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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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132. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXV. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 15. Juni 2016

 

 


Stenographisches Protokoll

132. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXV. Gesetzgebungsperiode                      Mittwoch, 15. Juni 2016

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 15. Juni 2016: 9.05 – 22.17 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird

2. Punkt: Bericht über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2015

3. Punkt: Bericht über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2014–2015

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Vermessungsgesetz geändert wird

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten­Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungs­­gesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuer­gesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden

6. Punkt: Bericht über den Antrag 1518/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einführung einer längeren Variante des einkommens­abhängigen Kinderbetreuungsgeldes

7. Punkt: Bericht über den Antrag 154/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1684/A(E) der Abgeordneten Julian Schmid, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Generation Internet“

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vereinfachung der Verfahren zur Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen (Anerkennungs- und Bewertungsgesetz – AuBG) erlassen und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO) und der Vorbereitenden Kommission für


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die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO)

11. Punkt: Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Mongolei anderer­seits

12. Punkt: Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Kosovo zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung

13. Punkt: Bericht über den Antrag 1674/A(E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Rein­hold Lopatka, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Christoph Vavrik, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Bedeutung der Vereinten Nationen

14. Punkt: Bericht über den Antrag 1651/A(E) der Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Wahl von Staaten oder deren Vertre­tern beziehungsweise deren Angehörigen in internationale Gremien

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1721/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des Friedensprozesses in der Ukraine

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Inhalt

Nationalrat

Gedenkworte der Präsidentin Doris Bures für die Opfer des Terroranschlages in Orlando                   31

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 30

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Nikolas Scherak, Kolleginnen und Kollegen, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird, gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 28. Juni 2016 zu setzen – Ablehnung  61, 269

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 61

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 134

Aktuelle Stunde (37.)

Thema: „Sicherheit statt Asyl-Zahlentricksereien, Herr Bundeskanzler!“ ........... 31

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ..... 31

Bundeskanzler Mag. Christian Kern .................................................................... ..... 34

Mag. Andreas Schieder .......................................................................................... ..... 37

Werner Amon, MBA ................................................................................................ ..... 39

Mag. Gernot Darmann ............................................................................................ ..... 40


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Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ..... 42

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ..... 44

Ing. Robert Lugar .................................................................................................... ..... 45

Otto Pendl ................................................................................................................ ..... 47

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................. ..... 48

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 49

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ..... 51

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ..... 53

Martina Schenk ....................................................................................................... ..... 54

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 56

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ..... 56

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Mag. Christian Kern betreffend Enthebung des Bundesministers ohne Portefeuille Mag. Thomas Drozda vom Amte sowie Ernennung von Herrn Mag. Thomas Drozda zum Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien durch den Bundespräsidenten        ............................................................................................................................... 30

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 30

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 59

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betref­fend neuer Stil durch transparente, professionelle und objektive Stellenbesetzung hinsichtlich der Wahl des/der ORF-Generaldirektors/in sowie der Ernennung von Minister/innen und Verfassungsrichter/innen (1731/A)(E)              ............................................................................................................................. 134

Begründung: Mag. Dr. Matthias Strolz ...................................................................... 138

Bundeskanzler Mag. Christian Kern ........................................................................ 143

Debatte:

Mag. Nikolaus Alm .................................................................................................. ... 146

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ... 148

Johann Singer ......................................................................................................... ... 151

Wolfgang Zanger .................................................................................................... ... 153

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................................. ... 155

Ing. Waltraud Dietrich ................................................................................................ 157

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ....................................................................... ... 158

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 160

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ... 162

Heinz-Christian Strache ......................................................................................... ... 163

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ... 165

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 167

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 169

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 171

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 173

Sigrid Maurer ........................................................................................................... ... 174

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 176

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages (1731/A)(E) .......................... 178


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Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1122 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (1153 d.B.) .............................. 61

Redner/Rednerinnen:

Dr. Karlheinz Töchterle .......................................................................................... ..... 61

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ..... 62

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ..... 64

Sigrid Maurer ................................................................................................................ 65

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) ............................................................................ 68

Ulrike Weigerstorfer ............................................................................................... ..... 69

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ................................................................. ..... 71

Eva-Maria Himmelbauer, BSc ................................................................................ ..... 72

Philip Kucher ........................................................................................................... ..... 74

Rouven Ertlschweiger, MSc .................................................................................. ..... 74

Harry Buchmayr ........................................................................................................... 75

Ing. Manfred Hofinger .................................................................................................. 76

Katharina Kucharowits .......................................................................................... ..... 77

Elmar Mayer ............................................................................................................. ..... 77

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 78

Entschließungsantrag der Abgeordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Studienbeihilfe für Studierende im Vorstudienlehrgang – Ableh­nung .....................  67, 79

Annahme des Gesetzentwurfes in 1153 d.B. ................................................................. 79

2. Punkt: Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundes­minis­ters für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2015 (III-268/1179 d.B.) ................................................................................................................ 79

Redner/Rednerinnen:

Mag. Gerald Hauser ................................................................................................ ..... 79

Gabriel Obernosterer ............................................................................................. ..... 81

Rupert Doppler ....................................................................................................... ..... 83

Mag. Maximilian Unterrainer .................................................................................. ..... 83

Georg Willi ............................................................................................................... ..... 85

MMMag. Dr. Axel Kassegger ................................................................................. ..... 86

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ..... 90

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ..............................................................  93, 105

Nikolaus Prinz ......................................................................................................... ..... 96

Walter Bacher .......................................................................................................... ..... 97

Mag. Andreas Hanger ............................................................................................. ..... 97

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ..... 99

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 102

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 103

Jürgen Schabhüttl .................................................................................................. ... 104

Konrad Antoni ............................................................................................................ 106

Entschließungsantrag der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen – Rechtssicherheit für Gastgewerbebe­triebe und Nachbarn – Ablehnung .............  88, 107

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend Immissionsschwellenwerte in der Gewerbeordnung – Ableh­nung .......................  92, 107


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Qualitätspartnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe“ – Ablehnung          101, 107

Kenntnisnahme des Berichtes III-268 d.B. ................................................................... 107

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2014–2015 (III-266/1172 d.B.) .................................................................... 107

Redner/Rednerinnen:

MMMag. Dr. Axel Kassegger ............................................................................  107, 130

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 109

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 110

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 112

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 113

Mag. Birgit Schatz .................................................................................................. ... 115

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 117

Josef Schellhorn ..................................................................................................... ... 117

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ................................................................. ... 118

Peter Wurm .............................................................................................................. ... 121

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ... 123

Cornelia Ecker ......................................................................................................... ... 124

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 125

Mag. Gerald Loacker .............................................................................................. ... 126

Wolfgang Katzian ................................................................................................... ... 127

Walter Schopf .......................................................................................................... ... 128

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 129

Franz Kirchgatterer ................................................................................................ ... 131

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 132

Kenntnisnahme des Berichtes III-266 d.B. ................................................................... 133

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungsvorlage (1115 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Vermessungsgesetz geändert wird (1173 d.B.) ............. 133

Redner/Rednerinnen:

Mag. Josef Lettenbichler ........................................................................................ ... 133

Dr. Christoph Matznetter ....................................................................................... ... 179

Ing. Thomas Schellenbacher ................................................................................. ... 179

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 180

Dr. Kathrin Nachbaur ............................................................................................. ... 180

Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner ................................................................. ... 181

Annahme des Gesetzentwurfes in 1173 d.B. ............................................................... 182

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten­Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 6

das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (1154 d.B.) ........................................................................................ 182

6. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1518/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer längeren Variante des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes (1155 d.B.) ............................................................................ 182

7. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 154/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreu­ungsgeldes (1156 d.B.) ............................................................................ 183

Redner/Rednerinnen:

Anneliese Kitzmüller .............................................................................................. ... 183

Dipl.-Ing. Georg Strasser ....................................................................................... ... 186

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 187

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 191

Michael Pock ........................................................................................................... ... 193

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 196

Bundesministerin MMag. Dr. Sophie Karmasin .................................................. ... 201

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 202

Nikolaus Prinz ............................................................................................................ 205

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 206

Ulrike Königsberger-Ludwig ................................................................................. ... 206

Angela Fichtinger ................................................................................................... ... 207

Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA .................................................................... ... 208

Dr. Kathrin Nachbaur ............................................................................................. ... 209

Hermann Lipitsch ................................................................................................... ... 210

Barbara Rosenkranz .............................................................................................. ... 211

August Wöginger .................................................................................................... ... 214

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 215

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 216

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Keine Verschlechterungen für Familien und Alleiner­zie­hende durch die Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos! – Ablehnung ...........................................................................................  185, 217

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld-Reform – Ablehnung .......................................................  189, 217

Entschließungsantrag der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Schaffung eines Kinderbetreuungsgeld- und Karenzanspruchs ohne gemeinsamen Haushalt – Ablehnung                195, 218

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Valorisierung der Familienleistungen“ – Ableh­nung ...........................  198, 218

Entschließungsantrag der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbesserte Anrechnung der Pensionszeiten pro Kind für die Kindererziehungszeit“ – Ablehnung           199, 21


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 7

8

Annahme des Gesetzentwurfes in 1154 d.B. ............................................................... 217

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1155 und 1156 d.B. ........................... 218

8. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1684/A(E) der Abgeordneten Julian Schmid, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Gene­ration Internet“ (1157 d.B.) ...................... 218

Redner/Rednerinnen:

Asdin El Habbassi, BA .............................................................................................. 218

Katharina Kucharowits .............................................................................................. 220

Julian Schmid, BA ...................................................................................................... 221

Claudia Angela Gamon, MSc (WU) .......................................................................... 222

Leopold Steinbichler .............................................................................................. ... 223

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 224

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1157 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Generation Internet“ (E 153) ....................................................................................... 224

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (1084 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Verein­fachung der Verfahren zur Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungs­abschlüsse und Berufsqualifikationen (Anerkennungs- und Bewertungsgesetz – AuBG) erlassen und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird (1160 d.B.) .............. 225

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1112 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO) und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) (1162 d.B.) ..................................................................... 225

Redner/Rednerinnen:

Barbara Rosenkranz .............................................................................................. ... 225

Dr. Franz-Joseph Huainigg ................................................................................... ... 227

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 227

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 229

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 229

Dr. Nikolaus Scherak .............................................................................................. ... 231

Wendelin Mölzer ..................................................................................................... ... 232

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 233

Bundesminister Sebastian Kurz ........................................................................... ... 234

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 235

Elisabeth Hakel ....................................................................................................... ... 236

Gerhard Schmid ...................................................................................................... ... 236

Ing. Manfred Hofinger ............................................................................................ ... 237

Dr. Angelika Winzig ................................................................................................ ... 238

Fritz Grillitsch ......................................................................................................... ... 238

Annahme des Gesetzentwurfes in 1160 d.B. ............................................................... 239

Genehmigung des Staatsvertrages in 1162 d.B. ......................................................... 239

11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (1085 d.B.): Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Mongolei andererseits (1161 d.B.) ......................... 239

Redner/Rednerinnen:

Rouven Ertlschweiger, MSc ...................................................................................... 239

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ... 240


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 8

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ... 241

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 243

Dr. Harald Troch ..................................................................................................... ... 244

Ing. Robert Lugar ....................................................................................................... 245

Genehmigung des Staatsvertrages in 1161 d.B. ......................................................... 245

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (1148 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Kosovo zum Übereinkommen zur Befreiung auslän­discher öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (1163 d.B.) ... 245

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller ................................................................ ... 246

Hermann Krist ......................................................................................................... ... 246

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 247

Genehmigung des Staatsvertrages in 1163 d.B. ......................................................... 248

Gemeinsame Beratung über

13. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1674/A(E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedeu­tung der Vereinten Nationen (1164 d.B.) .......................... 248

14. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1651/A(E) der Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Wahl von Staaten oder deren Vertretern beziehungsweise deren Angehörigen in internationale Gremien (1166 d.B.) .............. 248

Redner/Rednerinnen:

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................... 248

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 250

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 251

Dr. Jessi Lintl .......................................................................................................... ... 252

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 253

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 256

Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich ............................................................................. ... 257

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................... ... 258

Dr. Andreas F. Karlsböck ...................................................................................... ... 259

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 261

Petra Bayr, MA ........................................................................................................ ... 262

Entschließungsantrag der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend stärkeres Engagement Österreichs im Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe – Ablehnung     255, 263

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1164 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Bedeutung der Vereinten Nationen (E 154) ................................................................. 263

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1166 d.B. hinsichtlich des Antra­ges 1651/A(E)               263

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1166 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend aktive Mitwirkung Österreichs bei der weltweiten Abschaf­fung der Todesstrafe (E 155) ..... 263


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 9

15. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den An­trag 1721/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des Friedensprozesses in der Ukraine (1165 d.B.) ...................................................... 263

Redner/Rednerinnen:

Mag. Andreas Hanger ................................................................................................ 263

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 264

Dr. Johannes Hübner ................................................................................................. 265

Tanja Windbüchler-Souschill ................................................................................ ... 266

Mag. Christoph Vavrik ............................................................................................ ... 267

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................ ... 268

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1165 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Stärkung des Friedensprozesses in der Ukraine (E 156) ............................................ 269

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 59

Petition betreffend „Aufnahme und Förderung von Elektroautos und Carsharing in die Straßenverkehrsordnung“ (Ordnungsnummer 78) (überreicht vom Abgeord­neten Michael Pock)

Bürgerinitiative ............................................................................................................. 59

Bürgerinitiative betreffend „Wahlfreiheit braucht Wahlmöglichkeit! Die Errichtung von Modellregionen ohne das Angebot von Sonderschulen oder Sonderschul­klassen darf nicht so weit reichen, dass das Recht der Betroffenen auf Wahlfrei­heit beschnitten wird“ (Ordnungsnummer 102)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 58

1150: Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz – GStG)

1151: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das EU-Polizei­ko­operationsgesetz und das Waffengebrauchsgesetz 1969 geändert werden (Prä­ventions-Novelle 2016)

1152: Bundesgesetz, mit dem das Haftungsgesetz-Kärnten erlassen und das Bundeshaftungsobergrenzengesetz, das ABBAG-Gesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden

1158: Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über das Verwaltungs- und Kontrollsystem in Österreich für die Durchführung der operationellen Programme im Rahmen des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und des Ziels „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“ für die Periode 2014–2020

1174: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2015/2365 über die Transparenz von Wertpapierfinan­zierungs­ge­schäften (SFT-Vollzugsgesetz) erlassen wird und das Finanzmarktauf­sichts­behördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investment­fonds Manager-Gesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorge­gesetz geändert werden


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 10

1175: Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgebührengesetz, die Fernmeldege­bührenordnung und das Fernmeldegebührengesetz geändert werden

1176: Bundesgesetz, mit dem das Fernsprechentgeltzuschussgesetz geändert wird

1177: Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert wird

1178: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Verpflichtung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche geregelt wird (Ausbil­dungspflichtgesetz) sowie das Arbeitsmarktservicegesetz, das Behindertenein­stel­lungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert wer­den (Jugendausbildungsgesetz)

Berichte ......................................................................................................................... 59

Vorlage 104 BA: Bericht gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 31. März 2016; BM f. Finanzen

Vorlage 105 BA: Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis April 2016; BM f. Finanzen

Vorlage 106 BA: Bericht über die wirkungsorientierte Folgenabschätzung 2015 gemäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm § 6 Wirkungscontrollingverordnung; Bundes­kanzler

III-269: Bericht Reihe Bund 2016/6; Rechnungshof

III-271: Bericht Reihe Bund 2016/7; Rechnungshof

III-272: Bericht betreffend den Jahresbericht 2015 der Parlamentarischen Bun­des­heerkommission für Beschwerdewesen und Stellungnahme des Bundes­ministers für Landesverteidigung und Sport; BM f. Landesverteidigung und Sport

III-273: Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2015; BM f. Kunst und Kultur, Verfassung und Medien

III-274: Berichte betreffend Umweltinvestitionen des Bundes 2015 sowie Öster­reichs JI-CDM-Programm 2015 einschließlich der Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belas­tungen; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-275: Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2016; BM f. Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-276: Nationaler Bildungsbericht Österreich 2015; BM f. Bildung und Frauen

III-277: Bericht über die Anwendung und die Erfahrungen mit dem „Prüm-like-Abkommen“ aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 29. Februar 2012, 232/E XXIV.GP; BM f. Inneres

III-278: Jahresbericht 2015 der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte; BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-279: Bericht gemäß § 12 Abs. 1 Ozongesetz, BGBl. Nr. 210/1992 i.d.g.F. (Ozonbericht 2012–2014); BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 11

III-280: Bericht gemäß § 23 Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 i.d.g.F. (IG-L-Bericht 2012–2014); BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-281: Fortschrittsbericht 2016 nach § 6 Klimaschutzgesetz; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG ................................................................ 60

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

Anträge der Abgeordneten

Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend neuer Stil durch transparente, professionelle und objektive Stellenbesetzung hinsichtlich der Wahl des/der ORF-Generaldirektors/in sowie der Ernennung von Minister_innen und Verfas­sungsrichter_innen (1731/A)(E)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend einer Reformierung des Univer­saldienstes (1732/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtssicherheit bei Selbstständigkeit im Rahmen von GPLA-Verfahren (1733/A)(E)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend sinnvolle rechtliche Rahmenbedingungen für Quads, ATVs und Side by Side-Fahrzeuge (1734/A)(E)

Mag. Michaela Steinacker, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 26/2016, geändert wird (1735/A)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Änderungen bei der Absetz­barkeit von Spenden“ (1736/A)(E)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1737/A)

Dr. Marcus Franz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Fusionierung der Sozialver­siche­rungsträger und Gesamtreform des öffentlichen Gesundheitssystems“ (1738/A)(E)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 44/2016, geändert wird (1739/A)

Johann Hell, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrliniengesetz geändert wird (1740/A)

Johann Hell, Andreas Ottenschläger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz geändert wird (1741/A)

Anfragen der Abgeordneten

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend „Glyphosat im Körper“ (9367/J)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderung Elektromobilität (9368/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 12

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderung der Elektromobilität (9369/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Folge deinem Herzen“ – Inserat des BMVIT in der „Krone“ am 15. Mai 2016 (9370/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Folge deinem Herzen“ – Inserat des BMVIT in der „Krone“ am 1. Mai 2016 (9371/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Folge deinem Herzen“ – Inserat des BMVIT in „Heute“ am 11. Mai 2016 (9372/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Folge deinem Herzen“ – Inserat des BMVIT in „Österreich“ am 11. Mai 2016 (9373/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Unterhaltsvorschüsse (9374/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Ungereimtheiten bei der Fußfessel-Ausschreibung“ (9375/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Dschihadisten-Razzia in Judenburg (9376/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Verhöhnung schwer kranker Frau durch medizinischen Gutachter (9377/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Abtreibungen (9378/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen (9379/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend „Neue Oberstufe“ (9380/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Salafistenaktion auf der Mariahilfer Straße (9381/J)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Ergebnisse der Arbeitsgruppen des Tierschutzrates (9382/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Gütesiegel/Gütezeichen und landwirtschaftliche Kontroll- und Beratungsstellen“ (9383/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Zuwendungen der Sozialversicherungsträger bei Dienstjubiläen (9384/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Zuwendungen der Sozialversicherungs­träger bei Dienstjubiläen (9385/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 13

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vandalismus gegen Wahlplakate (9386/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Registrierkasse für Vereine (9387/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Folgeanfrage zu „üblicher Umgang der Polizei mit Bürgern auf Anfragen zu Infor­mationsgesprächen“ (9388/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die erforderliche Evaluierung der Forschungsprämie (9389/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend der Verlauf der Zentralmatura (9390/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend die erforderliche Evaluierung der Forschungsprämie (9391/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Tierquäler wollte Hund in Fluss ertrinken lassen (9392/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend die Restrukturierungsmaßnahmen militärischer Ein­richtungen in Oberösterreich (9393/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Dritthöchste Inflation in der EU“ (9394/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Reservekapital gemeinnütziger Bauvereinigungen“ (9395/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Polizeidichte in Österreich (9396/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Links motivierter Vandalismus auf Wahlplakaten der FPÖ wird als Rechtsextremismus gewertet (9397/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuertransparenz (9398/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Polizeieinsätze im Umfeld von Asylheimen und Transitunterkünften in Österreich 2 (9399/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Entziehung der Gemeinnützigkeit der Sozialbau AG gemäß § 35 WGG (9400/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Wohnbau und Solvency II (9401/J)

Mag. Philipp Schrangl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Wohnbau und Solvency II (9402/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Versorgungsposten für Faymann und Fischer (9403/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 14

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Aufschlüsselung der Studienbei­hilfe (9404/J)

Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Tätlichkeiten in steirischer Volksschule (9405/J)

Ulrike Weigerstorfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „E-Mobilität“ (9406/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Inneres betreffend Abschiebungen im Monat April 2016 (9407/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Auswirkungen der Flüchtlingskrise: Statistischer Wochenüberblick über strafbare Handlungen von Asylwerbern, Asylberechtigten, subsidiär Schutzberech­tig­ten, etc.“ (9408/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Nachhaltige Schädigung Österreichs im Ausland durch den designierten Bundespräsidenten Dr. Alexander Van der Bellen sowie Bun­des­kanzler Mag. Christian Kern (9409/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend „Gefährliche Zuckerersatzstoffe“ (9410/J)

Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Arbeitserlaubnis für drittstaatsangehörige Hoch­schulabsolvent_innen (9411/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend vorläufiger Gebarungserfolg 2015 (Bericht gem. § 47 (2) BHG) (9412/J)

Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend OeNB Gewinne für das Geschäftsjahr 2015 und Ausschüttung 2016 an den Bund (9413/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Fertigstellung St. Gotthart-Basistunnel und Auswirkungen auf den Güterverkehr in Vorarlberg“ (9414/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend präsidentielle Herrschaft in der Arbeiter­kammer Tirol (9415/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Sozial- und Weiterbildungsfonds (9416/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Dürre und Klimawandel“ (9417/J)

Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Gefahr der Re-Monopolisierung der Telekommuni­kationsbranche (9418/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verzögerungen beim Baubeginn für die Umbau- und Sanierungsarbeiten in der AHS Rahlgasse (9419/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 15

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Verzögerungen beim Beginn der Umbau- und Erweiterungsmaß­nahmen in der AHS Rahlgasse 1060 Wien (9420/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Leistungsunterschiede bei Hilfsmitteln und Heilbehelfen (9421/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Mega-Glas­hausprojekt Frutura in der Gemeinde Bad Blumau (9422/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend industrielle Gemüse­produktion in Bad Blumau und Umwelt (9423/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Auswirkungen der Flüchtlingskrise: Statistischer Wochenüberblick über strafbare Handlungen von Asylwerbern, Asylberechtigten, subsidiär Schutzberech­tig­ten, etc.“ (9424/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend EU-Strategiepapier zum Aus­bau der Atomkraft in Europa (9425/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Überstellung von Häftlingen mit Staatsbürgerschaft eines Mitglieds­staates der EU (9426/J)

Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend die Überstellung von Häftlingen, welche nicht Staatsbürger eines Mitgliedsstaates der EU sind (9427/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend die Kosten der standardisierten Reifeprüfung (9428/J)

Dr. Jessi Lintl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend neues Hochhauskonzept STEP 2025 – Anschlag auf das UNESCO Weltkulturerbe „Wiener Innenstadt“ (9429/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Leistungsunterschiede bei Zahnersatz (9430/J)

Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend mutmaßlicher Überfluss an Dienstwagen bei den ÖBB (9431/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Leistungsunterschiede bei Impfprogrammen (9432/J)

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit betreffend Leistungsunterschiede bei Kieferregulierung (9433/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend „elga“ – Inserat des BMG in der „Krone“ am 30. Mai 2016 (9434/J)

Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inne­res betreffend Asylwerberunterbringung in der Marktgemeinde Sonntagsberg (9435/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 16

Carmen Schimanek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kinderbräute und Zwangsheirat (9436/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend die Auszahlung von pauschalem Kinderbetreuungs­geld bzw. der Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld (9437/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Vollziehung des Bundespräsidentenwahlgesetzes (9438/J)

Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Bedrohung österreichischer JournalistInnen in der Ukraine (9439/J)

Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend die Israelreise des Ministers anlässlich des 60-jährigen Bestehens diplomatischer Beziehungen (9440/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Löschung der BMF-Informationsseite zur Hypo Alpe Adria (9441/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend eine einheitliche Schulung für Wahlbeisitzer (9442/J)

Wendelin Mölzer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend das Projekt „Weiße Feder – Gemeinsam für Fairness und gegen Gewalt“ (9443/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Intransparenz bei der Verleihung des „Goldenen Doktordiploms“ (9444/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Konsulententätigkeit einer ÖVP-Parteigängerin (9445/J)

Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Bedeutung von Regionalbahnen in Österreich (9446/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Mietpreisentwicklung (9447/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auswirkungen durch die Vernichtung der „Griss-Protokolle“ (9448/J)

Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Rückruf: Gefährliche Bakterien in Wurst (9449/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Verschwendung von Wirtschaftskammergeldern (9450/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Verschwendung von Wirtschaftskammergeldern (9451/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verschwendung von Wirtschaftskammergeldern (9452/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 17

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Verschwendung von Wirtschaftskammergeldern (9453/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend „Nanoteilchen“ (9454/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Nanoteilchen“ (9455/J)

Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Nanoteilchen“ (9456/J)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Psychotherapie: Allgemeines Sozialversicherungsgesetz nicht umgesetzt – Mangelversorgung und PatientInnen-Ungleichbehandlung (9457/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Wirksamkeitsnachweis für Diesel­additive (9458/J)

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Auswirkungen der Flüchtlingskrise: Statistischer Wochenüberblick über strafbare Handlungen von Asylwerbern, Asylberechtigten, subsidiär Schutzberechtig­ten, etc.“ (9459/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung und Frauen betreffend Studien, die vom BMBF in Auftrag gegeben wurden (9460/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Studien, die vom BMG in Auftrag gegeben wurden (9461/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Studien, die vom BMASK in Auftrag gege­ben wurden (9462/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres betreffend Studien, die vom BMEIA in Auftrag gegeben wur­den (9463/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Studien, die vom BMF in Auftrag gegeben wurden (9464/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien betreffend Studien, die vom BMKKVM in Auftrag gege­ben wurden (9465/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Studien, die vom BMI in Auftrag gegeben wurden (9466/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Familien und Jugend betreffend Studien, die vom BMFJ in Auftrag gegeben wurden (9467/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend Studien, die vom BMLVS in Auftrag gegeben wurden (9468/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Studien, die vom BMVIT in Auftrag gegeben wurden (9469/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 18

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft, Forschung und Wirtschaft betreffend Studien, die vom BMWFW in Auftrag gegeben wurden (9470/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Studien, die vom BKA in Auftrag gegeben wurden (9471/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Studien, die vom BMLFUW in Auftrag gegeben wurden (9472/J)

Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Studien, die vom BMJ in Auftrag gegeben wurden (9473/J)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Rechnungshofkritik an der Graz-Köflacher-Bahn und Busbetrieb GmbH (9474/J)

Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend: Ärztin beschmiert Wahlplakate (9475/J)

Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Weisungen an die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Hypo-Alpe-Adria-Verfahren (9476/J)

Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Schockbilder auf Tabakwaren (9477/J)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Psychotherapie – Kostenzuschuss und Privatzahlungen für psychotherapeu­tische Behandlungen (9478/J)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Bundesqualitätsleitlinie für Schmerztherapie (9479/J)

Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Anti-Baby-Pille der 3. und 4. Generation (9480/J)

Dr. Eva Mückstein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend missglückte Reform der allgemeinmedizinischen Ausbildung (9481/J)

*****

Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen an die Präsidentin des Nationalrates betreffend Abrechnung der Bezüge von parlamentarischen Mitarbeiter_innen (27/JPR)

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend verbesserte Aufklärung über Kaiserschnittgeburten (9268/J) (Zu 9268/J)

Dr. Andreas F. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit betreffend Krankenanstaltenverbund Wien (9271/J) (Zu 9271/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8416/AB zu 8828/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8417/AB zu 9067/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (8418/AB zu 8788/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (8419/AB zu 8819/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8420/AB zu 8796/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8421/AB zu 8797/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8422/AB zu 8804/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (8423/AB zu 8789/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8424/AB zu 8791/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8425/AB zu 8807/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen (8426/AB zu 8822/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (8427/AB zu 8795/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8428/AB zu 8792/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8429/AB zu 8800/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8430/AB zu 8821/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8431/AB zu 8803/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (8432/AB zu 8823/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8433/AB zu 8827/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8434/AB zu 8834/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8435/AB zu 8808/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (8436/AB zu 8794/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8437/AB zu 8820/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen (8438/AB zu 8793/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (8439/AB zu 8790/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8440/AB zu 8798/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8441/AB zu 8810/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8442/AB zu 8811/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8443/AB zu 8813/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8444/AB zu 8814/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8445/AB zu 8806/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8446/AB zu 8815/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8447/AB zu 8816/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8448/AB zu 8817/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8449/AB zu 8812/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8450/AB zu 8818/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8451/AB zu 8799/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8452/AB zu 8802/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8453/AB zu 8805/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8454/AB zu 8809/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8455/AB zu 8829/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8456/AB zu 8826/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8457/AB zu 8835/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (8458/AB zu 8801/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8459/AB zu 8838/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8460/AB zu 8825/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8461/AB zu 8832/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8462/AB zu 8833/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8463/AB zu 8831/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8464/AB zu 8830/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (8465/AB zu 8824/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (8466/AB zu 8836/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (8467/AB zu 8845/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen (8468/AB zu 8847/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8469/AB zu 8855/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (8470/AB zu 8863/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8471/AB zu 8849/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen (8472/AB zu 8848/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8473/AB zu 8859/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8474/AB zu 8887/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8475/AB zu 8854/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8476/AB zu 8852/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen (8477/AB zu 8867/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8478/AB zu 8881/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (8479/AB zu 8873/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (8480/AB zu 8841/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8481/AB zu 8861/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8482/AB zu 8853/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (8483/AB zu 8840/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8484/AB zu 8856/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8485/AB zu 8864/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8486/AB zu 8860/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (8487/AB zu 8844/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (8488/AB zu 8839/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8489/AB zu 8850/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (8490/AB zu 8862/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen (8491/AB zu 8846/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen (8492/AB zu 8843/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeor­dneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8493/AB zu 8851/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ord­neten Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen (8494/AB zu 8865/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, MA, Kolleginnen und Kollegen (8495/AB zu 8866/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8496/AB zu 8877/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 23

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (8497/AB zu 8905/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (8498/AB zu 8842/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8499/AB zu 8934/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen (8500/AB zu 9054/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8501/AB zu 9155/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8502/AB zu 9061/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8503/AB zu 8874/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen (8504/AB zu 9096/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8505/AB zu 8884/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen (8506/AB zu 9135/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8507/AB zu 8879/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8508/AB zu 8858/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8509/AB zu 8882/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8510/AB zu 8891/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kollegin­nen und Kollegen (8511/AB zu 8871/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolle­ginnen und Kollegen (8512/AB zu 8888/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8513/AB zu 8883/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 24

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8514/AB zu 8880/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8515/AB zu 8899/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8516/AB zu 8876/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8517/AB zu 8886/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Aygül Berivan Aslan, Kolleginnen und Kollegen (8518/AB zu 8868/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (8519/AB zu 8872/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8520/AB zu 8875/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen (8521/AB zu 8869/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen (8522/AB zu 8870/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8523/AB zu 8885/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8524/AB zu 8890/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8525/AB zu 8892/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8526/AB zu 8893/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8527/AB zu 8889/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8528/AB zu 8900/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8529/AB zu 8898/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8530/AB zu 8914/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8531/AB zu 8894/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kollegin­nen und Kollegen (8532/AB zu 8902/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen (8533/AB zu 8903/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 25

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8534/AB zu 8901/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8535/AB zu 8896/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ord­neten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8536/AB zu 8897/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen (8537/AB zu 8904/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8538/AB zu 8910/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8539/AB zu 8911/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8540/AB zu 8909/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Nikolaus Alm, Kolleginnen und Kollegen (8541/AB zu 8895/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (8542/AB zu 8908/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8543/AB zu 8907/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8544/AB zu 8912/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Willi, Kolleginnen und Kollegen (8545/AB zu 8920/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8546/AB zu 8918/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen (8547/AB zu 8906/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8548/AB zu 8913/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8549/AB zu 8919/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen (8550/AB zu 8922/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, Kolleginnen und Kollegen (8551/AB zu 8923/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8552/AB zu 8942/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (8553/AB zu 8928/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 26

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8554/AB zu 8937/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (8555/AB zu 8944/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (8556/AB zu 8921/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (8557/AB zu 8925/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8558/AB zu 8955/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8559/AB zu 8975/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (8560/AB zu 8924/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8561/AB zu 8948/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8562/AB zu 8933/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8563/AB zu 8938/J)

des Bundesministers für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8564/AB zu 8935/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolle­­ginnen und Kollegen (8565/AB zu 8949/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen (8566/AB zu 8929/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8567/AB zu 8939/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8568/AB zu 8957/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8569/AB zu 8936/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (8570/AB zu 8945/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8571/AB zu 8932/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 27

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (8572/AB zu 8946/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8573/AB zu 8931/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8574/AB zu 8930/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Rauch, Kolleginnen und Kollegen (8575/AB zu 9101/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (8576/AB zu 9087/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (8577/AB zu 8984/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8578/AB zu 8941/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen (8579/AB zu 9144/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen (8580/AB zu 8927/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8581/AB zu 9301/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8582/AB zu 9331/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen (8583/AB zu 9307/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8584/AB zu 8943/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Claudia Angela Gamon, MSc (WU), Kolleginnen und Kollegen (8585/AB zu 8940/J)

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ord­neten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen (8586/AB zu 8926/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen (8587/AB zu 8972/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8588/AB zu 8993/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 28

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8589/AB zu 8952/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8590/AB zu 8954/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8591/AB zu 8953/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8592/AB zu 8960/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8593/AB zu 8961/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen (8594/AB zu 9001/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Nikolaus Scherak, Kolleginnen und Kollegen (8595/AB zu 8996/J)

der Bundesministerin für Familien und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen (8596/AB zu 8963/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Peter Wurm, Kolleginnen und Kollegen (8597/AB zu 8971/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (8598/AB zu 8986/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8599/AB zu 8968/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8600/AB zu 8967/J)

der Bundesministerin für Bildung und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (8601/AB zu 8951/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8602/AB zu 8956/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen (8603/AB zu 8947/J)

der Bundesministerin für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (8604/AB zu 8959/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (8605/AB zu 8992/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Steger, Kolleginnen und Kollegen (8606/AB zu 8950/J)

des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Brückl, Kolleginnen und Kollegen (8607/AB zu 8962/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen (8608/AB zu 8965/J)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 29

des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres auf die Anfrage der Abge­ord­neten Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen (8609/AB zu 8964/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Günther Kumpitsch, Kolleginnen und Kollegen (8610/AB zu 8958/J)

*****

der Präsidentin des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (25/ABPR zu 26/JPR)

 


 


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 30

09.05.22Beginn der Sitzung: 9.05 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Doris Bures, Zweiter Präsident Karlheinz Kopf

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Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die 132. Sit­zung des Nationalrates ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 128. und 129. Sitzung vom 18. Mai 2016, der 130. Sit­zung vom 19. und 20. Mai 2016 und der 131. Sitzung vom 20. Mai 2016 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und wurden nicht beanstandet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Heinzl, Mag. Rauch, Ing. Hackl, Schrangl und Ing. Hofer.

09.06.12Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Vom Herrn Bundeskanzler ist folgendes Schreiben einge­langt:

„Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 25. Mai 2016 (…) auf meinen Vorschlag den Bundesminister ohne Portefeuille Mag. Tho­mas Drozda gemäß Artikel 74 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz vom Amte entho­ben und ihn gleichzeitig gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 77 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz zum Bundesminister im Bundeskanzleramt ernannt hat.

Er wird die Bezeichnung ,Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien‘ führen.“

*****

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Doris Bures: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertre­tung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Rupprechter wird durch die Bundesministerin für Familien und Jugend Dr. Karmasin und der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger wird abends durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Leichtfried vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung von ORF 2 bis 10.15 Uhr übertragen wird. ORF III wird diese Sitzung live übertragen, wobei jener Teil der Sitzung, der über 19.45 Uhr hinausgeht, zeitversetzt gesendet werden wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 31

09.07.57Gedenkworte für die Opfer des Terroranschlages in Orlando

9.07.58

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit großer Bestür­zung haben wir die Nachricht vom fürchterlichen Anschlag in Orlando aufgenommen, bei dem 49 Menschen von einem nach jetzigen Informationen mutmaßlich islamistisch sowie homophob motivierten Täter ermordet wurden.

Lassen Sie es mich erneut sagen: Als Demokratinnen und Demokraten haben wir die Aufgabe, Extremisten und ihren gezielten Angriffen auf unsere Lebensweise und unsere offene Gesellschaftsordnung entgegenzutreten.

Wenn Menschen aufgrund ihrer Herkunft, politischen beziehungsweise religiösen Über­zeugung oder ihrer sexuellen Orientierung angegriffen werden, so ist dies ein Angriff auf uns alle.

Unser Mitgefühl gilt den Familien und Freunden der Ermordeten. Unser Mitgefühl gilt aber auch all jenen Menschen, die in den vergangenen Wochen und Monaten Opfer von Terror und Krieg wurden.

Ich darf Sie bitten, im Zeichen der Solidarität sowie des Gedenkens sich von den Sitzen zu erheben. (Die Anwesenden erheben sich von ihren Sitzplätzen und verharren einige Zeit in stummer Trauer.)

Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden nehmen ihre Sitzplätze wieder ein.)

09.09.45Aktuelle Stunde

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir nun zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Sicherheit statt Asyl-Zahlentricksereien, Herr Bundeskanzler!“

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Strache. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Sie haben das Wort.

 


9.10.11

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank und vor den Bildschirmen! Herr Bundeskanzler, Sie haben ja am Beginn Ihres Amtsantritts durchaus viele Vorschusslorbeeren erhalten, einerseits von Ihrer eigenen Partei, aber auch von den Grünen und diversen Medien. Viel an Vorschusslorbeeren wurde Ihnen da mit auf den Weg gegeben: Quasi seien Sie eine Mischung aus Obama, Kennedy, Kreisky und ich weiß nicht, was alles noch; vieles ist da hochstilisiert worden. Aber leider haben wir gleich am Beginn relativ rasch feststellen müssen, dass die Vor­schusslorbeeren bereits verwelkt sind, hat sich doch herausgestellt, dass in vielen Bereichen nicht der neue Stil gelebt wird, von dem am Beginn gesprochen worden ist, und dass gerade beim Thema Asyl und Sicherheit – ja, ich kann es nur so formulieren – fast unverschämter agiert wird als vonseiten Ihres Vorgängers.

Wenn man erlebt, dass die Zahlen der Asylanträge von Personen, die nach Österreich gekommen sind, falsch gerechnet werden und Zahlentricksereien stattfinden, dann ist das einfach unredlich und unehrlich. Es wird hier offenbar ganz bewusst versucht, die Statistik willkürlich zurechtzubiegen, und das natürlich weiterhin zu Lasten der österreichischen Bevölkerung. Das ist eine unverantwortliche Politik, wenn man mit diesen Zahlen einfach nicht ehrlich umgeht und hier versucht zu tricksen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 32

Apropos neuer Stil, und das möchte ich schon auch anmerken: Wenn in der Tages­zeitung „Österreich“ in einem Interview der Interviewer – wahrscheinlich war es Herr Fellner – meint, dass Österreich jetzt ein Bild der Rechtsradikalen vermittelt aufgrund der vielen Wähler für den Präsidentschaftskandidaten Hofer, nämlich 2,2 Millionen Österreicher, und Sie darauf antworten, ja, das ist unangenehm, und das nicht zurück­weisen, dann ist das auch kein guter neuer Stil, sondern empörend! (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Schenk. – Abg. Kickl: Skandalös!)

Wenn Ihre Asylzahlenrechnung und die Tricksereien, die Sie da gelebt haben, natürlich in der Öffentlichkeit zu Diskussionen führen und Sie dann sagen, dass diese Zahlen­diskussion Sie im Grunde nicht besonders interessiert, dann muss ich schon fest­halten: Die österreichische Bevölkerung ist sehr interessiert an den wahren Zahlen und möchte sich da nicht anschwindeln lassen. Anders kann man es gar nicht bezeichnen. Denn die Österreicher müssen ja letztlich auch für diese Fehlpolitik die Zeche bezah­len, nämlich finanziell, sicherheitspolitisch, gesellschaftspolitisch und sozialpoli­tisch. Deshalb hat die österreichische Bevölkerung auch ein Recht darauf, mit den ehrlichen Zahlen konfrontiert zu werden und sich auch auf die gemachten Aussagen verlassen zu können.

Wenn man da in der Vergangenheit von Obergrenzen und Richtwerten gesprochen hat, dann ist spätestens dadurch wieder einmal sichtbar geworden, dass das offenbar ein reiner Marketing-Gag der Regierung gewesen ist. Das heißt, dass man sich leider darauf einstellen muss, dass man es nicht ernst meint mit solchen Obergrenzen oder Richtwerten und Sie offenbar vorhaben, das Vereinbarte mit Tricksereien wieder aufzu­brechen, und wir im Laufe dieses Jahres wieder damit rechnen müssen, dass wir weit mehr als diese festgelegte Zahl der Obergrenze erreichen werden.

Das ist nicht redlich, und das ist auch nicht „situationselastisch“, wie es einmal ein ehe­maliger Verteidigungsminister genannt hat, wenn es um Ihre Rechenkünste geht. Ich sage Ihnen, mit all dem, was da in der Statistik verankert ist, hat man ehrlich umzu­gehen. Und es kann nicht das Motto sein, Herr Kern, dass Sie sagen, ich zähle sie nicht und darum gibt es sie nicht. Das ist eben Realität, und wir müssen die tatsäch­lichen Zahlen beim Namen nennen. Und es sind bereits weit mehr als 22 000 Asylan­träge vorhanden und nicht 11 000, wie fälschlicherweise dargestellt wurde.

Darunter sind natürlich auch Dublin-Fälle. Da Österreich aber nur einen Bruchteil davon zurückschieben wird, werden diese Asylwerber selbst in einer zurechtgebo­genen Kern-Statistik schlagend werden. Das kann es daher nicht sein! Das ist nicht anständig, und deshalb gehört es auch thematisiert, weil man es so nicht im Raum stehen lassen kann.

Ich weiß schon, Sie haben damals als ÖBB-Chef im Zuge der Flüchtlingsströme von Ungarn Richtung Österreich, wo man auch gesetzeswidrig jeden hereingelassen hat, mit den ÖBB die Transfers Richtung deutscher Grenze vorgenommen. Das war auch nicht unbedingt der Weg, wie wir ihn uns vorgestellt hätten, weil man damit der Gesell­schaft auch nicht wirklich einen guten Dienst erwiesen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Das gehört schon einmal gesagt, und wir haben das auch kritisiert, dass sich da der Staat als staatliche Schlepperorganisation betätigt hat.

Wir sehen ja auch, dass sich sämtliche Befürchtungen bestätigen, die wir im Zusam­menhang mit einem EU/Türkei-Deal geäußert haben, der natürlich nicht greift und auch nicht von Erfolg gekrönt ist. Und es ist schon kritisch zu hinterfragen, warum man überhaupt mit einem Land, das sich so unglaublich negativ entwickelt, nämlich in Richtung einer autoritären Struktur, so etwas anstrebt, mit einem Land, in dem es einen Präsidenten gibt, der anlässlich des Weltfrauentages mit Gummigeschoßen auf Frauen schießen lässt, der Medienhäuser mit Polizeigewalt stürmen lässt, weil sie


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oppositionsfreundlich sind, in dem Abgeordneten ihre Immunität entzogen wird, weil sie einem nicht zu Gesicht stehen, wo gegen die kurdische Minderheit mit Gewalt vorge­gangen wird. Wenn mit so jemandem eine Partnerschaft gesucht wird, kann man sich nur wundern und auf den Kopf greifen, denn da sollte man eigentlich Sanktionen beschließen, anstatt eine Partnerschaft zu suchen, die nicht von Erfolg gekrönt sein wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich mir diese gesamten Entwicklungen ansehe, bis hin zum Versagen beim Schutz der EU-Außengrenzen, wo die Europäische Union seit geraumer Zeit nicht in der Lage ist, obwohl uns das Thema jetzt bereits über eineinhalb Jahre lang begleitet, da irgendwo Meter zu machen, Nachhaltigkeit zu schaffen, und wenn jetzt auch Hundert­tausende Menschen aus Afrika auf dem Sprung nach Europa und in Richtung der EU-Außengrenzen sind, dann ist das ein Problem, mit dem wir uns auseinan­dersetzen müssen, und da braucht es auch entsprechende Antworten.

Selbstverständlich ist auch in diesen Regionen etwas zu machen. Die Dritte-Welt-Milliarden einfach nur zu überweisen macht sicherlich nicht Sinn, sondern wenn, dann braucht es projektbezogene Unterstützung vor Ort, damit man auch Perspektiven in diesen Ländern und auf diesem Kontinent eröffnen kann und so dieser Entwicklung gegensteuert und klar und deutlich kommuniziert: Probiert es bitte nicht, aus wirtschaft­lichen Gründen zu uns zu kommen, wir können euch nicht aufnehmen! Wir werden euch retten auf hoher See, aber wir werden euch wieder zu den Häfen zurückschicken, von denen ihr ausgelaufen seid. – Aber all das geschieht heute nicht vonseiten der Europäischen Union.

Die Auswirkungen des letzten Jahres bis heute zeigen ja, dass die Sicherheitssituation in Österreich leider Gottes in starke Mitleidenschaft gezogen wurde. Ich denke an die blutigen Bandenkriege, die wir in den Städten Österreichs erleben, vorwiegend in Wien, ob das jetzt Tschetschenen-Banden sind oder woher auch immer. Ja, das beschäftigt natürlich die Bevölkerung und auch die Exekutive. Ich denke an die Kriminalität, die nachweislich explodiert ist, eben aufgrund einer ungeordneten Massenzuwanderung unter dem Deckmantel des Asylgesetzes, wo man weiß, dass die überwiegende Mehrheit von Menschen, die zu uns hereingelassen worden sind, nicht Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention sind. Oder ich denke an den Umstand, dass nur ein Drittel der abgewiesenen Asylwerber freiwillig ausreist oder abgeschoben wird und sich allein seit dem Jahr 2000 200 000 Einwanderer einen illegalen Aufenthalt bei uns erkämpft haben.

Wenn man sich die Rohdaten des Sicherheitsmonitors ansieht, wo alle polizeilich erfassten Delikte aufgelistet sind, dann ist ersichtlich, dass die Kriminalität in Österreich deutlich angestiegen ist. Dafür gibt es natürlich auch eine Verantwortlichkeit. Innen­minister Sobotka hat gesagt – ich zitiere ihn daher noch einmal –: „Die Krimina­lität in Österreich unter den Asylwerbern steigt – auch im Übergriff gegenüber der Bevölke­rung“ – Zitatende. – Und der Herr Innenminister wird wissen, was er sagt.

Seit dem Jahr 2001 – so lange gibt es inzwischen methodisch unmittelbar vergleich­bare Kriminalstatistiken – stieg die Zahl der österreichischen Tatverdächtigen von 156 720 auf 157 777 im Jahr 2015 an, aber jene der ausländischen Tatverdächtigen verdoppelte sich im gleichen Zeitraum von 47 256 auf 92 804.

Diese Zahlen kann man nicht einfach ignorieren. Und da hilft auch die Kern’sche Mathematik nichts, die dann vielleicht hergeht und durch eine neue Art der Erfassung versucht, diese Zahlen in der Kriminalstatistik in Zukunft zu halbieren. Nein, das ist der falsche Weg! Wir müssen uns den Realitäten stellen, und wir brauchen die richtigen Antworten auf diese Realitäten, um hier gegenzusteuern.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 34

Seit vergangenem Herbst sind der Bevölkerung auch immer wieder über 2 000 Poli­zisten versprochen worden. Diese Versprechungen kennen wir jetzt seit geraumer Zeit. Diese sind bis heute nicht wirklich umgesetzt, diese Versprechungen halten nicht. Wir haben zwar Neuaufnahmen erlebt, aber diese Neuaufnahmen füllen nicht einmal die Lücke des natürlichen Abgangs jener Polizeibeamten, die in Pension gehen (Präsi­dentin Bures gibt das Glockenzeichen), und die Zuteilungen und Abkommandierungen für Gefahrenlagen sind letztlich zu wenig. Wir brauchen – ich komme schon zum Schlusssatz – wirklich zusätzlich 2 000 Planstellen für Exekutivbeamte, die auch aufgefüllt werden.

Unterm Strich haben wir ein Sicherheitsproblem, und da ist es wichtig, dem gegen­zusteuern und wirklich da oder dort auch einen neuen Stil zu leben und nicht alte, überholte, fehlerhafte politische Muster fortzusetzen. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

9.20


Präsidentin Doris Bures: Für eine einleitende Stellungnahme hat sich Herr Bundes­kanzler Mag. Kern zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundeskanzler. (Abg. Kickl: Was ist das mit der Bananenrepublik?)

 


9.21.04

Bundeskanzler Mag. Christian Kern: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Strache, wie Sie wissen – beziehungsweise: was Sie wahr­schein­lich nicht überraschen wird –, bin ich froh über Ihren Tonfall. Die Lautstärke, glaube ich, war dem Thema angemessen. (Abg. Kickl: Das war normal!)

Ich teile Ihre inhaltlichen Einschätzungen in vielen Punkten naturgemäß nicht, aber in einem Punkt mit Sicherheit schon, und das ist der Satz, den Sie geäußert haben: Wir müssen uns den Realitäten stellen! Da gebe ich Ihnen voll und ganz recht, denn genau das ist natürlich auch unser Zugang bei dieser Fragestellung, die ja denkbar ungeeig­net ist für Zuspitzungen, für einen Tonfall, der möglicherweise an den Rande der Verhetzung geht. (Abg. Kickl: Verhetzung?! Bitte was? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Aber heute werden wir ja versuchen, in einem sinnvollen Dialog eine zivilisierte Debatte zu führen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir in den vergangenen Wochen an Diskussionsbeiträgen erlebt haben, ist etwas, das uns durchaus nachdenklich stimmen sollte. Mir ist das Plädoyer für einen zivilisierten Tonfall in dieser Debatte deshalb so wichtig (Abg. Strache: 2,2 Millionen Wähler als rechtsradikal zu beschimpfen, das war Ihr Tonfall, Herr Bundeskanzler! Dafür sollten Sie sich entschuldigen bei den Wählern! Das wäre einmal angebracht!), weil wir ja aus der Geschichte wissen, dass sich die Gewalt der Worte sehr rasch in einer Gewalt der Taten entladen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: 2,2 Millionen Wähler als rechtsradikal zu beschimpfen, das ist skandalös!)

Herr Strache! Herr Strache, ganz ehrlich: Nach dem gestrigen Abend bewundere ich umso mehr, dass Sie heute wieder in der Lage sind, sich dermaßen rasch zu erregen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Strache. – Abg. Neubauer: Das war witzig!) Vielleicht nur eine kurze Überlegung: Wenn wir uns selbst zuhören bei dem, was Sie da gerade versuchen, welches Bild schaffen wir denn da eigentlich? Was kommt denn da rüber außer dem Lärm, außer dem Aufeinander-Losgehen? (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Welches Bild schaffen Sie mit Ihrer …? Jeden Tag etwas Neues!) Sie haben gesagt, wir sollen uns den Realitäten stellen, und dazu sind wir in jeder Hinsicht bereit. (Abg. Kickl: Offenbar nicht!) Ich denke, auf dieser Grundlage sollten wir diskutieren, aber die Gewalt der Worte birgt das Risiko, dass eine Gewalt der Taten folgt. (Beifall bei SPÖ,


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ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Am gefährlichsten sind die Verharmloser! – Ruf bei der FPÖ: … wesentlich riskanter!)

Und ich kann Ihnen sagen: In dieser Diskussion, die wir da gerade führen, ist es ein denkbar kurzer Weg von dieser Zuspitzung, von dieser Gewalt der Worte zu bren­nenden Flüchtlingsheimen. Wir haben das in den letzten Wochen erlebt, und es ist eine Verantwortung, die wir haben – die Regierungsseite, aber natürlich auch die Oppo­sitions­seite –, hier einen sinnhaften Dialog zu führen.

Ich sage Ihnen darüber hinaus, das, was da passiert – bei allem Abwägen von polit­ischen Opportunitäten oder taktischen Überlegungen, wem das nutzen kann, wem das Stimmen bringen kann, wen das beeindrucken kann –, macht vielen Bürgern Angst. Die wollen das nicht. Die erwarten von uns einen anderen Umgang mit diesen Prob­lemstellungen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Und daher werden 2,2 Mil­lionen Wähler als rechtsradikal beschimpft! – Abg. Kickl: Sie müssen ein bisschen besser aufpassen, was bei den Interviews …!)

Lassen Sie mich noch etwas sagen: Die Geister, die Sie rufen, werden auch Sie so schnell nicht los werden, Herr Strache. (Abg. Strache: 2,2 Millionen Wähler als rechtsradikal zu bezeichnen, das ist Ihr Zugang und Ihr Stil?) – Wissen Sie, was Ihr Zugang ist? In dieser Diskussion sollten wir denkbar gut aufpassen und keine Konstruktion schaffen, wo es um das „Wir“ und „die anderen“ geht, die Minderwertigen, die Unerwünschten, die, die wir nicht in unserem Land haben wollen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Und was machen Sie da oben jetzt? Was machen Sie gerade? Fällt Ihnen das auf?)

Und vielleicht haben Sie von dem gestrigen Tag eine Erkenntnis mitgenommen, vielleicht ist Ihnen etwas aufgefallen durch die intensive Beobachtung – ich rede vom Fußballspiel. Sie sind gestern wahrscheinlich auch mit rot-weiß-rotem Schal und mit großen Erwartungen und Begeisterung vor dem Fernseher gesessen. Ich sage nur: Dragović, Alaba, Junuzović, Garics und so weiter. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit und Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Peter Wurm: Garics war nur Wechsel gestern!)

Was unser Fußballteam hier vorführt, ist ein Spiegel unserer Gesellschaft und ist ein Spiegel unserer Geschichte, und es zeigt auch, welche Chancen in gesellschaftlichen Entwicklungen stecken, wenn man sich ihnen gemeinsam nähert und versucht, Lösungen zu finden.

Natürlich haben Sie recht: Wir stehen hier vor einer großen Herausforderung. Das ist klar, davor kann niemand die Augen verschließen. Darüber brauchen wir keine Sekunde zu diskutieren, aber die Frage ist: Welche Antworten sind wir in der Lage zu geben? – Und bei der ganzen Thematik Zuwanderung gibt es ein paar Punkte, die uns sehr wichtig sind, um die wir uns gemeinsam zu kümmern haben.

Das ist zum Beispiel die Frage: Wie können wir Asylverfahren verkürzen? Das ist zum Beispiel die Frage: Wie können wir Rückführungsabkommen innerhalb der EU zuwege bringen, aber letztendlich auch außerhalb? (Abg. Kickl: Was ist mit Antworten? – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Die Menschen wollen Antworten!) Hans Peter Doskozil hat gestern mit den ungarischen Kollegen wieder intensive Diskussionen darüber geführt, wie wir da zu Lösungen kommen können. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Nicht disku­tieren, machen! – Abg. Kickl: Was der Doskozil will, das wissen wir, wir wollen wissen, was Sie wollen!) Das ist der richtige Weg, und ich würde Sie bitten, diesen zu unter­stützen, weil es natürlich eine Selbstverständlichkeit ist, dass wir uns darum kümmern, dass geltendes Recht in Europa – die Dublin-Regeln – auch eingehalten wird. Das muss unser Ziel sein.


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Wir können ja nicht den Kopf in den Sand stecken und sagen: Das alles interessiert uns nicht. Wir resignieren. Das geht uns nichts an. – Unser Ziel muss es sein, schluss­endlich auch diesbezüglich Lösungen zu finden. (Abg. Kickl: Na, wie ist das jetzt mit den Zahlen?)

Und dann geht es natürlich um die Hilfe vor Ort, da haben Sie recht, da müssen wir in Österreich wesentlich mehr machen, das ist gar keine Frage. Da haben wir unsere Aufgaben wahrscheinlich da oder dort vernachlässigt. Da macht es aber, ehrlich ge­sagt, auch nicht besonders viel Sinn, den Türkei-Deal zu kritisieren. Ja, was die Men­schenrechte betrifft, teile ich Ihre Einschätzungen – auch das ist keine Frage –, aber wenn Sie sagen, das ist keine Lösung, dann darf ich Sie bitten, einen alternativen Vorschlag zu präsentieren (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das haben wir ja schon!), der verhindert, dass die Probleme letztendlich größer werden; sie sollten kleiner werden. (Abg. Strache: Die Milliarden nicht in die Türkei investieren, sondern für den Grenz­schutz!)

Die Sicherung der Außengrenzen – auch das ist wichtig. Ich darf noch einmal erwäh­nen: Hans Peter Doskozil und das Bundesheer haben da, so meine ich, einen auszeichneten Job gemacht. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das wissen wir eh!) Darum müssen wir uns gemeinsam kümmern. Da würde ich Sie um Unterstützung bitten.

Vor allem aber und die wichtigste Frage schlechthin ist die Integrationsfrage (Abg. Kickl: Und wie ist das mit den Zahlen? Weil das ist das Thema!), denn Sie sagen natürlich zu Recht, wir müssen uns um das Phänomen der Kriminalität kümmern, und Sie sagen auch zu Recht, jemand, der etwas angestellt hat, hat keinen Platz in unserer Gesellschaft. Diese Ansicht teile ich – da können wir auch keine falsche Toleranz üben (Abg. Kickl: Von wie vielen reden wir da überhaupt?) –, aber am Ende des Tages ist die entscheidende Herausforderung: Wie gehen wir mit den Menschen um, die hier sind? Die können Sie nämlich nicht wegzaubern. (Abg. Kickl: Wie viele sind es denn?) Das ist eine globale Entwicklung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Und wenn Sie sagen, Sie wollen ernsthaft mit dem Thema Kriminalität umgehen, dann muss Ihnen ja auch bewusst sein, hier reden wir nicht nur über polizeiliche Maß­nahmen, hier reden wir über die Notwendigkeit der sozialen Sicherheit (Abg. Kickl: Könnten Sie etwas zum Thema sagen?), hier reden wir über Bildung, hier reden wir über Perspektiven für Menschen, die in unserem Land angekommen sind und hier wahrscheinlich auch dauerhaft bleiben werden. (Ruf bei der FPÖ: Das wollen wir aber nicht! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ich habe gedacht, es gibt Asyl auf Zeit!)

Wenn wir das nämlich nicht tun, dann haben wir die Situation, dass wir jungen Burschen, 17 bis 18 Jahre alt, und Familien zwei Jahre lang keine Perspektive geben. Wir laufen Gefahr, dass wir die verlieren. Wenn wir ihnen nicht die Perspektive und die Aussicht auf Beschäftigung geben, auf Integration in unsere Gesellschaft, na, was wird passieren? – Die werden in Parks herumlungern, die werden auf der Straße sein, und genau das kann nicht unser Ziel sein. (Abg. Strache: Dort treffen sie dann die, die in der dritten Generation auch noch nicht integriert sind!) Wir müssen die wegholen von der Straße, um präventiv zu verhindern, dass hier jemand auf dumme Ideen kommt. Das wäre ein vernünftiger Zugang.

Ich muss in diesem Zusammenhang sagen, ich habe von Ihnen intensiv gehört, was diesbezüglich alles nicht geht, aber mir ist nicht klar geworden, in welche Richtung Ihre Vorschläge eigentlich gehen, was einen Dialog nicht gerade leichter macht. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Es geht hier um Ihre Vorschläge! Sagen Sie einmal Ihre Vorschläge! – Ruf bei der FPÖ: Wir sind ja in der Opposition!)


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Soziale Sicherheit, habe ich gesagt, ist eine wichtige Antwort, Bildung ist eine wichtige Antwort, Integration ist eine wichtige Antwort – aber es wäre natürlich naiv, zu sagen, dass wir hier nicht auch Sicherheitsfragen zu beantworten haben. Falls Sie diese Zahlen wirklich im Detail wissen wollen, was ich ja eigentlich gar nicht glaube, dann können Sie sich gerne beim Innenminister erkundigen, letztendlich veröffentlicht dieser das jeden Monat. Dann haben Sie ein realistisches Bild, was da abgeht. (Abg. Kickl: Aber Sie sind schon ein …?)

Gerade der Herr Innenminister hat ja hier auch einen Vorschlag vorgelegt, nämlich dass es insbesondere die von Ihnen zitierten 2 000 Polizisten bis zum Jahr 2019 geben soll. Es gibt einen sehr vernünftigen Vorgang zwischen dem Bundesheer und der Polizei, um weitere 170 Polizeikräfte freizuspielen, nämlich indem das Bundesheer die Botschaftsüberwachung übernimmt. Das sind sehr konkrete, sinnvolle Vorschläge. Und Sie wissen, dass das Suchtmittelgesetz, das seit 1. Juni gilt, auch dazu geführt hat, dass die Polizei auf die kriminelle Szene einen wesentlich besseren Zugriff bekommt.

Wie das Bild also schlussendlich aussieht: Ja, wir haben eine Herausforderung zu lösen, ja, wir werden diese nicht nur mit sicherheitspolizeilichen Maßnahmen lösen können, aber jene, die notwendig sind, sind gesetzt worden. Und die Erfolge – das ist in den letzten Wochen spürbar geworden –, die der Innenminister hier erzielt hat (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wo? Wo genau sind die spürbar geworden?), sind ja durchaus greifbar. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Abgeordneten Moser und Gamon. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Übergangskanzler!)

9.29


Präsidentin Doris Bures: Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Rednerinnen und Redner maximal 5 Minuten beträgt.

Nächster Redner: Herr Klubobmann Mag. Schieder. – Bitte.

 


9.30.13

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! (Ruf bei der FPÖ: Bilderberger!) Es war schon bezeichnend: Bundeskanzler Christian Kern begrüßt zuerst, dass der Ton in der Debatte ein durchaus ruhigerer und gemäßigter ist – und genau in dem Moment, wo das begrüßt wird (Abg. Strache: Schimpft er!), fängt im freiheitlichen Sektor das Gejohle und Geschrei an. Das zeigt genau, dass Sie das offensichtlich nicht wollen, dass man solche Fragen einmal in einem vernünftigen Ton diskutiert. (Abg. Kickl: Das lauteste Gejohle in letzter Zeit habe ich am Wiener Rathausplatz gehört, am 1. Mai!) Kaum wird angesprochen, dass Sie einen halbwegs vernünftigen Ton in der Rede haben, beweisen Sie ja, das Sie es eigentlich nur mit größter Zurückhaltung geschafft haben, sich hier so hinzustellen, denn das, was sich in Ihren Bankreihen jetzt in der Debatte gezeigt hat, ist ja genau das Gegenteil. (Zwischenruf des Abg. Hübner.)

Anders verhält es sich mit den Regierungsfraktionen hier im Haus, denn es gilt, in dem gesamten Bereich Flüchtlingswesen mit offenen Karten zu spielen. Es hat keinen Sinn, irgendwelche Dinge schönzureden, die nicht leicht schönzureden sind, es hat gleichzeitig aber auch keinen Sinn, Dinge zu dramatisieren, zu übertreiben oder Ängste zu verbreiten, wo das nicht zielführend ist und es vielleicht sogar Lösungen gibt.

Das heißt, die Lösung der Flüchtlingsthematik oder der Versuch, die Herangehens­weise in der Flüchtlingsthematik heißt, mit Realismus, mit Respekt und mit men­schenwürdigem Umgang an die Frage heranzugehen. Und da geht es nicht nur um Menschenwürde, Respekt und diese Fragen, sondern es geht sicherlich auch um die


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öffentliche und soziale Sicherheit und es geht um ein notwendiges Maß an Ordnung, das gleichzeitig in diesen Prozessen auch sicherzustellen ist.

Für uns aber stehen sicherlich die Versorgung und vor allem die Integration der AsylwerberInnen in Österreich im Vordergrund.

Wenn Menschen zu uns kommen, muss es – erstens – schnell eine Entscheidung geben, ob sie unter das Asylregime fallen, ob sie Anspruch auf Asyl laut Genfer Flüchtlingskonvention haben oder nicht.

Zweitens: Wenn diese Frage positiv entschieden ist, ist den Leuten auch gleich das, was sie als Werkzeug für das Leben hier in Österreich brauchen, zur Verfügung zu stellen. Das sind Sprachkurse, das ist Integration, und das ist die Möglichkeit, sie ihre Qualifikationen, die sie daheim erlangt haben, hier auch anerkennen zu lassen oder ihnen, wenn sie mangelnde Qualifikationen haben, auch schnellstmöglich die Chance zu geben, hier Qualifikationen zu erwerben. Gerade bei jungen Leuten geht es auch um das Thema Bildung und Schulpflicht, es geht auch darum, dass sie, obwohl sie in einem Alter kommen, in dem sie nicht mehr unter die Schulpflicht fallen, im Sinne unserer Gesellschaft trotzdem die Möglichkeit bekommen sollen, in die Schule zu gehen, eine Ausbildung zu bekommen.

Es gehört aber genauso auch dazu, dass jene Leute, die keinen Asylstatus bekommen, wo die Frage ausjudiziert ist, die meiner Meinung nach immer schnell geklärt werden muss, dann auch wieder in die Länder, aus denen sie gekommen sind, zurückgehen müssen, und dafür braucht es auch dringend die Realisierung von Rückführungen, Rückführungsabkommen und am besten EU-Vereinbarungen mit den Ländern, die die Rückführung übernehmen sollen. Es ist aber auch klar, dass wir das im europäischen Kontext nicht allein machen können, daher braucht es auch europäische Wege und es braucht innerhalb der Europäischen Union Druck, dass eine faire Aufteilung auf alle Länder möglich ist.

Und wenn Sie, Herr Strache, sich jetzt so gerne mit einem Glas Weizenbier auf Gipfeln in Deutschland mit den rechten Führern fotografieren lassen (Abg. Strache: Das zum Thema Hetze! Das zum Thema Hetze, Herr Schieder!), dann wäre es doch gescheit, wenn Sie mit denen einmal reden, wie auch sie dabei helfen können, dass es eine faire Aufteilung in Europa gibt, denn damit würden Sie Ihrem Land – nämlich Österreich – einen guten Dienst erweisen. (Abg. Strache: Die werden die SPD bald überholen! – Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz.) Das Thema haben Sie aber bis jetzt tunlichst verschlafen. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Abg. El Habbassi.)

Zweiter Punkt: Wir müssen, so meine ich, in dieser ganzen Thematik vorsichtig sein, näm­lich betreffend unsere Gesellschaft insgesamt, denn das, was wir erleben – ich erwähne nur das letzte Wochenende oder die letzte Woche in Wien, als marodierende rechtsradikale Banden durch die Stadt gezogen sind –, das ist ein Bild, das wir alle zu verhindern versuchen müssen. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gerade bei Ihnen, Herr Strache, fehlt uns die Strategie, dass Sie dabei mitmachen, dass das verhindert wird, denn wenn die Universität Klagenfurt von Identitären ge­stürmt wird (Abg. Kickl: Was ist denn gestürmt worden? Gestürmt ist etwas worden?! Hören Sie doch auf!) und dann ein FPÖ-Funktionär, Herr Luca Kerbl, dabei ist, den Sie noch immer in Ihren Reihen haben und betreffend den Sie nicht aufgeräumt haben, dann müssen Sie hier mitmachen, damit wir in Österreich so etwas nicht mehr haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Wie ist das mit dem VSStÖ und den grünen Hörsaalbesetzern?)


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Oder wenn wir auf Ihrer Facebook-Seite lesen, dass ein Werner G. schreibt, dass man dem Bundeskanzler eine „schnelle kugel“ verpassen soll, dann ist das gleichfalls eine Radikalisierung und Sprache im Netz, die nicht geduldet werden kann. (Abg. Kickl: Jetzt glaube ich schon, dass das die Handschrift von Niedermühlbichler ist! Jetzt glaube ich es schön langsam! – Abg. Strache: … Niedermühlbichler beauftragt, oder was?) Da erwarte ich mir von Ihnen, wenn Sie vom Begriff Ordnung reden, dass Sie einmal Ordnung in Ihren Reihen machen. Das wäre dringend notwendig für Österreich! (Beifall bei SPÖ und Grünen. – Abg. Höbart: Eine schlechte Rede! – Abg. Kickl: Ich weiß gar nicht, was Sie gegen die Zugspitze haben! – Ruf bei der FPÖ: … Bilderberger!)

9.35


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Amon zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


9.35.40

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Wenn wir heute eine Aktuelle Stunde zum Thema „Sicherheit statt Asyl-Zahlentricksereien, Herr Bundeskanzler!“ haben, kann man da eigentlich nur zustimmen. Ich denke, man muss dafür sein: Man muss für Sicherheit sein, und man muss selbstverständlich gegen Zahlentricksereien sein. – Keine Frage, ich gebe Ihnen da absolut recht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das ist aber auch nicht das Thema, sondern das Thema ist, wie ich meine, wie wir mit dieser wirklich schwierigen, herausfordernden Situation umgehen; und die Probleme und Herausforderungen, die wir durch zugegebenermaßen dramatische Migrations­zahlen haben, sind ja nicht einzig und allein hausgemacht, wie Sie das zum Teil darzu­stellen versuchen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ein bisschen schon! – Abg. Kickl: Aber es ist schon Migration!)

Ich gebe Ihnen in einem Punkt recht – und ich suche da wirklich den konstruktiven Diskurs –: Es wurden zweifelsohne von mancher Seite gewisse Bewegungsentwick­lun­gen unterschätzt. Und es war zweifelsohne auch ein Fehler, sich allzu lange auf das Dublin-Verfahren zu verlassen und offenen Auges festzustellen, dass es nicht mehr funktioniert, ohne gleichzeitig sozusagen in der Frage Schengen, offene Grenzen und so weiter nachzuschärfen. Ich gebe Ihnen in diesem Punkt absolut recht.

So, aber hier stehen wir jetzt, und es ist nicht zuletzt dieser Bundesregierung die der­zeitige Situation zu verdanken – ich erinnere an die Balkan-Konferenz, ich erinnere an die zahllosen Gespräche, die unser Außenminister, die frühere Innenministerin, der jetzige Innenminister, der Herr Verteidigungsminister und andere auf allen Ebenen geführt haben, um da Lösungen zustande zu bringen. Die mangelnde Solidarität inner­halb Europas ist zweifelsohne ein Problem, aber ich frage Sie, Kolleginnen und Kollegen, insbesondere von der Freiheitlichen Partei: Was wird uns der Lösung näher bringen, die Debatten, die unsere Regierungsmitglieder und andere auf der europä­ischen Ebene führen, um Lösungen zustande zu bringen, oder Ihre Besuchs- und durchaus fragewürdige Einladungspolitik, Herr Kollege Strache? (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das, was hier von einer Vielzahl von Einsatzorganisationen, von einer Vielzahl von Ehrenamtlichen, die Tag und Nacht im Einsatz waren, um jenen zu helfen, die gekom­men sind, geleistet wurde, war wertvoll, aber jetzt kommen wir in eine Situation, wo uns viele dieser Freiwilligen gesagt haben – auch Ihnen; gerade die Abgeordneten in den Wahlkreisen hören das ja –, dass eine Grenze erreicht ist, wo viele sagen: Wir können nicht mehr! Es gibt einfach auch eine Kapazitätsgrenze, beispielsweise in der Frage


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der Quartiere. Sie erinnern sich an die eigentlich unschönen Debatten, als wir zahllose Flüchtlinge in Zelten unterbringen mussten, weil wir keine festen Quartiere hatten, also wo wir tatsächlich schlicht und einfach so etwas wie eine Kapazitätsobergrenze erreicht haben.

Deshalb ist es ja gut und richtig, dass sich die Bundesregierung auf diese Kapazitäts­obergrenze geeinigt hat (Abg. Strache: Die aber nichts mehr wert ist bei solchen Zahlentricksereien!) und gesagt hat, wir müssen hier eine ehrliche Obergrenze einzie­hen, weil eben die Kapazitätsgrenzen erreicht sind. Das ist der richtige Weg, Herr Kollege Strache (Abg. Strache: Die sind ja nichts wert bei diesen Zahlentricksereien, Herr Amon! Darum geht es ja gerade!), und ich bitte Sie: Unterstützen Sie diesen Weg in konstruktiver Art und Weise! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es gibt, Herr Kollege Strache, keinen Zweifel an der Definition dieser Obergrenze. Sie bezieht sich auf die Zahl der 2016 berechtigten Personen, die zum Asylverfahren zugelassen werden. Wir halten derzeit bei einer Zahl von 18 950. (Abg. Walter Rosenkranz: Inklusive Dublin?)

Wenn Sie die Dublin-Frage ansprechen, Herr Kollege Rosenkranz, dann möchte ich Ihnen auch ganz klar sagen (Abg. Strache: Inklusive Dublin?), dass wir uns da auch innerhalb der Europäischen Union hoffentlich in einem Rechtsbereich befinden (neuer­licher Zwischenruf des Abg. Walter Rosenkranz), in dem auch Rückführungen funktio­nieren müssen. (Abg. Strache: Zuerst sagen Sie, Dublin funktioniert nicht! Ein herr­licher Widerspruch: Sie haben gerade gesagt, es funktioniert nicht, und auf einmal funktioniert es?!) Wir wissen, dass das schwer genug ist.

Es ist auch Ihr gutes Recht, dass Sie andere Länder kritisieren, die diese Rückführun­gen nicht zulassen, es ändert aber nichts daran, dass wir darum ringen müssen, dass wir auf der europäischen Ebene und auf der internationalen Ebene darum kämpfen müssen, denn, Herr Kollege Strache, bei etwa 8 000 Rückführungen, die es im letzten Jahr gegeben hat, waren immer wieder Fälle dabei, wo Flieger nach Pakistan geflogen sind und die dortigen Behörden vor Ort dann etwas anderes entschieden haben, als ursprünglich zugesagt war (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), und dann viele wieder zurückgeschickt wurden. (Abg. Strache: Wo war da der Herr Außen­minister? Wo war der Herr Außenminister letztes Jahr?) – Herr Kollege Strache … (Abg. Strache: Der Herr Außenminister ist da untätig!)

 


Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schlusssatz kom­men. – Bitte.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (fortsetzend): Herr Kollege Strache, Sie können ja nicht so tun, als könnten Sie das hier in Wien so einfach mit Ihrer Kollegin Le Pen lösen. Nur durch konstruktive Gespräche kann dieses Problem gelöst werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Der Herr Außenminister hätte das tun müssen, was die Deutschen die letzten Jahre getan haben!)

9.41


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Darmann. – Bitte.

 


9.41.33

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (FPÖ): Frau Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Jedes Mal aufs Neue gilt es hier in einer Debatte zum verfehlten Zugang der Bundesregierung zu den Themenfeldern Asyl und Zuwanderung festzuhalten, dass Sie nach wie vor kein Problembewusstsein haben – insbesondere der Bundeskanzler!


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Ich muss Sie schon fragen, Herr Bundeskanzler – und gerne würde ich Ihnen jetzt bei dieser Frage auch in die Augen schauen, um Ihre Mimik zu verfolgen –: Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, wofür Sie an sich als Kanzler gewählt wurden beziehungsweise in diese Funktion gesetzt wurden (Abg. Strache: Nicht gewählt!), nicht von der Bevölkerung gewählt, aber nominiert? – Um Verantwortung zu tragen und in korrekter Weise mit der Republik Österreich und auch mit der Ihnen übertragenen Verantwortung umzugehen! (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben als Gast hier im Hohen Haus in einer besonderen Form der Überheblichkeit mit den Abgeordneten des Hohen Hauses gesprochen, nur noch übertroffen von einer polemisierenden Rede des Herrn Klubobmanns Schieder, der in dieser Art und Weise beziehungsweise in dieser Niveaulosigkeit selten hier aufgetreten ist. Ich muss Ihnen schon sagen: Ihnen, Herr Bundeskanzler, und auch Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, insbesondere jenen von der Sozialdemokratie, dürfte entgangen sein, dass die österreichische Bevölkerung nicht zuletzt aufgrund Ihrer Versäumnisse unter einer unkontrollierten Massenzuwanderung unter dem Deck­mantel des Asyls zu leiden hat (Beifall bei der FPÖ), und das einerseits nicht gerade knapp und nicht erst seit gestern, sondern schon seit über einem Jahr, und das ist erst der Beginn einer tatsächlich auf uns zukommenden Völkerwanderung.

Wenn wir an all das denken, dieses Problembewusstsein an sich leben, dann müssen wir sagen: Es wäre schon längst – ich betone: schon längst! – zu handeln gewesen. Deswegen: Hören Sie auf, zu diskutieren, und fangen Sie an, zu regieren, denn dafür sind Sie in dieser Funktion! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie aber diese Verantwortung in dieser Bundesregierung nicht wahrnehmen wollen, dann machen Sie den Weg frei für Neuwahlen – für jene Verantwortungsträger in diesem Land, die auf die eigene Bevölkerung, auf das eigene Volk achten wollen und unsere Heimat, unsere Traditionen, unseren Sozial- und Gesundheitsstaat und unsere Sicherheit schützen und aufrechterhalten wollen! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Ich sage Ihnen, Herr Bundeskanzler: Der von Ihnen angekündigte New Deal ist nichts anderes als ein Asyl-Deal (Abg. Strache: Und die Maschinensteuer ist eine zusätzliche Steuer!), ein Asyl-Deal für die Asylindustrie, für die Schlepper – in Klammern: Schlep­per­mafia –, aber auch für die Wirtschaftsmigranten dieser Welt, denn es hat sich da nichts geändert.

Sie haben das heute selbst festgehalten – ich habe mir gedacht, ich höre nicht richtig! –, als Sie hier sagten, die Fremden, die zu uns ins Land gekommen sind, werden „wahrscheinlich auch dauerhaft“ in Österreich bleiben. (Ruf bei der FPÖ: Unglaublich!) Das waren Ihre Worte, Herr Bundeskanzler! – Das ist doch eine massive und unverantwortliche Fortsetzung der Einladungspolitik der letzten Monate und Jahre zulasten unserer Steuerzahler, unserer Bevölkerung und unserer Heimat. (Beifall bei der FPÖ.) Einerseits wird mit geschönten Asylzahlen gearbeitet, auf der anderen Seite wird beispielsweise in Kärnten, in Villach, ein Großcontainerdorf wieder aufgebaut, es wird weiter mit dem Durchgriffsrecht hasardiert, quer durch Österreich, nur weil man nicht fähig ist, die eigene Macht auszuspielen und jene Personen außer Landes zu halten, die hier einfach nichts zu suchen haben.

Weil man hier sagt, das Dublin-Abkommen sei nicht anwendbar gewesen: Natürlich war es anwendbar, Sie haben es nur nicht angewendet! (Beifall bei der FPÖ.) Jederzeit hätte man an der österreichischen Grenze jedem Fremden, der aus Slowenien oder aus Italien über die österreichische Grenze in unser Land gekommen ist, sagen können: Zurück, du bist in Slowenien nicht verfolgt, du bist in Italien nicht verfolgt,


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diese Staaten trachten nicht nach deinem Leben, und aus diesem Grund haben wir in Österreich laut Dublin-Abkommen das Recht, dich zurückzuweisen!

Es gibt kein Recht auf Asyl in Österreich für jene Personen, die aus sicheren Dritt­staaten nach Österreich einreisen wollen (Beifall bei der FPÖ), noch dazu unkontrol­liert, beispielsweise auch mit der Ausrede, weiter nach Deutschland zu wollen, um dort um Asyl anzusuchen, wobei viele von ihnen dann auch durchgeschleppt werden, weiterhin staatlich unterstützt durchgeschleppt werden.

Ich sage Ihnen: Die Bundesregierung wäre gut beraten, endlich einmal den Schritt zu setzen, zu sagen, wenn jemand weiter nach Deutschland will, hat zuerst Deutschland die Zusage zu geben, dass diese Person dort auch aufgenommen wird, denn dann gibt es nämlich auch keine Zurückweisung beziehungsweise keine Zurückschiebung mehr von Deutschland nach Österreich, weil Deutschland dann auch die Verantwortung zu übernehmen hat, wenn es diese Person haben will. Einfach alle hereinzunehmen, staatlich gefördert durchzuschleppen, ist aber genauso verantwortungslos, wie unserer Bevölkerung all das aufzubürden, was Sie durch fehlenden Mut und fehlende Verant­wortung in Ihrer Regierung verbrochen haben, verehrte Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Ebenso ist es ein Wahnsinn und spricht für sich und gegen diese Regierung, dass Sie nicht bereit sind, endlich eine Kürzung der Sozialleistungen für Fremde in diesem Land vorzunehmen, denn eines ist klar: Es ist da eine Ungleichbehandlung all jener unserer Bürger gegeben, die ein Leben lang für Österreich gearbeitet haben, ein Leben lang in unser System eingezahlt haben, ein Leben lang Leistungen für unsere Gesellschaft erbracht haben (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen) und teilweise oder zum Großteil weniger Anspruch auf Sozialleistungen und auf Gesundheitsleistungen im Österreich der Gegenwart haben, als jene Menschen, die nach Österreich kommen, um sich bei uns in das soziale Netz zu setzen. (Beifall bei der FPÖ.)

In diesem Sinne ist die Bundesregierung gut beraten, endlich zu handeln und, wie ich vorhin gesagt habe, aufzuhören, zu diskutieren, und endlich anzufangen, zu regieren. (Beifall bei der FPÖ.)

9.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


9.47.36

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Dame und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und alle Bürger und Bürgerinnen, die uns vor ihren Bildschirmen zuschauen! Ich möchte mit einem großen Bogen beginnen: Wovon sprechen wir eigentlich, wenn wir von der internationalen Flüchtlingssituation sprechen? – Wir sprechen da über eine Situation, in der laut UNO, laut den Vereinten Nationen, 60 Millionen Menschen weltweit vertrieben und auf der Suche nach Schutz sind. 60 Millionen Menschen! Die UNO sagt selbst, dass das die höchste Zahl an schutzsuchenden und vertriebenen Menschen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist.

Syrien, Irak, Eritrea, Sudan, Südsudan: Das alles sind Schauplätze von Krieg, Vertrei­bung, Massenmord, Massenvergewaltigung, über die wir seit Jahren als Medienkon­sumenten und -konsumentinnen Berichte lesen.

Ich möchte daran erinnern, dass die Flüchtlingskonvention nach dem Zweiten Welt­krieg angesichts von Millionen Zivilisten und Zivilistinnen, die in zwei Weltkriegen ermordet wurden – im Zweiten Weltkrieg sechs Millionen Juden und Jüdinnen; Roma und Sinti, Homosexuelle, Kommunisten, Sozialisten wurden verfolgt oder umgebracht –,


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dass die Genfer Flüchtlingskonvention nicht aus Jux und Tollerei geschaffen wurde, sondern dass sie von der Staatengemeinschaft geschaffen wurde, weil eben Millionen Menschen in Kriegen ermordet wurden, vertrieben wurden, vergewaltigt wurden. Das ist die internationale Rechtslage, in der wir uns befinden. Wir haben internationalen Flüchtlingsschutz mit der Flüchtlingskonvention verankert.

Wie schaut die Situation in den Nachbarländern von Kriegs- und Krisenländern aus? – Im kleinen Libanon, der ungefähr so groß ist wie Oberösterreich, ist inzwischen jeder vierte Mensch ein Flüchtling. Jeder vierte Mensch! Das sind die Zustände, von denen wir sprechen, wenn wir auch hier bei uns über Schutzsuchende, Verfolgte, Vertriebene sprechen.

Was will ich mit all diesen Zahlen zum Ausdruck bringen? – Ich will noch einmal unterstreichen, dass eine Lösung nur international und gemeinsam möglich ist. Dass kein einziges Land auf dieser Welt 60 Millionen Flüchtlinge aufnehmen kann, liegt auf der Hand, deshalb gibt es nur die Möglichkeit von internationalen Lösungen. Und wenn man sagt: Wir machen jetzt zu, wir nehmen 37 000 Schutzsuchende und keinen einzi­gen mehr!, dann muss man einen Schritt weiter denken: Was passiert, wenn das auch ein zweites Land sagt, ein drittes, ein zehntes, ein zwanzigstes? (Abg. Rädler: Das müssen Sie den Herrn Bundeskanzler fragen!) Jedes Land macht zu – die Letzten beißen die Hunde! Auch daran sieht man, dass wir auf gemeinsame Lösungen ange­wie­sen sind, dass es nicht allein geht, dass es aber mit nationaler Abschottungspolitik schon gar nicht geht.

Was ist die Lösung, die ich vorschlage, die wir, die Grünen, vorschlagen?

Erstens: massive Unterstützung jener Länder, die bis jetzt Hunderttausende Schutz­suchende aufgenommen haben. – Kenia beispielsweise hat Hunderttausende sudane­sische Flüchtlinge aufgenommen und wurde seit Jahren von der internationalen Staatengemeinschaft sehr stark im Stich gelassen. Die Unterstützung jener Länder, in welchen Hunderttausende, teilweise Millionen Flüchtlinge untergekommen sind, fehlt bis heute.

Zweitens: Wir brauchen verbindliche Aufnahmequoten für alle EU-Länder. Ja, Öster­reich kann nicht alle Schutzsuchenden aufnehmen, das kann auch Schweden nicht; aber die Europäische Union, die aus 28 Ländern besteht, 500 Millionen Einwoh­ner und Einwohnerinnen hat, kann Menschen aufnehmen, wenn alle Länder dazu angehalten werden, fixe, verbindliche Quoten einzuhalten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.) Um das zu ermöglichen, brauchen wir auch eine massive Umverteilung des EU-Budgets in Richtung jener Länder, die zu ihrer Verantwortung stehen und die Flüchtlinge aufnehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Drittens: Die gesamte politische Energie, die wir gemeinsam haben, sollte in diese internationalen Lösungen gesteckt werden, statt Zahlen zu definieren und zu sagen: Kein Einziger mehr kommt ins Land!

Ich möchte abschließend über die aktuelle Situation sprechen. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin gleich am Ende meiner Rede, Frau Präsidentin. – Der Gewalt der Worte folgt sehr oft die blanke physische Gewalt. Wir haben inzwischen die Situation, dass Rechtsextreme Theateraufführungen stürmen, weil Flüchtlinge dort mit­spie­len, dass Rechtsextreme …

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie müssen zum Schlusssatz kom­men. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (fortsetzend): Schlusssatz: Wenn Rechtsextreme Universitätsvorlesungen stürmen und dem Rektor der Universität Klagenfurt drohen


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und ihn schlagen, dann ist ein Punkt erreicht, wo man sagen muss: Schluss damit! (Beifall bei den Grünen.)

Unsere Gesellschaft (Abg. Lugar: Frau Präsidentin, die Redezeit …!), unseren gesell­schaftlichen Zusammenhalt werden wir uns nicht nehmen lassen. Solidarität …

9.53


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, Sie haben Ihre Redezeit ausgeschöpft. (Ruf bei der FPÖ: Bei Weitem! – Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Korun.)

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


9.53.54

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir die Debatte wirklich sachlich führen, denn ich glaube, dass wir sonst hier auf keinen Fall zu Lösungen kommen werden. Wir wissen, dass es aufgrund dessen, wie teilweise diese Debatte in der Vergangenheit innerhalb der Bundesregierung oder auch in diesem Parlament geführt wurde, eben nicht rechtzeitig zu Lösungen gekommen ist.

Ich habe es ja hier an dieser Stelle schon öfter gesagt, kann es aber nur immer wieder wiederholen: Die absurdeste Debatte war die um den Grenzzaun: „Türl mit Seiten­teilen“. Man weiß, das hat nicht zu einer Lösung geführt. Wir haben dann die Diskus­sion über die Obergrenze gehabt, wo es zuerst hieß: Wir lassen das Rechtliche einmal beiseite und prüfen erst nachher, ob das rechtens ist!

Diese ganze Symbolpolitik und all diese absurden Debatten führen dazu, dass die Bevölkerung zu Recht verunsichert ist, weil sie nicht weiß, woran sie ist, wenn sie sehr oft unterschiedliche Begriffe und unterschiedliche Aussagen aus vielen Bereichen und auch vonseiten der Bundesregierung vernehmen muss und man sich da offensichtlich auch nicht immer einig ist. Ich glaube, das sollte uns dazu bewegen, eine sachliche und konstruktive Debatte zu führen, damit wir eben auch zu den Lösungen kommen können, die wir dringend brauchen.

Herr Bundeskanzler, vielleicht eine Sache gleich vorweg: Ich glaube, es würde sehr helfen – und ich meine, da sind nicht Sie allein verantwortlich, aber es liegt auch in Ihrer Verantwortung als Chef dieser Bundesregierung –, wenn die gesamte Bundes­regierung mit einer Stimme reden würde. Ich glaube nicht, dass es etwas bringt, wenn sich, wie es momentan der Fall ist, ungefähr vier Minister im Minutentakt oder im Tagestakt zu Wort melden und unterschiedliche Vorschläge vorbringen, nämlich von allen Seiten. Ich glaube nicht, dass das der Debatte hilft. Ich glaube, es würde wesent­lich hilfreicher sein, wenn sich die gesamte Bundesregierung einmal intern darauf verständigen würde, worauf sie hinauswill und wo sie hinwill, und dann diese Vor­schläge präsentieren würde und auch auf europäischer Ebene gemeinsam versuchen würde, diese Vorschläge entsprechend umzusetzen. Das würde der ganzen Debatte helfen, und das würde auch helfen, die Lösungen, die wir wollen, umzusetzen.

Sie haben ein paar Dinge angesprochen, die ich für wichtig halte und die wir jedenfalls angehen sollten. Da wäre zum Beispiel die Frage zu nennen: Wie können wir Asylverfahren beschleunigen?

Wir NEOS haben schon vor längerer Zeit den Vorschlag gemacht, dass wir eigene Verfahren für jene eröffnen sollen, die nur subsidiär schutzberechtigt sind. Sie wissen genauso wie ich, dass sehr viele, die aus Syrien kommen, in erster Linie subsidiär schutzberechtigt sind. Wenn wir die Möglichkeit schaffen würden, für diese Menschen ein eigenes Verfahren zu eröffnen, dann würden wir die Asylbehörden massiv entlas­ten können und die Asylverfahren viel stärker vorantreiben können.


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Die Rückführungsabkommen halte ich auch für einen ganz wesentlichen Punkt. Auch dazu haben wir von den NEOS Vorschläge gemacht, und zwar, dass wir jenen Ländern, die nicht bereit sind, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, wenn sie in Öster­reich oder in Europa kein Aufenthaltsrecht haben, klar sagen, dass wir die Mittel im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit nicht mehr so wie bisher zur Verfügung stellen werden, dass wir klar in den Raum stellen, dass wir diese Mittel massiv kürzen werden, weil es nicht akzeptabel ist, dass es Länder gibt, die ihre Staatsangehörigen, obwohl diese in Europa kein Schutzrecht haben, nicht zurücknehmen. Ich glaube, da muss man ganz schnell handeln, natürlich auch auf europäischer Ebene, weil es Österreich allein wohl nicht schaffen wird.

Was Sie, Herr Bundeskanzler, auch angesprochen haben, ist die Integration ab dem ersten Tag. Ich halte das für völlig richtig, denn je mehr Zeit wir da verlieren, desto mehr Probleme werden wir im Nachhinein haben. Das heißt, wir müssen mit Deutsch­kursen ab dem ersten Tag anfangen; die werden momentan in vielen Bereichen nur von Freiwilligen gemacht. Wir müssen schauen, dass Asylwerber viel schneller die Möglichkeit haben, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, denn je länger wir warten, desto problematischer wird die Situation danach sein.

Herr Bundeskanzler, ich habe gestern eine Anfragebeantwortung vom Herrn Innen­minister zur Frage der Notstandsverordnung, die ja jetzt kommen soll, bekommen. Wir NEOS haben auf 17 Seiten viele Dinge hinterfragt, wie zum Beispiel, was die kon­kreten Zahlen sind, wie viele Asylverfahren durchgeführt worden sind, wie viele positiv entschieden wurden, und so weiter, und der Herr Innenminister hat uns auf vier Seiten im Wesentlichen geantwortet, dass er sich nicht zuständig fühlt. Jetzt verstehe ich unter Umständen, was er gemeint hat, nämlich dass er für diese Notstandsver­ordnung nicht allein zuständig ist, nichtsdestotrotz glaube ich doch, dass schon er in erster Linie für Fragen betreffend Asyl zuständig wäre. Es irritiert mich ein wenig, dass wir da keine Antworten bekommen haben, wir werden daher diese Anfrage jetzt auch an Sie stellen, weil Sie als Chef der Regierung offensichtlich eher dafür verantwortlich sind. Ich bin gespannt, ob wir dann von Ihnen Zahlen bekommen werden, denn ich meine, dass es wichtig wäre, dass es auch in diesem Zusammenhang zu einem gemeinsamen Auftre­ten kommt.

Wichtig ist auch, dass man Vorschläge, die auf dem Tisch liegen, entsprechend ruhig diskutiert. Der Außenminister hat Dinge vorgeschlagen, wo ich sagen muss, dass ich bei einigen absolut nicht seiner Meinung bin. Dass man Internierungslager auch nur ansatzweise ins Spiel bringt, halte ich für falsch, aber wir müssen meiner Meinung nach mehr über Resettlementprogramme diskutieren. Ganz ehrlich, ich halte es für wichtig, dass wir darüber diskutieren, aber wir müssen da auch einmal etwas machen. Man braucht sich nicht zu wundern, dass sich die Menschen auf den Weg machen, wenn es Österreich in den letzten zwei Jahren nicht geschafft hat, im Bereich der Resettlementprogramme mehr zu machen, als nur 1 900 Personen aus Syrien über Resettlementprogramme nach Europa beziehungsweise, in diesem Fall, nach Österreich zu bringen. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Schlusssatz, Frau Präsidentin: Ich glaube, wichtig ist, dass wir hier nicht nur schöne Worte austauschen, sondern diesen auch konkrete Taten folgen lassen. Und wichtig ist auch, dass wir diese Debatte hier sachlich weiterführen. (Beifall bei den NEOS.)

9.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Lugar. – Bitte.

 


9.59.20

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler, ich glaube, dass Sie einen großen Fehler machen. Sie machen einen


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großen Fehler, wenn Sie bei ihren ersten Reden hier im Parlament ganz einfach beharrlich die Frage, die an Sie gestellt wurde, nicht beantworten. Die Frage war ja, wie Sie es denn nun mit dieser Obergrenze halten, denn da hat sich das Problem ja sozusagen entwickelt. (Ruf: … nicht der Punkt!) Sie hätten heute hier sagen können: Ja, ich stehe zur Obergrenze, in dieser oder dieser Art! – Das hätten wir von Ihnen erwartet.

Aber was haben Sie gemacht? – Sie haben einfach all jene, die sich Sorgen um unsere Flüchtlingspolitik machen, hingestellt, als wären sie in einer Reihe mit jenen, die Flüchtlingsheime anzünden, beziehungsweise mit Ausländerfeinden. Ich glaube nicht, dass es jemand verdient hat, in einen solchen Kontext gebracht zu werden, wenn er sich einfach nur Sorgen darüber macht, wie Sie es denn nun mit der Flüchtlingsober­grenze oder generell mit den Flüchtlingen halten. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der Grund dafür, dass Sie heute hier nichts zur Sache gesagt haben, ist aus meiner Sicht, dass Sie uns nicht die Wahrheit sagen, denn die Wahrheit wäre: In der Flücht­lings­hilfe geht es überhaupt nicht um Hilfestellung für all diese verfolgten Menschen. Darum geht es nicht! Wenn es Ihnen darum ginge, den Verfolgten und schlecht behandelten Menschen dieser Welt zu helfen, dann würden Sie nicht 80 Prozent junge Männer in unser Land lassen, sondern dann würden Sie sich bemühen, dass man Frauen und Kindern hilft – jene sind die am meisten betroffenen Gruppen, die in Kriegssituationen oder sonstigen Verfolgungssituationen am meisten leiden –, dann würden Sie sich dafür starkmachen, dass man Frauen und Kindern hilft und nicht 80 Prozent junge Männer hier hereinlässt. (Abg. Schimanek: Da hat er recht!)

Der Punkt, warum Sie das tun, ist – und da sollten Sie ein bisschen Ehrlichkeit an den Tag legen –, dass man in der Europäischen Union beschlossen hat, 17 Millionen Menschen nach Europa zu holen. Herr Avramopoulos – es gibt seit 2010 einen eigenen Kommissar für Migration – hat gemeinsam mit der Europäischen Union, ge­meinsam mit der Kommission beschlossen, dass in den nächsten Jahren 17 Millionen Menschen nach Europa gelassen werden. Das ist die Idee dahinter.

Und da geht es nicht um Hilfe, denn Sie wissen ja, wenn jemand kommt, gar nicht, ob der Hilfe braucht. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Da geht es um die billigen Arbeits­kräfte!) Das könnte theoretisch ein Pakistani sein, der einen Friseurladen in Pakistan hat, der sich einfach irgendwann einmal überlegt: Ich gehe jetzt nach Österreich! Der kommt jetzt über die Grenze, und Sie wissen nichts über diese Person. Das erfahren Sie erst ein Jahr später, wenn das Asylverfahren abgeschlossen ist, und dann bringen Sie ihn nicht mehr nach Hause, weil Pakistan niemanden mehr zurücknimmt. Das ist das Problem, von dem wir sprechen, aber auch darüber haben Sie heute kein einziges Wort verloren – kein einziges Wort, Herr Bundeskanzler! (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Er schaut in den Himmel!)

Was Sie wollen, ist, dass man nicht darüber spricht. Sie wollen in Wirklichkeit den Diskurs abdrehen. Wenn den Sozialisten nichts mehr einfällt, greifen sie in die Trick­kiste, und dann geht es plötzlich nicht mehr um das Argument, das heute hier ja vorge­bracht wurde und auch schlagend ist, nein, dann geht es um den Ton. Der Ton ist das Problem! – Ich weiß nicht, wie Ihnen mein Ton gefällt, ich weiß nicht, ob Sie Freude damit haben, was ich hier sage. Es könnte sein, dass Ihnen in dieser Frage ein anderer Ton gefallen würde, nämlich Stille. Das mag durchaus sein. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Aber wir lassen uns sicherlich nicht vorschreiben, wie wir den Diskurs führen sollen. Was wir von Ihnen erwarten, sind klare Aussagen zu den Problemen. Und wenn Sie uns dann vorwerfen – Sie werfen es ja dem ganzen Parlament vor, nicht nur der Oppo-


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sition –, dass da keine Vorschläge kommen, muss ich sagen: Ich glaube, es liegen so viele Vorschläge auf dem Tisch, dass wir einmal darüber reden sollten.

Ich nenne Ihnen ein paar Vorschläge: zum Beispiel, dass man jetzt endlich anfängt, Flüchtlinge, die bei uns nichts verloren haben, zurückzubringen. Verteidigungsminister Doskozil, den Sie heute erwähnt haben, hat ja schon vor Monaten angeregt, dass man das mit Militärmaschinen macht. Haben Sie schon einen Einzigen mit Militärmaschinen zurückgebracht? – Nein!

Oder man könnte sogenannte Wartezentren in Nordafrika errichten, wo man all jene, die möglicherweise Pakistan, Algerien nicht zurücknimmt, einfach einmal unterbringt und ihnen die entsprechende Unterstützung gibt.

Man könnte den Menschen vor Ort helfen, nicht in Österreich. Jetzt erklären Sie mir einmal, warum man jemandem in Österreich um das Zehnfache der Kosten helfen muss, wenn das genauso in Jordanien oder anderen Ländern geht. Dazu habe ich auch noch nichts von Ihnen gehört. Sie sagen immer, Sie wollen Vorschläge. Das ist doch ein guter Vorschlag: Helfen wir den Menschen vor Ort, dort ist es billiger, dort sind sie unter sich, dort sprechen sie die gleiche Sprache und haben auch religiös keine Probleme.

Aber nein, Sie wollen sie hier in Österreich haben! Der Grund dafür, dass Sie das wollen, ist, dass die Europäische Union beschlossen hat, 17 Millionen Arbeitskräfte nach Europa zu holen, und da sind Ihnen natürlich 80 Prozent junge Männer viel lieber als die tatsächlich verfolgten Frauen und Kinder. Das ist der Hintergrund! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

10.04


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte.

 


10.05.00

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Galerie und vor den Bild­schirmen! Ein sensibles Thema, pflege ich zu sagen, ist hier anscheinend immer sehr schwierig zu diskutieren. Aber ich hoffe zumindest, dass wir Konsens darüber haben, dass der Verrohung der Sprache Taten folgen, und das ist genau jener Punkt, hinter dem sich anscheinend nicht immer alle finden.

Ich stehe nicht an, mich bei dieser Bundesregierung, beim Herrn Bundeskanzler zu bedanken. Bei der ersten Gelegenheit hat er zum Ausdruck gebracht, dass er in die­sem Bereich – und das könnt ihr jetzt zerpflücken, wie ihr wollt – zu diesem Beschluss, der seinerzeit beim Asylgipfel gefasst worden ist, steht. – Punkt.

Und es gelingt und gelingt nicht, dass wir hier keine Vermischung der verschiedensten Rechtsbestände vornehmen – die einen, weil sie sich vielleicht nicht auskennen, das möge so sein, die anderen mit Sicherheit mit voller Absicht, weil es so schön ist, wenn man die Menschen in unserer Heimat verunsichert. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Der Bundeskanzler!)

Ich glaube, dass wir gemeinsam die Verpflichtung haben, den Menschen Sicherheit zu vermitteln und die richtigen Maßnahmen zu setzen, aber auf der anderen Seite alle Maßnahmen zu setzen, dass bei jenen, die bei uns bleiben, weil sie den Status erhalten haben – hier scheiden sich die Geister in allen Rechtsmaterien ja oft schon bei der Formulierung –, die Integration funktioniert. – Punkt. So einfach ist das.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 48

Aber in Wirklichkeit sind wir gemeinsam gefordert – wir hier, der Staat als Ganzes, die Europäische Union, aber auch die internationale Staatengemeinschaft –, dass wir jene Länder, in denen die Krisenherde bestehen, beruhigen. Dann entsteht der Flücht­lings­strom erst gar nicht.

Ich werde bei jeder Gelegenheit zum Ausdruck bringen, dass mir jede einzelne Straf­tat eine zu viel ist, aber ununterbrochen zu suggerieren, dass es Nichtösterreicher sind, die dieses Problem entstehen lassen, ist ganz einfach unrichtig. Wenn man das tut, bezweckt man etwas damit.

Ich glaube, wir haben die gemeinsame Aufgabe und die gemeinsame Verpflichtung, jenen Menschen klar zu signalisieren: Jawohl, du hast ein Anrecht nach der Konven­tion – oder du hast keines. – Punkt. Und außer den Beschlüssen der Bundesregierung sehe ich keine konstruktive Mitarbeit an dem Thema. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) – Da könnt ihr Zwischenrufe machen, soviel ihr wollt! Es ist nicht richtig, wenn wir immer wieder von Zahlen reden, die nicht stimmen. Das ist eindeutig. Wir alle haben nicht die Zeit, dass wir hier jetzt etwas mit Zahlen aufrechnen. Der Herr Bun­deskanzler hat richtig gesagt, dass wir die ja alle lesen können, die werden täglich veröffentlicht.

Ich glaube aber, dass die notwendige Konsequenz darin bestehen muss, jene, die unsere Hilfe brauchen, so zu integrieren, dass sie selbst und die Gesellschaft in diesem Land kein Problem haben. Und bei allen, die kein Anrecht haben, müssen wir uns rechtzeitig darum kümmern, die Zurückweisung oder Zurückführung ganz einfach umzusetzen. – Punkt.

Ich möchte hier auch die Gelegenheit nützen, dem Herrn Verteidigungsminister zu danken, denn es ist ja keine Selbstverständlichkeit, dass er mit dem Innenminister – beziehungsweise vorher mit der Innenministerin – versucht, dass diese Ressorts mit ihren Ressourcen die notwendigen Aufgaben gemeinsam umsetzen.

Bei jeder Gelegenheit, bei der wir Maßnahmen gesetzt haben – Erhöhung von Plan­stellen, Gesetzesanpassungen –, wart ihr dagegen und habt nicht mitgestimmt. Nicht einmal bei der Planstellenerhöhung habt ihr mitgestimmt! Ich stehe nicht an, allen Polizistinnen und Polizisten, Soldatinnen und Soldaten bis hin zu allen NGOs dafür zu danken, was sie für diesen Staat und für die Österreicherinnen und Österreicher leis­ten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie dieses Thema ernst nehmen, dann versuchen wir gemeinsam, diese Frage menschlich, human und im Interesse des Gesamtstaates zu einer Lösung zu bringen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.09


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. – Bitte.

 


10.10.00

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Dame, sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Im Mai dieses Jahres sind die Asylantragszahlen um 40 Prozent zurückgegangen. Das ist aber noch nicht die Trendumkehr, denn wenn wir uns die Zahlen von Jänner bis Mai ansehen, dann stellen wir fest, dass im Verhältnis zum Vorjahr rund 8 Prozent mehr Menschen um Asyl angesucht haben. Es zeigt aber, dass die Maßnahmen, die von der österreichischen Bundesregierung gesetzt wurden, greifen. Der Stopp auf der Balkanroute war notwendig, weil in Gesamteuropa keine Lösung vorankam. Er stellte sicher, dass Österreich und Deutschland von einem neuerlichen Ansturm verschont blieben. (Abg. Kickl: Zuerst laden sie alle ein, dann machen sie einen Stopp!)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 49

Daher, meine Damen und Herren, wurden diese Lösungen gewählt: ein Stopp auf der Balkanroute, nun ein Stopp auf der Route von Italien nach Österreich und Deutschland. Das danken die Bürgerinnen und Bürger, sie sehen es an der Grenze, und ich möchte daher eine Gruppe des Seniorenbundes des Bezirks Oberpullendorf ganz herzlich bei uns begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren, Europa ist in der Krise. (Abg. Kickl: Krisen!) Zwei Punkte betreffen Europa vor allem: Das eine ist die Finanzierung, der Euro, das andere sind die Flüchtlingszahlen. Wenn Europa hier nicht zu einer gemeinsamen Sprache kommt, ist es ehrlich in Gefahr. Es gilt daher, dass wir uns alle gemeinsam anstrengen, wir müssen zusammenarbeiten, und niemand von uns wird, auch wenn es eine Partei in diesem Haus noch so oft versucht, allein in der Lage sein, dieses Problem zu lösen. Es besteht nämlich darin, dass 60 Millionen Menschen auf der Flucht sind, dass nun immer mehr Menschen aus Afrika kommen – die Zahlen aus Syrien und dem Irak nehmen gleichzeitig ab – und dass es eine Bevölkerungsexplosion in diesen Ländern gibt. Es wird notwendig sein, dass wir damit umzugehen lernen.

Die Umsetzung des Konzepts der ehemaligen Innenministerin – Safe Lives –, das sie schon 2014 in der Europäischen Kommission vorgestellt hat, nämlich durch die UNHCR Flüchtlingslager an der Außengrenze einzurichten und dort zu entscheiden, wer ein Recht auf Asyl in Europa hat und wer nicht, ist ein Gebot der Stunde. Wir kön­nen von diesem Konzept nicht abgehen, denn sonst werden die Länder in Europa überfordert, es kommt zu Unsicherheiten, und die Menschen bekommen das Gefühl, dass wir das Problem nicht allein lösen können. Wir müssen ihnen diese Kontrolle und Sicherheit geben, dass sich Gesamteuropa dieser Problematik stellt und dass wir alle solidarisch miteinander daran arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundeskanzler, Ihre Unterstützung brauchen wir, wenn Sie zu Ihrem ersten Euro­päischen Rat fahren – und das können Sie aufrechten Hauptes tun –, um die Soli­dari­tät von allen europäischen Staaten einzufordern, denn Österreich ist seinen Verpflich­tun­gen nachgekommen. Österreich ist seiner Verantwortung nachgekommen, die öster­reichische Bundesregierung hat 1,5 Prozent als die Zahl angegeben, die für uns machbar ist, was wir an Asylwerbern aufnehmen können.

Wenn andere Staaten in Europa diesem Konzept folgen, dann wird es kein Problem für Europa sein. Das alles wird nur dann gelingen, wenn Europas Außengrenzen gesichert werden und wenn gleichzeitig sichergestellt wird, dass es aufhört, dass solche Rege­lun­gen, wie sie derzeit gelten, nämlich Dublin-Regelungen, nicht gegenüber Ungarn und gegenüber Griechenland exekutiert werden können. Da muss der Druck kommen!

Ich bin dankbar, dass die Europäische Kommission das so sieht, aber der Europäische Gerichtshof sieht es noch nicht so. Wir brauchen da eine Änderung auf europäischer Ebene, damit es für Schengen-Staaten selbstverständlich ist, dass sie auch sichere Staaten für Asylwerber sind und dass daher alle Schengen-Staaten genauso verpflich­tet werden können, Asylwerber aufzunehmen, wie alle anderen Staaten.

Herr Bundeskanzler, da werden wir gemeinsam voranschreiten, für die Sicherheit unseres Landes, für die Sicherheit Europas und für die Zukunft Europas. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.15

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz gelangt


 als Nächster zu Wort. – Bitte.

 


10.15.20

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Bundeskanzler, wir haben gerade von meinem Vorredner


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 50

gehört, dass es eine Partei allein nicht schaffen wird, auch wenn sie es gerne möchte, sondern dass alle zusammenarbeiten müssen. Eines weiß ich ganz bestimmt: Zwei Par­teien gemeinsam haben es bis jetzt nicht geschafft, nämlich SPÖ und ÖVP. Die haben es bis jetzt mit Sicherheit nicht geschafft! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn das Zitat von der Bananenrepublik gefallen ist, dann muss man sich fragen, wer denn Österreich in den letzten Jahren im historischen Rückblick zur Bananenrepublik gemacht hat. Es war diese Regierung, es war diese Koalition! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Österreich ist keine Bananenrepublik!)

Wir haben auch gehört, dass seit der Stichwahl in diesem Land 2,2 Millionen Men­schen als Rechtsextreme, als Neonazis, als Idioten beschimpft werden. Das ist unhal­tbar, das ist unfassbar! (Beifall bei der FPÖ.) Und es zeugt von der Arroganz und von dem Hochmut, den manche politische Kasten in diesem Land nach wie vor gegenüber den Menschen haben. Es ist einfach unerträglich!

Als kleines Beispiel dazu darf ich hier eine Unterstützerin der Grünen zitieren, die sich zwar selbst unabhängig gibt, aber trotzdem bei ihnen ist: Es ist die Unternehmerin Gexi Tostmann, die sagt, es müssten eigentlich alle Österreicherinnen und Österreicher eine Prüfung ablegen, ob sie überhaupt wahlreif sind. (Zwischenruf der Abg. Glawischnig-Piesczek.) Das ist genau diese Arroganz, dieser Hochmut, von dem ich spreche. Es ist unerhört! Lesen Sie im „Kurier“ nach, Frau Kollegin Glawischnig, lesen Sie nach! Verschließen Sie nicht die Augen vor der Wahrheit! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Glawischnig-Piesczek: Schauen Sie sich einmal die Postings auf ihrer Facebook-Seite an!)

Verschließen Sie die Augen auch nicht davor, was die Parteijugend nicht nur in Öster­reich mit dem Flaggerl anstellt, sondern was die grüne Parteijugend Ihrer Schwester­partei in Deutschland damit anstellt. Gehen Sie einmal hin – egal, ob auf die Zugspitze oder sonst wohin – und reden Sie einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden, Genossinnen und Genossen in Deutschland darüber, was man macht!

Der Herr Bundeskanzler hat noch gemeint, dass man vielleicht mit einem rot-weiß-roten Schal zumindest zu Hause vor dem Fernsehschirm sitzen würde. Was Sie meinen, was man mit unserer Flagge anstellen kann, das hat an sich Ihre Parteijugend mit dem Gackerl schon ganz genau und klar und deutlich gesagt, Frau Kollegin Glawischnig! – Auch hier eine kleine Erinnerung an die Geschichte. (Beifall bei der FPÖ.)

Und da ich gerade bei Ihnen bin: Frau Kollegin Korun hat sich doch zuerst über eine Demonstration in einem Hörsaal alteriert. (Abg. Strache: Das ist der Schurkenstaat!) Man muss nicht einer politischer Meinung sein, nur eines kann ich Ihnen schon sagen: Sie, liebe Linke in der Gesamtheit, Sie haben mit Sicherheit nicht das Monopol für Demonstrationen, für Kundgebungen und für gewalttätige Ausschreitungen in diesem Land! (Zwischenruf der Abg. Schatz.) Sie haben das mit Sicherheit nicht, auch nicht im Burgtheater, wo Sie bereits eine derartige Aktion gehabt haben! (Abg. Strache: Es gibt kein linkes Gewaltmonopol!)

Wenn Sie schon von Gewalttätigkeiten sprechen: Willkommen beim nächsten Akade­mi­kerball! Dort werden dann Ihre Freundinnen und Freunde wieder mit der Gewalt und mit dem Segen des Herrn Öllinger – der wacht gerade dort hinten ein bisschen auf – entsprechend umgehen können. (Zwischenruf des Abg. Steinhauser.) Nein, Sie sind nicht die Monopolisten!

Der Herr Bundeskanzler hat die Realität angesprochen. Wie schaut es denn mit der Realität aus? – Es freut mich, dass Frau Staatssekretärin Duzdar heute hier ist, die


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gemeint hat, man müsse mit der Integration bereits im Asylverfahren beginnen, weil die Asylverfahren oft mehrere Jahre dauern. Die Statistik spricht klar ein anderes Zeichen, wir sind derzeit bei etwas mehr als sechs Monaten, und der Herr Bundeskanzler hat gesagt, dass die Verkürzung der Asylverfahrenszeiten wahnsinnig wichtig sei. Warum hat denn diese Regierung erst unlängst mit ihrer Mehrheit im Parlament beschlossen, dass die Asylverfahren verlängert werden können? Das ist doch alles blanker Hohn, was hier gesprochen und argumentiert wird! (Beifall bei der FPÖ.)

Neben der Realität, neben der Einforderung eines Blickes auf die Realität, gibt es auch noch etwas anderes, das ich einfordern würde, nämlich Menschenwürde und Respekt, vor allem auch für Österreicherinnen und Österreicher, denn daran mangelt es nämlich in letzter Zeit. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich nenne Ihnen Beispiele dafür, was durch Ihre falsche Zuwanderungspolitik und die falsche Asylpolitik passiert. Wenn in Niederösterreich in einem Kindergarten ein Geschwisterkind von einem Tag auf den anderen nicht genommen wird, weil es heißt: Tut uns leid, es war Ihnen der Platz versprochen, aber wir haben den Platz jetzt für Asylwerber-Kinder freimachen müssen!, dann verstehen das die Eltern nicht.

Oder: Wenn in einer Schule in Wien die Maturavorbereitungsstunden mit dem Argu­ment: Wir brauchen dieses Geld für Arabisch-Dolmetscher!, gekürzt werden, dann ver­stehen die Eltern dieses Argument nicht.

Daher fordern wir tatsächlich Lösungen und nicht nur die Sprechblasen, in denen Sie mittlerweile nur fortsetzen! (Beifall bei der FPÖ.)

10.20


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte. (Abg. Walter Rosenkranz: Ist das der mit dem Foto, wo daneben die …?)

 


10.20.36

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Herr Abgeordneter Rosenkranz, ich empfehle Ihnen, halten Sie lieber Ihre Internetseiten sauber, nämlich die Facebook-Seiten der FPÖ und Ihres Parteiobmannes Strache, wo es Morddrohungen gegen den Bundeskanzler gibt! Das ist eine Polarisierung, die Sie herbeigeführt haben und die unsere Republik an den Rand des Abgrunds treibt, dass wir heute in einer Situation sind, in der Menschen offen mit Mord drohen. Das ist untragbar! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Sie stellen sich hierher ans Rednerpult, aber darüber wollen Sie kein Wort verlieren. Sie machen mit der Angst der Menschen Politik, polarisieren, wollen so Wahlen gewinnen und sehen nicht, dass Sie Menschen auseinandertreiben und gegeneinander aufbringen (Abg. Strache: Darin sind Sie Profi genug!), und Sie sehen nicht, wohin Sie dieses Land mit dieser Politik bringen! (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir wollen keine Situation, in der Menschen aufeinander losgehen. Wir wollen nicht, dass Flüchtlings­heime wie in Deutschland brennen. Altenfelden sollte uns eine Warnung sein und allen zu denken geben. Ich bin dem Bürgermeister von Altenfelden dankbar dafür, wie er reagiert hat. Er hat gesagt, dieses Flüchtlingsheim wird wieder aufgebaut, die Aggres­soren dürfen nicht recht bekommen, damit es keine Nachahmer gibt! – Er hat beson­nen und richtig reagiert. Ich bin stolz und froh, dass wir solche Bürgermeister haben, die solch klare Worten finden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich sage an dieser Stelle: Danke, Herr Bürgermeister Gattringer, Ihr Beitrag zum Zu­sam­menhalt in diesem Land war größer als all das, was wir hier im Parlament heute gehört haben!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 52

Die Menschen sind teilweise schon weiter als unsere Debatte hier, die unter anderem aufzeigt, mit welcher Freude hier Probleme gewälzt werden, Zahlenspielereien durch­ge­spielt werden. Ich gehe gerne hinaus und diskutiere mit Menschen. Natürlich trifft man Menschen, die fragen: Schaffen wir das, schaffen wir diese Integration? Die Herausforderung ist groß, das ist klar. Sie sagen, wir sind eine 2 000 Einwoh­ner­gemeinde, wir sind bereit, 30 Menschen bei uns unterzubringen. Wir schaffen nicht 200, wir schaffen nicht 300, wir schaffen aber 30 – und das wollen wir schaffen.

Ich treffe pensionierte LehrerInnen, die sagen, Deutschkenntnisse sind der Schlüssel zur Integration. Wir können jetzt über Probleme reden, aber das wird nichts bringen, wir müssen sie lösen! Sie setzen sich in ihrer Freizeit hin – als pensionierte Leh­rerInnen – und üben mit den Flüchtlingskindern Deutsch, weil sie wissen: Das ist der Schlüssel, der Schlüssel zur Integration. Sie wissen: Wir wollen keine Generation der Perspektivenlosen produzieren!

Ich treffe auf eine Frau in der Steiermark. Sie nimmt kein Geld, sie macht das in ihrer Freizeit: Sie hat einen pakistanischen Schneider und organisiert, dass er anderen Flüchtlingsfrauen nähen beibringt, weil sie damit später möglicherweise ihr berufliches Auslangen finden können. Sie macht das in der Freizeit, ohne einen Cent!

Ich treffe auf LehrerInnen, die in Schulen Benefizveranstaltungen organisieren, denn sie sagen: Wenn wir warten, bis wir das Geld bekommen, um mit SchülerInnen arbeiten zu können, dann warten wir ewig, die Zeit haben wir nicht! Dort spielt etwa die LehrerInnen-Band.

Ich weiß, das sind für Sie alles naive Leute. – Die sind nicht naiv! Das sind Realisten, die erkannt haben: Entweder schaffen wir die Integration jetzt oder wir werden später Integrationsprobleme haben.

Sie erfreuen sich an den Problemen, ich orientiere mich an den Menschen, die sagen, wir müssen jetzt dafür sorgen, dass wir Voraussetzungen dafür haben, dass das gemeinsam gelingt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Ich treffe auf Menschen, die in ihrer Freizeit Freizeitaktivitäten mit Flüchtlingen orga­nisieren, weil sie sagen: Es bringt nichts, dass die Menschen herumsitzen! – Die machen das unentgeltlich.

Ich treffe auf Leute, die – gratis – Behördenwege mit Flüchtlingen erledigen, die schau­en, dass sie eine Unterkunft bekommen. Ich treffe auf Leute, die jene Lücken stopfen, die die Politik offenlässt. Ich treffe auf Leute, die sich nicht daran erfreuen, dass es Probleme gibt, sondern die sagen: Wir müssen die Probleme lösen! (Beifall bei den Grünen.)

Das ist der Schlüssel, und an diesen Leuten sollten wir uns orientieren. Das sind nicht naive Träumer – das sind Realisten, die wissen: Es ist eine Herausforderung, und wir müssen unseren Beitrag leisten!

Ich weiß – damit ich nicht falsch verstanden werde –, das kann man von niemandem verlangen, und es muss auch nicht jeder zum Flüchtlingshelfer werden, aber wogegen ich mich wehre, ist der Spott, der über diese Menschen ergossen wird, die im Unter­schied zu vielen, die hier sitzen, längst erkannt haben, worum es geht, nämlich darum, Probleme zu lösen, und nicht darum, Probleme großzureden! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Weninger.)

Die Politik hinkt in Wirklichkeit in ihren Lösungskompetenzen und -konzepten hinten nach. Ich meine, Deutsch ist der Schlüssel zur Integration – und die Schulen haben keine Sicherheit?! Wir reden über Deutschkurse für Erwachsene, das ist richtig, da müsste noch viel mehr getan werden, auch in den Schulen. Ich meine, da werden


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temporär befristet Ressourcen zur Verfügung gestellt, diese laufen dann wieder aus, dann hängen die Lehrer in der Luft. Ich treffe auf engagierte LehrerInnen, ich treffe aber auch auf LehrerInnen, die sagen: Wir sind am Limit, wir brauchen Hilfe! Die Politik lässt uns im Stich!

Genau das sollten wir hier diskutieren und genau das ist das Thema. Wir sollten darüber reden, wie wir diese Menschen, die es schaffen wollen, unterstützen, und nicht die Probleme hier großreden und uns daran erfreuen, dass es Probleme gibt.

Meine Damen und Herren! Es steht außer Frage, Integration ist eine Herausforderung, aber die Frage ist nicht allein: Wo sind die Probleme?, sondern: Wie lösen wir die Probleme? – Das ist das Entscheidende, darum geht es, und das ist unsere Aufgabe. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Weninger.)

10.26


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


10.26.10

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Willkommen beim Groundhog Day der FPÖ. Wir kennen das Spiel, es ist jedes Mal das Gleiche. Ich werde auch nicht müde zu betonen, wie die Systematik funktioniert. Wir haben in diesem Fall einen Begriff auf der einen Seite, das ist die Sicherheit, auf der anderen Seite haben wir die Zahlentrickserei im Bereich Asyl. Man kann der FPÖ zumindest eines zugutehalten: Es gibt ein Defizit, und sei es nur in der Kommunikation. Das stimmt, da ist offensichtlich nicht mit der gleichen Grundlage von Zahlen operiert worden beziehungsweise hat die Regierung keine klare Sprache zu diesen Zahlen gefunden, nichtsdestotrotz gibt es da keinen Zusammenhang, wie er wie so oft wieder einmal konstruiert wird.

Man muss natürlich auch überlegen: Was ist die Konsequenz von diesen Zahlen­tricksereien, steht die überhaupt in einem Zusammenhang zur Sicherheit? – Natürlich nicht. Man kann in diesem Bereich natürlich Fehler machen, aber das hat natürlich keinen Ausfluss auf die wirkliche Sicherheit in diesem Land, sondern bestenfalls auf die gefühlte Sicherheit.

Es ist schon so, dass Schaden angerichtet werden kann, dass Vertrauen in Regierung und Politik an sich sinken kann, daher ist es wichtig, Sicherheit in der Einschätzung der Realität zu geben. Kollege Amon hat gemeint, es seien hier – ich glaube, Sie haben es so formuliert – Bewegungstendenzen nicht richtig wahrgenommen. Das ist schon ein weitreichender Fehler, der da passiert ist. Es ist seit Jahren bekannt, was auf uns zukommen wird, was, wie im letzten Jahr, auf uns zukommt. Das war im Vorhinein bekannt, dass das passieren wird, trotzdem ist nicht präventiv darauf reagiert worden, ist zu wenig in der Prävention passiert.

Sicherheit beginnt mit belastbaren Daten. Sicherheit beginnt in Definitionen, worüber denn eigentlich gesprochen wird, und wenn es ein Problem gibt, einfache Dinge wie Asylberechtigte beziehungsweise Asylanträge zu unterscheiden, dann ist das durchaus etwas, das man kritisieren kann. Wenn wir dann in den Bereich der Notverordnungen gehen, die auch kommen werden, dann ist es noch heikler. Ich mache mir große Sorgen, wenn nicht im Vorhinein definiert wird, wann diese Notverordnungen zum Tragen kommen. Dann werden wir wirklich ein Problem haben, weil dann ganz willkürlich darüber entschieden werden wird, wann solche erlassen werden.

Es gibt noch einen Aspekt der gefühlten Sicherheit, und das ist Verantwortung. – Herr Bundeskanzler, ich frage mich durchaus manchmal, wer im Regierungsteam wofür zuständig ist; Kollege Scherak hat es auch schon erwähnt! Es gibt mehrere Minister,


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die sich in diesem Bereich zu Wort melden. Es gibt Minister Kurz, Minister Doskozil, es gibt auch Minister Sobotka, die durchaus Dinge sagen, die einander ergänzend sind, wenn nicht sogar widersprüchlich. Zuletzt hat der Verteidigungsminister in Ungarn über Rückführungen gesprochen und angeboten, dass Österreichs Soldaten an der Grenze aushelfen können. Außenminister Kurz hat reflektiert über Australien und vorgelagerte Inseln und überlegt, was man hier in Europa nicht alles anstellen könnte.

Das klingt in Summe nicht nach einem seriösen Plan beziehungsweise klingt das vielleicht für manche sogar nach einem ernst zu nehmenden Plan, obwohl es irgendwie nur entwichene Gedanken sind. Das sind keine Lösungen, das sind Symptombekämp­fungen mit undurchführbaren Ideen, und damit ist es nicht viel mehr als innen­politisches Marketing und kein ganzheitlicher Ansatz zur Problemlösung, der vielleicht auch noch bis zur Wurzel dieses Problems gehen würde.

Konkrete Probleme hingegen wie zum Beispiel die Außerlandesbringungen werden nicht gelöst. Wir haben Defizite im Bereich der Rückführungszertifikate, mangelnde Kooperationen, lange Verfahrensdauern. Wir stellen Bescheide für Außerlandesbrin­gungen aus, die nicht exekutiert werden können, weil einfach die Mittel dafür fehlen. Ein Hinweis darauf, dass es im Sicherheitsbereich möglicherweise doch Unzufrieden­heiten und Defizite gibt, ist die Tatsache, dass die ehemalige Innenministerin Mikl-Leitner bis 2019 50 000 Außerlandesbringungen durchgeführt haben wollte. Ich gehe davon aus, dass das auch für ihren Nachfolger gilt. Das wird uns vor gewaltige Herausforderungen stellen, die überhaupt noch nicht bedacht worden sind.

Der Verteidigungsminister – anderes Ressort – hat am 10. Februar angekündigt, dass es binnen Monatsfrist zu Abschiebungen von Flüchtlingen mit Militärtransport­ma­schinen des Typs C‑130 Hercules kommen soll. Im Juli sollen diese tatsächlich statt­finden. Diese Variante ist aber teuer, sie ist unnötig und soll außerdem im falschen Ressort angesiedelt werden. Das Gutachten hat auch gezeigt, dass mit dieser Maschine maximal 14 männliche Personen abgeschoben werden können, der Rest ist sozusagen Begleitpersonal. Damit wird das nicht funktionieren. Es gibt keinen Plan, wie das bis 2019 funktionieren soll. Das Innenministerium ist wirklich angehalten, dafür einen Plan aufzustellen.

Generell: Uns muss klar sein, dass langfristig nur ein europäischer Ansatz dieses Sicherheitsgefühl wiederherstellen können wird und gerade nationalistische Egoismen nicht weiterhelfen können, da die Ereignisse in Syrien, Mali und Libyen auch Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl in diesem Land haben. Ein Zaun bezie­hungsweise (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen) – ich komme gleich zum Schluss – eine Tür mit Seitenteilen, das Reflektieren über irgendwelche Inseln, das sind nichts anderes als verzweifelte Akte und ein Symbol für die Aneinanderkettung von staatlichem und europäischem Versagen in dieser Frage. (Beifall bei den NEOS.)

10.32


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


10.32.22

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Bun­deskanzler Kern hat in seiner Rede heute gesagt: Wir müssen uns den Realitäten stellen. – Das kann man soweit, glaube ich, unterstützen. Die Frage ist allerdings: Welchen Realitäten?


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Wenn man sich die letzten Wochen und Tage ein bisschen anschaut und diese Revue passieren lässt, dann kommt man zu dem Schluss, dass die Aussagen des Kanzlers und des Regierungspartners ÖVP divergieren und die Bevölkerung sehr verunsichern.

Herr Bundeskanzler, wenn Sie sagen, die Zahlendiskussionen interessieren Sie im Grunde nicht besonders, dann, muss ich sagen, ist das schon ein sehr eigenartiges Amtsverständnis, das Sie hier an den Tag legen. Wie wollen Sie denn arbeiten, wie wollen Sie denn Lösungen finden, wie wollen Sie das Problem lösen, wenn Ihnen das Problem mehr oder weniger egal ist? Das kann ich nicht nachvollziehen! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Sie haben heute auch gefragt: Welches Bild schaffen wir denn? – Das ist eine gute und berechtigte Frage, aber leider sind Sie die Antwort darauf schuldig geblieben.

Sie sind auch die Antwort darauf schuldig geblieben, wie viele von den Menschen, die zu uns kommen, denn jetzt tatsächlich Flüchtlinge sind, wie viele konkret verfolgt und wie viele Wirtschaftsflüchtlinge sind. Aber ich denke, dass wir keine befriedigende Antwort von Ihnen bekommen werden, wenn Sie schon von den vorhandenen Zahlen nur die Hälfte angeben. Von 11 000 wird gesprochen, 20 000 oder 22 000 sind es. – Wie soll sich denn da jemand auskennen?

An die Damen und Herren von der ÖVP gerichtet möchte ich sagen, dass Ihr neuer Innenminister zwar engagiert ist und sich auch dafür ausgesprochen hat, dass wir die Verordnung umsetzen müssen, wonach die Asylwerber schon direkt an der Grenze zurückgewiesen werden sollen. Er hat gemeint, das ist erreicht. Seine Sprecherin rückt dann aus und sagt: Nein, nein, das war nicht so gemeint, nur in der Arbeitswelt ist das Maß voll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie tragen damit wirklich zur Verunsicherung der Bevölkerung bei, und das ist nicht seriös! (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich darf auch auf die Ausführungen des Kollegen Schieder eingehen, der vorhin gemeint hat, es finde eine Eskalation in der Sprache statt, die FPÖ betreibe Hetze et cetera, et cetera. Ich darf daran erinnern oder die Frage stellen: Wer hat denn im Präsidentschaftswahlkampf ein „Krüppellied“ ins Internet gestellt und dem Kandidaten Hofer gewidmet? – War das vielleicht der Mitarbeiter des Kollegen Hundstorfer? Herr Schieder, es wäre auch interessant, das zu wissen, denn Sie können nicht Öl ins Feuer gießen und dann mit der Feuerwehr ankommen und sagen: Ja, ich bin jetzt da zum Löschen! Ich meine, so geht das ja auch nicht! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)

Vom neuen Stil, vom New Deal ist nicht mehr viel übrig geblieben. Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer Antrittsrede gesagt, Sie wollen alles anders machen, Sie wollen alles besser machen, Sie wollen alle miteinbinden. – Wie schaut es denn jetzt damit aus? Gab es schon einen Asylgipfel mit allen Parteien, mit den Oppositionsparteien, mit den Vorschlägen der Oppositionsparteien? Gibt es so etwas? Ist so etwas geplant oder nicht?

Es hat eine Reihe von Vorschlägen gegeben – unser Klubobmann hat es auch schon angesprochen –, was Wartezentren in Nordafrika betrifft, Rückführungen, Betreuung der Menschen vor Ort. Das würde eine Kostenreduzierung bei uns bedeuten, wenn wir vor Ort betreuten und nicht hier in Österreich. Diese Vorschläge der Opposition liegen auf dem Tisch, und ich bin mir sicher, dass nicht nur wir Vorschläge haben, sondern auch die anderen konstruktiven Oppositionsparteien, die sich für die Österreicherinnen und Österreicher einsetzen. In diesem Hohen Haus gibt es ja leider nur zwei, nämlich das Team Stronach und die Freiheitliche Partei, das muss man hier an dieser Stelle auch einmal ganz klar sagen. (Beifall bei Team Stronach und FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 56

Hören Sie auf mit diesen Verunsicherungen! Hören Sie damit auf, falsche Zahlen zu nennen! Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, von Ihnen richtig informiert zu werden, über richtige Zahlen informiert zu werden. Schließlich hat ja auch Ihr Kollege Vertei­digungsminister Doskozil gesagt, wir müssen mit Zahlen sorgfältiger umgehen, sonst machen wir uns bei der Bevölkerung lächerlich. Nehmen Sie dieses Zitat mit, schreiben Sie es sich hinter die Ohren und handeln Sie auch danach! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

10.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


10.37

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Aktuellen Stunde „Sicherheit statt Asyl-Zahlentricksereien, Herr Bundeskanzler!“, zur Verwirrung um die Anzahl der Asylanträge ganz sachlich gesprochen, Herr Bundeskanzler: Diese Bundesregierung hat selbst eine Asyl-Ober­grenze von 37 500 Asylanträgen festgelegt. – Stimmt das? Vor Kurzem gab es nämlich eine große Verwirrung um die Anzahl der Asylanträge. Der Herr Bundeskanzler sprach plötzlich nur mehr von 11 000 Anträgen, obwohl zu diesem Zeitpunkt 22 000 Anträge vorlagen. Diese Zahl von 11 000 Anträgen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ergibt sich laut Bundeskanzler, wenn man die Anträge auf Familiennachzug sowie jene nach Dublin-Verfahren abzieht, bei denen ein anderer Staat zuständig ist. – Eine tolle Berechnung, Herr Bundeskanzler!

Auch nicht eingerechnet in diese Berechnung ist die Darstellung des Herrn Bun­deskanzlers, dass die meisten Dublin-Fälle doch in Österreich landen, weil andere Staaten die Asylsuchenden nicht zurücknehmen.

Der Herr Verteidigungsminister, meine sehr geehrten Damen und Herren, brachte das dann in einer Zeitung zum Ausdruck und auf den Punkt: Die Regierung – von Kollegin Schenk angesprochen – wäre besser beraten, alle Zahlen zu veröffentlichen. Wir müssen mit den Zahlen sorgfältiger umgehen, sonst macht sich diese Bundesregierung bei der Bevölkerung lächerlich! – Nicht von irgendjemandem von der Opposition oder von sonst jemandem, sondern das ist die Aussage vom Herrn Verteidigungsminister.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Flüchtlingspolitik keine leichte Aufgabe ist, steht ohne Zweifel fest, dass diese EU, aber auch diese Bundesregierung in der Flüchtlingspolitik total versagt hat, steht auch außer Frage! – Herzlichen Dank. (Beifall bei FPÖ und Team Stronach.)

10.39


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Winter. – Bitte.

 


10.39.40

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (ohne Klubzugehörigkeit)|: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Werte Bundesregierung! Werte Kollegen und Kolleginnen! Zahlentrick­sereien hin oder her, Zahlentrickserei ja oder nein: Würden die Gesetze eingehalten werden, bräuchten wir all das nicht, und das wäre schon eine große Erleichterung für die Bevölkerung.

Wir bräuchten weder von richtigen noch unrichtigen Zahlen zu sprechen. Wir bräuchten keine Obergrenzen. Wir würden nicht von Asylpleite sprechen. Wir bräuchten nicht von Flüchtlingskrise zu sprechen, denn all das, was ich hier aufgezählt habe, ist eigentlich nur die Wirkung. Über die Ursachen wurde heute eigentlich nur marginal gesprochen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 57

Dass Österreich kein Land ist, in dem Milch und Honig fließen, dass wir kein Ein­wanderungsland sind und dass wir auch nicht alle Menschen hier beherbergen können, ich glaube, das ist für uns alle ganz klar und eindeutig, aber es ist auch klar, dass wir Österreicher allein dieses weltweite Problem durch irgendwelche Maßnahmen nicht lösen können.

Wenn man sich unendlich viele Studien ansieht, die sich genau mit diesen Themen beschäftigen, dann kommt heraus, dass ein politisches Hickhack in dieser Materie absolut nicht gefragt ist. Was die Menschen wollen, das sind Ruhe, Frieden, Zusam­menarbeit der Politik und ein gesichertes Leben. Was sie nicht wollen oder wo ihre Ängste liegen – und da liegt eigentlich die Unterwanderung erst an vierter, fünfter Stelle –, wovor sie sich wirklich fürchten und warum sie sich fürchten, das ist die Sorge um ihren Arbeitsplatz und um ihre Gesundheit.

Herr Kollege Strache hat ja in seinen Ausführungen gemeint, na ja, jetzt kommen noch die Zuwanderer aus Afrika, das müssen wir besprechen und das konnte man nicht vorhersehen. Ich darf ihn kurz auf eine Rede von Gaddafi am 30. April 2011 hinweisen, als Gaddafi klar und eindeutig sagte: 

„Und jetzt hört, ihr, die Leute der NATO! Ihr bombardiert jetzt die Mauer,“ – und damit meinte er Libyen –„ die die afrikanische Migration nach Europa aufhält.“

Er führte noch weiter aus, wie diese Zuwanderung aussehen wird. Und genau das ist eingetroffen. Er definierte auch die NATO noch weiter. Ich glaube, auch da ist ein Anknüpfungspunkt, den wir nicht außer Acht lassen sollten. Er meinte, dass die NATO ein US-geführtes Angriffsbündnis sei, das völkerrechtswidrige Rohstoffkriege führt und damit Unruhe in der Welt produziert.

Das ist eine der Ursachen, weshalb es zu dieser Wanderung, zu dieser Flücht­lings­welle, wie auch immer, kommt. Wir zerbomben – wir, da sind alle, auch die westlichen Staaten, miteingeschlossen – den Menschen ihre Heimat. Sie kommen dann zu uns. Hier werden sie „gelagert“, es ist eine Art Lagerhaltung, die wir betreiben, und das macht mir große Sorgen. Das ist etwas, das das Aggressionspotenzial unter den Men­schen extrem fördert.

Eine zweite Ursache, die man nicht außer Acht lassen darf und die immer wieder nur in alternativen Zeitschriften zu finden ist, ist unsere Wirtschaft. Wir haben uns immer noch nicht zu einer Kreislaufwirtschaft durchringen können. Wir beuten den reichsten Kontinent an Bodenschätzen und sonstigen Schätzen aus, und das ist Afrika. Wir bereichern uns und wir gehen nicht sorgsam damit um.

Die dritte Ursache ist die Einladungspolitik der Frau Merkel, der sogenannten mäch­tigsten Frau der Welt. Ich denke, das wird wohl Deutschland selber regeln können. Herrn Schäubles Aussagen mit seiner Argumentation über den Inzest und die Abschot­tung sind ja auch nicht gerade förderlich.

Ich habe vor einigen Tagen ein neues Buch erstanden, und zwar von Michael Lüders. Es heißt: „Wer den Wind sät“. Er beschäftigt sich darin genau mit den Auswirkungen, die die europäische Wirtschaft im Orient hat. Er ist auch geopolitisch sehr versiert, er sagt, dass er eine baldige Lösung in der Flüchtlingsfrage oder für die Kriege im Nahen Osten für absolut ausgeschlossen hält. Diese Entwicklung sei nicht mehr zu kontrol­lieren.

Ich denke – um noch einen positiven Ansatz als Schlusssatz zu sagen –, wir sollten tatsächlich versuchen, erstens ein neues strategisches Gleichgewicht in dieser Welt zu fördern. Dann müssten wir auch etwas mehr Geopolitik betreiben und zuallererst unsere rosarote Brille in Bezug auf die USA absetzen. Zweitens sollten die Sanktionen gegen Russland nicht mehr aufrechterhalten, sondern aufgehoben werden.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 58

Dann können nachfolgende Generationen diesen Satz nicht mehr an uns weitergeben: „Tore fallen und ihr schreit, Bomben fallen und ihr schweigt.“  – Danke.

10.44


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Ich danke dem Herrn Bundeskanzler.

10.44.55Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Doris Bures: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 9367/J bis 9481/J

Zurückziehung: 9268/J und 9271/J

Schriftliche Anfrage an die Präsidentin des Nationalrates:

27/JPR

2. Anfragebeantwortungen: 8416/AB bis 8610/AB

Anfragebeantwortung (Präsidentin des Nationalrates):

25/ABPR

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über die Errichtung der Bundesanstalt „KZ-Gedenkstätte Maut­hau­sen/Maut­hausen Memorial“ (Gedenkstättengesetz – GStG) (1150 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz, das EU-Polizeikoope­rationsge­setz und das Waffengebrauchsgesetz 1969 geändert werden (Präventions-Novelle 2016) (1151 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Haftungsgesetz-Kärnten erlassen und das Bundes­haf­tungs­obergrenzengesetz, das ABBAG-Gesetz, das Bundesgesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit und das Finanzmarktstabilitätsgesetz geändert werden (1152 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2015/2365 über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften (SFT-Vollzugsgesetz) erlassen wird und das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (1174 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Rundfunkgebührengesetz, die Fernmeldegebühren­ord­nung und das Fernmeldegebührengesetz geändert werden (1175 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Fernsprechentgeltzuschussgesetz geändert wird (1176 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert wird (1177 d.B.)

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird, die Verpflich­tung zu Bildung oder Ausbildung für Jugendliche geregelt wird (Ausbildungspflicht­gesetz) sowie das Arbeitsmarktservicegesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz und das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz geändert werden (Jugendausbildungs­ge­setz) (1178 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 59

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 31d Abs. 5a, 32a Abs. 4, 74d Abs. 2, 74f Abs. 3, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß § 67 Abs. 4 BHG 2013 über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 31. März 2016 (Vor­lage 104 BA)

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis April 2016 (Vorlage 105 BA)

Bericht über die wirkungsorientierte Folgenabschätzung 2015 gemäß § 68 Abs. 5 BHG 2013 iVm § 6 Wirkungscontrollingverordnung, vorgelegt vom Bundeskanzler (Vorlage 106 BA)

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 78 betreffend „Aufnahme und Förderung von Elektroautos und Carsharing in die Straßenverkehrsordnung“, überreicht vom Abgeordneten Michael Pock

Bürgerinitiative Nr. 102 betreffend „Wahlfreiheit braucht Wahlmöglichkeit! Die Errich­tung von Modellregionen ohne das Angebot von Sonderschulen oder Sonderschul­klassen darf nicht so weit reichen, dass das Recht der Betroffenen auf Wahlfreiheit beschnitten wird“

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/6 (III-269 d.B.)

Bericht des Rechnungshofes Reihe Bund 2016/7 (III-271 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über das Verwaltungs- und Kontrollsystem in Österreich für die Durchführung der operationellen Programme im Rahmen des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und des Ziels „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“ für die Periode 2014–2020 (1158 d.B.)

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie:

Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2016, vorgelegt vom Bun­des­minister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft und vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-275 d.B.)

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bericht des Bundesministers für Inneres über die Anwendung und die Erfahrungen mit dem „Prüm-like-Abkommen“ aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 29. Februar 2012, 232/E XXIV.GP (III-277 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 60

Landesverteidigungsausschuss:

Bericht des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport betreffend den Jah­resbe­richt 2015 der Parlamentarischen Bundesheerkommission für Beschwerdewe­sen und Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport (III-272 d.B.)

Umweltausschuss:

Berichte des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft betreffend Umweltinvestitionen des Bundes 2015 sowie Österreichs JI-CDM-Programm 2015 einschließlich der Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollzie­hung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen (III-274 d.B.)

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft gemäß § 12 Abs. 1 Ozongesetz, BGBl. Nr. 210/1992 i.d.g.F. (Ozonbericht 2012–2014) (III-279 d.B.)

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirt­schaft gemäß § 23 Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl. I Nr. 115/1997 i.d.g.F. (IG-L-Bericht 2012–2014) (III-280 d.B.)

Fortschrittsbericht 2016 nach § 6 Klimaschutzgesetz, vorgelegt vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (III-281 d.B.)

Unterrichtsausschuss:

Nationaler Bildungsbericht Österreich 2015, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung und Frauen (III-276 d.B.)

Verfassungsausschuss:

Tätigkeitsbericht des Verfassungsgerichtshofes für das Jahr 2015, vorgelegt vom Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien (III-273 d.B.)

Verkehrsausschuss:

Jahresbericht 2015 der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte, vorgelegt vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-278 d.B.)

C. Unterrichtung gemäß Art. 50 Abs. 5 B-VG:

Aufnahme der Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

*****

10.44.57Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsidentin Doris Bures: Der Klub der NEOS hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäfts­ordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 1731/A(E) der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend „neuer Stil durch transparente, professionelle und objektive Stellenbesetzung hinsichtlich der Wahl des/der ORF-Generaldirektors/in sowie der Ernennung von Minister_innen und Verfassungsrichter_innen“ dringlich zu behandeln. 

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 61

Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Scherak beantragt hat, dem Justizausschuss zur Berichterstat­tung über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geän­dert wird, eine Frist bis zum 28. Juni 2016 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 5 bis 7, 9 und 10 sowie 13 und 14 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Gibt es dagegen einen Einwand? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Doris Bures: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108, FPÖ 100, Grüne 84 sowie NEOS und STRONACH je 44 Minuten.

Gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit für die gesamte Tagesordnung von jenen Abgeordneten, die keinem Klub angehören, je 22 Minuten. Darüber hinaus wird deren Redezeit auf 5 Minuten je Debatte beschränkt. (Abg. Lopatka spricht mit Vizekanzler Mitterlehner.)

Herr Klubobmann Lopatka, wir sind in einem Abstimmungsvorgang. (Abg. Schieder  in Richtung des Abg. Lopatka –: Ja, was ist?!)

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­be­zügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Damit ist die erforderliche Zweidrittelmehrheit gegeben.

10.47.441. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1122 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Studienförderungsgesetz 1992 geändert wird (1153 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich begrüße den Herrn Vizekanzler.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Töchterle. – Bitte.

 


10.48.09

Abgeordneter Dr. Karlheinz Töchterle (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Heute steht eine Novelle des Studienförderungsgesetzes zur Debatte.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 62

Wir haben dieses Gesetz, das aus dem Jahr 1992 stammt, im Jahr 2014 zum letzten Mal novelliert.

Wir taten es damals – und tun es heute – auf der Basis von validen Daten, die wir ermittelt haben, als es darum ging, zu fragen, ob unser Studienbeihilfengesetz den aktuellen Anforderungen genügt. Dazu haben wir das Institut für Höhere Studien beauftragt, es zu evaluieren, und zwar mit der Bereitschaft, es ganz grundsätzlichen Neuerungen zu unterziehen, falls es diese Neuerungen braucht.

Wir haben zu unserer angenehmen Überraschung damals festgestellt, dass das Studienförderungsgesetz durchaus tauglich ist und seine Notwendigkeiten passabel erfüllt. Da und dort gibt es aber natürlich Verbesserungsbedarf, so etwas ist immer der Fall.

Wir haben diese Evaluierung auch in der Hochschulkonferenz, in der die Vertreter der Hochschulen, aber auch die Vertreter der Studierenden sitzen, debattiert. Es gibt dort eine Arbeitsgruppe „Soziale Absicherung Studierender“. Auf Basis dieser Prozesse haben wir bereits 2014 eine Novelle gemacht und machen jetzt wieder eine. Die Debatten ergaben, dass die Studienförderung zwar treffsicher und tauglich ist, dass sie aber gewisse Schwächen hat. Die Schwächen, die damals erkannt wurden, waren vor allem Schwächen bei Studierenden mit Kindern und bei älteren Studierenden.

Dieses Mal nehmen wir vor allem die erhöhten Förderungsbedürfnisse für ältere Studierende in den Blick. Wir erhöhen also die Höchststipendien für Studierende über 27 Jahren. Wir erlauben jetzt älteren Stipendienbeziehern, auch wenn sie nicht aus­wärts wohnen, somit unabhängig von ihrem Wohnsitz, die Höchstsumme zu lukrieren. Wir erleichtern die Berechnung, wann ein Studierender als auswärtiger Studierender gilt. Dafür ist die Entfernung von Wohn- und Studienort entscheidend, die bisher über eine sehr komplizierte Verordnung mit den Gemeinden berechnet wurde. Wir entbürokratisieren also auch in diesem Bereich, wie ich überhaupt sagen muss, dass die Studienförderung mit einer extrem schlanken Bürokratie auskommt. Das muss auch einmal betont werden. Sie hat dafür sogar schon Preise eingeheimst.

Wir sorgen auch dafür, dass der Freiwilligeneinsatz im Sinne des Freiwilligengesetzes anerkannt wird, sodass Freiwilligendienste in die maximale Beziehungszeit einge­rechnet werden. Wir nehmen also eine Fülle von Verbesserungen vor.

Wir erhöhen auch die Rechtssicherheit für Bezieher von Studienabschlussstipendien. Das ist ein Bündel guter, richtiger Maßnahmen, das zirka 5,5 Millionen € zusätzlich kosten wird. Das Gesamtvolumen, mit dem wir Studierende in Österreich fördern, beträgt jährlich zirka 200 Millionen €.

Das heißt, wir machen ein an und für sich schon gutes Gesetz noch besser. Ich freue mich, dass es dafür breite Zustimmung gibt beziehungsweise sich breite Zustimmung abzeichnet. Natürlich gibt es immer zusätzliche Wünsche. Das ist klar. Wir müssen uns nach den Möglichkeiten richten, die wir haben. Ich denke, im Rahmen dieser Mög­lichkeiten ist es eine gute Sache. Und ich freue mich, wenn sie breite Zustimmung findet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.52


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


10.52.40

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Kollege Töchterle hat es schon eingehend dargestellt: Wir können heute einige Maßnahmen zur Verbesserung der Studienförderung beschließen. Das sind gute und wichtige und richtige Schritte.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 63

Sie haben es bereits dargestellt. Es geht darum, sogenannte ältere Studierende besser zu unterstützen, also Studierende über 27. Das sind – jetzt nur zur Klarstellung – nicht Bummelstudenten, sondern es ist so, dass immer häufiger Leute nicht gleich unmittelbar nach der Matura mit dem Studium beginnen, sondern später. Es geht darum, dass wir da eben auch entsprechend helfen können. Das gilt auch für Leute, die nicht am Studienort wohnen. Außerdem anerkennen wir freiwilliges soziales Engagement in der Anrechnung. Das sind gute und richtige Schritte.

Die Studienförderung ist ein wesentliches Instrument, das hilft, die soziale Durch­mischung an den Universitäten zu verbessern. Da stellen wir Entwicklungen fest, die Schritte über die kleinen, richtigen und wichtigen, die wir heute setzen, hinaus notwendig machen würden, denn die Entwicklung, die wir in den letzten Jahren feststellen, ist, dass der Anteil der Studierenden, die Anspruch auf Studienförderung haben, immer geringer wird und dass der Wert der Studienförderung durch die Inflation immer mehr sinkt.

Das heißt, es ist dringend notwendig, da anzusetzen und Maßnahmen zu setzen, die dazu führen, dass wieder mehr anspruchsberechtigt sind, die die Unterstützung ja auch brauchen, und dass die Unterstützung auch wieder den entsprechenden Wert hat. Das heißt, dass wir in den kommenden Monaten, hoffentlich, Jahren, eine Valorisierung der Studienbeihilfe in Angriff nehmen wollen und in Angriff nehmen müssen. Der Herr Minister hat auch schon Signale in diese Richtung gesetzt, dass er eine derartige Entwicklung auch für notwendig hielte.

Wir haben im Wissenschaftsausschuss, wo diese Maßnahmen, die wir heute be­schließen, auch schon diskutiert worden sind, den Bericht zur sozialen Lage der Studierenden diskutiert und dort vor allem drei Entwicklungen festgestellt, nämlich dass der Anteil der Studierenden, die neben dem Studium berufstätig sind, wächst, dass in Wirklichkeit der überwiegende Anteil der Studierenden bereits berufstätig ist, und zwar in einem Ausmaß – die Hälfte jener, die arbeiten – von über 16 Stunden in der Woche, also in einem Ausmaß, das den Studienfortgang wirklich beeinträchtigt. Außerdem wurde festgestellt, dass die Lebenshaltungskosten für alle, also auch für die Studie­ren­den, immer stärker steigen. Vor allem die Wohnkosten sind ein großes Problem. Wie schon vorhin dargestellt, ergab sich, dass aber die Studienbeihilfe durch die Infla­tion immer mehr an Wert verliert, sodass wir hier dringend eine Wertanpassung brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist aus unserer Sicht ganz wichtig, in den nächsten Jahren drei Schritte zu setzen. Der erste Schritt, den ich schon ausgeführt habe, ist: Wir brauchen dringend eine Valorisierung der Studienbeihilfe, damit wieder mehr Studierende Studienförderung bekommen, und das in einer entsprechenden Höhe.

Wir müssen weiters Maßnahmen setzen, um die Vereinbarkeit von Studium und Beruf zu erleichtern, um auch da die Auswirkungen auf die Studiendauer wieder ein bisschen in den Griff zu bekommen und unterstützend wirken zu können.

Und wir brauchen wieder Maßnahmen, um das studentische Wohnen leistbarer zu machen. Da müssen wir neue Instrumente entwickeln, um besser unterstützen zu können.

Das heißt, heute setzen wir kleine, wichtige, richtige Schritte in die richtige Richtung. Aber ich möchte betonen, dass wir wissen, dass größere Schritte notwendig sind, und wollen, dass wir diese in absehbarer Zeit auch beschließen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Töchterle.)

10.56


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 64

10.56.54

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitliche werden der Änderung des Studien­för­derungsgesetzes 1992 zwar zustimmen, weil sie einige Verbesserungen gegenüber dem Status quo enthält, hätten uns aber weit mehr erwartet, denn die Novelle enthält nur kleine Verbesserungsschritte, die eher technischen Anpassungen entsprechen, die aber keine grundlegenden Änderungen im studentischen Förderwesen bewirken werden.

Es gibt vor allem keine Anpassung bei den Leistungs- und Förderstipendien. Aber gerade Leistungsstipendien bilden ein Gegengewicht zum wenig treffsicheren Gieß­kannenprinzip. Umso unverständlicher ist es, dass man die dafür aufgewendeten Budgetmittel seit Jahren nicht erhöht hat. Mit 9,5 Millionen € ist der Betrag, den die Bundesregierung jährlich leistungswilligen und begabten Studierenden zukommen lässt, eigentlich lächerlich gering.

Mit der vorliegenden Novelle hat man wieder eine Gelegenheit versäumt, die längst fälligen Anpassungen vorzunehmen. Wir können das nicht nachvollziehen. Ich denke, Herr Bundesminister, dass Ihnen der Leistungsgedanke nicht egal sein kann. Wie auch immer: Das Versäumnis zeigt, dass alle hehren Bekenntnisse der Bundesregierung zum Wissenschaftsstandort Österreich hohle Phrasen bleiben, denen keine adäquaten Taten folgen.

Auch unser Antrag, der Antrag der FPÖ, bezüglich der Zuverdienstberechnung hat in der gegenständlichen Novelle zum Studienförderungsgesetz leider keine Berücksich­tigung gefunden. Angesichts der angespannten sozialen Situation vieler Studierender, die auch in der jüngst vom IHS durchgeführten Erhebung zur sozialen Lage der Studierenden 2015 zum Ausdruck kommt, wäre unsere Forderung, Einkünfte in vorlesungsfreien Zeiten sowie Einkünfte in Zeiten, in denen keine Beihilfe bezogen wird, nicht zur Eigenleistung zu zählen, ein wichtiges Signal in Richtung Verbesserung der angespannten finanziellen Situation unserer zukünftigen Akademiker gewesen.

Es ist Ihnen wahrscheinlich nicht entgangen, Herr Bundesminister, dass sich gerade die Lage von Studierenden, die aus sozial schwachen Familien kommen, durch gestiegene Wohnkosten oder Heimplatzpreise massiv verschlechtert hat, sodass immer mehr von ihnen in Nebenjobs ausweichen, so ihr Leben finanzieren müssen, was wiederum zu einer Verlängerung des Studiums und zu einem späteren Einstieg ins Berufsleben führt.

Ich glaube nicht, Herr Vizekanzler, dass Sie das wollen. Aber wenn Sie das nicht wollen, dann muss man endlich für eine Anpassung der Leistungsstipendien sorgen. Die bereits erwähnten 9,5 Millionen € für leistungswillige und begabte Studierende sind mit nur 5 Prozent der Gesamtaufwendungen gedeckelt und bleiben beschämend gering.

Ein anderes Thema: Während so manche Eliten die Forderung erhoben haben und auch heute wieder erheben, Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten künftig Studienbeihilfe zur Studienvorbereitung zu gewähren, müssen sich vor allem sozial schwache Österreicher unter großen Entbehrungen einen Platz an der Universität erkämpfen, zumal auch viele Studienplätze an heimischen Universitäten von auslän­dischen Studierenden besetzt werden und heimischen Studierenden damit verloren gehen.

Wenn man schon für Internationalität und Weltoffenheit eintritt, wie wir es ja alle hier tun, und auch grenzüberschreitende Mobilität fördert, muss man auch dafür sorgen, dass Studienplätze in ausreichender Zahl bereitgestellt und vor allem ausfinanziert


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 65

werden. Diese Forderung stellen wir schon lange und haben auch schon unzählige Anträge dazu eingebracht, die aber leider immer wieder schubladisiert werden.

Die Forderung der neuen uniko-Führung nach einem Studienplatzmanagement mit neuen Aufnahmeverfahren ist hochschulpolitisch, so finden wir, auch ein falsches Signal, weil neue Zugangshürden eine Verschlechterung und eine Aushöhlung des freien Uni-Zugangs bedeuten, der jedoch aus unserer Sicht unverzichtbar ist.

Mein Appell geht daher an die Bundesregierung, speziell an Sie, Herr Vizekanzler Mitterlehner, endlich auch mit der Europäischen Union über Ausgleichszahlungen für jene Kosten zu verhandeln, die von Studierenden aus der EU in Österreich verursacht werden; immerhin geht es dabei um 650 Millionen € jährlich. Das Argument, das wir immer wieder hören, es gehe rechtlich nicht, geht ins Leere, weil nichts in Stein gemeißelt ist; das sehen wir dieser Tage beim Referendum über den Verbleib von Großbritannien in der Europäischen Union. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: Recht­liche Rahmenbedingungen können natürlich auch geändert werden – selbstbewusstes Auftreten vorausgesetzt.

Herr Vizekanzler, werden Sie Ihrem Spitznamen gerecht, gehen Sie – reiten Sie! – nach Brüssel und holen Sie unser Geld zurück! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.02


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 


11.02.06

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschaue­rinnen und Zuschauer auf der Galerie und vor diversen Geräten! Wir diskutieren heute die Studienförderung, die ja eigentlich dazu gedacht ist, ausgleichend zu wirken, die dazu gedacht ist, dass alle, die möchten, studieren können. Es sollte eben nicht davon abhängen, ob jemand aus einem reichen Elternhaus kommt oder nicht. Diese Studienförderung wird jetzt in einem sehr kleinen Bereich geändert, aber wir begrüßen diese Änderungen und werden sie auch mit beschließen.

Es muss jedoch schon die grundsätzliche Frage gestellt werden, ob dieses Stipen­diensystem noch zeitgemäß ist. Wir haben im Ausschuss neben dieser Gesetzesän­derung auch den Bericht betreffend Materialien zur sozialen Lage der Studierenden diskutiert – dieser ist von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des IHS präsentiert worden –, und ein paar Zahlen darin sind schon alarmierend. Das ist keine neue, sondern eine fortschreitende, nachhaltige Entwicklung, die wir seit vielen Jahren beobachten. Auch schon in den Studierenden-Sozialerhebungen 2009 und 2011 und in der jetzt besprochenen Studierenden-Sozialerhebung 2015 sieht man, dass das Bild dasselbe geblieben ist.

Ich möchte ein paar Zahlen nennen, um zu illustrieren, wie die soziale Lage der Studierenden tatsächlich aussieht. 50 Prozent aller Studierenden geben an, finanzielle Schwierigkeiten zu haben. 25 Prozent sagen überhaupt, sie sind permanent von sehr großen finanziellen Schwierigkeiten betroffen. Zwei Drittel aller Studierenden müssen arbeiten, um sich ihr Studium zu finanzieren; der Median – Frau Kollegin Kuntzl hat es bereits erwähnt – sind 16 Stunden. Das ist schon ein recht großes Ausmaß, wenn wir daran denken, dass die Politik ja von den Studierenden immer verlangt, möglichst schnell zu studieren und ja nicht zu bummeln, und dass immer beklagt wird, dass das Studium zu lange dauert.

Nun stellt sich aber heraus, dass ein schnelleres Absolvieren des Studiums eben nicht möglich ist, sondern dass sehr viele Studierende arbeiten müssen, um überhaupt


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studie­ren zu können, um sich ihr Studium leisten zu können. Diese Entwicklung ist nicht gut, denn das bedeutet natürlich, dass sich die Studienzeit verlängert.

Wenn man eine weitere Zahl im Zusammenhang mit der Studienförderung nennen darf: Klassische Studienbeihilfe, also das, was eigentlich gedacht war, um das Studium zu finanzieren und zu ermöglichen, beziehen nur mehr 12 Prozent aller Studierenden. Nur mehr 12 Prozent! Da muss man dann schon die Frage stellen, ob das Stipen­diensystem, wie wir es aufgesetzt haben, noch seinen Zweck, nämlich Studierenden ein Studium zu ermöglichen, erfüllt.

Ein weiterer Aspekt, den dieser Bericht gezeigt hat, ist – es wurde auch schon erwähnt –, dass die Zahl jener Studierenden, die nicht direkt nach der Schule, nach der Matura, also Anfang 20, ein Studium beginnen, immer kleiner wird und die Zahl jener Studierenden, die erst später in ihrem Leben ein Studium beginnen, steigt.

Nun ist das grundsätzlich eine gute Entwicklung im Sinne des Lifelong Learning – das wird sich auch weiter verstärken, Erwerbsbiografien werden brüchiger, es wird Phasen geben, in denen Leute wieder studieren gehen –, aber das bedeutet natürlich auch, dass wir uns anschauen müssen, ob dieses Stipendiensystem treffsicher ist. In dieser Novelle sind jetzt einige Änderungen enthalten, die Studierende über 27 betreffen, die also genau diese Gruppe adressieren. Allerdings ist dies halt nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wir behandeln im österreichischen Stipendiensystem alle Studierenden immer noch so, als wären sie studierende Kinder und keine Erwachsenen. Das System baut auf Unterhalt, auf Familienbeihilfe bis 24 und dann Stipendium auf, und ich denke schon, dass es an der Zeit wäre, neben der notwendigen Erhöhung der Dotierung des Gesamttopfes auch zu überdenken, ob diese Struktur des Stipendienwesens tatsäch­lich noch zeitgemäß ist.

Ich möchte aber jetzt noch zu einem anderen Punkt kommen, der ebenfalls bereits erwähnt worden ist. Wir haben im Ausschuss auch einen Antrag von mir diskutiert, in dem es darum geht, eine Gesetzeslücke zu schließen. In Österreich ist das System so, dass internationale Studierende, die ein Studium beginnen wollen, aber Auflagen­prüfungen vorgeschrieben bekommen, also entweder Deutsch oder irgendwelche anderen Ergänzungsfächer, in den sogenannten Vorstudienlehrgang kommen.

Besonders betroffen davon, also die Hauptgruppe, sind Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte. Es besteht da aber ein Problem, denn wenn diese Menschen in diesem Vorstudienlehrgang sind, um sich auf das Studium vorzubereiten, haben sie keinen Anspruch auf Mindestsicherung, das heißt, sie bekommen gar kein Geld vom Staat, sie haben aber auch keinen Anspruch auf Studienbeihilfe, das heißt, sie fallen einfach durch das soziale Netz. Ich glaube, dass das keine gute Vorgangsweise ist, denn wir alle wollen natürlich, dass sich Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte weiterbilden und qualifizieren können, einen guten Einstieg auf dem Arbeitsmarkt bekommen, sich integrieren können. Da ist natürlich ein Studium eine besonders gute Maßnahme, aber wir sollten die Menschen auch dabei unterstützen.

Wir haben im Ausschuss eine ganz konkrete Gesetzesänderung vorgeschlagen. Der Antrag wurde vertagt, und zwar mit der Begründung, dass die Regierungsparteien erst prüfen wollen, ob denn eine solche Unterstützung überhaupt möglich ist. Allerdings – ich zitiere da die Parlamentskorrespondenz – hat sich Bundesminister Mitterlehner dahin gehend positiv geäußert, worüber ich mich freue: „Bundesminister Reinhold Mitterlehner brachte dem Anliegen ebenso wie die Abgeordneten Katharina Kucharowits (S) und Claudia Gamon (N) viel Sympathie entgegen“. – Es gibt da also eine Übereinstimmung zwischen Grünen, NEOS, SPÖ und ÖVP.


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Unser konkreter Gesetzesantrag ist nicht angenommen worden, aber ich halte es dennoch für wichtig, da ein Zeichen zu setzen und zu zeigen, dass in diesem Bereich tatsächlich etwas geschehen soll. Ich möchte deshalb auch Ihnen, Herr Minister Mitterlehner, und der Regierung – hoffentlich – in Form einer Entschließung des Parla­ments den Auftrag mitgeben, dass man in diesem Bereich etwas tut.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studienbeihilfe für Studierende im Vorstudienlehrgang

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sicherzustellen, dass Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, die sich in sog. Vorstudienlehrgängen (nach § 3 Abs. 2 Z 11. OeAD-Gesetz) auf das ordentliche Studium vorbereiten und die derzeit weder Mindestsicherung erhalten noch Studienbeihilfe beantragen können, adäquate finan­zielle Unterstützung erhalten.

*****

Sie sehen also, das ist jetzt kein ganz konkreter Gesetzesantrag, sondern er lässt mehr Möglichkeiten offen, eine Lösung zu finden, und ich würde mich sehr freuen, wenn wir gemeinsam die Zustimmung zumindest dieser vier Parteien erhalten könnten, um eben dieser Gruppe ein Studium zu ermöglichen. Das wäre, glaube ich, ein sehr guter und wichtiger Beitrag. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.08


Präsidentin Doris Bures: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist aus­reichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sigrid Maurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studienbeihilfe für Studierende im Vorstudienlehrgang

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (1122 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Studien­för­de­rungsgesetz 1992 geändert wird.

Begründung

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, die in Österreich leben und ein Studium beginnen, fortsetzen und abschließen wollen und denen ihre österreichische Hochschule Ergänzungsprüfungen vorschreibt, bereiten sich darauf in sog. Vorstudien­lehrgängen (Universitätslehrgänge zur Vorbereitung auf Ergänzungsprüfun­gen nach § 3 (2) 11. OeAD-Gesetz) vor.

Voraussetzung für den Besuch eines Vorstudienlehrgangs ist der positive Zulassungs­bescheid. Bis zum Ablegen der vorgeschriebenen Ergänzungsprüfungen sind diese Studierenden außerordentliche Studierende.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 68

Als Studierende haben sie keinen Anspruch auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) (Thomas G. Lang: Gesetzliche Grundlagen zu Flüchtlingen und Studium. Gut­gemeinte Angebote treffen auf die Tücken der österreichischen Gesetzeslage, in: OEAD-News Nr. 1/98, Oktober 2015, S. 42). Andererseits können sie als außerordent­liche Studierende auch keine Studienbeihilfe beantragen, da diese ordentlichen Studie­renden vorbehalten ist.

Das Ziel der österreichischen Studienförderung und damit des Studienförde­rungsgeset­zes ist dort einzugreifen, wo weder die Eltern noch die/der Studie­ren­de selbst in der Lage sind, aus eigenen Mitteln die mit einem Studium ver­bun­de­nen Kosten zu tragen (vgl. Website der Studienbeihilfenbehörde: https://www.stipendium.at/studienfoerderung/studienbeihilfe/ (Zugriff am 14. 4. 2016)).

Wenn sich Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte im Vorstudienlehrgang nicht voll auf ihr Studium konzentrieren können, sondern ein Gutteil ihrer Auf­merk­samkeit dem Bestreiten ihres Lebensunterhalts widmen müssen, leidet der Studien­erfolg (Thomas G. Lang a.a.O.). Das widerspricht dem Ziel der österreichischen Studienförderung, den Abschluss eines zielstrebig betriebenen Studiums zu fördern (Website der Studienbeihilfenbehörde a.a.O.).

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert sicherzustellen, dass Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, die sich in sog. Vorstudienlehrgängen (nach § 3 Abs 2 11. OeAD-Gesetz) auf das ordentliche Studium vorbereiten und die derzeit weder Mindestsicherung erhalten noch Studienbeihilfe beantragen können, adäquate finan­zielle Unterstützung erhalten.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


11.09.04

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger auf der Besuchergalerie! Die Studienbeihilfe sollte den Zweck haben, auch Studierenden, die aus bildungsfernen sozialen Schichten kommen, ein Studium zu ermöglichen, wie es Frau Kollegin Maurer auch schon richtig gesagt hat.

Diese Novelle hat das System in die Richtung ausgeweitet, dass wir jetzt auch atypische Lebensläufe berücksichtigen, nämlich wenn man eben nicht direkt nach der Matura an die Uni geht. Das ist extrem wichtig, und ich finde diese Novelle daher auch sehr gut.

Wir sollten diese Gelegenheit jedoch nutzen, um uns einmal grundsätzlich anzu­schauen, ob dieses Gesetz und unser Studienförderungssystem den ursprünglichen Zweck überhaupt noch erfüllen können. Die Studierenden-Sozialerhebung – und die ist in diesem Bereich wirklich unsere wichtigste Quelle; an dieser Stelle sollten auch die Studienautoren gelobt werden, weil sie wirklich gute Arbeit leisten – hat vor allem einen Trend unterstrichen, nämlich dass die Bezugsquote kontinuierlich sinkt: Im Som­mersemester 2009 waren es 18 Prozent der Studierenden, im Sommersemester 2015 nur noch 12 Prozent.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 69

Nun sollte die Studienbeihilfe ja auch sozial treffsicher sein, sagt man; das wäre der Wunsch. Aber erfüllt sie diese Bedingungen überhaupt noch? – 35 Prozent der Studie­renden, deren Eltern Landwirte sind, sowie 25 Prozent der Studierenden, deren Eltern ArbeiterInnen sind, beziehen Studienbeihilfe. Da kann man jetzt sagen, das wird in irgendeiner Art und Weise schon erfüllt, aber das Problem ist, dass wir es ja noch immer nicht schaffen, an den Unis wirklich eine soziale Durchmischung zu garantieren.

Wenn es das System, in dem wir uns noch immer befinden, nicht schafft, diesen eigentlichen Zweck zu erfüllen und dieses eigentliche Ziel zu erreichen, dann müssen wir doch langsam beginnen, zu hinterfragen, ob es das richtige System und ob es die richtige Logik ist. Studieren ist nämlich immer noch eine Elitentätigkeit. Wir können aber leider nicht garantieren, dass es die geistigen Eliten dieses Landes sind, sondern es sind wahrscheinlich die monetären Eliten. Die Wahrscheinlichkeit, ein Hochschul­studium zu beginnen, ist für Kinder aus bildungsnäheren Schichten 2,6-mal so hoch wie für jene aus bildungsfernen Schichten. Die OECD bescheinigt uns auch immer wieder, dass wir da sehr konservativ unterwegs sind. An den FHs ist das freilich weniger ein Problem, die haben überraschenderweise – das wissen hier ohnehin alle – Studiengebühren.

Was ist unsere Studienbeihilfe also? – Sie ist ein Minderheitenprogramm, aber nicht in dem Sinn, dass sie Minderheiten dabei fördert, an die Uni zu gehen, sondern jene, die sie brauchen würden, um an die Uni zu gehen, nehmen sie nicht in Anspruch, und sie kommt nicht bei denen an, die sie vielleicht brauchen würden.

Es ist also an der Zeit, dieses System grundlegend zu überdenken, da bin ich ganz bei Frau Kollegin Maurer. Ich hätte allerdings ganz andere Ideen, wie man das bewerk­stelligen könnte. Ich glaube, wir müssen dieses letzte Überbleibsel aus der alten Weltordnung im Hochschulsystem endgültig in die Uni-Autonomie überführen und einen gewissen Teil dieses Geldes den Unis zur Verfügung stellen, damit diese auch selbst Stipendien vergeben können, wie es Rektorin Hanappi-Egger an der WU schon begonnen hat. Sie vergibt 15 Stipendien für sieben Semester. Das ist nicht viel, aber sie beginnt damit, weil sie glaubt, dass eine soziale Durchmischung an ihrer Uni wichtig ist. Das ist für sie ein Ziel, und ich finde das gut, dass sie sich dafür raus in die Welt begibt und Drittmittel einwirbt, damit sie das finanzieren kann.

Ich glaube, dass eine solche Reform extrem wichtig ist und auch mit der Einführung einer kapazitätsorientierten Studienplatzfinanzierung einhergehen müsste. Der freie Hochschulzugang ist nicht frei, wenn wir es nicht schaffen, dass alle Studenten die besten Bedingungen haben, an der Uni zu studieren, und dass auch Kinder aus bildungsfernen Schichten an die Uni gehen können. Man muss einfach sagen, dass wir es uns in Zeiten der Wissensgesellschaft, in denen wir uns wirklich in einem globalen Wettbewerb um die besten Köpfe und um die besten Ideen befinden, eigentlich nicht mehr leisten können, nur Kinder reicher Akademiker-Eltern an die Unis schicken, die dann in den Hörsälen auf dem Boden sitzen. Ich glaube, es ist Zeit, dass wir endlich Elite-Unis für alle in Österreich schaffen. – Danke. (Beifall bei den NEOS.)

11.12


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Weigerstorfer. – Bitte.

 


11.13.11

Abgeordnete Ulrike Weigerstorfer (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wenn wir heute dieses neue Studienförderungsgesetz einstimmig beschließen, dann hat das gleich zwei positive Effekte: Erstens einmal finde ich es sehr positiv, wenn wir immer wieder Themen finden, die wir einstimmig beschließen, und zum anderen ist es natürlich auch für die Betroffenen – primär junge Menschen über 27 Jahren – positiv, weil diese jetzt natürlich viel mehr Möglichkeiten


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 70

haben, sich mittels eines Studiums weiterzubilden. Genau diese Gruppe der über 27-Jährigen ist meistens mit besonderen Erschwernissen belastet, vor allem wenn es um Lebenshaltungskosten geht.

Das ist unseres Erachtens auch ein sehr wichtiger Punkt, um einzuhaken, denn laut Aussage der Wirtschaftsuniversität Wien kommen derzeit nur 8 Prozent der Studie­renden aus einer benachteiligten sozialen Schicht, und das sollte uns doch zu denken geben. Ich denke, dieser Beschluss ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn man setzt einen Impuls, dass man hier ein bisschen mehr Mut haben kann, weil die Unter­stützung durch den Staat jetzt da ist.

Es geht um rund 44 000 Studierende, die von diesem Studienförderungsgesetz pro­fitieren. Es ist natürlich so, dass es dadurch auch extra Kosten gibt, die mit knapp 6 Millionen € angesetzt werden. Ich hoffe, dass wir auch wirklich dort hinkommen, dass es keine zusätzliche Belastung für das Budget geben wird. Man wird versuchen, beim Verwaltungsapparat anzusetzen und so diese knapp 6 Millionen einzusparen.

Das ist alles sehr gut, darum tragen wir das natürlich auch mit. Ich möchte aber trotzdem noch ein paar Impulse dazu geben. Es ist ein erster Schritt, aber es müssen definitiv noch weitere folgen. Aus unserer Sicht können wir die angestrebten Ziele mit dieser Gesetzesänderung nämlich nur dann erfolgreich erreichen, wenn auch die Privatwirtschaft in die Ausbildung unserer Studierenden mehr eingebunden wird.

Das bedeutet enge Kooperation zwischen den Betrieben und den Studierenden, damit mehr Stipendien aus diesem Bereich vergeben werden und Studienpartnerschaften mit zukünftigen Mitarbeitern eingerichtet werden. Das wäre noch ein sehr langfristig gestecktes Ziel, das aber international immer mehr Bedeutung bekommt. Ich denke, wir müssen in Österreich vermehrt in diese Richtung agieren.

Das Ganze wird aber nur möglich sein, wenn das bestehende starre System ein bisschen aufgelockert wird. Da freuen wir uns natürlich besonders über die sehr erfreuliche Aussage unseres Wirtschaftsministers und Vizekanzlers Mitterlehner. Ende Mai war die Headline eines Interviews mit ihm: „Sozialpartner müssen sich komplett ändern“. – Dem pflichten wir natürlich sehr erfreut bei. Gerade im Bereich der Kam­merwirtschaft könnte man meinen, dass die Wirtschaftskammer ihre Hauptaufgabe nur mehr in der Selbstverwaltung und Selbstversorgung sieht. (Beifall beim Team Stronach.)

Wir haben ein bisschen recherchiert, und die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage verstärkt diesen Eindruck auch noch: Für Personalausgaben werden 54 Millio­nen aufgewendet, und es besteht ein Anlagevermögen in Höhe von 720 Millionen sowie Guthaben bei Kreditinstituten in Höhe von zirka 230 Millionen.

Das heißt, allein im Jahr 2014 betrugen die gesamten Einnahmen der Wirtschafts­kammer bundesweit sage und schreibe knapp eine Milliarde Euro. Dabei erkennt man natürlich deutlich, dass es längst eine neue Unternehmerwelt gibt, nämlich eine, die dieses alte System mit diesen unglaublichen Summen, die eigentlich in die Bildung fließen sollten, nicht mehr braucht. Deren Orientierung sind die internationale Entwicklung und der internationale Markt, und genau dort soll und wird unsere Zukunft liegen. Forschung, Wissenschaft und neue Technologien sind der Schlüssel für eine bessere Zukunft und müssen es auch sein, denn nur durch Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft wird Österreich seinen Marktwert in der Welt halten beziehungsweise vielleicht doch irgendwann einmal ausbauen können. Nur so werden wir es schaffen, neue Arbeitsplätze entstehen zu lassen und vor allem auch den Wirtschaftsstandort Österreich abzusichern.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 71

Wir sehen daher in diesem Bereich eine sehr große politische Aufgabe, und zwar gerade in Anbetracht der Tatsache, dass sehr viele junge Leute, die klügsten Köpfe, das Land verlassen, weil sie einfach international mehr Chancen haben. Die Leute wissen natürlich um ihren Marktwert. Das heißt, ein Land, das nicht in der Lage ist, die Besten einer jungen Generation zu fördern, wird diese Besten durch Abwanderung verlieren. Dazu darf es auf gar keinen Fall kommen. Also: Ändern wir diese Systeme, bevor es zu spät ist! – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach.)

11.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster hat sich Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.19.23

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Der konkrete Tagesordnungspunkt steht im Kontext mit der auch im Wissen­schaftsausschuss erörterten sozialen Lage der Studierenden. Es ist angesprochen worden, dass wir 2015 eine entsprechende Erhebung durchgeführt haben, die das letzte Mal im Jahr 2011 durchgeführt wurde.

Da gibt es, wie sich herausgestellt hat, durchaus in vielen Bereichen einen erfreulichen Trend: Beispielsweise gibt es 54 Prozent weibliche Studierende, damit aus meiner Sicht die beste Möglichkeit, wirklich Karrierechancen für Frauen zu eröffnen und die berühmte gläserne Decke auch im praktischen Leben zu durchstoßen. Zum Zweiten kommen rund 21 Prozent der Studierenden aus auswärtigen Systemen – studierend oder in der Studienvorbereitung – zu uns, also de facto eine Entwicklung, die durchaus international vergleichbar ist. Auch die Zahl der Studierenden mit Migrationshintergrund hat zugenommen, sie ist um rund 2 500 auf insgesamt 5 000 angestiegen.

Was die bereits vielfach angesprochene soziale Durchmischung anbelangt, ist es so, dass das aus unserer Sicht ausgeglichen ist: Es gibt ähnlich viele Studierende aus niedrigen Bildungs- und Einkommensschichten – die Eltern von 17 Prozent haben Pflichtschul-, Berufsschul- oder Lehrabschluss – wie Studierende aus der höchsten Bildungsschicht, 18 Prozent haben Eltern mit Hochschulabschluss. Die restlichen 65 Prozent stammen aus der mittleren Schicht, die Eltern sind beispielsweise Meister, haben Matura oder eine andere Schulausbildung.

Das heißt, im Kontext des Gesamtthemas ist das eigentlich eine durchaus akzeptable soziale Durchmischung, kein Elitensystem in dem Sinne, dass jemand, der aus nied­rigen Einkommensschichten kommt, keine Möglichkeiten hat, wobei klar ist – und das steht auch im Zusammenhang mit diesem Thema, es ist von Frau Abgeordneter Maurer angesprochen worden –: Bei rund 61 Prozent der Studierenden besteht die Notwendigkeit, zu arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren. Das Interessante dabei ist: Diese Studierenden kommen zum Großteil eben aus niedrigeren Einkommens­schichten und müssen einen größeren Zeitaufwand betreiben, um ihr Studium finanzieren zu können, was sich auf den Studienabschluss möglicherweise negativ auswirkt.

In diesem Zusammenhang ist daher die Studienförderung das entscheidende System, die Studienbeihilfen. Wir haben, was dieses System anbelangt – Kollege Töchterle hat es erwähnt –, vor einigen Jahren eine Studie durch das IHS durchführen lassen. Diese hat – erstaunlicherweise, sagen viele; aus meiner Sicht ist das doch nachvollziehbar – ergeben, dass das bisherige System eigentlich schon sehr viele Notwendigkeiten abdeckt, andere Systeme wie etwa das Kreditsystem sind nicht vorgeschlagen worden. (Abg. Maurer: Treffsicher, aber zu niedrig!) – Bitte? (Abg. Maurer: Treffsicher, aber zu


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niedrig, deswegen müssen …!) Daher haben wir genau auf dieser Basis auch das System weiterentwickelt.

Wir haben im Jahr 2014 vor allem für die Zielgruppe derer, die Betreuungsnot­wendig­keiten haben, die Beihilfemöglichkeit erhöht und damit auch die Treffsicherheit ver­stärkt und haben uns jetzt, im Jahr 2016, vor allem auf die Zielgruppe der älteren Studierenden konzentriert. Warum? – Weil gerade im Altersbereich ab 27 Jahren dann auch Sozialversicherungs-, Mitversicherungs- und andere Probleme für die Studie­renden auftreten.

Die Novelle richtet sich daher genau – das ist schon mehrfach angesprochen worden – an die Zielgruppe der Älteren; das sind nicht Studierende, die lange Zeit studieren, sondern eben ältere, berufstätige Studierende. Da gibt es einen Alterszuschlag für Studierende im Altersbereich ab 27 Jahren, Verbesserungen auch für diejenigen, die noch bei den Eltern wohnen, kulantere Regelungen, was die Rückzahlung von Studienbeihilfen anbelangt, sowie Verbesserungen, was die Wegzeitendarstellung und ‑berechnung betrifft.

Noch wenig erwähnt worden ist, dass wir einen weiteren schönen Erfolg haben, nämlich die Anerkennung sozialen Engagements. Das Ehrenamt ist jetzt das erste Mal praktisch im Gesetz in diesem Bereich entsprechend abgebildet und wird, was die vierjährige Selbsterhalterzeit anbelangt, mit dem Präsenz- und Zivildienst gleichge­stellt. Ich sehe das als ganz wichtigen Erfolg, auch für das Ehrenamt, das wir in verschiedenen Sonntagsreden immer wieder forcieren.

Abschließend, meine Damen und Herren – es wurde bereits angesprochen –: Ja, wir brauchen auch eine generelle Erhöhung der Beihilfen. Wir werden uns im Rahmen der nächsten Budgetverhandlungen mit dem Finanzminister diesbezüglich intensiv auseinandersetzen. Wir glauben, dass wir mit 25 Millionen € doch einen entsprechen­den Ruck nach oben erreichen. Wir wenden insgesamt etwa 190 Millionen € aus dem Budgetbereich für derartige Beihilfen auf, das wäre dann eine Erhöhung von mehr als 10 Prozent. So weit ist es noch nicht, aber die Bemühungen laufen in diese Richtung.

Was den Entschließungsantrag anbelangt: Wir prüfen das ohnedies und brauchen da nicht die Unterstützung durch den Antrag; das haben wir im Ausschuss schon angekündigt. Daher ist das aus meiner Sicht eigentlich nicht notwendig oder gegen­standslos. Aber es ist Ihre Angelegenheit, darüber zu befinden. (Abg. Maurer: Dann spricht ja nichts dagegen, ihn einfach zu beschließen!)

In diesem Sinn, meine Damen und Herren, danke ich – ich gehe davon aus, dass wie im Ausschuss auch hier der Beschluss einstimmig erfolgt –; ich denke, dass es sich um eine sehr, sehr wichtige Verbesserung für alle Studierenden in diesen Bereichen handelt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.25


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Himmelbauer. – Bitte.

 


11.25.29

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es uns heute bei dieser Novelle? – Es geht uns darum, systematisch Maßnahmen zu setzen, um die finanzielle Situation von Studierenden zu verbessern; systematisch deshalb, weil seit 2014 Schritt für Schritt mit Fokus auf bestimmte Personengruppen – beispielsweise Studierende mit Kindern oder Studierende aus kinderreichen Familien – das Studienförderungsgesetz angepasst wurde.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 73

Heute stehen ältere Studierende im Zentrum unserer Überlegungen, das heißt Studie­rende ab 27 Jahren, und ihre Lebensrealität. Passend dazu – und das wurde schon angesprochen – haben wir im Ausschuss den Bericht zur sozialen Lage der Studie­renden behandelt.

Ich möchte zwei Punkte herausgreifen, die im Zuge dieser Novelle natürlich auch relevant sind. Zum einen hat dieser Bericht gezeigt, dass der Anteil jener, die erst zu einem späteren Zeitpunkt in ein Studium einsteigen, also nicht unmittelbar nach der Matura oder dem Präsenzdienst, steigt. Das ist in meinen Augen nichts Schlechtes. Wer sagt, dass man unmittelbar nach der Matura oder dem Präsenzdienst ein Studium beginnen muss? Vielmehr glaube ich, dass durch den späteren Einstieg die Ent­scheidung viel bewusster getroffen wird. Dadurch entstehen neue Perspektiven, neue Ausbildungswege, die man angehen möchte, oder der bereits eingeschlagene beruf­liche Weg wird durch ein Studium ergänzt oder sogar gefestigt.

Das ist in meinen Augen auch ein Zeichen für die Durchlässigkeit unseres Bildungs­systems, eigentlich eine Stärke unseres österreichischen Bildungssystems. Aber natür­lich bedeutet das auch, dass es Einschnitte gibt, beispielsweise weil einem die Familienbeihilfe nur bis zum 24. Lebensjahr zusteht.

Zum anderen möchte ich auch die Erwerbstätigkeiten neben dem Studium ansprechen, was ein Thema war. Es wurde schon angesprochen, 61 Prozent der Studierenden arbeiten regelmäßig oder zumindest zeitweise neben dem Studium. Das ist ein Rückgang von 2 Prozent im Vergleich zum letzten Erfassungszeitraum. Auch das sehe ich nicht als schlecht an, sofern es nicht dem Abschluss oder dem Erfolg des Studiums im Wege steht, denn eine berufliche Tätigkeit ermöglicht zum einen, das Erlernte mit der Praxis zu verknüpfen, und zum anderen, ins spätere Berufsfeld hineinzuschnup­pern.

Die Vereinbarkeit von beruflichen Tätigkeiten mit dem Studium war ein wichtiges Thema, das hat sich auch in dem Bericht gezeigt, und daher sehe ich es auch als richtig an, dass wir da auf zwei Ebenen ansetzen: zum einen das Angebot an berufs­begleitenden Studien zu erhöhen, um somit auch der Lebensrealität von Studierenden entgegenzukommen, und zum anderen die finanzielle Situation von Studierenden so weit zu verbessern – mit zielgerichteten Beihilfen, Stipendien et cetera –, dass der Fokus auch wirklich beim Studieren liegen kann.

Zu Letzterem – das sehen wir heute in der Novelle mit den Änderungen –: Für die älteren Studierenden gibt es konkrete Maßnahmen. Beihilfeempfänger über 27 Jahren, die bei den Eltern wohnen, werden zukünftig die höchstmögliche Studienbeihilfe bekommen. Die Anrechnung des Freiwilligen Sozialjahrs war schon ein wichtiges Thema; ich glaube, das ist auch relevant, um dem Ehrenamt die Anerkennung entge­genzubringen, die es verdient. Auch die Kostenzuschüsse für die Kinderbetreuung sind jetzt gesetzlich verankert.

Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, dass im derzeitigen System der Studienför­derung weitere Schritte notwendig sind. Klar muss aber auch sein, dass das nur unter Berücksichtigung der budgetären Möglichkeiten erfolgen kann. Daher ist das von Wissenschaftsminister Mitterlehner angekündigte Strategiepapier Strategie zur sozia­len Dimension sehr zu begrüßen – dieses wird für Herbst vorbereitet und bietet eine Grundlage für die Erhöhung und Verbreiterung der Beihilfe –, ebenso das Commit­ment, sich bei der nächsten Budgetverhandlung für zusätzliche Mittel einzusetzen, um das auch möglich zu machen. Somit ist das heute ein weiterer wichtiger Schritt in eine gute Richtung. (Beifall bei der ÖVP.)

11.29


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kucher. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 74

11.30.10

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Besuchergalerie! Ich darf ganz herzlich eine Besuchergruppe von der Kärntner Gewerkschaftsjugend begrüßen. Schön, dass ihr da seid! Herzlich willkommen hier im Hohen Haus! (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Soziale Durchmischung als wichtiges Ziel der Studienförderung, es war heute schon mehrmals Thema: dass die Talente und Fähigkeiten junger Menschen darüber entscheiden, welches Studium sie wählen, und nicht die Größe der Brieftasche der Eltern.

Wenn wir über Chancengerechtigkeit im Hochschulsystem sprechen, geht es einerseits um den fairen Zugang zu den Universitäten vor allem für Studierende aus sozial benachteiligten Familien, es geht aber auch um faire Rahmenbedingungen, um faire Strukturen und Unterstützungssysteme während des Studiums auf dem Weg zum erfolgreichen Studienabschluss. Umso wichtiger ist es, glaube ich, dass wir heute gerade für ältere Studierende, für Studierende, die sozusagen ihr Studium erfolgreich beenden wollen und im Altersbereich ab 27 Jahren liegen, die Studienbeihilfe erhöhen, dass es eine Einmalzahlung pro Jahr von 360 € geben wird, dass wir ab 27 Jahren die Höchststudienbeihilfe gewähren werden. Allein von dieser Zahlung von 360 € werden über 10 000 junge Menschen in Österreich profitieren.

Ein wichtiges Signal, finde ich, ist auch, dass wir das soziale Engagement, das Ehren­amt stärker anerkennen wollen, dass das bei der Bemessung der Studienbeihilfe, beim Selbsterhalterstipendium ähnlich einfließt wie bisher der Präsenzdienst und der Zivildienst.

Wie wichtig aber eine Valorisierung des Stipendiensystems ist, das hat auch der Bericht zur sozialen Lage der Studierenden gezeigt: Ein Viertel der Studierenden ist von Armut betroffen, unerwartete Ausgaben führen oft zu einer Katastrophe, zu wirklich großen Problemstellungen. Die Kosten für die Wohnung sind ein riesengroßes Prob­lem – das wurde heute bereits gesagt –, für viele Studierende ist sogar der Kauf von neuer Kleidung und Schuhen eine Herausforderung.

Ich denke, das alles sind Signale, die uns zeigen, dass wir da besser werden müssen, ebenso im Bereich Studium und Arbeit. Es ist längst die Regel, dass man während des Studiums arbeitet, auch Vollzeit arbeitet, im Median 16 Stunden pro Woche. Dass das natürlich auch Auswirkungen auf die Studiendauer hat, ist uns allen bekannt. Das sind alles auch Baustellen, die wir in Zukunft stärker angehen müssen. Deswegen freut mich auch das Signal vom Herrn Vizekanzler, dass wir den Bereich der Studienbeihilfe, der Förderung in Zukunft noch einmal genauer durchleuchten werden, dass in die Nationale Strategie zur sozialen Dimension natürlich auch die Ergebnisse der Studierenden-Sozialerhebung miteinfließen werden.

Kollegin Kuntzl hat es, glaube ich, schon angesprochen: Wir brauchen weitere Maßnahmen auf dem Weg zu unserem Ziel, eine bessere soziale Durchmischung an Österreichs Universitäten zu erreichen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.33


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ertlschweiger. – Bitte.

 


11.33.10

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Frau Präsidentin! Werter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es heute schon gehört, von vielen Schritten ist da die Rede, und wir alle wissen, Wege entstehen durchs


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 75

Gehen. Ich glaube, dass diese Novelle ein richtiger Schritt ist, ein wichtiger Schritt ist und auch gut ist, denn sie wird dazu beitragen, dass wir unserem langfristigen Ziel, ein durchlässiges Hochschulsystem mit einer entsprechenden sozialen Durchmischung zu ermöglichen, näherkommen.

Wir müssen mehr Menschen die Chance auf hochschulische Aus- und Weiterbildung geben, und mit dieser Novelle tun wir genau das. Sie bringt gezielte Verbesserungen für Studierende und wurde eben auf Basis einer fundierten Evaluierung des Studien­förderungswesens durch das Institut für Höhere Studien, das IHS, erarbeitet; Kollege Töchterle hat das schon erwähnt. Ein Schwerpunkt wird dabei auf ältere Studierende über 27 Jahren gelegt, da gerade diese Gruppe mit wesentlichen Problemen und finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert ist.

Kollege Kucher hat es vorhin erwähnt: Über 27-jährige Studienbeihilfeempfänger erhalten künftig zusätzlich zur Studienbeihilfe jährlich einen Zuschlag von 360 €, und davon profitieren nicht weniger als 10 000 Studierende in Österreich.

Ein wesentlicher Aspekt dieser Novelle ist meiner Meinung nach auch, dass dem sozialen Engagement junger Menschen Rechnung getragen wird. Jene Zeiten, in denen angehende Studierende einen Freiwilligendienst absolviert haben, werden künftig wie auch Präsenz- und Zivildienstzeiten beim Selbsterhalterstipendium aner­kannt. Ich glaube, das ist schon ein wesentliches Zeichen; das Ehrenamt ist eine wichtige Säule unserer Gesellschaft, und da ist wirklich ein Zeichen der Anerkennung gesetzt worden. Das ist meiner Meinung nach bemerkenswert. Das soziale Enga­gement Studierender darf für ein Selbsterhalterstipendium kein Nachteil sein.

Kurz noch weitere Eckpunkte der Novelle: Der Rechtsanspruch auf das Studienab­schlussstipendium wird festgeschrieben, wir haben es heute schon gehört, die Kos­tenzuschüsse zur Kinderbetreuung werden gesetzlich verankert, und die Rückzahlung von Studienbeihilfen wird künftig großzügiger gehandhabt.

Grosso modo kann man also sagen, dass diese Novelle genau auf eine Zielgruppe mit bestimmten Erschwernissen abstellt und wesentlich dazu beitragen wird, die soziale Lage von älteren Studierenden zu verbessern.

John F. Kennedy, der ehemalige amerikanische Präsident, hat gesagt: „Es gibt nur eines, was auf Dauer teurer ist als Bildung, nämlich keine Bildung.“ – In diesem Sinne kann man dem Herrn Bundesminister und Vizekanzler nur gratulieren: Das ist eine sehr gute Novelle, die dazu beitragen wird, dass die österreichischen Studierenden auch in Zukunft gefördert werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.36


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Buchmayr. – Bitte.

 


11.36.05

Abgeordneter Harry Buchmayr (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Wie bereits ausgeführt wurde, bringt die Änderung des Studienförderungsgesetzes eine ganze Reihe von Verbesserungen für Studierende über 27 Jahren.

Bezugnehmend auf den im letzten Wissenschaftsausschuss präsentierten Bericht zur sozialen Lage der Studierenden: 61 Prozent der Studierenden gehen einer Erwerbs­tätigkeit nach, das wurde schon mehrmals angesprochen, doch Erwerbstätigkeit ist nicht gleich Erwerbstätigkeit. Die Wochenarbeitsstunden reichen von durchschnittlich 18,8 Stunden bei Bachelorstudien bis zu 34,1 Stunden bei berufsbegleitenden FH-Studienlehrgängen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 76

Das heißt, Studium und Beruf sind bei Studierenden nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel; 21 Prozent der Studierenden sehen sich sogar in erster Linie als Erwerbs­tätige, die nebenbei studieren. Laut Studie haben aber auch 54 Prozent der erwerbs­tätigen Studierenden Vereinbarungsschwierigkeiten. Das liegt zum Teil auch an den Studienangeboten unserer Hochschulen, die mehr auf eine bessere Vereinbarkeit mit Beruf und Familie achten sollten.

In der vorliegenden Novelle ist nun für Studierende ab 27 Jahren eine Erhöhung der Höchststudienbeihilfe um 360 €, also 30 € im Monat, vorgesehen. Gleichzeitig fällt aber eine etwaige Mitversicherung bei den Eltern im Regelfall weg, eine Selbstversicherung kostet jedoch monatlich zusätzlich 55,40 €. Das fällt aber in eine Lebensphase, in der sehr viele Studierende über einen bestimmten Zeitraum ihre berufliche Tätigkeit stark verringern beziehungsweise ganz einstellen, um Prüfungen abzulegen beziehungs­weise Diplomarbeiten abzuschließen. Gerade da kommen viele Studenten in finanzielle Schwierigkeiten, da unter Umständen Weiterbildungsgelder oder zum Teil auch Arbeits­losengeld oder andere Dinge in Abzug gebracht werden und so kein Stu­dienabschlussstipendium erwartet werden kann.

Abschließend möchte ich sagen: Die vorliegende Novelle bringt sehr viele punktuelle Verbesserungen für Studierende in Österreich, jedoch im Detail findet sich gerade auch im Bericht zur sozialen Lage der Studierenden noch einiges an Verbesserungs­potenzial, an dem wir in Zukunft arbeiten müssen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.38


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hofinger. – Bitte.

 


11.38.58

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die soziale Absicherung unserer Studenten steht auf dem Programm, und es ist natürlich sehr erfreulich, dass wir das gemeinsam umsetzen können. Nachdem wir mit der Novelle 2014 Studenten aus kinderreichen Familien helfen konnten, sind jetzt die Studenten über 27 Jahren an der Reihe, und ich glaube, das ist schon auch dem geschuldet, dass sich die Gesellschaft wandelt und sich natürlich auch die Studentenklientel wandelt, die immer öfter ein Studium mehr oder weniger nebenberuflich absolviert.

Genau diesen Studenten wollen wir helfen, aber nicht nur den über 27-jährigen, sondern wir haben auch andere Dinge verbessern können, etwa für jene, die bei den Eltern wohnen, oder auch die Wegzeitregelungen. Das, glaube ich, ist für Studenten im ländlichen Raum ganz wichtig: von diesen Wegzeitregelungen wegzugehen hin zu den datenbasierten Berechnungen.

Alle diese Änderungen verbessern die soziale Gerechtigkeit für Studenten. Ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg, und ich freue mich wirklich, dass auch alle Oppositionsparteien mitgehen. Unsere Studenten haben sich das verdient, denn sie sind auch sehr fleißig. Das zeigen auch die Zahlen, denn über 61 Prozent der Studie­renden gehen neben dem Studium einem Beruf nach. Ich denke, das ist wirklich bemerkenswert. Genau diese Studenten haben auch die größten Probleme finanzieller Natur beim Studium, und darum ist es umso bemerkenswerter.

Einen positiven Ansatz möchte ich auf jeden Fall noch hervorheben: Auch das Ehren­amt findet Eingang in das Studienförderungsgesetz. Das ist, denke ich, ein ganz positiver Ansatz, denn damit werden genau diese Leistungen unserer jungen Leute, die ein Freiwilliges Sozialjahr oder ein Umweltschutzjahr machen, berücksichtigt. Es ist ein ganz richtiger und positiver Weg, ihre Leistungen zu berücksichtigen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 77

In diesem Sinne bedanke ich mich nochmals bei Herrn Vizekanzler und Wissen­schafts­minister Mitterlehner dafür, dass wir das für unsere Studenten umsetzen konnten, und freue mich schon auf eine weitere Zusammenarbeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.41


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.

 


11.41.32

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die heutige Novelle des Studienförderungsgesetzes – das ist schon oft erwähnt worden – bringt Verbesserungen für ältere Studierende und für jene, die freiwilliges soziales Engagement an den Tag legen, und stellt die Berechnungen der Wegzeiten zwischen Elternhaus und Studienort um. Kurz gefasst: Es sind wichtige und gute Schritte für Studierende. Ich finde es super, dass wir das heute schaffen.

Aber – und auch darauf wurde schon mehrmals eingegangen – wir denken, dass eben eine gänzliche Reform der Studienförderung vonnöten wäre. Denken wir daran: Warum ist eigentlich der Bezug der Studienbeihilfe vom Einkommen der Eltern abhängig? Ist das noch zeitgemäß? – Ich denke, nein. Wir haben im Ausschuss auch schon mehr­mals darüber diskutiert. Ich bin der Meinung: Trauen wir uns drüber und reformieren wir wirklich gänzlich!

Offen gesagt, auch die Höhe der Beihilfe entspricht einfach nicht mehr den heutigen Realitäten. Das letzte Mal wurde 1999 angepasst, dann wieder 2008.

Im Bewusstsein der Budgetknappheit: Ich denke, dass es hierbei um Prioritäten­setzungen geht. Ich bin der Meinung, dass junge Leute auch in diesem Bereich oberste Priorität haben müssen.

Noch ein paar Worte zur sozialen Lage von Studierenden: 61 Prozent der Studieren­den arbeiten, und viele davon sagen, dass sie eigentlich nur mehr nebenbei studieren. Wohnen ist für Studierende einfach nicht mehr bezahlbar. Etliche Studierendenheime verlangen Wucherpreise, und jene, die besser oder sozialer agieren, sind leider in der Minderzahl. Wir kennen die Situation von privaten Mieten, etliche Vermieterinnen und Vermieter verlangen Wucherpreise und verrechnen Aufschläge, die eigentlich unbe­gründet sind. Studierende haben auch mit Praktika Erfahrungen, es ist gang und gäbe, unbezahlt zu arbeiten. In diesem Zusammenhang gibt es aus meiner Sicht und auch aus der Sicht der Studierenden wirklich unglaubliche Erfahrungen.

Ein Wort auch noch zur Vereinbarkeit von Uni und Job: Es gibt zu wenige Online­angebote, zu wenige Angebote, was die digitale Uni anbelangt. Ich bin der Meinung, dass wir auch in diesem Bereich definitiv besser werden müssten.

Trauen wir uns drüber, die Probleme nicht nur anzusprechen, sondern für Studentin­nen und Studenten ein Paket zu schnüren, das sie wirklich umfassend unterstützt! Ich sehe etliche positive Signale. Wir sind und wären dabei. (Beifall bei der SPÖ.)

11.44


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte.

 


11.44.11

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Von den zehn Studierenden, von denen ich im Rahmen von Sprechstunden Anfragen erhalten habe, werden acht von den heutigen Änderungen des Studienförderungsgesetzes profitieren. Man sieht also, dass die Evaluierung des IHS und jene aus der praktischen Abgeordnetentätigkeit, aber auch jene der Studen-


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tenvertretung durchaus zutreffen und dass die Maßnahmen, die wir heute beschließen, dringend notwendig sind.

Besonders für Studenten aus den Bundesländern, die keine eigene Universität haben – das ist zum Beispiel auch das Bundesland Vorarlberg, außer der Fachhochschule gibt es keine Universität –, ist die Frage der Erreichbarkeit der Studienorte eine ganz entscheidende.

Unser Ziel, das eigentlich auch von allen Sprechern im Vorfeld erwähnt wurde, ist, allen jungen Menschen die Chance zu eröffnen, eine ihren Talenten entsprechende Ausbildung zu bekommen. Die Maßnahmen, die wir heute beschließen, sind – wie es unsere Wissenschaftssprecher gesagt haben – ein kleiner, aber wichtiger Schritt in diese Richtung.

Ich bin der Meinung, dass man durchaus auch neue Wege beschreiten soll. Es sind verschiedene Vorschläge gemacht worden, besonders von den jungen Kolleginnen und Kollegen: Maurer, Gamon, Kucharowits. Man soll überlegen, was – neben einer Valorisierung, die bereits erwähnt wurde – tatsächlich notwendig ist.

Zum Schluss möchte ich noch einmal zusammenfassen, was wir mit dieser Novelle tatsächlich verbessern, da sich der Saal doch ein bisschen füllt und wichtige Bereiche angesprochen wurden: Wir verbessern die soziale Lage der Studierenden über 27 Jahren. Wir verbessern die Förderungsbedingungen für Studierende in der Studien­abschlussphase. Wir verbessern die aktuelle Feststellung der Erreichbarkeit von Studienorten zum Zweck der Berechnung der Höchststudienbeihilfe. Das ist ein ganz wichtiger Schritt; wer die Problematik kennt, weiß das. Wir schaffen die Gleichstellung von Freiwilligendienst und Ausbildungsdienst mit Präsenz- und Zivildienst. Wir verbes­sern die Studienwechselbestimmungen für Studierende, und nicht zuletzt verringern wir durch den Ausbau der automatisierten Datenabfrage durch die Studienbeihilfen­behörde den Verwaltungsaufwand doch erheblich.

Meine Damen und Herren, die 6 Millionen €, die uns dieses Maßnahmenpaket kostet, sind, denke ich, gut angelegt. Sie sind eine gute Investition in die Zukunft unserer Jugend. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Töchterle.)

11.46


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


11.46.50

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Novelle des Studien­förderungsgesetzes 1992: Was soll damit erreicht werden? – Mit diesem Vorschlag zur Änderung des Studienförderungsgesetzes sollen besonders ältere Studierende über 27 Jahren sozial besser abgesichert werden. Durch Festlegung eines monatlichen Zuschlags zur Studienbeihilfe soll es dieser Gruppe erleichtert werden, einen eigenen Haushalt zu gründen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Novelle werden die Vorausset­zungen für die sogenannten auswärtigen Studierenden – Heimatort, Studienort, das haben wir heute schon gehört – neu geregelt, was den Bezug einer höheren Studien­beihilfe wegen der Entfernung und die Kostenzuschüsse zur Kinderbetreuung betrifft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alles gut und schön, aber ich denke auch – ich glaube, Kollege Dr. Karlsböck hat es angesprochen –, dass es dringend notwendig wäre, auch einen Leistungsanreiz zu schaffen, Herr Vizekanzler. Dieser Leistungs­anreiz ist in dieser Regierungsvorlage nicht enthalten. Ich denke, das wäre ganz wichtig und ein richtiger Ansatz. – Danke schön.

11.48



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 79

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1153 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig so angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Maurer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studienbeihilfe für Studierende im Vorstudienlehrgang.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

11.49.122. Punkt

Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2015 (III-268/1179 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit gelangen wir zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster ist Herr Abgeordneter Mag. Hauser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.49.41

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Jugend auf der Galerie! Geschätzte Damen und Herren vor den Fernsehbildschirmen! Der Tourismus und der Tourismusbericht sind ganz wichtig. Wir sind Tourismusweltmeister, darauf können wir hundertprozentig stolz sein. Speziell für den ländlichen Raum ist der Touris­mus unverzichtbar, weil Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Einkommen durch den Tourismus erhalten werden; das ist absolut unstrittig.

Wir schreiben jedes Jahr Rekordzahlen. Im Jahr 2015 gab es 135 Millionen Über­nachtungen bei in etwa 40 Millionen Ankünften. Das sind schon satte Zahlen. Da ist einmal den Unternehmerinnen und Unternehmern zu danken (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen), die es durch ihre Arbeit trotz der vielen Bürokratie et cetera schaffen, diese Traumergebnisse zu erzielen. Das ist wirklich unstrittig.

Es ist aber auch primär Aufgabe der Opposition, aufzuzeigen, wo es im Tourismus krankt. Ich denke, das ist absolut notwendig und wichtig. Da gibt es eben unter­schied­liche Ansichten in der Regierung und in der Opposition, und dieses Sträußchen haben wir bereits im Ausschuss ausgetragen. Die Regierungsseite versucht selbstver­ständlich eher, alles sehr positiv erscheinen zu lassen, und die Oppo­sition sagt:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 80

Tourismus ist absolut wichtig und läuft Gott sei Dank gut, aber es gibt viele Probleme. Die Probleme sind auch anzusprechen und zu beseitigen. Das ist unsere Aufgabe.

Wenn man sich diesen aktuellen Tourismusbericht anschaut, dann sieht man, dass es neben diesen wunderbaren Zahlen und der direkten und indirekten Wertschöpfung, die der Tourismus mit über 24 Milliarden € zum Beispiel bringt, einfach viele Fakten in der Statistik gibt, die doch zum Nachdenken anregen müssen.

Weltmarktanteil: Wir verlieren am Weltmarkt ständig. Im Jahr 2009 hatten wir noch 6,35 Prozent Anteil, 2015 5,8 Prozent. Beim Nächtigungsmarktanteil am internatio­nalen europäischen Tourismus gibt es auch einen Rückgang von 8,51 Prozent 2009 auf 7,11 Prozent. Auch die Aufenthaltsdauer ist leider Gottes weiter rückläufig, von 4,9 Übernachtungen auf 3,4 Übernachtungen, et cetera, et cetera. Das sind ein paar Rahmenbedingungen, die einfach zum Nachdenken anregen müssen.

Fakt ist neben diesen volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Zahlen, dass die Tourismusbranche in den letzten Jahren viele Belastungen über sich ergehen lassen musste, wie zum Beispiel die Registrierkassenpflicht, die Erhöhung der Mehr­wertsteuer von 10 auf 13 Prozent, die Allergenverordnung, die nach wie vor zu hohen Lohnnebenkosten, das Theater rund um das Rauchverbot, die Belastungen bei der Betriebsübergabe. All diese Komponenten haben dazu geführt, dass die grundsätzliche Stimmung in der Branche – ich sage es jetzt einmal vorsichtig – keine allzu gute ist.

Wenn da vielfach widersprochen wird, darf ich, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen, aus einem Beitrag des ORF vom 14. März 2016 zitieren: „Viele Wirte denken ans Aufhören“, so der Titel eines entsprechenden Berichts. Wie drastisch die Situation mittlerweile ist, zeigt sich, wenn es in dem genannten Bericht wörtlich heißt:

„Das Wirtesterben habe bereits eingesetzt (…). Neue Verordnungen und bürokratische Hürden, wie etwa die Registrierkassenpflicht oder die Allergieverordnung setzen vor allem kleinen Betrieben zu. Im vergangenen Dezember, Jänner und Februar gab es um 40 Prozent mehr Schließungen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. (…) Die Wirtevertreter fühlen sich von der Politik unverstanden.“ Sie fordern „ein Umdenken von Politik und Gesetzgeber.“

Der Gastronomie-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer Peter Dobcak wird in der „Presse“ vom 1. Jänner 2016 wie folgt zitiert:

„In den nächsten drei Jahren werden 30 Prozent der Gastronomen ausfallen, und die Preise werden um 30 Prozent steigen müssen.“ – Er sagt weiters: „Die Stimmung unter den Gastronomen sei ‚miserabel‘“.

Auch Peter Haubner, Wirtschaftsvertreter der ÖVP, darf ich zitieren. Selbst der Wirt­schaftssprecher der ÖVP, Abgeordneter Peter Haubner, kritisierte in einem „Kurier“-Interview vom 9. Jänner dieses Jahres trotz vorhergehender Zustimmung zu vielen Gesetzen, die ich gerade als Belastung für die Tourismuswirtschaft aufgezählt habe, die Belastungen gerade für Gastronomiebetriebe – ich zitiere –:

„Dass Wirte besonders sauer sind, kann der Wirtschaftsvertreter verstehen.“ – Und: „Es geht nicht, dass man vor lauter Bürokratie nicht mehr zum Arbeiten kommt.“

Die an sich nicht positive Stimmung wird ja auch von allen bestätigt, und da ist anzu­packen. Da stelle ich mir zuerst schon einmal die Frage: Packen wir selbst auch hier im Parlament an? – Ich rufe unsere Initiative in Erinnerung, eine „klare gesetzliche Rege­lung für eine unbürokratische und belastungsfreie kurzfristige Mitarbeit von Familienan­gehörigen in Gastronomiebetrieben“ zu schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das war für jeden Außenstehenden von Haus aus normal. Ich beziehe mich auf Kollegen Obernosterer, der den Betrieb übergeben hat, der zu Hause einmal ein Seidel


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mittrinkt, wenn ein Reisebus kommt und theoretisch hätte angemeldet werden müssen. Dass so etwas nicht geht, versteht jeder.

Wir waren im Ausschuss über eineinhalb Jahre lang nicht in der Lage, eine gesetzliche Regelung zustande zu bringen, weil das von der SPÖ blockiert worden ist. Das versteht niemand mehr! Dann kommt eine Verordnung heraus, in der festgehalten wird, dass das mitarbeitende Familienmitglied ein Trinkgeld von bis zu 30 € pro Tag behalten darf. Ich frage mich da wirklich: Wem fällt denn so etwas ein, bitte? Auf der einen Seite spricht man von Bürokratieabbau, und auf der anderen Seite wird eine Verordnung erlassen, die bestimmt, dass man 30 € Trinkgeld behalten darf. Na bitte, wenn man als Familienmitglied mitarbeitet, was tut man mit dem Trinkgeld, wenn man überhaupt eines bekommt? – Das bekommen dann ohnehin die Enkelkinder und so weiter. Ich meine, die Politik hat andere Aufgaben, als sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Man muss eben schnell helfen, was uns nicht gelungen ist. Für diese Verordnung in Sachen Mithilfe von Familienangehörigen haben wir eineinhalb Jahre lang kämpfen müssen. Das ist einfach zu lang, und das versteht niemand mehr.

Ein anderes Beispiel ist die Bestpreisklausel bei den Buchungsplattformen. Da kämpfen wir auch schon längere Zeit, diese Initiativen werden vertagt. Jetzt ist möglicherweise eine Lösung in Sicht. In Deutschland und in Frankreich wurden diese Bestpreisklauseln gesetzlich verboten, weil sie wettbewerbsverzerrend und –beschrän­kend sind. Wir arbeiten an dieser Sache auch im Ausschuss ewig, damit wir das weiterbringen, und die Initiativen werden vertagt. Das heißt, da müssen wir besser, schneller und effizienter im Interesse des Tourismus arbeiten. Das gelingt auch nicht immer.

Abschließend: Ich habe im Ausschuss auch den Bericht der Tourismusberatung Prodinger angesprochen. Vom Herrn Vizekanzler wurde repliziert, der ganze Bericht sei im Grundtenor negativ, obwohl Prodinger nichts anderes tut, als aufzuzeigen, wo es wirklich krankt. Immerhin werden 500 Betriebe von dieser Tourismusberatung betreut. Er wurde unter anderem festgestellt, dass es eben nicht gut war, die Abschreibungs­dauer für Anlagevermögen in Tourismusbetrieben auf 40 Jahre zu verlängern – das geht nicht, das muss wirklich wieder reduziert werden –, und dass natürlich auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 10 auf 13 Prozent nicht oder in den seltensten Fällen an den Gast weitergegeben werden kann. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Das sind Punkte, die aufzuzeigen sind, an denen zu arbeiten ist. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen, speziell der Bürokratieabbau et cetera, ist intensiv voranzutrei­ben, damit wir Glaubwürdigkeit haben. Es darf nicht bei Worten alleine bleiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Opposition ist da eine treibende Kraft, und ich bedanke mich auch bei der Oppo­sition für die vielen gemeinsamen Initiativen. Ich denke, das ist wichtig und richtig. Wir werden schauen, dass wir gemeinsam etwas weiterbringen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Obernosterer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


11.59.54

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler, Wirtschaftsminister und Tourismusminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschir­men! Wie steht es im Tourismusbericht? – Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten hat


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der Tourismus wieder gezeigt, dass er ein starker Konjunkturmotor ist, der für Wachs­tum und Arbeitsplätze in diesem Land sorgt.

Ich glaube, gegen den allgemeinen wirtschaftlichen Trend hat Österreich gezeigt, dass man in Österreich – mein Vorredner hat auch gesagt, dass wir Tourismusweltmeister sind – nach wie vor dafür sorgt, dass der Tourismus auf Vordermann ist. Natürlich kann man über viel Plus und viel Minus im Tourismus reden, aber eines muss auch einmal ganz klar gesagt werden: Von dieser Regierung wird der Tourismus ernst genommen. (Abg. Peter Wurm: Na ja!) Wir kennen die Wertigkeit des Tourismus, was er für unser Land bedeutet, denn es ist keine Selbstverständlichkeit, dass der Tourismusbericht hier im Plenum behandelt wird. Viele Berichte werden in den Ausschüssen enderledigt und kommen nicht einmal ins Plenum.

Was sind die klaren Pluspunkte, die der Wirtschaftszweig Tourismus aufzeigen kann? – Die Nächtigungszahlen sind gestiegen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, wir brauchen uns nur einzelne Bundesländer anzuschauen. Die Umsätze sind gestie­gen, und ganz wichtig ist – natürlich auch eine Auswirkung der momentan herrschen­den Zinspolitik –, dass die Entschuldungsdauer der Betriebe zurückgegangen ist. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.)

Was die Vorschau für das Jahr 2016 betrifft, sagt die ÖHT, dass in der Tourismus­branche schon lange nicht mehr so viel investiert wurde, wie es jetzt im Jahr 2016 der Fall ist. Das ist wichtig, das ist richtig. Wir wissen, dass es da und dort schwierige Bereiche gibt, gerade in der Gastronomie, aufgrund der Kleinstrukturiertheit. Wir wissen aber auch, dass wir dort natürlich weiterhelfen müssen, mithelfen müssen, die Eigeninitiative zu stärken, weil gerade der Tourismus die einzige Alternative auf dem Arbeitsmarkt im ländlichen Bereich ist.

Wir wissen, dass 80 Prozent der Investitionssumme in den Tourismus an Unternehmen im Umkreis von 60 Kilometern gehen. Ohne den Tourismus würde der ländliche Bereich sicherlich nicht so dastehen. Wir wissen, was vor allem in der momentan weltweit schwierigen Zeit gerade für Österreich und für den Tourismus ganz wichtig ist. Das, was uns auch heuer, Gott sei Dank, wieder ein bisschen zugutekommt, ist nach wie vor die Topqualität, die die österreichischen Tourismusbetriebe bieten. Momentan ist eines der Hauptmerkmale, dass jeder, der nach Österreich fährt und in Österreich Urlaub macht, weiß, dass er sich hier sicher fühlen kann. Das ist, wie gesagt, jetzt in weiten Teilen der Welt leider nicht mehr möglich, aber Österreich ist nach wie vor eines der sichersten Länder überhaupt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir wissen, dass da und dort im bürokratischen Bereich noch einiges zu machen ist. Unser Tourismus- und Wirtschaftsminister hat auch eine Arbeitsgruppe zur Entbüro­kratisierung eingerichtet. Wir wissen, Kontrollen müssen sein, wir wissen, Vorschriften müssen sein, aber wir wissen auch, dass es in den letzten x Jahren – nicht erst seit zwei, drei Jahren – zu immer mehr Vorschriften, Kontrollen gekommen ist. Das ist zu durchforsten. Ich bin mir sicher, dass wir ein Drittel davon weglassen können, ohne die Qualität für die Mitarbeiter oder die Qualität im Tourismus zu gefährden.

Das Thema der familiären Mithilfe in den Betrieben ist seit zehn Tagen erledigt. Unbürokratisch und ohne Zettelwirtschaft dürfen die engsten Familienangehörigen in den Betrieben zu Hause wieder mithelfen, sofern sie in Pension sind, sofern sie einen Arbeitsplatz haben oder sofern sie in Ausbildung sind. Das haben wir erledigt! (Beifall bei der ÖVP.) Es hat lange gedauert, das stimmt. Das hätte schneller gemacht werden können, aber diese Lösung, die jetzt auf dem Tisch liegt, ist so unkompliziert, dass sie ein gutes Beispiel für alle weiteren Dinge ist, die wir machen.

Betreffend Geringfügigkeit: Für in der Tourismusbranche geringfügig Beschäftigte, die bis jetzt eigentlich nur drei Stunden pro Tag bei einer Hochzeit oder einer Veranstal-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 83

tung am Wochenende hätten arbeiten dürfen, ist es in Zukunft möglich, die Stunden, die sie pro Monat zur Verfügung haben, auch an einem Wochenende allein zu ver­brauchen. Damit wird sehr geholfen, das ist wichtig, und viele Schritte werden noch folgen.

Eines möchte ich zum Abschluss noch sagen: Ich arbeite nach wie vor, wenn ich mal zu Hause bin, im Tourismus mit. Tourismus ist mein Leben gewesen. Man kann auch einiges negativ darstellen, und kein Beruf hat nur Sonnenseiten, aber wenn ich noch einmal auf Welt komme – das sage ich euch ganz ehrlich –, werde ich wieder Touristiker und wieder Wirt. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)

12.05


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. – Bitte.

 


12.05.31

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich: Seien wir froh und stolz, dass der Wirtschaftsmotor Tourismus in Österreich noch läuft, denn sonst würde es finster in unserem Land aussehen!

Lieber Kollege Obernosterer, als Wirt, als ehemaliger Betreiber eines Hotels – dem Kollegen Rosenkranz gesagt – ist es eine wichtige Aufgabe, dass du die Stammgäste unterhältst, dass du natürlich schaust, dass etwas konsumiert wird. Das steht außer Frage. Du bist ja ein fleißiger Hotelier, das stimmt ja. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, würden die Hoteliers, die Gastronomen nicht mit einem so enormen persönlichen Einsatz am Werk sein, dann würde es um unsere Gastronomie nicht so gut ausschauen.

Im Jahr 2015, das haben wir schon gehört, gab es 135,2 Millionen Nächtigungen und einen Umsatz von zirka 38,4 Milliarden €. Es schaut alles ganz gut aus, nur die Ertragslage der Betroffenen, meine sehr geehrten Damen und Herren, schaut nicht so rosig aus. Da nützen auch alle Jubelmeldungen über neue Rekorde bei Nächtigungen oder bei Sommerbuchungen nichts, wenn nichts übrig bleibt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es ist angesprochen worden, Herr Kollege Obernosterer, es stimmt, es ist ein bisschen besser geworden, was die Mithilfe der eigenen Familienmitglieder betrifft. Es ist aller­dings nach wie vor so, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass die Bürokratie für unsere Betriebe, auch für die Gastronomie, die Bestimmungen, die Verordnungen, die Belastungen enorm sind. Es ist tatsächlich auch so – und das sagen mir Leute immer wieder –, dass eine Betriebsübernahme durch die Kinder fast nicht finanzierbar ist. So schaut es aus, liebe Damen und Herren!

Noch ein großes Problem den Tourismus betreffend, meine Damen und Herren, haben wir aufgrund der Sanktionen gegen Russland, denn vor allem die Gäste aus Russland sind bei uns ausgeblieben. Ich glaube, diese Sanktionen sollte man dringendst beenden. – Herzlichen Dank. (Beifall des Abg. Hagen.)

12.07


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Mag. Unterrainer ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.07.43

Abgeordneter Mag. Maximilian Unterrainer (SPÖ): Im Tourismus ist nichts so beständig wie der Wandel. – Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen, Zuseher auf der Galerie und Damen und Herren vor den


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Bildschirmen zu Hause! Unsere Gastfreundschaft prägt den Tourismus, unsere Identität bestimmt ihn, und vor allem aber bestimmt und prägt der Tourismus uns.

Österreich ist ein Schneegestöber, ein Bergsee, Metropole und Alm zugleich. Wenn wir die Schnelllebigkeit in unserer Welt schon akzeptieren müssen, so müssen wir ihr nicht nachrennen. Warum? – Weil wir uns nur so selbst treu bleiben können, und ich glaube, das wollen auch die Menschen, die als Touristen zu uns kommen. Sie schätzen unsere Ehrlichkeit, sie schätzen unser Österreich: etwas Moderne, etwas pfiffige Tradition, gemixt in einer weitgehend intakten Natur. Aber genau der Mix macht es ja aus und nicht nur die Marktschreierei.

Für mich ist eines ganz wichtig: Wir tragen als Regierungspartei Verantwortung, dass wir Kurs halten, dass die Unternehmer und Unternehmerinnen in diesem Land auch weiterhin Erfolg haben können, dass Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte und auch die Betriebe ein Stück des Kuchens mit nach Hause nehmen können.

Zur Schnelllebigkeit: Da erinnere ich mich an eine tolle Rede von Tobias Moretti anlässlich einer Feier zum 125-Jahr-Jubiläum Tourismus in Tirol, in der er den Touristikjargon etwas aufs Korn genommen hat; ich darf ganz kurz zitieren:

„Ich sehe nur, dass die Panorama-Paläste auf den Gipfeln, in denen sich die Touris­tiker, die Gemeinderäte, die Bürgermeister und Architekten verewigen, leer sind und man in den kleineren gemütlichen Hütten nie einen Platz kriegt, weil alle hinwollen.“

Da steckt für mich eine politische Aussage drin, denn fast jedes Alpental bei uns hat mittlerweile einen Skilift, jedoch die Familien können sich die Skipässe im Normalfall nicht mehr leisten. Und egal, wie viele Schneekanonen wir auch aufstellen, die Klima­erwärmung ist Realität und das wird auch so bleiben. Wenn nicht jetzt, wann reagieren wir dann eigentlich darauf?

Ich behaupte, dass es höchste Zeit ist, uns mit der Nachhaltigkeit im Tourismus entscheidend auseinanderzusetzen und in diese Richtung zu gehen. Wir haben heute bereits – es steht im Bericht – 135 Millionen Nächtigungen in Österreich; das ist zum Beispiel neunmal mehr als 1950. Wo früher einer am Berggipfel stand, stehen heute neun. Dürfen es 18 sein, dürfen es 27 sein, dürfen es 50 sein? Vergeben wir am Ende des Tages an den Bestbieter eine Platzkarte am Gipfelkreuz? Ist das das Ziel? Wachstum kann nicht unendlich sein, die Ressourcen der Alpen sind es jedenfalls nicht.

Wir haben in der Vergangenheit sehr positive Dinge in Gang gesetzt, etwa eine über 5 Milliarden € schwere Steuerreform auf die Beine gestellt, die die Kaufkraft der Menschen erhöht und somit auch direkt und indirekt der Freizeitwirtschaft zugute­kommt. Und trotz oder wegen der Finanzkrise: Als Sozialdemokrat ist es mir ein großes Anliegen, dass alle die Möglichkeit haben, Urlaub in Österreich zu machen, nicht nur die Gäste aus dem Ausland, sondern vor allen Dingen auch unsere Österreicher und Österreicherinnen.

Wir Regierungsparteien haben es geschafft, dass immer mehr Verständnis gelebt wird, wenn es darum geht, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit besonderen Bedürfnissen als unsere Gäste begrüßen zu dürfen. Da steckt nicht nur der Gedanke dahinter, sozial Gutes zu tun, denn in einer Gesellschaft, die stetig älter wird, in der immer mehr Menschen besondere Bedürfnisse haben, sind das auch Chancen für die Wirtschaft. Ein Fahrstuhl kommt vielen zugute, Menschen mit Kinderwägen, im Roll­stuhl oder auch älteren Menschen, wobei mir da eines wichtig ist: Es muss immer auf Freiwilligkeit und auf Weitsicht basieren. Das Potenzial von in etwa 340 Millionen Nächtigungen ist aber ein gutes Argument und bietet eine ganz große Chance.


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Zum Schluss: Auch ich möchte, dass wir aufräumen, dass wir die Bürokratie weiter rausbringen, dass wir Möglichkeiten reinbringen. Wir müssen sicher neue Pfade ein­schlagen, wenn wir neue Wege beschreiten wollen. In diesem Sinne: Arbeiten wir gemeinsam für die Zukunft des österreichischen Tourismus, für den Motor der öster­reichischen Wirtschaft! – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Köchl.)

12.11


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Willi. – Bitte.

 


12.11.56

Abgeordneter Georg Willi (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Tourismusbericht ist gut gemacht und erfreulich.

Wir haben 39 Millionen Ankünfte, 135 Millionen Nächtigungen. Unsere Hauptmärkte liegen vor der Haustür: 37 Prozent der Gäste kommen aus Deutschland, 26 Prozent aus Österreich, 7 Prozent aus den Niederlanden, und dann folgen Schweiz, England, Italien, Belgien, Tschechien, Russland und Frankreich. Die Ausgaben der in- und ausländischen Gäste betragen stolze 38 Milliarden €, und der Tourismus gibt knapp 200 000 Menschen in Österreich Arbeit, das sind knapp 6 Prozent.

Anzumerken ist, dass 2015 ein kleiner Ausreißer war, wir hatten frühe Ostern, wir hatten einen sehr schneereichen Winter und einen heißen Sommer. Das hat gerade im heißen Sommer viele Gäste, die den kühlen Alpenraum gesucht haben, zu uns geführt, auch hin zu den Seen. Und man muss auch zugeben, dass Konkurrenzmärkte, vor allem im südlichen Mittelmeerraum, unsicherer geworden sind.

Wir erleben Zuwächse an den Preispolen. Das Segment der hochpreisigen Hotellerie und das Niedrigpreissegment – Ein- und Zwei-Sterne-Unterkünfte – wachsen, es schwächelt die Mitte mit den drei Sternen.

Es ist der Opposition gelungen – Kollege Hauser hat es schon gesagt –, die Bestpreis­klausel wegzubekommen. Der Herr Minister sieht jetzt doch Handlungsbedarf und wird das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ändern, und wir werden diese Best­preis­klausel so wie Deutschland und Frankreich abschaffen.

Interessant ist für mich die Seite 27 im Bericht. Da wird sehr kritisch mit den Grenz­kontrollen verfahren, und es wird darauf hingewiesen, dass diese Grenzkontrollen eine Gefahr in sich bergen und einen Wachstumseinbruch bringen könnten. Ich bitte Sie, Herr Vizekanzler, dass Sie den Scharfmachern in Ihren Reihen, aber vor allem auch in den Reihen der FPÖ ausrichten, dass sie mit diesen Grenzkontrollen abfahren sollen. Das ist schädlich für unseren Tourismus und trübt das Bild unseres Landes. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Nicht nachvollziehen kann ich die Aussage, dass der Binnenreiseverkehr eine Sätti­gung erfahren habe und in Zukunft vielleicht von einer Stagnation auszugehen sei. Wenn man allerdings mit Steuergeschenken das günstige Wegfliegen aus Österreich in Länder, mit denen wir preislich nicht mithalten können, fördert, dann ist das negativ und kontraproduktiv. Ich sehe in der Renaissance der Sommerfrische riesige Wachstumspotenziale. (Abg. Pirklhuber: Richtig!) Die Sommer werden heißer. Wo gehen die Leute hin? – In die kühleren Alpen hin zu den Seen. Sie suchen Urlaub in Österreich. Und was wir tun müssen, ist, das Angebot ausweiten, vor allem das Radan­gebot, Rad und Bahn, Rad und Bus, Bett+Bike, die Radwege gut ausschildern. Hier gibt es ein Riesenpotenzial bis hin zur Öffnung der Forststraßen für Mountainbikes. Und natürlich lockt der Berg als Abenteuer.

Meine Damen und Herren, jeder Gast, der sich in Österreich wohlfühlt, ist ein exzel­lenter Botschafter Österreichs. Aber nur jene Menschen, die den Gast gut betreuen


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können, weil sie ihren Arbeitsplatz gerne haben und sich dort wohlfühlen, können dazu beitragen, dass unsere Gäste zu guten Botschaftern Österreichs werden.

Wenn eine falsch programmierte Steuerreform dazu führt, dass Hoteliers und Gastwirte verärgert sind, wenn es teilweise schlechten Umgang mit dem Personal im Tourismus gibt und die Leute ausgepresst werden, wenn die Arbeit keine Freude macht, weil so viele bürokratische Hürden aufgebaut statt abgebaut werden, dann ist klar, dass sich die Beschäftigten im Tourismus nicht wohlfühlen und daher ihre Gäste nicht so gut betreuen können; und das ist schlecht.

Wir brauchen glückliche Gäste, die von glücklichen Menschen in Österreich gut betreut werden. Diese Gäste werden in der ganzen Welt spannend von Österreich erzählen. Mundpropaganda ist die beste Propaganda. Jeder Gast in Österreich, der zu Hause erzählt, wie toll es in Österreich ist und wie lässig die Leute da sind, wie toll die Landschaft ist, die Kultur, wie freundlich die Menschen sind, wird neue Gäste zu uns holen. Darauf kommt es an. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme zum Schluss: Meine Damen und Herren, ich habe noch die Zeit erlebt, in der man nicht von Tourismus, sondern von Fremdenverkehr gesprochen hat, in der also der Gast, der zu uns kam, der „Fremde“ war. Kürzlich bin ich mit einer Hoteliersfrau durch die Innsbrucker Altstadt gegangen, und sie hat gejammert: Diese Flüchtlinge, es sind viel zu viele, und man muss sich ja vor ihnen fürchten. Dann habe ich zu ihr gesagt: Bitte, da vor dem Goldenen Dachl sind Hunderte, ja Tausende von Menschen aus aller Welt. Fürchtest du dich? – Darauf hat sie gemeint: Nein, wieso?

Meine Damen und Herren, vor dem Gast, der Geld im Sack hat, fürchtet sich niemand. Der Gast, der mit viel Mut eine Reise zu uns geschafft hat, oft gefährlich, dem Tode nahe, der mit viel Hoffnung und viel Energie zu uns kommt, aber eben kein Geld hat, ist das ein schlechter Fremder? Muss man sich vor diesem fürchten? – Nein! Wir müssen als Gastland auch diese Gäste, die ohne Geld zu uns kommen, aber viel Hoffnung, viel Potenzial, viel Kraft mitbringen, besser behandeln.

Das sage ich gerade in Richtung der FPÖ: Ihr wollt immer die Gäste mit Geld haben. (Abg. Haider: Touristen fahren ja wieder heim nach zwei Wochen!) Und wenn ein Russe kommt, der einen Haufen Kohle bringt, dann setzt sich der freiheitliche Abge­ordnete sogar dafür ein, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft bekommt, aber sonst haut ihr auf die Gäste ohne Geld hin. Das geht nicht!

Wir Grüne wollen ein Österreich als tolles Gastland. Wir wollen, dass unsere Gäste Botschafter Österreichs werden. (Beifall bei den Grünen.)

12.18


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kassegger zu Wort. – Bitte.

 


12.18.35

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Wir haben jetzt schon einiges darüber gehört, dass es in der Wirtschaft allgemein und in der Tourismuswirtschaft im Besonderen – weil da langfristige Inves­titionen zu tätigen sind – sehr notwendig ist, dass Rechtssicherheit herrscht, dass stabile Rahmenbedingungen herrschen, dass die Gastronomieunternehmer sich sozu­sagen auf den Gesetzgeber, der ja für die Wirtschaftspolitik, für die Gestaltung der Rahmenbedingungen verantwortlich ist, verlassen können.

Wir haben da in diesem Jahr schon einige schlechte Beispiele gehabt, etwa eine Verlängerung der Abschreibungsdauer. Jeder, der kaufmännisch tätig ist, weiß, dass das genau das Gegenteil von Rechtssicherheit ist. Auch die Erhöhung der Umsatz-


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steuer für die Gastronomiebetriebe würde ich jetzt nicht unter besonders tolle Rahmen­bedingungen hinsichtlich der Rechtssicherheit subsumieren.

Worum geht es mir jetzt im Konkreten? – Es geht mir um die Gastronomiewirtschaft oder die Gastronomie im urbanen Raum unter dem Gesichtspunkt messbarer Para­meter, Rechtssicherheit als Aufgabenstellung für die Wirtschaftspolitik. Wir haben hier in Wien, im urbanen Raum, einen Anlassfall, bei dem das eben nicht gegeben ist. 

Grundlage ist der – berühmt-berüchtigte, möchte ich schon fast sagen – § 113 der Gewerbeordnung, der eben genau das Gegenteil von dem darstellt, was Rechts­sicher­heit zu bedeuten hat. Worum geht es da konkret? – Es geht um Vorverlegungen und Rückverlegungen von Sperrstunden; also es ist möglich, Sperrzeiten zu verlängern, aber auch wieder zu verkürzen. Das liegt im Kompetenzbereich der entsprechenden Gemeinde, aber im gesetzlichen Kompetenzbereich des Bundesgesetzgebers im Rahmen des § 113.

Der Absatz 5 ist da der kritische Absatz. Ich zitiere diesen Absatz, der unseres Erach­tens so nicht stehen bleiben darf und geändert gehört; das ist auch Gegenstand des Entschließungsantrages, den ich nachher einbringen werde:

„Wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben.“

Das heißt, die Gemeinde kann dann vorschreiben, dass die Sperrstunde zum Beispiel nicht mehr um 4 Uhr in der Früh, sondern um 12 Uhr Mitternacht ist, was natürlich für ein Lokal, das entsprechend ausgerichtet ist, de facto einem Todesurteil gleichkommt.

Es wimmelt da nur so von unbestimmten Gesetzesbegriffen. Was ist „unzumutbar belästigt“? – Es ist unser freiheitliches Anliegen, hier Rechtsklarheit zu schaffen, und Kollege Schellhorn wird dann im Anschluss zum selben Thema sprechen. Wir haben nur unterschiedliche Zugänge, was den Modus Operandi betrifft, aber dem Grunde nach sind wir derselben Meinung. Wir haben auch gemeinsam einen entsprechenden Antrag im Ausschuss eingebracht; dieser ist selbstverständlich, wie alle diese Anträge, vertagt worden.

Der Sinn unseres Antrages ist: Wollen wir für die urbane Gastronomie, insbesondere etwa in Wien, sichere Rahmenbedingungen schaffen, die dann natürlich auch Invest­ments bewirken und die Wirtschaft ankurbeln. – In diesem konkreten Anlassfall sind 3,5 Millionen € investiert worden und 35 Arbeitsplätze in Gefahr. Das sind die Fakten.

Man muss in diesem potenziellen Konflikt zwischen Gastronomiebetreibern und Nach­barn, deren Rechte natürlich anzuerkennen und selbstverständlich auch zu berück­sichtigen sind, klare Rahmenbedingungen schaffen. Und diese klaren Rahmenbedin­gungen sind durch den derzeitigen § 113 Abs. 5 der Gewerbeordnung eben gerade nicht gegeben.

Insoweit bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingun­gen – Rechtssicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 88

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft wird ersucht, umgehend eine Studie in Auftrag zu geben, mit der entsprechende standortbezogene Parameter und Werte für von Gastgewerbe­betrie­ben bzw. von Gästen vor einem Gastgewerbebetrieb ausgehenden Lärmemis­sionen - insbesondere unter Berücksichtigung der Veränderungen der Rahmenbe­dingungen für Gastgewerbebetriebe (z.B.: Rauchverbot) - ermittelt werden, die einen Interessensausgleich zwischen Nachbarn und Gastgewerbebetrieben in Hinblick auf die jeweilige Zumutbarkeit ermöglichen bzw. erleichtern, und darauf aufbauend dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der § 113 Abs. 5 GewO im Sinne der Ergebnisse dieser Studie geändert wird, um so Rechtssicherheit für den Antragsteller und eine geeignete Entscheidungsgrundlage für die zuständige Behörde zu erreichen.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

12.23


Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Dr. Kassegger eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger

und weiterer Abgeordneter

betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmen­bedingungen – Rechtssicherheit für Gastgewerbebetriebe und Nachbarn

eingebracht zu TOP 2: Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bun­des­ministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2015 (III-268/1179 d.B.) in der 132. Sitzung des Nationalrates am 15. Juni 2016

Die Gewerbeordnung in der geltenden Fassung normiert in § 113 (Sperrstunde und Aufsperrstunde) unter anderem Folgendes:

§ 113. (1) Der Landeshauptmann hat den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Touristen Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen.

(3) Die Gemeinde kann unter Bedachtnahme auf die sonstigen öffentlichen Interessen für einzelne Gastgewerbebetriebe eine frühere Aufsperrstunde oder eine spätere Sperr­stunde, gegebenenfalls mit den durch den Anlass bestimmten Beschränkungen, bewil­ligen. Eine solche Bewilligung ist nicht zu erteilen, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastge­werbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Über-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 89

schreitung der Sperrstunde oder der Aufsperrstunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. (…).

(4) Die Gemeinde hat diese Bewilligung zu widerrufen, wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt oder der Gastgewerbetreibende wegen Überschreitung der Sperrstunde oder der Auf­sperr­stunde wiederholt rechtskräftig bestraft worden ist. In Gebieten von Gemeinden, für die Landespolizeidirektionen zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz sind, haben die Gemeinden diese Behörden vor einer Entscheidung zu hören.

(5) Wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben. Diese Vorschreibung ist zu widerrufen, wenn angenommen werden kann, dass der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird. (…) Nachbarn, die eine Verkürzung der Betriebszeit des Gastgewerbebetriebes bei der Gemeinde angeregt haben, sind Beteiligte im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991.

In diesem Zusammenhang kann Anwendung und Auslegung des § 113 GewO und dabei insbesondere des § 113 Abs. 5 zu Problemen und Schwierigkeiten zwischen Gast­gewerbebetrieben und Nachbarn führen, die sich durch den jeweiligen Gastro­nomiebetrieb unzumutbar belästigt fühlen.

Grund dafür ist unter anderem das Fehlen von klaren Normen, die eine nachvoll­ziehbare Entscheidung der Behörde darüber ermöglichen oder zumindest erleichtern, ob eine unzumutbare Belästigung für Nachbarn vorliegt, welche die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde rechtfertigt.

Daher sollte der Gesetzgeber klare und vollziehbare Normen schaffen, die geeignet sind, die erforderliche Rechtssicherheit in diesem sensiblen Bereich herzustellen.

Einerseits ist es für Gastgewerbebetriebe von existentieller Bedeutung, auf eine fun­dierte gesetzliche Basis auch und gerade in Hinblick auf betriebswirtschaftliche Entscheidungen für notwendige langfristige Investitionen vertrauen zu können, und andererseits ist der Schutz des Nachbarn vor Unzumutbarkeiten jedenfalls zu gewähr­leisten.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nachste­henden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft, For­schung und Wirtschaft wird ersucht, umgehend eine Studie in Auftrag zu geben, mit der entsprechende standortbezogene Parameter und Werte für von Gastge­werbe­betrieben bzw. von Gästen vor einem Gastgewerbebetrieb ausgehenden Lärmemis­sionen - insbesondere unter Berücksichtigung der Veränderungen der Rahmenbedin­gungen für Gastgewerbebetriebe (z.B.: Rauchverbot) – ermittelt werden, die einen Interessensausgleich zwischen Nachbarn und Gastgewerbebetrieben in Hinblick auf die jeweilige Zumutbarkeit ermöglichen bzw. erleichtern, und darauf aufbauend dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, mit der § 113 Abs. 5 GewO im Sinne


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 90

der Ergebnisse dieser Studie geändert wird, um so Rechtssicherheit für den Antrag­steller und eine geeignete Entscheidungsgrundlage für die zuständige Behörde zu erreichen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Schellhorn zu Wort. – Bitte.

 


12.23.52

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanz­ler! Nun ja, wir müssen zugeben, dass wir es am Anfang der Wintersaison dunkler gesehen haben, und es ist besser ausgegangen. Das muss man auch neidlos anerkennen.

Die Nächtigungszahlen, vor allem für den letzten Winter und für Ihre Statistiken, und Ihre Redebeiträge ähnelten zwar einem Wintermärchen, jedoch muss man es schon auch ein bisschen differenzierter sehen dürfen, und zwar insofern, als es vor allem in der Stadthotellerie einen enormen Zuwachs an Nächtigungen gab – auch über den Winter – und es gelungen ist, aufgrund dieser einmaligen Konstellation der kurzen Wintersaison mit den frühen Ostern auch eine sehr komprimierte, sehr dichte Belegung über den Winter herbeizurufen. Das heißt, es war in der Tat eine wirklich gute Wintersaison nach der Nächtigungsstatistik. (Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)

Insofern sollte uns aber vor allem die Wertschöpfung in den Betrieben zu denken geben. Das sage nicht nur ich, sondern das sagen auch Landestourismusexperten wie der Landestourismuschef Leo Bauernberger: Die Ertragslage unserer Betriebe macht ihm Sorgen.

Zu bemerken ist schon auch noch, dass diese hervorragende Nächtigungsstatistik eines hervorgerufen hat: dass die Gäste, die zu uns kommen, viel kürzer bleiben. Das heißt, der Marketingaufwand und der Aufwand, diese Gäste auch lukrieren zu können, ist ein viel größerer. Allein die Marketingausgaben der Vier- und Fünfstern-Hotellerie in puncto Bewerbung für die Gäste stiegen in den letzten zwei Jahren um 16 Prozent.

Allein diese Zahl zeigt, wie schwierig es werden wird, auch in Zukunft diese Nächti­gungszahlen zu erzielen, und ich denke, wenn die ÖVP auch wirklich gescheit ist und einmal strategisch richtig arbeitet, dann wird sie von ihrem Hochsteuer-, Hochbüro­kratie- und Hocharbeitslosenkonzept weggehen müssen. Und da verstehe ich meinen lieben Freund Gabriel Obernosterer oder den Kollegen Unterrainer nicht, wenn sie von einem dringend notwendigen Schritt einer Entbürokratisierung sprechen. Ihr hättet lange die Chance gehabt, diese Branche und vor allem die Unternehmen zu entbüro­kratisieren. Ihr hättet lange genug Zeit gehabt, auch den Menschen oder den Unter­nehmen eine Reform der Gewerbeordnung zuzuführen. Ihr hättet lange genug Zeit gehabt, vor allem eine Erleichterung und keine Belastungen für die Unternehmen beim bürokratischen Aufwand zu erzielen. Das habt ihr nicht getan! Jetzt davon zu sprechen, weil der Druck von außen so stark ist, und zu sagen: Wir brauchen das jetzt dringend!, ist eine späte Einsicht, die wahnsinnig viel Geld kostet.

Aus diesen Gründen möchte ich noch einmal betonen, dass es ganz wichtig ist, auch ein Bild zu zeichnen, wohin es gehen soll, und das sollte auch ein Tourismusbericht beinhalten: Wie wird Tourismus 2030 stattfinden – in Anbetracht eines Klimawandels, in Anbetracht anderer Arbeitswelten (Zwischenruf des Abg. Obernosterer), in Anbe­tracht dessen, dass es auch eine steuerliche Erleichterung geben muss beziehungs­weise Möglichkeiten – nicht nur eine Erleichterung, sondern Möglichkeiten –, Betriebe zu schließen?


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 91

Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass in den nächsten zehn Jahren fast 5 000 Be­triebe zur Übernahme stehen (Zwischenruf des Abg. Obernosterer) und wir in dieser Hinsicht wahrscheinlich nicht für alle Übernehmer finden werden, dann heißt das, dass es auch die Möglichkeit geben muss, einen Betrieb, der nur mehr einen Bilanzwert von 250 000 € hat, zu schließen. Der private Unternehmer, der schließen möchte, kann dann, wenn es zu einer Aufwertungsbilanz kommt, nur mehr Konkurs anmelden. Das sind die Realitäten.

Und es muss uns gelingen – und das, muss ich sagen, liegt auch in der Verantwortung des jetzigen Tourismusministers –, in der Vermarktung, in den fünf Ebenen für den Tourismus neue, moderne Strukturen zu finden, vom Hotelier bis zur Österreich Werbung. Da haben wir zu viele Strukturen, und da müssen wir darüber nachdenken, wie wir für Erleichterung sorgen können.

Zu guter Letzt hoffe ich auch, dass es nicht wahr ist, was ich in Bezug auf die ÖHT höre. Ich hoffe, dass die ÖHT weiterhin auch die Bank sein wird, die für die Haftungs­übernahmen verantwortlich ist, und dass sie nicht in die AWS eingegliedert wird. Das wäre der nächste Dolchstoß, den man dem Tourismus zufügen würde. Ich hoffe nicht, dass sich dieses Gemunkel auch bewahrheitet, lieber Tourismusminister.

Nach diesem Fazit möchte ich auch nur noch an dem anschließen, was Kollege Kassegger gesagt hat: Es geht in diesem Entschließungsantrag nicht nur um das Urbane, um die urbane Gastronomie, sondern es geht um jeden Gastgarten, der einen Nachbarn hat. Es geht darum, was uns 2018 blühen wird, wenn das Rauchverbot umgesetzt wird und wenn die Gäste vor das Haus rauchen gehen, und da geht es um die Lautstärke. Da geht es um eine Rechtssicherheit. Da geht es um eine Rechts­sicherheit für alle Unternehmen, die in der letzten Zeit Auflagen erfüllt haben und vor der nächsten Auflage stehen, wenn dann bei der ersten möglichen Anzeige eines Nachbarn die Gewerbebehörde kommt und die Öffnungszeiten verkürzt. Darum geht es in unserem Antrag, den ich nun einbringen möchte:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Immissions­schwellenwerte in der Gewerbeordnung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesnovelle vorzulegen, welche den § 113 Abs. 5 der Gewerbeordnung um folgenden Satz ergänzt: Für die Beurteilung von durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbe­betriebes ausgehenden unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn gelten die in § 4 Schienenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung, StF: BGBl. Nr. 415/1993, idgF festgelegten Immissionsgrenzwerte.“

*****

Lieber Herr Vizekanzler und Wirtschaftsminister! Ich möchte auch hier eine Kopie dieser 5 500 Unterschriften der Petition von dieser besprochenen Bettelalm übergeben, um deutlich zu machen, dass es sich da auch um ein ernsthaftes Problem handelt, auch um die Rechtssicherheit von Klein- und Mittelbetrieben. – Danke vielmals. (Der Redner übergibt Vizekanzler Mitterlehner eine blaue Mappe. – Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Willi.)

12.30



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 92

Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Schellhorn eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Sepp Schellhorn, Kollegin und Kollegen

betreffend Immissionsschwellenwerte in der Gewerbeordnung

eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2015 (III-268 d.B.) – TOP 2

Die österreichische Wirtschaftspolitik beschränkt sich immer mehr auf Förderungen. Doch eine nachhaltige Wirtschaftspolitik ist mehr als Steuergeld für Unternehmen aufzuwenden. Neben einer berechenbaren Steuerpolitik, weniger Bürokratie ist auch die Rechtssicherheit ein zentrales und notwendiges Anliegen an den Wirtschafts­standort Österreich. Bevor neue Förderungen ausgeschüttet werden, muss die Trans­parenzdatenbank endlich vollends befüllt werden. Bisher weiß niemand Bescheid, wie viele Steuergeld für Wirtschaftsförderungen aufgewendet wird. Ein besserer Schritt wäre die hohe Steuerquote zu senken und den Unternehmen mehr Freiheit zu lassen.

Bevor neue Förderungen erfunden werden, sollte sich die Bundesregierung mit den tatsächlichen Problemen der österreichischen Betriebe auseinandersetzen. Insbeson­dere Tourismusbetriebe leiden unten den letzten gesetzlichen Änderungen zur Ab­schrei­bungsdauer. Die verlängerte Abschreibungsdauer hemmt die Investitionen in den Betrieben. Der Handwerkerbonus zielt auf Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisie­rungs­maßnahmen im privaten Wohnungs- und Hausumbauten ab. Genau diese Maßnahmen wären auch im Tourismus unerlässlich und würde ua. zu einem besseren Lärmschutz und mehr Nachhaltigkeit führen. Darüber hinaus können nur Betriebe vom Handwerkerbonus profitieren welche ein reglementiertes Gewerbe vorweisen. Ein anderes reglementiertes Gewerbe, das Gastgewerbe, kann auf diese Förderungen nicht zurück greifen und wird darüber hinaus durch die verlängerte Abschreibungs­dauer benachteiligt. Die Lärmemissionen sind eine immer größere Herausforderungen im täglichen Leben des Gastgewerbes geworden und wird in Zukunft durch die Nicht-Raucherregelung in Gaststätten weiter befeuert.

Hierfür müssen in der Gewerbeordnung die fehlenden Immissionsschwellenwerte nach­­getragen werden. Es ist sachlich nicht begründbar, weshalb der Wohnbe­völke­rung, die etwa von Fluglärm belästigt wird, lärmtechnisch mehr zumutbar ist als einem Nach­barn, der sich durch Gäste einer Diskothek gestört fühlt. Lärm ist Lärm und die Zumutbarkeit sollte einheitlich geregelt sein. Dies würde den Betreibern von Lokalen auch Rechtssicherheit geben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Gesetzesnovelle vorzulegen, welche den § 113 Abs. 5 der Gewerbeordnung um folgenden Satz ergänzt: Für die Beurteilung von durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetrie-


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bes ausgehenden unzumutbaren Belästigungen der Nachbarn gelten die in § 4 Schie­nenverkehrslärm-Immissionsschutzverordnung, StF: BGBl. Nr. 415/1993, idgF fest­geleg­ten Immissionsgrenzwerte."

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.31.05

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Wir haben auch viele Zuschauer hier oben auf der Galerie, und es mag sein, wenn wir jetzt den Tourismusbericht und die Lage des Tourismus diskutieren, dass der eine oder andere verunsichert ist, weil üblicherweise die Opposition ein recht negatives Bild darstellt und die Regierungsvertreter möglicherweise eine sehr positive Darstellung wählen.

Daher würde ich Sie einladen: Orientieren wir uns doch einfach an den Fakten! Die Fakten sind im Wesentlichen aus dem Tourismusbericht abzuleiten und zu entnehmen, der Ihnen allen, insbesondere denjenigen, die auch im Wirtschaftsausschuss und im Tourismusausschuss vertreten sind, vorliegt.

Ich darf aus dem Bericht aus Seite 18 zitieren: „Angesichts der eher mäßigen konjunk­turellen Erholung im Euro-Raum entwickelte sich der österreichische Tourismus überraschend außergewöhnlich günstig“.

Das wird auch durch die Zahlen in dem Bericht unterstrichen – das Zitat stammt im Übrigen vom WIFO – und wird im Bericht auch entsprechend unterstützt und doku­mentiert. Es ist nicht bestreitbar, dass wir im letzten Jahr einen Nächtigungsrekord mit rund 135 Millionen Nächtigungen hatten, auch einen Ankunftsrekord.

In diesem Zusammenhang sind aus meiner Sicht die Aussagen interessant, weil dann auch darauf verwiesen wird: Ja, aber die Geschäftsentwicklung, die Ergebnisse sind so schlecht! – Wir haben auch entsprechende Zunahmen, was die Umsätze anbelangt, daher auch bessere Möglichkeiten, da auch ein betriebswirtschaftlich gutes Ergebnis zu erzielen.

Wir haben beispielsweise im letzten Jahr real 3,7 Prozent Gesamtumsatzsteigerungen gehabt, nominell 5,6 Prozent. Wir werden die Einnahmensteigerung auch in den Jahren 2016 und 2017 haben. Ich kann Ihnen auch ein paar Gründe dafür nennen: unter anderem weil die Touristen aus dem Ausland, aber vor allem die Inländer mehr ausgeben, und das hängt insbesondere mit der Steuerreform zusammen, die wir 2016 getätigt haben (ironische Heiterkeit des Abg. Peter Wurm) und die zur Wirkung kommt – ebenfalls ein Zitat vom WIFO.

Wenn in diesem Zusammenhang hier die Betriebe und die Leistung der Betriebe und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwähnt werden, die dafür maßgeblich sind: Selbstverständlich, das ist die Grundlage. Aber Sie können schon davon ausgehen, dass es da neben der Steuerreform noch andere Gründe gibt, und die anderen Gründe – sie sind angesprochen worden – hängen mit der Unsicherheit in Gesamt­europa und weltweit zusammen und damit, dass man in sicheren Ländern Urlaub macht – daher ist Österreich erfreulicherweise eine Destination – und den Radius der Urlaubsreisen auch kürzer wählt.

Zum Dritten darf ich schon darauf hinweisen, dass die Gäste deswegen kommen, weil die Österreich Werbung gute Arbeit leistet. Das ist Ihnen bis jetzt weniger aufgefallen.


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Wir haben auch die Wintersaison – sie ist angesprochen worden – gehabt. Diese hat ebenfalls einen Rekord ergeben, ebenfalls steigende Umsatzzahlen. In diesem Zusam­menhang möchte ich auch ein paar Fakten nennen: Wir haben gerade bei den deutschen Gästen nach Jahren der Stagnation bei den Nächtigungen 3,6 Prozent Zunahmen gehabt. Die russischen Gäste, die immer so strapaziert werden, die uns alles mehr oder weniger, was die Bilanz anbelangt, zerstören, machen 1 Prozent der gesamten Nächtigungszahlen aus. Es ist auch bedauerlich, wenn sie nicht mehr kommen, aber wir werden im nächsten Jahr gemeinsam mit den russischen Vertretern ein Jahr des Tourismus machen und schauen, dass wir auch in diesem Bereich aufholen. Es ist nämlich nicht eine Frage der Sanktionen, sondern eher eine Frage des schlechten Rubel-Kurses, der dazu beigetragen hat, dass die Ausgaben und die Auslandsreisen entsprechend zurückgenommen worden sind.

Ich darf zuletzt auf Professor Smeral verweisen, der in dem Tourismusbericht auch gesagt hat, dass sich diese Tendenz, wie gesagt, auch fortsetzen wird.

Herr Kollege Hauser, ein recht gutes Gefühl haben Sie ohnehin nicht gehabt, wie ich gemerkt habe, als Sie da geredet haben, weil Sie zitiert haben, wie schlecht denn die Stimmung wäre, denn es ist Ihnen und auch anderen Tourismusvertretern aufgefallen: Wenn Sie jetzt schlechte Stimmung nach außen verbreiten, werden die Gäste wahrscheinlich nicht sehr begeistert sein und vielleicht nicht kommen.

Wenn Sie schlechte Stimmung haben, dann liegt das vielleicht daran, dass Sie auch lauter Berichte zitiert haben, die eher die Gastronomie betroffen haben, und Sie haben immer März und Jänner zitiert. Ich sage Ihnen: In diesem Zeitraum war die Stimmung möglicherweise da und dort nicht gut. Sie haben recht, die Gegenfinanzierung bei der Steuerreform ist nicht nur erfreulich gewesen, aber die positiven Auswirkungen habe ich Ihnen auch dargestellt.

Sie haben auch nicht alles vollständig zitiert, denn es ist zwar richtig, dass wir schon einmal, was die Marktanteile anbelangt, besser gelegen sind, Sie müssen aber dazusagen, dass wir da in den Jahren 2008 und 2009 in einer Konstellation waren, was die Möglichkeiten der Umsätze anbelangt, dass wir gerade wegen der Wirt­schaftskrise auch in diesem Bereich marktanteilsmäßig gut gelegen sind. Wir haben in den letzten Jahren dann Marktanteile verloren.

Was Sie nicht dazugesagt haben – schauen Sie den Tourismusbericht, den Sie ja zur Verfügung haben, auf Seite 19 an! –: Wir haben jetzt 5,8 Prozent Marktanteil im Verhältnis der EU-15 und haben 2014 weniger gehabt, 2013 weniger gehabt, 2012 in etwa den gleichen Anteil und einige Jahre vor der Krise auch einen Anteil, der darunter gelegen ist.

Im Endeffekt ist der entscheidende Faktor: Wir gehen nach oben! Das ist die Botschaft, die ich mitnehme. Auch der zweite Faktor, was den realen Aufwand der Übernachtung anbelangt: Der Kunde gibt wieder mehr aus. Auch dort haben wir mit 159 € pro Näch­tigung eine erfreuliche Tendenz, ebenfalls auf derselben Seite mehr als 2014, mehr als 2013, in etwa dort, wo wir 2012 gewesen sind. Die Entwicklung und die Gründe dafür kennen Sie alle.

Meine Damen und Herren, ich weiß, daraus abgeleitet kann man nicht sagen: Das ist absolute Zufriedenheit. Ich kenne die Stimmung auch. Ich möchte aber schon sagen, dass das nicht dazu geführt hat – denn die Leute, die Unternehmen schätzen schon genau ein: wie ist denn die Zukunftsentwicklung? –, dass jetzt, und das sogar entgegen einem Rat einer entsprechenden Interessenvertretung, nicht investiert wird, sondern ganz im Gegenteil, es wird mehr investiert. Die Investitionen, insbesondere die Haftungen, unterstützt durch die ÖHT, haben in den letzten fünf Monaten um 70 Prozent zugenommen. Das ist auch ein Zeichen, dass die Stimmung nicht so ist,


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wie manche in ihren entsprechenden Aussagen es darstellen oder sehen wollen, sondern viel, viel besser.

Das gilt auch, was die Rahmenbedingungen anbelangt. Sie können es bei der Bürokratie sehen, wie Sie wollen, und sagen: Hätte man und müsste man! Die Frage ist: Macht man jetzt das Richtige? – Ich glaube schon, dass wir das Richtige machen – Sie haben es gar nicht erwähnt, weil keiner gern erwähnen möchte, was positiv ist –: die Senkung der Lohnnebenkosten. Diese haben wir schon im Parlament beschlossen, Sie haben es beschlossen.

Wir haben eine Senkung bis ins Jahr 2018 um einen Prozentpunkt. Das klingt wenig, aber wenn Sie etwa beim FLAF schauen – von 4,5 auf 4,0 Prozent –, dann ist das in Zahlen, wenn ich Ihnen das in einem Beispiel darstellen darf … (Abg. Peter Wurm: Im Gesetz sind es 0,2 Prozent!) – Bitte? (Abg. Peter Wurm: Im Gesetz sind es 0,2 Pro­zent, Herr Minister!) – Ich habe auch das Jahr 2018 erwähnt und dass das in Schritten kommt. (Abg. Wöginger: Ist auch schon beschlossen, Herr Kollege!) Wenn Sie das auch dazusagen, dann brauchen wir uns gar nicht über Zwischenrufe auszutauschen.

Ich sage Ihnen nur: Ein durchschnittlicher Vier-Sterne-Betrieb, 106 Betten, 30 Mitar­beiter, 25 363 € Jahresbruttodurchschnittsgehalt, erspart sich fast genau 7 000 € im Jahr. 7 000 € – das ist für einen durchschnittlichen Unternehmer mehr als ein, even­tuell zwei Monatsgehälter, und ich würde sagen, damit kann man doch auch argumen­tieren.

Zweiter Punkt, der eine Klarstellung betrifft, war ein wesentliches Verdienst von Gabriel Obernosterer. Sie können sich erinnern, das hat die „Wut-Oma“ aus Rauris, die richtige nämlich, die leider verstorben ist, damals schon angesprochen, das ist geklärt. In diesem Zusammenhang können jetzt auch Familienangehörige als Mitarbeiter im Unter­nehmen mitarbeiten.

Die Buchungsplattformen sind angesprochen worden, so auf die Art: Natürlich war das nur das Verdienst der Opposition, dass wir das begriffen haben! – Nehmen Sie es so mit, wenn es Sie freut, ich kann damit leben! Aber es ist ein riesiges Risiko, das wir da eingehen, denn im Endeffekt ist es wettbewerbsmäßig auf EU-Ebene noch gar nicht ausgestanden.

Das heißt, wir haben eine Reihe von Maßnahmen im Laufen, von denen man durchaus sagen kann, dass diese – und nicht, weil ich es Ihnen sage, sondern weil es der Tourismus so sieht – den Tourismusbetrieben auch entsprechend zugutekommen. Daher kann ich, was die Zukunft anbelangt, gerade was die Bürokratie betrifft, sagen: Da haben wir auch einige Punkte in Aussicht, die wir entsprechend bereinigen werden, auch die Problematik bezüglich der Gewerbeordnung, die ja eigentlich jetzt nicht unbedingt die Lage des Tourismus berührt, aber das werden wir uns genauso intensiv anschauen wie alle anderen Fragen. Das kann ich jetzt bereits konstatieren.

In diesem Sinn, meine Damen und Herren von der Opposition: Es mag für Sie bedau­erlich sein (ironische Heiterkeit des Abg. Peter Wurm), aber wenn ich mir die Fakten­lage ansehe, muss ich sagen, die Zahlen sind halt einfach positiv, die Buchun­gen für den Sommer ebenfalls. Das ist, um das noch einmal zu sagen, nicht das Verdienst der Bundesregierung, sondern das Verdienst der Unternehmen, das Ver­dienst der Gäste, aber alles am System wird auch nicht falsch sein. – Vielen Dank. (Ruf: Bravo! – Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.41


Präsident Karlheinz Kopf: Danke, Herr Vizekanzler. – Nächster Redner: Herr Abge­ord­neter Prinz. – Bitte.

 



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12.41.14

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Ganz zu Beginn darf ich im Namen vom Kollegen Norbert Sieber die vierte Klasse einer Tourismusgemeinde begrüßen, nämlich die 4. Klasse Hauptschule aus Lech am Arlberg. Herzlich willkommen bei uns! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Durchaus anschließend an die letzten Worte: Der Bericht für das Jahr 2015 zeigt ja sehr viele positive Entwicklungen. An Sie, Herr Vizekanzler, auch ein herzliches Dankeschön für die Zusage im Ausschuss, in den nächsten Tourismusbericht auch „Urlaub am Bauernhof“ aufzunehmen. Es ist so, dass zum Beispiel rund 10 000 Betriebe in Österreich an „Urlaub am Bauernhof“ teilnehmen, und wenn man die Bettenzahl zur Berechnung heranzieht – rund 113 000 Betten –, so sind das in etwa 11 Prozent des Angebotes. Zudem darf man meiner Meinung nach durch­aus sagen: „Urlaub am Bauernhof“ und die kleinen privaten Vermieter, beide Bereiche brauchen einander, die kleinen und die großen. Man profitiert auch voneinander, und alle haben was davon.

Dass der Tourismus natürlich ein sehr wertvoller und wichtiger Bestandteil der öster­reichischen Wirtschaft ist, steht außer Frage. Dabei geht es nicht nur um die aus­ländischen Gäste, sondern um die inländischen und ausländischen Gäste und natürlich auch um Naherholung.

Aus meiner Sicht geht es nicht nur um den Städtetourismus, auch das ist ein wichtiger Bereich, aber – und das wurde heute von Vorrednern bereits gesagt – auch im länd­lichen Bereich spielt der Tourismus eine große Rolle: Denken wir an den Winter­tourismus, an den Sommertourismus! Dabei würde es im Tourismus ohne die bäuer­lichen Familien – und ich komme ja selber aus dem bäuerlichen Bereich – zum Teil sicherlich wesentlich anders ausschauen, denn letztlich: Warum kommen denn viele Leute nach Österreich? – Weil es hier nicht nur gutes Essen und ein gutes kulturelles Angebot gibt, sondern wir auch eine gepflegte Kulturlandschaft haben. Diese Kulturlandschaft haben wir deswegen, weil die bäuerlichen Familien diesbezüglich sehr viel wertvolle Arbeit leisten.

Dabei ist es für die bäuerlichen Familien aber wichtig, dass sie von ihrer Arbeit auch leben können. Mein Appell und meine Bitte lauten daher: Setzen wir in Tourismus und Gastronomie auch in der Zukunft vermehrt österreichische Produkte ein! Es ist ja kein Geheimnis, dass viele Gäste aus dem Ausland, die in Österreich unsere wertvollen und geschmacklich sehr guten Lebensmittel kennenlernen, diese dann auch im Ausland – daheim – gerne kaufen. Wir sind ja durchaus auch vom Export abhängig. So gesehen ist es wichtig, dass unsere Urlaubsgäste auch als Konsumenten daheim österreichi­sche Lebensmittel kaufen. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Die Tourismus­branche ist ein wichtiger und wertvoller Bestandteil, und dazu, wie gesagt, braucht es auch die bäuerlichen Familien, die Arbeit der bäuerlichen Familien und eine faire Partnerschaft.

Gerade wenn man sich heute die Rede des Herrn Vizekanzlers sowie einige Redebei­träge der Opposition angehört hat: Meiner Meinung nach sollten wir einfach versuchen, in Zukunft noch stärker in Lösungen zu denken. Veränderungen sind der normalste Bestandteil der Welt, und ich glaube, wir sollten den Betrieben bei einer positiven Bewältigung helfen, und zwar durch lösungsorientiertes Denken und nicht durch Krank­jammern. Alles Gute dem Tourismus! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Preiner.)

12.44


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Bacher zu Wort.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 97

12.44.29

Abgeordneter Walter Bacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Besuchergalerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Tourismusbericht sagt vieles über Gästeströme, über Nächtigungen aus und be­schreibt zusätzlich – und das ist in meinen Augen ganz wesentlich – die Vielfalt und das Innovationspotenzial des Tourismus. Das ist besonders für die ländlichen Regio­nen sehr wichtig, denn der Tourismus bedeutet Arbeitsplätze in den Regionen, er bedeutet hochwertige Ausbildung in den Regionen, Wertschöpfung in den Regionen und bedeutet vor allem auch, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft und unter­schiedlicher Religion ein gemeinsames Ziel haben, nämlich in Frieden ihren Urlaub und nebenbei die Schönheit unserer Regionen zu genießen.

Die Gäste genießen es, wenn sie bei uns – und ich meine damit ganz Österreich – ihren Urlaub verbringen können. Möglich ist das deswegen, weil die Österreicherinnen und Österreicher, die Betriebe mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch die Politik ein Umfeld schaffen, in dem man sich wohlfühlt.

Ein wesentlicher Faktor für den Wohlstand in den Regionen ist die Wertschöpfung. Ich möchte das anhand von einigen Zahlen aus meiner Branche, der Seilbahnbranche, belegen: In unserer Region kommen auf 550 MitarbeiterInnen bei den Seilbahnen rund 3 000 Arbeitskräfte in den anderen Branchen, wie zum Beispiel in der Gastronomie, im Einzelhandel, bei den Bäckern, Friseuren und so weiter. Zusätzlich werden noch indirekt Arbeitsplätze im Baugewerbe, Kleingewerbe, bei Versicherungen, Banken, Tankstellen und in anderen Bereichen gesichert. Die direkte Wertschöpfung der Seilbahnen beträgt in unserer Region 13,7 Millionen €; die Gesamtwertschöpfung beträgt im Pinzgau über 100 Millionen €.

Wir haben also im Tourismus vieles zu bieten. Aber das Wichtigste dabei ist, innovativ zu bleiben. Dazu gehören auch neue Lehrberufe, und deswegen freut es mich beson­ders, dass wir jetzt auch die Möglichkeit geschaffen haben, den Lehrberuf Hotelkauf­mann/Hotelkauffrau zu erlernen. Auch der/die SeilbahntechnikerIn ist ein sehr junger Lehrberuf, und es hat mich sehr viel an Überzeugungsarbeit gekostet, diesen einzu­führen, aber mittlerweile ist dieser Beruf eine Erfolgsgeschichte für sich.

Wir brauchen aber auch die dementsprechenden Löhne, damit wir diese Mitarbeiter halten können. Wenn ich mir da die Lehrlingsentschädigung im neuen Lehrberuf Hotelfachmann anschaue, dann sehe ich, dass diese im ersten Lehrjahr noch etwa gleich hoch ist wie in anderen Tourismusbereichen – ich vergleiche das wieder mit den Seilbahnen, denn da kenne ich mich sehr gut aus –, bereits im zweiten Lehrjahr liegen wir aber um fast 55 € darunter, und im dritten Lehrjahr fehlen schon 220 €. Ich glaube, dass das nicht der richtige Zugang ist. Meiner Meinung nach muss man bei der Entloh­nung ansetzen, um im Bereich der Gastronomie wieder mehr hochwertige Fachkräfte zu bekommen.

Es ist nicht einzusehen, dass die Löhne in Tourismusberufen weit unter den Löhnen in technischen Berufen liegen. Aus meiner Sicht hat die Facharbeit im Dienstleistungs­bereich denselben Stellenwert wie die Facharbeit in der Industrie, und wir alle sind gefordert, daran zu arbeiten, dass wir dieses Ungleichgewicht verändern und ein Gleich­gewicht der Löhne herstellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.47


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hanger.

 


12.47.51

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir debattieren den Touris-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 98

musbericht 2015. Es sind, wie es auch von meinen Vorrednern bereits zum Ausdruck gebracht worden ist, sehr beachtliche Zahlen, die da auf den Tisch gelegt werden können. Der Tourismus in Österreich ist eine Erfolgsgeschichte: 135 Millionen Näch­tigungen im Jahr 2015 bedeuten ein Plus von 20 Prozent im Vergleich zum Jahr 2000. Zwei Drittel der Gäste kommen aus dem benachbarten Ausland, aber auch aus China – plus 41 Prozent –, aus den arabischen Ländern – plus 36,5 Prozent – oder zum Beispiel aus den USA – plus 12,3 Prozent. Das zeugt davon, dass der österreichi­sche Tourismus sehr gut aufgestellt ist.

90 000 Betriebe – und die Zahl ist sehr beachtlich –, vom Kleinbetrieb, Mittelbetrieb, bis zum Großbetrieb, sorgen vor allem auch in ländlichen Regionen, die wirtschaftlich oft nicht so stark sind, für sehr viele Arbeitsplätze. Zählt man zu den direkt Beschäftigten im Tourismus die indirekt Beschäftigten dazu, dann geht es um 600 000 Arbeitsplätze in Österreich, eine Wertschöpfung von rund 50 Milliarden und 15 Prozent des Brutto­inlandsprodukts.

An diese vielen Zahlen möchte ich noch eine anhängen, die mir persönlich auch sehr wichtig erscheint: Betrachtet man die touristischen Auslandseinnahmen pro Kopf, dann sind das laut WTO 2 400 US-Dollar, und damit sind wir weltweit unter den Top 5. Ich erwähne diese Zahlen auch deshalb, weil ich manchmal schon der Meinung bin, dass wir uns in Österreich nicht mehr freuen können, und die touristischen Zahlen sind meiner Ansicht nach ein Anlass zur Freude. Wir können auch ein bisschen stolz sein, denn ich glaube, zur Bewältigung der Herausforderung der Zukunft braucht es auch diese Freude, diesen Optimismus.

Zwei Punkte will ich noch ansprechen, der eine betrifft den Arbeitsmarkt: Wir haben eine relativ angespannte Arbeitsmarktsituation in Österreich – inklusive Schulungs­teilnehmer rund 400 000 Arbeitslose, gleichzeitig den höchsten Stand an unselbst­ständig Erwerbstätigen –, und ich merke aber zum Beispiel in der Tourismuswirtschaft, auch bei mir in der Region, dass Arbeitskräfte permanent nachgefragt werden. Das ist ja fast eine paradoxe Situation. Ich weiß, da geht es um Fragen der räumlichen Mobilität, ich weiß, da geht es um Fragen der Qualifikation, um all diese Dinge, aber vielleicht geht es das eine oder andere Mal auch ums Wollen. Diese beiden Zahlen aneinander zu führen, erscheint mir sehr wichtig, weil es auch ein wichtiger Beitrag sein kann, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Ein weiterer Punkt ist mir ebenfalls sehr wichtig – ich erlebe es in meiner Region, aber das wird in ganz Österreich so sein –: Es sind unsere Familienbetriebe, die dafür sorgen, dass der Tourismus so funktioniert, wie er funktioniert. Es gibt viele Betriebe, wo tatsächlich teilweise vier Generationen, vielfach drei Generationen gemeinsam arbeiten, insbesondere zur Kapazitätsabdeckung. Oft arbeiten die Kinder in Ausbildung am Wochenende im Betrieb mit, die Großeltern helfen aus, wenn zum Beispiel eine Busgruppe kommt – die Kapazitätsplanung im Tourismus ist keineswegs einfach –, und deshalb ist es wirklich ein Erfolg. Und da möchte ich insbesondere unserem Tourismussprecher Gabi Obernosterer und unserem Vizekanzler dafür danken, dass es gelungen ist, die Beschäftigung von familiennahen Angehörigen jetzt endgültig zu klären. Viele haben diskutiert, viele haben geredet, wenige haben getan – und der Gabriel Obernosterer war da an vorderster Front und hat das gemacht. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.) Dafür darf ich herzlich danken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.)

12.50


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 99

12.50.58

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher auf der Besuchergalerie, besonders die Gäste aus Vöcklabruck, und vor den Fernsehgeräten! Kollege Hanger, ich darf gleich an deine Ausführungen an­schließen: Es ist ja höchst interessant, es ist hervorragend! Anscheinend warst du nicht bei allen Sitzungen des Wirtschaftsausschusses selber anwesend, denn wir haben sogar Sitzungsunterbrechungen gehabt, damit man das Natürlichste auf der Welt erledigt: die Möglichkeit der Mitarbeit der Familienangehörigen. (Abg. Hanger: Vor­schläge habt ihr halt keine gebracht!) – Geh, bitte! Schau, wenn du nicht zuhörst, weißt du es ja morgen wieder nicht, und wenn ihr draußen bei den Versammlungen seid, könnt ihr es nicht einmal den Wirten erklären! (Abg. Hanger: Vorschläge …!) Geht einmal hinaus zu den Wirten zu einem Stammtisch und redet nicht immer da herinnen gescheit!

Schau, das Problem ist ja folgendes: Wir haben eine Sitzungsunterbrechung gehabt, weil es nicht möglich war, dass die Väter und Mütter, die den Betrieb geführt haben, diesen 50 Jahre lang aufgebaut haben, mithelfen durften, wenn ein vollbesetzter Autobus oder eine größere Wandergruppe kam. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Jetzt ist das ein Erfolg. Also, wenn das der New Deal ist, dann ist es ein Uralt-Deal, aber macht nichts! (Beifall beim Team Stronach.)

Man könnte – ich komme dann noch bei dem Thema Lebensmitteln darauf zu sprechen – natürlich auch über Etikettenschwindel reden (Zwischenruf des Abg. Hanger), aber das macht nichts. Wir freuen uns – oder, Peter Wurm? –, wir haben das lange gefordert. Ihr sagt immer, die Opposition fordert nichts. Ich meine: Sie sollten viel mehr zuhören! (Abg. Hanger: Lösen muss man es!)

Dem Herrn Vizekanzler sei Dank, das ist jetzt geschehen. Reden wir positiv: Herz­lichen Dank an alle Hotellerie-, Gastronomie-, Beherbergungsbetriebe, „Urlaub am Bauernhof“, Privatzimmervermieter für das, was sie leisten, welche Bereitschaft, welchen Einsatz sie erbringen, herzlichen Dank, sonst wäre das nicht möglich, aber auch an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Willi.)

Ich darf da aber schon wieder eine kleine Szene aus dem Wirtschaftsausschuss bringen: Es ist halt schon spannend, wenn wir dort die Vier-Tage-Woche diskutieren und jeder sieben Tage die Woche bedient werden will! Ich habe ja nur einen kurzen Ausflug in die Gastronomie gemacht, aber mein bester Koch hat mich verlassen, weil er gesagt hat, seine Freundin habe ihn vor die Wahl gestellt: entweder der Wimberghof oder sie. Na, wo kocht er heute? – Heute kocht er bei der größten Konkurrenz der Gastronomie, bei einem Supermarktwirtshaus, denn jeder Supermarkt, jeder Möbelmarkt hat ja heute eine Gastronomie dabei, ein Restaurant, das sich die Gäste holt, und dort ist er jetzt Koch und hat am Sonntag frei. Wir müssen also bedenken, was wir mit unserem Tun, mit unserem Handeln bewirken.

Herr Minister, du wirst ja bestätigen – neben den guten Aussichten –: 7 000 Kräfte werden gesucht. Das zeigt, wie fordernd der Job ist. Da müssen wir vielleicht noch da und dort beim Gehalt etwas tun, aber es sagt ja schon etwas über die Leistung aus.

Weil ich da die fesche Lechneralm vor mir habe – ganz aktuell, die heutigen „Salz­burger Nachrichten“ (auf ein vor sich auf dem Rednerpult aufgestelltes Bild weisend, das eine Frau hinter einem Zaun mit der Aufschrift „Lechneralm geschlossen“ zeigt) –: Wir müssen ja wissen, was wir mit dieser Registrierkassenpflicht ausgelöst haben. Am Hochkönig haben bereits fünf Almen heuer nicht mehr geöffnet.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 100

Ich rede da jetzt weniger mit dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer, der bekanntlich Bergbauernsprecher ist, sondern spreche vielmehr den Gabi Obernosterer an: Die Hochkönig Tourismus GmbH beschwert sich, dass das fatale Folgen hat. Ja warum? – Weil deine Gäste, die Gäste im Salzburger Land, in der Steiermark, in Niederösterreich, egal, wo sie beherbergt sind, Wanderungen machen wollen, in einer gepflegten Kulturlandschaft wandern wollen. Und damit bin ich ja schon beim Thema.

Das ist eine Alm, die sogar ohne Strom bewirtschaftet worden ist – seit 300 Jahren! –, seit 1982 mit Ausschank. Jetzt müssen wir die noch besteuern. Und da reden wir von der Ehrenamtlichkeit?!

Jetzt komme ich gleich zu den Vereinen: Ich war am Wochenende bei einem super Konzert vom Hausruckchor, aber egal, ob Musikkapelle, Feuerwehr, da machen wir für alle Vereine (Abg. Obernosterer: … so einen Blödsinn, Vereine …!) – wo wir die Ehrenamtlichkeit so loben, wo so viel wertvolle Arbeit für die Jugend gemacht wird, für unsere Jungen, die dort gut behütet aufwachsen, mit Disziplin, und sehr viel fürs Leben lernen – auch noch Steuern mit Registrierkassen, da bringen wir sie in Notstand. Das hat keinen Sinn, dort müssen wir mit viel mehr Hausverstand arbeiten, dort brauchen wir wieder die alte Festwirteregelung. Der Herr Vizekanzler hat mir zugesagt, er wird sich das anschauen. Dass der Verein von dem regionalen Wirt eine Unterschrift für die Veranstaltungsbewilligung braucht, das hat super funktioniert.

Lieber Gabi Obernosterer! Du hast wieder deine Investitionstätigkeit im Umkreis von 30 Kilometern angesprochen. Und, lieber Gabi, weil es so gut zum gestrigen Milch­gipfel passt – und ich bin überzeugt, da bekomme ich ja vermutlich die Zustimmung der halben Regierung, aber eigentlich (in Richtung SPÖ) müsste ich diese auch von den Vertretern der Konsumenten bekommen – und weil auch der Kollege Prinz heute gefordert hat, dass wir die Lebensmittelkennzeichnung brauchen: Ich habe heute drei Beispiele mitgenommen, das „schwere“ Beispiel, das ich schon ein paar Mal verwendet habe, zweieinhalb Kilo Regenwald-Palmfett-Biomargarine (ein großes Paket Margarine in die Höhe haltend), dann die kleine Version, die man am Frühstückstisch servieren kann, das ist Butterersatz-Palmfett aus dem Regenwald (ein kleines Paket Margarine in die Höhe haltend), und die kleine schnelle Lösung, der Kindermilch-Schokoriegel (einen Schokoriegel in die Höhe haltend), und da steht ganz klar Palmfett drauf, doch Ferrero kennt die Bedeutung schon: Sie schreiben nämlich „Butterfett“ ganz groß, aber dafür ist ganz wenig drinnen, und das ist das Problem, das wir haben.

Wenn wir die Almbetriebe zusperren, wenn wir die Kuhhaltung nicht mehr haben und Palmfett aus dem Regenwald importieren, dann haben wir auch die gepflegte Kultur­landschaft nicht mehr! Das ist ja „wunderbar“: Palmfett gegen Butterfett! Das ist ja gestern wieder verschwiegen worden. Wir werden einfach substituiert, nur muss uns klar sein, dass dann unsere Gäste irgendwann zwar eine Radtour im schönen Wald machen können, aber die Kulturlandschaft wird fehlen, und ich weiß nicht, ob dann die Zahl der Touristen größer wird. Vielleicht ist der Teint von manchen im Dunklen dann ein bisserl geschützter, aber ich glaube, das ist nicht das Ziel, das wir haben.

Zum gestrigen Milchgipfel noch: Wir haben dort in aller Deutlichkeit gesehen, dass die Gelder an der Landwirtschaft vorbeigehen, denn das muss man mir einmal einer erklären (Abg. Obernosterer schüttelt den Kopf) – nein, nicht den Kopf schütteln, Herr Kollege Obernosterer! –: Wenn nur 20 Prozent aller Gelder, die in den Medien als Bauerngelder ausgewiesen werden, in einen Bauernhof kommen und der Großteil, 80 Prozent, vorbeigehen – zur Agrarmarkt Austria 26 Millionen €, zur Telekom, das ist ja so ein typischer Bauer mit Steirerhut, 19,2 Millionen €, 13,7 Millionen € in die länd­lichen Fortbildungsinstitute –, wenn wir das Geld in die Beamterie tun und nicht dorthin, wo es wirksam ist, dann haben wir die Ergebnisse, die wir gerade haben: Wir haben das größte Bauernsternsterben, die größte Welle der Abschlachtung dieser lieben,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 101

wertvollen Milchkühe durch eine falsch geordnete Agrarpolitik. (Abg. Obernosterer: Das ist aber nicht …!)

Deshalb kommt von uns nun in diesem Zusammenhang ein Entschließungsantrag, und ich bin überzeugt, wir bekommen die völlige Zustimmung, weil diese Qualitäts­part­ner­schaft der Hotellerie und Gastronomie (Zwischenruf des Abg. Obernosterer) über­haupt nichts mit Bürokratie zu tun hat. In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einfüh­rung einer Qualitätspartnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu veranlas­sen, um sicherzustellen, dass in heimischen Gastronomiebetrieben, die mit Qualitäts­produkten österreichischer Herkunft werben, die Konsumenten und Gäste diese auch wirklich serviert bekommen. Um dies zu gewährleisten, sollen diese Produkte mit einem österreichischen Qualitätsgütesiegel gekennzeichnet werden.“

*****

Zum Thema Bürokratie: Herr Gabi Obernosterer, ich besorge jetzt eine Speisekarte aus der Schweiz: Wenn hinten aufgeführt wird, wer das Gemüse liefert, wer das Fleisch liefert, das Rindfleisch, das Schweinefleisch, und wer die Milchprodukte liefert, dann ist das nicht Bürokratie, sondern Fairness gegenüber unseren Kunden. (Abg. Obernosterer: Ah, das ist keine Bürokratie – okay!) Wir bitten um Zustimmung. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Pendl – in Richtung des Abg. Steinbichler, der ein auf dem Weg zu seinem Sitzplatz hinuntergefallenes Margarinepaket aufhebt –: Na, das wird …!)

12.59


Präsident Karlheinz Kopf: Der von Herrn Abgeordnetem Steinbichler eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Qualitätspartnerschaft für heimische Gastronomiebetriebe“

Eingebracht in der 132. Sitzung des Nationalrates am 15.06.2016 im Zuge der Debatte zum Bericht des Tourismusausschusses über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2015 (III-268/1179 d.B.) – (TOP 2)

Die heimische Kulinarik ist ein Erfolgsfaktor für den Tourismus in Österreich. Um das Voranschreiten einer „Verwässerung“ und/oder eine Verfälschung und damit ein Abhan­denkommen dieses Genusserlebnisses zu verhindern und die Aufrechterhaltung des hohen Qualitätsanspruches des heimischen Tourismus und der heimischen Wirtschaft zu gewährleisten, müssen endlich Maßnahmen gesetzt werden.

Seit Jahren wird die Realisierung und rechtliche Verbindlichkeit eines einheitlichen Gütesiegels für die Lebensmittelkennzeichnung in Österreich diskutiert. In Österreich


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 102

sind Produktion und Handel von Nahrungsmittel durch eine Vielzahl von Vermerken, Aufdrucken, Gütesiegel, Biosiegel und anderer rechtlich nicht einheitlich geregelter Kennzeichnungen geprägt. Die Konsumenten sehen sich einer Kennzeichnungs­inflation ausgeliefert, die statt Anleitung zum sicheren Einkauf von Lebensmittel Verwir­rung und Unsicherheit stiftet. Verarbeiter und Endverbraucher können nicht 100%ig sichergehen, woher die von ihnen bezogenen Lebensmittel tatsächlich stammen, wie und wo sie verarbeitet wurden und unter welchen Bedingungen die Aufzucht bzw. der Anbau erfolgt ist. Die in Österreich kursierenden Kennzeichnungen sind untereinander nicht vergleichbar und haben damit für die Konsumenten keine Aussagekraft über tatsächliche Qualität und fairen Preis der angebotenen Produkte.

Im derzeit aktuellen Regierungsprogramm steht im Kapitel Gesundheit, dass „die Um­setzung einer klaren Herkunftskennzeichnung der Produkte und Rohstoffe auf EU-Ebene KonsumentInnen verlässliche und gesicherte Informationen sowie Schutz vor Täuschung bieten“  soll. Bis jetzt wurde diesbezüglich nichts unternommen - über bleiben bei dieser „Täuschung“ die irritierten und verunsicherten Konsumenten.

Es muss endlich gelingen, die Konsumenten von der tatsächlichen Landesherkunft der Lebensmittel liefernden Nutztiere zu informieren, die „Verösterreichisierung“ ausländi­scher Grundstoffe samt Quasi-auslobung als österreichische Qualität muss endlich aufhören und die auf der Speisekarte ausgewiesene Qualität bezgl. der Nationalität 100%ig stimmen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden Entschließungsantrag:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu veranlas­sen, um sicherzustellen, dass in heimischen Gastronomiebetrieben, die mit Qualitäts­pro­dukten österreichischer Herkunft werben, die Konsumenten und Gäste diese auch wirklich serviert bekommen. Um dies zu gewährleisten, sollen diese Produkte mit einem österreichischen Qualitätsgütesiegel gekennzeichnet sein.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


12.59.24

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Ich versuche, die Rede ein bisserl ruhiger anzulegen. Die Öster­reicherinnen und Österreicher machen gerne Urlaub. Sie reisen. Die Welt reist, und die Welt ist immer sehr gerne zu Gast in Österreich. Das beweisen die Eckdaten dieses Berichtes für 2015 mehr als deutlich.

Österreichs Tourismusbetriebe haben 2015 alle Erwartungen übertroffen – das ist heute schon mehrmals angesprochen worden. Es gibt einen Nächtigungszuwachs von 2,5 Prozent, das heißt, dass mit rund 135 Millionen Nächtigungen ein neuer Rekord erzielt werden konnte.

Für mich als steirische Abgeordnete ist es natürlich äußerst erfreulich, dass die Steiermark neben Wien, Oberösterreich, aber auch Salzburg Marktanteile gewonnen hat. Der Tourismus ist in der Steiermark ein nicht mehr wegzudenkender Wirtschafts­faktor.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 103

Mehr Tourismus bedeutet wiederum mehr Wirtschaft. Mehr als 3,7 Millionen Menschen besuchten im Jahr 2015 die Steiermark. Das bedeutet ein Plus von 190 000 im Ver­gleich zum Jahr 2014. Es gab fast 11,8 Millionen Nächtigungen, was wiederum einem Plus von 332 000 entspricht. Die Steiermark verbuchte im Vorjahr in Österreich die meisten Inländernächtigungen, wobei die meisten inländischen Gäste aus der Steier­mark selbst kamen; das zeigt wie heimatverbunden die Steirerinnen und Steirer sind.

Da ich die einzige weibliche Rednerin bei diesem Tagesordnungspunkt bin, möchte ich noch kurz einen Punkt ansprechen, der im Bericht nicht aufgegriffen wird, nämlich die Frauen im Tourismus. In Österreichs Tourismusbetrieben sind immerhin 58 Prozent der Beschäftigten Frauen, und die Situation der Frauen ist dort oft sehr prekär. Ich spreche die Karrieremöglichkeiten von Frauen an: Spitzenpositionen sind kaum von Frauen besetzt. Auch das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist nach wie vor kaum ein Thema im Tourismus. Betriebskindergärten und eine familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung für Mitarbeiterinnen gibt es nur in Ausnahmefällen.

Der Wiedereinstieg nach der Karenzzeit ist in diesen Branchen noch immer äußerst schwierig. Die Beschäftigung ist oft durch eine geringe Beschäftigungsdauer und auch durch ein hohes Risiko bezüglich Arbeitslosigkeit geprägt. Es gibt hohe Belastungen, es gibt schwere Arbeitsbedingungen und auch besondere Arbeitszeitformen. Ich spreche damit die Wochenendarbeit an, ich spreche aber auch die Saisonarbeit und vor allem auch die Teilzeitarbeit an.

Meine Damen und Herren, in diesem Bereich ist noch viel zu tun – viel zu tun für eine umfassende Verbesserung der Arbeitsbedingungen, aber auch viel zu tun für Chan­cengleichheit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.02


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


13.02.44

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Kollege Obernosterer, Herr Kollege Hanger, bevor eine Legendenbildung entsteht, sollte man noch einmal aufklären, wie die Situation der Mithilfe von Familienangehörigen in der Gastronomie entstanden ist: Vor eineinhalb Jahren haben wir das im Wirtschafts­parlament in Tirol thematisiert (Ruf bei der ÖVP: Aber keine Lösung aufgezeigt!), dann ist man vom Wirtschaftsbund, vonseiten der ÖVP einmal darangegangen, den Ball flach zu halten, und man hat uns im Wirtschaftsparlament damals auch gesagt, dass das Problem nicht existiert – bis wir euch bewiesen haben, dass es sehr wohl ein existierendes Problem ist. Ihr von der ÖVP habt immer behauptet, dass es nicht exekutiert wird und man keine Angst zu haben braucht.

Was ist jetzt passiert? – Das muss man auch klarstellen. Es gibt jetzt kein neues Gesetz, es gibt auch keine neue Verordnung, sondern nach eineinhalb Jahren haben es SPÖ und ÖVP zusammengebracht, ein Merkblatt zu erstellen. Das heißt, diese Geschichte, die wir seit gut eineinhalb Stunden im Nationalrat diskutieren, wird in einem Merkblatt – Herr Obernosterer, ich glaube, Sie geben mir recht (Zwischenruf des Abg. Obernosterer) –, in einem Merkblatt, geregelt. Ich bin auf dieses Merkblatt schon sehr gespannt – es liegt mir noch nicht vor – und werde es mir dann ganz genau anschauen. (Abg. Obernosterer: … falsch informieren!) – Genau, bitte!

Folgendes möchte ich auch noch hinzufügen, um das klarzustellen: Herr Obernosterer, Sie werden zu Hause in Ihrem Hotel an der Theke vermutlich kein Bier zapfen. (Abg. Obernosterer: Wohl!) Ich werde Ihnen auch sagen, warum: Soweit ich weiß, führen Sie Ihr Hotel als eine GmbH, und eine solche ist generell ausgenommen, Herr Obernosterer. Alle Unternehmer, Touristiker und Gastronomen, die ihren Betrieb in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 104

Form einer GmbH führen, sind von dieser Merkblatt-Regelung ausgenommen. Herr Obernosterer wird, wenn ihn keiner anzeigt (Zwischenruf des Abg. Obernosterer) – dann wahrscheinlich illegal –, an der Theke stehen. Das wollte ich nur aufklären.

Herr Vizekanzler, ich komme noch einmal ganz kurz zum Tourismus. Ich will mich hier nicht verbreitern, aber wenn Sie sich mit Ihrem ÖVP-Mann und neuen Obmann des Wirtschaftsbundes in Tirol – dem Tourismusland Nummer eins –, Herrn Hörl, einmal unterhalten würden, dann könnten Sie erkennen, dass Herr Hörl in Tirol kontinuierlich, alle 14 Tage auf diese Bundesregierung und darüber, was sie dem Tourismus nicht alles zwischen die Beine wirft, schimpft. Laut Hörl ist es ein Wunder, dass der Touris­mus in Österreich überhaupt noch funktioniert. Das kommt mittlerweile vonseiten der ÖVP, aus der Praxis draußen, vom Obmann des Wirtschaftsbundes in Tirol und Touristiker Hörl.

Der letzte Punkt – das haben Sie selbst auch zugegeben, Herr Vizekanzler – ist, dass in der Gastronomie, ich sage es noch einmal, das Problem jetzt erst anfängt, wirksam zu werden. Das Problem Registrierkassa wird uns in Österreich – da schaue ich vor allem zu den Roten hinüber – eine Vielzahl an neuen Arbeitslosen aus der Gastrono­mie bringen. Jetzt kommt die Registrierkassa, 2018 kommt dann das Rauchverbot. Damit provozieren Sie von der ÖVP nicht nur 30 Prozent Unternehmerrückgang, sondern Sie von der SPÖ fahrlässig Tausende neue Arbeitslose, obwohl ohnehin Rekordarbeitslosigkeit herrscht, nur weil keiner die Dinge in der Praxis so weit kennt, dass die alte Regelung beibehalten wird. Es gab nämlich auch vor dem Jahr 2016 eine Registrierkassenpflicht, aber da lag die Grenze bei 150 000 €, für den Fall, dass es jemand nicht weiß. Jetzt liegt sie bei 15 000 €, und das ist meiner Meinung nach wirklich ein letaler Anschlag auf die österreichische Gastronomie. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.06


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schabhüttl. – Bitte.

 


13.06.42

Abgeordneter Jürgen Schabhüttl (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vize­kanz­ler! Kolleginnen und Kollegen hier im Haus! Werte Zuseher hier und zu Hause vor den Fernsehbildschirmen! Ich darf vorweg eine Begrüßung vornehmen: Schön, dass ihr, die 4A der Neuen Mittelschule in Steinberg im schönen Burgenland, Bezirk Oberpullen­dorf, hier seid. (Allgemeiner Beifall.)

Auf der Tagesordnung steht heute der Tourismusbericht, wir haben schon einiges darüber gehört. Dieser Bericht ist ein wichtiger Parameter für den Tourismus und stellt die Zahlen, Daten und auch die wichtigsten Fakten dar. Gleich vorweg: Der vorliegende Bericht 2015 ist durchwegs positiv zu bewerten.

Der Herr Vizekanzler hat es bereits ausgeführt, in der nicht gerade guten allgemeinen Konjunktur konnte der Tourismus in vielen Bereichen zulegen. So stiegen die Nächtigungszahlen auf das Rekordniveau von 135,2 Millionen Nächtigungen, und auch der Gesamtumsatz ist real um 3,7 Prozent und nominell um 5,6 Prozent gestiegen.

Bei genauerer Betrachtung sieht man, dass die Zahl der Nächtigungen stark steigt, aber die Aufenthaltsdauer zurückgeht und kürzer wird. Diesem Umstand muss in einer Strategie oder in einer Planung in Zukunft Rechnung getragen werden.

Zu den positiven Zahlen des Tourismusberichtes 2015 hat sicher auch beigetragen, dass Österreich ein sicheres Urlaubsland ist und dass hier auch sehr viel Qualität geboten wird.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 105

Lassen Sie mich noch einen kurzen Blick auf den Arbeitsmarkt im Tourismusbereich werfen. Im Durchschnitt waren 202 943 unselbständig Beschäftigte im Tourismus tätig, das sind um 2,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Frauenanteil liegt bei 58 Prozent, und natürlich ist auch da die geringfügige Beschäftigung im Vormarsch. 2015 waren 46,2 Prozent AusländerInnen beschäftigt, das sind 6,5 Prozent mehr. (Abg. Matznetter: … Deutsche!) Insgesamt gesehen kamen 12,5 Prozent der Arbeitslosen aus der Touris­musbranche; das ist natürlich saisonal unterschiedlich. Auch aus der EU kamen sehr, sehr viele Arbeitskräfte.

Zusammenfassend kann gesagt werden, der Tourismus ist eine weitere große Stütze der österreichischen Wirtschaft und des Arbeitsmarktes.

Der Weg beziehungsweise die Richtung stimmt, aber es ist klar, dass es in Zukunft Konzepte und Maßnahmen braucht – ich nehme ein Stichwort auf, nämlich Entbüro­kratisierung –, damit diese Erfolgsstory fortgesetzt werden kann. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.09


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner zu einer weiteren Stellungnahme zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.09.58

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal ganz kurz auf die Aussagen des Herrn Abgeordneten Wurm replizieren. Ehrlich gesagt, es ist bedauerlich, dass diese Klarstellung zu den Familienangehörigen so lange gedauert hat – da haben Sie recht –, aber diese Suche nach dem Erfinder, die kann nicht ganz stimmen.

Wenn Sie sagen, dass Sie das seit eineinhalb Jahren in der Wirtschaftskammer Tirol entsprechend dargestellt haben, dann frage ich Sie, ob Sie wissen, wann diese Fern­seh­sendung mit der Wirtin aus Rauris gesendet wurde. – Das war im August 2014. Das liegt etwas länger zurück als das, was Sie hier erzählten. (Ruf bei der FPÖ: Wann ist das passiert, Herr Minister?!) Lassen wir also den einen Teil einmal! Ich glaube, darin sind wir uns einig.

Das Zweite, das ist etwas wesentlicher: Es gibt in ganz Europa – in fast allen Län­dern – entsprechende Regelungen, was das Rauchen anlangt. Und alle Studien zeigen, dass es dort überhaupt keinen Rückgang gibt – weder an Unternehmen noch an Beschäftigten. Es gibt gesündere Beschäftigte, und in den Lokalen sind verstärkt andere Zielgruppen, die sich durch das Rauchen eingeschränkt gefühlt haben.

Nächster Punkt: Ich möchte auch nicht stehen lassen, dass Registrierkassen per se etwas Schlechtes wären. Es geht vielmehr darum, dass der Staat gesehen hat, dass in manchen Bereichen im Vergleich zu anderen Ländern die Einnahmen durch die Mehrwertsteuer, die sich die Unternehmer, was die Vorsteuer anlangt, entsprechend abziehen, im Schnitt eben unterdurchschnittlich sind. Und in fast allen Ländern ist derzeit die Tendenz – teilweise umgesetzt –, da mit Registrierkassen zu arbeiten. Das machen wir auch. Da hat es bestimmte Probleme bei der Einführung gegeben, was Zertifizierungen und anderes anlangt (Zwischenruf bei der FPÖ), die muss man abstellen.

Was aber jetzt die Schließungen anlangt, die Sie gerade zitiert haben: Das sind Ankün­digungen. Schauen Sie sich das in Relation zu den Gründungen an. Deren Zahl ist genauso wie in den letzten Jahren. Im Endeffekt gibt es schon da und dort denjenigen, der sagt, dass er sich das deswegen nicht antut und umstellt, aber in Wirklichkeit arbeiten die führenden Unternehmen, das wissen Sie, im Bereich der Hotellerie und


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der Gastronomie schon lange mit dem System. Warum machen sie das? – Das machen sie, weil sie damit einen besseren Überblick über die gesamte wirtschaftliche Gestionierung haben. Ich denke, im Sinne einer Gleichbehandlung – auch was Wettbe­werbskonditionen anlangt – ist solch ein System, gut gemacht – und daran arbeiten wir noch –, durchaus verträglich. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Unterlassen Sie also die Horrormeldungen, dass das in dem Zusammenhang zum völligen Niedergang führt. Das ist so falsch wie vieles andere, das hier gesagt worden ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.12


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Antoni. – Bitte.

 


13.12.35

Abgeordneter Konrad Antoni (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Vize­kanz­ler! Als letzter Redner möchte ich noch einige Worte zum Themenbereich Aus­bildung im Tourismus verlieren, weil es gerade in diesem Bereich seit dem Vorjahr zwei erwähnenswerte Neuerungen gibt, die absolut zu begrüßen sind.

So kann seit dem 1. Juli 2015 der neue Lehrberuf Hotelkaufmann/Hotelkauffrau erlernt werden. Dieser neue Lehrberuf wurde als befristeter Ausbildungsversuch eingerichtet und kann bis zum Juni 2020 begonnen werden. Der Schwerpunkt dieser Ausbildung liegt in den Bereichen Rezeption, Lager, Einkauf, Human Resources, Lohnverrech­nung, also im kaufmännischen Bereich; und im Gegensatz zum weiterhin bestehenden Lehrberuf Hotel- und Gastgewerbeassistent enthält der Beruf keine Tätigkeiten in den Bereichen Restaurant, Service und Küche. Erfreulich ist, dass derzeit bereits rund 100 Jugendliche in Ausbildung in diesem Bereich sind.

Ebenfalls neu und erwähnenswert ist das Lehrlings- und Lehrbetriebscoaching „Lehre statt Leere“. Dieses Projekt wurde nach einer Pilotphase in vier Bundesländern am Tag der Lehre, am 21. Oktober des letzten Kalenderjahres, auf ganz Österreich ausge­weitet. „Lehre statt Leere“ bietet den Jugendlichen während der Ausbildung und den Ausbildungsbetrieben im Bedarfsfall Begleitung und Beratung. Erfreulicherweise wird das Lehrlings- und Lehrbetriebscoaching vom Wirtschafts- und vom Sozialministerium unterstützt und ist ein wirklich wesentlicher Beitrag zur erfolgreichen und hochwertigen Ausbildung in Österreich.

Abschließend möchte ich als Mandatar aus Niederösterreich auch noch ein paar Worte zum Tourismus in meiner Heimatregion, dem Waldviertel, verlieren. Auch da kann sich die Tourismusstatistik 2015 durchaus sehen lassen. Noch nie, seit es Aufzeichnungen gibt, kamen so viele Gäste in das Waldviertel wie im abgelaufenen Jahr 2015. Rund 320 000 Ankünfte im letzten Jahr bedeuten ein Plus von 1,8 Prozent im Vergleich zum Kalenderjahr 2014. Mit den Ankünften stieg auch die Zahl der Nächtigungen. Mit knapp 1,2 Millionen Nächtigungen konnte der Wert des Vorjahres leicht überschritten werden, und vor allem in den Sommermonaten Juli, August und September gab es bei den Nächtigungen durchwegs sehr interessante Zuwächse. Ich denke, für diese Zuwächse ist die Vielfalt des Angebotes im Waldviertel in den Bereichen Gesundheit, Sport, Kulinarik und Kultur ausschlaggebend. Deshalb denke ich doch, dass die Erfolgs­bilanz 2015 im Bereich des Tourismus für den Tourismus im Bundesland Niederöster­reich, in meiner Heimatregion und in unserer Republik Motivator für die zukünftige positive Entwicklung ist.

Abschließend darf ich der ganzen Tourismusbranche meinen Dank und meine Gratu­lation für deren perfekte und hervorragende Leistung aussprechen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.15

13.16.04

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 107

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Tourismusausschusses, den vorliegenden Bericht III-268 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kassegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Gewerbeordnung an veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen – Rechtssicherheit für Gastge­werbebetriebe und Nachbarn.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Schellhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend Immissionsschwellenwerte in der Gewerbeordnung.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Einführung einer Qualitätspart­nerschaft für heimische Gastronomiebetriebe“.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

13.17.223. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2014–2015 (III-266/1172 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Jetzt kommen wir zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kassegger zu Wort. – Bitte.

 


13.17.50

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Dieser Tagesordnungspunkt betrifft ein nicht nur für den Standort Österreich, sondern auch für unsere Zukunft ganz, ganz wichtiges Thema. Es geht um den Bericht des zuständigen Ministers über die Situation der Lehrlingsausbildung und der Jugendbeschäftigung in Österreich.

Vorweg eine Feststellung meinerseits: Die duale Ausbildung in Österreich war jahrzehntelang und ist auch heute noch ein Erfolgsmodell, um das uns viele Länder in der Welt beneiden, beziehungsweise ist das – ich komme auch ein bisschen in der Welt herum – de facto ein Exportschlager der Republik Österreich. So viel sei zur guten Seite der Medaille gesagt. Die weniger gute Seite der Medaille ist die Tatsache, dass wir auch in diesem Bereich durch den Stillstand, der insbesondere seit 2006 in


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 108

der Bundesregierung herrscht, auf dem besten Wege sind, dieses Asset, also diesen Vorteil, sozusagen dieses Juwel zu verspielen.

Wie komme ich darauf? – Zahlen lügen bekanntlich selten – es kommt darauf an, wer sie zusammenstellt –, aber, sagen wir es einmal so, Zahlen lügen nicht. Die Zahlen sind besorgniserregend. Wenn wir uns die Zahlen der Entwicklung seit 2008 an­schauen, so ist festzustellen, dass die Zahl der Lehrlinge im Zeitraum von 2008 bis 2015 um über 20 Prozent zurückgegangen ist, also von 137 000 auf 110 000 Lehrlinge. Noch besorgniserregender ist die Tatsache, dass die Zahl der Lehrbetriebe, also jener Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, um über 26 Prozent zurückgegangen ist. Wir haben nur mehr 29 000 Lehrbetriebe in Österreich, Tendenz weiter fallend. Das ist wahrlich besorgniserregend; dieser Trend, diese Entwicklung muss jetzt schnell gestoppt und umgekehrt werden.

Dass dies möglich ist und diese Aufgabenstellungen lösbar sind, beweist die Tatsache, dass das Institut für Bildungsforschung und Wirtschaft zum Beispiel sagt, in den Jahren 2004 bis 2008 war eine genau gegenteilige Entwicklung feststellbar, dass eben die Zahl der Lehrbetriebe und die Zahl der Lehrlinge gestiegen sind. Das ibw führt dazu aus, diese Entwicklung sei „vermutlich auch mitbedingt durch verschiedenste politische Maßnahmen zur Förderung der Lehrlingsausbildung“ zustande gekommen. – Davon sehen wir momentan leider nichts.

Was sind die großen Aufgabenstellungen und Probleme? – Das ist erstens das schlechte Image der Lehre, und zweitens ist es die Überregulierung. Eine Überregulierung haben wir in vielen Bereichen, auch hier. Es ist zum Beispiel doch zu hinterfragen, warum ein Dachdeckerlehrling erst nach einem Jahr auf das Dach darf – im ersten Jahr darf er nicht auf das Dach. Das verstehen die wenigsten. (Ruf bei der SPÖ: Das versteht jeder!) – Das versteht jeder? – Gut, Sie verstehen es.

Dritter Punkt: Wir haben eine überbetriebliche Lehrlingsausbildung, die alles andere als eine Erfolgsgeschichte ist. Da muss man einmal ehrlich in den Spiegel schauen und feststellen: Da werden Millionen ausgegeben, obwohl der Erfolg auf der Output-Seite sehr, sehr überschaubar ist.

Ich nenne nur eine Kennzahl: Die Zahl der Abbrecher der Lehrlingsausbildung in den überbetrieblichen Lehrlingsausbildungsstätten beträgt über 40 Prozent, wohingegen in der betrieblichen Lehrlingsausbildung der Anteil der Abbrecher bei 17 Prozent liegt. Das heißt, diese Zahl ist in überbetrieblichen Lehrlingsausbildungsstätten mehr als doppelt so hoch. Da kann man doch nicht von einer Erfolgsgeschichte sprechen!

Viertens: Wir haben seitens der Regierung nichts anzubieten, was in Richtung effizien­tes Anreizsystem für die Unternehmen geht.

Fünftens: Das größte Problem, über das auch die Industrie und alle Betriebe, die Lehr­linge ausbilden sollen, klagen, ist, dass wir mittlerweile, was die sogenannten Grund­kompetenzen, also das Lesen, das Rechnen, das Schreiben, betrifft, desaströse Zustände haben. Da ist auch das Bildungsministerium gefordert. Auch da lügen die Zahlen nicht. Wir hören aus der Wirtschaft immer wieder, dass es wahnsinnig schwie­rig ist, diese Nachteile, die im Schulsystem aufgebaut wurden, zu kompensieren.

Das heißt im Umkehrschluss: Was wäre zu tun? – Erstens: Das Image der Lehre muss verbessert werden. Es muss allgemein vermittelt werden, dass die Lehre eine sehr, sehr attraktive Ausbildungsform ist, insbesondere im Vergleich zu einer Ausbildung an einer allgemeinbildenden höheren Schule, wobei man sehr in die Breite geht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 109

Die Lehre muss als attraktive Ausbildungsform gesehen werden, auch in Kombination mit den verschiedenen Möglichkeiten, die man nach einer abgeschlossenen Lehre hat. Weiterbildung, Matura mit Lehre, Fachhochschulstudium, all das sind ja Dinge, die möglich sind. Das ist auch gut, das gehört nur entsprechend kommuniziert. Man muss also die Attraktivität des Lehrberufs im Rahmen von Kampagnen deutlich steigern. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Die Überregulierung ist ein Dauerthema, das alle Bereiche betrifft. Man muss sich das im Detail anschauen und Überregulierungen zurückfahren. Man muss einmal ehrlich zum Thema überbetriebliche Lehrlingsausbildung Stellung nehmen und sich einmal anschauen, was da an Input sozusagen verbraucht wird und was der Output ist. Der Standpunkt der Freiheitlichen ist, dass das massiv zurückgedrängt gehört und die Ressourcen zugunsten der betrieblichen Lehrlingsausbildung verschoben gehören.

Der vierte Punkt betrifft die Kooperation und Koordination mit dem Unterrichtsressort, um in diesem großen Bereich der Grundfertigkeiten des Lesens, des Schreibens und des Rechnens die Dinge in die richtige Richtung zu lenken.

Letzter Punkt: Ich sehe keine finanziellen Anreizsysteme für die Betriebe. Zum Thema Anreizsysteme wird auch Kollege Themessl noch etwas ausführen, Kollege Haubner wahrscheinlich auch. Und jetzt wird es den Herrn Minister gleich reißen: Stichwort Blum-Bonus. Das hat schon Sinn und auch entsprechende Effekte gezeitigt. Ich zitiere jetzt die Zahlen aus den Jahren 2004 bis 2008. Das macht Sinn, nur muss man es machen! – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.24


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. – Bitte.

 


13.24.58

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Durchschlag hat mich gebeten, die Frauen des Politiklehrganges aus Oberösterreich recht herzlich in diesem Haus zu begrüßen. Das tue ich hiermit sehr gerne! (Allgemeiner Beifall.) – Danke vielmals, aber jetzt komme ich zum Thema duale Ausbildung.

Ich glaube, in einem Punkt sind wir uns einig: Die duale Ausbildung ist etwas ganz, ganz Wichtiges in Österreich. Die duale Ausbildung ist etwas, das uns hilft, Jugend­lichen eine Zukunft zu geben. Auch der internationale Vergleich zeigt, dass wir dank unserer dualen Ausbildung eine doch sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit haben.

Man muss auch durchaus anmerken, dass das duale Ausbildungssystem in Österreich auch seine Probleme hat. Diese Probleme sind einerseits aufgrund der demographi­schen Entwicklung zu sehen. Wir haben, wenn man die Zahlen vergleicht, im Jahr 1980 ungefähr 130 000 15-Jährige gehabt, momentan haben wir nur noch 85 000 Jugend­liche in diesem Alter.

Der Wettbewerb um jeden 15-Jährigen hat begonnen. Das sieht man, wenn man auf die Berufsinformationsmessen geht, und das sieht man auch daran, was die Schulen in diesem Bereich tun. Da sind wir also einem stärkeren Wettbewerb ausgesetzt.

Trotzdem haben wir noch 30 000 Lehrbetriebe. Bei diesen Lehrbetrieben sollten wir uns ganz herzlich bedanken, denn sie leisten tolle Arbeit mit den Jugendlichen und bilden die Jugendlichen zu Fachkräften aus, die wir in unserem Lande dringend benötigen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)

Wenn man sich das Ganze anschaut, muss man auch sagen, dass die Lehrlinge, die ausgebildet werden, erstens anschließend einen sicheren Job haben und dass sie


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 110

zweitens auch weiterlernen können, denn wir haben es inzwischen auch geschafft, das System durchlässig zu machen, sodass man nach der Lehre auch die Matura machen und studieren kann.

Das sind Parameter dafür, dass man heute auch sagen kann, dass das Image besser ist und man bessere Chancen hat. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir da gute Möglichkeiten geschaffen haben.

Wenn wir auf die Drop-out-Raten zu sprechen kommen: Die Drop-out-Rate in der Lehre, im Betrieb ist die niedrigste in der Ausbildung überhaupt, denn wenn man sie mit anderen Drop-out-Raten vergleicht, sieht man, dass die Drop-out-Rate der AHS bei über 25 Prozent liegt, bei den berufsbildenden Schulen bei gar über 34 Prozent. Somit liegen wir mit diesen 15 Prozent bei der betrieblichen Lehrausbildung sehr gut.

Das heißt für mich erstens, dass die Lehrherren eine gute Arbeit machen, zweitens, dass sich die Lehrlinge in den Betrieben sehr wohl fühlen, nämlich in der Hinsicht, dass es eine gute Partnerschaft zwischen Betrieb und Lehrling gibt.

Wir haben sicherlich einen Bedarf bei den überbetrieblichen Lehrwerkstätten (Zwi­schenruf des Abg. Kassegger), aber sie sollen auch nur ergänzend sein. Sie sollen nicht dazu dienen, dass man dort die komplette Ausbildung macht, sondern sie sollten eigentlich dazu führen, dass man am Anfang gewisse Grundfertigkeiten lernt und dann in die betriebliche Ausbildung übergeführt wird.

Dass es da wahrscheinlich Verbesserungsbedarf gibt, wissen wir alle. Dass die Men­schen, die eine Lehrausbildung haben, am Arbeitsmarkt sehr gefragt sind, wissen wir auch, denn wenn man sich die Stelleninserate heute anschaut, dann kann man feststellen – und das hat ja eine Studie im Jahr 2014 ergeben –, dass mit 46 Prozent der Stellenausschreibungen in den Zeitungen Menschen mit Lehrabschlüssen gesucht werden.

Es ist auch ein gutes Sprungbrett in die Selbständigkeit: 35 Prozent der Selbständigen haben als Ausbildung einen Lehrabschluss. Also ich denke mir, wir können durchaus sagen, das Image der Lehre ist nach außen sicher noch zu attraktivieren, aber die Lehre ist die Grundlage für eine gute Karriere. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.28


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Abgeordneter Steinbichler ist als Nächster zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.28.56

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Kolleginnen und Kollegen! ZuseherInnen auf der Galerie und vor den Fernsehgeräten! Herr Vizekanzler, ein kurzer Nachsatz zum vorherigen Punkt, Tourismus, sei mir noch gestattet, da du dich auch noch einmal gemeldet hast: Bei den Registrierkassen muss man die Grenze auf 30 000 € anheben. Ich glaube, damit hat man die schwierigsten Fälle heraußen, im freien Bereich, wo es Spaß macht; das macht Sinn.

Ganz wichtig, da heute in der Früh der Herr Kanzler schon von der Regionalität gesprochen hat: Bei uns am Land, in Vöcklabruck sagt man: Wie die Verpflegung, so die Bewegung. – Jetzt haben wir das fürchterliche Beispiel da: Die österreichische Nationalmannschaft wurde verabschiedet mit Jakobsmuscheln und einem Steak vom uruguayischen Rind – das Ergebnis haben wir gestern gesehen.

Ich bin überzeugt und voller Hoffnung, da ich ein voller Anhänger der National­mann­schaft bin, dass schon ein Paket mit österreichischem Qualitätsrindfleisch nach Paris


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 111

weggeschickt wurde, sodass wir ins Achtelfinale kommen werden. (Allgemeine Heiter­keit. – Beifall der Abg. Schenk.) – Danke.

Zum sehr wesentlichen Thema Lehrlingsausbildung: Dazu wurden bereits von den Vorrednern, den Kollegen Haubner und Kassegger, ganz wesentliche Fakten erwähnt. An den Zahlen gibt es nichts zu rütteln. Wir haben Rückgänge. Mein aufrichtiger Dank gilt allen Betrieben, die überhaupt bereit sind, Lehrlinge auszubilden. Das ist nicht immer einfach.

Denken wir an den Bildungsbericht: Wir haben immer mehr Schwierigkeiten mit der Nachhilfe. Ähnlich verhält es sich auch hier – du hast es angesprochen, Herr Kollege – mit den Lehrabbrechern. Wir haben auch hier bereits diese Einrichtungen mit Lehr­lingscoaches, in denen die Leute manches Mal in einen Pool kommen, der schon weit weg von der Praxis ist.

Da müssen wir aufpassen, dass wir nicht die Praxis aus den Augen verlieren und, wie schon angesprochen wurde, darauf, dass der Lehrling in seiner Lehrzeit in seinem Beruf ausgebildet wird und ausgebildet werden darf – und nicht durch lauter Vorschriften, lauter Bürokratie gefesselt und daher durch einen wesentlich günstigeren Hilfsarbeiter ersetzt wird. Ich glaube, das ist ein wesentliches Thema aus der Praxis. Da müssen wir schauen, dass wir nicht vor lauter Überregulierungen den Leuten die Freude am Beruf nehmen.

264 Betriebe sind leider nicht mehr bereit, Lehrlinge auszubilden.

Und jetzt kommt, glaube ich, der ganz wesentliche Bereich, über den schon gestern und auch heute im Zusammenhang mit dem Tourismusbericht diskutiert wurde: Es kommen immer mehr die fatalen Folgen des Ausblutens des ländlichen Raumes zum Tragen.

Das kann man zwar vielleicht kurzfristig überbrücken. Das fängt – Kollegin Kitzmüller sitzt gerade oben – bei der Familienpolitik an. Ja, es fehlen bereits diese Kinder aus diesen Familien im ländlichen Raum, die da waren, weil es vom familiären Umfeld her gepasst hat, mehr Kinder zu gebären. Das waren ganz wichtige Facharbeiter, das war ein Potenzial für Fachkräfte – ich komme aus dem Bezirk Vöcklabruck – für die Lenzing AG, für die Hatschek-Werke, für die Firma Spitz. Dort sind diese Jugendlichen ausgebildet worden, und die haben ein gutes Potenzial gehabt von leistungsfähigen, leistungswilligen jungen Leuten. Das fehlt auch den Betrieben.

Was manches Mal als Erfolg verkauft wird, wobei behauptet wird, dass die Arbeits­losenstatistik besser ist, ist ja nichts anderes als die geschönte Zahl, das Ergebnis dieser geburtenschwachen Jahrgänge, die wir jetzt haben. Das wird dort als Erfolg ausgewiesen, aber leider fehlen diese Personen dann bei den Fachkräften.

Wir haben es gesehen: Im Tourismus werden 7 000 Fachkräfte gesucht. Jeder Unter­nehmer, jeder größere Klein- und Mittelbetrieb, aber auch die Industriebetriebe jammern darüber, dass sie keine Fachkräfte mehr bekommen. Ich glaube, das sind die Ergebnisse, und da muss man handeln.

Es geht auch um die Kaufkraft. Auch die ist ganz wesentlich und fehlt im ländlichen Raum, denn: Wo investieren die Familien? Wo sind diese Lehrlinge? – Wenn sie dieses Geld, das sie in den Betrieben verdient haben, wieder regional vor Ort inves­tieren, wenn man diese angesprochenen Potenziale vom ländlichen Raum über Familienpolitik und Kaufkraft nützt, wenn man hier das Blut beziehungsweise Motoröl in dieses Getriebe wieder hineingibt, dann wird es wieder besser funktionieren. Andern­falls beginnt es zu stottern.


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Ich glaube, das ist auch wieder eine großartige Chance dafür, dass Österreich inter­national Vorreiter spielt, dass Österreich als Musterbeispiel dasteht und sagt: Da gibt es funktionierende Einheiten, da gibt es Wertigkeiten, die erkannt werden und die sich auch in positiven Ergebnissen niederschlagen. – Danke. (Beifall der Abg. Schenk. – Abg. Lopatka: Tosender Applaus!)

13.34


Präsident Karlheinz Kopf|: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort. – Bitte.

 


13.34.03

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister und Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe SPÖ-Frauen aus Amstetten, auch euch schöne Grüße! Schön, dass ihr hier seid. (Allgemeiner Beifall.)

Wir haben heute die Gelegenheit – und da muss ich ausnahmsweise einmal dem Kollegen Kassegger zustimmen –, einen wirklichen Erfolgsteil zu behandeln, nämlich unsere duale Ausbildung. Sie ist wirklich ein Exportschlager, wenn man bedenkt, wie viele internationale Gäste allein in den letzten Monaten und Jahren zu uns gekommen sind, um zu schauen: Wieso macht ihr das in Österreich so gut?

Es waren unter anderen der französische Premierminister und die chilenische Prä­sidentin Bachelet da – da waren wir extra in der Mollardgasse, um das anzuschauen. Ich war erst vor wenigen Tagen für die Wirtschaftskammer in Thailand, wo die Regie­rung genau wissen wollte: Wie macht ihr das, dass ihr so eine gute Ausbildung habt? (Zwischenruf des Abg. Kassegger.)

Der Witz dabei ist natürlich, dass unsere Chancen gerade im Bereich des exportorien­tierten Teils der österreichischen Wirtschaft gebunden sind an eine hohe Qualität, die auch seitens der dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erbracht wird.

Eine Geschichte, die schon ein paar Jahre her ist, aber bezeichnend ist: Ich war damals auf Betriebsbesichtigung in Weiz, wo diese Hochspannungstransformatoren hergestellt werden. Ich bin mit einem Amerikaner in diese sogenannte Sahara, wo sie die Holzteile trocknen, hineingegangen.

Ich habe gefragt, wie das ist. Er hat gesagt, es gibt nur ganz wenige Orte auf der Welt, wo solche Transformatoren hergestellt werden, einer davon ist Österreich. Gäbe es einmal einen Sonnenwind, gäbe es ein Problem mit der Herstellung neuer.

Ich habe gefragt: Warum macht ihr das nicht in Amerika? Darauf sagt mir dieser oberste Qualitätsmanager des amerikanischen Konzerns: Weil es bei uns nicht geht. Frage ich: Wieso? Sagt er: Ganz einfach, der Mann da drüben, der Vorarbeiter, ent­scheidet bei jedem Bauteil, ob es getrocknet, neu gedrechselt, geschnitzt, eingebaut wird oder nicht. Dort in Amerika bräuchten sie hingegen eine achtköpfige Diplom­ingenieurskommission, die drei Tage für die Entscheidung braucht.

Das ist wahre Qualität unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir im Land haben. Dieses Asset macht den Erfolg der österreichischen Wirtschaft aus. Wir werden in der Industrie 4.0 deswegen so gut dastehen können, weil wir die haben. Aber die Probleme sind auch klar, Kolleginnen und Kollegen: Es verabschieden sich Trittbrettfahrer, die selbst nicht mehr ausbilden wollen und dann möglichst die in den KMUs Ausgebildeten zu sich holen werden. Und es gibt auch eine zweite Gefahr, die ich all den Liberalisierern ins Stammbuch schreiben möchte. (Ruf bei den NEOS: Ja, hier!) – Ja, zum Beispiel.

Die Thailänder haben uns gefragt: Wie macht ihr das? Darauf habe ich gesagt: Eine Lehrausbildung hat bei uns einen Wert. Denn wenn du dein Handwerk erlernst, dann


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bist du mit dieser Qualifikation berechtigt, das auszuüben – und nicht jedermann. Und Ihre Forderungen, wenn Sie sagen: Kann ohnehin jeder machen, soll der Markt richten!, heißt nur, dass der Gesetzgeber sagt: Die Ausbildung ist nichts wert. (Abg. Schellhorn: Darauf komme ich zurück!)

Daher ist in diesem Bereich große Vorsicht geboten. Sorgfältig überlegen, ob das die Zugangsbarriere ist! Denn einer, der es nicht kann, braucht es nicht zu beginnen. Ich brauche nicht zu warten, bis er auf dem Markt scheitert, bis der Konsument hereinfällt, auf all das brauche ich nicht zu warten! Wer es kann, soll es machen; wer es nicht kann, braucht es nicht zu machen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Autofahren brauchen wir einen Führerschein, Herr Kollege Schellhorn. Auch da werden wir nicht sagen: Dann soll er eben in die Wand fahren!, sondern werden ihn vorher prüfen und sehen, ob er es kann.

Wir haben das System zum Teil seit über tausend Jahren, und wir brauchen nicht die NEOS dafür, dass wir eine Situation bekommen wie im angelsächsischen Raum, wo man polnische Freunde braucht, die sich dort ansiedeln, damit man einen Installateur findet. Das möchte ich nicht erleben.

Daher: Große Vorsicht in diesem Bereich! Wir wollen die Qualität nicht zerstören. Wir stehen zu unserer Lehrausbildung, wir haben tolle Leute in diesem Bereich und wir lassen sie nicht dequalifizieren – auch nicht von Ihnen, Herr Schellhorn. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.38


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Themessl. – Bitte.

 


13.38.20

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zuerst, Herr Vizekanzler, hätte ich eine Anregung: Wenn wir nächstes Jahr diesen Bericht zur Jugendbeschäftigung und Lehr­lingsausbildung diskutieren, dann würde ich vorschlagen, dass Sie den Unterrichts­ausschuss dazunehmen.

Viele Probleme, die hier aufgelistet sind und die auch angesprochen wurden, beginnen nämlich in der Schule. Wir stehen vor der Situation, dass immer mehr Schulab­gängerinnen und Schulabgänger nicht in der Lage sind, sinnerfassend zu lesen, zu schreiben, geschweige denn die Grundrechnungsarten beherrschen.

Wie soll dann jemand dieses Erfolgsmodell der dualen Lehre überhaupt beginnen können, wenn er diese Voraussetzungen nicht mitbringt? Aus diesem Grund wäre mein Vorschlag, das in Zukunft in beiden Ausschüssen gleichzeitig zu diskutieren. Das ist ein Ansatz, damit sich vielleicht etwas ändert. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Lichtenecker und Walser.)

Ein paar Sachen sind schon interessant: Sowohl Kollege Haubner als auch Kollege Matznetter stellen sich hier heraus und sagen, welch ein Erfolgsmodell die duale Lehrausbildung darstellt, Exportschlager und, und, und. Es ist ihnen vollkommen recht zu geben. Diese Diskussion hat ja Kollege Kassegger entfacht.

Was mich aber verwundert, ist die Tatsache, dass Sie dann diese duale Lehraus­bildung so stiefmütterlich behandeln, vor allem, wenn ich daran denke, was sich seit dem Jahr 2008 alles ins Negative geändert hat. Dazu werde ich später noch ein paar Zahlen bringen, und Sie werden dann verstehen, warum und weshalb ich das sage.

Auch mit der derzeit zur Diskussion stehenden oder sich in Umsetzung befindlichen Ausbildungsgarantie bis 18 Jahre fördern Sie ja mit den ÜLAs und ÜAZ – und wie das


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alles heißt – weiterhin diese staatliche Ausbildung, wissen aber ganz genau, dass da die Erfolgsquote äußerst bescheiden ist, sage ich einmal vorsichtig ausgedrückt. Das wissen Sie. Über 40 Prozent Abbrecher, die Drop-out-Quote ist riesig, die Kosten, die diese ÜLAs verursachen, sind exorbitant – das hat sogar die Gewerkschaft schon vor drei, vier Jahren erkannt, das hat die Wirtschaftskammer erkannt, das hat die Indus­triel­lenvereinigung erkannt –, und trotzdem halten Sie pickelhart an diesem System fest. Es ist zum Beispiel in Ihrem Entwurf für die Ausbildung bis 18 Jahre mit keinem einzigen Wort erwähnt, dass man auch nur irgendwo Anreizsysteme schafft, damit Wirtschaftsbetriebe wieder zusätzliche Lehrlinge aufnehmen oder sich das erste Mal überhaupt einen Lehrling leisten, der in späterer Folge dann natürlich auch als Facharbeiter in den Betrieben wertvolle Dienste leisten kann.

Jetzt komme ich auf ein paar Zahlen zurück. Zwischen 2008 und 2015 ist die Zahl der betrieblichen Lehrstellen um 21,5 Prozent zurückgegangen. Und wenn Sie, Herr Kollege Haubner, sagen, das hängt auch mit der demographischen Entwicklung zusammen, dann haben Sie nicht unrecht. Es ist aber damit nicht erklärbar, da die demographische Entwicklung wesentlich weniger ausmachen würde als der Verlust der betrieblichen Lehrstellen in den letzten sieben Jahren. Die Zahl der Lehrstellen ist allein im letzten Jahr, vom 31. Mai 2015 bis 31. Mai 2016, um 5 Prozent gesunken. Also auch das ist mit der demographischen Entwicklung absolut nicht erklärbar.

Sie wissen ganz genau, dass nur die Wiedereinführung des Blum-Bonus diese Situation verbessern kann. Aber ich weiß schon, dass Sie wieder mit den Augen rollen, wenn ich das Wort „Blum-Bonus“ nur erwähne. Wobei ich sowieso nicht verstehe, warum Sie Herrn Blum nicht mögen, Herr Blum kommt ja aus Ihrer Partei, und das war in den Jahren 2004 bis 2008 ein Erfolgsmodell. Das ist alles passiert, seit Sie den erfolgreichen Blum-Bonus im Jahr 2008 einfach abgedreht haben. Sie haben ihn durch diese unseligen ÜLAs ersetzt, die in Teilbereichen schon wichtig sind, weil es immer wieder Personen geben wird, die wir im sozialen Netz auffangen müssen, nur hat man das dermaßen aufgebauscht, dass es in der Zwischenzeit kaum mehr finanzierbar ist. Sie legen ja nicht einmal mehr die Kosten offiziell offen. Das kostet ein Vermögen!

Sie wissen ganz genau, dass diese ÜLAs in den letzten Jahren nur dazu gedient haben, die Jugendarbeitslosigkeit in der Statistik zu drücken. Sie wissen, dass wir in Österreich eine Jugendarbeitslosigkeit haben, die vielleicht im Vergleich zu anderen europäischen Ländern geringer, aber trotzdem exorbitant hoch ist. Das Interessante bei diesen Vergleichen ist auch, dass Sie die Jugendarbeitslosigkeit, generell die Arbeitslosigkeit mit unseren Nachbarländern Schweiz und Liechtenstein überhaupt nicht vergleichen, denn dort ist sie nicht einmal halb so hoch. Und dort reden wir von effektiven Zahlen, dort wird nichts versteckt, damit es in Statistiken nicht mehr aufscheint. (Abg. Matznetter: Die sind ja viel kleiner!) – Ja, die Schweiz hat ungefähr gleich viele Einwohner wie Österreich, wenn du das ansprichst, Herr Kollege Matznetter. So viel zu den Geographiekenntnissen. (Abg. Matznetter: Ich rede von Liechtenstein!)

Dann sage ich Ihnen noch einige aktuelle Zahlen aus dem letzten Jahr. Die Landes­regierung in Vorarlberg hat bereits vor zwei, drei Jahren begonnen, auf die Inputs des Herrn Egon Blum – den Sie nicht mögen – zurückzugreifen. Und siehe da! Wenn Sie sich die Lehrstellenzahlen im Bundesländervergleich in Österreich anschauen, dann werden Sie Folgendes feststellen: Im letzten Jahr gab es in Vorarlberg 4 134 Schul­abgänger, davon haben 2 021 eine betriebliche Lehre begonnen. 49 Prozent aller Schulabgänger haben eine betriebliche Lehre angefangen. Das ist mit Abstand der höchste Wert in ganz Österreich. Wenn Sie jetzt aber zum Beispiel Wien hernehmen – wo ja die ÜLAs in exorbitanter Anzahl vorhanden sind und auch eine Menge Geld


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kosten –, haben hier von 15 489 Schulabgängern sage und schreibe 3 800 eine betrieb­liche Lehre begonnen. Das sind 24,2 Prozent.

Herr Bundesminister, da Sie immer sagen, wir kritisieren nur, wir machen nie Vor­schläge, möchte ich Ihnen jetzt zum Schluss ein paar Dinge sagen, die Sie unbedingt angehen sollten: Sie sollten ein finanzielles Anreizsystem schaffen, um Betriebe wieder verstärkt zu animieren, Lehrlinge auszubilden. Das kostet nicht einmal ein Drittel dessen, was Sie die ÜLAs kosten, und ist erfolgsgarantiert. Sie sollten mit dem Unter­richtsressort Maßnahmen erarbeiten, die das Beherrschen der Grundkompetenzen mit Ende der Schulpflicht auch tatsächlich ermöglichen und so die Chancen der Jugend­lichen auf dem Lehrstellenmarkt erhöhen, und die überbetriebliche, sehr kosteninten­sive Lehrlingsausbildung zurückfahren. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.45


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


13.45.57

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Quasi als Ad-hoc-Vorwort möchte ich gerne etwas zum Thema überbetriebliche Ausbildung sagen, obwohl ich hoffe, dass auch die Kollegen von der SPÖ, die später reden werden, dann vielleicht noch etwas dazu klarstellen.

Was tun überbetriebliche Ausbildungsstätten? – Sie bieten jungen Menschen, die diese Chance von Unternehmen nicht bekommen, die Möglichkeit, eine Berufsausbildung zu machen. (Beifall bei Grünen und SPÖ.) Ich denke, das ist eine sehr, sehr wichtige Funktion.

Welche junge Menschen sind das? – Das sind junge Menschen, die vielleicht momentan einen erhöhten Förderungsbedarf haben, mehr Betreuung brauchen als andere junge Menschen. Ja, das kostet. Das kostet etwas. Aber ich denke, das müs­sen diese jungen Menschen uns auch wert sein. Und ja, trotzdem schaffen es einige von ihnen nicht, auf diese Art und Weise ihre Ausbildung abzuschließen, deshalb gibt es Drop-outs. Aber Sie müssen auch ehrlich sein: Das Ziel der ÜBA ist es – und dieses Ziel wird auch sehr oft erreicht –, dass letzten Endes doch ein Unternehmen einen Jugendlichen aus einem ÜBA übernimmt. Und das wird bei den Drop-out-Zahlen dazugerechnet. Also bitte seien Sie ehrlich! Im Prinzip handelt es sich hier um besonders förderungswürdige junge Jugendliche, und ich finde, für die müssen wir Geld ausgeben. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Nun zum Lehrlingsbericht. (Abg. Themessl: Warum, müssen Sie uns erklären! Warum so viel?!) – Ich bin bei Ihnen, dass wir natürlich ein Problem mit unserem Schulsystem haben und dass das der Schlüssel für sehr viele Probleme auf dem Arbeitsmarkt ist, sowohl bei der Berufsbildung als auch auf dem Arbeitsmarkt. Keine Frage! Wir Grüne stehen bei der Bildungsreform sicher nicht auf der Bremse. (Beifall bei den Grünen. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Matznetter und Themessl.)

Zum Lehrlingsbericht: Ja, wir hören immer wieder – und ich teile diese Einschätzung –, von der Grundkonzeption her ist die duale Ausbildung sicher ein Erfolgsmodell. Kollege Haubner hat aber durchaus auch zugestanden: Ja, es gibt Reformbedarf, es gibt immer wieder Adaptierungsbedarf.

Was wir auch immer wieder hören, ist, das größte Problem ist das Imageproblem. Und beim Kampf für das bessere Image sind ja immer alle Parteien schnell dabei. So, und was passiert dann im zuständigen Wirtschaftsausschuss, wenn über Lehrlinge und die duale Ausbildung diskutiert werden soll? (Abg. Matznetter: Ich stelle den Antrag!) – Genau, dann gibt es den Antrag des Kollegen Matznetter, dass dieser Bericht auch im Plenum zu diskutieren ist. Super! Wir begrüßen diese Initiative. Es ist wichtig, dass wir


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uns mit der dualen Ausbildung auch hier beschäftigen. Aber, was möchte er noch? – Er möchte, dass wir deshalb im Ausschuss gar nicht darüber reden. Gar nicht! Und warum? – Um Zeit zu sparen. Herr Kollege Matznetter findet, dass die Diskussion über die Lage und Situation der Lehre eine vergeudete Zeit im Ausschuss ist.

Meine Damen und Herren, ich denke, das ist kein guter Ansatz, wenn es um das Heben des Images von Lehre und Lehrlingen geht.

Doch die Sache geht noch weiter: Trotz seiner massiven verbalen Proteste während meiner Ausführungen ist es mir trotzdem ein Anliegen, auf die einzelnen Punkte des Berichtes, durchaus auch kritischen Anmerkungen, die dieser Bericht enthält, einzu­gehen.

Ich frage den Herrn Minister und Vizekanzler Mitterlehner, wie er zu einzelnen dieser Punkte steht, zum Beispiel zu den Anregungen im Bericht auf Seite 45, wo es um die Optimierung des Fördersystems geht, wo drinnen steht, dass die Systematisierung der Zielsetzung der einzelnen Fördermaßnahmen zu verbessern ist, dass es eine Trennschärfe bei der Benennung von Maßnahmen und Zielen geben soll, dass ein indikatorenbasiertes Monitoring zur wirkungsorientierten Steuerung sinnvoll wäre.

Letzten Endes bedeuten diese Empfehlungen, dass es ein derartiges System derzeit nicht gibt. Und das, meine Damen und Herren, ist durchaus ein Problem, wenn wir ein Fördersystem haben, das keine klaren Zielsetzungen hat, bei dem der Zweck der Förderung verschwommen ist, bei dem die Wirkung der Förderung nicht evaluiert wird, es dazu kein Monitoring gibt.

Finden Sie, wir sollten über so etwas vielleicht auch im Ausschuss etwas ausführlicher reden? – Ich schon.

Ich habe den Herrn Minister auch gefragt, ob es empirische Daten dazu gibt, warum Unternehmen tatsächlich aufhören, Lehrlinge auszubilden. Wir wissen, es werden immer weniger, aber ich finde, es bräuchte eine klare Studie, die sagt, was konkrete Punkte sind, um auch zu wissen, wo anzusetzen ist. Auch darauf bekomme ich keine Antwort.

Ich hätte gerne gewusst, wie es mit den qualitätssteigernden und qualitätssichernden Maßnahmen weitergeht, die wir 2015 beschlossen haben. Diese Maßnahmen sind nämlich derzeit als Angebot an die Unternehmen gestaltet, und dieses Angebot wird von den Unternehmen kaum wahrgenommen. Haben wir da ein Problem? – Ich sage: Ja.

So, meine Damen und Herren, alle diese Fragen blieben im Ausschuss offen. Und warum? – Weil der Herr Minister meinte, es sei quasi eine Zumutung, dass ich davon ausgehe, dass er darauf eine Antwort hätte. Er als zuständiger Minister will oder kann diese Fragen nicht beantworten. Ich finde, das ist nicht die Art und Weise, wie wir mit dem Thema duale Ausbildung umgehen sollten. Ich finde, wir brauchen eine intensive und engagierte Debatte zu diesem Thema. Ja, es ist ein gutes Modell, aber wir haben veränderte Rahmenbedingungen. Die Anpassung muss zügig vorangehen. Ja, sie wurde bereits gestartet, aber wir brauchen hier noch deutlich mehr.

Ich denke, wir alle haben viele Vorschläge dazu, sowohl die Parteien hier im Haus als auch die Sozialpartner und Experten. Ich möchte nicht, dass die Debatte dazu weiter verweigert wird. Ich denke, dass die jungen Menschen es verdienen, dass wir uns darum kümmern, dass sie eine optimale Ausbildung auch in den Betrieben erhalten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.52


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 117

13.52.28

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Meine sehr geehrten Damen und Herren! – Lieber Herr Kollege Schellhorn (Abg. Schellhorn war bereits auf dem Weg zum Rednerpult), du warst um einen Schritt zu schnell.

Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich: Wir haben gehört, die duale Ausbildung ist ganz wichtig. Das stimmt, aber ich glaube, es ist auch wichtig, dass wir allen Betrieben, die überhaupt bereit sind, Lehrlinge auszubilden, Dank aus­sprechen.

Der Lehrberuf als Ganzes gehört von der Wertigkeit, vom Stellenwert, von der Betrach­tung her massiv angehoben. Zimmerer, Tischler, Maurer, Köchin, Koch und viele mehr sind ganz wichtige Lehrberufe in unserer Gesellschaft. Man muss in Zukunft ein großes Augenmerk auf die Wertigkeit und die Bedeutung des Lehrberufes legen.

Was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft, betrug diese in Österreich im Jahr 2015 10,6 Prozent und liegt damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 20,3 Prozent. Ja, das stimmt, Herr Vizekanzler. Sehr bedenklich ist aber auch die Entwicklung, was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft: EU-weit sinkt sie seit 2013, in Österreich steigt die Jugendarbeitslosigkeit seit dem Jahr 2011 ständig an. Daher denke ich, hier müssen wir dringend ansetzen. – Herzlichen Dank.

13.53


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schellhorn. – Bitte.

 


13.54.05

Abgeordneter Josef Schellhorn (NEOS): Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Es kommt selten vor, aber ich pflichte der Kollegin Schatz jetzt vollkommen bei: Sie haben ja auch die Bildungsschwäche erwähnt, und diese betrifft auch die großen Betriebe. Herr Eder von der Voest hat gesagt, das erste Jahr müssen die Jugendlichen zunächst im Lesen und Schreiben und in den Grundrechnungsarten ausgebildet werden. Das ist schon richtig. Deshalb ist es auch wichtig, eine überbetriebliche Weiterbildung und Ausbildung zu haben. Und diejenigen, die es sich nicht in dieser Größe leisten können, müssen halt darauf zurückgreifen, denn das ist wichtig.

Aber die ganzen Diskussionen sind doch Lippenbekenntnisse: Allein in meinem Heimatbezirk Pongau gibt es 300 offene Lehrstellen und nur 30 Suchende. Warum ist das so? – Wir haben doch die Lehrlinge in den letzten 20, 30 Jahren immer nur dis­kri­miniert. Das fängt damit an, dass die anderen einen freien Studienzugang haben, und – der Schutzpatron der Verhinderer, Herr Matznetter, wird mir auch beipflichten – selbst eine Meisterprüfung kostet etwas. Und was kostet jetzt zum Beispiel ein Studienabschluss in dieser Form? Und der Absolvent darf dann sofort auch den Beruf ausüben. Hier findet eine klare Diskriminierung statt, auch hinsichtlich der Schüler­freifahrten et cetera, in den ganzen Bereichen. Das muss man einmal wirklich sagen, und das ist nicht in diese Diskussion miteingeflossen. Das tut mir weh. (Beifall bei NEOS und FPÖ. – Abg. Matznetter: Da kann man darüber diskutieren!) – Darüber muss man diskutieren, wenn Sie das Manko betrachten. Und deshalb ist eine Lehre auch so unattraktiv, weil man ab dem 15. Lebensjahr gegenüber jenen benachteiligt ist, die eine höhere Schule oder dann auch eine Universität besuchen.

Bei den Stellungnahmen vom Kollegen Haubner, dass eh alles super ist, ist mir noch etwas abgegangen: Wir haben keinen Lehrstellenmangel, sondern wir haben einen Lehrlingsmangel. Und wir haben gleichzeitig an die 7 000 unbegleitete Minderjährige in Österreich. Hier gibt es kein Programm. Hier gibt es auch kein Programm der Sozialpartner. Das sind Menschen, die das Potenzial oder die Möglichkeit hätten, eine Lehre zu besuchen. Es wird ihnen nur kein Angebot gemacht. Sie sind sieben, acht, zehn, zwölf Monate hier in Österreich, bevor sie den richtigen Status haben, und es


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wird ihnen nicht vermittelt, was sie heute tun können, damit sie morgen nicht die Arbeitslosen der Zukunft sind.

Das ist eine Schande. Das vergrößert dieses Potenzial und dieses Problem, das wir in puncto Integration und Immigration haben. Hier haben wir ein wirkliches Defizit und hier gibt es Nachholbedarf. Und ich erinnere an den Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl, der im August 2015 davon gesprochen hat, dass man hier etwas tun muss und dass ein Programm aufgesetzt werden muss. Bis heute ist nichts geschehen.

Wahrscheinlich haben die Sozialpartner generell ein Problem, wenn von außen jemand kommt und ihnen Vorschläge macht. Das wird dann verhindert, genauso wie die vorgeschlagene Reform der Gewerbeordnung verhindert wird, Herr Kollege Matznetter. Und das können Sie als Vizepräsident der Wirtschaftskammer auch nicht verhehlen, dass Sie der Schutzpatron der Verhinderer sind. (Beifall bei den NEOS.)

In dieser Hinsicht sollten wir uns vor Augen führen, dass die Wirtschaft dringend Fach­kräfte braucht. Der Fachkräftemangel wird immer größer, das sagt Ihnen jeder Unter­nehmer. Sie brauchen Fachkräfte. Wir finden keine mehr, weil wir auch keine Lehrlinge mehr finden. Und es ist etwas anderes, ob ich in der Stadt Wien bin oder im Bezirk Pongau. Aber im Bezirk Pongau ist es so, dass wir 300 offene Lehrstellen haben und nur 30 Suchende. Jetzt raten Sie, warum das so ist!

Da sollte man gegensteuern, und die Sozialpartner sind gefragt, da etwas zu tun. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

13.58


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner gelangt zu einer Stel­lung­nahme zu Wort. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


13.58.26

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Wir haben im entsprechenden Wirtschaftsausschuss über die Thematik – meines Erachtens – intensiv diskutiert, trotz schon beanspruchter Zeit, was andere Themen betraf, und haben uns mit dem Bericht und den Ergebnissen auseinandergesetzt.

Ich möchte einmal ein paar Dinge, was die Fakten anlangt, außer Streit stellen oder hoffe, das außer Streit stellen zu können. Wir haben, was das System anlangt, nach wie vor eine, würde ich sagen, große Wirksamkeit, denn 38 Prozent aller Jugendlichen verfolgen eine Lehre. Dieser Wert bleibt im Prinzip auch konstant, da wir auch, was die demographische Entwicklung anlangt, feststellen können, dass insgesamt natürlich eine Entwicklung nach unten stattfindet, also weniger Jugendliche in diesem Alters­bereich zur Verfügung stehen. Das ist mehrfach angesprochen worden.

Auf der anderen Seite liegen wir, was die Jugendarbeitslosigkeit anlangt, immer noch – ich sage auch, das „noch“ ist ja ein Wert, den wir uns ständig erarbeiten müssen – mit 10,6 Prozent hinter Deutschland, positiv gesehen, an zweiter Stelle. Der EU-28-Schnitt in diesem Zusammenhang liegt bei 20,3 Prozent.

Das System funktioniert also prinzipiell. Das System trägt auch dazu bei, dass wir eine niedrige Jugendarbeitslosigkeit haben, und wenn wir damit in Konkurrenz zu anderen Ausbildungen – vor allem im Schulbereich – stehen, dann ist es notwendig, dass wir die Drop-out-Quoten möglichst senken, um den Bedarf an Lehrlingen im betrieblichen Bereich abzudecken.

Positiv in dem Zusammenhang ist sicherlich zu sehen, dass die Lehre im Vergleich zu anderen Ausbildungen die niedrigste Drop-out-Quote mit insgesamt 15,5 Prozent hat. Bei der betrieblichen Lehre sind es sogar nur 13,1 Prozent. Im Vergleich dazu hat zum


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Beispiel die AHS-Oberstufe eine Drop-out-Quote von 25,2 Prozent, die BHS von 34,2 Prozent und die BMS von 49 Prozent. Im Endeffekt heißt das, die betriebliche Ausbildung funktioniert und die Tendenz im betrieblichen Bereich geht, was die Drop-out-Quoten anlangt, sogar nach unten. Das heißt, die Maßnahmen, die wir, was Qualitätsmanagement anlangt, in Umsetzung haben, wirken auch.

Wir haben auch eine Steigerung, was die Erfolgsquote bei der Abschlussprüfung betrifft, nicht nur allgemein, sondern auch, was die Auszeichnungen anlangt. Daher ist die Argumentation, die Lehre hätte keinen Status, kein Image, nicht richtig. Wir sehen da steigende Qualität, was auch EuroSkills und WorldSkills und so weiter anlangt.

Was die Drop-out-Quote insgesamt betrifft, haben wir natürlich schon eine Problematik, die hier mehrfach artikuliert worden ist, nämlich den Unterschied im Vergleich zu den überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Im Bereich der ÜBA liegt die Drop-out-Quote bei 43,5 Prozent. Da muss man jetzt aufpassen, dass man nicht die falschen Schlüsse zieht. Logisch ist, dass die ÜBA die betriebliche Lehre nicht ersetzen kann. Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, dass das natürlich auch ein anderes System ist. Sie vergleichen da meiner Meinung nach Äpfel mit Birnen.

Wir haben in der Phase der Wirtschaftskrise genau gesehen, dass es ganz, ganz wichtig ist, denen, die keinen Ausbildungsplatz finden, etwas Besseres anzubieten, als nur zu Hause zu sitzen oder gar auf der Straße zu stehen. Natürlich ist dann auch die Auswahlmöglichkeit eine andere, als wenn man seinen Wunschberuf wahrnehmen kann, und natürlich hat man dann dort höhere Kosten und eine höhere Drop-out-Quote.

Wir müssen aber alles daran setzen, um erstens einmal den Übertritt in die betriebliche Ausbildung zu ermöglichen – da gibt es auch entsprechende Förderungen, das funktioniert zunehmend besser. Auf der anderen Seite müssen wir auch schauen, dass wir die Qualität dort möglichst steigern, um diese Quote insgesamt zu vermindern. Ich glaube aber trotzdem, dass die Kombination von beiden Elementen dazu beiträgt, dass wir gerade, was die Arbeitslosigkeit anlangt, besser liegen als andere Länder.

Es ist auch die Tourismusproblematik im Ausschuss angesprochen worden. Auch dort haben wir eine spezifische Situation, dort haben wir eine Drop-out-Quote von 24 Pro­zent, also höher als durchschnittlich bei den Lehrlingen, bei der betrieblichen Aus­bildung. Dort haben wir auch einen positiven Trend: Es ist um nicht ganz 2 Prozent besser als im Vorjahr. Der Grund ist – da gibt es entsprechende Detailanalysen –, dass dort die Arbeits- und auch die Ausbildungsmöglichkeiten von den Betroffenen als besondere Herausforderung gesehen werden, nämlich von denen, die ausgebildet werden. Die empfinden halt da und dort das Service, auch was Abendzeiten anlangt, intensiver und fordernder, als wenn sie sich in einem anderen Bereich befinden.

Die Fragestellung ist jetzt: Wo setzen wir an, wenn wir mehr Effizienz haben möchten? – Natürlich bei einer Problemanalyse. Wir schauen uns die Daten an, wo es besonders viele Abbrüche und Probleme gibt und was wir an Maßnahmen setzen können, um das entsprechend zu verbessern. Da gibt es eben das Qualitäts­mana­gement, auch das haben wir im Ausschuss intensiv diskutiert. Wir haben ja die Mög­lichkeiten jetzt auch im Gesetz vorgesehen. Das machen die Landesberufsaus­bil­dungs­beiräte relativ systematisch, sie stehen mit den Unternehmen und den Unter­nehmensvertretern in Kontakt und erstellen gezielt Unterstützungsleistung.

Was kann das sein? – Das können beispielsweise Kurse und Ausbildungsbehelfe sein, aber natürlich auch die Maßnahmen, was Coaching betrifft. Gerade diese Maßnahmen sind aber relativ teuer. Wir haben gerade beim Tourismus dafür auch Mittel zur Verfügung gestellt. Das gilt insbesondere, was die Etablierung des Lehrlingscoachings für die neuen Bereiche anlangt, wie etwa Hotelkaufmann oder Hotelkauffrau, weil es da


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wichtig ist, maßgeschneiderte Projekte – etwa das Projekt: erfolgreich zum Lehrab­schluss im Tourismusbereich – auch umzusetzen.

Wir haben auch in einigen Bereichen ein elektronisches Ausbildungstool für Betriebe und auch Unterstützung in Form von Apps zur Ausbildungsbegleitung für Lehrlinge. Das ist einiges, und weil da kritisiert worden ist, es werden keine Maßnahmen gesetzt: Das stimmt nicht!

Was Herrn Blum betrifft: Diese Forderung hat einen schon wirklich langen Bart. Ich weiß nicht, wie lange der schon in Pension ist. Ich mag ihn gern, den Egon Blum, dennoch ist seine Lehrlingsförderung nicht mehr das Thema von heute. Ich sage jetzt wirklich zum letzten Mal, in Zukunft sage ich dazu gar nichts mehr, Herr Kollege Themessl: Das Problem beim Blum-Bonus ist, dass er in einer Zeit, in der wir die Lehrlinge nicht unterbringen konnten, darauf ausgerichtet war, Betriebe mit Förde­run­gen dazu zu veranlassen, zusätzlich zu den Lehrlingen, die sie im Schnitt gehabt haben, noch weitere aufzunehmen.

Jetzt erreichen wir teilweise den Schnitt nicht, weil die Lehrlinge nicht zur Verfügung stehen. Der Blum-Bonus ist also für das derzeitige Problem nicht geeignet. Nicht Herr Blum ist nicht geeignet – den mögen wir alle, und der hat damals auch tolle Maß­nahmen gesetzt –, sondern die Maßnahme ist wegen der Problemänderung nicht mehr brauchbar.

Jetzt möchte ich auch noch ganz speziell zu den Ausführungen von Frau Schatz kommen. Frau Schatz, es war eine unrichtige Darstellung, die Sie hier abgegeben haben; ich meine jetzt nicht in Relation zu Herrn Matznetter. Ich finde auch, wir haben das Thema ja gerade deswegen im Plenum, um es intensiv zu diskutieren. Wenn ich die Ausführungen so anschaue, stelle ich fest, es sind prinzipiell Dubletten. Es ist von den Rednern teilweise genau dasselbe wie im Ausschuss gesagt worden.

Was Sie angesprochen haben, möchte ich schon differenziert sehen und auch beantworten. Sie haben Fragen gestellt, die einfach aufgrund des Berichtes und auch sonst nicht sofort zu beantworten sind, wie beispielsweise zu den unterschiedlichen Drop-out-Quoten in den verschiedenen Branchen und den Motiven dafür. Wir haben Ihnen gesagt, das werden wir schriftlich beantworten – und ich glaube, wir haben es sogar auch schon getan.

Die anderen Fragen, die Sie gestellt haben, beispielsweise zu den Anregungen und Maßnahmenvorschlägen auf Seite 45 des Berichtes, könnte ich salopp mit einem Satz beantworten – ich habe es aber nicht so gemacht –, nämlich: Selbstverständlich schauen wir uns sämtliche Maßnahmen und Vorschläge an, prüfen die Umsetzung in Koordination mit den zuständigen Stellen und versuchen, das meiste in der Weise auch zu realisieren. Das ist es. Da können wir noch hundert Mal hier stehen und alle Forderungen in dem Zusammenhang vorlesen, es ändert nichts daran. Ich kann es Ihnen aber auch gerne im Detail noch einmal darstellen, da wir Ihnen die Fragen, die Sie gestellt haben, schriftlich beantwortet haben.

Auf der anderen Seite: Das, was auf Seite 45 dargestellt ist, zum Beispiel die Förder­arten miteinander abzustimmen und zu systematisieren, ist eine Heidenaufgabe. Wenn Sie wollen, stelle ich Ihnen bei Gelegenheit in einer Stunde dar, was da alles entwickelt wird. Ich möchte Ihnen heute hier die Zeit ersparen.

Ein anderer Punkt in dem Zusammenhang ist natürlich die Fortsetzung der Maßnah­men zur Abbruchsvermeidung – das habe ich Ihnen dargestellt –, nämlich Onlinefor­mulare und einige andere Dinge.

Damit komme ich noch zur grundsätzlichen Kritik von Herrn Schellhorn. – Ich sehe ihn nicht, er ist momentan nicht im Saal. Dann erspare ich mir, das in aller Breite auszu-


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führen, und sage Ihnen dazu nur, im Endeffekt stimmt es einfach nicht, dass es eine Ungleichbehandlung gibt, dass die Lehrlinge benachteiligt beziehungsweise skandalös benachteiligt werden. Schauen Sie sich an, was wir an Basisförderung, was wir an sonstigen Förderungen, auch vom Arbeitsmarktservice her, in den gesamten Bereich stecken, dann werden Sie merken, das sind in etwa 300 Millionen € im Jahr.

Ich würde sagen, da ist keine Ungleichbehandlung gegenüber dem System Schule mehr zu sehen, weil wir die Lehrlingsentschädigung und alles, was Basisförderung anlangt, genau an dem ausgerichtet haben, was ein Schüler oder ein Student an Unterstützung bekommt. Dass wir da Fahrtenbeihilfen und auch anderes haben, damit möchte ich Sie gar nicht mehr belästigen, vielleicht wissen Sie es. Wenn Sie es nicht wissen wollen, werden Sie es auch nicht lesen; aber es stimmt einfach nicht, was gesagt worden ist. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.09


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wurm. – Bitte.

 


14.09.53

Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ein klassisches Paradoxon: Wenn Sie mit Unternehmern sprechen, dann werden Sie die Botschaft hören: Ich finde keine oder nicht ausreichend gut gebildete Lehrlinge! Auf der anderen Seite haben wir Tausende junge Menschen in Österreich, die eine Lehrstelle suchen und keine finden.

Da finde ich es schon ein bisschen verwunderlich, wenn sich Rot und Schwarz bei diesem Thema hierher stellen und die duale Ausbildung so quasi als Exportschlager verkaufen. Vielleicht kurz zur Erinnerung: Im weiteren Sinn kann man da bis ins Mittel­alter zurückgehen und im näheren Sinn ungefähr 150 Jahre. So lange gibt es diese duale Ausbildung in Zentraleuropa, sprich in Österreich und Deutschland. Das, bitte, brauchen sich SPÖ und ÖVP nicht als ihre Erfindung umzuhängen. Ganz im Gegenteil, Sie haben es zusammengebracht – und das ist eben das Ergebnis dieses Para­doxons –, dass die duale Ausbildung von Jahr zu Jahr mehr ins Hintertreffen kommt.

Ich möchte da schon auch noch ein paar Zahlen kurz erwähnen. Wenn man sich aktuell die Arbeitslosenstatistik anschaut, gibt es eine Gruppe, bei der wir keinen Zuwachs von Arbeitslosigkeit erleben, und das sind eben Personen mit Lehraus­bildung. Hingegen haben wir bei Akademikern einen monatlichen Zuwachs zwischen 10 und 15 Prozent, je nach Monat. Da sind wir beim eigentlichen Problem, und es wäre ganz gut, wenn die ehemalige Ministerin Heinisch-Hosek hier wäre, denn sie ist nämlich eine Hauptverursacherin des aktuellen Lehrlingsproblems, weil in Wirklichkeit natürlich die Schulausbildung über Jahrzehnte versagt hat.

Die Hauptschuldigen daran sind SPÖ und ÖVP, und Sie denken ja aktuell überhaupt nicht daran, das zu verändern. Sie wollen sich die Welt mit Hilfe der Grünen schön­malen, die in dem Bereich ja überhaupt in einer Traumwelt leben. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) Die Realität ist eben – und da braucht man nicht lange Analysen zu machen, Frau Schatz –, dass 25 Prozent der Schüler in Österreich, und das wissen Sie, wenn Sie es irgendwo nachlesen wollen, nach neun Jahren faktische Analpha­beten sind. So, Frau Schatz, das ist unsere Schulpolitik, und die Schulpolitik ist links, rot-grün, mit Mithilfe der ÖVP. Das ist das Ergebnis nach Jahrzehnten! (Zwischenruf der Abg. Schatz.)

Sie nehmen aber nicht die Verantwortung für diese Zehntausenden armen Jugend­lichen an. Das macht keiner hier! Keiner sagt: Okay, wir haben das gut gedacht, gut


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gemeint, aber falsch getroffen. Sie fahren jedes Jahr das Programm weiter. Sie han­deln nach dem Motto: Augen zu und durch, wird schon irgendwie gut gehen! (Neuer­licher Zwischenruf der Abg. Schatz.) Die Realität sollten Sie aber zur Kenntnis neh­men, dass nämlich unser Schulsystem – und das ist kein freiheitliches Schulsystem – versagt, zum Schaden der Jugendlichen und in weiterer Folge natürlich zum Schaden des Wirtschaftsstandortes Österreich. Sie werden in jeder Analyse der Wirtschafts­kammer zur Bildung genau diese Dinge feststellen, aber keiner stellt sich hierher und sagt: Okay, das Schulsystem, so, wie wir es haben, versagt, und zwar komplett!

An dieser Stelle noch einmal zum ähnlichen Thema Akademikerquote: Ich kann mich erinnern, die letzten 20 Jahre gab es immer das hehre Ziel: Wir müssen in Österreich die Akademikerquote erhöhen! Wir sind international viel zu weit hinten, Akademiker­quote, Akademikerquote! – Es ist ganz klar, dass die Lehre da ins Hintertreffen kommt.

Ich war ja vor 14 Tagen mit meinen Kollegen von den anderen Fraktionen in Griechen­land. Griechenland hat eine Jugendarbeitslosigkeit von knapp 60 Prozent, und raten Sie einmal, wie hoch die Akademikerquote in Griechenland ist. Das wird wahr­scheinlich außer den Kollegen, die dabei waren, keiner wissen: Es sind 50 Prozent. Und da sagen die Parlamentarier in Griechenland, sie sind so stolz auf ihr Schulsys­tem, denn sie haben eine Akademikerquote von 50 Prozent.

Wir in Österreich – und zwar aktuell auch 2016 – fahren den gleichen Kurs weiter, rot-schwarz-grün. Natürlich gibt es zu Recht Kritik der NEOS, die Lehre hat natürlich ein Imageproblem, ganz klar. Sie müssen für den Meisterbrief zahlen, sie haben weniger Vergünstigungen bei den Freifahrten, und generell versucht fast jeder in Österreich klarerweise, sein Kind nach der Volksschule irgendwo im Gymnasium unterzubringen.

Im Endeffekt haben wir heute einen Facharbeitermangel, wir haben in Wirklichkeit auch bei der Lehrlingsausbildung jedes Jahr größere Probleme. Genau der Bereich der Nichtqualifizierten ohne Ausbildung, auf der anderen Seite aber auch der der Akade­miker wächst monatlich in der Arbeitslosenstatistik. (Vizekanzler Mitterlehner: Haben Ihre Kinder eine Lehrlingsausbildung gemacht?) – Herr Vizekanzler, ich habe es ge­nauso gemacht wie viele andere Österreicher, auch meine Kinder haben Gott sei Dank maturiert.

Im Grunde genommen, Herr Vizekanzler, ist das aber eine Entwicklung, die wir die letzten 20, 30 Jahre haben. Worauf wir als Freiheitliche sehr wohl immer wieder hinweisen, ist, dass einerseits die Lehrlingsausbildung wirklich massiv gestützt werden muss, und zwar im Bereich Image, aber auch im Bereich Unterstützung der Betriebe mit echter Geldleistung, und dass es auf der anderen Seite einen kompletten Neustart des Bildungssystems in Österreich braucht.

Letzter Punkt, der von den Grünen auch in bewährter Manier gekommen ist: Asyl­werber und asylberechtigte Jugendliche. Davon haben wir einige Tausend in Öster­reich. Wir haben Ex-Minister Hundstorfer – der ist ja auch schon wieder Geschichte – dazu einige Male befragt und haben auch eine Anfragebeantwortung bekommen. Ich versuche, es noch einmal ganz kurz zu machen: 241 Personen im Asylbereich haben seit dem Jahr 2012 diese Möglichkeit wahrgenommen, 130 davon haben innerhalb von einem Jahr abgebrochen, aktuell sind noch 107 Personen in Ausbildung. Damals im Ausschuss konnte uns der Minister keinen einzigen Fall im Asylbereich nennen, in dem es zu einem Lehrabschluss gekommen ist, nicht einen! So viel zu den Hoffnungen der Grünen, dass diese 7 000 unbegleiteten männlichen Jugendlichen unsere Lehrlings­prob­le­matik lösen werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.16


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 123

14.16.45

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die duale Ausbildung ist nach wie vor Garant für Jugendbeschäftigung in Österreich, und ich darf mich daher ganz besonders bei unseren Unternehmerinnen und Unternehmern bedanken, die eine Lehrlingsausbildung in ihren Betrieben anbieten. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass dies eine besondere Verantwortung und eine besondere Aufgabe ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Die duale Ausbildung steht vor großen Herausforderungen. Wir haben schon von der demographischen Entwicklung, den steigenden qualitativen Anforderungen aufgrund der Internationalisierung und Digitalisierung in unseren Betrieben versus die Eignung der Lehrstellensuchenden gehört. Kollege Schellhorn hat die regionalen Unterschiede zwischen Ausbildungsangebot und -nachfrage angesprochen, aber auch der steigende Klassenkampf – verbunden mit mangelnder Wertschätzung für Unternehmerinnen und Unternehmer – steigert nicht gerade die Motivation zur Investition und zu zusätzlicher Beschäftigung.

Wie aber der Bericht aufzeigt, haben wir gemeinsam mit dem Herrn Vizekanzler wich­tige und richtige Maßnahmen zur Weiterentwicklung der dualen Ausbildung gesetzt. Ich erwähne nur die BAG-Novelle mit den 18 neuen beziehungsweise überarbeiteten Ausbildungsordnungen sowie die vier neuen Lehrberufe, die auf Wunsch der Wirtschaft in Kraft getreten sind. Aber auch das Lehrlingscoaching, an dem mehr als 150 Betriebe teilnehmen, garantiert den Jugendlichen eine Ausbildung im ersten Arbeitsmarkt und verhindert, dass sie in die teureren ÜBAs abgeschoben werden. Ich halte dieses Lehrlingscoaching für Schwächere, aber auch für Migranten für sehr sinnvoll. Migran­ten kennen dieses Lehrausbildungssystem aus ihren Ländern nicht, und ich glaube, Integration kann nur über Beschäftigung funktionieren.

Zur Frage des gesellschaftlichen Stellenwerts der Lehre haben wir unlängst den Nationalen Qualifikationsrahmen beschlossen, der endlich die Vergleichbarkeit mit dem rein schulischen System bewirkt, was sicherlich zu einer Aufwertung führen wird.

Herr Kollege Themessl, ich habe schon erwartet, dass Sie den Blum-Bonus erwähnen. Das finde ich nicht mehr zeitgemäß, denn es ist ein Hohn für die Unternehmer, die schon seit zehn Jahren Lehrlinge suchen und nicht bekommen. Recht gebe ich Ihnen aber bei der Finanzierung des Blum-Bonus, nämlich dass es Sinn machen würde, das nicht aus den Arbeitgeberbeiträgen, sondern aus Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu finanzieren.

Wir haben noch viel vor uns – wir haben es gehört –, einerseits Matura mit verkürzter Lehre, andererseits die Erreichung der Bildungsstandards für den Einstieg in die Lehr­ausbildung. Das muss auch oberste Priorität in den Neuen Mittelschulen sein, denn ohne Beschäftigung ist der Sozialfall vorprogrammiert.

Herr Vizekanzler, ich bedanke mich bei Ihnen im Namen einer Reihe von oberöster­reichischen Betrieben für die Richtlinie zur BAG-Novelle. Durch diese kann am 1. September in Oberösterreich ein Modellprojekt, nämlich der zweijährige Lehrberuf Metalltechniker, ein Lehrberuf mit Abschluss und Anschluss, gestartet werden.

Ich bin überzeugt, dass dieses Modellprojekt ein Erfolg wird. Wir sehen in Deutschland, in der Schweiz und gerade im Hinblick auf die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebens­jahr, die wir ja bald beschließen werden, dass das ein ganz wichtiger Faktor ist. – Vielen Dank. (Vizekanzler Mitterlehner: Gerne! – Beifall bei der ÖVP.)

14.20


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Ecker. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 124

14.20.26

Abgeordnete Cornelia Ecker (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Werte Kolle­gin­nen und Kollegen! Was bedeutet Jugendarbeitslosigkeit? Allgemein wird sie als Fehlen von Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen verstanden – aber für mich persönlich bedeutet sie weitaus mehr.

Herr Wurm, hätten Sie den Ausführungen unseres Herrn Vizekanzlers Gehör und Aufmerksamkeit geschenkt, dann wüssten Sie, wieso die Lehrlingszahlen rückläufig sind. Dann müssten Sie sich nicht hier herausstellen und mit Unwahrheiten glänzen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Peter Wurm: Bitte? Was?)

Für mich bedeutet Jugendarbeitslosigkeit, wie gesagt, noch viel mehr. Jugendarbeits­losigkeit bedeutet erstens eine gesellschaftliche Orientierungslosigkeit, eine klaffende Wunde im System, dass jungen Menschen die Perspektive genommen wurde, einen Platz in der Gesellschaft zu bekommen. Zweitens: Jede Arbeitslosigkeit bedeutet einen Verlust an Kaufkraft, den wir wiederum in der Wirtschaft spüren, nicht unmittelbar, aber in naher Zukunft. Und drittens ist sie ein großes soziales Problem, denn – das kann man jetzt indirekt oder direkt sehen – da gibt es zum Beispiel die steigende Kriminali­täts­rate.

Deshalb ist auch gerade die überbetriebliche Ausbildung so wichtig. Ja, sie kostet Geld, aber gerade wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind dafür, denn das sind uns die jungen Menschen wert. Es geht da um Menschen, Herr Themessl – leider ist er gerade nicht im Raum, glaube ich –, es geht um Menschen und nicht um irgendwelche Prozentzahlen! Wer den Generationenvertrag ernst nimmt, der muss der Jugendarbeitslosigkeit den Kampf ansagen.

Wenn wir heute hier im Parlament über die Jugendarbeitslosigkeit sprechen, dann können wir den Österreicherinnen und Österreichern eine gute Nachricht bringen, liegen wir bei der Beschäftigung doch im Spitzenfeld, wie wir schon hörten. Wir haben in Österreich eine der geringsten Jugendarbeitslosigkeitsrate innerhalb der Euro­päi­schen Union, und 2015 hatten wir die zweitniedrigste Arbeitslosigkeitsrate aller Mitglied­staaten. Natürlich stehen wir da unter starkem Druck, und wir müssen viele, viele Maßnahmen setzen, um auch weiterhin an der Spitze zu bleiben.

Vor allem haben wir – das wurde schon oft erwähnt – die duale Lehrlingsausbildung: ganz, ganz wichtig und eine wirklich tolle Sache. Wir sind auch stetig bemüht, sie zu verbessern, etwa durch die Ergänzung der Lehre mit Matura, wie wir sie schon vorge­nommen haben. Damit konnten wir auch die Attraktivität der Lehre enorm steigern. Ich weiß aus eigener Erfahrung, was es heißt, einen Lehrling auszubilden, und dass das oft sehr, sehr schwierig sein kann.

Wir konnten also die Attraktivität der Lehre mit Sicherheit steigern. Ich finde, es ist ein toller Spagat gelungen, nämlich das Beste aus zwei Systemen, aus der Praxis und aus der Theorie, zu vereinen. Dabei finde ich zwei Aspekte besonders spannend und auch sehr gelungen: erstens, dass man dabei auch die regionalen Unterschiede gelten lässt und so eine lokale Spezialisierung der Lehre ermöglicht. Und zweitens, das möchte ich herausstreichen, geht diese Ausbildungsform mit Coaching, mit Unterrichts- und Beratungsphasen einher. Das finde ich sehr gut.

Wir sprechen also von einem sehr ausgewogenen Modell, das von anderen Staaten auch beobachtet wird und übernommen worden ist, aber eines muss man auch ganz klar sagen: Österreich hat die Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen. Blickt man in die südliche Region von Europa, dann sieht man, dass diese Leute mit schweren Bedingungen zu kämpfen haben, sie wurden sehr hart durchgebeutelt. Das ist aber natürlich kein Grund, uns selbst zu feiern und nur noch zu loben, sondern wir müssen stetig am Ball bleiben, um die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen zu können.


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Wenn es unseren europäischen Partnern schlecht geht, dann betrifft das auch uns in irgendeiner Art und Weise, gerade als Exportland. Vor allem, finde ich, ist eine Zusam­menarbeit mit anderen europäischen Ländern nötig, um wieder ein Gleichgewicht herstellen zu können. Das wäre mir ein großes Anliegen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.24


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


14.25.00

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Damen und Herren! Es ist heute eine spannende Debatte. Gleichzeitig ist es wichtig, einen genaueren Blick auf die Zahlen zu werfen und insbesondere auf deren Hintergründe.

Kollege Sepp Schellhorn beklagte heute, dass es in seiner Region 300 offene Lehr­stellen gibt und nur 300 interessierte junge Menschen. (Abg. Peter Wurm: 30!) Wir wissen, dass es Branchenunterschiede gibt und gleichzeitig natürlich auch ein Ost-West-Gefälle. Wir haben im Westen mehr Lehrstellen, insbesondere beispielsweise im Tourismusbereich. Natürlich stellt sich auch die Frage: Wie ist die Qualität dieser Lehrstellen und wie kann man unterstützend wirken, damit junge Menschen daran mehr interessiert sind? Außerdem ist es ja logisch, dass junge Menschen in ihren Familien, in ihrem Freundeskreis, in ihrer Region verankert sind und dass damit ein derartiger Wechsel in dieser Form nicht möglich ist.

Gleichzeitig ist Fakt, dass wir – Stand Mai 2016 – 4 967 Lehrstellensuchende haben und gerade einmal ein Angebot von 3 222 offenen Lehrstellen. Ja, da gibt es einen Gap, und diese Lücke kann man schließen, indem man beginnt, sich zu fragen: Was ist denn der Grund dafür, und wie kann man Unternehmen unterstützen, entsprechende Lehrstellen anzubieten? Die demografische Entwicklung ist eine, die schwache Konjunktur eine andere Erklärung, warum es weniger Lehrstellen gibt. Gleichzeitig gilt es natürlich auch, die Basisbildung der jungen Menschen zu verstärken. Dort nachzulegen ist mit Sicherheit auch ein Beitrag, dass es mehr Lehrstellen geben wird.

Wichtig ist es auch, Ausbildungsverbünde anzubieten, um es kleinen und mittelstän­dischen Unternehmungen zu erleichtern, die entsprechenden Lehrstellen zur Verfü­gung zu stellen, die Durchgängigkeit der Lehrausbildung zu sichern. (Abg. Schopf: Gibt es schon! Gibt es überall!) – Ja, Walter, dann sage ich dir – du bist auch aus dem Mühlviertel –: Schau in die Regionen, rede mit den kleinsten Unternehmungen, die haben die Probleme! Die sagen nämlich durchaus: Ja, wir wären bereit, aber da braucht es die und die Angebote, damit das auch möglich ist! Wir können uns das aber auch gerne bei dem einen oder anderen Unternehmen konkret anschauen.

Selbstverständlich gilt es auch, die betriebliche Lehrstellenförderung in dieser Form zu verstärken beziehungsweise die entsprechenden Unterstützungen anzubieten.

Gleichzeitig gibt es eine doch beträchtliche Anzahl an Lehrabbrüchen. Im Lehrlings­bericht, wie er jetzt vorliegt, ist sie mit 15,5 Prozent angeführt. Und ja, da geht es selbstverständlich um eine verstärkte Berufsorientierung. Da geht es darum, dass man auch eine Modernisierung der Lehrpläne und der Berufsschulen vornimmt. Das ist längst überfällig, und es ist durchaus auch notwendig, Lehrlinge in ihren Lehrstellen zu begleiten, um zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermitteln zu können, wenn Probleme auftauchen. Vor allem wird es aber darum gehen, diese Lehrstellen attraktiver für die jungen Menschen zu machen, und das ist auch eine Frage der Wertschätzung und eine Frage der Bezahlung.


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Ich bin überzeugt davon, dass es längst an der Zeit ist, die Löhne für Lehrlinge im ersten Lehrjahr anzuheben. Ich sage Ihnen: Wenn Sie einem Zahntechniker-Lehrling 384 € brutto zahlen oder im Friseurgewerbe 395 € oder im Blumeneinzelhandel 408 €, ist das zu wenig. Erstes Lehrjahr: 500 €! Das wird sicher auch ein Beitrag dazu sein, dass Jugendliche Interesse an den Lehrstellen haben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ sowie der Abg. Glawischnig-Piesczek.)

Es geht aber natürlich auch darum, die Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen, auch, was es der öffentlichen Hand wert ist. Ich glaube, dass es längst an der Zeit ist, Herr Minister Mitterlehner, dass die Internatskosten, wenn die Jungen in der Berufsschule sind, übernommen werden und die Selbstbehalte nicht bei ihnen hängen bleiben oder die entsprechenden Förderungen gleichgeschaltet werden wie bei den Schülerinnen und Schülern. Genau darin drückt sich auch die Wertschätzung aus.

Da heute schon Zahlen genannt worden sind, was denn die öffentliche Hand für junge Menschen ausgibt und was Ihnen das wert ist: Dem Bericht kann man entnehmen, dass die öffentliche Hand bei den Lehrausbildungen pro jungem Menschen 5 745 € aufwendet. Im Vergleich dazu: Bei den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen sind es 10 113 €.

Wir sehen: Es gibt viele Ansatzpunkte. Ich erlebe das heute hier im Plenum als differenzierte und spannende Diskussion, die Frage ist: Welche Maßnahmen können weiter gesetzt werden? Auch im Bericht sind verschiedene Vorschläge enthalten, und da Sie heute angeboten haben, dass es eine weitere Debatte dazu gibt, kann man auch die weiteren Maßnahmen setzen, um die Qualität für die Lehrlinge tatsächlich zu verbessern und zu stärken. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schopf.)

14.31


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Loacker. – Bitte.

 


14.31.12

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Frau Kollegin Lichtenecker, wenn irgendwo zu geringe Lehrlingsentschädigungen bezahlt werden und man deswegen keine guten Lehrlinge bekommt: Da sind Betriebe tatsächlich schon auf die Idee gekommen, dass sie eben mehr zahlen, als kollektivvertraglich vorgesehen ist. Es gibt sehr viele Betriebe, die ihren Lehrlingen – insbesondere wenn sie gute Leistungen bringen – eine Lehr­lings­entschädigung deutlich über dem Kollektivvertrag gewähren. Das halte ich für gut und richtig.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass wir die Lehrlingsdebatte nicht losgelöst von der Bildungsdebatte führen können. Wenn unser Schulsystem so ist, dass 20 Prozent der Absolventen nach der Pflichtschulzeit nicht sinnerfassend lesen können, dass sie die Grundrechnungsarten nicht beherrschen, dann bekommen die Absolventen natürlich keine Lehrstelle, weil die Unternehmen junge Leute brauchen, die die Voraus­setzungen mitbringen, in der Berufsschule zu bestehen und die fachlichen Qualifika­tionen im Lehrberuf erwerben zu können. Wenn wir heute feststellen, dass manche junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt ein Problem haben, dann ist das ein Problem der Volks- und Mittelschulausbildung.

Das, was der Bundesregierung dazu als Lösung einfällt, ist eine Ausbildungspflicht bis 18. Dem Herrn Vizekanzler ist in diesem Zusammenhang schon einmal das Wort Ein­stellungspflicht entschlüpft, und ich habe das als freudschen Versprecher aufge­nommen, der die wahre Absicht zeigt: Am Schluss geht es darum, die Unternehmen dazu zu zwingen, junge Leute aufzunehmen, obwohl sie aus der Schule die Qualifi-


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kation nicht mitbringen. Das halte ich für verfehlt, denn mit solchen Quotenlösungen kommen wir nicht weiter.

Mehrere Vorredner und auch Sie, Herr Vizekanzler, haben schon zu den Förderungen Stellung bezogen, und da kommen wir an einen Punkt, wo es in Österreich wieder einmal übertrieben worden ist.

Es gibt nämlich: eine Basisförderung für jeden Lehrling nach Abschluss des Lehr­jahres; eine Förderung für Lehrlinge über 18; die Förderungen für Unternehmen, die einen Lehrling aus der überbetrieblichen Ausbildung übernehmen – da denke ich mir überhaupt, so gut kann die überbetriebliche Ausbildung nicht sein, wenn man nachher noch einmal fördern muss, dass jemand von dort übernommen wird –; Förderungen für Lehrlinge mit Lernschwierigkeiten; Förderung von Vorbereitungskursen auf die Lehrab­schlussprüfung; Förderung für ausgezeichnete und gute Erfolge bei der Lehrabschluss­prüfung; Förderung für die Weiterbildung der Ausbildner; Förderung von Projekten für mehr Frauen in überwiegend männlichen Lehrberufen; Förderung für ein Auslands­praktikum des Lehrlings.

Ich habe jetzt gar nicht alles aufgezählt, was es gibt, aber wie man sieht, sind es so viele verschiedene Förderungen, dass ein Klein- und Mittelbetrieb, und dort wird die Mehrzahl der Lehrlinge ausgebildet, das gar nicht administrieren kann. Die haben gar nicht die Manpower, die haben nicht die Fachabteilungen, die sich damit beschäftigen, tagelang Antragsformulare auszufüllen, um alle Förderungen abzurufen, die es gibt. Die haben nicht die Zeit, und die haben natürlich nicht das Detailwissen dazu, wie das vielleicht ein Großunternehmen hat.

Ich schlage Ihnen vor: Fassen Sie den Fördersalat zusammen, machen Sie es einfach, machen Sie es überschaubar, machen Sie die Verwaltung schlank, und dann erreichen Sie vielleicht auch etwas! (Beifall bei den NEOS.)

14.34

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Katzian. – Bitte.

 


14.35.00

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ganz überrascht, ich war schon richtig darauf vorbereitet, dass Herr Loacker und ich wieder einmal ins Match gehen, aber ich muss ihm in vielen Punkten, die er angesprochen hat, recht geben. Ich sehe das ähnlich. Das Einzige, wo ich schon ein bisschen differenzieren möchte, ist die Frage der Ausbildungspflicht, die natürlich keine Jugendeinstellungspflicht ist.

Sie wissen, wir hatten schon einmal ein Jugendeinstellungsgesetz, und ich persönlich bin auch der Meinung: Bevor junge Leute auf der Straße stehen, muss man ent­sprechende Maßnahmen setzen. Aber da gibt es eben die überbetrieblichen Ausbil­dungseinrichtungen, da gibt es jetzt die Ausbildungspflicht, und ich denke, da hat die Bundesregierung die richtigen Schritte gesetzt. Und wir werden sehen, in welcher Art und Weise die Dinge für die Zukunft greifen.

Ich glaube, aufgrund der bisherigen Debatte kann man klar sagen, es gibt weitge­hende – mit Ausnahme der FPÖ – Einigkeit darüber, dass die duale Ausbildung ein Erfolgsmodell ist, etwas, was in hohem Maße die Qualität und die Berufsausbildung … (Abg. Peter Wurm: Nicht aufgepasst, Herr Kollege, oder?) – Kollege Wurm! Ehrlich, ich habe Ihnen vorher schon gesagt: Melden Sie sich zu Wort, wenn Sie etwas zu sagen haben! Sie quatschen immer dazwischen, das ist ein Stil, der ist nicht in Ordnung, so geht man nicht miteinander um! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Peter Wurm.) Und dann setzen Sie sich noch hin und lachen! Vielleicht können die Kameras


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das einmal einfangen. Das ist die Diskussionskultur à la FPÖ. Na servus, kann ich da nur sagen!

Herr Wurm, melden Sie sich zu Wort, wenn Sie sich trauen! Wenn Sie etwas zu sagen haben, dann tun Sie das bitte vom Rednerpult aus. (Abg. Neubauer: Zwischenrufe sind aber schon noch erlaubt!) – Nein, sind eh nicht verboten. Schreien Sie dazwi­schen, soviel Sie wollen, es ist eh in Ordnung! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mölzer. – Abg. Peter Wurm: … als Gewerkschafter muss man mehr aushalten!)

Die FPÖ stellt sich hierher und sagt: Fachkräfte sind dringend nötig!, und der nächste Redner sagt: Aber man muss natürlich Anreize schaffen! – Es ist durchschaubar und durchsichtig, was Sie wollen: Sie wollen nicht, dass diejenigen, die die Notwendigkeit haben, Fachkräfte auszubilden, das tun, wenn es nicht entsprechendes Geld und entsprechende Unterstützung dafür gibt. Das ist der wahre Hintergrund, entkleidet von den vielen schönen Worten, die Sie gesprochen haben, und ich denke, das muss man genau so beim Namen nennen.

Der Herr Vizekanzler hat ausgeführt, was es im Förderungsbereich gibt. Herr Loacker hat darauf hingewiesen, dass man das unter Umständen weiterentwickeln, verbessern, bündeln könnte. Ja, für all das sind wir zu haben, aber wenn man von Förderungen in der Berufsausbildung spricht, dann muss man sie auch an Kriterien und an Benchmarks knüpfen, und dann bin ich dafür, dass man bestimmte Dinge definiert. Wer diese einhält, soll die Förderungen auch bekommen, weil es eine gute Unter­stützung ist, und wer sie nicht einhält, soll sie nicht bekommen, weil es nicht sein kann, dass man sozusagen einfach Geld in eine Ausbildung schiebt, die die Qualität nicht garantiert.

Wir brauchen mehr Plätze für Lehrlinge, wir brauchen mehr Qualität in der Berufs­ausbildung, und wir müssen weiter daran arbeiten, dass die Lehrlinge keine billigen Hilfskräfte sind, sondern auch entsprechend qualitativ hochwertig ausgebildet werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Peter Wurm: Schwache Rede, Herr Gewerkschafter, ganz schwach! – Abg. Weninger: Kollege Wurm wollte noch was sagen!)

14.38


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


14.38.13

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Liebe Kolle­ginnen, liebe Kollegen! Es ist eine sehr, sehr interessante und zugleich wichtige Dis­kussion, weil ich denke, dass die Jugendlichen, die Lehrlinge letztendlich auch unsere Zukunft sein sollen. Und es ist doch sehr spannend zu verfolgen, dass es hier eine Partei gibt – Jugendliche und Lehrlinge in Österreich, aufgepasst: es ist die Freiheit­liche Partei! –, die überbetriebliche Lehrwerkstätten zurückfahren und letztendlich schließen will.

Kollegen und Kolleginnen! Wir haben zurzeit über 11 000 Betroffene, 11 000 junge Menschen, die benachteiligt sind, die bis vor Kurzem noch keine Möglichkeit hatten, in dieser Republik einen Arbeits- oder Lehrplatz zu erhalten, weil auch viele Betriebe keine derartigen Lehrplätze mehr anbieten. 11 000 Jugendliche haben wir, wo die Frei­heitliche Partei sagt, diese 11 000 mögen in diesen überbetrieblichen Lehrwerkstätten keine Ausbildung erhalten. (Abg. Kassegger: Das haben Sie gesagt!) – Sie haben gesagt, Herr Kassegger, es wäre vernünftig, die überbetrieblichen Lehrwerkstätten zu schließen. Das bedeutet, dass 11 000 Jugendliche in Zukunft in dieser Republik keine Möglichkeit mehr haben, eine solche Ausbildung zu absolvieren. (Abg. Kassegger: Das hat niemand gesagt! Wir haben gesagt: zugunsten betrieblicher Ausbildung zurückfahren! Erzählen Sie nicht …!)


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Kollegen und Kolleginnen! Lassen Sie mich nur auf einen Betrieb eingehen: Jugend am Werk in Wien, wo zurzeit zirka 1 500 junge Menschen ausgebildet werden. Dort gibt es eine Top-Ausbildung. 90 Prozent der Lehrlinge absolvieren dort die Lehrab­schlussprüfung positiv, und die eindeutige Mehrheit wird nach dieser Ausbildung auch vermittelt. (Zwischenruf des Abg. Neubauer.) Das sind Ausbildungsmaßnahmen, zu denen wir nur sagen können: Das ist in Ordnung, das ist wichtig und das ist richtig. Und ich hoffe, dass diese Maßnahmen auch in Zukunft existieren.

Wenn manche hier meinen, es gibt zu wenig Attraktivität im Bereich der Lehre: Das ist richtig. Ich sage: Es sind vor allem die Betriebe gefordert, attraktive Arbeitsplätze für junge Menschen, attraktive Lehrplätze anzubieten. Warum gibt es die Situation, dass sich bei der Voest in Linz nicht 150 oder 200 Jugendliche pro Jahr bewerben, sondern jedes Jahr 500, 600, 700 und 800 Jugendliche? Warum ist es auch so bei MAN in Steyr, bei BMW in Steyr, bei den ÖBB? Hunderte Menschen haben vor, dort einen Lehrplatz zu bekommen und eine Ausbildung zu absolvieren.

Warum gibt es Branchen und Regionen in Österreich, wo das nicht der Fall ist? Wenn man sich den Bericht und vor allem manche Studien und Untersuchungen an­sieht, dann weiß man, warum dies der Fall ist: Weil die Bedingungen in diesen Betrie­ben relativ problematisch sind, indem junge Menschen nicht die Ausbildung erfahren, wie das Gesetz dies vorschreibt, indem junge Menschen gezwungen werden, Über­stun­den in einem Ausmaß zu tätigen, das alles andere als menschlich ist, und sehr oft werden diese Überstunden auch nicht bezahlt und so weiter. Allein aus dem Bericht der Arbeitsinspektion könnte ich Ihnen jetzt vieles darüber berichten, zu welchen Vorfällen es meist in diesen Unternehmen kommt, und das ist der Grund dafür, dass es Schwierigkeiten gibt. Daher, denke ich, brauchen wir mehr attraktive Betriebe, denn diese Betriebe haben auch keine Probleme, in Zukunft Lehrlinge zu bekommen.

Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, ich möchte noch auf einen Bereich eingehen, der mir in diesem Bericht wichtig erscheint, nämlich das Thema der Lehrabbrüche. Das ist auch ein Thema, das man sich in Zukunft sehr genau ansehen muss – es gibt unter den Branchen große Unterschiede. Wenn man sich die Banken, die Versicherungen und vor allem die Industrie ansieht, so weiß man, dass hier eine Abbruchquote von nur 2 bis 5 Prozent existiert. Schaut man sich aber den Bereich des Tourismus und der Freizeitwirtschaft an, so beträgt die Abbruchquote dort fast 25 Prozent. Das heißt, unter den Branchen gibt es doch enorm große Unterschiede.

Wenn man den Lehrlingsmonitor der Österreichischen Gewerkschaftsjugend liest – wofür immerhin 6 500 Jugendliche quer über alle Branchen befragt worden sind –, dann stellt man auch hier fest, dass vor allem die Jugendlichen aus diesen Branchen angeben, dass die Bedingungen in diesen Unternehmungen leider sehr schlecht sind.

Meine Überlegung und meine Forderung dahin gehend: Ich glaube, es wäre in Zukunft auch sinnvoll, diesen Bericht zu erweitern, ihn vor allem mit dem Lehrlingsmonitor der Österreichischen Gewerkschaftsjugend zu ergänzen. Er wird halt dann um 20, 25 Seiten länger, aber es ist wichtig, denn ich denke, es ist entscheidend, dass die betroffenen Jugendlichen, die betroffenen Lehrlinge in diesem Bericht auch zu Wort kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.43


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


14.43.45

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler Mitterlehner! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einen Bereich der Jugend-


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beschäftigung und Lehrlingsausbildung ansprechen, der vielleicht vielen meiner Vorredner noch etwas unbekannt ist, vielleicht etwas fremd ist, aber daher ist er mir umso wichtiger.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir befinden uns mitten im Zeitalter der Digitalisie­rung, bereits alle Gesellschaftsschichten und natürlich auch die unterschiedlichsten Berufs­branchen sind davon betroffen. Das bedeutet, dass bisher bekannte Berufe in den kom­menden Jahren verschwinden werden, dafür werden neue Berufsgruppen entstehen. Darauf müssen wir natürlich auch in der Ausbildung und in der Jugend­beschäftigung reagieren, denn die digitale Welt muss bereits in der Ausbildung ihren Platz finden.

Österreichische Start-ups wie zum Beispiel runtastic, Shpock, Kiweno, aber auch NUMBER26 haben uns bereits eindrucksvoll bewiesen, wie schnell sich der Bereich der Arbeit verändern kann und neue Berufsbilder entstehen. Sie haben uns aber auch gezeigt, dass vor allem junge Menschen immer häufiger den Schritt in die Selbstän­dig­keit gehen und Start-ups gründen und auch sehr junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rekrutieren. Das stellt uns im Bereich der Jugendbeschäftigung aber natürlich auch vor neue Herausforderungen.

Ich möchte nur in Stichworten die einzelnen Themenbereiche aufzählen, in denen wir vonseiten der Politik die Rahmenbedingungen ändern oder anpassen müssen bezie­hungsweise auch Lösungsmöglichkeiten brauchen. Es braucht ganz sicher neue Mitar­beiterbeteiligungsmodelle. Die Start-ups sind aber auch ein Risikobereich, und deshalb muss das Scheitern von der Politik diskutiert werden und die soziale Absicherung. Wir brauchen ein Privatinsolvenzrecht, das eine zweite Chance eröffnet. Im Bereich Finan­zierung – öffentlich und privat – braucht es neue Anreizmodelle; die Begleitung von Start-ups von der Gründungsphase in die Expansionsphase, eben auch für junge Menschen. Stichwort Fachkräftemangel: Ausbildung, Weiterbildung, AMS-Initiativen, auch hier braucht es neue Ansätze. Bei Firmengründungen müssen die Prozesse vereinfacht und die Kosten reduziert werden, nicht zu vergessen auch die Bürokratie­probleme mit der öffentlichen Hand, die Gewerbeordnung, die Rechtsgebühren. Und wir müssen natürlich auch vermehrt Frauen dafür begeistern, sich selbständig zu machen und Unternehmen zu gründen. Das sind nur einige Punkte, die wir – ganz sicher auch gemeinsam mit den Start-ups – angehen müssen.

Ich sage hier auch ganz offen, dass natürlich auch aufseiten der Start-ups akzeptiert werden wird müssen, dass wir nicht alles so anpassen können, wie sie sich das vor­stellen. Aber auch das werden wir ihnen dann offen, ehrlich und transparent kommuni­zieren. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kassegger. – Bitte.

 


14.46.42

Abgeordneter MMMag. Dr. Axel Kassegger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Ich melde mich zu diesem Thema jetzt noch einmal zu Wort, weil das, was Kollege Schopf da zum Besten gegeben hat, nicht unwidersprochen stehen gelassen werden kann. Ihre Behauptung, dass wir als Freiheitliche sozusagen die überbetrieb­lichen Lehrlingsausbildungsstätten schließen wollen und dadurch 11 000 Lehrlinge auf der Straße stehen, ist einfach falsch, verursacht eine Panik bei den Lehrlingen und entspricht nicht unserem Standpunkt. (Zwischenruf des Abg. Schopf.)

Und wenn Sie uns schon mangelnde Gesprächskultur vorwerfen, dann muss ich Ihnen sagen, das ist jetzt auch keine großartige Gesprächskultur Ihrerseits. Das muss ich wirklich feststellen. (Beifall bei der FPÖ.)


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Die Wahrheit ist eine andere, nämlich dass die Politik der SPÖ in den letzten Jahrzehnten Rahmenbedingungen geschaffen hat, mit denen wir jetzt umgehen müssen, insbesondere im Lehrlingsbereich, und zwar Rahmenbedingungen derge­stalt – es ist schon angesprochen worden –, dass 25 Prozent der Schüler oder Schul­abgänger nicht ordentlich lesen, nicht ordentlich schreiben und nicht ordentlich rechnen können. Das liegt in Ihrer Verantwortung. Und natürlich hat das eine Auswirkung auf die Lehrlingssituation. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

Der zweite Punkt: Sie haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten auch Rahmenbedingungen geschaffen, durch die es für die Betriebe einfach nicht mehr attraktiv genug gemacht wird, Lehrlinge aufzunehmen. Nur ein einfaches Rechen­beispiel zu Ihren 11 000 Jugendlichen, die jetzt da vermeintlich auf der Straße stehen – ich stelle noch einmal fest, das ist eine Falschbehauptung –: Wenn wir uns nur die Zahl der Lehrlingsbetriebe anschauen, also der Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, so ist diese von 40 000 auf ungefähr 29 000 gesunken. Wenn es uns gelungen wäre, diese 40 000 zu erhalten und jeder Betrieb nur einen einzigen Lehrling aufgenommen hätte, dann hätten wir das ganze Problem der überbetrieblichen Lehrlingsausbildung nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Das heißt, Sie lösen keine Probleme, Sie schaffen die Probleme, und dann doktern Sie um teures Geld herum. Um das klarzustellen: Wir reden von 180 Millionen, 200 Mil­lionen €! Das ist der Punkt. Also Sie schaffen die Probleme.

Wir wissen ja alle ganz genau, dass das ein spezifisches Problem – Kollege Haubner wird das bestätigen – insbesondere der Stadt Wien ist. Ich frage Sie: Wer ist in Wien seit gefühlten Jahrhunderten an der Macht? – Das sind doch nicht die Freiheitlichen, sondern das sind Sie! (Beifall bei der FPÖ.)

14.49


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


14.49.25

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Es gelingt den Freiheitlichen, ein Erfolgsmodell auf Kosten der Jugend schlechtzureden; auf Kosten der Jugend, für die der Berufseinstieg – so wie damals auch für uns, als wir in diesem Alter waren – ganz entscheidend ist. Der Berufseinstieg ist eine wesentliche Veränderung, und daher bin ich auch froh, dass hier in der Öffentlichkeit darüber diskutiert wird, unterschiedliche Standpunkte dargestellt werden und sich die Zuhörer und Zuseher ihre Meinung bilden können.

Für uns als Sozialdemokraten ist ganz entscheidend, dass wir für die Lehre, für das duale Ausbildungssystem immer weitere Verbesserungen erreichen. Teil der Verbes­serung ist als erster Schritt die Wertschätzung der Facharbeit, derer, die in die Lehre einsteigen, aber dann vor allem – zweitens – die Schritte, die gesetzt worden sind und die sich in der Praxis bewährt haben, nämlich Lehre und Matura.

Drittens die Fachhochschulen: Es gibt technische Fachhochschulen, da kommt ein Drittel der Studenten aus dem dualen System, aus dem Lehrlingsbereich.

Als Viertes darf ich erwähnen, dass es den internationalen Lehrlingsaustausch gibt, Auslandspraktika für Lehrlinge in verschiedenen Branchen und Sparten. Auch das stärkt die Lehrlinge, und sie sehen und erfahren im Ausland, dass die Ausbildung in unserem Land eine der besten ist.

Erwähnen muss man, darf man, soll man bei der Diskussion um den Berufseinstieg auch die hohe Zahl der Österreicherinnen und Österreicher, die bereits in diesem jungen Alter in ihren Berufen Medaillen, Goldmedaillen beim Berufsnachwuchs­wettbe-


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werb erringen. Da sind wir einsame Spitze, das soll uns stolz machen, und diese Erfolge müssen auch erwähnt werden. (Beifall der Abgeordneten Weninger und Preiner.)

Ein Punkt, den ich noch erwähnen muss, ist das Gewerberecht, das immer wieder angesprochen wird: ohne Ausbildung keine Facharbeit, ohne Facharbeit keine Wert­schöpfung, ohne Facharbeit kein Export. Hohe Exportleistungen fußen auf Ausbildung, und ohne gewerberechtliche Voraussetzungen gibt es das nicht. Daher bitte ich, das in der Diskussion auch zu bedenken. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Keck zu Wort. – Bitte.

 


14.52.21

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler Mitterlehner! Herr Kollege Kassegger, um deine Wien-Phobie vielleicht noch ein bisschen zu steigern (Abg. Kassegger: Das ist keine Phobie!): Die Gemeinde Wien ist der größte kommunale Lehrlingsausbildner österreichweit, wenn nicht sogar europaweit, und das sollte man auch berücksichtigen, bevor man sonst irgendetwas hier vorbringt. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Wöginger und Karl.)

Meine Damen und Herren, der Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung der Jahre 2014/2015 unterstreicht einmal mehr die hervorragende Arbeit, die in Österreich in diesem Bereich gemacht wird. Im EU-Vergleich stehen wir immer noch auf Platz zwei hinter Deutschland, was die niedrigsten Arbeitslosenzahlen bei den Jugendlichen betrifft.

Um dieses Level halten zu können, bedarf es aber auch der Unterstützung der Betriebe, die Lehrlinge ausbilden. Gerade im Bereich der Grundstoffindustrie – und da im Besonderen der Stahlindustrie – besteht die Gefahr, dass es in Zukunft keine Lehrlinge mehr gibt. Am Beispiel der voestalpine, die konzernweit 1 377 Lehrlinge ausbildet, zeichnet sich das ab.

Warum ist das so? – Durch stark angestiegene Billigimporte von Stahl aus China ist die gesamte österreichische und europäische Stahlindustrie massiv gefährdet. Europä­ischer oder österreichischer Stahl wird ja von gut bezahlten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern klima- und energieeffizient hergestellt, und chinesischer Stahl wird unter deutlich schlechteren Arbeits- und Umweltbedingungen hergestellt und noch dazu staatlich subventioniert. Die Volksrepublik China steht jetzt davor, den Status einer Marktwirtschaft durch die WTO zuerkannt zu bekommen. Das darf nicht sein, nicht bevor die Volksrepublik China die fünf EU-Kriterien objektiv erfüllt, da darf es keinen Automatismus geben; und die Europäische Union muss den Kampf gegen Dumping­importe verschärfen. Es braucht verkürzte Verfahren und Antidumpingzölle in ab­schreckender Höhe. Nur ein Beispiel, um zu sehen, wie da subventioniert wird: Eine Tonne in Österreich erzeugten Stahls kostet 350 €, eine Tonne in China erzeugten Stahls kostet inklusive EU-Strafzölle, inklusive Transport nach Österreich 220 €. (Zwischenruf des Abg. Höbart.)

Meine Damen und Herren, die Gewerkschaft Pro-Ge – die Produktionsge­werk­schaft – und die Gewerkschaft GPA – Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus und Papier – hat eine parlamentarische Bürgerinitiative gestartet: „Schutz der europäischen Stahlindustrie & Industriearbeitsplätze“. Ich werde heute und morgen diese Bürgerinitiative an alle Klubs versenden. Ich bitte euch, diese Arbeitsplätze in Österreich und auch die Lehrlingsausbildungsplätze, die dahinterstecken, mit dieser Bürgerinitiative zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Auer.)

14.54

14.54.01

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 133

Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie, den vorliegenden Bericht III-266 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit, dieser Antrag ist somit ange­nom­men.

14.55.204. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie über die Regierungs­vorlage (1115 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Vermessungsgesetz geändert wird (1173 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangen wir zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler. – Bitte.

 


14.55.40

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Steigerung von Effizienz und Parteifreundlichkeit sowie die Erhöhung der Rechtssicherheit sind Ziele der vorlie­gen­den Änderung des Vermessungsgesetzes. Eine Reihe von Verbesserungen betreffend Bürokratieabbau und Kostenersparnis für die Grundeigentümer wie auch für den Bund konnten erreicht werden; auf einige darf ich – in der verbleibenden Zeit bis 15 Uhr – noch kurz eingehen.

So soll es in Katastralgemeinden künftig möglich werden, die allgemeine Neuanlegung des Grenzkatasters auch nur in Teilen einer Katastralgemeinde durchzuführen. Bisher war es nur möglich, diese Neuanlegung für die gesamte Katastralgemeinde zu veran­lassen. Dies war vor allem im hochalpinen Bereich mit erheblichen Kosten für den Bund verbunden, und deshalb wurde diese oftmals nur zögerlich veranlasst. Vor allem für Gemeinden – und das freut mich als Tiroler besonders – in Seitentälern, in hochalpinen Gebieten bedeutet dies, dass nunmehr die Kataster für die wirtschaftlich interessanteren besiedelten Talregionen kostengünstig aktualisiert und modernisiert werden können.

Auch für Privatpersonen gibt es Änderungen bei der Festlegung von Grundstücken im Grenzkataster. Bisher war es bei Grenzstreitigkeiten nämlich so, dass der Antrag zurückgewiesen wurde, was natürlich für den Antragsteller, dessen Begehren abge­lehnt wurde, unbefriedigend war. Ebenso unbefriedigend war die Situation für den Nachbarn, dessen Einspruch auch abgelehnt wurde. Es wurde nämlich nicht ent­schieden und die Grenzstreitigkeit nicht geklärt. Dafür musste nämlich bislang ein eige­nes Verfahren beim Vermessungsamt beantragt werden, und das führte unweigerlich zu nicht unerheblichen Mehrkosten.

Dieses Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren, konnte nun einer Lösung zugeführt werden. Mit der neuen Regelung wird nunmehr die Möglichkeit geschaffen, beide Parteien zu einer Grenzverhandlung zu laden. Wenn kein Ergebnis erzielt werden kann, so wird der endgültige Grenzverlauf durch die Gerichte entschieden.

Verfahren werden auch dadurch beschleunigt, dass die Vermessungsergebnisse des Planverfassers nun künftig direkt übernommen werden. Diese Regelung bringt für beide Seiten schnellere Rechtssicherheit und letztendlich Klarheit im Grenzkataster.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 134

Auch die Transparenz – jetzt bin ich auch schon bei meinem letzten Punkt – wird erhöht: So soll es in Zukunft möglich sein, Grundstückteilungspläne einzusehen. Bisher war dies nur für Behörden und Vermessungsbefugte einsehbar, nun haben auch die Grundstückseigentümer die Möglichkeit, diese Pläne einzusehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie sehen, die Neuregelung bringt für Grundstücks­eigentümer einen Bürokratieabbau und mehr Rechtssicherheit, gleichzeitig wird auch die Transparenz erhöht. Zudem werden die Verfahren schneller und damit kosten­günstiger abgewickelt. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zur vorliegenden Novelle. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.58


Präsident Karlheinz Kopf: Da um 15 Uhr die Behandlung eines Dringlichen Antrages stattfinden soll, frage ich Herrn Abgeordneten Matznetter: Wollen Sie mit der Rede noch beginnen? Ich müsste Sie aber unterbrechen. (Abg. Matznetter: Habe ich noch zwei Minuten?) – Sie haben noch eine Minute. (Abg. Matznetter: Nein, dann nach­her!) – Das habe ich mir fast gedacht.

Dann unterbreche ich jetzt für eine Minute, um dann den Dringlichen Antrag aufzu­rufen, wie es die Geschäftsordnung vorsieht.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufge­nom­men.)

*****

 


Präsidentin Doris Bures (den Vorsitz übernehmend): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

15.00.48Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Matthias Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend neuer Stil durch transparente, professionelle und objektive Stellenbesetzung hin­sichtlich der Wahl des/der ORF-Generaldirektors/in sowie der Ernennung von Minister_innen und Verfassungsrichter_innen (1731/A)(E)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Antrages 1731/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Vor einer Woche fand auf Initiative der Oppositionsparteien erstmals ein öffentliches Hearing zur Stellenbesetzung der Nachfolge des Rechnungshof-Präsident_in statt. Die Bereitschaft der Regierung bzw. Regierungsparteien, hier für mehr Transparenz zu sorgen, konnte erst durch die Ankündigung erreicht werden, allenfalls seitens der Oppositionsparteien in Eigenregie Hearings mit den nominierten Kandidat_innen zu


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 135

organisieren. Dies führte nach Diskussionen in der Präsidiale schlussendlich zur Premiere eines offiziell vom Parlament organisierten Hearings.

Acht Kandidatinnen und Kandidaten stellten sich dem Hearing, das für die interessierte Öffentlichkeit und Medienvertreter_innen zugänglich war. Auf Basis von Anhörung und Fragerunden durch die Ausschussmitglieder konnten sich die Zuhörer_innen ein Bild über die kandidierenden Personen und ihre Konzepte für die Führung des Rechnungs­hofes machen. Was dann folgte, nannte die Tageszeitung "Der Standard" eine "demo­kratiepolitische Farce". Denn nicht der/die beste Kandidat_in wurde schließlich gewählt, sondern jene Person, auf die man sich nach Koalitionsstreit und aus Macht­erhaltungskalkül schlussendlich einigen konnte.

Zahlreiche Abgeordnete im Hauptausschuss entschieden nicht nach bestem Wissen und Gewissen für die bestqualifizierte Person, sondern entlang von „Klubzwang“ und aus rein parteitaktischem Kalkül. Aus Sicht von Expert_innen, Journalist_innen und – hört man die Aussagen hinter vorgehaltener Hand – der Mehrheit der wahlberechtigen Abgeordneten im Hauptausschuss, war die gewählte Kandidatin nicht die in der Sache bestgeeignete aus der Runde jener Personen, die zur Wahl standen. „Die Presse“ interpretierte die Wahl der Rechnungshofpräsidentin wie folgt: „Also nicht von der Kom­petenz der Personen wurde die Sache entschieden, sondern von ganz anderen Motiven.“ Den Schaden der fragwürdigen Personalentscheidung trägt die gesamte Republik, ist der Rechungshof doch ihr wichtigstes Kontrollorgan.

Abgeordnete mehrerer Parteien waren bereit, den Rechnungshof zu schwächen, um parteitaktischen Erwägungen den Vorzug zu geben. Die Öffentlichkeit registriert dies mit Empörung. „Rechnungshof: Packelei statt Erneuerung“, titelt der Standard. „Hol­prige Bestellung der neuen Rechnungshofpräsidentin“, resümiert die ZiB2 im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Einigkeit besteht darüber, dass es sich bei dem beobachteten Geschehen und den getroffenen Entscheidungen um althergebrachte und problema­tische Handlungsmuster alteingesessener Parteien handelt, die Österreich hinter sich lassen sollte. „Das nennt sich dann, äh, „New Deal“?“ fragt der Kurier zu Recht.

Nun könnte man die Meinung vertreten, dass öffentliche Hearings für Spitzenpo­sitio­nen der Republik also kein demokratiepolitischer Fortschritt wären, da offensichtlich die Abstimmungslogiken in alteingesessenen Parteien doch wieder jenseits evidenzbasier­ter Perspektiven passieren. Dagegen ist einzuwenden, dass ein öffentliches Hearing ein „Instrument“ darstellt. Die Frage über die Nutzung des Instruments obliegt den Anwender_innen. Jedes Instrument kann durch zweifelhaften Einsatz gleichsam per­ver­tiert werden. Das gilt für den Hammer, das Küchenmesser und auch für öffentliche Hearings. Schlussendlich ist es eine Frage der demokratiepolitischen Reife, der intellektuellen Redlichkeit und der politischen Haltung der involvierten Abgeordneten und Parteien, einen verantwortungsbewussten Einsatz des Instrumentes „öffentliches Hearing“ zu gewährleisten. Es geht hier um Transparenz, um die Glaubwürdigkeit der Politik und um die Fairness und Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungen.

Neue Chance für den „Neuen Stil“

„Wir müssen dieses Schauspiel der Machtversessenheit und Zukunftsvergessenheit beenden“, forderte Christian Kern in seiner ersten Erklärung als Bundeskanzler. Die eben skizzierte Bestellung der neuen Rechnungshofpräsidentin konterkariert dieses Versprechen bereits wenige Tage nachdem es gegeben wurde. Demnächst, Anfang August, wartet allerdings eine weitere Chance, den ausgerufenen „Neuen Stil“ der Bundesregierung – für die Öffentlichkeit nachvollziehbar – in die Tat umzusetzen: Am


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9. August wird der/die Generaldirektor_in des ORF durch die Mitglieder des Stiftungs­rates gewählt.

Die Leitung des größten österreichischen Medienunternehmens hat hohe Relevanz und Strahlkraft: Der ORF ist mit fast einer Milliarde Euro Umsatz ein dominanter Player am Medienmarkt. Er erhält rund 600 Millionen Euro aus Rundfunkgebühren und ist damit auf breiter Basis öffentlich finanziert. Der ORF gehört gleichsam den Gebühren­zahler_innen. Und er ist aus demokratiepolitischer Sicht bedeutend: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wurde geschaffen, um als objektive Quelle der Information und politischen Meinungsbildung den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes zur Verfü­gung zu stehen. Leider ist der ORF bis dato nicht mit der notwendigen strukturellen Unabhängigkeit ausgerüstet, um ausreichend immun gegenüber parteipolitischer Einfluss­nahme zu sein. Denn die Parteien – stark überrepräsentiert die Regierungs­fraktionen – sind über sogenannte „Freundeskreise“ im ORF-Stiftungsrat organisiert. Dieser wählt alle fünf Jahre eine_n Generaldirektor_in, der/die sich entsprechende Mehrheiten vor der Wahl organisieren muss. Somit sind die Parteien, abhängig von ihrer Größe, ein zentraler Bestandteil in der personellen und in weiterer Folge inhalt­lichen Ausgestaltung des ORF. Auch die ORF-Mitarbeiter_innen sehen diese Konstel­lation als problematisch an: Der ORF-Redakteursrat fordert seit längerem eine Teil­habe am Stiftungsrat durch Personen mit Fach-Qualifikation, die keinem der „Freun­des­kreise“ angehören.

Ent(partei)politisierung des ORF

Die grundsätzliche Forderung der Ent(partei)politisierung des ORF stellt NEOS schon seit Beginn der Bewegung. Eine nachhaltige Lösung führt dabei nur über die Neu­ordnung der ORF-Gremien. Um parteipolitische Unabhängigkeit abzusichern, müssen die bestehenden Gremien in Anlehnung an das Aktiengesetz neu geordnet werden. Der Stiftungsrat muss aus seiner Doppelrolle als Eigentümervertreter und Aufsichtsrat befreit werden: Eine gesellschaftlich breit besetzte Stifterversammlung übernimmt die Funktion einer Hauptversammlung und wählt die Mitglieder eines neu geschaffenen Aufsichtsrates. Dieser würde dann den Vorstand des ORF und somit über dessen Grundsatzentscheidungen bestimmen.

Um die Ent(partei)politisierung des ORF ins Leben zu bringen, bedarf es einer umfassenden Umgestaltung des ORF-Gesetzes. Einen detaillierten Vorschlag dazu hat NEOS unterbreitet und ist online abrufbar. Diese ORF-Reform ist längst ausständig, kurzfristig leider nicht zu erreichen, sollte aber – dringend und wichtig – noch in dieser Legislaturperiode angegangen werden. Ein Zwischenschritt in Richtung Ent(partei)poli­tisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss jedoch über die transparente, objektive und professionelle Bestellung des/der ORF-Generaldirektors/in gemacht wer­den. Dieser Schritt ist möglich, kurzfristig machbar und aus Gründen demokratiepoli­tischer Hygiene notwendig.

Die beste Unternehmensstrategie live auf ORF III

Der ORF ist ein Milliarden-Unternehmen, weitestgehend öffentlich finanziert und nimmt im Medienbereich eine marktdominante Stellung ein. Es mutet grotesk an, dass die öffentliche und nicht-öffentliche Auseinandersetzung anlässlich der Bestellung einer neuen Unternehmensspitze vor allem darin besteht, Köpfe im Stiftungsrat zu zählen. Was in Verantwortung gegenüber dem Unternehmen, seinen Mitarbeiter_innen und auch gegenüber den Gebührenzahler_innen notwendig wäre, ist eine breite, sach­orientierte Diskussion über die möglichen Zukunftsstrategien des Unternehmens. Die


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Medienbranche befindet sich in einem gewaltigen Umbruch und auch der ORF steht gleichsam vor einer Zeitenwende.

Die öffentliche Präsentation und Diskussion alternativer Unternehmensstrategien ist das Gebot der Stunde. Der ORF, wie alle Medienhäuser, steht vor großen Heraus­for­derungen: Digitalisierung und Internationalisierung bringen gewaltige Veränderun­gen. Hier müssen Visionen, Ziele und Strategien entwickelt und entschieden werden. Es braucht einen proaktiven Umgang mit dem laufenden Paradigmenwechsel. Die künftige Unternehmensstrategie wird für die Zukunft des ORF erfolgskritisch sein. Und sie wird auch darüber entscheiden, was die Bürgerinnen und Bürger vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk geboten bekommen. Daher muss jene Person als Generaldirektor_in bestellt werden, welche die überzeugendsten Vision, Ziele und Strategien für das Unterneh­men mitbringt.

Die Kandidat_innen für die Generaldirektion sollen daher ihre Pläne für das Unter­nehmen vor den Mitgliedern des Stiftungsrates präsentieren. Die interessierte Öffent­lich­keit sowie Medienvertreter_innen sollen dabei teilnehmen können. Den Mitgliedern des Publikumsrates soll zusätzlich ein limitiertes Fragerecht zugestanden werden. ORF III soll das Hearing live übertragen. Dieses Prozedere kann auf Grundlage einer kurzfristigen Gesetzesänderung oder – wie im Fall des Rechnungshof-Hearings – auf konsensualer, informeller Basis vorgenommen werden. Faktisch ist allein ausschlag­gebend, ob bei den zwei Regierungsparteien bzw. ihren Freundeskreisen im Stiftungs­rat der politische Wille für diese transparente Vorgehensweise gegeben ist oder nicht.

Hearings für Ministeramtsanwärter_innen und Verfassungsrichter_innen

Doch nicht nur für den ORF braucht es mehr Transparenz und Ent(partei)politisierung. Auch bei der Bestellung der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes benötigen wir einen transparenten Bestellungsmodus. Und wie die mitunter willkürlich wirkenden Ministerrochaden der letzten Monate belegen – auch bei der Bestellung von Bundes­minister_innen sollte eine sachbezogene, öffentliche Auseinandersetzung die Entschei­dungsgrundlage sein, um die Glaubwürdigkeit der höchsten Organe und Institutionen der Republik zu stärken.

So gibt es etwa bei den Richtern des Verfassungsgerichtshofes kein gesetzlich vorge­schriebenes Hearing. Dabei werden die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Verfas­sungs­gerichtshofes vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung, des Nationalrates und des Bundesrates ernannt, wobei die zwei Kammern des Parlaments je drei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder (Nationalrat), respektive ein Ersatzmitglied (Bundesrat), vorschlagen. Die Bundesregierung erstellt Vorschläge für den Präsiden­ten, den Vizepräsidenten, sechs Mitglieder und drei Ersatzmitglieder. Dieses Proze­dere mit öffentlichen Hearings für diese wichtigen Positionen zu kombinieren, wäre die logische Konsequenz eines „neuen Stils“ bei der Stellenbesetzung. Immerhin geht es um die bedeutendsten juristischen Schlüsselpositionen der Republik.

In Bezug auf die Ernennung von Bundesminister_innen sollte es ein öffentliches Hearing zur umfassenden Prüfung der Eignung der potentiellen Anwärter_innen geben. Als Vorbild dafür sollen die Hearings für Kommissionskandidat_innen der Europäi­schen Union dienen. Die Anwärter_innen sollen in einem öffentlichen Rahmen ihr fachliches Wissen und ihre persönliche Eignung unter Beweis stellen.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die das Bundesgesetz über den Öster­reichischen Rundfunk (ORF-Gesetz) dahingehend abändert, dass eine transparente, professionelle und objektive Stellenbesetzung hinsichtlich der Position des/der ORF-Generaldirektor_in ermöglicht wird.

Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvor­lage vorzulegen, die ein Hearing vor der Ernennung von Bundesminister_innen und Verfassungsrichter_innen vorsieht.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs.1 iVm § 93 Abs.2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantrag­steller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Ich erteile Herrn Klubobmann Dr. Strolz als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Seine Redezeit darf 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


15.01.13

Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wir haben den Herrn Bundeskanzler ins Parlament zu einer Debatte für die nächsten drei Stunden zum Thema „neuer Stil“ eingeladen.

„Wir müssen dieses Schauspiel der Machtversessenheit und Zukunftsvergessenheit beenden.“ – Das hat der Bundeskanzler vor circa einem Monat hier in diesem Haus gesagt, und er hat dafür viel Zustimmung bekommen, aus allen Ecken und Enden der Republik, aus verschiedensten Parteien.

Herr Bundeskanzler! Es gab hier sehr viel Vorschusslorbeeren und Begeisterung. Wir NEOS sind vor drei Jahren angetreten mit dem Dreiklang: neue Köpfe, neuer Stil, neue Politik, und wir haben von Beginn an auch sehr viel Sympathie für Ihre Ansagen gehabt. Deswegen sind wir auch kritische Begleiter, wenn es darum geht, diese An­sagen auch mit Leben zu erfüllen.

Natürlich komme ich nicht umhin, eine große Enttäuschung hier auszuschildern, die ich letzte Woche im Rahmen der Wahl zum neuen Rechnungshofpräsidenten beziehungs­weise zur neuen Rechnungshofpräsidentin erlebt habe. Herr Bundeskanzler, das war nicht neuer Stil, sondern das war ein altes, ich möchte sagen, ein elendes Spiel, das hier gespielt wurde. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Team Stronach.)

Ich denke, darüber müssen wir uns unterhalten. Und warum ist das heute dringlich? – Weil es immer eine zweite Chance gibt. Wenn Sie vom „neuen Stil“ sprechen und wenn Ihr Versprechen nach wie vor aufrecht ist, dann gibt es – und deswegen dring­lich – die nächste große Chance, den „neuen Stil“ wirklich mit Leben zu erfüllen, nämlich am 9. August und im Vorfeld dieses 9. August 2016.

Was, geschätzte Bürgerinnen und Bürger, geschieht am 9. August? – Wir werden sehen. Die Frage ist: Passiert da wieder ein altes Spiel, ein abgekartetes Spiel? Werden wir dort wieder Zeugen sein von einer Packelei, oder wird hier Transparenz ein


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Motto der Zukunftsgestaltung sein? Am 9. August wird der Inhaber der nächsten Spitzenposition bestellt, nämlich die ORF-Spitze, und die Frage ist: Wie, Herr Bun­deskanzler, gedenken Sie sich dieser Bestellung zu widmen?

Nun hat uns der ORF-… – nicht der ORF-, aber man verwechselt es ja ab und zu –, der ÖVP-Generalsekretär schon medial ausgerichtet, wir sollen uns doch bitte als Oppositionsfraktion nicht in den Wahlmodus des unabhängigen Stiftungsrates einmischen. (Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Zanger: Super!) – Da kommt ein Lächeln aus den Reihen der Opposition. Mehr kann man dazu auch nicht sagen.

Ich finde das so was von dreist, dass uns die Regierungsparteien per medialer Aus­sendung ausrichten, wir mögen uns nicht in den Wahlmodus des unabhängigen Stiftungsrates einmischen. Also wenn Sie von den Regierungsparteien die Diskussion heute in dieses Eck bringen wollen, dann sage ich Ihnen: Machen Sie das lieber nicht!, denn die Einzigen, die an diese Geschichte noch glauben, sind Sie! Und nicht einmal Sie! Wenn Sie die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nach dieser Schmähung Rechnungshofpräsidentenbestellung bei der Bestellung im ORF noch einmal für so dumm verkaufen wollten, dann würden Sie sich keinen guten Dienst tun, weil das, was beim Rechnungshof passiert ist, wirklich eine Ohrfeige ins Gesicht des mündigen Bürgers, der mündigen Bürgerin in diesem Land war.

Jetzt werden manche sagen: Ja, wir haben ohnehin ein offenes Hearing, ein öffent­liches Hearing gemacht, ist eh alles okay! Und andere werden sagen: Vergesst das Hearing beim ORF, denn es hat beim Rechnungshof auch nichts genützt! – Und beide liegen falsch. Warum? – Das öffentliche Hearing wäre nicht in die Welt gekommen – das noch kurz zur Genese –, hätte nicht die Opposition gesagt: Wir wollen Trans­parenz! Wir wollen nicht Packelei hinter verschlossenen Türen, in Hinterzimmern. Es ist das wichtigste Kontrollorgan der Republik, wir wollen, dass dieses Amt transparent bestellt wird.

Dann kam Skepsis. ÖVP und SPÖ wollten das in der Präsidiale auf die lange Bank schieben. Das geht dann so, dass man sagt: Ja, wir haben grundsätzlich Sympathie dafür und glauben, dass das die Menschen interessieren könnte, aber schauen wir einmal, dann sehen wir schon! Und wir haben gesagt: Nein, wir schauen nicht, wir sehen nicht, sondern entweder machen wir ein öffentliches Hearing oder wir werden als Oppositionsparteien das selbst organisieren, und jene Kandidatinnen und Kandi­daten, die dann nicht kommen, werden nicht gut ausschauen! – Das haben SPÖ und ÖVP verstanden und haben gesagt: Flucht nach vorn, machen wir ein öffentliches Hearing!

Jetzt kommen manche und sagen: Lassen wir das mit dem öffentlichen Hearing, das hat sich nicht bewährt beim Rechnungshof! Denen sei ins Stammbuch geschrieben: Ein öffentliches Hearing ist ein Instrument, und wie bei allen Instrumenten ist es die Frage der Anwendung. Ich kann jedes Instrument pervertieren, indem ich es verant­wortungslos nutze. Das kann ich so machen beim Hammer, indem ich den Hammer nutze, nicht um Nägel einzuschlagen, sondern um dem Nachbarn aufs Schienbein zu klopfen. Das kann ich so machen beim Küchenmesser, indem ich sage, ich nehme es nicht zum Brotaufschneiden, sondern habe da etwas mit meinem Lebensgefährten oder mit meiner Lebensgefährtin vor. (Abg. Wöginger: Na, na!) Und ich kann natürlich auch das Instrument des öffentlichen Hearings pervertieren. Ich kann es völlig entge­gen der Intention einsetzen. Und, Herr Rädler, die ÖVP hat das auch schon gemacht: Sie haben das Instrument des öffentlichen Hearings pervertiert, und das ist die Ohrfeige für den Bürger. Sie haben es pervertiert! (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Fekter.)


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Jetzt sagen manche, wie die Frau Fekter es herausruft: Aber die Mehrheit entscheidet, und wir sollen das akzeptieren. – Nein, ich akzeptiere es deswegen nicht, ich akzep­tiere das Ergebnis, aber … (Weiterer Zwischenruf der Abg. Fekter.) Ich akzeptiere es deswegen nicht, weil sämtliche Beobachterinnen und Beobachter bei der Kür des Rechnungshofpräsidenten am Ende des Tages, nach mehr als acht Stunden Hearing, einen einhelligen Eindruck hatten, alle Journalistinnen und Journalisten, alle Abgeord­neten, die involviert waren, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, einen einhelligen Eindruck … (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das stimmt nicht! Das stimmt überhaupt nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Unter vorgehaltener Hand wurde einem gesagt, auch von ÖVP-Abgeordneten: Dieses Hearing war so … (Weiterer Zwischenruf der Abg. Fekter.) Ein Journalist hat zu mir gesagt: Der Herr Steger war eine Kategorie für sich.

Ja, Frau Fekter, jetzt können Sie hereinrufen, warum es anders ist, aber … (Abg. Gahr: … eine Show abziehen! Das ist Selbstdarstellung, Herr Kollege! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Zanger und Loacker.) Diese ÖVP hat nicht einmal ein schlechtes Gewissen, sondern Sie versuchen das heute noch als eine Tat intellek­tueller Redlichkeit zu verpacken. Und dabei haben Sie die Bürger verschaukelt von vorne bis hinten. Das ist nicht okay! Das ist nicht okay! Sie verkaufen die Bürger für dumm. (Beifall bei NEOS und Grünen. – Zwischenruf der Abg. Fekter.)

Frau Fekter, wenn Sie es genau wissen wollen – der Herr Lopatka, der Strippenzieher, ist ja heute leider nicht da, sonst müsste ich ihm etwas ausrichten –, Frau Fekter, wenn Sie es mir nicht glauben, dann darf ich zitieren, und zwar aus der „Presse“, einer angesehenen Tageszeitung, die schreibt: „Also nicht von der Kompetenz der Personen wurde die Sache entschieden, sondern von ganz anderen Motiven“. – Das schreibt „Die Presse“. (Abg. Fekter: Sie sind gegen die Frauen! Die NEOS sind gegen die Frauen! Gegen die Frauen seid ihr! Ihr akzeptiert keine Frau für diesen Job!)

Frau Fekter, in Ihr Stammbuch, „Der Standard“ schreibt: „Rechnungshof: Packelei statt Erneuerung“. – Und Sie sitzen da und wollen das immer noch als intellektuelle Red­lichkeit verkaufen! Ich würde einfach sagen … (Weiterer Zwischenruf der Abg. Fekter.) – Hören Sie mir zu, Frau Fekter, Sie können nachher reden! Sie müssen nicht immer hereinrufen von der falschen Seite, sondern es möge sich diese Kurve beruhigen. Sie können nachher ans Rednerpult treten … (Abg. Fekter: Das ist die richtige Seite! – Heiterkeit. – Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Die dunkle Seite der Macht ist auf jeden Fall um die Frau Fekter geschart.

Zurück zur Dringlichkeit. – Was schlagen wir nun für den ORF vor?

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie sagen, ein öffentliches Hearing hat die Aufgabe … (Zwischenruf der Abg. Fekter.) Herr Bundeskanzler! Wenn Sie sagen, ein öffentliches Hearing hat die Aufgabe, dass wir mit großer … (Abg. Fekter: Bei gleicher Qualifi­kation …!) – Die Frau Fekter ruft permanent dazwischen! Ich habe schon einen Tinnitus auf diesem Ohr, Frau Fekter! Können Sie bitte eine Ruhe geben! Das ist ja unglaublich. (Beifall bei NEOS und Grünen. – Abg. Wöginger: Ich habe gar nicht gewusst, dass du nicht mehr aushältst! – Heiterkeit.)

Schauen Sie, das ist mangelnde Ernsthaftigkeit der ÖVP! Mangelnde intellektuelle Red­lichkeit, mangelnde Ehrlichkeit und eine mangelnde Ernsthaftigkeit! (Abg. Rasinger: Machtversessenheit!) – Das ist Machtbesoffenheit! (Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Doris Bures: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist so, dass Zwischenrufe ein gutes und richtiges parlamentarisches Instrument sind. Sie dürfen aber nicht dazu führen, dass der Redner seine Ausführungen hier am Rednerpult nicht mehr tätigen kann. Und ich ersuche auch, sich in der Ausdrucksweise zu mäßigen, und bitte, dass wir jetzt in diesem Sinne mit der Debatte fortfahren.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 141

Herr Abgeordneter Klubobmann Strolz, Sie sind wieder am Wort.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Matthias Strolz (fortsetzend): Danke schön, Frau Präsidentin!

Das Anliegen, das wir heute diskutieren wollen, ist eine transparente, professionelle, objektive Stellenbesetzung. ORF – nächste Chance. Der Vorschlag, den wir hier unterbreiten, ist, dass wir hier auch ein öffentliches Hearing für die Bestellung des ORF-Generals, der ORF-Generalin machen. Warum? – Weil natürlich auch der ORF wie vieles in dieser Republik vor einer Zeitenwende steht. Wir haben Digitalisierung. Wir haben Internationalisierung. Und es ist geradezu grotesk, wenn wir uns anlässlich der Bestellung des neuen Chefs, der neuen Chefin dieses riesigen Unternehmens, Milliardenunternehmens in der öffentlichen und in der nicht öffentlichen Auseinan­dersetzung nur darauf konzentrieren, Köpfe in Freundeskreisen zu zählen. Niemand diskutiert die alternativen Zukunftsstrategien für dieses so wichtige Unternehmen in Österreich.

Und das wollen wir NEOS ändern, weil wir glauben, wir müssen hier in eine ernsthafte Auseinandersetzung gehen – erstens für das Unternehmen selbst, zweitens für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Unternehmens und drittens natürlich auch für die Gebührenzahlerinnen und -zahler. Wir alle zahlen 600 Millionen € in den ORF. Der ORF-General ist unser erster Angestellter in diesem Unternehmen. Und deswegen sollte man da Transparenz walten lassen.

Und wenn Sie sagen, der Stiftungsrat ist völlig unabhängig, dann muss ich dem entgegenhalten, das stimmt einfach nicht, denn Sie alle wissen – und bitte hier auch keine bemühten Begründungen in andere Richtungen –, der Stiftungsrat ist natürlich dominiert von Freundeskreisen, vor allem von Freundeskreisen der ÖVP- und SPÖ-Fraktion. (Abg. Rädler: Haselsteiner!) – Ja, wir haben auch einen Vertreter drin. Das ist so. Und wir machen auch einen Vorschlag. Herr Haselsteiner ist angetreten mit dem Ansatz, und das würde Ihnen, Herr Rädler, auch guttun: Ich bin gekommen, um mich selbst in dieser Funktion abzuschaffen! Das wäre echt eine Erleichterung. (Beifall bei den NEOS.)

Unser Vorschlag liegt auf dem Tisch. Es geht darum, dass wir den ORF in seinen Gremien komplett umgestalten wollen, aber das wird in der Kürze nicht gehen. Deswegen haben wir für mehr Qualität und Sachbezogenheit zwei Optionen: Entweder machen wir auf die Schnelle eine Änderung des ORF-Gesetzes nur den Bereich öffentliches Hearing betreffend. Wenn Sie sagen, das wollen wir nicht, weil das zu kurzfristig ist, dann können wir es so machen wie beim Rechnungshof, dann können wir ein freiwilliges Hearing machen.

Wenn Sie, Herr Bundeskanzler, mir jetzt ausrichten werden – und das weiß ich, das kommt so sicher wie das Amen im Gebet –, ich bin dafür nicht zuständig, das ist der Stiftungsrat, und so weiter, dann sage ich Ihnen: Bitte uns nicht für naiv halten! Das Einzige, was uns an einem öffentlichen Hearing beim ORF-Thema hindert, ist der Wille von SPÖ und ÖVP. Wenn Sie beide es wollen respektive Ihre Freundeskreise, dann wird es geschehen. Wenn Sie es nicht wollen, wenn Sie sagen, nein, wir wollen das hinter verschlossenen Türen auspackeln, so wie beim Rechnungshof, dann wird es nicht geschehen.

Der Herr Wrabetz, übrigens der einzige Kandidat, der bisher auf dem Feld ist, hat heute schon nicht nur über die Medien, sondern auch mich persönlich wissen lassen, er findet, das ist eine gute Idee, er würde sich dem stellen. Und jetzt liegt die Entscheidung bei ÖVP und SPÖ, ob sie hier auch Transparenz wollen oder ob sie sagen: Nein, wir sind die Macht des Dunkeln und wir werden das weiter hinter verschlossenen Türen machen!


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Wie könnte man es abführen? – So ähnlich wie das Rechnungshof-Hearing, analog dazu: Der Stiftungsrat trifft sich informell zu einem Hearing. Es ist keine reguläre Sitzung. Es ist die Öffentlichkeit eingeladen, es sind Journalistinnen und Journalisten eingeladen, und ORF III überträgt live: die Auseinandersetzung, das Ringen um die beste Unternehmensstrategie für ein Milliardenunternehmen, das marktdominante Stellung hat, das uns allen gehört. Ich glaube, das wäre der richtige Zugang. Sie haben es in der Hand. Sie können es mit blumigen Begründungen heute ablehnen oder Sie können es machen. „Neuer Stil“ würde heißen: Tun! (Beifall bei den NEOS.)

Wenn Sie sagen, Sie haben tatsächlich vor, dieses Versprechen „neuer Stil“ über den ORF hinaus lustvoll in Umsetzung zu bringen, dann gilt das natürlich auch für Ministerbestellungen. Ich glaube, die Bevölkerung hat nicht verstanden, wie Ministerrochaden vonstattengehen und dass es Leute gibt, die grundsätzlich einmal für jedes … (Zwischenruf der Abg. Fekter.) – Frau Fekter ist schon wieder am Herein­keifen! (Abg. Schieder: Matthias, es war aber eh verständlich! – Ruf: Neuer Stil!) New Deal!

Frau Fekter! Es ist nicht immer nachvollziehbar, wie Minister bestellt und abgelöst werden. Und wir sind hier auch – Minister heißt in der Übersetzung „Diener des Volkes“ – in der Pflicht, dass wir das transparent und nachvollziehbar machen.

Jetzt werden manche sagen, ja, das muss man aber nicht dem Kanzler sagen, das muss man in der GO regeln oder sonst irgendwo. Auch hier sage ich: Entweder wollen wir es, dann machen wir es, oder wir wollen blumige Ausreden. Und Sie werden sicherlich mit blumigen Ausreden kommen, da bin ich mir sicher, weil Sie die Trans­parenz nicht wollen, weil Sie nicht in die Auseinandersetzung mit den Bürgern wollen, weil es in Österreich weiterhin nicht interessiert, was jemand kann, sondern: wer kennt mich und wen kenne ich. (Beifall bei den NEOS. – Zwischenruf des Abg. Rasinger.)

Es geht nicht darum, was kann ich, Herr Rasinger, sondern darum, wen kenne ich. Das ist der Bestellungsmodus dieser Regierung. Und das ist zu wenig! Das werden die Menschen in diesem Land nicht goutieren. Warum? – Weil in Österreich jede Prak­tikantin, jeder Praktikant, jeder Angestellte und jeder Manager ein Bewerbungs­ge­spräch führen müssen. Nur für die höchsten Positionen in der Republik gilt das nicht, da sagen wir: Ist nicht so wichtig, das regeln wir unter uns!

Das ist nicht okay, und deswegen wollen wir ein öffentliches Hearing auch für Minister. Wenn Sie sagen: Völlig ungewöhnlich!, dann schauen wir nach Brüssel: Kommissare, Kommissarinnen werden auch auf Basis eines Hearings bestellt. Die Regierungschefs können ohnehin einen Vorschlag machen. Wir vermessen dort die fachliche Eignung und die persönliche Eignung. Und damit könnte man auch manches an Fehl­besetzungen verhindern. Das ist ganz klar. (Abg. Rasinger: Wollt ihr alles nur mehr mit Hearing machen? – Abg. Strache: Ein Abgeordnetenhearing!)

Und dann gehe ich noch einen Schritt weiter, Herr Rasinger: Auch für den Verfas­sungs­gerichtshof gilt das. Die höchsten Positionen in der Justiz werden so bestellt, dass es für die Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar ist. Und wenn Sie jetzt sagen: Ja, das wollen wir auch so beibehalten, das ist nicht so wichtig!, dann wundern Sie sich aber bitte nicht, dass der Graben zwischen Politik und Bürgern immer weiter aufgeht! Entweder wollen Sie etwas für die Glaubwürdigkeit der Politik tun, oder Sie wollen weiter packeln, mauscheln, tarnen und täuschen. Wenn Sie das wollen nach der Marke Lopatka et al., dann müssen Sie so weitermachen. Dann brauchen Sie sich aber nicht zu wundern, dass die Menschen sagen: Mit dieser Politik will ich nichts mehr zu tun haben! Da brauchen wir uns nicht zu wundern. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Strache: Ein Klubobmann-Hearing vielleicht auch noch! – Abg. Rädler: Wer hat Sie aus dem Hut gezogen?)


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In diesem Sinne lade ich Sie ein, Herr Bundeskanzler, bei Ihrem Versprechen anzu­knüpfen: „Wir müssen dieses Schauspiel der Machtversessenheit und Zukunfts­verges­senheit beenden.“

Was ist passiert, nachdem der bestgeeignete Kandidat beim Rechnungshof nicht zum Zug gekommen ist? – Er hat gesagt: Ich werde den Rechnungshof verlassen und meinen Tätigkeitsschwerpunkt in Zukunft ins Ausland verlagern. – Das ist die Konse­quenz Ihrer ignoranten Politik: Sie vertreiben die besten Köpfe nicht nur aus den wichtigsten Institutionen, sondern auch aus diesem Land. Und wir sind an einem Punkt, wo wir uns das nicht leisten können. Das, Herr Bundeskanzler, ist Zukunftsver­gessenheit! Und gegen die wollten Sie antreten, diese wollten Sie nicht befördern. Deswegen baue ich auf Sie. Sie sind nach dem Herrn Finanzminister der zweitbeste NEOS in dieser Bundesregierung. Enttäuschen Sie uns nicht! (Beifall bei den NEOS. – Heiterkeit bei der ÖVP.)

15.19


Präsidentin Doris Bures: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­kanzler Mag. Christian Kern zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.20.02

Bundeskanzler Mag. Christian Kern: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geschätzte Damen und Herren, auch auf der Galerie! Sehr geehrter Herr Strolz, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört und bin natürlich bereit, hier auch wirklich eine ernsthafte Diskussion zu führen. – Ob das jetzt zum Schluss ein Lob war, darüber werde ich noch ein bisschen sinnieren, aber das soll unserer guten Gesprächsbasis keinen Abbruch tun.

Sie haben ein paar Punkte angesprochen, aber lassen Sie mich nur noch zwei Silben zu dem Rechnungshof-Thema sagen: Die Worte, die da gefallen sind, wie „demokra­tiepolitische Farce“, die waren ja sozusagen ein bisschen die Kritik, die auch Sie geübt haben und die dann in den Zeitungen übernommen wurde.

Ich sehe das in dem Fall nicht so, denn, wie Sie wissen, gab es einen Kandidaten, für den sich die sozialdemokratische Fraktion ausgesprochen hat, der auch ihres Erach­tens der beste Kandidat war, der aber keine Mehrheit gefunden hat. (Zwischenruf des Abg. Vavrik.) Am Ende des Tages besteht Demokratie auch darin, Mehrheiten für Kandidaten zu suchen, und ich meine, wir haben mit Frau Kraker eine gute Wahl getroffen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Belakowitsch-Jenewein: … nicht einmal vorgeschlagen! – Abg. Hafenecker: Das ist der „New Deal“: Die SPÖ hat ihren eige­nen Kandidaten nicht einmal vorgeschlagen! – Zwischenruf des Abg. Höbart.)

Lassen Sie mich aber diesen Punkt abhaken und gehen wir, wie Sie richtig gesagt haben, auf das ein, was vor uns liegt. Ich glaube, da muss man ein paar Dinge relativieren, und Sie werden sehen, ich werde Ihnen in vielen Punkten recht geben, weil ich glaube, dass Sie da viele richtige Denkansätze verfolgen, die ich auch unterstützen kann.

Aber zunächst einmal muss man schon Folgendes sehen: Sie haben in der Begründung Ihres Antrags – und ich habe diese aufmerksam gelesen – gemeint, Sie suchen den besten Mann für Visionen, Strategien, Zukunftskonzepte. Was man nicht außer Acht lassen darf, ist, dass es beim ORF um eine Unternehmung mit Milliar­denumsatz geht, die zugegebenermaßen natürlich auch eine demokratiepolitische Bedeutung hat. Meine feste Überzeugung ist, dass man für solch eine Institution eine Führungskraft suchen muss, die nicht nur Visionen und Strategien hat und in der Lage ist, eine PowerPoint-Präsentation zu bestehen, sondern die auch in der Lage ist, zu


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exekutieren und Ergebnisse zu erzielen. Ich meine, das ist dem Management in der Vergangenheit ordentlich gelungen.

Beim ORF muss man sich überlegen, was, wie es im Management-Deutsch heißt, die KPIs sind, also wonach gemessen wird: Das wird die Reichweite sein, das werden die Geschäftsergebnisse sein, das wird die Publikumszufriedenheit sein und natürlich noch ein paar andere Parameter, die die Ausgewogenheit des Programms betreffen. Und ich denke, das hat ganz gut funktioniert.

Ich bin ein bisschen skeptisch, wenn man sagt, ein Hearing ist ein Allheilmittel, dabei kommt automatisch der Beste heraus, denn wenn es danach ginge, dann hätte man am Ende wahrscheinlich nur redegewandte Zukunftsforscher in Management­posi­tio­nen, und da gibt es auch keine Garantie, dass die das besser machen als das bestehende Personal. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Wöginger.)

Und vielleicht noch eine Analogie: Ich bin davon überzeugt, dass man bei der Auswahl für eine solche Position wirklich einen sorgfältigen Selektionsprozess braucht, bei dem am Ende vielleicht eben ein Hearing stehen kann. Üblicherweise gibt es aber einen Headhunter, der sich auf die Suche nach bestqualifizierten Leuten begibt (Zwischenruf des Abg. Hafenecker), dann gibt es ein 360-Grad-Feedback, Tiefeninterviews, Refe­renzen und wieder die Frage: Welche Ergebnisse hat dieser Mann oder diese Frau erzielt? – Das sollte man, wie ich meine, auch hier tatsächlich in den Vordergrund stellen.

Lassen Sie mich eine Analogie anbringen: Hans Peter Haselsteiner, der Sie ja im Stiftungsrat vertritt, ist eine der herausragendsten Manager-Persönlichkeiten und hat ein Lebenswerk hinterlassen, das seinesgleichen sucht. Wie viele seiner Vorstände hat er in offenen Hearings vor der Aktionärsvollversammlung bestellt? – Na ja, keinen einzigen! (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Keinen einzigen, und das hat seinen Grund.

Wenn Sie sich den Stiftungsrat heute anschauen, die Persönlichkeiten, die da die Verantwortung tragen, dann muss man sagen: Da sind ja respektable Persönlichkeiten drinnen, denen wir jetzt nicht generell das Misstrauen aussprechen sollten, denn die haben letztendlich auch die aktienrechtliche Verantwortung. Da gibt es hervorragende Leute: ein Embacher, ein Haselsteiner – ich habe es zitiert –, ein Hoscher, ein Steger. Das alles sind Leute, die in ihrem Leben schon ein bisschen etwas gesehen haben und denen man auch ein Urteil zutrauen kann.

Ich gebe Ihnen aber trotzdem recht und ich denke, dass es eine gute Variante wäre, wenn man ein Hearing nicht nur vor dem Stiftungsrat oder vor den Mitarbeitern abhalten würde – da gibt es ja auch Anhörungsprozesse –, sondern wenn man das auch öffentlich austrüge. Ich finde Ihre Idee, dass man das auf ORF III überträgt, durchaus interessant und würde meinen, das könnte ein Beitrag sein, um diese Dis­kussion zu objektivieren.

Ob es ein Beitrag sein wird, um die Quote zu erhöhen? – Na ja! Es wird wahrscheinlich mehr uns hier interessieren als den Rest der Leute draußen, aber nichtsdestotrotz halte ich das für eine interessante Idee, und wir werden bei den Stiftungsräten, die die SPÖ nominiert hat, auch dafür werben. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker.) Dann ist es aber in der Tat so, dass der Stiftungsrat eine Entscheidung treffen muss, wie er das Verfahren haben möchte, und das ist dann natürlich auch von uns zu respektieren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte aber die Diskussion etwas trennen, denn einerseits geht es hier um eine Führungsaufgabe, die natürlich jetzt einmal zu beantworten ist, und dann gibt es einen Punkt, den man natürlich nicht wegreden und ignorieren darf, und das ist die


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demokratiepolitische Seite und die Art und Weise, wie es im ORF zur Berichterstattung kommt. Da gibt es ja immer wieder Diskussionen und Beschwerden aus allen Lagern, und das muss man sich auch sehr sorgfältig anschauen.

Ich meine, auch da macht es Sinn, über neue Konzepte nachzudenken. Ich halte zum Beispiel den Vorschlag, dass die Redakteursversammlung die Möglichkeit haben sollte, mit 80 Prozent, 75 Prozent Mehrheit ihre Vorgesetzten abzusetzen, wenn diese das nicht ordentlich machen und wenn sie nur parteipolitischen Zurufen genügen würden, für eine interessante Idee. Diese könnte man einmal aufgreifen und sollte man auch einmal mit den Redakteursvertretern diskutieren, denn dass die ein ordentliches Maß an Unabhängigkeit für ihre Berichterstattung brauchen, davon bin ich in der Tat überzeugt.

Dann haben Sie aber noch einen zweiten Punkt in Ihrem Dringlichen Antrag adressiert, und das ist neben dem Bestellungsmechanismus auch die Frage, welche Struktur man dort überhaupt vorfindet. Auch in dem Punkt möchte ich Ihnen recht geben. Ich habe das damals noch als Kuratoriumsmitglied gesehen – damals durfte ich als junger Mann dabei sein – und habe erlebt, wie dieses Gremium arbeitet. Da sind ja immer wieder erstaunlich gute Ergebnisse herausgekommen, aber ein Gremium mit 35 Leuten ist einfach zu groß. Das sucht seinesgleichen, ist natürlich kein Arbeitsgremium und keine besonders arbeitsfähige Struktur, und da muss man sich etwas überlegen.

Das Problem ist aber Folgendes: Während wir uns in der Diagnose wahrscheinlich alle leicht finden, gibt es dann eine Problematik, die folgendermaßen ausschaut: Der ORF hat einen föderalen Auftrag, das heißt, wir werden sinnvollerweise die Bundesländer in einer geeigneten Form berücksichtigen. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Arbeitnehmervertretung ein ganz wichtiger Faktor ist, Betriebsräte gehören in solch ein Gremium hinein, gar keine Frage. Regierung, Opposition – ganz wichtig auch der Publikumsrat. Und wenn wir das alles einmal quantitativ durchdeklinieren, dann ist die Bereitschaft, das Gremium zu verändern, das eine. Aber eine gute Lösung zu finden, die eine maximale Repräsentanz ermöglicht, ist eine gar nicht so leichte Aufgabe. Ich darf Ihnen aber anbieten, dass wir diesen Diskussionsprozess aufnehmen und die Vorschläge prüfen, die es dafür gibt.

Sie haben noch einen Punkt angeführt, und das ist die Frage der Hearings für Minister. Dort sehe ich es etwas anders, muss ich sagen, denn wenn sich ein Minister der Öffentlichkeit stellt, dem Parlament stellt, den Ausschüssen stellt, dann ist er ohnehin permanent im Dauerfeuer der Öffentlichkeit und der Opposition. Da ist es ja ohnehin ein Leichtes, zu erkennen, wofür die politisch stehen, welche Verantwortung sie haben und wie sie damit umgehen. Da frage ich mich, was wir mit einem zusätzlichen Hearing hier erreichen würden, denn am Ende ist natürlich klar: Das ist eine politische Entscheidung. Und vor diesem Hintergrund, glaube ich, macht es eigentlich keinen Sinn, da ein weiteres Forum zu schaffen. Das sehe ich also eher kritischer. Es richtet wahrscheinlich keinen Schaden an, aber einen gesteigerten Nutzen würde ich darin auch nicht erkennen.

Damit bleibt schlussendlich Ihr Punkt mit dem Verfassungsgerichtshof. Das sehe ich wiederum differenzierter, eher so wie Sie, denn dort haben wir die Situation, dass jene Kandidaten, die der Nationalrat und der Bundesrat nominieren, ohnehin einem Hearing unterzogen werden, und da stellt sich natürlich die berechtigte Frage, warum wir das nicht auch mit allen anderen machen. Da haben Sie vollkommen recht. Das müsste man eigentlich in Erwägung ziehen und man könnte versuchen, das entsprechend zu verändern.

Beim Verfassungsgerichtshof glaube ich, dass es deshalb so wichtig ist, weil während ein Regierungsmitglied auf offener Bühne agiert, ist es beim Verfassungsgerichtshof –


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und dessen Mitglieder haben eine enorme Verantwortung, wie wir auch aus jüngsten Zusammenhängen wissen – natürlich klar, dass man dann hinter verschlossenen Türen tagt. Und dort Transparenz hineinzubringen, finde ich, ist eine durchaus inter­essante Idee.

Sie sehen also: keine Ablehnung in Bausch und Bogen. Ich versuche, die vernünftigen Elemente aufzugreifen und dort, wo es Sinn macht, zu Lösungen zu kommen.

Und was unseren Einfluss auf die Stiftungsräte betrifft, kann ich Ihnen von unserer Seite versprechen, dass wir den Vorschlag unterstützen werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.28


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Alm. – Bitte.

 


15.29.05

Abgeordneter Mag. Nikolaus Alm (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Ich möchte gleich anschließen an den Punkt, wo Sie, Herr Bundeskanzler, die Trennlinie eingezogen und gemeint haben, es wäre auch demokratiepolitisch wichtig, darüber nachzudenken. Ich möchte mich auf jenen Teil konzentrieren, der die Medienpolitik betrifft im Sinne dieser Besetzung der Generaldirektion des ORF. Das ist wahrscheinlich die wichtigste oder vielleicht – nach dem Herrn Minister – die zweitwichtigste medienpolitische Position in diesem Land und steht dafür auch Pars pro Toto für Medienpolitik des Landes.

Unsere Forderung, da über ein Hearing nachzudenken, ist natürlich eine Forderung, über Medienpolitik an sich nachzudenken, und diese Nachdenkaufgabe ist auch dringend notwendig, denn was ist die Aufgabe der Medien aus der Sicht der Politik? – Die demokratiepolitische Aufgabe von Medien ist es, die Grundlage für eine plura­listische, kritische Meinungsbildung bereitzustellen.

Medienpolitik hat dafür zwei Hebel: auf der einen Seite den regulatorischen Hebel, indem man den Medienmarkt in die eine Richtung verzerren oder entzerren kann, auf der anderen Seite gibt es natürlich Förderungen – Förderungen, die direkt oder indirekt ausgeschüttet werden können, die Vielfalt oder Konzentration fördern. Über diesen zweiten Punkt kann man natürlich an sich streiten: Man kann darüber streiten, ob diese Förderungen notwendig sind und ob es nicht von sich aus zur Bildung solch einer kritischen Öffentlichkeit kommen kann. Wir nehmen aber als Prämisse an, dass diese Förderungen notwendig sind.

Was aber jedenfalls heute funktioniert, ist der Vertrieb von journalistischen Inhalten, auch unabhängig von Medienhäusern, die sich jetzt im staatlichen Besitz befinden. Das heißt, Österreich geht hier den Weg, dass TV, Radio, Online, aber auch die Sparte Printmedien mit der „Wiener Zeitung“ sozusagen als Medienhaus sich in staatlicher Obhut befinden und Inhalte produzieren und vertreiben. Die Logik der Rundfunkpolitik des 20. Jahrhunderts geht aber an der Realität und an den Entwicklungen, die es gibt, ein Stück weit vorbei, und die Aufgabe der Medienpolitik beschränkt sich sehr oft immer nur auf die Verhandlung von parteipolitischem Einfluss auf diese Medienhäuser, und genau das muss überdacht werden.

Wie sieht also der österreichische Medienmarkt aus? – Im internationalen Vergleich ist dieser Markt sehr stark konzentriert im Print- wie im Rundfunksektor. Der ORF schafft es immer noch, ein Drittel bis ein Viertel des Werbemarktes auf sich zu vereinen. Wir haben mit Mediaprint und Styria Medienhäuser, in denen eine große Zahl der Pressepublikationen und Reichweiten konzentriert ist, und die Presselandschaft wird dazu noch beeinflusst von der Vergabe der sogenannten direkten Presseförderung an einige Medien, die man durchaus als tageszeitungsähnlich bezeichnen kann.


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In Österreich wird Medienpolitik also traditionell als Machtpolitik ausgeübt, und es wird sowohl im Rundfunkbereich als auch im Printbereich steuernd eingegriffen.

Wenn wir in der Politik über Medienpolitik reden, dann reden wir in erster Linie über den ORF. Das führt beim ORF vielleicht nicht nur zu Schluckauf, sondern auch zu parteipolitischer Einflussnahme. Fragen nach demokratie- oder gesellschaftspolitischen Aufgaben von Journalismus und Medien finden im politischen Diskurs selten Platz.

Jetzt vielleicht für viele von Ihnen eine Neuigkeit: Es gibt globale Entwicklungen, die unbeeindruckt von der österreichischen Politik vor sich gehen. Wir reden hier von Digitalisierung, Konvergenz, Aggregation, Internationalisierung, Vernetzung. Ehemals getrennte Mediengattungen fließen ineinander und die vom Sender aufbereiteten Informationen werden jetzt über soziale Netzwerke gefiltert. Sie alle kennen das Phänomen der Filter Bubble. Sie steuern nicht mehr Medien an, der Link kommt über ein eigenes soziales Netzwerk gefiltert zu Ihnen.

Dadurch steigt in der Distribution dieser medialen Inhalte natürlich auch die Bedeutung von Aggregatoren – von Facebook, von Google und von anderen sozialen Netz­werken –, und deren Erfolg bei der Vermarktung dieser Aufmerksamkeit bedeutet natür­lich auch, dass ein wachsender Teil dieser Werbebudgets gar nicht mehr bei den Medien selbst ankommt und damit den ökonomischen Druck auf diese Medien noch erhöht.

Zusätzlich gibt es nicht mehr die idealisierte Öffentlichkeit im Habermas’schen Sinn, die über diese Massenmedien angesprochen werden kann, es kommt zu einer Frag­mentierung dieser Öffentlichkeit, zu Teilöffentlichkeiten. Speziell die FPÖ weiß das, und man kann neidvoll oder neidlos anerkennen, dass die FPÖ auch weiß, wie sie für dieses Publikum Medien baut. Die FPÖ hat ihren eigenen Volksempfänger, und der heißt heutzutage facebook.com/hc-strache. (Abg. Neubauer: Es ist Neid! – Abg. Schimanek: Neid! – Abg. Strache: … ohne Subventionen! Man kann in Österreich sogar ohne Subventionen erfolgreich sein!)

Medialität ist also nicht mehr Kommunikation von Eliten über Massenmedien, sondern auch die Kommunikation der Mediennutzer untereinander. Digitalisierung bedeutet also nicht nur technische Umstellung, sondern auch, dass sich die Machtverhältnisse in diesem Bereich innerhalb der demokratischen Meinungsbildungsprozesse ändern. Oder übersetzt und ganz einfach gesagt: Sich an einen ORF-General zu klammern oder zu glauben, dass man tageszeitungsähnliche Medien mit Gefälligkeitsinseraten alimentieren kann, das wird in Zukunft zu nichts mehr führen.

Die Situation bringt Herausforderungen mit sich. Wie schon gesagt, Printbereich und Rundfunk verlieren an Reichweite, an Einfluss, und das Aufrechterhalten dieser demo­kratiepolitischen Aufgabe, das Aufrechterhalten einer kritischen pluralistischen Mei­nungs­bildung wird natürlich auch von anderen Medien fortgesetzt.

Diese Politik der minimalen Korrekturen bei gleichzeitiger Beibehaltung der Rundfunk­politik des 20. Jahrhunderts geht an den Zielen, die Medienpolitik haben sollte, vorbei.

Was muss also gemacht werden? – Erstens: Es müssen einmal bestehende Medien­häuser politisch entzerrt und ökonomisch gestärkt werden. Gleichzeitig muss kritischer pluralistischer Journalismus gefördert werden, möglich sein und auch möglichst viele Menschen erreichen, und das unabhängig von der technischen Entwicklung und der ökonomischen Entwicklung von einzelnen Medienhäusern. Das Ziel muss sein, eine Medienförderung Neu zu entwickeln, die neutral vergeben wird und in erster Linie die Inhalteproduktion von Public Value fördert, die Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten fördert und einen zukunftsfähigen Markt schafft, der unabhängig von Parteipolitik agieren kann.


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Parallel dazu muss man den ORF natürlich aus seiner ex-monopolistischen Rolle befreien und auf seine Kernaufgabe konzentrieren, und das ist die Bereitstellung von Inhalten mit Public-Value-Charakter. So ein Paradigmenwechsel könnte in zwei Phasen laufen: erstens eben die von mir angesprochene ökonomische und parteipo­litische Marktentzerrung zu einem freien Marktmodell mit weniger marktverzerrenden Stellungen im Medienmarkt, und der zweite Schritt ist die Förderung von Public Value in diesem Medienmarkt und nicht mehr die Förderung von Medienhäusern und Infrastrukturen, technischen Medienkanälen und Distribution.

Dieser zweistufige Prozess führt also dazu, dass Medienhäuser an sich hinterfragt werden und dem Einfluss der Parteipolitik entzogen werden, damit mehr Raum für unabhängige Medienhäuser entsteht oder für die gleichen Medienhäuser in einer größeren parteipolitischen Unabhängigkeit. Die Förderungen dürfen dabei niemals den Durchgriff auf die Inhalte selbst haben.

Konkrete Maßnahmen, die man diesbezüglich treffen kann: Die erste Maßnahme in diesem Bereich im Hinblick auf den ORF wäre eben die gremiale Neuordnung, die schon angesprochen wurde, die aber auch von Ihnen, Herr Bundeskanzler, kurz skizziert wurde, und nicht nur von NEOS, sondern auch vom RedakteurInnenrat, auch von den Grünen in ähnlicher Art und Weise als Vorschlag eingebracht wurde.

Sie haben das Aktiengesetz zitiert. Der ORF verhält sich ja gerade nicht so, wie es im Aktiengesetz vorgesehen ist. Wir hätten gerne einen Stiftungsrat, der wirklich wie ein Aufsichtsrat funktioniert, und wir hätten tatsächlich die Besetzung dieses Stiftungsrates auch in einen umgestalteten Publikumsrat beziehungsweise eine Stifterversammlung geändert, die genau das gewährleistet, dass der parteipolitische Einfluss möglichst weit zurückgedrängt wird. Das haben wir natürlich längst beantragt.

Wir haben Kleinigkeiten beantragt, wie das Anhörungsrecht der Landeshauptleute zu streichen, wir haben den Wegfall der Werbeabgabe beantragt, um die ökonomische Verzerrung ein Stück weit hintanzuhalten, die Beschränkung des ORF auf einen Public-Value-Auftrag, die Reduktion der GIS und den Übergang der Finanzierung hin zum Bundesbudget beziehungsweise die schrittweise Reduktion der ORF-Werbe­zeiten, die damit Hand in Hand geht.

Im zweiten Schritt sollte es langfristig eben dazu kommen, dass man den ORF zu einem Public-Value-Medienhaus, ‑Produktionshaus umbaut.

Eine derart strukturierte Medienpolitik unterstützt Public Value, unterstützt Journalis­mus und ist unabhängig von den Entwicklungen internationaler Marktteilnehmer.

Was hat das jetzt mit der Generaldirektion zu tun, um zum eigentlichen Punkt dieses Antrags zurückzukommen? – Auf den ersten Blick nicht viel, und es mag oberflächlich auch ein Widerspruch sein, aber das ist es nicht. Zusätzlich zu allen generellen Überlegungen, wie Positionen in staatsnahen Betrieben oder Institutionen besetzt werden können, nimmt ja hier der Generaldirektor oder die Generaldirektorin des ORF eine besondere Rolle ein. Wer jetzt an diese Position rückt, muss diesen von mir beschriebenen Wandel, der unbedingt notwendig ist, nicht nur selbst initiieren, sondern natürlich auch mitbegleiten. Ein Kandidat, eine Kandidatin, der beziehungsweise die vom Stiftungsrat mit seinen Freundeskreisen parteipolitisch eingesetzt wird, kann unseres Erachtens diese Aufgabe nicht erfüllen. (Beifall bei den NEOS.)

15.39


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


15.39.29

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ein bisschen verwundert war ich bei der Einleitung durch Klubobmann Strolz, dass er da von Messern für Lebensgefährten und


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Hammer für den Nachbarn gesprochen hat. Mit dieser drastischen Formulierung wollten Sie nur sagen, dass es natürlich bei allen Instrumentarien Missbrauch geben kann. (Abg. Rädler: Pervertiert!)

Ich möchte nur trotzdem sagen: Demokratischer geht es nicht mehr als in dem Haupt­ausschuss, in dem es um die RechnungshofpräsidentIn gegangen ist! (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Nein! Es hat eine Abstimmung gegeben. (Ironische Heiterkeit des Abg. Lugar.) – Sie sollten schon gar nicht lachen, weil nämlich die Kollegin Dietrich auch davon Gebrauch gemacht hat.

Unser Kandidat Steger hat dort 14 Stimmen bekommen. Er hätte 15 gebraucht. (Abg. Lugar: Warum habt ihr ihn nicht aufgestellt?) Jetzt schau ich den Kollegen Zanger an, Sie waren ja ziemlich begeistert. (Abg. Zanger: Weil er der Beste war!) Sie waren beim Hearing dabei. Sie haben gesagt, das ist exzellent, was der Kollege Steger gemacht hat. Meine Frage ist: Warum haben Sie ihn nicht gewählt? (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ihr habt ihn nicht einmal nominiert!) Hätten Sie ihn gewählt, Kollege Zanger, wäre Steger jetzt Rechnungshofpräsident. So ist Demokratie! (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Nein! So ist Demokratie! (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Jetzt sage ich noch etwas dazu. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zanger.) – Wollen Sie einen vatikanischen Wahlmodus, dass man dann sieben Mal, acht Mal, neun Mal … (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nein! Wir wollten nicht in Rom anrufen, sondern wir haben Folgendes gesagt: Wir machen diese eine Abstimmung, und wenn es dafür keine Mehrheit gibt, dann muss es, wie in der Demokratie üblich, einen Kompromiss geben! Und nicht jeder Kompromiss ist Packelei, denn dann ist das Wesen der Demokratie die Packelei, und damit bin ich antidemokratisch im Diskurs. Und ich hätte mir von Klubobmann Strolz nicht erwartet, dass er ganz vorsichtig in dieses Fahr­wasser abgleitet (Abg. Strolz: Das glaubst du selber nicht!), wo er gar nicht hin will. Ich muss Sie jetzt vor sich selbst verteidigen, Herr Klubobmann Strolz. (Heiterkeit des Abg. Strolz.) Ich muss Sie vor sich selbst verteidigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Hier ist auch der Ort, wo wir in einer Debatte vor einigen Jahren die berühmte Schüssel-Reform betreffend das Rundfunkgesetz, den ORF und so weiter diskutiert haben. Ich bin nicht einer, der in Verdacht kommt, dass er den Wolfgang Schüssel übertrieben verteidigt, das wissen Sie, ich war eher einer seiner Kritiker, aber dieses Gesetz, das hat was! (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Nein, nein! Er hat damals nicht nur eine funktionierende Position des Generaldirektors eingeführt, dass der nämlich wirklich Generaldirektor sein kann, und damit natürlich andere Möglichkeiten eröffnet, er hat auch im Stiftungsrat, für die Mitglieder des Stiftungsrates, Sorgfalts­pflicht und Verantwortlichkeit wie in einem Aufsichtsrat einer AG eingeführt.

Das ist ein großer Unterschied gegenüber dem ORF-Kuratorium, wie es vorher war. Im Stiftungsrat sitzen daher kompetente Menschen, die das auch wissen. Bevor ich dort hineingehe, muss ich wissen – und die wissen das –, dass es diese Sorgfaltspflicht und diese Verantwortlichkeit gibt. Und jetzt dauernd so zu tun, als würden da nur irgend­welche Leute von irgendwo hingeschickt, ahnungslose und inkompetente Leute, wo man meint: Na, wir wissen eh schon!, ist ungerecht und unfair. Gerade Hans Peter Haselsteiner, der fast schon eine Ikone in der Privatwirtschaft ist – das muss ich schon einmal sagen –, wird sich das nicht gefallen lassen. Und die Leute im Stiftungsrat werden selbstverständlich dann, wenn es um die Bestellung von Funktionen geht, wirklich Fragen stellen.

Und, ehrlich gesagt: Ich habe mir diesen Dringlichen Antrag angeschaut und bin zu der Ansicht gelangt: Wir hätten uns vorher treffen sollen, ich sage es Ihnen ganz ehrlich, dann hätte ich Ihnen ein paar Ratschläge gegeben. (Abg. Strolz: Reden wir!) Wenn Sie zum Beispiel schreiben – und das meine ich jetzt wirklich ernst, denn wir wollen ja


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kooperieren, nicht nur hier, sondern … (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wir wollen ja wirklich diesen Dialog führen. (Abg. Haubner: „Nicht nur hier“!) Nein, nein, das habe ich nicht gesagt, ich habe nur gesagt „hier“.

Im Dringlichen Antrag steht, dass „ermöglicht wird“: dass es die Möglichkeit eines Hearings gibt, dass das öffentlich ist, und so weiter.

Das ist möglich! Es ist möglich, wenn der Stiftungsrat das beschließt. Und der Herr Bundeskanzler hat das gerade vorhin gesagt. Es wird meiner Meinung nach diese Mehrheit geben, es soll diese Transparenz geben. (Abg. Strolz: Wunderbar! Bravo!) Warum soll es nicht in ORF III sein? Ich finde das sogar sehr ansprechend. Das wird wahrscheinlich weiter die Einschaltquoten bei ORF III verbessern. Ich weiß nicht, ob wir da jetzt gleicher Meinung sind, aber ich hoffe es zumindest. Also, es ist schon möglich. Und es wird wahrscheinlich auch mit der Belegschaft und mit allem dort totale Transparenz geben. Warum auch nicht?!

Und jetzt möchte ich Ihnen schon noch etwas sagen: Sie, Herr Klubobmann Strolz, gehören ja zu der Gruppe – wie auch wir übrigens –, die sagt, Leistung muss aner­kannt werden. Und wenn Leistung anerkannt werden muss, dann möchte ich schon auf Folgendes hinweisen: Wenn herauskommt … (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Abgesehen davon war Alexander Wrabetz 2006 der Kandidat der Opposition. Sie werden sich noch erinnern: Wir gemeinsam – und so weiter! (Abg. Strache: Nicht nur der Oppo­sition!) Aber nicht nur wir, sondern auch wir gemeinsam. Wir alle gemeinsam – auch sogar ein Teil der Regierung – haben mitgestimmt, als damals Alexander Wrabetz zum Generaldirektor gewählt wurde. (Abg. Strache: Das war eine Regenbogenkoalition!)

Und dann ging es weiter: Nach fünf Jahren trat er an, und er wurde dann überhaupt mit 30 Pro-Stimmen bei 6 Enthaltungen gewählt. Also, man kann ja nicht gerade sagen, dass er schlechte Arbeit gemacht hat, und man kann nicht gerade sagen, dass er nicht das Vertrauen des Stiftungsrates und des Publikumsrates hatte. Und das ist schon etwas, was man hier einmal dazusagen sollte, wenn man schon meint, Leistung müsse auch berücksichtigt werden.

Und dazu kommt noch, dass die dort schwarze Zahlen schreiben, ausgeglichen bilan­zieren – 2015, 2016; Sie werden das ohnehin wissen – und trotz Finanz- und Wirt­schaftskrise wirtschaftlich erfolgreich sind. (Abg. Strache: Mit einem „kleinen“ Zuschuss!) – Darf ich einmal in Ruhe über wirtschaftlichen Erfolg auch reden, oder kann ich das jetzt nicht machen?

Außerdem möchte ich sagen: Es gab Auszeichnungen, Oscars, die Goldene Palme. (Abg. Strache: Der ORF hat auch einen „kleinen“ Zuschuss bekommen!) Ich sehe die beeindruckten Blicke Ihrer Kollegen, Herr Klubobmann Strache. Schauen Sie, wie die alle schauen! Sie müssen sich einmal umdrehen. Also ich finde … (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: … der „kleine“ Zuschuss!)

Es ist nicht ohne Wirkung, sich da zu bemühen: Eurovision Song Contest – weltweit anerkannt, dass das alles sehr, sehr positiv gelaufen ist –, die hohen Einschaltzahlen, die Marktführerschaft, Qualität beim Fernsehen 35,3 Prozent, beim Radio 72 Prozent, die vielen Visits bei Online. Das ist doch alles nicht nichts! Ich kann mich doch nicht einfach herstellen und sagen, dass das nichts ist. Dann zählt in diesem Land Leistung überhaupt nicht mehr?! Das kann doch nicht sein! Daher ist meine Bitte, eine faire Debatte zu führen, wenn es um diese Sache geht.

Und jetzt werden manche sagen: Wie schaut es mit der journalistischen Unab­hängigkeit aus? Wie schaut es mit der Objektivität aus? – Ich zitiere nun definitiv eine respektierte Stimme. Dieter Bornemann, Vorsitzender des Redakteursrates, sagt Fol­gendes:


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„Bei aller Kritik“, die man anbringen kann, „können wir GD Alexander Wrabetz zugute­halten: Autonomie und Unabhängigkeit der zentralen Redaktionen war noch nie so groß wie heute. Die journalistische Freiheit ist groß“ (ironische Heiterkeit der Abg. Belakowitsch-Jenewein), „die Redaktionen arbeiten unbeeinflusst.“

„Bei aller Kritik“! – Sie können sie dann nachher eh äußern. Aber es … (Abg. Strache: … der Herr Kern! – Neuerliche ironische Heiterkeit der Abg. Belakowitsch-Jenewein.) Nein, das muss man anerkennen! Schau, wenn man von Haus aus schon meint, das ist nichts, weil man einfach der Meinung ist, es ist nützlich, wenn man sagt, es ist nichts, dann ist Ihrer Meinung nach zwar wirklich alles nichts, aber das heißt nicht, dass dann, wenn Sie sagen, dass die Wirklichkeit nichts ist, die Wirklichkeit dann wirklich nichts ist, sondern das kann durchaus anders sein. (Beifall bei der SPÖ.) Also das ist ein Wettbewerb der Wirklichkeiten, und ich bin gespannt, ob Sie sich mit Ihrer Wirklichkeit durchsetzen. Ich hoffe, nicht!

Als allerletzten Punkt möchte ich sagen – da möchte ich mich dem anschließen, was der Herr Bundeskanzler gesagt hat –: Bei der Bestellung eines Mitgliedes des Verfassungsgerichtshofes Hearings durchzuführen, ist, finde ich, eigentlich etwas, was man wirklich überlegen sollte.

Was mir bei dem Dringlichen Antrag noch aufgefallen ist – deswegen hätte ich mich gerne mit Ihnen, Herr Klubobmann Strolz, zusammengesetzt –: Sie sagen in beiden Fällen, nämlich wenn es darum geht, ein Hearing für Regierungsmitglieder und für Verfassungsrichter abzuhalten, dass Sie Regierungsvorlagen haben wollen. Da frage ich Sie: Warum machen Sie sich kleiner, als Sie sind? Warum sagen Sie nicht, Sie machen einen Initiativantrag, setzen sich mit uns zusammen und wir diskutieren darüber? (Abg. Strolz: Machen wir gerne!)

Sie sagen: Geh, bitte, schickt uns erst von der Regierung etwas, und dann schauen wir es uns an! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Strolz.) Nein! Ich hätte Ihnen gesagt – leider haben Sie mit mir nicht gesprochen (Heiterkeit des Abg. Strolz) –: Seien Sie doch selbstbewusster, ein aufrechter Gang wäre in dieser Frage auch bei den NEOS angebracht! Kommen Sie, setzen wir uns hin und machen wir etwas gemeinsam, bewerten wir es dann, und das kommt dann in den Verfassungsausschuss, und dort werden wir schauen, ob wir damit etwas machen können!

Also meine Bitte ist: Versuchen wir, hier einen Konsens zu finden, vernünftig zu agieren, denn es geht um viele Millionen Menschen, die Wert darauf legen, dass dieser ORF als öffentlich-rechtlicher Rundfunk auch die österreichische Kulturidentität be­wahrt, dass wir uns in einer Fülle von Kanälen aus verschiedensten Ländern bewäh­ren, dass wir unserer österreichischen Identität wirklich zum Durchbruch verhelfen! Und das Mindeste ist, dass wir hier alle gemeinsam zusammenhalten. Und auf diese Gemeinsamkeit rechne ich, auf die baue ich. Und da werden auch die NEOS mitmachen, oder? – Gebens mir die Hand, wir werden das schaffen! (Beifall bei der SPÖ.)

15.48


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Singer zu Wort. – Bitte.

 


15.48.55

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Sehr geehrte Dame und sehr geehrter Herr auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Cap hat wie immer natürlich sehr gekonnt die Leistungen des ORF herausgestrichen. Ich kann nur sagen, dass der ORF zweifelsohne ein Leitbetrieb der österreichischen Medienland-


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schaft ist. Und natürlich ist die Entscheidung über den künftigen Generaldirektor eine sehr wesentliche, weil es auch um entscheidende Fragen für die Zukunft geht, nämlich um die Ausrichtung des Unternehmens. Es geht dabei um die Fragen: Wie geht das Unternehmen mit den neuen Herausforderungen in der Medienlandschaft um? Wie kann die Qualität der Information auch in unserem Land hochgehalten werden? Es sind eine Fülle von Fragen, die hier zur Diskussion stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wenn Kollege Strolz das als blumige Ausrede sieht, aber wir im Parlament sind Gott sei Dank – das ist meine persönliche Ansicht – nicht die Entscheider darüber, wer Generaldirektor wird, sondern das ist Sache des Stiftungsrates und obliegt dem Unternehmen selbst. Für mich ist das wichtig, ich meine, wir sollten hier nicht sozusagen die Politik hineinnehmen, sondern das Unter­nehmen selbst soll entscheiden, und zwar natürlich auch über den Wahlmodus und auch über die Geschäftsordnung des Stiftungsrates. Und es soll – sowohl Kollege Cap als auch der Bundeskanzler haben das bereits angesprochen – Sache des Stiftungs­rates sein, wie dieser Wahlmodus, wie diese Wahlabfolge zustande kommt. Und es gibt ja, wie auch schon angesprochen wurde, ein Hearing, das der Stiftungsrat als Entscheidungsgremium angekündigt hat, und ich bin überzeugt davon, dass der Stiftungsrat eine gute Lösung für das Unternehmen finden wird.

Zur Frage der politischen Einflussnahme darf ich ein paar Stiftungsräte zitieren:

Erich Fenninger: „Ich werde mich sicher nicht instrumentalisieren lassen. Ich bin nominiert vom Publikumsrat und nehme meine Aufgabe ernst.“

Thomas Zach sprach sich ebenfalls gegen Absprachen aus und meinte: „Die Bestel­lung der neuen Geschäftsführung ist sicher keine Belohnung für Vergangenes, sondern eine Richtungsentscheidung für die Zukunft des ORF.“ 

Siggi Neuschitzer sagte: „Wir müssen abwarten, welche Kandidaten mit welchen Teams antreten, und dann abwägen, wer für das Unternehmen das bessere Konzept hat.“

Daher zusammenfassend: Die Frage der Wahl des Generaldirektors ist Sache des Stiftungsrates und nicht der Politik.

Da morgen das Thema Rechnungshof und Bestellung seines Präsidenten hier im Plenum diskutiert wird, erlauben Sie mir ein Wort zur Frage des Ausscheidens eines Kandidaten: Es ist für mich selbstverständlich, dass man, wenn man mit einer Ent­scheidung nicht einverstanden ist, aus dem Unternehmen, aus der Einrichtung aus­scheidet, keine Frage. Was ich nicht verstanden habe, ist, das bereits im Hearing anzukündigen, das heißt, den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern zu sagen: Wenn ihr mich nicht wählt, dann scheide ich aus! Also das ist eine Vor­gangs­weise, die ich nicht verstanden habe.

Sehr geehrte Damen und Herren! Transparent, professionell und objektiv müssen staatsnahe Postenbesetzungen erfolgen. Ja, natürlich! Und wenn man sich den Dringlichen Antrag der NEOS anschaut, dann sieht man, es wird das Hearing dazu als ein adäquates Instrument gesehen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzliches zum Thema Hearing: Aus meiner Sicht wird das Hearing überschätzt. Ja, ich kann dabei einen Eindruck von den Kandidatinnen und Kandidaten gewinnen, das Hearing bietet mir die Möglichkeit, etwas über deren Zielsetzungen und über deren Vorstellungen von der Aufgabe zu hören, und ich kann sehen: Wie gut kann sich jemand präsentieren, wie kommunikativ ist jemand? Ob jemand notwendige Fähigkeiten wie Kompetenz, Mitarbeiterführung, Mitarbeitermotivation und Durchsetzungskraft, um nur einige Aspekte zu nennen, hat, kann man jedoch nur erahnen oder vermuten. Außerdem reden wir beim Hearing von


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einer Momentaufnahme, die bei der Auswahl des Rechnungshofpräsidenten/der Rech­nungshofpräsidentin circa eine Stunde gedauert hat. Und ich frage mich, ob das Auswahlverfahren, beschränkt auf ein Hearing, der Aufgabe an und für sich gerecht wird. Und ich frage mich, ob ein Hearing allein wirklich zu einer uneingeschränkten Objektivität führen kann, wenn man nur einen Überblick über einige notwendige, wichtige Fähigkeiten bekommt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mir hat der Kommentar von Bernhard Görg im „Standard“ von gestern unter dem Titel „Ein Hearing ist kein Präzisionsinstrument“ gut gefallen. Er beschreibt sehr gut, was das Hearing leisten kann und was es nicht leisten kann. Und ich kann es Ihnen zum Nachlesen empfehlen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe in meinem Berufsleben schon sehr viele Bewerbungsgespräche geführt und war auch bei Hearings dabei. Ich habe Menschen erlebt, die eine besondere Gabe haben, sich zu präsentieren, die wissen, welche Antworten beim Auswahlgremium gut ankommen. Ich habe aber auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass solche Menschen nicht immer die beste Wahl für den aus­geschriebenen Job waren. Nicht umsonst wird von vielen Unternehmen und Einrich­tungen einem mehrstufigen Auswahlverfahren der Vorzug gegeben.

Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren, möchte ich sagen: Lassen wir die Entscheidungen über Personalangelegenheiten dort, wo sie hingehören: bei den Unternehmen selbst! Ziehen wir sie nicht in den Bereich der Politik hinein! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

15.55


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Zanger zu Wort. – Bitte.

 


15.55.25

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Cap, danke für den launigen Beitrag über den ORF und danke auch für die Erwähnung meiner Person in dieser Causa. Ich komme dann ein bisschen später noch einmal darauf zurück und erkläre Ihnen, welche Gedanken ich dazu habe.

Zum Thema ORF kann man eines sagen: Mit uns können Sie immer über alles diskutieren, wir sind wirklich gesprächsbereit! Aber vor allem wünsche ich mir, dass wir beim ORF auch einmal über die Zwangsgebühren reden. Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

Eingangs möchte ich zur Bestellung des Rechnungshofpräsidenten beziehungsweise jetzt der Frau Rechnungshofpräsident kurz Stellung nehmen und feststellen, dass der Herr Bundeskanzler von Anfang an dem Parlament nicht wirklich einen guten Dienst erwiesen hat, auch keine Reverenz, wenn er sich von der Personalauswahl, was die Kandidaten für den Rechnungshofpräsidenten betrifft, öffentlich enttäuscht gezeigt hat. Er hat nämlich davon gesprochen, dem Parlament liege eine gewisse Kandidatenliste vor, der Spielraum sei damit ganz ordentlich eingeschränkt, die Auswahl, was das Anforderungsprofil betreffe, sei sehr eingeschränkt. – Also das ist meiner Meinung nach eine Absprache der Qualität oder der Anforderungen an die Kandidaten selbst. Und so etwas muss man sich, wenn wir, das Parlament, entscheiden, wer Rech­nungs­hofpräsident wird, auch von einem Herrn Kanzler Kern nicht bieten lassen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich für meine Person und für meine Fraktion kann sagen: Allen Kandidaten, die sich dem Hearing gestellt haben, ist höchster Respekt zu zollen. Alle haben ihre Qualitäten gehabt, selbstverständlich in unterschiedlichem Ausmaß. Und ein Hearing ist natürlich, was die Meinungsbildung über die beste Wahl betrifft, immer eine subjektive Ge-


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schichte. Das ist doch völlig klar. Anders gesehen wären wir keine Individuen, die da zuhören und sich eine Meinung bilden. Also es ist wohl ein völlig logisches Bild, dass dort wahrscheinlich jeder zu einer anderen Erkenntnis kommt als der andere. Und ich für meine Begriffe halte es halt für nicht gescheit, wenn der Rechnungshofpräsident von einer Fraktion kommt, die sich dann selber in der Regierung kontrolliert. Das möchte ich hier einmal klipp und klar sagen. (Beifall bei der FPÖ.)

Uns von den Freiheitlichen und mir persönlich wäre ein unabhängiger Kandidat am liebsten gewesen. Das ist für mich das zentrale Element gewesen! Und wenn Sie, Herr Cap, glauben, Sie können mich da jetzt mit hineinpacken, weil in irgendeiner Zeitung gestanden ist, ich hätte die Performance des Herrn Steger gut gefunden, dann muss ich Ihnen sagen: Ja, das war so!, aber er war meiner Meinung nach nicht der beste Kandidat. Ganz klipp und klar: Das war jemand anderer! (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)

So haben wir es auch im Hauptausschuss bei unserem Wahlvorschlag gehalten. Was dann gekommen ist, das war Packelei und Postenschacher allererster Güte. Und Ihnen tut es in Wahrheit überhaupt nicht leid, dass ihr den Steger im Hauptausschuss geopfert habt. In Wahrheit habt ihr ihn ja geopfert, denn wer hätte euch denn hindern sollen, ihn auch in einer zweiten oder dritten oder vierten Wahlrunde aufzustellen? (Abg. Lugar: Genau!) Wer denn? – Die ÖVP? Ich weiß nicht, warum. – Das ist die Wahrheit! Und eure betretenen Mienen zeigen ganz genau, dass ich recht habe. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Lugar.)

Ein Koalitionsbruch sei im Raum gestanden; das hat dann auch Kollege Mayer in einer anschließenden Diskussion gesagt. Ich sage dazu eines: Ein Koalitionsbruch ist nie im Raum gestanden, es war alles schon von vornherein ausgehandelt. Denn es wäre auch völlig unlogisch: Wenn der SPÖ-Kandidat mit den Stimmen der Opposition gewählt worden wäre oder wenn, wie in diesem Fall, eine ÖVP-Kandidatin mit den Stimmen der Opposition gewählt worden wäre, dann wäre das völlig wurscht gewesen, es wäre niemals ein Koalitionsbruch gewesen, denn ihr hättet euch danach noch auf andere Positionen geeinigt. Und da steht ja noch einiges an. (Abg. Rädler: Es geht um deine Haltung!)

Meine Haltung habe ich doch klipp und klar gesagt. Und wir haben unseren Abstim­mungsvorgang auch im Hauptausschuss klargelegt, Herr Kollege Rädler. Und du warst da gar nicht dabei, also sei schön ruhig! (Beifall bei der FPÖ.)

Das SPÖ-Manöver ist in Wirklichkeit ja durchschaubar. Im August wird im ORF gewählt, Wrabetz, die Schienen sind schon gelegt, er hat schon eine nicht uner­folgreiche Zeit hinter sich. Man wird sehen, wie unser Kandidat dort entscheidet. Schauen wir einmal, das ist sicher noch Sache der Betrachtungen. Und auch in der Steiermark steht die Wahl der Leitung der Landesrechnungshofdirektion an. Ich schaue mir an, wer das dann wird und ob da nicht im Hintergrund schon der Deal läuft, dass eine – ich sage es einmal so – aus dem ehemaligen Büro Voves übrig gebliebene Büroleiterin gewählt wird. Das schauen wir uns dann genau an.

Das heißt, dieser New Deal, dieser Begriff, den Herr Bundeskanzler Kern geprägt hat, ist für mich nichts anderes als eine Phrase, ein moderner Begriff für alte Vorge­hens­weisen, und so etwas, muss ich sagen, kann man nicht als Zeichen der Erneuerung sehen. Es ist traurig, dass so etwas in diesem Land geschieht und möglich ist. (Beifall bei der FPÖ.)

16.01


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Dr. Glawischnig-Piesczek. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 155

16.01.08

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin schon der Meinung, dass Transparenz etwas ganz essenziell Wichtiges in einer Demokratie ist. Transparenz ist im Wesentlichen eine Schutzvor­richtung gegenüber Parteibuchwirtschaft, Korruption, ja Misswirtschaft in jeglicher Hinsicht. Ich denke, dass wir in Österreich viele Jahre lang gegen genau diese Probleme angekämpft haben. Deswegen waren die Öffentlichkeit des Hearings und dieser – unter Anführungszeichen – „transparentere Prozess“, als er vorher immer war, schon einmal ein Riesenfortschritt.

Es gab, glaube ich, bei allen eine sehr große Hoffnung, dass insbesondere auch nach den Ankündigungen von Ihnen, Herr Bundeskanzler, wirklich mit einem anderen Stil, mit einem konstruktiveren Stil auch im Haus, hier im Parlament, aufeinander zuge­gangen und auch wirklich die bestmögliche Lösung fürs Haus gesucht wird. Jetzt aber die große Enttäuschung!

Reden wir einmal wirklich transparent darüber, was passiert ist, auch die Kollegen von der FPÖ! Es gab eine Erpressungsmehrheit gegen die SPÖ, von Klubobmann Lopatka organisiert, mit Ihrer Beteiligung, mit Team-Stronach-Beteiligung, um die zweite ÖVP-Kandidatin durchzusetzen. Das ist die Wahrheit, das ist die volle Transparenz bei dem Prozess, der hier gelaufen ist. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ja, Sie wollten keinesfalls die Kollegin Berger, und es gab dann letztendlich keine andere Möglichkeit als diese Lösung. Das ist so schade für ein Haus, das den Auftrag hat – es ist unsere Aufgabe gegenüber den Bürgerinnen und gegenüber den Bürgern –, dieses Amt bestmöglich zu besetzen. Der Rechnungshof ist das oberste Kontrollorgan der Republik, und es ist unsere Verpflichtung, das so zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Herr Kollege Zanger, ich finde, es ist kein Argument, zu sagen, jemand hat eine politi­sche Gesinnung. Es kommt auf etwas ganz Zentrales an! Ob jemand eine politische Gesinnung hat: ja oder nein? – das ist ein Grundrecht! Jeder kann eine politische Gesinnung haben. Trotzdem darf er auch öffentliche Ämter bekleiden. Der springende Punkt ist allerdings, ob jemand aufgrund seiner politischen Gesinnung und aus­schließ­lich aufgrund einer politischen Gesinnung Karriere macht. Das haben wir in Österreich sehr oft gehabt, und genau das darf eben nicht sein. Es ist ein kleiner, sehr feiner Unterschied, ob sich jemand zu einer Gesinnung auch bekennt oder ob jemand ausschließlich über das Parteibuch Karriere gemacht hat. Also Ihr Argument gegen Kollegen Steger war nicht nachvollziehbar. Sie haben sogar genau zu der Passage applaudiert, dass Menschen ohne Parteibuch und vielleicht auch einmal Menschen mit einer politischen Gesinnung solche Ämter bekleiden können. Dazu haben Sie noch geklatscht. (Abg. Zanger: Er war aber trotzdem nicht der Beste für mich!)

Die Transparenz dieses Deals oder dieser Packelei ist also, glaube ich, auf dem Tisch, wir brauchen nicht mehr länger darüber zu reden. Ich hätte mir nur eine ernsthaftere Auseinandersetzung mit dem gewünscht, was hier wirklich passiert ist, weil es auch eine gewisse neue Chance gegeben hätte, dieses Amt einfach einmal anders zu besetzen.

Sehr hilfreich war die öffentliche Einmischung von Ihnen, Herr Bundeskanzler, nicht, das muss ich auch sagen! Der Rechnungshof ist das Organ des Parlaments. Wir sind verpflichtet, bestmögliche Unterstützung für die Gesetzgebung zu organisieren, auch darauf zu schauen, dass die Person jemand ist, die auch die nötige Konfliktfreude hat, auch mit der Regierung, und nicht angepasst ist, die sozusagen genau bei dem Netzwerk der Verwaltungsreformfreude auch mit dabei ist. Das hätte es gegeben –


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bedauerlich, dass es dazu einfach nicht gekommen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Die ganze Thematik: Wirkungsorientierung, moderne Ansätze – all das ist jetzt leider für die nächsten zwölf Jahre einmal nicht von vornherein möglich. Die neue Rech­nungshofpräsidentin wird einen Rollenwechsel vornehmen müssen, der ihr mit Sicherheit nicht so leichtfallen wird. Wenn man 13 Jahre lang in einem Politbüro für jemanden gearbeitet hat, der Landeshauptmann-Stellvertreter war, dann ist das eine eigene Lobby, in der man gearbeitet hat.

Der Rechnungshof braucht Unangepasstheit, braucht eine gewisse Konfliktfreude und, ja, auch Repräsentationsfähigkeit, denn er ist letztendlich eine öffentliche Institution, die sich auch öffentlich positioniert und die auch öffentlich einen Druck erzeugen kann und auch muss, wenn es um die notwendigen Reformen in Österreich geht. – Schade, es hätte gut in das neue Konzept gepasst.

Wissen Sie, was antidemokratisch ist, Herr Kollege Cap? – Wenn sich Abgeordnete ausschließlich zur Verschubmasse von parteipolitischen Entscheidungen machen! Man kann solche Hearings und die Ergebnisse daraus ganz anders wahrnehmen, nämlich als individuelle Entscheidung und nicht als Klubentscheidung. Das funktioniert nämlich nur in Kombination von Klubzwang mit Packelei. Und darüber kann man schon auch ein bisschen nachdenken, ob wir uns nicht auch sehr viel stärker, auch Sie als Abgeordnete einer Regierungspartei, als Individuen in so einem Prozess erleben, wo man einfach Menschen im Hearing besser kennenlernt und daraus dann eine Kon­sequenz zieht. Das war leider nicht der Fall, und das ist bedauerlich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Die Gesichter der SPÖ-Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss haben übrigens Bände gesprochen; aber das nur am Rande.

Kommen wir jetzt zu den Vorschlägen, was die Zukunft betrifft! Ich glaube, dass so etwas wie Hearings von Ministerinnen und Ministern schon auch in Prävention eine Wirkung haben kann, nämlich eine positive Wirkung. Im Europaparlament muss man diese Hearings wirklich stemmen, da muss man fachliche Qualifikation nachweisen, da muss man das wirklich schaffen, sonst wird man nicht Kommissar oder Kommissarin. Unsere Regierungsumbildungen laufen in der Regel nach Parteilogik ab. Die letzte seitens der ÖVP zum Beispiel – ich sage es nur –: Ein Landeshauptmann ordnet sich seine eigene Nachfolge, zieht sozusagen die niederösterreichische Ministerin ab und schickt wieder einen niederösterreichischen Minister hinein. Also das hat mit einer Qualifikation oder mit einer Diskussion über Qualifikation nichts zu tun. (Beifall bei Grünen und NEOS.) – Ich verstehe nicht, dass man da dagegen sein kann.

Andersrum bei der SPÖ-Regierungsumbildung: Es war uns nicht möglich, ein um­fassendes Bild der neuen Regierungsmitglieder zu bekommen. Es gab zwar 35 Minu­ten Präsentation von (in Richtung SPÖ) Ihrer Seite, aber die neuen Ministerin­nen und Minister hatten jeweils zwei, drei Minuten. Wir konnten keine Fragen stellen. – Ich glaube, dass das einfach essenziell ist, mit einem neuen Minister/einer neuen Minis­terin einen Dialog beginnen zu können. Dagegen kann man eigentlich nicht sein. (Beifall bei Grünen und NEOS.)

Jetzt noch den ORF betreffend: Ja, Sie haben recht, natürlich zählt da mehr als nur die Präsentation in einem öffentlichen Hearing – aber warum nicht? Man kann das doch auch einmal ausprobieren und versuchen, welche Wirkung das hat. Aber sich naiv zu stellen?! Das, was wir alle erleben, wie hier Wahlkampf betrieben wird, von unter­schiedlichster Seite, ist, das wissen Sie alle, parteipolitischer Wahlkampf, im Zusam­menspiel mit den Parteien. Das ist eine politische Entscheidung, eine parteipolitische Entscheidung im Moment. Da kann man sich auch schon etwas längerfristig überlegen,


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wie man das auch ein bisschen moderner aufstellt. Die Zusammensetzung, die Form, wie bei uns die Personalbestellung im ORF zustande kommt, so wie das abläuft, das ist international einzigartig und hat auch in der Vergangenheit dazu geführt, dass viele Jahre lang bis zur letzten Topfpflanze hinunter eine schwarz-blaue Aufteilung im ORF das Ergebnis war. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Brosz: Rot-schwarz! – Abg. Glawischnig-Piesczek: Rot-schwarz! Das war ein Versprecher!)

16.08


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dietrich. – Bitte.

 


16.08.05

Abgeordnete Ing. Waltraud Dietrich (STRONACH): Geschätzte Frau Präsident! Ge­schätzter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Cap! Mit großem Staunen habe ich das Loblied auf den ORF, das Loblied auf Dr. Wrabetz vernommen. Ich frage mich, ob Dr. Wrabetz bei Ihrem Vorzugsstimmenwahlkampf auch so engagiert für Sie gekämpft hat (Heiterkeit beim Team Stronach), denn wie wir wissen, hat er das ja für Sie organisiert. – Nur um einmal klarzulegen, wie eng die Verflechtung zwischen Partei, SPÖ, und ORF ist. (Beifall beim Team Stronach.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie haben bei Ihrer Antrittsrede gemeint, Sie spüren die Erwartungshaltungen der Bevölkerung! Diese Erwartungshaltungen beziehen sich selbstverständlich darauf, dass erstens einmal der Stillstand beendet wird und dass zweitens die Packelei um Posten und Funktionen in diesem Land endlich ein Ende findet. – Wer in den letzten Tagen mit dabei war, hat hautnah miterlebt, wie dieser Postenschacher weitergeht. Ich sage Ihnen, schon allein in der Situation, als Sie Ihren Kandidaten vorgeschlagen haben, war für uns klar, dass es diesen Pakt gibt – ich glaube, sogar die SPÖ hat Frau Kraker vorgeschlagen –, der einerseits den Rechnungshof und andererseits den ORF betrifft, denn der ORF ist, und das wissen wir alle, die Spielwiese der SPÖ, die Spielwiese der Macht, die Spielwiese der Politik. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Cap: Stimmt nicht!)

Ich zitiere Ihren eigenen ehemaligen Nationalratskollegen Kratky, der gemeint hat: „Für uns sind Rundfunk und Fernsehen Machtfragen (…)“  Er hat es ganz klar auf den Punkt gebracht.

Der Herr Bundeskanzler hat heute gemeint, es ist wichtig, dass das Unternehmen schwarze Zahlen schreibt. – Okay, da bin ich bei Ihnen, aber schwarze Zahlen sind das eine – eine rote Politik ist das andere, und dagegen verwahren wir uns! (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Rädler.)

Wir wollen einen Rundfunk, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der überparteilich, der unparteiisch agiert und der nicht seine eigene Politik macht, indem er die Menschen in ihrer Meinung beeinflusst und Meinungsbildung in eine politische Richtung vornimmt!

Meine geschätzten Damen und Herren! Wie eng diese Verflechtung ist, sieht man daran, dass auch heute noch jeder wichtige Posten politisch besetzt wird, dass die Berichterstattung im ORF nach wie vor tendenziell ist und dass die SPÖ dort das Zentrum ihrer Medienpolitik hat.

Wir stehen für Meinungsfreiheit, wir stehen dafür, dass jene Leute, die Zwangs­gebüh­ren zahlen – und das sind immerhin 600 Millionen, die von den Menschen bezahlt werden –, auch mitreden können, dass sie mitentscheiden können, dass sie ein Recht darauf haben, wie es Kollege Strolz sagt, dem Hearing beizuwohnen. Wir gehen auch noch einen Schritt weiter und sagen: Warum kann man da nicht mittels einer Briefwahl


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mitbestimmen? Warum kann man nicht mit abstimmen über Personen, über Teams, über Programme? Es geht nämlich nicht nur darum, ein Unternehmen zu führen, sondern es geht auch darum, dem öffentlich-rechtlichen Auftrag nachzukommen, es geht darum, Meinungsfreiheit in diesem Land zuzulassen, und nicht darum, vom ORF aus Parteipolitik zu betreiben.

Ich sage Ihnen, in den letzten Monaten haben wir sehr wohl Parteipolitik erlebt, etwa als Ihr Vorgänger, Herr Bundeskanzler Faymann, in der Sendung „Im Zentrum“ eine Stunde Zeit hatte, seine politische Position darzulegen, oder als einer von sechs Präsidentschaftskandidaten ausgeladen wurde, weil ein paar Journalisten der Meinung waren, der passt nicht so ins Konzept, den wollen sie nicht dabeihaben, oder als Präsidentschaftskandidat Hofer mit beabsichtigter oder nicht beabsichtigter schlechter Recherche ins Lügeneck gedrängt wurde. – Das sind Vorgänge, die wir nicht haben wollen! Wir wollen eine faire Berichterstattung! (Beifall bei Team Stronach und FPÖ sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS.)

Wie ernst es die ÖVP mit dem Wort „Unabhängigkeit“ meint, hat mich schon zum Staunen gebracht, als Generalsekretär Peter McDonald gemeint hat, ein unabhängiges Gremium werde dort entscheiden. – Meine geschätzten Damen und Herren, wie weit entfernt sind Sie denn von der Realität, ein Gremium, das zu 91,5 Prozent von Partei­soldaten besetzt ist, von Menschen, die eng mit Parteien in Kontakt sind, wo Rück­sprache herrscht, als unabhängig zu bezeichnen?! Aus unserer Sicht ist das absolut auch ein politisches Gremium. Das ist die Hand (den linken Arm vom Körper weg­streckend), über die dann Kollege Lopatka hingreifen und sagen wird: So und so entscheiden wir!

Mich wundert schon, wenn Landeshauptmann Schützenhöfer meint, er könne sich vorstellen, General Wrabetz mit zu unterstützen. Das werde ich mir anschauen, was in der Steiermark stattfinden wird, ob dann nicht beim Landes-ORF-Chef auch wieder mitgedealt wird, ob man da nicht auch wieder versucht, eine für sich optimale Person zu finden, die sich in der Berichterstattung so verhält, dass es für die politisch Mächtigen passt. (Abg. Zanger: Beim New Deal wird immer nur gedealt!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Wie stark die Verbindung zwischen SPÖ und ORF ist, kann man vielleicht an einigen Namen sehr deutlich darstellen: Broukal Josef, Coudenhove-Kalergi, Dittlbacher Fritz, Eugen Freund, Thomas Fuhrmann, Raimund Löw. Diese Liste würde sich noch lang fortsetzen lassen; alles Parteifunktionäre der SPÖ, die über die Parteischiene in den ORF gekommen sind und dort „unabhängige“ Berichterstattung machen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist höchst an der Zeit, den ORF neu aufzustellen. Es ist höchst an der Zeit, jene, die ihn finanzieren, in die Entscheidung miteinzubinden und ihnen mehr Macht zu geben. Wer zahlt, schafft an!, nicht: Wer packelt, kommt dran!, ist das Motto, für das wir stehen, und ich würde mir wünschen, dass wir das auch im ORF umsetzen können. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

16.15


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


16.15.24

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Stein des Anstoßes für diesen Dringlichen Antrag war ja das Kandidatenhearing für die Rechnungshofpräsidentschaft,


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und ich glaube, wir sind uns alle einig darin, dass dieses Hearing eine ganz neue Qualität ins Parlament gebracht hat. Wir sind uns, glaube ich, auch alle darin einig, dass es gut und wichtig war. Ich bin acht Stunden dringesessen und kann sagen, man hatte schon die Möglichkeit, sich ein Bild von den Kandidatinnen und Kandidaten zu machen, das man vorher vielleicht nicht gehabt hätte, das man nicht aus ihren Lebens­läufen herauslesen kann, vielleicht nicht einmal aus ihrer Arbeitserfahrung oder aus dem, was offensichtlich war. Man hat sehen können, wie sich Menschen präsentieren, was sie für eine Leidenschaft haben und was sie wirklich auch authentisch erzählen können.

Es sind auch ein paar spannende Dinge zutage gebracht worden, nämlich zum einen: Wer nimmt seine Kandidatur wirklich ernst?; wenn man hätte vermuten können, dass andere vielleicht als Zählkandidaten hineingesetzt worden sind. Ich habe erlebt, dass das alle eigentlich mit großer Seriosität gemacht haben. Manche waren besser vorbereitet als andere, das kann man auch ganz offen sagen, das hat man auch erlebt. Gerhard Steger zum Beispiel hat bei seiner Vorstellung sein umfassendes Fachwissen präsentieren können und hat damit, glaube ich, alle beeindruckt. Das muss man so sagen können.

Man hat aber auch sehen können, wer den notwendigen Spirit hat, wer wirklich den Wunsch hat, im Rechnungshof auch etwas zu verändern, wer den Wunsch zur Veränderung hat, wer etwas Neues hineinbringen möchte. Man hat gemerkt, manche wollen vielleicht eher verwalten als gestalten, andere hatten einen ganz neuen Stil. Ich muss sagen, dass unsere Kandidatin Viktoria Kickinger genauso wie Wolfram Proksch sicher etwas anderes hineingebracht haben, aber anders ist manchmal auch gut. Das hat sicher ein paar aus dem Konzept gebracht, aber es ist auch einmal schön, zu hören, wie man Dinge ganz anders angehen könnte.

Das Grundproblem, das wir aber haben, ist, dass ein Hearing letztendlich etwas doch nicht lösen kann: Auch wenn man die besten Fragen hat und in einem öffentlichen Hearing den besten Kandidaten auch schwierige Fragen stellt, löst das das Problem nicht, wenn man eigentlich gar nie ein Interesse daran hatte, den oder die beste Kandidat_in zu wählen oder zu bestellen.

Herr Kollege Cap, wenn Sie sagen, das ist keine Packelei, das ist Demokratie, dann muss man schon auch sagen: Es kann sein, dass das Demokratie ist, so wie Sie sie eben in Ihrer unglücklichen Ehe mit der ÖVP praktizieren, aber es ist, glaube ich, nicht die Demokratie, wie wir sie verstehen. Sie haben es selbst im Fernsehen gesagt. Sie haben nämlich in der Sendung „Im Zentrum“ gesagt, Realismus sei auch eine Form von Traurigkeit, und ich glaube, das war irgendwie auch damit gemeint. (Beifall bei den NEOS.)

Das Schöne an diesem Hearing war aber letztendlich, dass es öffentlich war. Es hat jeder gesehen, was da vor sich gegangen ist, es haben alle Beobachterinnen und Beobachter gesehen, dass Herr Steger der bestgeeignete und bestqualifizierte Kandidat war. (Abg. Strache: Na geh, das ist ja absurd! – Abg. Belakowitsch-Jenewein: Das stimmt ja nicht!) – Darin waren sich alle einig, auch in Ihrer Fraktion, Herr Kollege Strache! Aber Sie waren ja nicht einmal beim Hearing, woher wollen Sie das denn wissen? (Abg. Strache: Aber meine Mitglieder waren dort, die sagen das Gegenteil!) Aber ja.

Es war nie das Ziel, den bestqualifizierten Kandidaten zu finden. Jede Zeitung hat geschrieben: Packelei, Kalkül, Deals; wahrscheinlich kein New Deal, der ursprünglich damit gemeint war. Da muss man sich doch fragen, ob das nicht irgendjemandem auch ein wenig unangenehm und vielleicht ein bisschen peinlich ist! Wenn der „Kurier“ schreibt: „Was für eine Farce!“, dann, meine ich, muss man sich doch schon ein wenig


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unwohl dabei fühlen, wenn man ein Hearing zu einem Schaulaufen degradiert und Platz für Postenschacherei schafft.

Wir wollen, dass bei künftigen Hearings die Öffentlichkeit noch mehr eingebunden wird, dass man den Zugang wirklich so niederschwellig wie möglich macht, indem man es live auf ORF III auch im Fernsehen überträgt. Da schauen dann vielleicht doch ein paar mehr zu als vielleicht bei einer Plenarsitzung, man weiß es ja nicht.

Herr Bundeskanzler! Sie haben gesagt, ein Hearing kann kein Allheilmittel sein. Ich glaube nicht, dass das irgendjemand sagen oder behaupten wollte, aber ich glaube, das, was wir erreichen wollen, ist, dass ein Hearing eigentlich nur ein Teil einer neuen Prozessfindung, wie man solche Posten besetzen kann, sein sollte. Es muss grund­sätzlich für eine solche Art von Posten neue Prozesse geben, transparente Prozesse, mit internationalen Ausschreibungen zum Beispiel. Es gibt verschiedene Ideen, die da noch hineinfließen können. Ein Hearing ist kein Allheilmittel, es sollte eigentlich das Mindeste sein, das man machen muss. Es wird vielleicht nichts verändern, aber es wird uns dazu bringen, dass wir diese Prozesse grundsätzlich anders denken, weil dann auch endlich die Öffentlichkeit erfährt, wie normalerweise mit solchen Postenbesetzungen umgegangen wird. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

16.19


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


16.20.12

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­kanzler! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Zanger, kann es sein, dass ich am Beginn Ihrer Rede ein bisschen Eifersucht gegenüber dem Kollegen Strolz herausgehört habe, weil Kollege Cap angeboten hat, sich mit ihm persönlich zu treffen und mit Ihnen nicht? – Aber wir werden versuchen, das zu organisieren, dass er Sie auch noch trifft. (Abg. Zanger: Was hast du für Prob­leme?)

Wir haben jetzt schon sehr viel zum Thema ORF gehört, wie der ORF-Generaldirektor über den Stiftungsrat bestellt wird. Ich habe auch großes Vertrauen in die einzelnen Stiftungsräte und finde den Vorschlag des Kollegen Strolz, dieses Hearing auf ORF III zu übertragen, durchaus sinnvoll und praktikabel. Das würde auch zu mehr Transparenz beitragen.

Eine Eignung, die der Generaldirektor auch braucht – es gibt viele verschiedene fachliche Eignungen, die hiebei notwendig sind; ich will jetzt nur eine hervorheben –: Das ist eben die Regel, dass es nach einer politischen Funktion zumindest vier Jahre nicht möglich ist, in das Unternehmen einzutreten. Das ist nicht unwichtig, um da eben keine Politisierung zu ermöglichen.

Als Kunst- und Kultursprecherin der SPÖ hatte ich in den vergangenen zwei Jahren natürlich mehrmals Kontakt mit einzelnen Personen im ORF. Es ging aber nie darum, inhaltlich Einfluss zu nehmen, sondern einzig und allein darum, zu kontrollieren, ob der ORF seinen öffentlichen Auftrag im Bildungs- und vor allem im Kulturbereich erfüllt. Da frage ich mich, Frau Kollegin Dietrich: Wo war Ihre Unterstützung in den letzten zwei Jahren, wenn ich darauf hingewiesen habe, dass der Kulturauftrag erfüllt werden muss?

Es ist trotzdem gelungen, mit Generaldirektor Wrabetz den Anteil österreichischer Kunst und Kultur im ORF deutlich zu erhöhen und so auch den öffentlich-rechtlichen Auftrag zu erfüllen. Angefangen beim Spartenkanal ORF III Kultur und Information, der sich erfolgreich etablieren konnte, werden auch hochwertigste Kulturhighlights wie das


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Neujahrskonzert, das Sommernachtskonzert oder auch die Liveübertragungen von allen großen heimischen Festivals, von den Veranstaltungen in Grafenegg über die Bregenzer Festspiele bis zu den Salzburger Festspielen, gezeigt. Dazu gibt es umfas­sende aktuelle Kulturinformationen in Formaten wie „Kulturmontag“, „Aviso“ oder eben aktuelle Berichterstattungen in der „Zeit im Bild“.

Der Sieg von Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest 2014 hat einerseits die größte Unterhaltungsshow der Welt nach Österreich geholt, dies wurde vom ORF unter dem Motto „Building Bridges“ als nachhaltiges und barrierefreies Event erfolgreich durchgeführt und hat gleichzeitig auch der heimischen Musikwirtschaft einen kleinen Aufschwung verschafft.

Österreichs beliebtester Radiosender Hitradio Ö3 spielt seit August 2015 kontinuierlich 15 Prozent österreichische Musik, weil eben der öffentlich-rechtliche Kulturauftrag erfüllt werden muss. Es gibt eine eigene Sendung nur zum Thema österreichische Musik. Die Verleihung von Österreichs größtem Musikpreis, dem Amadeus Austrian Music Awards, wird ab 2017 auch wieder live im ORF gezeigt, nämlich genau dort, wo er hingehört, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

In all diesen Fragen – das möchte ich schon auch betonen – war Generaldirektor Wrabetz immer bemüht, den öffentlich-rechtlichen Kulturauftrag zu erfüllen und ein guter Partner der österreichischen Musikwirtschaft zu sein.

Aber auch die österreichische Filmwirtschaft bekommt im ORF genügend Raum. Erfolgreiche Filme und Serien aus Österreich präsentiert der ORF mit Serien wie zum Beispiel „Schnell ermittelt“, „Vorstadtweiber“, „Altes Geld“ oder erfolgreichen Filmen wie unter anderem „Das Wunder von Kärnten“ und „Das finstere Tal“.

Produktionen mit ORF-Beteiligungen wurden seit 2007 mit höchsten internationalen Filmpreisen wie dem Oscar, dem Emmy, dem Golden Globe, aber auch dem Öster­reichischen Filmpreis ausgezeichnet. Dass der ORF auch in Zukunft ein verlässlicher Partner für die österreichische Filmwirtschaft sein wird, hat er letztes Jahr in einem gemeinsamen Übereinkommen festgehalten und sich freiwillig dazu verpflichtet, in den nächsten drei Jahren insgesamt 300 Millionen € in die österreichische Filmwirtschaft zu investieren. Somit ist der öffentlich-rechtliche Auftrag aus Sicht der Kunst- und Kultur­sprecherin völlig erfüllt.

Selbstverständlich geht auch die Digitalisierung nicht am ORF vorbei. Daher kann ich nur zur Umsetzung der New-Media-Strategie im Bereich Online und neue Medien gratu­lieren, Stichwort: Ausbau der TVthek, erfolgreiche Apps, Beteiligung bei Flimmit und weitere Innovationen im Bereich Radio.

Als Abgeordnete, die aus der Steiermark kommt, freue ich mich natürlich über die Stärkung der ORF-Landesstudios und mehr regionales Programm direkt aus den Regionen. Gratulation an den ORF zum erfolgreichen Start des Frühfernsehens „Guten Morgen Österreich“!

Ich bin jetzt nur auf die Bereiche Kunst und Kultur, Digitalisierung und Programm aus den Regionen eingegangen und habe eben auch die Frage beantwortet, wie da der öffentlich-rechtliche Auftrag erfüllt wird. Leistung muss anerkannt werden – genau! –, und die Leistung in diesem Bereich hat Alexander Wrabetz in den letzten zehn Jahren gut erbracht. Daher stellt sich für mich auch gar nicht die Frage, dass sich irgendetwas ändern sollte, außer dass wir die Hearings eben zusätzlich im ORF live übertragen.

Was wir aber sicher tun müssen, ist, mitzuhelfen, dass der ORF auch in Zukunft in der Welt der Digitalisierung erfolgreich arbeiten kann. Dazu gehören für mich folgende zwei Punkte – aus zeitlichen Gründen nur mehr kurz in Stichworten –: Ich stehe ganz klar zu einer Gebührenrefundierung und auch ganz klar zu einer stärkeren Betätigungs­mög-


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lichkeit des ORF auf den sozialen Plattformen im Internet. Stichwort: Second Screen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.26


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


16.26.45

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Regierungsmitglieder! Kolleginnen und Kollegen! Als Unternehmerin liegt mir eine professionelle Jobbesetzung sehr am Herzen. Sie muss nach fachlichen Kriterien erfolgen und bei öffentlichen Besetzungen natürlich auch nachvollziehbar sein.

Mich wundert allerdings, Kollege Strolz, deine Begeisterung für Hearings, denn das ist nicht das Allheilmittel. Du setzt ja immer privatwirtschaftliche Maßstäbe an. Zu Recht vergleichst du auch den ORF nach privatwirtschaftlichen Kriterien. Aber wir wissen doch alle, dass bei internationalen Topunternehmen das Hearing ein erstes Aus­wahl­verfahren ist, um die Kandidatenzahl zu reduzieren. Wir wissen, dass von McKinsey bis BASF die Unternehmen die Fachkenntnisse auf Herz und Nieren prüfen, dass Ziele und Visionen durch Projektausarbeitungen erforscht werden und Führungs­qualitäten im Assessment-Center abgetestet werden.

Selbst ein Bezirksstellenleiter der von dir so oft kritisierten Wirtschaftskammer durch­läuft ein dreistufiges Auswahlverfahren: ein Hearing durch externe Experten, dann eine fachliche und Führungskompetenz-Prüfung und zuletzt eine regionale Projektarbeit. Das stelle ich mir unter einem vernünftigen Personalauswahlverfahren vor. In einem Hearing kann man nur die Kommunikationsfähigkeiten testen, aber nicht die wesent­lichen Managementqualifikationen. Meiner Meinung ist die wichtigste Management­funktion die Mitarbeiterführung und Mitarbeitermotivation, genauso wie die Organisa­tions­entwicklung und natürlich auch die Fachkompetenz.

Ein Spitzenmanager muss weder medientauglich noch ein Showman sein, und ich hoffe, dass sich alle, die hier herinnen sitzen und bei irgendwelchen Postenbesetzun­gen mitreden dürfen, genau die Managementqualitäten der Kandidaten anschauen und sich nicht von Blendern mit vermeintlich 200 Prozent Selbstvertrauen täuschen lassen.

Die Stiftungsräte haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie hochwertige Arbeit leisten. Sie brauchen keine Vorgabe der Politik, denn sie können ja selbst entscheiden, wie sie das Hearing durchführen, und auch, ob sie es öffentlich machen.

Aber eines möchte ich auch zu bedenken geben: Der ORF befindet sich in einer brisanten Zeit des Wandels der Medienlandschaft, und die Frage ist, wie er sich in Zukunft bestmöglich aufstellt. Wir müssen auch gewährleisten, dass der mögliche Kandidat die Strategien zur Neuausrichtung nicht an die Öffentlichkeit bei einem Hearing bekannt gibt, denn das muss, meine ich, der Mitbewerber nicht über die Medien erfahren. Genauso müssen wir uns auch überlegen: Wie schützen wir mög­liche Bewerber?, denn wir wissen alle, dass bei solchen öffentlichen Hearings Karrieren für die Zukunft zerstört werden können.

Stiftungsräte haben viele Möglichkeiten, sich eingehend über die Qualifikationen der Kandidaten zu informieren. Der Fernsehzuschauer kann hingegen nur die Medien­tauglichkeit und die Kommunikationsfähigkeit beurteilen. Kollege Strolz, Sie wissen aufgrund Ihrer beruflichen Erfahrung, dass bei einer Präsentation 7 Prozent Inhalt und 55 Prozent visueller Eindruck beim Publikum ankommen. Das ist mir, ehrlich gesagt, für eine Besetzung einer Spitzenposition zu kurz gegriffen. Ich glaube, wir brauchen


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neben einem Hearing noch andere Auswahlkriterien, wie es auch in der Privat­wirtschaft der Fall ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.29


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Strache. – Bitte.

 


16.30.24

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Schade, dass Herr Bundeskanzler Kern jetzt davonge­lau­fen ist, ich hätte gerne … (Bundeskanzler Kern macht – in den hinteren SPÖ-Reihen stehend – durch Winken auf sich aufmerksam.) – Ah dort! Sehr gut, wunderbar.

Ich glaube, es ist schon wichtig, das eine oder andere ein wenig ins rechte Licht zu rücken. Hearings, was den Dringlichen Antrag betrifft: vollkommen gut und richtig, da kann man über unterschiedliche Bereiche diskutieren. Es war gut, das bei der Bestellung des neuen Rechnungshofpräsidenten so zu handhaben, dass es ein Hearing gegeben hat.

Nur um hier irgendwelchen Legendenbildungen entgegenzutreten: Wir waren mit unseren sechs Ausschussmitgliedern durchgehend anwesend, weil das oftmals ein bisschen anders dargestellt worden ist. Die haben sich auch ein Bild machen können. (Abg. Kuntzl: Sie waren nicht da!) – Genau, weil ich auch etwas Wichtiges zu tun hatte, wie eine Wahlanfechtung dank gewisser Gesetzwidrigkeiten, die man nicht durchgehen lassen darf.

Aber deshalb gibt es ja auch Mitglieder, die sich dann für jemanden als Vertretung, und zwar alle sechs, auch bis zum Schluss anwesend, ein Bild machen konnten. Sie werden uns nicht sagen, wie diese dann am Ende ein Hearing für sich bewerten, oder ihnen Ihre Meinung aufs Aug drücken wollen. (Beifall bei der FPÖ.) Das hat nämlich mit Demokratie nichts zu tun. Und genau so hat man auch versucht, das darzustellen.

Frau Kollegin Hakel hat vorhin gesagt, vierjährige Abkühlphase. – Danke, dass Sie uns gelobt haben, das haben wir beschlossen. Das war ein guter und richtiger Beschluss, denn das ist auch notwendig.

Respekt vor allen Kandidatinnen und Kandidaten, die sich dem Hearing gestellt haben, denn alle haben ihre Qualifikation und ihr Fachwissen – der eine mehr, der andere weniger –, aber, Herr Kollege Cap, in unserer Reihung war der Herr Steger von der fachlichen Qualifikation her nicht der Beste.

Wir haben von Beginn an gesagt – auch der Kollege Zanger; legen Sie ihm nicht etwas in den Mund, was er nicht gesagt hat, das ist genau dieses unredliche Spiel, das immer wieder betrieben wird –, das kann doch nicht der neue Deal und der gute Stil sein, dass eine SPÖ-Regierungspartei als Kanzlerpartei ein SPÖ-Parteimitglied zum Rech­nungshofpräsidenten macht, um sich selbst im Bereich der öffentlichen Gebarung zu kontrollieren. (Abg. Moser: Wie war das damals bei Moser? …!)

Aber genau das ist offenbar der neue Deal. Dafür waren die Grünen und die NEOS mit den Roten in einem Deal, in einem Paket dabei, um das sicherzustellen. Das ist ein schlechter Stil! (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist ein schlechter Stil. Sie vonseiten der Grünen, der NEOS und der SPÖ haben die Chance verpasst, im Rechnungshof endlich eine überparteiliche Kandidatin, auch mit fachlicher Qualifikation, sicherzustellen. Genau darum wäre es gegangen! Und das war die verpasste Chance, um die es da gegangen ist, nämlich endlich abseits eines roten Parteivertreters und abseits eines schwarzen Parteivertreters eine parteiunab­hängige Rechnungshofpräsidentin sicherzustellen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mayer und Moser.)


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Das ist leider Gottes dank Ihres Stils hier nicht möglich geworden, weil dann die ÖVP erkannt hat: Nein, da haben wir die SPÖ sozusagen unter Druck! Bevor es eine parteiunabhängige Kandidatin wird, werden wir die SPÖ so unter Druck setzen, dass sie dann lieber bereit ist, eine ÖVP-Kandidatin zu wählen!

Das war das Ergebnis – wahrscheinlich in Verbindung mit dem ORF, wo man sich gegenseitig gesagt hat: Na, Freunde, ihr unterstützt uns da, und dafür werden wir umgekehrt euch dort unterstützen, und da müssen wir halt dann noch weitere Verhandlungen und Gespräche führen!

Genau darum geht es. Und genau das ist der Hintergrund der Geschichte. Wenn dann der „Kurier“ zitiert wird, der Herr Brandstätter, der sich schon die letzten Jahre beim ehemaligen Bundeskanzler Faymann fast angebiedert hat, um hoffentlich ORF-Generaldirektor zu werden – ich weiß nicht, ob er das jetzt beim neuen Bundeskanzler auch schon getan hat, ich würde es dem Brandstätter zutrauen –, aber gerade ihn als Zeugen zu nehmen, weil er der SPÖ und vielleicht dem neuen Bundeskanzler weiter­hin dienlich sein will und den Herrn Steger in den Himmel gelobt hat, na bitte, das ist ganz, ganz schlecht und auch nicht unbedingt ein neuer und guter Stil, ihn da zu zitieren und zu bemühen. (Beifall bei der FPÖ.)

So gesehen sollten wir reden, wenn schon Parteilichkeit ein Thema ist: Ja, der ORF hat mit Parteilichkeit zu tun, auch mit Demokratie. Keine Frage, öffentlich-rechtlicher Auftrag.

Wenn schon die ORF-Stiftungsräte aufgrund von Wahlen besetzt werden und zum Teil auch von Parteien nominiert werden, dann muss man sich überlegen: Ist das heute überhaupt im Sinne der demokratischen Wahlergebnisse oder nicht? Da erkenne ich einmal ein ganz krasses Missverhältnis zur Meinung und Wahl der österreichischen Bevölkerung, wenn ich mir die Besetzung dort anschaue.

So gesehen muss man auch einmal ehrlich debattieren und diskutieren, welche gesetzlichen Änderungen dort notwendig wären, um das gerechter zu gestalten und im Sinne von demokratischen Wahlergebnissen vielleicht auch entsprechend abzuändern. Und es ist auch zu überlegen, wie man mit einem öffentlich-rechtlichen Sender in Zukunft umgeht und wie man sicherstellen kann, dass dort nicht Parteipolitik betrieben werden kann, dass dort eben im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrags auch das Objektivitätsgebot gesichert wird und dass auch vielleicht einmal da oder dort die Zwangsgebühren in Frage gestellt werden. Da muss man sich dann entscheiden: Nimmt man gerne die Werbezeiten für sich in Anspruch oder eben die Zwangs­gebühren? Da muss man auch einmal darüber diskutieren. In dieser Form kann es jedenfalls nicht weitergehen, da ist natürlich auch Handlungsbedarf gegeben.

Zum Abschluss vielleicht Folgendes: Die Chance, die verpasst worden ist, ist, eine unabhängige Kandidatin als Rechnungshofpräsidentin zu erleben. Das ist die Chance, die verpasst worden ist.

Jetzt kann man über Feinheiten diskutieren. Ich sage, die Wahl zwischen Pest und Cholera: Wird es ein SPÖ-Kandidat oder ein ÖVP-Kandidat? – Das ist in Wirklichkeit nicht das, was der Fall sein sollte. Es sollte eigentlich so sein, dass gerade die Regierungsparteien, wenn sie einen neuen Stil leben, dafür Sorge tragen hätten sollen, dass eine unabhängige Kandidatin, die ausdrücklich nicht von den Regierungs­parteien kommt, als neue Rechnungshofpräsidentin möglich geworden wäre. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Dann wäre das der neue Stil und dann wäre das der Stil, dass man auch sicherstellen kann, dass die öffentliche Gebarung und die Tatsache, wie diese Regierung mit öffentlichen Steuergeldern umgeht, kritisch betrachtet werden.


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Diese Chance ist verpasst worden. Dass wir von vornherein klargemacht haben, dass wir weder für die eine Regierungspartei noch für die andere Regierungspartei den Steigbügelhalter spielen werden, das ist eben unsere konsequente Politik in dieser Frage. (Beifall bei der FPÖ.)

16.37


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


16.37.05

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Frau Präsidentin! Es gab mehrere Er­kennt­nisse dieses Hearings. Die erste ist, wir haben eine neue Anti-Hearing-Partei im Parlament – ich begrüße die ÖVP.

Sie haben festgestellt, das mit dem Hearing war eine ein bisschen blöde Idee, denn wenn man nachher erklären muss, dass das, was man vorher gesagt hat, automatisch das Beste ist, wird es schwierig. Ich habe dann auch das Interview von Herrn Klubobmann Lopatka in der „ZiB 2“ oder in der „ZiB 1“ – ich glaube, in der „ZiB 2“ wurde es ausgestrahlt – gesehen.

In der Ecke des Saals war, nachdem klar berichtet worden ist, was der Eindruck der Journalisten war, was der Eindruck der Öffentlichkeit war, Herr Lopatka, der gemeint hat, es gibt eine einzige Entscheidung: Die beiden Kandidatinnen, die wir nominiert haben, waren mit Abstand die Besten. Eine davon ist halt gewählt worden. (Zwischen­ruf des Abg. Lopatka.)

Man muss jedoch Klubobmann Lopatka grundsätzlich gratulieren: Es war schon ein „tricky plan“. Ich meine, wir kennen uns ja aus anderen Bereichen. Der diesmalige Plan war schon gut, muss man sagen, er ist schön aufgegangen.

Also man nominiert zwei, die nominiert man so früh, bevor der Regierungspartner noch dabei ist, wobei das kein Kriterium ist, und dann immer eine, wo man genau weiß, das ist die absolute Kampfansage an den Regierungspartner – das war Frau Berger –, und als Zweite nimmt man dann „eine von uns“. – Ich weiß nicht, Herr Lopatka, stimmt das, dass irgendwann einmal der Spruch gefallen ist, es wird auch „eine von uns“ werden? Könnte es sein, dass das einmal gefallen ist? Dann wird es halt „eine von uns“, nämlich von Ihnen. (Heiterkeit des Abg. Steinhauser.) Das war schon tricky aufgesetzt. (Abg. Rädler: Sie müssen schon großräumiger denken!)

Also „von uns“ ist dort jemand drinnen, der Lopatka-Plan ist somit aufgegangen. Blöd wird es, dass man euch sagen muss, da gab es noch jemanden, der bei allen Schwie­rigkeiten mitgespielt hat. Aber das Hearing hat schon deutliche Vorteile gebracht. Ich meine, Deals kann man nicht verhindern, aber sie werden transparent. Das ist der Vorteil, den Hearings mit sich bringen. Darauf sollten wir halt in Zukunft setzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

Jetzt gibt es noch ein paar Betrogene, bei der FPÖ zum Beispiel, denn die hatten auch einen Deal, nämlich mit Herrn Lopatka. Jetzt ist die Frage: Soll man mit Herrn Lopatka Deals machen? Und was bleibt dann übrig?

Also diese Geschichte mit Rechnungshof versus ORF wird jetzt spannend, denn sie ist offenbar nicht ganz aufgegangen. Es wird noch sehr spannend, wie es jetzt weitergeht.

Jetzt haben Sie die Fläche mit der SPÖ aufgemacht, mit der FPÖ aufgemacht, also der Freund aller Parlamentarier, Reinhold Lopatka, wird schon schauen, mit wem er sonst noch irgendwelche Deals macht.

Er hat allerdings schon etwas genutzt, was ihm Herr Bundeskanzler Kern aufgemacht hat, denn der Umstand, dass sich Bundeskanzler Kern in die Besetzung eingemischt


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und als Bundeskanzler selbst definiert hat, wer denn dem Rechnungshof vorstehen soll, war ein Kardinalfehler.

Jetzt nickt Herr Lopatka, deshalb nämlich, denn in dem Moment, als der Herr Bundes­kanzler das gesagt hat, hat Herr Lopatka erkannt: Die Revanche für die Telefonzelle, ha, sie ist da! Jetzt geht sie sich aus! (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Ich habe gar nicht lange warten müssen: Jetzt hat er mir den Punkt geliefert. Bundeskanzler Kern hat die Definition geliefert. Er hat gesagt, wer es werden soll: Es soll jemand sein, der nicht aus einem Politbüro kommt. Wunderbar! Also 13 Jahre Schützenhöfer, das ist wahrscheinlich nicht Politbüro – ich weiß nicht, wie man das bei der SPÖ diskutiert hat –, das ist wahrscheinlich irgendwo anders dabei. (Abg. Lopatka: Steger war nie in einem Politbüro?) – Den hat die SPÖ ja gar nicht nominieren wollen! Das war eine andere Situation. (Abg. Lopatka: Aha, das war eine andere Situation! Ein anderes Problem! Also kein Politbüro? Abg. Lausch: Der Van der Bellen ist …!) – 13 Jahre Politbüro Schützenhöfer sind dann die Vorgabe woanders gewesen.

Herr Kern war ja gar nicht … (Abg. Lopatka: Selektive Wahrnehmung! Sehr selektive Wahrnehmung!) Hören Sie jetzt einmal zu!

Herr Bundeskanzler Kern war ja gar nicht glücklich damit, dass Herr Steger nominiert worden ist. Das war ja gar kein schlechter Schachzug von Herrn Lugar beziehungs­weise von Frau Dietrich, Herrn Steger zu nominieren, das muss man ja wirklich sagen, sonst hätte die SPÖ in der Situation Steger wahrscheinlich selbst gar nicht nominiert. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Eh nicht!) Da ist einmal einiges in Bewegung gekom­men, und damit waren einmal zwei da. (Abg. Lugar: … Kandidaten nominiert! Was ist daran überraschend?) – Nein, ich sage ja, das war ja ein wirklich guter Schachzug, denn sonst hätte es möglichweise gar nicht die Möglichkeit gegeben, dass Herr Steger überhaupt drangekommen wäre. (Zwischenrufe der Abgeordneten Lugar und Lopatka.)

Herausgekommen ist, dass Herr Steger – und das schätze ich bei Persönlichkeiten –, obwohl er eine klare politische Herkunft hat, bewiesen hat, dass er nicht im parteipoliti­schen Sinn agiert. (Abg. Lopatka: Eh, das schätzen Sie: eine klare politische Her­kunft!) – Ja, eine klare politische Herkunft schätze ich. Da habe ich auch nichts dagegen, weil ich glaube, dass das für alle Parlamentarier zutrifft. Das wäre jetzt nicht ungewöhnlich.

Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass ich gesagt habe: Ich schätze jemanden, der eine klare politische Herkunft hat und trotzdem bewiesen hat, dass er nicht im parteipolitischen Sinn agiert. Und das kann man Herrn Steger mit größter Wahr­scheinlichkeit nicht vorwerfen. (Beifall bei den Grünen. Abg. Lopatka: Herr Kollege Brosz, dann habe ich eine Frage: Wieso durfte dann Abgeordnete Moser nicht kan­didieren?)

Ich weiß, dass das unangenehm ist, aber Sie sind ja sonst auch nicht mundfaul, Herr Klubobmann Lopatka, Sie können durchaus die Redezeit gebrauchen, bevor Sie die Anti-Hearing-Sprecher Ihrer Fraktion runterschicken und erklären, warum wir das mit dem Hearing in Zukunft nicht mehr machen. (Abg. Lopatka: Ich wäre für Dr. Moser gewesen!) Das ist ja auch nachvollziehbar.

Dann kommen wir noch zum ORF: Es wird spannend, was dort passieren wird. Jetzt ist es vielleicht nicht ganz so aufgegangen. Schauen wir, ob der Plan von Lopatka aufgeht und ob alle in der ÖVP so glücklich sein werden, wenn man dann sieht, dass man mit ihm offenbar nicht unbedingt in die guten Gassen fährt, sondern eher in die Sack­gassen.


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Das, was beim ORF besonders amüsant ist, ist, dass die Vorstellung für ÖVP und SPÖ fast abwegig ist, dass man einen ORF-Generaldirektor wählt, ohne dass das de facto zu 90 Prozent Leute entscheiden, die von Parteien – von der Regierung oder anderweitig – politisch besetzt wurden. Herr Bundesminister Drozda, Ihr Vorgänger, Josef Ostermayer, hat ja immer betont, ein anderes System als jenes, Parteienvertreter in den ORF zu setzen, die dann nach Freundeskreisen, nach parteipolitischen Kriterien entscheiden, wer es wird, sei quasi demokratisch nicht legitimierbar.

Das ist ja für mich die absurde Vorstellung! Ich gebe aber zu: Wir haben in Österreich ein Problem mit der Zivilgesellschaft. Ich definiere sie anders als diese Variante mit den österreichischen Besonderheiten, nämlich so, dass dort nicht die parteipolitische Frage mitspielt, sodass vom Sportverein über den Autofahrerverein bis zum Bienen­züchterverein sämtliche Fragen in Rot und Schwarz aufgeteilt sind. Da haben wir ein Problem, anders als in Deutschland, das muss man schon feststellen.

In Deutschland haben sie das Problem gelöst: Herr Chefredakteur Raue vom Mittel­deutschen Rundfunk war unlängst beim „DialogForum“ des ORF und hat beschrieben, wie dort die Intendantenwahl abläuft. Dort sind 43 Personen stimmberechtigt. Jetzt kann man sagen, noch mehr als bei uns, vielleicht zu viele, aber dort gibt es eine Zivilgesellschaft, die nicht parteipolitisch zugeordnet ist. Raues Aussage war ganz klar: Dort beginnt eine Intendantenwahl, und niemand weiß, was zum Schluss heraus­kommt. Dort gibt es Hearings und dort wird aufgrund von Entscheidungen, die nach­vollziehbar sind, die Entscheidung getroffen, wer dann Intendant wird.

Es wäre doch wünschenswert, dass so etwas in Österreich irgendwann einmal auch denkmöglich ist und vielleicht eine Struktur geschaffen wird, in der nicht hinter allem parteipolitische Dinge stehen. Das ist weder bei der SPÖ noch bei der ÖVP vorstellbar; im Übrigen auch nicht bei der FPÖ, die waren auch immer dagegen. Mit den NEOS sind wir uns da relativ einig. Darüber, wie das Modell im Gesamten ausschaut, kann man noch diskutieren, aber wichtig ist, dass man davon wegkommt, dass Freundes­kreise entscheidend sind.

Klubobmann Strache hat, glaube ich, gerade gesagt, man sollte das noch stärker gemessen am Wahlergebnis besetzen. Also das ist relativ einfach: Orientieren wir das am Hauptausschuss, der wählt dann wahrscheinlich gleich direkt, denn dann hätten wir das ans Wahlergebnis angelehnt! Das mit dem Föderalismus ist dann eben ein bisschen schwierig, die kommen dann auch nicht rein, das muss man also auch irgendwie beibehalten.

Wenn man so denkt, wird es keine Veränderung geben. (Abg. Fekter: … Kandidaten nominieren, die nicht gewählt werden!) Die entsprechenden Positionen im ORF sollten wirklich so besetzt werden, dass die Kandidaten von Personen gewählt werden, die keine parteipolitischen Bindungen haben, die so weit wie möglich unabhängig davon entscheiden können. Das wäre das Ziel für die zukünftige Entwicklung des ORF. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)

16.44


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


16.44.34

Abgeordnete Martina Schenk (STRONACH): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Geschehnisse rund um die Wahl der neuen Präsidentin des Rechnungshofs waren kein Ruhmesblatt.

Rot und Schwarz haben taktisch gespielt. (Abg. Rädler mit der Hand zuerst in die eine, dann in die andere Richtung deutend : Das Team Stronach: einmal so, einmal so!) Der Obertaktiker und Meistertrickser Lopatka spielt jetzt auch wieder vor sich hin.


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Sie haben mit dieser Aktion aber sich selbst, dem Parlamentarismus, der Demokratie und vor allem den österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern nichts Gutes getan. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ.)

Der Rechnungshof beziehungsweise dessen Präsident kann auch als Anwalt des Steuerzahlers gesehen werden, der auf das hart verdiente Geld der Steuerzahler aufpasst, durch den die Regierung auch kontrolliert werden soll und dessen Empfeh­lun­gen auch öfters umgesetzt werden sollen. Das Geld mit vollen Händen hinaus­zuwerfen, wenn es nicht das eigene ist, ist leicht, aber es zu verdienen ist schwer. (Abg. Lopatka: Was hat das mit dem Steuerzahler zu tun?) – Sie können sich dann gerne zu Wort melden, Herr Lopatka. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Lopatka.– Ich wundere mich ja sowieso, warum Sie heute so ruhig sind und sich in der Debatte noch nicht zu Wort gemeldet haben. (Abg. Lopatka: Sie meinen, der Steger hätte das besser gemacht? Abg. Fekter: … eine Frau? Das ist schon schade!)

Gehen wir weiter! Wenn es vonseiten der Regierungsparteien zu gegenseitigen Schuld­zuweisungen kommt (Abg. Lopatka: Sie hätten Steger gewollt? Wer ist Ihr Favorit?) – ich habe ein Mikrofon, ich werde immer lauter sein –, dann tun Sie sich selbst nichts Gutes, das habe ich schon erwähnt. Die Frage, die jetzt von meiner Seite noch einmal an die SPÖ gerichtet wird, weil sie bis jetzt unbeantwortet geblieben ist – auch in der Sendung „60 Minuten.Politik“ gab es letzte Woche von Ihrem Vertreter Elmar Mayer keine Antwort darauf –, lautet: Wenn Sie sich schon nicht auf Steger einigen konnten, warum konnten Sie sich denn nicht zumindest auf die zweitbeste Wahl einigen, auf Frau Mag. Berger?

Ich glaube, man kann ihr ihre Qualifikation sicher nicht absprechen. Sie war jahrelang als unabhängige Richterin tätig, dann war sie im Rechnungshof, hat gut mit dem Hohen Haus zusammengearbeitet, war im Kabinett von Dr. Moser. (Zwischenruf des Abg. Lopatka.) Ich verstehe nicht, warum sich die SPÖ dann geweigert hat, diesem Vorschlag zuzustimmen. Dafür hätte es ja auch eine breite Mehrheit gegeben: Diese Kandidatin wäre mit einer Mehrheit von mindestens vier Parteien gewählt worden. Das wäre für den Rechnungshof, für das Hohe Haus und für den Parlamentarismus sicher die bessere Lösung gewesen, als sich auf die am dritt-, viert- oder fünftbesten qualifizierte Bewerberin zu einigen. Das war ein Deal, ein Kuhhandel – ein Old Deal, kein New Deal.

Wie wir heute – und nicht nur heute, sondern auch in den vergangenen Tagen und Wochen – in der Debatte gehört haben, geht es um die Nachbesetzung in der ORF-Führung. Im August wird gewählt, und das ist ein Abtausch. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss man der Bevölkerung, den Zuseherinnen und Zusehern auch noch einmal sagen, weil man das so nicht unwidersprochen lassen kann; das muss man aufdecken. (Beifall beim Team Stronach.  Abg. Lopatka: Jawohl!)

Das ist wirklich nicht in Ordnung, aber lassen Sie mich jetzt noch kurz auf den ORF eingehen! Der ORF, meine sehr geehrten Damen und Herren, kommt seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht nach, und zwar in vielen Bereichen. Ich möchte auch ein konkretes Beispiel ansprechen – es wurde heute von meiner Kollegin Wal­traud Dietrich schon kurz angesprochen –, nämlich wie es mit dem Demokratie­verständnis des ORF aussieht: Es wird ein Kandidat zur Bundespräsidentenwahl vom ORF einfach nicht eingeladen, weil man meint, das sei nicht relevant. Man beruft sich auf zwei Studien, die Redakteure entscheiden das, Meinungsforscher werden inter­viewt – und er wird nicht eingeladen! Dieser Präsidentschaftskandidat – Richard Lugner – hat genauso wie die anderen Kandidaten die notwendigen Unterstützungs­erklärungen gesammelt und hat genauso das Recht, an der Diskussion im ORF teilzunehmen.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren, da ist ein massiver Einschnitt seitens des ORF passiert, und das darf nie mehr geschehen! (Beifall beim Team Stronach. Zwischenruf des Abg. Weninger.)

Da dazu laute Zwischenrufe kommen, lieber Kollege, darf ich dir Folgendes mitteilen: Diese Vorgehensweise war „demokratiepolitisch bedenklich“. Von wem kam diese Aussage? – Vom Präsidentschaftskandidaten Hundstorfer! Er hat diese Vorgehens­weise des ORF als „demokratiepolitisch bedenklich“ bezeichnet. (Beifall beim Team Stronach. Abg. Lugar: Genau so war das!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen an dieser Debatte, dass es da großen Diskussionsbedarf, aber auch großen Handlungsbedarf gibt. Wenn ich mir die heutige Debatte vergegenwärtige – sie dauert ja noch an –, dann kann ich nur sagen: Es war gut, dass die NEOS heute diesen Dringlichen Antrag gestellt haben. Klubob­mann Strolz hat ihn sehr gut begründet und das sehr gut dargelegt, auch hinsichtlich des öffentlichen Hearings und dessen Übertragung auf ORF III. Da sind wir natürlich voll und ganz auf deiner Seite, und ich finde es auch positiv, dass Bundeskanzler Kern gemeint hat, er stehe dem positiv gegenüber und werde sich im Stiftungsrat dafür einsetzen. Ich hoffe, dass es nicht wieder nur beim Reden bleibt, sondern dass auch gehandelt und etwas umgesetzt wird, denn schöne Worte hören wir genug.

Wir hören immer: Wir wollen mehr Transparenz, wir wollen mehr Bürgerbeteiligung, wir wollen dies, wir wollen das. Aber wenn es dann um konkrete Umsetzungen geht, weiß ich nicht, ob es ein Hearing gibt, weiß ich nicht, ob es auf ORF III übertragen wird, weiß ich auch nicht, inwieweit die Gebührenzahler bei dieser wichtigen Entscheidung miteinbezogen werden. Zahlen dürfen sie, mitbestimmen dürfen sie nicht.

Abschließend möchte ich noch einmal den Vorschlag betreffend Briefwahl bekräftigen, den auch meine Kollegin Waltraud Dietrich gemacht hat.

600 Millionen zahlen die Österreicherinnen und Österreicher für den ORF und können sich daher auch erwarten, dass sie einerseits ein Mitspracherecht haben, auf der anderen Seite auch ein gescheites Programm bekommen und dass der ORF seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag nachkommt und sich alle politischen Parteien im gleichen Ausmaß in den Ausstrahlungen wiederfinden und nicht nur explizit Rotfunk und rote Regierungspolitik gemacht wird, wie wir es ja in jüngster Vergangenheit erlebt haben, als der ehemalige Kanzler eine Stunde Belangsendung bekommen hat.

Ich bin neugierig, wann unser Klubobmann eine Stunde Belangsendung bekommt oder der Klubobmann der FPÖ oder vielleicht auch der Grünen oder vielleicht auch Matthias Strolz. Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach und bei Abgeordneten der FPÖ. Abg. Weninger: Herr Stronach war vorige Woche im Fernsehen …!)

16.51


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Scherak. – Bitte.

 


16.51.41

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich halte die Debatte auch deswegen für so wichtig, weil wir jetzt so unterschiedliche Bereiche angesprochen haben, in denen mehr Transparenz notwendig wäre, in denen mehr Information gegenüber der Bevölkerung notwendig wäre und in denen auch Hearings notwendig wären.

Wir haben in unserem Antrag auch die Sache der Bestellung der Verfassungsrichter und die Frage der Minister-Hearings angesprochen. Mir ist noch eine Situation der letzten Jahre eingefallen, in der ein Hearing ebenfalls sehr wichtig gewesen wäre: Herr Bundesminister Drozda, es wird Sie höchstwahrscheinlich nicht betreffen, weil das nächste Mal, dass wir eine EGMR-Richterin/einen EGMR-Richter bestellen, in neun


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Jahren sein wird, aber ich fand das damals äußerst bezeichnend. Wir haben mit Ihrem Vorgänger im Verfassungsausschuss diskutiert und gefragt – damals noch Kollegin Musiol und ich –, wie er zu diesem Dreiervorschlag kam, und er hat immer gesagt, das könne er uns nicht sagen. Wir haben dann weiter nachgefragt: Wie funktioniert das? – Es gab da offensichtlich ein Hearing in der Bundesregierung, aber die Öffentlichkeit wurde nicht eingebunden.

Es war deswegen so besonders interessant, weil das Ergebnis dieses Hearings natürlich ein Dreiervorschlag war, wobei zwei Kandidaten der ÖVP zuordenbar waren und eine Kandidatin der SPÖ – die Kandidatin ist es dann im Übrigen auch geworden –, während einer der renommiertesten Menschenrechtler in Österreich, Professor Tretter, ohne Begründung – es weiß bis heute niemand, wieso – in diesem Dreiervorschlag nicht vorgekommen ist. Es ist halt typisch, wie so etwas läuft, und es ist deswegen auch so besonders peinlich, weil wir, wenn wir uns die Richtlinien der Parlamen­tarischen Versammlung des Europarats anschauen, sehen, dass Österreich von einem transparenten, objektiven Bestellmechanismus meilenweit entfernt ist.

Ähnlich ist es, wie wir es in unserem Antrag angesprochen haben, auch in Bezug auf die Verfassungsrichter. Der Bundeskanzler hat ja gemeint, er könne sich gut vorstellen, dass wir da ein Hearing machen; ich hoffe, dass er dann auch auf die Kollegen der SPÖ einwirken wird. Es gibt ja jetzt immer wieder ein Hearing, allerdings nur aus Goodwill. Beim letzten Mal gab es eine Diskussion anlässlich der Bestellung eines Ersatzmitglieds des VfGH. Da gab es dann kein Hearing, was ich nicht verstanden habe. Wir haben heute auch einen diesbezüglichen Antrag eingebracht und dem Verfassungsausschuss zuweisen lassen. Ich hielte es für sehr sinnvoll, wenn ein solches Hearing in Zukunft gewünscht wäre, weil das auch in anderen Ländern ganz normal ist.

In den Vereinigten Staaten beispielsweise wird das Hearing für die Richter zum Supreme Court auch im Fernsehen gestreamt. Es gibt ein Hearing vor dem ent­sprechenden Ausschuss, und es wäre auch bei uns ganz normal und logisch, das transparent zu machen, gerade wenn es um die höchsten Richter in einem Staat geht.

Wir wünschen uns auch Transparenz in Bezug auf die Ernennung von Ministerinnen und Ministern. Es geht uns nicht – weil die SPÖ, namentlich Kollege Weninger und Kollege Wittmann, darauf immer irgendwie allergisch reagiert – um die Entscheidung, sondern es geht um Öffentlichkeit und Transparenz. Sie wissen genau, dass es bei den letzten Regierungsumbildungen zumindest Unverständnis in der Bevölkerung gab.

Mich haben sehr viele gefragt, wie es passieren kann, dass Minister Sobotka da in die Regierung kommt. Wir kennen die Gründe in vielen Bereichen. Ich fand auch irritierend – und das muss man, glaube ich, einfach erklären –, wie es sein kann, dass Bundesminister Stöger – und ich will ihm die Qualifikation gar nicht absprechen, aber es ist zumindest verwunderlich – innerhalb kurzer Zeit drei unterschiedliche Minis­terämter übernimmt. Ich finde das zumindest verwunderlich, und so etwas könnte man in einem Hearing an die Öffentlichkeit bringen und diskutieren. Das macht das Euro­päische Parlament auch, dort ist das ganz normal.

Wie gesagt, es geht nicht darum, dass in einem solchen Hearing irgendetwas beschlossen wird, sondern einfach darum, dass man in der Öffentlichkeit transparent über diese Dinge diskutiert, weil dadurch viel mehr Verständnis entstehen würde.

Im Übrigen hat der scheidende Rechnungshofpräsident Moser genau das in seiner heutigen Abschlusspressekonferenz vorgeschlagen, und ich glaube, dass es sehr sinnvoll wäre, wenn wir ihm diesbezüglich folgen könnten und das auch entsprechend umsetzen könnten.


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Ich glaube, es gibt viele andere Bereiche, in denen Hearings und mehr Öffentlichkeit sinnvoll wären. Wir hatten eine solche Situation auch damals bei der Neubestellung der Aufsichtsräte der damaligen ÖIAG; da haben wir auch scharf kritisiert, dass es keinen transparenten Bestellmechanismus und -modus gibt. Ich glaube, das alles sind Dinge, die wir an die Öffentlichkeit bringen müssen und hinsichtlich derer wir mehr Transparenz schaffen müssen.

Herr Bundesminister Drozda, da Sie schon hier sind: Sie haben ja angekündigt, dass Sie das Informationsfreiheitsgesetz nach drei Jahren, in denen verhandelt worden ist, aber noch nichts weitergegangen ist, im Herbst beschließen wollen.

Auch das ist ein wesentlicher und positiver Beitrag zu umfassender Transparenz. Ich nehme Sie da beim Wort und hoffe, dass wir das bis zum Herbst entsprechend umsetzen und endlich dieses antiquierte Amtsgeheimnis abschaffen können, das noch aus der Monarchie ist und das quasi den Bürgerinnen und Bürgern sagt, dass sie kein Recht darauf haben, zu erfahren, was die Verwaltung macht.

Frau Kollegin Fekter hat einen wunderschönen Zwischenruf gemacht, der mich inspiriert, noch eine kurze Geschichte zu erzählen. Sie haben zwischengerufen, Sie sitzen auf der richtigen Seite. Das hat mich so an den ehemaligen Trainer der öster­reichischen Nationalmannschaft Josef Hickersberger erinnert, der einmal gesagt hat, er hat nicht die besten Spieler in seinen Kader berufen, sondern die richtigen. – Das ist nämlich genau das falsche Verständnis, das leider auch hier, insbesondere bei SPÖ und ÖVP, vorherrscht. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Aber der Vergleich hinkt!) Es geht nicht darum, die Besten zu bestellen, sondern es geht darum, jene zu bestellen, die für die eigene Partei am richtigsten sind. Das tun Sie die ganze Zeit, und ich halte das für falsch, denn es geht nicht um Parteiinteressen, sondern darum, dass wir das Beste für das Land herausholen.

Damit wir das in Zukunft lassen können und endlich mit diesem Postenschacher Schluss machen, den SPÖ und ÖVP hier seit Jahrzehnten betreiben, sollten wir uns in Zukunft darauf besinnen, dass wir erstens die Besten und eben nicht die Richtigen holen und dass es zweitens nicht mehr darauf ankommt, ob man irgendjemanden kennt, sondern darauf, ob man etwas kann und die Qualifikation für das entsprechende Amt hat. (Beifall bei den NEOS. Abg. Fekter: Der Strolz hat mir ja die falsche Seite vorgeworfen, und ich habe gesagt, ich sitze auf der richtigen Seite! Abg. Scherak das Rednerpult verlassend : Aber es war bezeichnend! Abg. Vetter: Bezeichnend war dein …!)

16.57


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


16.57.23

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal zum Titel des Dringlichen Antrags zurückkommen. Da steht: „betreffend neuer Stil durch transpa­rente, professionelle und objektive Stellenbesetzung“. Ich möchte das jetzt insbeson­dere in Bezug auf den ORF besprechen.

Warum brauchen wir überhaupt einen öffentlich-rechtlichen ORF? Da reicht ja die Geschichte weit zurück, und der Prototyp, das Beispiel, an dem wir uns mit dem ORF orientiert haben, war ja letztendlich die BBC.

Die BBC hat sich drei Kriterien und drei Strukturelemente herausgenommen, die Vorbildfunktion haben und auch heute noch gelten. Das ist einerseits diese Non-Profit-Orientierung, um eine Auseinandersetzung und eine unabhängige Berichterstattung zu haben, zweitens die Repräsentation – das ist nämlich das Spannende daran – der


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gesellschaftlich relevanten Gruppen in Aufsichtsräten und Gremien, damit all diese Gruppen vertreten sind und auch in der Berichterstattung berücksichtigt werden, und drittens der festgelegte öffentliche Auftrag für Meinungsvielfalt und eine ausgewogene Berichterstattung.

Diese Prinzipien gelten heute auch noch für unseren ORF, und ich möchte eine Lanze für den ORF brechen, denn das klingt jetzt immer so und wurde auch in manchen Reden so vorgebracht, als wären viele Dinge, die dort passieren, nicht transparent.

Wir haben gemeinsam ein ORF-Gesetz beschlossen, in dem wir viele Dinge geregelt haben, zum Beispiel im § 22, dass der Generaldirektor vom Stiftungsrat bestellt wird, und da kommen wir schon zur Zusammensetzung des Stiftungsrats, die auch eindeutig geregelt ist.

Der Stiftungsrat ist sehr groß, ja. Da sitzen 35 Personen drinnen. Sechs Mitglieder, die von der Bundesregierung vorgeschlagen werden, wobei jede einzelne Fraktion des Nationalrates vertreten sein muss. – So weit zur Demokratie. Es sind neun Vertreter der Länder dabei, auch der Publikumsrat ist vertreten, und, was für mich auch ein wesentlicher Aspekt ist, nämlich auch für die Zusammenarbeit mit dem ORF: Auch Belegschaftsvertreter sind Teil des Stiftungsrats, die die Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter des ORF vertreten.

Die Mitglieder des Stiftungsrats, das sind ja nicht irgendwelche Menschen, die da ganz einfach bestellt werden oder die da kommen und sagen: Ich möchte jetzt unbedingt Mitglied im Stiftungsrat werden!, sondern da ist schon bei der Bestellung darauf zu achten, dass sie eine persönliche und fachliche Eignung haben, dass sie eine ent­sprechende Vorbildung haben, eine einschlägige Berufserfahrung ist nicht schlecht und vor allen Dingen – ganz wichtig! – Kenntnisse über den österreichischen und den internationalen Medienmarkt. – Das sind, denke ich, gute Grundvoraussetzungen, somit gehe ich davon aus, dass dort die Besten drinnen sitzen.

Die Stiftungsräte, und das hat unser Herr Bundeskanzler in seiner Rede schon gesagt, haben dieselbe Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit wie Aufsichtsratsmitglieder einer Aktiengesellschaft, und ich glaube nicht, dass man diesen unterstellen sollte, dass sie dort nicht ordentlich arbeiten.

Damit man von der Politik wegkommt und damit es nicht zu sehr mit der Politik verknüpft ist, gibt es sogar noch eine Regelung, wer aller nicht im Stiftungsrat sitzen darf – da möchte ich nur eine Stelle aus dem Gesetz zitieren –:

„Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Mitglieder einer Landesregierung, Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates (…) oder des Europäischen Parlaments (…), Volksanwälte, der Präsident des Rechnungshofes und Personen, die eine der genannten Funktionen innerhalb der letzten vier Jahre ausgeübt haben.“ – Da gibt es eine Abkühlphase (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch-Jenewein), damit die vom politischen Geschehen weg sind, und ich bin überzeugt, das ist eine gute Regelung.

Der Posten des Generaldirektors ist jetzt neu auszuschreiben, dieser wird öffentlich ausgeschrieben – soweit zur Transparenz –, „Wiener Zeitung“, Sie kennen das Pro­zedere. Die BewerberInnen müssen auch nachweisen, was sie mitbringen können; sie werden sich im Stiftungsrat vorstellen, sie werden ihre Ideen dort diskutieren. Ob man im Stiftungsrat diesbezüglich vielleicht ein Hearing machen kann und ob dieses Hearing vielleicht öffentlich ist, das ist die Entscheidung des Stiftungsrats, und da sind sowohl Sie für Ihr Mitglied als auch wir für unsere Mitglieder und alle anderen für ihre Mitglieder aufgefordert, daran mitzuarbeiten, damit das auch geschehen kann.

Ich denke mir, dass das ein positiver Aspekt ist, und gerade der ORF ist eine der bestkontrollierten Einrichtungen, die es bei uns gibt. Er wird durch den Rechnungshof,


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durch den Medienrat, durch das Publikum, durch den Stiftungsrat und sogar durch den Wirtschaftsprüfer kontrolliert.

Wir haben 1974 mit dem Bundesverfassungsgesetz die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks im Allgemeinen festgeschrieben sowie die Definition des Rundfunks als öffentliche Aufgabe niedergeschrieben – das ist für uns unantastbar, aber nichtsdesto­trotz soll es unsere Aufgabe sein, manche Abläufe in die Jetztzeit zu bringen und ganz einfach weiterzuentwickeln. (Beifall bei der SPÖ.)

17.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


17.03.09

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der vorliegende Dringliche Antrag von NEOS ist sicher sehr gut gemeint und, wie es mein Klubobmann schon gesagt hat, in den meisten Punkten unterstützenswert, jedoch muss man natürlich sagen, dass das in gewisser Weise so etwas wie Wünsche an das Christkind sind, deswegen, weil wir zum einen schon in der Theorie, nach den Lettern des Gesetzes gewisse gesetzliche Regelungen haben, die theoretisch eine Objektivierung, die besten Leute im ORF einfordert; auf der anderen Seite – das haben wir heute ja schon lang und breit besprochen – haben im Bereich des Rechnungshofausschusses selbst das öffentliche Hearing und die Trans­parenz nichts geholfen und die Packelei letztlich gesiegt. Das funktioniert eben in der Realität nicht.

Das liegt aber noch viel tiefer, und das wird man wahrscheinlich mit noch mehr Hearings und noch mehr Transparenz auch nicht lösen, das liegt in der mangelnden Stärke unseres Parlamentarismus, das liegt darin, dass wir im Grunde genommen in einer Ministerialdemokratie leben, in der also die Regierungsfraktionen in erster Linie von ihren Ministern und auf der anderen Seite von der Partei abhängig sind.

Für mich ist damit klar, dass es auch im August wieder eine Packelei geben wird, dass wir auch bei der Wahl zum ORF-Generaldirektor im August nicht erleben werden, dass der Beste, der Qualifizierteste gekürt wird, sondern der politisch Willfährigste, und dass derjenige wahrscheinlich wieder Alexander Wrabetz heißen wird. Es ist aber so, dass die Probleme beim ORF sicher tiefgreifender sind und diese nicht nur mit der Art und Weise der Wahl des Generaldirektors zu tun haben.

Kollege Cap hat heute gesagt, dass der ORF wirtschaftlich so erfolgreich ist. – Da muss ich leider laut lachen, denn mit 600 Millionen € an Zwangsgebühren ist das sicher leicht zu machen. Genauso wäre es, wenn man behaupten würde, die ÖBB seien ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen. Wir alle wissen, wie viel wir da vom Steueraufkommen hineinzahlen; das ist aber offensichtlich ein sozialistisches Wirtschaftsverständnis, das da zum Tragen kommt. (Beifall bei der FPÖ.)

Der Anspruch des ORF auf die Rundfunkgebühren oder auf einen Großteil der Rundfunkgebühren ist absolut zu hinterfragen und unseres Erachtens aus mehreren Gründen nicht mehr gerechtfertigt. Zum einen ist es so, dass der ORF nur mehr im Ansatz die im ORF-Gesetz festgehaltenen Anforderungen – nämlich das, was ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist, welche Inhalte zu produzieren und zu verbreiten sind – erfüllt, vor allem in seinen Sendern ORF eins und ORF 2. Zum anderen agiert der reichweitenstärkste Radiosender, nämlich Ö3, im Grunde genommen wie ein Privatsender, sieht man einmal von den Verkehrsinformationen und der einen oder anderen Nachrichtensendung ab. Und der ORF ist in den vergangenen Jahren hergegangen und hat eben diese öffentlich-rechtlichen Inhalte in die Spartenkanäle verbannt, die ja kaum eine Reichweite haben. Im Grunde genommen, auf dem Papier,


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erfüllt er dort zwar den öffentlich-rechtlichen Auftrag, hat damit aber in Wirklichkeit eine Feigenblattlösung geschaffen, und die große Reichweite wird nicht erzielt.

Dieser öffentlich-rechtliche Auftrag, das muss man ganz klar festhalten, ist dadurch eben ungenügend erfüllt. Dazu kommt noch, dass in den Nachrichtensendungen das Objektivitätsgebot immer wieder verletzt wird, dass man es seitens der ORF-Führung duldet, dass beispielsweise Nachrichtenredakteure, Programmgestalter ihre persön­liche politische Meinung in die Berichterstattung einfließen lassen. Ein leuchtendes Flaggschiff, das kennen wir alle, ist der Moderator der „ZIB 2“, der auf der einen Seite auf Twitter den linken Moralapostel gibt, als Twitter-Gott, und auf der anderen Seite kaum in der Lage ist, in der „ZIB“-Sendung mit seiner politischen Meinung hinterm Berg zu halten und eben auch dort den Moralapostel spielt. Ich denke, das ist eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks einfach unwürdig. Wenn man nach Deutschland blickt, sieht man, dort gibt es so etwas nicht. (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Was in diesem Bereich weiters zu denken gibt, ist – gerade aktuell – die Sportbericht­erstattung: Man ist nicht in der Lage, mit Abermillionen – etwa im Vergleich zum Schwei­zer Fernsehen, geschweige denn zum deutschen Fernsehen, auch wenn dort mehr Geld da ist, das ist keine Frage – eine wirklich professionelle Berichterstattung zu machen; das ist das eine. Was Randsportarten betrifft, wie etwa Eishockey, so kommen diese im ORF gar nicht vor oder nur sehr wenig, weil man offensichtlich einem Sender wie ServusTV nicht zuspielen will und sich da einfach wie ein Kind benimmt und sagt: Was die anderen können, das dürfen wir nicht machen!

Für uns stehen damit die Zwangsgebühren mehr als infrage. Man sollte überhaupt darüber diskutieren, ob man ORF eins und Ö3 nicht vielleicht völlig in die freie Markt­wirtschaft entlässt und nur mehr jene ORF-Programme fördert – es gibt ja auch Landesstudios, die sehr gut arbeiten, sehr wertvolle Programme wie zum Beispiel Radio Kärnten oder Radio Steiermark –, die absolut diesem öffentlich-rechtlichen Auftrag nachkommen, die Gebühren also nur mehr dorthin gibt beziehungsweise die Gebühren anders verteilt.

Diese Rahmenbedingungen müssen wir als Gesetzgeber schaffen, das ist, glaube ich, ganz klar. Wir haben da immer wieder entsprechende Anträge eingebracht und werden das auch in Zukunft tun, und ich freue mich da auf eine gute Diskussion im Verfassungsausschuss.

Abschließend noch zum NEOS-Antrag bezüglich der Hearings, was Ministeramts­anwärter betrifft: Das halten wir nicht für gut, weil wir der Meinung sind, das soll der Wähler entscheiden. Es wurde heute schon von Kollegen Cap, glaube ich, richtiger­weise festgehalten, dass die Minister sich ohnehin permanent der Öffentlichkeit und der Opposition im Parlament stellen müssen. Und ich denke, der Kanzler – das würde theoretisch auch den Kanzler treffen – soll gewählt werden. Nur weil derzeit eine Partei einen Kanzler stellt, der nicht gewählt worden ist – das ist meines Erachtens deren Problem –, müssen wir jetzt nicht unbedingt Hearings einführen.

In diesem Sinne hoffe ich auf baldige Neuwahlen, damit eben dieser Umstand bereinigt wird, und danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

17.08


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Maurer. – Bitte.

 


17.08.45

Abgeordnete Sigrid Maurer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kanzler! Sehr geehrter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der letzten Woche viele launige Kommentare und hier auch ein paar launige Reden dazu, wie sich das alles abgespielt hat, gehört. Herr Lopatka als Frank Underwood


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(Abg. Lopatka: Wer ist das?), der kleine Meister des House of Cards, dieser beliebten US-Serie (Ruf bei der ÖVP: Kevin Spacey!), in der es um einen sehr intriganten, umtriebigen Abgeordneten geht. – Herr Lopatka lächelt so schelmisch, er scheint sich in dieser Rolle des Intriganten sehr gut zu gefallen.

Tatsächlich ist das, was sich hier abspielt …

 


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete, ich würde Sie bitten, diesen Vorwurf zurückzunehmen (Ruf bei den Grünen: Welcher Vorwurf?), oder ich muss Ihnen für „Intriganten“ einen Ordnungsruf erteilen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Abgeordnete Sigrid Maurer (fortsetzend): Ich glaube, ich habe einen Vergleich gezogen, aber ich nehme das zurück. (Abg. Glawischnig-Piesczek: In der Serie ist er intrigant! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) Ich weiß nicht genau, was der Vor­wurf war. Ich habe gesagt, Herr Lopatka scheint sich in dieser Rolle zu gefallen; er lächelt auch schon wieder sehr, sehr schelmisch und glaubt, das ist immer noch ein Spaß hier. (Abg. Lopatka: Sie haben es ja zurückgenommen!)

Tatsächlich ist das kein Spaß, was sich hier abspielt, sondern es ist eine sehr traurige Episode für das österreichische Parlament, was sich hier in den letzten zehn Tagen abgespielt hat, und es sollte jeden einzelnen Abgeordneten, jede einzelne Abgeord­nete hier herinnen beschäftigen – Sie, Herrn Pendl, genauso wie Herrn Lopatka, wie Kollegen Berlakovich. Das ist die Frage, wie dieses Parlament mit der ganz wichtigen Position des Rechnungshofpräsidenten/der Rechnungshofpräsidentin, mit dieser Wahl umgeht.

Ich finde, wir alle sollten einmal darüber nachdenken: Wie ernst nimmt sich ein Parlament, das solch eine Show abzieht? Wir laden zum allerersten Mal zu einem öffentlichen Hearing ein, und das Ergebnis dieses Hearings ist offensichtlich völlig irrelevant für die Entscheidung dieses Parlaments. Die Abgeordneten, die ange­sprochen sind, sind natürlich vor allem die Abgeordneten der beiden Regierungsfrak­tionen.

Wir haben eine Position für die nächsten zwölf Jahre besetzt – zwölf Jahre, da haben wir, vom heutigen Zeitpunkt aus gesehen, noch drei Mal Nationalratswahlen –, das ist also eine ganz, ganz weitreichende Entscheidung; es geht um das oberste Kontroll­organ der Republik. Diese Entscheidung ist auf eine Art und Weise gefällt worden, die unglaublich ist, wenn man sie von außen betrachtet.

Es beginnt damit, wie mit dem Hearing umgegangen wird. Und da muss ich schon auch noch eines bemerken – das wäre nach der Geschäftsordnung eigentlich eine tatsächliche Berichtigung –: Herr Klubobmann Strache hat vorhin behauptet, alle sechs FPÖ-Mitglieder des Hauptausschusses seien anwesend gewesen. – Das ist falsch. (Zwischenruf des Abg. Zanger.) Das Hauptausschussmitglied Strache war beim Hearing nicht anwesend (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ja sicher! … es waren sechs Mitglieder!), und er ist auch jetzt nicht anwesend.

Strache ist Mitglied des Hauptausschusses und hat als Klubobmann des Freiheitlichen Parlamentsklubs nicht das Interesse aufgebracht, diesem öffentlichen Hearing beizu­wohnen. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Er hat die Wahlanfechtung bekannt gege­ben!) Er fehlt auch jetzt schon wieder. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Lopatka.) – Herr Lopatka, ich stelle fest, wer Interesse daran zeigt, wer den Rechnungshof leitet, und wer nicht. Ich stelle fest, Herr Strache war nicht anwesend. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wer von uns im Hauptausschuss sitzt, müssen Sie schon uns überlassen!) – Herr Strache hat behauptet, er sei nicht Mitglied des Haupt­ausschusses, er ist aber Mitglied des Hauptausschusses. (Abg. Belakowitsch-Jenewein:


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Ja, er hat ja nichts anderes behauptet! – Zwischenrufe der Abgeordneten Wöginger und Lopatka.)

Gehen wir weiter: Wir hatten dieses Hearing, es gibt ein ganz, ganz eindeutiges Ergebnis, das von Journalistinnen und Journalisten, von allen BeobachterInnen geteilt wird, und trotzdem entscheidet die ÖVP unter Mithilfe der SPÖ, die sich da am Nasenring vorführen lässt, für eine Kandidatin, die wirklich alles andere als über­zeugend war.

An dieser Stelle möchte ich schon auch noch einmal auf ein Argument aus den ÖVP-Reihen eingehen, die jetzt die Anti-Hearing-Partei ist. (Abg. Lopatka: Wer soll das verstehen? … Wortschöpfungen!) Gerade bei der Funktion des Rechnungshofprä­sidenten oder der Rechnungshofpräsidentin ist die öffentliche Wirksamkeit ganz, ganz zentral. Was ist die Aufgabe des Rechnungshofpräsidenten? – Die Empfehlungen zur Umsetzung zu bringen.

Es ist die Aufgabe des Rechnungshofpräsidenten oder der Rechnungshofpräsidentin, der Öffentlichkeit zu kommunizieren, wo in der Republik etwas falsch läuft, wo Steuergeld verschwendet wird, und auch Druck zu machen, dass die notwendigen Reformen angegangen werden. Dafür braucht es auch eine entsprechende Öffent­lichkeitswirksamkeit, und gerade für diese Position ist es umso wichtiger, diese auch in einem öffentlichen Hearing abzutesten. (Abg. Lopatka: Ja, genau! – Abg. Wöginger: Haben wir eh gemacht!) Also diese Argumentation betreffend Hearing, da sind wir jetzt doch nicht so überzeugt, das, glaube ich, ist eine ganz schlechte Argumentation. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wöginger: Sie ist eine Frau, und sie ist Direktorin in der Steiermark …! – Abg. Lopatka: Die Grünen haben Dr. Kraker in der Steiermark sehr gelobt! Sehr gelobt! – Abg. Brosz: … nicht gewählt, falls Ihnen das nicht mehr bewusst ist!) – Herr Lopatka, es geht darum, die bestqualifizierte Person zu nominie­ren. (Abg. Lopatka: Sie haben aber nicht dagegengestimmt, Kollege Brosz! Es hat keine Gegenstimmen gegeben! Immer gegen die Frauen!) Es war in diesem Hearing völlig eindeutig – und das sagen sowohl die Mitglieder Ihrer eigenen Partei als auch der SPÖ, die JournalistInnen und alle, die das beobachten konnten, auch jene, die die Empfehlungen des Herrn Steger lesen, werden das feststellen können –, Herr Steger war der mit Abstand beste Kandidat, mit klaren Vorstellungen davon, in welche Richtung der Rechnungshof gehen soll.

Ich möchte an dieser Stelle jetzt schon einen Appell an alle Abgeordneten richten: Dieses Hearing war eine Blamage (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Ihre Rede ist eine Blamage!), dieses Ergebnis so klar zu ignorieren. Wir machen uns ja lächerlich vor der Öffentlichkeit (Ruf bei der ÖVP: Ja, das ist wahr, ihr macht euch lächerlich! – Abg. Lopatka: Sie haben nicht einmal eine eigene Kandidatin zustande gebracht!) – vor der kleinen Öffentlichkeit, die beiwohnen konnte –, und ich würde an alle Abgeordneten dieses Hauses appellieren, sich bis morgen, bis zur Abstimmung, zu überlegen, was denn tatsächlich das Mandatsverständnis ist und ob sie sich für diese demokratie­politische Farce tatsächlich hergeben wollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lopatka: Mein Gott!)

17.14


Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.

 


17.14.45

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Zunächst noch ein Wort an meine Vorrednerin: Frau Kollegin, alle Mitglieder des Nationalrates sind auch Mitglieder im Hauptausschuss – alle Mit­glieder hier herinnen, nur zu Ihrer Information; informieren Sie sich! –, und es waren


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sechs Mitglieder der Freiheitlichen Partei im Hauptausschuss. (Abg. Brosz: Es gibt sechs … Mitglieder der FPÖ, einer davon heißt Strache, und er war nicht im Haupt­ausschuss!) Herr Klubobmann Strache hat auch niemals behauptet, dort anwesend gewesen zu sein. Er hat nämlich zeitgleich die Anfechtung der Wahl eingebracht. (Abg. Brosz: Das Hauptausschuss-Mitglied Strache war nicht anwesend!) Das war die Begründung, und genau das hat er hier auch gesagt – nur zu Ihrer Information. Also es sind alle Mitglieder des Nationalrates Mitglieder im Hauptausschuss – das nur für Sie. Lesen Sie es nach, wenn Sie es nicht wissen!

Jetzt zu der heutigen Debatte: Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich glaube, für die Zuseher vor dem Fernseher entsteht da ein ganz, ganz katastrophales Bild. Es geht hier nur noch ums Dealen: Wer hat wann wo wie und mit wem was auspaktiert, was ausgedealt, was ausgemacht? Das ist der Inhalt der heutigen Debatte, die wir hier geführt haben, und ich muss Ihnen ehrlicherweise sagen: Da kann man sich wirklich nur schämen, für diese Politik, die hier gemacht wird. Das ist Politik-Pornografie, was Sie hier betreiben. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, es ist schön, dass Sie jetzt wieder hier sind, aber man hat schon den Eindruck, das Dealen ist hier noch viel, viel mehr geworden, seit Sie Bundes­kanzler sind. Sie übertreffen ja auch noch die Ära Vranitzky, die Ära Klima, die Ära Gusenbauer und die Ära Faymann, denn dieses Bild, das wir, das Parlament, und vor allem Sie, die Regierungsfraktionen, heute hier abgegeben haben, das ist wirklich ein trauriges Bild. Wir sollten daran arbeiten, dass das ganz schnell wieder verschwindet. (Beifall bei der FPÖ.)

Ganz kurz noch zu dem viel gelobten, vor allem von den Grünen gelobten Herrn Steger: Ich nehme es zur Kenntnis, er war in Ihren Augen der Beste. Ich muss Ihnen ehrlicherweise sagen: in meinen Augen nicht, und daher habe ich ihn auch nicht gewählt. Ganz einfach ist das! Es ist natürlich klar, dass eben, wenn sich unter­schied­liche Personen im Ausschuss ein Hearing anhören und unterschiedliche Personen reden, nicht alle einen als den Allerbesten sehen, sonst wäre er wahrscheinlich mit überragender Mehrheit gewählt worden. Und es kann ja auch nicht so sein, dass die SPÖ ihn so gut gefunden hat, sie hat ihn ja bei der Wahl nicht einmal vorgeschlagen. Der Wahlvorschlag kam ja von anderen Fraktionen. Da stellt sich die Frage: Was ist denn sehr gut? Was ist überragend? – Weil es ein paar Zeitungen schreiben, heißt das noch nicht, dass er wirklich die überragendste Qualifikation mitgebracht hat. – So viel dazu. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt komme ich dazu, was eigentlich in dem Antrag steht: Es geht da ja darum, wie es denn bei der Wahl des ORF-Generaldirektors im August ausschaut. Ja, der ORF ist schon ein bisschen abgewirtschaftet, das muss man hier schon auch sagen. Immerhin hat der ORF einen öffentlich-rechtlichen Auftrag, er hat einen Bildungs- und Informationsauftrag, einen Kulturauftrag; und genau diesen Auftrag hat er in den letzten Jahren immer mehr vernachlässigt. Dieser Auftrag ist immer mehr mit Füßen getreten worden, das ist eine Tatsache, und das ist unter Wrabetz geschehen. – So viel dazu.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit: Letzten Samstag kam ein junger Österreicher bei einem Rasentennisspiel in Stuttgart erstmals in der Geschichte in das Semifinale, und der ORF hat es nicht zustande gebracht, das zu übertragen. ORF eins übertrug die Fußball-WM – gut, das ist aufgrund der Wichtigkeit des Ereig­nisses nachvollziehbar –, in ORF 2 gab es den gesamten Vormittag den 90. Geburts­tag der Queen – ich weiß nicht, ob das das Wesentliche ist. Dann schaut man in den Spartensender ORF Sport +, und dort wird irgendein Golfspiel, das aufgezeichnet war, gebracht. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Das war die European Tour …! Das ist


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nicht irgendein Golfspiel!) Jetzt frage ich mich schon, ganz ehrlich: Ist es nicht wich­tiger, im ORF das Tennisspiel eines jungen Österreichers zu übertragen?

Und dazu kommt das Gesetz. Wenn man sich das anschaut, sieht man, laut § 4b Abs. 1 Z 7 ORF-Gesetz sind „Sportbewerbe (…) zu übertragen, wenn eine solche Übertragung Voraussetzung für eine Veranstaltung von Sportbewerben in Österreich (…) ist“ oder wenn „österreichische Sportler oder Mannschaften“ am Bewerb „teil­nehmen“. – Also da hat der ORF meines Erachtens völlig verabsäumt, seinen Auftrag zu erfüllen.

Dann kommt immer die großartige Ausrede: Na ja, die Rechte, das ist alles so teuer! – Spannend: 24 Stunden später hat der ORF dann offensichtlich die Rechte doch noch nachgekauft und Passagen aus diesem Spiel gezeigt. – Das sei nur gesagt, um zu zeigen: Ganz so ist es nicht, dass beim ORF alles so großartig läuft! Das heißt, da wird ganz massiv abgebaut.

Den sogenannten Bildungsauftrag, meine Damen und Herren, hat der ORF ja längst in den ORF III verräumt, wobei ich diesen Sender wirklich für gut befinde – das möchte ich hier ganz ausdrücklich erwähnen –; allerdings hat er kaum eine Reichweite, das muss man schon auch einmal sagen. Die Reichweite des ORF III ist eine sehr geringe, und ORF III wird offensichtlich ganz einfach als Feigenblatt gehalten, damit man sagen kann, innerhalb des öffentlich-rechtlichen Senders wird der Bildungsauftrag wahrge­nommen. Man hat manches Mal den Eindruck, wenn man in einen Privatsender schaut, man könnte sich zum Beispiel ServusTV zum Vorbild nehmen, dort wird das nämlich ganz ohne ORF-Steuer und ohne öffentliche Zuwendungen erfüllt.

Der ORF, der diese Zwangsgebühren einhebt, erfüllt diese Kriterien eben nur mehr sehr marginal. Das sind ja einige Hundert Millionen Euro pro Jahr, die von den Zusehern zwangsweise eingehoben werden. Das heißt, teilweise steht der ORF in Konkurrenz zu privaten Sendern – mit einem viel höheren Budget. Das sollte man auch bedenken, wenn man eine neue Führung im ORF bestellen wird.

Der Herr Bundeskanzler war ja lange draußen, Herr Wrabetz ist ja jetzt auch weg. Wahrscheinlich hat er jetzt weiter gedealt und weiter gepackelt, was dann im Sommer ansteht. Genau den Eindruck macht das. Der Bundeskanzler, an den ein Dringlicher Antrag gerichtet wird, marschiert und geht zu Herrn Wrabetz hinauf, damit wir dann wissen, welches Ergebnis wir im August haben. (Beifall bei der FPÖ.)

17.20

17.20.50

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 1731/A(E) der Abgeordneten Dr. Strolz, Kolleginnen und Kollegen betreffend neuer Stil durch trans­parente, professionelle und objektive Stellenbesetzung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

17.21.36Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Doris Bures: Ich nehme die Verhandlungen über Tagesordnungspunkt 4 wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. (Abg. Lopatka: Ja, wenn er da ist!) Ich stelle Ihnen 2 Minuten ein, Herr Abgeordneter. – Bitte.

 



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17.21.49

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Wir haben ein relativ unstrittiges Gesetz zu verhandeln. Ich möchte die Gelegenheit aber nutzen, um auf einen Sachverhalt hinzuweisen: Leider haben wir auch in diesem Haus oft das Gejammere, wie schlecht der Wirtschaftsstandort sei. An dem Beispiel dieses Gesetzes und des dahinterliegenden Systems kann man aber zeigen, wie gut er eigentlich ist.

Österreich zählt zu den wenigen Industrieländern, die ein fast perfektes System der öffentlichen Verwaltung im Bereich des Grundbuchs, des Grundbuchkatasters, der digitalen Mappen haben. Das ist ein Soft-Faktum – wie man so schön sagt – für die Frage, wie gut sich Unternehmen in Österreich positionieren und ansiedeln können, wie gut sie ausbauen und weitermachen können. In anderen Ländern ist allein die Rechtsunsicherheit im Bereich des Grundes oft ein Faktor, der Unternehmen über Jahre beschäftigt, mit den Problemen, auch wirtschaftlicher Natur – Rückstellungen in den Bilanzen, Prozesskostenvorsorge und dergleichen –, die sich daraus ergeben. Österreich bietet in diesem Bereich – wie auch in vielen anderen – ein sehr gut orga­nisiertes Staatswesen an.

Meine Damen und Herren, bei aller Kritik, was alles nicht funktioniert: Dieser Staat funktioniert besser, als Sie ihn oft darstellen. Zum Glück wissen es unsere Bürgerinnen und Bürger oft besser als so mancher Oppositionspolitiker.

In diesem Sinne: Das ist ein gutes Gesetz für einen guten Standort, der sich hier beweist. Wir können etwas, wir werden auch in Zukunft gut performen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.23


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schellenbacher. – Bitte.

 


17.23.36

Abgeordneter Ing. Thomas Schellenbacher (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich beziehe mich ebenfalls auf die Novelle zum Vermessungs­gesetz. Wie gesagt, es ist unstrittig, es ist eine höchst notwendige Sache.

Man muss sich vorstellen, dass das System historisch gewachsen ist. Seit 1817 gibt es die Vermessungstätigkeiten und Kataster in Form des Grundsteuerkatasters, und das hat sich unverändert bis 1968 fortgesetzt. Erst seit 1968 haben wir den Grenzkataster, und seither gibt es eigentlich auch die Rechtssicherheit über Grund und Boden. Die Umwandlung ist aus dem Grund so schwer, weil bei dem Altkatastersystem der Naturstand vor der Mappe, also vor dem Kataster, gilt. Erst seit 1968 gilt die Papier­form, also die digitale Mappe vor dem Naturstand. Man muss sich aber vorstellen, dass das dann 1993 noch mit einer Abweichung von 15 Zentimetern verfeinert worden ist, und seit 2010 messen wir auf 5 Zentimeter genau.

Diese Systeme stehen sich sozusagen gegenüber. Die Überführungen – von einer großen Toleranz und einer Rechtsunsicherheit, ob jetzt der Naturstand oder die Katastermappe zählt – führen dazu, dass diese Verfahren grundsätzlich problematisch sind. Der Einwand eines Grundeigentümers gegen einen neuen Grenzverlauf führt dazu, dass nicht umgewidmet werden kann beziehungsweise dass die Teilung im Grenz­kataster nicht stattfinden kann.

Die Novelle regelt das auf sehr eindrucksvolle Art und Weise. Es werden alle gleichberechtigt. Man wird, wenn es einen Einwand gibt, nur mit dem, der einwendet, beim Vermessungsamt vorgeladen. Das Vermessungsamt gibt eine Frist von sechs Wochen. Wird nicht beeinsprucht, wird automatisch umgewandelt. Das ist deshalb so


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wichtig, weil wir derzeit, seit 1968, nur 12 Prozent aller Grundstücke im rechtssicheren Bereich haben.

Die anderen Vorteile hat der Vorredner schon angesprochen: Die Verfahrens­abwicklung bei Grenzwiederherstellung wird beschleunigt, von zwei Jahren auf ein Jahr. Bei Hangrutschungen gibt es einen Vermerk vom Vermessungsamt, sodass die Vermesser Bescheid wissen. Dann zählt auch der Naturstand, sodass niemand benachteiligt wird, bis das berichtigt ist. Alles in allem ist das eine gute Sache. – Glück auf! (Beifall bei der FPÖ.)

17.26


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenecker. – Bitte.

 


17.26.38

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Novelle des Vermessungs­gesetzes soll ja bei den Katasterverfahren die Effizienz heben, die Rechtssicherheit stärken und natürlich auch die Parteienfreundlichkeit heben.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, bei diesem Punkt darauf hinzuweisen, dass wir das durchaus auch als Teil der Behörde sehen, bei dem es de facto etwas effizienter und weniger bürokratisch zugeht. Ich möchte klar sagen, dass gerade das Thema Abbau der Bürokratie prioritär betrachtet werden muss, und möchte darauf hinweisen, dass letztes Jahr im Juni von einem Entbürokratisierungsdialog der Sozialpartner die Rede war. Ich kann mich erinnern, dass der Herr Vizekanzler in den Ausschüssen betont hat, dass es zu einer raschen Umsetzung kommen wird.

Offen gesagt: Es ist ein Jahr vergangen, es sind zwölf Monate ins Land gezogen, beinahe 360 Tage, und es hat sich nicht viel bewegt. Insofern glauben wir, dass das Tempo erhöht werden muss, auch bei der Entrümpelung der veralteten Gewerbeord­nung. Das alles steht an.

Herr Vizekanzler, ich kann den Unmut, den Sie über die – ich nenne es einmal freund­lich – Stabilität der Sozialpartner, das Einbetonieren bei manchen Dingen geäußert haben, durchaus verstehen.

Wir hoffen also, dass am 4. Juli, wenn Sie gemeinsam mit Herrn Bundeskanzler Kern ein Wirtschaftsprogramm 2016/2017 präsentieren werden, einerseits entsprechende Schritte gesetzt werden, dass auch beim One-Stop-Shop für Betriebsanlagen­genehmi­gungen und beim One-Stop-Shop für Betriebsgründungen ein Schritt vorwärts gemacht wird und dass die Umsetzung jedenfalls erfolgen kann. Andererseits hoffen wir selbstverständlich, dass es Bewegung seitens der Wirtschaftskammer gibt und die entsprechenden Änderungen bei der Gewerbeordnung endlich vorgenommen werden. (Beifall bei den Grünen.)

17.29


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Nachbaur. – Bitte.

 


17.29.22

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Es ist sehr erfreulich, dass wir das Vermessungsgesetz ändern, damit das Verfahren im Grenzkataster deutlich effizienter wird. Inhaltlich ist jetzt schon sehr viel dazu gesagt worden, daher nehme ich diese Debatte zum Anlass, festzustellen, dass wir mehr von diesen Gesetzen brauchen, bei denen am Ende eine Vereinfachung und eine Effizienzsteigerung herauskommen.


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Österreich ist ja bekannt dafür, dass wir gut ausgebildete und oft bemühte Staats­bedienstete haben; das Problem ist nur, dass es einfach zu viele und zu komplizierte Gesetze gibt. Fast alle Unternehmer, vor allem KMU und Familienbetriebe, klagen über zu viel Bürokratie und damit zusammenhängend auch über Schikanen.

Ich habe schon bei meinen letzten Reden Beispiele dafür gebracht, was kleinere Unternehmer so alles mitmachen, und erlaube mir auch diesmal, von einer skurrilen Begebenheit aus der gelebten Bürokratie zu berichten.

Eine tüchtige Frau mittleren Alters hat mir erzählt, dass sie ein Bio-Kaffeehaus mit hübschen grünen Vorhängen und grünem Boden, um auf das Bio-Konzept hinzu­weisen, betreibt. Auch der Boden hinter der Theke war grün verfliest. Eines Tages kam der Arbeitsinspektor und stellte fest, dass dieser Boden zu rutschig sei und damit eine Gefahr für die Mitarbeiter berge. Der Boden sei natürlich gegen einen rutschfesten Boden, am besten mit Noppen, auszutauschen. Die Unternehmerin begab sich folglich auf die Suche nach einem solchen Boden und wurde fündig, es gab sogar einen Boden mit grünen Noppen. Natürlich engagierte sie flugs den Bodenleger, hatte alles gerichtet, und bald gab es einen rutschfesten Boden mit grünen Noppen hinter der Theke. Einige Wochen darauf, hat sie mir erzählt, kam allerdings jemand von der Lebensmittelhygiene und verlangte den Austausch des Bodens, da dieser aufgrund der Noppen nicht gut zu reinigen sei. Vermutlich hatte er diesen Eindruck, hat sie gesagt, weil sich das Grün an gewissen Stellen, wo das Personal immer drübermarschierte, wohl etwas abgetreten hatte und eher bräunlich-fleckig erschien. Wie dem auch sei, der Boden wurde ausgetauscht, und jetzt erwartet sie mit einer gewissen Angespannt­heit den nächsten Besuch des Arbeitsinspektors.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe den Bogen absichtlich von dieser vorbild­lichen Vereinfachung des Vermessungswesens bis hin zur unerträglichen Superbüro­kratie, die viele Unternehmer unnötig viel Zeit, Geld und vor allem Nerven kostet, gespannt.

Vizekanzler Mitterlehner sagte völlig zu Recht, dass es einen neuen Standortpakt für unsere Wirtschaft braucht. Deregulierung und Bürokratieabbau müssen im Fokus stehen. Für jedes neue Gesetz sollten wir am besten zwei oder gleich drei alte abschaffen. Im Wirtschaftsbund haben wir bereits mit der konkreten Durchforstung von Vorschriften begonnen, kann ich Ihnen erzählen. Ich hoffe, dass, wie angekündigt, in der Regierung alle mitziehen. Im Sinne des Wirtschaftsstandortes wünsche ich uns allen viel Erfolg dabei. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der FPÖ: Bravo!)

17.32


Präsidentin Doris Bures: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Vizekanzler Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


17.32.54

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft Vizekanzler Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Was das Gesetz anlangt, ist inhaltlich de facto alles dargestellt worden. Im End­effekt haben wir eine Novelle des Vermessungsgesetzes, die für den Bürger und die Betroffenen eine raschere Abwicklung bringt, die bürgernäher, kostengünstiger und noch dazu mit größerer Rechtssicherheit verbunden ist. (Zwischenruf des Abg. Peter Wurm.– Bitte? Hat Herr Hörl Sie schon wieder angerufen? – Das heißt, ich hoffe auf möglichst breite Zustimmung.

In dem Zusammenhang wird auch immer wieder die Gewerbeordnung angesprochen. Dieses Beispiel der Kollegin Nachbaur macht mich langsam, das muss ich ehrlich sagen, misstrauisch, denn ich höre es jetzt schon mindestens fünfmal in verschiedenen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 182

Varianten. Ich habe es selbst einmal erzählt. (Abg. Lichtenecker: Rote Fliesen und rote Noppen!) Da ist die Variante mit dem Schlachthaus noch die bessere, weil der Widerspruch zwischen Arbeitsinspektor und Hygiene, zwischen glatt und gerippt, noch besser herauskommt (Zwischenruf des Abg. Jarolim), dort hat man nämlich dann eine glatte und eine gerippte Fliese im Schlachthaus verfliesen lassen und damit beide zufriedengestellt – nicht wirklich zufriedengestellt, aber das Beispiel klingt so gut. Wie auch immer, ich glaube, dass an der Entbürokratisierung kein Weg vorbeiführt.

Liebe Kollegin Ruperta Lichtenecker, ja, wir haben letztes Jahr am 24. Juni diesen Dialog mit der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission und den Sozial­partnern geführt. Wir haben einige Vorschläge schon umgesetzt, aber noch nicht weitgehend genug. Es ist daher wirklich höchste Zeit, und wir werden daher, gerade was die Gewerbeordnung anlangt – also zuerst betreffend Anmeldegewerbe und dann betreffend gebundene und reglementierte Gewerbe –, aber auch betreffend Anlage­verfahren einige Vorschläge machen, und das Datum ist angesprochen worden.

Sie können daher davon ausgehen, dass es wie bei diesem Gesetz auch in anderen Bereichen – mit einiger Anlaufmühe, das gebe ich durchaus zu – entsprechend positive Veränderungen geben wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

17.35

17.35.11

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1115 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

17.35.575. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter wäh­rend der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Ar­beitslosenver­siche­rungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommen­steu­ergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (1154 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1518/A(E) der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer längeren Variante des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes (1155 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 183

7. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 154/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes (1156 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen nun zu den Punkten 5 bis 7, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich begrüße nun Frau Bundesministerin Dr. Karmasin.

Als Erste ist Frau Abgeordnete Kitzmüller zu Wort gemeldet. – Bitte.

17.37.13

 


Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Wir kom­men zu dem noch immer nicht besonders aufregenden Thema des Kinderbetreu­ungs­geld-Kontos, weil sich im Endeffekt ja nichts geändert hat. Die Verhandlungen sind abgebrochen worden, weil es geheißen hat, es gibt keine Einigung betreffend den Kündigungsschutz für Väter bei Inanspruchnahme des – noch immer schlecht benannten – Papamonats. Da hat es geheißen, es werde nicht weiter darüber gesprochen, einer hat dem anderen etwas vorgeworfen: Absolute Reformverweige­rung, das wurde Frau Minister Heinisch-Hosek vorgeworfen. Der ÖVP wurde von SPÖ-Seite vorgeworfen, dass der Abbruch der Verhandlungen trotzig und höchst unpro­fessionell sei. Was ist im Endeffekt herausgekommen? – Nichts wirklich Erfreuliches, es hat sich nichts geändert.

Das pauschale Kinderbetreuungsgeld soll laut Regierungsvereinbarung übersichtlich werden, flexibel werden, es soll vereinfacht werden, es soll transparent sein, und die Gesamtdauer der Elternkarenzzeit soll unangetastet bleiben. – Genau gar nichts davon ist eingehalten worden.

Vorweg gesagt: Wir sind einer Weiterentwicklung dieses pauschalen Kinderbetreu­ungs­gelds ja positiv gegenübergestanden, aber dem, was jetzt zustande gekommen ist, können wir nicht zustimmen. Es ist einfach so. (Beifall bei der FPÖ.)

Es gibt keine Vereinfachung, es ist keine Transparenz gegeben, und von Flexibilität kann man auch nicht mehr sprechen. Es wurde sogar vom Sozialministerium fest­gestellt: Es ist „kaum vorstellbar, dass nicht rechtskundige Eltern die Materie in ihrer Komplexität durchblicken können.“ Die Kinderfreunde haben es ebenso angeprangert. Auch der Katholische Familienverband hat gesagt: „Das Lesen, Verstehen und die richtige Anwendung wird für die Betroffenen aus unserer Sicht noch unübersichtlicher und komplizierter.“ (Zwischenruf der Abg. Lueger. – Abg. Königsberger-Ludwig: Sie verstehen es einfach nicht!) – Egal, ob Sie dazwischenrufen, es wird nicht einfacher!

Das Zweite, das wir bekritteln, ist, dass es weiterhin keine Valorisierung des Kinder­betreuungsgelds gibt. Es gibt keine Wertanpassung, die Benachteiligung ist nach wie vor gegeben. Die Kürzung durch die Nichtvalorisierung des Kinderbetreuungsgelds beträgt 40 Prozent. Es ist also nur noch 60 Prozent dessen wert, was wir 2001 beschlossen haben.

Die maximale und beliebteste Variante, die Langvariante, ist auch gekürzt worden: Es sind nicht mehr 30 plus sechs Monate, sondern 30 plus fünf Monate. Bisher hatten AlleinerzieherInnen die Möglichkeit, 30 Monate in Anspruch zu nehmen, jetzt können sie 28 Monate in Anspruch nehmen; bisher hatten sie 13 080 €, in Zukunft bekommen sie 12 368 €.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 184

Und wenn immer vom Familienzeitbonus gesprochen wird, den es da gibt: Das ist kein Bonus, das ist ein Vorschuss auf den einen Monat, der hinten weggenommen und vorne drangesetzt wird, wenn zwei gleichzeitig zu Hause sind. Nur wie soll diese Väterbeteiligung ausschauen? – Der Vater hat keinen Kündigungsschutz. Welcher Vater wird sich da auf diese, sage ich einmal, Harakiri-Geschichte einlassen und dann zu Hause bleiben? (Beifall bei der FPÖ.)

Dann wird gesagt: Na ja, er kann das ja aufgrund des Gleichbehandlungsgesetzes einklagen. – Na super, bis das eingeklagt ist, ist die Familie schon ziemlich arm dran!

Oder die Härtefallverlängerung bei AlleinerzieherInnen: Allein schon die Härtefallver­längerung, was AlleinerzieherInnen betrifft, das ist ja auch so eine Geschichte, die nicht wirklich gut gewählt ist. Das Einkommen darf jetzt 1 400 € nicht übersteigen; das ist also von bisher 1 200 € auf 1 400 € erhöht worden, was im ersten Moment ja nicht schlecht ausschaut. Die Krux wiederum ist, dass die Familienbeihilfe in dieses Einkommen eingerechnet wird. Und es ist wirklich so, dass in vielen Fällen die Schlechterstellung für AlleinerzieherInnen nach wie vor gegeben ist.

Der Familienzeitbonus, wie ich schon gesagt habe, wird nicht funktionieren. Es gibt keinen Bonus, das ist falsch ausgedrückt. Es ist ein Vorschuss, der hinten wegge­nommen wird. Es waren bisher 30 plus sechs, in Zukunft sind es 30 plus fünf Monate, und diese 31 Tage müssen gleichzeitig von Vater und Mutter in Anspruch genommen werden. Es sind 700 € weniger, um die es im Zusammenhang mit diesem Familien­zeitbonus geht.

Dann haben wir den Partnerschaftsbonus: Das hört sich ja gut an, 500 € Partner­schaftsbonus, aber das betrifft ja nur diejenigen, die es schon immer gemacht haben, die sich diese Zeit aufteilen. Welche Familie kann sich das leisten: 500 € im Gegensatz zu dem, was der Vater vorher verdient hat, wenn er arbeiten gegangen ist? Auch das ist eine Sache, die hinkt.

Arbeitsrechtlicher Kündigungsschutz ist beim Papamonat nicht gegeben. Genauso ist dieser Kündigungsschutz bei den Müttern, wenn sie die Langzeitvariante nehmen wollen, nicht gegeben. Sie haben 24 Monate Kündigungsschutz, 30 Monate können sie in Anspruch nehmen. Auch das ist, das sieht man, eine halbherzige Geschichte.

Wir sind der Meinung, das, was eine Väterbeteiligung vorantreiben kann, ist ein Antrag, den wir auch im Rahmen des Ausschusses gestellt haben und der im Rahmen des Ausschusses behandelt worden ist, nämlich dass die Zuverdienstgrenze abgeschafft werden soll, um eben den Vätern die Möglichkeit zu geben, sich mehr zu beteiligen.

Pensions- und Krankenversicherungsbeiträge: Es ist ja in Ordnung, wenn diese 31 Tage Familienzeit abgedeckt sind – aber über den FLAF? Der FLAF ist nicht dazu ge­eignet, diese nicht wirklich direkten Familienleistungen abzudecken. So werden wir den FLAF, den Familienlastenausgleichsfonds, nie entschulden können. Das wird sich wie­der hinausziehen; vom Jahr 2018, von dem einmal die Rede war, hört man ohnehin schon lange nichts mehr, und dass 2019 etwas geschieht, werden wir auch nicht erleben.

Besonders interessant ist ein Initiativantrag aus Oberösterreich, der heuer im Jänner von ÖVP und FPÖ beschlossen wurde. Genau dieser Antrag hat mich dazu veranlasst, folgenden Entschließungsantrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Keine Verschlechterungen für Familien und Alleinerziehende durch die Einführung des Kin­derbetreuungsgeld-Kontos!


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 185

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu übermitteln, die sicherstellt, dass es bei der Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos zu keinen Verschlechterungen für Familien kommt, vor allem hinsichtlich der Beibehaltung der bestehenden Bezugsvarianten sowie der Höhe des Auszah­lungs­betrags des Kinderbetreuungsgeldes.“

*****

Meine Damen und Herren von der ÖVP, warum geht es in Oberösterreich und hier nicht, dass man da eine vernünftige Lösung findet?

Schauen wir uns unsere Forderungen im Zusammenhang mit dieser Reform betreffend das Kinderbetreuungsgeld an: eine einfache und nachvollziehbare Handhabung und Bürgernähe – nicht gegeben; eine echte Flexibilisierung durch Einführung eines Kinderbetreuungsgeld-Kontos – im Endeffekt auch nichts geworden; die Beibehaltung der 36 Monate, eine Langzeitvariante – auch nichts daraus geworden; keine Kürzun­gen der Beiträge – auch daraus ist nichts geworden; die Anpassung des arbeitsrecht­lichen Kündigungsschutzes an die Langzeitvariante oder dass die Väter da einen Kündigungsschutz haben – auch nichts geworden; die Abschaffung der Teilregelung, die wir uns wünschen würden – auch nichts geworden; eine Valorisierung seit Einführung des Kinderbetreuungsgelds – auch nichts geworden.

Meine Damen und Herren, wie sollen wir da zustimmen können, wenn nichts durch­gesetzt wird? Unsere Zustimmung wird dieses Kinderbetreuungsgeld-Konto nicht bekommen. (Beifall bei der FPÖ.)

17.46


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller und weiterer Abgeordneter

betreffend Keine Verschlechterungen für Familien und Alleinerziehende durch die Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos!

eingebracht zu Tagesordnungspunkt 5: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (1154 d. B.) in der 132. Sitzung des Nationalrates am 15. Juni 2016

Neben Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt die Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung eine wesentliche Rolle. Maßgeblich dafür ist das Kinderbetreuungsgeld.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 186

Im Rahmen der geplanten Einführung eines sogenannten Kindergeld-Kontos kommt es unter anderem zu Einschnitten bei der Bezugsdauer und der Auszahlung des Kinder­betreuungsgeldes und damit zu Verschlechterungen für Familien.

Alleinerziehende bzw. Eltern, die sich nicht für eine Aufteilung der Kinderbetreuung entscheiden, dürfen finanziell nicht benachteiligt werden. Vor allem dürfen Zeiträume zum bisherigen System nicht verkürzt werden. Die Langvariante ist nach wie vor die beliebteste Bezugsvariante.

Daher muss ein Kindergeld-Konto auch in Zukunft eine Möglichkeit des Bezuges von 36 Monaten in der zumindest bestehenden Beihilfenhöhe anbieten.

Seit 2002 gab es auch keine Anhebung des Kinderbetreuungsgeldes. Zur Förderung von Familien muss deshalb eine Erhöhung bzw. zumindest eine jährliche Valorisierung des Kinderbetreuungsgeldes angestrebt werden, damit Familie gut leb- und leistbar ist.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zu übermitteln, die sicherstellt, dass es bei der Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos zu keinen Verschlechterungen für Familien kommt, vor allem hinsichtlich der Beibehaltung der bestehenden Bezugsvarianten sowie der Höhe des Auszahlungs­betrags des Kinderbetreuungsgeldes.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Strasser zu Wort. – Bitte.

 


17.46.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Georg Strasser (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Meine geschätzten Damen und Herren! Es liegt zweifellos in unserer Verantwortung, dass die Stimmen der öster­reichischen Familien in diesem Hohen Haus Gehör finden und dass die Ansprüche und Wünsche in Gesetze gegossen werden, die die Familien letztendlich stärken.

Ein großes Dankeschön an alle Expertinnen und Experten, die an diesem Gesetz, dem neuen Kinderbetreuungsgeld-Konto mitgewirkt haben, ein großes Dankeschön auch an die Expertinnen und Experten in den Ministerien und hier im Parlament! Es war ohne Zweifel ein intensiver Diskussions- und Entscheidungsprozess, den wir heute über die Ziellinie bringen. Das Gesetz wird am 1. März 2017 in Kraft treten. Ein herzliches Dankeschön an Frau Bundesministerin Karmasin für ihr Engagement und auch für ihre Geduld, herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

Das neue Kinderbetreuungsgeld-Konto bringt mehr Flexibilität, weil die vier starren Zeitsysteme von einem flexiblen Konto abgelöst werden, wodurch es möglich ist, einen gewissen Betrag in zwölf bis 35 Monaten abzurufen. Das war der Wunsch der Familien, und wir sind damit auch in der Lage, besser auf die Lebensrealität der österreichischen Familien einzugehen.

Zweiter Punkt: Das Kinderbetreuungsgeld-Konto bringt mehr Fairness, weil die gleiche Geldsumme für diese flexiblen Zeiträume reserviert ist. Wir bringen damit auch zum


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 187

Ausdruck, dass uns jedes Kind gleich viel wert ist. Wir sind in der Lage, in Summe bis zu rund 16 500 € für ein Kind zu lukrieren.

Das Kinderbetreuungsgeld-Konto Neu bringt auch mehr Partnerschaftlichkeit. Für jene Paare, die sich die Kinderbetreuung 50 : 50 oder 40 : 60 aufteilen, ist ein Partner­schaftsbonus in der Höhe von 1 000 € vorgesehen. Und um die Väterbeteiligung und die Bindung zwischen den Kindern und den Vätern zu verbessern, gibt es den Familienzeitbonus, der in Summe 700 € ausmacht.

Es ist in den letzten Jahren also viel geschehen: die Erhöhung der Familienbeihilfe, der Ausbau der Kinderbetreuungs- und Kinderbildungsstätten, und jetzt das neue Kinder­betreuungsgeld-Konto.

Ich möchte den Kritikern eine kleine Kalkulation der Arbeiterkammer und auch des ÖIF mit auf den Weg geben, weil immer gesagt wird, es werde finanziell zu wenig für die Familien in Österreich getan: Der Verbraucherpreisindex ist zwischen 2000 und 2014 um 33,5 Prozent gestiegen, und die Ausgaben pro Jahr und Kind haben im Jahr 2000 2 472 € und im Jahr 2014 3 562 € betragen. Das ist eine Steigerung von 44 Prozent, und da sind die Boni, die es steuerlicher Natur gibt, noch nicht eingerechnet, und da ist die Besserstellung der Familien bei der Steuerreform 2016 noch nicht eingerechnet. Es ist hiermit schwarz auf weiß bewiesen, dass wir finanziell sehr wohl sehr viel für die österreichischen Familien tun und dass die Steigerung weit über der Inflationsrate liegt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sind, so gesehen, auf einem guten Weg; ich würde sogar sagen, wir sind auf der Überholspur. – Ein großes Dankeschön an die Frau Bundesministerin, ein großes Dankeschön an die Bundesregierung, ein großes Dankeschön an das Hohe Haus! Ich möchte alle auffordern: Bleiben wir auf diesem Weg, stärken wir die Familien in Österreich, denn dann sind die Kinder in Österreich gut aufgehoben! – In diesem Sinn: Danke schön und alles Gute. (Beifall bei der ÖVP.)

17.51


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort. – Bitte.

 


17.51.10

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ich kann mich jetzt – und es ist ungewöhnlich, dass sich die Opposition einig ist; das war im Ausschuss auch schon so – eigentlich nur meiner Vorrednerin von der FPÖ anschließen. Ich bin auch sehr enttäuscht – aus ganz anderen Gründen natürlich, aber in vielen Punkten pflichte ich ihr bei; ich werde es auch erläutern. (Zwischenruf bei der ÖVP.)  Nein, wir sind uns in einigen Punkten sogar sehr einig.

Ich finde, es ist eine wirklich große Chance vertan, nämlich eine große Chance, auf die wir seit Jahren warten. Wir wissen, das Kinderbetreuungsgeld und wie all das geregelt ist, ist eine große Herausforderung für künftige Eltern. Eltern können sich das aufteilen, wenn sie Kinder bekommen, zu Hause bleiben, sich die Familienarbeit beziehungs­weise Familienzeit teilen, also all das Schöne mit den Kindern, aber auch all das, was anstrengend ist – die Pflege, das Aufziehen von Kindern, das brauche ich niemandem zu erzählen, das ist auch Arbeit.

Mit dem Kinderbetreuungsgeld-Konto Neu hätte man wirklich Gesellschaftspolitik machen und die Gesellschaft verändern können. Leider ist es bei der großen Hoffnung geblieben, und es ist nicht so weit gekommen. Es ist, das kann ich nachvollziehen, Herr Kollege Strasser, offensichtlich sehr viel diskutiert worden. Ich bin auch ent­täuscht, weil ich das Gefühl hatte – und ich habe große Hoffnung in Sie gesetzt, Frau Ministerin, auch in die sogenannte Spiegelministerin, die ehemalige Frauenministerin –,


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dass da zwei moderne Frauen an einem Kinderbetreuungsgeld-Konto Neu arbeiten, das wirklich das Zeug dazu hat, Gesellschaft zu verändern und einiges zu steuern, was die Zukunft von Familien und die Zukunft der Betreuung von Kindern anlangt.

Was ist herausgekommen? – Einiges wurde schon von meiner Vorrednerin, auch von meinem Vorredner erwähnt: eine Summe für alle – das ist gut, das kann ich als wirklich gut empfinden, und dem würde ich auch so zustimmen. Es ist flexibler als je zuvor, das ist auch gut.

Aber – und da gibt es jetzt viele Aber –: Wir haben viele Vorschläge gemacht, und nicht nur wir, auch in der Begutachtungsphase war den Stellungnahmen einiges zu ent­nehmen, was zu verändern ist, was hätte geändert werden können und müssen. Leider ist es nicht so gekommen, und deswegen geht es uns so ähnlich wie den anderen Oppositionsparteien: Wir können dem nicht zustimmen, weil wir eigentlich wirklich enttäuscht sind.

Ich hoffe, dass da noch einiges geschieht, auch in der Evaluierungsphase, wie ich hören durfte. So, wie es jetzt ist, ist es komplex und teilweise unüberschaubar und nicht nachvollziehbar, wie das berechnet wird. Ich hoffe, es wird einen guten Rechner für die Familien und die zukünftigen Eltern geben, die sich ausrechnen müssen, wie viele Tage sie wie in Anspruch nehmen. Zum Glück können sie das künftig sogar einmal ändern, wenn sie wollen.

Es ist die Väterbeteiligung fraglich, nicht nur bei dem sogenannten Papamonat; wir nennen es nach wie vor so, er heißt ja mittlerweile eigentlich Familienzeitbonus, und diesen Familienzeitbonus muss man vom Partnerschaftsbonus unterscheiden können.

Der Familienzeitbonus ist derjenige, den wir nach wie vor Papamonat nennen. Der Begriff ist tatsächlich unglücklich gewählt, ich würde es Babymonat nennen. Wir haben dazu auch eine Anregung eingebracht, diese wurde nicht angenommen. Ich finde, Babymonat wäre ziemlich super nachvollziehbar, als Wort auch leichter zu gebrauchen als Familienzeitbonus. Wie auch immer: Es soll der Familienzeitbonus sein, nur soll er nicht abgezogen werden – und deswegen der Vorschuss –, wenn der Vater beschließt, noch länger Kinderbetreuungsgeld zu beziehen. Diese 700 €, die man als Vorschuss bekommt und die danach bei diesem Taggeld eigentlich reduziert werden, halte ich wirklich für einen Witz.

Das sind ganz wesentliche Bereiche, wo ich finde, es hätte das Zeug gehabt, aber leider hat es nicht das Zeug, das tatsächlich zu verändern.

Was mich auch stört, ist, dass das Ganze von einem sehr traditionellen Familienbild geprägt ist: Vater, Mutter, Kind unter einem Dach. (Abg. Steinbichler: Gott sei Dank!) – Es ist gut, ich lebe auch so, mit meinem Mann und meinen Kindern unter einem Dach, aber wir wissen, es gibt viele Familien in diesem Land, die nicht die Chance haben, das zu leben. Zum einen sind das die Alleinerzieherinnen, Allein­erzieher, meistens sind es Frauen. Zum anderen gibt es mittlerweile sehr viele Väter, die sich auch an der Erziehungsarbeit beteiligen wollen, obwohl sie nicht unter dem­selben Dach leben, und diese werden nicht begünstigt; das wird ihnen durch den Papamonat, wie er jetzt ausgestaltet ist, nicht ermöglicht. Das finde ich in Bezug auf die vielen gelebten Familienformen in Österreich außerordentlich bedauerlich. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe insgesamt den Eindruck, dass diejenigen, die so weit sind, sich Familienarbeit und Familienzeit zu teilen, nicht entsprechend unterstützt werden. Die anderen, die einen Anreiz bräuchten, bekommen den Anreiz durch dieses neue Modell nicht. Ich hätte mir gewünscht, dass einiges geändert wird. Wir haben es öfters versucht, auf verschiedene Art und Weise, nicht zuletzt durch entsprechende Anträge.


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Ich möchte auch betonen, dass ich besonders bedauerlich finde, dass sich die Situ­a­tion der Alleinerziehenden nicht beziehungsweise eben nur minimalst durch einen Monat in Härtefällen ändert. Wir wissen, was ein Härtefall bedeutet; das heißt, der Vater ist entweder tot, im Gefängnis oder in sonst irgendeiner Form nicht in der Lage, die Frau zu unterstützen. Ich finde, Alleinerzieherin zu sein, ist nicht nur ein Härtefall, das ist eine Familienform, und diese hätte berücksichtigt werden sollen.

Ich mache daher noch einmal den Versuch und bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld-Reform

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der sicherstellt,

dass das Kinderbetreuungsgeld und die Karenzdauer angeglichen werden“ – das kommt von den NEOS, und das unterstützen wir –;

„dass Väter einen Rechtsanspruch auf einen Papamonat inklusive Kündigungsschutz haben“ – ich halte den Rechtsanspruch für extrem wichtig –;

„dass Alleinerziehende zusätzliche Kinderbetreuungsgeld-Monate bekommen;

dass der für Väter reservierte Anteil an Kinderbetreuungsgeld-Monaten auf mindestens 30% erhöht wird;

und dass das Wochengeld bei Folgegeburten in unveränderter Höhe bleibt“ – und nicht, wie jetzt angedacht, massiv zulasten der Frauen gekürzt wird.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.58


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde betreffend Kinder­betreuungsgeld-Reform

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz - FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (1154 d.B.)


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Begründung

Das bestehende Kinderbetreuungsgeld-System ist hoch komplex, es unterstützt eine lange berufliche Absenz, belohnt lange Auszeiten im Gegensatz zur kurzen Inan­spruchnahme des KBG auch finanziell und setzt zu wenige Anreize für Väterbeteili­gung.

Die Reformierung des Kinderbetreuungsgeldes ist folglich dringend notwendig. Fami­lien­politische Leistungen wie das Kinderbetreuungsgeld haben das Potenzial auf gesellschaftliche Realitäten Einfluss zu nehmen. So kann die konkrete Ausgestaltung des Kinderbetreuungsgeldes  die berufliche Ausstiegsdauer für beide Geschlechter verkürzen und die partnerschaftliche Aufteilung in der Familienarbeit fördern.

Mit den vorliegenden Plänen der Regierung zur Einführung eines Kinderbe­treuungs­geld-Kontos werden beide Ziele weiterhin außer Reichweite liegen. Wenngleich die Regierungsvorlage 1110 d.B. begrüßenswerte Elemente wie die Flexibilisierung sowie die Vereinheitlichung des Geldbetrages beinhaltet, bleibt der Entwurf hinter den Erwartungen einer großen Reform des Kinderbetreuungsgeldes zurück.

Die langen beruflichen Absenzen und daraus resultierende Probleme beim Wieder­einstieg werden durch die Reformierung kaum verändert. Die längst mögliche Bezugs­dauer wird, wenn sich beide Partner beteiligen, lediglich um ein Monat (künftig max. 35 statt 36 Monate) verkürzt.

Auch die Divergenz zwischen dem arbeitsrechtlichen Schutz und der längeren Dauer des Kinderbetreuungsgeldes soll nicht verändert werden. D.h. Eltern haben im Rahmen der Elternkarenz einen Kündigungsschutz bis zum zweiten Geburtstag des Kindes. Nutzen sie jedoch die volle Dauer des Kinderbetreuungsgeldes aus (mehr als 2 Jahre), tun sie dies ohne Kündigungsschutz.

Die Anzahl der Monate, die für den jeweils anderen Elternteil reserviert sind (d.h. meist Väter), steigt nur minimal von derzeit 16% auf 20% an. Effekte für eine stärkere Beteiligung von Vätern verspricht man einerseits vom Partnerschaftsbonus und ande­rerseits vom Familienzeitbonus.

Der Partnerschaftsbonus verspricht bei fast gleicher Aufteilung der Betreuungszeit einen Bonus von 1.000 Euro (d.h. zw. 28-max.66 euro/Monat). Dass der finanzielle Vorteil zu wenig Anreiz darstellt, um auf das meist höhere Gehalt des Vaters zu verzichten, scheint auch der Regierung klar zu sein, denn man geht von einer Inan­spruchnahme von gerade einmal 3% aus.

Die Einführung eines Familienzeitbonus (Papamonat) für alle Väter ist begrüßenswert, allerdings sollte die Ausgestaltung so passieren, dass die Familienzeit von möglichst vielen - und nicht von möglichst wenigen Vätern in Anspruch genommen werden kann. Die folgenden getroffenen Einschränkungen laufen der Steigerung der Väterbeteiligung jedenfalls entgegen:

Väter haben keinen gesetzlichen Rechtsanspruch auf die Familienzeit, sondern sind auf die Zustimmung des Arbeitgebers angewiesen.

Ein Kündigungsschutz besteht lediglich nach dem Gleichbehandlungsgesetz.

Nur Väter, die 6 Monate vor Inanspruchnahme erwerbstätig waren und keine Leistun­gen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen haben (u.a. auch kein Krankengeld) haben Anspruch.

Väter, die vom Kind getrennt leben, aber dennoch Erziehungsverantwortung überneh­men, sind ausgeschlossen


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der Bonus von 700 Euro wird Vätern wieder abgezogen, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt Kinderbetreuungsgeld beziehen. Es handelt sich folglich nicht um einen Bonus, sondern maximal um einen Vorschuss.

Die Situation von Alleinerziehenden wird durch die Reform nur minimal verbessert. Anstelle von zwei zusätzlichen Monaten sollen Alleinerziehende künftig 3 Extra-Monate bekommen, und die Einkommensgrenzen werden angehoben.  Bei der Zuerkennung von Verlängerungsmonaten wird jedoch weiterhin auf das Einkommen bzw. eine drastische Notsituation (Bsp.: Tod des Partners, Haft, etc.) abgestellt.

Bemerkenswert ist weiters eine heftige Einsparung, die zu Lasten von Frauen geht. KBG-Bezieherinnen, die für ein Kind schon Wochengeld bezogen haben und während des KBG-Bezugs erneut schwanger werden, bekommen künftig deutlich weniger Wochengeld. Die Regierung spart hier jährlich 5,3 Mio Euro ein.

Unverändert durch die Reform bleibt die Tatsache, dass nur jene Menschen Anspruch auf das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld haben, die vor Antritt durch­gehend 6 Monate einer Erwerbsarbeit nachgegangen sind und keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen haben. Menschen, die u.a. zuvor Krankengeld bezogen haben oder in Bildungskarenz waren, sind daher von dieser Variante aus­geschlossen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vor­zulegen, der sicherstellt,

dass das Kinderbetreuungsgeld und die Karenzdauer angeglichen werden;

dass Väter einen Rechtsanspruch auf einen Papamonat inklusive Kündigungsschutz haben;

dass Alleinerziehende zusätzliche Kinderbetreuungsgeld-Monate bekommen;

dass der für Väter reservierte Anteil an Kinderbetreuungsgeld-Monaten auf mindestens 30% erhöht wird;

und dass das Wochengeld bei Folgegeburten in unveränderter Höhe bleibt."

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Lueger zu Wort. – Bitte.

 


17.58.22

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Kinderbetreuungsgeld war damals schwierig für Eltern zu handhaben, weil wir diese vier Varianten plus das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld hatten. Wir wissen alle aus der Praxis, aus der Beratung – da brauche ich Ihnen nichts zu erzählen –, wie schwierig es war, die jungen Eltern wirklich gut zu beraten. Daraus die Idee zu gewinnen, ein Konto zu machen, auf dem ein Betrag ist, den die Eltern so aufteilen sollen, wie sie gerne möchten, entspricht eigent­lich genau dem, was sich die Eltern wünschen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 192

Ich gebe Ihnen recht, das Gesetz zu lesen ist zwar schwierig, aber es ist auch nicht die Aufgabe der Eltern, dieses Gesetz zu lesen, sondern es liegt dann an uns, es liegt an der Frau Familienministerin, diese Informationen so weiterzugeben, dass es für die Eltern leicht anwendbar ist.

Daher haben wir das so weiterentwickelt: der gemeinsame Betrag, den auch du für positiv befunden hast – ein Kind, ein Betrag, und nimm die Zeit, wie du gerne möchtest! –; die unterschiedlichsten Bezugsvarianten; die Wechselmöglichkeit, die es vorher so auch nicht gegeben hat; der gemeinsame Bezug von Karenz, aber auch das Kinderbetreuungsgeld, das ist auch ein Novum in diesem Gesetz; die Zuverdienst­grenze wurde angehoben, das hilft auch den AlleinerzieherInnen; die Familienzeit, das kennt ihr aus der Diskussion, die wir bereits im Ausschuss gehabt haben. Ich kann mit dem Begriff des Familienzeitbonus nicht wirklich etwas anfangen, denn ein Bonus ist immer etwas, von dem man sich etwas Zusätzliches erwartet. Vielleicht fällt uns bei der Evaluierung noch etwas Neues ein, denn es ist nicht zusätzlich, sondern es wird abgezogen – das stimmt.

Um gleich auf den Rechtsanspruch der Väter zu kommen: Ja, wir waren davor auch für einen Rechtsanspruch der Väter. Ja, wir waren auch für einen Kündigungsschutz der Väter. Das war im Augenblick nicht möglich, mit dem Wissen, dass es durch das Gleichbehandlungsgesetz auf europäischer Ebene geregelt ist – und dass das ganz einfach jetzt einmal der erste Schritt in die richtige Richtung ist. Darum bin ich sehr froh, dass wir zu dieser zusätzlichen Evaluierung gekommen sind.

Die Evaluierung wird stattfinden, und bei dieser Evaluierung werden wir erstens die Väterbeteiligung prüfen, die mit einem europäischen Projekt der Väterbeteiligung noch zusätzlich vom Sozialminister unterstützt wird. Dann haben wir noch den Partner­schaftsbonus – wie wird dieser angenommen, oder wird er nicht angenommen? –, Alleinerzieherinnen, und ich bin auch sehr, sehr froh darüber, dass es einen Online­rechner geben soll, mit dem sich Eltern dann wirklich ausrechnen können, wie das finanziell ausschaut. – Das ist auch die entscheidende Frage, denn keine Familie entscheidet sich gegen das Börserl. Da brauchen wir uns nichts vorzumachen, das wird auch in Zukunft so sein.

Ein weiterer meiner Meinung nach sehr positiver Effekt ist, dass das erste Mal mit diesem Gesetz die Krisenpflegeeltern berücksichtigt wurden. Das ist sicher eine große Hilfe für Krisenpflegeeltern.

Wir erinnern uns auch noch an die Beschwerden, die wir zu Recht hatten, beim Tod eines Kindes, wenn dieser nicht rechtzeitig gemeldet wurde, weil die Eltern von diesem tragischen Vorfall so schockiert waren, mussten diese das Kinderbetreuungsgeld zurückzahlen. Auch da wurde eine Lösung gefunden, damit es, wenn es innerhalb von 31 Tagen gemeldet wird, zu keiner Rückforderung kommt. (Präsident Kopf übernimmt den Vorsitz.)

Frau Kollegin Kitzmüller, ich finde das recht spannend. Sie stellen sich hier heraus und sagen: Es ist nichts geschehen! Wir alle reden jetzt darüber, was alles passiert ist. Das, was für mich so spannend ist: Das Alte war Ihnen zu kompliziert. Jetzt haben wir etwas Neues kreiert, aber das Neue wollen Sie nicht, denn eigentlich war das Alte eh gut, daher darf man das Alte nicht verändern, dass das Neue in Kraft treten kann. (Abg. Kitzmüller: … einfach zuhören und lesen, dann …!)

Also irgendwie kenne ich mich nicht so ganz aus. Es wäre schlau gewesen, wenn Sie konkrete Vorschläge gebracht hätten (Abg. Kitzmüller: Haben wir doch eingebracht! – Zwischenruf des Abg. Darmann), diese auch in der Diskussion eingebracht hätten,


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 193

damit man dann inhaltlich darüber hätte diskutieren können. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kitzmüller: … auch wenn Sie rote Abgeordnete sind! Sinnerfassend lesen!)

18.02


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pock. – Bitte.

 


18.02.29

Abgeordneter Michael Pock (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, das Kinderbetreuungsgeld: Der Anfang war vielversprechend. Es gab auch ein Treffen mit der Bundesministerin. Es gab einen Meinungsaustausch. Es gab eine Begutachtungsphase. Es gab viele Vorschläge für eine Reform, die auf gutem Weg war, es ging darum, die Reform deutlich besser zu machen und einige Punkte, die aus meiner persönlichen und aus NEOS-Sicht nicht gut auf dem Weg waren, noch zu besprechen.

Das Resultat ist allerdings ein weniger befriedigendes, es hat sich nämlich nach diesem ersten Drive nicht mehr viel geändert. Es hat einen Wechsel der Frauenminis­terin gegeben, aber es hat sich im Wesentlichen nicht viel geändert.

Was begrüßen wir NEOS? – Wir begrüßen – man muss ja auch die positiven Dinge ansprechen – auf der einen Seite die Zusammenlegung, dass es tatsächlich dieses eine Konto gibt, was auch schon mehrfach angesprochen wurde, dass es dadurch eine transparente Übersicht gibt, die noch nicht so unkompliziert ist, dass man sie leicht versteht, aber es ist einmal eine gute Grundlage. Wir begrüßen auch, dass es eine gemeinsame Familienzeit geben soll, in der Mutter und Vater gemeinsam beim Baby zu Hause sind, und dass es eine Ausweitung bei den Härtefällen gegeben hat.

All diese Dinge sind positiv, andere Dinge möchte ich hier jetzt aber auch konkret ansprechen, nämlich zwei Bilder im Überbegriff.

Das Erste ist die Frage, ob diese Reform auch dazu genutzt wurde, Probleme, die wir als Gesellschaft in Österreich haben, mitzuberücksichtigen. Da ist auf der einen Seite, dass es kaum eine Väterbeteiligung gibt. Selbst das Ministerium geht davon aus, dass es mit der Reform zu einer in etwa gleichwertigen Beteiligung bei maximal 3 Prozent der Paare kommen wird. Das ist nicht halbe-halbe, das ist nicht einmal in die richtige Richtung gehend. Das ist nicht ambitioniert. Das zeigt nicht auf, welches Bild wir von einer Familie im 21. Jahrhundert haben wollen.

Auf der anderen Seite fällt da auch ganz klar hinein: Wenn sich Frauen – und das lässt sich auch ganz klar darstellen – für eine Familiengründung entscheiden, bedeutet es für die einen, dass sie einen Karriereknick haben, dass sie nicht weiterkommen im Job, nicht weiterkommen im Unternehmen, dass sie durch diese Jahre – wenn sie mehrere Kinder bekommen – auch tatsächlich reale Einkommensverluste bis zum Ende der Erwerbstätigkeit haben werden. Zusätzlich sind ihnen die letzten Jahre der Erwerbs­tätigkeit derzeit noch abgeschnitten – das betrifft junge Mütter allerdings in Zukunft nicht mehr.

Dann gibt es jene, die sagen: Ich entscheide mich bewusst dafür, nicht Karriere zu machen, sondern bei der Familie zu sein! Das gibt es ja auch. Die belohnen wir dann mit Altersarmut, weil eben einfach nicht ausreichend Beiträge bezahlt werden. Das sind gesellschaftliche Probleme, die weit über die Familienpolitik hinausgehen; diese wurden bei der Reform zumindest beinahe nicht berücksichtigt.

Das Zweite ist das Familienbild, das ÖVP und SPÖ anscheinend im Konsens zeichnen: dass es einen Mann in der Familie gibt, eine Frau in der Familie gibt, ein oder mehrere Kinder gibt. Sie leben unter einem Dach, und es kann nichts passieren. Es gibt keine andere, alternative Lebensform von Familien.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 194

Es ist aber nun einmal so, dass tatsächlich knapp jede zweite Ehe geschieden wird, dass Ehen bekanntermaßen auch kinderreich sein können und dass Ehen eben nicht erst nach dem Auslaufen des Kinderbetreuungsgelds geschieden werden, sondern mitunter auch davor. Konkret leben 10 Prozent der unter Dreijährigen in einem AlleinerzieherInnenhaushalt; die Alleinerzieher, also die männlichen, machen da nur 5 Prozent aus.

Was ist das Problem an der Sache? – Wir haben in der Reform nicht die Möglichkeit gesehen, dass Männer, trotzdem sie sich scheiden lassen, auch weiter in Verant­wortung sind. Das wäre eine große Möglichkeit, auf der einen Seite die Vater-Kind-Beziehung – in seltenen Fällen die Mutter-Kind-Beziehung – zu stärken, auf der anderen Seite aber auch, die Alleinerzieherin im Haushalt des Kindes durch zeitliche Ressourcen und sonstiges besser zu entlasten. Das ist nicht geschehen.

Der nächste Punkt ist, dass im Gesetz auch vorgesehen wird, dass bei den Pen­sionsbeiträgen, die berechnet werden, automatisch die Mutter herangezogen wird. Es gibt aber tatsächlich eben auch Väter, die Kinder aufziehen. Es gibt Familien, in denen es nur zwei Väter gibt, bei denen die Frage dann ganz spannend ist: Wer ist die Mutter? Und es gibt Familien, in denen es nur zwei Mütter gibt, da ist dann auch die Frage: Wer ist die Mutter?

Das heißt, weder die großen gesellschaftlichen Probleme, die Existenzen gefährden, die uns viel Geld kosten, noch die modernen Familienformen wurden ausreichend berücksichtigt. Das Glas ist entweder halb voll oder halb leer. Aus unserer Sicht ist ein wichtiger Punkt, dass man beim Kinderbetreuungsgeld den gemeinsamen Haushalt herausnimmt.

Daher möchte ich jetzt folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Kinderbetreuungsgeld- und Karenzanspruchs ohne gemeinsamen Haushalt

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend, wird aufgefordert dem Nationalrat bis Ende des Jahres 2016 mögliche Lösungs­vorschläge vorzulegen, die Möglichkeiten und damit verbundene zu schaffende und zu berücksichtigende Rahmenbedingungen aufzeigen, wie ein Kinderbetreuungsgeld- und Karenzanspruch auch ohne gemeinsamen Haushalt ermöglicht werden kann. Die aufgezeigten Möglichkeiten sollen als Grundlage für einen Beschluss des Nationalrates dienen, um die notwendige Voraussetzung eines gemeinsamen Haushaltes für einen Kinderbetreuungsgeld- und Karenzanspruch zu novellieren.“

*****

Meine Damen und Herren, das ist der einfachste und harmloseste von allen Vor­schlägen, den wir hier zur Optimierung dieser Reform einbringen können. Sollten wir hier heute eine Mehrheit für diesen Antrag erhalten, werden wir der Reform zustimmen. Wenn auch diese einfache und tatsächlich nicht sehr harte Forderung nicht umgesetzt werden kann, dann ist das Glas eindeutig mehr als halb leer. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

18.08



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 195

Präsident Karlheinz Kopf: Der soeben von Abgeordnetem Pock eingebrachte Ent­schließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Pock, Kollegin und Kollegen

betreffend Schaffung eines Kinderbetreuungsgeld- und Karenzanspruchs ohne gemein­samen Haushalt

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familien-zeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeld-gesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial-versicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (1154 d.B.) – TOP 5

Mit der Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos und des Familienzeitbonus wird abermals in der Familienpolitik auf die Realität von tausenden Familien keine Rücksicht genommen und tausende Elternteile – größtenteils Väter – von der Beteiligung an der Kindererziehung und damit der Übernahme und besseren Aufteilung der Verant­wortung gegenüber von eigenen Kindern ausgeschlossen. Problematisch bleibt näm­lich weiterhin, dass für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld, für die Inanspruchnahme des Familienzeitbonus und auch für einen Karenzanspruch ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind vorliegen muss. 

Gerade in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten haben sich gewisse neue Familien­konstellationen herausgebildet und verfestigt. Laut Statistiken des ÖIF (Österreichi­sches Institut für Familienforschung) leben rund 10% aller Kinder unter drei Jahren in einem Alleinerzieher-Haushalt (zu über 95% ist die Alleinerzieherin weiblich). Ein Alleinerzieher-Haushalt muss aber nicht explizit bedeuten, dass sich der Vater nicht an der Kinderbetreuung beteiligen möchte, sondern lediglich, dass kein gemeinsamer Haushalt zwischen Mutter, Kind UND Vater vorliegt. Gesetzlich wird aber weder im Familienrecht, noch bei der sozial- und arbeitsrechtlichen Absicherung von Eltern auf solche Konstellationen Rücksicht genommen. Diese gesetzliche Formulierung führt unausweichlich dazu, dass sich tausende Väter von vornherein nicht an der Kinder­betreuung beteiligen können.

Auch aus frauenpolitischer Sicht wäre die bereitere Einbindung von Vätern, die mit der Mutter in keinem gemeinsamen Haushalt leben, zu begrüßen. Denn mit den gegen­wärtigen Regelungen werden diese Mütter dazu gezwungen die Betreuungsarbeit ganz alleine erbringen, da von Seiten des Vaters keine Möglichkeit besteht sich sinnvoll zu einzubringen. Gerade dadurch werden alleinerziehende Mütter nochmals schlechter gestellt, sowohl am Arbeitsmarkt, als auch langfristig in Bezug auf ihre sozialrechtliche Absicherung. Eine verbesserte Einbindung von Vätern bei getrenntlebenden Eltern kann auch einen wesentlichen Beitrag leisten, dass Alleinerzieherinnen eine zusätz­liche Möglichkeit erhalten entlastet zu werden.

Eine relativ einfache Lösung würde die Schaffung von Doppelresidenzmodellen mit sich bringen. Doch dabei müssen auch viele weitere Aspekte beachtet werden. Es sollten deshalb auch andere Möglichkeiten beachtet werden, wie eine leichtere Beteili-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 196

gung von Vätern bzw. Eltern die nicht mit ihren Kindern in einem Haushalt leben, ermöglicht werden kann. Gerade im Bereich der Elternteilzeit wurde hier eine Möglichkeit geschaffen, dass auch ohne gemeinsamen Haushalt ein Anspruch auf Elternteilzeit besteht, sofern eine Obsorge nach den §§ 177 Abs. 4 oder 179 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs gegeben ist. Es wäre also grundsätzlich mög­lich entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Realitäten der Familien gerecht werden. Welche Rahmenbedingungen möglich sind und welche einerseits der Lebensrealität der Familien und andererseits auch den Bedürfnissen der Kinder entsprechen, sollten im Nationalrat bereiter diskutiert werden, damit hier eine Lösung gefunden werden kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend, wird aufgefordert dem Nationalrat bis Ende des Jahres 2016 mögliche Lösungsvor-schläge vorzulegen, die Möglichkeiten und damit verbundene zu schaffende und zu berücksichtigende Rahmenbedingungen aufzeigen, wie ein Kinderbetreuungsgeld- und Karenzanspruch auch ohne gemeinsamen Haushalt ermöglicht werden kann. Die aufgezeigten Möglichkeiten sollen als Grundlage für einen Beschluss des Nationalrates dienen, um die notwendige Voraussetzung eines gemeinsamen Haushaltes für einen Kinderbetreuungsgeld- und Karenzanspruch zu novellieren."

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


18.08.48

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! (Der Redner stellt eine Tafel mit dem Bild eines lächelnden Buben in Tracht auf einer grünen Wiese vor sich auf das Rednerpult.) Frau Minister! Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehgeräten und auf der Galerie! Ja, wir stimmen diesem Gesetz zu, und zwar deshalb, weil wir jede Verbesserung, die den Familien und der Jugend und den Kindern zugutekommt, unterstützen. Der Begrün­dung der Kollegin Kitzmüller kann ich sehr viel abgewinnen, weil in der Vergangenheit sehr viel besprochen und wenig umgesetzt wurde.

Bei dieser Gelegenheit darf ich allen Erziehenden, Vätern, Müttern, in Partnerschaft oder alleinerziehend, aufrichtigen Dank aussprechen, weil diese Leistung unersetzbar ist, weil dieses persönliche Engagement unbezahlbar ist. Das, was da für die Zukunft unserer Gesellschaft geleistet wird, muss viel mehr wertgeschätzt werden. (Beifall beim Team Stronach, bei Abgeordneten der FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Ich darf auch darauf hinweisen, da sich vielleicht manche Kolleginnen und Kollegen gefragt haben, warum ich diese Tafel mitnehme: weil ich in den Mittelpunkt meiner Arbeit, unserer Arbeit hier in diesem Haus dieses zuversichtliche Lächeln, diese Fröhlichkeit eines Kindes stellen möchte. Dieser Glanz, diese Hoffnung in den Augen, das muss, glaube ich, uns ein Auftrag sein für die Arbeit, für die Zukunft, und wir müssen heute alles unternehmen, bei vielen Thematiken, die wir schon diskutiert haben – vom ländlichen Raum, von den Problemen in der Wirtschaft, im Tourismus –,


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und immer wieder auf die Probleme zurückkommen, wenn es in der Familienpolitik nicht wirklich funktioniert.

Kolleginnen und Kollegen, es ist Faktum: Wir haben Familien, die hätten gern noch ein zweites, ein drittes Kind, Mütter, die hätten gern noch ein zweites, ein drittes Kind. Und es ist schlecht, wenn wir dann hören: Es geht sich nicht aus! Ich habe vorhin ganz frech gesagt: Das Kind kann nicht die Cashcow sein, sondern zuerst muss das Kind da sein, und dann haben wir alles dafür zu tun, damit die Kinder eine Zukunft haben, eine lebenswürdige Zukunft haben. Ich glaube, ohne Kinder, ohne die wichtigste Zelle im Staat, haben wir überhaupt keine Zukunft. (Beifall beim Team Stronach, bei Abge­ordneten der FPÖ sowie des Abg. Doppler.)

Es wird immer wieder von den regionalen Investitionen, von der fehlenden Kaufkraft gesprochen, egal, ob im ländlichen oder im urbanen Raum. Genau da spüren wir auch die Schwächen der Familienpolitik. Wir wissen, eine neue Studie bestätigt es: Ein Kind kostet bis zum 15. Lebensjahr 135 000 €. Und dieses Geld wird regional ausgegeben, in den regionalen Geschäften. Die Familien investieren vor Ort. Die Familien sind ganz verlässliche kaufkräftige Partner für unsere regionale Wirtschaft. Ich glaube, wenn wir die internationalen Probleme der Globalisierung immer wieder hier diskutieren müssen, dann wissen wir, dass wir das noch viel mehr in den Mittelpunkt stellen müssen.

Dazu zählt auch die fehlende Inflationsbereinigung der Familienbeihilfe. Wir wissen, dass die Familien dadurch 27 Prozent Kaufkraftverlust in den letzten Jahren erlitten haben. Dieses Geld fehlt. Deshalb müssen wir schauen, dass auch wir hier dieses Manko aufholen, und ich darf deshalb zwei Entschließungsanträge einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Valorisierung der Familienleistungen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der eine jährliche Anpassung des Kindergeldes, der Familienbeihilfe, des Pflegegeldes und des Kinderabsetzbetrages an den Verbraucherpreisindex vorsieht.“

*****

Das war der erste Antrag. Und zum zweiten Antrag darf ich persönlich noch erwähnen: Wir müssen hier in diesem Haus doch einmal drüberstehen! Es kann nicht sein, dass eine Mutter, die in kürzeren Zeitabständen als vier Jahre gebärt, dadurch Pensions­anrechnungszeiten verliert.

Kollege Wöginger, auch in Oberösterreich hat der ÖAAB dieses Modell bereits gefor­dert, und ich denke, da geht es um die Leistung der Mutter – egal, in welchem Abstand sie Kinder zur Welt bringt –, es geht um die gleiche Mühe, die gleichen Kosten pro Kind. Deshalb stelle ich folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Leopold Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ver­besserte Anrechnung der Pensionszeiten pro Kind für die Kindererziehungszeit“

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 198

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche die Pensionsanrechnung für Kindererziehungszeiten neu regelt, damit die Mütter, die ihre Kinder in einem kürzeren Abstand als vier Jahre geboren haben, die vollen Versiche­rungszeiten für jedes Kind angerechnet bekommen.“

*****

Ich habe ganz besonders die Mütter betont, und wenn es Väter gibt, die geboren haben, werden sie eingeschlossen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

18.14


Präsident Karlheinz Kopf: Die von Herrn Abgeordnetem Steinbichler eingebrachten Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler

Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Jährliche Valorisierung der Familienleistungen“

Eingebracht in der 132. Sitzung des Nationalrates am 15.06.2016 im Zuge der Debatte zum TOP 5 - Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bundes-gesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungs­ge­setz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (1154 d.B.)

Über ihre gesellschaftspolitische Bedeutung hinaus stellen Familien auch einen wesentlichen wirtschaftlichen Faktor dar. Die Leistungen, die in österreichischen Familien gratis erbracht werden, sind von zahlreichen Erhebungen und Untersuchun­gen gestützt. Aktuelle Schätzungen, die den zeitlichen Aufwand für die unentgeltlichen Leistungen der Familien (Erziehung, Pflege etc.) in Geld messen, kommen zu dem Ergebnis, dass sich der Wert der Familienarbeit in Österreich pro Jahr mit rund € 60 Milliarden (berechnet nach Mindestlohntarifen brutto inklusive Überstundenabgeltun­gen) beziffern lässt.

Nach den Schätzungen des WIFO betragen die direkten Kinderkosten rund 500 € pro Kind und Monat. Der Verdienstentgang von Frauen erreicht − je nach Kinderzahl und Erwerbstätigkeit der Mutter − kumuliert bis zum 17. Lebensjahr des Kindes zwischen € 107.000 und € 220.000. Die öffentlichen Transfers betragen im Durchschnitt aller kinderbetreuenden Haushalte 10% des Nettohaushaltseinkommens und gleichen damit die Kinderkosten nicht aus.

Auch wenn die Familienbeihilfe einmalig erhöht wurde und der Kinderabsetzbetrag ab sofort höher ist, wird die jährliche Inflation nicht berücksichtigt. Unsere Familien müs­sen mit den ständigen Teuerungen klarkommen. Diese werden bei weitem nicht wett­macht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 199

Im Gegensatz zu den Pensionen werden Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Kinder­absetzbetrag und Pflegegeld nicht regelmäßig erhöht. Der Verbraucher­preis­index steigt aber, wie die Statistik Austria darstellt:

Quelle: Statistik Austria, 19.1.2016, Pressekonferenz zur Inflation im Jahr 2015

Notwendig ist eine jährliche Anpassung der Familienleistungen an den Verbraucher­preisindex. Angepasste Familienleistungen stärken auch die Kaufkraft der Familien und damit die gesamte österreichische Wirtschaft.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Familienausschuss wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der eine jährliche Anpassung des Kindergeldes, der Familienbeihilfe, des Pflegegeldes und des Kinderabsetzbetrages an den Verbraucherpreisindex vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Steinbichler

Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Verbesserte Anrechnung der Pensionszeiten pro Kind für die Kindererzie­hungszeit“

Eingebracht in der 132. Sitzung des Nationalrates am 15.06.2016 im Zuge der Debatte zum TOP 5 - Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bundes-gesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungs­gesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (1154 d.B.)

Laut einschlägiger Fachliteratur ist die Leistung erziehender Mütter gesellschaftlich wesentlich unterbewertet. Eine große Benachteiligung ist der Umstand, dass die Mütter, die ihre Kinder in einem kürzeren Abstand als vier Jahre geboren haben, nicht für jedes Kind die vollen Versicherungszeiten für die Pension angerechnet bekommen -


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 200

obwohl diese Mütter für jedes Kind die volle Erziehungs- und Betreuungsleistung erbringen.

Für ab dem 1. Jänner 1955 geborene Personen gelten Teile der Zeiten der Kinder­erziehung als Versicherungszeiten. Dabei betrifft diese Regelung vor allem Frauen, da sie es sind, die sich in der Regel um die Erziehung der Kinder kümmern.

Das Gesetz berücksichtigt dabei die Erziehung von den Kindern der Versicherten/des Versicherten, von den Stiefkindern, von den Adoptivkindern oder von den Pflege­kindern (wenn die Übernahme der unentgeltlichen Pflege nach dem 31. Dezember 1987 erfolgt ist). Als Zeiten der Kindererziehung werden maximal die ersten 48 Monate nach der Geburt eines Kindes berücksichtigt. Bei einer Mehrlingsgeburt werden bis zu 60 Monate nach der Geburt angerechnet.

Die Berücksichtigung als Kindererziehungszeit endet spätestens mit dem Kalender­monat, in dem das Kind das vierte Lebensjahr vollendet. Erfolgt die Geburt eines weiteren Kindes innerhalb von vier Jahren ab Geburt des vorherigen Kindes, endet die Kindererziehungszeit des ersten Kindes mit Beginn der Kindererziehungszeit des folgenden Kindes.

Die Anrechnung endet auch mit dem Arbeitsbeginn der Frau. Liegt während der Kindererziehungszeit auch eine Erwerbstätigkeit vor, gibt es keine "doppelte" Anrech­nung als Versicherungszeit. Für die Pensionshöhe wird allerdings zur Beitragsgrund­lage aus der Erwerbstätigkeit die fixe Bewertung für Kindererziehungszeiten (maximal gesamt bis zur Höchstbeitragsgrundlage) dazugeschlagen.

Die derzeitige Gesetzeslage benachteiligt die Mütter, die bei den Kindern zu Hause bleiben und kürzer als im Abstand von vier Jahren Kinder zur Welt bringen. In Österreich liegt die statistische Geburtenrate derzeit bei 1,4 Kindern pro Frau. Um eine positive Bevölkerungsentwicklung aufrechterhalten zu können, ist eine Geburtenrate von 2,1 pro Frau notwendig.

Die Anrechnung von Pensionszeiten für jedes Kind in der vollen Länge - unabhängig davon, wann das nächste Kind zur Welt kommt - könnte auch einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass sich unsere Frauen für mehr Kinder entscheiden. Es ist die Aufgabe von Österreich, eine vorausschauende Gesetzgebung zu entwickeln, die der Über­alterung der Bevölkerung entgegenwirkt und Kinder und Familien unterstützt.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Familie und Jugend werden aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche die Pensionsanrechnung für Kindererziehungszeiten neu regelt, damit die Mütter, die ihre Kinder in einem kürzeren Abstand als vier Jahre geboren haben, die vollen Versicherungszeiten für jedes Kind angerechnet bekommen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Frau Bundesministerin Dr. Karmasin zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 201

18.14.22

Bundesministerin für Familien und Jugend MMag. Dr. Sophie Karmasin: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Kinderbetreuungsgeld-Konto war eine schwere und lange, aber gesunde und natürliche Geburt. Es ist die größte Reform des Kinderbetreuungsgeldes seit 2002, seit der Einführung, und wir sind schon einigermaßen stolz, dass wir dieses Projekt mit 1. März 2017 in die Umsetzung bringen.

Was ist neu? – Die vier Pauschalvarianten werden in ein Konto umgewandelt, und das ist einigermaßen revolutionär, weil bis dato bei vier Varianten unterschiedliche Gesamtbeträge ausbezahlt wurden und damit unterschiedliche Varianten auch vom Gesetzgeber unterschiedlich bewertet und unterstützt wurden. Jetzt gibt es einen Be­trag, nämlich bis zu 15 449 € für jedes Kind in einem Korridor zwischen 12 und 35 Monaten, frei wählbar auf Tagesbasis. Das heißt, damit haben wir mehr Indivi­dualität, mehr Flexibilität, mehr Wahlfreiheit und mehr Bürgernähe. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was mir von Anfang an immer besonders wichtig war, Kollege Pock, waren die Väterbeteiligung und ein partnerschaftliches Familienmodell. Dafür habe ich seit Anfang meiner Amtsperiode gekämpft und mich eingesetzt, und das ist in allen Facetten und in allen Bereichen, in denen ich es mir gewünscht habe, gelungen. Wir haben den für Väter reservierten Anteil von 16,7 Prozent auf 20 Prozent erhöht, der verfällt, wenn der zweite Elternteil – auch Vater genannt – ihn nicht nimmt. Das heißt, damit haben wir eine stärkere Bewertung und Unterstützung der Väterbeteiligung.

Wir haben zum Zweiten, und das ist mir ein besonderes Herzensanliegen gewesen, den Partnerschaftsbonus umsetzen können. Das heißt, wenn beide Elternteile annä­hernd gleich das Kindergeld beziehen, gibt es einen zusätzlichen finanziellen Bonus von 1 000 €. Das ist einigermaßen beachtenswert, denn das ist das erste Gesetz, das das partnerschaftliche Familienmodell gesetzlich festschreibt und finanziell unterstützt und belohnt. Das ist, glaube ich, ein ganz, ganz starkes Bekenntnis der Bundes­regierung und selbstverständlich Gesellschaftspolitik und die Anpassung an moderne Familienbilder. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Natürlich ist die Familienzeit auch ein ganz zentraler Schwerpunkt dieses neuen Gesetzes. Die Möglichkeit, nach der Geburt gemeinsam mit der Mutter diese Familien­zeit bezahlt in Anspruch zu nehmen, ist für Österreich etwas ganz Neues und etwas, was die Väterbeteiligung entsprechend erhöhen wird.

Und ja, wir haben in den Erläuterungen 3 Prozent für den Partnerschaftsbonus fest­gesetzt. Aber es geht da nicht ausschließlich um den Partnerschaftsbonus, es geht um die Väterbeteiligung, die jetzt bei 16 Prozent liegt, und wenn wir über die Familienzeit den Väteranteil auf 25, 30 Prozent verdoppeln würden, dann, glaube ich, wäre das ein Riesenerfolg, den dieses Gesetz ermöglicht.

Abgesehen von der Familienzeit haben wir die flexiblere Wechselmöglichkeit, wie auch schon von Kollegin Kitzmüller erläutert. Wir schaffen jetzt aufgrund dieser Verein­fachung auf Tagesbasis und mit einem Betrag die Möglichkeit, einmal wechseln zu können, sodass eine Anpassung an Lebensbedingungen, an Betreuungssituationen und auch an Herausforderungen am Arbeitsplatz möglich wird.

Die Alleinerzieherinnen wurden schon angesprochen. Nur nebenbei erwähnt: Auch bei Alleinerzieherinnen gibt es einen Vater, und der Vater kann sich auch entsprechend einbringen, wenn der gemeinsame Haushalt mit dem Vater ermöglicht wird. Und dann kann auch der Väteranteil und letztendlich auch der Partnerschaftsbonus … (Abg. Schwentner: Das sind doch Alleinerzieherinnen! – Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.) – Es gibt einen Vater zu jedem Kind, und der hat eine Verantwortung! (Abg. Kickl: Aber


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 202

im gemeinsamen Haushalt! – Zwischenrufe der Abgeordneten Schwentner und Kitz­müller.) – Nein, es muss das Kind mit dem Elternteil, der bezieht, gemeldet sein. Ja, und das ist einmal der Vater, einmal die Mutter. Ja, das ist Realität. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Schwentner: Die Realität schaut anders aus!) Und die Väter haben, auch wenn die Beziehung auseinandergeht, eine Verantwortung dem Kind gegenüber, Betreuung herzustellen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Schwentner.)

Zusätzlich ist es gelungen, dass die Familienzeit und der Partnerschaftsbonus im einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld ermöglicht werden. Ich möchte nur eines noch einmal ergänzen: Wenn Familien den Partnerschaftsbonus umsetzen und ihr Leben entsprechend anpassen, dann gibt es bis zu 16 449 € für diese Familie, für dieses Kind, und das sind rund 2 500 € mehr als jetzt bei einer Kurzvariante. Also die Steigerung ist schon sehr deutlich.

An dieser Stelle möchte ich mich auch bei allen Mitarbeitern im Haus und in meinem Team besonders bedanken, auch bei Kollegin Gabriele Heinisch-Hosek. Wir haben uns einige Diskussionen geliefert, aber letztendlich sind wir, glaube ich, bei einem sehr guten Endergebnis gelandet (Abg. Heinisch-Hosek nickt zustimmend), und das ist wirklich ausgesprochen erfreulich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt geht es an die Vorbereitungen – sprich: an den immer wieder zitierten Online-Rechner, an all die Folder, die Internet-Informationsoffensive –, und seien Sie getrost, wir werden das Konto entsprechend transparent und einfach vermitteln. Wie schon Frau Lueger gesagt hat: Die Eltern werden nicht ermutigt, das Gesetz zu lesen, sondern werden eine sehr bürgernahe und einfache Ausfüllmöglichkeit erhalten.

Danke und auf zum nächsten Schritt zum familienfreundlichsten Land Europas! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.20


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Gamon zu Wort. – Bitte.

 


18.20.48

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, ich habe jetzt – weil Sie gesagt haben, dass das, was jetzt hier wahrscheinlich be­schlos­sen wird, „revolutionär“ wäre – noch herausgesucht, was denn der Duden dazu sagt, was revolutionär wirklich bedeuten würde: „eine tiefgreifende Wandlung bewir­kend“. Ich befürchte, dass dieses Gesetz vielleicht ein paar Dinge ändern wird, aber es wird ganz sicher keine tiefgreifende Wandlung in unserem Land, in unserer Gesell­schaft, in der wir Familie leben können, bewirken.

Familienpolitik ist ja in Österreich leider – was heißt „leider“?, sie ist es – auch Frauen­politik, weil wir da so von Geschlechterstereotypen, von Rollenverständnissen geleitet sind wie in keinem anderen Bereich, und deshalb ist es auch wichtig, anzusprechen, was dieses Gesetz eigentlich für Auswirkungen auf die Frauen in Österreich haben wird.

Es gibt nämlich ein Ziel, das damit ganz sicher nicht erfüllt wird – das wäre wirklich revolutionär gewesen –, nämlich dass wir es irgendwann zu einer echten Fifty-fifty-Aufteilung in der Kindererziehung schaffen. (Beifall bei den NEOS und bei Abge­ordneten der SPÖ.) Das wäre wirklich revolutionär. Es wird sich nichts daran ändern, dass es weiterhin die Frauen sind, die den Großteil der Kinderbetreuungsarbeit übernehmen, die längere Erwerbsunterbrechungen haben. Es sind immer noch die Frauen, die diese Arbeit in Österreich machen und dadurch enorme Nachteile haben.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 203

Wir reden immer von Väterbeteiligung – Beteiligung impliziert ja irgendwie, dass wir wollen, dass sich der Anteil ein bisschen erhöht, aber es soll dann bitte nicht fifty-fifty sein, denn wir denken immer noch in diesem Rollenverständnis, dass grundsätzlich schon einmal die Frau diesen Job übernehmen sollte. (Zwischenruf des Abg. Wöginger. – Zwischenbemerkung von Bundesministerin Karmasin.) Wir verlangen Frauen ab, wirklich Superkräfte zu entwickeln – die sollen Kinder und Karriere unter einen Hut bringen, sich dann auch nicht über den Gender Pay Gap aufregen, weil das ist sicher frei erfunden, kommt dann aus dieser Richtung (in Richtung FPÖ), und es wird das gesellschaftliche Bild vermittelt, dass immer noch der Mann allein das Einkommen nach Hause bringt.

Ich glaube ganz ehrlich, dass es wesentlich ist, dass Familienpolitik eben dazu beiträgt, dass Frauen in der Zukunft die gleichen Chancen haben am Arbeitsmarkt, dass Frauen nicht in Altersarmut schlittern. Das sollte eigentlich die Aufgabe sein, das wäre wirklich etwas Revolutionäres gewesen. (Abg. Kickl: Das ist aber jetzt Frauenpolitik!) Und wissen Sie, woran das scheitert? – Unter anderem daran, dass wir immer noch eine unterschiedliche Dauer haben (Abg. Kickl: Das ist aber jetzt Frauenpolitik!), was die Karenz und den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes betrifft. Das ist ja absurd! Das ist ein direkter monetärer Anreiz, dass Frauen sich aus dem Recht auf Rückkehr in ihren Job hinausbewegen. So wird der Wiedereinstieg in den Beruf extrem erschwert. Das ist ein direkter Anreiz, das ist eine mit Steuergeld subventionierte Ungleichbehand­lungs­politik, und ich finde es elend, dass wir das nicht ändern.

Deshalb ist es für uns wichtig, dass die Höchstdauer des Kinderbetreuungsgeldbezugs endlich mit der Höchstdauer der Karenz harmonisiert wird. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Das ist wirklich ein essenzieller Punkt, der damit immer noch nicht gelöst wird, weshalb ich folgenden Antrag einbringe:

Abänderungsantrag

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht des Familienausschusses, 1154 der Beilagen, angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 2 Z 11 wird in § 5 Abs. 1 die Zahl „851“ durch „731“ ersetzt.

II. In Artikel 2 Z 11 wird in § 5 Abs. 2 die Zahl „1063“ durch „914“ ersetzt.

III. In Artikel 2 Z 35 wird in § 24b Abs. 2 die Zahl „426“ durch „457“ und die Zahl „61“ durch „92“ ersetzt.

*****

Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Schwentner.)

18.24


Präsident Karlheinz Kopf: Der von der Frau Abgeordneten Gamon soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Claudia Gamon, Kollegin und Kollegen zum Bericht des Familienausschusses (1154 d.B.) über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bun-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 204

desgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden - TOP 5

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der, dem Bericht des Familienausschusses (1154 d.B.) über die Regierungsvorlage (1110 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit (Familienzeitbonusgesetz – FamZeitbG) erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversiche­rungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden, angeschlossene Gesetzesentwurf, wird wie folgt geändert:

I. In Artikel 2 Z 11 wird in § 5 Abs 1 die Zahl "851" durch "731" ersetzt.

II. In Artikel 2 Z 11 wird in § 5 Abs 2 die Zahl "1063" durch "914" ersetzt.

III. In Artikel 2 Z 35 wird in § 24b Abs 2 die Zahl "426" durch "457" und die Zahl "61" durch "92" ersetzt.

Begründung

Das Kinderbetreuungsgeld und die Karenz sind kommunizierende Gefäße im Bereich der Familienpolitik, die eigentlich als eine zusammengehörende Materie betrachtet werden sollten. Unterschiedliche Regelungen im Kinderbetreuungsgeld-, Mutterschutz- und Väterkarenzgesetz führen aber dazu, dass diese Gesetze Regelungen enthalten, die aus unserer Sicht nicht schlüssig sind und eigentlich übergeordnete Ziele konter­karieren. Ein wesentliches übergeordnetes Ziel von Familienpolitik muss die Gleichbe­rechtigung von Frauen am Arbeitsmarkt darstellen, weshalb auch die Möglichkeiten eines erfolgreichen Wiedereinstiegs ins Berufsleben nach einer Karenz unter dieses übergeordnete Ziel subsumiert werden müssen. Doch gerade in diesem Punkt stehen bestimmte Regelungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes den Regelungen im Mutter­schutzgesetz diametral entgegen.

Während eine Karenz höchstens bis zum Ende des zweiten Lebensjahres eines Kindes möglich ist, ist der Bezug von Kinderbetreuungsgeld darüber hinaus für ein einziges Elternteil beispielsweise auch 30 Monate möglich. Dementsprechend ist es möglich, dass die finanzielle und damit soziale Absicherung bei einer Erwerbsunter­brechung aufgrund einer Geburt länger dauern kann, als die arbeitsrechtliche Absicherung dies gewährleisten kann. Damit ist der direkte Einstieg in den vorher ausgeübten Beruf in dieser längsten Bezugsvariante nicht möglich. Dies stellt eine bedeutsame Verschlechterung der Wiedereinstiegsmöglichkeiten dar, die aufgrund der ungleichen Verteilung von Zeiten des Kinderbetreuungsgeldbezuges zwischen Müttern und Vätern oft Frauen trifft und deren Stellung am Arbeitsmarkt weiter wesentlich verschlechtert.

Da eine Verlängerung von Karenzmöglichkeiten auf über 30 Monate einerseits der personalwirtschaftlichen Planung von Unternehmen hinderlich ist und andererseits auch die Reintegration von Betroffenen in den Arbeitsprozess entsprechend behindert, ist es unumgänglich die Dauer des Kinderbetreuungsgeldbezuges auf 24 Monate zu limitieren. Diese Reformbedürftigkeit scheint die Regierung nicht zu sehen, die mit dem


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Kinderbetreuungsgeldkonto weiterhin vorsieht, dass der Bezug von Kinderbetreuungs­geld auch künftig mehr als 24 Monate möglich sein soll. Damit setzt die Regierung finanzielle Anreize, die dazu führen, dass langfristig die Situation von diesen Personen – meist Frauen – weiter verschlechtert wird und die Erwerbschancen wesentlich einschränkt werden.

Ad I.

Die Gesamtdauer, die ein Elternteil Kinderbetreuungsgeld beziehen kann, wird auf 731 Tage und damit auf zwei Jahre (bzw. 24 Monate) beschränkt.

Ad II. + III.

Da die Regierungsvorlage darauf aufbaut 20 Prozent der Kinderbetreuungsgeld­be­zugszeiten für den zweiten Elternteil exklusiv zu reservieren, ist auch die Gesamtzeit des Kinderbetreuungsgeldbezuges auf 914 Tage zu beschränken, was 30 Monaten entspricht. Den gleichen Hintergrund hat die Änderung der Bezugszeiten, die im einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld für den zweiten Elternteil exklusiv reserviert sind, weshalb sich dort die Anspruchsdauer an der minimalen Anspruchs­dauer des Kinderbetreuungsgeldkontos orientiert, und die damit auf höchstens 457 Tage angehoben wird, falls beide Elternteile Kinderbetreuungsgeld beziehen, wovon 92 Tage exklusiv auf den zweiten Elternteil entfallen.“

*****

 


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Prinz zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


18.24.22

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine Damen und Herren! Der heutige Beschluss zum Kinderbetreuungs­geld­konto unterstreicht meiner Meinung nach die grundsätzlich positive Weiterentwicklung in diesem Bereich. Die Familienleistungen in Österreich sind ja auf sehr hohem Niveau, und wer aus Österreich ein bisschen über den Zaun hinausblickt und dann immer noch jammert, dem darf man schon ins Stammbuch schreiben, dass er auf sehr hohem Niveau jammert. Das gilt auch für große Teile der Opposition, ebenso für den Präsidenten des Katholischen Familienverbandes.

Ich darf einige dieser Leistungen in Erinnerung rufen: Beispielsweise geben wir in Österreich mehr als 8 Milliarden € an Unterstützungen für die Familien aus, allein das Kinderbetreuungsgeld macht mehr als 1,2 Milliarden € davon aus, und dabei sind steuerliche Maßnahmen noch ausgenommen. Erhöhung der Familienbeihilfe in drei Schritten seit 2014: mehr als 800 Millionen €. Denken wir an die Verdoppelung des Kinderabsetzbetrages von 220 auf 440 €; denken wir an die entsprechenden finanziel­len Unterstützungen beim Ausbau der Kinderbetreuung, denken wir an den Gratis­kindergarten: Ein Jahr kostet 70 Millionen €! Diese Liste ließe sich noch fortsetzen.

Ich glaube schon, dass man festhalten darf: Immer höhere Ausgaben, das klingt zwar verlockend, ist aber nicht immer möglich und auch nicht immer klug. Die Interessen der Kinder sollten wir in den Mittelpunkt stellen. Wie sieht es dabei aber in der Realität aus? Haben wir auch schon manchmal darüber nachgedacht, wie es ist – nicht nur in der großen Stadt, manchmal auch schon am Lande –, wenn die Kinder am Nachmittag spielen und es nicht die eigenen Enkelkinder sind, ob wir da nicht relativ schnell rufen: Ruhe da!? Auch über diese Dinge sollten wir manchmal nachdenken.

Familienfreundlichkeit entsteht nicht durch Gesetze. Sie entsteht in erster Linie durch gegenseitigen Respekt und durch das Verstehen der Bedürfnisse der Kinder. Ver-


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suchen wir auch einmal, mit ihren Augen zu sehen oder mit ihren Ohren zu hören. Familienfreundlichkeit beginnt bei unserer ganz persönlichen Einstellung, und das Thema ist bei unserer Ministerin gut aufgehoben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ord­neten der SPÖ.)

18.26


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Doppler. – Bitte.

 


18.26.58

Abgeordneter Rupert Doppler (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Frau Minis­ter! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Flexibles Konto für alle Geburten ab März 2017: Das neue Kinderbetreuungsgeld-Konto ersetzt die beste­henden vier Pauschalmöglichkeiten des Kinderbetreuungsgeldes. Die Eltern können die Bezugsdauer künftig innerhalb eines bestimmten Zeitraumes flexibel wählen.

So weit, so gut, Frau Minister, doch sieht man genauer hin, dann wird die Bezugsdauer reduziert, wobei ein Elternteil maximal 28 Monate statt wie bisher 30 Monate und beide Elternteile zusammen maximal 35 Monate statt wie bisher 36 Monate Kindergeld erhalten. Ob die Zuverdienstgrenze noch zeitgemäß ist, wäre auch zu hinterfragen.

Da die Frau Familienministerin die Väterbeteiligung so hervorgestrichen hat und auch, dass sie auf 25 Prozent angehoben werden sollte: Das ist meiner Meinung nach ein Wunschtraum, denn wenn der sogenannte Papamonat keinen Kündigungsschutz hat, meine Damen und Herren, dann wird das nichts fruchten.

Ich glaube – und das hat auch Kollege Steinbichler angesprochen –, es wäre höchst an der Zeit, dass die Kindererziehungszeiten voll für die Pensionsberechnung herange­zogen werden, dann wäre das ein gutes Gesetz. – Herzlichen Dank. (Beifall der Abge­ordneten Kitzmüller und Steinbichler.)

18.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


18.28.32

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Gamon, ich finde die Diskussion über die gesellschaftliche Veränderung in der Familie wichtig und sehe natürlich auch den damit verbundenen Auftrag an uns, an die Politik, hinzuschauen und diese Veränderungen auch in der Politik niederzuschreiben, als einen wirklich guten Auftrag an. Ich bin halt noch nicht ganz überzeugt davon, dass es so einfach ist, dass man also einfach von dieser Stelle aus sagt: Ich möchte eine 50:50-Prozent-Familienbeteiligung haben!, und dann geschieht das einfach.

Ich glaube schon, dass dabei einfach viele andere Dinge mitgedacht werden müssen. Solange es eben leider so ist – und ich sage das auch ganz bewusst als Frau –, dass Männer noch immer um 25 Prozent oder teilzeitbereinigt um, ich glaube, 15 Prozent mehr verdienen als Frauen, wird es einfach schwer sein, alle Männer dazu zu bewegen, zu Hause zu bleiben. Das ist einfach einmal so, das ist eine Tatsache, und da müssen wir gemeinsam in eine andere Richtung arbeiten, da gebe ich Ihnen recht. Es ist zwar heute ein Zeitpunkt, darüber zu sprechen, aber man kann das nicht einfach mit einem Fingerschnipp ändern. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass es halt auch nicht so einfach ist, dass man überall die genau bedarfs- und bedürfnisorientierte – und ich sage das immer genau so – Kinder­betreuung vor Ort findet, um wieder ganz schnell in den Beruf einzusteigen. Das ist auch ein Thema, wo wir wirklich genau hinschauen müssen. Da hat die Frau Ministerin


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außer Dienst Heinisch-Hosek in den letzten Jahren wirklich viel getan, um diese Ganztagsbetreuung in den Kindergärten auszubauen, in den Schulen auszubauen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, und da muss man auch die Gesellschaft mitnehmen, muss die Eltern mitnehmen, muss die Opposition mitnehmen, um auch die davon zu überzeugen, dass es wichtig und richtig ist, in diesen Bereich zu investieren.

Es ist eben nicht so einfach, wie man sich manchmal in einer Rede die Welt zusam­menschreibt. Ich glaube daher, dass es wichtig ist, hinzuschauen und das immer wieder anzusprechen, aber es braucht viele Schrauben, an denen man drehen muss. Eine dieser Schrauben, davon bin ich wirklich überzeugt, ist das Gesetz, das wir heute beschließen, weil wir damit die Väterbeteiligung, auch davon bin ich überzeugt, erhöhen werden.

Mit der Familienzeit, die geplant ist, mit diesem Papamonat auch in der Wirtschaft und nicht nur im öffentlichen Dienst und auch mit diesem Partnerschaftsbonus, den ich ganz besonders gelungen finde, wo man 1 000 € mehr lukrieren kann, wenn man sich als Partner, als Familie die Elternzeit teilt. Das ist meiner Meinung nach ein sehr wichtiger Punkt. Ich bin überzeugt davon, dass Väter sich sehr gerne beteiligen – Kollege Pock sagt ja bei jeder Gelegenheit, dass das richtig und wichtig ist –, und es ist auch für die Kinder total wichtig, dass sich die Väter ebenfalls beteiligen. (Abg. Steinbichler: Das ist ja normal, da brauche ich gar nicht zu reden!)

Ich bin aber ebenso davon überzeugt: Es wäre auch für die Wirtschaft gut, diesen Wert endlich zu erkennen, das sage ich heute ganz bewusst, denn zufriedene Menschen – zufriedene Männer, zufriedene Frauen, zufriedene Eltern – sind auch zufriedene und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich glaube nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Frauen in der Regierung der große Hemmschuh bei mehr Väterbe­teili­gungsmodellen wären, sondern vielleicht ist das eher die Wirtschaftskammer (in Richtung ÖVP), die da immer noch ein bisschen der Hemmschuh ist.

Ich appelliere an alle, dass wir wirklich gemeinsam daran arbeiten, diese Väter­beteiligung – ich sage es jetzt auch so, wie Sie (in Richtung der Abg. Gamon) es gesagt haben: dieses Familienleben mit einem Kind – einfach zu ermöglichen, weil es für alle Beteiligten und insgesamt für unsere Gesellschaft ein ganz großer Gewinn ist. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Wöginger.)

18.31


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fichtinger. – Bitte.

 


18.31.49

Abgeordnete Angela Fichtinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetz ist wieder ein Meilenstein in Bezug auf Flexibilität und Fairness gelungen. Österreich ist wieder ein Stück familienfreundlicher geworden, auch wenn leider immer wieder vieles oder fast alles schlechtgeredet wird, und es gibt sicherlich immer wieder etwas zu ergänzen. – Das wissen wir alle sehr gut.

Wir wissen aber auch, es muss auch alles finanziert werden. Natürlich: Die Anpassung der Familienbeihilfe wünschen wir uns alle, aber es muss auch die finanziellen Mög­lichkeiten geben.

Wenn ich zurückdenke: Als ich mein letztes Kind bekam – das ist natürlich schon wieder viele Jahre her –, gab es genau zwei Monate Mutterschutz vor der Geburt, zwei Monate nach der Geburt, dann acht Monate Karenzgeld, und das war es auch schon. Das ist schon viele Jahre her, aber trotzdem: Wenn man das mit heute vergleicht, sieht man, es ist sehr viel geschehen.


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Es ist uns sehr wichtig, dass Familien unterstützt werden, gefördert werden und dass dabei auf Gerechtigkeit und Flexibilität geachtet wird. Die ÖVP steht für unsere Familien. Gerade ein Familienverband und Kinder machen die Grundfesten unserer Gesellschaft aus: Es werden Werte vermittelt, dort wird die nächste Generation erzogen, und in unseren Kindern und Kindeskindern liegt ganz klar unser aller Zukunft.

Das neue Kinderbetreuungsgeld-Konto punktet mit flexiblen und fairen Eckdaten. Es wurde schon angesprochen: Die bisherigen vier Pauschalvarianten werden durch individuell wählbare Möglichkeiten ersetzt; das wurde bereits ausführlich thematisiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte es für einen großen Vorteil, flexibel und individuell die Bezugsdauer wählen zu können, ohne finanzielle Einbußen zu erleiden – noch dazu, weil es eine Alternative gibt, nämlich das einkommensabhängige Kinder­geld, welches im Ausmaß von 80 Prozent des Letzteinkommens bezogen werden kann und mit 2 000 € für zwölf beziehungsweise 14 Monate gedeckelt ist.

Ein weiterer wichtiger Faktor für ein funktionierendes Familienleben ist die partner­schaftliche Aufteilung: 50 : 50 oder 60 : 40 mit dem Partnerschaftsbonus in der Höhe von 500 € pro Elternteil, der ausgezahlt wird.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns sicherlich einig, dass die Zeit mit und in der Familie zu den wichtigsten Zeiten im Leben gehört, und so können wir überaus stolz darauf sein, mit dem neuen Kinderbetreuungsgeld-Konto Familien eine Mög­lichkeit zu schaffen, die Zeit mit der Familie selbst einzuteilen und trotzdem den Anschluss an das Berufsleben nicht zu verlieren.

Es ist überaus wichtig, den Familien unter die Arme zu greifen, ihnen zu helfen und manches Mal auch ihren Traum zu verwirklichen. Wir wissen: In den Jugendstudien der letzten Jahre sind meist Familie und Kinder an erster Stelle gereiht. Mit der Ein­führung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos tragen wir alle gemeinsam sehr viel dazu bei, dass sich viele auch den Wunsch nach einer Familie erfüllen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der ÖVP: Damit ist alles gesagt!)

18.35


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Holzinger-Vogtenhuber. – Bitte.

 


18.35.44

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber, BA (SPÖ): Herr Präsident! Ja, Familie und Partnerschaft haben, wie wir schon gehört haben, bei den Österreiche­rinnen und Österreichern einen extrem hohen Stellenwert, aber es hat gewisse Problemstellungen in der Vergangenheit gegeben, was die Pauschalvarianten beim Kinderbetreuungsgeld betroffen hat. Das war unter anderem, dass sie sehr starr sind, dass sie unflexibel sind und intransparent in Bezug darauf, was schlussendlich heraus­kommt, womit man monatlich rechnen kann.

Eine weitere Herausforderung war, dass man durch diese Pauschalvarianten auch die Väterbeteiligung nicht erhöhen konnte. Das war auch ein Grund dafür, dass durch dieses neue Familienzeitbonusgesetz und die Änderung beim Kinderbetreuungsgeld eine Verbesserung erreicht werden soll. Es ist deshalb unsere Aufgabe, die Regelungen zu gestalten und zu verändern, damit es Familien leichter ermöglicht wird, Familie und Beruf und auch Partnerschaft und Beruf zu vereinbaren.

Dieses Familienzeitbonusgesetz ist meiner Ansicht nach ein wichtiger Schritt, weil genau der Papamonat es ermöglichen soll, in einer Phase, in der das Kind klein ist – in den ersten drei Monaten –, bei der Familie bleiben zu können, mit rund 700 € an finanzieller Unterstützung, man ist kranken- und pensionsversichert.


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Was schon richtig ist, da muss ich zustimmen: Es war auch unser Anliegen, dass es für diese Zeit einen ausdrücklichen Kündigungsschutz und selbstverständlich auch einen arbeitsrechtlichen Rechtsanspruch geben soll. – Das war so nicht zu erreichen, aber trotz allem gibt es einen Motivkündigungsschutz laut Gleichbehandlungsgesetz. Es steht zudem eine Evaluierung an, man wird also in der Zukunft sehen, ob diese Väterbeteiligung entsprechend wachsen und sich erhöhen wird, so, wie wir uns das wünschen, oder nicht, und für diesen Fall braucht es auch die entsprechenden Änderungen, was den Kündigungsschutz oder den Rechtsanspruch betrifft.

Ich möchte noch zu einem weiteren Punkt kommen, der noch nicht erwähnt worden ist, aber mir besonders wichtig ist: Bei den bisherigen Pauschalvarianten, die ja, wie bereits gesagt, kaum individuell anpassbar und wenig flexibel waren, hat es auch den Nachteil gegeben, dass bei einer Änderung des Lebensverhältnisses – unter anderem bei einem frühzeitigen Einstieg ins Berufsleben oder eventuell der Geburt eines weiteren Kindes – genau dieser Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für die Monate, wo das Kind dann geboren war, wo man wieder in den Beruf eingestiegen ist, einfach verloren gegangen ist. Das wird jetzt nicht mehr der Fall sein. Es gibt jetzt eine fixe finanzielle Unterstützung, und genau die bleibt auch erhalten, weil es bis kurz vor Schluss möglich ist, genau diese Variante des Kinderbetreuungsgeldes zu wechseln, um dadurch eben auch keinen finanziellen Verluste zu erleiden.

Was ebenfalls oft kritisiert wurde, auch von Kollegin Schwentner, ist, dass man von diesen starren Rollenbildern nicht abkommt – ich bin aber schon der Überzeugung, dass man da einen großen Schritt gemacht hat: Die Partnerschaftlichkeit ist drinnen, wie schon erwähnt wurde und wie wir gehört haben, ebenso, und auch das ist ganz wichtig, Adoptivfamilien, gleichgeschlechtliche Paare. Das heißt, es gibt dieselben Bedingungen für egal welche Familienzusammensetzung. Das halte ich für einen großen Schritt, für einen Schritt in Richtung Gleichberechtigung. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.) Ich möchte deshalb noch einmal unterstreichen, wie wichtig mir das ist.

Alles in allem sehe ich die neue Regelung als einen sehr großen Erfolg für unsere Familien. Es wird flexibler, es können jetzt Vater und Mutter oder Partner sagen: Wie wollen wir uns das aufteilen, wie passt das ins berufliche Leben hinein, wann gehe ich in Karenz, wann nicht? Das ist jetzt einfach viel flexibler möglich, und deshalb bitte ich auch um Unterstützung. Es ist trotz der Kritikpunkte, die auch gekommen sind, eine erhebliche Verbesserung.

Auch wenn man es nicht revolutionär nennen will: Allein wenn man den 1 000-€-Bonus sieht, wenn man es partnerschaftlich aufteilt – fifty-fifty oder 60 : 40, wie auch immer –, so ist das ein großer Sprung. Man kann es nicht mit Zwang machen, es gibt am Land die Kinderbetreuungsmöglichkeiten nicht in einem Ausmaß, dass man einfach sagen kann: Okay, es wird jetzt fifty-fifty vorgeschrieben!, aber ich sehe den 1 000-€-Bonus dafür, dass ich mir die Kinderbetreuung partnerschaftlich aufteile, als einen großen Sprung. Ich bitte wirklich um Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.39


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Nachbaur. – Bitte.


18.40.01

Abgeordnete Dr. Kathrin Nachbaur (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Kollegen im Hohen Haus! Sehr geehrte Steuerzahler! Es ist erfreulich, dass Ministerin Karmasin und ihr Team es geschafft haben, eine neue Familienzeitregelung zu gestalten. Als liberaler Mensch begrüße ich dabei insbe­sondere die Wahlfreiheit. Kinder zu kriegen und vor allem Kinder großzuziehen ist in


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erster Linie immer noch Sache der Eltern und nicht des Staates. Gute Familienpolitik heißt auch, den Eltern, vor allem den Müttern, beim Thema Kinder großziehen sowie Kinder erziehen so viel Wahlfreiheit wie möglich zu gewähren und gleichzeitig jene bestmöglich zu unterstützen, die die Unterstützung auch besonders brauchen, vor allem Alleinerzieherinnen. Dabei gibt es deutliche Verbesserungen, das ist ein sehr guter Fortschritt, Frau Minister.

Es ist auch gut, dass die Familienzeit ohne den lange Zeit umstrittenen Kündigungs­schutz beschlossen wird, denn oft zeigt uns die Realität, dass gut gemeint oft das Gegenteil von gut ist. Je strenger beispielsweise der Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung ausgestaltet wird, desto schwieriger wird es dann für die betroffenen Menschen, auch tatsächlich eine Anstellung zu finden. Je strenger der Kündigungs­schutz für ältere Arbeitnehmer ausgestaltet wird, desto weniger werden leider Gottes ältere Arbeitnehmer auch eine Anstellung finden. Paradoxerweise nimmt in manchen Fällen der Sozialstaat den Anreiz, gewisse Menschen überhaupt einzustellen. Unseren heimischen Unternehmen ist es aber in der Regel ohnehin sehr wichtig, die Verein­barkeit von Familie und Beruf zu unterstützen. Dafür braucht es klare und verständliche Regeln und genauso ein gewisses gegenseitiges Verständnis, sodass partnerschaft­liche Lösungen ermöglicht werden.

In diesem Sinne hoffe ich auch sehr – im Sinne der Arbeitnehmer, im Sinne der Unter­nehmer und ganz besonders im Sinne der Mütter –, dass die Regierung deutliche Fortschritte beim Thema Arbeitszeitflexibilisierung macht. Wenn man beispielsweise die tägliche Höchstarbeitszeit erhöht, könnten sich Eltern mit ihrem Arbeitgeber ausmachen (Abg. Königsberger-Ludwig: Die Kinder nehmen sie dann mit, oder wie machen sie das?!), ob sie an einem Tag länger arbeiten und am nächsten Tag dafür kürzer oder vielleicht gar nicht, wenn ein wichtiger Termin mit den Kindern ansteht.

Wir leben jetzt Gott sei Dank in einem Zeitalter, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Regel an einem Strang ziehen; und da freue ich mich auf die nächsten positiven Schritte der Regierung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lipitsch. – Bitte.

 


18.43.03

Abgeordneter Hermann Lipitsch (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Ich glaube, mit der heutigen Beschlussfassung des neuen Kinderbetreuungs­geld-Kontos machen wir einen Schritt in die richtige Richtung, denn wir haben einen bestimmten Betrag, und jeder kann sich aussuchen, welche Zeit er für sein Kind in Anspruch nimmt. Ich glaube, dass das in der heutigen Zeit ganz, ganz wichtig ist, denn es ist nicht überall so wie in den Städten, dass man Ganztagsbetreuung für die Kinder hat. Wir müssen das auch mit den Landgemeinden vergleichen, in denen wir sehr oft nur Halbtagskindergärten haben.

Wir haben heute nur über das Kinderbetreuungsgeld-Konto gesprochen, aber es gibt ja immerhin zwei Varianten: Es gibt neben dem einkommensabhängigen Kindergeld das Kinderbetreuungsgeld-Konto. Die Väterbeteiligung und die Tatsache, dass Väter viel mehr verdienen, wurde heute oft angesprochen, aber es steht allen Vätern offen, wenn sie so viel verdienen, das einkommensabhängige Kindergeld in Anspruch zu nehmen und bei den Kindern zu Hause zu bleiben. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass das auch klar gesagt wird. Wir schreiben ja nicht vor, dass es halbe-halbe sein muss; es gibt alle Möglichkeiten.

Ich möchte mich schon recht herzlich bei unserer früheren Ministerin Heinisch-Hosek dafür, dass sie sich auch bei diesem Gesetz so eingebracht hat, bedanken.


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Wenn wir jetzt den Papamonat, so wie wir ihn immer nennen, hernehmen: Ich glaube, dass damit die Möglichkeit geschaffen wird, dass auch in der Privatwirtschaft Väter, wenn sie wollen, und zwar im Übereinkommen mit dem Arbeitgeber, die Möglichkeit ha­ben, diesen Papamonat in Anspruch zu nehmen. Das ist der erste Schritt. Wir werden uns in der Evaluierung anschauen, was möglich ist, was wir weiter gestalten können.

Auch dieser Partnerschaftsbonus von 1 000 € ist nicht wenig, und es steht immerhin im Gesetzentwurf drinnen, dass es zumindest 60 : 40 sein muss. Das heißt, man ist schon knapp an den 50 Prozent dran. Das Ziel ist es, wie die Frau Ministerin schon gesagt hat, in den nächsten Jahren 25 bis 30 Prozent Beteiligung der Väter zu erreichen. Ich glaube, dass das ganz wichtig ist, denn Väter wollen bei den Kindern bleiben, man muss nur die Möglichkeiten schaffen, und man muss die Möglichkeit schaffen, dass sie gemeinsam mit den Frauen die Kinder betreuen können.

Da angesprochen wurde, dass es darauf ankommt, wo das Kind ist. Ich sage Ihnen, dass man das Kind einfach ummelden muss: Wenn der Vater Kindergeld bezieht, dann muss es beim Vater gemeldet sein, sonst bei der Mutter. Wenn die Eltern getrennt sind und das Kind bei der Mutter in Wien lebt, dann ist es nicht möglich, dass der Vater beispielsweise in Vorarlberg Kindergeld bezieht. Ich glaube, dafür gibt es eine klare Regelung. Wir werden natürlich bei der Evaluierung schauen müssen, was wir noch verbessern können. Das werden die nächsten Jahre zeigen, aber ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

18.45


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


18.45.58

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Zum Kinderbetreuungsgeld-Konto hat Abgeordnete Anneliese Kitzmüller schon hinreichend und ausgiebig Stellung bezogen. Ich werde jetzt die Anträge, die nachher eingegangen sind, kommentieren.

Zuerst behandle ich den Antrag des Abgeordneten Steinbichler betreffend „Jährliche Valorisierung der Familienleistungen“. Ich darf übrigens Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP, daran erinnern, dass Sie das eigentlich auch immer wollten, und es wäre nichts naheliegender, als das endlich zu tun. Alles und jedes wird mit gutem Grund valorisiert. Wir wissen, wie schwer der Wertverlust wiegt, den Familienleistungen in den letzten eineinhalb Jahrzehnten erlitten haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Junge Familien tun sich auch wirklich schwer. Sie alle wissen, alles ist mittlerweile auf ein Doppelverdienertum aufgebaut. Es wäre wirklich an der Zeit, dass Sie sich einen Ruck geben und da ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten. Das ist eine ganz pragmatische und gar keine ideologische Sache. Wir kämen ja auch nicht auf die Idee, zum Beispiel die Pensionszahlungen nicht zu valorisieren. Dem stimmen wir natürlich zu. (Beifall bei der FPÖ.)

Zum zweiten Antrag, dem Entschließungsantrag des Abgeordneten Michael Pock: Er möchte, dass Kinderbetreuungsgeld- und Karenzansprüche auch ohne gemeinsamen Haushalt geltend gemacht werden können. Auch da sage ich ganz pragmatisch: Natürlich ist es wünschenswert, wenn die Eltern vor allem so junger Kinder, in deren Fall das noch in Anspruch genommen werden kann, zusammenbleiben und miteinan­der wohnen, aber wenn das nicht der Fall ist, dann halten wir es immer noch für gerechtfertigt und besser als eine andere Lösung, wenn die elterliche Verantwortung gemeinsam wahrgenommen wird. Auch dem werden wir also zustimmen.

Zum dritten Punkt, dem Abänderungsantrag der Abgeordneten Gamon und dem Ent­schließungsantrag der Abgeordneten Judith Schwentner, die ein bisschen in dieselbe


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Zielrichtung gehen: Frau Schwentner macht es genauer – ich werde sie in einem behandeln –, sie beklagt vor allem, nach der Passage, dass die Reform nicht gelungen und eine große Chance verpasst worden ist, dass das Kinderbetreuungsgeld lange Auszeiten im Gegensatz zur kurzen Inanspruchnahme auch finanziell belohnt und dass es zu wenige Anreize für Väterbeteiligung setzt. Sie schreiben, dass die Reformierung des Kinderbetreuungsgeldes folglich dringend notwendig und Ihrer Meinung nach eben nicht gelungen sei.

Sie bekennen sich folgendermaßen: „Familienpolitische Leistungen wie das Kinderbe­treuungsgeld haben das Potenzial auf gesellschaftliche Realitäten Einfluss zu nehmen. So kann die konkrete Ausgestaltung des Kinderbetreuungsgeldes die berufliche Ausstiegsdauer für beide Geschlechter verkürzen und die partnerschaftliche Aufteilung in der Familienarbeit fördern.“

Das möchte ich nun ein wenig kommentieren. Wir haben, wie Sie wissen, dazu eine oppositionelle Meinung. Der erste Punkt betrifft partnerschaftlich: Ich sehe das über­haupt nicht so, dass das 50 : 50 sein muss. Partnerschaftlich heißt einvernehmlich (Zwischenruf der Abg. Schwentner), und viele meiner Kolleginnen – wie auch ich selbst – haben Phasen gehabt, bei denen es vielleicht 20 : 80 war, aber zugunsten des Vaters des Kindes, das kann vorkommen. Das müssen sich die Leute ausmachen, da brauchen wir uns nicht einzumischen. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)

Überdies habe ich Gott sei Dank das Glück, immer wieder mit jungen Elternpaaren in regem Kontakt zu stehen, wenn ich meine sieben Enkelkinder am Sonntag da habe, und ich stelle fest, die machen das ganz locker. Meine Töchter mit einem abge­schlossenen Studium, die Kinder haben, sind eigentlich alle in einer beruflich interes­santen Position, haben sich dazu entschlossen, erst einmal das Kind zu genießen, die Väter sind aber voll mit dabei. Je nachdem, wie eine Tochter ist – ob sie eine karriere­orientierte Frau ist oder nicht –, hat sie sich das einkommensabhängige Elterngeld genommen. Eine andere sagt, sie hätte lieber schnell ein zweites und ein drittes Kind, bleibt jetzt doch einmal eine Zeit lang daheim und wird dann versuchen, nachher ins Berufsleben einzusteigen – sie hat ein Lehramtsstudium. Das muss möglich gemacht werden. Die möglichst rasche Rückkehr beider Geschlechter auf den Arbeitsmarkt ist per se kein Wert.

Uns geht es vielmehr um die Wahlfreiheit, denn wir sehen, dass Erziehung eine elementare Voraussetzung dafür ist, dass es eine Erwachsenengeneration gibt, die diesem Staat Zukunft geben kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Ob diese Erziehung in der Familie wahrgenommen werden soll oder ob sie in gesellschaftliche Einrichtungen übertragen werden soll, das sollen die Leute selbst entscheiden. Sie sind da anderer Meinung. Sie sind der Meinung, dass es vor allem eine gesellschaftliche Aufgabe ist, Kinder zu erziehen. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.) Da heißt es ja schon: möglichst rasche Rückkehr; und man kann Kinder nicht aus der Ferne erziehen. Das müssen Sie zugeben, einer muss da sein und muss sich dem Kind widmen. (Abg. Schwentner: Was, das steht im Antrag?!) – Sie schreiben da schon: möglichst rasche Rückkehr. Ich sehe das nicht als Wert an sich. Ich meine, die Kindererziehung ist der Wert an sich. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Steinbichler.)

Sie können diese Position vertreten, aber das, was Sie nicht vertreten können – das haben wir im Ausschuss wieder einmal diskutiert, und wir diskutieren das immer wieder –, ist, dass das eine moderne Ansicht ist, die einer traditionellen gegenüber­steht. Meine Damen und Herren von der ÖVP, das muss ich jetzt einmal in Ihre Richtung aussprechen: Mehr Selbstbewusstsein!


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Da ist schon einmal Herr Abgeordneter Walser so richtig in den Saft gegangen, aber es ändert nichts dran, dass das stimmt, was ich jetzt wiederholen werde, denn die Vorstellung, dass Kindererziehung vor allem eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und nicht in erster Linie den Eltern übertragen wird, gibt es schon ganz lange. Theoretisch hervorragend aufgearbeitet haben das – das wissen Sie – Marx, Engels, Bebel. Ausprobiert in der Realität, also mit aller Schärfe und allem Enthusiasmus, hat es Lenins Frauenministerin Alexandra Kollontai. In verschiedenen Abstufungen haben wir das dann in allen sozialistischen Ländern gesehen. (Zwischenruf des Abg. Weninger.) Es ist ein Entwurf, nicht unserer, aber, Herr Abgeordneter Pock, wir haben es vor Kurzem gehabt, es ist kein moderner Entwurf, sondern der kommt aus dem vorvorigen Jahrhundert. Wir haben einen anderen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir sehen Familie als Einheit, die auf Bindungen beruht, die dem Staat vorangehen. Ich kann das nur immer wieder betonen. Und wenn der Staat oder die Gesellschaft in das innere Gefüge einer Familie eingreift, dann muss das wohlbegründet sein. Die Auto­nomie der Familie ist ganz hoch einzuschätzen. (Zwischenruf der Abg. Königsberger-Ludwig.)

Frau Familienministerin! Es ist nicht Ihre Aufgabe, in die inneren Beziehungen einer Familie einzugreifen. Ihre Aufgabe ist es, die Familie im Rahmen von Staat und Gesellschaft gerecht zu stellen. Das wäre das, was wir von Ihnen erwarten. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Dazu sage ich jetzt zum Schluss auch noch einmal ganz pragmatisch: Wir sind der Meinung, für die Zukunft im Allgemeinen sind Kinder unverzichtbar. Herr Schäuble hat das vor Kurzem nicht ganz so gesehen, wir aber schon. Für den Sozialstaat an sich – das muss hier auch jeder zugeben – ist es aber unbedingt notwendig, dass die Generationenabfolge sozusagen ausreichend verläuft. Jeder Sozialstaat und jede Transferleistung ist natürlich schlicht und ergreifend zahlenmäßig ganz grob auf ein intaktes Generationenverhältnis angewiesen. Die Leistung, die die Familie erbringt, ist nicht eine im Rahmen des Sozialstaates, sondern es ist eine Voraussetzung des Sozialstaates, und das muss anerkannt werden.

Und dass genau jene, die diese Leistung besonders erbringen – in aller Regel sind das immer noch die Mütter; ich betrauere das gar nicht fürchterlich (Beifall des Abg. Steinbichler); aber auch Väter, die sich widmen würden, wären davon betroffen –, der Altersarmut anheimfallen, ist natürlich ein Skandal, aber kein gottgegebenes Schicksal. Der Doyen der europäischen demographischen Wissenschaften, Herwig Birg , hat es klar und prägnant gesagt: Von Kindern profitiert in unserem System, wer selbst keine hat. – So, wie wir da sitzen, können wir das ändern. Das hat uns nicht das Schicksal auferlegt, dass Kindererziehung zu Altersarmut führt. Das haben wir hier zu verant­worten, weil wir es immer noch nicht geändert haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Elende ist hier die schlechte Situation der Familien. Jeder weiß, was Kinder kosten, das wurde von den verschiedensten Instituten errechnet, je nach Ausbildungs­grad des Kindes sind es von 120 000 € bis zu 220 000 € – mit abgeschlossenem akademischen Studium – an Opportunitätskosten, die eine Familie zu tragen hat, wenn sie ein Kind erzieht. Das heißt, wenigstens einen Teil davon – und davon kann nicht die Rede sein – sollten wir durch den Familienlastenausgleich zurückzahlen. Das ist nicht Familienförderung; das, was ich Ihnen jetzt vorschlage, ist der Versuch, die Diskriminierung von Familien endlich abzuschaffen.

Auch da habe ich noch ein letztes Zitat, nämlich des Bischofs Küng –  ich habe das schon so oft gesagt, aber es ist einfach so prägnant und kurz, dass man es sagen muss –: Kinder sind der sicherste Weg in die Armut. – So ist es; und auch das können wir hier ändern.


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Frau Ministerin! Eines zum Schluss: Wissen Sie, was ich kümmerlich finde? – Dass ich beinahe am Ende der Rednerliste bin, und wir haben kein einziges Mal – der Herr Generalsekretär hat mich darauf aufmerksam gemacht – über das Wohl der Kinder geredet. Unter diesen Bedingungen und in diesem Zusammenhang darf ich Ihnen sagen, dass wir vom familienfreundlichsten Land Europas meilenweit entfernt sind. (Beifall bei der FPÖ.)

18.55


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


18.55.20

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten stolz darauf sein, Frau Kollegin Rosenkranz, dass wir zu den familienfreundlichsten Ländern dieser Welt zählen. Das ist eine Errungenschaft der letzten Jahrzehnte, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

In erster Linie gilt der Dank natürlich den Eltern und den Erziehenden, und wir sollten uns auch darüber freuen, dass wir im Jahr 2015 steigende Geburtenzahlen hatten: 3 470 Kinder mehr sind in diesem Land zur Welt gekommen, das sind 3 Prozent mehr als 2014. Auch in meinem Heimatbundesland Oberösterreich hatten wir um 207 Gebur­ten mehr. Das ist erfreulich, und das heißt, der Weg, der hier in der Familienpolitik eingeschlagen wird, ist der richtige, sonst würden sich die Menschen in unserem Land in dieser Zeit nicht dafür entscheiden, dass sie wieder mehr Kinder bekommen. Daher ist der Weg ein richtiger, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Das hat aber mit der Familienpolitik nichts zu tun!)

Wir von der ÖVP waren stolz, als wir das Kinderbetreuungsgeld eingeführt haben, und wir sind auch stolz, dass wir es gut weiterentwickeln können. (Zwischenruf des Abg. Kickl.– Ja, wir haben das mit Ihnen damals eingeführt, und es wird jetzt positiv weiterentwickelt, so wie es im familiären Bereich – genauso wie im Sozial- oder Ge­sundheitsbereich – notwendig ist, dass man Dinge weiterentwickelt.

Das bedeutet die totale Flexibilität und Wahlfreiheit, wenn man sich jetzt einfach diese Summen in der Partnerschaft als Elternteile selbst einteilen kann. Man hat da (eine Grafik mit der Überschrift „Kindergeld-Konto“ in die Höhe haltend) entweder knapp 15 500 € oder 16 500 € mit dem Partnerschaftsbonus zur Verfügung. Man weiß, wie viel Geld zur Verfügung steht (Zwischenruf der Abg. Schwentner), und man kann das auf Tage einteilen. Ich sage es in Monaten: Es sind zwischen 12 und 35 Monate, je nachdem, ob es beide Elternteile in Anspruch nehmen oder nur ein Elternteil. (Abg. Schwentner: Versuchen Sie einmal, es ohne Taferl zu erklären! Das ist so kompli­ziert!)

Drei Monate, bevor diese Tagesvariante, die man gewählt hat, abläuft, kann man sie auch noch einmal verändern – wenn zum Beispiel ein weiteres Kind kommen sollte, dann verliert man den Restbetrag nicht, was bis jetzt schon der Fall war, wenn man sich für eine Variante entschieden hat.

Es ist ein Vorteil in jede Richtung. Es gibt mehr Wahlfreiheit, mehr Flexibilität im Sinne der Eltern, meine Damen und Herren, und vor allem auch im Sinne der Kinder.

Mit dem Partnerschaftsbonus wollen wir die Väterbeteiligung erhöhen; es soll ein Anreiz im System gesetzt werden, damit sich mehr Väter bereiterklären, sich der Kinderbetreuung zu widmen. Es ist richtig, das ist nicht in allen Partnerschaften einfach. Wir müssen nur unseren eigenen Beruf hernehmen. Es ist praktisch nicht so einfach, da auch in dem Ausmaß tätig zu sein, wie man das vielleicht auch gerne möchte. Aber einen Anreiz in dem System zu setzen und dann zu sagen, dass es da


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1 000 € mehr gibt, die der Familien zur Verfügung stehen, ist doch der richtige Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Familienzeit oder den Papamonat anlangt – ich bin da nicht so kritisch, beides ist in Ordnung (demonstrativer Beifall der Abgeordneten Kucharowits und Kucher) –, geht es darum, dass man diese Zeit gemeinsam verbringen kann. Wenn das Kind zur Welt gekommen ist, und vor allem dann, wenn es das zweite oder dritte Kind ist, ist es sehr, sehr wichtig, dass beide Elternteile diese Möglichkeit haben, gemeinsam in der Kinderbetreuungszeit zu sein. Daher sind diese 700 € aus meiner Sicht auch eine gute Aufstockung in diesem Bereich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe noch zwei, drei Anmerkungen zu den Anträgen, die eingebracht wurden. (Zwischenruf der Abg. Schwentner.) Frau Kollegin Rosenkranz, was die Inflationsabgeltung anlangt – unser Familiensprecher Georg Strasser hat das schon erwähnt –: Wir hatten in den Jahren 2000 bis 2014 eine Inflation von 33,5 Prozent und im gleichen Zeitraum eine Steigerung im Familienbei­hilfenbereich um 44 Prozent pro Kind, nämlich von 2 472 € pro Kind auf 3 562 €. Das ist von der Arbeiterkammer und vom ÖIF belegt. Das muss man dazusagen; daher hat diese Entwertung nicht stattgefunden, und ich verweise auch darauf, dass wir die Familienbeihilfe bereits dreimal angehoben haben, nämlich 2014, 2016 und auch 2018 – dann wird die Familienbeihilfe noch einmal um 1,9 Prozent angehoben. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines soll die Bevölkerung auch wissen, nämlich wie unterschiedlich die Oppositions­parteien an die Sache herangehen. Wir haben hier Anträge, die in die Richtung gehen, dass man die Bezugsdauer verkürzt. Also die Grünen und die NEOS wollen nicht, dass es so lange möglich ist, dieses Kindergeld in Anspruch zu nehmen, und der FPÖ ist es eher zu wenig. Es gibt also innerhalb der Fraktionen unterschiedliche Sichtweisen.

Meine letzte Anmerkung gilt der Sache mit vier Jahren Anrechnung pro Kind: Ja, Kollege Steinbichler, das ist uns ein Anliegen, das kostet 280 Millionen € im Jahr, wenn wir pensionserhöhend und -begründend anrechnen. Aber die Ansage ist richtig. Vier Jahre pro Kind, egal, in welchen Abständen die Kinder geboren sind, das ist eine Frage der Gerechtigkeit, meine Damen und Herren, und wir werden hier weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

Aber insgesamt ist dieses Kindergeldkonto Neu eine sehr gute Lösung. Frau Ministerin, ich gratulieren Ihnen und bedanke mich bei allen, die mitgeholfen haben. Wir werden noch das familienfreundlichste Land der Welt, weil wir die richtigen Maßnahmen setzen! (Beifall bei der ÖVP.)

19.01


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort. – Bitte.

 


19.01.14

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Rosenkranz, ich möchte zu Ihren Ausführungen kurz Stellung nehmen. Punkt eins: Ich finde es interessant, in welchem Rahmen sich Ihr Weltbild bewegt: zwischen frühstalinistischen DenkerInnen, wie Alexandra Kollontai, und Bischof Klaus Küng. Da müssen Sie ein bisschen aufpassen, dass Ihr Familienbild nicht allzu verengt wird. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Wöginger! Wir sind für einen möglich flexible Gestaltung, aber wir sind vor allem für eine Gestaltung des Kindergeldes, das auf die Realität Bezug nimmt. Das geht auch in Ihre Richtung, Frau Kollegin Rosenkranz. Die Realität ist, dass wir heute sehr viele Kinder haben, die mit nur einem Erziehungsberechtigen aufwachen, weil wir


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eben eine Scheidungsquote von über 50 Prozent haben, und darauf muss die Gesellschaft reagieren. (Zwischenruf der Abg. Barbara Rosenkranz.)

Das heißt nicht, Frau Kollegin, dass wir Grüne den armen Müttern oder Vätern ihre Kinder rauben und sie in staatliche Einrichtungen geben wollen. Das heißt nichts anderes, als dass wir moderne Kinderbetreuungseinrichtungen wollen, Einrichtungen, wo sich Kinder entwickeln können, wo Kinder mit anderen Kindern Kontakt haben, wo wir ausgebildete und qualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen haben, nach Mög­lichkeit mehr Pädagogen als es derzeit der Fall ist. Darum geht es.

Wir müssen uns auf die Realität einstellen und wir können nicht verschrobene Weltbil­der, die mit der heutigen Realität nichts mehr zu tun haben, in die Zukunft transpor­tieren. (Beifall bei den Grünen.)

Das wäre unser Wunsch an Sie: Schauen Sie sich ein bisschen an, was in der Gesellschaft los ist! Schauen Sie sich ein bisschen das an, womit Kinder konfrontiert sind! Sorgen wir dafür, dass unsere Kinder die bestmögliche Ausbildung erhalten! Und dafür ist es wichtig, dass sie, bevor sie in die Schule kommen, eine qualitativ hoch­wertige Betreuungseinrichtung genossen haben. Das ist wichtig für ihr Sozialverhalten und für ihre Entwicklung.

Unserer Bitte wäre, dass Sie sich ein bisschen daran orientieren, dass Sie, wenn Sie über Kinderbetreuung nachdenken, nicht an Stalin oder an andere Diktatoren aus der Vergangenheit (Abg. Kickl: Davon habe ich überhaupt nichts mitgekriegt, von dem, was Sie gesagt haben!), auch nicht an katholische Fundamentalisten, sondern an die Realität denken. Dafür wären wir Ihnen sehr verbunden. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

19.04


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


19.04.10

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Rosenkranz hat uns da wirklich Einblicke in ihr Weltbild gegeben. Die Töchter, die Frauen müssen sich entscheiden: entweder – oder, entweder Familie oder Beruf, müssen sich entscheiden, wie sie die Vereinbarkeit organisieren, während die Männer fein raus sind. (Abg. Kickl: Haben Sie auch noch geschlafen?) Die kümmern sich dann um die Kinder, wenn sie gerade Lust dazu haben, spielen eben ein bisschen, aber haben nicht diesen Entscheidungsdruck. Das haben Sie herübergebracht.

Wenn Sie von Wahlfreiheit sprechen, müssen Sie auch dazusagen, dass längere Absenz vom Arbeitsmarkt auch ein geringeres Lebenseinkommen und höhere Armuts­gefährdung, vor allem im Alter, zur Folge hat. (Abg. Barbara Rosenkranz: Dann ändern wir das doch!) Das muss man auch immer wieder dazusagen. (Abg. Barbara Rosenkranz: Dann muss man das ändern! – Zwischenruf der Abg. Kitzmüller.)

Wir wollen sowohl – als auch, Familie und Beruf für beide Elternteile, das soll verein­bar sein, dafür sollen sich beide Elternteile verantwortlich fühlen. Und wir sind auch für die Väterbeteiligung (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS), damit dieses Gesetz, dieser Rahmen auch mit Leben erfüllt wird. Dafür sind wir alle gemeinsam verantwort­lich und zuständig.

Ich möchte Sie ersuchen, diese Verantwortung auch wahrzunehmen und Väterbetei­ligung aktiv zu fördern, denn es mangelt sehr oft am Bewusstsein. Man braucht sich nur vor Augen zu führen: Nachdem in Österreich ein Kind zur Welt gekommen ist, machen Väter Überstunden, während Frauen ihre Erwerbstätigkeit reduzieren. In den


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 217

skandinavischen Ländern ist es anders: Dort reduzieren beide ihre Erwerbstätigkeit und kümmern sich gemeinschaftlich um das Kind. Das wird auch von den Betrieben unterstützt.

Bei uns hingegen müssen sich Männer immer noch in den Betrieben, in der Gesell­schaft rechtfertigen, wenn sie sich aktiv an der Familienarbeit, an der Kinder­erziehung beteiligen. Das muss sich ändern, und da ersuche ich Sie um aktive Bewusstseins­bildung. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS.)

19.06

19.06.29

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Gewährung eines Bonus für Väter während der Familienzeit erlassen wird sowie das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz sowie weitere Gesetze ge­än­dert werden, in 1154 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Gamon, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Gamon, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 eingebracht.

Wer sich dafür ausspricht, möge bitte ein Zeichen geben. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist wiederum die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend: Keine Verschlechterungen für Familien und Alleinerziehende durch die Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos!

Wer spricht sich für diesen Antrag aus? – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abge­lehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Mag. Schwentner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld-Reform.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 218

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Pock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Kinderbetreuungs­geld- und Karenzanspruchs ohne gemeinsamen Haushalt.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Jährliche Valorisierung der Familienleistungen“.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Steinbichler, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbesserte Anrechnung der Pensionszeiten pro Kind für die Kindererziehungszeit“.

Wer ist dafür? – Das ist wiederum die Minderheit. Auch dieser Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1155 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: Antrag des Familien­ausschusses, seinen Bericht 1156 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer spricht sich dafür aus? – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

19.10.158. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 1684/A(E) der Abgeordneten Julian Schmid, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Generation Internet“ (1157 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter El Habbassi. – Bitte.

 


19.10.42

Abgeordneter Asdin El Habbassi, BA (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen oder Smartphone-Displays! Wir debattieren heute über einen Allparteienantrag zum Thema „Generation Internet“.

Damit Sie ein bisschen ein Gefühl dafür bekommen, worum es jetzt geht: Wenn Ihnen Apps und Snaps etwas sagen, wenn Sie wissen, was sich hinter Hashtags, Tweets und Memes versteckt, und wenn Ihnen Jodel und WoW keine Angst machen, dann ist davon auszugehen, dass Sie wissen, wovon wir reden. Wenn nicht, steht der Verdacht im Raum, dass Sie zu alt sind.

Ich möchte da nicht frech sein, aber meine Generation und vor allem die Jüngeren, wir sind mit dem Internet aufgewachsen. Vieles, was für die, die damit nicht aufgewachsen sind, unverständlich ist, gehört für uns zum Alltag und stellt für uns eben eine wichtige Sache dar.

Die gute Nachricht ist: Selbst dann, wenn Sie mit diesen Begrifflichkeiten nichts anfangen können, macht es die gute Arbeit des Familien- und Jugendministeriums möglich, dass man zu vielen, vielen dieser Dinge Informationen im Internet bekommt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 219

Wenn es um digitale Spiele geht, können Sie sich unter www.bupp.at informieren, was da empfohlen wird, was es vielleicht an guten Dingen gibt. Wenn Sie Fragen zu einzelnen Begriffen haben, zu Anwendungsmöglichkeiten von digitalen Medien, von Social-Media-Angeboten, dann können Sie auf digi4family.at – eine tolle Seite – Anregungen finden und weiterführende Informationen über digitale Medien und solche Dinge. Die Kooperation mit Saferinternet dient vor allem dazu, Chancen aufzuzeigen und vor Risken zu warnen, aufzuklären darüber, Medienkompetenz zu schaffen.

Das heißt, es gibt sehr viel. Ich möchte Ihnen ein konkretes Fortbildungsangebot anbieten, nämlich ein Webinar. Ein Webinar ist quasi ein Seminar, das im Internet stattfindet. Das nächste findet am 16. Juni statt, nämlich auf digi4family.at. Da können Sie sich darüber informieren, was es auf sich hat mit den Stars und Vorbildern von heute, den sogenannten YouTube-Stars. Einfach um 20 Uhr hineinklicken und sich darüber informieren, was sich da so tut! Es ist sicher einmal ein spannender Einstieg in diese neue Welt des Internets.(Abg. Kickl: Da werde ich hinschauen! – Heiterkeit des Abg. Kassegger.)

Internet, digitale Medien und Social Media werden zwar oft irgendwie mit Gefahren, mit Risiken verbunden, aber es geht nicht immer nur um Gefahren und Risiken, sondern aus meiner Sicht gibt es vor allem einen Haufen Chancen. Es gilt, sich mit diesen auseinanderzusetzen, ein Augenmerk darauf zu legen, was es denn heißt, wenn wir von der Digitalisierung sprechen.

Ich war vor Kurzem in einem Gymnasium, Unterstufe zweite Klasse, und habe gefragt, welche Social-Media-Tools die Kids nutzen. Wer denkt, dass Facebook unter Jugend­lichen noch genutzt wird, dem sage ich: Genau ein junges Mädchen hat Facebook genutzt. Alle anderen waren auf WhatsApp, Snapchat, Twitter und anderen Plattformen unterwegs. Das heißt, da ändert sich alles so wahnsinnig schnell und entwickelt sich weiter, dass man selbst oft gar nicht nachkommt.

Bei all dieser Geschwindigkeit, bei all dieser Komplexität wird das Internet, werden digitale Medien unsere Zukunft bestimmen, ob im Beruf, in der Ausbildung oder in vielen anderen Bereichen. Ich möchte einfach dafür plädieren, dass man das als Chance sieht und dass wir uns auch hier im Hohen Haus damit auseinandersetzen, was das für die Zukunft bedeutet.

Sollten wir nicht vielleicht darüber nachdenken, ob wir die Medienkompetenz – zu wissen, welche Plattform, welche Systeme ich nutzen kann, wie dort Informationen und andere Dinge entstehen, wie ich aktiv mitgestalten kann, wie ich all diese Techniken nutzen und vor allem sinnvoll einsetzen kann – auch in unseren Bildungsbemühungen zu einem Hauptthema machen?

Ich glaube, das ist wichtig, einerseits zum Selbstschutz und auf der anderen Seite, um die Potenziale abzuschöpfen, die es gibt. Es gibt zahlreiche Start-ups im Bereich der digitalen Medien und der App-Entwicklung, und ich glaube, in diesem Feld sollten wir mitspielen, wenn wir auch in Zukunft ein innovativer Wirtschaftsstandort sein wollen.

Ich glaube, es geht bei dem Thema Digitalisierung nicht nur um E-Books. Da geht es nicht nur darum, Bücher als PDFs irgendwo downloaden zu können; sondern es geht auch darum, die Möglichkeiten, die sich über das Internet und über diese neuen Tech­niken ergeben, auch im Unterricht anzuwenden.

Ich habe vor Kurzem mit einer jungen Lehrerin gesprochen, die zum Beispiel Sprach- und Leseübungen über WhatsApp macht. Die Kinder freuen sich darüber, dass sie ihr Handy benutzen dürfen, und der positive Effekt ist, dass sie die englische Aussprache noch viel besser lernen, als wenn sie ihren Eltern, die vielleicht selbst gar kein Englisch können, irgendwelche Texte vorlesen.


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Aus genau diesem Grund, weil wir wollen, dass wir uns mit all diesen Facetten aus­einandersetzen, weil wir wollen, dass nicht nur die Risiken, sondern eben auch die Chancen und der Nutzen des Internets aufgearbeitet werden, haben wir gemeinsam den Antrag gestellt, dass da ein Konzept vorgelegt wird, dass die vielen Dinge behandelt werden, die es schon gibt, und dass man über die Dinge spricht, die es vielleicht in Zukunft geben soll. Darum bitte ich um breite Unterstützung für diesen Antrag. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.16


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte.

 


19.16.57

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! „Generation Internet“: In Wirklichkeit sind wir in der Realität schon einen Schritt weiter als dieser Antrag. Aber dennoch, er ist gut, er ist richtig, sonst wären wir, sonst wäre ich nicht mit dabei. Danke, Julian Schmid, für die Initiative!

Es ist nämlich höchst an der Zeit, ein Konzept zu erarbeiten und auch vorzulegen, das das Internet ins Zentrum unseres täglichen Lebens stellt, weil es einfach so ist. Kinder – Sie kennen das wahrscheinlich entweder von ihren eigenen Kindern oder aus ihrem Freundes- oder Verwandtenkreis – mit zwei, drei Jahren bedienen einfach Tablets, bedienen Laptops, bedienen Smartphones. Da gibt es keine Diskussion darüber, und es ist eigentlich so wie das Zähneputzen und Essen Lernen.

Im schulischen Bereich gibt es da schon etliche Initiativen, wie eben die Nutzung von Tablets im Unterricht oder auch das Unterrichtsprinzip der Medienkompetenz. Außer­schulisch gibt es Projekte wie Saferinternet oder Internet-Ombudsleute.

Aber es braucht einfach etwas Umfassenderes, das eben auf all das eingeht, was aus meiner Sicht ganz zentral ist. Das sind ganz klar im Chancenbereich zum Beispiel die Mobilisierung zu bestimmten Themen, kritische Kommentare, das kritische Auseinan­dersetzen mit Kommentaren, der Austausch, die Vernetzung, viele Recherchemög­lichkeiten und vieles mehr.

Aber denken wir auch an die Arbeitswelt, an Berufsfelder. Wir sind im Zeitalter der Digitalisierung, und es ist eben jetzt an der Zeit, auch darauf zu reagieren. Es werden sich Berufe durch diverse Technologien verändern, und junge Leute sollen, finde ich, jetzt die Chance haben, auch wirklich darin fit gemacht zu werden.

Aber klarerweise auch im Gefahrenbereich: Hass-Postings, Mobbing im Internet, Sexting oder auch diverse Netzwerke wie Tinder, Snapchat und Co, da gibt es einfach Dinge, über die man aufgeklärt werden sollte.

Kurz gesagt, wir brauchen dringend ein Konzept, und ich darf an dieser Stelle meine Idee und Forderung, die ich auch schon im Ausschuss kundgetan habe, wiederholen: bei der Konzepterarbeitung Kinder und Jugendliche mitzunehmen. Reden wir nicht über sie, sondern nehmen wir sie mit! Genau darum geht es in Wirklichkeit überall, aber vor allem dann, wenn es um die Konzepterstellung für ihre Generation geht. Sie sind die ExpertInnen. Binden wir sie ein, genauso wie die Bundesjugendvertretung, Saferinternet und viele mehr.

Frau Ministerin, Sie haben sich im Ausschuss zu der Idee schon positiv geäußert. Ich freue mich deshalb sehr auf die gemeinsame Umsetzung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 221

19.19


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schmid. – Bitte.

 


19.19.36

Abgeordneter Julian Schmid, BA (Grüne): Sehr geehrte Abgeordnete! Hohes Haus! Herr Präsident! Liebe Zuhörer auf der Galerie und vor den Smartphones! Ich bedanke mich ganz herzlich, dass wir es jetzt gemeinsam geschafft haben, diesen Antrag einzu­bringen. Das ist ja wirklich nicht selbstverständlich. Ich finde es auch wichtig, dass es, da es eine Initiative von den Jugendsprechern war, beim Jugendministerium zu einem stärkeren Thema gemacht wird. Die digitale Revolution ist eine der größten Revolu­tionen unserer Zeit, und dass sich sozusagen die „alte Politik“ mit Revolutionen bisher immer relativ schwer getan hat, ist, glaube ich, unbestritten. Deshalb ist es gescheiter, ein bisserl nachzuhelfen.

Mein erstes Erlebnis im Zusammenhang mit der Digitalisierung und wie damit politisch von denen, die Macht haben, umgegangen wird, hatte ich in meiner Schule, wo ich Schulsprecher war. Damals hat es noch kein Facebook gegeben, sondern wir haben noch Schülerforum gemacht. Das war so ein altes phpBB-Forum, das haben wir damals neu kreiert. Und das war unglaublich geil, weil wir Schüler, die gesamte Oberstufe uns da das erste Mal vernetzt haben, quer über die Klassen über Dinge diskutieren konnten. Wir haben Abstimmungen gemacht und so weiter. Im Nu war fast die gesamte Oberstufe dabei, zirka 500 Leute, und es ist unglaublich groß geworden.

So, was ist passiert? – Plötzlich kommen einige Lehrerinnen und Lehrer zu mir und sagen, dass das von vielen sehr kritisch gesehen wird. Es hat auch Beschwerden von den Eltern gegeben, da man nicht gewusst hat, was da eigentlich passiert. Und im Nu war ich dann beim Direktor und habe ein Gespräch mit ihm gehabt. Und da haben wir uns dann darauf geeinigt beziehungsweise war die politische Regel, die dann in der Schule gefasst worden ist: Wir sollen einfach weitermachen, denn es wird sich eh niemand auskennen, und es macht keinen Sinn, sich als Lehrer zum Beispiel in diesem Forum anzumelden und das zu moderieren.

Das war auf jeden Fall mein erstes Erlebnis damit. Und was habe ich daraus gelernt? – Dass ältere Leute oder Leute, die keine Digital Natives sind, manchmal eher mit Angst vor Gefahr und mit Sorge auf das Ganze schauen.

Einige Jahre später bin ich ins Parlament gekommen, dazwischen ist natürlich un­glaub­lich viel passiert. Und dann habe ich plötzlich beim Ministerium gemerkt, dass es da irgendwie ganz ähnlich wie damals weitergeht. Es sind natürlich schon wichtige Themen besprochen worden, keine Frage, zum Beispiel Sexting, Cybermobbing bis hin zu Online-Betrug. Es werden verschiedenste Geschichten besprochen, aber es ist immer so ein bisschen aus der Angstperspektive. Da gibt es auch wirklich tolle Initiativen – Saferinternet ist schon genannt worden –, die unglaublich wichtige Arbeit machen, Medienkompetenz schulen, die wirklich viel machen und wo ich auch froh bin, dass wir die Budgetmittel jedes Jahr gesichert haben, aber das Problem ist, dass es wieder nur so ein Gefahrenzugang ist. In Wirklichkeit ist es aber die Lebensrealität von ganz vielen Jungen, die das tagtäglich verwenden, fast wie Zähneputzen. Es ist wirklich zentral für das eigene Leben.

Was ich damit nicht sagen will, ist, dass es in der digitalen Frage keine Probleme gibt. Ich finde zum Beispiel, dass eines der größten und zentralsten Probleme, das wir eigentlich im Parlament lösen sollten, etwas ist, was wir überhaupt nicht beantworten. Das ist zum Beispiel die Frage des Datenschutzes, die Frage der eigenen Identität online. Das ist etwas, wo in Wirklichkeit die großen Zukunftsfragen der Digitalisierung liegen und wo die Politik derzeit international mehr oder weniger auslässt. Die Wahrheit ist, dass Facebook, Google, Apple, Microsoft de facto machen, was sie wollen, und dass es dann an Max Schrems liegt, dem jungen Österreicher, der mehr oder weniger drei Jahre in Irland vor dem Gericht campiert hat, um dort mit den Richtern herum­zu-


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streiten, dass das Datenschutzabkommen mit den USA wieder neu verhandelt werden muss.

Es ist eigentlich schon irre, dass bei etwas, was alle Jugendlichen massiv betrifft, das ganze Leben lang, die Politik auslässt. Das ist etwas, bei dem man, finde ich, auf jeden Fall einen Zugang haben sollte, dass die Politik Regeln machen muss, so wie sie es geschafft hat, als das Auto erfunden wurde, Verkehrsregeln zu erfinden, oder dann draufgekommen ist, nachdem sich der Kapitalismus entwickelt hat, dass es Arbeitneh­merrechte oder Umweltschutz braucht. Da braucht es klare Regeln, und das ist etwas, wo die Politik im Moment völlig auslässt. Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist, dass wir das Ganze aber nicht nur aus der Perspektive der Gefahr sehen, sondern wir wollen klare Regeln, da die Digitalisierung eine unglaubliche Chance ist. Und das ist etwas, was ein Fahrplan für das Jugendministerium sein könnte, indem das Jugendministerium ein Epizentrum für das wird, was sozusagen in der tagtäglichen Realität für Jugendliche eine Chance wäre.

Warum kann die Politik nicht hergehen und zum Beispiel bei jugendlichen Flüchtlingen, bei denen man sich manchmal aufregt, dass sie Smartphones haben und so weiter, diese nicht nutzen und zum Beispiel Apps zum Deutschlernen machen? Da ist unglaublich viel möglich, und ich finde, das ist etwas, wo die Politik aktiv sein sollte und was sie supporten sollte. Warum geht man nicht her und sagt, wir haben derzeit 150 Millionen Nachhilfekosten im Jahr, es gibt aber international tolle Beispiele, wo es unter anderem gerade für das Hauptproblemfach Mathematik individuelle Tools gibt, die individuell abgestimmt sind und mit denen man spielerisch Mathematik lernen kann, genau den Lehrstoff der Oberstufe? Da könnte die Politik hineingehen, und die Familien könnten sich dadurch einiges an Geld ersparen.

Oder bei den Universitäten: Wir reden hier ganz oft über Zugangsbeschränkungen. Auf der anderen Seite ist die Realität aber, dass zum Beispiel in Stanford vor Kurzem ein Online-Kurs angeboten worden ist, bei dem sich weltweit 700 000 Menschen engagiert haben. Die Universität Wien hat zirka 92 000 Studierende, und dort nehmen an einem einzigen Kurs 700 000 Menschen teil. Da könnten wir als Politik viel proaktiver hinein­gehen und sagen, schauen wir, dass wir viel mehr Menschen Möglichkeiten geben, die Digitalisierung zu nutzen.

Ich finde, dass das Jugendministerium eigentlich ein idealer Ansprechpartner dafür wäre, und ich hoffe auch, dass es dann so weit kommt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.26


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gamon. – Bitte.

 


19.26.38

Abgeordnete Claudia Angela Gamon, MSc (WU) (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Zuallererst: Wir sind bei dem Antrag dabei, denn man kann ja auch nicht gegen Chancen und Nutzen von Internet und Neuen Medien für Kinder und Jugendliche sein.

Das Internet ist urwichtig, Kinder sowieso, Hashtag, nie wieder „Neuland“, und partei­übergreifende Zusammenarbeit finden wir auch urtoll. Aber da sind wir genau wieder bei diesem Problem, und das werden wir nachher zum Beispiel auch noch bei den Vorlagen im Zusammenhang mit dem Außenpolitischen Ausschuss sehen: Wir klopfen uns auf die Schulter für gemeinsame Arbeit und bringen nichtssagende No-Na-Anträge ein, bei denen sich eh alle einig sind. Wenn wir dieses Thema aber wirklich ernst nehmen – und wir müssen es ernst nehmen, es gibt wirklich die Notwendigkeit, dieses


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Thema hier auch anzusprechen –, dann müssen wir uns auch als Parlament ernst nehmen und ernsthafte Anträge dazu einbringen.

Da gibt es nämlich unterschiedliche Themen. Es braucht dazu umfangreiche Maßnah­men im Bildungssystem. Wir müssen vor allem ein generationenübergreifendes Ange­bot schaffen, da es eben nicht nur um Kinder und Jugendliche geht, sondern auch um Erwachsene, die vielleicht erst später zu dieser Technologie gekommen sind. Wir müssen auch davon wegkommen, dass wir nur die Bedienung von Geräten zu erklären versuchen, sondern wir müssen zu einem tiefgreifenden Verständnis kommen.

Und wenn wir schon bei „Meine Schwester hat gesagt“-Erzählungen sind: Julian, ich bin Autodidaktin und habe mir mit 16 Jahren selbst das Programmieren beigebracht. Ich glaube, dass es wichtig wäre, in Schulen zum Beispiel auch das Programmieren zu lernen. Das wäre eine konkrete Maßnahme, wie ich sie mir in so einem Antrag auch gewünscht hätte.

Ein republikanischer Senator in Amerika hat 2006 das Internet erklärt, da ging es, glaube ich, um Netzneutralität: The internet, it’s „a series of tubes“. – Das ist natürlich vollkommener Mumpitz, und ich hoffe, dass wir in diesem Parlament zu einem wirklich progressiven Verständnis kommen, wie Medien funktionieren, wie Technologie funktio­niert, und dass wir uns hier auch ernsthaft damit beschäftigen. (Beifall bei den NEOS.)

19.28


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steinbichler. – Bitte.

 


19.28.49

Abgeordneter Leopold Steinbichler (STRONACH): Herr Präsident! Frau Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernseh­geräten! Ja, Frau Minister, das „familienfreundlichste Land Europas“ ist ein hohes Ziel, aber daran werden wir viel arbeiten, davon bin ich überzeugt.

Ich habe da auch durchaus breite Erfahrung, nicht nur aus dem familiären Bereich, sondern ich war auch 18 Jahre lang Referent für Kindergarten, Schule und Sport. Und so manche Diskussion erinnert mich daran, wie die Eltern oft schon Meinungsunter­schiede über die Unterrichtsmethoden der Lehrkräfte gehabt haben.

An dieser Stelle muss ich auch einmal allen Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern, Lehrerinnen und Lehrern meinen aufrichtigen Dank ausdrücken, denn diese leisten Großartiges bei diesen Kindern, die wir manches Mal zum Unterricht schicken.

Warum? Wir sind beim richtigen Thema: Internet und die Social Media. Ja, das ist super, wenn man dann von den Konzentrationsschwierigkeiten hört, wenn Kinder in der Schule sitzen, denen die Elektronik beim Eingang weggenommen wird, die sich einfach nicht mehr konzentrieren können – die Lehrer vorne verzweifeln. Das sind die Fakten, über die wir reden müssen. Ich glaube, das ist doch das ganz Wesentliche.

Wenn man hier von Kommunikation spricht, vom gemeinsamen Gespräch, von Part­ner­schaft – das ist ja so herrlich, denn meistens reden ja die am erfahrensten, die es noch nicht haben leben müssen –: Dann sieht man ein Urlauberauto oder auch Autos in der eigenen Stadt, in denen vier Personen sitzen, Vater, Mutter, zwei Kinder, der eine hat das Headset auf, der andere spielt auf dem Laptop, die anderen zwei spielen mit dem Computer, und dann sagen sie, sie haben einen gemeinsamen Ausflug gemacht, aber geredet haben sie nicht miteinander.

Ich bringe gleich ein Beispiel aus der eigenen Familie: Jeden Sonntag kommen unsere Enkerl zu Besuch. Das ist lustig, die spielen miteinander, da haben wir Gespräche, da wird miteinander kommuniziert. Wie kann man diese Gespräche ganz einfach unter-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 224

brechen? – Man muss nur den Fernseher einschalten, die Gespräche sind beendet, die Aufmerksamkeit ist der Glotze gewidmet und alles ist unterbunden.

Deshalb, glaube ich, sollten wir zurückgehen aus dieser ganz modernen Welt, wie sie gerade die Frau Kollegin Gamon präsentiert hat – in dieser Bandbreite bewegen wir uns: zwischen Social Media, zwischen der neuen Elektronik und dem so oft zitierten Hausverstand.

Wir wollen keine Gewaltspiele – dann schauen wir, was sie in den Videos anschauen. Wir wollen Partnerschaft – dann schauen wir uns die Hard-Sex-Spiele in den Videos an. Wir wollen keine Waffen – dann schauen wir uns die Videospiele an, die gesehen werden.

Wir dürfen vor diesen Medien – Kollege Schmid, richtig! – die Augen nicht ver­schließen, wir brauchen aber einen ganz gezielten Umgang damit, einen sehr, sehr vernünftigen. Deshalb unterstützen wir diese Initiative; schauen wir, dass wir die richtige Dosis dafür finden. – Danke. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Hagen: Bravo, Leo!)

19.31


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


19.31.57

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich muss sagen, ich freue mich wirklich, dass wir hier einen Antrag vorliegen haben, einen gemeinsamen Abänderungsantrag, der von allen Parteien mitge­tragen wird.

Ich habe mir die Reden der Jugendsprecher hier sehr interessiert angehört und muss sagen, es ist schon beeindruckend, wie tief unsere Jugendsprecher bereits in diesem Thema drinnen sind und wie sehr sie sich natürlich mit dem Thema bereits auseinan­dergesetzt haben.

Man soll an dieser Stelle auch nicht verhehlen oder verheimlichen, dass Julian Schmid eigentlich der Vater, der Vorantreiber dieses Themas war und es eigentlich sein Verdienst ist, dass hier sein Antrag eingebracht wurde, der schlussendlich zu einem gemeinsamen Abänderungsantrag führte. Ich möchte dir herzlich dafür danken, Julian. (Beifall bei der ÖVP.)

Ganz persönlich bin ich an diese Themen als Familienvater und langjähriger Eltern­vereinsobmann herangekommen. Und es ist tatsächlich so, dass man in diesen Funktionen mehr mit den Problemen des gesamten Themas zu tun hat als mit den Chancen. Deswegen glaube ich schon, dass, wenn man sich die Realität in den Schulen anschaut, wie oft LehrerInnen, PädagogInnen mit den Themen überfordert sind, auch überfordert sind mit den Chancen, die die Neuen Medien mit sich bringen, es sehr richtig und wichtig ist, dass wir hier nun ein Konzept auf den Weg bringen, das all die Möglichkeiten, die bereits bestehen, die Angebote, die gemacht werden, zu einem kompakten Angebot zusammenführt, um den Problemen entgegentreten zu können und die Chancen, die dieses Thema mit sich bringt, auch nützen zu können.

Ich hoffe, dass wir hier sehr bald mit dem Konzept vorankommen, und glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Julian Schmid.)

19.33

19.33.50

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1157 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend „Generation Internet“.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 225

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen wollen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 153.)

19.34.039. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1084 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vereinfachung der Verfahren zur Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen (Anerkennungs- und Bewertungsgesetz – AuBG) erlassen und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird (1160 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1112 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), der Organisation der Verein­ten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO) und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) (1162 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Jetzt kommen wir zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


19.35.20

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Hohes Haus! Ich nehme Stellung zur Regierungsvorlage über das Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vereinfachung der Verfahren zur Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen erlassen und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird.

Es dreht sich, das müssen wir zuvor einmal festhalten, nicht um untergeordnete Tätigkeiten, um sogenannte Hilfsarbeiten, sondern dieses Gesetz hat doch so verant­wor­tungsvolle Tätigkeiten wie beispielsweise aus dem Rechtsbereich oder aus dem Gesundheitsbereich zum Inhalt, dass man eben davon ausgeht, dass man genau hinschauen muss, wie man die Bildungsabschlüsse, die nicht in Österreich erlangt worden sind, mit den österreichischen sozusagen gleichsetzt, nostrifiziert.

Im Motivenbericht ist ein OECD-Bericht zu finden, der feststellt, dass für Personen mit Migrationshintergrund, die ihre Qualifikation im Ausland erworben haben, eine niedrigere Beschäftigungsquote, rund 77 Prozent, gegeben ist, als für jene Personen mit Migrationshintergrund, die ihre Qualifikation im Inland erworben haben. Diese bekommen nämlich zu 87 Prozent eine Beschäftigung, einen Job. Dann wird daraus gefolgert, dass diese Fakten darauf hindeuten, dass Personen mit Migrationshinter­grund, die eine ausländische Ausbildung vorweisen können, deutliche Nachteile am Arbeitsmarkt hinnehmen müssen.

Ich halte diesen Schluss zunächst einmal für nicht so zulässig. Ich würde den Schluss daraus ziehen, dass österreichische Arbeitgeber den einheimischen Abschlüssen mehr vertrauen als den ausländischen Abschlüssen, denn, wie gesagt, es geht in beiden Fällen um Personen mit Migrationshintergrund. Den Schluss sehe ich also, ehrlich gesagt, nicht als zwingend an, andere auch nicht.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 226

Der Entwurf aber zieht den Schluss daraus, dass man jetzt nämlich zur Vereinfachung der Verfahren schreiten soll. Ich habe im Außenpolitischen Ausschuss Sie, Herr Minis­ter, gefragt, ob mit Vereinfachung nicht vielleicht Erleichterung und ein Niveauverlust verbunden sein könnten. Sie haben gesagt: Nein, natürlich nicht.

Wenn ich mir das genau durchlese, sind andere – und ich teile diese Meinung – da natürlich schon sehr skeptisch. Ich darf aus der Stellungnahme der Rechtsanwalts­kammer zitieren, die sagt und befürchtet:

„Durch zu lasche Vorschriften über die Anerkennung von ausländischen Ausbildungen und Berufsqualifikationen besteht die Gefahr, dass das anerkannt hohe Qualifikations­niveau in Österreich herabgesetzt (…) wird.“

Wenn man liest, dass die einen einen so hohen Prozentsatz an Beschäftigung erlan­gen, die anderen weniger, hat man schon das Gefühl, es ist so wie mit der Matura: Wenn wenige Leute die Matura erlangen, muss man das Matura-Niveau herunter­setzen.

Diese Befürchtungen habe ja nicht nur ich. Ganz besonders bestärkt werden diese Befürchtungen leider durch § 8, wo es um besondere Regelungen für Asylberechtigte und Menschen geht, die subsidiären Schutz genießen. Denn für jene Personen wird es nämlich möglich sein, in diese Verfahren einzusteigen, ohne Dokumente vorzulegen.

Wie jetzt nun die Qualifikation ermittelt werden kann, dazu steht in der Gesetzes­vorlage wörtlich:

„Geeignet erscheinende Verfahren können etwa praktische oder theoretische Prüfun­gen, Stichprobentests, Arbeitsproben sowie Gutachten von Sachverständigen sein. Die Auswahl des Verfahrens (…) liegt im Ermessen der zuständigen Behörde.“

Das ist nun wirklich etwas, das Anlass zu großer Besorgnis gibt. Zunächst einmal öffnet dieses „im Ermessen der Behörde“ natürlich der Willkür Tür und Tor. Und wie es möglich sein könnte, dass durch Stichprobentests eine verlässliche Gleichwertig­keitsprüfung durchgeführt werden kann, das müsste man eigentlich einmal genauer erklären. Also es ist wirklich zu befürchten, dass – erstens – die Gleichwertigkeit so nicht festgestellt werden kann. Das ist schlecht für all jene, die die Dienste in Anspruch nehmen und dadurch unter Umständen mit einem Niveau konfrontiert werden, das sie nicht erwarten sollten. Was da nur helfen kann, ist nicht das Senken des Niveaus, sondern die Absolvierung einer entsprechenden Ausbildung in Österreich. Billiger geht das nicht.

Zum Zweiten aber – und darauf weist die Rechtsanwaltskammer ebenfalls hin –: Wenn sich das so durchsetzt, wenn darüber gesprochen wird und es sich herausstellt, dass es tatsächlich zu einem Niveau- und Qualitätsverlust gekommen ist, ist das nicht nur schlecht für jene, die dann darunter leiden, sondern es wird für den Ruf der öster­reichischen Ausbildung im Ausland generell schlecht sein. Bis jetzt haben wir natürlich einen hervorragenden Ruf. Wenn sich aber herausstellt, dass ein österreichischer Titel durch Stichprobentests zustande gekommen sein kann, dann bin ich nicht so sicher, ob das Vertrauen auch weiterhin unerschüttert bleibt.

Ich denke, das muss überdacht werden. Herr Minister, wir werden hier nicht zustim­men. (Beifall bei der FPÖ.)

19.40


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 227

19.40.51

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wir beschließen heute das Anerkennungs- und Bewertungsgesetz, eine wichtige Maßnahme, damit Menschen, die zu uns kommen, um bei uns Schutz zu finden, und auch die Arbeitserlaubnis bekommen, rasch im Arbeitsmarkt integriert werden und dann auch auf eigenen Beinen stehen können. Im Ausland erworbene Berufsberechtigungen anzuerkennen ist sehr bürokratisch, und hierbei ist vor allem auf Beratung zu setzen, dass vor der Antragstellung schon auch die Behörden geortet und umschifft werden. Diesbezüglich wird die Beratung ausgebaut.

Meine Damen und Herren, wir haben vor zwei Tagen hier im Parlament ein Buch vom Institut für Umwelt, Friede und Entwicklung präsentiert, in dem es darum geht, wie Integration nach vorne gedacht werden kann. Diesbezüglich gibt es schon sehr gute Beispiele, die man nicht neu erfinden muss, die kopiert werden müssten, wie das MigrantInnenmentoring der Wirtschaftskammer. Es waren aber auch einige wertvolle Beiträge, wo zum Beispiel gesagt wurde, dass Erntehelfer und Helfer im Tourismus­bereich derzeit nur 40 Stunden angestellt werden können. Es wäre aber besser, wenn sie auch nur 20 Stunden arbeiten könnten, dann würde das viel mehr in Anspruch genommen werden.

Wichtig ist auch die Zuwendung der Menschen, der Gesellschaft, damit sie auch im Ehrenamt Deutsch sprechen können, das Aufeinander-Zugehen. Ein wichtiger Faktor wäre es auch, Role Models vorzustellen, wie es auch Sebastian Kurz gut tut, denn diese Best-Practice-Beispiele motivieren und geben Anreiz, diesen Weg zu gehen.

Weltweit sind 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Das oberste Prinzip ist natürlich, die Situation in den Herkunftsländern zu verbessern. Wir haben ja auch in den letzten Wochen die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit verdoppelt, und das war ein ganz wichtiger Schritt. Was aber auch wichtig ist, ist, was Sebastian Kurz auch fordert: dass man ein Resettlement-Programm durchführt, dass man Auffangzentren schafft, wo man mit der UNHCR bewertet, wer in Europa Asyl bekommt, und hier auch ein Resettlement durchführt. Das ist viel gerechter als die derzeitige Situation. Wie skru­pellos Schlepper vorgehen, sehen wir an den Tragödien im Mittelmeer. Diesbezüglich müssen wir einen neuen Weg gehen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Steinbichler.)

19.45


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


19.46.19

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren, die unserer Debatte auf ihren Bildschirmen folgen! Warum wurde ein Berufs­aner­kennungsgesetz notwendig? – Ich bringe zwei ganz konkrete Beispiele, wie es bis heute war und ist:

Ein Krankenpfleger aus Rumänien muss sich für die Anerkennung seines Kranken­pfle­gerdiploms an das Gesundheitsministerium wenden. Ein Krankenpfleger aus Serbien muss sich für die gleiche Sache an die jeweilige Landesregierung wenden. Bei Ärztinnen und Ärzten schaut es so aus, dass eine Ärztin aus Ungarn beispielsweise die Ärztekammer kontaktieren muss, um ihr Diplom in Österreich anerkennen zu lassen. Eine Ärztin aus Mazedonien muss hingegen für die Anerkennung eine Medizin­universität kontaktieren.

Das ist eigentlich einer der Hauptgründe, warum ein Berufsanerkennungsgesetz not­wendig war, schon jahrelang, und noch einmal notwendiger wurde. Wenn wir uns jetzt


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 228

anschauen, was sich mit dieser Vorlage ändert, die heute beschlossen werden wird, und wenn wir bei den konkreten Beispielen von den Krankenpflegern und von den Ärztinnen mit Diplomen aus dem Ausland bleiben, dann lautet die Antwort: Leider ändert sich gar nichts. Es bleibt nämlich genau gleich bürokratisch mit parallel geführ­ten Verfahren bei unterschiedlichen Behörden, und genau die seit drei Jahren ange­kündigte Vereinheitlichung, Verbesserung, Verschlankung der Strukturen für eine raschere, bessere, effizientere Anerkennung von mitgebrachten Berufsausbildungen und -qualifikationen geschieht leider nicht.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Kurz! Sie haben ungefähr drei Jahre lang ange­kündigt, es werde ein bahnbrechendes Gesetz, dass man sich an Deutschland orien­tieren würde, wo übrigens ein Berufsanerkennungsgesetz auf Bundesebene schon 2012 beschlossen wurde. Es waren hohe Erwartungen, die da geweckt wurden, aber diese Vorlage kann diesen hohen Erwartungen leider nicht gerecht werden. Wie auch die Beispiele der ausländischen Krankenpfleger und der ausländischen Ärztinnen zeigen, bleibt fast alles beim Alten.

Es gibt ein paar wenige positive Punkte. Es ist prinzipiell sinnvoll, dass Menschen, die einen Beruf erlernt haben und die Kenntnisse und Berufserfahrung mitbringen, diese in Österreich einsetzen können, auch wenn sie beispielsweise kein Diplom vorweisen können, weil sie aus dem Land, in dem sie ausgebildet wurden, flüchten mussten. Dass man den Weg der Anerkennung von Qualifikationen durch praktische und auch theoretische Prüfungen eröffnet, ist prinzipiell positiv. Es ist auch positiv, dass zum Beispiel die bestehende Homepage für die Berufsanerkennung ausgebaut wird und in Zukunft mit wesentlich mehr Informationen aufwarten wird können.

Gleichzeitig ist es so, dass die nötige Entrümpelung der Gewerbeordnung wieder einmal nicht geschieht. Zum Beispiel braucht man nicht nur für Installateur oder Elek­triker einen Gewerbeschein beziehungsweise sind nicht nur diese Gewerbe regle­mentierte Gewerbe, sondern zum Beispiel nicht nachvollziehbarerweise auch Damen­schneider oder Damenschneiderin, wo man sich fragt, was daran reglemen­tiertes Gewerbe sein soll, und zwar sowohl für Inländer als auch für Ausländer. Genau diese notwendige Entrümpelung der Gewerbeordnung geschieht wieder einmal nicht, und genau diese Chance hätte man nützen können, um sowohl die Gewerbeordnung zu modernisieren als auch die absurde Situation hinsichtlich der Anerkennung von Kranken­pflegern, Ärztinnen und Ärzten, die ich im Detail geschildert habe, wirklich zu reformieren. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb haben wir im zuständigen Ausschuss auch einen Verbesserungsantrag für die Schaffung eines effizienten Anerkennungs- und Bewertungsgesetzes gestellt. Dieser Antrag wurde in üblicher Manier von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Das wird die Tatsache aber leider nicht verändern, dass das, was Sie heute beschließen wollen, sehr weit hinter den Erwartungen zurückbleibt und in der Praxis sehr, sehr, sehr wenig verändern und verbessern wird.

Weil aber ein Anerkennungs- und Bewertungsgesetz prinzipiell ein Schritt in die richtige Richtung ist, werden wir der Vorlage zustimmen. Wir sagen aber auch heute schon, dass man sich ganz genau anschauen muss, wie und ob sich dieses Gesetz auswirkt, weil es, wie bereits erwähnt, massive Schwachstellen und Lücken aufweist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.51


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 229

19.52.01

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Anerkennungs- und Bewertungsgesetz ist ein höchst notwendiger Schritt in die richtige Richtung – das haben Sie, Frau Kollegin Korun, ja auch erkannt –, denn ein hoher Prozentsatz der in Österreich Beschäftigten mit Migrationshintergrund wird unter der eigentlichen Qualifikation be­schäftigt, und das ist eine Ressourcenvergeudung, insbesondere wenn Mangelberufe nicht besetzt werden können. Stattdessen erhöhen diese Menschen – das wollte ich jetzt vor allem der Kollegin Rosenkranz sagen – den Druck auf dem ohnehin sehr unter Druck stehenden Arbeitsmarkt der niedrig qualifizierten Arbeitskräfte.

Dem Ziel einer ausbildungsadäquaten Arbeitsmarktintegration kommen wir mit diesem Gesetz sicherlich näher und vor allem der bestmöglichen Entfaltung der in Österreich vorhandenen Personalressourcen. Das geschieht eben durch die Maßnahmen Beschleunigung und Vereinfachung der Anerkennungsverfahren und auch dadurch, dass ein einheitliches beziehungsweise verfahrensrechtliches Konstrukt geschaffen wird, das für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte eine entsprechende Anlaufstelle bietet und in weiterer Folge auch für potenzielle Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen Orientierung bietet. Die Eignung müssen sie dann ohnehin selbst feststellen, aber eine Orientierung ist jedenfalls da. Das Info-Portal ist auch positiv, wird aber sicher nicht weiterführende Beratungen, die dringendst notwendig sind, ersetzen können.

Dieses Gesetz, liebe Frau Kollegin Korun – ich habe es Ihnen schon im Ausschuss gesagt –, ist naturgemäß nicht in der Lage, innerstaatliche Langzeitprobleme, würde ich meinen, wie Kompetenzzersplitterung oder die Überregulierung der Gewerbe­ordnung zu lösen. (Zwischenruf der Abg. Korun.) Darüber diskutieren wir schon sehr lange, gerade mit der Wirtschaftsseite. Dass man für das Lackieren von Finger- und Zehennägeln unterschiedliche Gewerbeberechtigungen braucht – das sind so Absur­ditäten in unserem System –, das werden wir mit diesem Gesetz sicher nicht lösen können, das ist klar. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schellhorn und Korun.)

Wir können es den Arbeitsuchenden und den Arbeitskräften mit Migrationshintergrund aber auch nicht zumuten, das Ende dieser Diskussion abzuwarten. Die wird geführt, und wir müssen da endlich Klarheit in der Gewerbeordnung schaffen, aber wir brauchen jetzt eine Lösung für die Menschen, die am Arbeitsmarkt sind und die ihre Qualifikation anerkannt haben wollen. Dieser Lösung kommen wir jetzt einen Schritt näher; ob weitere Schritte erforderlich sind, wird eine Evaluierung dieses Gesetzes zeigen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.55


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


19.55.23

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Eigentlich klingt das Ganze ja recht gut, wenn man es aus der Ferne anschaut; wenn man dann aber ein bisschen ins Detail geht, kommt man darauf, dass einige Dinge drinnen sind, die vielleicht ein bisschen zu hinterfragen sind und das Ganze nicht so optimal machen, wie es hier teilweise dargestellt worden ist.

Frau Korun hat ein paar Beispiele gebracht, die, sagen wir ganz einfach einmal, nachvollziehbar wären, weil sie Mangelberufe dargestellt hat. In der Pflege haben wir ein Problem, im Krankenhaus haben wir ein Problem mit den Ärzten – das stimmt, ja. Sie haben das sowohl von der EU-Schiene als auch von der Nicht-EU-Schiene aus angepackt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 230

Was aber Frau Rosenkranz richtig angesprochen hat: Es kommen auch sehr viele Asylwerber, die angeben, irgendeinen Beruf gehabt zu haben, ein Studium gemacht zu haben, und dann die Unterlagen nicht dabei haben, was bei einem Kriegsflüchtling ja durchaus verständlich ist. Es ist aber nicht so einfach, dass man nachher nur zu sagen braucht: Okay, wir schauen einmal, ob der etwas kann. Wir können nicht nachweisen, ob er ein Arzt in Syrien, in Afghanistan oder wo auch immer war oder ob er vielleicht ein Krankenpfleger war, der ein bisschen etwas mitbekommen hat. Das ist da sehr vage formuliert. Ich glaube schon, dass man auf die Qualifikation schauen und diese auf Herz und Nieren prüfen müsste.

Ein nächster Punkt, der mir doch auch ein bisschen zu denken gibt: Ich war in einem südeuropäischen Land, ehemaliges Jugoslawien, und habe dort mit einem Diplomaten gesprochen, der mir Folgendes mitgeteilt hat: Dort bekommst du, wenn du genügend Geld hast, gleich einmal ein Diplom oder einen Doktortitel. Und wenn einer nach Österreich kommen will oder woandershin reisen will und sie dann die Prüfung machen, ob er wirklich studiert hat – wenn er sagt, er hat Englisch studiert und dann einen Doktortitel gemacht –, dann kommen sie drauf, dass er nur ein paar Worte Englisch spricht. Das wäre schon eine vage Geschichte, wenn wir das hier beschließen würden, und da habe ich natürlich Bauchweh.

Ich habe in dem Punkt auch Bauchweh, weil nicht differenziert wird. Die österreichi­sche Wirtschaft braucht qualifizierte Arbeitskräfte, da haben wir einen Mangel. Es nützt aber nichts, wenn ich jetzt irgendein Diplom anerkenne oder anerkenne, dass irgendjemand in Timbuktu Rechtswissenschaften studiert hat, und er dann nach Öster­reich kommt. Ich glaube, Rechtswissenschafter haben wir selbst sehr viele, die müssen teilweise Taxi fahren. Da haben wir ein Problem, und ich glaube nicht, dass wir das noch forcieren sollten.

Wir brauchen qualifizierte Arbeitskräfte, die Wirtschaft lechzt danach, wir wissen das. Wir können vieles in der Produktion nicht leisten, weil wir diese qualifizierten Arbeits­kräfte nicht haben. Wir haben Bedingungen, die diesen Zuzug beziehungsweise diese Wirtschaftsmigration für qualifizierte Arbeitskräfte erleichtern. Das ist vernünftig, das ist gut. Da haben wir den richtigen Weg eingeschlagen. Ich glaube, das müssen wir forcieren – und nicht, dass wir Arbeitskräfte bekommen, die vorgaukeln, dass sie etwas in der Heimat studiert haben, das vielleicht gar nicht gemacht haben und dann auf unserem Arbeitsmarkt unsere Arbeitskräfte verdrängen.

Ich glaube, wir haben schon ein großes Problem, weil wir sehr viele Arbeitslose haben. Im unterqualifizierten Bereich haben wir natürlich das nächste Problem, nämlich dass wir sehr viele Menschen haben, die keine Qualifikation haben. Auch dort müssen wir uns etwas überlegen, denn nicht alle Asylwerber, die jetzt gekommen sind, oder, sagen wir, sehr wenige davon sind qualifizierte Arbeitskräfte, sind Schlüsselarbeitskräfte, sind das, was wir eigentlich brauchen würden, das, was laut dem, was man uns medial immer eingeredet hat, alles zu uns kommen würde. Wenn man aber die Zahlen anschaut – die Zahlen sind klar und liegen auf dem Tisch –, sagen die etwas ganz anderes, nämlich dass wir sehr viele unqualifizierte Leute haben, die in unser Sozial­system eindringen und unsere soziale Sicherheit irgendwo gefährden. Da müssen wir natürlich nachdenken, wie wir das lösen. Ich glaube, das wären die wichtigen Schritte.

Wir können dieser Gesetzesvorlage leider nicht zustimmen. (Beifall beim Team Stronach.)

19.59


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Scherak zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 231

20.00.01

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak (NEOS): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Kollege Hagen, Frau Kollegin Rosenkranz, ich verstehe es manchmal nicht. Das liegt vielleicht an mir, aber schauen Sie: Da kommen Leute her, die möglicherweise Qualifikationen haben, und wenn sie die entsprechenden Nachweise nicht mithaben, versuchen wir jetzt, eine neue Schiene aufzumachen, damit wir überprüfen können, ob sie diese Qualifikationen tatsächlich haben.

Es sind vielleicht auch nur wenige, das will ich gar nicht beurteilen, aber das Problem ist: Wenn Sie schon im Vorhinein so viel Bauchweh haben, dass wir gar nicht die Chance haben, zu überprüfen, ob die eine Qualifikation haben, dann wird nachher wieder genau das passieren, was Sie kritisieren, nämlich dass die dann Sozialleis­tungen kassieren und uns auf der Tasche liegen. Das geht sich nicht aus.

Wenn wir wollen, dass Menschen, die nach Österreich flüchten, und Menschen, die nach Österreich kommen, selbst Geld verdienen, dann müssen wir ihnen die Möglichkeit geben, zu arbeiten. Ansonsten passiert genau das, was Sie immer so kritisieren: dass sie herkommen und uns auf der Tasche liegen. Sie müssen sich irgendwann einmal für eine Sache entscheiden. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abge­ordneten der SPÖ. – Abg. Mölzer: … Stichproben … – Abg. Hagen: … qualifizierte Syrer und Afghanen!)

Es ist völlig egal, wie viele es sind, es geht um jeden Einzelnen, und deswegen müssen wir diese Chance eröffnen. Das ist das, was wir hier grundsätzlich probieren. Daher ist dieses Berufsanerkennungsgesetz auch sinnvoll.

Sehr, sehr viele andere Maßnahmen wären im Zusammenhang mit der Integration insbe­sondere von Flüchtlingen notwendig. Auf die will ich auch noch kurz eingehen. Herr Bundesminister Kurz, du weißt, die Flüchtlinge müssen viel, viel schneller in Sprachkurse kommen, besonders diejenigen, bei denen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie dableiben können, denn durch jeden Tag, den wir verlieren, werden die Kosten danach viel, viel höher sein. Das ist auch wieder etwas, was dann im Endeffekt der Staat bezahlen muss. Deswegen müssen wir früher ansetzen.

Genauso müssen wir schauen, dass wir die Kompetenzchecks viel, viel früher machen, damit wir auch da schon merken, welche Qualifikationen vorliegen. Und wenn nicht die vorliegen, die wir brauchen, müssen wir die Leute entsprechend qualifizieren. Wir müssen uns anschauen, wie wir mit dem Arbeitsmarktzugang für Asylwerber im Verfahren umgehen.

Es besteht die Problematik, dass es offensichtlich immer noch Unternehmerinnen und Unternehmer in Österreich gibt, die sagen, dass sie insbesondere keine Lehrlinge finden. Ich war letzte Woche in Innsbruck und habe mit einem Bauunternehmer dis­ku­tiert, der mir gesagt hat, er hätte so viele freie Lehrplätze, es gibt … (Abg. Schönegger: Haselsteiner?) – Nein, nein, nein, nicht Haselsteiner, Herr Kollege Schönegger, ein anderer Bauunternehmer. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Der Punkt ist, es gibt offensichtlich Bedarf, und ich verstehe nicht, wieso wir nicht die Möglichkeit nützen, wenn ein österreichischer Unternehmer sagt, er braucht Lehr­linge – auch wenn es sich nicht um Mangelberufe handelt, nämlich in diesem Zusam­menhang offensichtlich am Bau –, und Flüchtlingen die Chance geben, dort zu arbeiten, was uns im Nachhinein jedenfalls helfen würde.

Was wir zusätzlich brauchen würden, ist ein Ausbau der Wertekurse. Das habe ich auch schon oft gesagt. Und ich bin überzeugt davon, dass wir eine Residenzpflicht für Asylberechtigte brauchen, die Sozialleistungen genießen, weil wir sonst das Problem haben werden, dass bei allen Bundesländern eine Lizitation nach unten stattfindet und


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 232

am Schluss alle nach Wien wandern werden. Das halte ich nicht für richtig. So wird Integration auch nicht funktionieren.

Da Integration eine Querschnittsmaterie ist und wir beim Flüchtlingskoordinator sehr gut mit einer Person gefahren sind, die sich auch dieser Fragen angenommen hat, glaube ich, dass es sinnvoll wäre, wenn wir einen Integrationskoordinator hätten, der genau diese Querschnittsmaterie entsprechend koordiniert, damit wir dieser großen Herausforderung – und das ist sie unbestrittenermaßen –, nämlich der Integration von Flüchtlingen, viel, viel schneller Herr werden können. (Beifall bei den NEOS.)

20.03


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mölzer. – Bitte.

 


20.03.41

Abgeordneter Wendelin Mölzer (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Scherak, Sie haben das ein bisschen verkürzt dargestellt. Wir üben vor allem Kritik daran, dass es zu sehr vereinfacht wird und dass wir zum Beispiel das Wörtchen „Stichproben“ bei der Überprüfung von hoch qualifizierten Berufen für etwas vage halten – das auf der einen Seite. Auf der anderen Seite ist es bei niedrig qualifizierten Berufen, wie ich meine, sicher ein Gebot der Stunde, dass wir da nicht unbedingt den Arbeitsmarkt noch weiter öffnen. Aber das nur dazu.

Ich möchte eigentlich über die Förderung der Vienna International School reden, die wir bei diesem Tagesordnungspunkt mitdiskutieren. Es ist ja bekannt, dass wir Freiheitliche schon länger dafür eintreten, diverse Privilegien, Steuerbefreiungen et cetera für internationale Organisationen und deren Mitarbeiter einzuschränken bezie­hungsweise überhaupt abzuschaffen. Warum? – Wir halten es im 21. Jahrhundert nicht mehr für zeitgemäß, dass man das braucht. Vor allem aber auch innerhalb der Europäischen Union ist es meiner Meinung nach nicht sehr zielführend oder nicht gerechtfertigt, dass man solche Privilegien gewährt.

Konkret geht es bei der Vienna International School darum, dass wir, glaube ich, auf vier Jahre rund 15 Millionen € direkt sponsern, dazu eben noch Lohnsteuerfreiheit oder -befreiung für die Mitarbeiter der Schule gewähren wollen und seitens dieser Schule auch keine Miete gezahlt werden soll. Wir halten das eben einerseits nicht für zeitgemäß und glauben auch, dass das Argument, das immer gebracht wird, dass dort eine hohe Umwegrentabilität zum Tragen kommt, insofern nur beschränkt richtig ist, als wir nicht der Meinung sind, dass diese internationalen Organisationen dann abwandern würden, wenn wir diese Privilegien einschränken würden. Ban Ki-moon hat in diesem Fall ja in einem Brief persönlich interveniert. Er hat aber da nicht angedroht, dass dann die VN, die Vereinten Nationen, Wien als Amtssitz aufgeben würden.

Ein weiterer Punkt, der auch sehr relevant ist: Die Vienna International School wurde sicher vor 40 Jahren berechtigt von der Republik gefördert, weil es ja damals keine vergleichbaren Einrichtungen in Österreich oder in Wien gegeben hat. Das war aus damaliger Sicht sicher eine Voraussetzung, die man schaffen musste. Heute, vier Jahrzehnte später, wissen wir aber, dass es zum Glück in Wien auch mehrere ver­gleichbare Schulen und Einrichtungen gibt, die aber bei Weitem nicht diese Privilegien genießen, trotzdem aber großen Zuspruch erfahren und hohe Qualität bieten, wie etwa die Danube International School Vienna. Daher, glauben wir, ist es doppelt nicht gerechtfertigt, dass justament die Vienna International School in dieser Größenordnung Förderungen seitens der Republik bekommt, und werden diese Vorlage deswegen ablehnen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

20.06


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 233

20.06.11

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich beschäftige mich mit dem Tagesordnungspunkt 10, also mit der Vienna Inter­national School, so wie der Kollege vor mir. Ich habe aber dazu vielleicht naturgemäß eine etwas andere Meinung. Wien ist ja seit dem Jahr 1947, in dem die Internationale Atomenergie-Organisation gegründet wurde, Standort verschiedener wichtiger interna­tionaler Organisationen.

Das Vienna International Centre beherbergt verschiedenste dieser internationalen Organi­sationen und ist auch so etwas wie das internationale Gesicht Wiens und damit auch Österreichs. Dass über 6 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Organi­sationen tätig sind, bedeutet auch einen erheblichen Vorteil für die heimische Volks­wirt­schaft.

Ernst & Young hat dazu heuer eine Studie aktualisiert, und das belegt auch sehr eindrücklich: Allein die Nettoausgaben in Österreich betrugen im Jahr 2014 fast 550 Millionen €. Und wenn man dann auch noch die volkswirtschaftlichen Auswirkun­gen des Konferenztourismus und der bilateralen Organisationen, also der Botschaften und Missionen et cetera dazurechnet, ergibt sich gesamtwirtschaftlich gesehen ein volkswirtschaftlicher Nutzen von in etwa 1,4 Milliarden €, und das jährlich und auch jährlich steigend.

Die internationale Reputation Österreichs als einer der vier Hauptsitze der UNO mit den verschiedensten Schwerpunkten schlägt sich auch in der in den letzten Jahren durchaus gestiegenen Bedeutung Wiens als Austragungsort wichtiger Verhandlungen und Gespräche nieder, der im Juli 2015 erfolgreich abgeschlossenen Atomver­hand­lungen mit dem Iran beispielsweise. Und auch die Syrien-Gespräche erbrachten für Wien einen Werbewert, der auf 100 Millionen € geschätzt wird. Alles zusammen­gerechnet kann man also von einem durchaus sehr wichtigen Beitrag sprechen, den die internationalen bi- und multilateralen Organisationen zum wirtschaftlichen Erfolg Österreichs leisten.

Die Gelder und Sachleistungen, die Österreich seinerseits bereitstellt, machen dann wirklich nur einen Bruchteil aus. Eine dieser Leistungen sind eben die Zahlungen, die die Republik für den Schulbesuch von Kindern von Beschäftigten dieser internationalen Organisationen leistet. Das geht eben auf die Amtssitzabkommen zurück, die mit den vier im Antrag genannten Organisationen seinerzeit abgeschlossen wurden und aus denen man sich meiner Meinung nach auch nicht so einfach verabschieden kann.

Es wurde im Ausschuss nachgefragt, auch von Ihnen, warum es ausgerechnet die Vienna International School ist, die die Fördergelder erhält. Aber das geht auch aus dem Abkommen hervor. Da logischerweise die betroffenen Organisationen am besten wissen, welche Schule mit welcher Organisationsform und Struktur am besten geeignet ist, die internationale Bildung zu gewährleisten, wurde die Auswahl der Schule diesen Organisationen überlassen, und die haben sich eben weiterhin für die Vienna International School entschieden, die immerhin 1 400 Schulplätze zur Verfügung stellt.

Im Lichte der – nicht nur, aber durchaus auch – wirtschaftlichen Bedeutung dieser internationalen Organisationen für die Republik Österreich und die Stadt Wien sind diese Ausgaben durchaus sinnvoll und zweckmäßig. Ich ersuche daher um breite Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 234

20.09


Präsident Karlheinz Kopf: Nun hat sich Herr Bundesminister Kurz zu einer Stellung­nahme zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


20.09.35

Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres Sebastian Kurz: Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Da wir diese Themen schon sehr ausführlich im Ausschuss diskutiert haben, kann ich meine Ausführungen, glaube ich, sehr kurz halten. Ich möchte trotzdem noch einmal die Chance nutzen, zwei Punkte klarzustellen.

Zum Ersten: Frau Abgeordnete Korun, nein, wir lösen in Österreich nicht den Föde­ralis­mus auf, wir stellen nicht die Gewerbeordnung auf den Kopf und wir lösen auch nicht alle Probleme der Überregulierung mit dem neuen Anerkennungsgesetz. (Zwischenruf der Abg. Korun.) Aber wir machen es einfacher und schneller für Menschen, ihre Qualifikationen in Österreich anerkennen zu lassen, und wir schaffen vor allem einen Rechtsanspruch dafür, dass es eine Behandlung des Antrages gibt und dass das auch in einem gewissen Zeitraum vonstattengeht.

Ich glaube, dass das ein wesentlicher Schritt ist, um Menschen, die im Ausland eine Qualifikation abgeschlossen haben und bereit sind, diese in Österreich einzubringen, Service anzubieten.

Herr Abgeordneter Hagen, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, dass wir jetzt Abschlüsse herschenken, dass wir zu großzügig werden. Jeder, der schon einmal mit österreichischen Behörden zu tun hatte, weiß, dass dort vieles stattfindet, aber nicht übermäßige Großzügigkeit; jeder der schon einmal versucht hat, sich einige Prüfungen im Studium an einem anderen Studienort in Österreich anerkennen zu lassen, weiß, dass das teilweise schwieriger ist als notwendig.

Also diese Sorge kann ich Ihnen definitiv nehmen. Es wird nichts hergeschenkt, das ist auch nicht das Ziel. Es ist auch nicht das Ziel, die Qualität zu senken. Das Ziel ist ein klares: Wenn jemand Qualifikationen mitbringt, dann soll er die Möglichkeit haben, diese möglichst schnell zum Einsatz zu bringen. Und ich bin da auch ganz beim Abgeordneten Scherak: Das ist keine Wohltat gegenüber dem Einzelnen, sondern ich finde, es ist ein ordentlicher Umgang mit dem Einzelnen, aber es ist etwas, wovon wir als Volkswirtschaft profitieren.

Denn wir haben nichts davon, wenn Personen nicht die Möglichkeit haben, am Arbeitsmarkt teilzunehmen, und wir haben auch nichts davon, wenn Personen nicht die Möglichkeit haben, ihrer Ausbildung gemäß zu arbeiten. Dass es trotzdem Personen geben wird, die aufgrund von mangelnden Sprachkenntnissen oder aufgrund eines Überangebots auf dem Arbeitsmarkt nicht die Chance haben, sich einzubringen, steht außer Streit, aber wir sollten doch alles tun, dass die Chancen dafür bestmöglich vorhanden sind.

Zwei Anmerkungen zur Vienna International School – ich möchte auf die Debatte gar nicht mehr im Detail eingehen, ich möchte nur sagen: Wir sollten in Österreich heilfroh sein, dass wir Sitz von 37 internationalen Organisationen sind. Wir sollten heilfroh sein, dass, obwohl der Wettbewerb in diesem Bereich immer größer wird, es uns in den letzten Jahren gelungen ist, internationale Organisationen nicht zu verlieren, sondern zu halten und teilweise sogar neue anzusiedeln. Das ist nicht nur politisch interessant, das macht Österreich nicht nur weltoffener, sondern es führt auch zu ordentlichen Vorteilen im wirtschaftlichen Bereich. In Wien sind rund 10 000 Jobs laut der Studie von Ernst & Young direkt oder indirekt abhängig davon, dass wir Sitz dieser internationalen Organisationen sind.

Wir tun uns also etwas Gutes, wenn wir die Beziehungen zu diesen Organisationen pflegen, die Vereinbarungen, die es mit ihnen gibt, einhalten und auch dem einen oder anderen Wunsch des Generalsekretärs nachkommen, unabhängig davon, ob dieser


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 235

Wunsch mit einer unmittelbaren Drohung verbunden ist oder nicht. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.13

 


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu Wort. – Bitte.

 


20.13.27

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister Kurz! Hohes Haus! Herr Minister, ich kann gleich anknüpfen an das, was Sie zuletzt gesagt haben. Ich muss allerdings dazu sagen: Thema verfehlt! Kein Mensch möchte die Absiedlung von UN-Einrichtungen. Kein Mensch möchte den UN-Organisationen in Wien Schwie­rig­keiten machen. Ganz im Gegenteil! Wir alle sind froh, dass wir sie haben.

Wir alle wollen sie auch unterstützen und wir alle glauben auch, dass die Kinder von Bediensteten von UN-Organisationen die entsprechende Schule besuchen können müssen.

Dass die Republik Österreich dabei in der Verpflichtung ist, das zeigt ja auch das Abkommen, von dem wir schon gehört haben. Nur, Herr Minister, Sie hätten auch ein wenig über die Vienna International School sprechen sollen; Sie haben über die UN-Organisationen gesprochen.

Unsere Frage ist: Warum fördert die Republik Österreich ausgerechnet diese eine Schule, während mindestens sechs vergleichbare Schulen in Österreich keine Förde­rung bekommen?

Das ist der kritische Punkt, und das ist eine klare Wettbewerbsverzerrung. Mich wundert ja, dass Parteien wie die NEOS hier dem Monopol das Wort reden und nicht dem Wettbewerb! (Beifall bei den Grünen.) Wir haben hier mehrere Schulen, und das Interessante an dieser Angelegenheit ist ja, dass die Bediensteten der UNO und der UNO-Organisationen die Sache völlig anders sehen als Sie: Die Bediensteten haben ein Protestschreiben verfasst, das sich gegen die Vienna International School richtet, weil sie sich trotz der horrenden Förderung durch die Republik Österreich den Besuch dieser Schule für ihre Kinder gar nicht mehr leisten können. Die müssen ihre Kinder woanders hinschicken, weil die Vienna International School – man muss sich das einmal vorstellen – eine Einschreibegebühr – nur damit sie ihr Kind überhaupt das erste Jahr dorthin bringen können – von 29 000 € verlangt! (Zwischenruf der Abg. Lichtenecker.) Und in der Folge geht es so ähnlich weiter. Ich habe mir das genau herausgesucht: In der Folge zahlen sie exakt 21 274 € pro Jahr.

Herr Minister, das können sich die Bediensteten dort nicht mehr leisten! Und das ist auch der Grund dafür, warum nur noch 45 Prozent der 1 400 SchülerInnen aus der UNO kommen. Der Rest sind sehr betuchte einheimische Familien. Da frage ich mich schon: Müssen wir die Familie Dichand beispielsweise mit staatlichen Subventionen überhäufen, damit sie ihre Kinder dorthin schicken können? – Ich glaube nicht.

Ich habe nichts gegen Privatschulen, ich habe auch nichts gegen teure Privatschulen, aber sie sollen sich das bitte selber finanzieren! (Beifall bei den Grünen.)

Seit Jahren thematisieren wir die Privilegien dieser Schule und kritisieren sie. Der EU-Rechtler Walter Obwexer sagt ganz klar: Das, was wir heute beschließen, wird zu einer Klage vor dem Verfassungsgerichtshof führen.

Wir werden das auch unterstützen, denn wir sehen nicht ein, dass wir diese ungerecht­fertigte wettbewerbsverzerrende Förderung weiterführen.

Ja zur UNO, Ja zur Unterstützung der Eltern dort, aber geben Sie das Geld beispiels­weise in Form eines Bildungsschecks an die Eltern, die in den UN-Organisationen


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 236

arbeiten, und dann sollen sich diese auf dem Markt frei bewegen können. Das ist unser Vorschlag, das würde alle Schulen gleichstellen und nicht eine Schule einseitig bevor­zugen.

Ein Wort noch dazu: Die Förderung der Vienna International School pro Jahr ist höher als die aller alternativen Privatschulen zusammen. Das wird auch künftig nicht viel anders sein. Das müssen wir uns bitte auf der Zunge zergehen lassen: Dort haben wir Eltern, die freiwillig die Klassenzimmer ausmalen, dort haben wir Eltern, die für ihre Kinder Basare organisieren, die schauen, dass es ein Schulleben gibt. Und hier haben wir eine Schule, der es wirklich sehr, sehr gut geht und die so nebenbei gesagt 5 Millionen € auf der hohen Kante hat. Das haben der österreichische Steuerzahler und die Steuerzahlerin bezahlt!

Übrigens sind es in Wirklichkeit noch mehr, denn es gibt, sagen Experten, noch eine ganze Reihe verdeckter Rücklagen dieser Schule, die noch einmal etwa die gleiche Höhe ausmachen. Also das ist eine Situation, die nicht zu akzeptieren ist. Von daher ist es für uns Grüne ganz klar: Ja zur UNO, Ja zur Förderung der Eltern und der Kinder, aber Nein zu einer einseitigen Förderung dieser Schule. (Beifall bei den Grünen.)

20.18


Präsident Karlheinz Kopf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hakel. – Bitte.

 


20.18.55

Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur Vereinfachung der Verfahren zur Anerkennung und Bewertung ausländischer Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen hat ja meine Kollegin Grossmann schon alles gesagt. Lassen Sie mich nur unterstreichen, wie wichtig ich die Integration von Personen mit Migrationshintergrund in den Arbeitsmarkt finde und dass diese somit die Möglichkeit bekommen, eine ihrer Aus­bildung entsprechende Beschäftigung zu finden.

Zur Vienna International School: Wien ist Amtssitz der Vereinten Nationen und zahl­reicher anderer internationaler Organisationen. Dies erfordert auch die Sicherstellung eines Schulsystems für Kinder internationaler Bediensteter durch Österreich und eben auch durch die Stadt Wien.

Mit dem vorliegenden Abkommen wird die Aufrechterhaltung der Unterstützung dieser Schule in Form eines Bildungsbeitrags verankert. Die finanziellen Auswirkungen des Abkommens belaufen sich dieses Jahr noch auf 8 Millionen €, 2017 auf 3 Millionen € und je 2 Millionen € in den Jahren 2018 und 2019.

Die Vienna International School hat 1 400 SchülerInnen aus mehr als 100 verschie­denen Nationen, und es werden dort insgesamt 70 Sprachen gesprochen. Der Unterricht ist in Englisch, läuft nach dem nordamerikanischen und britischen Schul­system und bereitet die Schülerinnen und Schüler auf das Internationale Bakkalaureat Diplom vor.

Sie genießt national und international einen sehr guten Ruf. Und nicht nur das ist eben ein Grund, warum sie unterstützt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

20.20


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Schmid zu Wort. – Bitte.

 


20.20.42

Abgeordneter Gerhard Schmid (ohne Klubzugehörigkeit): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Bundesminister Kurz! Hohes Haus! Mein Thema: Anerken­nung ausländischer Bildungsabschlüsse.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 237

Der gegenständliche Antrag befasst sich mit der Vereinfachung der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse. Bildung ist der Grundsatz für einen erfolgreichen, langfristigen Berufsweg. Das österreichische Bildungssystem wurde mehrfach refor­miert und den Anforderungen der Wirtschaft angepasst.

Aus eigener Erfahrung kann ich darauf verweisen, dass Bildungsabschlüsse auch aus dem EU-Raum in Österreich nicht generell anerkannt werden, dies gilt auch für hoch­wertige Abschlüsse. Nunmehr wird unser Bundesgebiet und somit auch unser Arbeits­markt zunehmend von Personen belastet, welche lediglich äußerst unterqua­lifizierte Bildungsstandards aufweisen. Fremde mit höherer und hoher Qualifikation verbleiben dem Vernehmen nach unfreiwillig in der Türkei.

Bei einem zeitgleich hohen Beschäftigungsstand hat Österreich eine stetig steigende und noch nie da gewesene hohe Zahl Arbeitsloser zu verkraften.

Unbestritten ist, dass Arbeitsverhältnisse einen wesentlichen Beitrag zur Integration leisten können. Vorrangiges Ziel für Österreich muss es jedoch sein, Arbeitsplätze für unsere heimische Bevölkerung zu schaffen und die heimischen Klein- und Mittel­betriebe zu fördern, und nicht, die Gesetzgebung zugunsten unqualifizierter Fremder zu ändern.

Die Anerkennung ausländischer und minderwertiger Bildungsabschlüsse würde eine Abwertung heimischer Berufsqualifikationen bedeuten. Mit der Abwertung bestehender heimischer Bildungsqualifikationen wird ein Abbau bekannter österreichischer Qualität erzielt, welchen wir uns weder leisten können noch leisten sollten und welcher lang­fristig nur zu noch mehr Arbeitslosen führen wird. – Danke.

20.23


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Hofinger. – Bitte.

 


20.23.02

Abgeordneter Ing. Manfred Hofinger (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Wenn wir über Integration sprechen, müssen wir auch handeln. Es ist schon interessant: Wenn man die Debatte hier im Hohen Haus verfolgt, gibt es Fraktionen, die hier sehr wohl Verantwortung übernehmen wollen, es gibt aber leider auch Fraktionen, die sich lieber in das Schneckenhaus zurückziehen, um immer wieder mit dem Finger aufzuzeigen, wie es nicht geht.

Wir von der ÖVP sehen vor allem hier in diesem Bereich die Integrationsbereitschaft als sehr wohl gegeben und möchten das auch unterstützen, denn gerade durch die Flexibilisierung der Anerkennung von Bildungsabschlüssen können wir beschleunigte Verfahren ermöglichen und den Eintritt von Arbeitssuchenden erleichtern. Wenn wir wollen, dass sich Migranten bei uns integrieren und unsere Gepflogenheiten und unsere Regeln annehmen, müssen wir ihnen auch die Chance geben, sich zu inte­grieren. Dazu gehört unbedingt, dass wir ihnen Jobchancen eröffnen.

Es ist auch ganz, ganz wichtig, dass man sie beim Erlernen der deutschen Sprache unterstützt. Ich glaube, hier sind wir auf einem guten Weg.

Ich kann aus persönlicher Erfahrung aus meiner Heimatgemeinde sagen: Die Asyl­werber wollen arbeiten, sie sind wirklich bereit, sie wollen sich einbringen. Ich kann auch über die letzten Ereignisse im Innviertel berichten, wo es um den Hochwasser­einsatz gegangen ist: Auch dort haben sie sich hervorragend beteiligt, und ich möchte das wirklich herausstreichen.

Es geht nicht darum, anderen den Job wegzunehmen, und es ist uns auch bewusst, dass wir nicht für alle, die hier einen Job suchen, auch einen Job haben. Es geht nur


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 238

darum, dass wir den qualifizierten Fremden die Chance bieten, in den Arbeitsmarkt einzutreten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Zanger.)

20.25


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Winzig. – Bitte.

 


20.25.15

Abgeordnete Dr. Angelika Winzig (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Integration kann nur über Beschäftigung funktionieren. Daher ist dieses Anerkennungsgesetz für im Ausland erworbene Qualifikationen vor allem im Schul-, aber auch im Lehrbereich ganz wichtig, denn es ist eine weitere Integrations­maßnahme.

Da die Kriterien für die Bewertung von Qualifikationen unverändert bleiben, brauchen wir auch keine Nivellierung nach unten zu befürchten, und ich glaube, das ist uns allen ein großes Anliegen.

Durch das Anerkennungsportal erfahren die Antragsteller, wer zuständig ist, wofür er zuständig ist und welche Unterlagen vorgelegt werden müssen.

Ich erwarte mir durch das Gesetz, dass die Anträge auf Anerkennung steigen, und ich hoffe auch auf Erleichterungen bei der Vermittlungstätigkeit des Arbeitsmarktservices sowie bei den Einstellungsverfahren bei den Unternehmen.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist eine ausbildungsadäquate Beschäftigung natürlich sinnvoll, denn wir wollen Ausbildungsressourcen nicht vergeuden, das können wir uns auch nicht leisten. Das Problem liegt aber leider in den mangelnden Deutsch­kennt­nissen, die der adäquaten Beschäftigung häufig im Wege stehen und in der Praxis zu Widerständen führen, denn es ist für die Mitarbeiter in einem Unternehmen schwierig, wenn sie mit Asylberechtigten beziehungsweise Migranten, die schlecht Deutsch sprechen, kommunizieren müssen.

Daher bin ich sehr froh, Herr Bundesminister, dass Sie sich so rigoros für die Verpflich­tung, Deutsch zu lernen, einsetzen, denn dies ist ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz am Arbeitsmarkt, in der Arbeitswelt und somit auch für die gesellschaftliche Anerkennung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.27


Präsident Karlheinz Kopf: Nun gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort. – Bitte.

 


20.27.08

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich glaube, das Thema Integration, Zuwanderung eignet sich nicht für Polarisierung oder Klassen­kampf. Ich bin sehr froh, dass wir einen Bundesminister haben, der den Blick für das Wesentliche und für das Ganze hat, denn so können wir auch die Qualifikation jener Menschen für Österreich nutzen, die diese anderswo erworben haben.

Ich glaube, Österreich darf ganz einfach den Amtssitz für internationale Organisationen nicht verlieren. Wir brauchen dieses Service für die Menschen, die mit Qualifikation nach Österreich kommen. Daher, Herr Bundesminister, bin ich für diese Initiative auch sehr dankbar, denn in internationalen Organisationen herrscht hohe Personalrotation. Die Sicherstellung von Schulplätzen ist ein wesentliches Kriterium für die Stärkung dieses Amtssitzes.

Daher, glaube ich, muss der Standort Wien für internationale Beziehungen und Dialog auch erhalten bleiben. Ich bitte Sie wirklich: Hören wir damit auf, wenn es darum geht,


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für Zuwanderung entsprechend Klassenkampf und Polarisierung zu betreiben! Das braucht Österreich nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

20.28

20.28.29

 


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vereinfachung der Verfahren zur Anerken­nung und Bewertung ausländischer Bildungsabschlüsse und Berufsqualifikationen erlassen und das Bildungsdokumentationsgesetz geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 1084 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür stimmen wollen, um ein Zeichen. (Die Abge­ordneten der ÖVP bleiben sitzen.) – Ich glaube, ihr seid auch dafür. Soll ich es noch einmal vorlesen? Ich würde wetten, dass ihr auch zustimmen wollt. (Allgemeine Heiterkeit. – Zwischenrufe. Die Abgeordneten der ÖVP erheben sich von ihren Plätzen.) – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 10: Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Öster­reich und den Vereinten Nationen, der Internationalen Atomenergie-Organisation, der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung und der Vorbereiten­den Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen, in 1112 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfas­sungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

20.30.2911. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1085 d.B.): Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Euro­päischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Mongolei anderer­seits (1161 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneten Ertlschweiger zu Wort. – Bitte.

 


20.31.00

Abgeordneter Rouven Ertlschweiger, MSc (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister Kurz! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche heute über das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Mongolei.


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Dieses Abkommen umfasst im Wesentlichen die Zusammenarbeit in den Bereichen nach­haltige Entwicklung sowie Handel und Investitionen. Es enthält aber auch rechtliche Verpflichtungen für die Mongolei im Bereich Menschenrechte, keine Verbrei­tung von Massenvernichtungswaffen und Bekämpfung von Terrorismus.

Aber lassen Sie mich zum besseren Verständnis vielleicht kurz ein paar Worte zur Mongolei generell sagen:

Die Mongolei ist nach Kasachstan das zweitgrößte Binnenland der Erde, 20 Mal so groß wie Österreich, mit nur drei Millionen Einwohnern. Das Land hat nur zwei Nach­barn, Russland und China, die zugleich auch die bedeutendsten Wirtschaftspartner sind. Die Mongolei zählt zu den rohstoffreichsten Ländern der Welt mit Vorkommen von vor allem Kupfer, Gold, Kohle, aber auch Zink, Uran, Erdöl, seltenen Metallen und Erden.

Nicht verwunderlich ist, dass der Handel mit Rohstoffen 90 Prozent des Exports aus­macht. Dieser Handel erfolgt vor allem mit China, was natürlich auch eine gewisse Abhängigkeit in sich birgt. Das durch den Bergbau beförderte hohe Wirtschaftswachs­tum der vergangenen Jahre hat sich in letzter Zeit merklich abgeschwächt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wo liegen jetzt die Vorteile für Österreich in diesem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen? Die Mongolei ist nur unzu­reichend mit Verkehrswegen erschlossen, das eröffnet auch für österreichische Unter­nehmen Marktchancen, Stichwort Straßen- oder Schienenbau, aber auch Zuliefer­betriebe anderer Branchen, etwa der Maschinenbau, die IT, Energie oder Bergbau können in der Mongolei Marktanteile lukrieren.

Und sowohl die Weltbank als auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sehen gute Marktchancen für europäische Investoren in diesem Land. Es existieren bereits Handelsabkommen mit der EU, doch das erzielbare Potenzial der Wirtschaftsbeziehungen ist noch lange nicht ausgeschöpft. Gerade das enorme Wissen österreichischer Unternehmen in den Bereichen Tourismus, erneuerbarer Energien oder auch ökologischer Landwirtschaft könnte in der Mongolei zu einer sogenannten Win-win-Situation führen. Ich denke dabei nur an das große Potenzial von Solar- und Windenergie in der Wüste Gobi oder im Speziellen in der South Gobi.

Ein aktueller Bericht der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien und des mongolischen Energieministeriums hat festgestellt, dass die Mongolei durch Solar- und Windenergie jährlich bis zu 15 000 Terawatt Ökostrom erzeugen könnte! Das ist, glaube ich, eine Perspektive, die auch für österreichische Mittelbetriebe interessant ist. Internationale Wirtschaftsmedien halten das Land in der Entwicklung zudem mit Dubai vergleichbar.

Dieses Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und der Mongolei kann und wird auch für Österreich von Vorteil sein. Meine sehr verehrten Damen und Herren, was unseren Unternehmen hilft, hilft uns allen, und deshalb unterstützen wir auch diese europäische Initiative. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.34


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


20.34.36

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Durch das Rahmenabkommen mit der Mongolei vertiefen wir unsere Beziehungen zu einem wichtigen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Partner in Ostasien, der lange von der EU vernachlässigt wurde.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 241

Ich hatte letzten September die Möglichkeit, mehrere Tage in Ulan-Bator zu sein, um dort an der Herbsttagung der OSZE teilzunehmen. Ich habe ein Land kennengelernt, das in den letzten 25 Jahren eine für die Region beispiellose demokratische Entwick­lung geschafft hat, aus eigener Überzeugung und aus eigener Kraft, ganz ohne Begleitung und Unterstützung durch die EU, durch die OSZE oder durch den Europarat.

Auch bei den Menschenrechten teilt die Mongolei unsere Werte und hat bereits einen guten Stand erreicht. Erst im letzten Dezember hat das mongolische Parlament die Todesstrafe endgültig abgeschafft. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschen­rechte sind aber noch sehr jung. Daher gibt es in der Mongolei großes Interesse an den Erfahrungen, die wir in der EU bei der Unterstützung und Stärkung der Institu­tionen der jungen Demokratien gemacht haben. Und gerade dafür würde das neue Abkommen eine gute Unterlage und eine gute Grundlage schaffen, denn neben den wirtschaftlichen Beziehungen sieht das Abkommen ja gerade bei der nachhaltigen Entwicklung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Freiheit und Sicherheit eine stärkere Zusammenarbeit vor.

Unsere Sicherheitspolitik ist ein weiterer Bereich, worin die Mongolei ein wichtiger Partner ist. Auch hier teilen wir – die Mongolei mit Österreich – gemeinsame Ideen und Vorstellungen. Die Mongolei baut wie wir auf Dialog und friedliche Kooperation, um gemeinsame Sicherheit umzusetzen. Außerhalb der OSZE initiiert sie daher beispiels­weise den Ulan-Bator-Dialog, mit dem sie unterschiedliche Akteure aus Nord- und Südkorea, Japan, Russland, China zum Austausch an einen Tisch bringt. Außerdem ist die Mongolei sehr aktiv in Fragen der nuklearen Abrüstung und der Nichtverbreitung nuklearer Waffen und hat ihr Staatsgebiet bereits im Jahr 2000 zur atomwaffenfreien Zone erklärt.

Ich bin daher sicher, dass dieses Rahmenabkommen für beide Seiten sehr positiv ist und eine gute Basis für eine wichtige gemeinsame gesellschafts- und sicherheits­politische Weiterentwicklung und für Projekte in diesem Bereich bildet. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Ertlschweiger.)

20.37


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


20.37.33

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir Freiheitlichen werden dem Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Mongolei andererseits zustimmen. (Ruf bei der FPÖ: Bravo!)

Ich kann nur sagen: Ich habe mich in der Mongolei selber auch überzeugen können, dass das Land einen Aufschwung erlebt und auch bemüht ist, rechtsstaatliche Struk­turen nach westlichem Vorbild nicht nur aufzubauen – das haben sie bereits –, sondern auch zu vertiefen. Alle Maßnahmen, die geeignet sind, diese Entwicklung zu befördern, sind aus unserer Sicht daher zu unterstützen.

Das zum Beschluss anstehende umfassende Partnerschafts- und Kooperations­abkom­men zwischen der EU und der Mongolei ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung, weil es die Zusammenarbeit in den Bereichen nachhaltige Entwicklung, Handel und Inves­titionen verstärkt und damit zu jenem Wohlstand beiträgt, der, wie wir alle wissen, die Grundlage für Stabilität und Fortschritt bildet.


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Im Gegenzug soll die Mongolei verpflichtet werden, die Menschenrechte strikt einzu­halten – das tun sie bereits –, bei der Bekämpfung von Terrorismus mitzuwirken und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen hintanzuhalten.

Da das Abkommen auch die Bereiche Migration und Soziales umfasst, also Bereiche, die untrennbar miteinander verbunden sind und einander wechselseitig beeinflussen, besteht die berechtigte Hoffnung, dass wir nicht nur zum Wirtschaftsaufschwung in der Mongolei beitragen, sondern dem Land auch beim Aufbau funktionierender rechts­staatlicher Strukturen helfen können.

Aber noch viel wichtiger als das Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Mongolei wäre es, jetzt vielleicht auch einmal darüber nachzudenken, wie Österreich zwischenstaatliche Beziehungen mit einzelnen Ländern, die wir stiefmütterlich behan­deln, vertiefen kann.

Diese Thematik können wir beispielhaft nehmen für die außenpolitische Stellung und das außenpolitische Engagement der Bundesregierung. Wenn wir jetzt zum Beispiel die Mongolei hernehmen, so wird vergessen und wurde auch in keiner Rede bis dato betont, dass dieses Land nach internationalen Statistiken die beste Ausbildung für Mädchen bietet.

Das heißt, dort ist der Index, der sogenannte Gleichbehandlungsindex bei der Bildung bestens. Sie sind Nummer eins in dieser Statistik.

Wenn ich jetzt ein bisschen abweiche und ein anderes Beispiel nehme, wird Sie das vielleicht wundern, dass ich das anspreche, aber in Ruanda sind im Parlament 70 Pro­zent Frauen vertreten. Auch dieses Land besetzt auf einer bestimmten Rangliste den Platz eins.

Ich sage das deswegen, weil Österreich gerade hinsichtlich dieser Beispielländer, die ein unglaubliches Potenzial haben und in den letzten 20, 25 Jahren eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht haben, überhaupt kein Interesse entwickelt, überhaupt keine diplomatischen Aktivitäten dort setzt und diese Länder völlig links liegen lässt. Alles, was wir über diese Länder heute hier hören, ist natürlich richtig: Man sollte, man müsste, und es sind Handelspartner. Das ist hundertprozentig zu unterschreiben. Aber was mir abgeht – wir sind ja Politiker –, ist die aktive Unterstützung der politischen Entwicklung in diesen Staaten und vor allem auch die Teilhabe der österreichischen Bundesregierung in Form einer außenpolitischen Aktivität in diesen Ländern.

Jetzt weiß ich schon, dass unsere Ressourcen knapp sind. Ich habe das bei den letzten zwei außenpolitischen Tagen auch erwähnt, wie wir Afrika wirklich völlig links liegen lassen in Bezug auf diplomatische Vertretungen, machen wir das in Asien teil­weise ähnlich. Natürlich wird in Ulan-Bator das von China irgendwie mitbetreut, vergessen wird aber, dass die Mongolei hier eine Botschaft hat, wirklich rührig ist und sich bemüht.

Was will ich damit sagen? Ich möchte sagen, dass es mir völlig abgeht, dass wir hier einen sogenannten Masterplan haben. Mir geht auch ab, dass, wenn wir keine Res­sourcen zur Verfügung haben, aus dem Ministerium und aus der Bundesregierung heraus Vorschläge kommen, wie wir diese Dinge kompensieren können. Kompen­sieren könnten wir sie dadurch, dass wir in diesen Regionen unorthodoxe Maßnahmen in der Außenpolitik ergreifen, dass wir Vereine, die sich da besonders engagieren, oder Stiftungen oder von mir aus auch NGOs aus Mitteln des Ministeriums fördern, so wie es andere machen. Unsere Nachbarländer machen das, die Ungarn, die Slowaken machen das, und vorbildhaft bei diesen Projekten ist Deutschland.

Also: Ich möchte sehen, dass diese Vorschläge aus dem Ministerium kommen, dass hier ein vermehrtes Engagement mit, man kann sagen, einer zweiten Ebene vonstat-


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ten­geht, damit wir diese Länder, die wirklich einen Aufschwung haben, hier begleiten und natürlich auch an ihrer Entwicklung mitteilhaben können. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

20.42


Präsident Karlheinz Kopf: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill ist die Nächste. – Bitte.

 


20.42.45

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, das Abkommen soll eine verbesserte Rechtsgrundlage für die Beziehungen zwischen der EU und der Mongolei darstellen. Das Abkommen ist prinzipiell zu begrüßen und in weiten Teilen auch positiv zu bewerten. Es geht um nachhaltige Entwicklung, wir haben es gerade gehört, es geht darum, dass die Menschenrechte in der Mongolei weiterhin gewahrt und auch die wirtschaftlichen Beziehungen gut ausgebaut werden.

Es scheint aber wichtig zu sein, auf den einen oder anderen Artikel genauer einzu­gehen. Im Artikel 2 findet sich in diesem Abkommen unter „Ziele der Zusammenarbeit“ nicht nur, dass ein umfassender Dialog geführt werden soll, sondern auch, dass Anstrengungen mit dem Ziel unternommen werden sollen, in den Bereichen Recht, Freiheit, Sicherheit, wie schon gehört, einschließlich der Themen Rechtsstaatlichkeit, rechtliche Zusammenarbeit, Datenschutz, Migration, Schleusung und Menschenhan­del, zusammenzuarbeiten.

Im Artikel 31 findet sich dann die „Zusammenarbeit im Bereich der Migration“. Da geht es ganz klar um Rückübernahmeabkommen, da geht es ganz klar um die Feststellung der Staatsangehörigkeit und die Unterstützung der Mongolei, und es geht darum, dass die Europäische Union in diesen Bereichen finanzielle Hilfe bei der Umsetzung leisten soll.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die EU hat insgesamt mit 17 Ländern Rück­übernahmeabkommen, und Österreich selbst hat noch einmal bilaterale Abkommen mit 22 weiteren Ländern. – So weit einmal zu den Fakten.

Es ist aber Tatsache, dass Rückübernahmeabkommen – das wird ja jetzt viel und groß diskutiert – nur dann wirklich funktionieren, wenn tatsächlich Kooperationsbereitschaft in den Herkunftsländern besteht.

Was passiert jetzt in Österreich? Die Rufe werden immer lauter, dass es Konse­quen­zen für jene Länder geben soll, die solche Rückübernahmeabkommen und die Rück­übernahmepolitik der Europäischen Union und auch Österreichs, wie sie gewünscht ist, nicht umsetzen. Es wird nicht darüber nachgedacht, wie auch die Vorredner schon gesagt haben, tatsächlich wirtschaftliche Anreize für jene Länder zu setzen, die eigent­lich solche Abkommen schließen sollten. Es wird nicht darüber nachgedacht, faire handelspolitische Akzente zu setzen, und es wird auch nicht darüber nachgedacht, Verbesserungen für die Menschen vor Ort zu forcieren.

Ganz im Gegenteil: Es wird darüber nachgedacht, ob nicht die einzige finanzielle Unterstützung, nämlich über die Entwicklungszusammenarbeit, gekürzt, gestrichen oder ausgesetzt werden soll. Diese Unterstützungsleistung auszusetzen – Herr Minister, das wissen Sie, und das haben wir schon öfter diskutiert – ist ganz klar ein falscher Weg, weil Entwicklungszusammenarbeit nicht nur für Armutsbekämpfung da ist, sondern in erster Linie auch nachhaltige Projekte vor Ort unterstützen soll.

Viele Länder, mit denen im Rahmen der Rückübernahmepolitik zusammengearbeitet werden soll, beziehen gar keine Entwicklungszusammenarbeitsgelder. Das heißt, das Bild des Damoklesschwerts, das über diesen Ländern hängt, wäre hier gar nicht


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anwendbar. Die Unterstützung der Zivilbevölkerung würde ganz klar abgedreht und ausgesetzt werden. Das heißt, jene Bevölkerungsgruppen, die über Entwicklungs­zusammenarbeit tatsächlich unterstützt werden, würden dann sozusagen ausgedünnt. Die EZA ist Armutsbekämpfung, wie schon gesagt, und die große Frage ist: Was tun mit bereits bestehenden Projekten der Austrian Development Agency und der Entwicklungszusammenarbeit und der Schwerpunktländer des Außenministeriums?

Ich habe auch im Ausschuss dieses Beispiel gebracht, das Beispiel Pakistan und Wirtschaftspartnerschaften. Die OMV betreibt zwei Schulen in Pakistan. 500 000 € für dieses Projekt, das auf fünf Jahre angedacht ist, kommen aus österreichischen Steuergeldern; das Berufsbildungsprojekt wurde ab dem Jahr 2013 übernommen. Was würde es bedeuten, wenn Pakistan jetzt Rückübernahmeabkommen nicht umsetzen würde? Würde das bedeuten, dass Sie, Herr Außenminister, dann bei der OMV anklopfen und sagen: Liebe OMV, es tut mir leid, das, was ich Ihnen versprochen habe, wo es auch Verträge gibt, was nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit und Bildung anbelangt, gilt nicht mehr?

Das einer OMV zu sagen, Herr Minister, werden Sie, glaube ich, nicht tun. Auch wenn Sie jetzt nicht zuhören und in Ihr Handy schauen, ist es so, dass ich nicht davon ausgehe, dass Sie das dann mit der OMV aushandeln werden, sondern ich glaube, das ist einfach eine leere Drohung, die als Floskel einmal mehr im Raum steht, ohne tatsächlich nachhaltig sozusagen in … (Abg. Brunner: Ich befürchte, der Herr Außenminister kann gar nicht antworten, weil er nicht zuhört! – Bundesminister Kurz: Ich kenne das schon!)

Also: Setzen Sie Akzente, Herr Minister, schauen Sie, dass faire handelspolitische Maßnahmen gesetzt werden! Und wenn Sie es schon kennen, könnten Sie auch endlich eine Antwort hier im Hohen Haus geben. Drohen allein wird nichts bringen. (Beifall bei den Grünen.)

20.48


Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Troch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.48.21

Abgeordneter Dr. Harald Troch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem 75 Seiten umfassenden Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Mongolei gibt es für mich zwei spannende zentrale Punkte.

Da geht es einerseits um Demokratie und Menschenrechte. Die Mongolei ist hier auf einem stabilen, sehr, sehr guten Weg. Das gehört durch einen entsprechenden Dialog mit der Europäischen Union unterstützt.

Andererseits geht es um Handel und Investitionen, da bietet die Mongolei Österreich spannende Chancen. Es ist ein wirtschaftliches Hoffnungsgebiet. Feststellen kann ich: Vor und bis 2014 gab es zwar Einbrüche bei den österreichischen Exporten, aber 2015 einen erfreulichen Anstieg des Exportvolumens auf über 34 Millionen €. Das heißt, es ist auch ein Hoffnungsgebiet für die österreichische Industrie.

Ich möchte hier drei österreichische Unternehmen nennen: die Wiener VAMED, das Vorarlberger Unternehmen A.M.I., das medizinisch-technische Erzeugnisse liefert, und die oberösterreichische Firma Rosenbauer aus Leonding, die mit Löschfahrzeugen und Feuerwehrausrüstung in der Mongolei schön punkten kann.

Die österreichische Bundesregierung setzt auf Exportförderung auch mit Soft-Loan-Krediten für die Mongolei. Das vereinfacht den Handel, vor allem in Zusammenarbeit auch mit Entwicklungszusammenarbeit. Das belebt den Handel, und es fördert auch die Reputation der Republik Österreich in dieser Region.


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Das zeigt, die Politik kann Brückenbauer sein, Brückenbauer zwischen der österreichi­schen Wirtschaft und zum Beispiel der Mongolei. Eine gute Außenpolitik ist immer auch eine exzellente Außenhandelspolitik, die beste Exportförderung für die öster­reichi­sche Wirtschaft. Damit schafft die Politik gute Rahmenbedingungen für den Erhalt von Arbeitsplätzen, für die Neuschaffung von Arbeitsplätzen. Das ist eine sehr gute Außenpolitik, auch in der besten Tradition von Bruno Kreisky. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.50


Präsident Karlheinz Kopf: Herr Klubobmann Ing. Lugar spricht als Nächster. – Bitte.

 


20.50.41

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich werde es kurz machen.

Ich glaube, dieses Abkommen mit der Mongolei zeigt ganz deutlich, wie doppelzüngig die Politik funktioniert. Das ist ein Land, das foltert, das die Menschenrechte mit Füßen tritt, das zugegebenermaßen jetzt die Todesstrafe abgeschafft hat, aber immer noch nichts von Schwulenrechten hält oder sonst die Menschenrechte achtet. Das ist ein Land, das keinen einzigen Flüchtling nimmt und auch noch stolz darauf ist. Das ist ein Land, das riesengroß ist, einen ganz schweren Männermangel hat, also einen Über­schuss an Frauen, und trotzdem nicht einmal einen einzigen Flüchtling nimmt, weil sie sagen, sie wollen mit der Genfer Flüchtlingskonvention nichts zu tun haben. Das habe ich original und im O-Ton vom mongolischen Botschafter so gehört.

Dieses Land ist reich an Rohstoffen, es gibt dort wirtschaftliche Perspektiven, und deshalb schmeißt man einfach alles über Bord, was man sonst immer wieder ins Treffen führt, wenn man über Ungarn spricht, das auch seine Eigenständigkeit wahren will. Da ist es plötzlich böse, das darf man natürlich nicht. Aber wenn die Mongolei, die ja, wie der Herr Ertlschweiger gesagt hat, so reich an Rohstoffen ist und so viele Chancen bietet, das macht, dann wird das alles einfach über Bord geworfen. Genauso wie bei Saudi-Arabien, das auch machen kann, was es will. Hauptsache es wird fest gehandelt, und alle sind glücklich. Und das ist diese Doppelzüngigkeit, diese unehr­liche Politik, die hier betrieben wird.

Deshalb kommen Sie mir nicht mit Menschenrechten und mit den europäischen Wer­ten, denn wenn es um den Mammon, um das Geld geht, dann sind die europäischen Werte nichts wert! – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

20.52


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist ge­schlossen.

Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1085 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Wer stimmt dem zu? – Das ist mit Mehrheit angenommen.

20.53.0312. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1148 d.B.): Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Kosovo zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung (1163 d.B.)

 


Präsident Karlheinz Kopf: Wir kommen zum 12. Punkt der Tagesordnung.


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Ich darf allerdings gleich darauf aufmerksam machen, dass nach nur drei Rednern die nächste Abstimmung anstehen wird.

Es gibt keine mündliche Berichterstattung.

Erste Rednerin: Frau Dipl.-Kffr. Pfurtscheller. – Bitte.

 


20.53.44

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer an den Bildschirmen! Wie der Herr Präsident gerade vorgelesen hat, befassen wir uns mit der Erklärung der Republik Österreich über den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Kosovo zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung. Dieses Übereinkommen wird auch Haager Beglaubigungs­überein­kommen genannt. Der Titel ist ziemlich sperrig, und deswegen möchte ich ganz kurz erklären, worum es dabei geht.

Das multilaterale Haager Beglaubigungsübereinkommen regelt die Anerkennung aus­län­discher Urkunden durch die sogenannte Apostille. Unter einer Apostille kann man sich eine vereinfachte Form der Legalisation von öffentlichen Urkunden für den inter­nationalen Rechtsverkehr vorstellen. Auf gut Deutsch: Die Apostille ist eine Echtheits­bestätigung von Urkunden und erleichtert die Anerkennung von ausländischen Urkun­den im gegenseitigen Austausch oder in der gegenseitigen Zusammenarbeit.

Neben Österreich sind bisher mehr als hundert weitere Staaten diesem Haager Beglaubigungsübereinkommen beigetreten, unter anderem auch die Republik Kosovo im Jahr 2015.

Es geht uns nun in dieser Erklärung darum, dass Österreich die Republik Kosovo für eine derartige Zusammenarbeit nicht für reif hält und daher Einspruch erheben muss. Grund dafür ist, dass leider doch noch etwas Korruption im Kosovo nicht auszu­schließen ist und dass es auch nicht auszuschließen ist, dass es unter Umständen im Kosovo noch zu Urkundenfälschungen kommen könnte.

Laut Transparency International nimmt die Republik Kosovo auch nur Platz 103 von 197 geprüften Staaten ein. Wir sehen daher leider ein sehr hohes Risiko bei der Aus­stellung von zum Beispiel Pässen, Wohnsitzbescheinigungen, Geburts- und Heirats­urkunden, Nachweisen über Bildungsabschlüsse und so weiter. Es könnte also durch­aus sein, dass solche Unterlagen eventuell auch auf dem Schwarzmarkt käuflich erworben werden können.

Würden wir diesen Einspruch nicht erheben, fiele zum Beispiel für unsere Botschaft in Priština die formale Kontrollmöglichkeit weg und kosovarische Urkunden müssten ohne Prüfung anerkannt werden. Neben Österreich plant zum Beispiel auch Deutschland, wegen der Urkundenunsicherheit Einspruch zu erheben.

So werden wir uns nun bei der Abstimmung für diese Erklärung aussprechen, möchten aber natürlich unserer Hoffnung Ausdruck verleihen, dass sich die Situation im Kosovo verbessert und wir das in Zukunft dann nicht mehr brauchen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

20.57


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hermann Krist.

 


20.57.05

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Manches hat meine Vorrednerin schon erwähnt, dennoch wiederhole ich es gerne.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 247

Durch den Einspruch gegen den Beitritt der Republik Kosovo zu diesem Überein­kommen soll verhindert werden, dass kosovarische Urkunden, die mit einer Apostille versehen sind, ohne weitere Kontrolle hinsichtlich Echtheit und inhaltlicher Richtigkeit in Verfahren vor Inlandsbehörden als Beweismittel zugelassen werden. Ich möchte aber betonen, dass dieser Einspruch gegen den Beitritt der Republik Kosovo zu die­sem internationalen Übereinkommen nicht als Akt gegen den Kosovo zu verstehen ist. Anhand dieses Einspruches wird nur deutlich, dass bei unseren Nachbarn im Kosovo noch einige Reformen geschehen müssen und dieses Land auch weiterhin unsere Unterstützung braucht.

Meine Damen und Herren! Der Korruptionsindex wurde gerade zitiert: 103. Stelle. Diese hohe Korruption und das geringe Einkommensniveau im Kosovo erhöhen das Risiko, dass Urkunden mit unrichtigem Inhalt käuflich erworben werden können. Das kann beispielsweise im Personenstandswesen wie etwa bei der Ausstellung von Pässen sehr problematisch sein. Ist so eine Urkunde mit einer gekauften Apostille versehen, fällt die formale Kontrollmöglichkeit durch die örtlich zuständige österreichi­sche Vertretung weg. Durch die Beibehaltung der vollen diplomatischen Beglaubigung wollen wir daher unseren Rechtsraum vor gekauften, falschen oder nicht korrekten Urkun­den schützen. Gleichzeitig soll es auch ein Signal an betroffene Staaten, in diesem Fall eben den Kosovo, sein, sich positiv weiterzuentwickeln und die Rechts­sicherheit weiter voranzutreiben. (Präsidentin Bures übernimmt wieder den Vorsitz.)

Die Stabilität und die Rechtsstaatlichkeit am Balkan sind für uns von großer Bedeu­tung. Österreich unterstützt im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit seit vielen Jahren zum Beispiel den Aufbau eines modernen Hochschulsystems im Kosovo. In die Bildung zu investieren ist nicht nur in Österreich sehr wichtig, sondern grundsätzlich ein wichtiger Baustein, um die staatlichen Strukturen auf Dauer zu festigen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.59


Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


20.59.17

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde das wirklich fein, dass hier im Parlament ver­sucht wird, diplomatisch zu argumentieren, gerade auch was den Kosovo anbelangt. Das finde ich sehr gut und sehr positiv. Dennoch ist aber zu sagen, dass es einfach Fakt ist, dass auch Transparency International, wie schon erwähnt, dem Kosovo im Korruptionsindex keine guten Noten ausstellt und dass daher die Beglaubigung öffentlicher Urkunden beziehungsweise die Kontrolle der Beglaubigung öffentlicher Urkun­den natürlich weitergeführt werden muss.

Deshalb ist es auch wichtig, dass dieser Einspruch hier klar beschlossen wird, weil das dann einfach Außenpolitik mit Rückgrat bedeutet. Gleichzeitig muss aber auch geschaut werden, dass der Kosovo gerade dort, wo er Probleme hat, vonseiten Österreichs unterstützt werden kann – er soll dabei auch unterstützt werden. Gerade wenn es darum geht, die Korruption tatsächlich zu vermeiden, finde ich, es ist parla­mentarische, aber auch Regierungsaufgabe, den Kosovo tatsächlich zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.00


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 248

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1148 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

21.01.0413. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1674/A(E) der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Tanja Windbüchler-Souschill, Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bedeutung der Vereinten Nationen (1164 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1651/A(E) der Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Wahl von Staaten oder deren Vertretern beziehungsweise deren Angehörigen in internationale Gremien (1166 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Wir gelangen zu den Punkten 13 und 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


21.01.53

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Bürger und Bürgerinnen! „Die Todesstrafe wider­spricht wohl dem wichtigsten Menschenrecht, nämlich dem Recht auf Leben.“ – Das waren die Worte von Ihnen, Herr Kollege Berlakovich, letztes Jahr im Februar.

Ich möchte ein anderes Zitat des Kollegen Feichtinger von der SPÖ anschließen. Er ist heute nicht da – ich glaube, er musste kurzfristig seinen Sitz räumen (Abg. Lopatka: Er kommt wieder!), aber er kommt, wie ich meine, wieder zu uns zurück. Er beteuerte – und ich zitiere ihn –, es „wird das offizielle Österreich nicht nachlassen, (…) alles zu tun, damit die Todesstrafe weltweit abgeschafft wird“. Anlass dieser beiden Statements war die Verabschiedung – damals, im Februar 2015, vor eineinhalb Jahren – eines Entschließungsantrages mit dem Titel „Bewahrung der Vorreiterrolle Österreichs zur Abschaffung der Todesstrafe“.

Die Begründung über zwei Seiten war ziemlich lang, aber der Anlass war, dass man Angst hatte, dass ein gewisser Rückfall erfolgte, denn nach Jahren des Fortschritts war im Jahr davor die Zahl der Hinrichtungen um 15 Prozent gestiegen. Die Entschließung wurde auch einstimmig angenommen.

Was ist seitdem passiert? – Leider nichts Gutes. Auf der internationalen Ebene hat sich die Zahl der Staaten, die die Todesstrafe vollstrecken, um drei auf 25 erhöht, vor allem aber ist die Zahl der Hinrichtungen weltweit geradezu explodiert, um plus 54 Prozent auf den höchsten Stand seit 25 Jahren. Mehrere Staaten, die ein Moratorium ausge­sprochen hatten, haben dieses ausgesetzt, allen voran Pakistan, das gleich ein paar hundert Leute hingerichtet hat. Andere Staaten spielen mit dem Gedanken, die Todesstrafe wieder einzuführen, zum Beispiel letztens die Philippinen, aber auch ein Nachbarland wie zum Beispiel Ungarn. Also es droht leider eine gewisse Trendumkehr.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 249

Was ist in Österreich geschehen? – Trotz des Entschließungsantrages habe ich per­sönlich keine Intensivierung der Bemühungen wahrgenommen, hier mehr zu tun. Seitens des Außenministeriums wird immer wieder betont: Ja, es wird interveniert, bilateral, bei Besuchen und so weiter! Auf der Homepage des BMEIA findet man einen Absatz zur Todesstrafe, in dem beteuert wird, dass das eine Priorität ist. Aber wenn man im Kapitel Menschenrechte weitersucht, so sieht man, es werden dort neun Prioritäten aufgelistet und die Abschaffung der Todesstrafe kommt unter diesen Prioritäten nicht vor.

Na gut, das ist für mich ein halbherziger Einsatz, der aber nicht überraschen sollte, denn der Entschließungsantrag war auch ziemlich schwach und bestand eigentlich aus einer Aneinanderreihung von Worthülsen, von bestenfalls unverfänglichen bis weit­gehend inhaltsleeren Forderungen, also von einem Push kann nicht geredet werden. Ich werde nicht alles vorlesen, aber ein paar Beispiele daraus: 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Initiativen (…) voranzutreiben, (…) für ein Moratorium zu werben“ und mit „zivilgesellschaftlichen Organisationen“, die für die Abschaffung der Todesstrafe arbeiten, „zusammenzuarbeiten und diese (…) zu unter­stützen“. – No na!

Ich habe ein bisschen recherchiert, und interessant ist eigentlich, dass ich einen fast wortgleichen Entschließungsantrag aus dem Februar 2012 gefunden habe und dann – noch weiter zurück – noch einmal einen aus dem Dezember 2010. Darin wurde die Bundesregierung aufgefordert, sie möge doch China an die völkerrechtlichen Verpflich­tungen erinnern oder vielleicht Russland auffordern, das Dreizehnte Zusatzprotokoll zur EMRK zu unterzeichnen – also alles nur sehr halbherzige Wiederaufwärmversuche einer doch sehr dünnen Suppe.

Deshalb haben wir NEOS einen Entschließungsantrag eingebracht, der konkrete, sicht­bare, mutige Schritte im Sinne der eingangs erwähnten Statements der Kollegen Berlakovich und Feichtinger forderte. Und zwar ging es um Folgendes: erstens, dass das Außenministerium die Liste der Länder, die die Todesstrafe noch vollstrecken, einfach auf seiner Homepage bringt. Diese Liste kann man natürlich auch bei Amnesty International oder bei Human Rights Watch finden, aber es ist schon etwas anderes, wenn diese Liste auf der Homepage eines Außenministeriums gefunden wird. Zweitens verlangen wir, dass Österreich bei der Wahl von Ländern in den leitenden Gremien von internationalen Organisationen diesen Ländern die Stimme verweigert.

Ich möchte schon betonen, worum es geht: Es geht nicht um Sanktionen, es geht nicht um den Abbruch der diplomatischen Beziehungen, es geht nicht einmal um eine Ver­rin­gerung der wirtschaftlichen Beziehungen, was die Grünen in diesem Zusammen­hang immer wieder fordern, sondern es geht nur darum, dass Österreich von vorn­herein klarstellen würde, dass zum Beispiel Saudi-Arabien auf keinen Fall die öster­reichische Stimme bei der Wahl in den Menschenrechtsbeirat bekommen würde, wie es vielleicht vor ein paar Jahren der Fall war; wir wissen es nicht genau.

Es ist natürlich zutiefst enttäuschend, dass dieser Antrag mit der Begründung seitens der Kollegin Bayr, er sei zu weit gehend, abgelehnt wurde, denn wir können doch nicht zwei ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates a priori die Stimme verweigern, nämlich China und den USA, die die Todesstrafe haben. Die anderen haben sie nicht. (Abg. Bayr: Drei!) Russland hat sie de facto abgeschafft – also drei, meinetwegen.

Ich frage: Warum denn nicht? Trauen wir uns nicht? Wir maßen uns ja kein Vetorecht an, es gibt auch weiterhin noch 200 Mitglieder der Vereinten Nationen, die diesen Mörderstaaten durchaus ihre Stimme geben können, wenn sie es wollen. Ist uns die Abschaffung der Todesstrafe doch nicht so wichtig, dass wir nicht bereit sind, auf


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 250

Länder wie China, die USA oder Saudi-Arabien sanften diplomatischen Druck aus­zu­üben? – Anscheinend nicht!

Das war übrigens eine Begründung, der sich zu meiner großen Überraschung auch die Grünen angeschlossen haben, und so erlebten wir, dass konkrete, meines Erachtens verhältnismäßige, nachvollziehbare und auch sichtbare Maßnahmen im Kampf gegen die Todesstrafe abgelehnt wurden. – So viel zum Versprechen, alles zu tun, so viel zu unserer Glaubwürdigkeit.

Stattdessen werden wir heute die x-te Auflage eines völlig zahnlosen Placebo-An­trages Marke SPÖVP beschließen: dieselben Floskeln wie vor eineinhalb Jahren, wie vor vier Jahren, wie vor sechs Jahren in leicht abgeänderter Reihenfolge, also eine Variation zum Thema Belanglosigkeit.

Daher richte ich den Appell von hier aus direkt an dich, Herr Bundesminister Kurz: Legen wir doch im Kampf gegen die Todesstrafe bitte den nächsthöheren Gang ein! Leben wir das Bekenntnis, wonach – ich zitiere dich – „die weltweite Abschaffung der Todesstrafe (…) von oberster Priorität für die österreichische Außenpolitik“ ist. – Zitatende.

Setzen wir zusätzlich zu den bilateralen Gesprächen, die du regelmäßig führst, mutige und nach außen sichtbare Zeichen! Belassen wir es nicht bei mahnenden Worten, sondern setzen wir auch Taten, um zu beweisen, dass die österreichische Außenpolitik nicht nur von wirtschaftspolitischen Interessen, sondern auch von Werten geleitet ist. – Danke vielmals. (Beifall bei den NEOS.)

21.09


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Lopatka. – Bitte.

 


21.09.25

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Vavrik hat in dieser Frage für mich eine hohe Glaubwürdigkeit, trotzdem muss ich eingangs Folgendes sagen: Würden wir dem Ansinnen der NEOS folgen, würden wir meiner Meinung nach hier einen über­schießenden Akt setzen, der uns auch innerhalb der 28 EU-Mitgliedstaaten in eine Son­dersituation bringen würde.

Wir müssen alles tun, dass die Todesstrafe geächtet wird, da bin auch ich hundert­prozentig der Meinung der NEOS, auf der anderen Seite können wir nicht an dieser einzigen Frage festmachen, wer dann in wichtigen internationalen Organisationen – es ist vorhin schon angesprochen worden – vertreten sein darf. Das ist unsere Position.

Und es sind keine Placebo-Beschlüsse, die wir fassen. Ich glaube, Österreich hat eine hohe Glaubwürdigkeit, wenn es um den Kampf gegen die Todesstrafe geht, und es ist auch gut, dass wir uns hier im Hohen Haus mit dieser Frage beschäftigen.

Bei dieser Debatte geht es aber nicht nur um diese Frage, sondern es geht auch um die Vereinten Nationen insgesamt. Und es ist gut, dass wir vor ganz kurzer Zeit hohen Besuch hatten: Am 28. April war ja der erste Gast gemäß der neuen Geschäftsord­nung, die wir uns gegeben haben, Ban Ki-moon, Generalsekretär der Vereinten Natio­nen, und er hat hier das Wort ergriffen und von uns stärkere internationale Solidarität eingefordert.

Seit dem 28. April ist es eigentlich in keinem Bereich besser geworden, wenn ich an die globalen Herausforderungen denke, was Flüchtlingsströme betrifft – 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht –, wenn es um den Kampf gegen islamistischen Terror geht, ob in den USA, in Orlando oder, wie zuletzt, jetzt in Paris. Das ist eine


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 251

riesige Herausforderung. Da sehen wir, dass gemeinsames Vorgehen, wenn möglich unter dem Dach der UNO, unersetzbar und notwendiger denn je ist.

Wenn es um Fragen der Menschenrechte geht, wenn es darum geht, friedenserhal­ten­de Maßnahmen zu setzen, aber auch, wenn es um die große Klimafrage geht, sind die Vereinten Nationen von ihrer Bedeutung her in einer Position, wie sie es niemals zuvor waren.

Österreich sollte da nur an die gute Tradition anschließen, die uns auszeichnet: wenn es um UNO-Einsätze gegangen ist, um Einsätze der UNO-Blauhelme. Da waren wir von Anbeginn an dabei. Zurzeit sind 100 000 UNO-Blauhelme in 16 Friedensope­ratio­nen im Einsatz.

Betreffend internationale Verträge hat UN-Generalsekretär Ban Ki-moon davon ge­sprochen, dass im Sprachschatz der Internationalen Gemeinschaft „Wien“ gleichbe­deutend ist mit globalem Handeln. Er hat die Wiener Menschenrechtserklärung, das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht, das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge erwähnt und er hat von Wien auch als Ort gesprochen, wo historische Einigungen getroffen werden. Die letzte war ja jene betreffend die Atomeinigung mit dem Iran. Wir alle können nur hoffen, dass bei den Syrienge­sprächen am Ende ein Ergebnis möglich ist, das tatsächlich in Richtung Frieden weist.

Daher sage ich: Die erste Frage, die vom Kollegen Vavrik angesprochen worden ist, ist eine wichtige Frage. Wir alle sind verpflichtet, wo immer wir können, alles zu tun, um die Todesstrafe – vielleicht erleben wir es noch – weltweit abzuschaffen. Auf der ande­ren Seite ist es aber genauso wichtig, dass Österreich und insbesondere Wien als Brückenbauer diese Aufgabe jetzt und auch in Zukunft wahrnimmt, die uns in den letzten Jahrzehnten ausgezeichnet hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.14


Präsidentin Doris Bures: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort. – Bitte.

 


21.14.31

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Im Prinzip kann ich mich den Worten des Vorredners anschließen, ich möchte nur noch einen Gedanken in der kurzen Zeit, die mir für diese Diskussion zur Verfügung bleibt, hinzufügen, und zwar: In gewissen Abstän­den wird immer wieder über die Wirkungsfähigkeit, über die Funktionsfähigkeit der UNO gesprochen. Sie hat ein vielfältiges Terrain, ob das jetzt im Bereich der Flüchtlinge ist, ob das im Bereich der Friedenserhaltung ist, ob das in all diesen Bereichen ist, die von größter Bedeutung sind, aber es ist schon so, dass, wenn man an den UNO-Sicherheitsrat denkt, manchmal über die Repräsentativität der Zusam­men­setzung, über das Vetorecht, das ja eingesetzt werden kann, immer wieder berechtigte Diskussionen geführt werden.

Wenn wir die Fotos von den G 7 sehen, dann stellen wir uns oft die Frage, welche in letzter Zeit mächtiger gewordenen Wirtschaftsnationen eigentlich nicht bei diesem Treffen der G 7 sind. Man könnte sich genauso die Frage stellen, wer eigentlich im Sicherheitsrat fehlt und dort auch eine Bedeutung haben sollte, um an diesen Meinungsbildungsprozessen anzusetzen.

Ich kann mich noch gut an die Rede des Dominique de Villepin erinnern, als, wie sich später herausgestellt hat, diese Lügengeschichten zwecks Legitimierung des Irakkrie­ges präsentiert wurden. Auch diese Frage, wo die UNO umgangen wird, wo man gar nicht primär Rücksicht nimmt auf diese doch moralische und politische Autorität der UNO, gehört behandelt.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 252

Es gibt also viele Dinge, die es zu diskutieren gilt und über die man in Zukunft nach­denken sollte. Dafür sollten wir uns einmal Zeit nehmen und nicht nur den Stellenwert der UNO hinterfragen und uns nicht nur freuen, wenn Ban Ki-moon hier in Wien ist, sondern – weil wir einer der Amtssitze der UNO sind, weil wir in Wien uns anbieten, ob das jetzt für Friedensgespräche betreffend Syrien ist, ob Wien jetzt auch für diese Iran-Diskussion und diese Iran-Verträge eine wichtige Rolle gespielt hat – vielleicht können wir uns einbringen, was diese Perspektiven betrifft, die die Funktionsfähigkeit, die Wirkungsfähigkeit der UNO durchaus stärken könnten.

Ansonsten bin auch ich der Meinung, dass das, was Kollege Vavrik hier am Anfang eingebracht hat, sicherlich aus ehrlicher Überzeugung geschieht. Ich schließe mich dem an, dass man alles unternehmen sollte, um gegen die Todesstrafe zu Felde zu ziehen. Übrigens: Am liebsten wäre mir eine globale nuklearfreie Zone, um das auch einmal gleich hinzuzufügen, was die Wichtigkeit und die Einschätzung anlangt, wir sollten nur wissen, mit welchen Kräften wir was in welchen Schritten erreichen können.

Und wenn wir uns gleichzeitig mit China, den USA und Russland anlegen sollen, Kollege Vavrik, hätte ich gerne noch einen genaueren Plan von Ihnen, wie Sie das bewerkstelligen wollen und mit welchen Auswirkungen und Wirkungen das dann stattfinden soll. (Beifall bei der SPÖ.)

21.17


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lintl. – Bitte.

 


21.17.45

Abgeordnete Dr. Jessi Lintl (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich auf den Antrag von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS betreffend Bedeutung der UNO.

Wie in diesem Antrag schon festgehalten wird, ist die UNO 70 Jahre nach ihrer Grün­dung bedeutender denn je. Sie ist die wichtigste internationale Organisation zur unpar­teiischen Friedenssicherung und Konfliktlösung, und auch die Migrationsfrage wird die Weltgemeinschaft nur international und gemeinsam lösen können. Meine Fraktion wird daher dem vorliegenden Antrag zustimmen. Ich möchte aber trotzdem einige Anmer­kungen dazu machen.

Eindeutig positiv ist die Positionierung Österreichs als Ort des internationalen Dialogs zu werten und die Stärkung Wiens als eines der vier Amtssitze der UNO. Da hat Österreich die Chance, seine Vorzüge als neutrales Land hervorzuheben. Leider wurde aber bei der Begründung des Antrags auf die von den Österreichern so geschätzte Neutralität nicht eingegangen. Offenbar ist es für den Antragsteller nicht von so großer Bedeutung. Unsere Fraktion denkt da anders: Wir sehen es als Verpflichtung, die immerwährende Neutralität Österreichs hochzuhalten und zu bewahren. (Beifall bei der FPÖ.)

Dazu gehört der Einsatz der österreichischen Blauhelme zur Friedenssicherung. An dieser Stelle möchte ich mich bei unseren Soldaten für ihren hervorragenden Einsatz sehr herzlich bedanken. Dieser Einsatz findet zum Teil unter schwierigen Bedingungen statt. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Tatsache ist aber leider, dass das Bundesheer die letzten Jahre wirklich kaputtgespart wurde. Deshalb wäre es konsequent, auch im Bereich der Auslandseinsätze zeitlich befristet zu sparen und diese auf sinnvolle Maßnahmen der humanitären Hilfe, der Katastrophenhilfe sowie der Schwerpunktbildung zu reduzieren. Ich verweise dazu auf den diesbezüglichen Antrag der FPÖ, der dem Ausschuss für Landesverteidigung bereits vorliegt und jederzeit zur Abstimmung gebracht werden könnte. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 253

Zu den weniger positiven Aspekten gehört, dass die Vereinten Nationen Probleme mit der Glaubwürdigkeit haben. Gerade im Bereich der Menschenrechte zeigte sich, dass die UNO von Mitgliedstaaten erpressbar ist. Ich möchte Ihnen gerne ein Beispiel dazu geben.

Zum UNO-Bericht über Kinder in bewaffneten Konflikten gibt es einen Annex. Dieser Annex listet Länder auf, die wegen Tötens und Versehrens von Kindern in Kriegen angeprangert werden. Laut diesem Bericht geht der Tod von 510 von insgesamt 785 im letzten Jahr in Kriegen getöteten Kindern auf das Konto jener Koalition von neun arabischen Staaten, die Saudi-Arabien anführt.

Was macht jetzt Saudi-Arabien? – Es besteht darauf, dass die Länder der saudischen Koalition im Jemen aus dem Annex entfernt werden. Die Drohung, der UNO allenfalls finanzielle Mittel zu entziehen, macht das auch möglich. Es ist also eine glatte finanzielle Erpressung, die der Glaubwürdigkeit der UNO nicht guttut.

Zuletzt möchte ich auf die Ausführungen des noch amtierenden UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon eingehen, der ja hier schon lobenswert erwähnt wurde. Er hat im Hohen Haus bei seiner Ansprache doch tatsächlich Österreich mit seinen Worten „zunehmend restriktive Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik“ kritisiert.

Diese verbale Ohrfeige, meine Damen und Herren, haben wir Österreicher uns nicht verdient. (Beifall bei der FPÖ), denn wir haben in der Vergangenheit immer wieder Flüchtlinge aufgenommen und ihnen geholfen. Ich erinnere da nur an 1956, 1968, 1991 und 1992.

Die derzeitige Migrationswelle übersteigt alle bisherigen Zahlen. Und wieder helfen die Österreicher – sowohl massive Belastungen finanzieller Art als auch soziale Span­nungen und steigende Kriminalität inklusive.

Ich meine, anstatt Attacken gegen Österreich zu reiten, sollte Herr Ban Ki-moon besser seine noch verbleibende Zeit als UN-Generalsekretär nutzen, um eine weltweite Lösung der Migrationsproblems zu finden. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Lösung dafür kann nicht allein von Europa getragen werden. Es ist an der Zeit, Solidarität von der Weltgemeinschaft einzufordern und nicht nur die von Österreich. Das nächste UN-Gipfeltreffen wird am 19. September dieses Jahres stattfinden, und es würde sich hervorragend dazu eignen, ein Millenniumsziel zur Eindämmung der Migrationsströme festzulegen. Das wäre ein würdiger Abschied aus seinem Amt Ende 2016 und gleichzeitig ein ambitioniertes Projekt für seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

21.22

 


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


21.23.27

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ban Ki-moon als Generalsekretär der UNO, die seit über 70 Jahren existent ist, hat jedes Recht dazu, Österreich ob der restriktiven Flüchtlingspolitik und MigrantInnenpolitik zu kritisieren. Natürlich hat Ban Ki-moon das Recht dazu. Genauso hat er das Recht dazu, auch die österreichische Regierung aufzufordern, mehr finanzielle Mittel für die UNO und für die UNO-Hilfsorganisationen zu leisten. Es ist genauso sein Recht – nicht nur sein Recht, sondern auch seine Auf­gabe und seine Verpflichtung als Generalsekretär dieser großen Organisation, die als einzige für Frieden und Menschenrechte steht –, ganz klar dazu Stellung zu nehmen. Und deshalb hat er auch das Recht dazu. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 254

Vonseiten des Parlaments soll und kann aus meiner Sicht – und das ist an den Kollegen Vavrik gerichtet – die Stärkung der UNO und der UNO-Hilfsorganisationen immer Teil der Auseinandersetzung sein, denn Stärkung ist etwas Wichtiges. Und wir Parlamentarier und Parlamentarierinnen sollen natürlich auch das Außenministerium und den Außenminister auffordern, in bestimmten Bahnen aktiv zu werden. Das ist unsere Aufgabe. Aber unsere Aufgaben ist es auch, klar herauszufinden, ob der Außenminister das, was wir sozusagen in Auftrag geben, auch tatsächlich umsetzt. Dafür haben wir die verschiedensten Möglichkeiten, und das ist auch einzuhalten.

Der Antrag, der hier gemeinsam eingebracht wurde, bezieht sich auf die UNO-Organi­sation, die seit 70 Jahren existiert, mit den vielen kleinen Unterorganisationen und Suborganisationen, und es geht darum, eben prinzipiell menschliche Entwicklung zu stärken. Und es geht auch darum, den Klimawandel zu bekämpfen. Herr Minister Kurz, ich hoffe, ich muss Ihnen jetzt keine SMS schicken, denn das Paris Agreement und dessen Ratifizierung waren vor Kurzem im Außenpolitischen Ausschuss nicht einmal eine Debatte wert. Jetzt gibt es diesbezüglich endlich eine Regierungsvorlage, und das freut mich sehr, denn auch unsere Umweltsprecherin Christiane Brunner hat sich da vehement dahintergeklemmt, dass dieses Agreement ratifiziert wird. In Bälde wird diese Regierungsvorlage zum Klimavertrag auch tatsächlich im Umweltausschuss behandelt werden, in der Hoffnung, dass im Juli-Plenum hier die Ratifizierung auch tatsächlich stattfindet. Das ist ein großer Schritt, den wir schon seit einigen Monaten fordern, nämlich ein großer Schritt, in Richtung Klimaschutz einen weiteren Schritt zur Erfüllung des Paris Agreement zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Es geht auch darum, den Frieden zu sichern. Dazu ist die UNO da, und das ist auch die einzige Organisation, die diese Hoffnung weltweit noch immer aufrechterhält. Herr Minister Kurz, werden Sie auch die Syrien-Kontaktgruppe wieder nach Wien einladen, wird es da weitere Gespräche geben? Gibt es da Akzente, die Sie persönlich setzen werden, dass tatsächlich auch in Syrien wieder Frieden herrscht? Das kann ja nicht etwas sein, was nur wir ParlamentarierInnen wollen, sondern etwas, was die ganze internationale Weltgemeinschaft will. Und wenn Wien und Sie den Boden bereiteten, dass die Syrien-Kontaktgruppe wieder tagt, dann wäre das natürlich ein weiterer guter Schritt.

Als vierter Punkt im Zusammenhang mit der UNO sind die Menschenrechte zu erwähnen. Aufgabe der UNO ist es, die Wahrung der Menschenrechte durchzusetzen, in all ihrer Universalität, und da geht es nicht darum, dass der Westen anderen Län­dern sagt, was denn die Menschenrechte sind und was sie zu tun haben, nein, die Menschenrechte waren schon immer universell, für jeden Menschen der gesamten Weltbevölkerung zur Unterstützung und zur Wahrung der Menschenwürde da.

Diese vier Punkte sind sehr wichtig, und deshalb ist es auch notwendig, dass es von­seiten des Parlaments solche Anträge gibt. Aber leider ist es so, dass im Antrag einmal mehr die konkreten Handlungsschritte und die finanziellen Zusagen fehlen. Sie wissen, Herr Minister – und das diskutieren wir hier sehr eingehend und sehr oft –, dass die Ausgestaltung finanzieller Mittel bedarf.

Es gab vor einer Woche eine Konferenz der UN Women in Graz, die laut artikuliert haben „we must walk the talk“, das heißt, nicht nur Floskeln in den Raum zu stellen, sondern auch die Umsetzung zu forcieren und finanzielle Mittel bereitzustellen. Es geht dabei vor allem um Frauen auf der Flucht. Wir wissen, dass in den Camps rund um Syrien gerade Frauen und ihre Kinder von großer Gewalt betroffen sind, von sexueller Gewalt, Diskriminierung, Ausbeutung, Vergewaltigungen, Zwangsverheiratungen. All das könnte eingedämmt werden, wenn wir endlich, Herr Minister, auch UN Women und UNFPA, den Bevölkerungsfonds der UNO, mit finanziellen Mitteln ausstatten würden. Die Menschen dort können den Frauen und den Kindern tatsächlich helfen, aber sie


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 255

brauchen die finanziellen Mittel dafür, die ja leider auch wieder gekürzt werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die UNO gehört gestärkt, keine Frage, aber natürlich auch die UN-Politik des öster­reichischen Außenministeriums und des Außenministers. Kollege Vavrik hat vorhin gemeint, wir hätten den Antrag, den er eingebracht hat, sozusagen lapidar abgelehnt. Das stimmt überhaupt nicht. Ich möchte diese seine Behauptung zurückweisen.

Es geht darum, dass UN-Organisationen, die menschenrechtsbezogen agieren, auch von unserer Seite ganz klar dann mit einem Veto belegt werden sollen, wenn es sich um Länder handelt, die die Todesstrafe noch nicht abgeschafft habe. Das ist ganz klar, und ich glaube, da treffen wir uns auch.

Ihr Antrag jedoch, Herr Kollege Vavrik, ist überbordend und auch schwierig umzu­setzen. Den eingebrachten Antrag des Kollegen Vavrik fokussierend, indem man ihm von unserer Seite auch eine klare Zuständigkeit in diesem Bereich gibt, bringe ich folgen­den Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend stärkeres Engagement Österreichs im Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Außenminister für Europa, Integration und Äußeres, wird aufgefordert, denjenigen Staaten und deren VertreterInnen die Unter­stützung bei Wahlen in Menschenrechts-Institutionen der Vereinten Nationen zu verwehren, die die Todesstrafe noch nicht de-iure abgeschafft oder noch kein Morato­rium zur Abschaffung der Todesstrafe eingerichtet haben.“

*****

Die Abschaffung der Todesstrafe muss oberstes Ziel in allen Belangen des Außen­ministeriums sein. Das von uns Grünen ist es, das steht außer Frage. (Beifall bei den Grünen.)

21.30


Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend stärkeres Engagement Österreichs im Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1651/A(E) der Abgeordneten Mag. Christoph Vavrik, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Wahl von Staaten oder deren Vertretern bzw. deren Angehörigen in internationale Gremien (1166 d.B.)


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 256

Begründung

Die Todesstrafe verstößt gegen das Recht auf Leben und somit gegen eines der zentralsten Menschenrechte. Obwohl die Abschaffung der Todesstrafe ein wichtiges politisches  Anliegen für die Mehrheit der Staaten weltweit darstellt und zahlreiche völkerrechtliche Abkommen die grausame Strafe verbieten, halten 58 Staaten weiterhin an der Todesstrafe fest. In diesen Ländern leben zwei Drittel der Weltbevölkerung.

2015 schafften zwar vier Länder die Todesstrafe für alle Straftaten ab. Laut Amnesty International gab es jedoch bei den Hinrichtungen eine drastische Zunahme um 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. So sollen mindestens 1.634 Menschen weltweit exekutiert worden sein. Das ist die höchste Zahl an Exekutionen, die in den letzten 25 Jahren dokumentiert wurde. 2014 waren es noch um 573 weniger. 2015 ist somit ein trauriges Rekordjahr. Für 89 Prozent aller Exekutionen sind China, Iran (mindestens  977), Pakistan (326), Saudi-Arabien (mindestens 158) und die USA (28) verantwortlich.

Die weltweite Abschaffung der Todesstrafe muss daher in der österreichischen Außenpolitik den höchsten Stellenwert  haben. Die österreichische Bundesregierung muss auch mit größtem Engagement und auf allen Ebenen den Kampf gegen die Todesstrafe führen. Es ist notwendig, dass sich die österreichische Bundesregierung vor allem in Menschenrechts-Institutionen der Vereinten Nationen, wie dem Menschen­rechtsrat, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für die völlige Abschaffung der Todesstrafe einsetzt. So sollte Österreich bei der Wahl von Staaten oder deren VertreterInnen in Menschenrechts-Institutionen der Vereinten Nationen seine Stimme keinesfalls an Staaten geben, die die Todesstrafe noch nicht de-iure abgeschafft oder noch kein Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe eingerichtet haben.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Außenminister für Europa, Integration und Äußeres, wird aufgefordert, denjenigen Staaten und deren VertreterInnen die Unter­stützung bei Wahlen in Menschenrechts-Institutionen der Vereinten Nationen zu verwehren, die die Todesstrafe noch nicht de-iure abgeschafft oder noch kein Morato­rium zur Abschaffung der Todesstrafe eingerichtet haben.“

*****

 


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


21.30.31

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Ich glaube, Österreich ist ein Garant für die UNO. Wir haben nicht umsonst den UNO-Sitz in Wien. Österreich war in der UNO immer sehr stark aktiv. Wir hatten einmal einen UNO-Generalsekretär, der dann später auch Bundespräsident war. Der hat seine Aufgabe als UNO-Generalsekretär sehr gut gemacht, das wissen wir. Im Nahen Osten ist er sehr anerkannt gewesen.

Ich glaube, dass wir als neutraler Staat ein wichtiges Land für die UNO sind, ein Land, das einen Namen in der UNO hat und das in der UNO sehr positiv erwähnt wird. Nicht umsonst ist es so, dass – und da muss ich jetzt, Herr Außenminister, Ihre Einladung positiv erwähnen – die Nahostgespräche über Syrien und so weiter in Wien stattfinden. Ich glaube, das ist keine Selbstverständlichkeit. Das ist deswegen so, weil die UNO


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Österreich vertraut. Ich glaube, dieses Vertrauen ist nicht unbegründet und dieser Antrag hat eine absolute Berechtigung; wir werden natürlich gerne dazu stehen.

Nun zum Antrag des Kollegen Vavrik betreffend die Todesstrafe: Ich habe hier Argu­mente gehört, er sei zu ausufernd und was weiß ich was, aber ich glaube, man muss einmal darüber nachdenken. Wien ist auch Sitz von Organisationen verschiedener Länder. Und vor einiger Zeit haben wir über Saudi-Arabien diskutiert, darüber, ob das Köpfen am Freitag zur Tagesordnung gehört oder nicht. Und da muss ich sagen: Wenn man da etwas verändern will und darüber diskutiert, dann muss man das auch offen ansprechen dürfen.

Ich glaube, dass die Todesstrafe keine gute Sache ist, weil sie natürlich oft miss­braucht wird, um politisch unangenehme Personen loszuwerden. Ich glaube daher, dass dieser Antrag des Kollegen Vavrik absolut seine Berechtigung hat. Was mich bei dieser Diskussion stört, ist, dass man sagt, das sei überbordend und zu weit gegriffen und dies und jenes. Ich glaube, bei der Todesstrafe dürfen wir auch einmal ein Signal setzen und Mut zeigen – als Österreich, als ein neutraler Staat, ein Staat, der mit Wien Sitz der UNO ist und der von der UNO sehr anerkannt ist. Ich glaube, man sollte schon einmal in diese Richtung ein Zeichen setzen, und deswegen würde ich meinen, dass dieser Antrag zu unterstützen ist.

Unsere Fraktion hat als einzige diesen Antrag im Ausschuss unterstützt – außer den NEOS, die ihn eingebracht haben. Ich meine, es wäre notwendig, einmal darüber nach­zudenken, ob wir nicht mit gewissen, vielleicht einmal scharfen Formulierungen einen Prozess in Gang setzen sollten, der dann vielleicht zu einem positiven Ergebnis führen würde. Deswegen werden wir diesem Antrag zustimmen.

Leider gibt es dazu einen negativen Ausschussbericht. Ich appelliere daher an die anderen Parteien, dem Antrag des Kollegen Vavrik doch zuzustimmen, vielleicht noch einmal in sich zu gehen und hier dazu beizutragen, einen Prozess zu starten, um die Todesstrafe, die oft ganz schreckliche Ausmaße annimmt und politische Gegner wirklich ausschaltet, abzuschaffen. (Abg. Zinggl: Was bedeutet, die Todesstrafe …?) – Was bedeutet das? – Das wissen Sie selber. Ich glaube, die Grünen sind die Letzten, die da dagegen schimpfen müssen, denn es bedeutet, dass die Todesstrafe missbraucht wird, um politische Gegner auszuschalten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zinggl.)

Die Todesstrafe ist sicher der falsche Weg. (Zwischenruf der Abg. Korun.) – Nein, die Todesstrafe ist in allen Ländern abzuschaffen! Ich glaube, dass dieser Antrag ganz klar in die Richtung geht, ein Signal zu setzen, dass einmal klargestellt wird, dass das der falsche Weg ist und dass man im Sinne der Menschlichkeit niemanden töten sollte, aus welchen Gründen auch immer. Das ist der richtige Weg! – Danke. (Beifall beim Team Stronach.)

21.35


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Berlakovich. – Bitte.

 


21.35.07

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, es besteht allgemein breiter Konsens, dass wir gegen die Todesstrafe sind. Das hat das Hohe Haus hier schon mehrmals eindeutig gesagt. Es geht einzig und allein um den Antrag, bei dem wir die Meinung hinsichtlich des Mittels dazu nicht teilen, weil wir der Meinung sind, dass es nicht sinnvoll ist, so wie die Idee Ihres Antrages es vorsieht. Wir meinen, dass ein sehr mühsamer Prozess – in vielen unendlichen Ge-


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sprächen und Aktionen – notwendig ist, um selbiges zu erreichen. Das Mittel, das Sie konkret vorschlagen, halten wir, bei allem Respekt, nicht für sinnvoll.

70 Jahre Vereinte Nationen – heute zeitloser denn je! Die Bedeutung der Vereinten Nationen ist größer, als sie es jemals war, weil die Vereinten Nationen eine Plattform für Staaten bieten, die mitunter kriegerische Auseinandersetzungen gegeneinander führen. Daher ist es sinnvoll – und oft wird das unterschätzt –, dass dort Streitparteien zusammenkommen können und zumindest eine Basis für das Gemeinsame haben. Es ist wichtig, dass man Orte beziehungsweise Begegnungsräume schafft, wo Konfliktpar­teien zusammenkommen können, sozusagen auf neutralem Boden. Das sind die Vereinten Nationen, die UNO. Das ist aber auch Österreich, insbesondere Wien. Und es ist ein Verdienst unseres Außenministers Sebastian Kurz, dass hier die Gespräche zu den Atomverhandlungen betreffend Iran sehr erfolgreich abgeschlossen wurden und dass bei den Gesprächen über Syrien die Konfliktparteien an einen Tisch gebracht wurden. Da waren Wien und Österreich als ideale Begegnungsorte Brückenbauer. Das ist ein wichtiger Beitrag für die Völkerverständigung und für die Friedenssicherung.

Klubobmann Lopatka hat Ban Ki-moon zitiert. Ich darf dieses Zitat ergänzen mit der Aussage von Ban Ki-moon, als er hier im Hohen Haus gesagt hat, Wien sei ein Dreh- und Angelpunkt für die Tätigkeit der Vereinten Nationen. Das ist vor allem in Bereichen der Kernenergie, der Drogen- und Verbrechensbekämpfung und der industriellen Entwicklung der Fall. Sie kennen sicher alle die vielen internationalen Organisationen, die im Rahmen der UNO hier bei uns tätig sind: die Internationale Atomenergie-Organisation, die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung und viele andere mehr. Inklusive OSZE und andere internationale Organisationen außer­halb der UNO bedeutet das sehr viel Positives.

Die Intentionen der Vereinten Nationen sind zeitlos. Dazu gehören die Aufgaben, den Frieden zu sichern und eine Lösung für globale Probleme zu erreichen. An den Vereinten Nationen wird aber gleichzeitig auch Kritik geübt. Bei vielen UNO-Klima­konferenzen habe ich erlebt, wie mühselig es ist, etwas zu erreichen, da über Jahre hinweg nur wenig weitergeht; meine Vorrednerin Windbüchler-Souschill hat auch darauf verwiesen. – Das ist ganz klar, weil es ein Einstimmigkeitsprinzip gibt. Das kann man natürlich kritisieren.

Nur: Andererseits muss ich ehrlich sagen, es wäre mir nicht recht, wenn ein paar große Staaten der Welt über uns als kleines Österreich oder über andere Staaten entschei­den würden. Es hat dort, wie ich es erlebt habe, Papua-Neuguinea dasselbe Stimm­recht wie China oder Indien. Ich halte es prinzipiell für richtig, wenn Staaten dort in gleichrangiger Weise zusammenkommen. Dass dadurch politische Prozesse mühsa­mer sind, wie zum Beispiel betreffend den Klimaschutz – bei der Biodiversität ist es dann in relativ kurzer Zeit erreicht worden –, ist klar, aber es ist jedenfalls sinnvoll, es so zu machen. Die Erfolge der Millenniumsziele geben uns recht.

Ich hoffe, dass die Agenda 2030, die Sustainable Development Goals, ebenfalls von Erfolg gekrönt ist, um Hunger und Armut und andere gefährliche Dinge in der Welt zu bekämpfen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.38


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


21.38.46

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! – Der Herr Minister ist uns abhandengekommen. – Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Thema Todesstrafe möchte ich hier noch eine internationale Organisation erwähnen, die sich im Kampf gegen die Todesstrafe unbeirrt und immer wieder sehr massiv eingesetzt hat, und zwar


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den Europarat. In den 47 Mitgliedstaaten des Europarates wird die Todesstrafe, auch wenn sie dort nicht überall abgeschafft wurde, nicht mehr exekutiert. Und das ist gut so.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch einen Namen nennen beziehungsweise ein Mitglied des Europarates erwähnen, das sich in diesem Bereich wirklich Verdienste erworben hat. Das ist die Liechtensteinerin Renate Wohlwend, die gegen die Todes­strafe nicht nur einen Bericht verfasst hat, sondern auch in Ländern wie den USA und Japan war, um auf diesen Missstand entsprechend hinzuweisen.

Nun zu den Vereinten Nationen. – Dass die Universalität der Menschenrechte in den Vereinten Nationen mehr als verankert ist, dass die Mitglieder der Vereinten Nationen sich diesen Menschenrechten verpflichtet fühlen, das versteht sich wohl von selbst. Dass die UNO in Zeiten wie diesen, in denen so viele Menschen auf der Flucht sind – wir haben immer wieder gehört, 60 Millionen Menschen befinden sich auf der Flucht –, sehr notwendig ist, um friedensschaffende Maßnahmen zu setzen, ist selbstver­ständlich. Dass die UN-Resolution 1325, wodurch auch Frauen ein entsprechender Platz im Zusammenhang mit friedensschaffenden Maßnahmen eingeräumt wird, be­schlossen wurde, ist auch ein wichtiger Beitrag.

Es wurde schon erwähnt, dass Wien eine große Rolle spielt. Dass Wien neben New York, Genf und Nairobi vierter Amtssitz der Vereinten Nationen ist, ist neben der wichtigen menschenrechtlichen Situation auch ein sehr wichtiger Beitrag für die wirtschaftliche, für die ökonomische Prosperität innerhalb Österreichs und für das Ansehen Österreichs auch in der Welt.

Syrien, Iran wurden schon erwähnt.

Als letzten Punkt möchte ich noch erwähnen, dass diesmal das erste Mal die Chance besteht – acht Kandidaten haben sich als neuer UN-Generalsekretär/neue UN-Gene­ral­sekretärin beworben –, weil es ein neues Verfahren gibt, das demokratischer sein wird als das ursprüngliche, wonach nur der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wählt, dass endlich erstmals eine Frau zur UN-Generalsekretärin gewählt wird. Ich hoffe, dass die zweite Hälfte der Menschheit auch einmal zum Zug kommt (Abg. Lopatka: Morgen beim Rechnungshof!), und das nicht nur beim Rechnungshof. Ich hoffe, Sie sind da auch so aktiv, Herr Klubobmann Lopatka (Abg. Lopatka: Da habe ich wenig Einfluss bei der UNO!), dass wir auch da den Frauen zum Durchbruch verhelfen. Das wäre eine wichtige Maßnahme, weil Frauen nämlich auch einen anderen Zugang zu den verschiedenen wichtigen Themen unserer Zeit, nämlich zu Frieden und Menschenrechten, haben. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

21.42


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


21.42.14

Abgeordneter Dr. Andreas F. Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Das Gewicht Österreichs in Bezug auf Außenpolitik oder im internationalen Konzert hängt natürlich damit zusammen, dass wir ein UNO-Staat sind, zweifelsohne. Es hängt auch damit zusammen – habe ich Ihnen auch schon gesagt –, dass die eine oder andere Konferenz, die von Erfolg gekrönt war, hier in Wien abgehalten worden ist. Es hängt aber auch damit zusammen, dass nachgereiht internationale Konferenzen stattfinden, und somit hängt es auch davon ab, wie wir diese beschicken. Es haben mir immer wieder – weil wir Opposition sind, hören wir diese Beschwerden – österreichische Spit­zenbeamte, die für die UNO oder auch für die EU arbeiten, mitgeteilt, dass Österreich da sehr oft unterrepräsentiert ist. Als Beispiel ist mir die Europa-Afrika-Konferenz in


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Brüssel genannt worden. Dort sind Regierungschefs angetanzt, von Afrika sowieso, aber auch von Europa – und Österreich ist dort nur mit einem Botschafter vertreten gewesen.

Gefahr besteht auch im Verzug, sage ich jetzt, wenn im Juli – wie vorhin im Zusam­menhang mit der Mongolei erwähnt – in Ulan-Bator der Asien-Europa-Gipfel stattfindet, für den angekündigt und bestätigt ist, dass die deutsche Kanzlerin kommt, dass die Premierminister aus England und aus Frankreich kommen, und Österreich zwar irgendwie angedeutet hat, es werde diesmal ein bisschen prominenter auftreten, aber bis heute noch keine tatsächliche Nominierung vorgenommen hat. Das ist insofern schade, als dass nicht nur diese einzelnen Länder, wo diese Konferenzen stattfinden, sondern die ganzen Regionen das sehr, sehr ernst nehmen und sehr, sehr genau beobachten, wie wir dort auftreten, und, falls wir so lax damit umgehen, das als eindeu­tige Brüskierung gesehen wird.

Deswegen mein Appell, Herr Minister: Sie sind der Außenminister – natürlich können Sie den Herrn Bundeskanzler anstoßen, da tätig zu sein!

Zur Todesstrafe ein wichtiger Punkt, es ist schon sehr viel darüber gesagt worden: Aus humanitärer und humanistischer Sicht ist es beschämend, dass weltweit immer noch knapp 100 Regierungen die Todesstrafe für ein probates Mittel halten, um Ordnung und Gerechtigkeit in ihren Staaten zu garantieren. Abgesehen davon, dass es höchst fraglich ist, ob Sterben per Gesetz potenzielle Täter tatsächlich abschreckt, sind Hinrichtungen einer aufgeklärten Gesellschaft unwürdig.

Es gibt gottlob weltweit den Trend zur Abschaffung, der nicht mehr umkehrbar ist, dennoch ist der Kreis jener Staaten, die nach wie vor Hinrichtungen vornehmen, erschreckend groß, wobei laut jüngst veröffentlichten Statistiken die Anwendung der Todesstrafe im Jahr 2015 von zwei gegensätzlichen Entwicklungen geprägt war:

Die Zahl der Hinrichtungen nahm gegenüber dem Vorjahr um 54 Prozent zu. Mindes­tens 1 634 Menschen wurden weltweit exekutiert. Das waren 573 mehr als noch 2014 und ein Rekord innerhalb der letzten 25 Jahre. Andererseits schafften vier Länder die Todesstrafe für alle Straftaten ab, und das ist, jetzt bezogen auf das letzte Jahrzehnt, der größte Sprung vorwärts auf dem Weg zu einer Welt ohne Todesstrafe.

Der Weg ist noch lang. Bis heute haben 102 Staaten die Todesstrafe vollständig abge­schafft, sechs Staaten sehen sie nur mehr für außergewöhnliche Vergehen wie Kriegs­verbrechen vor, und 32 Staaten haben Hinrichtungen zwar in der Praxis, nicht aber dem Gesetz nach abgeschafft. Umso erfreulicher ist es, dass alle hier im Haus vertretenen Fraktionen offensiv für die Abschaffung der Todesstrafe eintreten. Aller­dings gehen die Meinungen darüber, wie das zu erreichen sei, auseinander.

Der Antrag der NEOS, der heute besprochen wird, ist ambitioniert, aber – Sie wissen ja, wir haben das schon im Ausschuss gesagt – nicht praktikabel. Wir werden ihm nicht zustimmen können, weil er einfach weltfremd, lebensfremd ist. Österreich kann nicht darauf drängen, dass den größten Staaten in der UNO das Stimmrecht entzogen wird, damit machen wir uns lächerlich. Das wäre, wie gesagt, ein nettes Ansinnen, ehrenhaft, aber in der Praxis schlicht und einfach nicht umsetzbar.

Dem dem Ausschussbericht angeschlossenen Selbständigen Entschließungsantrag betreffend aktive Mitwirkung Österreichs bei der weltweiten Abschaffung der Todes­strafe, dem im Ausschuss auch meine Fraktion beigetreten ist, werden wir naturgemäß auch hier zustimmen. Er sieht im Wesentlichen vor, die Initiativen der Vereinten Nationen für die weltweite Ächtung der Todesstrafe voranzutreiben und jene Länder, welche die Resolution für ein weltweites Moratorium von Hinrichtungen bisher nicht unterstützt haben, zu einem Umdenken zu bewegen. Wir sind uns darüber im Klaren,


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dass Papier natürlich geduldig ist – das ist eine von unendlich vielen Resolutionen dazu –, der Weg, an dessen Ende die endgültige Abschaffung der Todesstrafe steht, mag jetzt noch lang und steinig sein, aber ein Anfang ist allemal gesetzt, und das ist gut so. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.47


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


21.47.31

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vereinten Nationen waren vielleicht noch nie so wichtig wie heute. – Auch wenn dieser Satz vielleicht auf den ersten Blick etwas – soll man es so sagen? – melodramatisch klingt, so ist er doch mit einem Blick auf die – wenn man es so bezeichnen kann – Aus­einandersetzungslandkarte so genau richtig. Es gibt vielleicht mit Ausnahme von Australien keinen Kontinent ohne Kriegs- und Krisengebiete mit all seinen Auswirkun­gen. Die Vereinten Nationen mit ihrem – ich würde fast sagen – so breiten Portfolio sind genau deshalb unverzichtbar. Aus diesem Grund erfolgt auch der Vier-Parteien-Antrag genau zum richtigen Zeitpunkt. Darin wird an die Bundesregierung appelliert, die Arbeit der UNO als zentrales Element der österreichischen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik weiterhin aktiv zu unterstützen. Der Amtssitz Wien, darauf wurde bereits unter Tagesordnungspunkt 10 eingegangen, leistet da als eines der vier Hauptquartiere einen wesentlichen Beitrag.

Selbstverständlich bekennen wir uns zur Aufrechterhaltung des Einsatzes österreichi­scher Blauhelme im Dienst der weltweiten Friedenssicherung sowie zur nuklearen und konventionellen Abrüstung.

Auf zwei Arbeitsgebiete der UNO, die auch mit dem Amtssitz Wien zu tun haben, möchte ich besonders eingehen. Das Thema Abrüstung und Nichtverbreitung von nuk­learen, chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen sowie die Rüs­tungs­kontrolle sind zentrale Bestrebungen der internationalen Sicherheitspolitik. Schutz und Sicherheit des österreichischen Bürgers sind dabei der Ausgangspunkt des österreichi­schen Engagements. Österreich bringt sich auch federführend bei der Resolution zum Voranbringen der nuklearen Abrüstung ein und ist insgesamt Vorreiter für multilaterale Initiativen zu nuklearer Abrüstung. Dabei wird auch ein besonderer Fokus auf die humanitären Folgen eines möglichen Einsatzes von Kernwaffen gelegt. Die dritte Konferenz zu diesem Thema hat daher auch folgerichtig im Dezember 2014 in Wien stattgefunden.

Ein zweiter, aus meiner Sicht besonders wichtiger Themenbereich ist der Bereich nachhaltige Entwicklung. Mit den SDGs, also den Sustainable Development Goals, die im September 2015 in New York beschlossen wurden und die Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verfolgen, haben sich die Vereinten Nationen auf eine Art Weltzukunftsvertrag geeinigt. Mit 17 Zielen und 169 Unterzielen werden sehr ambitioniert wirtschaftliche, soziale und Umweltziele vereint, und die gelten – und auch das ist neu – für alle Staaten.

Das erste Mal in der Geschichte hat daran nicht nur die Politik, sondern auch die Wissenschaft, die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft mitgewirkt. Es braucht für eine nachhaltig gesicherte Zukunft dieses einzigen Planeten, den wir haben, eine große gemeinsame Kraftanstrengung, und dazu, meine Damen und Herren, ist die UNO unverzichtbar! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.50


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 



Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 262

21.50.38

Abgeordnete Petra Bayr, MA (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Warum die meisten Parteien gegen den Antrag des Kollegen Vavrik waren, hat Kollege Vavrik dankenswerterweise schon selbst erläutert. Ich möchte vielleicht noch eine Aktionsmöglichkeit gegen die Todesstrafe hinzufügen, nämlich die parlamentarische Diplomatie. Ich bin in einer internationalen parlamen­ta­rischen Organisation tätig, bei den Parliamentarians for Global Action, und die haben als Schwerpunkte die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und tun unter anderem ganz konkret etwas gegen die Todesstrafe.

Wir haben in den Jahren 2014 und 2015 zum Beispiel mit über 100 Parlamen­tarierIn­nen gearbeitet und darauf geachtet, dass wir sie informieren und quasi auch auf­munitionieren mit Argumenten, die sie in ihren Parlamenten gegen die Todesstrafe vorbringen können.

Wir haben zum Beispiel dazu beigetragen, dass bei der UNO-Generalversammlung, in der immer wieder über die Frage eines Moratoriums für die Todesstrafe abgestimmt wird, Suriname seine Stimme von Enthaltung auf Annahme gestellt und mittlerweile auch nationalstaatlich die Todesstrafe abgeschafft hat und Uganda von Gegenstimme auf Enthaltung gegangen ist.

Wir haben sehr viele Abgeordnete mit technischer Unterstützung, mit legistischem Know-how für den Entwurf von Anträgen in ihren Parlamenten ausgestattet. Zum Beispiel haben wir so auch dazu beigetragen, dass Togo das zweite Zusatzprotokoll zum bürgerlichen und zivilen Pakt unterschrieben hat.

Und wir unterstützen Mitglieder von PGA mit Briefen, Analysen, vorbereitenden Doku­menten in ihrer Arbeit zur Abschaffung der Todesstrafe.

Für 2016 haben wir uns vorgenommen, ganz speziell mit den Ländern Ghana, Malaysia, Tansania und Uganda zu arbeiten. Letzteres ist auch ein Schwerpunktland der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit. Ich denke, ein parlamentarischer Austausch über die Todesstrafe mit Uganda würde sich für uns in Österreich als Projekt anbieten. Wenn Sie Interesse haben, in dieser Organisation, den Parliamen­tarians for Global Action, mitzuarbeiten und aktiv zu werden, dann lade ich Sie sehr herzlich dazu ein. Viele von Ihnen haben letztes Jahr schon eine parlamentarische Petition gegen Kinderheirat unterschrieben.

Lassen Sie mich noch einen anderen Gedanken anschließen. Ich bin heute in der Früh aus den USA zurückgekommen. Dort standen natürlich seit dem Wochenende vor allem die homophoben Terrorattacken in Orlando im Mittelpunkt der Medienbericht­erstattung. Was allerdings kaum zur Diskussion gestanden ist – ja, ich habe es in den Open Society Foundations diskutiert, es ist aber nicht in den Medien zur Diskussion gestanden –, war die Frage, was denn ein laxes Waffengesetz zu solchen Taten beiträgt. Es ist jetzt juristisch natürlich vollkommen unfein, was ich sage, aber trotzdem, ethisch gesehen: In Wirklichkeit sind schlechte Waffengesetze mehr oder weniger eine Beihilfe des Staates für Todesstrafe, die Individuen vollziehen, ohne irgendwelche richterliche Beschlüsse, indem sie hergehen und Leute erschießen, sei es, weil sie LGBTI sind, weil sie Juden sind, weil sie schwarz sind, weil sie Studierende sind, weil sie Kinder am Spielplatz sind oder weil sie SchülerInnen oder KinobesucherInnen sind.

100 US-Bürger besitzen im Schnitt 88 Schusswaffen. Dieses Jahr ist 165 Tage alt, und in den USA hat es bislang 176 mass shootings gegeben. Ich glaube, auch da können wir im Inland und auch im Ausland durch die Arbeit an verantwortungsvollen Waffen­gesetzen einen riesengroßen Beitrag zu einem Weniger an gewaltsam zu Tode Kom-


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 263

menden leisten. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

21.54

21.54.08

 


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13, über die dem Ausschussbericht 1164 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Be­deutung der Vereinten Nationen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 154.)

Damit gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14, über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, seinen Bericht 1166 der Beilagen hinsichtlich des Entschließungsantrages 1651/A(E) zur Kenntnis zu nehmen.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1166 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend aktive Mitwirkung Österreichs bei der weltweiten Abschaffung der Todesstrafe.

Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen. (E 155.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend stärkeres Enga­ge­ment Österreichs im Kampf für die Abschaffung der Todesstrafe.

Wer sich für diesen Entschließungsantrag ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

21.55.5215. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1721/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Dr. Josef Cap, Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung des Friedensprozesses in der Ukraine (1165 d.B.)

 


Präsidentin Doris Bures: Damit kommen wir zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte.

 


21.56.27

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir debattieren unter dem letzten Tagesordnungspunkt des heutigen Parlamentstages einen Entschließungsantrag, eingebracht von SPÖ, ÖVP und Grünen, mit dem Ziel, den Friedensprozess in der Ukraine zu stärken.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 264

Intention, Inhalt des Entschließungsantrages ist die Ausgangssituation, dass Öster­reich 2017 in der Person des Herrn Außenministers den OSZE-Vorsitz hat, und das Parlament fordert den Außenminister auf/ersucht den Außenminister/will den Außen­minister dabei unterstützen, den Friedensprozess in der Ukraine voranzutreiben, die wesentlichen Punkte des Abkommens von Minsk vollständig umzusetzen, die Kompe­tenzen der OSZE zu stärken, die Idee einer gemeinsamen Freihandelszone der Euro­päischen Union mit Russland voranzutreiben und natürlich auch darauf zu drängen, dass die bilateralen Abkommen zwischen der Europäischen Union und Russland auf Basis vorhandener Partnerschafts- und Kooperationsabkommen umgesetzt werden.

Welche Ist-Situation haben wir? – Die Ist-Situation ist sicher sehr, sehr unbefriedigend. Der Konflikt ist nach wie vor ungelöst, wir haben mittlerweile leider 10 000 Tote, einein­halb Millionen Menschen, die aus der Region geflohen sind, der Waffenstillstand ist brüchig, der politische Prozess innerhalb der Ukraine – wo es darum geht, eine neue Ver­fassung auf den Weg zu bringen, damit man auch in den betroffenen Regio­nen Wahlen durchführen kann, dass man die Autonomie in den betroffenen Regionen defi­nie­ren kann – befindet sich im Stillstand. Es besteht natürlich sehr hohes Interesse seitens des österreichischen Parlaments, dass dieser Friedensprozess wieder in Gang kommt.

Was sind die wesentlichen Eckpunkte, damit er in Gang kommen kann? – Ich denke, ganz wichtig ist für die Ukraine – und ich war vor zwei, drei Jahren selbst einmal in der Westukraine, im Gebiet Lemberg, Iwano-Frankiwsk, dort hat es eine sehr starke pro-europäische Stimmung gegeben, aber natürlich gibt es auch in der Ukraine eine sehr stark pro-russische Strömung – eine Lösung, die ja nur darauf basieren kann, dass man beiden Strömungen sozusagen recht gibt. Für die Ukraine muss ein Sowohl-als-auch und nicht ein Entweder-oder gelten.

Die Freihandelszone macht Sinn; die Ukraine könnte eine wichtige Brückenfunktion zwischen Europa und Russland einnehmen. Das Minsker Abkommen, das Friedens­abkommen, ist natürlich vollinhaltlich umzusetzen. Da kommt dann der OSZE schon eine sehr wichtige Aufgabe zu. Die OSZE hat ja in den vergangenen Jahren sicher an Bedeutung verloren, aber gerade im Ukraine-Konflikt hat sie gezeigt, wie wichtig sie als Krisenfeuerwehr im Bereich des Krisenmanagements ist. Die OSZE hat da eine ganz wichtige Funktion, und hier Kompetenzen zu stärken, wäre ein ganz wichtiger Schritt.

Ganz wichtig ist natürlich schon auch der Aspekt, dass meiner Meinung nach ein Friede mit Russland nur mit Russland und nicht gegen Russland erfolgen kann. Auch Österreich hat Interesse daran, man sieht das an den Sanktionen im Landwirtschafts­bereich oder auch im Tourismusbereich, dass sich die Beziehungen zu Russland wieder normalisieren, dass auch die besten Verbindungen mit Russland da sind. Aber wichtig: Den Frieden kann es nur mit Russland geben und nie gegen Russland.

Abschließend möchte ich festhalten: Unser Außenminister übernimmt im Jahr 2017 den Vorsitz in der OSZE; sein Titel dann – ich habe im Internet recherchiert –: Chair­man in Office. Das ist sicher eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, das ist eine diplo­matisch in vielen Bereichen sehr heikle Aufgabe. Die Vorbereitungen dafür sind schon voll angelaufen. Ich bin überzeugt davon, dass unser Außenminister diese Aufgabe, wie viele andere Aufgaben auch, mit Bravour meistern wird. Auf jeden Fall wünsche ich ihm alles Gute für den Vorsitz 2017. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP.)

21.59


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


22.00.03

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich habe heute echtes Glück: Ich kann mich wiederum den Worten des Vorredners im Großen und Ganzen anschließen.


Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll132. Sitzung / Seite 265

Ich möchte nur dieses oft wiederkehrende Gut-und-Böse-Bild etwas zur Debatte stellen, dass also quasi Russland das grundsätzlich Böse ist und die Ukraine das grundsätzlich Gute. Da sollte man schon Revue passieren lassen, was so in den letzten Monaten nicht nur bei der Umsetzung des Minsker Prozesses, auch in der Ukraine, nicht geschehen ist oder was jetzt dort wieder revidiert wird, nämlich was die Auseinandersetzungen mit Waffen, was die Positionierung der schweren Waffen, was diese vielen Korruptionsfälle, Rücktritte, die Milliarden, die in das Land kommen und dort irgendwo versickern und verschwinden, betrifft, wo Oligarchen noch immer eine nicht unwesentliche Macht haben.

Die Kritik an Poroschenko – wir haben das bei diesen Panama-Dokumenten gesehen, in denen er ebenfalls vorgekommen ist – zeigt ein Bild, wonach dieses Gut und Böse so nicht passt. Damit sage ich jetzt nicht umgekehrt, dass nur die Ukraine böse und nur der Herr Putin gut ist. Wir alle sind daran interessiert, dass es dort umfassende Demokratisierungsprozesse gibt, und dass dort natürlich auch das politische System einer Wandlung unterliegt. Das ist ohnehin völlig logisch.

Aber es sei nur gesagt: Es hat sich auch gezeigt, dass diese Sanktionspolitik im Endeffekt nichts gebracht hat. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Da meine ich, dass man versuchen muss, dass das – und Deutschland probiert das ja anschei­nend, wenn man diesen Berichten Glauben schenken möchte – jetzt korrigiert wird, sodass es zu einer Entspannung kommt.

Ich möchte schon noch sagen: Wenn ich mir jetzt dieses Säbelrasseln in Osteuropa ansehe, wo die NATO aufmarschiert, Russland Übungen macht, Flugzeuge ganz knapp aneinander vorbeifliegen und Flugzeugträger kreuzen, dann bin ich der Auffassung, wir können überhaupt nicht daran interessiert sein, dass es da zu einer Eskalation kommt. Schließlich hat das auch Auswirkungen auf ganz Europa, und zwar weit über das hinaus, was jetzt schon kritisiert wird – was die wirtschaftlichen Beziehungen betrifft und die negativen Auswirkungen auf die Wachstumsperspektiven in Europa und selbst­verständlich auch in Russland, das hat auch Auswirkungen auf die Investitionen europäischer Firmen in Russland und umgekehrt, was die Handelsbeziehungen betrifft –, dann geht es nämlich langsam ins bedrohlich Militärische.

Und das ist etwas, was wir überhaupt nicht akzeptieren können, wo man alles unter­nehmen muss. Man muss über die bloße Sonntagsrede – es soll endlich einmal Friede, Friede, Friede herrschen, und es soll endlich einmal ein Überdenken der bisherigen Instrumentarien stattfinden – hinausgehen und muss da auch wirklich Schritte setzen. Wir wissen ja, dass sich Österreich in dem Punkt engagiert, dass Österreich bemüht ist und dass wir da alles unternehmen wollen, um auf diesem Weg weiterzugehen. Ich bin sehr optimistisch, dass das auch gelingen wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.03


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


22.03.16

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, es ist schon richtig, was Herr Kollege Cap gesagt hat, Österreich sollte sich schon bemühen. – Es ist nur die Frage, wie weit es sich bemühen kann und bemühen wird.

Eines wird in diesem Antrag außer Acht gelassen, obwohl es Kollege Cap erwähnt hat: Das ist das Sanktionsproblem. Denn Österreich und die anderen europäischen Staaten sind natürlich keine ehrlichen und neutralen Makler oder Mittler in dieser Sache, son-


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dern sind de facto Konfliktparteien, weil sie ja mit den Mitteln der ökonomischen, der wirtschaftlichen Sanktionen die Konfliktpartei Ukraine massiv unterstützen.

Wenn wir hier von Maklerdiensten, wenn wir von der Stärkung der OSZE reden, dann werden wir uns dazu durchringen müssen, nicht immer zu sagen: Ja, wir müssen auf europäischer Ebene solidarisch sein und müssen alles mittragen, was dort beschlos­sen wird!, sondern wir müssen es sagen, wenn dort etwas Unsinniges beschlossen wird, wenn etwas den Frieden Störendes beschlossen wird, wenn etwas beschlossen wird, das Österreichs Position und die Position Europas schwächt – und das trifft auf diese Sanktionen zu –: Dann müssen wir einmal den Mut haben und nicht die Hand heben, wenn darüber abgestimmt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Daher werden wir diesem Antrag zustimmen, weil er ja das zwischen den Zeilen vorsichtig sagt: Denn derjenige, der dafür eintritt – wie es dieser Antrag vorsieht –, dass die internationalen Abkommen wie das WTO- und das Freundschafts- und Part­nerschaftsabkommen eingehalten werden, kann eigentlich nicht dafür sein, die Sank­tio­nen zu verlängern, die ja alle diese Abkommen verletzen und die Verpflichtungen, die man daraus hat. Es ist ja im WTO-Abkommen nicht vorgesehen, dass man Wirt­schaftssanktionen verhängt, weil es einem eine außereuropäische Macht vor­schreibt. Das ist ja nicht vorgesehen, sagen wir es einmal so. Also wer dafür ist, der sollte auch für das Ende der Sanktionen stimmen.

Das brauchen wir ja gar nicht. Man muss ja nur nicht dafür stimmen, dass die Sanktionen verlängert werden. Also da bedarf es schon ein bisschen weniger an Mut, als gegen etwas zu stimmen. Man muss ja nicht dafür stimmen, dass sie verlängert werden.

Ich hoffe, dass der Herr Außenminister, den ich in vielen Dingen sehr schätze und auch unterstütze, da den Mut hat, nicht nur das mitzunehmen, was jetzt in den Worten steht, sondern auch das umzusetzen, was zwischen den Zeilen steht, nämlich: ein Ende der Sanktionen, eine Rückkehr zu einer neutralen Politik und damit eine Rückkehr zu einer Rolle für Österreich. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

22.05


Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


22.05.49

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass sich der Kollege Cap und der Kollege Hübner bei den Begrifflichkeiten der Sanktionen schnell einmal wieder finden, das wissen wir. Das überrascht mich ja nicht. Und dass ihr euch bei der Aufhebung der Sanktionen wahrscheinlich ganz rasch einigen würdet, das überrascht mich auch nicht.

Was mich aber schon ein bisschen überrascht hat, Kollege Cap, war, dass du dich hierher stellst und meinst, dass die Sanktionen anscheinend nichts gebracht haben. Das wage ich zu bezweifeln, und das würde ich auch nicht so einfach pauschal in den Raum stellen (Abg. Strache: Einen Schaden für unsere Wirtschaft! Das hat es gebracht!), geht es doch darum, dass die Sanktionen ein friedenspolitisches Mittel sind, dass keiner weiß, wie die Eskalation vor Ort tatsächlich ausgeschaut hätte, hätte es keine Sanktionen gegeben. Nach der Annektierung der Krim hat sich in dieser Situation überhaupt nichts geändert. Das heißt, Russland hat sich da genauso zu bewegen, aber immer im Dreieck der Europäischen Union mit Russland und der Ukraine.

Die Intention des Antrags war ganz klar der OSZE-Vorsitz im Jahr 2017, deshalb haben wir Grüne ihn auch vorbereitet und sind dann in die Gespräche eingegangen. Es freut mich, dass wir diesbezüglich einen gemeinsamen Antrag einbringen können. Der


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Monat Mai 2016 war einer der blutigsten in der Ostukraine, da sind viele Menschen wegen dieses bewaffneten blutigen Konflikts gestorben. Da reicht es nicht, nur nach Frieden zu schreien, sondern es sind tatsächlich auch Friedensmaßnahmen zu setzen. Das ist auch der große Unterschied zur FPÖ, die nur rein das Putin-System Russlands vor Augen hat und nicht einen Frieden für die gesamte Region gestalten möchte.

Das heißt: Die Umsetzung des Minsker Abkommens ist ganz klar. Der Dialog der Zivil­gesellschaft, gerade friedenspolitische Initiativen zu fördern, ist wichtig. Wirtschaftliche Beziehungen – ja natürlich, aber immer mit der Frage: Was bedeuten die Sanktionen, und was geht tatsächlich in dieser instabilen Situation? Es geht darum, die Souve­ränität und die Sicherheit in der Ukraine aufrechtzuhalten, und das ist das Anliegen dieses Antrags. (Beifall bei den Grünen.)

22.08


Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Vavrik. – Bitte.

 


22.08.19

Abgeordneter Mag. Christoph Vavrik (NEOS): Frau Präsidentin! Ich werde in der kurzen Zeit, die mir bleibt, nur ein paar Kommentare zur leidigen Frage der Sanktionen machen und versuchen, mit ein paar Mythen aufzuräumen.

Erster Mythos: Die Sanktionen haben nichts gebracht. – Also wenn man die Russen fragt, dann sehen sie das ganz anders. Sie leiden sehr wohl unter den Sanktionen, und zwar auch deshalb, weil natürlich das Bruttoinlandsprodukt Europas das Zehnfache von dem Russlands ist, weil Russland die Wirtschaftsstruktur eines rohstoffexpor­tieren­den Dritte-Welt-Landes hat, so ähnlich wie Nigeria, und weit weg von einem modernen Industrieland ist. In dieser Situation leidet natürlich die Wirtschaft Russlands viel mehr als unsere.

Ich möchte jetzt nicht abstreiten, dass gewisse Sektoren, auch in der österreichischen Wirtschaft, unter den Sanktionen leiden – wir haben es erwähnt: die Landwirtschaft, Milchprodukte, Schweinebäuche-Exporte und auch der Tourismus –, aber ich glaube, dass die langfristigen Kosten, es zuzulassen, dass die Grundpfeiler der europäischen Friedensordnung beiseitegeschoben werden, unendlich viel höher sein werden als die kurzfristigen Kosten des Durchziehens der Sanktionen.

Zweiter Mythos: Die Sanktionen wirken nicht. – Das ist auch falsch. Ich darf das Bei­spiel Iran nennen. Das ist im Übrigen interessanterweise ein Fall, wo die Russen an den Sanktionen mitgewirkt haben, und dieser Fall hat gezeigt: Die Sanktionen wirken, vorausgesetzt, man bleibt geschlossen und hat einen langen Atem.

Es geht viel rascher, ein Land zu besetzen, zu annektieren, zu okkupieren wie die Krim, das ging innerhalb von ein paar Wochen. Die nichtmilitärische Gegenoption braucht Jahre, und da braucht es den langen Atem. Nach zwei Jahren ist es viel zu früh, um nachzulassen und Putin gegenüber das völlig falsche Signal zu senden. Das würde uns das einzige Mittel aus der Hand nehmen.

Dann noch ein letzter Punkt: Herr Kollege Cap, Sie haben angedeutet, dass die Sanktionen eine Art Vorstufe zu militärischen Maßnahmen sind. – Ich glaube das nicht, sie sind ein Ersatz dafür. Ich nehme noch einmal das Beispiel Iran. Wir sind heute heilfroh, dass die Sanktionen gewirkt haben, dass dann auf diplomatischem Weg eine Lösung gefunden wurde und nicht Israel oder die USA oder Saudi-Arabien oder irgendein anderes Land einen militärischen Erstschlag vorgenommen haben, um dem Iran seine Nuklearkapazitäten wegzunehmen.

Und genauso steht es mit den Sanktionen. Ich bin zutiefst besorgt, dass im selben Ausmaß, wie die Sanktionen ausgehebelt werden sollen, wie sich der Wind gegen die Sanktionen dreht, die Länder, die sich bedroht fühlen, nämlich die baltischen Länder,


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Polen, Rumänien, aber auch ein Land wie Schweden, zunehmend auf die militärische Karte setzen. Mit anderen Worten: Das Aufweichen der Sanktionen würde kontra­produktiv wirken. Das hat der Iran gezeigt, das würde sicherlich auch im Falle Putins stimmen.

Daher glaube ich, dass es ganz wesentlich ist, zusätzlich zur Hilfe für die Ukraine die staatlichen Strukturen zu modernisieren – alles, was Sie angesprochen haben, Herr Kollege Cap –, politisch zu helfen, wirtschaftlich zu helfen – auch gleichzeitig, das geht Hand in Hand –, die Sanktionen zu behalten, solange nicht das Minsker Abkommen auch seitens Russlands umgesetzt wird, und das heißt: Rückzug der schweren Waffen, Stopp der militärischen Intervention in einem Nachbarland. Das ist im Europa des 21. Jahrhunderts nicht zulässig. – Danke. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.12


Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen gelangt als Nächste zu Wort. – Bitte.

 


22.12.44

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Das Minsker Abkommen ist mittlerweile 16 Monate alt und der Erfolg, so wie wir gehört haben, ist durchaus durchwachsen. Eine weitere Eskalation ist verhindert worden, aber es sterben noch immer Menschen. Von einer Lösung sind wir sehr weit entfernt. Auch sind die meisten Vereinbarungen von Minsk bis heute nicht umgesetzt worden. Die Lage ist also sehr fragil, der Konflikt kann jederzeit wieder eskalieren – sehr zum Schaden der Menschen in der Ukraine, aber auch der Menschen in ganz Europa.

Dabei bereitet nicht nur die Lage im Osten Sorge, sondern auch die Situation in der restlichen Ukraine, die mit ihren dringend notwendigen Reformen in der Wirtschaft und in der Politik nicht vorankommt. Es ist daher sicherlich richtig, die ukrainische Regie­rung, die Separatisten und Russland zu drängen, endlich bei der Umsetzung des Abkommens voranzukommen und auch so für mehr Stabilität und Sicherheit zu sorgen.

Aber es wäre falsch, den Konflikt auf die Ukraine allein zu reduzieren, hinter dem Konflikt in der Ostukraine steht eine noch viel größere Auseinandersetzung, nämlich jene zwischen russischen und westlichen Sicherheitsinteressen.

Wir brauchen daher auch einen intensiveren sicherheitspolitischen Dialog zwischen den USA, der NATO, der EU und Russland. Da können sowohl die OSZE als auch die EU eine wichtige Rolle spielen. Die OSZE hat in diesem Konflikt ja bislang beweisen können, dass sie innerhalb der Grenzen ihres Mandats schnell und erfolgreich handeln kann. Die Beobachter-Mission der OSZE leistet einen wichtigen Beitrag zur Eindäm­mung der Krise, weil sie von allen Konfliktparteien akzeptiert wird und weil sie einstimmig in der OSZE so beschlossen wurde.

Die Parlamentarische Versammlung der OSZE bietet etliche Plattformen an, wo sich die ukrainischen Abgeordneten und die russischen Abgeordneten treffen und lösungs­orientiert miteinander kommunizieren können. Das heißt, wir müssen die Arbeit der OSZE weiter stärken und womöglich ausbauen, um mit allen Beteiligten einen grundlegenden Dialog über die Zukunft der gesamteuropäischen Sicherheit zu führen.

Da kann auch die EU, wie gesagt, einen Beitrag leisten, ich denke zum Beispiel an die gemeinsame Freihandelszone, die auch jüngst wieder von der deutschen Bundes­kanzlerin angedacht wurde. Das heißt, die alten Muster des Kalten Krieges werden uns nicht weiterbringen, wir brauchen Ideen für eine neue gemeinsame Sicherheitspolitik.


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Dafür muss sich Österreich in der EU und auch in der OSZE einsetzen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Aubauer.)

22.15


Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1165 der Beila­gen angeschlossene Entschließung betreffend Stärkung des Friedensprozesses in der Ukraine.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 156.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.16.33Abstimmung über Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Doris Bures: Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Scherak, dem Justizausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 498/A der Abgeordneten Dr. Scherak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird, eine Frist bis zum 28. Juni 2016 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag stimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

22.17.06Einlauf

 


Präsidentin Doris Bures: Ich gebe bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1731/A(E) bis 1741/A eingebracht worden sind.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betrifft, berufe ich für 22.18 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.17.29Schluss der Sitzung: 22.17 Uhr

 

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