewiesen, dass die besten 20 Prozent der dritten Leistungsgruppe einer Hauptschule in ihren Leistungen genauso gut sind wie die schlechtesten 20 Prozent einer AHS. Der entscheidende Punkt ist aber: Die einen sitzen in der AHS, und die anderen sitzen in der Hauptschule, und die Wege differenzieren sie aus. Da kommen wir zu dem Bereich der sozialen Ungleichheit und


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Ungerechtigkeit, weil eben die soziale Herkunft sehr viel mehr bestimmt als die Chancen, die in den Kindern selber stecken.

Ich kann es aus meiner eigenen Erfahrung sagen: Ich bin ein ganz klassisches Arbeiterkind. Meine beste Freundin in der Volksschule hatte die gleichen Noten wie ich. Sie war die Tochter eines Rechtsanwaltes. Es war völlig klar, dass sie ins Gymnasium geht. Meine Eltern haben gesagt: Schauen wir einmal, wie sie sich entwickelt, sie soll einmal in die Hauptschule gehen! Das war völlig klar: Der Hintergrund der Herkunft war das Entscheidende für die Bildungswege. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Entschuldigung, das habe ich erlebt. Das ist ja die Wahrheit, dass das das Entscheidende ist. Ich weiß schon, jetzt sind Sie aufgeregt, weil es um die nächsten Schritte geht. (Abg. Kickl: Ich war auch ein Arbeiterkind, und bei mir war es genau umgekehrt!)

Wir sind noch nicht am Ziel, aber es ist dieser Beschluss heute ein Schritt weg von zu frühen Bildungsentscheidungen in Richtung mehr Entfaltungsmöglichkeiten und mehr Lernchancen für unsere Kinder. Insofern freue ich mich, dass wir das gemeinsam beschließen können. – Herr Kollege Walser, geben Sie sich noch einmal einen Ruck in Richtung eines differenzierten Blicks. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhr­mann. – Bitte.

 


11.14.40

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! An die Worte meiner Vorrednerin anschließend möchte ich noch einmal unterstreichen, das die Frau Bundesministerin gesagt hat, weil ich es nicht nur für eine schöne Formulierung erachte, sondern weil sie damit hundertprozentig recht hat, wenn sie sagt: Es ist für den Erfolg im Bildungssystem, für den Erfolg in der Bildungspolitik auch relevant, eine Kultur des Gelingens in den Vordergrund zu stellen.

Wenn hier von vielen Rednern schon darauf hingewiesen wurde, speziell vom Herrn Kollegen Walser und vom Herrn Kollegen Amon, dass der Erfolg dieser Neuen Mittel­schule auch darauf beruht, dass endlich nach vielen Jahren auch parteipolitische Stereotypen, Plattitüden, Säulen von beiden Seiten etwas über Bord geworfen wurden, dass man nach Kompromissen gerungen hat im Sinne dieser Kultur des Gelingens, dann würde ich meine, dass dieses Erfolgsmodell, nämlich wenn es darum geht, wie wir miteinander arbeiten, auch in Zukunft so praktiziert werden sollte. Ich würde es schade finden, wenn wir wieder in das alte Fahrwasser zurückkämen und wir uns wieder politische Ideologien gegenseitig vorwerfen würden.

Also ich bin der Meinung, wir sind hier schon einen Schritt weiter, und es würde uns gut anstehen, diesen Weg erfolgreich fortzusetzen.

Die Frau Kollegin Haubner hat darauf hingewiesen, dass noch einige Baustellen vorhanden sind, womit sie auch recht hat. Wenn wir heute davon sprechen, dass die Neue Mittelschule sicherlich eine der größten bildungspolitischen Reformen der letzten 50 Jahre ist, dann muss ich sagen: Das ist richtig, und man kann es nur mehrfach betonen! Es ist aber auch richtig, dass es noch einige Baustellen gibt. Die Schul­verwaltung wurde angesprochen, das Dienstrecht wurde angesprochen. Das stimmt alles, das ist richtig, wenngleich ich schon der Meinung bin, dass eine neu organisierte Schulverwaltung nicht die Lösung für pädagogische Probleme sein kann. Eine Lösung dieser Probleme steht und fällt schon mit einem guten Unterricht und mit einem guten Lehrpersonal. Aber durch eine gut strukturierte, straffe und effiziente Schulverwaltung kann natürlich dafür gesorgt werden, dass nicht unnötigerweise Budgetmittel ins System fließen, sondern dass Budgetmittel, die in Zeiten wie diesen ohnehin knapp


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sind, zugunsten der SchülerInnen, zugunsten unserer Kinder zur Verfügung stehen und für die Erhöhung der Bildungsqualität eingesetzt werden können.

Auch beim Dienstrecht – das ist ja keine Aufgabe, die sehr einfach ist und die man von heute auf morgen wird erledigen können – muss es uns gelingen, gemeinsam etwas zustande zu bringen. Die Forderung nach einem leistungsgerechteren Besoldungs­system, die Forderung vor allem auch nach höheren Einstiegsgehältern für Junglehrer haben wir in diesem Haus nicht erst einmal diskutiert, sondern schon mehrfach, aber um das dann auch auf Schiene zu bringen, dazu bedarf es vieler Verhandlungen. Auch da wird es darum gehen, dass alle Beteiligten eine Kultur des Gelingens in den Vordergrund stellen.

Die Neue Mittelschule, die bis zum Schuljahr 2018/2019 die 1 160 Hauptschulen in Österreich ersetzen wird, ist sicherlich auch eine Antwort darauf, dass wir nicht überall in Österreich, aber doch an sehr vielen Standorten eine schwierige Situation der Hauptschulen vorgefunden haben. Es war nicht primär jede Hauptschule schlecht. Im Gegenteil: Die Hauptschulen in den Bundesländern waren oft sehr gut, und da waren auch Leistungsgruppen ein Merkmal, warum das so gut funktioniert hat. Aber jetzt geht es darum, die Hauptschulen in allen Bundesländern, speziell auch in Wien, weiterzuentwickeln, und ich glaube, das ist mit dem Modell der Neuen Mittelschule sehr, sehr gut gelungen.

Die Neue Mittelschule – die Frau Bundesminister hat es gesagt – soll eine Leistungs­schule sein, wo es vor allem auch darum geht, das Individuum, den einzelnen Schüler, die einzelne Schülerin, in den Vordergrund zu stellen, durch Leistungskurse, durch Förderkurse zu unterstützen. Temporäre Schülergruppen werden möglich sein, das Teamteaching wird eine Rolle spielen. Die Berufsberatung soll erstmals Eingang in den Unterricht finden, und speziell das Zeugnis in der siebenten Schulstufe soll für mehr Transparenz sorgen, um die weitere Karriereplanung der jungen Menschen zu unterstützen.

Ich denke, in Kombination mit den Bildungsstandards, die ebenfalls für Transparenz sorgen sollen, aber auch mit der Einführung der Zentralmatura, die bis zum Schuljahr 2014/2015 flächendeckend in Österreich umgesetzt sein soll, wird sich eine neue Bildungskultur in Österreich entwickeln, mit dem Ziel, die Ressource, die wir in Österreich am meisten haben, nämlich die Humanressource, bestmöglich auszubauen und unsere Kinder und unsere Jugendlichen auch entsprechend zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


11.20.01

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich habe jetzt schon zum zweiten Mal offensichtlich das neue Modewort der Regierung gehört: Kunst des Gelingens. – Also wir stellen fest, dass das eher eine Kunst des Misslingens ist, was in den letzten Jahren hier bildungspolitisch stattgefunden hat. – Das können Sie sich einmal ins Stammbuch schreiben lassen! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Elmar Mayer: Kultur des Gelingens!)

Wir sind uns, sehr geehrte Damen und Herren, alle einig darüber, dass die öster­reichische Zukunft in den Händen unserer Jugend liegt; das ist überhaupt kein Thema. Es sind von der Politik Rahmenbedingungen zu setzen, ja, das ist sicherzustellen, das muss unser oberstes Ziel sein; das ist ja auch kein Thema.


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Fest steht auch, dass unsere Jugend Herausforderungen, Verantwortung, Freiheit, Perspektiven, Vorbilder benötigt und auch gut ausgebildet und leistungsbewusst erzo­gen werden muss. Letztendlich ist eben eine unbürokratische, moderne und zukunfts­orientierte Ausbildungs- und Bildungspolitik wichtig. Das ist für uns, bitte, ganz wichtig, dass wir das zusammensehen: Nicht nur die Ausbildungsseite, sondern auch die Bildungsseite ist in der österreichischen Politik sicherzustellen!

Aber das, was sich in den letzten Jahren offenbart hat, war ja eine einzige Katastrophe: Schulversuche dort, Schulversuche da, reine Fleckerlteppiche. – Und sich jetzt hier herzustellen und von der Kunst des Gelingens zu sprechen, das ist ja wirklich hane-büchen. Man ersetzte letztendlich nur das Wort „Hauptschule“ durch das Wort „Neue Mittelschule“, pumpt ein paar Milliönchen in das System hinein, stellt ein paar Lehrer ein – das ist ja an und für sich nichts Schlechtes –, und das soll dann der große bildungspolitische Quantensprung sein?

Diese Frage, glaube ich, stellen wir uns alle. Wir sind der Meinung, das ist nicht der bildungspolitische Quantensprung, denn am Ende des Tages – davon sind wir überzeugt – soll nichts anderes passieren als das schon lange von den Sozialisten Herbeigesehnte (Abg. Elmar Mayer: Was ist die Alternative?), nämlich dass die Gesamtschule, der Einheitsbrei durch die Hintertür eingeführt werden soll. – Dem müssen wir uns entsprechend entgegensetzen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wo hält denn hier beispielsweise die ÖVP dagegen? – Die ÖVP, der billige Jakob in der Regierung. (Abg. Klikovits: Nicht grob werden!) Für die ÖVP gilt ja offensichtlich nur noch der Allmachtanspruch. Vielleicht geben Sie sich damit zufrieden, im Bun­desland Niederösterreich noch den einen oder anderen Bezirksschulinspektor oder Landesschulinspektor sicherzustellen, aber um die Bildungsfragen unserer Jugend­lichen scheren Sie sich fast keinen Deut.

Wir Freiheitlichen werden diese Dinge mit allen Mitteln bekämpfen. Wir haben ja in den letzten Jahren schon oft genug Schwerpunkte präsentiert, nämlich wiederum im Ausbildungs- und im Bildungssystem. Was das Schulsystem betrifft: Wir sind für Ansätze von praxis- und projektorientiertem Unterricht dort, wo es Sinn macht. Wir sind auch für eine zeitgemäße Ausrüstung, denn auf welchen Tischen und mit welcher Ausrüstung heute oftmals unsere Kinder hantieren müssen, das erinnert ja an gewisse Zeiten. Das ist ja unglaublich! Wichtig ist auch, an der Motivation der Kinder zu arbeiten und nicht einfach nur, wie gesagt, den einen Namen durch den anderen zu ersetzen.

Wir sind auch für eine laufende Kontrolle der Qualität des Unterrichtes und auch für eine fortlaufende Lehrerausbildung. Ich denke, wir denken, da ist noch viel Aufhol­bedarf gegeben.

Der Lehrberuf ist für uns in diesem Ausbildungs- und Bildungssystem ganz wichtig. Ich sage das immer wieder, ich wiederhole das, weil das so wichtig ist. Wir müssen das Ausbildungsniveau in der Lehre heben. Wir müssen auch den Stellenwert für den Lehrberuf in der Bevölkerung heben. Auch die Hochschulen sind natürlich besser finanziell und organisatorisch auszustatten.

Also wir sind der Meinung, die Regierung hätte alle Hände voll zu tun, sie hätte sich einmal wirklich sprichwörtlich in die Hände zu spucken, damit in diesem Bildungschaos endlich durchgestartet werden kann – ganz im Sinne unserer Jugend! (Beifall bei der FPÖ.)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 54

11.24.00

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich glaube, man kann eingangs festhalten, dass zumindest von den Grünen niemand bestritten hat, dass es in den letzten Jahren auch Fortschritte gegeben hat und dass sich insbesondere die Unterrichtsbedingungen an den, wie es jetzt heißt, Neuen Mittelschulen verbessert haben, allein deshalb schon, weil es mehr Ressourcen ge­geben hat. Diese Diskussion brauchen wir nicht zu führen. Die Diskussion, die wir führen sollten, ist allerdings, ob einerseits Anspruch und Wirklichkeit übereinstimmen und ob das, was als Kern des österreichischen Schulsystems im Problem wahrge­nommen wird, damit verbessert wird.

Es war interessant, es hat eigentlich drei unterschiedliche SPÖ-Reden gegeben. Zunächst war die Rede des Kollegen Mayer, das war die Jubel-Trubel-Heiterkeit-Rede, der völliges Unverständnis darüber äußert, dass jemand da nicht voll zustimmen kann. Ich finde, Ihre Rede, Frau Bundesministerin, war schon deutlich differenzierter und hat auch Probleme aufgegriffen. Und dann kam die Kollegin Ablinger und hat ziemlich deutlich klargemacht, dass es bei der Frage der Bildungsgerechtigkeit, der Übertritts­möglichkeiten massive Probleme im österreichischen Schulsystem gegeben hat.

Wenn wir hier – jetzt sage ich einmal etwas keck – mehr Ablinger und weniger Mayer in der Propaganda hätten, dann täten wir uns wahrscheinlich leichter, auf eine gemeinsame Basis zu kommen, denn dann könnten wir uns viel leichter tun, zu sagen: Okay, hier Verbesserungen, da große Mängel, und versuchen wir einmal, ein Bild zu zeichnen, das der Realität entspricht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Elmar Mayer: Ihr geht ja nirgends mit! Bildungsverweigerer!)

Wir gehen sehr oft mit. Wir gehen sehr oft mit! Es hat sich beim Kollegen Walser nichts zu dem verändert, wie es früher gewesen ist.

Ich sage Ihnen etwas: Ich kann mich an eine Aussage, als ich Bildungssprecher geworden bin, oder relativ jung Bildungssprecher war, erinnern. Die kam vom dama­ligen Stadtschulratspräsidenten Scholz in Wien. Das hat mich eigentlich sehr zum Nachdenken gebracht und war etwas, was ich behalten habe. Er hat gesagt, der Weg zu höherer Bildung in Österreich hängt von drei Faktoren ab: vom Faktor Herkunft, vom Faktor Distanz – ob es im Umfeld Bildungseinrichtung gibt – und vom Faktor Bega­bung. – Das ist noch wenig überraschend.

Das, was wirklich prägend war an der Aussage, war, zwei dieser drei Faktoren müssen erfüllt sein, damit man zu höherer Bildung kommt. Wenn man das durchdenkt, heißt das, der Faktor Begabung allein führt in Österreich nicht zu höherer Bildung. – Ich glaube, er hat recht behalten und hat nach wie vor recht.

Es ist auch, umgekehrt betrachtet, wenn der Faktor Begabung nicht da ist, man aber eine ausreichende Herkunft hat und in einem städtischen Umfeld lebt, die Wahr­scheinlichkeit zu höherer Bildung eher gegeben, diese ist noch immer sehr hoch, dass man durchkommt. Ich glaube, das gilt nach wie vor und gilt auch mit der Neuen Mittelschule nach wie vor. Wer das nicht wahrnimmt, der hat eines der Hauptprobleme des österreichischen Systems nicht erkannt. Da sollte man dranbleiben.

Frau Ministerin, ich hätte das lieber die Frau Kollegin Ablinger gefragt. Diskutieren wir doch darüber, ob wir jetzt eine gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen haben! Haben wir die? (Abg. Dr. Walser: In Ihrer Propaganda schon!) Haben wir eine gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen? – Nein. (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.) Warum steht dann in der Propaganda, in dem, was da drinnen ist, wortwörtlich: die gemeinsame Schule für alle 10- bis 14-Jährigen? Warum steht das da drinnen? Warum, wenn es nicht stimmt? – Das ist das, was ich Sie frage!


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Das ist wirklich schon etwas peinlich, denn das erinnert mich zufälligerweise ziemlich stark an Frau Gehrer: diese Form, Propaganda zu machen, die mit der Realität nicht übereinstimmt! – Warum steht da drinnen, dass die Entscheidung über die Schul­laufbahn erst mit 14 fällt? Entschuldigen Sie, Sie haben ein Umfeld, ich habe ein Umfeld, meine Kinder sind zwölf und 14 Jahre alt, wir haben ein Umfeld von Familien, wo die Entscheidung ansteht, ob die Kindern ins Gymnasium oder in die Hauptschule oder in die Neue Mittelschule gehen.

Sie werden mir doch nicht ernsthaft einreden wollen, dass diese Diskussion nicht mehr stattfindet. Das prägt ganze Familien über einen entscheidenden Zeitraum, da gibt es massiven Druck, der ist nach wie vor da. Wenn wir uns darauf einmal verständigen könnten, dann wäre es, wie gesagt, auch viel leichter, einzelne Schritte positiv zu bewerten. Darum würde ich Sie wirklich ersuchen. Gehen wir in die Realität und versuchen wir, an den Dingen weiterzuarbeiten, wo die Probleme gegeben sind!

Da möchte ich noch auf einen Punkt kommen, denn ich habe jetzt meine Rolle wieder verändert. Zuerst war ich neun Jahre Bildungssprecher, übrigens nicht aus dem Schulsystem kommend, da hat es immer geheißen, der Theoretiker, weil ich mit der Praxis nichts zu tun habe. Jetzt ist es eher die Rolle des Vaters (Abg. Elmar Mayer: Spannend!), der den Kollegen Walser da machen lässt, die ist auch sehr spannend, vor allem wenn man es im Umfeld beobachtet.

Es gibt ja drei Kategorien von Familien: Die einen sind die: Da machen es die Kinder alleine, und die Eltern sind entlastet. Da ist aber das Problem, das ist eine relativ kleine Gruppe, das kommt nicht so oft vor. Die zweite Kategorie sind die mit dem System Nachhilfe. Irgendwann geht es sich nicht mehr aus, man versucht, Nachhilfe zu bieten, und man versucht damit, den Kindern zu helfen. Das dritte System, und dazu zähle ich mich, ist das System: Wir haben Schularbeit.

Kenn ihr das „Wir haben Schularbeit“? – Das heißt, irgendwie kommt der Schular­beitsstoff, und dann wird einmal zuhause versucht, zu schauen: Was können die Kinder? Was nicht, wo muss man weitergehen? Wenn man dieses System „Wir haben Schularbeit“ ernsthaft betreibt, dann kommt man auch zu anderen Dingen.

Frau Ministerin, darf ich Sie etwas fragen? – Haben Sie sich in letzter Zeit einmal die Schulbücher angeschaut, die in Österreich verwendet werden, und versucht, Stoff – sagen wir, vierte Klasse Unterstufe Gymnasium – aufgrund dessen, was in dem Mathematikbuch steht, wirklich nachzuvollziehen und nachzuvollziehen, ob man von dem, was da drinnen steht, zu einer Lösung kommt? (Abg. Mag. Donnerbauer: Lernen! Das schadet nicht!)

Ich wünsche Ihnen viel Glück dabei. Das kostet Sie Wochenenden, und es kostet Sie Wochenenden, um den eigenen Kindern zu erklären, nicht, warum man das an die Tafel schreibt und dies das Ergebnis ist, sondern, wie man dazu kommt. Das ist der Kern der Geschichte!

Wissen Sie, was im Kern von PISA herausgekommen ist? – Das größte Problem in Österreich war, dass es beim verstehenden Lernen das Problem gegeben hat. Dort, wo es um das Auswendiglernen gegangen ist, das war in Österreich noch relativ gut. Dort, wo es um das Verständnis gegangen ist, haben wir das Problem.

Schauen Sie sich das Umfeld an! Das gilt nach wie vor. Da geht es um LehrerIn­nenausbildung, da geht es um Pädagogik, die dahintersteht. Da schließe ich bei der Kollegin Fuhrmann an und sage: Aus meiner Sicht ist Leistung zu definieren! – Klar, da gibt es unterschiedliche Definitionen.

Ich möchte eine Schule des Verstehens und des Verständnisses. Dort sollten wir hinkommen: dass Kinder nicht mit etwas heimkommen, was sie auswendig lernen


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müssen und was sie repetieren müssen, sondern dass sie das, was in der Schule unterrichtet wird, mitbekommen und verstehen. Und wenn wir dort hinkämen, dann wären wir in Österreich einen großen Schritt weiter. (Beifall bei den Grünen.)

11.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte. (Abg. Dr. Walser: Jetzt kommt die ultimative Wahrheit! – Abg. Petzner – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich habe nur die ultimative Wahrheit!)

 


11.30.18

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Walser hat jetzt zu mir beim Herausgehen gesagt: „Jetzt kommt die ultimative Wahrheit!“ – Ich bringe immer die ultimative Wahrheit, die im konkreten Fall lautet: Die Neue Mittelschule steht nach jahrzehntelangem Stillstand in der Bildungspolitik dem dagegen, dass wir bei internationalen Rankings, bei inter­nationalen Studien immer schlecht abschneiden. Hier sei nur die PISA-Studie genannt. Ich halte jetzt diese Reform für einen ganz großen und wichtigen, aber nicht letzten Reformschritt im Bereich der Schule und im Bereich der Bildung.

Ich glaube, dass das einmal ein großer Schritt in die richtige Richtung ist und dass das ein großer Schritt in die Richtung eines modernen, effizienten Schulsystems ist, wo das Ziel eine Schule der Chancen, eine individuelle Schule ist, wo auch die Schülerinnen und Schüler gerne in die Schule gehen, weil ihre Leistungen gesehen und gefördert werden und es keine Schule der Angst ist. Daher sind wir auch dafür und mit dabei, diesen großen Reformschritt hier und heute zu gehen. Und daher wird auch das BZÖ diesem Modell nach langen Diskussion zustimmen, wenngleich ich noch einmal betonen möchte, dass es nicht der letzte Schritt sein kann – da sind wir uns, glaube ich, einig, Kollege Mayer –, aber das ist ein ganz, ganz großer und wesentlicher Schritt in die richtige Richtung.

Frau Ministerin Schmied hat bereits den Psychoanalytiker Arno Gruen angesprochen, der immer wieder in seinen Werken darüber schreibt, dass es gerade in einer immer komplexer werdenden Welt, wo wir vor immer größeren Herausforderungen stehen, wo auch die jungen Menschen einem immer größeren Druck ausgesetzt sind in der Berufswelt, auch im Privatleben, wo immer mehr Ansprüche gestellt werden, wo wir von den Medien de facto kommuniziert bekommen, wie der ideale Mensch zu sein hat, wie er auszusehen hat, wichtig ist, dass wir dieser immer komplexer werdenden Welt starke, selbstbewusste, engagierte und gebildete junge Menschen entgegenstellen, die ihren eigenen individuellen Weg im Vertrauen auf ihr eigenes Können und ihr eigenes Wissen gehen. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Elmar Mayer.)

Ich glaube, dass die Neue Mittelschule ein wesentlicher Eckpfeiler dafür ist, dass diese selbstbestimmten, selbstbewussten, individuellen Menschen mit ihrer eigenen Identität, mit ihrer eigenen Willenskraft, eben mit diesem Bildungssystem, mit dieser Reform mehr gefördert werden und in diesem Bereich sehr, sehr viel getan wird.

Es sind viele komplexe Einzelbausteine in diesen Gesetzen enthalten, einige wurden schon genannt, ich möchte noch ein paar aufgreifen. Ich empfinde es zum Beispiel als extrem positiv, dass es neben diesen klassischen Noten 1 bis 5 in Zukunft auch möglich sein wird, dass es eine ergänzende, differenzierende Leistungsbeschreibung geben soll, das heißt, dass wir weggehen von dem klassischen, strengen, undifferen­zierten Notensystem von 1 bis 5 und einen zusätzlichen Baustein bekommen, der es auch individuell ermöglicht, die Leistungen und vor allem die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern zu bewerten. Das ist ein wesentlicher Schritt, damit diese Neue Mittelschule moderner, bunter und auch schöner wird.


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Ein weiterer Punkt ist, dass, wie ich glaube, dieses Modell insgesamt auch dazu beitragen wird, dass die Schulautonomie gestärkt wird, das heißt, dass konkret die Lehrer, die Direktoren vor Ort mehr autonome Möglichkeiten bekommen, den Lehrplan, den Unterricht individuell zu gestalten und auf die konkreten Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen.

Und nicht zuletzt gibt es – das wurde schon angesprochen – auch in Zeiten des Sparens mehr Geld. Umgerechnet gibt es pro Schüler und pro Jahr 1 000 € mehr für unser Bildungssystem in Österreich. Das ist in Zeiten des Sparens schon auch kein unwesentlicher Schritt; das will ich auch hier gesagt haben.

Ein weiterer Punkt ist, dass es verpflichtende Eltern-, Lehrer-, Schülergespräche geben soll, wo man gemeinsam analysiert: Wie schauen wir aus? Wie gehen wir weiter? Wie schaffen wir es, das Potenzial eines jeden Schülers individuell zu nützen?

Das sind nur einige Beispiele, die ich genannt haben möchte, warum auch das BZÖ hier diesem Modell zustimmen wird.

Wir zeigen damit auch, dass wir keine Brachialopposition betreiben und sagen, wir sind immer gegen alles, sondern dass wir auch bereit sind, dann, wenn vernünftige Maß­nahmen auf dem Weg sind (Abg. Mag. Josef Auer: Weiter so!), mitzuverhandeln, mitzugestalten und auch mitzubeschließen im Sinne eines modernen, effizienten Schul­systems und starker, selbstbewusster Schülerinnen und Schüler, die ganz sicher ihren Weg auch mit diesem neuen System der Neuen Mittelschule gehen werden. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.35


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 


11.36.04

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Wenn die Kollegin Haubner und noch dazu die „ultimative Wahrheit“ heute der SPÖ insofern recht geben, als es ein richtiger, ein guter Schritt in die richtige Richtung ist, dann freut uns das natürlich doppelt. Wir können mit Fug und Recht sagen, dass das heute ein sehr guter Tag für die Bildung in Österreich und für die Zukunft unserer Jugend ist.

Es sind schon viele Dinge aufgezählt worden: mehr Individualisierung, mehr gezielte Förderung und so weiter. Das alles sind Schritte in die richtige Richtung. In Summe kann man garantiert sagen: Mehr Ressourcen und mehr Mittel werden für sonst eher Benachteiligte eingesetzt. Und das wird wohl insgesamt Gott sei Dank die Chancen­gleichheit heben. Das ist ja genau das, worin sich alle Experten einig sind – und aus der PISA-Studie kann man das eindeutig herauslesen –: dass es bei uns und in Deutschland einen starken Zusammenhang zwischen Bildung und Einkommen der Eltern und Bildung der Schülerinnen und Schüler gibt.

Die Neue Mittelschule ist ein großer Teilerfolg. Wir glauben an eine Idee. Herr Kollege Walser, ich bin Bürgermeister in einer schwarzen Gemeinde geworden, da habe ich auch daran glauben müssen; wenn ich das nicht getan hätte, dann wäre ich es nicht geworden. Oder als Lehrer: Fleiß ist angesprochen worden. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar, Frau Kollegin Haubner. Fleiß ist etwas Wichtiges, daran müssen wir auch glauben in der Schule, nämlich, dass aus dem Schüler etwas wird, man muss mit Zwischenergebnissen zufrieden sein.

Durch die flächendeckende Neue Mittelschule kann jetzt endlich von unten das wachsen, was bisher von oben eben leider verhindert worden ist und wo wir nur einen „Kompromiss“ – unter Anführungszeichen – zusammengebracht haben. Langfristig arbeiten wir auf die echte, gemeinsame Schule der 6- bis 14-Jährigen hin. Dazu


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braucht es sehr viel Überzeugungsarbeit und auch Druck aus der Bevölkerung – und der wird kommen, weil die Neue Mittelschule zeigen wird, dass es ein sehr gutes System ist.

Es muss mit gezielten Fehlinformationen, wie sie immer wieder vom Herrn Kollegen Rosenkranz oder vom Herrn Kollegen Hörbart kommen (Abg. Ing. Höbart: Höbart!), und auch heute wieder gekommen sind, aufgeräumt werden. Es ist keine Gleich­macherei, kein Einheitsbrei, wie Sie immer sagen. Genau das Gegenteil ist der Fall: Sie nehmen immer diesen Etikettenschwindel, Sie nehmen das Beispiel aus Deutsch­land, wo es zwar eine Gesamtschule mit diesem Namen gibt, aber es beileibe keine solche ist.

Aber ich kann auch nicht vor dem Koalitionspartner Halt machen; das ist eher ein Appell an den Koalitionspartner. Ich war ja Schulsprecher im Tiroler Landtag, ich habe mir damals eine Aussendung des Gemeindeverbandspräsidenten Rauch angeschaut, der doch tatsächlich behauptet hat, dass eine gemeinsame Schule nur dann zu führen ist, wenn tausend Schüler sie besuchen. Nur Zentralschulen können das machen. Die Schüler müssen auspendeln. – Das ist genau das, was nicht der Fall ist. Und so weiter: Es wurden laufend immer wieder Informationen von Leuten, die vertrauenswürdig sind, die Meinungsbildner sind, in die Welt gesetzt. Damit ist eigentlich letzten Endes diese gute Idee schlechtgemacht worden, so wie es oft in der Gesellschaft vorkommt.

Es gibt aber sehr viele Beweise dafür, dass die gemeinsame Schule etwas Gutes ist. Wenn ich nur an das Zillertal denke: Im Zillertal gehen über 99 Prozent in Haupt­schulen. Wunderbar, da gibt es sehr gute Erfolge. Oder Südtirol: das Paradebeispiel für sehr viele Konservative, die immer von der Ideologie sprechen, wenn ich in diese Richtung schaue. In Südtirol würde niemand daran zweifeln, dass dieses über 50-jährige System ein sehr gutes ist. Sie haben eine sehr gute Leistung und sie haben mehr Chancengleichheit.

Frau Ministerin Schmied heißt nicht umsonst „Schmied“ – und nicht „Schmiedl“: Sie versprüht Aufbruchsstimmung, sie geht den richtigen Weg! Wir werden sie bei diesem richtigen Weg unterstützen, und wir laden alle ein, so wie das BZÖ auch bei Kompromissen zuzustimmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

11.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


11.40.32

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Die Weiterentwicklung der Hauptschule zur Neuen Mittelschule ist keinesfalls ein Türschildauswechseln oder ein Etiketten­schwin­del, wie das vor allem von den Grünen behauptet wird, sondern sie stellt auf die individuelle Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler ab, wodurch natürlich auch die Durchlässigkeit unseres Schulsystems deutlich verbessert wird.

Die Einführung der Neuen Mittelschule ist tatsächlich eine der größten bildungs­politi­schen Reformen der letzten Jahre, sie ist ein Qualitätssprung. Durch die Möglichkeit der Bildung von Förder- und Leistungskursen, durch die Bildung von temporären Schulgruppen oder auch durch eine spezielle Begabtenförderung wird sich die Neue Mittelschule als Leistungsschule positionieren, die die unterschiedlichen Interessen und Begabungen der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt stellt. Mit dieser Differenzierung wird die individuelle Leistungsfähigkeit berücksichtigt.

Es wurde besonderes Augenmerk auf diese Differenzierung gelegt, wofür es auch zusätzliche Stunden gibt. Über die Form der Differenzierung wird am jeweiligen Schulstandort mit den Klassenlehrern und mit dem Direktor entschieden.


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Ganz besonders froh bin ich darüber, dass das Fach Ernährung und Haushalt weiterhin als Pflichtfach geführt werden kann. Angesichts wachsender gesund­heitlicher Probleme unserer Kinder und Jugendlichen, besonders hervorgerufen durch falsche Ernährungsgewohnheiten, beispielsweise Übergewicht oder auch Diabetes, ist es dringend erforderlich, den jungen Menschen die Bedeutung der Ernährung mit auf den Weg zu geben – und nicht nur durch Theorie, sondern auch durch praktisches Tun. Ernährungs- und Gesundheitsbildung ist in Zeiten von Fast Food ein wichtiger Eckpfeiler in einer modernen Schule, die auf das Leben vorbereiten soll.

Die Grünen haben den identen Lehrplan der AHS gefordert, was bedeutet hätte, dass eben dieses Fach hätte gestrichen werden sollen. Und wenn sich nun der grüne Abgeordnete Walser damit rühmt, dass er das Fach Ernährungslehre retten möchte, dann zeugt das von einer ganz besonders kreativen Doppelbödigkeit, was ich eigentlich nicht verstehe. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Neue Mittelschule wird sich an den Stärken der Schülerinnen und Schüler orientieren und nicht daran, was sie nicht können. Deshalb ist sie ein echtes Förder- und Leistungsangebot. So sprechen auch die vorläufigen Zahlen, die das Bundes­ministerium herausgegeben hat, über die heurigen AbgängerInnen der Neuen Mittel­schule – das sind nämlich die Ersten aus dem Schulversuch – für sich: Heuer werden nämlich 53 Prozent aller Schülerinnen und Schüler aus der Neuen Mittelschule die Reife für eine höhere Schule erreicht haben – im letzten Jahr waren es gerade 44 Prozent der damaligen HauptschulabgängerInnen.

Die Neue Mittelschule bedeutet mehr Chancen, mehr schulische Einzelförderung, eine bessere Durchlässigkeit, mehr Vielfalt, spezielle Schwerpunktbildung, moderne Lehr- und Lernformen, zusätzliche Ressourcen, die tatsächlich bei den Kindern ankommen, und ich freue mich, dass wir sie heute beschließen. Ich freue mich auch, dass das BZÖ nun dieser Mittelschule die Zustimmung gibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


11.44.27

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Da ich noch 3 Minuten meiner Redezeit offen habe und von Herrn Abgeordnetem Brosz auch direkt angesprochen wurde: Die Werbung für die Neue Mittelschule ist mir sehr, sehr wichtig. Ich möchte hier breit informieren. Dass es im Zug immer besonders Sie trifft, Herr Abgeordneter Walser (Abg. Dr. Moser: Das ist nicht das Problem!), war in dem Sinn nicht beabsichtigt (Abg. Dr. Walser: Und nicht erfolgreich, Frau Ministerin!), aber ich kann das schon gut nachvollziehen. Gemeint ist es als die gemeinsame Schule, die einfach für alle Schüler und Schülerinnen offen steht, wo auch gemeinsam unterrichtet wird, wo es keine starren Leistungsgruppen gibt und wo die Entscheidung mit 14 eben gut vorbereitet wird. Dass dann eine Bildungswegentscheidung kommen muss, steht ja außer Frage.

Zum Herrn Abgeordneten Höbart muss ich allerdings schon etwas deutlicher werden. (Ruf bei der SPÖ: Der braucht das!) Also jetzt hier im Hohen Haus allen Ernstes von einem „Stillstand“ in der Bildungspolitik zu sprechen (Abg. Ing. Höbart: Es sind Jahre vergangen! Jahre vergangen!), das spottet einfach jeder Beschreibung und objektiven Wahrnehmung! (Beifall bei der SPÖ.)


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Wir haben bis dato 45 – in Worten: fünfundvierzig – Regierungsvorlagen eingebracht, von den kleineren Klassen, dem verpflichtenden Kindergartenjahr, der Sprachförde­rung, den Bildungsstandards bis hin zur neuen Matura, zu der jetzt vorliegenden Neuen Mittelschule, den ganztägigen Schulformen, dem Nachholen von Bildungsab­schüssen. Also das als Stillstand zu bezeichnen, das stimmt einfach nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Er hat geschlafen! – Abg. Elmar Mayer: Ein Leseproblem ist das!)

Wir arbeiten jetzt intensiv an der Umsetzung sehr, sehr vieler Projekte, und ich möchte das hier in diesem Kreis und hier im Hohen Haus auch erwähnen. Unsere volle Aufmerksamkeit muss jetzt der neuen Matura gelten, der optimalen und guten Vorbereitung, dem Ausbau der ganztägigen Schulformen, wo wir sehr eng mit den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen kooperieren. Wir müssen im Bereich der PädagogInnenbildung vorankommen. Da bin ich mit Abgeordnetem Petzner zu 100 Prozent einer Meinung, dass wir uns jetzt zwar kurz freuen können, aber die Arbeit in der Bildungspolitik muss entschlossen weitergehen, und wir müssen selbstver­ständ­lich am neuen Dienst- und Besoldungsrecht aufseiten der Regierung als Dienstgeber entschlossen arbeiten, und ich werde dabei bleiben, dass das ein Regierungsthema ist, wo Bundeskanzleramt und Finanzministerium und ich gemeinsam daran arbeiten.

Und ein letzter Punkt zum Thema Schulverwaltung: Meine Position dazu kennen Sie, ich habe sie im Unterausschuss des Verfassungsausschusses klar dargelegt. (Abg. Scheibner: Vor zwei Jahren! – Abg. Dr. Walser: Zwei Jahre ist das her!) Die Bundesposition ist – Sie verfolgen die Debatte – nicht umsetzbar. (Abg. Scheibner: Da gibt’s eine Mehrheit dafür! – Abg. Dr. Walser: Alle Oppositionsparteien dafür!) Ich bin jedenfalls für eine Verländerung nicht zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir werden dieses Thema, so nehme ich an, auch im Sonderausschuss zum Bildungs­volksbegehren behandeln, da ja zu dieser Frage auch das Bildungsvolksbegehren, und an der Spitze Dr. Hannes Androsch, eine klare Sprache spricht. Vielleicht schaffen wir es dann. Ich wäre dabei. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Durchsetzen, Frau Bundesminister! Durchsetzen in der Regierung!)

11.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kitzmüller. – Bitte.

 


11.48.17

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): „Die Ähnlichseherei und Gleichmacherei ist das Merkmal schwacher Augen“, hat einst Friedrich Nietzsche gesagt. (Abg. Elmar Mayer: Sie kommt mit Nietzsche daher!) Man kann das in diesem Fall vielleicht abwandeln und auf die hier betriebene Politik beziehen: Sie ist das Merkmal einer schwachen Regierung. Die Gleichmacherei von Ungleichem im Bildungsbereich wird vor allem von der linken Seite immer wieder versucht, um unsere gewachsenen Schulsysteme zu zerstören. (Beifall bei der FPÖ.)

Die ÖVP schaut zu, überholt teilweise links, und das, was das BZÖ macht, kann uns ja schon lange nicht mehr enttäuschen und wundern. (Abg. Ursula Haubner: Das glaub ich eh!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wir sind es unseren Kindern schuldig, diese Anschläge auf die Bildung abzuwehren, denn was einmal zerstört ist, kann nicht mehr repariert werden. Und wenn Sie sagen, es ist viel passiert: Ja, es ist etwas passiert und viel passiert – aber es ist im Endeffekt nichts geschehen.

Dieses Vorgehen der Regierung ist offensichtlich dahin gehend: Erstens einmal, die Neue Mittelschule soll ab 2018 die Hauptschule ersetzen. Zweitens, die Unterstufe des


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Gymnasiums soll zur Mittelschule werden. Und was weiters passieren wird, wissen wir: Das bisherige Gymnasium wird auch im schwarzen Loch der Neuen Mittelschule versinken und wegfallen. Es wird die Vielfalt des Schulangebotes reduziert, der Schüler kann sich nicht mehr frei entscheiden und es kommt zu einem Bildungseinheitsbrei, wo auf Individualität, Förderung und Begabung nicht mehr eingegangen wird. Darüber hinaus wird das Niveau sicherlich sinken, denn es wird alles nivelliert, und zwar nach unten. Und genau das lehnen wir ab. (Beifall bei der FPÖ.)

Für uns Freiheitliche steht die Wahlfreiheit an erster Stelle. Außerdem wurde dieser Schulversuch der Neuen Mittelschule, den es seit 2008/2009 gibt, nie evaluiert und soll jetzt ins Regelschulwesen übernommen werden – ein Vorgehen, das für uns nicht infrage kommt.

Ein weiterer Punkt ist die integrative Gesamtschule. Integration ist sehr gut und wichtig, aber nicht um jeden Preis, auf jeden Fall und in jedem Fall. Was passiert mit Kindern, die in so eine Integrationsschule gehen, und mit 15 stehen sie dann da und die Eltern und die Kinder haben Probleme? Was passiert mit ihnen? – Wenn wir die Sonderschule stärken und fördern in diesem Ausmaß, dass dort diese Kinder aufge­fangen werden, können sie weiter hingehen und werden gefördert. Und das ist eben wichtig, besonders für Kinder, die verhaltensauffällig sind oder eben andere Probleme haben. (Abg. Elmar Mayer: Hoffentlich – hoffentlich! – haben Sie nie was zu sagen!) Ich bin froh, dass diese Dinge – hoffentlich, und wie ich auch gehört habe – eventuell in einem Antrag weiter ausgebaut werden sollen.

Wir Freiheitlichen sind für eine Vielfalt der Wahlfreiheit im Schulsystem. Deswegen, meine Damen und Herren, treten wir gegen eine sozialistische Gleichmacherei auf. Wir Freiheitlichen wollen die beste Lösung für unsere Kinder, daher werden wir diesen Plänen nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Gaßner – in Richtung der auf ihren Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Kitzmüller –: Dass ihr so gegen die Gleich­macherei seid? – Abg. Mag. Josef Auer: Das hätt ich mich nicht einmal vorzulesen getraut!)

11.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Jarmer. – Bitte.

 


11.52.16

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Bildung – bekannt –: der Schlüssel für eine chancengleiche Zukunft. Es wird diskutiert: Neue Mittelschule, Gymnasium, hin und her. Wir dürfen nicht vergessen, dass behinderte Menschen bis jetzt immer noch in Sonderschulen oder in Integrationsformen beschult werden. Und da haben sie keinen gleichberechtigten Zugang wie zum Beispiel auf einem Gymnasium. Das heißt, sie sind behindert und werden zusätzlich von äußeren Faktoren weiterhin behindert.

Wie lösen wir das? – Das ist die gute Frage. Wie sieht es da aus mit Inklusion?

Wir wissen, der Nationale Aktionsplan hat ja einiges an Ansätzen im Entwurf, ist zwar noch nicht fix. Aber wir sind hier noch nicht ausformuliert. Es gibt einiges, das nicht darin beinhaltet ist. Und was mir wirklich fehlt, ist, dass wir gemeinsam diskutieren und diesen Inklusionsfahrplan besprechen: Wie können wir den Weg bestmöglich bereiten, dass die Chancengleichheit besteht?

Der Inklusionsfahrplan hat keine messbaren Indikatoren, keine klaren Ziele, die über­prüft werden können. Es ist so ein bisschen „ungefähr“, schwammig, „vielleicht“


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formuliert: Geben wir eine kleine Chance, vielleicht. – Und ich denke, das geht nicht mehr.

Eine Sache verstehe ich bis jetzt nicht: Tiere – das versteht jeder – haben Mög­lich­keiten und Dinge, die sie nicht können. Man würde nicht erwarten, dass ein Hund auf einen Baum klettert. Das versteht jeder. Wie können wir dann von behinderten Menschen das verlangen, was sie nicht können?

Gestern wieder: Eine junge Frau war bei mir. Sie klagt darüber: Sie ist schwerhörig und sie muss wie hörende Menschen die englische Aussprache schaffen, um die Matura bekommen zu können.

Und Tiere? – Da haben wir ein gutes Verständnis. Nein, sie müssen nicht auf Bäume klettern. Behinderte Menschen allerdings schon. – Wie kann man das machen?

Inklusion – die beste Möglichkeit in Österreich! Und ich meine, wir haben ja auch klare Aussagen von Ihnen, Frau Minister, gehört, dass wir hier die Sonderschule haben und die normale Schule. Das wäre die Wahlfreiheit: Eltern haben die Möglichkeit, entscheiden zu können, wo Kinder hingehen.

Wissen die Eltern wirklich, was das Beste ist für ihre Kinder? Dürfen sie sozusagen alleine entscheiden? Andere möchten zum Beispiel Integration, andere möchten normal beschult werden. Und dann gibt es die Institution, die sagt: Nein, wir melden dich dort ab, liebes Kind, du kommst jetzt in diese Schule, in diese Sonderschule. – Das heißt, über die Köpfe der Eltern hinweg wird entschieden. Und ich denke, das kann man nicht mehr akzeptieren.

Wir diskutieren über viele Sachen, aber so viele Dinge sind noch im Dunkeln. Das zeigen die Menschen, die an mich herantreten, die über ihr Leben berichten. Wir können das nicht mehr ignorieren.

Wichtig wäre für mich, Bildung gemeinsam zu diskutieren. Ich erwarte mir auch, dass der Ausschuss, der Unterausschuss bald tagen wird zum Thema Sonderpädagogik – versprochen wurde es. Und ich nehme an, wir werden jetzt bald einen Termin finden. Sie werden bestimmt einen Termin vorschlagen, wo wir hier im Rahmen des Aus­schusses mit Expertinnen und Experten diskutieren können. Das kann nicht anders sein.

Bildung ist der Schlüssel zur Zukunft, zur Chancengleichheit. Und behinderte Men­schen möchten chancengleich, selbstbestimmt leben können. Durch Bildung haben sie diesen Zugang, und ohne Bildung bleibt ihnen dieser verwehrt.

Behindern ist heilbar! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

11.56


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


11.56.05

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regierungsvorlage, die heute zur Abstimmung steht, ist nicht der große Wurf. Ich finde auch nicht, dass heute der große Tag der Bildungspolitik ist, wie es Herr Mayer heute schon erwähnt hat, und im Ausschuss hat er von einem historischen und entscheidenden Reformschritt gesprochen. – Wir finden, es ist ein guter Schritt, ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 63

Vor allem unser Antrag betreffend Verankerung der Ernährungs- und Verbraucher­bildung als Pflichtgegenstand in der Neuen Mittelschule ist in diese Regierungsvorlage mit eingeflossen, wurde eingearbeitet. Und deshalb unterstützen wir diese Regie­rungs­vorlage heute auch.

Weitere positive Punkte gibt es anzusprechen, wie die innere Differenzierung, die einzelnen Fördermaßnahmen, das Frühwarnsystem. Meine Kollegin Haubner und mein Kollege Petzner haben etwaige weitere positive Punkte bereits auch entsprechend ausgeführt. Ich möchte das jetzt nicht alles wiederholen.

Es finden sich meiner Meinung nach aber auch schwammige Formulierungen und unpräzise Formulierungen in der Gesetzesvorlage. Wenn ich zum Beispiel an die Klas-senschülerzahl von 25 erinnern darf: Diesbezüglich steht in der Regierungsvorlage, dass 25 als Richtwert zu sehen sei. Jetzt frage ich Sie: Warum wurde das nicht fix festgeschrieben? Sie hätten hier die Möglichkeit gehabt, 25 als fixe Zahl festzu­schreiben.

Meine Damen und Herren! Der große Wurf in der Bildungspolitik lässt aber auf sich warten. Das wurde auch von meinen Vorrednern schon angesprochen. Es gibt immer noch ein Match zwischen Rot und Schwarz, was Länder- und Bundeskompetenz betrifft. Da sind wir aufseiten der Frau Ministerin: Bildungspolitik braucht Bundes-kompetenz! Das muss endlich umgesetzt werden, denn es gibt, wie gesagt, viele weitere Baustellen, die offen sind, die angesprochen wurden. Die Eltern zahlen Millionen Euro im Jahr für die Nachhilfe. Das allein, meine sehr geehrten Damen und Herren, zeigt auf, dass hier ein Fehler im System sein muss.

90 Prozent des Budgets, des Bildungsbudgets fließen in Personalkosten. Da bleibt auch nicht mehr viel Handlungsspielraum.

Österreich braucht eine echte Schulverwaltungsreform, damit die Schule moderner, effizienter und transparenter wird. Wir brauchen ein einheitliches Lehrerdienst- und ‑besoldungsrecht, die Frau Ministerin hat es angesprochen. Auch Kollegin Fuhrmann hat die noch offenen Baustellen angesprochen: Die einheitliche Ausbildung der Päda­goginnen und Pädagogen, die verpflichtende Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer, die klare Kompetenzverteilung und die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten sind alles Punkte, die angegangen werden müssen, die noch auf der Tagesordnung stehen. Es sind hier noch viele große Brocken aus dem Weg zu räumen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Und ganz besonders wichtig ist es mir, ist es uns – und das dürfen wir nie vergessen und müssen wir uns immer vor Augen halten –, dass alle Kinder die gleichen Chancen haben sollen und haben müssen, die gleichen Chancen auf Bildung, egal, aus welchem sozialen Umfeld sie kommen. Das muss gewährleistet bleiben, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich darf abschließend noch einmal festhalten: Wir stimmen dieser Regierungsvorlage heute zu. Es besteht aus meiner Sicht kein Grund zum Jubeln. Ich appelliere an Sie, ich appelliere an uns alle, gemeinsam zu arbeiten für einen wirklich großen Wurf in der Bildungspolitik, die großen Brocken, die großen Baustellen aufzuarbeiten und unser Bil­dungssystem wirklich dahin gehend zu reformieren, dass wir endlich ein ordentliches Bildungssystem haben, auf das sich unsere Jungen, unsere Kinder und Jugendlichen verlassen können und mit dem wir in eine gute, positive Zukunft gehen können. – Danke. (Beifall beim BZÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Elmar Mayer.)

11.59



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 64

Präsident Fritz Neugebauer: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


12.00.18

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Es hat heute vieles gegeben, was zur Replik reizt. Frau Ministerin, glauben Sie mir, positive Rückmeldungen und eine positive Stimmung an der Schule sind mir sehr, sehr wichtig. Es kann aber nicht dazu führen, dass wir die Realität außen vor lassen. Wenn Kollege Mayer und andere immer wieder darauf hingewiesen haben, das Vorzeigeland der Neuen Mittelschule sei Vorarlberg, und es sei alles so gut, dann berichte ich Ihnen jetzt einmal über Veranstaltungen, zum Beispiel an der Neuen Mittelschule Klaus. Ich zitiere den ORF, also nicht einseitig, sondern objektiv, wie wir wissen:

„Bei der Diskussion in Klaus zeigte sich: Der Frust und die Verunsicherung unter der Lehrerschaft in Vorarlberg ist groß, denn die Rechnung, dass die neue Mittelschule eine Zwischenlösung mit dem Ziel der gemeinsamen Schule für die 10- bis 14-Jährigen sein wird, ist nicht aufgegangen.“

Ähnlich die „Vorarlberger Nachrichten“.

Ich erhielt einen Brief der Direktorin der Neuen Mittelschule Ranshofen, die sagt: Die neue Regelung führt die Ziele ad absurdum. Wir sind den Eltern gegenüber wort­brüchig geworden.

Die Vorarlberger LehrerInnen-Initiative, die Unabhängige Bildungsgewerkschaft – alle Kommentare gehen in dieselbe Richtung.

Die „Vorarlberger Nachrichten“ berichten: Die Praktiker wollen ein Ende der zu frühen Trennung der Kinder.

Bezirksschulinspektorin  Engstler: Gesamtschule – wir brauchen sie dringend.

Die Direktorin der Mittelschule Bludenz will eine klare Lösung.

Der Direktor der Neuen Mittelschule Dornbirn meint, das neue System würde super funktionieren, wenn es nicht daneben noch ein Gymnasium gäbe. – Und so weiter und so fort.

27 Lehrerinnen der Neuen Mittelschule Gisingen: Wir wollen endlich eine gemeinsame Pflichtschule, die allen Kindern gerecht wird. – Und so weiter und so fort.

Also bitte: Ein Ende der Jubelarien vor allem von Ihrem neuen Vorsänger dies­bezüg­lich, Elmar Mayer, und ein Blick auf die schulische Realität! (Beifall bei den Grünen.)

Wir arbeiten konstruktiv daran und bringen deshalb zu diesem Gesetz gleich fünf Anträge ein. Und weil auch gesagt wurde, wie sorgfältig hier gearbeitet worden ist – nächtelang, hat man gesagt –: In diesen Nächten ist es leider durchgehend zu Rechtschreibfehlern in diesem Gesetz gekommen. So sorgfältig ist das also bitte nicht gemacht worden! Ich gebe Ihnen jetzt die Chance, diese Fehler zu korrigieren. (Oje-Rufe bei der ÖVP.) Nicht einmal die von Ihnen und auch von mir als Direktor geliebte „allgemeinbildende höhere Schule“ ist korrekt wiedergegeben worden. Ich habe den Kollegen Mayer darauf hingewiesen – es ist nicht geändert worden.

Daher unser erster Antrag ein Abänderungsantrag betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und weitere Gesetze


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 65

geändert werden, in dem es immer wieder um die „allgemeinbildende höhere Schule“ geht. – Ich habe Sie darauf hingewiesen, der Antrag ist zwei Seiten lang, wir haben ihn deshalb kopiert verteilt. – Herr Präsident, ich nehme an, das reicht.

*****

Ein weiterer Abänderungsantrag lautet:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

„In Artikel 1 Z. 23 lautet § 40 Abs. 2a Ziffer 1 erster Satz:

,Nach erfolgreichem Abschluss der 1. und 2. Klasse, sofern das Jahreszeugnis in den Gegenständen Deutsch, Mathematik und Lebende Fremdsprache kein ,Nicht genügend‘ aufweist.‘“

Hintergrund: Wenn wir, wie Sie behaupten, keine Trennung haben in den ersten zwei Klassen, dann können Schülerinnen und Schüler der Neuen Mittelschule gegenüber SchülerInnen des Gymnasiums nicht benachteiligt sein. Das wäre bisher aber der Fall.

 


Präsident Fritz Neugebauer: Entschuldigen Sie, Herr Kollege: Sie müssen den Antrag zur Gänze vorlesen, denn der wird nicht ausgedruckt verteilt. – Bitte. (Abg. Dr. Walser: Ich habe ihn zur Gänze vorgelesen!)

„Der Nationalrat wolle beschließen:“ – Dort geht es los! Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (fortsetzend):

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisa­tionsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und weitere geändert werden (1631 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Unterrichtsausschusses (1683 d.B.) wird wie folgt ge­än­dert:

In Artikel 1 Z. 23 lautet § 40 Abs. 2a Ziffer 1 erster Satz:

„Nach erfolgreichem Abschluss der 1. und 2. Klasse, sofern das Jahreszeugnis in den Gegenständen Deutsch, Mathematik und Lebende Fremdsprache kein ,Nicht genügend‘ aufweist.“

*****

Ein weiterer Entschließungsantrag betrifft die Beschränkung der Gruppengröße im Werkunterricht. (Abg. Rädler: Ihre Redezeit ist um!)

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 66

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, die Teilungs­zahlenverordnung dahingehend zu ändern, dass die Gruppengröße im Pflichtfach „Technisches und textiles Werken“ auf 15 SchülerInnen begrenzt wird.

*****

Dann ein Entschließungsantrag, den ich gemeinsam mit der Kollegin Haubner einbringe; es geht um Ernährung und Haushalt in der AHS.

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, das Unterrichtsfach ,Ernährung und Haushalt‘ an Unterstufen der Allgemeinbildenden Pflichtschulen verpflichtend im Lehrplan vorzusehen.“

*****

Damit hätten wir ja das beseitigt, was Sie vorhin kritisiert haben. (Abg. Rädler: Die Redezeit ist um!)

Und schlussendlich der letzte Antrag:

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorgani­sationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und weitere geändert werden (1631 d.B.), wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Z.10 lautet § 21b Abs.1 Z. 1:

„1. Als Pflichtgegenstände: Religion, Deutsch, eine Lebende Fremdsprache, Ge­schichte und Sozialkunde, Geschichte und Politische Bildung, Geographie und Wirt­schaftskunde, Mathematik, Biologie und Umweltkunde, Chemie, Physik, Geometrisch Zeichnen, Musikerziehung, Bildnerische Erziehung, Technisches und textiles Werken, Bewegung und Sport, Ernährung und Haushalt sowie die für (allfällige) einzelne Schwerpunkte erforderlichen Pflichtgegenstände (wie insbesondere Latein oder eine weitere lebende Fremdsprache).“

*****

Das wären unsere Abänderungsanträge, und wir ersuchen, diesen beizutreten. Wir könnten damit dem Gesetz zur Neuen Mittelschule zumindest einige Giftzähne zie­hen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Die drei Abänderungsanträge und die beiden Ent­schließungsanträge sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen mit in Verhandlung.

Die fünf Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Unterrichtsausschusses 1683 d.B. über die Regierungsvorlage 1631 d.B.: Bundes-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 67

gesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitge­setz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bildungsdoku­men­tationsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minder­heiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religionsunterrichts­gesetz geändert werden (1631 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorgani­sationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und weitere geändert werden (1631 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. In Art 1 Z.4 wird

in der Überschrift zu § 7a die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule",

in § 7a Abs.1 erster Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildende höhere Schule",

in § 7a Abs.2 zweiter Satz die Wortfolge "allgemein bildende höhere Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildende höhere Schule",

in § 7a Abs. 5 erster Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" und

in § 7a Abs. 6 erster Satz beide Male die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" ersetzt.

2. In Art 1 Z.10. wird in §21b Abs. 2 zweiter Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" ersetzt.

3. In Art 1 Z.22a. wird in § 39 Abs. 2 erster Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" und in § 39 Abs. 2 erster Satz zweiter Teil die Wortfolge "allgemein bildende höhere Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildende höhere Schule" ersetzt.

4. In Art 1 Z.23. wird

in § 40 Abs. 2a erster Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule",

in § 40 Abs. 2a Ziffer 2 erster Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule",

in § 40 Abs. 2a zweiter Absatz erster Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" und

in § 40 Abs. 2a zweiter Absatz zweiter Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höhe­ren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" ersetzt.

5. In Art 1 Z.24. wird in § 40 Abs. 3a erster Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" und in § 40 Abs. 3a letzter Satz die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" ersetzt.

6. In Art 2 Z.12 wird im eingefügten Satzteil das Wort "grunlegende" durch das Wort "grundlegende" ersetzt.


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7. In Art 2 Z.17. wird in § 23 Abs. 3 die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schule" ersetzt.

8. In Art 2 Z.25. wird in § 29 Abs. 1 beide Male die Wortfolge "allgemein bildende höhere Schulen" durch die Wortfolge "allgemeinbildende höhere Schulen" ersetzt.

9. In Art 2 Z.27. wird in der Überschrift des § 30b die Wortfolge "allgemein bildende höhere Schulen" durch die Wortfolge "allgemeinbildende höhere Schulen" sowie in § 30b Abs. 2 die Wortfolge "allgemein bildende höhere Schule" durch die Wortfolge "allgemeinbildende höhere Schule" ersetzt.

10. In Art 2 Z.33. wird in § 59 Abs. 2. Ziffer 2 die Wortfolge "allgemein bildenden höheren Schulen" durch die Wortfolge "allgemeinbildenden höheren Schulen" ersetzt.

Begründung

In der Regierungsvorlage wird die Schulartbezeichnung für allgemeinbildende höhere Schule durchgehend falsch geschrieben. Der Antrag dient der Richtigstellung der Schreib­weise entsprechend dem Schulorganisationsgesetz. Weiters wird ein Recht­schreibfehler korrigiert.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Harald Walser, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Unterrichtsausschusses 1683 d.B. über die Regierungsvorlage 1631 d.B. über ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schul­zeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bildungs­doku­mentationsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religionsunter­richts­gesetz geändert werden (1631 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisations­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz und weitere geändert werden (1631 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Unterrichtsausschusses ( 1683 d.B.) wird wie folgt geän­dert:

In Artikel 1 Z.23 lautet § 40 Abs. 2a Ziffer 1 erster Satz:

„Nach erfolgreichem Abschluss der 1. und 2. Klasse, sofern das Jahreszeugnis in den Gegenständen Deutsch, Mathematik und Lebende Fremdsprache kein „Nicht genü­gend“ aufweist.“

Begründung

Grundsätzlich ist in der Neuen Mittelschule das Bildungsziel der vertieften Allgemein­bildung anzustreben. In den ersten beiden Schulstufen der Neuen Mittelschule wird der Unterricht nicht in grundlegende und vertiefte Allgemeinbildung differenziert. Daher


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muss der erfolgreiche Abschluss der ersten beiden Schulstufen der Neuen Mittelschule jedenfalls zum Übertritt in eine Allgemeinbildende höhere Schule berechtigen.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde betreffend Beschrän­kung der Gruppengröße im Werkunterricht

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP1, Bericht des Unterrichtsausschusses 1683 d.B.:Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichts­gesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religions­unterrichtsgesetz geändert werden (1631 d.B.)

Begründung

Die Zusammenlegung der beiden Unterrichtsfächer Technisches und Textiles Werken ist als genderpädagogisch sinnvolle Initiative zu begrüßen. So können alle SchülerInnen beide handwerklich-technischen Bereiche im Unterricht erfahren. Im Werkunterricht haben die SchülerInnen die Möglichkeit den Umgang mit Werkzeug und Maschinen zu erlernen. Es bedarf der intensiven Zuwendung der LehrerInnen zu den SchülerInnen um einen sicheren Umgang mit den Werkzeugen und Maschinen zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen die Inhalte der beiden Unterrichtsgegenstände in kürzerer Zeit erarbeitet werden, was allein schon auf Grund der räumlichen und technischen Kapazitäten nur in kleinen Gruppen gelingen kann. Damit der Unterricht auch in Zukunft für die SchülerInnen erfolgreich und sicher abgehalten werden kann, muss die Gruppengröße auf maximal 15 SchülerInnen beschränkt werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, die Teilungs­zahlenverordnung dahingehend zu ändern, dass die Gruppengröße im Pflichtfach „Technisches und textiles Werken“ auf 15 SchülerInnen begrenzt wird.

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Ursula Haubner, Freundinnen und Freunde betreffend Ernährung und Haushalt in der AHS

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP 1: Bundesgesetz, mit dem das Schulor­ganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflicht­schulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das


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Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religionsunterrichtsgesetz geändert werden (1631 d.B.)

Begründung

Angesichts wachsender gesundheitlicher Probleme, die ihren Ursprung in der (fal­schen) Ernährung haben (Übergewicht, Diabetes Typ 2 bei Kindern und Jugend­lichen etc.), sowie der Zunahme von Überschuldung privater Haushalte aufgrund mangelnder wirtschaftlicher Kompetenzen und der wachsenden Bedeutung der Ver­braucherIn­nenbildung besteht die Notwendigkeit einer Ernährungs- und VerbraucherIn­nenbildung für alle SchülerInnen im Bereich der Sekundarstufe 1. Die Einführung des Unter­richtsfaches „Ernährung und Haushalt“ an den Unterstufen der Allgemein­bilden­den höheren Schulen soll das sicherstellen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, das Unterrichtsfach „Ernährung und Haushalt“ an Unterstufen der Allgemeinbildenden Pflichtschulen verpflichtend im Lehrplan vorzusehen.

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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Unterrichtsausschusses 1683 d.B. über die Regierungsvorlage 1631 d.B.: Bundes­gesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schul­pflichtgesetz 1985, das Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Bildungsdokumenta­tions­gesetz, das Minderheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religionsunterrichtsgesetz geändert werden (1631 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisa­tionsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz und weitere geändert werden (1631 d.B.), wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 Z.10 lautet § 21b Abs. 1 Z.1:

„1. Als Pflichtgegenstände: Religion, Deutsch, eine Lebende Fremdsprache, Ge­schichte und Sozialkunde, Geschichte und Politische Bildung, Geographie und Wirt­schaftskunde, Mathematik, Biologie und Umweltkunde, Chemie, Physik, Geometrisch Zeichnen, Musikerziehung, Bildnerische Erziehung, Technisches und textiles Werken, Bewegung und Sport, Ernährung und Haushalt sowie die für (allfällige) einzelne


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Schwerpunkte erforderlichen Pflichtgegenstände (wie insbesondere Latein oder eine weitere lebende Fremdsprache).“

Begründung

Die Neue Mittelschule hat die Aufgabe, die SchülerInnen auf den Einstieg in mittlere und höhere Schulen und ins Berufsleben vorzubereiten. Der Unterricht in Geometrisch Zeichnen hat sich als Vorbereitung sowohl für die Berufsausbildung als auch für den Eintritt in höhere technische Schulen und den Übertritt in Realgymnasien bewährt. Die Auseinandersetzung mit grafischen Lösungsmöglichkeiten für mathematische und technische Probleme fördert die Entwicklung der Raumwahrnehmung und die Problem­lösungskompetenz der SchülerInnen und ist daher im Lehrplan für alle PflichtschülerIn­nen unerlässlich.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Da diese fünf Anträge in das Croquis eingearbeitet werden müssen und die verbleibende Zeit nicht ausreicht, das auch zur Verfügung zu stellen, verlege ich die Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 an das Ende der Behandlung der Punkte 3 bis 4.

Wir setzen in der Debatte fort.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

12.07.39

 


Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Neue Mittelschule ist ein wichtiger und richtiger Schritt für die Zukunft unseres Bildungssystems. Es war und ist auch ein notwendiger Schritt, denn damit eröffnet man bestmögliche Chancen für den weiteren Bildungsweg.

Bei der Diskussion um die Neue Mittelschule hat sich immer wieder die Frage aufgetan: Brauchen wir die sogenannte Gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehn­jährigen, brauchen wir die Neue Mittelschule? – Ja, wir brauchen sie.

Wir haben jetzt die sogenannte Gemeinsame Schule der Sechs- bis Zehnjährigen, aber diese Schule endet einfach zu früh, und man kann hier noch nicht die Bega­bungen und Talente unserer Kinder erkennen. Nicht ohne Grund trennen auch die anderen EU-Länder, mit Ausnahme von Deutschland, ihre Kinder zu einem späteren Zeitpunkt.

Ich muss auch jenen widersprechen, die immer wieder die Behauptung aufstellen, die Neue Mittelschule wäre nur die Änderung eines Namensschildes. Das ist nicht der Fall und das stimmt auch so nicht, denn viele Pädagoginnen und Pädagogen, viele Direktorinnen und Direktoren haben dieses System erprobt und sind davon durchaus überzeugt. Der wesentliche Punkt dafür ist, dass hier eine neue Lehr- und Lernkultur vorherrscht. Wir haben in den Klassen in den Hauptfächern zwei Pädagoginnen und Pädagogen, die unterrichten, und das ist der Vorteil. Wir brauchen keine Nachhilfe mehr zu Hause, Nachhilfe findet bereits in der Schule statt. Wir haben ein Zwei-Benotungssystem, ein Basis-System und einen gehobenen Bildungsstandard, und dieser Ansatz ist zeitgemäß.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, meiner Überzeugung nach ist die Neue Mittelschule ein Meilenstein. Ich gratuliere all jenen, die bei der Erarbeitung dieses Modells dabei waren, und ich wünsche allen Schülerinnen und Schülern, allen


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Pädagoginnen und Pädagogen und allen Direktorinnen und Direktoren viel Spaß bei dieser neuen Schulform! – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


12.11.09

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Die Neue Mittelschule bietet Rahmenbedingungen, wie sie in der schu­lischen Integration erprobt wurden und positive Erfahrungen damit gesammelt worden sind. Zwei Lehrer, Teamteaching, individualisierte Lehrpläne, innere Differenzierung – ich glaube, das ist eine gute Mischung, damit die Neue Mittelschule ein erfolgreiches Modell ist.

Hier wird auch die Basis geboten für einen inklusiven Unterricht, wie es Kollege Amon gesagt hat, wie es die UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen auch vorsieht, für den gleichberechtigten Zugang zur Bildung auch für behinderte Menschen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch anregen, dass die Elternberatung von behinderten Kindern auch in den Neuen Mittelschulen stattfindet. Ich bitte Sie, Frau Ministerin, das zu prüfen, denn derzeit dürfen die Einstufungen, die Elternberatungen nur Sonderpädagogische Zentren durchführen, und diese haben einen Gewissens­konflikt, denn das sind Sonderschulen, die selbst Schüler für ihre Schule lukrieren müssen. Hier findet also keine objektive Beratung statt. Die könnte in den Neuen Mittelschulen stattfinden.

Ein weiteres wichtiges Anliegen sind die Lehrerausbildung und der Einsatz von Lehrern. Wir brauchen die besten Lehrer, aber die besten Lehrer können auch zufällig im Rollstuhl sitzen oder blind oder gehörlos sein. Wir brauchen Rahmenbedingungen, damit behinderte LehrerInnen auch arbeiten können und unter welchen Bedingungen sie arbeiten können. Dies sollte im neuen Lehrerdienstrecht festgesetzt werden.

Meine Damen und Herren! Der Übergang von der Schule in die Berufswelt ist für behinderte Menschen sehr wichtig, und hier haben wir im Rahmen der integrativen Berufsausbildung sehr positive Erfahrungen mit der Teilqualifizierung gemacht. Da gibt es über 5 000 Lehrverträge.

Wir haben bereits beschlossen, dass in den berufsbildenden mittleren Schulen Schul­versuche zur Teilqualifizierung durchgeführt werden sollen. Meine Kollegin Königsberger-Ludwig und ich haben uns sehr bemüht, dass es auch in den Landwirtschaftlichen Fachschulen ebenso parallel durchgeführt wird. Das soll jetzt passieren, und dazu bringe ich einen Entschließungsantrag ein, beziehungsweise mein Handy, wenn es funktioniert, wird das machen.

Der Antrag wird via Handy von einer Computerstimme vorgetragen:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, auf die Länder einzuwirken, damit, analog zu den Erfahrungen der Integrativen Berufsausbildung in Landwirtschaftlichen Berufsschulen, in den Landwirtschaftlichen Fachschulen Schulversuche zur Teilqualifizierung von behinderten Jugendlichen durchgeführt werden.


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Weiters wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft ersucht, die bisherigen Erfahrungen der schulischen Integration von behinderten Jugendlichen in Landwirtschaftlichen Fachschulen sowie den Höheren Land- und Forstwirtschaftlichen Schulen unter Einbeziehung der neuen Schulversuche zur Teilqualifizierung zu evaluieren. Die Ergebnisse dieser Studie sollen mittelfristig Rahmenbedingungen für den Regelschulbetrieb in den Landwirtschaftlichen Fach­schulen gewährleisten.

*****

Meinem Handy ist nichts mehr hinzuzufügen. – Danke. (Heiterkeit. – Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

12.15


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Ulrike Königsberger-Ludwig, Mag. Kurt Gaßner, Jakob Auer Kolleginnen und Kollegen betreffend Teilqualifizierung von behin­derten Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Landwirtschaftlichen Fachschulen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1631 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Schulorgani­sations­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Pflicht­schul­erhaltungs-Grundsatzgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Land- und forstwirt­schaftliche Bundesschulgesetz, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Min­derheiten-Schulgesetz für das Burgenland, das Minderheiten-Schulgesetz für Kärnten, das Privatschulgesetz und das Religionsunterrichtsgesetz geändert werden und über den Antrag 1804/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Verankerung der Ernährungs- und Verbraucherbildung in der Neuen Mittelschule (1683 d.B.)

Die Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist bis zur 8. Schulstufe im Regelschulwesen verankert. Nunmehr wurden die Schulversuche zur Integration in der 9. Schulstufe an den Polytechnischen Lehrgängen und den einjäh­rigen Haushaltungsschulen auch ins Regelschulwesen übernommen. Im Anschluss an die Pflichtschule nutzten bisher über 5.000 Jugendliche die Integrative Berufsaus­bildung als Übergang von der Schule in die Berufswelt. Dies zeigt, wie groß der Bedarf an weiterführenden Angeboten ist. Die positiven Erfahrungen der Berufsschulen sollen nun in den berufsbildenden mittleren Schulen weiterentwickelt und auf Basis dieser Erfahrungen sollen Modelle der Teilqualifizierung für das Regelschulwesen überprüft werden. Ziel ist es, behinderten Jugendlichen mit körperlichen oder intellektuellen Ein­schränkungen die Möglichkeit einer Ausbildung in mittleren berufsbildenden Schulen zu gewähren, welche ihnen eine Berufsperspektive in der freien Wirtschaft verschafft.

Die Integrative Berufsausbildung hat sich besonders in den einschlägigen land­wirtschaftlichen Schulen bewährt. Da die Ausbildung sehr praxisorientiert ist und der Arbeitsmarkt im Agrarbereich behinderten Jugendlichen viele Perspektiven eröffnet, soll eine Teilqualifizierung nunmehr auch in landwirtschaftlichen mittleren und höheren Schulen überprüft werden.


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Im Regierungsprogramm wird das Bekenntnis zu einer Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr abgegeben. Ziel ist es, den Anteil der Jugend­lichen ohne Berufsausbildung oder Schulabschluss zu senken und die Jugendbeschäf­tigung durch die Möglichkeit des Besuchs einer weiterführenden Schule bzw. eines Ausbildungsprogramms oder durch den Erhalt eines Lehrplatzes zu sichern.

Im Kapitel „Bildung“ des Koalitionsabkommens ist festgelegt, dass die Möglichkeiten der Integration nach der 8. Schulstufe verwirklicht werden sollen. Ebenso sollen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf bestmöglich in das Schulsystem integriert werden.

Anlässlich der Debatte zur Weiterführung der schulischen Integration in der 9. Schul­stufe hat das Parlament in einem Entschließungsantrag mit der Zustimmung aller fünf Parteien die Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wie folgt ersucht:

Die Möglichkeiten der Teilqualifizierung von Kindern mit sonderpädagogischem För­derbedarf in berufsbildenden mittleren Schulen sollen in Abstimmung mit den Expertenrunden zum Nationalen Aktionsplan sowie unter Einbeziehung der Schul­aufsicht und unter Berücksichtigung der Erfahrungen des Clearings, der Integrativen Berufsausbildung und der bisherigen Schulversuche in berufsbildenden Schulen ausgearbeitet und in Schulversuchen erprobt werden, um mittelfristig Rahmenbedin­gungen für den Regelschulbetrieb zu finden.

Analog zu diesem Entschließungsantrag sollen nunmehr auch Schulversuche zur Teilqualifizierung von behinderten Jugendlichen in Landwirtschaftlichen Fachschulen durchgeführt  werden. Die Ergebnisse sollen ebenso evaluiert werden wie jene Schul­versuche, die schon bisher in Landwirtschaftlichen Fachschulen (LFS) und Höheren Land- und Forstwirtschaftlichen Schulen (HLFS) durchgeführt worden sind.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, auf die Länder einzuwirken, damit, analog zu den Erfahrungen der Integrativen Berufsausbildung in Landwirtschaftlichen Berufsschulen, in den Landwirtschaftlichen Fachschulen Schulversuche zur Teilqualifizierung von behinderten Jugendlichen durchgeführt werden.

Weiters wird der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirt­schaft ersucht, die bisherigen Erfahrungen der schulischen Integration von behin­derten Jugendlichen in Landwirtschaftlichen Fachschulen sowie den Höheren Land- und Forstwirtschaftlichen Schulen unter Einbeziehung der neuen Schulversuche zur Teilqualifizierung zu evaluieren. Die Ergebnisse dieser Studie sollen mittelfristig Rahmenbedingungen für den Regelschulbetrieb in den Landwirtschaftlichen Fach­schulen gewährleisten.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


12.15.44

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesminis­ter! Ich glaube, es ist jetzt schon mehrmals in der Debatte gesagt worden, diese Neue


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Mittelschule, die wir heute hier beschließen werden, ist ein ganz wichtiger und, ich betone, weiterer Schritt der Bildungsreformbestrebungen unserer Frau Bundesminister und der Bundesregierung, und es ist eines von schon vielen erledigten, aber auch von vielen vor uns liegenden Reformprojekten im Bereich der Bildung.

Qualitätsoffensive, neue Lern- und Lehrkultur, mehr Ressourcen, Chancengleichheit und auch die Verbesserung der Berufs- und Bildungschancen für unsere Kinder: All das steckt in dieser Neuen Mittelschule drinnen. Und es steckt noch etwas drin, was mir ganz wichtig ist, nämlich eine gezielte Förderung bei Schwächen und bei Stärken von Schülern zwischen zehn und 14 Jahren. Ich denke, wenn man sich anschaut, wie viel Geld die Eltern derzeit für Nachhilfe außerhalb der Schule ausgeben, und wir jetzt die Chance haben, mit der Neuen Mittelschule eine gezielte Förderung auch von Schwächen in der Schule vorzunehmen, so ist das, glaube ich, auch noch ein Argu­ment, das besonders erwähnenswert ist: Also finanzielle Entlastung der Eltern da­durch, dass Nachhilfe, ich drücke es jetzt einmal so aus, in der Schule stattfindet und nicht außerhalb der Schule zugekauft werden muss.

Ich glaube, wir sollen ganz offen das Thema diskutieren, und es wird natürlich auch Lehrerinnen und Lehrer geben, die mit Teamcoaching vielleicht noch nicht ganz auskommen, die Teamcoaching noch nicht ausprobiert haben. Es liegt viel auch an der Motivation und meiner Meinung nach vor allem an den Schulleitern, hier Unterstützung zu geben, Schulung zu geben, Ausbildung zu geben, sodass die Ziele auch erreicht werden können. Man sieht ja dort, wo die Schulversuche jetzt Ergebnisse gebracht haben, dass es möglich ist.

Sehr verehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich auch noch ein Wort zur Haltung der Freiheitlichen zu diesem Themenfeld sagen. Man stellt sich die Frage: Warum sind die Freiheitlichen eigentlich gegen diese Schulform? Es ist mit Gleichmacherei und ähnlichen Argumenten diskutiert worden, aber ich glaube, es liegt ganz woanders. Ich habe den Eindruck, dass es in unserer Gesellschaft Menschen gibt, die bezüglich vieler Bereiche keine Veränderungen wollen und die manchmal auch Angst vor Veränderung haben. Die Freiheitliche Partei in unserem Land bedient in vielen Politikfeldern diese Gruppe ganz bewusst, und ich glaube, auch im Schulbereich und in der Bildungspolitik ist es so. Es gibt ein paar, die wollen keine Veränderungen, und die stehen da und sagen: Wir sind der Anwalt dieser Gruppe!

Das ist mein Eindruck von Ihrer Politik: keine Sachargumente, sondern eher emotio­nale Argumente. Das ist vielleicht eines der Probleme.

Wir haben hier ein zukunftsorientiertes Modell, das gezielt auf die Bildungsent­schei­dung nach dem 14. Lebensjahr vorbereitet, besser vorbereitet als bisher, und die bisherigen Erfahrungen und Zahlen zeigen, die Neue Mittelschule ist einfach ein Erfolgsmodell. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


12.19.05

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf noch auf einige Argumente eingehen, die gefallen sind, und zusammenfassen.

Die Neue Mittelschule wird zur Regelschule. Das ist ein ganz wichtiger Schritt auch im Regierungsprogramm, denn diese Regierung hat sich die Reform der österreichischen Schule zur Aufgabe gemacht, und wir machen einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Es ist aber auch – und das wurde schon mehrfach von Rednern der Sozial-


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demokratie gesagt – ein Schritt in Richtung Gesamtschule, Gemeinsame Schule der Sechs- bis 14-Jährigen. 

Ich habe, Herr Kollege Walser, in allen Schultypen unterrichtet, und zwar sowohl in den Hauptschulen als auch in den Volksschulen und auch in den AHS, auch dort habe ich Stunden gehalten, und ich kann das daher vergleichen: Die Volksschule ist ein hervor­ragendes Modell einer gemeinsamen Schule, und es gibt keinen vernünftigen Grund, sehr geehrte Damen und Herren, dieses Erfolgsmodell mit dem zehnten Lebensjahr der Schüler zu beenden. – Das möchte ich all jenen sagen, die hier noch der Über­zeugung bedürfen und skeptisch sind. (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Dr. Walser: Sagen Sie das nicht mir, sagen Sie das Ihrem Koalitionspartner! Ich weiß es schon!)

Es ist ein langfristiger Schritt in diese Richtung, das sage ich ganz, ganz deutlich. Im Mittelpunkt wird das Kind noch mehr als bisher stehen. Wir fördern mit diesem Schulmodell die Begabungen der Kinder noch mehr, wir orientieren uns mehr an der Leistungsfähigkeit des Kindes, fördern die Stärken der Kinder und helfen noch stärker, Schwächen zu beseitigen.

Wir entwickeln Kompetenzen, vor allem im kreativen Bereich, im künstlerischen und im musischen Bereich. Da gibt es wunderbare Beispiele, wie an Neuen Mittelschulen mit Schwerpunkten gearbeitet wird, wie zum Beispiel die Neue Mittelschule im Burghof in Wiener Neustadt, die Kunstausstellungen veranstaltet, die lebende Künstler einlädt.

Oder Schulen aus meinem Bezirk. Die gehen an die Öffentlichkeit. Ich habe auf der Homepage der Neuen Mittelschule Langenlois gesehen, mit welcher Offenheit hier – ich darf das so formulieren – auf den Markt gegangen wird. Da liest man zum Beispiel von einem „Orchesterprobenplan“, von „Musik zum Anfassen“, von einer „Fotosafari in der Bibliothek“, also Lesepädagogik, von „Physik mit allen Sinnen“. Das sind Beispiele toller Motivation von Schülern und auch von Eltern.

Auch ich darf sagen: Das ist ein Schritt in Richtung mehr Chancengerechtigkeit! Damit schaffen wir einen Zugang zu höherer, weiterführender Bildung für viel, viel mehr Kinder und Jugendliche als bisher, die in Oberstufen wechseln können. Wir heben damit auch das Bildungsniveau in Österreich insgesamt, sehr geehrte Damen und Herren. Ich glaube, das ist gut für unser Land und für unsere Jugend.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass – Frau Bundesministerin hat von positiver Stimmung in den Schulen gesprochen – auch hier im Haus die positive Stimmung bezüglich Schulreform anhalten möge und dass das Gerede von Gleichmacherei und von Nivellierung und von sozialistischer Gesamtschule hier nicht mehr vorkommen möge.

Die Volksschule ist bei Gott keine sozialistische Gesamtschule, sondern Erfolgsmodell, das wir bis zum 14. Lebensjahr der Schüler fortführen sollten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.22


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


12.22.37

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Minister! Wir besprechen heute die Neue Mittelschule, die ich grundsätzlich begrüße, und zwar als einen ersten Schritt. (Ruf bei der ÖVP: Wer ist „wir“!) – Wer wir ist? Wenn ich sage: Wir besprechen heute die Neue Mittelschule!, dann ist das Parlament damit gemeint. Ich hoffe, das ist jetzt klar. Ich bitte Sie, nicht weitere Zwischenrufe hier zu machen, sondern sich zu Wort zu melden, wenn Sie etwas zu sagen haben. (Neuerlicher Zwischenruf bei der ÖVP.)


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Die Neue Mittelschule ist, wie bereits gesagt, grundsätzlich zu begrüßen, aber ich sehe sie als einen ersten Schritt und glaube, dass sie etwas zu hoch ansetzt im Gebäude „Bildung“. Wir bauen sozusagen den Dachboden schon aus, indem wir über Individual­förderung sprechen, indem wir darüber sprechen, dass wir die Kinder so fördern, wie sie es brauchen, dass wir ihre Begabungen erkennen und so weiter.

All diese Dinge sind wichtig und richtig, aber es fehlt das Fundament. Aber das Fundament wird nicht in der Neuen Mittelschule gelegt, nicht zwischen dem zehnten und vierzehnten Lebensjahr, sondern in der Volksschule. In der Volksschule wird das Fundament gelegt, und genau dort gibt es noch gewaltige Defizite.

Schauen wir uns einmal an: Was passiert mit einem Kind, das mit sechs oder sieben Jahren in die Volksschule geht? – Bevor es in der Schule ist, will es lernen. Es lernt auch jeden Tag etwas Neues. Ich habe selber zwei Kinder, die in diesem Alter sind, und ich sehe, wie gerne Kinder lernen, wie begeistert sie Neues aufnehmen. Und dann kommen sie in die Schule, und dann passiert etwas: Vorher wollen sie etwas lernen, nachher müssen sie etwas lernen. Genau das ist der Unterschied! Das heißt, sobald die Kinder in die Schule gehen, passiert etwas: Man verlernt ihnen sozusagen die Bereitschaft, zu lernen, sich Wissen anzueignen. Genau das ist mein Kritikpunkt!

Die Schule hat ein System, das über alle drüberschert – besonders in der Volksschule! Es wird da für alle gleich unterrichtet. Die Kinder werden – und das bräuchten wir! – nicht dort abgeholt, wo sie sind.

Ich sehe es bei meinem Sohn Markus, der jetzt sieben Jahre alt ist und gerade in die erste Klasse geht, was da passiert, vor allem was die Lesekompetenz betrifft: Es gibt Kinder, die lernen in der Volksschule nicht ausreichend lesen. Ein Drittel aller Volks­schulkinder, sagt die Statistik, kann nach der Volksschule nicht ausreichend lesen. Und was passiert, wenn ein Kind nach der Volksschule nicht ausreichend lesen kann? – Es liest einfach nicht gerne. Es liest nicht gerne! Es wird das sein ganzes Leben – und da gibt es auch Statistiken dazu – nicht gerne tun. Die Wahrscheinlichkeit ist gering – nur 50 Prozent –, dass dieses Kind jemals die Liebe zum Lesen entdeckt, wenn es in der Volksschule nicht ausreichend lesen gelernt hat. Und genau das ist das Problem: Wir vergessen sozusagen die Kinder in der Volksschule, wir bringen ihnen nicht ausreichend die Kulturtechniken bei, sodass sie dann später Freude daran haben!

Wir wissen: Alles, was wir gut können, machen wir auch gerne! Gerade beim Lesen wissen wir: Ein Mensch, der nicht gerne liest und der nicht in seiner Kindheit schon erfahren hat, wie schön lesen sein kann, wird das wahrscheinlich später auch nicht gerne tun. Und wir wissen, inwieweit sich das mit seinem Bildungsstandard deckt. Das heißt, ein Mensch, der nicht gerne liest, hat wahrscheinlich ein viel niedrigeres Bildungsniveau als jemand, der gerne liest.

Wir setzen mit der Neuen Mittelschule – und das ist begrüßenswert – im Obergeschoss an, im Dachboden, und das ist wichtig, denn auch da gehört einiges gemacht. Das sind viele Dinge, die sehr begrüßenswert sind. Aber wir müssen auch das Fundament betrachten, und das Fundament ist und bleibt nun einmal die Volksschule. Es muss für uns ein Menschenrecht sein, dass jedes Kind das Recht auf eine ordentliche Bildung hat. Das sagt sich so leicht: Ja, das wollen wir eh, jedes Kind soll das Recht auf eine ordentliche Bildung haben!, aber es ist für ein Kind mit 6 oder 7 Jahren nicht egal, wo es lebt. Es ist nicht egal, wenn es zum Beispiel in Wien lebt, in welchem Bezirk es dort lebt, oder wenn es in Niederösterreich lebt, wo es in Niederösterreich lebt. Das ist nicht egal, denn dementsprechend wird dann die Schule für das Kind ausgesucht. Das kann es sich nicht aussuchen, außer die Eltern haben genug Geld für eine Privatschule.

Wenn ein Kind im 10. Bezirk aufwächst, dann muss es auch dort zur Schule gehen, und da ist es nicht immer sicher, ob die Schule dem Kind auch wirklich das vermitteln


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kann, was es braucht. Das liegt eben daran, dass es gewaltige Unterschiede zwischen den Schulen gibt. Und jetzt frage ich Sie: Wie kommt das Kind dazu – mein Sohn zum Beispiel; er hat Gott sei Dank das Glück, in eine gute Schule zu gehen –, wie kommt mein Sohn dazu, wenn er in Wien in einem Bezirk lebt, wo die Schule nicht dement­sprechende Qualität liefert, dass er unter Umständen nicht ausreichend Lesefähig­keiten beigebracht bekommt, dass er die Kulturtechniken, die er braucht, dann später nicht ordentlich beherrscht und sein ganzes Leben behindert ist? Er ist dann sein ganzes Leben dadurch behindert (Zwischenruf des Abg. Rädler): Er ist behindert in seiner Entwicklung, er ist behindert in seinem Lebensweg, und er wird wahrscheinlich sein Potenzial nicht voll ausschöpfen können.

Wir geben Milliarden aus für irgendwelche Tunnelprojekte, für den Straßenbau, auch für viele Dinge, die notwendig sind. Das machen wir, weil es uns in der Zukunft einen wirtschaftlichen Vorteil bringt. Nur, ich frage Sie: Das bisschen Geld, das wir brauchen würden, um in der Volksschule anzusetzen, um wirklich jedem das beizubringen, was er dann später in der Neuen Mittelschule braucht, haben wir nicht? Bringt das bisschen Geld nicht auch ein bisschen mehr an Wirtschaftsleistung? Bringt das bisschen Geld nicht auch mehr an Erfolgschancen und auch an Steuereinnahmen?

Also ich bitte Sie: Denken Sie in dieser Sache um! Leiten Sie das Geld dorthin um, wo wir es wirklich brauchen! Ich weiß, das rentiert sich nicht in zwei, drei, vier, fünf Jahren, das rentiert sich erst in 10 Jahren, aber dann ordentlich.

Einen Punkt muss ich auch noch ansprechen, der auch ganz, ganz wichtig ist, und zwar gibt es da ein paar unangenehme Themen – ich weiß, darüber spricht man nicht gerne –, zum Beispiel Disziplin in der Schule. Ich weiß, Disziplin ist gerade beim SPÖ-Sektor nicht allzu beliebt. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.) Das klingt so nach Totalitarismus und sonstigen Dingen. Aber wir brauchen Disziplin in der Schule, um den Lehrstoff ordentlich vermitteln zu können. Wenn das nicht funktioniert, ist das schon zum Scheitern verurteilt. – Das ist einmal der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist: Auch die Lehrer müssen mehr Möglichkeiten haben, um zu disziplinieren, und zwar nicht mit dem Rohrstock, sondern der Lehrer muss die Mög­lichkeit haben, Ordnung in die Klasse zu bringen, ohne gleich ein Disziplinarverfahren am Hals zu haben. (Abg. Riepl: Was schlagen Sie vor? Haben Sie konkrete Vorschläge?)

Sie wollen Vorschläge haben, wie die Lehrer disziplinieren könnten? – Zum Beispiel das Nachsitzen. Ich weiß, das Nachsitzen finden viele ganz unmöglich, aber es ist auch ein Mittel der Disziplinierung. Auch das In-die-Ecke-Stellen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Ich weiß, das finden manche ganz furchtbar, aber es ist eine Mög­lichkeit, um Ruhe in die Klasse zu bringen und zu zeigen, dass es sich nicht rentiert, zu stören. Ich weiß, das klingt ein bisschen retro und ein bisschen furchtbar, aber gehen Sie einmal in Wien in eine Schule! Nicht in jeder, aber in vielen Schulen ist die Disziplin wirklich unterm Hund, und deshalb sind die Möglichkeiten der Lehrer auch begrenzt, ausreichend Stoff zu vermitteln.

 Diese Schüler gehen dann nach Hause, haben im Unterricht nichts mitbekommen und müssen dann zu Hause dementsprechend nachlernen. Die Eltern müssen sich hinsetzen und mit ihnen lernen, oder es muss Geld in die Hand genommen werden, um Nachhilfeunterricht zu kaufen. Und das wäre nicht notwendig!

Ein Punkt noch zum Schluss, der mir besonders am Herzen liegt – ich weiß, das ist noch mehr Diskussionsthema und noch weniger akzeptabel –, und zwar sind laut offiziellen Zahlen 5 Prozent der Lehrer, die im Moment auf unsere Schüler losgelassen werden, ungeeignet für diesen Beruf. 5 Prozent! Es sind Tausende Kinder, die mit


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unfähigen Lehrern gequält werden, denen dadurch ihre Zukunft verbaut wird, die infol­ge­dessen keine Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. Und das ist aus meiner Sicht fast schon Körperverletzung an unseren Kindern, denn wir wissen, das Bildungsniveau schlägt sich dann eins zu eins durch auf den Lebensstandard, auf die Gesundheit und auf alle anderen Dinge. Das korreliert: Bildungsstandard, Gesundheit und so weiter, auch Lebenserwartung.

Das heißt, wenn wir 5 Prozent der Lehrer akzeptieren, die unfähig sind, und auf unsere Kinder loslassen, dann ist das fast schon Körperverletzung. Deshalb sollten wir auch hier etwas tun, hier hinsehen, hier handeln, nämlich diesen Lehrern, die etwa 5 Prozent ausmachen, die Möglichkeit geben, sich einen anderen Beruf zu suchen. Das ist, glaube ich, nur fair: den Lehrern gegenüber und auch den Schülern gegenüber! Aber wenn wir nicht bereit sind, dieses heiße Eisen anzugreifen, dann wird sich da nichts tun.

Noch einmal: Neue Mittelschule ja, als einen kleinen Schritt in die richtige Richtung, aber setzen wir bei der Volksschule an und setzen wir bei den Lehrern an, dass wir da etwas weiterbringen! Da sollten wir endlich etwas tun. Lenken wir vor allem das Geld, das wir jetzt dafür einsetzen, in jeden Berg ein Loch zu bohren, dorthin um, wo es wirklich etwas bringt, nämlich zur Volksschule, wo die Basis für die Zukunft gelegt wird! – Vielen Dank. (Abg. Öllinger: Zum Nachsitzen!)

12.32


Präsident Fritz Neugebauer: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Ing. Höbart. – Bitte.

 


12.32.20

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin, Sie haben vorhin versucht, in deutlichen Worten darzustellen, wie großartig Ihre Leistung in der Bildungspolitik ist. Das hat mich, ehrlich gesagt, nicht überzeugt.

Ich wiederhole es nochmals: Wir haben in Österreich leider einen bildungspolitischen Fleckerlteppich. Es gibt genügend Baustellen, und das wissen Sie genauso gut wie wir, wie unsere Fraktion. Ich spreche da zum Beispiel die Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern an. Also es gibt genügend Baustellen.

Frau Ministerin, erklären Sie uns bitte, warum der abgehalfterte ehemalige SPÖ-Finanz­minister Androsch Ihnen mit diesem Bildungsvolksbegehren vor der Nase herumwacheln musste (Zwischenrufe bei der SPÖ), damit Sie endlich aufwachen und damit im Bildungsbereich endlich einmal etwas passiert und weitergeht! (Beifall bei der FPÖ.) Also ich glaube, das ist schon Beweis genug, dass da einiges in der Vergangenheit im Argen gelegen ist. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich glaube, es spricht eine eindeutige Sprache, wie gesagt, dass Ihnen mit Ihrem eigenen Bildungsvolksbegehren, das Sie ja nicht unterstützt haben, vor der Nase herumgewachelt werden musste, damit im Bildungsbereich endlich etwas passiert. Dieses Faktum ist Beweis genug! (Beifall bei der FPÖ.)


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12.33


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise darauf hin, wie bereits bekannt gegeben, dass die Abstimmungen über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 nach Behandlung der Tagesordnungspunkte 3 und 4 erfolgen werden.

12.33.473. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1586 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird (1721 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 1796/A der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 25. Feber 1988 über die Förderung der Kunst aus Bundesmitteln (Kunstförderungsgesetz, BGBl. Nr. 146/1988) geändert wird (1722 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 3 und 4 auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


12.34.27

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Änderung des Bundestheater­organisations­gesetzes beruht auf einer Evaluierung. Diese Evaluierung ist Teil des Regierungs­abkommens, da sollte die Bundestheaterholding ein wenig durchleuchtet werden. Das hat 550 000 € gekostet und wurde von Ernst & Young durchgeführt.

Bis heute, meine Damen und Herren, wissen wir nicht, was in dem Bericht, der das Ergebnis dieser Evaluierung beinhaltet, drinnen steht, und das finde ich schon äußerst eigenartig. Alles, was wir bekommen haben, ist eine Zusammenfassung, die von der Holding zusammengestellt wurde. Diese besteht lediglich aus Worthülsen, wie zum Beispiel: „Kostenverbesserungspotentiale werden fortgeführt“. Und so weiter. Das ist eine Verhöhnung des Parlaments, meine Damen und Herren, die ich nicht dulden kann und wo ich nicht aufhören werde, darauf hinzuweisen, dass wir ein Recht darauf haben, den Ergebnisbericht dieser Evaluierung zu bekommen.

Warum bekommt diesen Bericht das Parlament nicht? – Das ist für mich die große Frage! Was soll diese Geheimniskrämerei, Frau Ministerin? Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum hier etwas verborgen bleiben soll, es kann ja keinen Grund dazu geben. Ich habe im Ausschuss die Vertreter von Ernst & Young gefragt, ob sie aus­schließen können, dass wesentliche Kritikpunkte in der Zusammenfassung fehlen, und der zuständige Herr hat mir daraufhin nicht einmal irgendeine Antwort gegeben, was sehr deutlich zeigt, dass sie natürlich fehlen. Daraufhin habe ich wirklich unzählige parlamentarische Anfragen gestellt, aber keine Antworten in diesem Zusammenhang bekommen, lediglich die Begründung: Datenschutz, Geschäftsgeheimnis.

Ich habe auch die Präsidentin Prammer dazu befragt, und Sie hat mir mit dem Hinweis geantwortet: Artikel 52 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes sieht sehr wohl vor, dass wir hier als Parlamentarier Fragerechte haben, auch gegenüber den Bundes­theatern.

Wenn hier Datenschutz vorliegt – und so kommt es mir vor –, dann ist das schon ein­sichtig, das verstehen wir schon, den könnte man ja durch Schwärzungen berück­sichtigen, aber aufgrund dieser Evaluierung gibt es jetzt ein neues Bundestheater­organi­sationsgesetz, über das wir befinden sollen, über das wir im Ausschuss diskutieren sollten – aber ohne Unterlagen! Und das kann es ja nicht sein, das ist eine Zumutung.


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Da wird jetzt auf der einen Seite das Publikumsforum abgeschafft, weil aufgrund der Studie irgendwelche Gründe dafür sprechen, es nicht mehr zu haben, aber auf der anderen Seite haben wir die Studie nicht bekommen. Wir können das überhaupt nicht nachvollziehen! Es wird von einem Maßnahmenkatalog gesprochen, der jetzt in Arbeit ist, aber wir bekommen keine Informationen über diesen Maßnahmenkatalog. – Das ist wirklich eine Verhöhnung des Ausschusses! Und es ist auch der erste Grund unserer Ablehnung dieses Gesetzes.

Es ist schon interessant, dass die anderen Oppositionsparteien uns zwar zustimmen, dass eine Berechtigung vorliegt, dass wir die Untersuchung, die Studie bekommen, dass sie aber dann trotzdem dem Bundestheatergesetz zustimmen?! Also, das müs­sen Sie uns erst einmal erklären! Aber egal.

Sie werden jetzt gleich, Frau Ministerin, von Modern Public Governance sprechen, was Sie immer gerne tun, aber Entschuldigung, bitte, Sie verstecken sich da hinter irgend­welchen – ich sage es jetzt einmal so – Managementvokabeln, denn im Wesentlichen geht es um eine moderne öffentliche Verwaltung. Und eine moderne öffentliche Verwal­tung, die die mindeste Voraussetzung der Transparenz gegenüber der Öffent­lichkeit nicht erfüllt, kann sich als solche nicht bezeichnen. Ich glaube, da sind wir einer Meinung. (Beifall bei den Grünen.)

Der Gipfelpunkt ist aber: Wir haben dann im Ausschuss gefragt, ob denn vielleicht Mitglieder der Regierungsfraktionen diesen Bericht bekommen haben, und Sie haben dann ganz brav geantwortet, ja, die Frau Ablinger als die Vorsitzende des Kultur­ausschusses, Fraktionsführerin, Kultursprecherin der SPÖ, und die Frau Fuhrmann, Kultursprecherin der ÖVP, hätten diesen Bericht bekommen.

Wie schaut das da, bitte, aus mit dem Datenschutz und mit den Geschäftsgeheim­nissen? Also da kenne ich mich jetzt überhaupt nicht mehr aus: Entweder einzelne Parlamentarier bekommen den Bericht, möglicherweise solche von den Regierungs­parteien oder von der Opposition, keine Ahnung – das kann ja nicht die Diskussion sein –, oder alle. Also das geht wirklich nicht! Da werden wir mit Sicherheit noch nachsetzen. Das schaue ich mir noch einmal ganz genau an im Wege einer parlamen­tarischen Anfrage an die Frau Parlamentspräsidentin und auch an Sie, Frau Bundes­ministerin.

Wir werden dieses Thema nicht auslassen. Wir können Kulturpolitik nicht machen, wenn wir die entsprechenden Unterlagen nicht kennen, die uns zustehen – noch dazu, wenn die Steuerzahler und -zahlerinnen 550 000 € dafür hinlegen.

Ich fordere Sie hier nochmals auf, Frau Ministerin, diesen Bericht ans Parlament zu übermitteln. Ich glaube, das Parlament ist zu stärken und nicht zu schwächen und zu ignorieren. Wir haben alle einen Anspruch auf diesen Bericht.

Dies gilt aber auch im Zusammenhang mit den Malversationen, die wir immer wieder erleben müssen. Wir wissen, dass ungenügende Transparenz gegenüber der Öffent­lichkeit damit zu tun hat, dass hinsichtlich mancher Dinge in den Bundesmuseen, auch in der Kunsthalle, aber auch bei den Salzburger Festspielen Geheimniskrämerei waltet.

Jetzt kommen wir noch zum Inhalt des Bundestheaterorganisationsgesetzes, zum zweiten Grund, warum wir es ablehnen. Sie schlagen vor – und es wird demnächst beschlossen werden –, dass in den Aufsichtsräten fünf von neun Mitgliedern vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur delegiert werden, also von Ihnen. Das ist die absolute Mehrheit. Sie haben also in jedem Aufsichtsrat die absolute Mehrheit. Das verstehen Sie unter einer unabhängigen Kontrolle?

Jetzt kommt der Gag zum Schluss: Sie können diese Mitglieder jederzeit ohne Angabe von Gründen auswechseln. Was sollen die denn überhaupt noch unabhängig kontrol-


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lieren? Wenn sie irgendwann einmal aufmucken und sagen: Uns gefällt das eigentlich nicht! – und ich weiß, wovon ich spreche –, dann kann es schon sein, dass sie ihre letzte Sitzung erlebt haben.

Ich glaube nicht, dass das die Form ist, in der wir Modern Public Governance betreiben können. Ich würde Sie bitten, diese Worte nicht in den Mund zu nehmen, wenn Sie die Mindestanforderung der Transparenz nicht erfüllen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 


12.40.59

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine lieben Kollegen und Kolleginnen! Vielleicht zur Klarstellung: Wir beschließen fast einstimmig die Novelle des Bundestheaterorganisationsgesetzes. Man kann, glaube ich, leicht erklären, warum einige der Oppositionsparteien zustimmen. Es geht um einige Anpassungen und rechtliche Klarstellungen, die bei dieser Novelle umgesetzt werden.

Eine Klarstellung – um sie zu erwähnen – betrifft das Dirimierungsrecht des künstle­rischen Geschäftsführers. Besteht nämlich in den Angelegenheiten der Geschäfts­führung der Bühnengesellschaften, die vom kaufmännischen und vom künstlerischen Geschäftsführer zu besorgen sind, keine Einigung, dann ist die Auffassung des künstlerischen Geschäftsführers die entscheidende. Diese Entscheidungen sollen dem Aufsichtsrat zur Kenntnis gebracht werden. Damit soll ein Missverständnis aus der Welt geschaffen werden.

Ein anderer Punkt ist die Novelle zu den Publikumsforen, die sich eben in der Praxis – das hat Herr Dr. Springer im Ausschuss auch noch einmal dargestellt – nicht bewährt haben. Deswegen sollen sie als Publikumsgespräche neu geregelt werden. Insofern freue ich mich, dass wir die Zustimmung von zwei Oppositionsparteien dazu bekom­men.

Insgesamt hat sich in der Evaluierung herausgestellt – und Bundestheater-Holding-Geschäftsführer Dr. Springer hat es auch dargestellt –, dass ein Optimierungspotenzial von 7 bis 10 Prozent da ist. Er sieht mögliche Einsparungen in der Höhe von 13 Mil­lionen €. Ich halte es für einen gangbaren Weg, sich hinzustellen und zu fragen, wo Geld gespart werden kann, zu kontrollieren und das Geld eventuell besser einzu­setzen. Das ist nämlich der bessere Weg im Vergleich zu dem, was gerade im Nachbarland, in Deutschland, beginnt. Dort wird eine Schließungsdebatte eröffnet.

Ich beziehe mich auf das jüngst erschienene Buch „Der Kulturinfarkt“, in dem die Autoren die Schließung der Hälfte der Theater und Museen fordern, unter dem Motto: Hat alles nichts gebracht, sperren wir alles zu. Das ist jedenfalls ein Weg, der einen „Kulturinfarkt“ auslösen würde, aber nicht der gangbare Weg ist. Deswegen halte ich es für wesentlich, zu evaluieren, kritisch zu prüfen und sorgfältig mit öffentlichen Geldern umzugehen. Dann sollten wir schauen, wie wir eben mehr Qualität, mehr Kunst und mehr Kultur bringen können. Das ist das Entscheidende. Das unterscheidet uns von dieser Debatte, die die Autoren des „Kulturinfarkts“ eröffnet haben.

Ein Letztes noch: Frau Ministerin, ich möchte gerne noch einmal zu dem Thema, das ich auch in der Diskussion mit Dr. Springer eingebracht habe, etwas anregen. Es gibt eine Auflistung zu den Berichten was die Auslastungen und die Anzahl der Vorstel­lungen betrifft. Ich würde anregen, dass wir eine zusätzliche Kategorie einführen, die zum Beispiel die Anzahl der Regisseurinnen, Autorinnen und Urheberinnen betrifft und wie viele Frauen auf welchen Spielstätten zum Inszenieren oder Aufführen eingeladen werden. Ich habe die berechtigte Vermutung, dass der kulturpolitische Auftrag der


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Vielfalt und Zeitgemäßheit in der Geschlechterfrage vielleicht noch ein bisschen ausbaufähig ist, und würde Sie um Unterstützung bitten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


12.44.28

Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Die ganze Debatte rund um die Bundestheater hat jetzt zum Inhalt, ob die Regie­rungsparteien oder die Kultursprecher der Parteien etwas bekommen haben und die anderen nicht. Ich würde meinen, dass eine Diskussion über so ein wichtiges Gesetz anders laufen sollte. Wir sollten diesen Diskussionspunkt nicht darauf verschwenden, weil es wirklich Zeitverschwendung ist, darüber zu diskutieren, wer jetzt was weiß und wer nicht.

Wenn ich mich erinnere, bekomme ich wirklich ein bisschen einen Grant, Herr Kollege Zinggl. Wir haben Vertreter von Ernst & Young sowie von Karasek Wietrzyk in den Ausschuss eingeladen, um die Ergebnisse zu präsentieren. (Abg. Dr. Zinggl: Haben Sie den Bericht?) Was war Ihre Reaktion? – Das brauchen wir nicht. Warum sollen die eine halbe Stunde erzählen, worum es geht? Ich will eigentlich nur meine Fragen und meine Plattitüden loswerden. Überhaupt bin ich der Meinung, dass die Opernhäuser und die Theater alle nur Kulturtanker sind und sowieso zu viel Geld bekommen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Zinggl.)

Das ist die einzige Botschaft, die Sie kommunizieren. Darum geht es Ihnen ja wirklich. Hätten Sie die 700 Seiten gelesen, würden Sie nicht anders argumentieren, als wenn Sie die 700 Seiten nicht gelesen hätten. Ich würde schon meinen, dass das etwas ist, das wir heute auch ehrlich sagen müssen (Beifall bei der ÖVP.)

In Zeiten wie diesen – diesbezüglich ist ja in Deutschland gerade ein spannendes Buch erschienen – wird jeder Euro zwei Mal umgedreht. Wenn man Umfragen auf der Straße draußen macht und die Leute befragt, wo eingespart werden soll, dann werden Kunst und Kultur meist sogar an vorderster Stelle genannt. Da ist es der Unterrichts- und Kulturministerin und dieser Bundesregierung als Gesamtes hoch anzurechnen, dass das Budget stabil gehalten werden konnte. Darüber redet in Österreich niemand. Das ist eine Selbstverständlichkeit, und insofern betone ich das auch heute.

Die Evaluierung der Bundestheater, bei der es ja auch darum geht, Mittel effizient einzusetzen – man will ja niemandem etwas wegnehmen –, ist schon auch etwas, das eine heikle Diskussion ist. Die künstlerischen Leiter und kaufmännischen Leiter der einzelnen Theater, der einzelnen Bühnen sind natürlich auch darauf bedacht, ihr Territorium, ihre Budgetmittel zu verteidigen.

Ich würde meinen, die Diskussion war, so wie sie stattgefunden hat, eine sehr gute und eine sehr konstruktive. Ernst & Young kommt zu einem Ergebnis von in etwa 14 Mil­lionen € Einsparungspotenzial, und Herr Dr. Springer selbst kommt zu einem Ergebnis von 12,4 Millionen. Im Normalfall ist immer eine Spannungsbreite von etwa 20 Prozent da. Das ist also eine großartige Leistung. Wir werden noch mit anderen Themen zu tun haben, wenn es darum geht, wie man Personalsteigerungen in den Griff bekommt. Das ist also mit dieser Evaluierung jetzt nicht abgeschlossen.

Ich habe es schon einmal gesagt, weil ich es auch ehrlich so meine: Die ÖVP hat dieses Anliegen vorangetrieben – keine Frage –, und die Frau Bundesminister hat sicherlich nicht täglich ihre große Freude damit gehabt, weil es nicht sehr angenehm


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ist, sich möglicherweise der Kritik von einzelnen Direktoren auszusetzen, die auch immer ihre Möglichkeit finden, sich Öffentlichkeit zu verschaffen.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich finde, dass das kulturpolitisch ein wichtiges Projekt war, vor allem, weil man aufzeigen kann, dass Kulturpolitik nicht reine Förderungspolitik ist und dass Kulturpolitik nicht immer nur dann gut ist, wenn man mehr hergibt, sondern wenn man – und da zitiere ich auch dieses Buch „Der Kulturinfarkt“ – sich traut, zu hinterfragen, was das Ziel eines Museums ist, was in dem Fall das Ziel einer Bühne ist, und dann entsprechend schaut, dass es effizient und wirtschaftlich gut organisiert umgesetzt wird.

In diesem Zusammenhang braucht auch keiner neidig zu sein, wenn die Kultursprecher der Regierungsparteien diese Unterlagen haben. Wie glauben Sie von der Opposition denn, dass man Regierungspolitik betreibt, wenn man die Dinge nicht kennt? – Wir können Ihnen ja keine Vorschläge machen, wenn wir nicht wissen, worum es geht. (Abg. Markowitz: Das gilt für die Opposition auch!) Da ist jegliche Neiddebatte völlig unnötig. Wenn die Frau Bundesminister Ihnen die 700 Seiten zur Verfügung stellt, haben Sie eine spannende Aufgabe für die Karwoche. Der Kollege fährt nach Dubai, er kann das mitnehmen und in Ruhe lesen. Herr Zinggl, ich weiß nicht, wo Sie sind. Aber das hier auf ein so niedriges Niveau zu fokussieren, finde ich eigentlich echt mühsam.

Ich möchte mich an dieser Stelle vor allem auch bei der Frau Bundesminister sehr herzlich bedanken (Abg. Dr. Zinggl: Für den Bericht, nehme ich an?), die diesen Prozess mitgetragen und, wie ich glaube, sehr professionell umgesetzt hat. Ich möchte mich auch, Frau Bundesminister, bei Ihrem Team sehr herzlich bedanken, denn das war eine sehr gute Arbeit. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Bundesministerin Dr. Schmied: Vielen Dank!)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner. – Bitte.

 


12.49.31

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren hier im Haus! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Jahrelang, seit 2008, wurde von der Bundestheater-Holding evaluiert. Jahrelang hat man mit einer Fülle von Steuer­geld – es wurde heute schon gesagt, 550 000 € waren das – die Effizienz der Bundestheater analysiert.

Herausgekommen ist ein Geheimpapier, das der Opposition vorenthalten wurde. Genauso blieb der sogenannte Maßnahmenkatalog, also das, was man jetzt nach vier Jahren endlich machen will oder machen soll, eine geheime Verschlussakte.

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist meines Erachtens ein demokratiepolitischer Skandal! (Beifall bei der FPÖ.) Das ist ein Lehrstück: Wie missachte ich, wie verhindere ich oder wie schalte ich die Opposition sogar aus? Denn, wenn die Oppo­sition alle Daten hat, könnte sie ja vielleicht noch bessere Oppositionspolitik machen. Frau Kollegin Fuhrmann! Es ist mir eigentlich ziemlich schleierhaft, wieso Sie das demokratiepolitisch nicht verstehen können. (Beifall bei FPÖ und Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitliche haben eine große Tradition, was Oppositionspolitik angeht, und wir haben sehr oft wirklich zum Wohle des Staates gewirkt, weil wir eine konstruktive Oppositionspolitik betreiben. Das Aufzeigen von Schwachstellen im Kulturleben Österreichs ist unbedingt notwendig. Wir wollen den Status Österreichs als Kulturnation wahren. Da ist natürlich der Beitrag der Opposition wichtig. Dazu brauchen wir nun einmal Unterlagen, Daten, Fakten. Wenn Sie das nicht


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verstehen – ich muss es leider noch einmal sagen –, dann ist das unglaublich! Das ist einfach notwendig, das ist unser Brot, wenn wir Oppositionspolitik betreiben wollen.

Ich möchte nur ein paar Beispiele bringen: Was hätte alles geschehen können, wenn man zum Beispiel auf meine Oppositionspolitik gehört hätte? Wir haben wirklich immer konstruktiv gearbeitet. Zum Beispiel: Einige große Skandale wären uns erspart geblieben. Seit ich hier im Haus tätig bin, habe ich immer wieder die großen Malver­sationen von Noever und Matt angekreidet. Ich habe das schon als Gemeinderätin gemacht. Ich finde es eigentlich eigenartig, dass man erst in Österreich die beiden Herren mit Schimpf und Schande davonjagen musste – also gut, der eine ist von selbst gegangen. Es wäre viel klüger gewesen, bei diesen Beispielen auf mich zu hören. Da hätten wir uns Abermillionen an Steuergeldern ersparen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Nur ganz kleine Beispiele: die Verherrlichung des Kommunismus – das geht einfach nicht. Oder tote Babys schänden – so etwas geht einfach nicht. Das waren Dinge, wo man schon längst früher hätte handeln müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

Doch jetzt zurück zu dieser Verschlussakte Effizienzanalyse: Wir haben kleine recht­liche Änderungen, die heute in die Novellierung des Bundestheaterorganisationsge­setzes einfließen sollen. Das ist der Grund, warum wir auch zustimmen. Diese recht­liche Evaluierung ist in Ordnung, unserer Meinung nach. Aber: Die wirtschaftliche Effizienzanalyse blieb einfach weiterhin im Dunkeln verhaftet. Es gibt einen Zettel, ich zeige ihn Ihnen. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.)

Das ist doch unglaublich, das soll der Maßnahmenkatalog sein! Nur damit Sie es wissen: Das ist das, was wir im Juni herunterladen konnten – also eigentlich haben das alle abrufen können, alle Menschen haben das aus dem Netz herauslesen können. Man sagt da zum Beispiel, man könne Rückschlüsse ziehen. Wie soll ich sagen? – Den Maßnahmenkatalog haben wir ja nicht, aber wir können Rückschlüsse ziehen. Da steht: „Schließung von Spielstätten“, „Probenbetrieb in den Nachtstunden“. Sie müssen sich vorstellen, bei diesen Theatern geht es um die Staatsoper, um das Burgtheater, um das Volkstheater. Es geht um unsere großen Kulturstätten. Ich meine, das ist ja keine Wurstfabrik! Das ist ja nicht irgendeine Sache oder ein Autoherstellungsbetrieb! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist doch unglaublich! Da sieht man, dass es einfach sinnlos ist, auf diese Weise zu evaluieren. Das war wahrscheinlich das Papier nicht einmal wert. Vielleicht hat man uns das auch deswegen nicht zur Verfügung gestellt.

Ich möchte jetzt noch auf einen Antrag zurückkommen: Wir wollen unbedingt die Zahlen haben, damit wir gute Oppositionspolitik machen können. Die Zahlen wurden selbstverständlich den beiden anderen Parteien zu Verfügung gestellt. Das ist nicht in Ordnung. Es stimmt, da sind vielleicht einige betriebswirtschaftliche Daten, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen – mag sein. Der eine Direktor will vielleicht nicht haben, dass der andere genau weiß, wie man das betriebswirtschaftlich führt, aber auch das kann man regeln.

Mein Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Bundestheater

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 86

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird dazu aufgefordert, den im österreichischen Nationalrat vertretenen Parteien unter Wahrung der Vertraulichkeits­erfordernisse umgehend die kompletten Ergebnisse der Evaluierung der Österreichi­schen Bundestheater, sowie den daraus resultierenden Maßnahmenkatalog vorzu­legen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Evaluieren ist in Ordnung – aber viele Jahre mit so viel Geld evaluieren, das geht schon einmal nicht. Ich finde, man kann sich auch entscheiden. Man kann es auch wagen, Entscheidungen zu fällen. Man muss nicht immer evaluieren. Wir haben eine gute Arbeit des Rechnungshofes. Wir haben eine gute Arbeit – hoffe ich doch – des Beamtenstabes Ihres Ministeriums. Vor allem: Sie haben eine ganz perfekte, großartige Oppositionspolitikerin, beziehungsweise eine großartige Oppositionspartei, mit deren Hilfe Sie viel schneller zu einer konstruktiven und gedeihlichen Zukunft der österreichischen Kulturlandschaft führen könnten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Schmied.)

12.55


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner und weiterer Abgeordneter betreffend Evaluierung der Bundestheater

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 3 Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1586 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundestheater­organi­sations­gesetz geändert wird (1721 d.B.) in der 150. Sitzung des Nationalrates in der XXIV. GP am 29. März 2012

Im Rahmen der seit Ende 2008 im Auftrag des BMUKKA durchgeführten Evaluierung der Österreichischen Bundestheater lagen die von KARASEK WIETRZYK Rechts­anwälte und Ernst & Young erstellten Endberichte im Frühjahr 2011 vor. Das BMUKK übermittelte diese an die Geschäftsführungen und Aufsichtsräte aller Gesellschaften (Bundestheater-Holding, Burgtheater, Wiener Staatsoper, Volksoper Wien und Theaterservice GmbH) zur Behandlung in den Aufsichtsgremien. Desweiteren hat das BMUKK den Geschäftsführer der Bundestheater-Holding Dr. Georg Springer mit der Erstellung eines Maßnahmenkatalogs auf Basis der in den Berichten enthaltenen Feststellungen und Empfehlungen beauftragt, der seit dem Herbst 2011 vorliegt.

Die Evaluierung kostete insgesamt rund € 550.000,- und wurde in mehreren Etappen durchgeführt, wobei über folgende Bereiche Berichte erstellt wurden:

Rechtliche Evaluierung des Bundestheaterkonzerns

Effizienzanalyse der Bundestheater-Holding GmbH

Effizienzanalyse der Theaterservice GmbH

Wirtschaftliche Effizienzanalyse der Bühnengesellschaften (Burgtheater GmbH, Wiener Staatsoper GmbH, Volksoper Wien GmbH) 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 87

Zusammenfassungen der einzelnen Bereiche der Evaluierung wurden in der Sitzung des Kulturausschusses des Nationalrates am 30. Juni 2011 präsentiert, desweiteren gab es im Herbst 2011 eine Veröffentlichung einer knappen Zusammenfassung des erstellten Maßnahmenkataloges.

Laut Auskunft der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur in der Sitzung des Kulturausschusses des Nationalrates am 22. März 2012 wurden die kompletten Evaluierungsberichte zur Gänze den beiden Regierungsparteien im Parlament, nämlich SPÖ und ÖVP zur Verfügung gestellt, nicht jedoch den im österreichischen Nationalrat vertretenen Oppositionsparteien.

Da dies gegen jegliche parlamentarische Usance verstößt, stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird dazu aufgefordert, den im österreichischen Nationalrat vertretenen Parteien unter Wahrung der Vertraulichkeits­erfordernisse umgehend die kompletten Ergebnisse der Evaluierung der Öster­reichi­schen Bundestheater, sowie den daraus resultierenden Maßnahmenkatalog vorzu­legen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


12.56.10

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben jetzt einiges über das Bundestheaterorganisationsgesetz gehört. Wir haben diesbezüglich im Ausschuss wirklich sehr fachlich diskutiert. Sie wissen, ich bin immer jemand, der versucht, das Ganze wirklich auf seriöser Ebene zu behandeln.

Jedoch haben wir erfahren, Frau Ministerin, dass die 700 Seiten nur an die Regie­rungs­parteien ergangen sind und wir von der Opposition nicht in Kenntnis gesetzt wurden, wie es wirklich ausschaut. Selbstverständlich wird von uns jedoch verlangt, dass wir mitstimmen. Aufgrund dieser Problematik haben wir uns Folgendes überlegt: Kritisieren können wir alles, aber wie können wir das in Zukunft besser machen? Wie kann es in Zukunft so  (Zwischenruf der Abg. Hakel.) – Frau Hakel, Sie lachen. Ja, natürlich, ich habe ja schon gehört, das eine war wirklich von oben herab, das kennen wir von der Regierung. Anscheinend färbt das schon auf die SPÖ ab. Aber bis jetzt haben wir eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Frau Ministerin gehabt, das werden wir in Zukunft auch so machen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Was heißt „abfärben“? Die kennen das nicht anders!)

Was wir in Zukunft auf keinen Fall möchten, ist, dass wir nur einen marginalsten Bericht von 90 Seiten bekommen, die 700 Seiten nicht studieren können und von uns verlangt wird, dass wir der Materie zustimmen. Das wird es in Zukunft nicht geben.

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übermittlung der vollständigen Evaluierung der Bundestheaterorganisation


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 88

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, den Kultur­sprechern aller Faktionen ehest bald die vollständige Fassung der rechtlichen Evaluie­rung des Bundestheaterkonzerns unter Wahrung der Verschwiegenheitspflicht zukom­men zu lassen.“

*****

Wir bringen einen zusätzlichen Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übermittlung aller Evaluierungen an die Kultursprecher

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, den Kultur­sprechern aller Fraktionen zukünftig sämtliche durch öffentliche Gelder finanzierte Evaluierungen und Berichte aus dem kulturellen Bereich unter Wahrung der Ver­schwiegenheitspflicht zuzuleiten.“

*****

Das hat folgenden Sinn: Wir verschwenden heute zwei Drittel unserer Redezeit, um darüber in Kenntnis zu setzen, wie und warum wir einen vollständigen Bericht nicht bekommen haben, und kämpfen und sprechen nicht über die Inhalte. Das wollen wir in Zukunft nicht mehr haben. Frau Hakel, Ihnen das zu erklären, ist ein bisschen schwieriger, aber das macht nichts. Es schaut einfach so aus, dass wir das Recht haben, diese Dinge einzusehen. Es geht um einen Bericht, der 550 000 € gekostet hat, das ist ja nicht so wenig Geld, oder?

Ich bin immer einer, der sagt: Okay, wir müssen das fachlich diskutieren. Das Bundes­theaterorganisationsgesetz beinhaltet unter anderem fünf Punkte, die begrüßenswert sind. Deswegen werden wir dem Bericht auch zustimmen, weil wir diese gut finden. Der Kompetenzkatalog der Aufsichtsräte, die Abberufung der Aufsichtsräte durch Krankheit – das hat es bis jetzt nicht gegeben. Das sind ja alles wichtige Punkte, die hier diskutiert werden müssen. Die Umbenennung in „ART for ART“ ist auch okay. Das sind alles Punkte, die wir begrüßen.

Aber in Zukunft möchte ich haben, dass zwischen Regierungsmitgliedern und Oppo­sition nicht in zweierlei Klassen gemessen wird und dass wir Fachthemen auf sach­licher Ebene diskutieren können. Das von oben herab, dieses Diktat der Regierung wollen wir nicht haben. Das muss uns zugestanden werden. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass unsere Entschließungsanträge die Mehrheit finden werden, damit wir in Zukunft wirklich demokratisch und auf effektivem Wege Oppositionsarbeit machen und für Österreich arbeiten können. – Vielen Dank! (Beifall beim BZÖ.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Die beiden eingebrachten Entschließungsanträge stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 89

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übermittlung der vollständigen Evaluierung der Bundestheaterorganisation

eingebracht in der 150. Sitzung des Nationalrates am 29. März 2012 im Zuge der Debatte zu TOP 3, Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1586 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird (1721 d.B.)

Die Durchführung einer Evaluierung der Bundestheaterorganisation in organi­satorischer und struktureller Hinsicht hat legistische Verbesserungspotentiale aufge­zeigt, die schließlich zu vorliegender Regierungsvorlage führten.

Leider wurden den Mitgliedern des Kulturausschusses, die darüber im Ausschuss zu beraten hatten, nur eine knapp 90-seitige Zusammenfassung („Executive Summaries”) der ursprünglich über 600 Seiten starken Evaluierung übermittelt. Die Bundesministerin begründete dies mit dem Argument, dass es sich aus rechtlicher Sicht um Ge­schäftsgeheimnisse der Bundestheater-Holding handle, deren Veröffentlichung den Häusern Wettbewerbsnachteile bringen könnte.

Allerdings wurde bekannt, dass die Kultursprecherinnen der Regierungsfraktion sehr wohl die vollständige Fassung der Evaluierung zur Einsicht erhalten haben. Die Abge­ordneten der Opposition hatten denselben Wissenstand wie die Öffentlichkeit, da die Zusammenfassung der rund 555 000 Euro teuren Evaluierung auf der Homepage des BMUKK veröffentlich wurde. Um hier zu differenzieren sollte den Mitgliedern des Kultur­ausschusses die Vollversion der Evaluierung zur Verfügung gestellt und sie gleichzeitig zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, den Kultur­sprechern aller Fraktionen ehest bald die vollständige Fassung der rechtlichen Evaluierung des Bundestheaterkonzerns unter Wahrung der Verschwiegenheitspflicht zukommen zu lassen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übermittlung aller Evaluierungen an die Kultursprecher

eingebracht in der 150. Sitzung des Nationalrates am 29. März 2012 im Zuge der De­batte zu TOP 3, Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1586 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird (1721 d.B.)

Die Evaluierung der Bundestheaterorganisation wurde den Mitgliedern des Kultur­ausschusses, die darüber im Ausschuss zu beraten hatten, nur eine knapp 90-seitige Zusammenfassung („Executive Summaries”) der ursprünglich über 600 Seiten starken Evaluierung übermittelt. Begründet wurde dies mit dem Argument, dass es sich aus


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rechtlicher Sicht um Geschäftsgeheimnisse der Bundestheater-Holding handle, deren Veröffentlichung den Häusern Wettbewerbsnachteile bringen könnte. Interessanter­weise haben die Kultursprecher der Regierungsfraktionen sehr wohl Einsicht in die vollständige Fassung erhalten.

Nachdem für die Erstellung der Evaluierung insgesamt 555 000 Euro (an Steuer­geldern) in die Hand genommen wurden, haben auch die Kultursprecher bzw. die Kultursprecherin der Oppositionsfraktionen das Recht auf Kenntnis der vollständigen Fassung.

Um derartiges Ungleichgewicht zukünftig zu vermeiden, sollten alle kulturrelevanten Evaluierungen und Berichte, die durch Steuergelder finanziert wurden, den Kultur­sprechern aller Fraktionen unter Wahrung der Verschwiegenheit zur Kenntnis gebracht werden.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird ersucht, den Kultur­sprechern aller Fraktionen zukünftig sämtliche durch öffentliche Gelder finanzierte Evaluierungen und Berichte aus dem kulturellen Bereich unter Wahrung der Ver­schwie­genheitspflicht zuzuleiten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Bundesministerin Dr. Schmied. – Bitte.

 


13.00.01

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte zu drei Punkten kurz Stellung nehmen: zum Ersten zur Novelle des Bundestheaterorga­nisa­tionsgesetzes, zum Zweiten zur Bundestheaterevaluierung grundsätzlich, und dann zur Frage der Veröffentlichung der Berichte im Besonderen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf mit der Novelle zum Bundestheaterorganisationsgesetz beginnen und schließe gleich an den Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Zinggl an. Ja, mir ist eine moderne, effektive öffentliche Verwaltung ein großes Anliegen; mir ist es aber auch ein großes Anliegen, dass wir über die einzelnen Verantwortungsbereiche immer wieder in Klarheit sprechen und uns immer wieder auch darüber verständigen, wer was in welcher Funktion und Rolle verantwortet und daher für seine Verantwortung welches Maß an Information und Wissen braucht.

Das sind für mich die Kernelemente, wenn Sie so wollen, der Public Governance. Nicht alles, was für den Unternehmensbereich Gültigkeit hat, muss auch für den öffentlichen Bereich praktikabel sein. Daher müssen wir jeden einzelnen Fall, denke ich, immer wieder auch genau aus Sicht der öffentlichen Hand und des öffentlichen Interesses bewerten.

Die Novelle zum Bundestheaterorganisationsgesetz hat im Wesentlichen fünf einzelne Zielsetzungen.


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Erster Punkt: Es geht um den Kompetenzkatalog des Aufsichtsrates, um Klarheit über die Aufgaben der Aufsichtsräte und vor allem auch die zustimmungspflichtigen Geschäfte. Das heißt, einen klaren, umfassenden, einheitlichen Kompetenzkatalog der Aufsichtsräte in Übereinstimmung mit dem GesmbH-Gesetz zu schaffen, war hier Ziel und Auftrag.

Zweiter Punkt: Neufassung der Abberufung der Aufsichtsräte. Auch hier geht es um Klarheit. Herr Abgeordneter Zinggl, die Funktion des Aufsichtsrates ist, Kontrolle im Interesse des Eigentümers auszuüben. Eigentümerverantwortung trägt das Bundes­minis­terium für Unterricht, Kunst und Kultur. (Abg. Dr. Zinggl: Eigentümerin ist die Republik!) Ich bin diejenige, die auch die politische Verantwortung zu tragen hat. Daher ist es selbstverständlich, dass die Aufsichtsräte auch das Vertrauen der Eigen­tümer­vertreterin genießen müssen. Wer hat denn letztlich die politische Verantwortung, wenn etwas nicht geht? – Dann bin das in meinem Kompetenzbereich ich. Und daher ist diese Bestimmung, analog zu den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen, wichtig.

Dritter Punkt: Klarstellung des Dirimierungsrechtes. Wir haben in Österreich die Freiheit der Kunst im Verfassungsrang verankert, das ist ein zentraler und wichtiger Punkt. Schauen wir nur, was jetzt gerade in Ungarn passiert! Das ist ein hoher Wert in Österreich, und es ist mir auch wichtig (Abg. Grosz: Was passiert denn in Ungarn?), dass die künstlerischen Leiter der Theater, der Museen entsprechend in Position sind und das Dirimierungsrecht eben auch entsprechend dokumentiert ist.

Der vierte Punkt umfasst das bereits erwähnte Publikumsgespräch. Es soll öffentliche Publikumsgespräche geben, zweimal pro Spielzeit, mit entsprechendem Protokoll und Behandlung im Aufsichtsrat.

Beim fünften Punkt geht es um die Umbenennung im Gesetz: Theaterservice in „ART for ART“. Das entspricht dem Markennamen, wie er auch jetzt schon im Einsatz ist.

Das sind die Punkte zur Novellierung des Bundestheaterorganisationsgesetzes. Ich freue mich, wenn es hier doch breite Zustimmung gibt.

Zweiter Punkt: Bundestheaterevaluierung. Gerade vor dem Hintergrund der Budget­situation, gerade vor dem Hintergrund der jetzt über ein etwas fragwürdiges Buch in Deutschland begonnenen kulturpolitischen Debatte ist es wichtig, dass wir alles daransetzen, dass die Mittel für Kunst und Kultur möglichst effektiv zum Einsatz kom­men – ebenso, wie wir ja im Bildungsbereich intensiv daran arbeiten, dass die Mittel auch im Klassenzimmer, bei den Schülerinnen und Schülern ankommen.

Das war das Motiv für die Evaluierung. Ich bin mittlerweile sehr, sehr froh darüber, dass wir diese Evaluierung gemacht haben. Es war letztlich ein Auftrag aus dem Regierungsprogramm an mich, und ich möchte allen Beteiligten, vor allem dem Regierungspartner, ad personam Frau Abgeordneter Fuhrmann, sehr, sehr herzlich für die Zusammenarbeit danken!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist gerade im Kulturbereich keine Selbstverständlichkeit, eine betriebswirtschaftliche Analyse durchzuführen, wo wir nicht die mediale Begleitung und mediale Aufregung haben, sondern wo ich ganz im Gegenteil mittlerweile auch schon international von Kollegen darauf angesprochen werde, wie wir denn das so konstruktiv, so zielgerichtet geschafft haben.

Selbstverständlich haben alle unmittelbar in Verantwortung Befindlichen – Geschäfts­führer, Aufsichtsräte, Bundestheater-Holding – alle Detailberichte! Um diese Frage, wer welche Informationen hat, ist eine intensive Debatte im Kulturausschuss entstanden. Nur, um jetzt einen Punkt gleich auszuräumen: Der Detailbericht umfasst 550 Seiten. Ich weiß also nicht, wo und wann die 700 Seiten zustande gekommen sind. Es ist mir nur wichtig, darauf hinzuweisen. Sie werden das dann wissen, wenn ich in der Folge


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meine Ausführungen fortsetze – nicht dass Sie den Eindruck haben, es gehen jetzt 150 Seiten irgendwo verloren.

Klar ist, es ist dies ein Bericht, es ist dies eine Evaluierung, die nicht auf Basis ge­setzlicher Vorgaben erfolgte. Es erfolgen ja regelmäßig Wirtschaftsprüfungen, ein Jahresabschluss wird gelegt et cetera, dafür gibt es gesetzliche Grundlage. Da sind alle verpflichtet, diese auch einzuhalten. Diese Evaluierung erfolgte auf Basis des Regierungsprogramms, und die Ergebnisse, die Detailergebnisse mit allen Daten und Fakten, wurden in externen Gutachten, in Evaluierungsberichten festgehalten.

Diese Evaluierungsberichte, meine sehr geehrten Damen und Herren, umfassen auch Daten und Informationen über Geschäftsgeheimnisse der Bundestheater. Ich muss hier, glaube ich, nicht weiter ausführen, dass sich die Bundestheater als ausgegliederte Unternehmen im Wettbewerb befinden – im Wettbewerb mit anderen Bühnen, Opernhäusern, Theatern – und es hier berechtigte Interessen der Bundestheater gibt, die auch entsprechend zu schützen sind. Wir haben daher Kurzberichte der Bundestheaterevaluierung publiziert und auch zur Verfügung gestellt, und es stellt sich jetzt die Frage, wie wir mit den unterschiedlichen Interessen – Interessen der Parla­ments­parteien auf Ausübung der Kontrolle, Interessen der Bundestheater auf Wahrung ihrer Sphäre und der Geschäftsinteressen – umgehen. (Abg. Petzner: Fürs Protokoll: Frau Fuhrmann hat gesagt, es sind 700 Seiten! Entweder hat sie den Bericht nicht gelesen oder sie hat die Seiten falsch gezählt!)

Ich möchte nach Prüfung – ich habe ja im Kulturausschuss zugesagt, mir dieses Thema noch einmal genau anzuschauen, ich habe mich auch rechtlich darüber beraten, wie wir mit dieser Situation umgehen: berechtigte Interessen der Parla­mentsparteien, berechtigte Interessen auch auf Schutz der Wettbewerbssphäre der Bundestheater – den Kultursprechern aller Parlamentsparteien das Angebot machen, in diese Berichte Einsicht zu nehmen, diese auch zu erhalten (Abg. Markowitz – Beifall spendend –: Na bitte!), gleichzeitig aber auch eine Vertraulichkeitserklärung abzu­geben, weil es um berechtigte Interessen der Bundestheater geht. (Abg. Markowitz: Frau Ministerin, das Interpellationsrecht ...!)

Ich möchte eines vermeiden: Ich möchte es vermeiden, dass hier ein Mythos darüber entsteht, was es denn in diesen 550 Seiten Bundestheaterevaluierung nachzulesen gibt. Es gibt nichts zu vertuschen und nichts zu verheimlichen, aber es gibt berechtigte Interessen der Bundestheater und aller dort beschäftigten Personen, und ich möchte diese Interessen der Bundestheater nicht verletzen. – Das möchte ich dazu sagen.

Zum Schluss: Dr. Springer steht selbstverständlich – er hat das auch im Kultur­aus­schuss angeboten – jederzeit für Detailinformationen und Detailgespräche zur Ver­fügung.

Ganz zum Schluss – auf diese Feststellung und vor allem auch auf die Protokollierung dieser Feststellung lege ich höchsten Wert –: Frau Abgeordnete Unterreiner, in dem Augenblick, als ich über angebliche Fehlleistungen von Peter Noever informiert wurde, habe ich rasch die notwendigen Schritte gesetzt. Diese Feststellung ist mir sehr wichtig und ist für mich auch Teil einer gelebten Verantwortung. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Hakel zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.10.25

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Markowitz, ich habe Sie nicht


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ausgelacht! Ich habe mich gefreut darüber, dass Sie sich auch kritisch selbst reflek­tieren (Ruf bei der ÖVP: Angelacht! – weitere Zwischenrufe), selbst reflektieren und ernsthaft und konstruktiv über Dinge nachdenken, so wie Sie selbst gesagt haben, und darüber nachdenken, wie man noch besser zusammenarbeiten kann. (Abg. Petzner: Hat der Bericht jetzt 700 Seiten oder 550?)

Ja, das gehört einfach unterstützt, diese kritischen Überlegungen, die Sie da angestellt haben. Auch wir stellen uns eine ernsthafte Zusammenarbeit unter den Parlaments­parteien so vor. Daher werden wir diesem Antrag, den Sie hier eingebracht haben – Antrag von Kollegen Markowitz: Evaluierung der Bundestheaterorganisation (Abg. Petzner: Hat der Bericht 700 Seiten oder 550? – Sie kann es auch nicht beantworten!) –, heute zustimmen, weil wir auch der Meinung sind, dass die Kultur­sprecher und ‑sprecherinnen der Parlamentsparteien diesen Bericht bekommen sollen.

Ich möchte aber noch ein anderes Thema ansprechen, das wir auch im Kultur­ausschuss behandelt haben: Das war der Antrag von Kollegen Zinggl zum Kunst­förderungsgesetz. Das beinhaltet das UNESCO-Übereinkommen. Ich habe das schon im Ausschuss gesagt, möchte es hier aber wiederholen:

Wir begrüßen natürlich das UNESCO-Abkommen – Österreich war ja auch einer der ersten Staaten, die dieses Abkommen unterzeichnet haben. Besonders positiv finden wir selbstverständlich auch das Kernstück dieses Übereinkommens, nämlich das Recht eines jeden Staates, regulatorische und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, förderliche Rahmenbedingungen für eine Vielfalt kultureller Aktivitäten, Waren und Dienstleistungen zu schaffen. Das verhindert nämlich einen Wettbewerb und sichert und begünstigt nationale kulturelle Waren und Dienstleistungen.

Die Kunst- und Kulturförderung des BMUKK und das Kunstförderungsgesetz stellen bereits einen Beitrag zur Sicherung dieser kulturellen Vielfalt dar. Hier möchte ich an den § 1 des Kunstförderungsgesetzes erinnern, wo das drinsteht. Eine simple zusätz­liche Nennung des UNESCO-Abkommens hätte hier auch keinen konkreten Mehrwert für die KünstlerInnen.

Auch die bereits erwähnten fünf musikalischen Grundrechte des International Music Council sind nicht Bestandteile dieses UNESCO-Abkommens. Sie sind ein Leitbild und ein Mission Statement dieses internationalen Abkommens. Eine Nennung dieser musi­kalischen Grundrechte würde einfach den Musikbereich gegenüber anderen Bereichen bevorzugen, das Kunstförderungsgesetz soll aber für alle Sparten da sein und allen Künsten offenstehen. Alles andere würde auch den Grundrechten, der Gleichbehand­lung widersprechen, und das will ja keiner von uns. (Beifall bei der SPÖ.)

13.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.13.25

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit der Evaluierung der Bundestheater wurde ein sehr positiver und in dieser Branche auch wirklich nicht alltäglicher Prozess gestar­tet. Das kann man durchaus öfter sagen. Wenn man allein davon ausgeht, dass von dem Einsparvolumen, das Ernst & Young ausgerechnet haben – diesen 14 Millio­nen € –, 12,5 Millionen € bis zum Ende der Spielsaison 2014/2015 hereingebracht werden sollen, ist das eine durchaus erkleckliche Summe.

Die rechtlichen Änderungen, die sich aus dem Evaluierungsbericht ergeben haben, werden auch dazu beitragen, dass es in den Abläufen mehr Klarheit gibt. Dezidiert herausgreifen möchte ich – und das ist auch schon ein paar Mal erwähnt worden – das


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Dirimierungsrecht des künstlerischen Leiters und die Abberufungsmöglichkeit der Aufsichtsratsmitglieder durch die entsendenden Gremien. Die Anpassungen, die sich an das GesmbH-Gesetz anlehnen, sollen auch im Hinblick auf die notwendigen und in den Konzernaufsichtsräten bereits genehmigten Maßnahmen Klarheit bringen und die Durchführung erleichtern helfen.

Erlauben Sie mir noch einige Bemerkungen zum Evaluierungsbericht selbst. Es ist erfreulich, wenn – wie in dem Bericht geschrieben steht – die Bundestheater-Holding, die als Management- und Führungs-Holding konzipiert ist, ihre Führungsfunktion verstärkt wahrnehmen wird und daher Fehlentwicklungen, wie es sie in der Ver­gangenheit sicher auch gegeben hat, verhindert werden können. Die Implementierung einer integrierten Konzernplanung und strategische Zielvorgaben werden dabei sicher unterstützend wirken. Ebenso sinnvoll ist es, wenn Controlling, Rechnungswesen et cetera als Instrumente zur Konzernsteuerung und ‑verwaltung ausgebaut werden und auch die wirtschaftliche Entwicklung neben der künstlerischen Entwicklung die notwendige Aufmerksamkeit erhält.

Bei den Einsparungen wird ein relativ großer Brocken über die Erhöhung der Kartenpreise hereinkommen. Ernst & Young gehen in etwa von 50 Prozent aus. Das könnte man jetzt auf der einen Seite für sehr viel halten. Wenn man allerdings die Kartenpreise der österreichischen Bundestheater im internationalen Schnitt betrachtet, sind die Erhöhungen durchaus gerechtfertigt, besonders wenn man die Qualitäts­kriterien als Maßstab heranzieht, die im internationalen Vergleich für Österreich durchaus sehr positiv ausfallen.

Dass aber dem wirtschaftlichen Erfolg nicht alles untergeordnet werden darf und auch nicht wird, das zeigt sich in der Tatsache, dass einige Vorschläge, die eben nur Vor­schläge sind, nicht umgesetzt wurden. Beispielsweise wurde der Idee, die Sommer­pause zu verkürzen, nicht Rechnung getragen. Jeder, der die Festivalszene in Öster­reich im Sommer beobachtet und kennt, weiß, dass durch diese Festspiele, Festivals et cetera Kunst und Kultur in die Regionen hinausgetragen werden und dass dort auch jene Künstlerinnen und Künstler zu sehen und zu hören sind, die sonst die Bun­destheater bespielen. Wenn wir also den Auftrag ernst nehmen, dass Kunst nicht nur auf die Bundeshauptstadt Wien beschränkt sein darf, dann müssen wir den Künstlern im Sommer natürlich die Gelegenheit dazu geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Um dem durchaus nachvollziehbaren Argument zu entsprechen, dass besonders Touris­ten, die im Sommer nach Wien kommen, auch die Möglichkeit eines Theater­besuchs haben sollen, möchte ich nur auf die oft genutzte Möglichkeit zu Fremd­gastspielen verweisen. Wir in Linz machen das regelmäßig.

Zusammenfassend kann man sagen, die Evaluierung der Bundestheater unter wirt­schaftlichen Gesichtspunkten ist ein guter Boden für Reformen. Die daraus resultieren­den gesetzlichen Änderungen und Maßnahmen sind folgerichtig und logisch, sie werden daher von uns auch mitgetragen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Ablinger.)

13.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Jury. 3 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Markowitz: Kulturstadt Gmünd! – Ruf bei der ÖVP: Kulturhauptstadt von Kärnten!)

 


13.17.04

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Ja, im Gegensatz zu Tirol gibt es in Kärnten eine Kunsthauptstadt, und das ist die Künstlerstadt Gmünd!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 95

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrte Frau Bundesministerin! Wir haben heute schon viel über das Bundestheatergesetz gehört. Ich möchte auf das Kunst­förderungsgesetz und auch auf die Forderung des Abgeordneten Zinggl von den Grünen eingehen, dieses UNESCO-Abkommen noch einmal zu ratifizieren.

Ich bin aber sehr froh darüber, dass die anderen Parteien sehen, dass dieses Abkommen doch nicht der Schritt in die richtige Richtung ist. Warum? – Wenn man sich den Art. 16 dieses UNESCO-Gesetzes oder dieses UNESCO-Konvolutes, dieser UNESCO-Urkunde anschaut, dieses Abkommens, das wir ratifizieren sollen, was wir aber nicht tun werden: Die Vorzugsbehandlung für Entwicklungsländer durch die entwickelten Länder erleichtert den Kulturaustausch mit Entwicklungsländern – was ja gut ist –, indem sie im geeigneten institutionellen und rechtlichen Rahmen Künstlern, Kulturschaffenden und anderen im Kulturbereich Tätigen sowie kulturellen Gütern und Dienstleistungen aus Entwicklungsländern eine Vorzugsbehandlung gewähren.

Das geht, glaube ich, ein bisschen gegen das Gleichheitsgesetz. Genauso, wie diese Anträge der Grünen eigentlich immer wieder gegen dieses Gleichheitsgesetz verstoßen: mit den Sozialversicherungsgesetzen für die Künstler, die einfach immer wieder eine Besserstellung gegenüber der normalen Bevölkerung wollen.

Ich glaube, man wird sich endlich einmal dazu durchringen müssen, Kunstankäufe und künstlerische Beiträge einfach wirklich steuerfrei zu stellen. (Beifall bei der FPÖ.) Das wäre, glaube ich, ein Schritt in die Richtung, dass wir die Künstler, vor allem junge Künstler, auf ihrem sozialen Weg besser unterstützen können.

Im Übrigen ist, was diese Anträge der Grünen betrifft, noch Folgendes zu sagen. Ich vergleiche das ja immer wieder, den Abgeordneten Zinggl, der selbst immer wieder mit Stasi-Methoden arbeitet. Man braucht nur anzuschauen, was er mit der Kunsthalle macht. Da braucht man diese Anträge, glaube ich, nicht so ernst zu nehmen (Abg. Dr. Zinggl: ... Replik von Unterreiner gelesen?) und kann eigentlich diese Bemer­kungen immer wieder einfach ins Leere laufen lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich muss mich bei der Frau Minister noch einmal bedanken. Wir haben gehört, durch das Bundestheatergesetz wird es mehr Transparenz geben, und das wird auch so kommen. 0,6 Prozent vom BIP, das heißt 430 Millionen € vom Bund für Kunst und Kultur in einer sehr schwierigen Zeit ist recht ordentlich. Das wird von den Ländern und Gemeinden noch getoppt. Da sind wir also auf einem guten Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

13.20


13.20.20Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Jury! Für den Vorwurf in Richtung des Herrn Abgeordneten Zinggl, dass dieser hier im Hohen Haus mit „Stasi-Methoden“ arbeite, erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Jury vollführt eine hinnehmende Geste. – Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Kopf: Das ist aber jetzt keine Belobigung!)

*****

Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.21.25

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Danke, Herr Präsident, ich kenne die GO-Bestimmungen.

Abgeordneter Jury hat berichtet, dass wir jetzt verhandeln, ob Österreich der UNESCO-Konvention beitreten soll oder nicht. – Ich darf Sie aufklären: Österreich hat diese Konvention bereits vor vielen, vielen Jahren unterschrieben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 96

Sie sollten sich den vorliegenden Antrag einmal durchlesen! – Danke. (Abg. Jury: Sie sollte ratifiziert werden!)

13.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Naja, ob das im Sinne der Geschäftsordnung eine tatsächliche Berichtigung ist, lasse ich dahingestellt, aber es war wenigstens kurz. (Heiterkeit.)

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.22.17

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Bedeutung von Kultur und damit auch der Kultureinrichtungen in Österreich ist uns allen bewusst. Das beweist die meinem Empfinden nach sehr gute Debatte heute. Genau aus diesem Grund wurde ja auch diese Evaluierungsstudie in Auftrag gegeben. Zum anderen kann man die Bedeutung der Kulturnation Österreich und ihrer Kultureinrichtungen auch daran ermessen, dass die Frau Ministerin seit ihrem Amtsantritt bereits dreimal die Basisabgeltung für unsere großen Kultureinrichtungen erhöht hat. Das muss man auch einmal erwähnen, denn das ist ja in Zeiten knapper werdender Budgets keine Selbstverständlichkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Evaluierung, und auch das ist bereits angesprochen worden, wurde freiwillig durch­geführt. Es gibt dafür keinen gesetzlichen Auftrag; die Regierung hat sich diese Aufgabe selbst auferlegt. Sich anzuschauen, welche Effizienzsteigerungspotenziale es in unseren Kultureinrichtungen tatsächlich gibt, finde ich wirklich sehr, sehr wichtig. Dabei darf die Qualität selbstverständlich nicht sinken. Dass das äußerst wichtig ist, haben wir heute schon mehrmals gehört. Andere Staaten gehen einen anderen Weg: Sie sparen beim Kulturbudget, am Geld für Kultur. Das wollen wir nicht, und deswegen hat diese Studie große Bedeutung. Wir wollen auch in Zukunft gewährleisten, dass möglichst viele Menschen Kultur genießen können und Kartenpreise nicht uferlos ansteigen, sodass überhaupt nur mehr eine Elite Kultur genießen könnte.

Im Innenbereich müssen wir wirtschaftliche Einsparungspotenziale ausfindig machen. Wenn man Dr. Springer im Ausschuss gut zugehört hat, dann konnte man ja auch schon eine Reihe davon mitbekommen. Dort kann eingespart werden, ohne die Qualität zu beschädigen. Er hat 133 Maßnahmen genannt, wovon 98 struktureller Art sind. Natürlich werden nicht alle umgesetzt werden können, es geht um Effizienz­steigerung ohne Qualitätsverlust.

Bis jetzt wurden bereits 7,2 Millionen € eingespart, an Optimierungspotenzial gehoben, und bis zum 31. August sollen die erwarteten rund 12 Millionen € Einsparung tat­sächlich auch umgesetzt sein. Herr Dr. Springer hat als wesentlichen Maßstab genannt, dass das Publikum von den Einsparungen überhaupt nichts merken wird. Das ist vor allem auch hinsichtlich der Kundenbindung wichtig.

Die Novellierung des Bundestheaterorganisationsgesetzes basiert auf dem Evaluie­rungsbericht und den fünf Zielen, die die Frau Ministerin heute bereits sehr genau erläutert hat. Wichtig ist, dass es im Kulturbetrieb in Österreich starke und klare Struk­turen gibt und dass bei den Mitteln für die Kultur nicht gespart wird. Das ist verant­wortungsvolle Kulturpolitik in Zeiten wie diesen, wofür ich der Frau Ministerin wirklich sehr, sehr dankbar bin. (Beifall bei der SPÖ.)

13.25


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 97

13.25.44

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Die anfängliche Aufregung hat sich gelegt, und das ist auch gut so, denn das Bundestheaterorgani­sationsgesetz ist nichts anderes als das erfreuliche Ergebnis gelungener Regie­rungsarbeit. Es handelt sich um das konsequente Abarbeiten des Regierungsüberein­kommens, dessen Bestandteil eben auch diese Evaluierung der Bundestheater ist.

Die Ergebnisse sind relativ klar. Es hat einige Verbesserungspotenziale in legistischer Hinsicht gegeben; die wurden jetzt eingearbeitet. Die mehr oder weniger verständ­lichen Befindlichkeiten, je nachdem, ob man den 500-Seiten-Bericht oder den 90-Seiten-Bericht bekommen hat, wurden mittlerweile auch ausgeräumt, und damit stünde einem einstimmigen Beschluss nichts mehr im Wege. Ich würde mich sehr darüber freuen und bedanke mich dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.26.48

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Ich habe mir im Internet angesehen, wie sich die österreichischen Bundestheater selbst sehen beziehungsweise wie sie gesehen werden. Dort kann man dann lesen, dass das Burgtheater nach der Comédie Française das älteste Theater Europas und das größte deutschsprachige Theater ist. Die Staatsoper ist eines der wichtigsten Opernhäuser der Welt. Die Volksoper bezeichnet sich auf ihrer Homepage als Wiens großes Haus für Operette, Oper, Musical und Ballett, das anspruchsvolle Haus für gute musikalische Unterhaltung. Ist das Übertreibung oder gar Selbstüber­schätzung? – Nein, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist tatsächlich so!

Die Bundestheater bieten einen höchst angesehenen künstlerischen Standard und haben weltweit einen sehr guten Ruf. Und das ist uns auch viel Geld wert. Umso mehr muss uns daran liegen, dass in der Holding eine Organisationsstruktur geschaffen wird, die effizient ist, die diesen künstlerischen Ruf sichert, aber andererseits natürlich auch den gegebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung trägt.

Wir haben es Frau Bundesministerin Schmied zu verdanken, dass es nunmehr diese Evaluierung gibt, deren Ergebnisse umgesetzt werden. Die Frau Bundesminister hat zahlreiche Maßnahmen erwähnt, die ich jetzt nicht wiederholen möchte.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir im Kulturausschuss eine höchst interessante Diskussion mit dem Verantwortlichen für die Bundestheater-Holding, Dr. Springer, hatten. Er ist ein wirklich kompetenter Garant dafür, dass die Ergebnisse der Evalu­ierung auch umgesetzt werden. Im Aufsichtsrat wurde sein Maßnahmenkatalog ein­stim­mig genehmigt. Besonders wichtig ist, und das möchte ich unterstreichen, dass es nicht nur um Einsparungen gehen kann, sondern dass es auch um die Optimierung von Abläufen geht. Dabei geht es keineswegs nur um Einsparungen, um Optimie­rungspotenzial auf der Kostenseite, sondern auch auf der Ertragsseite.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Holding beschäftigt in etwa 2 500 Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter, hat aber selbst mit 16 MitarbeiterInnen eine schlanke Struktur. Ganz wesentlich ist daher auch, wie das Controlling funktioniert. Darauf möchte ich kurz eingehen: Es wird optimiert, die eigene Revision wird ausgebaut. Das war früher eine halbe Vollzeitarbeitskraft, künftig werden es zwei sein. Wichtig ist vor allem, wie die Konzernbetriebe mit dieser Revision kooperieren. Der Rechnungshof wird hier ein Betätigungsfeld finden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 98

Sehr geehrte Damen und Herren! Dr. Springer hat gemeint, dass er gar nichts dagegen gehabt hätte, wenn diese Ergebnisse veröffentlicht worden wären, denn sie waren sehr, sehr positiv. – Dem können wir nur zustimmen. Es ist bestätigt worden, dass ein großartiger künstlerischer Ruf gegeben ist, dass vor allem aber auch wirtschaftlich effizient gearbeitet wird. Und das soll auch so bleiben! – In diesem Sinne herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Stummvoll.)

13.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Höfinger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.30.12

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war eine teils sehr launige, aber auch sehr engagierte Diskussion zum Thema. Worum geht es denn eigentlich im Kern? – Bundestheaterorganisationsgesetz, Bundestheater-Evaluierung. Das kann man kurz zusammenfassen und sagen: Es geht ausschließlich darum, dass es enorme Einsparungspotenziale gibt, wie wir erkennen durften, ohne jetzt den Inhalt der 550 Seiten im Detail zu kennen. Ohne den künstlerischen Bereich, den künstle­rischen Betrieb einzuschränken, ist es möglich, sparsamer zu wirtschaften. Von allen Leitern der Spielstätten wird in Zukunft gefordert, ihre Verantwortung umfassend wahrzunehmen, und zwar sowohl für den Spielbetrieb als auch für die Verwaltung. Sie müssen Manager ihrer Häuser sein.

Frau Kollegin Unterreiner, den Maßnahmenkatalog, der diskutiert wurde, können wir ganz einfach interpretieren. Er zeigt auf, dass künftig über alle Bereiche in diesen Häusern nachgedacht wird, dass nichts ausgespart wird, dass es keine Tabus gibt, wenn es darum geht, wo man effizienter und sparsamer wirtschaften kann – bei Aufrechterhaltung des vollen Kulturbetriebs und Beibehaltung der vorhandenen Qualität.

Daher hat diese Evaluierung ihr Ziel erreicht, obwohl wir wissen, dass wir erst am Anfang dieses Prozesses stehen. Ich erwarte mir – so wie auch viele andere in diesem Haus – laufend Weiterentwicklungen. Insofern ist es ein guter Start. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

13.31

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Becher. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.32.00

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Bundestheaterorganisationsgesetz sind heute bereits sehr viele Informationen und Argumente dargelegt worden. Zusammengefasst die Sicht der sozialdemo­kratischen Fraktion: Die heutige Novelle ist ein Vorbild, wie das Flaggschiff unseres Kulturlebens, nämlich die Bundestheater, die – Kollege Sacher hat das sehr ausführlich dargelegt – auch in Zukunft ihre führende Stellung im deutschsprachigen Raum und sogar in Europa beibehalten werden.

Die Evaluierungsergebnisse der Bundesministerin sind keine Geheimwissenschaft, sondern sind sehr transparent, und es wird professionell damit umgegangen. Der Maßnahmenkatalog ist geprüft, beschlossen, und jetzt wird er von der Holding umgesetzt. Die Ergebnisse werden natürlich auch auf der Website des Ministeriums veröffentlicht.

Das deklarierte Ziel des Evaluierungsprozesses ist es, dass die von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellte Basisabgeltung von den Bundestheatern künftig noch


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fokussierter für das künstlerische Programm eingesetzt wird. Äußerst wichtig ist uns dabei, dass wir auch weiterhin ein Augenmerk darauf legen werden, dass Kunst und Kultur nicht rein nach marktwirtschaftlichen Kriterien beurteilt werden. Nicht nur die Repräsentation von Kunst und Kultur muss vielfältig sein, sondern auch der Zugang zu Kunst und Kultur muss für alle unabhängig vom sozialen Status möglich sein. Deshalb stehen wir auch für eine Eintrittspreis-Festsetzung, damit leistbare Kontingente zur Verfügung stehen.

Mehrere Jahre lang sind die Kartenpreise nicht erhöht worden; in dieser Saison hat es eine Anhebung der Ticketpreise gegeben. Im Burgtheater zum Bespiel bewegen sie sich zwischen 5 € und 51 €, die Stehplätze kosten 2,50 €. Abonnenten haben den Vorteil, dass die Erhöhung erst in der nächsten Saison erfolgt.

Abschließend: Wir sind Partner der Kunstschaffenden in Österreich, und wir unter­stützen sie darin, gemäß ihren Möglichkeiten ihre Kreativität, ihr Können auch öffentlich zu präsentieren, und deshalb können wir es auch nicht zulassen, dass, wie dies einige neoliberale Kreise oder Ökonomen verlangen, bestehende Repräsentationsmöglich­keiten geschlossen werden. Ganz konkret heißt das: Mit uns wird es ganz sicher keine Schließung von Spielstätten wie dem Akademietheater geben! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Grosz zu Wort gemeldet. 2 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.35.12

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Bundesminister! Wenn wir heute über das Bundestheatergesetz sprechen, über Kultur im Allgemeinen und auch jeder zur Evaluierung andere Zugänge findet, dann tut es mir leid und ist es insgesamt eine sehr leidige Geschichte, dass ich mich bei diesem Kapitel mittlerweile zum sechsten oder siebten Mal zu diesem Thema äußern muss, und das innerhalb der letzten zwei Jahre, weil das nach wie vor unerledigt ist. Es geht um das leidige Thema eines einzigartigen Freilichtmuseums wie Stübing.

Ich sage Ihnen eines: Kultur bedeutet auch, seine Herkunft kulturell aufzuarbeiten, Kultur bedeutet natürlich auch Volkskultur, und uns Steirerinnen und Steirern und sicher auch den Abgeordnetenkollegen anderer Parteien wäre es sehr gelegen und sehr wichtig, dass sich die Frau Bundesministerin samt ihrem Sektionschef, der das seit zwei Jahren aus persönlichen Gründen blockiert und schon in Wien genug vernichtet hat, dass sich die zuständigen Damen und Herren sich endlich dazu durchringen, die jährlich nötigen 300 000 € durch fünf Ministerien aufzubringen und bereitzustellen, um dieses Freilichtmuseum Stübing, eines der einzigartigsten Freilicht­museen Europas, finanziell endlich auf nachhaltige und sichere Beine zu stellen.

Ich habe mir in einer der vergangenen Sitzungen erlaubt, einmal zu sagen, dass Sie das ja locker aus der Portokasse zahlen könnten. Um das auch noch zu belegen, haben wir eine parlamentarische Anfrage gemacht und sind draufgekommen, dass im Jahr allein die Frau Ministerin Schmied, der Minister Berlakovich, die Ministerin Fekter und die zwei weiteren Ministerien, die da involviert sind, 13 Millionen € Portokosten verbrauchen. Da werden sich doch 300 000 € für das Freilichtmuseum noch ausgehen! Und ich würde die Frau Ministerin ersuchen, nach zwei Jahren, einem mehrheitlich beschlossenen Entschließungsantrag, vier Anträgen des BZÖ, 15 parlamentarischen Anfragen, mehreren Anrufen von namhaften Persönlichkeiten aus der Steiermark – Landeshauptmann Voves, sein Stellvertreter Hermann Schützenhöfer –, dem Einsatz eines gesamten Bundeslandes, sich endlich dazu zu bequemen, die 300 000 € für die


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finanzielle Sicherstellung des Freilichtmuseums Stübing freizugeben. (Beifall beim BZÖ.)

13.37

13.37.21 Abstimmung über TOP 3 und 4

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wird seitens der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehmen werde.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 3: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundestheaterorganisationsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1586 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Bun­destheater.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übermittlung der vollstän­digen Evaluierung der Bundestheaterorganisation.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 237.) (Beifall beim BZÖ.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Übermittlung aller Evaluie­rungen an die Kultursprecher.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Kulturaus­schusses, seinen Bericht 1722 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

13.40.01Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 und 2

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zur verlegten Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 1 und 2, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 1: Entwurf betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichts-


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gesetz, das Schulpflichtgesetz sowie weitere Gesetze geändert werden, in 1683 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen Abänderungs­anträge eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile – entsprechend der Systematik des Gesetzentwurfes – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 1 Z 4. (Ruf bei der ÖVP: Bei Walser geht niemand mit!)

Wer diesen Änderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Art. 1 Z 10 § 21b Abs. 1.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend

Art. 1 Z 10 § 21b Abs. 2,

Art. 1 Z 22a und

Art. 1 Z 23 § 40 Abs. 2a, erster Satz.

Wer diesen Anträgen die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und sohin abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Art. 1 Z 23 § 40 Abs. 2a Z 1.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen, betreffend:

Art. 1 Z 23 § 40 Abs. 2a Z 2,

Art. 1 Z 23 § 40 Abs. 2a – Schlusssätze, sowie

Art. 1 Z 24 und

Art. 2 Z 12, 17, 25, 27 und 33.

Wer diesen Änderungen die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung der Gruppen­größe im Werkunterricht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ernährung und Haushalt in der AHS. (Ruf bei der ÖVP: Der Stronach zahlt euch!)

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Huainigg, Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Teilqualifizie­rung von behinderten Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Land­wirtschaftlichen Fachschulen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 236.)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 2: Antrag des Unterrichts­ausschusses, seinen Bericht 1684 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


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13.46.395. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1632 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 und das Maklergesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2012 – VersRÄG 2012) (1696 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. Wunschgemäß sind 4 Minuten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


13.47.09

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Es geht um eine Änderung verschiedener Versicherungs­materien. Versicherungen sind, glaube ich, aus dem heutigen Wirtschaftsleben, aber auch Privatleben grundsätzlich nicht mehr wegzudenken.

Viele Risken, die früher die Existenz der Menschen bedroht haben, sind heute durch eine Aufteilung auf eine große Risikogemeinschaft so abzudecken, dass sie eben keine schlaflosen Nächte verursachen müssen. Man denke nur an den Abbrand eines Hauses oder an Unfälle mit sehr hohen Forderungen oder eben auch an den Bereich der Krankenversicherung: Es gibt noch immer Bevölkerungsgruppen, Berufsgruppen, die eine rein private Krankenversicherung haben, beziehungsweise nutzen viele Menschen die Möglichkeit, Zusatzversicherungen abzuschließen.

In zwei Bereichen kommt es hier zu Änderungen nach einem sehr, sehr langen, über viele Jahre laufenden, intensiven Verhandlungsprozess. Einerseits geht es um die sicherlich sensible Frage: Können – und unter welchen Voraussetzungen – Gesund­heitsdaten zwischen Krankenanstalten und den Versicherungen direkt ausgetauscht werden? (Unruhe im Sitzungssaal. – Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.)

Wozu wird das benötigt? – Wie bei der gesetzlichen Krankenversicherung sind wir es gewohnt, zum Arzt ins Krankenhaus zu gehen und mit der Verrechnung nichts zu tun zu haben. Ähnlich soll es im Sinne der Versicherten auch bei der privaten Kranken­versicherung möglich sein, wenn man das will, dass eben die Gesundheitsdaten, die zur Abrechnung mit der Versicherung erforderlich sind, weitergegeben werden dürfen, und zwar auch auf elektronischem Weg.

Wie gesagt, ein Vergleich mit der gesetzlichen Krankenversicherung zeigt, dass es auch eine Frage des Komforts ist, aber natürlich geht es auch darum, dass auch die Versicherten insgesamt, die Versichertengemeinschaft durchaus ein Interesse daran hat, dass die Verrechnung der Leistungen mit den Krankenanstalten gut funktioniert, dass eine effiziente Kontrolle ermöglicht wird, eine Kosteneffizienz möglich ist, weil damit auch die Prämien letztlich geringer gehalten werden können.

Natürlich ist es auch eine Frage des Komforts, wenn da eben eine unbürokratische Abwicklung möglich ist – und nicht Gesundheitsdaten zur Abrechnung zuerst an den Versicherten übermittelt werden, von diesem möglicherweise sogar bezahlt werden müssen und erst dann von der Krankenversicherung ersetzt werden können.

Natürlich gibt es da auch sensible Bereiche. Einerseits die Daten an sich: Es geht dabei um Gesundheitsdaten, um sehr sensible, intime Daten; und es geht natürlich auch um den Datenschutz an sich, in einem weiteren Bereich. Daher wurde hier wirk­lich sehr, sehr intensiv und, ich glaube, auch sehr genau verhandelt zwischen den Vertretern der Versicherten, des Konsumentenschutzes und auch den Versicherungs-


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unternehmen. Dabei wurden entsprechende Instrumente gefunden, um den Austausch dieser sensiblen Daten auch wirklich sicher zu gestalten.

Der zweite Punkt ist, dass mit diesem Gesetz die Voraussetzung für eine elektronische Kommunikation in der Vertragsversicherung insgesamt geschaffen wird. Auch da geht es vorwiegend um den Komfort der Kunden, der Versicherten, weil es ja letztlich um große Datenmengen geht.

Man kennt das. Man bekommt eine Versicherungspolizze mit jeder Menge Bedin­gungen, ein ganzes Konvolut. Heute sind ja viele Menschen an die elektronische Kommunikation gewöhnt, wo man Dinge sofort am Computer abspeichern kann, sie leichter suchen und finden beziehungsweise besser handhaben kann. Das soll ermög­licht werden, und zwar, ganz klar, immer nur mit ausdrücklicher, besonderer Zustim­mung des Versicherten, und zwar mit zwei Varianten: entweder über einen E-Mail-Austausch oder indem auf der Website diese Daten zur Verfügung gestellt werden.

Ich glaube, das ist insgesamt eine sehr ausgewogene, sehr lang diskutierte und mit entsprechenden Lösungen bedachte Entscheidung und Gesetzesmaterie. Ich darf daher allen betroffenen Gruppen danke sagen, die sich hier in jahrelangen Verhandlun­gen involviert haben, die konstruktive Gespräche geführt haben, aber natürlich besonders auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesministeriums für Justiz, an den Herrn Sektionschef Kathrein und sein gesamtes Team, das diese Verhandlungen insgesamt fünf Jahre lang begleitet hat.

Es ist also ein Gesetz, das wirklich gut abgerundet hier ins Haus gekommen ist und dem wir daher ohne Bedenken unsere Zustimmung geben können. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.50

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über 23 000 Beschwerden und Anfragen gab es im Jahr 2011 bei den Arbeiterkammern und beim Verein für Konsumenteninformation über Versicherungsfälle.

Mit den heutigen Novellierungen wird eine absolute Verbesserung für die Versiche­rungsnehmer, für die Konsumenten in Österreich erreicht. Wir kennen die Problematik aus dem Beratungsbereich. Es ging fast immer um die Frage: Kann man von einem Vertrag zurücktreten oder nicht?

Frau Bundesministerin! Ich möchte mich bei Ihnen und auch bei den Mitarbeitern des Justizministeriums für diese gelungenen Novellen im Namen meiner Fraktion ebenfalls recht herzlich bedanken.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Zukunft wird es möglich sein, dass Verbraucher, das heißt Konsumenten, von einem Versicherungsvertrag, den sie vielleicht irrtümlich unterschrieben haben, innerhalb einer Frist von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten können. Ich halte das für einen Meilenstein der österreichischen Konsumentenpolitik. Das wird uns in der Beratung entlasten, aber auch die Versicherungsunternehmungen.

Der zweite Bereich, der für mich sehr wesentlich ist, sind diese datenschutzrechtlichen Klarstellungen. Mein Vorredner hat sie bereits angesprochen, und ich möchte darauf hinweisen, worum es geht. Es geht um die Frage, welche Gesundheitsdaten von den privaten Versicherungen, beispielsweise von einer Krankenversicherung, ermittelt wer-


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den dürfen. Hierzu haben wir nun eine klare Regelung, dass bestimmte Diagnosedaten nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Patienten ermittelt werden dürfen, und diese Zusage kann jederzeit zurückgezogen werden.

Im zweiten Bereich geht es um die Frage, welche Daten bei der Direktverrechnung nicht übermittelt werden dürfen. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anamnese, Daten oder die ganze Krankheitsgeschichte dürfen in Zukunft nicht mehr übermittelt werden, und das ist ein datenschutzpolitischer und konsumenten­politi­scher Erfolg.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben natürlich noch ein kleines Problem, ich sage das hier ganz offen. Das Problem liegt bei den Bun­desländern. In den Krankenanstaltengesetzen der Bundesländer gibt es Regelungen, die es den Versicherungen sehr leicht machen, zu Gesundheitsdaten zu kommen. Frau Bundesministerin, dieses Schlupfloch muss geschlossen werden! Wir brauchen einheit­liche datenschutzrechtliche Bestimmungen, insbesondere im Bereich der Gesundheitsdaten in Österreich.

Ich hoffe, Hohes Haus, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir diese Novellierungen gemeinsam einstimmig beschließen können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.55.22

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrter Herr Kollege Maier! Ich glaube, Sie dürfen optimistisch und zuversichtlich sein, dass es heute zu einem einstimmigen Beschluss kommt.

Meine Vorrednerinnen oder Vorredner haben es gesagt: In dieser Novelle geht es um einen heiklen Bereich, nämlich unter anderem mit dem Umgang privater Versicherer mit Gesundheitsdaten.

Unbestritten ist, dass die bisherige gesetzliche Regelung wenig befriedigend war. Kollege Maier hat ja angeführt, dass das mitunter dazu geführt hat, dass Daten ohne jede Selektion an private Versicherungsnehmer übertragen worden sind, was ein komplett unbefriedigender Zustand für die Kundinnen und Kunden war.

Unbestritten ist, dass dieses Gesetz ein großer Schritt nach vorne ist und den Daten­schutz stärkt. Ob es schon die letzte Antwort ist oder noch ein Nachbesserungsbedarf besteht, werden wir sehen. Wir werden das beobachten. Wir werden aber diesem Gesetz jedenfalls zustimmen, weil einige Grundvoraussetzungen erfüllt worden sind. Es hat im Begutachtungsverfahren ausführliche Stellungnahmen der Datenschutzkom­mission und des Datenschutzrates gegeben, die berücksichtigt worden sind.

Damit sind einmal zwei wichtige Stellen in den Stellungnahmen berücksichtigt worden. Ich habe schon gesagt, es ist jedenfalls zu einer Verbesserung des Datenschutzes gekommen, weil jetzt eine strengere Einschränkung besteht und dem Datenschutz Rechnung getragen wird.

Drittens – auch das hat Kollege Maier gesagt –: Das Rücktrittsrecht ist natürlich ein konsumentenschutzpolitischer Quantensprung. Keine Frage, die positiven Effekte überwiegen! Daher werden wir diesem Gesetz zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.57



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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Grosz zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.57.13

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Es ist absolut notwendig, dass die Gesundheitsdaten geschützt werden und dass es endlich auch eine Regelung für die privaten Versicherer gibt, selbstverständlich.

Daher wird auch das BZÖ diesem heutigen Beschluss seine Zustimmung erteilen, und zwar aus einem einfachen Grund. Ich erzähle Ihnen eine kurze, aber sehr effektive Geschichte.

Im Jahr 1998 schließt eine Person eine Zusatzversicherung ab. Im Herbst 2000 erkrankt diese Person chronisch, und aufgrund von Spitalsbehandlungen wird selbst­verständlich der Zusatzversicherer darüber informiert, dass der Versicherte eine chronische Erkrankung hat, die ihn bis zu seinem Lebensende – prognostiziert werden 75 bis 80 Lebensjahre – begleiten wird.

Im Jänner 2001 geht dann der Zusatzversicherer zu dem Versicherten hin und sagt: Sie, ich hätte eine gute Idee für Sie! Wissen Sie, was? Wir haben eine viel bessere Zusatzversicherung für Sie, aber Sie müssen Ihren alten Vertrag aufkündigen!

Was ist die logische Konsequenz? – Der alte Vertrag wird aufgekündigt. Der Ver­sicherte wird niemals mehr einen adäquaten Vertrag von der Zusatzversicherung bekommen, weil die Zusatzversicherung weiß: Der hat 14 Tage Spitalsaufenthalte im Jahr – automatisch durch Untersuchungen bei einer chronischen Erkrankung – und fällt damit durch den Schutz der Zusatzversicherung.

Das heißt, die ersten zwei, drei Jahre hat die Zusatzversicherung ein gutes Geschäft mit dem Patienten gemacht. Dort, wo sie dann einspringen sollte, greift sie aber auf die privaten Gesundheitsdaten zu und kickt ihn aus seiner privaten Zusatzversicherung hinaus.

Das wollen wir nicht! Daher unser Appell, an diesem Punkt in Zukunft auch die Länder einzubeziehen. Es ist – Kollege Steinhauser hat es gesagt – ein erster Schritt, der berühmt-berüchtigte erste Schritt in die richtige Richtung – ein politisches Vokabular der letzten Jahrtausende.

Es geht uns aber darum, dass es noch den zweiten Schritt braucht, dass nämlich auch die Länder miteinbezogen werden; zumal wir ja wissen, dass das Landeskrankenhaus Graz ein KAGes-Betrieb des Landes Steiermark ist, oder das LKH Bruck an der Mur oder das LKH Deutschlandsberg.

Also noch einmal: Die meisten Versicherten kommen, wenn sie sich in Spitälern aufhalten, selbstverständlich in solche, die in die Länderkompetenz hineinfallen.

Daher stimmt zwar die Richtung, aber dieser gesamte Schritt, den wir tun wollen, ist, die Gesundheitsdaten von Versicherten besser zu schützen, nämlich vor Versiche­rungen, die glauben, nur ihr mieses Geschäft machen zu können, aber nicht den Schutz zu bieten, den sie bei Abschluss der Versicherung eigentlich angeboten haben. Dem gehört ein Riegel vorgeschoben!

Da haben Sie, Frau Ministerin – das sage ich Ihnen ganz ehrlich – noch sehr viel zu tun, um auch die Länder mit einzubeziehen, aber auch anhand dieses Gesetzes weitere Schritte zu setzen. (Beifall beim BZÖ.)

14.00


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bundes­ministerin Dr. Karl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



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14.00.18

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es freut mich sehr, so viele positive Redebeiträge zu dieser Vorlage des Justizministeriums sowohl im Justizausschuss als auch heute hier im Plenum bisher gehört zu haben. Diese Regierungsvorlage beruht ja bereits auf sehr umfangreichen und jahrelangen Verhandlungen, die mit der Frage der sehr sensiblen datenschutz­rechtlichen Zulässigkeit der Übermittlung von Gesundheitsdaten begonnen haben.

Bereits im Jahr 2010 wurde der Ministerialentwurf begutachtet. Die darauf folgenden Diskussionen waren allerdings sehr schwierig. Erst ab dem Sommer 2011 gelang es, durch sogenannte Beichtstuhlgespräche mit allen Interessenvertretern und durch weitere Verhandlungen zwischen der Versicherungswirtschaft, dem Daten- und Verbraucherschutz, der Ärztekammer und dem Gesundheitsministerium einen Kompro­miss zu finden.

Ich möchte an dieser Stelle allen zuständigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen meines Hauses, allen voran Herrn Sektionschef Georg Kathrein, für den besonderen Einsatz für das Zustandekommen dieses Gesetzes danken. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieses Vorhaben beruht auf drei Säulen. Zum Ersten schafft es klare gesetzliche Grundlagen für die elektronische Kommuni­kation zwischen dem Versicherer und seinen Kunden. Wir sind bemüht, da rechtliche und wirtschaftliche Nachteile für die Versicherungsnehmer aus der Verwendung der neuen Kommunikationstechnologien zu vermeiden.

Quasi als Vorbedingung dieses Teils war es notwendig, das Versicherungs­vertrags­gesetz insgesamt darauf zu durchforsten, wo das Gesetz für Erklärungen, Anzeigen und Mitteilungen Schriftlichkeit verlangt. Zum größten Teil wurden dann diese Rege­lungen geändert, indem neben der Schriftlichkeit auch die geschriebene Form, also auch per Fax oder per E-Mail, zugelassen wird, was ja wohl heute viel mehr der Lebens­realität entspricht.

Einen weiteren Schwerpunkt bilden die heute schon mehrfach angesprochenen Daten­schutzregelungen. Im Allgemeinen sollen die Gesundheitsdaten nur mit vorheriger Zustimmung des Versicherungsnehmers übermittelt werden. Die Anforderungen an diese Zustimmung werden nunmehr noch verschärft. Es soll die Möglichkeit bestehen, dass der Versicherungsnehmer vorweg einmal aufgeklärt wird und auch die Mög­lichkeit hat, der konkreten Übermittlung zu widersprechen.

Für die Direktverrechnung in der Krankheitskostenversicherung sollen bestimmte, für die Verrechnung wichtige Daten kraft Gesetzes ermittelt werden können. Aber auch da hat der Betroffene natürlich ein Widerspruchsrecht.

Darüber hinaus schränken wir die Datenarten, die kraft Gesetzes ermittelt werden dürfen, ein. Das heißt, der Versicherer soll nur jene Daten bekommen, die für die Abrech­nung auch wirklich benötigt werden, und keine Daten, die darüber hinausgehen.

Zum Dritten verbessert das Gesetz aber auch den Schutz der Verbraucher und allgemein der Versicherungsnehmer. Von diesem Leitziel sind ja schon die bereits angesprochenen Regelungen über die elektronische Kommunikation getragen.

Darüber hinaus sieht diese Gesetzesvorlage ein allgemeines Rücktrittsrecht vor, und es werden auch die Regelungen über den sogenannten Frühstorno bei Lebens­versicherungen verschärft. Da hat ja der Gesetzgeber schon im Jahr 2006 Regelungen geschaffen, die die finanziellen Verluste der Versicherungsnehmer bei einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages in Grenzen halten. Diese Bestimmungen sollen nun auch für


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die sogenannte Nettopolizze gelten, bei der der Versicherungsnehmer die Provision direkt an den Makler beziehungsweise einen anderen Vermittler bezahlt.

Ergänzt werden diese Regelungen schließlich auch noch durch eine Änderung des Maklergesetzes. Das heißt, der Versicherungsmakler soll zu einer Solvenzprüfung künftig nur mehr dann verpflichtet sein, wenn dies im Einzelfall auch erforderlich ist. Es geht hier um die Solvenzprüfung des von ihm vermittelten Versicherungsunter­nehmens. Nicht erforderlich ist sie dann, wenn der Versicherer einer dem europäischen Standard entsprechenden Finanzmarktaufsicht unterliegt.

Hohes Haus! Sie sehen also, dass diese Vorlage eine Reihe von Vorteilen für die Versicherungsnehmer und damit natürlich für einen Großteil der Bürgerinnen und Bürger Österreichs enthält. Ich hoffe daher auf sehr breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Schönegger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.04.50

Abgeordneter Mag. Bernd Schönegger (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, das ist ein Modellfall einer gelungenen Gesetzesvorlage. Das Problem wurde erkannt und durch viele Jahre Arbeit auch beseitigt, kann man sagen.

Ich möchte an dieser Stelle – es bleibt mir eigentlich nicht mehr viel anderes übrig, da die Frau Bundesminister das schon sehr kompetent und sehr breit ausgeführt hat – zu dieser erfolgreichen Umsetzung ganz herzlich gratulieren.

Ich finde es ein bisschen schade, aber Kollege Grosz schafft es anscheinend nicht, das auch entsprechend zu würdigen. Kollege Steinhauser hat das, glaube ich, sehr ordentlich gemacht. Es ist ein einstimmiger Beschluss – der ist auch zu Recht so (Abg. Grosz: Schon, aber wir sollten andere Dinge auch noch machen!) –, und das sollte man an dieser Stelle auch einmal würdigen, denn so funktioniert Politik. Das sind die Dinge, die die Menschen auch bei der Politik sehen sollten (Abg. Grosz: Ist ja kein konservierter Zustand, ist ein erster Schritt!): dass wir gemeinsam Probleme erkennen und diese Probleme dann auch gemeinsam lösen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Grosz: Warst du überhaupt im Ausschuss? Hast du dir überhaupt die Debatte angehört? Kennt sich nicht aus und geht heraus! Für diese paar Sätze hättest du dich auch vorbereiten können!)

14.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 2 Minuten sind wunschgemäß eingestellt. – Bitte.

 


14.06.00

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es ist aber eine viel sensiblere Materie, die wir hier in der Debatte im Zusammenhang mit der elektronischen Übermittlung von Gesundheitsdaten zwischen den Versicherern und den Krankenanstalten relativ oberflächlich betrachtet haben.

Ich bin sehr dankbar dafür, Frau Bundesminister, dass es jetzt eine erhebliche Verbesserung gegenüber dem Stand der Vergangenheit gibt, ich bin aber sicher, dass wir da noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt sind.

Es gibt jetzt klare Regeln, was unter welchen Umständen zwischen Versicherung und Krankenanstalt zu Verrechnungszwecken digital weitergegeben werden darf, aber uns steht in Kürze ein ELGA-Gesetz bevor, das im Bundesministerium für Gesundheit in


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Ausarbeitung ist. Ich weise auch im Zusammenhang mit diesem Gesetz auf einige Schwachstellen hin, deren Lösung mir noch nicht klar ist.

Nehmen wir an, ich komme ins Krankenhaus und möchte, dass meine Versicherung direkt abrechnet. Ganz klar, ich unterschreibe, dass die Daten an den Versicherer gehen dürfen. Es ist klar, ich muss, bevor ich eine Versicherung abschließe, gemeldet haben, welche Krankheiten ich habe. Habe ich eine Fehlmeldung begangen, ist die Versicherung leistungsfrei.

Und das hängt jetzt auch mit den ziemlich veralteten Abrechnungsmodi der Ärzte zusammen. Jeder Arzt rechnet das ab, was an Tarifen vereinbart ist, was aber nicht unbedingt nach dem Stand der Medizin dem entspricht, welche Leistungen er erbrin­gen muss.

Ich nehme ein fiktives Beispiel: Wenn ich eine Gesichtsfelduntersuchung brauche, gibt es diese Gesichtsfelduntersuchung seit zehn Jahren, wenn der Verdacht auf eine Makuladegeneration besteht. In diesen zehn Jahren, seit der Vergütungsansatz mit einer Krankenkasse vereinbart wurde, wurde diese Untersuchung auch für viele, viele andere Krankheiten als sinnvoll herausgefunden – Vergütungsansätze gibt es keine. Der Arzt klickt dann an, dass er eine Gesichtsfelduntersuchung gemacht hat, und zwischen Klammern steht automatisch dabei: wegen Verdachts auf Makulade­generation. Später brauche ich eine Laser-Operation der Netzhaut. Zur Direktverrech­nung sendet die Krankenanstalt meine Daten dem Versicherer. Der sagt: Die Versicherung hat festgestellt, dass bereits früher ein Verdacht auf Makuladegeneration bestand, den ich als Patient nicht angegeben hätte.

Ich mache darauf aufmerksam, dass wir uns im Rahmen von ELGA mit dieser sehr komplexen Materie noch intensiv auseinanderzusetzen haben (Abg. Grosz: So ist es!), dass es sehr gut ist, dass wir jetzt mehr Rechtssicherheit haben – das ist wünschens- und dankenswert –, dass wir uns aber mit diesem Bereich noch viel intensiver auseinandersetzen müssen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Abg. Grosz: Eine Fraktion, zwei Meinungen!)

14.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig Letzter zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort gemeldet. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 2 Minuten ein. Die Uhr beginnt dann zu laufen, wenn Sie zu sprechen beginnen. – Bitte.

 


14.10.07

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Das Versicherungsrechts-Änderungsgesetz ist ein gutes Gesetz, und ich möchte der Bundesministerin dazu gratulieren.

Worum es mir geht, ist, eine Ausschussfeststellung hier noch einmal inhaltlich darzulegen. Es geht um die Kommunikation zwischen den Kunden und dem Versiche­rungsunternehmen, und diese Kommunikation muss auch barrierefrei sein. Gerade durch die neuen Medien, durch Mails, durch Internet, das sehr viele Behinderte benutzen, muss ja auch den Richtlinien und dem Bundes-Behindertengleich­stellungs­gesetz entsprochen werden. Davon geht der Ausschuss aus.

Es gibt eine Diskriminierung von behinderten Menschen oder von chronisch Kranken beim Abschluss von Privatversicherungen, wenn es um zusätzliche Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherungen geht.

Ich kenne Fälle, in denen Versicherungsunternehmen behinderten Menschen sagen: Ja, wir schließen mit Ihnen einen Vertrag ab, einen Krankenversicherungsvertrag, aber nur für Fälle, die nicht Ihre Behinderung betreffen! – Meine Damen und Herren, das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 110

kann man nicht trennen, die Behinderung und den Gesundheitszustand. Es wird immer eine Streitfrage sein, wenn die Versicherung zu zahlen hat.

Im Justizministerium wird nach einer Lösung gesucht, wo darauf Rücksicht genommen wird, dass die Versicherungsunternehmen Vertragsfreiheit besitzen, aber auch darauf, dass behinderte Menschen nicht länger diskriminiert werden dürfen. Ich fordere hiermit auch die Versicherungen auf, selbst aktiv zu werden und selbst Lösungen vorzuschla­gen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.12


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1632 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

14.14.206. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1645 d.B.): Überein­kommen über Computerkriminalität (1697 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Ich mache darauf aufmerksam, dass in wenigen Minuten neuerlich eine Abstimmung folgen wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dr. Hübner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.14.48

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Diskussion steht heute die Genehmigung eines Abkommens, das Österreich bereits am 23. November 2001, also vor zehn Jahren und ein paar Monaten, ratifiziert hat. Ich weiß nicht genau, warum wir das jetzt zur Genehmigung vorgelegt bekommen, aber es ergibt sich jedenfalls ganz gut, denn in Kürze, am 1. April, tritt ja die Neuregelung des Telekommunikationsgesetzes und damit die Vor­rats­datenregelung, die sechsmonatige Erfassung aller über das Internet abgewickelten Gespräche und sonstigen Telekommunikationsmitteilungen in Kraft.

Kollegin Hakl, die mir, wie ich auf der Rednerliste gesehen habe, folgt, wird sicher sagen: Ja, das können wir ruhig unterschreiben, wir haben das alles in Österreich ohnehin umgesetzt, und außerdem geht es ja darum, die Internetkriminalität zu bekämpfen, und darum, Kinderpornographie und alles andere Böse aus dem Internet rauszubekommen! – Das sind auch gute und wichtige Ziele, denn Internetkriminalität


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 111

gibt es und Internetkriminalität muss bekämpft werden, die Frage ist jedoch die Verhältnismäßigkeit der Mittel und die Wirksamkeit der Maßnahmen.

Wenn wir diese Vorratsdatenspeicherung, die wir jetzt mit 1. April bekommen, an­sehen, dann lässt mich das nichts Gutes erwarten. Es werden riesige Mengen von Daten gesammelt, es wird alles, was über den Äther schwirrt, für sechs Monate festgehalten. Das heißt, wir machen hier einen Rückschritt weit über das 19. Jahr­hundert, eigentlich ins 18. Jahrhundert hinein. Wir kommen in einen Zustand, wo man sämtliche Briefe öffnet, kopiert, dann archiviert, dann weitersendet. Dort bleiben sie im Archiv, bis ein Richter oder Kronbeamter oder Kronanwalt kommt und sagt: Ich möchte einsehen!, oder bis ein korrupter Verwalter dort Kopien oder Abschriften anfertigt und an die Leute gibt, die am meisten zahlen.

Genau dort sind wir mit der Vorratsdatenerfassung, wie wir sie machen. Wenn wir das wollen, wenn wir sagen: Das ist notwendig, weil wir sonst in der Kriminalität unter­gehen, wir müssen unsere persönliche Freiheit über das, was wir schon im 18. Jahr­hundert erkämpft haben, hinaus einschränken!, dann können wir hier zustimmen und dann sollen wir auch diesen Vertrag genehmigen, denn die Genehmigung dieses Vertrages kann man nicht damit rechtfertigen, dass wir ihn großteils umgesetzt haben.

Mit diesem Vertrag gehen wir ja völkerrechtliche Verpflichtungen ein, Verpflichtungen, die über das hinausgehen, was schon rechtlicher Stand ist, Verpflichtungen, die uns verpflichten, unter anderem auch Urheberrechtsverletzungen zu ahnden und als Grundlage für die Herausgabe gespeicherter Daten zu machen, und dies auf internationaler Basis.

Damit ist natürlich dem Missbrauch über behauptete Urheberrechtsverletzungen Tür und Tor geöffnet. Da kann mir niemand sagen: Ja, es gibt ja richterliche Kontrolle, der Staatsanwalt muss das genehmigen, und so weiter!, denn wenn es Rechtshilfe­ersuchen gibt über das Urheberrechtsgesetz, dann wird man, an diesen internationalen Verträgen gemessen, Auskunft geben müssen.

Ganz abgesehen davon, was Hacker (der Redner spricht es deutsch aus) mit diesen Daten anfangen werden, wenn die einmal hineinkommen und das verhandeln. Welch ein Schatz hier geschaffen wird! (Abg. Grosz – englisch aussprechend –: Hacker!) Wenn Sie wollen, Hacker (der Redner spricht es englisch aus), ich bleibe bei Hackern (der Redner spricht es wieder deutsch aus). Ich hacke (der Redner spricht es deutsch aus) weiter, ich hacke (der Redner spricht es englisch aus) nicht. – Ganz abgesehen davon, was Telekomanbieter damit machen können! (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Vor ein paar Tagen ist durch die Zeitungen die Aussage des Herrn Schieszler ge­geistert, dass man in der Telekom die Ermittler, also die Staatsanwaltschaft, abgehört hat. Die Telekom hat ja Zugang über den Handyverkehr der Staatsanwaltschaft, weil die österreichische Republik aus früheren Monopolzeiten heraus ja A1 verwendet, und damit läuft alles über A1.

Die Folge war, dass die Staatsanwaltschaft auf Wertkartenhandys umgestiegen ist. So weit sind wir bereits!

Kollegin Hakl, Sie werden das sicherlich alles entgegnen, was ich sage, aber diese Dinge sollte man schon einmal ein bisschen setzen lassen und das Ausmaß der Gefahren, das Ausmaß der Missbrauchsmöglichkeiten und das Ausmaß unserer Einschränkungen wirklich beachten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist, wie bereits angekündigt, Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 112

14.19.08

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Rechtsanwalt Hübner wird sich jetzt vielleicht wundern, dass ich nicht einfach sage: Ja, das ist alles überhaupt kein Problem! (Abg. Dr. Hübner: Ich wundere mich nicht!) – Der Komplex Vorratsdatenspeicherung, um den es heute nicht geht, ist sehr schwierig. Diese Debatte ist aber insofern sehr verlogen, als die Telekommuni­kations­unternehmen über wesentlich längere Zeiträume als über ein halbes Jahr bereits in der Vergangenheit diese Daten allesamt gespeichert hatten. Das ist eine Tatsache. Das heißt, all diese unsere Daten standen in der Vergangenheit bereits über viel längere Zeiträume zur Verfügung und waren immer schon ein gefundener Datenpool für jemanden, der diese Daten hacken möchte.

Deswegen ist es aus meiner Sicht wichtig, dass wir zum einen die Verpflichtung ge­schaffen haben, dass diese Daten definitiv nach einem halben Jahr zu löschen sind. Wir schreiben vor, dass diese Daten nicht mehr länger als ein halbes Jahr gespeichert werden dürfen, auch wenn immer formuliert wird, es wird vorgeschrieben, dass sie ein halbes Jahr gespeichert werden müssen. Nein, wir sagen, sie dürfen nicht mehr länger als ein halbes Jahr gespeichert werden, und sie werden auch nicht physisch aus­getauscht, sondern es wurde eine Datenplattform geschaffen, wo ein Zugriff auf den Datenpool nicht einmal der Polizei möglich ist, sondern es handelt sich um eine Datenplattform, über die diese Daten ausgetauscht werden.

Dass das Telekommunikationsunternehmen die einzelnen Verbindungsdaten mit seinen Kunden zu Verrechnungszwecken et cetera braucht, ist auch klar. Ein Irrtum, der mit der Vorratsdatenspeicherung, die heute nicht zur Debatte steht, auch immer verbunden ist, ist, dass vermeintlich die E-Mails von Kunden gespeichert würden. Das ist definitiv nicht so. Maximal kann man sehen, wann wer an welche E-Mail-Adresse ein E-Mail geschrieben hat – und ja, das ist auch hochsensibel!

Aber auch die kriminellen Energien dieses Landes bedienen sich – die Welt hat sich geändert – dieser Kommunikationsformen, und wegen der Erheblichkeit des Eingriffes ist das zu berücksichtigen.

Denn, Wenn Sie zum Beispiel in einem Haus wohnen und überwacht werden, und ich wohne zwei Stockwerke darunter, dann wird jeder, der dort ein- und ausgeht, ob er etwas getan hat oder nicht, möglicherweise über Monate fotografiert. Das ist ein großer Eingriff in meine Privatsphäre, nämlich dahin gehend: Wer kommt zu mir auf Besuch? Mit wem habe ich Kontakt? Wie sehen die Leute aus?

Darüber macht man sich offenbar gar keine Gedanken mehr. Aber wenn gespeichert wird, wann man wem oder, besser gesagt, an welche E-Mail Adresse ein E-Mail geschrieben hat, dann gibt es einen großen Aufschrei.

All das ist hochsensibel, all das ist in einem Rechtsstaat extrem sorgfältig zu behan­deln, aber sämtlicher Instrumente gegenüber Kriminellen können wir uns in einem Rechtsstaat nicht begeben.

Dieses Übereinkommen – um zu den Urheberrechtsverletzungen zu kommen – sieht wechselseitige Strafbarkeit vor. Aus diesem Grund wird Rechtshilfeersuchen wegen dieser Urheberrechtsverletzungen strafrechtlicher Art bei uns nicht entsprochen werden.

Ich glaube, auch in Zukunft – und da ist ACTA ein zentraler Punkt –, auch bei not­wendigen Veränderungen im Urheberrechtsgesetz und in anderen Materien, müssen wir alle gemeinsam, wie ich meine, höchst sensibel sein, damit alle möglichen Dinge in diesem Land nicht passieren.


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Dieses Übereinkommen zu ratifizieren ist wichtig, ist richtig. Wir haben fast den gesamten Inhalt umgesetzt und die wechselseitige Strafbarkeit als Vorbehalt vorge­sehen. Deswegen freue ich mich, hier heute zustimmen zu dürfen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.23.18

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Ministerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nicht das Übereinkommen selbst ist für uns ein Problem, sondern eher die überschießende und fast streberartige Umsetzung. Seit Jahren ist das, was im Übereinkommen steht, geltendes Recht. Insbesondere im Bereich des Urheberrechts würde ich aber sagen, es ist Zeit, dass wir einmal über Auflockerungen und Veränderungen nachdenken. Und dieses Übereinkommen schließt das ja fast aus.

Es ist alt, anachronistisch, zementiert die alten Rechte ein. So kann es nicht weiter­gehen mit dem Urheberrecht. Das hat vor allen Dingen drei Gründe:

Der erste ist einmal, es gibt eine enorme Rechtsunsicherheit, gerade was Jugendliche betrifft. Diese wissen teilweise überhaupt nicht, was Recht und was Unrecht auf diesem Sektor ist, weil es eine sehr, sehr komplizierte Materie ist.

Zweitens: Die traditionellen Vertriebs- und Verbreitungsmöglichkeiten sind heute einfach andere, sind verkürzt, sind teilweise überhaupt aufgehoben, aber die großen Labels versuchen, da noch einmal irgendwie Geld herauszuholen, wo eigentlich keines für sie mehr drinnen ist.

Und drittens: Es ist das Urheberrecht, so wie es jetzt ist, im Internet vor allen Dingen sehr kreativitätshemmend. Wenn beispielsweise bei einer Dokumentation, die irgend­wo gedreht wird, im Hintergrund Musik im Radio läuft, wo man die E-Rechte nicht kennt, dann kann diese Dokumentation nicht gesendet werden. Ich glaube, auch alle Collagierungen, Paraphrasierungen, Samplings und so weiter, all diese Dinge sind heute gang und gäbe. (Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Herr Kollege Donnerbauer, Sie kennen das nicht, Sie wissen das nicht, Sie können damit nicht umgehen. Aber vielleicht kennen Sie in Ihrer Verwandtschaft jemanden, der davon betroffen ist und den Sie nicht gleich verurteilen wollen.

Wenn man die Urheber schützen möchte, dann sollte man meiner Meinung nach insbesondere das Urhebervertragsrecht verbessern, und da stellt sich auch die Cessio Legis in die erste Reihe. Der EuGH hat die Cessio Legis, wie sie in Österreich seit den dreißiger Jahren existiert, als nicht rechtsgültig, nicht dem EU-Recht entsprechend mehr oder weniger gecancelt. Also wir müssen jetzt daran arbeiten, das zu verbessern.

Ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag ein.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zur Novellierung des Urheberrechtsgesetz – im Besonderen des § 38 Abs. 1, der sogenannten cessio legis – vorzulegen und Rege­lungen der Verwertungsrechte zu schaffen, die dem Unionsrecht entsprechen.

*****

Das alte Recht, es stammt noch aus den dreißiger Jahren, ist davon ausgegangen, dass Produzenten und Produzentinnen, wenn sie einen Film machen, mit einem hohen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 114

Risiko arbeiten, und wenn sie dann einen Gewinn machen, dann sollten sie ihn halt auch einstreifen dürfen. In der Zwischenzeit wissen wir, dass praktisch alle Filme zu fast hundert Prozent vom Staat, von uns, von der Republik finanziert werden. Sollte es da zu einem Gewinn kommen, würden wir es als durchaus berechtigt und zeitgemäß empfinden, wenn dieser auf die eigentlichen Urheber, Regisseure und Regisseurinnen, Darsteller und so weiter aufgeteilt würde. Ich hoffe auf Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des UrhG – Abschaffung der cessio legis

Eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage 1645 d.B.: Übereinkommen über Computerkriminalität (1697 d.B.)

Begründung

Laut EuGH-Entscheid CA277/10 vom 09.02.2012 ist eine originäre Zuweisung der Rechte der Filmschaffenden an den/die ProduzentIn, wie es das österreichische Urheberrechtsgesetz vorsieht, rechtswidrig.

Nach der derzeitigen Rechtslage liegen die Verwertungsrechte der FilmurheberInnen bei gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken in der Hand der ProduzentInnen. Durch diese sogenannte „Cessio Legis“ müssen mit den Filmschaffenden keine Verträge bezüglich des Rechteerwerbs geschlossen werden. Das ist vor allem eine eklatante Benachteiligung der RegisseurInnen und widerspricht dem Unionsrecht.

UrheberInnen müssen mit den Produktions- und Verwertungsgesellschaften auf gleicher Augenhöhe ihre Anteile verhandeln können. Auch die in Deutschland prak­tizierte „vermutete“ Rechtsabtretung benachteiligt die UrheberInnen und fördert deren Abhängigkeit.

Eine wirksame Regelung wäre ein wichtiges Instrument zur Förderung kulturellen Schaffens und zur Garantie der Unabhängigkeit von Kunstschaffenden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zur Novellierung des Urheberrechtsgesetz – im Besonderen des § 38 Abs 1, der sogenannten cessio legis – vorzulegen und Regelungen der Verwertungsrechte zu schaffen, die dem Unionsrecht entsprechen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 115

14.26.59

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich vorausschicken, gerade weil auch sehr viele junge Menschen heute auf der Galerie sitzen, dass diese Debatte sich nicht um die Vorrats­datenspeicherung dreht, auch nicht um ACTA, sondern wir behandeln hier ein Abkommen über Computerkriminalität, die ja gerade im digitalen Zeitalter immer weiter voranschreitet. Daher ist es auch erforderlich, international agieren, also handeln zu können.

Grundsätzlich haben wir hier keine legistischen Maßnahmen in Österreich zu erwarten. Wir haben bereits die §§ 118 ff im Strafgesetzbuch. Es geht darum, dass wir harmo­nisierte Regelungen insbesondere im Bereich Rechtshilfeverkehr oder auch Auslie­ferungsansuchen erleichtern.

Zum Urheberrecht: Ja, wir brauchen ein neues Urheberrecht, insbesondere ein Urheberrecht in einer zeitgemäßen Form. Ich glaube, wir können nicht nur darauf abstellen, dass wir die Verwertungsinteressen der Industrie vertreten, sondern es gilt hier einen Ausgleich zu schaffen zwischen den Interessen der Verwertungsgesell­schaft, der offenen Internet-Community, aber auch der Wissenschaftsgesellschaft und der Künstler und Künstlerinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meiner Meinung nach kann man das nicht mit strafrechtlichen Regelungen lösen, sondern es ist ein gesellschaftsrechtlicher Schritt, den wir im Zivilrecht lösen sollten. Wichtig bei dieser Urheberrechtsdiskussion ist gerade jetzt auch der internationale Kontext. Man kennt das, junge Menschen oder auch Erwachsene laden illegal Titel vom Internet herunter und bekommen dann horrende Strafen. Ich glaube, dass es insbesondere wichtig ist, eine europäische, ja internationale Lösung zu suchen und zu finden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.29.32

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung nicht ganz zufällig heute hier im Parlament eingesetzt hat, sondern am 1. April wird die Vorratsdatenspeicherung in Kraft treten.

Kollege Hübner, ich bin für eine präzise Argumentation, Sie sind gegen die Vorrats­datenspeicherung und ich bin gegen die Vorratsdatenspeicherung, aber es ist wichtig, korrekt zu argumentieren. Es ist natürlich richtig, dass bei der Vorrats­datenspeicherung die Inhaltsdaten nicht gespeichert werden. Das ist allerdings noch kein Grund, die Kritik und Skepsis an der Vorratsdatenspeicherung aufzugeben. Was wird denn ge­speichert? – Wer wen wann angerufen hat. Es wird gespeichert, wer wann wo war, indem die Standortdaten der Handys gespeichert werden, und es wird gespeichert, wer wem wann ein E-Mail oder ein SMS geschrieben hat. Und die Kollegin Hakl stellt sich her und sagt, sie versteht nicht, dass man sich darüber aufregt.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Das ist nichts anderes, als wenn dieses Parlament ein Gesetz beschließen würde, wonach die Post in Zukunft dann, wenn die Kollegin Hakl einen Brief schreibt, aufzuschreiben hat, an wen sie den Brief schreibt und wann sie den Brief schreibt. Ich sage Ihnen, bei diesem Beispiel wird jeder zustimmen, dass das autoritär und totalitär und in einer Demokratie unzulässig ist. Nichts anderes ist die Vorratsdatenspeicherung. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)


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Der nächste Unsinn: die Kriminellen, Sie kennen die Studien. Frau Kollegin Hakl, Sie wissen, dass in Deutschland untersucht wurde, ob sich die Aufklärungsquote mit der Vorratsdatenspeicherung geändert hat. – Nein, die Aufklärungsquote ist gleich geblieben. Das hat einen Grund, man kann sich relativ einfach gegen die Vorratsdaten­speicherung schützen durch verschlüsselte IP-Adressen und durch anonyme Wertkar­tenhandys. Das heißt, diejenigen, die Sie vermeintlich ins Visier nehmen, werden sich schützen, und was bleibt, ist die Missbrauchsgefahr für die Bürgerinnen und Bürger.

Daher ist klar, die Vorratsdatenspeicherung ist abzulehnen, sie ist ein Eingriff in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, Recht auf Privatleben, sie ist nicht verhältnismäßig, sie wird ihrem Zweck nicht gerecht und sie ist nicht das gelindeste Mittel. – Danke schön, meine Damen und Herren. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

14.31


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


14.31.58

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Dieses Abkommen, sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus, ist ja an sich nichts Schlechtes. Das Abkommen hat Vorteile. Es ermöglicht, Computer-Hacking, Kinderpornographie, Tatbestände in Österreich zu bekämpfen, auch europaweit zu bekämpfen, die wir bekämpft haben wollen. Das Problem ist die Umsetzung dieses Übereinkommens. Und da sind wir ein gebranntes Kind, sehr geehrte Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei und von der Sozialdemokratie.

Kollege Steinhauser hat es richtigerweise gesagt, in wenigen Tagen, am 1. April – Scherz! – tritt die Vorratsdatenspeicherung in Kraft. Und gerade diese Vorrats­datenspeicherung wurde ja deswegen eingeführt, weil man Terrorismus und große Kriminalität bekämpfen wollte. Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung und der Bekämpfung der organisierten Kriminalität hat man unzulässigerweise in die Grund- und Menschenrechte von unbescholtenen Personen in dieser Republik eingegriffen, und das ist ja das Problem.

Sie unterzeichnen ein Übereinkommen, wo Sie sich dazu verpflichten, Kinderporno­graphie zu bekämpfen, wo Sie sich dazu verpflichten, Computerkriminalität ordnungs­gemäß zu bekämpfen. Aber wie sieht die Umsetzung aus? Und da ist dieses Haus ein gebranntes Kind, weil wir ja nicht wissen, ob hier dieses Übereinkommen mit Maß und Ziel umgesetzt wird oder ob Sie das einmal mehr wie bei der Vorratsdatenspeicherung als Vorwand nehmen, direkt in die Grundrechte der Menschen einzugreifen.

Ich sage Ihnen eines: Dieser 1. April, diese Vorratsdatenspeicherung ist der Sündenfall in der Geschichte Österreichs, auch ein Sündenfall in unserer Demokratie, was die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen betrifft. Am 1. April greifen Sie in persönliche und private Daten ein, speichern diese über mehr als sechs Monate, auch von unbescholtenen Menschen. Und nur Gott weiß, wofür Sie diese Daten verwenden.

Ich habe nämlich kein Vertrauen mehr in die Österreichische Volkspartei, die es mit den Grundrechten nicht so genau nimmt. (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe kein Vertrauen in die Österreichische Volkspartei, die mit zweierlei Maß misst. Ich habe kein Vertrauen in die Österreichische Volkspartei, die die Justiz missbraucht, wenn es darum geht, missliebige Oppositionsabgeordnete zu verfolgen, aber dann wehleidig aufjault, wenn sie einmal eine Retourkutsche von der roten Wiener Staatsanwaltschaft bekommt. (Abg. Kößl: Hör auf mit dem Kasperltheater!) Ich habe kein Vertrauen in diese Volkspartei, die sich die Instrumente des Staates dann zurecht-


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biegt, wenn es ihr angenehm ist, oder sie dann ablehnt, wenn es zum eigenen Scha­den der Volkspartei ist.

Daher sage ich Ihnen eines: Wir haben im Ausschuss diesem Übereinkommen zuge­stimmt. Wir werden es hier nicht tun, und zwar als Signal, dass wir Angst vor dieser Umsetzung haben, und auch als Signal, dass wir Ihnen seit der Vorratsdaten­speicherung keinen Millimeter mehr über den Weg trauen. (Beifall beim BZÖ. – Rufe bei der ÖVP.)

14.35

14.35.20

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1645 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen. (Abg. Grosz: Herr Präsident! Bei der SPÖ fehlt die Hälfte!)

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Justizausschusses, wonach die Artikel 1 bis 22 und 35 bis 48 dieses Staatsvertrages im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Z 3 Bundes-Verfas­sungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen sind, abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, die französische Sprachfassung dieses Staatsvertrages gemäß Artikel 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegt.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Urheberrechts­ge­setzes – Abschaffung der cessio legis.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

14.37.237. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1675 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Grundbuchs­umstellungsgesetz, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Baurechtsgesetz, das Urkundenhinterlegungsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz und die Zivilprozessordnung geändert werden (Grundbuchs-Novelle 2012 – GB-Nov 2012) (1698 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1676 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird (1699 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 118

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zu den Punkten 7 und 8 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Glaser. 4 Minuten Redezeit sind ein­gestellt. Ich mache darauf aufmerksam, dass wir nur vier Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt haben. – Bitte.

 


 14.38.08

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Eines zieht sich als großer Schwerpunkt durch alle heutigen Justizvorlagen, und zwar geht es eigentlich primär um die Anpassung der jeweiligen Materien an den aktuellen Stand der Informationstechniken. Im Sinne von Verwaltungsvereinfachung und Bürgerservice ist das durchaus notwendig und richtig.

Es trifft natürlich auch auf diese beiden Materien, die wir jetzt behandeln, zu, wobei es zusätzliche Änderungen gibt. Zum Beispiel werden in der Grundbuchsnovelle nähere Regelungen, klarere Regelungen eingeführt zur Rangordnungserstellung, zum Liegen­schafts­teilungsgesetz und auch zum Baurechtsgesetz.

Im Gerichtsorganisationsgesetz geht es unter anderem um präventive Sicher­heitsmaßnahmen, das heißt, es sollen Vorfälle, die die Sicherheit von Organen der Gerichtsbarkeit betreffen, elektronisch so verarbeitet werden, dass man daraus Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für den Umgang mit derartigen Bedro­hungen gewinnen kann. Es wird mein Nachredner dazu auch noch einen Abände­rungsantrag einbringen, der das noch näher spezifiziert.

Wichtig ist auch, dass der elektronische Nachrichtenverkehr neue und zusätzliche Regelungen erfährt. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass zum Beispiel alle relevanten Partner zum elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet werden.

Ich darf, meine sehr geschätzte Damen und Herren, einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer und Dr. Jarolim einbringen, wo es primär um Terminanpassungen geht.

Der Antrag lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsorgani­sations­gesetz geändert wird (1676 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsorganisations­gesetz geändert wird (1676 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

1. Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Der bisherige § 89c Abs. 6 GOG erhält die Absatzbezeichnung „(7)“. “

2. Der mit Z 5 angefügte § 98 Abs. 5 GOG lautet:

„(15) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2012 treten in Kraft:

1. § 15, § 89a Abs. 2, § 89c Abs. 5 Z 1 und 2, § 89c Abs. 6 und § 89d Abs. 2 mit 1. Mai 2012;


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2. § 89c Abs. 7 mit 1. Mai 2012, wobei § 89c Abs. 7 mit Ablauf des 30. September 2012 außer Kraft tritt;

3. § 89c Abs. 5 Z 3 und 4 mit 1. Oktober 2012;

4. § 89c Abs. 5 Z 5 bis 7 mit 1. Jänner 2014.“

*****

Ich darf Sie um Annahme dieses Gesetzesvorhabens bitten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, und Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsorganisations­gesetz geändert wird (1676 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsorganisations­gesetz geändert wird (1676 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

1. Nach der Z 2 wird folgende Z 2a eingefügt:

„2a. Der bisherige § 89c Abs. 6 GOG erhält die Absatzbezeichnung „(7)“. “

2. Der mit Z 5 angefügte § 98 Abs. 5 GOG lautet:

„(15) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2012 treten in Kraft:

1. § 15, § 89a Abs. 2, § 89c Abs. 5 Z 1 und 2, § 89c Abs. 6 und § 89d Abs. 2 mit 1. Mai 2012;

2. § 89c Abs. 7 mit 1. Mai 2012, wobei § 89c Abs. 7 mit Ablauf des 30. September 2012 außer Kraft tritt;

3. § 89c Abs. 5 Z 3 und 4 mit 1. Oktober 2012;

4. § 89c Abs. 5 Z 5 bis 7 mit 1. Jänner 2014.“

Begründung

Die Anpassung dient der Klarstellung und ermöglicht in Teilbereichen allenfalls erforderliche technische Adaptierungen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 120

14.41.33

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, heikle Gesetzesmaterien – das verstehe ich – werden oft sehr hitzig diskutiert. Wir werden trotzdem dazu einladen, auch wenn der 1. April vor der Tür steht, dass wir das diskutieren, was auf der Tagesordnung steht, denn alles andere haben wir schon im Ausschuss diskutiert. Aber selbst wenn wir es uns jetzt hier noch einmal vornehmen, muss ich sagen, das geht auch unaufgeregt und wir können durchaus sachlich, würde ich meinen, und qualitativ hochstehend auch heikle Gesetzesmaterien diskutieren. (Abg. Mag. Stefan: Und wann reden wir jetzt vom Grundbuch?) Das ist für mich überhaupt keine Frage.

Wogegen ich mich persönlich, aber auch namens meiner Fraktion verwahre, ist Fol­gendes: Diese permanenten Pauschalverurteilungen der österreichischen Justiz und Polizei sind unerträglich, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Mag. Stefan: Wovon reden wir jetzt? Geht es nicht um das Grundbuch? Bleiben wir doch einmal beim Thema!) Ich glaube, so sollte man in einem Rechtsstaat und in einer Demokratie, auch hier vom Rednerpult, nicht mit unseren Staatsgewalten und mit rechtsstaatlichen Einrichtungen umgehen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Das ist so, und ich hoffe doch, dass einige in diesem Hause das auch so sehen, wie wir es sehen sollten.

Wir haben, wie es seit vielen Jahrzehnten im Justizausschuss der Fall ist, auch diesmal eine, wie ich glaube, qualitativ sehr hochstehende Diskussion abgeführt und sind der Meinung gewesen – was auch mein Vorredner gerade angesprochen hat –, dass wir, was das Gerichtsorganisationsgesetz und die Fragen der Gefährdung unse­rer Justizeinrichtungen und deren Bediensteten betrifft, hier doch noch einmal eine Diskussion führen sollten, und haben uns vorgenommen, bis heute zur zweiten Lesung vielleicht doch noch eine Präzisierung, sage ich, vorzunehmen, damit nicht Bedienstete aus unserem eigenen Bereich quasi durch den Rost fallen.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die hier sehr effizient und sehr fachkundig mitdiskutiert haben, und darf folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Mag. Maier, Kolleginnen und Kolle­gen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsorgani­sations­gesetz geändert wird (1676 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

Der mit Z 1 eingefügte § 15 GOG lautet:

„Dokumentation von Angriffen und ernstzunehmenden Drohungen

§ 15. (1) Von den Justizverwaltungsorganen sind für ihren Zuständigkeitsbereich insbesondere folgende Gewaltakte zu dokumentieren und in der Verfahrensautomation Justiz (§ 80) im Register Justizverwaltung (Jv) zu erfassen:

1. Angriffe und ernstzunehmende Drohungen gegen

a) Organe der Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaft,

b) sonstige Justizbedienstete aller Planstellenbereiche einschließlich der übrigen für die Justiz tätigen Personen,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 121

c) sonstige Beteiligte im Zusammenhang mit gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren (wie berufliche Parteienvertreterinnen und Parteienvertreter, Sachve­rständige, Dolmetscherinnen und Dolmetscher sowie Expertinnen und Experten);

2. jede sonstige Form einer gewalttätigen Auseinandersetzung in gerichtlichen oder staatsanwaltschaftlichen Gebäuden und deren räumlichem Nahbereich;

3. Sachbeschädigungen in und an gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Ge­bäuden sowie in deren räumlichem Nahbereich.

(2) Das Bundesministerium für Justiz führt darüber hinaus eine Evidenz derartiger Vorfälle für den Bereich aller Gerichte und Staatsanwaltschaften.“

*****

Ich glaube, meine Damen und Herren, nach einer langen Diskussion können wir jetzt annehmen, dass keine Berufsgruppe, die im Bereich der Justiz oder für die Justiz beschäftigt ist, durch den Rost fällt.

Ich lade Sie ein, auch dieser Präzisierung Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

14.45


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Mag. Maier und Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Gerichtsor­ganisations­gesetz geändert wird (1676 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

Der mit Z 1 eingefügte § 15 GOG lautet:

„Dokumentation von Angriffen und ernstzunehmenden Drohungen

§ 15. (1) Von den Justizverwaltungsorganen sind für ihren Zuständigkeitsbereich insbesondere folgende Gewaltakte zu dokumentieren und in der Verfahrensautomation Justiz (§ 80) im Register Justizverwaltung (Jv) zu erfassen:

1. Angriffe und ernstzunehmende Drohungen gegen

a) Organe der Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaft,

b) sonstige Justizbedienstete aller Planstellenbereiche einschließlich der übrigen für die Justiz tätigen Personen,

c) sonstige Beteiligte im Zusammenhang mit gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren (wie berufliche Parteienvertreterinnen und Parteienvertreter, Sachver­ständige, Dolmetscherinnen und Dolmetscher sowie Expertinnen und Experten);

2. jede sonstige Form einer gewalttätigen Auseinandersetzung in gerichtlichen oder staatsanwaltschaftlichen Gebäuden und deren räumlichem Nahbereich;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 122

3. Sachbeschädigungen in und an gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Ge­bäuden sowie in deren räumlichem Nahbereich.

(2) Das Bundesministerium für Justiz führt darüber hinaus eine Evidenz derartiger Vorfälle für den Bereich aller Gerichte und Staatsanwaltschaften.“

Begründung

Zu Z 1 (§ 15 GOG):

Mit der in der Regierungsvorlage vorgeschlagenen Bestimmung soll die Grundlage dafür geschaffen werden, dass für die Sicherheit in Gerichtsgebäuden gefährliche Umstände in der Verfahrensautomation Justiz eingetragen werden, um rasch und angemessen auf Bedrohungen reagieren und das Erfordernis von Sicherheitsvor­kehrungen beurteilen zu können.

Die Neuregelung wurde durchwegs begrüßt, jedoch im Justizausschuss des National­rats am 13. März 2012 angeregt, vorsorglich klarzustellen, dass ausnahmslos alle derartigen Angriffe, wie beispielsweise auch solche auf Schreib- und Hilfskräfte, aber auch Gewalthandlungen gegen sonstige Verfahrensbeteiligte, zu dokumentieren sind.

Auch wenn bereits der Text der Regierungsvorlage die lückenlose Dokumentation aller Angriffe beinhaltete, sieht der Abänderungsantrag nunmehr eine entsprechend adap­tierte und übersichtlicher gegliederte Darstellung des Textes der Regierungsvorlage vor.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.45.44

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Also die Umstellung des Grundbuchwesens in Österreich auf ERV oder auf elektronische Datenspeicherung ist, so wie ich das im Ausschuss schon mehrmals gesagt habe, eine international vorzeigbare Erfolgs­geschichte. Da waren wir gegenüber wesentlich technologiestärkeren Ländern im Vorfeld und federführend.

Es ist auch sehr zu begrüßen, dass jetzt die Lösung des Problems der Rangordnung, die ja bislang nur als ein Original erzeugt wurde, die sozusagen Wertpapiercharakter hatte, die aber durch Einscannen nicht geeignet war, die Rangwahrung in der ent­sprechenden Eintragung zu sichern, was ja der Zweck gewesen wäre, gelungen ist.

Es ist aber etwas dabei, was noch zu Unannehmlichkeiten führen wird – Kollege Stefan hat es erwähnt, das Notariat hat darauf hingewiesen –, wenn man bedenkt, welche Urkunden für eine Grundbuchseintragung tauglich sind: Sie müssen einwandfrei lesbar und nach § 2 Abs. 4 des Grundbuchumstellungsgesetzes zur Aufnahme in die Urkundendatenbank geeignet sein.

Jetzt ist es so, dass im Besonderen Teil, in der Erläuterung und in der Ausdeutung der Vorschrift klar auf Folgendes hingewiesen wird – also noch einmal –: Man muss es einscannen können, und nur das ist oder kann, darf die Grundlage einer Grundbuch­eintragung sein.

Jetzt gibt es aber Urkunden, insbesondere ausländische Urkunden – man denke nur an amerikanische Urkunden –, die einfach ein anderes Format haben und sich daher


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 123

sträuben eingescannt zu werden, um es einmal so zu sagen. Und wenn also aufgrund dieser technischen und nicht verhinderbaren Ursache die Grundbuchseintragung nicht möglich ist und ein bisschen flapsig gesagt wird: Na ja, da muss man halt ein Rechtsmittel machen!, dann ist das bürgerfeindlich. Denn wenn zum Beispiel aufgrund einer amerikanischen Abhandlung ein Erbe die Grundbuchseintragung begehrt, was richtig und korrekt wäre, aber dort die Grundurkunde oder die Zwischenurkunde in einem anderen Format erlassen wird, dann darf das nicht zu einem Grundbuchs­eintragungshindernis werden. – Also ich fürchte, da ist noch Reparaturarbeit zu leisten.

Und etwas sollte man durch die Hintertür nicht hereinlassen, was durch die Vordertür ausgesperrt wird: dass wieder ein Grundbuchsführerwillkürherrschaftssystem entsteht, was durch die Einführung des elektronischen Grundbuchs und des ERV-Systems Gott sei Dank weitestgehend in den Hintergrund gedrängt worden ist.

Also wir sind natürlich für die Vorlage, begrüßen sie auch, aber es ist noch nicht aller Tage Abend, was die praktische Lösbarkeit des Problems betrifft. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Grosz zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.49.28

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Kollege Fichtenbauer hat das richtigerweise erwähnt. Auch wir vom BZÖ stimmen dem grundsätzlich zu und haben das auch im Ausschuss gemacht – und wir begrüßen auch, dass das kommt –, nur ist es eben natürlich schon ein Problem, wenn wir heute ein Gesetz beschließen, von dem wir wissen, dass zumindest in beiden Bereichen tatsächlich Reparaturarbeiten notwendig sind.

Zum Grundbuchgesetz gibt es auch die Anmerkung der österreichischen Arbeiter­kammer, die Kritik daran geübt hat, und zwar berechtigte Kritik daran geübt hat, und ich wundere mich, warum es vom Justizausschuss bis zum heutigen Tag nicht möglich war, Frau Ministerin, aber auch sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und SPÖ, diese Kritik einzuarbeiten und das, was die Arbeiterkammer hier zu Recht gefordert hat, auch zu ändern. Das sind kleine Änderungen.

Und im anderen, im zweiten Bereich gibt es auch Kritik, und zwar von der Wirt­schaftskammer Österreich, und ich frage mich, warum es beim Gerichtsorganisations­gesetz nicht möglich war, die Kritik, die von der Wirtschaftskammer gekommen ist, die auch ihre Berechtigung hat, die auch richtig ist, nämlich – beides kurz zusam­men­gefasst – dass die Rechtsfolgen überschießend sind, einzuarbeiten, und warum wir hier in diesem Bereich nicht tätig werden konnten beziehungsweise warum Sie, sehr geehrte Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, nicht dazu in der Lage waren, das zu reparieren.

Jetzt wird heute etwas beschlossen, so, und dann werden wir uns halt in vier Monaten wieder treffen oder das wieder dann hier herinnen haben, wenn bei den Regierungs­parteien Lust und Laune besteht, und das reparieren.

Ich ersuche Sie schon, Frau Bundesministerin, das zu bedenken. Ich weiß schon, Sie haben Ihr Problem mit Begutachtungsverfahren und Stellungnahmen in Begutach­tungs­­verfahren, das ist ja hinlänglich bekannt; das werden wir beim nächsten und beim übernächsten Tagesordnungspunkt besprechen – ich erinnere nur an die Aufhebung des Berufsgeheimnisses und Ihre Pläne –, aber ich verstehe nicht, warum Sie dann nicht auf die sinnvollen Argumente, die im Begutachtungsverfahren gebracht werden,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 124

eingehen, das ja offensichtlich auf Fehler dieser Gesetze hinweist, die leicht zu korrigieren gewesen wären. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Mag. Stefan.)

14.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Frau Bun­desministerin Dr. Karl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.51.49

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Mir ist es bei beiden Vorlagen, nämlich sowohl bei der Grundbuchs-Novelle 2012 als auch bei der Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes, darum gegangen, eine Modernisierung und Digitalisierung im Bereich der österreichischen Justiz zu erreichen, und zwar zum Wohle unserer Kundinnen und Kunden.

Österreich ist ja tatsächlich bei der Nutzung von modernen, neuen Technologien in Europa führend. Es kommen immer wieder Delegationen aus dem europäischen Ausland nach Österreich, um sich anzusehen, wie das denn die österreichische Justiz macht und wie das bei uns funktioniert, um eben auch am Beispiel Österreichs zu lernen.

So ist das auch bei der Umstellung des elektronischen Grundbuchs auf die „Grund­stücksdatenbank neu“. Die dafür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen wurden ja zum Großteil bereits durch die Grundbuchs-Novelle 2008 geschaffen. Diese Regelungen sind bereits mit 1. Jänner 2009 in Kraft getreten. Mit dem nunmehr vorliegenden Entwurf der Grundbuchs-Novelle 2012 soll das österreichische Grund­buchs­recht quasi noch den letzten Feinschliff erhalten, damit die Umstellung auf die neue Datenbank auch tatsächlich problemlos funktionieren kann.

Inhaltlich sieht der Entwurf eine Reihe von Neuerungen vor, die den IT-Einsatz bei der Erstellung und Übermittlung von Anträgen und Entscheidungen im Grundbuchs­ver­fahren erleichtern sollen. Das gilt etwa für die vom Herrn Abgeordneten Fichtenbauer bereits angesprochene Rangordnung, die ja derzeit noch in Papierform beantragt und bewilligt werden muss, oder auch für den Antrag auf Eintragung eines Baurechts, der einfach rascher erledigt werden kann, wenn der Antragsteller entsprechende behörd­liche Bestätigungen vorlegt.

In der „Grundstückdatenbank neu“ wird erstmals auch die Darstellung sogenannter diakritischer Zeichen möglich sein, mit denen das lateinische Alphabet versehen werden kann, um eben eine besondere Aussprache oder besondere Betonung anzuzeigen. Personen, deren Namen solche diakritischen Zeichen enthalten, konnten bisher im Grundbuch nicht in der korrekten Schreibweise eingetragen werden. Das soll eben künftig möglich sein, und daher wird diesen Personen auch die Möglichkeit geboten, dass sie die Berichtigung der Schreibweise ihres Namens beantragen. Für einen derartigen Antrag fällt auch keine Gerichtsgebühr an.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich aber auch noch kurz auf die Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes eingehen, die wir ebenfalls hier diskutieren. Und zwar umfasst die Vorlage im Grunde genommen drei Verbesserungen für unser Justizsystem, und zwar erstens die Schaffung einer Dokumentation sicher­heitsrelevanter Vorfälle gegen Organe der Gerichtsbarkeit, zweitens die Einbeziehung der Sozialversicherungsträger in den elektronischen Rechtsverkehr und drittens Änderungen bei den Zustellungsmodalitäten im elektronischen Rechtsverkehr.

Um nur ganz kurz auf den ersten Punkt einzugehen: Die systematische Erfassung von Angriffen und ernst zu nehmenden Drohungen gegen Organe der Gerichtsbarkeit ist ganz einfach eine Notwendigkeit, der wir durch die Schaffung dieser Dokumentation Rechnung tragen. Leider nimmt nämlich die Gewalt gegen Organe der Justiz ständig


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 125

zu. Allein im Jahr 2011 sind 86 Richter, Staatsanwälte und sonstiges Justizpersonal bedroht worden; überdies wurden 403 Schusswaffen sowie 50 302 Hieb- und Stich­waffen bei den Sicherheitskontrollen in unseren Gerichten abgenommen. (Abg. Mag. Stefan: Das ist auch nicht wenig!)

Die neu geschaffene Dokumentation erlaubt es uns, nun auch wirklich eine objektive Beurteilung der Erfordernis und natürlich auch der Wirksamkeit der Sicherheitskon­trollen bei unseren Gerichten vorzunehmen.

Hohes Haus! Ich ersuche wirklich um die Zustimmung zu diesen beiden Vorlagen, um eben tatsächlich die Justiz noch moderner und vor allem auch noch sicherer gestalten zu können. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

14.55

14.55.50

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hiezu ist nun niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht eine der Berichterstatterinnen ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehmen werde.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Entwurf betreffend Grund­buchs-Novelle 2012 samt Titel und Eingang in 1698 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist die Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsorganisationsgesetz geändert wird, in 1676 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie einen weiteren Abän­derungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­anträge – der Systematik des Gesetzentwurfes entsprechend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Z 1 eingebracht.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Z 2a bezieht.

Wer diesem Zusatzantrag seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Z 5 bezieht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 126

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist die Einstim­migkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.59.019. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1677 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1700 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Grosz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.59.33

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute auch die geplante Änderung des § 112. Wir wurden in den letzten drei Wochen Zeitzeugen eines ungeheuerlichen Vorganges dieser Ministerin; dieser hat auch hier in diesem Haus zu einem Misstrauensantrag gegen die Bun­desministerin für Justiz Beatrix Karl geführt.

Eine Ministerin, die eine Begutachtungsfrist zu Ende gehen lässt und ohne eine erkennt­liche Begutachtungsstellungnahme vor Beschluss im Ministerrat eine Änderung hinzufügt, wo sie einen direkten Angriff auf das Berufsgeheimnis in dieser Republik plant das hat es tatsächlich noch nicht gegeben. Ich erkläre Ihnen noch einmal ganz kurz, worum es gegangen ist. (Abg. Dr. Bartenstein: Das ist ausdiskutiert!)

Das heißt, dass beschuldigte Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, deren Kanzleiunterlagen beschlagnahmt werden, in Zukunft einmal mehr dem Goodwill von Staatsanwälten ausgeliefert sind, die dann das Berufsgeheimnis heben, auch in andere Unterlagen Einblick nehmen können und damit in das Berufsgeheimnis dieser Rechtsanwälte, Notare, auch der Journalisten gegenüber den Klientinnen und Klienten unrechtmäßig eingreifen.

Ich glaube, sehr geehrte Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, die Sie in den letzten zwei Wochen solche harten Angriffe gegen die Staatsanwaltschaft Wien getätigt haben, in Person Klubobmann Kopf, in Person Klubobmann Amon, dass Ihnen vielleicht schon selbst in den letzten Wochen ein wenig schwindlig geworden ist bei dem, was Ihre Ministerin da selbst geplant hat: nämlich einmal mehr die Staatsanwälte in diesem Land einzuzementieren als Herren des Vorverfahrens, und das wollen wir nicht.

Wir halten es für einen der größten Sündenfälle der österreichischen Justizgeschichte, dass man Untersuchungsrichter abgeschafft hat und durch subjektive und eben nicht


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 127

objektive und beeinflussbare Staatsanwälte ausgetauscht hat, die dann über Beschul­digungen entscheiden sollen oder nicht. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Das ist der größte Sündenfall gewesen, den wir auch hier im Hohen Haus im Rahmen des Unterausschusses zum Justizausschuss wieder zu korrigieren haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Rote und schwarze Polit-Agitation!)

Bei Ihren Aussagen der vergangenen Wochen  „Politjustiz Wiener Staatsan­walt­schaft“  stellt sich schon die Frage, ob Sie das ernst gemeint haben, aber dann hätten Sie Ihrer Ministerin nicht, volkstümlich gesagt, die Räuberleiter machen dürfen, oder ob Sie das eben nicht ernst gemeint haben und nur ein Ablenkungsmanöver für Ihre Druckkostenbeitrag-Malversationen mit der Telekom starten wollten. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir meinen es ernst, wir sagen, es kann in diesem Land auch für eine Verbesserung des Justizsystems in Zukunft nur so sein, dass wieder ein unabhängiger, ein objektiver, ein ehrenwerter Richter der Herr des Vorverfahrens ist, und nicht Staatsanwälte, die wechselweise vom Bund sozialistischer Akademiker/innen, ein paar Freimaurerlogen oder sonstiger Parteien in dieser Republik bestellt sind. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Das ist nicht unsere Ansicht einer unabhängigen Justizpolitik des 21. Jahrhunderts. Noch sind wir nicht so weit, dass in Österreich Freimaurerlogen oder parteipolitische Vorfeldorganisationen der Sozialdemokratie in diesem Land unterscheiden, was Recht und Unrecht ist. Aber Sie, Frau Ministerin, wollten genau diesen Staatsanwälten die Möglichkeit geben, das Berufsgeheimnis aufzuheben.

Und dann Heureka  kommen Sie hier ins Parlament und behaupten, im Protokoll nachweisbar und nachlesbar, dass diese Anregung vom Oberlandesgericht Graz gekommen wäre, und am gleichen Tag dementiert auch noch der Sprecher des Oberlan­desgerichts Graz. Sie erklären dann noch: Herr Grosz, Sie sind ja jetzt erst unlängst Justizsprecher, Sie hätten dort hineinschauen müssen, ja lesen Sie denn das nicht?  mit einer gewissen Überheblichkeit. Ja warum haben Sie das nicht gelesen? Ich lese ja alle Stellungnahmen, Sie offenbar nicht!  Ich hoffe, ich habe Ihre Ausführungen getroffen. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Karl.)

Und dann habe ich Ihre Stellungnahme vom Oberlandesgericht gelesen, und da steht kein Satz drinnen, der Sie dazu berechtigt hätte, das Berufsgeheimnis aufzuweichen. Und dann laden Sie  Sie, die Sie diesem Parlament nachweislich die Unwahrheit gesagt haben  in Ihr Ministerium und sagen: Jetzt können wir über Grundrechte verhandeln mit den Justizsprechern.

Erstens habe ich damals zu Recht gesagt, ich treffe mich nicht in einem Raum mit Ihnen, wo es kein Stenographisches Protokoll gibt, denn für jedes Gespräch mit Ihnen braucht man in dieser Republik ein Protokoll, sonst fehlen einem nämlich drei Finger, wenn man Ihnen die Hand gibt. Zweitens sind für das BZÖ die Grundrechte, auch das Berufsgeheimnis, nicht verhandelbar.

Ich finde es daher sehr schade, dass die Freiheitliche Partei und die Grünen diesem sogenannten Kompromiss zugestimmt haben. Jetzt haben wir eine Justiz nach dem Motto „Wünsch dir was!“  gratuliere! Man kann sich jetzt als beschuldigter Rechtsanwalt etwas wünschen. Jetzt wird der Staatsanwalt hinkommen und sagen: Herr Rechtsanwalt, ich gebe Ihnen zwei Möglichkeiten  Hören Sie zu, Kollege Steinhauser, in dem Fall lernen Sie auch etwas! (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Mag. Steinhauser. Ruf: Von Ihnen kann man nichts lernen!)

Herr Rechtsanwalt, ich gebe Ihnen zwei Möglichkeiten: Entweder Sie lassen mich in die beschlagnahmten Unterlagen hineinsehen, dann mache ich Ihnen das in zwei


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 128

Tagen, aber wenn Sie den Richter wollen, dann garantiere ich Ihnen, wird der Richter die Unterlagen in drei Monaten nicht sichten können.

Wissen Sie, was der Rechtsanwalt kann? – Seine Kanzlei zusperren. Das heißt, der Rechtsanwalt, der Notar, jeder, der seine Kanzlei braucht und die Unterlagen, wird in Zukunft natürlich schon aus rein wirtschaftlichen Gründen seinen eigenen Klienten­schutz aufweichen, sein Berufsgeheimnis über Bord werfen und einen Staatsanwalt in sein Büro lassen, der dann noch mit überschießenden Ermittlungsmethoden diese ganze Kanzlei umdreht.

Das ist die Verletzung des Grundrechtes, und daher verstehe ich Sie wirklich nicht, Herr Abgeordneter Steinhauser von den Grünen, die sich so um Grundrechte an­nehmen. Da reden Sie jetzt vorher gerade vom 1. April, Vorratsdatenspeicherung  künstliche Erregung. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.) Dann sollten Sie jetzt auch dagegen sein, gegen diesen Kompromiss, den halbwarmen, den Sie 300 Meter von hier in der Museumstraße im Justizministerium bei einem guten Kaffee und einem Punsch­krapfen abgeschlossen haben! Grundrechte in der Republik verhandelt man nicht bei einem Punschkrapfen, eineinhalb Stunden, und lässt sich von einer Ministerin über den Tisch ziehen!

Daher stimmen wir dem auch nicht zu und werden vehement gegen so eine Politik Widerstand leisten; gegen die Politik einer Ministerin, die bewiesenermaßen diesem Parlament die Unwahrheit gesagt hat, einer Ministerin, deren einzige Antwort auf die Korruptionsfälle dieser Republik die Diversion für Korruptionisten ist, sprich das Straffreistellen eines Großteils von ÖVP-Mitgliedern, wie wir mittlerweile wissen.

Kollege Pilz hat ja heute bei einer Pressekonferenz mit den Kollegen Petzner und Rosenkranz den Vergleich gezogen, die ÖVP wäre die einzige sizilianische Partei in diesem Haus. Das ist eine Beleidigung für alle sizilianischen Parteien, denn die sogenannten Sizilianer, sprich die Mafia, hätten von Ihnen noch etwas lernen können, sehr geehrte Damen und Herren von der ÖVP, dann wären sie heute nämlich in Italien noch erfolgreicher.

Ihr Zustand ist der der Christdemokraten der achtziger Jahre, die man dann irgend­wann einmal auflösen musste, weil man ein ganzes Alphabet des korrupten Systems nach ihren Namen ordnen konnte. Das ist nicht staatspolitische Verant­wortung. Aber eine Ministerin, die sagt: Diversion für Korruptionisten, oder eine Minis­terin, die sagt: In Zukunft werden wir die Aufdecker verfolgen in dem Land, indem wir das Berufs­geheimnis für die Journalisten aufmachen, weil der Herr Kuch, weil der Herr Florian Klenk vom „Falter“, weil der „Krone“-Redakteur Gnam, weil der Herr Fellner von „ÖSTERREICH“, weil die Aufdecker-Journalisten dieses Landes unbequem sind, weichen wir das Berufsgeheimnis für Journalisten auf. Das wollten Sie. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Weil einem die eigenen Korruptionsfälle in der ÖVP unangenehm sind, schafft man Diversionsregeln für Korruption, weil Ihnen dieser Untersuchungsausschuss um die Ohren fliegt, blockieren Sie heute zur Stunde, wo die Fraktionsführerbesprechung ist, Ladungen von wichtigen Zeugen, weiteren Beschuldigten Ihrer Fraktion, die Mittäter dieser Korruption in Österreich geworden sind.

Das ist kein Umgang mit Demokratie. Wir werden hier in diesem Haus, so wie wir heute auch dagegen stimmen werden, solche Methoden Ihrer Partei und Ihrer Justizministerin aufs Entschiedenste bekämpfen. (Beifall beim BZÖ. Abg. Neugebauer: Ein Satz: Es gilt die Unschuldsvermutung!)

15.08



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 129

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grosz, ich bleibe dabei, dass wir hier am Rednerpult keine Verurteilungen, keine Vorverurteilungen aus­sprechen. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das jetzt der Ordnungsruf auf Bestellung?) Man kann Vermutungen anstellen, das ist allemal erlaubt, aber keine Verurteilungen. Wir sind hier kein Gericht.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 


15.08.47

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Grosz legt es ja eigentlich immer darauf an, zur Krönung eines gelungenen BZÖ-Auftritts des Kollegen Grosz gehört ein Ordnungsruf, sonst ist er nicht abgerundet und nicht abgeschlossen. Heute ist der Auftrag misslungen, Kollege Grosz; vielleicht geht es beim nächsten Mal. (Abg. Grosz: Vielleicht überlegt es sich die Präsidentin!)

Im Übrigen werden wir, das sage ich Ihnen auch klar, Herr Kollege Grosz, von Ihnen keine Belehrungen annehmen, als Mitglied einer Partei, die sich alle fünf, sechs, sieben Jahre neu gründen muss, um verschiedensten Beschuldigungen und Verdäch­tigungen aus dem Weg zu gehen. Das sicher nicht. Jeder soll vor seiner eigenen Tür kehren, da haben Sie genug zu tun, Herr Kollege Grosz! (Beifall bei der ÖVP. Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, kehren wir wieder zurück zur Sachlichkeit, reden wir über dieses Gesetz, das da auf dem Tisch liegt. Die Verdächtigungen, die Sie da ausgesprochen haben, Kollege Grosz, die sind völlig fehl am Platz. Ja, es hat Aufregung gegeben über dieses Gesetz, von verschiedenen Seiten, keine Frage. Aber nein, es war überhaupt keine Intention da, eine Berufspflicht, eine Verschwie­gen­heitspflicht „auszulöschen“, wie Sie es in Ihrer Diktion sagen, oder in anderer Weise in Rechte oder Grundrechte einzugreifen.

Die Intention haben die Frau Bundesministerin und auch ihre Mitarbeiter bei dem Gespräch ja auch klar auf den Tisch gelegt, wo Sie Ihre Teilnahme leider verweigert haben. Die Intention war, etwas zu beschleunigen, etwas zu vereinfachen. Das mag nicht ganz gelungen sein, auch das soll man nicht unter den Tisch fallen lassen, aber wir haben uns gemeinsam zusammengesetzt und eine Lösung gefunden – in einer Runde mit Expertinnen und Experten, mit Betroffenen, mit leider nur vier Fraktionen, da sich das BZÖ dieser Diskussion ja verweigert hat.

Sie wären auch nicht gezwungen gewesen, einen Punschkrapfen zu essen, Kollege Grosz (Ruf bei der FPÖ: Soletti!), Sie können das nächste Mal ruhig kommen, das ist kein Problem. Wir haben gemeinsam eine Lösung gefunden, die einfach das, worum es uns geht, ermöglicht, nämlich die Verschwiegenheitsrechte und Verschwiegen­heitspflichten von verschiedenen Berufsgruppen weiterhin unangetastet zu lassen. Es hat auch die Frau Bundesministerin in der Diskussion immer wieder betont, wie wichtig ihr das ist.

Auf der anderen Seite geht es darum, eine Alternative aufzutun, um zu einer beschleu­nigten Klärung bei der Beschlagnahme von Unterlagen zu gelangen und damit das zu erreichen, was die Intention war und was der Kollege Grosz offensichtlich nicht ermög­lichen möchte, nämlich wenn es unproblematisch ist, einfach eine schnelle Ent­scheidung zu finden, schnell die Unterlagen herauszubekommen beziehungsweise die, die notwendig sind, verwerten zu können und damit im Interesse aller Beteiligten zur Verfahrensbeschleunigung und zur Aufklärung beizutragen.

Das ist die Intention gewesen. Das ist sie nach wie vor, und mit dem Gesetz, so wie wir es gemeinsam verändert haben, wie es dann eben in abgeänderter Form auch im


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Justizausschuss beschlossen worden ist, wird genau dieses Ziel, diese Intention in vorbildlicher Weise erreicht. Das ist es, sonst gar nichts. Da braucht man auch keine Mythenbildung zu betreiben und sich hier aufzupflanzen und zur Höchstform aufzu­schwingen, Herr Kollege Grosz.

Ich habe auch noch einen Abänderungsantrag einzubringen, mit dem ein mögliches redaktionelles Missverständnis bereinigt werden soll.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1677 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (1700 d.B.), soll wie folgt geändert werden:

„1. Im Artikel 3 Z 3 lautet in § 112 der erste Satz wie folgt:

‚Widerspricht die von der Sicherstellung betroffene oder anwesende Person, auch wenn sie selbst der Tat beschuldigt ist, der Sicherstellung von schriftlichen Aufzeich­nungen oder Datenträgern unter Berufung auf ein gesetzlich anerkanntes Recht auf Verschwiegenheit, das bei sonstiger Nichtigkeit nicht durch Sicherstellung umgangen werden darf, so sind diese Unterlagen auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und bei Gericht zu hinterlegen.‘“

******

Es geht dabei nur darum, dass man einen Verweis auf den § 48 und den dort statuierten Begriff „Betroffene“ möglicherweise laut Strafrechtskommentar noch so verstehen könnte, dass genau Beschuldigte wieder nicht darunterfallen. Dazu, um auch diese mögliche Unklarheit im Sinne dessen, was wir alle wollen, Kollege Grosz, auch Sie, auszuschließen, dient dieser Abänderungsantrag, um das nochmals klarzu­stellen. Ich darf Sie einladen und ersuchen, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben.  Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1677 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (1700 d. B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1677 d.B.) , in der Fassung des Ausschussberichtes (1700 d. B.), wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel 3 Z 3 lautet in § 112 der erste Satz wie folgt:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 131

„Widerspricht die von der Sicherstellung betroffene oder anwesende Person, auch wenn sie selbst der Tat beschuldigt ist, der Sicherstellung von schriftlichen Aufzeich­nungen oder Datenträgern unter Berufung auf ein gesetzlich anerkanntes Recht auf Verschwiegenheit, das bei sonstiger Nichtigkeit nicht durch Sicherstellung umgangen werden darf, so sind diese Unterlagen auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und bei Gericht zu hinterlegen.“

Begründung

Im Bericht des Justizausschusses, 1700 d.B. XXIV.GP, wird ausgeführt, dass das Recht, Widerspruch zu erheben, auch weiterhin den der Tat dringend verdächtigen Berufsgeheimnisträgern zum Schutz der ihnen anvertrauten Tatsachen zustehen soll, die in keinem Zusammenhang mit dem Verdacht stehen.

Im Wortlaut des § 112 Abs. 1 wurde diese ausdrücklich erklärte Absicht jedoch nicht umgesetzt, weshalb nunmehr durch die Einfügung „, auch wenn sie selbst der Tat beschuldigt ist,“ Wortlaut und Absicht des Gesetzgebers in Einklang zu bringen sind.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.

 


15.13.23

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Grosz, Ihre Darstellungen, die Sie offenbar immer vorher zu Hause vorm Spiegel üben, könnten Sie sich eigentlich sparen. Sie müssen da nicht herumschreien (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP), sondern man soll ein Thema, das wirklich ernst zu nehmen ist, auch entsprechend diskutieren.

Und eigentlich sollten Sie dem Parlament zugutehalten, dass gerade dieser Prozess gezeigt hat, dass der Gesetzgeber sehr wohl darauf schaut, was zu beschließen ist oder nicht. (Abg. Grosz: Habt ihr mitgestimmt? Habt ihr im Ministerrat zugestimmt?) Genau diese Bestimmung war ein gutes Beispiel dafür, dass wir gesagt haben: Das ist ein Umstand, wo man wirklich intensiv darüber nachdenken soll, ob wir das so wollen, ob es notwendig ist, bei wichtigen Unterlagen, bei Aufzeichnungen von Rechtsan­wälten, von Priestern, von Journalistinnen und Journalisten, und so weiter, diese Vorgangsweise zu wählen.

Mein Vorredner hat es auch angesprochen, da ist es im Wesentlichen darum gegangen, auch möglicherweise gerichts- und verwaltungsökonomisch zu arbeiten, aber nicht diese obskuren Verschwörungstheorien zu wälzen, die Sie da immer in den Raum stellen. Ich glaube nicht, dass die Frau Bundesministerin im Sinn hat, da irgendwelche Bünde abzudecken, sondern dass es ihr wirklich um die Arbeit gegangen ist.

Wir haben diese Änderung mit diesem Abänderungsantrag durchgeführt, und das findet Zustimmung von allen politischen Parteien, die mitverhandelt und mitdiskutiert haben. Das haben Sie nicht gemacht, Sie haben sich dieser Diskussion entzogen. Jetzt hierher zu gehen und da rauszubrüllen ist der falsche Weg, aber wie immer ist das halt Ihr Weg, für mich ist es nicht der richtige.

Ein zweiter Aspekt, meine sehr geehrten Damen und Herren, der mit diesem Gesetz auch beschlossen wird und der aus meiner Sicht sehr wichtig ist, ist das Tilgungs­gesetz. Hinter dem verbirgt sich nämlich auch der Umstand, dass es zukünftig genau in


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jenen Bereichen, wo wir großen Handlungsbedarf haben und auch mit sehr tragischen Fällen konfrontiert waren und wahrscheinlich auch in Zukunft noch sind, darum geht, dafür Sorge zu tragen, dass  und das ist ein Aspekt, der immer wieder erwähnt wer­den muss  die Vernetzung bei den Jugendwohlfahrtsbehörden, die Vernetzung mit Gerichten, die Vernetzung mit der Exekutive, das Bilden von Plattformen und vieles mehr ermöglicht wird. Das soll sicherstellen, dass Fälle wie Luca, Fälle wie Cain in Zukunft nie mehr auftreten sollen.

Das ist ein sehr weiter Weg, aber heute ist auch ein wichtiger Beschluss dazu zu fällen, da es darum geht, den Jugendwohlfahrtsträgern auch Möglichkeiten zu schaffen, wenn konkrete Verdachtslagen da sind, zum Schutz der Schwächsten der Gesellschaft, der Jüngsten der Gesellschaft sicherstellen zu können, in Verfahren und gerade in diesen speziellen Angelegenheiten, Auskünfte zu erhalten, ob eine Person, gegen die ein Verdacht da ist, auch gewalttätig ist, ob gegen sie Sexualdelikte angezeigt wurden und vieles andere mehr. Das ist, glaube ich, ein sehr wichtiger Beschluss, und wir sollten daran festhalten.

Notwendig ist es vor allem auch, weiter daran zu arbeiten, dass wir uns vernetzen, dass viele Institutionen gemeinsam an einem Strang ziehen, denn nur das hilft uns weiter, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich bitte auch von dieser Stelle aus die Bundesländer, die entsprechenden Ausführungsgesetze zu beschließen, denn dann ist das ein sinnvolles Gesetz und dann ist es auch möglich, dass wir in dieser Richtung weiterarbeiten können.  Ich danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

15.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.17.12

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Gesetz hat im Vorfeld zu Recht für Diskussionen bei den betroffenen Berufs­gruppen gesorgt, nämlich bei den JournalistInnen und bei den RechtsanwältInnen, die befürchtet haben, dass ihr Berufsschutz, ihre Berufsgeheimnisse ausgehöhlt werden könnten. In einem Punkt hat der Kollege Grosz recht, Frau Ministerin, Sie können die Änderungen nicht damit erklären, dass in einer Stellungnahme das Landesgericht Graz in diesem Punkt Änderungen vorgeschlagen hätte. Wenn man diese Stellungnahme des Landesgerichts Graz liest, dann ist klar: Das, was Sie gemacht haben, wurde dort niemals vorgeschlagen.

Tatsächlich ist die Geschichte ganz anders gelaufen: Sie haben eine kleine Änderung in diesem Gesetz vorgehabt, da wollten Sie redaktionell ein OGH-Urteil umsetzen. Dieser kleine Punkt, komplett unproblematisch, ist in Begutachtung gegangen. Dann kam diese Stellungnahme vom LG Graz, die eigentlich nichts mit dem zu tun hatte, was Sie dann geplant haben, und dann, nach Abschluss der Begutachtung, sind Sie auf die Idee gekommen, dieses Gesetz in der vorgelegten Form abzuändern. Und jetzt kann man spekulieren, ob dahinter der große Plan steht, das Redaktionsgeheimnis und das Anwaltsgeheimnis zu durchlöchern, oder ob das nur Ausdruck einer komplett fehlenden Sensibilität ist, wie man mit heiklen Materien umgeht. (Abg. Grosz: Ist aber beides nicht sehr charmant!)

Sie waren möglicherweise auch nur auf der Jagd nach Einsparungen und Effizienz, haben geglaubt, Sie haben den Stein der Weisen gefunden, und haben sich dann bis auf die Knochen blamiert mit Ihrer Fehleinschätzung. Jedenfalls ist diese Vorgangs­weise, und das ist unbestritten, ein Musterbeispiel, wie ein Gesetz nicht entstehen darf (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Grosz), nämlich dass nach der Begutach­tungs-


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phase heikle Themen verändert werden und die betroffenen Gruppen gar keine Möglichkeit haben, Stellung zu nehmen.

Aber immerhin, und das möchte ich Ihnen zugutehalten, Sie haben Ihren Fehler einge­standen  wobei ich es immer noch für die beste Variante halte, den Fehler nicht zu machen. Die zweitbeste Variante ist, auf einer Fehleinschätzung nicht zu beharren. Aber immerhin, Sie haben den Fehler eingestanden, und dann kam es zu dieser Sitzung im Justizministerium, wo SPÖ und ÖVP sowie die Oppositionsparteien Grüne und FPÖ anwesend waren. Und ja, Sie haben kapituliert und haben mehr oder weniger Ihren Vorschlag zurückgezogen.

Das ist auch der Kern. Sie haben sich hingesetzt und haben gesagt, okay, wir gehen wieder zur alten Regelung zurück und nur optional soll die neue gelten. Die alte Regelung, und das muss man wissen, lautet folgendermaßen: Wenn es eine Beschlag­nahmung gibt, dann hat der Betroffene ein Widerspruchsrecht, wenn er dieses Widerspruchsrecht geltend macht, dann entscheidet das Gericht. Neu ist bloß, dass er eine Mitwirkungspflicht hat, darzulegen, worin beispielsweise eine mögliche Umgehung der Verschwiegenheit bestünde. Das halte ich für akzeptabel.

Damit ist die alte Rechtslage gesichert, und damit ist auch gesichert, dass das Redaktionsgeheimnis oder das Anwaltsgeheimnis nicht unterlaufen werden. Optional kann er mit der Staatsanwaltschaft die Akten durchschauen, aber, Kollege Grosz, das, was Sie heraufbeschwören, ist unsinnig, denn jener Anwalt oder jener Journalist, der einen Widerspruch erhebt, will ja genau diese Geheimnisse schützen und wird sich daher, der Logik folgend, wenn er ein Geheimnis schützen will, nicht mit der Staatsan­waltschaft hinsetzen. Daher ist mit der Wiederherstellung der alten Rechtslage der Schutz der Berufsgeheimnisse in vollem Ausmaß gewährleistet.

Kollege Grosz, jetzt komme ich zu Ihnen. Sie haben ein Problem: Sie waren bei diesem Treffen nicht dabei, daher können Sie sich auch über den daraus resultieren­den Erfolg nicht freuen. Das ist Ihr Problem. Ich habe lange – nein, nicht lange, so viel Aufmerksamkeit haben Sie nicht –, ich habe darüber nachgedacht, weshalb Sie nicht dort waren. Möglicherweise war es mangelndes Selbstvertrauen. Vielleicht haben Sie sich nicht zugetraut, dass dort ein sinnvolles Ergebnis verhandelt wird, und sind deshalb gar nicht hingegangen. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben einen anderen Zugang. Wenn uns etwas stört, verhandeln wir, dann kämp­fen wir – und am Ende freuen wir uns, dass wir etwas erreicht haben. Und wir haben etwas erreicht, nämlich dass die alte Rechtslage wieder gilt! (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Ich sage Ihnen etwas: RechtsanwältInnen und JournalistInnen haben sich bei mir gemeldet und sich dafür bedankt, dass die Opposition nicht nachgegeben hat.

Ich sage Ihnen, was die Medien über den selbsternannten Grundrechtsverteidiger Grosz schreiben. Die „Kleine Zeitung“ hat in einem Kommentar zu dieser Causa Folgendes geschrieben:

„Nun macht Grosz ganz untypisch gar mit einem Schweigegelübde von sich reden: ,Ich führe mit Beatrix Karl keine Gespräche mehr.‘ Folgerichtig boykottierte er Verhand­lungen über die Neuregelung des Berufsgeheimnisses. Der Schaden für die Allgemein­heit hielt sich jedoch in Grenzen: Eine Einigung konnte locker ohne das BZÖ erzielt werden. () Dass Grosz Gesprächsverweigerung betreibt, ist sein gutes Recht. Er sollte aber nicht wehleidig werden, wenn mangels Relevanz keiner mehr mit ihm und den Orangen ernsthaft reden will.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 134

Das ist eine treffsichere Analyse der Betroffenen zu Ihrem „Engagement“. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Wir haben uns eingesetzt, wir haben etwas durchgesetzt, und wir dürfen uns daher auch darüber freuen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Dr. Karl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.22.35

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich bin angetreten, um eine sachorientierte Justizpolitik zu betreiben, die sich natürlich auch nicht öffentlichen Diskussionen verschließt und damit natürlich auch für Kritik offen ist. Als überzeugte Demokratin bin ich aber auch der Meinung, dass das Hohe Haus der richtige Ort für eingehende Diskussionen über Legislativvorschläge sein soll und meines Erachtens sogar sein muss. Ich scheue mich daher nicht, Ideen und Kritik, die in diesem legislativen Entscheidungsprozess auftreten, auch einzuar­beiten, damit wir gemeinsam zu einer besseren Lösung kommen können.

Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass sich diese Kritik an einer natürlich sehr wichtigen, aber doch an einer Detailfrage des nun vorliegenden Gesetzentwurfes entzündet hat. Die Hauptpunkte dieser Vorlage sind eigentlich unkommentiert ge­blieben. Sie wurden nun von Abgeordnetem Fazekas hervorgehoben, und ich möch­te daher ganz kurz auf diese mir sehr wichtig erscheinenden Punkte eingehen, bevor ich auf die erwähnten Kritikpunkte eingehe.

Die Reise- und Bewegungsfreiheit zwischen den europäischen Mitgliedstaaten hat zugenommen, und das wirkt sich natürlich auch auf die verschiedensten Bereiche aus. Daher ist es mir auch wichtig, dass es zu einer Beschleunigung und Verbesserung des Austausches von Informationen des Strafregisters kommt, nämlich zum Austausch von Informationen des Strafregisters zwischen den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten. Damit soll verhindert werden, dass Vorstrafen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat im Falle einer Verurteilung in Österreich unberücksichtigt bleiben.

Auch sind in Hinkunft die im EU-Ausland im Zusammenhang mit Verurteilungen wegen Sexualstraftaten an einer minderjährigen Person ausgesprochenen Tätigkeitsverbote in das Strafregister einzutragen. Um im Sinne meiner Politik zum Schutz von Kindern vor Gewalt und sexuellem Missbrauch bestehende Gesetzeslücken zu schließen, soll den Jugendwohlfahrtsträgern künftig eine unbeschränkte Abfrage des Strafregisters über einen potenziellen Gewalttäter ermöglicht werden. Das Ziel ist, den konkreten Verdacht einer Kindeswohlgefährdung besser prüfen und damit natürlich mögliche Missbrauchs­fälle vermeiden und verhindern zu können. Damit wird auch einer Forderung der Landeshauptleutekonferenz entsprochen.

Darüber hinaus soll Jugendwohlfahrtsträgern zur Beurteilung der Eignung von Pflege- und Adoptiveltern auch die Möglichkeit eingeräumt werden, Auskünfte aus der Sexualstraftäterdatei zu erhalten.

Schließlich haben – und jetzt komme ich zum Gegenstand der Kritik – Erfahrungen in Wirtschaftsstrafverfahren gezeigt, dass die lange Verfahrensdauer auch von der Dauer der Entscheidung, ob in bestimmte Unterlagen Einsicht genommen werden darf, oder nicht, abhängt. Daher haben wir nach Maßnahmen gesucht, das Verfahren aufgrund eines Widerspruchs des Betroffenen gegen eine Sicherstellung von Unterlagen ohne Verlust der Rechtsstaatlichkeit zu vereinfachen und zu beschleunigen, ohne Rechts­schutz­positionen zu gefährden.

Das heißt, einerseits bin ich immer wieder mit der Kritik konfrontiert, dass die Verfahren zu lange dauern, andererseits sind auch die Maßnahmen zur Beschleunigung und zur


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Entlastung als Anschlag auf die Grundfreiheiten kritisiert worden. Mein Ziel war es dann, aus dieser Doppelmühle heraus doch noch eine gute, eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Nach der Beratung mit Experten haben wir schließlich im Justiz­ausschuss eine gute Lösung erzielt. Und das, Herr Abgeordneter Grosz, war mit Sicherheit keine Justiz nach dem Motto „Wünsch dir was!“, sondern wirklich eine gute Lösung unter Beiziehung der Justizsprecher der Parlamentsfraktionen – ausge­nommen jener des BZÖ – und unter Beiziehung von Experten.

Diese Lösung, die wir erzielen konnten, hält an der grundsätzlichen Trennung zwischen der Verfahrensführung durch die Staatsanwaltschaft und der Kontrolle durch das Gericht fest, aber das Verfahren zur Sicherung sichergestellter Unterlagen wird dabei klarer und transparenter geregelt. Letztendlich soll ja das Berufsgeheimnis jener Berufsgruppen, deren Aussageverweigerungsrecht schon derzeit durch ein mit Nichtigkeit bedrohtes Umgehungsverbot anerkannt ist, umfänglich geschützt werden.

Ich bedanke mich für den konstruktiven Geist in den Verhandlungen des Justizaus­schusses, wodurch es dann letztlich wirklich möglich geworden ist, eine sehr gute Lösung gemeinsam zu finden. Ich begrüße es daher auch, dass durch einen Abän­derungsantrag gegenüber der geltenden Rechtslage unmissverständlich klargestellt wird, dass dieser Schutz von Berufsgeheimnissen und damit das Vertrauen der Betrof­fenen auch dann gewahrt bleibt, wenn der betroffene Berufsgeheimnisträger selbst der Tat beschuldigt wird.

Lassen Sie mich auf den Zusammenhang zwischen der Stellungnahme des Oberlandesgerichtes Graz und § 112 StPO eingehen.

Es war im Begutachtungsentwurf eine Änderung des § 112 StPO vorgesehen, und diese Änderung wurde vom OLG Graz kritisiert. Das wurde von meinen Mitarbeitern im Haus zum Anlass genommen, sich diesen § 112 StPO noch einmal anzusehen und noch weitergehende Änderungen vorzunehmen, eben vor dem Hintergrund, das Verfahren zu beschleunigen, gerade in den großen Wirtschaftsstrafsachen, und vor dem Hintergrund, diese Bestimmung auch besser auszugestalten, klarer auszu­gestal­ten, unmissverständlicher auszugestalten.

Wir sind nämlich nicht – Gott sei Dank nicht, Herr Abgeordneter Steinhauser – zur alten Rechtslage zurückgekehrt, sondern wir haben – und das halte ich für sehr wichtig – diese jetzt zu beschließende Regelung klarer gefasst und auch Dinge eingebaut, die zwar in der Praxis weitgehend üblich sind, etwa dass der Richter auch den Betroffenen bei der Sichtung beizieht – das wird in der Praxis meistens so gehandhabt –, rechtlich aber nicht verankert sind. Dieser Punkt wurde nun rechtlich verankert, und das halte ich im Sinne der Rechtssicherheit für ganz wichtig. Deshalb ist das sogar eine Verbesserung im Vergleich zur alten Regelung, was eben sehr zu begrüßen ist.

Aber eines möchte ich auch noch klarstellen, Herr Abgeordneter Grosz. Sie haben davon gesprochen, dass ein ehrenwerter Richter wieder Herr des Vorverfahrens sein soll. Dazu möchte ich schon festhalten, dass auch die Staatsanwälte ehrenhafte Personen sind, die sehr gute Arbeit leisten. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Grosz: Nicht alle! Fragen Sie Ihre eigene Fraktion, fragen Sie den Herrn Kopf und den Herrn Amon!)

15.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath zu Wort. – Bitte.

 



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15.29.12

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Justiz­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In einem teile ich das von Kollegem Grosz artikulierte Unbehagen, und zwar bezüglich des Vorverfahrens und der damaligen Änderung der StPO, mit der wir den Staatsanwälten die Herrschaft darüber übertragen haben. Die Frage, die sich auch für mich stellt, ist, ob das denn wirklich der Weisheit letzter Schluss war.

Gerade Vorkommnisse der jüngsten Vergangenheit in der Staatsanwaltschaft Wien scheinen mir diese Fragen neuerlich massiv aufzuwerfen. Ich bin daher froh, dass wir im Unterausschuss jetzt evaluieren, ob das in Zukunft so bleiben soll oder ob wir nicht doch wieder die Verfahrensherrschaft in die Hände eines Untersuchungsrichters legen wollen.

Ich will damit aber nicht die Staatsanwaltschaft allgemein angreifen. Ich glaube, es ist sehr wesentlich, dass man auch in diesem Zusammenhang klar differenziert und nicht generalisiert.

Zur Novellierung der Strafprozessordnung möchte ich auch noch ein paar Sätze sagen. Das sehe ich völlig anders als Kollege Grosz. Es gab ein sehr vernünftiges Diskus­sionsverfahren, das die Frau Bundesministerin mit uns geführt hat. Es entspricht der Aufgabe des Parlamentarismus, also unserer Aufgabe, dass wir Themen, die beson­ders im Hinblick auf Grund-, Schutz- und Freiheitsrechte wichtig sind, intensiv dis­kutieren und dann gegebenenfalls eben klarstellende Änderungen vornehmen. Ich bin der Frau Justizministerin dankbar dafür, dass sie stets bereit ist, diesen Prozess mit uns einzugehen, und ich bin den Beamten dankbar dafür, dass sie dabei überaus konstruktiv mitgewirkt haben.

Noch ein abschließendes Wort: Es ist hier im Haus ja wohlbekannt, dass ich im Zu­sam­menhang mit dem Bankgeheimnis besonders sensibel bin, weil es dabei um den Schutz der Menschen in ihrer intimsten Zone geht. (Abg. Dr. Jarolim: Na, na, das ist ein bisschen übertrieben!) Derselbe Schutzanspruch gilt auch für die Verschwiegen­heitsrechte der Anwälte und der Journalisten. Mit Bedachtnahme darauf haben wir jetzt eine gute Lösung gefunden, und ich hoffe, dass wir sie alle mittragen können. Vielleicht kann das BZÖ auch noch einmal in sich gehen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Nein, leider nicht!)

15.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann ist nun zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.32.12

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Grundsätzlich halte ich die jetzt zu beschließende Regelung für vernünftig und richtig. Ich glaube, dass man einen Mittelweg gefunden hat. Nur eines möchte ich schon festhalten, Herr Kollege Don­nerbauer: Die Wahlmöglichkeit gibt es nicht. Wenn man das Grundrecht der verschwiegenen Behandlung von Daten und Informationen, die ein Anwalt, ein Journalist oder ein Arzt erhält, nämlich selbst verletzt als einer der Träger dieser Informationen, indem man das Wahlrecht einräumt, ohne richterliche Voruntersuchung der Staatsanwaltschaft etwas zu geben, dann verletzt man seine Berufspflicht als Anwalt, als Arzt und auch als Journalist. Das heißt, man hat sehr wohl berufsrechtliche Konsequenzen zu befürchten. Daher: Es gibt kein Wahlrecht!

Jetzt zur Gesetzeswerdung: Ich halte das wirklich für eine sehr gefährliche Ent­wicklung, und ich habe Ihre Stellungnahme, Frau Bundesministerin, mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommen. Wenn man nämlich sagt, dass das Wichtigste an


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 137

dieser Novelle der Austausch von Strafregisterauskünften war und im gleichen Ausmaß die Verschwiegenheitspflicht aushebelt, die eigentlich Grundrechte schützen muss, dann muss ich sagen, die Geisteshaltung, die in dem Ministerium vorherrscht, ist falsch. Das sieht man auch daran, dass man versucht, ausschließlich über Strafrecht Gesellschaftspolitik zu machen. Das ist nicht mehr notwendig. (Beifall des Abg. Dr. Fichtenbauer.) Wir haben so viel geregelt im Strafrecht, dass es nicht mehr not­wendig ist, auch noch Verschärfungsbestimmungen festzulegen.

Es gibt dieses Wahlrecht nicht, das da immer behauptet wird, deshalb war auch die Vorgangsweise insbesondere jenen Berufsgruppen gegenüber falsch, die über eine Berufsverschwiegenheit verfügen. Erst nach dem Begutachtungsverfahren hat man eine Abänderung vorgebracht. Diese Vorgangsweise halte ich erstens für falsch, zweitens muss man sich endlich abgewöhnen, ausschließlich über Strafrecht Gesellschaftspolitik zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


15.34.43

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Ich möchte auch auf die Strafregister­novelle eingehen, bei der es darum geht, dass die Abfragemöglichkeit durch die Jugendwohlfahrt verbessert werden soll. In Vorarlberg hat sich im Zuge der Aufar­beitung des Falles Cain eine Expertenkommission unter der Leitung von unserem Landesamtsdirektor eingefunden, die festgestellt hat, dass dieser Datenabgleich rasch und unbürokratisch zu erfolgen hat und dass dafür gesetzliche Grundlagen geschaffen werden müssen.

Das vorliegende Gesetz bietet nun wirksameren Schutz für Kinder, für Jugendliche, bessere Abfragemöglichkeiten für die Jugendwohlfahrtsträger, doch der direkte Zugriff aufs Strafregister bleibt verwehrt, das hat sich Vorarlberg gewünscht beziehungsweise gefordert. Das ist zwar verfassungsrechtlich nicht möglich, allerdings kann eine bes­sere und unbürokratischere Abfragemöglichkeit landesgesetzlich geregelt werden. Es ist notwendig, dass wir Lehren aus so tragischen Fällen wie dem Fall Cain ziehen.

Ich bringe noch einen Antrag, in dem es um ein Redaktionsversehen geht, ein.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes, wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel 3 Z 3 wird in § 112 Abs. 2 dritter Satz das Wort „letzter“ durch das Wort „vorletzter“ ersetzt.

*****

(Beifall bei der ÖVP.)

15.36



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 138

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und ausreichend unterstützt. Er steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1677 d.B.), in der Fassung des Ausschussberichtes (1700 d. B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessordnung 1975 geändert werden (1677 d.B.) , in der Fassung des Ausschussberichtes (1700 d. B.), wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel 3 Z 3 wird in § 112 Abs 2 dritter Satz das Wort „letzter“ durch das Wort „vorletzter“ ersetzt.

Begründung

In § 112 Abs. 2 soll ein Redaktionsversehen (falscher Verweis auf den letzten Satz des Abs. 1) bereinigt werden.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Jarolim, den ich jetzt nicht sehe (die Abgeordneten Dr. Cap und Amon stehen vor dem Sitzplatz des Abg. Dr. Jarolim, sodass dieser nicht zu sehen ist – Abg. Grosz: Der hat sich versteckt!), ist nun zu Wort gemeldet. – Bitte. (Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

 


15.37.02

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Gibt es sonst noch irgendwelche Zwischenrufe, Herr Grosz? Mein Gott, was soll man dazu sagen?! – Ich glaube, am gescheitesten ist eh, nichts.

Meine Damen und Herren, eigentlich möchte ich mich bedanken dafür, dass wir doch noch eine Änderung des § 112 zustande gebracht haben. Kollege Ikrath hat – abseits von seiner Auffassung, was intim ist und was nicht – der Staatsanwaltschaft ein sehr schlechtes Zeugnis ausgestellt, insbesondere der Wiener Staatsanwaltschaft, wobei ich nicht genau weiß, wer damit gemeint ist, ob die Oberstaatsanwaltschaft oder die Staatsanwaltschaft, und warum. Er hat darüber hinaus den mir etwas obskur erscheinenden Gedanken geäußert, ob nicht der Untersuchungsrichter der Weisheit letzter Schluss ist und war.

Ich glaube, dass man grundsätzlich davon ausgehen muss, dass immer bekannt war, als wir die Strafprozessordnungs-Novelle umgesetzt haben, dass das nur dann geht, wenn eine entsprechende personelle Ausstattung in den staatsanwaltschaftlichen Behör­den stattfindet. Diese Diskussion fand schon unter Minister Böhmdorfer statt, der uns hier mehr oder weniger erklärt hat, er werde Rechtspraktikanten, Hilfskräfte mehr oder weniger, aufstellen, die dann diese staatsanwaltschaftlichen Agenden durch­führen sollen. Wir wussten damals schon, dass das ein Problem ist. Ich kann nur


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 139

sagen, wir haben als Fraktion damals nicht zugestimmt, weil wir das als nicht ernsthaft betrieben gesehen haben, was Böhmdorfer umgesetzt hat.

Leider Gottes hat sich das bewahrheitet, wir haben ein Problem. Wir suchen jetzt überall Staatsanwälte, haben zu wenig Staatsanwälte. Es kommt aus dem Bundes­ministerium für Inneres leider Gottes – und das ist ein großer Nachteil, Kolleginnen und Kollegen – nicht die entsprechende Unterstützung für die Staatsanwaltschaft, um da wirklich stringent vorzugehen. Daher haben wir momentan das Problem, dass eine Unzahl von Verfahren anhängig ist, die nur sehr schleppend erledigt werden können. Das liegt weniger an der Staatsanwaltschaft, sondern vielmehr an der fehlenden Unterstützung für die Staatsanwalt durch das BMI und die dort zur Verfügung gestellten Personen.

Für die BAWAG-Aufklärung beispielsweise waren 120 Beamte abgestellt, bei anderen großen Verfahren, die derzeit anhängig sind, sind es gerade mal zehn bis zwölf – daran kann man sehen, dass es da anders zugehen muss. Das ist wenig lustig, und ich glaube, dass weder das Bundesministerium für Inneres noch das Justizministerium es sich letztlich verdient haben, sich mit diesen Umständen mehr oder weniger so herum­zuschlagen.

Frau Bundesministerin, wir akzeptieren, wir wissen, dass Sie alles dazu beitragen, dass wir mehr Staatsanwälte bekommen, der Markt gibt sie ja teilweise nicht her, aber das ist auch etwas, das hausgemacht ist. Es war Böhmdorfer, der vom Konzept her aus meiner Sicht mehr oder weniger in völlig unverantwortlicher Art und Weise die Situation so eingetaktet hat, wie wir sie jetzt lösen müssen, und das darf man sicherlich nicht vergessen, wenn wir diese Reform beschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.40.23

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Die Sache ist eigentlich zu komplex und würde zu viel Aufmerk­samkeit erfordern, um sie hier in wenigen Minuten adäquat behandeln zu können. Ich versuche daher ein paar wesentliche Dinge zu wiederholen, zu sagen, was ich schon öfters gesagt habe und auch künftig noch sagen werde.

Es gibt offenkundig kein Bewusstsein in der Legistik und auch in der einschlägigen Verwaltung, dass dem dialektischen Widerspruch zwischen Rechtsstaat, in Form der Wahrung von Grund- und Freiheitsrechten, und Verfahrensinteressen gerecht wird.

Was heißt „Grundrechte“? – Grundrechte sind ein Verzicht des Staates auf Macht­ausübung. Es ist ein bewusster Akt, einen sogenannten weißen Fleck in der Fähigkeit des Zugriffes auf den Bürger einzuräumen, gesetzlich abzusichern. Und wie die letzten Wochen gezeigt haben, ist dieser Rechtszustand eigentlich ständig Gegenstand einer Gefährdung. Der Gegenstand, über den wir reden, ist der Konflikt zwischen schnellem Prozess und rechtsstaatlichem Prozess. Es ist ja nicht von ungefähr gekommen, dass durch eine Stellungnahme des Oberlandesgerichts Graz ein bestimmter Drall in die Sache gebracht worden ist, und es ist der Frau Bundesministerin für Justiz hoch anzurechnen, dass sie in den Diskussionsprozess eingetreten ist, zu Recht auf Distanz zum Erstentwurf gegangen ist, der in scharfe Kritik gezogen worden ist. Damit steht heute eine gute Lösung zur Beschlussfassung bereit.

Ansonsten kann ich nur sagen, dass ich dem Kollegen Peter Wittmann vollinhaltlich recht gebe. Es ist ein staatsrechtlich verderblicher und gesellschaftswidriger Vorgang, die Auseinandersetzung über politische gewünschte oder ungewünschte Zustände


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strafrechtlich zu determinieren. Der Rechtsstaat darf und kann keine Jagdgesellschaft zur Befriedigung von unlimitierten Informationsgelüsten werden.

Daher lag die wesentliche Gefährdung bei diesem Entwurf natürlich nicht im Bereich der Priester und eigentlich auch nicht bei den Journalisten, denn die verfassungs­rechtlich abgestützte journalistische Grundfreiheit wäre dem entgegengestanden, son­dern im Bereich der Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Notare. Der Zugriff auf das, was berufsgeschützt und durch Aussageverweigerungs-Schutzeffekte dem staat­lichen Zugriff tendenziell entzogen ist, ist ein täglicher Wunsch der Strafverfolgungs­behörden. Es ist die rechtsstaatliche Bremse, die wir auch unter dem Begriff der Waffengleichheit fassen, die weiß Gott keineswegs besteht. Waffengleichheit ist ein schönes Wort, aber kein realer Zustand.

Der Rechtsstaat ist in diesem Raum stets das kleine Pflänzchen, das gegossen werden muss, und es ist, was auch oft verwechselt wird, die Aussageverweigerung beziehungsweise die Aussageverweigerungspflicht kein Privileg des Berufsstandes, sondern Ausdruck des Schutzes des vertretenen Bürgers, der jeder von Ihnen sein kann. Jeder kann jeden Tag von Verfolgung, sei sie gerecht oder ungerecht, betroffen sein, und der Rechtsstaat hat die Systematik entwickelt, dass die Vertretung frei von Furcht und unter Wahrung des Berufsgeheimnisses erfolgen muss. Es gibt kein Optionsrecht. Es gibt mehrere Fälle, in denen ein Rechtsanwalt unter Wahrung der Verschwiegenheitspflicht eine Verurteilung hingenommen hat, um das Geheimnis seines Klienten nicht zu verraten, mit dem er sich eventuell frei hätte beweisen können.

Das ist die Bürde, die man als Anwalt übernimmt, die Pflicht – aber der Staat soll gefälligst, soweit es geht, seine Finger davon lassen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Neugebauer und Kopf.)

15.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1700 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen zwei Abänderungsanträge eingebracht.

Ich werde zunächst über die erwähnten Abänderungsanträge – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 3 Z 3 § 112 Abs. 1.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Donnerbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 3 Z 3 § 112 Abs. 2.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich wiederum um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

15.47.1010. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1650 d.B.): Bundes­gesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012 – EAVG 2012) (1701 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stefan zu Wort. – Bitte.

 


15.47.31

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das Energieausweis-Vorlage-Gesetz ist ein typisches Beispiel für unnötige Bevormundung, wie sie von der Europäischen Union in Komplizenschaft mit ÖVP und SPÖ etabliert wird.

Was ist der Hintergrund dieses Gesetzes? – Es gibt bereits ein Energieausweis-Vorlage-Gesetz. Jetzt ist die Regelung so getroffen: Man kann so einen Energie­ausweis, also ein Gutachten über die Energieeffizienz seiner Liegenschaft, seiner Wohnung und so weiter erstellen lassen. Wenn man so etwas hat, dann wird das im Zuge des Kaufvertrags oder des Mietvertrags an den Käufer oder Mieter übergeben, und dann gilt das als Grundlage des Vertrags. Wenn es so etwas nicht gibt, dann gilt einfach eine der Art und der Bauweise dieses Objektes entsprechende Energieeffizienz als vereinbart, und der Verkäufer haftet dafür.

Das ist eine klare Regelung. Wenn ich als Liegenschaftseigentümer die Sicherheit haben will, dass ein Gutachter, also ein Ausweisersteller, dafür haftet, dann werde ich mir so ein Gutachten besorgen, werde dafür etwas bezahlen und werde es vorlegen. Wenn ich den Eindruck habe, dass das nicht erforderlich ist, weil die Liegenschaft sowieso dem Stand der Technik entspricht oder dem Stand der Bauweise, dann werde ich das nicht tun müssen.

Die neue Regelung jetzt besagt: Ich muss unbedingt ein solches Gutachten erstellen lassen, so einen Energieausweis unbedingt erstellen lassen, und ich muss den auf jeden Fall vorlegen. Wenn ich das nicht tue, dann habe ich sofort wieder eine Verwaltungsstrafe bis zu 1 420 € zu bezahlen. Das ist das Ergebnis, und ich verstehe den Sinn nicht. Denn wenn es darum geht, dass wir auf dem Gebiet sensibler werden, was Energiesparmaßnahmen und so weiter betrifft, dann hat das ja überhaupt keinen Effekt, denn es wird ja das Objekt nicht besser, es hat ja überhaupt keinerlei Auswirkung, was in diesem Energieausweis drinnen steht, sondern es haftet eben nur der Gutachter. Wenn da drinnen steht, das Objekt hat einen ungeheuer hohen Verbrauch, dann kann ich das dem Käufer übergeben, und der weiß dann, dass es so ist. Wenn der Verbrauch geringer ist, dann hat er Glück gehabt, und wenn es nicht so ist, dann haftet der Gutachter dafür.


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Das ist also überhaupt nichts, das dazu führt, dass der Umweltschutz verbessert wird, sondern es ist nur eine weitere Bevormundung der Bürger. Es werden Kosten ver­rsacht, weil jetzt jeder so ein Gutachten machen lassen muss, und es kann allenfalls zu Strafen führen. Das sind genau die Maßnahmen, die ich einfach nicht verstehe, wo ich nicht verstehe, warum so unnötig auch in die Vertragsfreiheit der Bürger eingegriffen wird, warum so unnötig ein bisschen auch in ihre eigene Vernunft oktroyierend einge­griffen wird. Daher lehnen wir das definitiv ab. (Beifall bei der FPÖ.)

15.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


15.50.25

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Abgeordneter Stefan, ich glaube, dass Sie da zu viel aus der Sicht Ihres Zivilberufes gedacht haben, was völlig legitim ist, aber ich meine, dass gerade das vorliegende Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012 bessere Informationen für Mieter und Käufer von Immobilien vorsieht.

Inhaltlich gesehen wird zur Umsetzung der Bestimmungen der EU-Gebäude­richt­linie 2010 ein neues Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012 erlassen, das an die Stelle des Gesetzes aus dem Jahre 2006 tritt. Ich weiß selbst aus den Erfahrungen, die ich beim Umbau eines Hauses gemacht habe, was sich in der heutigen, schnelllebigen Zeit in sechs Jahren alles verändert.

Dieses Thema ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, bei dem es auch in Richtung Energiesparmaßnahmen geht, sondern das stellt meines Wissens auch einen Wohlfühlfaktor dar. Es entsteht eine größere Lebensqualität dadurch, dass man zum Beispiel geringere Heizkosten und so weiter hat.

Bei Immobilieninseraten müssen zum Beispiel in Zukunft immer auch die wichtigen Energiekennzahlen des Objektes angegeben werden. Also ich finde, dass das einfach zur Unterstützung der Käufer dient. Damit erhalten Interessenten eine klarere Ent­scheidungsgrundlage beim wichtigen Thema Energiekosten. (Abg. Mag. Stefan: Das wird dadurch nicht besser! Das gibt ja nur die Werte an!) Man weiß so im Vorhinein relativ genau, mit welchen Heizkosten zu rechnen ist. Weiters wird den Käufern oder Mietern die Durchsetzung ihres Rechts auf einen Energieausweis sozusagen erleich­tert.

Es gab ja bislang ein gewisses Regelungsdefizit beziehungsweise gab es keine Bestimmungen, welche Rechtsfolge an einen vorgelegten Energieausweis anknüpft. Das basierte eher auf Goodwill. Dieses Manko wird nun mit einer eigenen Gesetzes­bestimmung behoben.

Außerdem wird das neue Gesetz – das sollte man auch bedenken – erst mit 1. Dezember 2012 in Kraft treten. Damit wird allen betroffenen Gruppen genug Zeit eingeräumt, die Vorgaben umzusetzen.

Jedenfalls: Alles, was mit Energie, alles, was mit Umweltschutz zu tun hat, sollte uns tatsächlich am Herzen liegen – und nicht nur geschäftliche Interessen! (Beifall bei der ÖVP.)

15.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. –Bitte.

 



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15.53.27

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Kollegin Steibl, es freut mich ja, dass Sie mittlerweile Gesetze mit „Wohlfühlfaktor“ beschließen. Jedenfalls: Sie verkomplizieren etwas, wälzen die Kosten auf jene um, die in diesem Land noch Eigentum haben – und das ist ja laut ÖVP auch schon schändlich, denn Ihrer Ansicht nach darf man ja offensichtlich gar nichts mehr haben; man darf kein Haus besitzen, keine Wohnung, et cetera. Das zählt bei Ihnen von der ÖVP offensichtlich alles schon zum „Wohlfühl­faktor“.

Die Entmündigung der Menschen in unserem Lande stellt also für Sie von der ÖVP einen „Wohlfühlfaktor“ dar, auch die Erhöhung der Kosten durch Verwaltungsrichtlinien, die Sie überschießend von der Europäischen Union in Ihrer parteipolitischen Knecht­schaft übernehmen – und dies zulasten des Hausbesitzerbundes. In diesem Zusam­menhang darf ich Sie von der ÖVP im Übrigen an die Stellungnahmen der Wirtschafts­kammer dazu erinnern. In vielen weiteren Stellungnahmen wurde das ähnlich gesehen. Aber trotzdem ist das für Sie, Frau Kollegin Steibl, eine Gesetzesmaterie mit „Wohlfühlfaktor“. Sie machen nur mehr Gesetze entsprechend diesem „Wohlfühlfaktor“: Die Menschen zahlen, die Hausbesitzer zahlen, aber Hauptsache ist, Sie fühlen sich dabei wohl.

Aber da haben Sie leider Gottes Ihre Funktion missverstanden, Frau Kollegin Steibl, denn es geht nicht darum, dass Sie sich da wohlfühlen, wenn Sie da in der zweiten Reihe sitzen, sondern es geht darum, dass in unserem Land Gesetze beschlossen werden, damit sich die Bürgerinnen und Bürger wieder wohlfühlen – und sie nicht entmündigt werden. (Abg. Steibl: Ich sitze in der zweiten Reihe, aber Sie sitzen in der vierten Reihe!) Jeder muss in Zukunft einen Ausweis für seine Immobilie anfertigen lassen, beim Verkauf wird es noch komplizierter. Daher meine Frage: Was wollen Sie denn den Menschen in unserem Land noch alles erklären?!

Wir wissen, was Raucher betrifft gibt es die Entmündigung. Ihre ehemalige Gesund­heitsministerin – sie ist im Übrigen auch nicht mehr da, Kdolsky hat sie geheißen – hat gemeint, Schweinebraten darf nicht mehr gegessen werden. Und jetzt wollen Sie den Leuten erklären, wie sie zu leben haben, wie sie zu wohnen haben, was sie essen dürfen, wann sie schlafen müssen! – Entschuldigen Sie, aber das ist doch eine Nacht­wächterpolitik, die Sie von der ÖVP hier betreiben, Frau Kollegin Steibl!

Wir werden das auch im Sinne der Stellungnahmen der Wirtschaftskammer – das geben wir unumwunden zu –, im Interesse all jener Organisationen, die das massiv kritisieren, im Interesse des Hausbesitzerbundes, im Interesse des Eigentums ab­lehnen. (Beifall beim BZÖ.)

15.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


15.55.37

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Umsetzung dieser Gebäuderichtlinie 2010/31 der EU wird das relativ junge Energieausweis-Vorlage-Gesetz aus 2006 novelliert. Das ist schon dargelegt worden. Wesentlich dabei ist, dass eben in Zukunft verpflichtend dieser Energieausweis beim Verkauf vorgelegt werden muss oder auch in Inseraten angegeben werden muss, wenn etwas zum Verkauf angeboten wird.

Wesentlich dabei ist, dass damit über die energetische Qualität des Gebäudes infor­miert wird. Im Energieausweis findet sich allerdings nur der errechnete Kennwert und nicht der tatsächliche Energieverbrauch. Das ist immer schon das Problem beim Energieausweis gewesen. Das heißt, im Einfamilienhausbereich wird es wahr­schein-


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lich übereinstimmen, wird es im Wesentlichen so sein, dass der Kennwert auch dem Verbrauch entspricht. Im Mehrfamilienhaus, also im städtischen Bereich, wird das wahrscheinlich nicht immer der Fall sein, vor allem dann nicht, wenn die Wohnungen eher exponiert liegen, besonders schlecht beheizbar sind. Das heißt, die Energie­qualität der Wohnung wird vom Wert, der die Gesamtenergieeffizienz ausweist, ab­weichen. Vor allem auch bei Gebäuden im Altbestand wird es wahrscheinlich oft schwierig sein, dass dafür ein Energieausweis vorgelegt wird, weil Unterlagen mög­licher­weise nicht mehr vorhanden sind, was dazu führt, dass die Erstellung dieses Ausweises schwieriger und auch teurer sein wird.

Zu befürchten ist, dass mit dieser Novelle auch die Erstellung des Ausweises teurer wird, und zwar aufgrund der Haftungsbestimmungen, die ja ausgeweitet werden. Seit der Novelle 2009 besteht die Möglichkeit, den Mietern die Kosten über die Haupt­mietzinsreserve – ich spreche hier vom Mehrfamilienhaus – anzulasten.

Wir stellen uns vor, dass es ein öffentliches Register gibt. An sich besteht dafür die Rechtsgrundlage. Mit einem solchen öffentlichen Register, ähnlich jenem, wie es das Grundbuch darstellt, würden sich die Strafbestimmungen und auch Aushändigungs­probleme erübrigen, wenn jeder, bevor er ein Haus oder eine Wohnung erwirbt, in diesem Register nachsieht.

Wir werden dem vorliegenden Gesetz natürlich unsere Zustimmung geben. Ich ersuche aber trotzdem Sie, Frau Ministerin, und das Ressort bei einer nächsten Novelle im Vorfeld auch mit den Betroffenen in engeren Kontakt zu treten, denn mög­licher­weise hätte die Auslegung des Zeitpunktes, wann dieses Gesetz in Kraft treten soll, nicht so streng sein müssen, und wir hätten noch Zeit gehabt, einige Schwierig­keiten zu beseitigen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


15.59.06

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Energieausweis ist ein sinnvolles Instrument, weil er einerseits MieterInnen wie auch VermieterInnen, andererseits auch KäuferInnen und VerkäuferInnen Aufschluss über die Energieeffizienz eines Hauses gibt. Es ist unbestritten, dass das klimapolitisch sinnvoll ist. Die wenigsten wissen, wenn es diesen Energieausweis nicht gibt, über den Zustand hinsichtlich der Energieeffizienz eines Hauses Bescheid. Aber es ist auch mietrechtspolitisch sinnvoll, weil ein Mieter, wenn er in eine Wohnung einzieht, wissen soll, was ihn in etwa an Heizkosten erwartet.

Aber aus Anlass der heutigen Diskussion möchte ich Sie, Frau Ministerin, auf ein anderes Dilemma hinweisen, weil wir ja grundsätzlich einmal über die Mietzinsbildung diskutieren sollten, nämlich auf ein Dilemma im Zusammenhang mit der thermischen Sanierung.

Wir haben folgendes Problem: Für die Erhaltung eines Hauses ist der Vermieter zu­ständig. Der steckt insofern in einem Dilemma, als dass er thermische Sanierungen nicht bezahlen will, weil er für sich keinen Nutzen sieht. Den Nutzen hat nämlich nachweisbar der Mieter, weil dessen Energiekosten sinken. Der Mieter ist aber logischerweise – und das ist auch richtig – nicht für die Erhaltungskosten eines Hauses zuständig. Das soll sich auch nicht ändern. Der Vermieter soll für die Erhaltungskosten zuständig bleiben.

Aber ich werbe dafür, weil es ohnedies notwendig ist, einmal die Mietzinsbildung im MRG zu überarbeiten. Da wäre es sinnvoll, darüber nachzudenken, ob man nicht den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 145

thermischen Zustand einer Wohnung in die Mietzinsbildung einfließen lässt, dass man nämlich einen thermischen Standard definiert und sagt, wenn ein Haus diesen ther­mischen Standard nicht erreicht, soll es Abschläge geben. Dadurch wird die Wohnung billiger, was gerecht ist, weil der Mieter ein Mehr an Heizkosten hat.

Umgekehrt besteht ein Anreiz für den Vermieter, zu investieren, weil er sich dadurch die Abschläge erspart. Für den Mieter ist es aber, wenn man es richtig macht, kosten­neutral, weil er ja um das weniger Heizkosten hat. Dieses Dilemma gehört aufgelöst, und da wäre im Zuge einer Überarbeitung der Mietzinsbildung im Mietrechtsgesetz ein Schritt notwendig. (Beifall bei den Grünen.)

Dass wir in diesem Bereich etwas machen müssen, ist klar, Frau Ministerin, das müss­ten auch Sie wissen, weil die Mietkosten laufen den Familien, aber auch den Nicht-Familien davon. Im April wird es wieder eine Steigerung der Richtwertmietzinse um über 5 Prozent geben. Wir brauchen mehr Transparenz, mehr Klarheit bei der Miet­zinsbildung, und in diesem Zusammenhang macht es Sinn, Aspekte des thermischen Zustands einer Wohnung in die Mietzinsbildung einfließen zu lassen.

In diesem Sinn: Trauen Sie sich über eine mutige Reform bei der Mietzinsbildung drüber, entlasten Sie die Mieterinnen und Mieter, aber machen Sie auch etwas für die thermische Sanierung, denn das ist klimapolitisch notwendig und angesagt! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köfer. – Bitte.

 


16.02.13

Abgeordneter Gerhard Köfer (SPÖ): Geschätzte Frau Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Energiesparen, in welcher Form auch immer, gewinnt nicht nur allein wegen dem Umweltschutz an Bedeutung, sondern es hat mittlerweile auch fiskalische und vor allem merkantilistische Gründe. Dem hat auch die Stadt Spittal Rechnung getragen, und ich glaube, wir können hier als positives Beispiel geführt werden. Es waren dazu einige Schritte notwendig. So haben wir im letzten Jahr in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für erneuerbare Energie ein sehr umfassendes Energiekonzept erstellt, in welchem der Verbrauch, Einsparungs­poten­tiale und noch zur Nutzung zur Verfügung stehende Ressourcen dargestellt wurden. Zudem wurden aber auch alle gemeindeeigenen und privaten Gebäude energie­technisch durchleuchtet und zahlreiche Einzelmaßnahmen zur effizienteren Energie­nut­zung erarbeitet.

Der nächste Schritt war, wir sind dann auch Mitglied im sogenannten e5-Landes­programm geworden. Wir wurden mittlerweile auch der ersten Zertifizierung unter­zogen, und auf Anhieb haben wir damals zwei von fünf möglichen e erreicht. Es besteht auch die gute Chance, dass wir heuer noch das dritte erreichen, das wäre nämlich deshalb wichtig, weil wir dann den European Energy Award in Silber erhalten würden. Das ist zwar jetzt nicht unmittelbar erstrebenswert, aber es wäre doch eine Auszeichnung unserer Stadt.

Wir sind seit Anfang letzten Jahres auch eine Klima- und Energiemodellregion, und zwar mit dem Projekt „Spittal/Drau: Das Biomassezentrum Kärntens“. Die Nutzung des sicherlich noch reichlich vorhandenen Holzes in Österreich wird massiv forciert, und die Errichtung eines Biomassekraftwerkes steht unmittelbar bevor. Im Endausbau werden dann 10 000 Gebäude im Stadtgebiet mit biogener Fernwärme versorgt werden, aber auch unsere Industriebetriebe – das ist sicherlich ein Novum – werden dann mit Dampf und Wasserstoff versorgt werden können. Das hat dann auch sehr positive Effekte für


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... (Abg. Dr. Bartenstein: Na Wasserstoff hoffentlich nicht!) – Wasserstoff. (Abg. Dr. Bartenstein: Wasserstoff?) Wasserstoff, ja. Das ist ein neues Verfahren der Firma Griesser. – Das wird äußerst positive Effekte auch für unsere Bilanz und den Fein­staub­haushalt in der Stadt haben.

Wenn wir heute dieses Energieausweis-Vorlage-Gesetz beschließen, so deshalb, weil eine EU-Richtlinie umgesetzt werden muss. Selbst wenn wir es begrüßen, dass dadurch das Bewusstsein, was den Energieverbrauch anbelangt, weiter geschärft wird, so bleibt es trotzdem ein Wermutstropfen, dass die dadurch entstehenden Kosten und der Mehraufwand in der Verwaltung für die österreichischen Kommunen beträchtlich ausfallen werden und die ohnehin knappen Gemeindekassen wahrscheinlich weiter belasten werden. (Beifall bei der SPÖ.)

16.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Dr. Karl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.05.13

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir setzen mit dieser Vorlage eine Richtlinie der Europäischen Union, nämlich die sogenannte Gebäuderichtlinie 2010, um. Ziel dieser Richtlinie ist es, vor allem den Energieverbrauch im Gebäudesektor zu senken und durch einen verstärkten Einsatz von erneuerbarer Energie die Energieabhängigkeit der Europäischen Union und die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren.

Die bestehenden Instrumentarien sollen verfeinert und ausgeweitet werden, und das Regulativ soll einfach effektiver ausgestaltet werden. Die Regeln über die Erstellung, die Vorlage und den Aushang des Energieausweises sind ja im Wesentlichen gleich geblieben, sind aber im Einzelnen dann doch modifiziert und verbessert worden. Im Vergleich zum geltenden Recht enthält der Entwurf als eine der wichtigsten Neue­rungen eine spezielle Informationspflicht bei der Schaltung von Immobilieninseraten in Zeitungen oder in elektronischen Medien, wobei zwei wichtige Energiekennwerte anzugeben sind, nämlich der Heizwärmebedarf und der Gesamtenergieeffizienzfaktor.

Die Bestimmungen über die Ausnahmen von den Pflichten des Energieausweis-Vorlage-Gesetzes für bestimmte Gebäudekategorien sollen nun ohne Verweis auf die Länderregelungen bundesweit einheitlich getroffen werden. Als Rechtsfolgen der Ausweis-Vorlage sind eine Gewährleistungspflicht des Verkäufers oder Bestandgebers sowie eine unmittelbare Haftung des Ausweiserstellers gegenüber dem Käufer oder Bestandnehmer für die Richtigkeit des Energieausweises vorgesehen. Bei der Beurtei­lung dieser Richtigkeit sind allerdings Bandbreiten zu berücksichtigen, die aus tech­nischen Gründen bei der Ermittlung der Energiekennzahlen ganz einfach unvermeid­lich sind.

Bei einer unterlassenen Aushändigung des Energieausweises nach Vertragsabschluss kann der Käufer oder der Bestandnehmer nach ergebnisloser Aufforderung entweder die Aushändigung des Ausweises gerichtlich fordern oder selbst einen Energieausweis einholen und die angemessenen Kosten vom Vertragspartner ersetzt erhalten.

Um der Immobilienwirtschaft auch ausreichend Zeit zu geben, sich auf die Neurege­lungen einzustellen, wird der von der Richtlinie eingeräumte Zeithorizont für die Umsetzung weitestgehend ausgeschöpft. Das heißt, als Datum des Inkrafttretens ist erst der 1. Dezember 2012 vorgesehen.

Ich ersuche Sie um breite Zustimmung zu diesem Vorschlag. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.08



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 147

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1650 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.08.48 11. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 63, 66, 67, 69, 73, 98, 104, 112 und 113, 117, 121, 124, 126 und 127, 130 bis 134, 136, 144, 146 und 151 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 32 und 33 (1688 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


16.09.35

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Sammelbericht behandelt 23 Petitionen und zwei Bürger­initiativen. Davon sind 20 Petitionen mit „durch Kenntnisnahme des Ausschuss­berich­tes“ erledigt worden. Zur Bürgerinitiative „Stoppt Sex-Handel mit Kin­dern & Ju­gendlichen“ fand im letzten Petitionsausschuss ein Hearing statt, danach wurde diese dem Menschenrechtsausschuss zugewiesen.

Die Petition „Bürger zahlen für Behördenfehler“ wurde an die Volksanwaltschaft weiter­geleitet.

Nun möchte ich zur Petition „Für mehr Bewegung an Österreichs Schulen“ kommen. Diese wurde dem Unterrichtsausschuss zugewiesen. In dieser Petition wird von den neun Landespräsidenten der Sportunion gefordert, das Bewegungsangebot an den österreichischen Schulen auszuweiten. Konkret fordern sie mindestens drei Stunden Sport und Bewegung in den Lehrplänen für 6- bis 14-jährige Schüler, eine tägliche Bewegungseinheit in den Kindergärten und Schulen sowie ein verpflichtendes Bewe­gungs­angebot im Rahmen der Freizeitbetreuung an Ganztagsschulen. Weiters wird noch gefordert, die schulische Sportstätteninfrastruktur während der unterrichtsfreien Zeit Sportvereinen und anderen Interessierten zum Selbstkostenpreis zur Verfügung zu stellen.

Abschließend noch zur Petition „Resolution der Bürgermeister der von der Apotheken­gesetznovelle 2006 betroffenen Gemeinden in NÖ“. Diese Petition wurde dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. Zu den Anliegen dieser Petition: Es wird befürch­tet, dass es aufgrund der restriktiven Bestimmungen für die Bewilligung von ärztlichen Hausapotheken zunehmend schwierig wird, frei werdende Ärzteplanstellen in Land­gemeinden zu besetzen. Immer weniger Ärztinnen und Ärzte wollten sich in entlegenen Regionen niederlassen. Somit sei die ärztliche Nahversorgung schon bald bedroht.


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Gefordert wird in dieser Petition eine möglichst rasche Novellierung des Apotheken­gesetzes. Die bestehenden Schutzzonen der Apotheken sind längst nicht mehr zeitgemäß und müssen zugunsten eines patientenorientierten Nebeneinanders von öffentlichen und ärztlichen Apotheken weichen. (Beifall bei der FPÖ.)

16.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 


16.12.44

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir dis­kutieren insgesamt heute im Sammelbericht 25 Bürgeranliegen, wieder eine überaus breite Themenpalette: von Tierschutz, Sicherung von Zugverbindungen über medizi­nische Versorgung in ländlichen Regionen bis zur Förderung von Freiwilligen­engage­ment, aber auch zahlreiche Anliegen bezüglich Energiefragen, wo es um erneuerbare Energie, Energieeffizienz beziehungsweise die Frage von Stromleitungen geht.

Dass wir einen guten Teil der im Ausschuss behandelten Petitionen und Bürger­initiativen nicht einem Ausschuss zugewiesen haben, hat unterschiedliche Gründe. Entweder wurde das Thema in letzter Zeit ausreichend behandelt oder liegt bereits zur Behandlung in einem Ausschuss, wie zum Beispiel der „Ausstieg aus Atomenergie“ oder der Antrag bezüglich Apothekengesetz-Novelle 2006.

Anliegen konnten aber auch bereits positiv erledigt werden, wie die Wiedereinführung des Alleinverdienerabsetzbetrages oder die Etablierung eines internationalen Welt­mädchentages, der mittlerweile von der UNO für den 11. Oktober beschlossen wurde.

Im Fall der Petition zur Errichtung einer Restmülldeponie in Parndorf haben sich die Voraus­setzungen vollständig verändert. Dazu wird mein Kollege Erwin Preiner noch Stellung nehmen.

Bürgerinitiativen und Petitionen bieten engagierten Menschen wichtige und gute Mög­lichkeiten, sich an dem politischen Prozess zu beteiligen, und in den letzten Jahren haben zahlreiche Anliegen und Initiativen über diese Form den Weg ins Parlament gefunden. Der Petitionsausschuss ist seit einigen Jahren sehr bemüht, diese unter­schiedlichsten Initiativen aus der Bevölkerung wertschätzend zu behandeln und stark unterstützten Petitionen und Bürgerinitiativen in Form eines Hearings einen breiteren Raum zu geben.

Aus den zahlreichen Initiativen und Petitionen kristallisierten sich seit dem letzten Jahr die wichtigen Themenbereiche Kinderschutz und Kinderrechte sowie Kindergesundheit heraus. Drei der fünf Hearings in den letzten eineinhalb Jahren haben auch zu diesem Themenbereich stattgefunden. Das letzte – es wurde schon erwähnt – fand statt zum Thema „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“. Das war eine Initiative der Kinderschutzorganisation ECPAT gemeinsam mit dem Unternehmen The Body Shop. 55 000 Unterschriften für den Kampf gegen Kinderhandel und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen wurden gesammelt und dann als Bürgerinitiative ins Parlament eingebracht.

Es hat dann einen sehr interessanten und wichtigen Informationsaustausch mit Ver­treterInnen von sechs verschiedenen Ministerien und den Ausschussabgeordneten zu dieser Querschnittsmaterie gegeben, der auch wichtige Defizite zu diesem Thema zu Tage gebracht hat. Zum Beispiel, dass es zielgruppengenauere Präventions­maß­nahmen benötigt, spezifische Opferschutzeinrichtungen, eine bessere Vernetzung der bestehenden Initiativen, aber auch, dass die Schnittstellen zwischen Bund und Ländern im Kampf gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen verbes-


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sert gehören. Insgesamt braucht es eine verstärkte Sensibilisierung für das Thema Kinderschutz und Menschenhandel.

Die Bürgerinitiative haben wir schließlich dem Menschenrechtsausschuss zugewiesen, und die Präsidentin hat auch schon eine Ausstellung zum Thema Menschenhandel zugesagt, die voraussichtlich im Dezember 2012 stattfinden wird.

Ich meine, dass wir den Ausschuss insgesamt gut weiterentwickeln konnten, durch die elektronische Unterstützungsmöglichkeit ein wichtiges Instrument geschaffen haben, und wir werden weiterhin auf die Möglichkeit aufmerksam machen, dass Menschen ihre Anliegen einbringen beziehungsweise sie auch unterstützen können. Unserer Fraktion ist es besonders wichtig, dass wir konstruktiv über Instrumente der direkten Demokratie eine Diskussion führen und diese auch weiterentwickeln. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirkl­huber. – Bitte.

 


16.17.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kollegin Lohfeyer hat zu Recht am Schluss dieses Bekenntnis zu mehr direkter Demokratie abgegeben. Das kann ich von grüner Seite nur positiv unterstützen. Das, was im Rahmen der Geschäftsordnung möglich ist, haben wir bereits durch gute Zusammenarbeit mit der Parlamentsdirektion, soweit es geht, entwickelt. Auch das Instrument der Hearings, das geschäftsordnungsmäßig vorge­sehen ist, haben wir die letzten zwei Jahre wirklich optimal genutzt. Insofern kann ich mich dem nur anschließen, dass das letzte Hearing gerade zu dieser heiklen Frage Kinder betreffend, nämlich „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“, ein sehr, sehr guter Beitrag war, auch mit wirklich konkreten Aussagen aus den Ministerien, mit konkreten Überlegungen und Maßnahmen, die in der Vernetzung zwischen Bundes­ländern und Bund getroffen werden können, um die Situation, die Betreuungssituation massiv zu verbessern. Das vorneweg.

Und was auch sehr positiv ist, möchte ich auch noch einmal erwähnen, nämlich dass wir wichtige Materien den Ausschüssen zuweisen, wo sie dann fachlich weiter­verhan­delt werden können.

Warum ich mich trotzdem als grüner Vertreter hier sozusagen kontra melde, ist aus dem Grund, weil es immer noch nicht weitreichend genug ist, weil wir geschäftsord­nungsmäßig kein Verfahren haben, das regelt, welche Initiative jetzt dem Ausschuss zugewiesen wird, welche zur Kenntnis genommen wird und wie wir mit Stellung­nahmen, die von außerhalb der Ministerien kommen, umgehen. Das ist auch ein nach wie vor offener Bereich. Hier brauchen wir dringend aus meiner Sicht eine Verbes­serung der Geschäftsordnung.

Ich nehme eine dieser Initiativen heraus, die Bürgerinitiative für mehr biologische Produkte in den Schulen. Wir haben heute die Unterrichtsfrage, die ganze Schulpolitik schon diskutiert, und diese Initiative haben SchülerInnen zusammen mit Global 2000 initiiert. Es ist eine ganz spannende Initiative, weil gerade die Ernährung eine ganz wichtige Frage ist. Wir hatten heute bereits einen Antrag vom Kollegen Walser zu dem Thema Ernährung im Schulplan gehabt. Wenn SchülerInnen selbst aktiv werden, selbst etwas tun wollen in der Schule, dann sollten wir solche Initiativen nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern sie dem jeweiligen Fachausschuss zuweisen und dort weiter­bearbeiten. Und gerade die Frage der Ernährung ist eine so eminent zentrale,


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und da müssen wir schon bei der Jugend, bei den Kindern, ja sogar schon im Kindergarten ansetzen.

Ich habe vor kurzem in Oberösterreich einen ausgezeichneten Vortrag von Univer­sitäts­professor Mohrs gehört, der auf der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich in Linz lehrt. Professor Mohrs hat dort sehr gut und einleuchtend dargelegt, dass die Geschmacksbildung bereits im frühkindlichen Alter passiert und die Geschmacks­prägungen sogar im Gehirn passieren, das heißt, dass diese Geschmacksvorlieben sehr bald in einer persönlichen Biographie festgelegt werden. Daher ist es nachträglich so schwierig, solche Dinge noch einmal zu verändern. Darum ist bei der Geschmacks­bildung und der Ernährungsfrage gerade bei unseren Kindern und Jugendlichen anzusetzen. Ich finde es, wie gesagt, schade, dass wir diese Frage nicht weiter be­ackert haben, nämlich dem Ausschuss zugewiesen haben.

Genauso wichtig ist die Frage, die wir teilweise in den letzten Monaten mit lösen konnten. Das war nämlich die Frage der artgerechten Tierhaltung, dieser Streit zwi­schen den bäuerlichen Vertretern, der Schweinebranche auf der einen Seite und den Tierschutzbewegten auf der anderen Seite. Das war auch sehr interessant. Die Online-Petitionen haben gezeigt, dass beide Initiativen Unterstützung bekommen, weil sich die Betroffenen organisieren, die Tierschützer und Konsumenten aber auch Interessen haben. Und so kann man sehr gut sehen, dass es hier auf beiden Seiten Dialog und Kommunikation braucht.

Auch in diesem Fall wäre es sehr positiv gewesen, wenn wir diese beiden Petitionen dem Landwirtschaftsausschuss zugewiesen hätten, denn dann hätte man dort beraten können, wie in der nächsten Förderperiode besonders artgerechte Tierhaltung – bes­ser noch als bisher – gefördert werden könnte. Das wäre eine sinnvolle Enderledigung einer Materie, die wir ein Stück weitergebracht haben.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie daran erinnern und auch darüber informieren, dass gerade bei diesem Thema Ernährungs- und Agrarpolitik die österreichische Zivil­gesellschaft, die Konsumentinnen und Konsumenten, auch viele NGOs und bäuerliche Interessenorganisationen ganz dringend mitreden wollen – mitreden wollen bei der Zukunft der Agrarpolitik. Daher lade ich Sie recht herzlich ein, morgen an dieser Veranstaltung direkt vor dem Landwirtschaftsministerium teilzunehmen. (Der Redner hält ein großes Plakat in die Höhe, auf dem unter anderem zu lesen ist: „Wir haben es satt! – eine neue Agrar- und Ernährungspolitik JETZT“.)

Ich hoffe, dass vonseiten der ÖVP der Kollege Schmuckenschlager oder wer auch immer an dieser Demonstration teilnehmen wird, die, von GLOBAL 2000 angefangen bis zur IG Milch, also von Milchbauern quer durch Österreich, gemeinsam veranstaltet wird, weil auch immer mehr Bäuerinnen und Bauern erkennen, dass nur in der Dis­kussion mit dem Konsumenten und nicht gegen den Konsumenten die Lösung der Zukunftsfragen liegt.

Und ganz in diesem Sinne glaube ich, dass wir im Ausschuss diese Interessenlagen der Bürgerinnen und Bürger stärken müssen, wir verstärkt und vor allem zielorientiert in der Geschäftsordnungsdebatte – das wäre mein wichtiges Anliegen – auch diese Frage behandeln sollten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


16.22.53

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Bürgerinitiativen und Petitionen sind im letzten Oktober online gegangen. Derzeit sind fünf Bürger-


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initiativen und 25 Petitionen auf der Parlamentshomepage online zu unterstützen. Diese Möglichkeit wurde auch wider Erwarten von den Bürgerinnen und Bürgern gut, sehr gut angenommen. Je nach Thema gibt es natürlich auch unterschiedlich viele elektronische Zustimmungen, wobei die Themen, die die jungen Menschen interes­sieren, eindeutig die Nase vorne haben. Wir haben einen großartigen Erfolg zu ver­zeichnen, wenn man das genau anschaut. Ich gebe auch dem Herrn Abgeordneten Pirklhuber recht, dass man natürlich anhand dieser Zustimmungserklärungen, die online abgegeben werden, auch abwägen kann, wie das Interesse der Menschen ist.

Es werden aber auch immer mehr Initiativen an das Parlament herangetragen und landen im Ausschuss. Es wird auch zunehmend häufiger ein Hearing zu bestimmten Themen verlangt. Jetzt stehen wir vor der Aufgabe, diesen positiven Ansturm, so möchte ich es nennen, auch arbeitsmäßig zu bewältigen und vor allem den Petenten und ihren Anliegen die nötige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen und diese bestmöglich im Ausschuss erschöpfend zu behandeln.

Das sind Fragen – auch die Weiterentwicklung des Ausschusses beschäftigt uns dort –, die wir bei den Bereichssprechergesprächen behandeln. Es geht natürlich auch um eine Weiterentwicklung der Geschäftsordnung, also um viele Dinge. Wir sind sehr konstruktiv unterwegs, möchte ich sagen. Und es konnten schon einige Anliegen, die aus diesen Gesprächen erwachsen sind, auch von der Frau Präsidentin sehr promi­nent unterstützt, umgesetzt werden. Auch dafür ein Dankeschön.

Ich habe heute schon einige Male dieses letzte Hearing zur Bürgerinitiative Nr. 32 „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“ angesprochen gehört. Ich freue mich auch, dass die Anregung, die daraus erwachsen ist, die vom Ausschuss gekommen ist, nämlich hier eine Ausstellung im Hohen Haus abhalten zu können, von der Frau Präsidentin gewürdigt wurde und dass diese im Dezember auch stattfinden kann.

Andere Anliegen wurden Fachausschüssen zugewiesen, so auch die Petition Nr. 151 betreffend Hausapotheken für Landärzte. Und andere Themen können als erledigt betrachtet werden, wie die Petition Nr. 104 „Verbot von Kastenständen in der Schwei­ne­haltung“, dazu passend natürlich auch die Petition Nr. 131 „Wo bleibt der Men­schenschutz beim Arbeiten mit Muttersauen?“. 

Interessant waren auch die Stellungnahmen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern. Hier wurde ganz deutlich aufgezeigt, dass es sehr häufig zu Unfällen mit Nutztieren kommt, zu häufig, und auch schwere Unfälle zu verzeichnen sind, dass aber insbesondere die Rinderhaltung davon betroffen ist. Ich habe auch noch einmal nachgefragt. Es wird hier intensiv Richtung Prävention gearbeitet. Und: Es ist nicht die artgerechte Tierhaltung ausschlaggebend, sondern Unfälle passieren oft aufgrund der Unaufmerksamkeit der Bäuerinnen und Bauern.

Wie vertrauensvoll die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen an das Parlament herantreten, das konnte durch die Überreichung der Bürgerinitiative betreffend „Rück­über­tragung von Grundstücken im Bereich des Truppenübungsplatzes Allentsteig“ deutlich gemacht werden. 150 Bauernfamilien bangen um ihre Existenz. Ein Großteil ihrer Gesamtflächen sind Heerespachtflächen, und wenn sie die aufgrund von Nut­zungs­änderungen oder Flächenrücknahmen verlieren, kann es zum Aus für ihre Betriebe kommen. Daher erwarten wir uns hier auch eine Stellungnahme von Bun­desminister Darabos. Wir hoffen aber auch, dass es darüber hinaus zu angekündigten Gesprächen kommt – vielleicht schon in der nächsten Woche. Hoffe ich. (Beifall bei der ÖVP.)

BürgerInnen wenden sich mit ihren Anliegen sehr vertrauensvoll an das Hohe Haus, und wir sind gefordert, diese Anliegen auch sehr ernst zu nehmen und sie bestmöglich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 152

zu begleiten. Daran arbeiten wir gemeinsam in diesem Ausschuss. (Beifall bei der ÖVP.)

16.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


16.27.17

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Sammelberichte über Petitionen und Bürgerinitiativen beinhalten sehr wichtige Anliegen und Probleme der Bürgerinnen und Bürger. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf auf die Petition Nr. 112 „Verbot für das in Verkehr bringen von Klon- und Klebefleisch“ eingehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heimischen Bauern werden mit Auflagen, Verordnungen und Vorschriften überhäuft und zwangsbeglückt, dass sie fast nicht mehr in der Lage sind, ihre Höfe zu bewirtschaften. Und auf der anderen Seite lässt man zu, dass die Konsumenten getäuscht werden – getäuscht mit Produkten wie Klon- und Klebefleisch, das mit der Natur fast überhaupt nichts mehr zu tun hat. Das ist eine reine Erfindung der Lebensmittelindustrie.

Die EU sagt: Produkte von Nachkommen von geklonten Tieren aus den USA oder Lateinamerika müssen auch in Zukunft nicht gekennzeichnet werden. Und somit, meine sehr verehrten Damen und Herren, können auch in den Supermärkten Europas weiterhin Steaks, Schnitzel und Milchprodukte von Klontiernachkommen gekauft und konsumiert werden, ohne dass die Konsumenten es wissen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich ersuche die Bundesregierung, ein solches Verbot dringendst einzuführen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


16.28.55

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vieles ist schon von meinen Vorrednern gesagt worden, denn diesen Ausschuss zeichnet einfach aus, dass wir sehr viel gemeinsam machen. Ich glaube, dass dieser Ausschuss nicht immer gerade im politischen oder medialen Interesse steht, wir uns aber Schritt für Schritt zu einem Dienstleister für die Bürgeranliegen entwickeln. Das ist richtig und gut so.

Nicht nur, dass wir, wie in der letzten Sitzung, 48 Tagesordnungspunkte bearbeitet und nicht nur durchgewunken haben, sondern wirklich bearbeitet haben, ist auch die stetig steigende Anzahl der elektronischen Unterstützung erwähnenswert. Seit ungefähr einem halben Jahr, wie Sie wissen, gibt es diese Möglichkeit, auf der Homepage des Parlaments ein Bürgeranliegen, eine Petition, eine Bürgerinitiative, die einem selbst sehr wichtig und wertvoll ist, zu unterstützen.

Da haben wir über 70 000 Unterschriften im Zusammenhang mit der Vorratsdaten­speicherung und fast 1 000 Unterstützungen, wenn es darum geht, keine 380-kV-Leitungen in Salzburg oder in Oberösterreich zu installieren. Wir haben über 2 000 Unterschriften, wie ich jetzt gesehen habe, wenn es darum geht, keine vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsalters einzuführen. Also das dürfte ein sehr hitziges Thema sein. Aber wir haben auch über 1 000 Unterschriften und Unterstützungen, wenn es um die Einführung der gemeinsamen Obsorge geht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 153

Das ist nur ein kleiner Überblick über das, was hier alles an Möglichkeiten gegeben ist. Wir werden nach einem Jahr, im Oktober 2012, eine Gesamtbilanz ziehen und werden sagen, was uns das für unsere Arbeit gebracht hat, aber auch, wie bekannt diese Unterstützung bei der Bevölkerung in der Zwischenzeit geworden ist.

Die Hearings sind schon angesprochen worden. Wir haben schon viele gute Hearings gehabt, eines der letzten war eben betreffend „Stoppt Sex-Handel mit Kin­dern & Ju­gendlichen“. Ein sehr wichtiges Thema, ein sehr sensibles Thema, in dem es auch klare Forderungen dieser Bürgerinitiative gibt, wie zum Beispiel die bessere Vernet­zung der spezifischen Berufsgruppen von Polizei, Jugendwohlfahrt und Asylbehörden, aber auch den Ausbau von kindergerechten Hilfe- und Betreuungsangeboten.

Eine Forderung ist auch drinnen gewesen, einerseits die Sensibilisierung der öster­reichischen Bevölkerung, aber auch die Einrichtung einer öffentlichen Hotline bezie­hungsweise eines Meldesystems. Dieses Meldesystem und diese Hotline sind leider in Österreich noch nicht installiert. In vielen europäischen Ländern ist das schon der Fall, das ist diese Hotline 116000, die vermissten Kindern und deren Eltern Hilfe und Unterstützung anbieten sollte; sie stellt in vielen Fällen auch den lebensrettenden Kontakt dar. Wir wurden auch schon laut einem Bericht der Europäischen Kommission gerügt, dass wir diese Hotline einrichten sollen.

Ich darf daher in diesem Zusammenhang folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Wolfgang Spadiut, Kollegin und Kollegen betreffend: die Notwendigkeit von Maßnahmen zur sofortigen Einrichtung und Frei­schaltung der Hotline 116000 für vermisste Kinder!

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich vor dem Hintergrund der Kritik durch die Europäische Kommission, wonach Österreich eine Hotline 116000 für vermisste Kinder und deren Angehörige noch immer nicht eingerichtet hat, umgehend für die sofortige Einrichtung und Freischaltung einer eigenständigen Hotline in Österreich einzusetzen bzw. dies durch die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel zu ermöglichen.

*****

Ich hoffe, dass dieser Antrag auch eine breite Zustimmung bekommt. (Beifall beim BZÖ.)

Ein weiterer Bereich, der auch vom Kollegen Pirklhuber angesprochen wurde, ist die vermehrte Zuweisung von Materien an die Fachausschüsse. Das ist erfreulich, sage ich jetzt einmal, man kann jetzt sagen, immer noch zu wenig. Was mich verwundert hat, wir haben zwar richtigerweise die Petition „Mehr Bewegung an Österreichs Schulen“ an den Unterrichtsausschuss zugewiesen, aber die Bürgerinitiative „BIO-Schulbuffets“ haben wir nicht dem Gesundheitsausschuss zugewiesen. Dabei gehören diese beiden Themen zusammen. Bewegung und Ernährung sind ein ganz wichtiges Potential für eine gesunde Lebensweise, daher kann man das eine von dem anderen nicht trennen. Ich denke, gerade der Gesundheitsminister, wenn er von Ernährung ... (Abg. Marek: Sie wollten nur Bio!) – Darüber kann man ja reden. Man soll sich jetzt nicht auf einzelne Worte versteifen. Mehr Bio. – Ich glaube, wenn das von so einer großen Mehrheit unterstützt wird, so ist der Fachausschuss der richtige Ort, um darü­ber zu reden. Dann kann man immer noch die Entscheidung treffen und sagen, nur Bio


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 154

wird nicht funktionieren. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und FPÖ.)

Trotzdem sehe ich auch hier Bewegung, vor allem bei den Regierungsparteien, ver­stärkt dieses wichtige Angebot, das es gibt, auch wahrzunehmen.

Das, was ich noch sagen wollte, ist, dass wir heute einiges zur Kenntnis nehmen, aber dass es auch einige Beiträge, einige Petitionen gibt, wo wirklich schon ein Ergebnis herausgekommen ist. Das ist auch gut, denn gerade diese Kenntnisnahme verwirrt manche, weil sie sagen, das kommt dann in irgendeine Schublade und es wird nichts mehr gemacht. Aber heute sind einige Petitionen dabei, wo es schon ein Ergebnis, eine Verbesserung gibt, etwa ein zusätzliches Wachzimmer in Krems und so weiter. Hier, so glaube ich, haben wir im letzten Petitionsausschuss sehr gut gearbeitet.

Was ich auch noch in diesem Zusammenhang sagen möchte, ist, dass wir im letzten Petitionsausschuss sehr viele Petitionen des Gemeinderates Graz hatten. Diese hat der Kollege Grosz richtigerweise eingebracht. Da möchte ich die Kolleginnen und Kollegen daran erinnern, dass österreichweit die ganzen Petitionen, die in Gemein­deräten beschlossen werden, nicht vom Gemeinderat automatisch an den Petitions­ausschuss übermittelt werden können, sondern das muss, wie bei allen Einzelpe­titionen, ein Abgeordneter des Nationalrates machen.

Daher würde ich Sie wirklich bitten, in Ihrer Region, in Ihrer Heimat, in Ihrer Stadt, in Ihrem Ort zu schauen, ob es Gemeinderatspetitionen gibt, die mit Bundes­angele­genheiten befasst sind, diese aufzunehmen und auch dem Petitionsausschuss zu übermitteln, denn es kann nicht sein wie in der Stadt Graz: Da hatten wir zwölf Petitionen, die würden dort liegen, und niemand würde etwas tun. Daher würde ich Sie um Übermittlung bitten.

Andererseits möchte ich Sie, werte Kolleginnen und Kollegen, auch daran erinnern, dass, wenn eine Bürgerinitiative abgeschlossen ist, dann die Parlamentsdirektion darüber informiert, was damit geschehen ist. Bei einer Petition muss das derjenige, der sie eingereicht hat, tun, also der Abgeordnete zum Nationalrat. Sie, meine sehr geehr­ten Kolleginnen und Kollegen, haben die Pflicht, Ihre Bürger, die auf dieser Petition stehen, darüber zu informieren, was damit geschehen ist, denn sonst ist das wirklich nur vordergründig: Man bringt etwas ein und sagt, es wird schon irgendetwas pas­sieren, man macht vielleicht in seiner Region ein bisschen Wirbel, aber geschehen tut dann nichts.

Darauf möchte ich noch einmal hinweisen, denn das sind Dinge, die wir auch in unseren gemeinsamen Gesprächen durchbesprochen haben, wo wir gemeinsam auch das Interesse haben, dass wir noch besser werden, dass neue Ideen kommen. Wir haben bei der letzten Sitzung wieder einige neue Ideen geboren, auch in Richtung Entwicklung direkter Demokratie. Wir werden auch über den Tellerrand schauen, wir werden uns gerade jetzt, da die Europäischen Bürgerinitiativen und Europäischen Volksbegehren aktuell sind, anschauen, was im Europäischen Parlament diesbezüglich los ist, was wir von dort für uns übernehmen können, was wir von dort lernen können.

Also: Der Petitionsausschuss mit Bürgeranliegen ist ein sehr lebendiger Ausschuss, da wird gearbeitet, da wird im Sinne der Bürger versucht, das Beste für ihre Anliegen zu erreichen. – Danke. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

16.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Haubner eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 155

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen

betreffend die Notwendigkeit von Maßnahmen zur sofortigen Einrichtung und Frei-schaltung der Hotline 116000 für vermisste Kinder!

eingebracht im Zuge der Debatte zu Tagesordnungspunkt 11, Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 63, 66, 67, 69, 73, 98, 104, 112 und 113, 117, 121, 124, 126 und 127, 130 bis 134, 136, 144, 146 und 151 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 32 und 33 (1688 d.B.) in der Sitzung des Nationalrates vom 29.03.2012

Mit der gegenständlichen Petition „Stoppt Sexhandel mit Kindern und Jugendlichen“ fordern werden unter anderem nachstehende Forderungen aufgestellt:

„(1) den Ausbau von spezialisierten und kindergerechten Hilfe- und Betreuungs­angeboten für Opfer von Kinderhandel,

(2) die Schulung und Vernetzung spezifischer Berufsgruppen wie u. a. Polizei, Jugendwohlfahrt und Asylbehörden, um sowohl die Identifizierung von Opfern als auch von Tätern zu erhöhen, sowie

(3) die Sensibilisierung der österreichischen Bevölkerung und die Einrichtung einer öffentlichen Hotline/eines Meldesystems.“

Gerade was den Bereich „Einrichtung einer Hotline“ in Zusammenhang mit vermissten Kindern betrifft ist die österreichische Bundesregierung weiterhin säumig.

Diese Hotline 116000 sollte vermissten Kindern und deren Eltern Hilfe und Unter-stützung anbieten und stellt den potentiell lebensrettenden Kontakt dar.

Leider wurde laut einem Bericht der Europäischen Kommission in einigen Mitglied­staaten nicht eingerichtet! Darunter auch Österreich.

Nunmehr hat die Europäische Kommission insofern den Druck erhöht, indem sie eine legislative Maßnahme in Aussicht stellte, sollte sich an diesem Zustand der Nicht­umsetzung nichts ändern.

Zur Geschichte:

Dem ÖVVP - Österreichische Verband zur Suche von vermisste Personen wurde im September 2010 entscheidungsgemäß durch die RTR die Hotline 116000 für vermisste Kinder zugeteilt.

Die Telekom Austria als einziger Netzbetreiber in Österreich der die Einrichtung auch technisch umsetzen kann, stellte dem ÖVVP einen Kostenvoranschlag für die Ein­richtung der Hotline 116000.

Laut diesem Kostenvoranschlag sollte der ÖVVP eine einmalige Einrichtungsgebühr von 12.250,- Euro bezahlen, noch dazu eine monatliche Gebühr von 166,- Euro zusätzlich zu den Grund und Gesprächsgebühren.

Da die Hotline 116000 für alle Anrufer kostenlos ist müsste der ÖVVP auch noch diese anfallenden Kosten übernehmen. Summa summarum würde dem ÖVVP als gemein­nützigen Verein, der wie so viele gemeinnützigen Organisationen auf Spenden ange­wiesen ist das betreiben der Hotline einen monatlichen Kostenaufwand von weit über 1000 Euro bescheren.

Wegen Erfolglosigkeit hat der ÖVVP mittlerweile die zugeteilte Nummer wieder zurückgelegt und liegt offensichtlich wieder beim Regulator RTR zur Zuteilung auf.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 156

Da in einigen Mitgliedstaaten sehr wohl die Umsetzung erfolgte, und zwar auch mit öffentlichen Mitteln, wäre es aus Sicht der unterfertigten Abgeordneten dringend erfor­derlich, die diesbezügliche Ablehnung endlich aufzugeben und auch im Sinne der Bekämpfung von Kinderhandel rasch die geringen Beträge in die Hand zu nehmen und endlich die Vermisstenhotline zu aktivieren!

Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Tatsache, dass im genannten Bericht der Europäischen Kommission folgendes festgeschrieben wurde:

„Nach Zuteilung der Nummer sind die Mitgliedstaaten gehalten, jede Anstrengung zu unternehmen, um dafür zu sorgen, dass die Hotline voll einsatzbereit ist.“

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich vor dem Hintergrund der Kritik durch die Europäische Kommission, wonach Österreich eine Hotline 116000 für vermisste Kinder und deren Angehörigen noch immer nicht eingerichtet hat, umgehend für die sofortige Einrichtung und Freischaltung einer eigenständigen Hotline in Österreich einzusetzen bzw. dies durch die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel zu ermöglichen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich darf ganz kurz das ebenfalls unterstreichen, was Frau Abgeordnete Haubner an Informationen gegeben hat. Es kommen viele Petitionen aus den Gemeinden direkt an mich als Präsidentin des Nationalrates. Ich mache darauf aufmerksam, diese bleiben natürlich nicht bei mir liegen, ich übermittle all diese Petitionen an die Mitglieder der Präsidiale. Was dort dann geschieht, das entzieht sich meiner Kenntnis, aber zumindest erhalten alle Fraktionen, soweit die Petitionen bei mir einlangen, eine Information. – Dies zusätzlich zu dem, was Frau Abgeordnete Haubner gesagt hat.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


16.38.56

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Petitionen- und Bürgerinitiativen-Ausschuss sammelt auf alle Fälle die großen Themen, die einfach gesellschaftspolitisch und ökologisch bewegen, und das merkt man. Das merkt man auch im Ausschuss und das merkt man vor allem in den Inhalten der Petitionen und der Bürgerinitiativen.

Bezeichnend ist meiner Ansicht nach, meine sehr verehrten Damen und Herren, schon, dass gerade die Themen Kinderrechte, Kinderschutz und auch Kindergesund­heit immer wieder Themen des Ausschusses sind. Das kann ich mir nur so erklären, dass diese großen gesellschaftlichen Fragen noch immer keine Lösungen gefunden haben, dass Kinder- und Jugendpolitik leider noch immer ein Anhängsel dieser Regie­rung ist, ein Anhängsel dieser Familienpolitik ist und dass es endlich ein kinder- und jugendpolitisches Zentrum geben muss, damit auch da etwas weitergehen kann. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

Im letzten Ausschuss haben wir den Sexhandel beziehungsweise den Handel im Allgemeinen mit Kindern besprochen. Es war eine sehr intensive und eine sehr gute und lange Debatte. Und das ist überhaupt kein Orchideenthema, ganz im Gegenteil, es muss weltumspannend diskutiert werden, aber vor allem auch in Österreich, und es ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 157

eine sehr komplexe Problematik. Aber es hilft nichts, die Augen, die Ohren und den Mund zu verschließen, ganz im Gegenteil, es kann uns allen passieren, Opfern von Menschenhandel, Opfern von Kinderhandel zu begegnen. Auf der Straße, auf der Raststation, in der Wohnsiedlung, überall kann es passieren. Und umso wichtiger ist es, dass die Sensibilität erhöht wird.

Österreich ist ein Transit-, aber auch ein Zielland von Opfern von Menschenhandel. Und was herausgekommen ist, ist auf jeden Fall, dass das Wohl des Kindes in einer Kindeswohlprüfung umgesetzt werden muss, um die Kinder langfristig wirklich zu unterstützen.

Und vielleicht wissen Sie es nicht, deshalb würde ich es Ihnen gerne auch noch sagen: Der Menschenhandel ist eines der drei größten internationalen Verbrechen – nach dem Menschenhandel kommt sofort der illegale Drogenhandel und der Waffenhandel –, und der Handel wird von der Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen gesteuert. Das heißt, rund 80 Prozent des Menschenhandels weltweit geschieht mit der Absicht der sexuellen Ausbeutung. Und da muss genau hingeschaut werden.

Umso mehr bin ich froh, dass dieses komplexe Thema im Menschenrechtsausschuss weiter behandelt wird, damit eben auch all die Initiativen und auch all die Erfahrungen und das Know-how, das es schon gibt, auch in Österreich, wirklich umgesetzt werden können, dass vielleicht auch Maßnahmen beschlossen werden, aber vor allem dass den Initiativen, die sich genau mit diesem Thema beschäftigen, auch der Respekt ausgesprochen wird. (Beifall bei den Grünen.)

16.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


16.42.03

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben ja im Vorfeld schon gehört, dass wir heute 20 Petitionen und zwei Bürger­initiativen auf der Tagesordnung haben. Und ganz wichtig ist dabei aus meiner Sicht, dass in diesem Sammelbericht erstmalig auch die Online-Unterstützungen angeführt sind.

Man sieht hier bei bestimmten Bereichen besonderes Interesse, man sieht aber auch eine gewisse Mobilisation dahinter, und ich glaube, wir werden in den nächsten Mona­ten in diesem Bereich wesentlich mehr zu tun bekommen, denn die Menschen gewöhnen sich erst langsam an die Möglichkeit, hier auch ihre Zustimmung, wenn das auch ganz woanders im Land ist, geben zu können.

Ich möchte mich aber ganz besonders bei den Ministerien und den Institutionen bedanken, die immer wieder um Stellungnahmen gebeten werden und uns diese auch dementsprechend ausführlich zur Verfügung stellen und uns damit die Grundlagen für die weitere parlamentarische Behandlung liefern. Und wenn ich, wie schon oft ange­sprochen, das letzte Hearing hernehme, möchte ich mich auch besonders bei den Initiatoren von solchen Bürgerinitiativen, die sich dem Hearing stellen, bedanken, denn hier hat es eine wirklich offene Diskussion im Ausschuss gegeben, und man hat wirklich viel an Erfahrung gewonnen: Was will die Bürgerinitiative? Und welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es?

Und ich möchte, weil Kollege Pirklhuber die Bürgerinitiative 33 angesprochen hat, betreffend BIO-Schulbuffets, nur kurz schon auch sagen, dass gewisse Entschei­dungen in diesem Bereich ja schon gefallen sind. Ich möchte anführen, dass im Gesundheitsministerium im Jahr 2011 Mindeststandards für Schulbuffets veröffent­licht worden sind. Ich weiß, das ist ein erster Schritt, aber es gibt auch diese Initiative für


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 158

Schulbuffets, wo es die Möglichkeit gibt, Ernährungscoachs anzufordern, und wo es natürlich auch Hotline und Homepage gibt, um den jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, ein besseres Schulbuffet zu erhalten.

Und ich gebe dir da vollkommen recht: Jugendliche werden als Kinder geformt. Man muss einfach sicherstellen, dass Jugendliche automatisch zum Gesünderen greifen und nicht zu etwas anderem, wo Fett oder Sonstiges drinnen ist. Das ist unsere Aufgabe: sicherzustellen, dass Jugendliche bereits in diese Richtung gelenkt werden, um sich dementsprechend ernähren zu können.

Ich glaube, dass es wichtig und richtig ist, dass BürgerInnen die Möglichkeit haben, ihre Vorstellungen, auch ihre Initiativen bei diesem Ausschuss zu deponieren. Und, Kollegin Haubner, ich möchte nur eines sagen: Ich bin auch dafür, dass wir so viel wie möglich hereinbekommen, möchte aber schon in einer Hinsicht differenzieren: Es geht nicht darum, dass wir jeden Antrag, der in einer Gemeinde gestellt wird, herein­bekommen, sondern er sollte nationale Interessen betreffen – denn sonst werden wir nicht in der Lage sein, das im Rahmen unserer Arbeit zu bewältigen, sonst müsste die Frau Präsidentin den Ausschuss verdoppeln. (Beifall bei der SPÖ.)

16.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


16.45.00

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Licht und Schatten, wie immer, begleiten den Ausschuss, wobei ich aber natürlich auch sagen muss – da muss ich der Frau Vorsitzenden des Ausschusses recht geben –, das Licht wird mehr, der Schatten wird weniger. Es kann aber natürlich immer noch besser werden. Das ist auch der Grund, warum wir dem Sammelbericht nicht zustimmen: weil wir sagen, wir sind ja als Freiheitliche Verfechter der direkten Demokratie und wir wünschen uns natürlich, dass es gänzlich aufhört, dass Petitionen und Bürgerinitiativen schubladiert werden, zur Kenntnis genommen werden, sondern wollen, dass sie zugewiesen werden. Das ist auch tatsächlich besser geworden, das gebe ich zu – gar keine Frage –, aber man kann immer noch besser werden. Erst wenn es perfekt ist, dann werden wir auch den Sammelberichten zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ich dazusagen muss – es wurde ohnedies schon ein Querschnitt durch diese 20 Petitionen und zwei Bürgerinitiativen dargestellt –: Sehr positiv war auch dieses Hearing das letzte Mal. Ich glaube, das hat fraktionsübergreifend hohen Anklang gefunden und war wirklich eine gute und kluge Sache.

Wo ich nicht so sehr zustimme, das sind die Ausführungen meines Vorredners, des Kollegen Lipitsch, zu folgendem Punkt. Ich finde es schon gut, dieses Online-Voting auf der Parlamentsseite ist eine tolle Sache, nur: Ich habe jetzt selbst eine Petition laufen. Aus Gründen der wahnwitzigen Idee der Frau Justizministerin, quer durchs Land Bezirksgerichte zu schließen, haben wir natürlich jetzt wahrscheinlich auch im Petitionsausschuss vermehrt mit Petitionen für den Erhalt der Bezirksgerichte zu tun, so auch mit einer Petition für den Erhalt des Bezirksgerichtes Hollabrunn. Und da ist mir jetzt schon eines aufgefallen: Diese Online-Befragung und dass man hier seine Zustimmung erklären kann, ist zwar eine sehr, sehr gute Idee, eine gute Sache, wirklich begrüßenswert, aber ältere Menschen treten an mich heran und sagen, jetzt probiere ich schon das dritte, vierte, fünfte Mal, aber es klappt nicht. Die haben nämlich Schwierigkeiten mit der Eingabe dieses verzerrten Codes. (Ruf bei den Grünen: Auch jüngere! – Abg. Höllerer: Das ist eine Sicherheitsmaßnahme!) – Wahrscheinlich auch jüngere, ja. Also es ist nicht so einfach, wenn man hier seinen Willen kundtun will.


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Und damit man das auch machen kann, wäre natürlich auch, denke ich mir, die Frau Präsidentin gefordert, das vielleicht ein bisschen zu vereinfachen, zu verbessern. Das wäre sicherlich wünschenswert – und das nehme ich nicht so gut zur Kenntnis, dass die Präsidentin schon jetzt, vorweg, den Kopf schüttelt.

Ich denke, man kann immer besser werden, man kann auch über Verbesserungen nachdenken, und das sollte man auch so machen. Ich denke mir, die Bürgerinnen und Bürger haben sich das verdient. Die wollen das, die wollen daran teilnehmen, und man soll ihnen das auch wirklich ermöglichen. Und ältere Menschen – der Kollege von den Grünen sagt, auch jüngere – haben hier Probleme. Das stimmt auch so. Es ist nicht so einfach, wenn man hier seinen Willen kundtun will, und das ist leider ein bisschen schade.

Wie gesagt – angesprochen habe ich es schon –, Petitionen bezüglich Erhalt der Bezirksgerichte werden mehr werden. Ich kann nur jeden dazu einladen, der sein Bezirksgericht erhalten will, denn ich bin der Meinung, jeder Bezirk hat sich ein Bezirksgericht verdient. Das sollte man sicherstellen, und da wird man im Petitions­ausschuss in nächster Zeit wahrscheinlich auch mehr zu tun bekommen, denn die Bevölkerung ist hier im Aufruhr und will den Schließungen der Bezirksgerichte einen Riegel vorschieben und ihnen entgegenwirken. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

16.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich habe mich um diese Angelegenheit natürlich bereits bemüht (Abg. Lausch – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Sehr gut!) und kann Ihnen von dieser Stelle aus nur ankündigen: Sie können gern die Stellungnahme der EDV, der Parlaments-EDV bekommen, die mir plausibel erklärt hat, dass es anders nicht geht, weil nur dieses technische System wirklich sicher ist. Wenn Sie bessere Vorschläge  (Abg. Lausch: Graphisch besser!) – Ich lasse Ihnen allen diese Information zukommen. (Abg. Lausch: Gra­phisch besser!) Wenn es Technikfreaks gibt, die uns bessere Programme, die kompa­tibel sind, nennen können, sind wir sehr dankbar. (Abg. Lausch: Danke schön! – Beifall des Abg. Doppler.)

Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Marek zu Wort. – Bitte.

 


16.49.01

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bereits einige Vorrednerinnen und Vorredner haben das Hearing zum Thema „Sex-Handel mit Kindern“ angesprochen. Ich möchte mich auch diesem Thema widmen.

Ich habe bei diesem Hearing eine sehr engagierte Diskussion erlebt, auch mit ganz klaren Erkenntnissen. Erkenntnis Nummer 1 – auch Kollegin Windbüchler-Souschill hat das gerade angesprochen –: Kinder haben keine Lobby. Das ist leider die erschüt­ternde Erkenntnis aus diesem Hearing, und ich würde mir sehr wünschen, dass dem Thema Kinderschutz auch in diesem Haus genauso viel Kraft gewidmet wird wie so manchen anderen Themen, wo es ebenfalls ein Miteinander gibt und sehr viel Kraft aufgebracht wird, meine Damen und Herren.

Es gab noch eine beziehungsweise zwei weitere Erkenntnisse, die für mich ganz klar herausgekommen sind. Die sechs Ministerienvertreterinnen und -vertreter, die anwesend waren, haben ganz klar gezeigt, dass es hier seit Jahren zahlreiche Initiativen, einen breiten Schulterschluss zwischen den Ministerien gibt. Hier funktio­niert die interministerielle Zusammenarbeit gut. Auch Informationsmaterialien gibt es ausgezeichnete.

Wir haben angeregt – und ich möchte das auf den gesamten Nationalrat ausweiten –, dass ein Foldersatz an Informationsmaterial zu den Fragen: Wie erkenne ich Opfer?,


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Was kann man konkret tun?, Wie sieht die Rechtslage aus? – dazu gibt es kompakte, gute Informationen –, an alle Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses verteilt wird, weil es hier um eine breite Sensibilisierung geht.

Und das ist ein zentrales Thema: Information und Sensibilisierung. Hinschauen!, auch das ist ein Thema. Irgendwie habe ich manchmal das Gefühl, keiner fühlt sich irgendwie zuständig, nach der Devise: Uns betrifft es ohnedies nicht, und wir wollen es nicht wissen.

Eine erschütternde Erkenntnis war auch: kaum oder so gut wie kein medialer Nieder­schlag dieses Hearings. Ich würde mir sehr wünschen, dass solche Hearings auch öffentlich sind, weil wir Öffentlichkeit brauchen. Diese ist eines von zahlreichen Puzzle­steinchen.

Frau Präsidentin, ich möchte mich auch sehr herzlich dafür bedanken, dass die Aus­stellung so unkompliziert möglich ist. Es hat vor vielen Jahren, damals mit der Kollegin Rest-Hinterseer, schon Bemühungen gegeben, eine ähnliche Ausstellung im Parla­ment zu machen. Das hat leider damals nicht funktioniert.

Ein wichtiger Aspekt sind die Bundesländer. Leider gibt es hier bei der Jugendwohlfahrt noch wesentliche Schritte, die fehlen. Viel Geld wird in die Hand genommen, trotzdem geht in den Bundesländern nichts weiter.

Und wenn ich von den Expertinnen und Experten höre, dass außer aus Wien kein einziges Opfer von Kinderhandel in anderen Bundesländern gemeldet wird – die Länder sagen schlichtweg, es gibt keine –, dann muss ich sagen, dass ich selten etwas Schlimmeres gehört habe, denn dann ist genau das eine Folge der mangelnden Sensibilisierung, Information und vieles mehr, und es zeigt, was wir hier tun müssen.

Ich würde mir auch hier einen breiten Schulterschluss wünschen. Ich möchte mich auch bei „ECPAT“ ganz herzlich bedanken, die seit Jahren, auch im Bereich von Kindersextourismus und so weiter, engagierte Arbeit leisten. Und auch wir hier im Hohen Haus müssen, wirklich jeder und jede von uns, unseren Beitrag leisten, denn nur so kann es funktionieren.

Hinschauen anstatt wegschauen! – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Jury. – Bitte.

 


16.52.21

Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Wir haben gehört und wissen, dass Petitionen und Bürgerinitiativen ganz wichtige Werkzeuge der direkten Demokratie sind. Und dass es bei dieser direkten Demokratie in unserer Republik immer noch gravierende Defizite gibt, das wissen wir auch.

Deswegen bin ich sehr froh darüber, dass die Initiativen der Vorsitzenden, aber auch der Präsidentin in die Richtung gehen, diesen Bürgerinitiativen und Petitionen, die in das Hohe Haus hereinkommen, auch das Gewicht zu geben, das ihnen zusteht – weil ich der Meinung bin und in den letzten zwei Jahren immer wieder die Erfahrung gemacht habe, dass alles, was in das Hohe Haus hereinkommt, entweder zur Kenntnis genommen oder hier im Plenum enderledigt, das heißt, am Altar des parlamen­tarischen Diskurses irgendwo geopfert wird. Das ist nicht in Ordnung, und es sollte auf jeden Fall für die Zukunft überlegt werden, dass man hier auch mit einer Änderung der Geschäftsordnung bessere Ergebnisse für die direkte Demokratie herausarbeiten kann. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 161

Was die Petitionen betrifft, so möchte ich auf die Petitionen Nummer 67 und 69 ein­gehen. Sie betreffen den ganz wichtigen Ausbau der S37 und der S36. Vor allem die S36 ist zu 90 Prozent verhandelt, die Grundstücke sind gesichert, die Grundstücke sind abgelöst. 70 Millionen € sind hier in Planung, in Gutachten schon investiert wor­den. Und da bitte ich die Verantwortlichen von den Regierungsparteien in Land und Bund, wirklich darauf zu drängen, dass diese wichtigste Nord-Süd-Verbindung neben der Koralmbahn, eben diese Autobahn, diese zukünftige Autostraße oder Schnell­straße, doch für die Bürger dieser Ortschaften – ob das in Scheifling ist, ob das in Unzmarkt ist, ob das in St. Peter ob Judenburg ist, ob das in St. Georgen ob Juden­burg ist – realisiert wird, diese Anliegen ernst zu nehmen und vonseiten der Regie­rungsparteien den notwendigen Druck dahinter zu setzen, damit diese Maßnahmen, dann in weiterer Folge auch die S37, für Kärnten realisiert werden können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Grillitsch.)

16.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


16.55.10

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Heute titelt die Tageszeitung „ÖSTERREICH“: „Tirol ist das Armenhaus Österreichs“. Und da lässt sich gut eine Überleitung finden zum Thema der Bürgerinitiativen, denn nicht nur, dass wir beim Einkommen das Schlusslicht Österreichs sind, sondern wir sind auch noch Erster bei den Mieten, Erster bei den Energiepreisen. (Abg. Grosz: Dafür geht der Platter jagen!)

Und aus beidem zusammen kann man dann den Schluss ziehen: Wir haben aber auch die am meisten verschuldeten Gemeinden von ganz Österreich. (Abg. Grosz: Haupt­sache, der Platter geht jagen!) Die Gemeinde Matrei in Osttirol, die der ÖVP-„Kaiser“ Andreas Köll eisern im Griff hat, mit ihren 42 Millionen € Verschuldung, will jetzt mit Gewalt durchbringen, dass die Isel in Osttirol – das ist der letzte unverbaute Gletscher­fluss, den wir in ganz Europa haben – verbaut wird. Nur aufgrund des Wunsches des Dorfkaisers Köll soll diese Isel nun verbaut werden: Im Oberlauf der Isel sollen zwei größere Kraftwerke entstehen.

Aber ich glaube, die ganze Diskussion um den Kraftwerksbau im Iseltal könnten wir uns heute alle sparen, denn bereits 2007 hat die EU ein Mahnschreiben an die Re­publik Österreich geschickt, doch endlich die Isel zu einem Natura-2000-Schutzgebiet zu ernennen. – Das Land Tirol weigert sich mit Gewalt dagegen, aus dem einfachen Grund: Man will die Gemeinde mit dem Gemeindekaiser Köll eben damit entschulden.

So kann es aber nicht gehen, denn wenn wir uns diese Isel anschauen: Diese entspringt im Umbalkees – das ist ein 5 Quadratkilometer großer Gletscher, direkt im Nationalparkgebiet Hohe Tauern. Dieser Gletscher im Venediger-Gebiet ist wunderschön. Er ist sogar so schön, dass es diese ganze Umbaltal-Diskussion schon vor 20 Jahren gab. Damals war die Bevölkerung massiv dagegen.

Was macht man im Land Tirol? – Auch heute noch geht man her und will die Isel verbauen, obwohl der gesamte Tourismus dagegen ist. Die Touristiker demonstrieren auf das Schärfste. Das Einzige, was das Land Tirol macht: Der Landeshauptmann Platter, wie wir jetzt erfahren haben, war des Öfteren „auf der Gams“ im Umbaltal. (Abg. Dr. Pirklhuber: Genau! Richtig!) Also zum Gamsjagen, da geht er hin! (Abg. Grillitsch: Hast du was gegen das Jagen?)


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Aber jetzt Spaß beiseite: Dieser Fluss ist einer der schönsten und schützenswertesten Flüsse, die es gibt. Das Iseltal, das wirklich eines der Naturjuwele ist, ist eines der schönsten Gebiete weltweit. Dieses Tal darf und kann nicht zerstört werden!

Da gibt es so viele Studien. Der Alpenverein, alle sind massiv dagegen. Jetzt bin ich sehr für die Wasserkraft, aber die muss man machen, wo es Sinn macht. Keinesfalls kann man ohne Einbindung der Bevölkerung, nur um drüberzufahren, so ein Natur­juwel zerstören.

Ich glaube, dass es einfach wichtig ist, dass das Land Tirol endlich umdenkt, denn 2008 hat die Europäische Union die Klage gegen Österreich eingereicht. – Übrigens: Das hat es noch nie gegeben. Da sind wir das erste Land, das geklagt wurde. – Im August 2011 hat sich der Österreichische Alpenverein wieder bei der EU-Kommission beschwert, und das Land Tirol lenkt einfach nicht ein. Es ist höchste Zeit, dass die Isel, dass das Tauernbachl, dass der Schwarzbach von der EU geschützt werden – denn Tirol will einfach im Interesse seiner Ortskaiser alles zerstören.

Aus diesem Grund bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, ehest bald Gespräche bezüglich einer Ausweisung der Isel als Natura-2000-Schutzgebiet mit dem Landeshauptmann von Tirol aufzunehmen und ihm den dringenden Handlungsbedarf nahezulegen.“

*****

Ich glaube, das ist die Bundesregierung wirklich schuldig. Ich glaube, da müssen wir alle zusammenstehen, und es wird da keinem etwas passieren. Die Isel hat das verdient.

Und eines darf man nicht vergessen: Das letzte Juwel Europas, den letzten unver­bauten Gletscherfluss zu verbauen ist in der heutigen Zeit einfach nicht möglich. Und daran wird sich auch das Land Tirol halten müssen. (Beifall beim BZÖ.)

16.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Isel als Natura 2000-Schutzgebiet

eingebracht in der 150. Sitzung des Nationalrates am 29. März 2012 im Zuge der Debatte zu TOP 11, Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initiativen über die Petitionen Nr. 63,66,67,69, 73, 98, 104, 112 und 113, 117, 121, 124, 126 und 127, 130 bis 134, 136, 144, 146 und 151 sowie die Bürgerinitiativen Nr. 32 und 33 (1688 d.B.)

Petition 133 befasste sich mit der Nominierung der Isel als Natura 2000-Schutzgebiet, wobei festgestellt wurde, dass die Ausweisung von Natura 2000 Gebieten ausschließ-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 163

lich im Kompetenzbereich der Länder liegt. Laut Auskunft des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird diesbezüglich seit längerer Zeit ein intensiver Dialog geführt.

Nachdem zwei Großkraftwerke am Oberlauf der Isel geplant sind, eilt die Zeit. Wasserkraft ist nur an einem geeigneten Standort sinnvoll. Geplante Projekte sind viel zu groß für die Gemeinden in der Umgebung und produzieren Strom über den lokalen Verbrauch hinaus. Das Besondere an der Isel ist ihre Unversehrtheit. Dieser letzte frei fließende Gletscherfluss der Ostalpen bietet seltenen Tieren (wie dem Flussläufer) und Pflanzenarten Lebensraum. Sie beherbergt (neben dem Lech) die größten Bestände der stark gefährdeten Deutschen Tamariske in Österreich.

Auch wenn der Kompetenzbereich bezüglich einer Ausweisung der Isel als Na­tura 2000-Schutzgebiet beim Land Tirol liegt, kann es nicht im Interesse des Bun­desministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sein, wenn ein solches Flussjuwel zum Restwassergerinne mutiert.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, ehest bald Gespräche bezüglich einer Ausweisung der Isel als Natura 2000-Schutz­gebiet mit dem Landeshauptmann von Tirol aufzunehmen und ihm den dringenden Handlungsbedarf nahezulegen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


17.00.16

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin zehn Jahre ohne Unterbrechung Mitglied in diesem Petitionen- und Bürger­initia­tiven­ausschuss, und ich denke, ich bin eines der längstgedienten Mitglieder in diesem Ausschuss. Ich kann daher sagen, es hat sich in diesem Ausschuss wirklich ungeheuer viel zum Positiven verändert.

Wenn ich daran denke: Vor zehn Jahren sind Petitionen und Bürgerinitiativen noch so lange vertagt worden, bis die Gesetzgebungsperiode zu Ende war, und damit waren sie verfallen. Es hat wirklich Petitionen gegeben, die drei Mal in diesem Haus einge­bracht wurden, damit sie endlich einmal einer Enderledigung zugeführt werden konn­ten. – All das gibt es nicht mehr. Das heißt, es hat sich in diesem Petitionen- und Bürgerinitiativenausschuss wirklich unglaublich viel getan. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Ein Thema ist aber seit zehn Jahren trotzdem noch obsolet, obwohl sich auch dies­bezüglich einiges geändert hat. Wir haben vor zehn Jahren noch eine Redezeit etwa um Mitternacht gehabt. Meistens wurde der Tagesordnungspunkt „Bürgerinitiativen und Petitionen“ um Mitternacht oder 1 Uhr in der Früh aufgerufen, wo man dann wirklich – ich muss das sagen – bei halb schlafenden Abgeordneten, denn es ist ja stressig, wenn man schon 13, 14 Stunden hier herinnen ist, die Petitionen hier vorgebracht hat, und da hat es keinen mehr so richtig interessiert.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 164

Wir beginnen jetzt zumindest schon gegen 16 Uhr mit diesem Tagesordnungspunkt, und es wäre schön, wenn die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auch nicht um 16 Uhr behandelt würden, sondern schon um 9 Uhr, als Punkt 1 der Tagesordnung. Wir sollten den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass wir ihre Anliegen ernst nehmen und hier in einer Diskussion, die ORF 2 live überträgt oder jetzt am Nachmittag noch ORF III, diese Themen behandelt werden.

Aber nun auch zum Entschließungsantrag der Kollegin Haubner. – Liebe Uschi Haubner, du weißt, ich schätze dich wirklich, auch als Politikerin, als du noch in Oberösterreich warst. Du bist eine ausgezeichnete Sachpolitikerin. Nur hätte ich mir wirklich gewünscht, dass du diesen Entschließungsantrag vorher mit uns abgestimmt hättest und ihn nicht so kurzfristig eingebracht hättest. Wir können nicht mehr prüfen, ob die Angaben, die in diesem Entschließungsantrag stehen, stimmen oder nicht, daher werden wir diesen Antrag ablehnen müssen. Aber ich bitte dich wirklich, zeitgerecht mit uns zu diskutieren, dann werden wir diesem Entschließungsantrag auch beitreten können.

Meine Damen und Herren, es waren viele Themen in diesem Sammelbericht enthalten, darunter natürlich auch Tierschutzthemen, und als Tierschutzsprecher möchte ich mich kurz diesen beiden Themen widmen.

Das eine war die Kastenhaltung bei den Schweinen. Durch die vielen Stellungnahmen, die wir eingefordert haben – vom Landwirtschaftsministerium, vom Gesundheitsminis­terium, aber auch von der Tierschutzkommission –, haben wir, glaube ich, erreicht, dass die starren Verhandlungsstandpunkte aufgeweicht wurden und jetzt endlich eine Lösung zustande gekommen ist, die für die Bauern angenehm ist, die für die Tier­schützer angenehm  – Also, angenehm ist es für beide Seiten nicht, aber tragbar ist es für beide Parteien. Es ist also eine Lösung gefunden worden, die sicherstellt, dass es keine weiteren Streitfälle gibt.

Das Nächste war die tierschutzkonforme Ausbildung und das Verhaltenstraining von Hunden. Auch hier ist ein Problem ans Tageslicht befördert worden, nämlich, dass es in Österreich sehr viele Menschen gibt, die sich einen Gewerbeschein holen und sagen, sie sind Hundetrainer, und die, ohne irgendeine Ausbildung zu haben, ohne jemals einen Hund geführt zu haben, auf die Tiere losgelassen werden.

Es ist jetzt eine Verordnung erlassen worden, die sicherstellt, dass es auf freiwilliger Basis die Möglichkeit gibt, eine tierschutzqualifizierte Hundetrainerprüfung zu machen. Damit ist auch für die Bürger in Österreich gewährleistet, dass sie keinen Scharlatanen aufsitzen, denn wer diese Prüfung ablegt, muss wirklich etwas verstehen.

Auch das war ein Thema, das vom Petitionsausschuss aufgegriffen wurde und das vonseiten des Gesundheitsministeriums und auch von anderen Ministerien sowie von der Tierschutzkommission positiv bewertet wurde, und es wurde letztlich eine entsprechende Verordnung erlassen.

Das zeigt, der Petitionsausschuss bewirkt auch etwas. Es ist ja nicht so, dass, wenn wir hier etwas zur Enderledigung bringen, nichts passiert, dass das abgeschmettert wird, sondern wir enderledigen Dinge, die wir gesetzlich geändert und damit im Sinne der Bevölkerung umgesetzt haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


17.04.20

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Wenngleich ich nicht so lange wie der Kollege Keck im Ausschuss bin, kann ich feststellen, dass sich in diesem Ausschuss gerade in dieser GP sehr viel getan hat. Man nimmt, glaube ich, die Bürger ernst, und das ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 165

ganz wichtig. Es ist ein Mittel der direkten Demokratie, dass die Bürger entweder in Form einer Bürgerinitiative oder – im Idealfall – über einen Wahlkreisabgeordneten, der hier seine Wähler vertritt, ihre Anliegen direkt in das Parlament einbringen können.

Das Schlimmste ist, wenn diese Bürger dann nur hören: Okay, ist einmal im Petitions­ausschuss diskutiert worden, dann wird von Regierungsseite Stellung genommen, und dann wird es enderledigt hier im Plenum, wo wir nicht einmal zu jedem einzelnen Thema diskutieren können, sondern in Form eines Sammelberichtes ganz kurz pau­schal über alles reden.

Ich glaube, es ist vieles passiert, aber, wie der Kollege Lausch schon gesagt hat, leider ist es noch immer ein Sammelbericht. Es wird noch immer hier gesammelt enderledigt, egal, wie viele Leute das unterstützt haben. Da sollte man noch einiges verbessern.

Was die Tierschutzthemen angeht: Ein Beispiel ist einerseits das Verbot der Kasten­stände in der Schweinehaltung als Petition, auf der anderen Seite die ganzjährige Kastenstandshaltung als Menschenschutz. Da sieht man, wie schwierig es ist, hier als Parlamentarier zu agieren, weil die Interessen doch sehr weit auseinander gehen, und da ist es ganz wichtig, einen Kompromiss zu finden. Ich glaube aber, wir haben einen entsprechenden Kompromiss gefunden.

Ähnlich ist es bei der tierschutzkonformen Hundeausbildung. Ich glaube, dass hier nicht alle zufrieden sind mit dem, was herausgekommen ist, aber es ist ein Kompromiss und daher eine dementsprechende Regelung.

Bei der Bürgerinitiative betreffend Kinderhandel haben wir festgestellt, und das ist leider das Problem, dass das Opfer ein Naheverhältnis zum Täter hat, daher große Angst hat, und daher gibt es auch eine hohe Dunkelziffer, weil das Opfer sich oft nicht meldet. Und wenn zum Beispiel ein rumänisches Kind nach Österreich verschleppt wird: Bei wem soll es sich denn melden? Es gibt zwar Hotlines, aber wenn ein solches Kind anruft, versteht es dort niemand. Daher habe ich im Ausschuss angeregt, eine internationale Hotline einzurichten, und ich glaube, da sind wir auch auf einem guten Weg. (Beifall bei der FPÖ.)

17.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


17.06.44

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte Herrn Abgeordnetem Keck recht geben: Dieser Ausschuss für Bürgerinitiativen und Petitionen ist ein ganz wichtiger Ausschuss, und Bürgeranliegen sind überhaupt das Wichtigste hier in diesem Haus.

Wir erleben ja täglich, wie das Vertrauen in die Politiker in der öffentlichen Wahrneh­mung sinkt; man braucht ja nur in die Zeitungen zu schauen. Im Gegenzug dazu steigt der Wunsch nach mehr direkter Demokratie, und zwar auf allen politischen Ebenen. Menschen wollen eben nicht nur bei der Wahl ein Kreuzerl machen und dann einige Jahre quasi nicht mehr mitbestimmen können.

Da gibt es jetzt verschiedene Initiativen, zum Beispiel, dass der Wähler sich Abgeord­nete direkt aussuchen kann, also den Abgeordneten, der einen dann im Parlament vertritt. Hier soll eine nähere Bindung entstehen. Das sind doch interessante Initiativen!

Es ist also der Wunsch vieler, mehr direkte Demokratie zu haben und die direkte Demokratie zu stärken. Das erleben wir auch in diesem Ausschuss. Wie schon die Frau Vorsitzende gesagt hat: Es gibt immer mehr Menschen, die sich beteiligen, und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 166

immer mehr Anliegen an den Ausschuss. Und deshalb ist dieser Ausschuss und ist der direkte Kontakt zu den Bürgern so notwendig.

Ein Beispiel: die Bürgerinitiative zur Änderung des Pensionskassengesetzes. Sie wis­sen ja, die Betreiber machen darauf aufmerksam, dass die Bezieher von Betriebs­pensionen in den letzten Jahren enorme Verluste hinnehmen mussten, nämlich bis zu 40 und 45 Prozent. Nun gibt es eine Regelung, die im Rahmen des Sparpakets, des Reformpakets gestern beschlossen wurde: das Vorwegsteuermodell, eine Vorweg­besteuerung. Man wird sehen, wie dieses Angebot, dieses Modell angenommen wird.

Zum Thema Frauenpensionsalter. – Auch diesbezüglich gibt es eine Petition. Die Betreiber wenden sich gegen eine frühere Angleichung des Frauenpensionsalters. Es gibt auch andere Stimmen, zum Beispiel wir, die wir uns eine raschere Angleichung wünschen. Aber es macht Sinn, hier eine sachliche Diskussion zu führen, ohne Emotionen, und hier Stellungnahmen einzuholen – das hat auch der Ausschuss beschlossen –, Stellungnahmen vom Sozialministerium, vom Frauenministerium, vom Finanzministerium.

Ich bin überzeugt davon, dass wir auf diesem Wege zu guten Ergebnissen kommen, und ich möchte mich bei allen Kollegen in diesem Ausschuss bedanken. Ich jedenfalls habe den Eindruck, hier hört jeder dem anderen zu, hier sind wir auf gutem Wege. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hell. – Bitte.

 


17.09.46

Abgeordneter Johann Hell (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die große Anzahl an Bürgerinitiativen und Petitionen, die in den letzten Wochen und Monaten wieder an uns übermittelt worden sind, zeigt ja den Wunsch der Bevölkerung, der Menschen in diesem Lande, bei Entscheidungen mit eingebunden zu sein. Und wenn sie nicht eingebunden werden, scheuen sie auch nicht den Weg – und das begrüße ich – über das Parlament, über unseren Ausschuss, hier ihre Anliegen vorzubringen.

Die Diskussion über die Wertigkeit einer Kenntnisnahme oder Zuweisung führen wir ja bei jeder sich bietenden Debatte. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass auch eine Kenntnisnahme nicht ein Abschieben, ein Auf-die-Seite-Legen ist, sondern dass wir sehr wohl im Vorfeld bei der Einholung von Stellungnahmen immer rege Diskussionen und Dialoge führen. Und viele Anliegen haben sich inzwischen ja auch erledigt.

Ich möchte kurz auf die Petition 121 zu sprechen kommen. Im Herbst des Vorjahres war ja eine starke Rücknahme der Zugverbindung zwischen Graz und Salzburg ge­plant, und die Bürgerinnen und Bürger der betroffenen Bundesländer haben hier natür­lich entsprechende Kritik vorgebracht. Die Abgeordneten Maier, Spindelberger mit der Petition 121, aber auch die regionalen Aktivitäten unserer Abgeordneten Elisabeth Hakel haben letztendlich zu einem Kompromiss für die Fahrplanperiode 2011/2012 geführt.

In der Stellungnahme des BMVIT wurde darauf hingewiesen, dass vonseiten des Bun­des ja nur ein Grundangebot an Schienenverkehr bei den ÖBB bestellt wird. Darüber hinausgehende Zugleistungen müssen vonseiten der Länder bestellt und auch bezahlt werden.

Die Gespräche haben sich positiv entwickelt. Sowohl das Land Steiermark als auch das Land Salzburg haben zusätzliche finanzielle Mittel eingestellt und auch zusätzliche Bestellungen durchgeführt. Ich glaube, das ist ein Zeichen dafür, dass man mit Ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 167

sprächen auch über die Regionen zum Wohle der Bevölkerung Positives umsetzen kann.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In dieser Petition 121 wird aber auch ein Thema aufgeworfen, das wir sicher hier in diesem Haus noch einige Male diskutieren werden. Es geht dabei um die Entwicklung künftiger Liberalisierung im Personen­verkehr. Es besteht die Befürchtung, dass private Eisenbahnverkehrsunternehmen sich Rosinen aus diesem Gesamtangebot herauspicken könnten. Hier wird es zu einer Marktentwicklung kommen, die wir vonseiten des Parlaments auch beobachten müssen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


17.12.47

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Über 40 000 Unterschriften für das Weltkulturerbe Steinhof sind ein ganz besonderes Zeichen dafür, wie wichtig der Petitionsausschuss ist, aber nicht nur deswegen, weil die Bürgerinnen und Bürger dieses Weltkulturerbe zur Sicherung dieses Geländes am Otto-Wagner-Spital haben wollen, sondern es ist auch wichtig, weil wir mit diesem Petitionsausschuss hier im Nationalrat ein Korrektiv setzen können.

Es war am 15. November letzten Jahres, als die Freiheitliche Partei einen Ent­schließungs­antrag für das Weltkulturerbe Steinhof gestellt hat, in welchem sie die Bundesregierung auffordert, alles zu tun, dass der Weltkulturerbe-Status verliehen wird. Aber sie hat dabei vollkommen übersehen, dass nicht die Bundesregierung das tun kann, sondern dass das die Stadt Wien beantragen muss.

Daher bin ich sehr froh, dass wir bezüglich der Petition, die ich gemeinsam mit meiner Kollegin Gabi Tamandl eingebracht habe, nun vonseiten des Unterrichtsministeriums und des Denkmalamtes den Beweis erhalten haben, dass zuerst die Stadt Wien am Zug ist.

Ich sage Ihnen das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei, weil Sie das das letzte Mal groß abgefeiert haben gegenüber den Koalitionsparteien, so als ob wir dagegen wären. Jetzt aber müssen Sie zur Kenntnis nehmen, dass Sie falsch gelegen sind und dass in Wirklichkeit die Stadt Wien zuständig ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Umso unverständlicher ist es, dass Sie heute noch einmal dagegen stimmen. Heute stimmen Sie noch einmal dagegen! (Abg. Neubauer: Sie springen auf den Zug auf!) Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, Sie sind ja absolut unglaubwürdig! Sie wollen sich einfach überall nur dagegen stellen, aber nirgends wirklich dafür sein. Das ist Ihre Devise, und das lehnen wir vonseiten der Österreichischen Volkspartei eindeutig ab! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Deswegen seid ihr in Wien nur mehr mit 2 Prozent vorhanden! Mit dem Herrn Gerstl hat die ÖVP-Wien bald nur mehr 1 Prozent!)

In diesem Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren, freue ich mich sehr, dass wir dem nun einen Schritt nähergekommen sind. Wir haben heute auch im Wiener Gemeinderat eine Anfrage an den Herrn Bürgermeister dazu gestellt, und diese Petition hat auch dazu geführt, dass auch der Herr Bürgermeister nunmehr anerkennt: Ja, die Stadt Wien muss zuerst einen Antrag stellen, und dann kann der Welt­kultur­erbe-Status verliehen werden.

Das heißt, „mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“ in diesem Bereich, aber wir sind einen Schritt weiter. Wo wir noch nicht einer Meinung mit dem Herrn Bürgermeister


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 168

sind, das ist, dass er sagt, wir müssen zuerst das Mediationsverfahren abwarten. Das ist nicht unsere Meinung, denn das eine ist unabhängig vom anderen zu sehen. Wer Weltkulturerbe verleihen möchte, soll sofort alle Schritte setzen und sie nicht bewusst verzögern.

In dem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

17.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hechtl. – Bitte. (Abg. Neubauer: Fürs Protokoll: Vier Personen von der ÖVP haben applaudiert!)

 


17.15.46

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Zu diesem Sammelbericht von Bürgerinitiativen und Petitionen ist inhaltlich schon sehr viel gesagt worden. Für mich ist wichtig, hier festzuhalten, dass gerade in der parlamentarischen Diskussion, im parlamentarischen Prozess – und hier können ja sehr viele Menschen unser Wirken mitverfolgen – transparent wird, wie wir mit diesen Anliegen, den Petitionen und Bürgerinitiativen, im parlamentarischen Wirken umgehen.

In diesem Sammelbericht sind sehr viele Anliegen enthalten, die Themen sind sehr vielfältig. Ich denke da an Verkehr, Energie, Umwelt, Tierschutz, Gesundheit, Soziales, Konsumentenschutz und vor allem auch Sicherheit, um nur einige zu nennen, und vor allem an jene Bereiche, die mit persönlichem Engagement dahinterstehen, wo es um persönliches Interesse geht, aber auch um kollektives Interesse der Bevölkerung.

Mit der Bürgerinitiative 32: „Stoppt Sex-Handel mit Kindern & Jugendlichen“, ist schon sehr viel gesagt worden. Für mich ist wichtig, dass diese Praktiken aufgegriffen wer­den. Es wurde festgestellt, dass die Dunkelziffer hier sehr hoch ist, und wir müssen alles daransetzen, um hier einen geeigneten Schutz zu schaffen.

Ich möchte auch allen Initiatoren dieser Bürgerinitiative danken, vor allem auch ECPAT et cetera, und ich möchte auch für die gute Zusammenarbeit mit den Ministerien bei den Stellungnahmen und der Volksanwaltschaft ein herzliches Danke sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.17


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


17.17.25

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Am Dienstag dieser Woche gab es ein Treffen mit Mitgliedern des Landtages aus Sachsen, wo wir uns über die Petitionen ausgetauscht haben, und ich glaube, dabei haben wir wieder festgestellt, dass es überall viel Unterstützung für die Petitionen und Bürgerinitiativen gibt und dass der direkte Weg der Demokratie dort sehr stark forciert wird, so, wie es auch bei uns derzeit der Fall ist.

Ich darf zu zwei Tiroler Petitionen Stellung nehmen: Erstens zur Natura-2000- Schutz­gebiet-Nominierung, die Kollege Huber angesprochen hat. Hier hat es eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft gegeben. Es gibt keine rechtlichen und administrativen Möglichkeiten, diesen Ausweisungsprozess für Natura 2000 auf dem Gebiet eines Bundeslandes zu beeinflussen.

Aber trotzdem, glaube ich, gibt es hier intensive Gespräche über die vernünftige Nut­zung von Wasserkraft zwischen dem Land, den NGOs, den österreichischen Alpenvereinen und natürlich auch den Naturschutzbehörden. Und was auch ganz klar ist – und das hat der Kollege Huber vielleicht nicht gesagt –: Dass es hier, wenn es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 169

endgültig ein Projekt zur Wasserkraft geben sollte, eine Bürgerbefragung gibt, wo verbindlich festgestellt wird, ob das Projekt realisiert wird oder nicht.

Es ist also keine Zuständigkeit des Bundes gegeben, und daher ist auch der Antrag an Bundesminister Berlakovich aus meiner Sicht überflüssig, weil das Land Tirol hier ohnehin Verantwortung zeigt.

Bedanken möchte ich mich für eine Petition betreffend Lärmschutz in meiner Heimat­gemeinde Terfens. Da hat es ein Objekt gegeben, das schon 20 Jahre vor der Autobahn da war und das über 75 Dezibel gehabt hat. Man hat jahrelang gekämpft, und hier wurde im Zuge einer Fahrbahnsanierung der Lärmschutz erneuert und verbessert. Die Bewohner dort sind durchaus zufrieden, und dazu hat, wie ich glaube, diese Petition maßgeblich beigetragen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


17.19.35

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Dass Petitionen und Bürgerinitiativen im Hohen Haus ernst genommen werden, zeigt, dass zum Beispiel heute dieser Tagesordnungspunkt im Plenum behan­delt wird, aber auch, dass mehr als 20 RednerInnen zu diesem Tagesordnungspunkt gemeldet sind.

In aller Kürze: Ich beziehe mich auf zwei Petitionen, und zwar auf die Petition Nummer 66 und die Petition Nummer 146. Beide Petitionen wurden im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen.

Was die Petition Nummer 66 betrifft, Mineralrohstoffgesetz 2001 und Deponie­verord­nungen, so wurde diese meiner Meinung nach zu Recht zur Kenntnis genommen, da sich die Eingangsvoraussetzungen dafür geändert haben. Es handelt sich dabei um eine geplante Reststoffdeponie des Konzerns AVE in Neudorf bei Parndorf. Dieser Konzern hat auf öffentlichen Druck, auf Druck der regionalen Bürgerinitiativen und anderer in der Region ansässiger Menschen den Devolutionsantrag, der bereits auf dem Schreibtisch des zuständigen Umweltministers Berlakovich lag, zurückgezogen. Also nicht der zuständige Umweltminister hat gehandelt, sondern der Konzern AVE hat dezidiert seinen Antrag zurückgezogen.

Ich sage dazu: zum Wohle der Menschen in dieser Region, zum Wohle des Natura-2000-Gebietes, zum Wohle des UNESCO-Welterbes „Fertö – Neusiedler See“ und zum Wohle der Touristen, die Gott sei Dank immer zahlreicher in die Region kommen.

Die zweite Petition, die ich ansprechen möchte, ist die Petition Nummer 146 zum Thema „Bedrohung durch veraltete Atomkraftwerke nahe der österreichischen Grenze“. Die AKW-Unfälle und ihre Auswirkungen in Tschernobyl und Fukushima sind vielen von uns noch in Erinnerung. Wir wissen, dass die Slowakische Republik plant, ein Zwischenlager für abgefackelte Brennstäbe, ein sogenanntes Integrallager, in Bohunice zu errichten. Das ist nur 80 Kilometer Luftlinie von der Staatsgrenze entfernt. Ich denke, dem können wir nicht tatenlos zusehen. Ich habe daher in meinem Gemein­derat angeregt, eine Petition für einen europa- und weltweiten AKW-Ausstieg zu beschließen. Diese Petition wurde im Nationalrat bereits behandelt.

Wir müssen auch in Zukunft unsere Stimme bei jeder Gelegenheit erheben, wenn es um einen weltweiten und europaweiten AKW-Ausstieg geht. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

17.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 170

17.22.04

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte mich mit einer Petition der Stadtgemeinde Heidenreichstein befassen, die sich mit mehr Energieeffizienz und mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie beschäftigt.

Die Bundesregierung wurde aufgefordert, die „Energiestrategie Österreich“ umzu­setzen und den Entwurf zur Novellierung des Ökostromgesetzes zu überarbeiten. Dazu ist zu sagen, dass diese Petition bereits im Mai 2011 vom Gemeinderat Heidenreich­stein beschlossen wurde und daher die Beschlussfassung des Ökostromge­set­zes 2012 noch nicht berücksichtigt wurde. Wie Sie wissen, ist inzwischen die kritisierte Warteliste von Windkraft- und Photovoltaikprojekten mit zusätzlichen Mitteln von 108 Millionen entsprechend abgebaut wurden.

Ein Wort noch zur Frage der „Energiestrategie Österreich“, die aufgeworfen wurde: Es ist anzumerken, dass Österreich einen konsequenten Weg zum verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energieträger und der Steigerung der Energieeffizienz geht. Ich darf einige Zielsetzungen dieser Österreich-Strategie anführen, und zwar: konsequente Steigerung der Energieeffizienz in allen wesentlichen Sektoren, Ausbau der erneuerbaren Energie, Strom, Wärme und Verkehr, langfristige Sicherstellung der Energieversorgung und auch bestmögliche Geringhaltung des Energieverbrauchs.

Noch eines, sehr geehrte Damen und Herren: Viele Gemeinden haben sich die Ziel­setzung der Energiestrategie auf ihre Fahnen geheftet und sind bereits sehr erfolgreich unterwegs. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, alle Gemeinden einzuladen, hier mitzutun, um die Ziele der „Energiestrategie Österreich“ auch entsprechend umzu­setzen.

Ich darf erinnern, dass Kollege Köfer beim vorhergehenden Tagesordnungspunkt bereits über die Initiativen seiner Gemeinde berichtet hat. Wenn es gelingt, alle Ge­mein­den dafür zu gewinnen, dann steht einer erfolgreichen Umsetzung der „Energie­strategie Österreich“ nichts im Wege. Wir sind diesem Ziel schon einen Schritt näher. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


17.24.44

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Einer meiner Vorredner hat gesagt, 40 000 Unterschriften wurden gesammelt. Ich kann nur mit 22 000 mithalten, aber nicht weniger ehrenvollen.

22 000 Unterschriften wurden in Österreich für eine doppelte Staatsbürgerschaft in Südtirol gesammelt. Ich bedanke mich ganz herzlich beim Vorsitzenden des Südtiroler Unterausschusses Hermann Gahr, der, obwohl erst im Mai der Termin anberaumt gewesen wär, es bereits im März geschafft hat, diesen Termin für den Südtirol-Unter­ausschuss mit einigen Fachexperten tatsächlich über die Bühne zu bringen. Diese Fachexperten haben alle Bedenken vom Tisch gewischt, die bis jetzt bestanden haben, und ich freue mich darüber, dass dieser Südtirol-Unterausschuss so positiv verlaufen ist.

Es wird jetzt am politischen Willen liegen, diese doppelte Staatsbürgerschaft für unsere Südtiroler Freunde und Landsleute auch tatsächlich umzusetzen. Ich freue mich jedenfalls sehr darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Nun zwei Punkte, die in den letzten Tagen in Südtirol in allen Tageszeitungen für Furore gesorgt haben: Das ist einerseits die Diskussion um die italienische Hymne, die den Südtirolern, wie man bei uns so schön sagt, aufs Auge gedrückt werden soll. Diese


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 171

Hymne, sagen auch die im Südtirol-Unterausschuss vertretenen Fachexperten, wie etwa DDr. Zeller, steht im Wiederspruch zum Südtiroler Autonomiepaket und damit auch zum Pariser Abkommen, Artikel 1, der die Südtiroler Minderheit schützen soll.

Wenn wir unsere Schutzmachtfunktion ernsthaft ausüben wollen, dann müssen wir ernsthaft auch daran denken, diese endlich einmal auszuüben, und müssen uns entschieden gegen diese Vorgehensweise Italiens zu Wort melden.

Das Zweite, das in Südtirol derzeit massiv diskutiert wird, ist der Alpini-Aufmarsch. Dieser Aufmarsch, der als Freundschaftstreffen ehemaliger Alpini-Einheiten in Südtirol ausgeschrieben war und die Südtiroler Steuerzahler 900 000 € kostet, entwickelt sich jetzt zu einer reinen Provokation der dort lebenden Bevölkerung.

Das heutige Programm, das veröffentlicht wurde, zeigt, dass die faschistische Kriegs­flagge Mussolinis vorangetragen werden soll. Einheiten des österreichischen Bundes­heeres, die daran teilnehmen, sollen hinter einer faschistischen Flagge hinterhermar­schie­ren und bei faschistischen Siegesdenkmälern auch noch Kranzniederlegungen beiwohnen!

Frau Präsidentin! Herr Präsident! Ich ersuche Sie ganz dringend, auf die Ministerien für Inneres, für Äußeres und für Landesverteidigung dringlichst den Appell zu richten, so wie es die Gebirgsjägerbrigade 23 aus Bayern gemacht hat, als sie gehört hat, dass die Kriegsflagge Mussolinis hier vorangetragen werden soll, diese Veranstaltung zu verbieten, die Teilnahme daran zu verbieten. Es kann nicht sein, dass österreichische Soldaten oder Exekutivbeamte daran aktiv teilnehmen. Ich ersuche dringend, diesen Appell weiterzuleiten. (Beifall bei der FPÖ.)

17.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.

 


17.28.20

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie heute durch das schöne Murtal fahren, von Judenburg bis Scheifling nach Neumarkt, dann werden Sie feststellen: Das ist eine wunderbare Region mit Industrie in der Kernzone, mit wunderschönen Seitentälern, wo eigentlich nur mehr eines fehlt, von Judenburg abwärts oder aufwärts, nämlich die entsprechende Infrastruktur und eine entsprechende Schließung einer Lücke Richtung Süden, um den Wirtschaftsstandort dieses oberen Murtals auch entsprechend abzusichern.

Seit mehr als zehn Jahren bemühen wir uns, dass der Ausbau der S 36, aber auch die Planung für die S 37 vorangetrieben wird. Wir haben damit im Jahr 2002 mit den Verantwortlichen der ASFINAG begonnen, und es ist gelungen, aus acht Varianten für die S 36, von Judenburg bis Scheifling, innerhalb eines Jahres mit den Verant­wortlichen, mit den Bürgermeistern, mit den Gemeinderäten eine Trasse zu wählen. Festgelegt war: 2006 Baubeginn, 2010 Fertigstellung. Bis heute ist nichts geschehen.

Ich sage ganz offen: Ich bin froh, dass jetzt zumindest Teile auf der S 36, nämlich von St. Georgen bis Unzmarkt, ausgebaut werden. Aber wichtig ist es, dass auch der Ausbau des Teilstücks von Judenburg bis St. Georgen vorangetrieben wird, um auch für die Pendler und für die vielen Menschen, die auf dieser Straße unterwegs sind, mehr Sicherheit zu schaffen, denn entlang dieser Trasse von Judenburg bis Friesach gibt es jährlich vier Verkehrstote. Daher ist auch die Planung für die S 37 von Scheifling bis Neumarkt weiter voranzutreiben.

Ich weiß, dass es dort viele Bürgerinitiativen gibt, aber es gibt einstimmige Gemein­deratsbeschlüsse, wo man die Notwendigkeit gesehen hat – und das geht quer durch alle politischen Parteien –, den Ausbau dieses Teilstücks und die Herstellung dieses Lückenschlusses voranzutreiben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 172

In diesem Sinne bitte ich um entsprechende Kenntnisnahme. (Beifall bei der ÖVP.)

17.30


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.30.53

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Gerstl hat vorhin gesagt, die Freiheitlichen hätten einen Antrag gestellt, in dem sie die Regierung aufgefordert hätten, das Otto-Wagner-Areal zum Weltkultur­erbe zu machen. – Ich stelle fest: Das ist unrichtig!

Das haben wir nicht gemacht, sondern wir haben einen Antrag gestellt, der wörtlich lautet:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass aus dem Areal des Otto-Wagner-Spitals ein Weltkulturerbe wird. – Zitatende.

Das bedeutet, dass sich die Bundesregierung sowohl bei der Stadt Wien als auch beim Bundesdenkmalamt dafür einsetzen soll.

Weiters hat Herr Abgeordneter Gerstl behauptet, er hätte deshalb nicht mitstimmen können.

Ich stelle fest: Herr Abgeordneter Gerstl hat seinerzeit bei dieser Abstimmung den Saal verlassen und hat überhaupt nicht mitgestimmt! (Beifall bei der FPÖ.)

17.31


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petiti­onen und Bürgerinitiativen, der Übermittlung der Petition 144 an die Volksanwaltschaft im Sinne des § 100c Abs. 3 Z 2 GOG zuzustimmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 1688 der Beilagen hinsichtlich der Petitionen Nr. 63, 66, 67, 69, 73, 98, 104, 112, 113, 117, 121,124,126 und 127, 130 bis 134, 136, 146 und 151 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 32 und 33 zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehr­heit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend: die Notwendigkeit von Maßnahmen zur sofortigen Einrichtung und Freischaltung der Hotline 116000 für vermisste Kinder!

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen schließlich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Isel als Natura-2000-Schutz­gebiet.

Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 173

17.33.5212. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1637 d.B.): Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (1690 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1671 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Usbekistan zum Übereinkommen zur Befreiung auslän­discher öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (1691 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1672 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Internatio­nalen Anti-Korruptionsakademie (IACA) über den Amtssitz der Internationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich (1692 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe die Tagesordnungspunkte 12 bis 14 auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

 


17.34.41

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir behandeln jetzt bei diesen Tagesordnungspunkten drei Materien. Ich möchte aber ganz beson­ders auf den ersten Punkt eingehen, wo es um das Verschwindenlassen von Personen geht.

Wenn man das das erste Mal hört, glaubt man nicht, dass es so etwas gibt, aber ich habe mich ein bisschen damit befasst und auch Zahlen herausgesucht und muss sagen: Es ist horrend, es ist schrecklich, was da weltweit passiert!

Es geht heute hier um das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. Bereits 2007 wurde dieses Übereinkommen von der Bundesregierung beschlossen und vom Herrn Bundespräsidenten unterzeichnet. Insge­samt 88 Länder haben es bisher unterzeichnet, 25 ratifiziert, und Österreich soll heute die Ratifizierung dieses Übereinkommens im Nationalrat, im Parlament beschließen.

Es ist eine logische Konsequenz, nachdem wir auch den Sitz im Menschenrechtsrat in Genf innehaben, dass wir hier an vorderster Stelle mitmachen. Ich weiß, dass es auch dem Herrn Staatssekretär neben der Verfolgung der Christen weltweit, gerade was die Menschenrechte anbelangt, ein großes Anliegen ist und dass dieses Anliegen in seinen Händen bestens aufgehoben ist.

Dieses Übereinkommen gliedert sich in eine Präambel und in drei Teile, wobei sich Teil 1 mit den eigentlichen Verpflichtungen und mit dem Schutz vor dem Verschwin­denlassen befasst, Teil 2 Verfahrensbestimmungen zur internationalen Überwachung der Bestimmungen enthält und Teil 3 die üblichen Schlussbestimmungen.

Die Definition des Verschwindenlassens ist auch interessant.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 174

Unter dem Ausdruck „Verschwindenlassen“ wird die Festnahme, Haft, Entführung oder jede andere Form von Freiheitsentzug durch Staatsagenten oder durch eine Person oder Personengruppe verstanden, die mit der Erlaubnis, Unterstützung oder Duldung des Staates handelt, gefolgt von einer Weigerung, den Freiheitsentzug zu bestätigen, oder von einer Verheimlichung des Schicksals oder des Aufenthaltsortes der ver­schwun­denen Person, was der betroffenen Person jeden rechtlichen Schutz entzieht.

Laut Statistik der Vereinten Nationen sind in etwa 30 000 bis 50 000 Menschen in den letzten zehn Jahren unter diesem Titel verschwunden. Das muss man sich vorstellen: In über der Hälfte aller Mitgliedsländer der Vereinten Nationen! Das heißt, das ist nicht konzentriert auf ein Land, sondern mehr als die Hälfte der Länder weisen solche Fälle aus.

Vor allem wissen wir: Früher war es in den Diktaturen in Südamerika gang und gäbe, Menschen verschwinden zu lassen, Menschen zu ermorden oder einfach ihre Identität zu vernichten.

Ich glaube, dass dieses Abkommen, dessen Ratifizierung wir heute hier beschließen, ein ganz wesentliches Zeichen in der Welt und auch in der Staatengemeinschaft ist, dass das nicht tolerierbar ist. Ich hoffe – und es ist im Interesse aller zu hoffen –, dass möglichst viele Länder dieses Abkommen ratifizieren.

Auch in Mexiko ist dieses Problem ganz gewaltig. Dort hat man in den letzten fünf Jahren 3 000 bis 5 000 Personen verschwinden lassen, wie eine UNO-Experten­kommission, die dort vor Ort war, festgestellt hat. Es hat sich auf Druck und aufgrund der öffentlichen Diskussion die Regierung jetzt bereit erklärt, diese Fälle zu unter­suchen, diesen Fällen nachzugehen.

Das heißt, dieser Einsatz, diese Beschlussfassung ist nicht ein leeres Gebilde, sondern es ist, meine ich, auch ein Druckmittel gegenüber Regierungen und Regimen, sich mehr an die Menschenrechte zu halten, die Menschenrechte mehr zu respektieren – ein langer Weg, wahrscheinlich für viele ein schmerzvoller Weg, die da betroffen sind, aber ich glaube, ein notwendiger und ein richtiger.

Ich nehme an, dass wir heute hier Einstimmigkeit in der Beschlussfassung erlangen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


17.39.06

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nahtlos an das anschließen, was Herr Abgeordneter Kollege Großruck zum Übereinkommen über das Verschwindenlassen von Personen eingeleitet hat.

Es ist mir auch noch wichtig, zu erwähnen, dass es im Rahmen dieses Überein­kommens für Angehörige, für Opfer von verschwundenen Personen, die gesucht werden, auch die Möglichkeit einer Fakultativbeschwerde gibt, dass man sich an das Kontrollorgan, das in Form eines Ausschusses eingerichtet werden soll, wenden kann, um Einzelfälle dann an diese Kommission heranzutragen.

Es ist auch möglich, Staatenbeschwerden anzubringen, damit diese Menschen­rechtsverletzung des Verschwindenlassens die entsprechende Ächtung im inter­nationalen Kontext erfährt.

Worum geht es in diesem Übereinkommen? – Es ist vor allen Dingen eine Stärkung des Menschenrechtsschutzes innerhalb der internationalen Gemeinschaft, die hier


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 175

beschlossen werden soll, seit 2010 in Kraft, ratifiziert von 25 Ländern. Es ist auch wichtig, dass wir dieses Übereinkommen jetzt beschließen und ratifizieren, weil durch den sogenannten Krieg gegen den Terror Maßnahmen gesetzt wurden, die oft über­bordend waren, von denen man sich nicht vorstellen konnte, dass das im Jahr 2005, 2006, 2007, 2008, 2010, 2012 nach wie vor passiert.

Ich als Mitglied des Europarates kann mich noch gut erinnern an den Bericht eines Abgeordneten des Schweizer Parlaments, Dick Marty, der darauf hingewiesen hat, dass es in Europa Geheimgefängnisse geben soll. Er hat aufgrund dieses Aufdeckens viele Repressionen erleiden müssen, es war nicht so einfach, hier Licht in die Dunkelheit zu bringen. Oder können Sie sich noch an die grauenhaften Bilder erinnern, die vom irakischen Gefängnis Abu Ghuraib hierher zu uns gekommen sind – die Täterin Lynndie England ist bis heute nicht bereit, sich zu entschuldigen für die Menschenrechtsverletzungen und Gräueltaten, die dort begangen wurden –, oder an Guantánamo, dessen Schließung der jetzige Präsident versprochen hatte?

Geheimgefängnisse sollen also gemäß diesem Übereinkommen nicht nur nicht mehr errichtet werden können, sondern es soll auch präventiv dafür gesorgt werden, dass überhaupt kein Bedarf mehr danach entstehen kann. Die Überbringung der verschie­denen Gefangenen in andere Länder soll verboten werden.

Ich habe mich auch kundig gemacht, so wie Kollege Großruck, und ich habe an einer Unmenge von Fällen gesehen – sei es aufgezeigt von Amnesty International oder auch von anderen Organisationen –, von betroffenen Personen, von Opfern, von deren Ange­hörigen, wie wichtig es ist, dass wir diese eklatante Menschenrechtsverletzung nun auch im internationalen Kontext bekämpfen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

17.42


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Waldner. – Bitte.

 


17.42.43

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten Dr. Wolfgang Waldner: Herr Präsident! Hohes Haus! Unter diesem Tagesordnungspunkt werden ja drei Vorlagen behandelt. Ich darf mir erlauben, in meinem Debattenbeitrag auf alle drei Vorlagen kurz einzugehen.

Zuerst zum Internationalen Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, das ja schon Gegenstand von zwei Redebeiträgen war: Ich halte die Ratifikation dieses Übereinkommens für einen wichtigen Schritt im Bereich der Menschenrechte. Dieses Übereinkommen begreift als erstes verbindliches Dokument die im Zusammenhang mit dem Verschwindenlassen eintretenden Menschen­rechts­verletzungen als ganz umfassendes Phänomen. Das Übereinkommen dient dazu, die Praxis von Inhaftierungen an geheimen Orten, zum Beispiel in Geheimgefängnissen, sowohl präventiv als auch repressiv zu bekämpfen.

Die Regierungsvorlage sieht eine Unterwerfung Österreichs unter alle Kontroll­mecha­nismen in diesem Übereinkommen vor, insbesondere auch eine fakultative Individual­beschwerde und eine fakultative Staatenbeschwerde.

Zur zweiten Vorlage – das ist das Haager Beglaubigungsübereinkommen – ist aus unserer Sicht festzuhalten, dass durch einen Beitritt Usbekistans zu diesem Überein­kommen eine Kontrollmöglichkeit usbekischer Urkunden durch österreichische Behör­den wegfallen würde. Das heißt, der österreichische Einspruch gegen den Beitritt, um den es heute geht, schützt österreichische Bürger und österreichische Unternehmen vor falschen usbekischen Urkunden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 176

Wichtig ist aber, in diesem Zusammenhang zu betonen, dass der normale Beglau­bigungsweg von usbekischen Urkunden natürlich weiterhin wie bisher möglich ist. Außer Österreich haben übrigens bereits Deutschland, Belgien, Griechenland und andere gegen diesen Beitritt Usbekistans Einspruch erhoben.

Bei der dritten Vorlage geht es um das Amtssitz-Abkommen für die Internationale Anti-Korruptionsakademie IACA. Mit diesem Amtssitz-Abkommen erhält die IACA die gleichen Rechte wie die anderen vergleichbaren internationalen Organisationen, die hier in Österreich angesiedelt sind.

Dieses Abkommen war eine Voraussetzung, damit sich die IACA hier in Österreich angesiedelt hat. Die Ansiedlung der IACA stärkt den Amtssitz und das österreichische Profil im Bereich der internationalen Korruptionsbekämpfung. Im Wege der Umweg­rentabilität profitiert auch die österreichische Wirtschaft von dieser Ansiedlung.

Schließlich: Mit dem Amtssitz-Abkommen sind für Österreich keine Kosten verbunden. Es wird zwar theoretisch auf Steuereinnahmen verzichtet, aber dieser Steuerentfall ist rein fiktiv, weil ja gar kein Steueraufkommen anfallen würde, wenn sich die IACA außerhalb Österreichs ansiedeln würde. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.45


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


17.45.49

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Verehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Es ist sehr erfreulich, dass nun, fünf Jahre nach der Unterzeichnung dieses wichtigen internationalen Übereinkommens gegen das Verschwindenlassen von Personen, die Ratifizierung erfolgt. Wir sind sehr erfreut darüber und werden das natürlich auch unterstützen.

Ich möchte allerdings eines nicht unerwähnt lassen, weil die Vorgeschichte dieser Ratifizierung einen Blick wert ist, um nämlich die Usancen, die in diesem Haus leider Platz gegriffen haben, auch in Erinnerung zu rufen. Wir haben im Jahr 2009 – da hatte Österreich dieses Übereinkommen gerade einmal zwei Jahre unterzeichnet gehabt – einen Antrag für genau diese Ratifizierung gestellt. Mit „wir“ meine ich jetzt mich und unseren Justizsprecher, meinen Kollegen Albert Steinhauser. Das war im Jahr 2009, und ich kann mich genau daran erinnern, dass dieser Antrag – vor nunmehr drei Jahren – im Menschenrechtsausschuss von den Regierungsfraktionen vertagt wurde und auf Nimmerwiedersehen von der Tagesordnung des Parlaments verschwunden war.

Nun, drei Jahre später, kommt die Regierung auf die Idee: Ah, das ist ein wichtiges Übereinkommen, das könnten und sollten wir eigentlich ratifizieren! – Es ist sehr zu begrüßen, dass das endlich passiert. Nur würden wir uns wünschen, dass – wie es sich in einem Parlament eigentlich gehört – Ideen, gute Ideen, die von anderen Fraktionen als den Regierungsfraktionen kommen, auch aufgegriffen werden, dass man sagt: ja, das machen wir!, und dass man nicht drei Jahre damit zuwartet, eine Ratifizierung zu vollziehen.

Es haben ein paar meiner Vorredner und Vorrednerinnen darauf Bezug genommen, warum das notwendig ist. Nachdem 20 Länder dieses Abkommen ratifiziert haben oder ratifizieren, tritt es in Kraft, und 2009 war es noch nicht so weit. Das heißt, Österreich hätte die Möglichkeit gehabt, eine Pionierrolle zu spielen, indem dieses wichtige Übereinkommen so schnell wie möglich ratifiziert wird, damit es auch international in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 177

Kraft tritt. Das geschieht jetzt mit einiger Verspätung. Gut, dass es überhaupt passiert! Wir werden das, wie gesagt, unterstützen.

Ich möchte auf zwei wichtige Dinge hinweisen. Mit diesem vorliegenden internationalen Übereinkommen wird eine Strafbarkeitslücke geschlossen. Wir können uns in Öster­reich zwar nicht vorstellen, wie es sein kann, dass Menschen von Regimen, von Diktaturen oder von bewaffneten Kräften unter Duldung von Regierungen zum Ver­schwinden gebracht werden, dass sie ermordet werden, dass man dann irgendwann die Leiche findet oder auch nicht findet, aber leider ist das keine vergangene Ent­wicklung!

Es wurden die siebziger und achtziger Jahre angesprochen, diverse lateinameri­kani­sche Diktaturen, in denen das leider gang und gäbe war, in denen Tausende Menschen ermordet wurden. Aber in den letzten Jahren ist diese Praxis leider wieder zum Leben erwacht, teilweise unter dem Deckmantel der sogenannten Terrorbekämp­fung, wobei Terrorakt-verdächtigte Menschen verschleppt werden, in Geheim­gefäng­nissen gehalten werden, gefoltert und teilweise wahrscheinlich auch ermordet werden, weil dann jede Spur von ihnen fehlt.

Umso wichtiger ist es, mit dieser Ratifizierung nicht nur ein Zeichen zu setzen – und damit komme ich zum zweiten und letzten Punkt –, sondern dass wir als Land auch unsere Verantwortung übernehmen. Denn diese Ratifizierung bedeutet, dass dann, wenn sich in Österreich Menschen aufhalten, die des Verschwindenlassens von Per­sonen beschuldigt werden oder deren Schuld feststeht, wir als Republik auch verpflichtet sind, diesen Untaten, diesen Verbrechen nachzugehen und für eine gerechte Bestrafung zu sorgen.

In diesem Sinne: Danke an die Bundesregierung dafür, dass zwar mit fünf Jahren Verspätung, aber doch die Ratifizierung kommt! Wir werden sie sehr gerne unter­stützen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

17.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


17.50.29

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir werden diesen drei Anträgen unsere Zustimmung geben.

Zum letztgenannten, dem Antrag gegen das Verschwindenlassen von Personen, ist natürlich eines schon interessant. Frau Abgeordnete Korun hat richtig darauf hinge-wiesen, dass das eine Praxis, die man auch offen und oft kritisiert hat, von irgendwelchen Diktaturen gewesen ist. Daher hat man es thematisiert.

Nur: Der Anlassfall ist ja nicht irgendeine Diktatur in Lateinamerika, sondern der Hort der Demokratie und Rechtstaatlichkeit, nämlich die Vereinigten Staaten! Dort ist es verboten, dort ist es auch damals schon verboten gewesen, dass man Menschen ohne Gerichtsverhandlung einsperrt, dass man foltert, dass man sie verschwinden lässt – und trotzdem ist es passiert, ganz einfach deshalb, weil die politische Führung ohne jede Sanktion, ohne jede wirklich starke Kritik dies eben für notwendig erachtet hat. Anscheinend hat, wer die Macht hat, auch das Recht auf seiner Seite – nach wie vor –, und das ist ganz einfach passiert.

Dass dann, wie man hört, auch Mitgliedsländer der Europäischen Union mitgespielt haben, dass diese Folter und diese Verhöre in Europa stattgefunden haben, ist besonders bedauerlich und zu kritisieren. Aber da habe ich wenig an Diskussionen gehört, wie man dagegen ankämpft und welche Sanktionen es dafür gibt! Wenn das in rechten Diktaturen in Lateinamerika passiert ist, dann hat man nach dem Straf­gerichtshof, nach Sanktionen und nach allem Möglichen gerufen. Wenn jedoch das


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Musterland der Demokratie und Rechtstaatlichkeit dies anwendet: Na, dann ist das eben bedauerlich. Und: Ja muss denn das sein?! – Aber das ist dann auch schon alles, was man daran findet.

Das ist zu kritisieren! Wir unterstützen diesen Antrag, aber es wird nichts – leider nichts – an der Doppelbödigkeit der Moral bei solchen Dingen lösen und nicht verhin­dern, dass ganz einfach dort, wo man der Meinung ist, dass man kritisieren kann, auch kritisiert wird, dass man jedoch dort, wo man der Meinung ist, dass man sich mit demjenigen nicht anlegen will, auch die Augen verschließen wird. Und dann wird das weiter passieren! (Beifall beim BZÖ.)

17.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

 


17.52.49

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein Redebeitrag beschäftigt sich mit der Regierungs­vor­lage 1672, also dem Abkommen der Republik Österreich mit der Internationalen Anti-Korruptionsakademie im Zusammenhang mit dem Amtssitz dieser internationalen Einrichtung.

Ich darf kurz in Erinnerung rufen, dass es anlässlich einer Generalversammlung der Interpol im Jahre 2006 zu dem Beschluss kam, eine Anti-Korruptionsakademie als Bildungseinrichtung für Korruptionsbekämpfung der 186 Mitgliedsländer der Inter­nationalen Polizeiorganisationen zu gründen. Ich darf ebenfalls in Erinnerung rufen, dass es im März 2011 zur Gründungssitzung der IACA hier in Wien kam. Ich freue mich daher auch, dass es gelungen ist, dass dieses wichtige Institut in unserem Lande angesiedelt ist, weil das heißt, dass Österreich eine noch wichtigere Bedeutung im Zusammenhang mit der österreichischen Rolle bei internationalen Organisationen erlangt hat.

Derzeit sind in dieser Akademie zirka 15 Personen beschäftigt. Je nachdem, wie sich der Bereich der Ausbildungsprogramme entwickelt, ist zu erwarten, dass 50 bis 60 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in dieser wichtigen Organisation beschäftigt sein werden. Was wird dort angeboten? – Es werden maßgeschneiderte Schulungsmaß­nah­men speziell für die Bedürfnisse von bestimmten Organisationen, Firmen und Gruppen oder für ganz bestimmte Personen angeboten.

Ich freue mich darüber, dass es heute zu dieser Beschlussfassung kommt, denn dies ist ein wichtiger Beitrag Österreichs zu einer besseren internationalen Zusammenarbeit im Zusammenhang mit Korruptionsbekämpfung. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

17.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


17.55.05

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! In aller Kürze: Natürlich ist der erste dieser Punkte der wichtigste, das Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. Das ist ganz klar.

Der zweite Punkt betrifft einen Einspruch im Zusammenhang mit der Republik Usbekistan. Da geht es darum, dass gewisse Dokumente und Unterlagen, zum Beispiel Pässe, sozusagen nicht automatisch anerkannt werden. Dieser Einspruch ist absolut berechtigt, wenn man berücksichtigt, dass Usbekistan in der Rangfolge von Transparency International, was Korruption betrifft, auf Rang 172 von insgesamt 178 bewerteten Staaten liegt.


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Ich hoffe sehr, dass Österreich weit entfernt ist von diesem Wert, nämlich weiter vorne liegt. Allerdings entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, Frau Kollegin Csörgits, dass ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da wir uns seit Monaten mit der Aufarbeitung von Korruptionsaffären in Österreich beschäftigen und uns zweifellos weitere Monate damit beschäftigen werden, dass ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt die Internationale Anti-Korruptionsakademie nach Österreich beziehungsweise nach Laxenburg, wie Sie richtig erwähnt haben, kommt.

Es ist ein schöner Erfolg, das ist keine Frage, aber wir hoffen alle, dass sich diese internationale Akademie nicht allzu sehr mit Österreich wird beschäftigen müssen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.56


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Antrag des Außenpolitischen Ausschus-ses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Internationales Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen, 1637 der Beilagen, gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, die arabische, chinesische, französische, russische und spanische Sprachfassung dieses Staats­vertrages gemäß Artikel 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz dadurch kundzu­machen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für euro­päische und internationale Angelegenheiten aufliegt.

Wer dem beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Usbekistan zum Übereinkommen zur Be­freiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung, 1671 der Beilagen, gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich Sie um Ihr Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nom­men.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und der Internationalen Anti-Korruptionsakademie über den Amtssitz der Inter­nationalen Anti-Korruptionsakademie in Österreich, 1672 der Beilagen, gemäß Artikel 50 Abs.1 Z 1 B-VG die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte im Fall Ihrer Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ein­stimmig angenommen.

17.58.5115. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1862/A(E) der Abge­ordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwent­ner, Kolleginnen und Kollegen betreffend gewaltsame Konflikte in Nigeria (1693 d.B.)


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16. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1863/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend die aktuelle Menschen­rechts­lage im Iran (1694 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1849/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend konse­quente Verhandlungsposition zum internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty) (1695 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den Punkten 15 bis 17 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte wird einbegleitet mit einem Redebeitrag des Herrn Abgeordneten Dr. Hübner. – Bitte.

 


17.59.46

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Den Anträgen eins und drei, Nigeria und Waffenhandel, werden wir zustimmen; wenngleich ich natürlich anmerke, dass es fraglich ist, ob die nigerianische Regierung unsere Tipps bei der Bewältigung ihrer innenpolitischen Krisen benötigt. Da sollten wir immer daran denken: Wir sollten unsere Möglichkeiten und unsere Reich­weite auch nicht überdehnen. (Beifall bei der FPÖ.)

Mit dem dritten Antrag haben wir insofern ein Problem, als wir der Meinung sind, dass Menschenrechte unteilbar sind. Menschenrechte sind nicht davon abhängig, was gerade politisch opportun ist, wo man hin- und wegsehen muss, sondern Menschen­rechte sind davon abhängig, dass sie eingehalten werden – egal, wo, in welchem Land und in welchem Zusammenhang.

Kollege Scheibner hat ja beim vorigen Diskussionspunkt sehr richtig ausgeführt, dass wir leichter Versuchen unterliegen, dort wegzuschauen, wo es politisch inopportun ist – und dort hinzuschauen, wo alle hinschauen, wo es gerade politisch opportun ist, weil es zum Beispiel eine führende Macht wie die USA das will, weil es medial verbreitet wird, oder auch aus anderen Gründen.

Was den Iran-Antrag anlangt: Da geht es um eine Region, in der Menschenrechts­verletzungen leider an der Tagesordnung sind, und zwar beileibe nicht nur im Iran, aber dort schaut man eben genau hin. (Abg. Öllinger: Tschetschenien!) – Was für einen Wunsch haben Sie, Kollege? (Abg. Öllinger: Tschetschenien!) – Aha: Tsche­tschenien. Tschetschenien ist zwar nicht unbedingt der Nahe Osten, aber darüber können wir natürlich auch reden. Ich nehme Tschetschenien nicht davon aus – die Situation in Syrien kennen wir auch –, aber nehmen wir einmal Usbekistan. Kollege Van der Bellen hat das ja auch schon angesprochen.

Was Usbekistan betrifft, gibt es ja sozusagen ein schwarzes Loch in der Wahrnehmung der dortigen Situation, weil es eben in Usbekistan einen NATO-Stützpunkt gibt, der wichtige Dienste im Afghanistan-Krieg leistet. Sie wissen, die EU hat gegen Usbekistan sogar Sanktionen verhängt: wegen Massakern, die dort der gottgleiche Alleinherrscher Islam Karimov in den Jahren 2005/2006 angeordnet hat und durchführen ließ. Diese Sanktionen wurden im Jahre 2009 wieder aufgehoben, und zwar gegen Gesetzes-


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änderungen in diesem Lande; das kennen wir ja auch von verschiedenen Beitritts­werbern in die EU. In Usbekistan wurden also Gesetze geändert, es wurde ein Men­schenrechtsbeauftragter geschaffen, es wurde die Haftprüfungsverhandlung eingeführt und so weiter.

Was ist aber in Wirklichkeit geschehen? – Gar nichts! Im Gegenteil! Wenn Sie sich die letzten Berichte von Human Rights Watch, erschienen im Dezember 2011 anschauen, dann sehen Sie, dass sich die Menschenrechtssituation in Usbekistan in Wirklichkeit dramatisch verschlechtert hat. Neu geschaffene Institutionen sind reines Schmuck­werk; im Gefängnisalltag und in der Justiz Usbekistans ist Folter sozusagen an der Tagesordnung, Folter vor allem durch die Verwendung von Elektroschocks, durch simuliertes Ersticken mit Plastiksäcken und durch Verbrühen mit kochendem Wasser.

Die Zahl der Hinrichtungen ist unbekannt, ebenso die Zahl der politischen Gefan­genen,; man schätzt sie auf 6 000. Kinderarbeit ist in Usbekistan weit verbreitet; Berichte darüber gibt es aber nicht. Vertreter des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen werden seit zehn Jahren daran gehindert, das Land auch nur zu betreten.

Meine Damen und Herren, haben Sie viel gehört über die Situation in Usbekistan? – Ich wenig, zumindest medial nicht. Wenn man sich nicht speziell mit diesem Thema beschäftigt und in Berichte hineinschaut, erfährt man davon nichts. Aber ich habe sehr viel gehört über die Situation im Iran, sehr viel; jeden Tag findet man darüber in Medien eine Viertel-, oft auch eine halbe Seite.

Der Iran ist sicherlich kein Staat, in dem die Menschenrechte geachtet werden; da gibt es viel zu kritisieren, da gibt es viel Unrecht. Der Iran gehört sicher zu den großen Verletzern in dieser Region, ist aber keinesfalls der größte. Im Iran gibt es immerhin Wahlen – wenn auch nur in einer geschlossenen Gesellschaft –, aber davon sind Staaten wie Usbekistan, aber auch Turkmenistan meilenweit entfernt.

In diesen Staaten haben sich die ehemaligen Generalsekretäre der Kommunistischen Partei Turkmenistans, Kasachstans, Usbekistans zu Präsidenten auf Lebenszeit bestel­len lassen. Der kasachische Präsident Nasarbajew hat sogar gegen den Be­schluss des gleichgeschalteten Parlaments, ihn bis zum Jahre 2020 zum Präsiden­ten zu machen, ein Veto eingelegt – und daraufhin hat das Parlament, haben beide Kammern, und zwar in einer Sondersitzung, mit qualifizierter Mehrheit das Veto des Präsidenten überstimmt, und Nasarbajew ist zu seinem größten Bedauern bis 2020 bestellt worden.

Das, meine Damen und Herren, sind die Staaten, wo wir auch wir hinschauen sollten, und deshalb schlagen wir Freiheitlichen vor, die Menschenrechte universell und allgemeingültig zu behandeln – und nicht nach politischen Opportunitäten. (Beifall bei der FPÖ).

Deshalb bringen wir einen Entschließungsantrag ein, der die ganze Region betrifft: den ganzen Nahen und Mittleren Osten, alle Staaten und alle Menschenrechtsverletzer. Ich werde diesen Antrag allerdings wegen vorgeschrittener Zeit jetzt nicht einbringen, sondern einen mir folgenden Kollegen ersuchen, das dann für mich zu tun. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. – Bitte.

 


18.04.41

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei allem Verständnis, hier differenzieren zu


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wollen, fehlt mir schon das Verständnis für die Vorgangsweise der Freiheitlichen Partei, die das Wort „Freiheit“ in Ihrem Parteinamen trägt. Nämlich, dass Sie einem Antrag nicht zustimmen in Bezug auf ein Land, in dem die Freiheit des Einzelnen mit Füßen getreten wird – und es ist nun einmal der Iran, nach China, jener Staat, in dem die meisten Hinrichtungen stattgefunden haben und noch immer stattfinden.

Amnesty International hat vor wenigen Wochen diese traurige Statistik bekannt gegeben, wonach der Iran mit 360 Hinrichtungen, nach China mit mehr als 600, an zweiter Stelle dieser traurigen Bilanz liegt.

Wenn Sie sich unseren Antrag ansehen, werden Sie feststellen: Es geht darin um Men­schenrechtsfragen. Dass die Freiheitliche Partei einem solchen Antrag nicht zustimmt, ist mir völlig unverständlich. Ich bitte jene FPÖ-Redner, die dem Kollegen Hübner folgen werden, mir zu erklären, was sie bei diesem Antrag hindert, was für Sie von der Freiheitlichen Partei sozusagen ein unüberwindbares Hindernis darstellt, dem zuzustimmen, wo es in diesem Antrag ausschließlich um die Menschenrechtsfrage geht. Das hätte ich wirklich gerne von Ihnen gewusst! (Beifall bei der ÖVP.)

Was ist in Ihren Augen der Unterschied zwischen diesem Iran-Antrag, dem Sie nicht zustimmen können, und einem Nigeria-Antrag, dem Sie zustimmen können?! – Meiner Überzeugung nach macht es keinen Unterschied, ob Hunderte Christen bestialisch von der Sekte Boko Haram niedergemetzelt oder im Iran die Menschenrechte mit Füßen getreten werden.

Herr Kollege Hübner, Sie haben richtigerweise diagnostiziert, dass Menschenrechte unteilbar sind. (Abg. Jury: Das ist ein bisschen ein Unterschied!) – Nein, das ist kein Unterschied! Kollege passen Sie auf, was Sie hier sagen! Todesstrafe ist Todesstrafe, und wenn Menschen aufgrund ihrer politischen Überzeugung mit dem Leben bezahlen müssen  (Abg. Dr. Hübner: In den USA gibt es auch die Todesstrafe!) – Auch in den USA! Menschenrechte sind unteilbar! (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Warum machen Sie dann einen Unterschied?) – Wir machen keinen Unterschied! (Abg. Dipl.-Ing. Deimek: Was ist denn der Unterschied zwischen dem Iran und China?)

Ich möchte noch einmal versuchen, Ihnen das zu erklären, weil ich das für sehr ernst halte und ich froh gewesen wäre, wenn das österreichische Parlament in dieser Angele­genheit zu einer einhelligen Meinung gekommen wäre. Darüber wäre ich froh gewesen. Natürlich kann man jetzt sagen, wir haben andere Sorgen – denken wir nur daran, worüber wir gestern hier diskutiert haben –, aber hier geht es doch darum, dass wir uns als frei gewählte Mandatare hier im österreichischen Parlament mit diesen Fragen beschäftigen – und nicht wegsehen.

Vor Kurzem habe ich die Aufgabe bekommen, den Vorsitz in der parlamentarischen Gruppe Österreich-Iran zu übernehmen; es gibt ja zwischen beiden Ländern eine jahrhundertelange gute Tradition bilateraler Kontakte. Und diese sollen auch auf parla­mentarischer Ebene nicht abreißen. Im Übrigen waren auch Kollegen von der Freiheitlichen Partei dabei, als wir diese Fragen mit dem iranischen Botschafter erst kürzlich diskutiert haben, wobei ich gleich dazusage, dass ich einen solchen Dialog für richtig und notwendig erachte.

Andererseits halte ich es aber auch für notwendig, dass wir die Überzeugungen, die wir haben und die in unseren Parteiprogrammen festgeschrieben sind, dann, wenn es dann zur Abstimmung solcher Anträge kommt, auch nicht verleugnen. Daher sage ich hier ganz offen: Schon im Ausschuss konnte ich der Argumentation der Freiheitlichen Partei nicht folgen – und ebenso hier nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind schon gefordert, die Situation auch in anderen Staaten zu sehen. Da hier das Licht beim Rednerpult schon blinkt, möchte ich es nicht verabsäumen, einen


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Cap und Lopatka einzubringen, einen An­trag, in dem es um die Situation in Syrien geht, wo Menschenrechte sowohl von der Regierungsseite her, vom Regime Assad, aber auch von Oppositionellen verletzt werden, wo mittlerweile hunderttausende Menschen auf der Flucht sind und tausende Menschen ihr Leben lassen mussten.

Der Nationalrat wolle beschließen: 

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht,

die Unterdrückung und brutale Gewalt, mit der das syrische Regime gegen seine Bevölkerung vorgeht, gegenüber der syrischen Regierung sowie auf internationaler und europäischer Ebene weiterhin mit Nachdruck zu verurteilen,

sich sowohl auf bilateraler Ebene als auch auf Ebenen der EU und UN für die Umsetzung des Sechspunkteplans des UN-Sondergesandten Kofi Annan einzusetzen,

für den Fall, dass es nicht zu einer raschen Umsetzung des Sechspunkteplans von Seiten der syrischen Regierung kommt, auf europäischer Ebene für eine weitere Ver­schärfung der Sanktionen und auf EU-Ebene für die Verabschiedung einer UN-Resolution einzutreten,

sicherzustellen, dass der Syrien-Konflikt ein dauerhafter Gegenstand der Tagesord­nungen im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen bleibt,

sich weiterhin auf UN-Ebene dafür einzusetzen, dass im Fall Syrien der Internationale Strafgerichtshof eingeschaltet wird,

im Kontakt mit der syrischen Opposition auf die Einhaltung der Menschenrechte zu drängen.“

*****

Ich bitte, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. Und die freiheitliche Fraktion ersuche ich nochmals, sich den Antrag, der den Iran betrifft, vielleicht noch einmal wirklich durchzulesen und dann die Entscheidung zu treffen, wie man abstimmt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Lesen Sie unseren Antrag!)

18.10


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit ver­handelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend der aktuellen Entwicklungen in der Syrien-Krise.

Eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 15 - 17

Der syrische Staat droht immer mehr in einem blutigen Bürgerkrieg zu versinken. Seit Februar 2011 geht das syrische Regime unter Präsident Baschar al-Assad mit unglaublicher Brutalität und Gewalt gegen die eigene Bevölkerung vor. Laut den jüngsten Angaben der Vereinten Nationen sind seit Beginn des Aufstandes bis zu 9.000 Menschen getötet worden.

Menschenrechtsverletzungen werden nicht nur vom syrischen Regime begangen, auch seitens der Opposition soll es, laut einer jüngsten Studie der Menschen­rechtsorga-


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nisation Human Rights Watch, vermehrt zu schwerwiegenden Vergehen in ihren Einflussgebieten gekommen sein.

Rund 230.000 Menschen sind auf der Flucht vor den Kämpfen. Viele fliehen in die umliegenden Länder. So sollen sich derzeit mehr als 17.000 syrische Flüchtlinge in der Türkei, mehr als14.000 in Jordanien und über 7.000 im Libanon befinden. Dies führt zu erheblichen Spannungen in den Grenzregionen und droht den innersyrischen Konflikt auch auf die angrenzenden Staaten auszuweiten.

Unterdessen steigt der diplomatische Druck auf Präsident Assad. Nach zwei ge­scheiterten Versuchen, eine UN-Resolution zu Syrien zu beschließen, konnte sich der UN-Sicherheitsrat am 21. März 2012 einstimmig – also auch mit der Einwilligung Chinas und Russlands – auf eine Präsidentielle Erklärung einigen. Diese enthält einen Sechspunkteplan des Syrien-Beauftragten Kofi Annan, der am 27. März 2012 auch vom syrischen Regime angenommen wurde. Kernpunkte des Sechspunkteplans sind ein sofortiger Waffenstillstand, der Abzug schwerer Waffen aus den Wohngebieten, der ungehinderte Zugang für humanitäre Hilfe und JournalistInnen und die Aufnahme des politischen Dialogs von beiden Seiten, um die Demokratisierung des Landes ein­zuleiten.

Die Annahme des Sechspunkteplans durch die syrische Regierung ist ein erster wichtiger Schritt hin zu einer dauerhaften Lösung des Konflikts. Die konkrete Realisierung, der im Friedensplan enthaltenen Punkte, muss der nächste Schritt sein. Entscheidend wird sein, ob es der Internationalen Gemeinschaft gelingen wird, den gemeinsamen Druck auf das Assad-Regime aufrechtzuerhalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird ersucht,

die Unterdrückung und brutale Gewalt, mit der das syrische Regime gegen seine Bevölkerung vorgeht, gegenüber der syrischen Regierung sowie auf internationaler und europäischer Ebene weiterhin mit Nachdruck zu verurteilen,

sich sowohl auf bilateraler Ebene als auch auf Ebenen der EU und der UN für die Umsetzung des Sechspunkteplans des UN-Sondergesandten Kofi Annan einzusetzen,

für den Fall, dass es nicht zu einer raschen Umsetzung des Sechspunkteplans von Seiten der syrischen Regierung kommt, auf europäischer Ebene für eine weitere Verschärfung der Sanktionen und auf UN-Ebene für die Verabschiedung einer UN-Resolution einzutreten,

sicherzustellen, dass der Syrien-Konflikt ein dauerhafter Gegenstand der Tagesord­nungen im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen bleibt,

sich weiterhin auf UN-Ebene dafür einzusetzen, dass im Fall Syrien der Internationale Strafgerichtshof eingeschaltet wird,

im Kontakt mit der syrischen Opposition auf die Einhaltung der Menschenrechte zu drängen.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 185

18.10.44

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lopatka, nur zur Klarstellung: Wir verleugnen hier nichts. Wir bringen mehr oder weniger denselben Antrag, nur in einer erweiterten Form, ein, um nämlich nicht den Eindruck zu erwecken, dass wir, die Republik Österreich, uns hier in jenen Staaten für die Wahrung der unteilbaren Menschenrechte einsetzen, in denen es, wie auch schon vorher betont, politisch opportun ist.

Deswegen stellen wir folgenden Entschließungsantrag – ich lese ihn vor –:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufge­fordert,

sich sowohl in den bilateralen Beziehungen als auch auf den Ebenen der EU und der VN intensiv für die Freilassung politischer Gefangener in allen Staaten des Mittleren und Nahen Ostens einzusetzen,

sich ebenso intensiv für die Freilassung aller in dieser Region inhaftierten Angehörigen von Minderheitenreligionen, Journalisten, Bloggern, Straf- und anderer Menschen­rechtsverteidigern, Künstlern und weiteren politischen Gefangenen sowie generell für die Einhaltung der Meinungs-, Versammlungs-, Presse- und Glaubensfreiheit einzu­setzen,

mit Nachdruck darauf zu bestehen, dass von allen betroffenen Staaten die unge­hinderte Einreise von etwaigen VN-Sonderberichterstattern für Menschenrechte für betroffene Staaten in die jeweiligen Staaten garantiert wird und diese mit dem Büro der VN-Hochkommissarin für Menschenrechte zusammenarbeiten,

eindringlich ein Ende der vorherrschenden Straflosigkeit bei Folter und Vergewaltigung im Strafvollzug einzufordern,

gegenüber Vertretern aller die Todesstrafe vollziehenden Staaten auf die sofortige Abschaffung derselben zu bestehen, dies insbesondere beim Vollzug der Todesstrafe gegenüber Minderjährigen sowie in besonders grausamen Formen.“

*****

Herr Lopatka, das ist schlicht und einfach ein weiter gehender Antrag, und wir er­suchen Sie, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

Überhaupt möchte ich in diesem Zusammenhang etwas betonen (Abg. Öllinger: Wann fahren Sie in den Iran?): Wenn wir jetzt in diesem Bereich über Menschenrechte sprechen und dies vor allem in einer Zeit tun, wo die religiöse Intoleranz einen histo­rischen Höhepunkt erreicht hat, und immer wieder nur selektive Anträge im Hinblick auf bestimmte Regionen einbringen, so möchte ich in diesem Zusammenhang doch einmal festhalten, dass die am meisten verfolgte Gruppe heute leider Angehörige christlicher Religionen sind. Das ist ein Faktum! Wir wollen niemanden ausgrenzen und nie­manden in einer Form in ein religiöses Abseits stellen, aber es ist schon so, dass wir uns selber hier mit unseren Anträgen nicht überschätzen dürfen, so auch, wie schon gesagt, in Nigeria. Die werden unseren Antrag zwar wohlwollend zur Kenntnis nehmen, aber zu glauben, dass wir damit eine größere Veränderung bewirken können, wäre anmaßend.

Ich würde Sie noch einmal bitten, hier nicht selektiv vorzugehen, denn wenn wir Open Doors heute anschauen – und ich habe hier die Liste vor mir, die ich jetzt nichts als Ganzes vorlese –, dann sehen wir, dass, was die Verfolgung von christlichen Minder-


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heiten betrifft, auf Rang 7 die Malediven stehen und weit dahinter Pakistan. Das würden wir nicht annehmen, dass es so ist, aber wir verurteilen eher Länder wie Pakistan und wahrscheinlich den Iran als die Malediven, weil dort die meisten Damen und Herren in ihren Urlauben schwimmen gehen. – Das ist eine Scheinheiligkeit, die hier an den Tag gelegt wird, die wir aufzeigen müssen! (Beifall bei der FPÖ.)

Da möchte ich jetzt auf noch etwas hinweisen, Herr Staatssekretär – und vielleicht können Sie darauf eingehen –: Ich habe den Medien entnommen, dass eine Dele­gation nach Österreich unterwegs ist, eine Delegation der OSZE, die die Glaubens­freiheit in Österreich untersucht. – Also da habe ich mir gedacht, das ist ein vorge­zogener Aprilscherz! Da hat man sich wahrscheinlich um eine Woche geirrt. Denn: Wenn wir hier solche Dinge besprechen, Anträge einbringen und dann eine Delegation nach Österreich kommt, um die Glaubensfreiheit zu untersuchen, dann kann das nur eine scherzhafte Angelegenheit sein. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.14


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit behandelt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner und weiterer Abgeordneter betreffend Einsatz für die Menschenrechte im Nahen und Mittleren Osten

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 16 Bericht des Außenpolitischen Aus­schusses über den Antrag 1863/A(E) der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Dr. Reinhold Lopatka, Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend der aktuellen Menschenrechtslage im Iran (1694 d.B.) in der 150. Sitzung des Nationalrates in der XXIV. GP am 29. März 2012

Vor dem Hintergrund des lediglich auf einen Staat gerichteten Entschließungsantrag 1863/A(E) betreffen der Menschenrechtslage im Iran sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass Menschenrechte unteilbar sind und eine Verurteilung nur eines einzigen Staates unangemessen erscheint, allzu mal vor allem hinsichtlich der Verlet­zungen von Menschenrechten, insbesondere der Durchführung der Todesstrafe, auch in zahlreichen anderen Staaten dieser Region grobe bis gröbste Verletzungen dieser unteilbaren Menschenrechte an der Tagesordnung stehen - und das auch in unmittel­bare Nachbarschaft des genannten Iran.

Daher ist es unabdingbar, wenn es darum geht, Menschenrechte durchzusetzen, dies auch in allen anderen Staaten dieser Region einzufordern, und in diesem Zusam­menhang auch und insbesondere in allen Staaten im Nahen und Mittleren Osten, in denen Verletzungen der Menschenrechte zum Alltag gehören, Bürger aus politischen Gründen inhaftiert und gefoltert werden, die Meinungs-, Presse- und Versamm­lungsfreiheit mit Füßen getreten werden, die Todesstrafe verhängt und vollzogen wird. Dazu zählen neben dem Iran unter anderem auch Saudi Arabien, Syrien, der Jemen, der Irak oder Turkmenistan – um hier nur einige Beispiele zu nennen.

Um nicht den Eindruck zu erwecken, dass sich die Republik Österreich nur in jenen Staaten für die Wahrung der Menschenrechte einsetzt, in denen es gerade politisch opportun ist, stellen die unterzeichnenden Abgeordneten den nachfolgenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufge­fordert,

sich sowohl in den bilateralen Beziehungen, als auch auf den Ebenen der EU und der VN intensiv für die Freilassung politischer Gefangener in allen Staaten des Mittleren und Nahen Ostens einzusetzen.

sich ebenso intensiv für die Freilassung aller in dieser Region inhaftierten Angehörigen von Minderheitenreligionen, Journalisten, Bloggern, Straf- und anderer Menschrechts­verteidigern, Künstlern und weiteren politischen Gefangenen sowie generell für die Einhaltung der Meinungs-, Versammlungs-, Presse- und Glaubensfreiheit einzusetzen.

mit Nachdruck darauf zu bestehen, dass von allen betroffenen Staaten die unge­hinderte Einreise von etwaigen VN-Sonderberichterstattern für Menschenrechte für betroffene Staaten in die jeweiligen Staaten garantiert wird, und diese mit dem Büro der VN-Hochkommissarin für Menschenrechte zusammenarbeiten.

eindringlich ein Ende der vorherrschenden Straflosigkeit bei Folter und Vergewal­tigungen im Strafvollzug einzufordern.

gegenüber Vertretern aller die Todesstrafe vollziehenden Staaten auf die sofortige Abschaffung derselben zu bestehen, dies insbesondere beim Vollzug der Todesstrafe gegenüber Minderjährigen, sowie in besonders grausamen Formen.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


18.14.41

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Alle drei Anträge, die wir behandeln, befassen sich mit der Frage von Menschenrechten. Ich möchte auch auf jenen zum Iran eingehen, einem Land, das vom Arabischen Frühling wohl am weitesten von allen arabischen Ländern entfernt ist, wo für Menschenrechte die absolute Eiszeit herrscht, für Oppositionelle tiefer Winter ist und für Minderheiten der permanente Ausnahmezustand herrscht. Es ist der Iran ein Hort von Korruption, Terror und politischer Willkür, und es ist kaum irgendein anderer Staat auf dieser Welt so weit entfernt von Normalität, wie es der Iran ist, wo es an der Tagesordnung ist, dass OppositionspolitikerInnen ohne Prozess verhaftet werden, unter Hausarrest gestellt werden, eingesperrt werden, wo es keinerlei Listen über Gefan­gene gibt, wo Angehörige der Gefangenen total im Unklaren gelassen werden, was das Schicksal ihrer Familienangehörigen, ihrer Freunde betrifft, und wo ein Land wirklich Lichtjahre von allen Dokumenten, die irgendwie Grund- und Menschenrechte definieren, entfernt ist, auch von der Arabischen Charta der Menschenrechte im Übrigen.

Was die Hinrichtungen betrifft, so hat Kollege Lopatka schon angesprochen, dass nach China in absoluten Zahlen der Iran an zweiter Stelle steht. Wenn man es im Verhältnis zur Bevölkerung betrachtet, dann steht er sogar an allererster und weist die höchste Quote an Hinrichtungen auf. Es ist ein Land, wo sogar Kinder und Jugendliche vom Regime hingerichtet werden, zum Teil sogar in der Öffentlichkeit, wo Meinungsfreiheit ein Fremdwort ist, wo Journalisten mundtot gemacht werden. „Reporter ohne Grenzen“ bezeichnet den Iran als größtes Journalistengefängnis der Erde. Und über die Gefäng-


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nisse wird berichtet, dass es dort Folter, Vergewaltigungen und andere Menschen­rechtsverletzungen gibt und die Täter üblicherweise ungestraft bleiben.

Wir wissen, dass sämtliche unabhängigen Beobachter, sogar UN-Sonderbericht­erstatter, nicht einmal ins Land einreisen können, geschweige denn dort ihre Mission aufnehmen und Inspektionen durchführen können. Und wir wissen, dass sämtliche Inspektionen zum Beispiel von Atomreaktoren eine absolute Farce und ein einziges Katz-und-Maus-Spiel sind.

Der Iran ist wohl so abgeschottet von der Außenwelt, vom Rest der Welt wie kaum ein anderes Land auf der Erde, und wir wissen, dass gerade die sehr gut ausgebildeten und die jungen Menschen im Iran sehr, sehr darunter leiden, dass dieser Staat, in dem sie leben, Auswüchse hat, wo Religion, Moral und wirklich mittelalterliche Wert­vorstellungen die Politik prägen, wo es nach wie vor mit Todesstrafe bedroht ist, homosexuell zu sein oder von der Religion, also vom Islam, abzufallen.

Und wenn die FPÖ bei diesem Antrag mit so fadenscheinigen Argumenten daher­kommt – wo der Kollege Hübner eine rhetorische Flucht nach Usbekistan braucht, um bloß nicht über den Iran wirklich reden zu müssen –, da drängt sich mir der Verdacht auf, dass Sie versuchen, diesem Regime die Mauer zu machen.

Es ist wunderbar, zu sehen, wie Sie sich da outen: Sie machen einem Regime die Mauer, das 75 Millionen Menschen in Geiselhaft hält, aber ich habe die Vermutung, dass das, was Sie tun, einfach den Zweck hat, Ihre nächste Reise, Ihre nächste politische Reisegesellschaft der FPÖ vorzubereiten. Nach Syrien und Tschetschenien bietet sich der Iran ja auch wirklich dafür an. Ich könnte Ihnen auch noch ans Herz legen: Nordkorea (lebhafte Zwischenrufe bei der FPÖ), Afghanistan, Turkmenistan. Das sind wirklich gute Länder, wo FPÖler hinfahren können. Ich schlage Ihnen vor, Sie packen am besten den Joseph Kony ein, Sie packen am besten den aktuellen Turkmenbashi ein, Sie packen auch noch den Kim Jong-un ein und gehen als Truppe – weiß ich nicht – „Idi Amins Erben“ auf Welttournee. Am besten, Sie bleiben auch gleich dort. Das wäre wirklich angebracht. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Ja, Kollege Hübner, Menschenrechte sind unteilbar, in der Tat. Sie sind auch im und für den Iran unteilbar, sie müssen auch dort gelten. – Und Sie sind diejenigen, die selektieren! Sie von der FPÖ sind diejenigen, und das BZÖ gleich mit, denen Menschenrechte dann am Herzen liegen, wenn Christen verfolgt werden. Ich denke mir, uns allen anderen liegen Menschenrechte am Herzen, wenn Menschen verfolgt werden, vollkommen egal, ob das Christen, Muslime, Atheisten oder sonst irgendwer ist. Es geht darum, dass Menschenrechte von Menschen bedroht sind – und Men­schen sind Menschen, ganz gleich, woher sie kommen, und ganz gleich, welche Religion sie haben oder welche Religion sie nicht haben. – Genieren Sie sich einfach! (Beifall bei der SPÖ.)

18.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwentner. – Bitte.

 


18.19.16

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Ja, werte Kollegen von der FPÖ, das ist schon recht eigenartig: zum einen dieser Allerweltsantrag über die Menschenrechte im Nahen und Mittleren Osten – warum stellen Sie keinen Antrag zur Wahrung der Menschenrechte auf der ganzen Welt?, was ist das überhaupt für ein Vorgehen? – und zum anderen auch Ihr selektives Vorgehen, wenn man es beobachtet, wie Sie in den Ausschüssen mit Anträgen zur


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 189

Wahrung der Menschenrechte umgehen. Bei einem Antrag der Grünen zu Saudi-Arabien haben Sie im Menschenrechtsausschuss nicht zugestimmt. Also wie und was jetzt?

Wir können daraus – und das glaube ich nämlich auch – nur schließen, dass Sie sich über die Menschenrechtslage vor Ort im Iran selbst ein Bild machen wollen. Wir kennen das von Ihrem Besuch in Tschetschenien, und wir freuen uns auf die Medienberichte über Ihre nächste eigentümliche Reise. (Beifall bei den Grünen.)

Zu den beiden Anträgen, ganz kurz: Wir unterstützen beide, sowohl den Antrag betreffend den Iran als auch jenen betreffend Nigeria. Was Nigeria anlangt, ist das ja ein sehr konfliktreiches und zum Teil auch beängstigendes Land. Da würde ich schon eines gerne ansprechen, Herr Staatsekretär, weil Sie da sind.

Würde man der Logik der Frau Innenministerin folgen, würde man bemerken, dass es ein Land ist, aus dem sehr, sehr viele Asylwerberinnen und Asylwerber in Österreich sind.

Wenn man jetzt die Rückkehr beziehungsweise die Unterstützung oder die Bereit­willigkeit Nigerias zur Rücknahme von Asylwerbern betrachten würde, wäre das ein Land, das nach der Logik der Innenministerin für die Entwicklungszusammenarbeit in Frage kommen müsste. Und dann fehlt mir ein klares Statement aus Ihrem Ressort in Bezug auf so etwas.

Das zeigt nämlich die Absurdität des Vorschlags der Innenministerin ganz besonders. Wollen wir wirklich in Nigeria Entwicklungshilfegelder versenken? In einem Land, wo wir einen ganz richtigen Antrag stellen? Wo ist da die Logik und wo ist Ihre Reaktion darauf? – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


18.21.34

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Wir werden den drei Anträgen zustimmen. Zur Iran-Frage habe ich auch schon im Ausschuss gesagt, dass ich das nicht verstehe. Ich verstehe nicht, dass, wenn man sich grundsätzlich gegen die Todesstrafe ausspricht – und das tun wir, glaube ich, hoffe ich, alle –, dass man dann, wenn es um einen Antrag zu einem spezifischen Land geht, dagegen ist.

Ich sage Ihnen: Wenn morgen ein Antrag zu China kommt oder zu Saudi Arabien oder wo immer sonst noch Todesstrafe, Folter oder Menschenrechtsverletzungen passieren, werde ich dem zustimmen, denn ich bin grundsätzlich gegen die Todesstrafe! (Beifall bei BZÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Ein Mensch darf einen anderen Menschen nicht töten! Es sei denn in Selbst­ver­teidigung – und das sage ich auch ganz grundsätzlich, auch als Soldat des Österreichi­schen Bundesheeres.

Das ist ein wichtiger Grundsatz. Deshalb stimmen wir diesem Antrag auch zu, wenn ich auch die Meinung unterstütze, dass man eben bei anderen Dingen nicht so kritisch ist. Wo ist dann hier der Antrag zu China? Auf den warte ich. Bringen wir ihn gemeinsam ein! Wäre wichtig und sinnvoll.

Aber auf der anderen Seite, sage ich Ihnen auch zu den Wortmeldungen, die hier grund­sätzlich gekommen sind, halte ich die Politik, die der Westen, auch die Euro­päische Union und im Gefolge auch Österreich etwa gegenüber dem Iran verfolgt, für völlig falsch. Dabei werden auch die Fehler, die wir in der Vergangenheit begangen haben, missachtet.


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Wenn gerade die Linke jetzt daherkommt und von „diesen Islamisten im Iran“ spricht, dann erinnere ich mich an die Massendemonstrationen gegen den Schah, als man genau gewusst hat, was nachher kommt, die Alternative.

Ich erinnere mich an die Kritik gegenüber Khatami, der versucht hat, Schritt für Schritt mehr Menschenrechte, mehr Demokratie, mehr Rechtsstaatlichkeit zu bringen. Wie man ihn kritisiert hat! Alles war zu wenig: Man sagte, das sei ja unglaublich, er würde das nicht schaffen – anstatt ihn zu unterstützen. Das Ergebnis ist bekannt.

Ich sage Ihnen: Wer das iranische Volk kennt, weiß: Hoch gebildet – ja, das ist richtig –, aber auch stolz auf die jahrtausendelange Geschichte. Wenn man hier von außen mit Sanktionen und allem Möglichen droht und das auch umsetzt, das Land isoliert, dann schafft man genau das, was Ahmadinejad und die Radikalen wollen: nämlich nach innen die Kritik verstummen lassen und einen Zusammenhalt finden; denn wenn der Feind von außen kommt, dann halten die Leute zusammen.

Das ist der völlig falsche Weg! Der Dialog wäre wichtig und, wenn es um die Atom­waffen in der Zone geht, die Forderung und auch die Umsetzung, dass es vor allem im Nahen Osten und in dieser Welt eine atomwaffenfreie Zone gibt.

Es gibt ganz einfach keine Begründung, egal, welches Land es ist, ob es Israel ist, ob es der Iran ist, ob es Pakistan ist, ob es Indien ist, dass diese Länder über Atomwaffen verfügen! Das muss unser Ziel sein: eine atomwaffenfreie Welt, vor allem in dieser potenziellen Kriegs- und Sicherheitszone! (Beifall beim BZÖ.) Das wäre eine Linie, die zu verfolgen auch für Österreich interessant wäre.

Zu dem Syrien-Antrag, meine Damen und Herren. Da bin ich wirklich enttäuscht, denn im Text ist zwar die Rede von Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten, aber im Antragstext vermisse ich das.

Das geht wieder genau in die falsche Richtung, Herr Kollege Lopatka. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lopatka.) Ich habe es Ihnen schon gesagt und ich sage es Ihnen auch jetzt: Ich wage zu behaupten, dass ich Syrien nicht sehr gut kenne, aber vielleicht besser als viele andere von Ihnen, und zwar seit vielen, vielen Jahren.

Auch dort sieht man, wenn man in die Historie geht, welches Unheil der Westen und vor allem auch manche Machtpolitiker, etwa in den Vereinigten Staaten – nicht kritisiert –, von der Europäischen Union und von Österreich dort angestellt haben.

Als Baschar al-Assad an die Macht gekommen ist, hat er, gegen die Kader im eigenen Land, versucht, das Land zu öffnen. Er hat versucht, mit dem Westen zusam­menzu­arbeiten, ein Angebot zu stellen.

Es war Bush, der es aus innenpolitischen Gründen gebraucht hat, die „Achse des Bösen“ zu konstruieren, der diesen Öffnungsbemühungen einen Schranken vorgesetzt hat. Das hat die Kader in Syrien gestärkt. Die haben gesagt: Das haben wir davon! Nein, wir müssen wieder zurück zur alten Politik!

Ich habe damals – das ist keine Kritik an der jetzigen Regierung; damals waren wir noch in der Regierung – vergeblich versucht, zu erreichen, dass sich Österreich dem entgegenstellt, dass wir sagen: Nein, wir wollen den Dialog mit Syrien! Wir wollen dagegen auftreten, dass eine Weltmacht versucht, zum Schaden der Region und zum Schaden des syrischen Volkes ihre eigene Machtpolitik zu machen! – Leider war das vergeblich.

Das haben wir hier ja ähnlich. Niemand heißt es gut, was das Assad-Regime gegen die Demonstranten organisiert – das ist überhaupt keine Diskussion!; dass in Syrien keine Demokratie herrscht – keine Diskussion!; dass die Menschenrechte verletzt werden – keine Diskussion!, aber dass man das jetzt so darstellt, dass auf der einen Seite die


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Verbrecher sind und auf der anderen Seite, nämlich bei der Opposition, nur Philo­sophen, Künstler und alles in Ordnung ist, ist falsch.

Das ist genau die Schwarz-Weiß-Malerei, die nicht zu Gutem, sondern zu Schlech­terem führen wird, so wie in vielen anderen Ländern dieser arabischen Welt, wie wir es schon gesehen haben!

Ich sage Ihnen: Wer nicht erkennt, was sich dort an Machtpolitik wieder abspielt, dass es nicht um das syrische Volk geht, dass es nicht um die Menschenrechte geht, sondern um beinharte Machtpolitik – ob das die Amerikaner sind, ob das auch manche arabischen Länder sind – dem sei gesagt: Es ist kein Zufall, dass sich gerade Saudi Arabien auf der Seite der Opposition sehr engagiert. Denen ist das säkulare Regime in Syrien ein Dorn im Auge gewesen. Bei aller Kritik der Demokratiedefizite, ich war immer davon beeindruckt, dass es dort eine Freiheit der Religionsausübung gegeben hat, die jetzt in Gefahr ist; dass es eine Freiheit auch zwischen den Geschlechtern gegeben hat: Dort konnten sich Frauen frei bewegen und sich entsprechend entfalten, was jetzt auch in Gefahr ist.

Da braucht man sich nicht zu wundern, dass sich nach wie vor – und das sagt auch die Opposition – eine Mehrheit des syrischen Volkes für Assad ausspricht. Nicht weil sei das unterstützen, was da alles passiert, sondern weil sie wissen, dass die Alternative noch viel grausamer ist als das, was jetzt passiert. – Das muss man endlich einmal erkennen!

Einen Dialog mit der Opposition zu führen, ist wichtig, aber es ist auch wichtig, klar­zulegen, dass Gewalt zur Durchsetzung politischer Mittel verurteilt wird und nicht unterstützt werden kann, egal, von welcher Seite sie passiert.

Wenn 2 000 Söldner aus Katar jetzt dort unterwegs sind und die Menschen drang­salieren und man sagt, jeden Toten hat Assad zu verantworten, dann ist das ganz einfach falsch.

In Coventry gibt es eine Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, aber diese besteht in Wahrheit nur aus einer Person, aus jemandem, der dort einen Bekleidungs­laden führt und irgendwelche Informationen hinausbringt.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel, wenn mir mein Ordner diese Redezeit noch gibt. – Ich sage, ich will nichts beschönigen, aber man kann es einfach so nicht akzeptieren, dass etwa vor Kurzem in der Nähe von Homs ein Kleinbus mit 13 Alawiten von Rebellen gestoppt worden ist und jeder von ihnen, bis auf einen, per Kopfschuss getötet worden ist. Einer hat überlebt und konnte das berichten.

Diese Gräueltat wurde gefilmt und noch am selben Abend über die internationalen Medien verbreitet, sodass sie auch bei uns in die Fernsehschirme gekommen ist – allerdings als Gräueltat des Assad-Regimes und nicht der Rebellen, die sie in Wahrheit verübt haben!

Darum geht es mir: dass man ganz einfach nicht schwarz-weiß malt, sondern die Realität sieht, und dass man auch in die Zukunft blickt! Und die Zukunft kann dort nur sein: Schritt für Schritt das Land zu öffnen, Schritt für Schritt zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu kommen – aber aus dem Volk heraus!

Wenn Sie mit den Oppositionellen reden, so gibt es viele, viele, die im Land sind, die eingesperrt gewesen sind, die viel erleiden mussten, die selber sagen, sie sind gegen das Assad-Regime, aber sie sind auch gegen jene Gruppen, die versuchen, aus Syrien einen islamischen Gottesstaat zu machen. Und diese Gefahr besteht!

Wenn dann – entschuldigen Sie, Herr Staatssekretär – der österreichische Außen­minister sagt, die christliche Minderheit – ich sage dazu: drei Millionen Menschen! –


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soll sich der Opposition anschließen, dann ist das – ich möchte nicht sagen: zynisch – blauäugig. Sollen sich diese Menschen einer Opposition anschließen, von der weite Teile die Vertreibung genau dieser Menschen verlangen? Und Herr Sarkozy sagt dann: Wenn die vertrieben werden, dann nehmen wir sie halt in Europa auf! Drei Millionen!

Meine Damen und Herren, das ist nicht ernst zu nehmen und das ist nicht die seriöse Politik, die man in dieser Region braucht. Österreich könnte da eine Rolle spielen. Wir hatten – leider hatten wir, denn mittlerweile wird das anders gesehen – eine objektive Position. Wir haben am Golan 300 Soldaten, das sollte man auch nicht vergessen. Wir hatten eine objektive Position, und die könnten wir dort wirklich als Vermittler aus­führen. Das, was wir jetzt machen, ist ein völlig falscher Weg, nämlich zu warten, was die Amerikaner sagen, was irgendwelche andere Gruppen sagen, was die Europäische Union danach sagt, und dem stimmen wir zu.

Dieser Antrag geht leider, Kollege Lopatka, in genau diese falsche Richtung!

Wir müssen aufzeigen: Wir sind für die Menschenrechte. Wir sind gegen Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele, egal, von wem sie ausgeübt wird. Und wir wollen gemeinsam mit dem syrischen Volk für das Volk die Freiheit und nicht für irgend­welche Gruppen, die ihre eigenen Machtinteressen oder religiösen Interessen in Syrien durchsetzen wollen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


18.31.47

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär Dr. Waldner! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin davon überzeugt, dass es Öster­reichs bedingungslose Pflicht ist, sich auf allen Ebenen und überall für die Erhaltung der Menschenrechte einzusetzen. Es ist unsere bedingungslose Pflicht, sich für die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen einzusetzen. (Ruf bei der ÖVP: Nordkorea!) Es ist unsere Pflicht, sich für die Abschaffung der Todesstrafe einzusetzen. (Rufe bei der ÖVP: Nordkorea! – Abg. Huber: China!) Und es ist unsere Pflicht, sich für die Verfolgung der staatlichen Folterer und Gewalttäter in den Gefäng­nissen auch im Iran einzusetzen.

Sehr geehrte Kollegen vom Koalitionspartner! Ich kann Ihnen nur sagen: Ersparen Sie sich Ihre Zwischenrufe! Diese Debatte ist viel zu ernst, um hier in der Außenpolitik ein rüpelhaftes Verhalten an den Tag zu legen. Schauen Sie, Herr Kollege Rädler, Bürgermeister einer kleinen niederösterreichischen Marktgemeinde, über den Teller­rand hinaus! Reden Sie mit Ihrem Bundesparteivorsitzenden und Außenminister Spindelegger, den ich im Außenpolitischen Ausschuss gefragt habe, ob er beab­sich­tigt, das über 40 Jahre lange Bestehen der diplomatischen Beziehungen mit der Volks­demokratischen Republik Korea – für Sie: Nordkorea – abzubrechen! Und der Herr Außenminister hat gemeint, nein, er beabsichtigt das nicht. Er beabsichtigt auch nicht, Österreichs Unternehmer aufzufordern, die Wirtschaftsbeziehungen mit der Volksdemo­kratischen Republik Korea abzubrechen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Fragen Sie Ihren Außenminister, bevor Sie hier unqualifizierte, kindische Zwischenrufe machen, Herr Bürgermeister einer kleinen niederösterreichischen Marktgemeinde!

Sehr geehrte Damen und Herren! In der heutigen Debatte steht aktuell hauptsächlich der Iran zur Diskussion. Tatsache ist, dass durch das Nuklearprogramm des Iran die Menschenrechte im Iran in den Hintergrund gedrängt worden sind, die Lebensbe­dingungen der Menschen weitestgehend aus der Wahrnehmung der Öffentlichkeit verschwunden sind. Deshalb ersuche ich Sie, Herr Staatssekretär und Herr Außenminister – ich richte das auch an den Herrn Außenminister, auch wenn er nicht


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anwesend ist –, sich weiterhin sowohl in den bilateralen Beziehungen als auch auf Ebene der EU und im Rahmen der Vereinten Nationen intensiv für die Einhaltung der Menschenrechte in allen Ländern der Welt – Herr Abgeordneter Rädler: in allen Ländern der Welt! –, aber insbesondere im Iran einzusetzen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


18.34.55

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Nur ein Wort zum Iran-Antrag: Wenn man sich hier die verzweifelten Versuche der Freiheitlichen anschaut, die katastrophale Menschen­rechts­lage und die Menschenrechtsverletzungen im Iran schönzureden und zu relati­vieren, indem man das mit anderen Ländern vergleicht, dann weiß man schon, wohin der nächste Diktatorenbesuch der FPÖ-Fraktion gehen wird. (Abg. Dr. Karlsböck: Wer hat das gemacht?)

Wir können es natürlich auch so machen, dass wir die FPÖ immer fragen, wohin der nächste außenpolitische Besuch gehen wird, und dann beschäftigen wir uns mit diesem Land konkreter, denn man kann davon ausgehen, dass dort massive Men­schen­rechtsverletzungen stattfinden, wie letztens in Tschetschenien, das von den Freiheitlichen besucht wurde. (Zwischenruf des Abg. Zanger.)

Ich möchte mich auf den Antrag betreffend konsequente Verhandlungsposition zum internationalen Waffenhandelsvertrag konzentrieren. Ich habe in meiner vorherigen Rede die Regierungsfraktionen kritisiert, weil sie Oppositionsanträge vertagen und dann das Gleiche selbst beantragen. Der Fairness halber möchte ich bei diesem Antrag das Vorgehen im Außenpolitischen Ausschuss loben und zum Ausdruck brin­gen, dass ich es sehr erfreulich finde, dass es möglich war – obwohl wir diesbezüglich negative Erfahrungen hatten –, dass alle Fraktionen diesem grünen Antrag zugestimmt und gesagt haben: Ja, Österreich soll beim gerade ausverhandelten internationalen Waffenhandelsvertrag eine konsequente Verhandlungsposition vertreten!

Ich möchte kurz in Erinnerung rufen, worum es da geht. Es geht nach den Bemü­hungen auf EU-Ebene, den Waffenhandel besser zu kontrollieren, sowohl illegalen Waffenhandel als auch Menschenrechtsverletzungen, die mit Waffen sehr massiv begangen werden, zu verhindern, nun auf globaler Ebene, auf internationaler Ebene darum, dass ein Vertrag geschaffen wird. Die Verhandlungen dazu laufen im April auf UNO-Ebene, auf der Ebene der Vereinten Nationen, um den Waffenhandel besser zu kontrollieren.

Wir haben uns mit unserem grünen Antrag gewünscht und gefordert, dass men­schenrechtliche Genehmigungskriterien zwingend vorgeschrieben werden, sprich, dass ein Waffendeal, wenn davon ausgegangen wird, dass mit diesen Waffen Men­schenrechtsverletzungen passieren können, zwingend abzulehnen und zu verhindern ist. Es geht uns um einen lückenfreien Anwendungsbereich, darum, dass alle Waffen und Munition, sowohl der Militärs als auch des Sicherheitspersonals, umfasst werden, dass auch die State-to-State-Transfers, also wenn ein Staat an einen anderen Staat Waffen verkauft, vom Waffenhandelsvertrag reguliert werden, dass es ein Endver­braucher­zertifikat zwingend geben muss. Das bedeutet, schon vor der Genehmigung eines Waffendeals muss feststehen, wer der Endverbraucher ist, um Menschen­rechtsverletzungen möglichst zu verhindern.


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Und die Berichte über genehmigte Waffentransfers müssen öffentlich sein. Das wäre eine ganz wichtige Kontrolle, die es der Zivilgesellschaft – und der Politik hoffentlich auch – erlaubt, besser zu kontrollieren, und ermöglicht, falsche Entscheidungen zu verhindern.

Last but not least geht es natürlich auch um effektive Sanktionen, die eine ab­schreckende Wirkung haben müssen, damit der Vertrag nicht gebrochen wird, beispielsweise durch illegalen Waffenhandel.

Ich möchte noch einmal betonen, dass das Ergebnis im Außenpolitischen Ausschuss, der einstimmige Beschluss zur konsequenten österreichischen Verhandlungsposition zu diesem Waffenhandelsvertrag sehr erfreulich war. Wir hätten gerne mehr davon, über Parteigrenzen hinweg, dass nämlich, egal, ob der Antrag von einer Oppositions- oder von einer Regierungsfraktion kommt, ernsthaft darüber diskutiert und im Sinne der Sache entschieden wird.

In diesem Fall war das möglich. Der Parlamentarismus lebt, würde ich sagen. Bitte mehr davon! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


18.39.31

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Dass die Menschenrechte geschützt werden müssen, ist, glaube ich, jedem klar. Und bis auf die Freiheitlichen in diesem Fall hat das, glaube ich, jeder verstanden.

Aber diese Bundesregierung, Außenminister Spindelegger und Staatssekretär Waldner müssen sich noch viel stärker dafür einsetzen, dass die Christen geschützt werden, egal, ob in Nigeria oder sonst wo, denn im Moment kann man keine europäische Außenpolitik erkennen, in keinem Sektor.

Wenn man heute in Afrika schaut: In Somalia ist seit 1989, seit das Regime Siad Barre gestürzt wurde, Bürgerkrieg. Und was macht die Europapolitik? – Diese findet meiner Meinung nach überhaupt nicht statt.

Wir haben hier im österreichischen Parlament beschlossen, dass an das Horn von Afrika, nach Somalia 5 Millionen € Entwicklungshilfe geschickt werden. Aber auf der anderen Seite wissen wir, Herr Staatssekretär, dass sich China im Moment das ge­samte Gas von Somalia gesichert hat, dass die Tanker Tag und Nacht fahren. Wenn das die europäische Politik ist, dass wir Geld hinunterschicken und die Chinesen sich die Ressourcen sichern, dann ist das, denke ich, der falsche Weg.

Aber auch sonst findet europäische Politik nicht statt. Einzig und allein England und Frankreich machen, wenn es darum geht, die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu sichern, Außenpolitik, aber von Europa ist nichts zu erkennen.

Im Gegenteil, unsere österreichischen Firmen werden überhaupt nicht geschützt. Die Stubai Werkzeugindustrie, die immerhin über 2 700 Beschäftigte hat, klagt heute darüber, dass es, egal, welches Produkt sie auf den Markt bringt, fünf bis sechs Monate dauert, bis irgendein Plagiat aus China zollfrei nach Österreich kommt und in den Supermärkten verkauft wird.

Herr Staatssekretär, setzen Sie da endlich Schritte und stellen Sie das ab! Auch wenn wir innerhalb der WTO oder innerhalb der EU mit Blockaden drohen müssen, da müssen wir unsere Unternehmen schützen!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 195

Ganz kurz, aus aktuellem Anlass: Diesen Dienstag hat das Gesetz, die italienische Bundeshymne einzuführen und sie an allen Volksschulen in Italien zwingend zu lehren und singen zu lassen, den italienischen Verfassungsausschuss passiert.

Ich zitiere nur ganz kurz, was in der italienischen Bundeshymne gesungen wird: dass der österreichische Adler das Blut Italiens getrunken, dabei seine Federn verloren hat und sein gesamtes Herz verbrannt ist. – Da können wir nicht zuschauen, da müssen Sie sofort handeln, denn DDr. Zeller, der unlängst als Experte im Ausschuss war, hat festgestellt, dass damit eindeutig Artikel 1 des Pariser Vertrages gebrochen wurde.

Da hat jetzt Österreich seine Schutzmachtfunktion auszuüben, und ich fordere Sie auf, setzen Sie da sofort Schritte, damit dieser Affront nicht stattfindet und das nicht ins Parlament kommt und Gesetz wird. (Beifall beim BZÖ.)

18.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte.

 


18.43.05

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Staatssekretär! Wir sollten wahrscheinlich auch darüber diskutieren, den Text der italienischen Hymne abzuändern, zu gendern und auch südtiroltauglich zu machen.

Nur ganz kurz zum Thema Nigeria. Ich glaube, es ist einfach ein Problem, wann immer Stämme, Religionsgruppen die Politik dazu missbrauchen und die Glaubensgrundlage der Menschen dazu nützen, für Unfrieden und für Streit zu sorgen. Das ist ein Muster, das sich über die ganze Welt zieht. Die Verlierer sind immer jene, die der kleineren religiösen Gruppe angehören.

Das heißt also, ich glaube, es ist wirklich notwendig, Nigeria in Form internationaler Unterstützung Hilfe zu leisten, einerseits um den drohenden Religionskrieg zu verhindern, andererseits aber auch um Korruption zu bekämpfen, die dort in extremem Ausmaß vorherrscht, um das Elend der Menschen, die in den reichen Ölregionen leben, insbesondere im Nigerdelta, zu lindern. Ich spreche von sozialen Programmen der UNO-Organisationen. Da müsste meiner Meinung nach wirklich etwas unternom­men werden.

Es ist schon viel über den Iran gesprochen worden. Ich möchte nur einen Hinweis geben. Tausende ehemalige Volksmudschahedin sind in den Irak geflüchtet und leben dort zu Tausenden in Lagern, natürlich entwaffnet und friedlich. Sie werden ständig von den Wächtern des Iran verfolgt. In den Nächten Überfälle, viele Todesopfer in diesen Lagern. Dort müsste eine internationale Schutzgruppe Hilfe leisten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.44


Präsident Fritz Neugebauer: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


18.45.03

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Ja, liebe Kollegen, aufgrund der beson­ders schrillen Töne, die die Kolleginnen Schwentner, Bayr und Co da angeschlagen haben, muss schon noch einiges erklärt werden. (Zwischenruf der Abg. Bayr.)

Ich glaube, Kollegin Bayr, das kann ich nur als Ausfluss eines schlechtes Gewissens ansehen, dass Sie da so wüten und meinen, man sollte gleich in Nordkorea oder Burma bleiben. Das kann ich nur damit begründen, dass Sie offenbar überhaupt keine Argumente haben, dass es Ihnen offenbar auch zu peinlich ist, gegen Anträge zu stimmen, die die Universalität der Menschenrechte feststellen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 196

Zu behaupten, das wäre eine Verteidigung des Iran oder man sucht irgendeinen Vorwand, den Iran reinzuwaschen, ist doch absurd. Wir stellen einen Antrag, wonach die Menschenrechte in der gesamten Region, insbesondere und auch im Iran zu wahren sind. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Bayr.)

Aber wir verlangen bei einem Antrag, der ohne speziellen und aktuellen Anlass eingebracht wird – es ist ja nicht so, dass im Iran jetzt Revolution herrscht wie in Syrien oder eine Situation wie in Nigeria, kein Pogoram –, dass wir die Menschenrechte dort wahren, wo sie besonders bedroht sind, und die sind in der ganzen Region schwer bedroht. Wir sollten nicht nur dort hinschauen, wo alle hinschauen, und darüber reden, sondern wir sollten besonders auch dort hinschauen, wo alle wegschauen. Ich habe auch hiefür Beispiele genannt. (Beifall bei der FPÖ.)

Dort, wo alle wegschauen, ist es ein besonderes Muss zu helfen. Diese Leute sind im Finstern und nicht im Rampenlicht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich habe einige Staaten genannt. Sie können aber auch in den Irak schauen, Sie können nach Afgha­nis­tan schauen, Sie können in den Jemen schauen, nach Saudi-Arabien. Sie werden genug solche Beispiele finden.

Zusammenfassend ist zu sagen: Wir stimmen Nigeria zu und wir stimmen auch Syrien zu, denn dort gibt es konkrete und auf das Land bezogene Anlässe. Da können wir uns äußern. Ob es etwas bringt und sinnvoll ist, ob Österreich da etwas bewirken kann, ist eine zweite Sache. Aber wenn sich jemand äußern will, dann äußern wir uns dazu.

Kollege Scheibner, nur eines noch zu Syrien. Naja, das mag schon sein, dass die weitgehende Religionsfreiheit haben in Syrien, aber sonst haben die an Freiheit fast nichts. Leider ist das Regime Assad in der ganzen Region eines der repressivsten und korruptesten, das müssen wir sehen. Und die Behauptung, dass die Mehrheit hinter Assad steht, also die habe ich noch nie gehört – außer vom Regime und von Ihnen, Kollege Scheibner. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

Aber was ich so an jüngsten Untersuchungen gelesen habe, stehen zwischen 15 und 25 Prozent der Bevölkerung dort hinter Assad. Also das sind ungefähr die Dinge. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Staatssekretär Dr. Waldner zu Wort. – Bitte.

 


18.47.43

Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Ange­legenheiten Dr. Wolfgang Waldner: Herr Präsident! Hohes Haus! Auch zu diesem Tagesordnungspunkt und zu den drei beziehungsweise vier vorliegenden Ent­schließungs­anträgen eine kurze Stellungnahme seitens des Außenministeriums.

Zunächst zu den gewaltsamen Konflikten in Nigeria. Die Bundesregierung unterstützt natürlich den vorliegenden Entschließungsantrag. Die Sicherheits- und die Menschen­rechtslage hat sich dort bekanntlich zusehends verschlechtert und verschlechtert sich weiter. Die Kluft zwischen Arm und Reich – wir haben es auch hier wieder gehört – und die Perspektivenlosigkeit für weite Teile der Bevölkerung führen natürlich zu extremen Spannungen, zu Gewalt.

Als bevölkerungsreichstes Land Afrikas nimmt Nigeria aber eine regional und auch international sehr, sehr wichtige Stellung ein sowohl in politischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Aber es ist eben noch nicht Schwerpunktland der EZA, wie von Frau Abgeordneter Schwentner festgestellt wurde, und mir sind, Frau Abgeord­nete, auch keine diesbezüglichen Pläne bekannt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 197

Österreich unterstützt aber sowohl auf bilateraler Ebene als auch auf EU-Ebene und im Rahmen des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen alle Maßnahmen, die in Richtung Rechtsstaatlichkeit, Religionsfreiheit und Schutz religiöser und ethnischer Minderheiten gehen. Dafür setzen wir uns laufend in allen Gremien und bilateral ein.

Auch dem Entschließungsantrag zur Menschenrechtslage im Iran kann aus unserer Sicht, aus der Sicht des Außenministeriums natürlich vollinhaltlich zugestimmt werden. Neben der Nuklearfrage, wie allgemein bekannt und heute diskutiert, ist die Menschenrechtssituation dort der EU und Österreich ein großes Anliegen. Diese Sorge und diese Kritik am Regime und an den Zuständen werden natürlich von uns laufend zum Ausdruck gebracht.

Am 6. März hat der UNO-Sonderberichterstatter seinen Bericht vorgelegt und ein generelles Aussetzen der Todesstrafe verlangt, bis die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien bei Prozessen gewährleistet ist.

Natürlich ist besonders unerträglich für uns, dass, obwohl das iranische Strafgesetz jüngst reformiert wurde, nach wie vor die Hinrichtung von Kindern ermöglicht wird. Neben den Kinderrechten bildet ja der Schutz von religiösen Minderheiten auf der ganzen Welt und in allen Staaten natürlich einen Schwerpunkt Österreichs im UNO-Menschenrechtsrat. Ich hatte bereits vielfach Gelegenheit, im Außenpolitischen Ausschuss, im Menschenrechtsausschuss und hier im Plenum des Nationalrates über unsere Initiativen zu berichten.

Wegen der anhaltenden katastrophalen Menschenrechtssituation im Iran hat die EU mit unserer Unterstützung oder mit aktiver österreichischer Mitwirkung vor wenigen Tagen, am 23. März, auch die Liste jener Personen erweitert, deren Guthaben einge­froren werden und die mit einem Einreiseverbot in die EU belegt werden. Also wir sind hier nicht untätig, es gibt laufend neue Aktivitäten und es geht immer weiter.

Eine kurze Nebenbemerkung zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Karls­böck, weil er die OSZE-Mission als Scherz bezeichnet hat. Ich sehe das keinesfalls als Scherz. Ich habe die drei Toleranzbeauftragten des Chairman in Office der OSZE gestern empfangen. Diese haben den Auftrag, über Österreich einen Bericht zu erstatten, wie es da um die Toleranz gegenüber religiösen Minderheiten und mit der Umsetzung von Religionsfreiheit steht, so wie in vielen anderen Staaten. Natürlich unterziehen wir uns auch dieser Prüfung und stehen offen für alle Missionen, die kommen, noch dazu als OSZE-Sitzstaat. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass wir uns einem solchen Ansuchen, einem solchen Wunsch widersetzen würden. Und die Herrschaften, die drei sehr angesehenen Personen, eine irische Richterin, ein Rebbe aus den USA und ein Senator, sind noch heute beziehungsweise morgen in Österreich.

Zum letzten Antrag, auf den Frau Abgeordnete Korun eingegangen ist, internationaler Waffenhandelsvertrag. Da bedanke ich mich auch bei den Grünen für die Initiative. Ich freue mich, dass der Antrag im Ausschuss mit den Stimmen aller Parteien ange­nommen wurde. Ich sehe das auch als Unterstützung für unsere Bemühungen, uns sowohl auf UN-Ebene als auch im EU-Rahmen, als auch bilateral für einen solchen Waffelhandelsvertrag einzusetzen, der eben bestmöglichen Standards entspricht. Wir haben da als Österreicher auch eine gewisse Vorzeigefunktion. Diese Standards, die in diesem Vertrag verlangt werden, sind bei uns bereits erfüllt. Zu den Standards zählen natürlich, wie es im Entschließungsantrag auch steht, menschenrechtliche Genehmi­gungs­kriterien, ein lückenfreier Anwendungsbereich und effiziente Durchsetzungs­mechanis­men.

Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns im Außenministerium weiter nachhaltig für einen effektiven Waffenhandelsvertrag einsetzen werden. Angesichts einer erheblichen


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Zahl von Staaten, die diesem Vertrag skeptisch gegenüberstehen – und wir haben das ja auch im Ausschuss diskutiert –, wird es zunächst wohl nur für einen Minimalkonsens reichen, aber diesen Konsens sollten wir als Ausgangspunkt für weitere Bemühungen und weitere Fortschritte nützen, um ein effektives Kontrollregime auch international zu schaffen. Und ich wäre natürlich dem Hohen Haus und allen Abgeordneten dankbar für fortgesetzte Unterstützung auch unseres Hauses auf parlamentarischer Ebene auf diesem Gebiet.

Zum Schluss vielleicht noch ein Wort zum Entschließungsantrag, der von Dr. Cap und Dr. Lopatka bezüglich Syrien eingebracht wurde. Ich habe das jetzt nur kurz während der Sitzung gelesen und kann berichten, dass wir seitens des Außenministeriums all diese Punkte, diese Forderungen bereits laufend zu erfüllen versuchen, natürlich nicht den Punkt 3, denn der Sechs-Punkte-Plan ist ja erst vor Kurzem von Kofi Annan eingebracht worden. Aber alle anderen Punkte, die ich hier prima vista sehe, sind bereits laufend Gegenstand unserer Bemühungen.

Ich darf Ihnen berichten, ich bin im Anschluss an die Konferenz in Tunis, die „Friends of Syria“ Konferenz, an der ich vor fünf Wochen teilgenommen habe, auch am kommenden Sonntag in Istanbul dabei als Vertreter Österreichs, wo es eben auch um diese Themen gehen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.54


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht mehr vor.

Wir kommen daher zu den Abstimmungen.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15, die dem Ausschussbericht 1693 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend gewaltsame Konflikte in Nigeria.

Wer hierfür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 238.)

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 16, die dem Ausschussbericht 1694 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die aktuelle Menschenrechtslage im Iran.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 239.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend aktuelle Entwicklungen in der Syrien-Krise.

Wer diesen Entschließungsantrag unterstützt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 240.)

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Hübner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz für die Menschenrechte im Nahen und Mittleren Osten.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Er findet keine Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 17, die dem Ausschuss­bericht 1695 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend konsequente Verhandlungsposition zum internationalen Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty).

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 241.)


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18.56.0618. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes, Reihe Bund 2010/4 (III-117/1702 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


 18.56.24

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! 21 Jahre Assistenzeinsatz an der Ostgrenze Österreichs – eigentlich, wenn man es objektiv betrachtet, eine 21-jährige Erfolgsgeschichte, wenngleich sich der Einsatz an der Grenze ab 2007 geändert hat. Wir wissen, durch die Schengen-Erweiterung ist die Schengen-Grenze weiter nach Osten gerückt, und bei uns war der Einsatz des Heeres an der Grenze ab dann ein Punkt der Diskussion.

Wir wissen aber auch, dass Assistenzeinsatz auf Anforderung des Innenministeriums stattgefunden hat. Und in der Zeit, in der wir uns so kritisch gegenseitig andiskutiert haben, waren immerhin 20 000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz. Diese haben in dieser Zeit viermal auf Anforderung durch das Innenministerium Hilfe leisten können, haben 2 200 Fälle der Polizei gemeldet und haben in 77 Fällen lebensrettende Maßnahmen ergreifen können. Meine Damen und Herren, das ist eine Leistung einer Einrichtung, die man eigentlich großteils nicht wollte, die sich sehen lassen kann.

Und ich glaube, dass dieses Geld, auch wenn Sie, Herr Rechnungshofpräsident, in Ihren Empfehlungen die Einstellung des Assistenzeinsatzes gefordert haben, gut angelegt war und der Übergang von der Erweiterung der Schengen-Grenze bis in die heutige Zeit auch dazu genutzt wurde, um die Bevölkerung daran zu gewöhnen, dass eben die Sicherheit dann anders gehandlet wird. Auf Raten wurde die Zahl der Soldaten im Einsatz verringert.

Ende 2010 wurde ja vom Ministerrat beschlossen, den Einsatz 2011 einzustellen. Zug um Zug wurde das Kontingent verkleinert. Ende des Jahres 2011, nämlich mit 15. Dezember, wurde das letztendlich eingestellt,

Für uns ist es eine gute Gelegenheit, den 350 000 Soldatinnen und Soldaten, die von 1990 bis 2011 dort Arbeit verrichtet haben, zu danken, für den Einsatz Respekt zu zollen. Für uns sollte es ein Zeichen dahin gehend sein, dass, wenn alle Politiker gemeinsam etwas möchten, dies auch zu bewerkstelligen ist.

Der Einsatz erfolgte zu Beginn mit entsprechender Unterstützung und war bis 2007 auch von sichtbarem Erfolg gekrönt. Ab 2008 war die Auffassung darüber, diesen Einsatz zu belassen, unterschiedlich. Dies hat zu diversen politischen Diskussionen geführt. Aber – und das ist für uns die Grundvoraussetzung – was das Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit betrifft, war es richtig, diesen Einsatz nicht abrupt beenden, sondern ihn Schritt für Schritt ausklingen zu lassen. Und daher darf man, wie ich meine, heute mit Stolz sagen, es war 1990 die richtige Entscheidung und auch die richtige Entscheidung, ihn 2011 einzustellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klikovits. – Bit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 200

te.

 


18.59.41

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Mein Vorredner Stefan Prähauser, Wehrsprecher der SPÖ, hat ja bereits viele Fakten zu diesem Assis­tenz­einsatz, der zweifelsfrei eine Erfolgsgeschichte für die Republik Österreich und die Sicherheit in Österreich war, geliefert. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

21 Jahre! – Ursprünglich gedachter Beschluss am 4. September 1990: zehn Monate. Bekanntermaßen halten in Österreich die Provisorien ja am längsten, und deswegen war der Zeitraum eben 21 Jahre, in dem unsere Grenzen durch das österreichische Bundesheer gesichert wurden. Und dieser politische Auftrag, den unser Bundesheer erfüllt hat, wurde, so wie immer und wie wir es gewohnt sind, nicht nur nach bestem Wissen und Gewissen, sondern natürlich auch sehr professionell durchgeführt.

356 000 Soldaten und Soldatinnen waren an den Grenzen, vornehmlich an den Gren­zen des Burgenlandes und Niederösterreichs zu den Nachbarländern, stationiert. Vor­wiegend waren dort an der Grenze auch Grundwehrdiener stationiert – was einmal mehr beweist, dass all jene, die für die Beibehaltung der Wehrpflicht sind, recht haben. Das war eine richtige, unterstützende Maßnahme, denn ohne Grundwehrdiener wäre der Assistenzeinsatz nicht möglich gewesen, und ohne Grundwehrdiener sind natürlich auch andere Einsätze des österreichischen Bundesheeres nicht durchführbar. Daher haben wir hier auch den sichtlich besten Beweis dafür, dass wir auch künftighin daran festhalten sollten.

Hohes Haus! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Grenzeinsatz sind natürlich auch unangenehme Vorfälle passiert, etwas, was nie verhindert werden kann, schon gar nicht bei der Erfüllung eines militärischen Dienstes, aber unterm Strich, glaube ich, haben wir damit eine richtige Maßnahme gesetzt.

Wenn der Rechnungshof meiner Meinung nach zu Recht kritisiert hat, dass die politische Entscheidung, die wir ja auch mittragen und mitgetragen haben, nicht gelautet hat, den Einsatz früher auslaufen zu lassen, dann kann ich das durchaus nachvollziehen, aber letztendlich haben wir uns zu diesem schrittweisen Ausstieg entschieden, und ich glaube, das war unterm Strich auch eine akzeptable und durchaus vertretbare Leistung.

Auch ich möchte es nicht verabsäumen, mich bei allen – beim Kaderpersonal, bei den Grundwehrdienern, bei den Soldaten – für diesen Einsatz zu bedanken, den sie an der burgenländischen und an der niederösterreichischen Grenze geleistet haben. Es war nie ein leichter Einsatz, 365 Tage im Jahr bei Wind und Wetter draußen für die Sicher­heit der Österreicher zu sorgen. – Ein herzliches Dankeschön diesen Soldatinnen und Soldaten, und ich darf ihnen von dieser Stelle aus zumindest für meine Fraktion versprechen, dass wir auch in Zukunft dafür sorgen werden, dass das österreichische Bundesheer von der Republik auch die notwendige Unterstützung hat.

19.03


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Kunasek zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.03.18

Abgeordneter Mario Kunasek (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Ja, ich möchte einmal den Mitarbeitern des Rechnungshofes Danke sagen für den durchaus sehr interessanten Bericht, weil – und das bestätigt uns schon auch – hier natürlich auch einiges an Kritik gekommen ist, und zwar an durchaus berechtigter Kritik.

Da es bis jetzt von den Vorrednern noch nicht angesprochen worden ist – wir reden ja hier über einen Bericht des Rechnungshofes –, sollte man auch einmal die Kritikpunkte des Rechnungshofes hier aufzeigen.


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Wir haben immer gesagt, dass ein reines Beobachten und Melden – nichts anderes war ja dieser Assistenzeinsatz ab 2007 – ineffizient ist. Genau diese Feststellung hat auch der Rechnungshof getroffen.

Wir haben auch gesagt, dass – und unser Bundesminister Darabos spricht ja immer von der Aufwertung des Grundwehrdienstes – hier natürlich auch wertvolle Ausbil­dungs­zeit für die Grundwehrdiener verloren gegangen ist und natürlich auch die militärische Führungsfähigkeit des Kaderpersonals in dieser Zeit massiv eingeschränkt wurde.

Aber ich glaube, der wesentlichste und wichtigste Kritikpunkt, meine sehr geehrten Damen und Herren – und auch das ist von meinen beiden Vorrednern nicht ange­sprochen worden –, betrifft natürlich die Effizienz. Hier muss man schon auch einmal die Zahlen nennen: Wir haben im Zeitraum Dezember 2007 bis April 2009, wo die Prüfung des Rechnungshofes stattgefunden hat, Mehrkosten von 29 Millionen € zu tragen gehabt – aus dem Heeresbudget, aus dem ohnehin bereits sehr knappen Heeresbudget – auf Kosten des Steuerzahlers, wobei das Bundesheer rund ein Prozent zur Aufklärungsquote beigetragen hat.

Wenn man es jetzt richtig darstellt oder herunterrechnet, dann bedeutet das bei 70 Straf­anzeigen – Abgeordneter Prähauser, 70 Strafanzeigen, die aufgrund von Meldungen des Bundesheeres ergangen sind! – Kosten von 414 000 € pro Strafan­zeige.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier von einem Erfolg zu sprechen, das ist eher eine Verhöhnung, und ich glaube, das sollten wir hier in diesem Haus wirklich nicht praktizieren und üben. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich weiß natürlich auch, was immer wieder die Argumentation des Herrn Bundes­ministers und auch der beiden Koalitionsparteien war: Ja, man hat damit das subjektive Sicherheitsgefühl der Burgenländer oder der Bevölkerung in der Grenzregion ge­steigert.

Da unterscheiden wir Freiheitliche uns ganz massiv von Ihren Vorstellungen: Wir reden nicht von subjektiver Sicherheit, wir wollen ganz klar reale Sicherheit schaffen. Wir haben auch konkrete Vorschläge auf den Tisch gelegt, wie wir reale Sicherheit schaffen könnten: durch eine temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen, durch die Schaffung einer Grenzschutztruppe, die sich mit diesem Budget wohl auch ausgegangen wäre, mit den ehemaligen Zöllnern, oder eben durch Aufstockung der Exekutive. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind effiziente Maßnahmen, das sind Vorschläge der FPÖ, die wollten Sie in dieser Form ja nie hören. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch ich möchte mich abschließend sehr herzlich bei den Soldaten bedanken. Ich bin, glaube ich, einer der wenigen in diesem Haus, die auch selbst in diesem Einsatz waren, und zwar einige Male. Ich weiß, dass das ein guter Einsatz, ein harter Einsatz war – 365 Tage im Jahr, 24 Stunden bei Wind und Wetter (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner) –, dass das für die Grundwehrdiener, für das Kaderpersonal, für alle ein harter, aber ein durchaus auch erfolgreicher Einsatz war, wenngleich wir, glaube ich, hier in diesem Haus schon auch die Kritik am Abschnitt von 2007 bis zur Beendigung des Assistenzeinsatzes ernst nehmen sollten.

Und wenn man es kurz zusammenfassen will, dann sage ich es ganz offen: Der Assistenzeinsatz war bis 2007 eine großartige Erfolgsstory, von 2007 bis zur Beendigung war er – und ich weiß, jetzt kommt der Aufschrei der SPÖ – der wohl teuerste Landtagswahlkampf der SPÖ im Burgenland und in Wahrheit auch eine


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parteipolitische Instrumentalisierung des Bundesheeres. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. List. – Abg. List: Jawohl!)

19.07


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.07.14

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch der letzte Rechnungshofausschuss hat , finde ich, aufgrund der Berichte, die wir besprochen haben, eines klar gezeigt: Das Lan­desverteidigungsministerium war meiner Ansicht nach in der Vergangenheit schon behaftet mit einem „Will-haben-Syndrom“ und wird es durchaus auch in der Zukunft sein: will haben viele, viele Autos, die dann auch gepanzert werden sollen, will haben militärische Vertretungen, ein neues Attachéwesen, will haben schwerst bewaffnete junge Männer an nicht vorhandenen Grenzen patrouillierend. (Abg. Klikovits: Frau Kollegin, die österreichischen Grenzen sind schon bekannt – vielleicht nicht Ihnen?! Das ist ja unglaublich!)

Der Assistenzeinsatz – und das Gegenteil kann noch so oft wiederholt werden – ist kein Erfolgsmodell, und der Nutzen des Einsatzes im Verhältnis zum Ressourcen­einsatz war mehr als gering.

Das Ziel war die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Delikte in einem Europa, das eine Friedensunion sein soll, das durchaus eine Wirtschaftsunion sein soll, das ein Zusammenleben darstellen soll, und in diesem Europa wurden junge Männer an – und deshalb sage ich es – unsichtbare Grenzen geschickt, und zwar schwerst bewaffnet, und das hat sie auch Lebenszeit gekostet. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stefan: Leicht bewaffnet, so nennt man das!) Das hat sie Lebenszeit gekostet und wahrscheinlich auch Idealismus, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht nur Lebenszeit, sondern auch Idealismus.

Die Wehrpflicht als solche bedeutet Zwangsdienst, und das wissen Sie ganz genau, und wenn die ÖVP und die Grünen sich da nicht einig sind, ist das ganz und gar nichts Neues. Aber lassen Sie mich bitte ausreden, Herr Kollege Klikovits, denn es geht schon darum, dass Sie hier ein Modell bestätigen und verteidigen, das finanziell gesehen, von den Ressourcen her gesehen keinen Nutzen gebracht hat, was durch die Berichte des Rechnungshofes bestätigt wurde. Und ich freue mich schon auf die Ausführungen des Rechnungshofpräsidenten, weil auch dieser wieder genau das gesagt hat. (Zwischenruf des Abg. Klikovits.)

Im Bericht steht, der Nutzen des Einsatzes ist im Verhältnis zum Ressourceneinsatz zu gering gewesen. Die subjektive Sicherheit, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das eine, die objektive Sicherheit das andere. Und was auch im Bericht steht, ist ganz klar, nämlich: Der präventive Nutzen konnte nicht gemessen werden.

So ist es, meine sehr verehrten Damen und Herren, und deshalb können Sie es noch so oft wiederholen (Zwischenruf des Abg. Höfinger), diese Grenzraumüberwachung kostete Geld, kostete die jungen Männer Lebenszeit und bedeutet natürlich nicht aktive Friedenspolitik vonseiten des Bundesheeres.

Ich finde, es war an der Zeit, diesen Assistenzeinsatz endlich zu beenden. Aktive Friedenspolitik, gerade vonseiten des Bundesheeres, sieht ganz anders aus. Das funk­tioniert auch ohne zwangsverpflichtete junge Männer beim Heer, ohne zwangs­verpflichtete junge Männer beim Zivildienst.


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Beides ist möglich, die tradierten Systeme sind schon lange nicht mehr notwendig (Zwischenruf des Abg. Höfinger), und so sollte auch die ÖVP in einem vereinten Europa agieren. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

19.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter List. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.10.56

Abgeordneter Kurt List (BZÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Dieser Bericht bestätigt wieder, Bun­desminister Darabos hat ein schwer gestörtes Verhältnis zum Rechnungshof. Die Ursachen dafür liegen in der seriösen Arbeit des Rechnungshofes, der wieder gröbste Mängel bei der Amtsführung von Darabos aufzeigen muss.

Diese scharfe Kritik kann sofort an einigen wenigen Beispielen festgenagelt werden: Der Rechnungshof kritisiert den Assistenzeinsatz, den wir bereits wiederholt in Debatten hier im Hohen Haus zerpflückt haben. Darabos hat diesen Einsatz für den burgenländischen Landtagswahlkampf missbraucht. Die Fortführung einer Erfolgs­geschichte nach 2007 unter Darabos war verschwenderischer Frevel.

Der Rechnungshof kritisiert den Alleingang von Bundesminister Darabos beim Euro­fighter-Kauf. Mit seinem dubiosen Vergleich hat Darabos zum Nachteil der Republik gehandelt. Der Schaden für die Luftraumüberwachung ist beträchtlich.

Der Rechnungshof kritisiert die Kosten beim Tschad-Einsatz. Unter Darabos wurde der risikoreiche Einsatz im Tschad wesentlich teurer als geplant.

Der Rechnungshof kritisiert die Beschaffung von 102 geländegängigen Kraftfahr­zeugen. Darabos hat diesen übertriebenen Luxus für seine Kommandanten gekauft. Peinlich, im Vergleich zum katastrophalen allgemeinen Zustand des österreichischen Bundesheeres.

Geschätzte Damen und Herren! Der rote Minister wird bei jeder Überprüfung von militärischen Angelegenheiten vom Rechnungshof immer wieder „aufgeblattelt“. Es ist ihm lästig, laufend vom Rechnungshof gerügt zu werden. Deshalb hat er den Rechnungs­hof zu seinem Feindbild erklärt und hier im Hohen Haus immer wieder betont, in seinem Ressort, im Bereich der Landesverteidigung, hat der Rechnungshof keine Kompetenz. Für ihn, für die umfassende Landesverteidigung ist der Rech­nungshof nicht zuständig.

Geschätzte Damen und Herren! Das ist ungeheuerlich und ein Angriff auf unser Kontrollorgan, den Rechnungshof. Wir vom BZÖ stellen fest: Der Rechnungshof hat überall Kompetenz, selbstverständlich auch im Bereich der gesamten Landesver­teidigung. Das muss ein Auslaufminister zur Kenntnis nehmen, der als Verteidigungs­minister längst gescheitert ist. (Beifall beim BZÖ.)

19.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu Wort. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.13.40

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen des BZÖ und der FPÖ! Die Wahlkämpfe der SPÖ im Burgenland sind mit und ohne Assistenzeinsatz immer ein Erfolg. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. List: Aber sie sind sehr teuer, so wie es der Rechnungshof bestätigt! – Zwischenruf des Abg. Kickl.) Ich halte es mit dem Kollegen Prähauser, der gemeint hat, dass der Assistenzeinsatz eine Erfolgsgeschichte war. Ich kann das nur bestä-


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tigen. Er war für viele Jahre ein wichtiger Sicherheitsbeitrag für die Menschen in der Grenzregion.

Die Vorredner haben bereits die vielen Zahlen – 355 000 Soldaten und viele wichtige Hinweise für die Polizei – angeführt, ich darf mir das ersparen.

Der Rechnungshof kritisiert in diesem Zusammenhang den Einsatz nach 2007, was das Kosten-Nutzen-Verhältnis betrifft. Er meint, dass der Einsatz einen geringen Beitrag zur Aufklärungsrate geleistet hat. Ich halte aber als positiv fest, dass der Rechnungshof auch die präventive Wirkung anspricht, wenngleich er diese aufgrund fehlender Messgrößen nicht zu beurteilen vermag. Ich glaube aber, dass genau diese präventive Wirkung ein wichtiger Kernpunkt ist.

Das Sicherheitsgefühl ist eine subjektive Emotion, und dafür gibt es leider keine Messgeräte, und es weiß auch niemand, wie viele mögliche Delikte durch die bloße Anwesenheit der Soldaten verhindert werden konnten. Es gibt allerdings internationale Untersuchungen im Zusammenhang mit der Polizei, die Zusammenhänge zwischen Anwesenheit und Prävention nicht ausschließen. Für die Menschen in den Grenzregionen war entscheidend, dass sie sich sicher fühlen konnten.

Im Burgenland hat der Assistenzeinsatz geholfen, die fehlende Exekutive zu kom­pensieren – im Übrigen fehlt es bei der Exekutive nach wie vor, und das bei steigender Kriminalität –, insofern war kein Euro für den Assistenzeinsatz ein verlorener Euro. Ab 2012 liegt die Verantwortung für die öffentliche Sicherheit ausschließlich in den Händen des Innenministeriums, und die Zukunft wird zeigen, ob und mit welchen finanziellen Mitteln man das gleiche Sicherheitsniveau wird aufrechterhalten können. (Beifall bei der SPÖ.)

19.16


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.16.27

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Präsident des Rechnungshofes! Die Wortmeldung der Kollegin von den Grünen und die verzweifelte Suche nach Argumenten, warum dieser Grenzein­satz, dieser Assistenzeinsatz nicht gelungen ist, veranlassen mich schon festzuhalten, dass für die Volkspartei dieser Assistenzeinsatz eine positive Gesamtbilanz hat, und ich möchte auch den Zehntausenden Grundwehrdienern und den Kadersoldaten für ihren Einsatz danken. Sie haben nicht nur das Sicherheitsgefühl gestärkt, sondern tatsächlich den Einheimischen in diesen Grenzregionen Sicherheit gegeben. Man darf auch nicht vergessen, welche Wirtschaftsimpulse in diesen ehemals struktur­schwachen grenznahen Regionen gesetzt wurden. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Nach 2007 stellte sich mit dieser Verschiebung der EU-Außengrenze nach Osten natürlich die Frage, wie sich die Situation darstellen wird, und es war damals die richtige Entscheidung der Bundesregierung – dann auch des Parlaments –, diesen Assistenzeinsatz zu verlängern. Man hat ja nicht gewusst, welche Auswirkungen es geben wird. Blickt man zurück, kann man sagen, die Verlängerung war richtig, es war aber ebenso richtig – und dafür war auch die Basis mit dem Bericht des Rech­nungshofes gelegt –, diesen 2011 zu beenden.

Um nochmals auf die Vorrednerin von den Grünen zurückzukommen: Ich will ja nicht verallgemeinern, aber aus ihren Ausführungen ist ersichtlich, dass viele Grünen nach wie vor ein großes Problem mit allen Institutionen haben, die Uniformen tragen. Das war hier leider festzustellen.


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Und einmal mehr und zum Schluss mein Dank, wie er auch schon von anderen von den Koalitionsparteien gekommen ist, an die Grenzsoldaten, die ihren Dienst geleistet haben, und an das Kaderpersonal. Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Öllinger: Die Sicherheit muss ja jetzt am Boden sein im Burgenland!)

19.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hackl zu Wort gemeldet. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.18.38

Abgeordneter Ing. Heinz-Peter Hackl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf ganz kurz vom Grenzsicherungseinsatz ablenken, der Bericht 2010/4 enthält ja noch mehr Punkte. Ich habe mir die drei Follow-up-Prüfungen des Rechnungshofes angesehen. Vorweg: Ich habe schon schlimmere Ergebnisse gesehen, diese sind also durchaus im Bereich des Akzeptablen.

Es wurde eine Follow-up-Prüfung der Statistik Austria vorgenommen: neun Emp­fehlungen vom Rechnungshof – fünf vollständig umgesetzt, drei teilweise und eine nicht umgesetzt. Diese eine nicht umgesetzte Empfehlung möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Sie ergeht an das Bundeskanzleramt und an die Statistik Austria. Die beiden sollen Vorschläge zur verbesserten Kooperation beziehungsweise Aufgaben­verteilung präsentieren, damit das Einsparungspotenzial realisiert werden kann. – Das ist bis heute nicht möglich.

Die zweite Prüfung behandelt die Botschaft in Budapest: vier Empfehlungen, zwei umgesetzt, die eine nicht umgesetzt. Das war auch ein ganz schwieriges Problem: Für die Botschaft sollte ein neues Raum- und Funktionsprogramm erstellt werden.

Die letzte Prüfung befasst sich mit der Finanzprokuratur. Da gab es 14 Empfehlungen, sieben wurden vollständig umgesetzt, fünf teilweise verwirklicht und zwei nicht umge­setzt. Da gibt es auch eine bekannte, nicht umgesetzte Forderung. Die Forderung des Rechnungshofes betraf einen mängelfreien Einsatz des IT-Systems, also eine Zusammenarbeit der Finanzprokuratur und der EDV wäre sicherzustellen, um die Anwaltssoftware umfassend nutzen und deren Verknüpfung mit der Ressourcen­erfassung ehestmöglich umsetzen zu können. Also das sind Grundlagen.

Mich freut es, dass trotzdem relativ viele der Forderungen umgesetzt wurden. Ich würde aber, liebe Kollegen, das Hohe Haus ersuchen, ob wir uns nicht überlegen sollten, dem Rechnungshof bei der Umsetzung seiner berechtigten Forderungen auch mehr Gewicht zu verleihen. Man braucht nur in die Bundesrepublik Deutschland zu schauen, da gibt es schon Beispiele, wie man so etwas realisieren könnte. – Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

19.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.21.42

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Rechnungshofpräsident! Geschätzte Damen und Herren! Der Assistenzeinsatz war der politische Wille fast aller Parteien in diesem Haus. Einige scheinen sich nunmehr im Nachhinein davon zu distanzieren. 355 000 Soldaten haben in 21 Jahren dazu beigetragen, dass in den Grenzräumen der Bevölkerung Sicherheit nicht nur vermittelt, sondern auch tatsächlich gegeben wurde; und diese Sicherheit darf sie sich von uns auch erwarten. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 206

Den Angehörigen des Bundesheeres ist Danke zu sagen, das hat auch mein Freund Stefan Prähauser im Namen der Sozialdemokraten schon getan. Besonders jenen, die bei den Einsätzen zu Schaden gekommen sind, gelten unser Respekt und unser Mitgefühl.

Ich komme aus Niederösterreich, und es wurde bisher kaum vom Grenzeinsatz in Niederösterreich gesprochen. Ich bin sehr viel unterwegs und habe gesehen, dass gerade die Bevölkerung der Regionen an der March zu schätzen weiß, wie das Bun­desheer zur Sicherheit in ihrer Region beigetragen hat. Ich habe auch öfter die Einheiten besuchen können, als langjähriger Mandatar des Landtages, und ich habe auch dort großteils Zustimmung verspürt und bemerkt, dass die Soldaten diesen Einsatz positiv gesehen haben.

Hohes Haus, der Rechnungshof hat natürlich den Auftrag, die Effizienz zu prüfen, das nehmen wir zur Kenntnis. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass manche Fraktionen im Nachhinein klüger geworden sind, sich gescheiter zu Wort melden als vorher und manchmal mit zweierlei Maß messen, was ich nicht zur Kenntnis nehmen kann. Und ich kann mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass dargestellt werden soll, dass alles, was vorher unter schwarzen und blauen Ministern geschah, effizient und gut gewesen sein soll, und das, was nachher unter Darabos gewesen ist, ineffizient und schlecht. (Abg. Zanger: Darabos war reines Chaos!)

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist ein durchsichtiges politisches Spiel, das Sie nicht weiter spielen sollten, weil Sie damit dem österreichischen Bundesheer und auch der Sicherheit schaden. In diesem Sinne herzlichen Dank dem Bundesheer für diesen Grenzeinsatz. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt gelangt Herr Abgeordneter Windholz zu Wort. – Bitte.

 


19.24.03

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzter Herr Rechnungshofpräsident! Ich darf mich zum Assistenzeinsatz auch als Bürger­meister einer Gemeinde äußern, die gewissermaßen in den Genuss dieser Einrichtung Assistenzeinsatz gekommen ist. Bei der Betrachtung darf ich aber jetzt den Blick sehr weit zurück richten und in die Historie eintauchen, damit man die Entwicklung abschätzen kann.

Bei Einrichtung des Assistenzeinsatzes gab es zu wenig Personal bei Exekutive und Zoll und keine Sicherung der grünen Grenze. Es waren nur die Grenzübergänge gesichert, da gab es auch entsprechende Aufgriffszahlen. Das ist messbar. Und das, was jetzt der Rechnungshofpräsident dann wahrscheinlich auch vortragen wird, das waren dann die nüchternen Zahlen, die wir später erreicht haben, die also diesen Einsatz von den Aufgriffszahlen her wirklich in Frage stellen.

Illegale Grenzübertritte gibt es auch nach Beitritt zur Europäischen Union. Allerdings, und das ist ja wirklich absurd gewesen, hat man mit diesem Personal die grüne Grenze überwacht, aber bei allen Grenzübergängen konnte man ohne Kontrolle durchfahren. Also es war fast eine Einladung, das mit dem Pkw zu tun, mit dem Zug zu tun, denn dort gab es ja überhaupt keine Kontrolltätigkeit.

Steuergeld wurde aufgewendet. Und daher auch gleich die Frage: Wie hat es der Steuerzahler gesehen? Ich kann Ihnen von meiner Gemeinde sagen, dass dieses subjektive Sicherheitsgefühl durchgängig honoriert wird. Angesichts dieser geringen Zahlen ist kein Vorwurf zu erheben, wenn man sich vor Augen hält, dass es ja nur das allgemeine Anhalterecht gibt, also das, was jeder Staatsbürger hat. Mehr Instrumen-


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tarien hat man nicht mitgegeben. Und wenn dann der Vorwurf in Richtung Darabos geht, dann ist das absolut nachvollziehbar, denn er hätte sich in der Bundesregierung dafür einsetzen müssen, dass entsprechende Rechtsinstrumentarien auch mit auf den Weg gegeben werden. (Beifall beim BZÖ.)

Was übrigbleibt, ist die betroffene Bevölkerung, die das durchgängig positiv bewertet, und ein herzliches Dankeschön an jene, die das in ihrem Grundwehrdienst gemacht haben, an jenes Kaderpersonal, das das gemacht hat, das war natürlich auch nicht immer einfach. Ich kann sagen, die jungen Burschen und das Kaderpersonal, das ich getroffen habe, waren jedenfalls höchst motiviert, und die können am allerwenigsten dafür, dass ein Verteidigungsminister nicht in der Lage war und nicht in der Lage ist, entsprechende Rechtsinstrumentarien mit auf den Weg zu geben. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Ich darf mich auch noch ganz kurz dem Kollegen Kaipel von der SPÖ zuwenden. Also das, was Sie hier am Rednerpult gesagt haben, ist ja schon fast eine Selbstgeißelung. Sie jammern über die fehlende Exekutive im Burgenland. Ich kann Ihnen hier nur zurufen: Wer sitzt denn in der Regierung?  Das ist die SPÖ, das ist die ÖVP. Das ist das Dilemma, das Sie selbst anrichten. Sorgen Sie bei Ihren Parteien dafür, dass endlich jenes Personal aufgestellt wird, das für eine ordentliche Sicherheitspolitik notwendig ist. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Sorgen Sie dafür, dass von den im Sparpaket vorgesehenen Maßnahmen  gerade die Exekutive doppelt und dreifach zu bestrafen, womit nichts anderes gefördert wird als die innerliche Kündigung  abgesehen wird! Kehren Sie um! Geben Sie der Exekutive den Rückhalt, den sie sich verdient und den die Bevölkerung Österreichs auch zu Recht einfordert! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

19.27


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-117 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

19.28.2319. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2009 und 2010 (III-284/1723 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Gradauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.29.02

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im Ausschuss gegen die Kenntnisnahme dieses Berichtes gestimmt. Aber nicht, weil wir nicht wüssten, wie


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wertvoll die Arbeit des Rechnungshofes ist für uns, wir wissen ganz im Gegenteil, dass dieser Bericht sehr ordnungsgemäß abgefasst ist und sehr umfangreich geworden ist. Der Rechnungshof arbeitet für uns sehr perfekt, und auch dieser Einkommensbericht ist sehr übersichtlich gestaltet.

Sie werden fragen: Warum dann die Ablehnung? – Ein reiner Protest gegen Geldvernichtung in den staatsnahen Betrieben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Warum ist das so?  Am Tag, als wir diesen Einkommensbericht behandelt haben, konnten Sie in den Zeitungen lesen, dass die Manager von Skylink für ihre Misswirtschaft 1,2 Millionen € Abfertigung bekommen sollten.

Man muss sich vorstellen: Skylink – Sie wissen, das ist das Desaster rund um den Flughafen – hat ursprünglich 400 Millionen, in etwa, laut Kostenvoranschlägen, ausgemacht und ist letztlich jetzt mit zirka 780 Millionen € abgerechnet worden. Und dafür, für diese Differenz, die weit mehr als 300 Millionen an Misswirtschaft zum Ausdruck bringt, dafür sind diese beiden Vorstände verantwortlich. Und die sollen jetzt noch mit öffentlichen Geldern belohnt werden. Das sehen wir nicht ein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Da wird ein Weg fortgesetzt, den man in der letzten Zeit immer wieder beobachten kann. Denken Sie nur an die AUA, da ist der Herr Ötsch eingesetzt gewesen, er hat das Flugunternehmen an die Wand geflogen, und dafür hat er über 1 Million Abfertigung bekommen, und die AUA ist letztlich mit 500 Millionen an die deutsche Lufthansa verschenkt worden.

Denken Sie an die ÖBB, meine Damen und Herren, da hat es den Herrn Huber gegeben  der sagt, er hat es nicht gemacht, aber er ist verantwortlich dafür gewesen als Chef dieses Unternehmens. Der hat mit der Deutschen Bank zirka 600 Millionen € verspekuliert, und es ist ein Schaden von über 300 Millionen für Österreich entstan­den  und damit für die Steuerzahler. Diese beiden Herren, also Ötsch und Huber, sind großzügigst abgefertigt worden. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Man sagt immer wieder, in diese Verträge kann man nicht eingreifen. Ja, aber in die Verträge der Bausparer, da kann man sehr wohl eingreifen. Das ist eine Ungerech­tigkeit sondergleichen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

In der Privatwirtschaft wäre es so, dass da mit Schadenersatzklagen gedroht wird und dies auch gemacht wird. Es ist in diesen Fällen so, dass eben nicht geklagt wird, weil die Aufsichtsräte die Entlastung ausgesprochen haben. Und wer sind die Aufsichts­räte?  Rote und schwarze Parteigänger. Da schließt sich dann der Kreis, meine Damen und Herren. Dieser Unfug gehört längst abgestellt!

Zum Bericht selbst: Der Bericht ist, was den Frauenanteil bei den Vorständen betrifft, weiterhin positiv, also dass der Frauenanteil in den Vorstandspositionen steigt. Aber, was mir aufgefallen ist, sie werden wesentlich schlechter bezahlt. Das ist auch nicht verständlich, da sie dieselben Aufgaben erledigen müssen, müsste man auch dasselbe Geld dafür hinlegen.

Die Gehälter der Vorstände, das ist auch schon einige Jahre zu beobachten, steigen um 10 Prozent mehr als die Gehälter der Belegschaft. Das ist ein Zustand, der einfach nicht aufrechtzuerhalten ist. Dagegen muss man etwas machen, und da frage ich die SPÖ: Wo sind Sie denn? Das sind Ihre Leute, die das zum Großteil verursachen.

Im Jahr 2009 haben 54 dieser Vorstände der staatsnahen Betriebe mehr Geld verdient als der Bundeskanzler der Republik, und im Jahr 2010 waren es bereits 64 Vorstände, die mehr als 285 600 € jährlich verdient haben. Mich stört daran besonders, dass zum


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Beispiel die Leute, die den Verbund leiten, also die E-Wirtschaft-Vorstände, 689 000 € pro Jahr im Schnitt verdienen. Das ist einfach viel zu viel, wenn man weiß, dass wir auf der anderen Seite ständig unter Erhöhungen des Strompreises zu leiden haben.

Aufgefallen ist mir auch, dass bei den Bundesforsten im Jahr 2009 der Vorstand 322 000 € verdient hat. Das ist ein Wahnsinn. Der Brenner-Basistunnel-Vorstand verdient auch 322 000, die Münze Österreich 292 000, und Herr Präsident Moser vom Rechnungshof, bitte überprüfen Sie noch einmal, ob es stimmt, dass die Herrschaften, die die Albertina, das Kunsthistorische Museum, das Belvedere und die National­bibliothek leiten, wirklich alle 275 000, 245 000, 241 000, 238 000 € Jahresgage haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Das sind lauter Leute, die in stark geförderten Einrichtungen der Republik tätig sind. Das ist meiner Meinung nach viel, viel zu viel. (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend möchte ich noch erwähnen, meine Damen und Herren: Es ist gestern im Sparpaket auch die Reduzierung des Budgets für den Rechnungshof beschlossen worden. Sie wissen, dass der Rechnungshof die Kontrolleinrichtung des Parlaments ist, und da zu reduzieren kommt mir ähnlich vor, als wenn der Rechnungshof ausgehungert werden sollte und die Kontrolle des Parlaments  der Rechnungshof ist für uns tätig zurückgeschraubt werden sollte. Dasselbe ist bei der Volksanwaltschaft passiert.

Meine Damen und Herren, ein derartiger Fall weniger gezahlt, bei dieser Misswirtschaft in den Betrieben Skylink, AUA und ÖBB, hätte verhindert, dass wir die Kürzung des Rechnungshofbudgets durchziehen müssen.  Danke vielmals. (Beifall bei der FPÖ.)

19.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.35.59

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Der Einkommensbericht, der die Unternehmen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes betrifft, ist außerordentlich wichtig, und ich würde mir wünschen, dass so ein Bericht zumindest für alle börsenorientierten Unternehmen auch verpflichtend wäre.

Eine Verbesserung im aktuellen Einkommensbericht ist, dass es eine getrennte Dar­stellung von Frauen- und Männereinkommen gibt, dass der Frauenanteil getrennt ausgewiesen wird – in den Aufsichtsräten, in der Geschäftsführung und bei den Einkommen. Weiters zeigt der Bericht 2009/2010 einige bemerkenswerte Ergebnisse. Die Durchschnittseinkommen der Geschäftsführung sind von 2007 auf 2010 um 19 Prozent gestiegen.

Bemerkenswert ist auch, dass 2010 – der Kollege vor mir hat es erwähnt – 64 Per­sonen in 23 Unternehmen auf ein höheres Durchschnittseinkommen als der Bundes­kanzler kommen. Da das Austria Center Vienna in meinem Wahlkreis liegt – da wird der Geschäftsführer den Mitgliedern der FPÖ sicherlich auch bekannt sein –, habe ich mir auch die Entwicklung der Einkommen der Geschäftsführer und der Angestelltenge­hälter angesehen, und es erstaunt mich auch immer wieder, dass der Geschäftsführer fast viereinhalbmal so viel verdient wie die Angestellten.

Hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Auswertung des dem Rechnungshof über­mittelten Datenmaterials lässt sich feststellen, dass der Frauenanteil von 2009 auf 2010 zwar geringfügig von 18,1 auf 21 Prozent gestiegen ist, aber er ist noch immer auf sehr niedrigem Niveau. Diese Unterrepräsentierung spiegelt sich natürlich auch in den durchschnittlichen Einkommen von Frauen und Männern wider. Die Frauen


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erhielten 2010 mit 111 800 € weniger als 2009, und die Männer mit 175 000 € mehr als 2009. Dasselbe Bild ergibt sich auch bei den höchsten Einkommen, wo die Einkom­mensschere bei den Führungspositionen natürlich noch weiter auseinanderklafft. Es ist völlig inakzeptabel, dass die Frauen in Geschäftsführungspositionen nur 64 Prozent der männlichen Kollegen verdienen. Da bin ich mit dem Rechnungshof einig: Es ist absoluter Handlungsbedarf gegeben! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Schittenhelm. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.38.53

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Geschätzte Herren Präsidenten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rechnungshofbericht ist wieder einmal ein sehr profunder, ein sehr genauer, und für uns als Parlamentarier sollte er eigentlich auch Richtschnur und Richtlinie sein, verschiedene Bereiche zu verändern und Maßnahmen zu setzen.

Dieser Bericht gibt einen umfassenden, nach Personengruppen gegliederten Überblick über die Einkommenssituation der Unternehmen, die dem Bund zugeteilt sind beziehungsweise die auch der Rechnungshofkontrolle unterliegen. Es wurde von meinen Vorrednern schon angesprochen, dass die Einkommensdarstellung von Männern und Frauen vorgenommen wurde, allerdings waren es von diesen 195 Unter­nehmen nur 180. Also 15 Unternehmen waren nicht in der Lage, die Einkommen der Frauen und Männer getrennt auszuweisen, unter anderem die Bundesgeschäftsstelle AMS, Austro Control, die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit, also die AGES, die Steweag und die Stromnetz Steiermark GmbH.

Es war auch ganz interessant, zu lesen – das ist wirklich spannend, dieser Rechnungs­hofbericht ist wie ein kleiner Krimi –, dass wir im Jahr 2010 396 staatsnahe Unterneh­men hatten, die von 1 424 Aufsichtsräten und 556 Vorständen beziehungsweise Ge­schäftsführern geführt werden. Man kann sich auch im Detail anschauen, wer in welchem Bereich wofür zuständig ist.

Die Einkommenssituation wurde von meinem Vorredner schon sehr klar formuliert. Interessant ist, wenn man sich das anschaut: Entweder bekommt der Bundeskanzler der Republik zu wenig oder die anderen jeweiligen Aufsichtsräte zu viel. Im Verbund – ich möchte niemanden korrigieren, aber das sind die Daten, so wie ich sie heraus­gelesen und -gearbeitet habe – haben wir eine Durchschnittsgage von 841 800, in der ÖIAG von 669 000, in der Post AG 669 500.

Warum habe ich diese Unternehmen herausgenommen? – Wenn man bedenkt, dass gerade bei der Post AG viele Postämter aus Spargründen zugesperrt werden – in meiner Heimatgemeinde erst vor wenigen Monaten – und jetzt sogar die Postzusteller mit einer Arbeitszeiterfassungskarte ausgestattet werden sollen, damit man weiß, ob sie noch am Berg unterwegs sind oder schon in der Ortschaft oder in einer Katastralgemeinde herumfahren, dann ist das eigentlich ein höhnischer Zug, noch dazu, wenn man weiß – und das lässt sich anhand der Zahlen ja auch errechnen –, dass sich die Vorstandsmitglieder der Post für die Vorstandsgage von 2009 auf 2010 selbst eine immerhin zwölfprozentige Erhöhung verordnet haben. 12 Prozent – überall sonst werden die Stunden gekürzt!

Auch im Verbund – das möchte ich auch nicht unerwähnt lassen – hat es eine Gehalts­erhöhung für die Aufsichtsräte von 22 Prozent gegeben, meine Damen und Herren, immerhin, ich habe es schon gesagt, 972 000 €. Diese Erhöhung – es gibt ja mehrere Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder – gilt aber nur für die Männer im Verbund, denn


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das einzige weibliche Vorstandsmitglied hat – zwar auch viel, aber trotzdem – 580 000 bekommen, und das wurde gekürzt auf 525 000. Die gleichwertige Arbeit ist natürlich da, selbstverständlich – Kollege Gradauer hat das angesprochen –, aber von einer entsprechenden Bezahlung sind wir noch weit entfernt.

Da haben wir als Eigentümervertreter einen großen Handlungsbedarf. Ich bin schon sehr neugierig, ob es uns tatsächlich gelingen wird, diese von Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek vorgesehene 30-Prozent-Quote bis zum Jahr 2015 zu erreichen. Ich kann mir das nicht gut vorstellen, hoffe aber sehr, dass die Veröffentlichung dieses vorliegenden Berichtes nicht nur mehr Transparenz schafft, sondern auch zu Verän­derungen, zu Verbesserungen führt, denn das muss die Zielsetzung sein. Ich möchte nicht nächstes Jahr wieder hier stehen und vorlesen müssen, was sich in diesen staatsnahen Betrieben einkommensmäßig abspielt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.42


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. 4 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.43.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Zum ersten Mal geht es mir nach Vorrednern von verschiedenen Parteien so – und das passiert sehr selten –, dass ich eigentlich dem Gesagten nichts mehr hinzufügen kann. Ich bin sehr froh darüber, was zum Beispiel Kollege Gradauer oder zuletzt Kollegin Schittenhelm gesagt haben. Das Problem wird sein, Frau Kollegin Schittenhelm, dass wir nicht nur für die Verbreitung dieses Berichts zu sorgen haben, sondern dass wir hier herinnen auch dafür zuständig sind, dass sich an diesen Zuständen etwas ändert.

Wenn ich etwas zu diesem Bericht noch hinzufügen kann – Sie haben im Prinzip wirklich schon alles Wesentliche gesagt –, dann nur das eine: dass das eine Illustration dafür ist, dass es in unserem Land offensichtlich bestimmte Bereiche gibt, die von Sparpaketen, Belastungspaketen – egal, ob vom Staat oder vom Betrieb verordnet – überhaupt nicht betroffen sind. Das ist ein Skandal, was Sie geschildert haben, was in Bezug auf die Fraueneinkommen in den Vorstandsetagen passiert, und es ist ein Skandal, dass faktisch alle wesentlichen Energieversorger die Spitzenpositionen einneh­men. Das sind ja die Gelder, die die Leute über ihre Stromkosten zahlen.

Wenn allein sechs oder sieben Unternehmen rund um den Verbund in den Spitzen­positionen auftauchen und natürlich auch noch andere Energieversorger – wie soll denn das zu rechtfertigen sein? Was ist die herausragende Qualität von diesen Spitzenmanagern – egal, ob im Verbund oder auch die Kärntner Hypo würde mir noch einfallen, ist noch nicht erwähnt worden –, was ist die besondere Qualität von diesen Spitzenmanagern in der jetzigen Situation? In Bezug auf diese Frage – zumindest bisher, das BZÖ fehlt noch – habe ich noch von keinem meiner Vorredner gehört, dass sie anderer Meinung gewesen wären. Wir sind in der seltenen Situation, dass wir so ziemlich einer Meinung sind. Auch ich gebe Ihnen allen recht.

Mir wäre es auch recht – was die Kollegin von der SPÖ vorgeschlagen hat –, wenn es zu diesem Bericht auch einen Vergleichsbericht über die börsennotierten Unternehmen geben würde. Dafür ist dann allerdings der Rechnungshof nicht zuständig, den können wir schlecht damit beauftragen, aber es wäre wichtig und notwendig.

In erster Linie, meine sehr geehrten Damen und Herren – und damit schließe ich, denn es hat keinen Sinn, das noch einmal zu duplizieren, was Sie bereits gesagt haben –, danke ich für diese Übereinstimmung, und zum Zweiten möchte ich Sie schon auffor­dern, dass wir uns in diesem Jahr tatsächlich etwas einfallen lassen, wie wir diese offensichtlich kaum von einer politischen Debatte oder von bestimmten Notwendig-


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keiten erfassten Spitzenpositionen einigermaßen regulieren können, um nicht unbedingt beim nächsten, aber beim übernächsten Einkommensbericht sagen zu können: Wir haben etwas weitergebracht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

19.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.46.45

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde wirklich schon fast alles gesagt zu diesem Bericht, lassen Sie mich aber trotzdem noch ein paar Anmerkungen machen!

Zusammengefasst kann man sagen, dass dieser Bericht, für den ich dem Rech­nungshof und Herrn Präsidenten Moser sehr herzlich danke, eine Gegenüberstellung ist, eine Aufstellung über die extreme Kluft zwischen Arm und Reich und auch über die immer noch weit auseinanderklaffende Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen.

Die Einkommen wurden schon angesprochen. Wir haben auf der einen Seite Manager­gehälter, Verbund, ÖIAG, Post AG, die bis zu 841 800 € im Jahr ausmachen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das muss man schon noch einmal erwähnen, und das muss man sich auch vor Augen halten. Auf der anderen Seite liegen die niedrigs­ten Einkommen, und die waren, abgesehen von den Lehrlingen, bei den Arbeiterin­nen und Arbeitern zu finden, die übrigens 38 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen ausmachen, durchschnittlich – jetzt hören Sie zu! – bei 17 874 €. Also dieser Unter­schied muss hier auch einmal dargelegt werden, den müssen wir uns vor Augen führen. (Beifall bei BZÖ und Grünen.)

Kollege Obernosterer hat im Ausschuss gemeint, er könne nicht verstehen, dass Frauen, also Managerinnen, nur 64 Prozent des Gehaltes eines Mannes bekommen. – Lieber Kollege Obernosterer, der Rechnungshofpräsident hat das im Ausschuss noch einmal erläutert, und die Zahlen liegen auch auf dem Tisch, sind im Bericht ja schwarz auf weiß nachzulesen. Ich kann mir nicht vorstellen, warum du immer noch Zweifel zum Ausdruck bringst, aber vielleicht kannst du uns das in einem weiteren kurzen Redebeitrag noch erklären.

Abschließend möchte ich die Aufforderung, die auch Kollege Öllinger vorhin schon vor allem an die Regierungsparteien gerichtet hat, noch einmal wiederholen, nämlich auch tätig zu werden, denn es besteht großer Handlungsbedarf. Dieser Bericht ist ein klarer Arbeitsauftrag an uns, an das Parlament, aber vor allem an Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, von ÖVP und SPÖ, dass Sie hier wirklich etwas ändern, etwas verbessern, damit der nächste Einkommensbericht deutlich besser aussieht als dieser. – Danke. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schönpass. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.49.23

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In seinem Resümee zum vorliegenden Bericht macht der Rechnungshofpräsident Moser darauf aufmerksam, dass die Transparenz bei den öffentlichen Unternehmen derzeit nicht in ausreichendem Maße gegeben ist.


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Angesichts der überdurchschnittlichen Steigerung der Managergehälter um 19,6 Pro­zent empfahl der Rechnungshofpräsident die Klarstellung der Kriterien für Erfolgs­beteiligungen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Rechnungshofbericht macht leider auch einmal mehr deutlich, dass wir von einer wirklichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern noch immer weit entfernt sind. Selbst im Bereich der öffentlichen Wirtschaft, also bei jenen Unternehmungen und Einrichtungen, die der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen, gibt es noch viel zu tun.

Ich finde es bedauerlich, dass sechs Unternehmungen und Einrichtungen die Trennung der Einkommen zwischen Frauen und Männern bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates und des Vorstandes beziehungsweise der Geschäftsführung aus technischen Gründen nicht möglich ist. Diese Unternehmungen sind im Rechnungshofbericht auf Seite 19 namentlich angeführt. Es ist sehr interessant, das nachzulesen. Der Frauenanteil in den Geschäftsführungen ist zwar von 11 Prozent auf 15 Prozent gestiegen, ist aber immer noch deutlich niedriger als im öffentlichen Dienst.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich lade Sie alle ein: Kämpfen wir gemeinsam für mehr Transparenz und somit auch für mehr Gleichberechtigung! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Hammer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.51.30

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Es ist ja schon von den Vorred­nern gesagt worden, der vorliegende Einkommensbericht legt die Einkommens­ver­hältnisse in den öffentlichen Unternehmungen sehr klar dar, und ich möchte die dazu vorgebrachten Argumente wirklich unterstreichen.

Ich möchte aber als Arbeitnehmervertreter – Frau Kollegin Schönpass hat das auch soeben angesprochen – wirklich festhalten, dass ich es eigentlich als nicht tragbar erachte, dass die Managergehälter um 19 Prozent steigen, während jene im Mitar­beiter­bereich nur um 10 Prozent steigen. Ich glaube, es sollte eine gleichmäßige Lohn- und Gehaltssteigerung geben. Wir brauchen Transparenz, wenn es darum geht, Leistungszulagen und Boni zu vergeben, weil das einfach ein wichtiger Schritt ist. Ich glaube, der Erfolg eines Unternehmens hängt nicht nur von der Führung ab, sondern sehr wesentlich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die am Erfolg des Unternehmens auch entsprechend beteiligt werden sollten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wichtig ist mir – und das ist auch schon angesprochen worden –, dass der öffentliche Dienst beim gestern beschlossenen Reformpaket natürlich seinen Teil leistet, wenn es um die Gehaltsanpassungen für 2013 und 2014 geht. Mir geht es bei der Einkom­menstransparenz im öffentlichen Bereich schon auch darum, dass – und das ist in der Öffentlichkeit ja sehr oft nicht ganz richtig dargestellt worden – die Biennalsprünge nicht zu den jährlichen Gehaltsanpassungen gezählt werden sollten, weil diese einfach ein Gehaltsbestandteil sind und als solche gesehen werden sollten. Ich glaube nicht, dass die öffentlich Bediensteten höhere Gehaltssteigerungen gehabt haben als die Beschäftigten in der Privatwirtschaft. Ich glaube, das sollte man richtig darstellen, der öffentliche Dienst leistet seinen Beitrag. (Beifall und Bravoruf bei der ÖVP sowie Beifall bei der SPÖ.)

19.53



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 214

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der Nächste auf der Rednerliste ist Herr Abge­ordneter Dolinschek. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.53.18

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Sehr geehrte Damen und Herren! Was die Einkommenszuwächse bei Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern im Vergleich zu jenen ihrer Beschäftigten betrifft, ist ja schon einiges gesagt worden; so auch, dass in drei Jahren der Zuwachs bei den Geschäftsführern und den Vorstandsmitgliedern gegenüber jenem der Beschäftigten das Doppelte ausmacht. Dazu muss ich sagen, wenn man in privatrechtliche Verträge nicht eingreifen kann, dann sind wir gefordert, dass in staatsnahen Betrieben, auch in Großbetrieben und Konzernen, privatrechtliche Verträge in der Form nicht abgeschlossen werden dürfen. Wenn Verluste eingefahren werden, Betriebe an die Wand gefahren werden – und jeder weiß, wie der Spruch lautet: Der Fisch fängt beim Kopf zu stinken an! –, dann gehört einmal eingegriffen, um das zu unterbinden. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Dass in den Vorstandsetagen nur 13 Prozent der Frauen tätig sind, ist ebenfalls ein Manko, das in dem Bericht aufgezeigt wird. Dieser Bericht des Rechnungshofes zeigt uns, dass hier etwas zu ändern ist, sehr geehrte Damen und Herren – und das muss geändert werden!

Wenn man noch vergleicht, wie das Einkommen bei den Angestellten in der Privat­wirtschaft und jenen im öffentlichen Dienst, bei den Beamten, steigt, so ist festzu­stellen, dass die erwerbstätigen Frauen in der Privatwirtschaft am schlechtesten abschneiden. Auch weil 44 Prozent der erwerbstätigen Frauen statt Vollzeit Teilzeit arbeiten. Der Unterschied im öffentlichen Bereich ist mit 74 Prozent wesentlich schwächer als in der Privatwirtschaft mit 57 Prozent.

Noch etwas zu Ihnen, Kollege Hammer: Wenn jemand sagt, dass bei den Beschäf­tigten im öffentlichen Dienst ein Biennalsprung nicht zum Gehaltszuwachs gerechnet werden soll – was ist das für ein Personalvertreter? Selbstverständlich ist das ein Zuwachs zum Gehalt und gehört genauso mitgerechnet. Das ist gar keine Frage! Die Biennien gibt es nun einmal, und das macht etwas aus beim Zuwachs. Das sieht man auch daran, dass bei den Beamten kein Reallohnverlust zu vermerken ist und bei allen anderen Beschäftigen in Österreich die mittleren Einkommen hinterherhinken und mit der Inflation in den letzten Jahren gar nicht Schritt halten konnten, sondern es einen Reallohnverlust gegeben hat. – Nicht so bei den Geschäftsführern, Vorstandsmitglie­dern und Beamten. (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Kickl.)

19.55


19.55.53Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-284 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.56.2920. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungs­hofes über Reihe Bund 2011/13 (III-285/1724 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 215

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Schickhofer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Rädler: Der Herr Klubobmann!)

 


19.56.59

Abgeordneter Mag. Michael Schickhofer (SPÖ): Hohes Haus! 80 Prozent der Emp­feh­lungen des Rechnungshofes werden umgesetzt. Ich glaube, das spricht für die Qualität der Empfehlungen des Rechnungshofes. Das spricht aber auch für die Politik und die Verwaltung, die diese Empfehlungen sehr ernst nehmen und auch faktisch in die Tat umsetzen. Ich glaube, das ist im Sinne der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit außerordentlich wichtig.

83 Prozent der Empfehlungen werden von den Gemeinden umgesetzt. Also ich glaube, auch da zeigt sich, dass es ein richtiger Schritt war, die Kompetenz des Rechnungs­hofes auszuweiten. Wenn man mit Bürgermeistern spricht, dann sagen diese: Diese Unterstützung hilft uns wirklich.

Ein weiterer Punkt sind die Follow-up-Überprüfungen und vor allem die Querschnitts­prüfungen des Rechnungshofes. Das sieht man beispielsweise bei den familienbezo­genen Leistungen, und das führt auch wirklich zum wunden Punkt im System. Auf der einen Seite setzen wir 80 Prozent der Empfehlungen um, bei den restlichen 20 Prozent geht es vor allem um die Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern, darum: Wo liegen die Verantwortlichkeiten?

Ich kann als junger Abgeordneter nur an alle Fraktionen appellieren, dass es nicht darum geht, die Macht der Länder oder die Macht des Bundes zu stärken, sondern darum, gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir eine klarere Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern und damit auch eine klarere Verantwortlichkeit zustande bringen können – im Sinne eines besseren und noch effizienter organisierten Österreich. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Das schreiben wir uns jetzt aber auf!)

19.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.58.53

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Tätig­keits­bericht des Rechnungshofes spiegelt die Prüfungstätigkeit des Rechnungs­hofes im Jahr 2011 wider. Es ist ein sehr kompetenter Tätigkeitsbericht, für den ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofes bedanke. Da im Vorjahr 250 Jahre Rechnungshof gefeiert wurden, darf ich noch einmal gratulieren zu dieser Prüfungstätigkeit über 250 Jahre hinweg.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Tätigkeitsbericht ist auch die Entwicklung des gesamtstaatlichen Defizits angesprochen. Für das Jahr 2010 ist ein Wert von 4,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausgewiesen. Umso erfreulicher ist für mich der heute für das Jahr 2011 bekannt gegebene Wert. Mit 2,6 Prozent liegt er nämlich nicht nur weit unter den 3,3 Prozent, die prognostiziert wurden, sondern auch unter den 3 Prozent der Maastricht-Grenze – für mich eine sehr, sehr erfreuliche Entwicklung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Rechnungshof hat im vergangenen Jahr auch 47 Berichte und 13 Beiträge über Prüfungen der Gemeinden erstellt. Erfreulich ist für mich in diesem Zusammenhang die Entwicklung von Benchmarks für alle Gemeinden,


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die der Rechnungshof durchgeführt hat. In der letzten Rechnungshofausschusssitzung wurde uns von Mitarbeitern des Rechnungshofes dieser Benchmark vorgestellt. Sehr kompakt – nämlich auf einer A4-Seite – sind die wesentlichen Kenndaten einer Gemeinde im Vergleich zum Bundeslandschnitt beziehungsweise zur jeweiligen Größenklasse dargestellt. Von der finanziellen Situation der Gemeinde angefangen über den Transfer der demografischen Entwicklung der Gemeinde bis hin zu Investitionen, Finanzschulden und Verwaltungsstruktur sind eine Reihe von Indikatoren ausgewiesen.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich ganz besonders, dass auch die nicht geprüften Gemeinden damit von den geprüften profitieren. Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bedanke mich sehr, sehr herzlich für diese Initiative. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

20.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayerhofer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.01.50

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Mein Beitrag bezieht sich auf einen Teil der Prüfungen des Rechnungshofes im Jahr 2011. Eine davon – und diese spreche ich im Besonderen an – war die Prüfung der Infor­mationstechnologie im BMI, des IT-Projektes, PAD genannt. Dies aus mehreren Gründen: Wie gestern offensichtlich wurde, hat unsere Frau Finanzministerin erheb­lichen Handlungsbedarf, nach Einsparungsmöglichkeiten zu suchen beziehungs­weise – noch besser – ihre Ministerkollegen bei unnötigen Ausgaben heftig einzubrem­sen.

Ein sehr gutes Beispiel sind die Anschaffungskosten des Protokollierungssystems der Exekutive. Dieses Thema beschäftigt uns bereits seit fünf Jahren. Bereits im April 2007 habe ich glücklicherweise eine parlamentarische Anfrage dazu gemacht und dabei die Frau Minister betreten, wie sie – wahrscheinlich unabsichtlich – die Unwahrheit gesagt hat.

Wurde der Auftrag für das PAD öffentlich ausgeschrieben?, war eine Frage. Die Antwort lautete: Ja. Die zweite Frage betraf die Anzahl der abgegebenen Angebote. Die Antwort war: fünf Bewerber. Eine weitere Frage befasste sich mit den Kriterien der Auftragserteilung. Ihn bekam die Firma Motorola, Bestbieter in einer funktionellen Ausschreibung. Das PAD kostet 2,7 Millionen €, Stand April 2007.

Niemand hat dort eine Marktanalyse gemacht: Was wird das kosten? Was kann das kosten? Was darf es kosten?, et cetera – so auch die Kritik des Rechnungshofes. Gestern erst habe ich von einem Kollegen einen schönen Aufsatz zum PAD erhalten, von einem alten Schlachtross aus meiner Abteilung. Und ich sage, er hat das nur bestätigt: ungeheuerlich, dass sich die Polizisten mit diesem nicht funktionierenden Kram herumschlagen müssen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Im Jahr 2011 beschäftigt sich der Rechnungshof in seinem Bericht ausführlich auf 36 Seiten mit dem Thema. Der Rechnungshof kommt zu einem Schluss: Die Vergabe dieses Projekts erfolgte ohne Ausschreibung, ohne Wettbewerb, kostet nicht 2,7 Mil­lionen €, sondern 7,2 Millionen €. (Ruf: Zahlen !) Das Ministerium spricht von fünf Bewerbern; der Rechnungshof sagt, das war gar nicht ausgeschrieben.

Wie kann man in einer Anfragebeantwortung von einem „Bestbieter“ – unter Anfüh­rungs­zeichen – sprechen, wenn der Rechnungshof scharf kritisiert, dass die Vergabe ohne Ausschreibung und ohne Wettbewerb erfolgt ist? Warum diese unwahren Antworten? – Das hat ja ein Motiv, und das wollen wir wissen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 217

Ich werde demnächst noch eine gute Gelegenheit haben, alle diese Fragen an die Frau Innenminister zu stellen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.) – Das macht nichts, aber das werde ich sie fragen, und jetzt steht es einmal im Protokoll. Vielleicht liest sie es irgendwann, wenn sie es interessiert. Wenn sie zum Beispiel, Herr Kollege, die Gemeinderäte wieder zu Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit mahnt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Bartenstein.)

Die 2 000 Gemeinderäte – oder was weiß ich, wie viele wir in Niederösterreich haben – müssen doch alle sparsamst agieren. Die Bürgermeister müssen Streichungen et cetera hinnehmen, irgendwie werden sie das Budget schon rüberbringen. Aber da, wo es um die Ministerien geht – ein schwarzes, das haben wir schon einmal ange­sprochen –, da ist alles wurscht; da machen wir keinen Wettbewerb, da machen wir keine Marktanalyse, da ist alles wurscht.

Ich habe den gewissen Verdacht – als langes „Polizeikrokodil“ –, dass da wieder etwas gelaufen ist, wo wieder ein paar Funktionäre in einer Firma in Oberösterreich tätig waren. (Zwischenruf beim BZÖ.)

Und daher sage ich jetzt in Abwandlung des Spruches von der Frau Innenminister Folgendes: Nicht her mit dem Zaster, her mit der Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

20.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.06.20

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die wichtige Arbeit des Rechnungshofes ist uns ja, glaube ich, allen hier im Hohen Haus bekannt, wobei ich mir bei den Regierungs­parteien mittlerweile nicht mehr so sicher bin. Und ich werde Ihnen sagen, warum ich mir da nicht mehr so sicher bin.

Im Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016, das wir gestern hier im Hohen Haus beschlossen haben, haben wir – oder haben Sie – auch eine Beschneidung der Kontrollrechte des Rechnungshofes beschlossen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das muss ich hier auch ganz klar ansprechen, denn das ist sehr bedenklich.

Worum geht es?  Im Finanzrahmen 2013 bis 2016 gab es zwar eine Mittelerhöhung um 1,7 Millionen € für den Rechnungshof, aber durch die Verpflichtung, 2013 die Dienstgeberbeiträge selbst zu zahlen, ergibt sich eine Gesamtbelastung von 7,6 Mil­lionen € für den Rechnungshof.

Der Rechnungshof ist mit seinen vorhandenen Mitteln immer sparsam umgegangen. Er hat dadurch Rücklagen von 6 Millionen € gebildet. Mit diesen Rücklagen konnte diese Gesamtlast von 7,6 Millionen € reduziert werden, es bleiben aber noch 3 Millionen € – um es genau zu sagen: 3 046 000 € – übrig, die der Rechnungshof jetzt nicht mehr zur Verfügung hat. Das heißt, dass er seiner Kontrolltätigkeit nicht mehr in diesem Umfang wird nachkommen können, denn es werden 30 Planstellen dadurch eingespart werden müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Da frage ich mich schon – und vor allem die verantwortlichen Abgeordneten der Regierungsparteien –, wie sie es mit der Demokratie und mit den Kontrollrechten in diesem Hohen Haus halten. (Beifall beim BZÖ, bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Zanger.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 218

Bei den Inseraten sitzt das Geld ja sehr locker, und allein die Mittel für die Öffent­lichkeitsarbeit bei den ÖBB machen mehr aus als das Gesamtbudget des Rechnungs­hofes, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das möchte ich hier auch noch explizit erwähnen.

Ich darf Sie ersuchen, diese Sache, die da nun geschehen ist, für die nächsten Budgets wirklich zu überdenken, denn so kann es nicht sein, dass Sie von den Regie­rungsparteien das Parlament, den Rechnungshof in seiner Kontrolltätigkeit beschnei­den und einschränken, denn dann können wir wirklich sagen: Gute Nacht, Parlament! – Nicht nur angesichts der vorgeschrittenen Zeit, sondern aufgrund Ihrer verfehlten Politik. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

20.08


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.09.08

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Tätigkeitsbericht ist wahrlich eine schöne, eine imposante Darstellung der Leistungen des Rechnungshofes. Ich verzichte jetzt auf die Darstellung der einzelnen Zahlen, aber es ist trotzdem spannend, was geschehen ist.

Eine Frage habe ich noch an Sie, Herr Rechnungshofpräsident: Sie haben bei 801 Empfehlungen nachgefragt, bei 795 hat es Antworten gegeben, bei sechs nicht. Wer war das? Wer hat auf die Nachfrage nicht geantwortet?

Und ein Zweites: Wie lange wird eigentlich nachgefragt und Follow-up-geprüft? Bis alles so weit erledigt ist? Oder gibt es da eine Grenze?

Das offensichtlich „liebste Kind“ in Rechnungshof-Diskussionen ist die Gemeinde­prüfung, die jetzt für 78 Gemeinden, glaube ich, möglich ist. Ich persönlich war immer ein Befürworter der Prüfung aller Gemeinden, aber unter der Voraussetzung, dass andere Prüfinstanzen eingespart werden. Aber es wurde keine einzige eingespart, und das ist ein kleiner Vorwurf auch an den Rechnungshof, der gefordert wäre, Vorschläge zu machen, damit wir die anderen Instanzen, die anderen Prüfinstanzen auch ein­sparen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) – Ja, er soll einen Vorschlag machen! Er hat ja andere Vorschläge auch gemacht. Auf jeden Fall gehören die anderen einge­spart. (Abg. Mag. Kogler:  Gemeindeaufsicht!) – Ja, die Gemeindeaufsicht zum Beispiel, die gibt es nach wie vor. (Abg. Mag. Kogler: Ist ja ein Hort !)

Apropos Gemeindeaufsicht: Der Rechnungshof wird natürlich seine Kompetenzen völlig überfordern, wenn es so geht, wie ich der „Presse“ entnehme, dass einzelne Gemeinderäte sich an den Rechnungshof wenden, um dort eine Expertise einzu­holen – in diesem Fall war es ein FPÖ-Gemeinderat aus Zeltweg. Das geht nicht, dass einzelne Gemeinderäte sich an den Rechnungshof wenden. Dann ist er absolut überfordert, und es ist auch nicht im Sinne des Gesetzes, dass eine solche Prüfung im Vorhinein erfolgt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.11


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 3 Minuten Redezeit. – Bitt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 219

e.

 


20.11.38

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Werte Präsidenten! Hohes Haus! Wir diskutieren hier den Tätigkeitsbericht. Er bietet uns immer eine komprimierte Zusam­menfassung, einen Überblick, Gegenüberstellungen mit der Tätigkeit im vergangenen Jahr. Die Zahl der umgesetzten Empfehlungen – ihr Anteil beträgt 80 Prozent – zeigt ein eindeutiges Ergebnis, nämlich dass die Arbeit der Verwaltung und die Arbeit des Rechnungshofes sozusagen Hand in Hand gehen.

Kollege Gaßner hat es vorher angesprochen: Es gibt einen Bericht in der Zeitung „Die Presse“ vom 17. März, wonach ein FPÖ-Gemeinderat in Zeltweg darauf verweist, dass er eine Stellungnahme des Rechnungshofes hätte und dass eine von ihm veranlasste Prüfung eines Finanzierungsmodells in der Gemeinde zu einer abschlägigen Stellungnahme des Rechnungshofes geführt habe.

Heute hat Kollege Zanger in einer Presseaussendung festgestellt, dass er diese Prüfung oder diese Darstellung in Auftrag gegeben habe. Die Recherche zu dem Thema hat ergeben, dass sich auch Bürgerinnen und Bürger an den Rechnungshof wenden und dieser dann tätig wird. Leider werden all diese Tätigkeiten und Maß­nahmen nicht transparent gemacht und auch nicht dargestellt.

Im Sinne einer besseren Darstellung, einer höheren Transparenz, einer Seriosität und einer Verbreiterung der Seriosität des Rechnungshofes wäre in die Richtung anzu­setzen, dass man nicht auf Anfragen von Gemeinderäten vonseiten der FPÖ tätig wird, sondern sich am Rahmen des Gesetzes orientiert. (Beifall bei der SPÖ.)

20.13


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Moser. – Bitte.

 


20.13.23

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Es steht nunmehr der Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes auf der Tagesordnung. Das heißt, es ist Resümee zu ziehen über ein Jahr Rechnungs­hoftätigkeit. Und ich möchte mich in diesem Zusammenhang bei Ihnen allen sehr herzlich bedanken für die ausgezeichnete Zusammenarbeit beziehungsweise auch – was auch heute im Rahmen der Debatte zum Ausdruck gebracht wurde – für die Anerkennung der Leistungen.

Der Tätigkeitsbericht 2011 zeigt, dass der Rechnungshof auch in diesem Jahr seinen Output erhöht hat, das heißt die Wirkung und Leistungen weiter gesteigert hat. Im Jahr 2011 wurden allein an den Bund 13 Berichte mit 68 Berichtsbeiträgen, an die Länder 68 Berichte mit 74 Berichtsbeiträgen, an die Gemeinden und Gemeinde­ver­bände – es wurde kurz angesprochen – 47 Berichte mit 13 Berichtsbeiträgen übermit­telt.

Gleichzeitig ist der Rechnungshof auch seiner Rolle als Bund-Länder-Organ nach­gekommen: Er hat 27 Querschnittsprüfungen durchgeführt; mit dem Ansatz, die Aufgabenerfüllung zu vergleichen, Best Practices aufzuzeigen beziehungsweise Bench­marks zu erarbeiten.

Herr Abgeordneter Gaßner hat auch das Nachfrageverfahren angesprochen, das der Rechnungshof durchführt. Dabei wird, wenn ein Bericht veröffentlicht wird  beispiels­weise im Jahr 2011 , im Jahr 2012 nachgefragt, ob die Empfehlungen umgesetzt worden sind; und ein Jahr später wird eine Follow-up-Überprüfung durchgeführt und das kontrolliert. Das ist der Weg zur Wirksamkeitskontrolle.

In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass der Rechnungshof im Rahmen der Nachfrage bei den geprüften Stellen 1 755 Empfehlungen nachgefragt hat, die im Jahr 2010 vom Rechnungshof gegeben worden sind. Und diese Nachfrage hat gezeigt – auch das wurde bereits erwähnt –, dass die Prüfungen des Rechnungshofes Wirkungen erzeugen. Insgesamt werden mit 81,8 Prozent der Empfehlungen Wirkun­gen erzielt, davon der Bund 81,4 Prozent, von den Ländern 82 Prozent und von den Gemeinden 83 Prozent.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 220

Wenn man sich in diesem Zusammenhang jenen Bericht ansieht, der heute behandelt worden ist, den Bund 2010/4, so möchte ich erwähnen, dass auch dieser Bericht das wiedergibt. Wenn man sich die Berichte Reisegebührenvorschrift, Statistik Austria, Botschaft Budapest anschaut, so hat sich gezeigt, dass Empfehlungen umgesetzt werden. Auch die Prüfung IT-Projekt Personalmanagement-NEU zeigt, dass von acht Empfehlungen acht umgesetzt worden sind.

Handlungsbedarf besteht aber, bei den von diesem Bericht erfassten Bereichen, nach wie vor etwa bei der Finanzprokuratur.

Die Prüfung des Assistenzeinsatzes – auch das wurde angesprochen – ist ein gutes Beispiel dafür, dass meistens, wenn es Kritik an den Prüfungen des Rechnungshofes gibt, in der Folge jedoch den Empfehlungen des Rechnungshofes sehr wohl in großem Umfang Rechnung getragen wird. Das hat sich beim Bericht betreffend den Assistenz­einsatz gezeigt, wo eben nach anfänglicher Kritik die Empfehlungen des Rechnungs­hofes umgesetzt wurden und sich auch die Vertreter des Landesverteidigungsressorts, sich auf den Rechnungshofbericht stützend, dafür ausgesprochen haben, den Assistenzeinsatz auslaufen zu lassen.

Leider – auch das ist zu erwähnen – werden trotz dieses sehr hohen Umsetzungs­standes gerade in jenen Bereichen – das wurde von den Abgeordneten auch angesprochen –, wo Systemänderungen, Kompetenzänderungen oder das Zusam­men­wirken von mehreren Beteiligten erforderlich sind, die Empfehlungen nicht umgesetzt. Aber gerade deren Umsetzung wäre notwendig, um die finanzielle Nach­haltigkeit sicherzustellen.

Der Rechnungshof zeigt mit diesem Tätigkeitsbericht auch Themen auf, die von wesentlicher Bedeutung sind. Er wirft Fragen auf wie jene, wie es mit der Transparenz von Managerverträgen aussieht: Das haben Sie heute im Rahmen der Debatte auch angesprochen. Ich möchte nur darauf hinweisen: 90 Prozent der öffentlichen Unterneh­mun­gen veröffentlichen die Managerbezüge nicht, obwohl der OECD-, und auch der Österreichische Corporate Governance-Kodex empfehlen würden, gerade im Hinblick auf Transparenz, im Hinblick auf Rechenschaftspflicht, diese Bezüge zu veröffent­lichen.

Darüber hinaus geht dieser Tätigkeitsbericht auch auf die Frage Transparenz durch öffentliche Finanzkontrolle – Parteiengesetz, Unvereinbarkeitsgesetz, Korruptionsprä­vention –, wo der Rechnungshof eine quasi notarielle Funktion hat, aber nicht prüfen kann, ein.

Er behandelt das Thema zeitnahes Prüfen statt begleitender Kontrolle. Er behandelt das Thema Europäischer Stabilitätsmechanismus, wo aufgezeigt wurde, dass die Kontrollmechanismen für den ESM nicht ausreichend waren. Mittlerweile wurden da – nicht zuletzt auch auf Initiative der Rechnungshöfe Europas – Maßnahmen gesetzt.

Der Bericht zeigt auch auf, dass der Rechnungshof international ein Player ist, indem der Rechnungshof als Generalsekretariat eine Initiative gestartet hat, die dazu geführt hat, dass im Dezember des vorigen Jahres die UNO-Generalversammlung – aus­gehend von Österreich, mit massiver Unterstützung auch des Außenamtes – eine Resolution angenommen hat, die in Zukunft auch die Kontrolle weltweit stärken wird.

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen – weil das im Rechnungs­hofaus­schuss vom Abgeordneten Kogler angesprochen wurde –, dass im Bereich der Veröf­fentlichung von Prüfungen der gesetzlichen beruflichen Vertretungen ein Berichts­verfahren existiert, das nicht ausreichend transparent ist. Es wäre zweckmäßig, in diesen Verfahren im Bereich der gesetzlichen beruflichen Vertretungen die Berichts­verfahrensregelungen zu vereinheitlichen.


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Der Rechnungshof wird seinen Beitrag leisten, indem er, nachdem vom Vorsitzenden des gesetzgebenden Organs der gesetzlichen beruflichen Vertretung der Bericht veröf­fentlicht wurde, diesen Bericht auf der Website des Rechnungshofes zum Download bereitstellt. Die entsprechende Information am Tag der Bereitstellung wird auch an Sie ergehen.

Im Bereich der Gemeinden – das wurde auch von den Abgeordneten angesprochen – führt der Rechnungshof derzeit eine Querschnittsprüfung unter Einbeziehung von acht Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern durch. Das Ergebnis wird im Herbst 2012 vorliegen.

Darüber hinaus hat der Rechnungshof auf Basis öffentlich zugänglicher Daten ein Gemeinde-Monitoring für alle Gemeinden Österreichs entwickelt. Dieses beinhaltet acht thematische Schwerpunkte, wie zum Beispiel Risikopotenzial, Schulden/Haf­tun­gen, finanzielle Situation der Gemeinden, Transferintensität oder auch den Verwal­tungs­aufwand. Das Ergebnis dieses Monitorings bewertet die Gemeinden in einem Benchmark-Vergleich im Hinblick auf ihre Bedeutung.

Der Rechnungshof stellt natürlich – auch das wurde angekündigt – entsprechend seinem Beratungsansatz diese Informationen sämtlichen Gemeinden kostenlos zur Verfügung. Ein diesbezüglicher Termin, betreffend die Bekanntgabe, wurde auch mit dem Gemeindebundpräsidenten Mödlhammer bereits vereinbart.

Der Rechnungshof setzt damit auch seine Tradition fort, nämlich sein Know-how beratend einzubringen. In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen, dass der Rechnungshof bei der Erstellung der neuen Richtlinie für Finanzgeschäfte der Gemeinden mitgewirkt hat und auch dort sein Know-how eingebracht hat.

Der Rechnungshof hat auch in mehreren Prüfungen – zum Beispiel Besteuerung der Gemeinden in Bezug auf den Finanzausgleich, Fiskalpolitik, Haushaltsstruktur der Länder – darauf hingewiesen, dass das derzeitige Rechnungswesen der Gebiets­körper­schaften nicht ausreicht, um die wahre finanzielle Lage der Gebietskörper­schaften darzustellen. Die tatsächlichen Schulden weichen massiv von den im Rechnungswesen und nach ESVG ausgewiesenen Schulden ab. Ein kurzes Beispiel: Die Gemeinden weisen Maastricht-Schulden von 7,9 Milliarden € aus. Die Schulden laut Rechnungsabschlüssen sind 11,7 Milliarden €. Dazu kommen noch unbekannte Schulden, die in ausgelagerten Rechtsträgern gelagert sind. Das kamerale Rech­nungs­wesen, nämlich das Cash Accounting, führt dazu, dass Geldflüsse aus Vermö­gens­veräußerungen erfasst werden, die Vermögensverminderung hingegen nicht erfasst wird. Aus dem Grund gibt es eben immer wieder Finanzierungsmodelle im Bereich der Gemeinden, die die Transparenz beeinträchtigen. Im Februar 2012 wurde der Rechnungshof von einem Rechnungshofsprecher dieses Hauses – nicht von Gemeindemandataren, sondern von einem Rechnungshofsprecher dieses Hauses – auf ein Modell der Finanzierung öffentlicher Körperschaften aufmerksam gemacht und mit der Frage konfrontiert, ob der Rechnungshof diesbezüglich schon Erkenntnisse und Einschätzungen habe und dass Zeltweg keinen Einzelfall darstelle. Der Rechnungshof hat gemäß seinem Beratungsansatz dieses Modell auf Basis seiner Prüfungs­feststellungen unter Bedachtnahme auf die Notwendigkeit der nachhaltigen Sicherung der Finanzen der Gemeinden einer Erstbegutachtung unterzogen. Dabei ist zu erwähnen, Frau Abgeordnete Lapp, dass dieses Modell unter anderem vom ehema­ligen Kabinettschef von Bundesminister Schmid beziehungsweise vom ehemaligen Kabinettschef von der Frau Bundesminister Forstinger vertrieben und promotet wird. Mit diesem Hinweis soll man sehen, wer unter anderen hinter diesen Modellen steht beziehungsweise sein Interesse daran hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 222

Unter Hinweis auf ESVG-Abgrenzungen, dass Schulden verlagert werden, Belastun­gen in die Zukunft verschoben werden, dass die Zielsetzung des Stabilitätspaktes hinsichtlich der Festlegung von Haftungsobergrenzen unterlaufen und gleichzeitig auch der wirtschaftliche Nutzen im Hinblick auf die Zinsen äußerst kritisch zu beurteilen ist, wurde vom Rechnungshof die Gemeindeaufsicht Steiermark befasst und ersucht, eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben.

Eine Kopie dieses Schreibens ist auch an den Bürgermeister der Gemeinde Zeltweg und an den Rechnungshofsprecher dieses Hauses gegangen, der sich bezüglich dieses Modells mit dem Ersuchen um Auskunftserteilung an den Rechnungshof gewandt hat. Der Rechnungshof sieht es als seine verfassungsmäßige Verantwortung an, auf Basis seiner Prüfungsfeststellungen einen Beitrag zur nachhaltigen Sanierung des Staatshaushaltes aller Gebietskörperschaften, insbesondere zur Transparenz und Rechenschaftspflicht zu leisten und vor diesem Hintergrund auch die Gebietskörper­schaften zu beraten. Ein Aufgabenverständnis, wie ich aus Gesprächen mit Ihnen weiß, dem von Ihnen allen zugestimmt wird beziehungsweise das auch von Ihnen allen getragen wird.

In dem Zusammenhang, nachdem die Frau Präsidentin Prammer gerade hier ist, möchte ich auch erwähnen, dass der Rechnungshof derzeit gerade eine Prüfung betreffend die abgeschlossene Vorbereitungsphase des Parlamentsumbaus durch­führt. Gleichzeitig wurde auch vereinbart, dass im Jahr 2014 nach Vorliegen der fertiggestellten Vorentwurfsplanungen eine Zweitprüfung durchgeführt wird. Auch damit zeigt der Rechnungshof, dass er im Einklang mit internationalen Standards die Mög­lich­keit des zeitnahen Prüfens aufgreift und gleichzeitig auch seine Verantwortung wahrnimmt.

Der Rechnungshof hat daher gezeigt, dass er bei geringerem Input seine Wirkungen und Leistungen massiv steigern konnte. Dies war nur durch die Mitarbeit und Unter­stützung beziehungsweise insbesondere die hervorragenden Leistungen der Mitar­beiterin­nen und Mitarbeiter des Rechnungshofes möglich, wofür ich mich auch an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanke. (Allgemeiner Beifall.)

Der Rechnungshof hat auch in den letzten Jahren antizyklisch agiert und alles unter­nommen, um Reserven zu bilden, damit er auch zukünftig die Aufgabenwahr­nehmung bei geringer werdenden Mitteln sicherstellen kann. Durch Rationalisierungen, gleich­zeitig auch durch Redimensionierung und zeitliche Verzögerung von Projekten war es daher möglich, bis zum 31. Dezember 2011 6,4 Millionen € an Rücklagen anzusparen, sodass der Rechnungshof unter anderem auch die Baukostenrestzahlung an die BIG davon leisten kann.

Durch die Organisationsreform, Clusterung der Prüfungsagenden und gleichzeitig Reduktion der internen Leistungen war es möglich, die Planstellen von 345 Planstellen im Jahr 2004 auf 326 Planstellen im Jahr 2012 zu kürzen. Der Personalaufwand – und ich glaube, das ist einzigartig – des Rechnungshofes stieg vom Jahr 2009 bis 2011 um 263 000 €. Verglichen mit den Obersten Organen wies der Rechnungshof bis zum Jahr 2011 die geringsten Ausgabensteigerungen oder Ausgabenzuwächse aus. Des­sen ungeachtet ist es dem Rechnungshof bewusst, dass er seine Verantwortung wahrnimmt, und deshalb hat er auch zugestimmt, dass seine Planstellen weiter redu­ziert werden, und zwar von 326 Planstellen auf 322 Planstellen im Jahr 2014.

Der Rechnungshof ist gerne bereit, auch seinen Beitrag zu dem gestern beschlos­senen Pakt zu leisten und in seinem Bereich auch weitere Maßnahmen zu setzen.

Das vom Ministerrat beschlossene Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 sieht für den Rechnungshof aber keine Budgetsteigerung, sondern unter Berücksichtigung der Mehrkosten aus den Dienstgeberbeiträgen eine weitere tatsächliche Budgetkürzung in


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der Höhe von 7 664 000 € vor. Aufgrund des vorausschauenden, äußerst sparsamen Umganges mit dem Budget in den letzten Jahren kann der Rechnungshof von der beabsichtigten Konsolidierung einen finanziellen Beitrag von mehr als 4,6 Millionen € aus Eigenem leisten. Es ist ihm jedoch nicht möglich, die volle Budgetkürzung, insbesondere in den Jahren 2015 und 2016, zu tragen und gleichzeitig die verfassungsmäßig vorgesehenen Aufgaben voll wahrzunehmen.

Als Rechnungshofpräsident ist es meine Pflicht – auch wenn es jetzt schon etwas später ist –, Ihnen als Träger der Kontrollhoheit diese Zahlen und Fakten als Entscheidungsgrundlage im Rahmen der Beschlussfassung des Budgets zur Ver­fügung zu stellen. Es steht außer Streit, dass eine über den möglichen Beitrag des Rechnungshofes hinausgehende Budgetkürzung auch Auswirkungen auf die Kontrolle und damit auch Auswirkungen auf die von Ihnen wahrzunehmende Kontrollhoheit hat.

In diesem Zusammenhang danke ich allen Mitgliedern des Rechnungshofausschusses, die eine äußerst konstruktive Debatte zu diesem Thema geführt haben und die auch beabsichtigt haben, einen Abänderungsantrag einzubringen. Dieser Abänderungs­antrag hat aber leider gestern nicht die notwendige Unterstützung gefunden.

Dessen ungeachtet wird aber der Rechnungshof nunmehr im Rahmen der zur Verfügung stehenden begrenzten finanziellen Ressourcen alles unternehmen, so wie in der Vergangenheit, dass die Mittel optimal im Sinne der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden. – Ich danke nochmals für Ihre Zusammenarbeit. (Allgemeiner Beifall.)

20.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Zanger. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.26.57

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine Damen und Herren! Ein wichtiges Kapitel in dem vorliegenden Bericht, zu dem der Präsident jetzt ausführlich Stellung genommen hat und das hoffentlich für den einen oder die andere hier doch erhellend war – wie weit, werden wir noch sehen –, betrifft die Transparenz durch die öffentliche Finanzkontrolle, der ein sehr breiter Raum in diesem Bericht gewidmet ist. Problembereiche zeigt der Rechnungshof in zwei Punkten auf, die wir schon mehrmals moniert haben, zum einen in der fehlenden Prüfmöglichkeit bei Unternehmen unter 50 Prozent Beteiligung der öffentlichen Hand und zum anderen bei Gemeinden unter 10 000 Einwohnern.

Jetzt würden wir uns natürlich wünschen, um einen besseren Überblick über die öffentlichen Finanzen und mehr Transparenz zu gewinnen, dass diese Kompetenzen ausgeweitet werden. Allein durch den gestrigen Beschluss des Bundesfinanz­rahmen­gesetzes wurde der Rechnungshof in seinen Geldmitteln stark beschnitten, was wir entschieden bekämpft haben und – ich sage dazu, es ist nicht aller Tage Abend – auch noch weiter bekämpfen werden. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass der Rechnungshof jene finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt bekommt, die er für die Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Pflichten braucht und die ihm auch zugestanden werden sollen.

Angesichts dessen ist es aber umso notwendiger, auf die Gemeindeprüfungen ein bisschen einzugehen. Wir kennen das, gerade aus der Steiermark: Trieben, Fohnsdorf, Zeltweg, Pölfing-Brunn und jetzt möglicherweise, wenn nicht vernünftige Leute am Werken gewesen wären, wieder Zeltweg. Frau Kollegin Lapp, um hier einiges klar­zustellen: Dieses Projekt, das Sie hier kritisiert haben, dass es der Rechnungshof geprüft haben sollte, wurde mir von einem Gemeinderat nach Präsentation dieses


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Finanzierungsprojektes übermittelt. Ich war der Ansicht, dass ich mir das vielleicht ein bisschen anschauen könnte, weil ich ja doch aus dem Finanzierungsbereich komme, habe aber dann gesehen, dass es ein derart kompliziertes Konstrukt ist, sodass ich mir selber Hilfe gesucht habe. Und wohin wendet man sich, wenn man Hilfe sucht? In dem Fall an den Rechnungshof, weil ich gehofft habe, dass er mir hier aufgrund seiner Erfahrungen Beratung angedeihen lassen könnte.

Es ist schon bezeichnend, dass sich der Bürgermeister der Stadt Zeltweg erst danach, erst nachdem ich mich als Rechnungshofsprecher an den Präsidenten bezie­hungs­weise an den Rechnungshof gewandt habe, an den Rechnungshof gewandt hat. Eigentlich müsste man davon ausgehen, dass ein verantwortungsvoller Mandatar und Bürgermeister sich im Vorhinein über etwas informiert, was für seine Gemeinde vielleicht von weitreichender Tragweite ist. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Schick­hofer: Das ist eine Genehmigungspflicht der Aufsichtsbehörde!)

Herr Kollege Schickhofer, lassen Sie mich ausreden, ich bin noch nicht am Ende! Am Ende – ich schätze Sie für intelligent genug ein – werden Sie mich auch verstehen.

Also ich habe den Rechnungshof um Auskunft und Beratung ersucht und habe ein Schreiben zurückbekommen, das an die Gemeindeaufsicht gegangen ist, in dem der Rechnungshof die Gemeindeaufsicht um Stellungnahme zu diesem Finanzierungs­modell ersucht hat. Natürlich mit näheren Erklärungen, ich kann Ihnen diese gerne auch vorlesen oder ein paar daraus zitieren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es wäre auch für die Kollegen der ÖVP nicht das Schlechteste, wenn sie zuhören würden. Es sind nicht immer nur die roten Bürgermeister, die ab und zu in die Finanz­falle tappen, es seid auch ihr dabei. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum Beispiel wird hier ausgeführt, dass der mit dieser Finanzierungsform verbundene Vermögensverlust nicht beachtet wird. Das Jahresergebnis wird durch die Verein­nahmung des Kaufpreises und damit nur durch eine Einmalmaßnahme verbessert. Und bei einer 35-jährigen Laufzeit werden Verpflichtungen auf die nächste Generation verschoben.

Ich denke, dass es vollkommen richtig war, sich eine Beratung angedeihen zu lassen, allein schon im Sinne der Verpflichtung für die nächste Generation. (Beifall bei der FPÖ.)

Nachdem dieses Thema bereits im Ausschuss angesprochen worden ist und der Präsident im Ausschuss schon dazu Stellung genommen hat, hatte ich mir gedacht, die Frau Kollegin Lapp versteht das. Deswegen verwundert es mich umso mehr, dass ich heute in der „Kleinen Zeitung Online“ lesen muss: SPÖ kritisiert Auftragsarbeit des Rechnungshofs für FPÖ-Gemeinderäte. – Ich habe jetzt wohl ausführlich dargelegt, dass das keine Auftragsarbeit für FPÖ-Gemeinderäte war, sondern dass ich mich als Abgeordneter dieses Hauses im Dienste meines Volkes und für meine Gemeinderäte hier um eine Auskunft bemüht habe und diese Gott sei Dank auch erhalten habe. (Beifall bei der FPÖ.)

Und ich wundere mich schon, welcher Gesellschaft man hier vonseiten der SPÖ den Rücken deckt, einer Gesellschaft, von der man – Na ich weiß nicht, möglicherweise kann man sagen, die ziehen wie die Gemeindesamariter durch das Land und wollen nur das Beste für eine Gemeinde. Das glaube ich bei solchen Geschäftsleuten allerdings nicht. Frau Kollegin Lapp, wenn Sie sich hinter einen ehemaligen Kabinetts­chef eines freiheitlichen Ministers oder Landesrates stellen, so verwundert mich das auch.

Das Ganze bezieht sich auf den Herrn Berner, der sehr intensiv mit der Presse Kontakt aufgenommen hat, um sein Modell durchzusetzen. Allein auf Basis aller dieser Fakten,


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die wir heute wissen, werden wir vehement dagegen Sturm laufen, und ich bin froh, dass es in Zeltweg keine Zweidrittelmehrheit dafür geben wird.

Allerdings – ich sage Ihnen ein weiteres Beispiel – in Hart bei Graz, einer SPÖ-domi­nierten Gemeinde, wird ebenfalls dieses Projekt umgesetzt werden, so es die Gemeindeaufsicht nicht verhindert, worauf ich noch sehr hoffe. (Beifall bei der FPÖ.)

20.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lapp zu Wort gemeldet. – Ich verweise auf die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung und erteile Ihnen das Wort.

 


20.33.29

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Zanger hat vorher davon gesprochen, dass ich diesem windigen Modell, das in Zeltweg vorgestellt wurde, das Wort geredet hätte. – Sehr geehrter Herr Kollege Zanger, das war nicht der Fall!

Mir ist es um das Zustandekommen dieser Überprüfung oder dieser Stellungnahme, wie sie der FPÖ-Gemeinderat zitiert hat, gegangen. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Was berichtigen Sie da jetzt?) Das wollte ich klarstellen – und nicht für das Modell sprechen oder für sonst irgendetwas.

Ich denke mir, wir haben hier alle die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Rech­nungshof seinen gesetzlichen Aufgaben ordentlich nachkommen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zanger: So ist es! Das hat er auch getan!)

20.34


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. 5 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


20.34.31

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Meine Herren Präsidenten! Meine Damen und Herren! Man sieht anlässlich dieses Tätigkeitsberichtes, dass die Themen der öffentlichen Finanzkontrolle eine breite Palette darstellen. Auf das Allerletzte, Frau Vorrednerin Lapp, werden wir noch zurückkommen, denn wenn das die Begründung für Ihre tatsächliche Berichtigung war, dass sich der Rechnungshof um seine Aufgaben besser kümmern möge und das Ihre Initiative sei, dann fügt sich das ja ins Bild, wie dieses Haus, zuvorderst aber die Bundesregierung mit dem Rechnungshof umspringt. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Aber jetzt zu diesem Tätigkeitsbericht und zur Verwaltungsreform – diese Dinge sind ja alle angesprochen worden –, zur Rolle der Länder, zur Gemeindeaufsicht zunächst.

Herr Schickhofer, woher Sie den Optimismus nehmen, anlässlich der Vorlage eines Tätigkeitsberichts des Rechnungshofes hier zu appellieren, dass alle besser zusammenarbeiten mögen, würde ich gerne wissen. Das mag vielleicht sehr nett sein und vielleicht tatsächlich das Privileg des jungen Abgeordneten, als der Sie sich hier ausgegeben haben, aber es ist trotzdem – seien Sie mir nicht bös! – eine Spur naiv. Würden Sie nämlich – und das kann man ja nachholen, davor schützt ja die Jugend nicht – diese Berichte nachlesen, die der Rechnungshof immer vorlegt, dann würden Sie draufkommen, dass mit dem Appellieren an die gute Zusammenarbeit alleine nicht mehr viele Meter zu machen sind. Entweder wir gehen diese Verwaltungsreformen jetzt an oder nicht, und das hat sehr viel mit der Bund-Länder-Frage zu tun.

Anlässlich der gestrigen Vorlage eines Rechnungshofberichts zum Aktivitätsaufwand der Bundesländer war nicht nur festzustellen, dass die Sparziele nicht erreicht werden.


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So etwas kann ja passieren. Gerade in einer Zeit der Wirtschaftskrise wollen wir das nicht richten. Aber wir sollten zumindest dem Vorgang Beachtung schenken, dass ausgerechnet – bleiben wir nur in der Steiermark, weil schon etliche Rednerinnen und Redner aus der Steiermark hier gesprochen haben –, dass ausgerechnet die Steiermark dem Rechnungshof schnurstracks falsche Zahlen geliefert hat, überhaupt nur um seinen Befund zu tätigen, etwa in den Bereichen der Spitalsfinanzierung. Natürlich war das eh ein Leichtes, den Schwindel aufzudecken.

Das ist offensichtlich die Reformbereitschaft der Länder. Ausgerechnet das Bundes­land, wo sich die Proporzregierung dort selber den Titel „Reformpartnerschaft“ umge­hängt hat, hat zur Verschleierung der wirklichen Zahlen, weil nämlich eh die längste Zeit nichts weitergegangen ist, dem Rechnungshof falsche Zahlen geliefert, und zwar in nicht unbeträchtlicher Höhe. Wenn das der Umgang mit dem Rechnungshof ist, dann ist es wohl wieder einmal klar geworden, dass wir hier als Nationalrats­abgeordnete besonders wachsam sein sollten. Vielleicht möchten Sie Ihre Energie, Herr – immer noch – geschätzter Kollege Schickhofer, hinkünftig darauf richten, dass wir im Bund-Länder-Verhältnis wenigstens danach trachten, dass die Länder ehrliche Zahlen liefern. (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Aber offensichtlich sind Sie das ja gewohnt, dass hier geschummelt und getrickst wird – aber nicht mit uns im Rechnungshofausschuss und nicht mit dem Rechnungs­hof! Dafür darf man an der Stelle auch dankbar sein. Es war nur wirklich ein Beispiel dafür, wohin wir hier schauen müssen, dass da wirklich einmal etwas weitergeht.

Die Gemeindeaufsicht wurde auch von Ihnen wieder hier genannt, das ist ja mittlerweile seit zwei, drei Jahren ein beliebtes Thema, die Gemeindeprüfkompetenz durch den Rechnungshof. Die Verweigerung beider Regierungsfraktionen, aber angetrieben vor allem durch die ÖVP, dass der Bundesrechnungshof die Gemeinden prüfen kann, hat ja dazu geführt, so zu tun und zu sagen, dass wir die Verfassung so ändern, dass die Landesrechnungshöfe wenigstens die Gemeinden prüfen könnten, aller Größe, auch jene unter 10 000 Einwohner. Da brauchen wir in der Regel den Landesverfassungsgesetzgeber dazu. Wissen Sie, wie viele Landesverfassungs­gesetzgeber sich jetzt von den ach so reformbereiten Ländern dazu aufgeschwungen haben (Abg. Scheibner: Das gehört abgeschafft!), den Landesrechnungshöfen, die im Übrigen bei Weitem nicht das Gewicht auf die Waage bringen wie der Bundes­rechnungshof (Abg. Rädler: Geh, geh, geh!), dieses Recht einzuräumen? – Acht haben es nicht zusammengebracht, beim neunten muss man schauen, wie es zu ver­stehen ist, was man da vorhat.

Das ist die Reformbereitschaft in den Bundesländern. Das ist das Ergebnis Ihrer Übung, und deshalb wird es anlässlich dieses Tätigkeitsberichtes (Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Das finde ich wieder interessant, dass ausgerechnet ein Bürgermeister hereinplärrt bei der Gelegenheit. Das ist ja wieder typisch, typisch ÖVP, in dem Fall Niederösterreich: mauern, betonieren, bremsen, blockieren, gerade dann, wenn es um die Rechnungshofkontrolle geht. (Beifall bei den Grünen. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Welches Verhältnis zum Rechnungshof das Land Niederösterreich entwickelt hat, das wissen wir ohnehin. Wir sind nämlich jetzt auch hier herausgekommen, um genau bei diesem Tagesordnungspunkt auch die ... (Zwischenruf der Abg. Tamandl.) – Frau Kolle­gin Tamandl, Sie sind ja sonst so eine besonnene und vernünftige Frau, jetzt lassen Sie sich nicht von Ihrem Sitznachbarn anstecken, der nun wirklich keine Kompetenz in dieser Frage hat! (Heiterkeit.)

Aber Interessen – Interessen der Vertuschung, die genau dort beheimatet sind, wo Sie sitzen. Auf den Bürgermeistersesseln von niederösterreichischen Gemeinden ist das


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besonders ausgeprägt. (Abg. Kößl: Weißt du, was du redest?) Das ist aber eh kein Wunder bei dem Klima und bei der Stimmung, die in diesem Bundesland herrschen.

Wir haben uns im Rechnungshofausschuss anlässlich dieses Berichtes auch dem zugewandt, wie mit dem Rechnungshof umgesprungen wird und wer ihn überhaupt verteidigt, wenn es darauf ankommt. Ob es die Salzburger Festspiele sind: Was da Abenteuerliches an den Rechnungshof adressiert wurde, das können Sie ja nachlesen. Ich erspare uns das jetzt.

Die Frage ist immer, wer sich dann hinstellt und sagt, wie die Sache wirklich ist. Das sollten mehrere von Ihnen tun, und nicht hier schon wieder in den Schreireflex von Regierungsabgeordneten verfallen. Zwischendurch gibt es ja einzelne Lichtblicke wie die Frau Kollegin Schittenhelm, aber das wird gleich wieder alles von mindestens zwei anderen Schwarzen per Zwischenruf zunichtegemacht, und lautstark.

Gehen Sie lieber in sich! Und der Anlasspunkt waren ja die Gemeindeaufsicht und die Gemeindeprüfung. Wenn dann ausgerechnet die SPÖ wieder sagt, die Gemeinde­aufsicht wird das schon alles richten, wissen Sie, was?! Es ist bei diesem Befund geblieben, es ist dabei geblieben: Die Gemeindeaufsicht ist entweder heillos überfor­dert, und zweitens, weil sie das ist, oft genug noch zum Mittäter von den Gemeinden geworden, die alle möglichen Fehler gemacht haben. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Jetzt gebe ich aber dem Kollegen Gaßner recht: Das muss reformiert werden, denn es hilft ja auch nichts, eine vierte oder fünfte Kontrollbehörde drüber zu setzen; das sehe ich auch so. Auch das haben wir uns anlässlich dieser Reformbemühungen vorgenommen. Aber da passiert ja auch nichts. Jetzt sind wir schon wieder dort, wo nichts passiert. Die Länder sind zuständig für die Gemeindeaufsicht. Die sind ja nicht einmal willens – ob sie in der Lage sind, weiß ich nicht, es ist aber noch gar nicht so weit, die sind nämlich nicht einmal willens, die Gemeindeprüfung endlich effizienter zu gestalten.

Und siehe da, in der Steiermark gibt es ja auch ein massives Interesse von den Herren Voves und Schützenhöfer, die jetzt praktisch vor lauter Reformeifer keinen Stein auf dem anderen lassen. Nur: Dort, wo wirklich umgebaut gehört, dort passiert nichts, nämlich bei einer effizienten Kontrolle, die sehr viel Unglück prophylaktisch verhindern würde. Da geschieht genau nichts! Da gilt der alte Proporz: Deck ich meine, deck ich deine. Das ist dort die Ansage: Vertuschungspartnerschaft, und nicht Reformpartner­schaft.

Und das gehört genau hierher in den Nationalrat, weil wir hier anlässlich dieses Prüfberichts auch die Tätigkeiten des Bundesrechnungshofes zu betrachten haben, der ja selbst – er sagt es ja – dafür wirbt – und wir hier sind der zuständige Verfassungs­gesetzgeber –, dass diese Prüfkompetenzen ausgedehnt werden. Und das wäre ein Segen für das Land, keine Überforderung. Überfordert sind die anderen. Es ist doch wirklich unglaublich, dass die Mehrheit dieses Nationalrates hier sein Organ per Verwei­gerung dieses Gesetzesbeschlusses daran hindert, dass wir hier endlich effizienter vorankommen. Das ist doch ein Armutszeugnis! Wir werden aber nicht lockerlassen. (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Weil es auch dorthin führt, dem Ziel nach, das Sie ja immer apostrophieren: mehr sparen, mehr sparen, mehr Effizienz. All das würde dazu beitragen, all das. Aber Sie ver­hindern das. Und das ist ja auch die Unglaubwürdigkeit an diesen ganzen Sparpaketen, die hier laufen, wenn Sie das immer als große Reform verkaufen wollen. Es ist ja in den meisten Bereichen nicht so. Und da, wo Sie aufmachen können, tun Sie es nicht. Da brauchen wir ja nicht einmal die Landeshauptleute dazu.


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Mittlerweile, Herr Rechnungshofpräsident, ist es ja so weit, dass sich die Fraktionen hier im Haus offensichtlich schon vor den Bürgermeistern und vor dem Herrn Mödl­hammer, und wie sie alle heißen, fürchten, dort in den Proporzbünden von Gemein­debund und Städtebund. (Abg. Mag. Gaßner: Vor dem Mödlhammer fürchtet sich keiner!) Jener Mödlhammer, der sich noch schön die Inserate von der Kommunalkredit zahlen lässt, damit er wo runterlachen darf. Aber das werden wir noch separat aufdecken. Das sind die wirklichen Leuchten in der Republik. An denen müssen wir uns orientieren. Von dort kommt die Reform her. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Deshalb verweigern wir, weil der Herr Mödlhammer so einen Einfluss in dieser Republik hat, weil der Herr Mödlhammer in der Kommunalkredit als Aufsichtsrat mitgefuhrwerkt hat, der nie etwas gesehen hat. Seit zehn Jahren lehnt er dort umeinander, hat nichts weitergebracht, hat nur weggeschaut. Und uns richtet er aus, was wir zu tun haben, und Sie stimmen da noch mit ein! Das ist doch ein Armuts­zeugnis – und noch einmal, und noch ein Armutszeugnis. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

So wollen Sie die Republik am nächsten Tag nach dem Sparpaket reformieren? Am gleichen Tag, an dem Sie die Arbeit des Untersuchungsausschusses schon wieder mit Ihrer Mehrheit behindern? Es passt doch alles ins Bild – und das heißt Stillstand, Verwei­gerung, bremsen, betonieren und blockieren. Das müssen wir aufbrechen. Und Sie werden es auch früher oder später, es gibt ja genug Leute bei Ihnen, die das ohnehin schon längst so sehen, sie setzen sich nur nicht ganz durch.

Genauso wird es sein, wenn es darum gehen wird, dass wir die Kürzungen beim Rechnungshof wieder zurücknehmen, die Sie ja indirekt vorgenommen haben, weil Sie die Arbeit des Rechnungshofes behindern wollen. Aber darauf wird gleich zu kommen sein.

Ein weiterer kurzer Punkt ist die Kammerprüfung. Auch da ist der Gesetzgeber gefordert. Die Beispiele aus der Steiermark sind sehr beliebt. Die Wirtschaftskammer Steiermark hat alle möglichen Verfehlungen begangen – ein paar sind ja dann sogar publik geworden –, der Rechnungshof hat in seinem Bericht schon vor dem Auffliegen der Skandale darauf hingewiesen, wo dort die Schwachstellen sind.

Wissen Sie, wie das Publizitätswesen der Rechnungshofberichte in den Kammern ausschaut, und wer das zu verantworten hat? – Sie hier, wir hier, die Mehrheit hier in diesem Haus, weil nämlich die Kammerprüfungen einem ganz eigenen Rechtsmodus folgen, der per Gesetz festgelegt wird. Dort ist es nämlich so, dass sich die Kammer, die führenden Kammerorgane selber aussuchen können, wie das publiziert wird. Und wie das ausschaut, das können Sie sich vorstellen.

Es gibt auch nicht das Verfahren, das wir sonst haben: überprüfte Stelle, Rück­mel­dung, Rechnungshof, und dann wieder ein Bericht, wo das genau getrennt gekenn­zeichnet ist.

Wissen Sie, was die dort von der Wirtschaftskammer Steiermark publiziert haben, bis endlich auch Gott sei Dank dem Rechnungshof der Kragen geplatzt ist? – Das ist ein Bericht, wo die Wirtschaftskammer selbst ihre quasi Gegendarstellung schon hinein­geschrieben hat. Dagegen kann sich der Herr Präsident nicht einmal wehren. Solche Gesetze werden hier herinnen verabschiedet, nur um die Kammerprivilegien zu schützen, die aber quasi von den Zwangsmitgliedsbeiträgen leben. Die muss man ja ähnlich gut verwalten wie Steuergeld. An der Stelle schützen Sie aber die Misswirt­schaft in den Kammern. Die schützen Sie. Da kann der Herr Leitl 17 Reformen ausrufen.


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Schauen wir, wie es dort – nur in dieser einen Kammer – zugegangen ist! Und dann wird der Bericht veröffentlicht, wo der Leser  Es waren eh nicht viele, der Bericht ist nur gesickert, es hätten ihn eh nur zehn bekommen sollen. Aber selbst die zehn Freunde der ÖVP hätten in die Irre geführt werden sollen, weil nämlich der Bericht des Rechnungshofs verfälscht wurde, weil nämlich der Kammerpräsident selber hat rein­schreiben lassen, was die Gegendarstellung ist. Und am Schluss hat es sich so gelesen, als ob es der Rechnungshof selbst gewesen wäre. Das ist doch absurd! Das müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen. Widerlegen können Sie es auf keinen Fall, denn es ist die Wahrheit.

Wenn wir hier solche Gesetze machen und diese nicht reformieren, dann machen Sie sich mitschuldig an dem Zustand, dass so getan wird, als ob das ein korrekter Prüfungsablauf wäre, wie sonst auch, wenn so ein Bericht vom Rechnungshof kommt. Er ist es aber nicht, weil er ganz anderen Gesetzen genügt, die Sie zu verantworten haben, gegen die er sich nicht wehren kann. Das müssen wir ändern, und das werden wir auch ändern. Der Druck wird steigen. (Beifall bei den Grünen.)

Letztendlich hat der Präsident ja selber die ESM-Prüfung erwähnt, ich sage „ESM“ nur deshalb, weil das ja hier kein unheikles Vokabel ist. Die Insider wissen ja, dass das auch etwas mit dem Artikel 136 des Lissabon-Vertrags zu tun hat und dass Sie, wenn man diesen ändern will, hier im Haus bestimmte Mehrheiten brauchen.

Der Präsident hat es selber angesprochen. Im ersten Vertragsentwurf zum ESM – er ist ja dann ein Entwurf geblieben, er war zwar unterschrieben – war ja überhaupt nichts Brauchbares vorgesehen, was die externe Kontrolle dieser Milliardenverwendung dort betroffen hat. Mittlerweile gibt es im aktuellen Vertrag Verbesserungen. – Er ist ja schon teilweise paraphiert, soll ratifiziert werden. Ob wir uns einigen, werden wir ja sehen. – Dort ist es jetzt besser. Es gibt ein Board, das allerdings die Mehrheit der Prüfer dort nominiert, und es gibt zwei von den Rechnungshöfen, die dort vertreten sind.

Und jetzt sage ich Ihnen gleich eines: Wenn nicht gewährleistet ist, oder wenn nicht klar ist, dass diese Prüfer unabhängig prüfen und publizieren können, sondern den Gesetzen der Finanzminister, die das Board dort bilden, gehorchen müssen, dann werden wir mit dem Artikel 136 an der Stelle Schwierigkeiten bekommen, weil es nämlich klipp und klar sein muss, dass es, solange das Europäische Parlament keine Mitwirkungs- und Kontrollrechte hat, die nationalen Parlamente sein müssen.

Das ist nicht unsere primäre Variante. Aber wenn es so weit ist, dass 500-Milliarden-Pakete, möglicherweise in ein paar Tagen 1 000-Milliarden-Pakete, keine demo­kra­tische Rückkoppelung mehr haben, da hört sich der Spaß auf – bei aller Liebe zur Rettung! Es sind die Steuergelder der europäischen SteuerzahlerInnen. Und dieses Hohe Haus ist eines der ganz wenigen europäischen Parlamente, wo überhaupt die Möglichkeit besteht, dass man hingreifen kann. Ich lade Sie ein: Greifen Sie hin!

Es wird der europäischen Demokratie guttun, dass wenigstens in jenen Parlamenten, wo es noch irgendetwas zu reden gibt, etwas geredet wird. Aber dann müssen Sie auch einmal reden, und nicht immer nur die Mauer für diejenigen machen, die irgendwo irgendetwas verhandeln (Beifall bei den Grünen), von dem Sie am besten gar keine Ahnung haben, gar keine Ahnung haben wollen. Wollen! Sie wären natürlich intelligent genug dazu, aber bei manchen hat man ja wirklich den Eindruck, dass hier Aufnahme- und Annahmeverweigerung betrieben wird, damit weiter das Spiel betrieben werden kann, die Regierung regiert, und wir als Parlament danken ab. Dieses Spiel ist aber vorbei – immer dann zumindest, wenn es um Materien geht, bei denen die Opposition gebraucht wird.


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Und das ist halt jetzt wieder einmal der Fall. Deshalb wäre es sehr zweckdienlich, wenn Sie sich in anderen Bereichen auch ein bisschen kooperativer verhalten würden. (Abg. Wöginger: Jetzt ist aus! Ende!) Das sind alles Materien, die Sie hier drinnen finden. (Der Redner hält den Rechnungshofbericht in die Höhe.) Wenn Sie sich nur einmal die Tagesordnung durchlesen würden, wären Ihre Zwischenrufe vielleicht auch sachdienlicher, aber mit dem rechnen wir eh schon längst nicht mehr. (Präsident Dr. Graf gibt das Glockenzeichen.)

Die Parteienfinanzierung ist auch so ein Thema, das wir hier beschließen werden. Aber das ist ja auch schon wieder

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Kogler, bitte kommen Sie zum Schluss­satz! Die Gesamtredezeit Ihrer Fraktion ist zu Ende.

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Das ist offensichtlich die Selbst­beschneidung des Parlaments: Weil die beiden Klubobleute ja bei dem Entwurf nichts zusammengebracht haben, jetzt muss die Regierung ausrücken. – Wenn etwas Gescheites da ist, werden wir es machen.

Und das Beste am Schluss: Wir werden auch aufgrund all dieser Argumente nicht aufhören, dafür zu kämpfen, dass der Rechnungshof wieder die finanziellen Möglich­keiten bekommt, dass nicht zusätzlich 30 Leute eingespart werden müssen, weil nämlich jeder Beamte dort mehr bringt, als er kostet! Das gehört auch zu einem gescheiten Sparpaket. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

20.51

20.51.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich glaube, das war ein guter Schlusssatz.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-285 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

20.51.5521. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (614 St 3/10m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeord­neten zum Nationalrat Ing. Kurt Gartlehner (1735 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort ist niemand gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1735 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, GZ. 614 St 3/10m, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Kurt Gartlehner wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen den inkriminierten Handlungen und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Ing. Kurt Gartlehner besteht.“


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Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Antrag nähertreten wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

20.53.2622. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (614 St 3/10m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeord­neten zum Nationalrat Werner Amon, MBA (1736 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 22. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort ist niemand gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 1736 der Beilagen, Folgendes zu beschließen: 

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, GZ. 614 St 3/10m, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Werner Amon wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat Werner Amon besteht.“

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

20.54.47Einlauf

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1900/A(E) bis 1907/A(E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 11253/J bis 11301/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.55 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

20.55.17Schluss der Sitzung: 20.55 Uhr

 

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Parlamentsdirektion

1017 Wien