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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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185. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 6. Dezember 2012

 

 


Stenographisches Protokoll

185. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode   Donnerstag, 6. Dezember 2012

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 6. Dezember 2012: 9.04 – 21.54 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das BIFIE-Gesetz 2008 geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landes­vertragslehrpersonengesetz 1966, das Prüfungstaxengesetz Schulen – Pädagogische Hochschulen und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1877/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen betreffend die Behandlung der Lawinen-Gefahr im Schulunterricht

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1878/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosen­kranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festschreibung der Pflichtgegenstände „Technisches Werken“ und „Textiles Werken“ im gleichen Ausmaß im Lehrplan der NMS wie im Lehrplan der Hauptschule

5. Punkt: Bericht über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2011 der Bundes­regierung

6. Punkt: Ernährungshilfe-Übereinkommen

7. Punkt: Bericht über den Antrag 1900/A(E) der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Mag. Judith Schwentner, Gerhard Huber, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend die Rechte und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in der Entwicklungszusammenarbeit

8. Punkt: Bericht über den Antrag 1118/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen modernen Land­raub („Land Grabbing“) in Entwicklungsländern

9. Punkt: Bericht über den Antrag 782/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterzeichnung des Berichts des Weltagrarrates

10. Punkt: Internationales Übereinkommen von 2001 über die zivilrechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden


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11. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation betreffend die Übergabe der Büchersammlung Esterházy an die Republik Österreich

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Organisation des Bun­desverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) erlassen wird

13. Punkt: Bericht über den Antrag 2130/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz und das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert werden

14. Punkt: Bericht über den Antrag 2136/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden

15. Punkt: Bericht über den Antrag 1962/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Neuregelung der sogenannten Altpolitiker-Pensionen

16. Punkt: Bericht über den Antrag 1748/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Bundes und sonstiger Funktionäre (Bezügegesetz), zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 76/2010, geändert wird

17. Punkt: Bericht über den Antrag 1838/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend zusätzlichen Konsolidierungsbedarf im Bereich der Politikerpensionen alt

18. Punkt: Bericht über den Antrag 2109/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungs­gesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Bundesbe­züge­gesetz und das Bezügegesetz geändert werden

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­gesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staats­an­waltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungs­gesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bun­destheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungs­gesetz 1989, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Auslandszu­lagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Prüfungstaxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden und das Karenzurlaubsgeldgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2012)

20. Punkt: Bericht über den Antrag 1909/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Transparenz sowie Stärkung der Rechte der Beschwerdeführer bei Disziplinarverhandlungen

21. Punkt: Bericht über den Antrag 1872/A der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden

22. Punkt: Bericht über den Antrag 1705/A der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz


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vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienst­rechts­ge­setz 1979 – BDG 1979) geändert wird

23. Punkt: Bericht über den Antrag 930/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streikverbot für den öffentlichen Dienst

24. Punkt: Bericht über den Antrag 1991/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren im Bundesdienst zur Herstellung von Chancengleichheit

25. Punkt: Bericht über den Antrag 2098/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Kostenreduktion und Implementierung der HPV-Impfung für Mädchen und Jungen im Sozialversicherungssystem

26. Punkt: Bericht über den Antrag 1675/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Projekt „Einstieg ins Berufsleben“

27. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 und das Studienförde­rungsgesetz 1992 geändert werden

28. Punkt: Bericht über den Antrag 2067/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung der Studienbeihilfe sowie jährliche Valorisierung der Zuverdienstgrenze

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechts­änderungsgesetz – TVRÄG)

30. Punkt: Bericht über den Antrag 946/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der ethi­schen Bewertung von Tierversuchen im Tierversuchsgesetz

31. Punkt: Bericht über den Antrag 2014/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein zeitgemäßes Tierversuchsgesetz für Österreich

32. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialver­sicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012)

33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz und das Anti-Doping­Bundesgesetz 2007 geändert werden

34. Punkt: Bericht über den Antrag 2138/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Fernabsatz mit Arzneimitteln

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tiermaterialiengesetz geändert wird (Tier­materialiengesetz-Novelle 2012)

36. Punkt: Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes

37. Punkt: Bericht über den Antrag 2091/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verordnungsermächtigung für Fiaker­pferde im Tierschutzgesetz

38. Punkt: Bericht über den Antrag 2104/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun-


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desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (Zweite Lesung)

39. Punkt: Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Karin Hakl

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 19

Ordnungsrufe ..............................................................................................  131, 138, 140

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 51

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................  171, 200, 253

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................  171, 201, 254

Fragestunde (25.)

Unterricht, Kunst und Kultur ...................................................................................... 19

Elmar Mayer (175/M); Peter Haubner, Ing. Peter Westenthaler, Dr. Harald Walser, Edith Mühlberghuber, Stefan Markowitz

Werner Amon, MBA (170/M); Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Harald Walser, Anneliese Kitzmüller, Mag. Rosa Lohfeyer

Dr. Walter Rosenkranz (172/M); Ewald Sacher, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Gerald Grosz, Mag. Alev Korun, Gerhard Köfer

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (174/M); Josef Jury, Ulrike Königsberger-Ludwig, Claudia Durchschlag, Gerhard Huber 

Ursula Haubner (173/M); Dr. Harald Walser, Maximilian Linder, Franz Riepl, Jochen Pack

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (177/M); Anna Franz, Martina Schenk, Dr. Harald Walser, Dr. Walter Rosenkranz, Mag. Josef Auer

Sonja Ablinger (176/M); Anna Höllerer, Stefan Petzner, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Mag. Heidemarie Unterreiner

Mag. Silvia Fuhrmann (171/M); Stefan Petzner, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Mag. Heidemarie Unterreiner, Elisabeth Hakel

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 19


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Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  49, 186, 186

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1988 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das BIFIE-Gesetz 2008 geändert wird (2020 d.B.) ................................................ 51

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 51

Elmar Mayer ............................................................................................................ ..... 52

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ..... 53

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 55

Ursula Haubner ............................................................................................................ 55

Mag. Rosa Lohfeyer ..................................................................................................... 57

Ing. Robert Lugar ..................................................................................................  57, 64

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ..... 60

Hermann Gahr ........................................................................................................ ..... 61

Stefan Markowitz .................................................................................................... ..... 62

Ewald Sacher .......................................................................................................... ..... 63

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 64

2. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1989 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landesvertragslehrpersonengesetz 1966, das Prüfungstaxengesetz Schulen – Pädagogische Hochschulen und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (2021 d.B.) ......................................................................................................... 65

Redner/Rednerinnen:

Andrea Gessl-Ranftl .................................................................................................... 65

Anna Franz .............................................................................................................. ..... 65

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ..... 66

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 67

Stefan Markowitz .................................................................................................... ..... 68

Bundesministerin Dr. Claudia Schmied .............................................................. ..... 69

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 70

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1877/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen betreffend die Behandlung der Lawinen-Gefahr im Schulunterricht (2022 d.B.) ....................................................................................... 70

4. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1878/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festschreibung der Pflichtgegenstände „Technisches Werken“ und „Textiles Werken“ im gleichen Ausmaß im Lehrplan der NMS wie im Lehrplan der Haupt­schule (2023 d.B.) ...................................................................................................................... 70

Redner/Rednerinnen:

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 70

Sonja Ablinger ........................................................................................................ ..... 71

Ursula Haubner ....................................................................................................... ..... 72

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ..... 73


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Dr. Harald Walser .................................................................................................... ..... 74

Stefan Markowitz .................................................................................................... ..... 75

Mag. Josef Auer ...................................................................................................... ..... 77

Elmar Mayer ............................................................................................................ ..... 78

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung der Gruppengröße im Werkunterricht – Ablehnung ........................  75, 79

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2022 und 2023 d.B. ............................ 79

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2011 der Bundesregierung (III-343/2071 d.B.) ........................................................................ 79

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vor­lage (2017 d.B.): Ernährungshilfe-Übereinkommen (2074 d.B.) ............................................................... 79

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1900/A(E) der Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Mag. Judith Schwentner, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Rechte und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in der Entwicklungszusammenarbeit (2075 d.B.) .................................................................... 79

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1118/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen modernen Landraub („Land Grabbing“) in Entwicklungsländern (2076 d.B.) ............................................................. 79

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 782/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterzeichnung des Berichts des Weltagrarrates (2077 d.B.) ............................................................................................. 79

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ..... 80

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ..... 82

Werner Neubauer .................................................................................................... ..... 83

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 85

Dr. Andreas Karlsböck ................................................................................................ 86

Mag. Alev Korun ........................................................................................................... 88

Gerhard Huber ........................................................................................................ ..... 89

Christoph Hagen ..................................................................................................... ..... 91

Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger .................................................................. ..... 92

Dr. Martin Bartenstein ............................................................................................ ..... 95

Mag. Christine Muttonen ....................................................................................... ..... 96

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ..... 97

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 98

Franz Glaser ............................................................................................................ ... 100

Dr. Franz-Joseph Huainigg .................................................................................... ... 101

Kenntnisnahme des Berichtes III-343 d.B. ................................................................... 101

Genehmigung des Staatsvertrages in 2074 d.B. ......................................................... 102

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2075 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Rechte und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in der Entwicklungszusammenarbeit (E 279)         ............................................................................................................................. 102


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Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2076 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen gegen modernen Landraub („Land Grabbing“) in Entwicklungsländern (E 280)                       102

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 2077 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Erkenntnisse des Weltagrarberichtes (E 281) ............................................................. 102

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1996 d.B.): Internationales Übereinkommen von 2001 über die zivil­rechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden (2072 d.B.) ........................................................... 102

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 102

11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (1997 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation betreffend die Übergabe der Büchersammlung Esterházy an die Republik Österreich (2073 d.B.)                  103

Redner/Rednerinnen:

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 103

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 104

Dr. Johannes Hübner ............................................................................................. ... 105

Stefan Markowitz .................................................................................................... ... 105

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 106

12. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (2008 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) erlassen wird (2057 d.B.) .................................. 106

Berichterstatter: Johann Singer ................................................................................. 106

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 106

Mag. Wolfgang Gerstl ............................................................................................ ... 107

Dr. Peter Fichtenbauer ........................................................................................... ... 108

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................... ... 109

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 111

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 111

Staatssekretär Dr. Josef Ostermayer ................................................................... ... 112

Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher ............................................................................... ... 113

Mag. Michael Hammer ........................................................................................... ... 116

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 149

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2130/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz und das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert werden (2063 d.B.) ..................................... 117

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ruth Becher ................................................................................................... ... 117

Fritz Neugebauer .................................................................................................... ... 118

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ... 118

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 120

Christine Marek ....................................................................................................... ... 120

Mag. Barbara Prammer ......................................................................................... ... 121


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 8

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 122

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2136/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundes­bezügegesetz geändert werden (2058 d.B.) ................................................................ 122

15. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1962/A(E) der Abgeordneten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Neuregelung der sogenannten Altpolitiker-Pensionen (2059 d.B.) .................................................................................................................... 122

16. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1748/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Bundes und sonstiger Funktionäre (Bezügegesetz), zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 76/2010, geändert wird (2060 d.B.) ............................................................ 122

17. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1838/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzlichen Konsolidierungsbedarf im Bereich der Politikerpensionen alt (2061 d.B.) .................................................................................................................... 122

18. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2109/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezü­gen öffentlicher Funktionäre, das Bundesbezügegesetz und das Bezügegesetz geändert werden (2062 d.B.) ........................................................................................ 123

Redner/Rednerinnen:

Werner Neubauer .................................................................................................... ... 123

Stefan Prähauser .................................................................................................... ... 126

Mag. Werner Kogler ............................................................................................... ... 127

Mag. Josef Lettenbichler ....................................................................................... ... 129

Josef Bucher ........................................................................................................... ... 130

Jochen Pack ................................................................................................................ 131

Christoph Hagen ...............................................................................................  132, 139

Dr. Peter Wittmann ................................................................................................. ... 133

Herbert Kickl ........................................................................................................... ... 134

Mag. Werner Kogler (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 136

Karl Öllinger ................................................................................................................ 136

Ernest Windholz ......................................................................................................... 138

Heinz-Christian Strache ...................................................................................  140, 144

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 141

Ing. Robert Lugar ..............................................................................................  143, 147

Karlheinz Kopf ........................................................................................................ ... 145

Dieter Brosz, MSc ................................................................................................... ... 147

Annahme des Gesetzentwurfes in 2058 d.B. .............................................................. 147

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 2059, 2060, 2061 und 2062 d.B. ........... 148

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (2003 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und


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Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensions­gesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensions­gesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechts­verfahrensgesetz 1984, das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Prüfungstaxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen, das Bundes-Be­dienstetenschutzgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden und das Ka­renzurlaubsgeldgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2012) (2052 d.B.) ............................................................................................. 149

20. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1909/A(E) der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Transparenz sowie Stärkung der Rechte der Beschwerdeführer bei Dis­ziplinarverhandlungen (2053 d.B.) ..................................... 150

21. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1872/A der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Richter- und Staats­anwaltschaftsdienstgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (2054 d.B.)    ............................................................................................................................. 150

22. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1705/A der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienst­recht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (2055 d.B.) .................................................................................................................... 150

23. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 930/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streikverbot für den öffentlichen Dienst (2056 d.B.)                             150

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Fichtenbauer .....................................................................................  150, 167

Otto Pendl ................................................................................................................... 151

Mag. Daniela Musiol ................................................................................................... 156

Johann Singer ......................................................................................................... ... 157

Ernest Windholz ...................................................................................................... ... 157

Angela Lueger ......................................................................................................... ... 159

Christoph Hagen ..................................................................................................... ... 160

Fritz Neugebauer .................................................................................................... ... 161

Werner Herbert ....................................................................................................... ... 164

Mag. Albert Steinhauser ........................................................................................ ... 165

Christian Lausch ..................................................................................................... ... 166

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek ....................................................... ... 168

Annahme des Gesetzentwurfes in 2052 d.B. (namentliche Abstimmung) .................. 170

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 2053, 2054, 2055 und 2056 d.B. ........... 173

Gemeinsame Beratung über

24. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den An­trag 1991/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ein­führung anonymisierter Bewerbungsverfahren im Bundesdienst zur Herstellung von Chancengleichheit (2038 d.B.) ............................. 173


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25. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 2098/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Kosten­reduktion und Implementierung der HPV-Impfung für Mädchen und Jungen im Sozialversicherungssystem (2039 d.B.) ............................. 173

26. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den An­trag 1675/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Projekt „Einstieg ins Berufsleben“ (2040 d.B.)               174

Redner/Rednerinnen:

Mag. Judith Schwentner ........................................................................................ ... 174

Mag. Gisela Wurm .................................................................................................. ... 175

Martina Schenk ....................................................................................................... ... 175

Dorothea Schittenhelm .......................................................................................... ... 177

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................ ... 178

Dr. Susanne Winter ................................................................................................ ... 179

Mag. Alev Korun ..................................................................................................... ... 180

Andrea Gessl-Ranftl ............................................................................................... ... 181

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 182

Edith Mühlberghuber ............................................................................................. ... 183

Franz Riepl ............................................................................................................... ... 184

Christine Marek ....................................................................................................... ... 185

Heidrun Silhavy ....................................................................................................... ... 185

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 2038, 2039 und 2040 d.B. .................... 186

Zuweisung des Antrages 2098/A(E) an den Gesundheitsausschuss ......................... 186

Zuweisung des Antrages 1675/A(E) an den Unterrichtsausschuss ............................ 186

Gemeinsame Beratung über

27. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2011 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 und das Studienförderungsgesetz 1992 geändert werden (2078 d.B.)    ............................................................................................................................. 187

28. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2067/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Valorisierung der Studienbeihilfe sowie jährliche Valorisierung der Zuverdienstgrenze (2079 d.B.) ......................................................... 187

Redner/Rednerinnen:

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 187

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .................................................................... ... 190

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 192

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................ ... 193

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ... 194

Peter Mayer ............................................................................................................. ... 196

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................. ... 197

Elmar Mayer ............................................................................................................ ... 198

Mag. Laura Rudas ................................................................................................... ... 199

Annahme des Gesetzentwurfes in 2078 d.B. (namentliche Abstimmung) .................. 200

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2079 d.B. ................................................... 203

Gemeinsame Beratung über


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 11

29. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2016 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittel­gesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert wer­den (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG) (2080 d.B.) .................................... 203

30. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 946/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der ethischen Bewertung von Tierversuchen im Tierversuchsgesetz (2081 d.B.) ............................ 203

31. Punkt: Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2014/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein zeitgemäßes Tierversuchsgesetz für Österreich (2082 d.B.) .................................................................................................. 203

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ...................................................................................................  203, 225

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 204

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 205

Erwin Preiner .......................................................................................................... ... 211

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 214

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................ ... 219

Bundesminister Dr. Karlheinz Töchterle ............................................................. ... 220

Rupert Doppler ....................................................................................................... ... 222

Johann Höfinger ..................................................................................................... ... 222

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 223

Dietmar Keck ........................................................................................................... ... 224

Ing. Franz Windisch ................................................................................................ ... 227

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Parteienstellung von Tierschutz­ombuds­frauen und -männern in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz – Ablehnung ........................................................................  218, 229

Entschließungsantrag der Abgeordneten Bernhard Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Parteienstellung für Tierschutzombudsmänner in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz – Ablehnung ..............................................................................................................................  226, 229

Annahme des Gesetzentwurfes in 2080 d.B. .............................................................. 227

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 2081 und 2082 d.B. .......................... 229

32. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2001 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungs­gesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert wer­den (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012) (2102 d.B.) .................. 229

Redner/Rednerinnen:

Renate Csörgits ...................................................................................................... ... 230

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................. ... 230

Dr. Andreas Karlsböck ........................................................................................... ... 231

Karl Öllinger ............................................................................................................ ... 235

Ursula Haubner ....................................................................................................... ... 239

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger ........................................................................ ... 241

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 243

Wilhelm Haberzettl ................................................................................................. ... 244

Peter Haubner ......................................................................................................... ... 245


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 12

Bernhard Themessl ................................................................................................ ... 247

Dr. Ruperta Lichtenecker ....................................................................................... ... 248

Johann Hechtl ......................................................................................................... ... 249

Karl Donabauer ....................................................................................................... ... 249

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ... 250

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für die Zahnambulatorien der Gebiets­krankenkassen im Sinne ihres ursprünglichen Auftrages der Grundversorgung – Ablehnung ............................................................................  233, 253

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Selbstbehalte im medizinischen Bereich – Ablehnung (namentliche Abstimmung)       234, 253

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu Randzeiten durch Öffnung der Ambulatorien der Sozialversicherungsträger – Ablehnung ............................................................................................................  236, 255

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbettung der Kinderhospizbewegung in das österreichische Gesund­heitssystem – Ablehnung .............................................  242, 255

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 252

Gemeinsame Beratung über

33. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2010 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz und das Anti-Doping­Bundesgesetz 2007 geändert werden (2103 d.B.)                    255

34. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2138/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Fernabsatz mit Arzneimitteln (2104 d.B.)                     256

Redner/Rednerinnen:

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein .................................................................... ... 256

Mag. Johann Maier ................................................................................................. ... 257

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 257

Claudia Durchschlag .............................................................................................. ... 258

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ... 259

Erwin Spindelberger .............................................................................................. ... 259

Mag. Gertrude Aubauer ......................................................................................... ... 260

Ridi Maria Steibl ...................................................................................................... ... 260

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... ... 261

Annahme des Gesetzentwurfes in 2103 d.B................................................................ 261

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2104 d.B. ................................................... 262

Gemeinsame Beratung über

35. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2013 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tiermaterialiengesetz geändert wird (Tiermaterialiengesetz-Novelle 2012) (2105 d.B.)              ............................................................................................................................. 262


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 13

36. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2014 d.B.): Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unions­recht­licher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes (2106 d.B.) .................................................................................................................... 262

37. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2091/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­ord­nungsermächtigung für Fiakerpferde im Tierschutzgesetz (2107 d.B.) .................................................................................................................... 262

Redner/Rednerinnen:

Bernhard Vock ............................................................................................................ 262

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 263

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................ ... 263

Anna Höllerer .......................................................................................................... ... 264

Dr. Wolfgang Spadiut ............................................................................................. ... 264

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 2105 und 2106 d.B. ..................................... 265

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 2107 d.B. ................................................... 265

38. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 2104/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungs­gesetz 1975) geändert wird (2019 d.B.) (Zweite Lesung) .......... 266

Annahme des Gesetzentwurfes in zweiter Lesung ..................................................... 266

39. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staats­anwaltschaft Wien (614 St 3/10m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Karin Hakl (2018 d.B.) .................................................................................................................... 266

Annahme des Ausschussantrages .............................................................................. 266

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 49

2108: Bundesgesetz, mit dem das Bundessstraßengesetz 1971 geändert wird

2109: Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (25. StVO-Novelle)

2110: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird

2111: Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Unter­nehmensgesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Miet­rechts­gesetz, das Verbraucherkreditgesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (Zahlungsverzugsgesetz – ZVG)

Bericht ........................................................................................................................... 51

III-373: Bericht betreffend den Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen in den Jahren 2010 und 2011; BM f. Justiz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 14

Anträge der Abgeordneten

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung einer ver­kehrsträgerübergreifenden Strategie für den Standort Österreich (2160/A)(E)

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine Belastung von Unternehmern durch Vermögens-, Erbschafts- oder Schenkungssteuer (2161/A)(E)

Dr. Johannes Jarolim, Mag. Peter Michael Ikrath, Kolleginnen und Kollegen betref­fend den Tatbestand der sexuellen Belästigung (§ 218 StGB) (2162/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Grundgültigkeitsdauer von Gesetzen (Grundgültigkeitsdauer-Gesetz – GGG) (2163/A)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine neuen Belastungen der Autofahrer durch eine Vignettenpreiserhöhung (2164/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vereinheitlichung der Mitführpflichten der Kfz-Lenker/innen in der EU (2165/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Luftfahrt­gesetzes zur Regelung von unbemannten Luftfahrzeugen und -geräten (2166/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend verbesserte Sicherheits­bestimmungen bei der Kinderbeförderung in Omnibussen (2167/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend dreispurigen Ausbau der A 4 Ost Autobahn zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Verbesserung der Situation der Pendler/innen (2168/A)(E)

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der praxisfrem­den Bestimmungen im Führerscheingesetz (2169/A)(E)

Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Harald Jannach, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung ökologischer Kriterien bei der Beschaffung von Lebensmitteln in öffentlichen Einrich­tungen des Bundes (2170/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bezug des Karenzgeldes im Falle vom plötzlichen Kindstod (2171/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kinderbetreuungsgeld, Toleranzfrist (2172/A)(E)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer Linksextremis­mus-Datenbank im BMI (2173/A)(E)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltungsverein­fachung durch das Freiheitliche Pendler-Entlastungsmodell (2174/A)(E)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Österreichischen Lebensmittelcodex (2175/A)(E)

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG), BGBl. I Nr. 53/2012, geändert wird (2176/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 15

Anfragen der Abgeordneten

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13247/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13248/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13249/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13250/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13251/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13252/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13253/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13254/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13255/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13256/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13257/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13258/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Nachbesetzung, Streichung und Neuschaffung von Planstellen (13259/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Entzug der Lehrstellenförderung/Lehrberechtigung (13260/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Schulische Tagesbetreuung“ – Inserat des BMUKK im „Kurier“ am 1. Dezember 2012 (13261/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Pro und Contra Grippeimpfung (13262/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 16

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend das Europäische Olympische Jugendfestival 2015 (13263/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zurückfahren der „Rollenden Landstraße“ zwischen Wels und Szeged (13264/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zurückfahren der „Rollenden Landstraße“ zwischen Trento und Regensburg (13265/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­vertei­digung und Sport betreffend den ineffizienten Einsatz des Robert Porod, MBA MBA (13266/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Kosten für den Bereich „Cyberdefence/Cyberwar“ beziehungsweise milCERT (13267/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Anstieg der Fuchsbandwurm-Infektionen beim Menschen (13268/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausdünnung des Verladenetzes der Rail Cargo Austria (13269/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend neue Wildwarnreflektoren (13270/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Justiz betreffend Anstiftung zum Sozialmissbrauch (13271/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Gesundheit betreffend falschen Inhalt in Broschüre zur Sexualerziehung (13272/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfolgsquote der AMS-Schulungen (13273/J)

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Social Media Team“ des Kanzleramts (13274/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verfolgung eines Mannes, der mit HIV lebt, durch die Staatsanwaltschaft trotz Einhaltung der Safer Sex Regeln (13275/J)

Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend das neue Tierschutzgesetz (13276/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Vorwürfe und Unklarheiten gegenüber Lyoness (13277/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Pograpscher“ in Graz (13278/J)

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend im Internet angebotene Staatsbürgerschaften (13279/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 17

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend seltsamen Urheberrechtsvermerk auf einem Foto in einer SPÖ-Zeitung (13280/J)

Ing. Robert Lugar, Kollegin und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Praxis der Neuaufnahme von Krankenanstalten in den PRIKRAF (13281/J)

Erwin Preiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend ÖVP-Werbung in der „Zivilschutz aktuell, 3/2012“ (13282/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend offene Fragen zum Fall Kührer (13283/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unerlaubte Geschenkannahme durch Ex-BIA Chef (13284/J)

Christoph Hagen, Kollegin und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend unerlaubte Geschenkannahme durch Ex-BIA Chef (13285/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend offene Fragen zum Fall Kührer, 2 (13286/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen (12506/AB zu 12724/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (12507/AB zu 12725/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen (12508/AB zu 12726/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen (12509/AB zu 12731/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (12510/AB zu 12734/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl, Kolleginnen und Kollegen (12511/AB zu 12735/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen (12512/AB zu 12743/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeord­neten Oswald Klikovits, Kolleginnen und Kollegen (12513/AB zu 12744/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen (12514/AB zu 12745/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (12515/AB zu 12902/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Thomas Einwallner, Kolleginnen und Kollegen (12516/AB zu 12930/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (12517/AB zu 12741/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen (12518/AB zu 12737/J)

der Bundesministerin für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen (12519/AB zu 12746/J)

des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (12520/AB zu 12721/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen (12521/AB zu 12730/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 19

09.00.00Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 185. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Weninger, Großruck, Prinz, Dr. Strutz, Mag. Brunner, Mag. Jarmer und Windbüchler-Souschill.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures wird durch den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Mag. Norbert Darabos,

der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner wird durch die Bundesministerin für Inneres Mag. Johanna Mikl-Leitner und

der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich wird durch die Bundesministerin für Justiz Dr. Beatrix Karl vertreten.

Weiteres gebe ich die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung, welche sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, wie folgt bekannt:

Die Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Theresia Fekter wird durch den Bundes­minister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle vertreten.

*****

Ich gebe bekannt, dass die Fragestunde bis voraussichtlich 11.05 Uhr live auf ORF 2 übertragen wird; weiters überträgt ORF III die Sitzung live in voller Länge.

09.05.39Fragestunde

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den beiden Redner-/Rednerinnenpulten im Halbrund vorgenommen. Die Beantwortung durch die Frau Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied wird vom Redner-/Rednerinnenpult der Abgeordneten durchgeführt.

Betreffend die Redezeit steht für die Anfrage- und Zusatzfragesteller jeweils 1 Minute zur Verfügung, für die Beantwortung der Hauptfrage 2 Minuten, für die Beantwortung der Zusatzfragen je 1 Minute. Ich werde so wie üblich wenige Sekunden vor Ablauf der Zeit durch ein Glockenzeichen darauf auch aufmerksam machen.

Meine Damen und Herren, noch ein Hinweis: Ich erinnere daran, dass die Hauptfrage weitestgehend im Wortlaut der schriftlich gestellten Anfrage zu stellen ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 20

Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Somit gelangen wir zur 1. Anfrage, 175/M, des Herrn Abgeordneten Mayer. – Bitte.

 


Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Einen schönen guten Morgen, Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt eine Fülle von Initiativen, die wir gemeinsam – Sie als Ministerin und wir als Parlament – verab­schie­det haben, ich beginne bei der Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, bei der Frühförderung, bei der verbesserten sprachlichen Förderung, bei der Einführung der Bildungsstandards, bei der Reform der Oberstufe an den Gymnasien, der neuen Matura et cetera. Das umfasst viele Bereiche, und Sie haben in den letzten Monaten oder Jahren, muss man sagen, seit Ihrem Amtsantritt sehr stark darauf geschaut, wie man auch die schulische Ganztagsbetreuung ausbauen, verfeinern und verbessern kann.

Ich erlaube mir daher, folgende Frage an Sie zu richten, geschätzte Frau Ministerin:

175/M

„Welche Vorteile bietet die von Ihnen in den letzten Jahren forcierte schulische Tages­betreuung für die Entwicklung von SchülerInnen und den Ausgleich von sozialen Ungerechtigkeiten im Bildungssystem?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Frau Prä­sidentin! Hohes Haus! Zunächst einen schönen guten Morgen auch von meiner Seite. Ich freue mich besonders, dass heute auch Schüler und Schülerinnen aus St. Paul, von den Benediktinern, und aus Oberpullendorf der Fragestunde beiwoh­nen. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Lieber Herr Abgeordneter, die zentralen Anliegen, die uns bewegen, vermehrt ganz­tägige Schulformen in Österreich zu etablieren, umfassen im Wesentlichen zwei Punkte. Der erste Punkt ist die Verbesserung der Chancengerechtigkeit unseres Bil­dungssystems. Wir wissen aus ganz vielen Studien, dass Bildung nach wie vor vererbt wird, daher müssen wir im Kindergarten ansetzen und wir müssen ganztägige Schul­formen, vor allem auch unter dem Aspekt Chancengerechtigkeit, etablieren. Da geht es auch um die Qualität der Förderung, um die Qualität der pädagogischen Konzepte.

Das zweite Motiv ist natürlich die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – übrigens ein Aspekt, der auch ganz, ganz viele Eltern bewegt, sich das Privatschulangebot näher anzuschauen, da mittlerweile ganz viele Privatschulen ganztägige Angebote offerieren. Und wir müssen da mit dem öffentlichen Schulsystem nachziehen, wenn Sie so wollen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mayer.

 


Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Frau Ministerin, Sie haben ja im vergangenen Ministerrat sehr engagiert vorgetragen, dass man diese von Ihnen hier zitierte schu­lische Tagesbetreuung ausbaut und haben dazu auch einen entsprechenden Folder, wie ich gesehen habe, vorbereitet für die Schulen und insbesondere für die Eltern, damit diese informiert sind, was getan werden kann. Ich möchte Sie zu diesem vergan­genen Ministerrat Folgendes fragen – dort wurde der zusätzliche Ausbau der schuli­schen Tagesbetreuung beschlossen –:

Wie sieht das aktuelle Angebot an schulischer Tagesbetreuung aus, und wie ist Ihr Plan des Ausbaus der schulischen Tagesbetreuung bis 2018?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 21

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Zunächst möchte ich mich herzlich für die Begleitung der Vorbereitung des Ministerrates bei Ihnen, Herr Abgeordneter, aber auch bei Herrn Abgeordnetem Amon bedanken.

Ich sehe das als gemeinsames Projekt, und Zielsetzung muss es sein, von derzeit etwa 120 000 Plätzen in der schulischen Tagesbetreuung in einem nächsten Schritt auf mindestens 200 000 Plätze zu kommen. Aber entscheidend ist für mich die Nachfrage der Eltern und daher diese Informationsoffensive. Wir müssen die Eltern darauf auf­merksam machen, dass sie schon jetzt einen Rechtsanspruch auf schulische Tages­betreuung haben, wenn sich fünf beziehungsweise zwölf – so ist die bundesgesetzliche Regelung – Schüler dafür melden. Daher diese Informationsoffensive, und diese werden wir mit vereinten Kräften auch noch intensivieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Haubner.

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Einen sportlichen guten Morgen, Frau Minister! Am 16. November hat ja der Nationalrat hier in diesem Haus einstimmig einen Ent­schließungsantrag betreffend tägliche Bewegungseinheit in Schulen durch Einbe­ziehung des organisierten Sports eingebracht. Der erste Sechs-Parteien-Antrag – ich glaube, das war auch ein historischer Moment.

Am Dienstag hat auch der Ministerrat ein klares Bekenntnis dazu abgelegt, dass ein besonderes Augenmerk auf die Förderung von Bewegung und Sport in der schulischen Tagesbetreuung, vor allem in Verbindung mit den Sportvereinen, gelegt werden soll. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt: dass die Kooperation zwischen Schule und Sport verbessert und auch noch intensiviert wird. Meine Frage an Sie lautet:

Bis wann setzen Sie welche Maßnahmen, um eine tägliche Bewegungseinheit der Kinder in der Schule gemeinsam mit den Sportverbänden zu ermöglichen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Zu­nächst: Bei uns ist fast schon ein Running Gag, dass wir uns in der Früh mit der Frage: Heute schon geturnt?, begrüßen – also ein klares Bekenntnis zu Bewegung und Sport, der aber uns alle betrifft, die Gesellschaft insgesamt.

Wir haben gemeinsam einige Maßnahmen vereinbart. Wir wollen zunächst einmal – das werde ich noch rechtzeitig in diesem Semester machen – die Schüler und Schülerinnen, vor allem die Schulstandorte mit einer Mitteilung darüber informieren, dass man ja jetzt schon schulautonom Schwerpunkte setzen kann. Das ist der erste Punkt.

Der zweite Punkt ist, dass wir im Lehrplan, den wir ja auch gemeinsam – Elmar Mayer, Werner Amon und ich – ausgearbeitet haben, die Grundlagen geschaffen haben für die Neue Mittelschule. Jetzt sind schon bis zu 19 Stunden Turnen in den Neuen Mittel­schulen möglich, also auch da ein Aufmerksam-Machen auf die Möglichkeiten. Im Bereich der ganztägigen Schulangebote ist das fix eingeplant.

Und natürlich intensivieren wir die Kooperationen mit den Sporteinrichtungen, aber da gehören zwei dazu: die Schulen, die das Interesse zeigen, und die Sportorga­ni­sationen, die sich aktiv einbringen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler, bitte.

 


Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich möchte den Vorredner noch korrigieren: Es war der 15. November, als auf Initiative des


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BZÖ hier im Hohen Haus der erste Sechs-Parteien-Antrag eingebracht und auch beschlossen worden ist. (Beifall beim BZÖ.)

Zur täglichen Bewegungseinheit: Frau Ministerin, ich habe auch den Minister­rats­vortrag studiert. Das ist schön, freut uns auch – es ist nett, was da alles drinnen steht: viele Bekenntnisse und auch Aufforderungen. Es ist mir nur zu wenig, Frau Ministerin. Der Entschließungsantrag hat eine ganz klare inhaltliche Definition, die lautet: Die Regierung wird aufgefordert, die tägliche Bewegungseinheit umzusetzen – das heißt, im Wesentlichen auch auf bundesgesetzlicher Ebene Maßnahmen zu treffen, die wir dann hier diskutieren und beschließen können. Die Schulautonomie ist in Ordnung, aber, Frau Ministerin, mich würde Folgendes interessieren:

Welche ganz konkrete Maßnahme planen Sie für die nächsten Wochen und Monate, damit das rasch, möglicherweise schon im nächsten Schuljahr, flächendeckend in allen Schulen umgesetzt werden kann?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich bin ja eine Verfechterin davon, zunächst einmal auf die Initiative zu setzen, auf das Wollen, auf die Einsicht. Daher die Mitteilungen an die Schulen, an die Schulpartner – denn am Anfang muss das Wollen stehen. Was nützen Gesetze, Regelungen, die verhallen? – Es ist mir wichtig, dass die Schulautonomie lebt, dass Maßnahmen ergriffen werden. Ich werde dem Nationalrat dann Bericht erstatten.

Das Allererste, wenn Sie so wollen, als hoheitliche Maßnahme wird zunächst die Mitteilung an die Schulen sein, einmal optimal das auszunutzen, was es gibt – und wenn das gelingt, haben wir schon sehr viel erreicht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Walser, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Wir haben jetzt einiges über die Möglichkeiten der Ganztagsschule gehört. Wenn ich heute im „Standard“ das Interview mit dem Erziehungswissenschaftler Stefan Hopmann lese, sehe ich, er stellt sowohl dem ÖVP-Modell als auch dem SPÖ-Modell ein vernich­ten­des Zeugnis aus. Hopmann sagt, das sind keine Ganztagsschulen, sondern wir brauchen Ganztagsschulen nicht nur mit verschränktem Unterricht, sondern mit alternativen Lernformen, offenen Lernformen und so weiter.

Meine Frage an Sie – denn das, was jetzt passiert ist, ist eine familienpolitische Maß­nahme, aber noch keine pädagogische –: Was gedenken Sie zu tun, damit wir diesem Ideal irgendwann einmal näher kommen und wirkliche Ganztagsschulen haben, wo Kinder befreit lernen können, wo sie ohne Druck lernen können, wo Schulen dann wirklich Orte des Lernens sind und nicht mehr Orte der Belehrung, so wie das leider teilweise jetzt noch der Fall ist?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Der Hauptansatzpunkt von uns als diejenigen, die wir bundesweit Verantwortung tragen, ist auf der einen Seite die Bedingungen der Möglichkeit zu schaffen, und auf der zweiten Seite – denn persönliches Engagement können wir weder im Gesetz verankern noch über Verordnungen erreichen – steht die Handlung, die Motivation, der Einsatz am Schulstandort. Dass das heute schon möglich ist, zeigen uns ganz viele Beispiele, Herr Abgeordneter Walser.

Ich war vor Kurzem in Graz, in der Schule KLEX Klusemannstraße, einer Ganztags­schule in verschränkter Form. Ich habe dort mit Lehrern und Lehrerinnen gesprochen.


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Die wollen überhaupt nicht mehr wechseln, weil sie es als befreiend erleben, auch in Beziehung zur ihren Schülern und Schülerinnen treten zu können und wirklich ganzheitlich den Bildungsauftrag wahrzunehmen.

Das heißt, mein Hauptaugenmerk liegt darauf, die Rahmenbedingungen zu schaffen und alles zu tun, über PädagogInnenbildung, neues Dienst- und Besoldungsrecht, damit das am konkreten Standort dann passiert. Aber das persönliche Engagement, das ist wie in einem Unternehmen, in einem Ministerium, an der Schule, das müssen wir fördern.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mühlberghuber, bitte.

 


Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsident! Guten Morgen, Frau Bundesminister! Für den Ausbau der Ganztagsschule ist die Gemeinde zuständig; sie ist auch Schulerhalter und trägt auch die entsprechenden Kosten dafür.

Meine Frage ist: Wer entscheidet und wer hat Mitspracherecht betreffend den Ausbau und die Einführung der Ganztagsschulen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Sie sprechen den entscheidenden Punkt an, die Frage der Kompetenzen, vor allem im Bereich der Pflichtschulen. 70, 80 Prozent des Themas sind dort angesiedelt. Das heißt, die Schulerhalter, die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sind natürlich entscheidend, sie sind aber auch meine wichtigen Partner. Ich kooperiere sehr eng, vor allem mit Präsident Mödlhammer, bin in den Bundesländern unterwegs, treffe die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, weil sie de facto unsere Verbündeten sind.

Das heißt, da ist es einmal wichtig, dass die Infrastruktur entsprechend eingerichtet wird – daher Planungssicherheit und mehr Budget. Ansonsten haben wir die beste­henden rechtlichen Grundlagen auf bundesgesetzlicher Basis, also die Anmeldung von 15 beziehungsweise 12 Schülerinnen und Schülern, und in der verschränkten Form müssen zwei Drittel der betroffenen Eltern und der betroffenen Lehrer zustimmen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Markowitz, bitte.

 


Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie werden mir zustimmen, dass gerade Kinder das wichtigste Gut sind, das wir haben. Gerade alleinerziehende Mütter und ihre Kinder sind oft großer Armut ausgesetzt. Daher möchte ich Sie Folgendes fragen:

Was machen Sie im Zuge der Tagesbetreuung, um diese Kinder, die oft nicht den Zugang zu Bildung oder zu Sporttätigkeiten haben, zu unterstützen, ihre sportlichen, musischen und auch technische Talente fördern zu können?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das sind – im Übrigen auch, wenn Sie sich die letzten Berichte der OECD ansehen – die wesentlichen Argumente für ganztägige Schulangebote, nämlich dass wir gerade über ganztägige Schulangebote die sozialen Ungleichgewichte doch ein bisschen aus­gleichen können. Natürlich ist die Familie entscheidend. Wir kennen den Zusam­menhang zwischen der Anzahl der Bücher zu Hause und der Lesekompetenz der Kinder. Aber ich denke, wir haben den Auftrag und die Verpflichtung, auch von öffentlicher Seite im Kindergarten und der Schule für mehr Chancengerechtigkeit zu sorgen.


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Das ist ein, sage ich einmal, menschlicher Zugang, aber auch ein Gebot der öko­nomischen Vernunft. Wir können in 15, 20 Jahren nicht auf 20 Prozent unserer Erwerbs­bevölkerung verzichten – wenn ich mir die Gruppe der Risikoschüler an­schaue. Daher müssen wir investieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 2. Anfrage, 170/M, das ist die des Herrn Abgeordneten Amon. – Bitte.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Wir haben eine Fülle von Reformen auf den Weg gebracht. Eine große Reform ist die Weiterentwicklung aller Hauptschulen in Neue Mittelschulen bei gleichzeitiger Bei­behaltung der Gymnasien. Wir haben im Rahmen der Neuen Mittelschulen eine Fülle von Förder- und Differenzierungsmaßnahmen vorgesehen.

Meine Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Gibt es schon einen Überblick im Ressort, welche Differenzierungsmaßnahmen hier in besonderer Weise und in welchem Ausmaß in Anspruch genommen werden?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 170/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche der Differenzierungsmöglichkeiten, die im Zuge der Überführung der Neuen Mittelschule in das Regelschulwesen bei gleichzeitiger Beibehaltung des Gymnasiums verankert wurden, werden derzeit in welchem Ausmaß von Standorten genutzt?“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Werter Herr Abgeordneter Amon! Ich möchte zunächst auch einmal unterstreichen, dass gerade die Neue Mittelschule auch in der Konzeption der legistischen Grundlagen, denke ich, ein wirklich beispielgebendes Entwicklungsprojekt war. Elmar Mayer, Sie, Herr Abgeordneter Amon, unser Haus, das war eine Form der Ausarbeitung, die beispielgebend ist und die Schule machen sollte.

Wir haben eine Vielfalt – Sie haben es erwähnt –: Individualisierung, differenzierter Unterricht in der Klasse, Kurssystem. Nach den Rückmeldungen, die wir haben – aber wir sprechen da von 700 Schulstandorten –, ist da die gesamte Palette im Einsatz. Ich habe aber in Auftrag gegeben, dass wir einen Evaluierungsbericht bekommen darüber, welche Maßnahmen wann als zielführend eingesetzt werden.

Diese Evaluierung werden wir Anfang 2014 zur Verfügung haben, da haben wir dann schon genug Erprobungszeit – der Einsatz wechselt sich ja natürlich ab: einmal ist ein Kurssystem von Vorteil, das andere Mal wieder Teamteaching mit zwei Lehrern quasi synchron in der Klasse.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Amon, bitte.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Bundesministerin! Dieser Evaluie­rungsbericht wird ja auch so etwas wie eine Garantie dafür sein, dass die zusätzlichen Mittel, die ja durchaus bedeutend sind, auch tatsächlich an den Schulen ankommen.

Gibt es noch weitere Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Gelder auch tat­sächlich in den Klassenzimmern ankommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Sie sprechen da einen ganz wichtigen Punkt an, das Finanzcontrolling. Wir bewegen uns da ja im Pflichtschulbereich.

Wir haben sichergestellt, dass die zusätzlichen Mittel zusätzlich budgetiert sind – diese Bemerkung ist mir besonders wichtig, weil manchmal von AHS-Seite der Vorwurf kommt, wir würden da Mittel umschichten, was definitiv nicht der Fall ist. Die Mittel sind zusätzlich im Bundeshaushalt vorgesehen, und wir haben über Controlling-Maß­nahmen hier den Überblick.

Im Übrigen wollen wir – das ist Teil auch des Verwaltungsreformpaketes, wo wir ja auch gemeinsam die Grundlagen schon ausgearbeitet haben, und da werde ich von der Finanzministerin tatkräftig unterstützt –, möchte ich, so, wie das heute jedes mittel­ständische Unternehmen hat, eine einheitliche Personalverrechnungssoftware für alle Lehrerinnen und Lehrer, dann hört sich nämlich dieses gegenseitige „Wie verdächtig ist der Mensch?“ beim Einsatz von Ressourcen hoffentlich ganz auf.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Spadiut, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Geschätzte Frau Minister! Im Rahmen der Schulversuche der Neuen Mittelschule wurde immer wieder Kritik laut, dass die neue Unterrichtsmethode verschränktes Teamteaching nur in den Nebenfächern stattfindet, nicht aber in den Hauptfächern, weil dafür zu wenig Lehrkräfte zur Ver­fügung stehen.

Frau Minister! Wie werden Sie sicherstellen, dass das Problem des Lehrermangels an den Neuen Mittelschulen entschärft wird und genügend Lehrkräfte für Teamteaching auch in den Hauptfächern zur Verfügung stehen werden?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Der entscheidende Punkt ist, dass die Ressourcen, der zweite Lehrer, gemäß Gesetz – da gibt es ja gar keine Wahlmöglichkeit – in Deutsch, Mathematik und Lebende Fremd­sprache möglich ist, und nur dort möglich ist. Das wird über die Schulaufsicht auch regelmäßig kontrolliert, das wird überprüft, das muss gesetzeskonform erfolgen.

Ich erwarte mir sehr viel von der neuen PädagogInnenausbildung, die wir ja in Laxenburg vom Grundsatz her auch beschlossen haben. Ich hoffe sehr – wir arbeiten intensiv daran –, dass wir noch vor Weihnachten mit den Gesetzestexten in Begut­achtung gehen können, denn dann haben wir, was die Sekundarstufe I betrifft, auch die optimale Ausbildung und Bildung der Lehrer und Lehrerinnen für diese Unterrichtsform.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben die Einführung der Neuen Mittelschule als beispielgebend für die gute Harmonie in der Regierung genannt. Es fallen da natürlich einige Widersprüche auf.

Sie haben beispielsweise gemeint, die Neue Mittelschule sei konzipiert worden, um schlussendlich zur gemeinsamen Schule zu kommen. Davon sind wir meilenweit entfernt, es sind überhaupt keine Schritte in diese Richtung erkennbar. Auf eine Evaluierung wurde bei der Einführung ja leider verzichtet, obwohl sie vorgesehen war; die ist bislang nicht erfolgt.


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Meine Frage an Sie: Wie wollen Sie gewährleisten, dass Ihr ursprüngliches Ziel auch wirklich zum Tragen kommt und nicht auf dem Altar großkoalitionärer Eintracht geopfert wird, denn derzeit ist es so?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Abgeordneter Walser, ein Thema, über das wir uns ganz oft unterhalten, und da haben wir einfach unterschiedliche Zugänge.

Es wurde 40 Jahre lang diskutiert, was in der Sekundarstufe I geschehen soll. Jetzt wird mehr investiert, bis etwa 250 Millionen € pro Jahr für zusätzliche Lehrer, wie ja unsere bisherigen bildungspolitischen Maßnahmen insgesamt etwa 10 000 Lehrer­arbeitsplätze geschaffen haben – das muss auch einmal betont werden.

Es ist absolut notwendig, in die Sekundarstufe I zu investieren; Stichwort: Grund­kom­petenzen.

Das ändert nichts daran, dass mein politisches Ziel, unser politisches Ziel, wenn ich in Richtung der Sozialdemokratie schauen darf, die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen ist. Es ist aber auch Faktum, dass wir uns da in der Koalition im Rahmen des Machbaren bewegen, und daher sind wir auf dem Weg. – Und: Unsere Wette wird schon noch eingelöst. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Kitz­müller.

 


Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Guten Morgen, grüß Gott, Frau Minister! Österreich beteiligt sich ja jedes Mal wieder mehr oder weniger erfolgreich an den Pisa-Studien.

Meine Frage dazu lautet: Haben Sie Vergleichsdaten zwischen dem Abschneiden der Schüler in der Neuen Mittelschule, als sie noch ein Versuch war, dem Abschneiden der Schüler in den Kooperativen Mittelschulen, wie es sie in Wien gibt, dem Abschneiden der Schüler in den Hauptschulen, auch im Vergleich zum Abschneiden der Schüler in den Gymnasien? Gibt es da Vergleichsdaten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Dafür ist es, werte Frau Abgeordnete, noch zu früh, da wir noch keine ausreichenden Zahlen von Neuen Mittelschulen haben, um die Ergebnisse zu prüfen.

Wir werden überhaupt die Ergebnisse unserer Reformmaßnahmen in der ganzen umfassenden Palette erst 2018/19 abgebildet sehen, wenn genau diese Kohorte, diese Altersgruppe, von PISA geprüft wird. Das, was wir vom ersten Jahrgang der Absol­venten der Neuen Mittelschule wissen, ist, dass um 12 Prozentpunkte mehr als vorher befähigt sind, eine höhere Schule zu besuchen. Das werte ich schon als Erfolg und Förderung von Interessen und Talenten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer.

 


Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Die österreichische Bildungslandschaft befindet sich in einem starken Wandel. Das innovative pädagogische Konzept der Neuen Mittelschule hat ja zu einem guten Teil zum Ziel, die Bildungs- und Berufschancen der SchülerInnen erheblich zu verbessern, und stellt Differenzierung, individuelle Förderung und Kompetenzentwicklung in den Mittelpunkt.


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Meine Frage: Welche Rolle spielen die LerndesignerInnen bei der Individualisierung im Unterricht?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das ist ein guter Anknüpfungspunkt auch an die Frage des Herrn Abgeordneten Amon. Wir haben an jedem Schulstandort – es sind jetzt etwa 700 Neue Mittelschulen – soge­nannte Lerndesigner im Einsatz, die genau dafür verantwortlich sind, entsprechende pädagogische Konzepte zu begleiten. Die sind ausgebildet, fortgebildet von den Pädagogischen Hochschulen, sind auch regelmäßig bei Vernetzungstreffen, damit die einzelnen Standorte auch voneinander lernen, und sind in Wirklichkeit die Gruppe von Pädagoginnen und Pädagogen, die die Individualisierung auch konzeptiv weiter­entwickeln.

Es ist mir ja auch die Rückkopplung an die Pädagogischen Hochschulen wichtig, damit diese Form der Pädagogik in der Fortbildung, Ausbildung, aber letztlich auch in der Forschung und Schulentwicklung entsprechend berücksichtig wird, damit wir da dann auch in Serie gehen können. Jetzt sind das noch Piloten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur 3. Anfrage, 172/M, das ist die des Herrn Abgeordneten Dr. Rosenkranz. – Ich darf bitten, sich vielleicht immer gleich in Position zu bringen (Abg. Dr. Rosenkranz: Danke, Frau Präsidentin!), das spart Zeit. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Danke, Frau Präsidentin, ich werde es insgesamt kürzer machen, um das alles einzubringen.

Frau Bundesministerin, guten Morgen! Wenn man Zeitungsgerüchten glaubt, ist das unter Umständen ja sogar die letzte Fragestunde, die wir hier mit Ihnen haben, denn Herr Bundeskanzler Faymann denkt ja daran, nach der wahrscheinlich verlorenen Wehrpflichtbefragung (Rufe bei der SPÖ: Frage!) eine Regierungsumbildung zu machen.

Ich habe geglaubt, die Sozialdemokratie interessiert vielleicht, was bei ihr passiert – aber es interessiert vielleicht andere. Das hängt vielleicht nicht damit zusammen, dass gegendert wird, dass eine Quote erfüllt wird, sondern vielleicht auch mit dem nächsten Frühjahr, mit dem Kommunalkredit-Rechnungshofbericht oder Ähnlichem.

Meine Frage lautet, nachdem Sie mir diese Frage dieses Gerücht betreffend wahr­scheinlich nicht beantworten können, folgendermaßen:

172/M

„Wie werden Sie dem Trend entgegenwirken, dass Eltern, die zu Recht um die Bildung ihrer Kinder besorgt sind, ihre Kinder speziell in Ballungszentren immer häufiger in kostenpflichtige Privatschulen schicken (müssen)?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Auf Ihre einleitenden Bemerkungen möchte ich nicht eingehen; ich beantworte Ihre Frage. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Rosenkranz, diesen Trend kann ich zumindest in der Statistik nicht nachvollziehen. Die Privatschulen hatten 2006/07 107 000 Schüler und Schülerinnen, 2011/12 108 000 Schüler und Schülerinnen.


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Generell möchte ich auch festhalten – die Schule St. Paul der Benediktiner ist heute auch hier –, dass ich mit den Privatschulen sehr eng zusammenarbeite und sie in ihrer Tätigkeit, in ihrem Engagement sehr schätze. Das möchte ich an dieser Stelle auch unterstreichen und betonen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Was müssen wir im öffentlichen Schulsystem tun? – Da gibt es zwei Ansatzpunkte: Qualität verbessern, Angebot verbessern. Ich weiß von vielen Eltern, auch aus meinem privaten Umfeld, dass gerade die ganztägigen Angebote der Privatschulen oft die Aspekte sind, die besonders für Privatschulen sprechen. Und daher müssen wir, denke ich, auch unter dem Aspekt der Leistbarkeit, der Chancengerechtigkeit in die ganz­tägigen Schulformen investieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Leistbarkeit und auch Gerechtigkeit. Da Sie die Statistik jetzt bemüht haben: Es wird wahrscheinlich auffallen, dass der Trend zur Privatschule vor allem in Ballungszentren, im städtischen Raum groß ist.

Gibt es Untersuchungen, die besagen, dass eventuell der hohe Migrantenanteil in den Ballungszentren daran schuld sein kann, dass die Eltern zusehends ihre Kinder in Privatschulen schicken? (Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Derartige Studien, Untersuchungen sind mir nicht bekannt. Das entscheidende Motiv, das mir immer wieder genannt wird, sind die erstklassigen ganztägigen Angebote, vom Mittagessen bis zur Nachmittagsbetreuung, Bewegung und Sport, Kunst und Kultur. Das, denke ich, sind wohl Hauptmotive.

Gerade im städtischen Bereich sind doch die meisten Eltern berufstätig, also fällt dieser Aspekt dort besonders ins Gewicht. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Sacher, bitte.

 


Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Frau Bundesministerin! Zu meinem Kremser Kollegen möchte ich nur kurz sagen, seine Sorge hinsichtlich des Zugs zu den Privat­schulen kann er selbst entkräften, wenn er unsere Bemühungen unterstützt, die ganztägigen und verschränkten Betreuungsangebote – so wie in den Privatschulen – auch in den öffentlichen Schulen umzusetzen und sie nicht boykottiert! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Frau Bundesminister, meine Frage: Wie groß ist derzeit das Angebot an den öffentlichen Schulen bezüglich Nachmittagsbetreuung, und wie wird Ihr Vorhaben, das wir massiv unterstützen, da einen Ausbau vorzunehmen, ablaufen, und welche finanziellen Bedeckungen sind dafür erforderlich?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Wir haben derzeit, ich habe es vorhin kurz erwähnt, etwa 120 000 Plätze an den Schulen – verschränkte Form, aber vorwiegend auch Nachmittagsbetreuung. Mit dem jetzt vom Ministerrat, ja ich würde einmal sagen, dazu ermächtigten Schritt werden wir auf 200 000 Plätze kommen. Dazu ist es aber notwendig, mit den Bundesländern wieder Artikel-15a-Vereinbarungen abzuschließen, da wir uns ja primär im Bereich der Pflichtschulen bewegen und da über den Weg der Bundesländer die Mittel an die


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Schulerhalter, an die Gemeinden gehen müssen. Das ist der Weg, so ist der Bauplan der Republik.

Aber ich glaube, dass die 200 000 Plätze erst die Untergrenze sein werden, und deshalb möchte ich ja vor allem die Eltern auch auf ihren Rechtsanspruch auf­merksam machen, darauf, dass man schulische Tagesbetreuung auch einfordern kann. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Huainigg.

 


Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Guten Morgen, Frau Minister! Die Frage des Kollegen Rosenkranz bezog sich auf aktuelle Sorgen von Eltern. Jetzt kam es zu heftigen Elternprotesten aufgrund der Sexualaufklärungsbroschüre des bm:ukk „Ganz schön intim“.

Laut einer Umfrage ist diese Broschüre für 50 Prozent der Eltern zu intim, und sie differenziert zu wenig in der Altersgruppe zwischen sechs und zwölf Jahren. Sie be­inhaltet auch rechtliche Fehler. Es werden wichtige gesellschaftliche Fragestellungen wie Liebe und Verantwortung nicht angesprochen. Sie beinhaltet die Vielfalt, aber es werden auch Aspekte ausgelassen, wie die Sexualität von behinderten Menschen, die Elternschaft.

Deshalb meine Frage: Die Eltern sollten mehr mit einbezogen werden. Sind Sie bereit, diese Broschüre zurückzuziehen, bis ein Einvernehmen mit den Elternvertretern über eine Neugestaltung dieser Broschüre hergestellt ist? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Zunächst ein paar einleitende Worte. Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, dass wir in einer aufgeklärten Gesellschaft leben; in einer aufgeklärten Gesellschaft in mehrfacher Hinsicht des Wortes. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte festhalten, dass diese Materialien keine Materialien sind, die den Kindern in die Hand gegeben werden. Das sind Behelfe für die Lehrerinnen und Lehrer (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein) für einen verantwortungsvollen Aufklärungsunterricht in der Schule. Ich denke nicht daran, diese Unterrichtsmaterialien zurückzuziehen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein), aber wir werden in den Punkten, wo rechtliche Punkte betroffen sind (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Die sind ja inhaltlich völlig falsch! Die entsprechen gar nicht der Geset­zeslage!), natürlich die erforderlichen Korrekturen vornehmen. Aber es ist wichtig, die Kinder, die jungen Menschen umfassend mit all den Punkten, die in der Realität vorkommen, aufzuklären. Da liegt die Verantwortung bei den Lehrerinnen und Lehrern, verantwortungsbewusst umzugehen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Selbstverständlich haben da auch die Eltern entsprechende Aufgaben wahrzunehmen, vor allem auch, was Wertevermittlung et cetera betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Grosz.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Bundesminister! Wir werden darin überein­stimmen: Bildung ist Integration.

Wenn ich sehe, dass der Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache in den Grazer Bezirken Gries 88 Prozent, Lend 79 Prozent, Gösting 67 Prozent, in Kapfen­berg 40 Prozent und in Mürzzuschlag 30 Prozent beträgt, dann, muss ich sagen, können Integration und auch Bildung nicht mehr stattfinden. Darin sollten wir auch über­einstimmen.


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Daher meine Frage an Sie: Was werden Sie in Zukunft tun, damit Integration im Schulbereich stattfindet, und was werden Sie gegen diese offenkundige Bildung von Ghettoklassen tun, die weder den Schülerinnen und Schülern helfen, die eine nichtdeutsche Muttersprache haben, noch jenen, die Deutsch als Muttersprache haben?

Diese Frage ist natürlich auch im Zusammenhang mit der durchaus berechtigten An­merkung des Kollegen Rosenkranz zu sehen, der von der Flucht an die Privatschulen gesprochen hat. Das heißt, wenn nicht mehr ordentlich gelehrt wird, darf man sich nicht wundern, wenn die Schüler von ihren Eltern an andere Schulen gebracht werden.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Sie sprechen ein ganz wichtiges Thema an, und ich möchte da auch ein bisschen in die Tiefe gehen.

Der Migrationshintergrund ist ein Faktum, und wir haben zunehmend mehr junge Menschen in unseren Schulen mit Migrationshintergrund. Wenn Sie sich da die Zeit­reihe anschauen: allein in den letzten sieben Jahren um 10 Prozentpunkte ange­stiegen. Das heißt, das wird sich jetzt Jahrgang für Jahrgang durch das gesamte Schulsystem entsprechend weiterentwickeln. – Der erste Punkt.

Zweiter Punkt: Wir haben extreme Unterschiede zwischen dem städtischen Bereich und dem ländlichen Bereich und im städtischen Bereich zwischen den einzelnen Bezirken. Allein in Wien lebt jedes zweite Kind, das die Volksschule besucht, in einer Familie, wo zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird. Das ist das Thema!

Jetzt haben wir gemeinsam eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, von denen ich mir eine Wirkung verspreche. Wir haben ja oft auch gemeinsam die Beschlüsse gefasst – etwa: verpflichtendes Kindergartenjahr, Sprachförderung, kleinere Klassen –, aber ich meine, wir müssen in Zukunft die Sprachförderung noch einmal intensivieren, ganztägige Schulformen forcieren, gerade auch unter diesem Aspekt, und wir müssen die Schwerpunktschulen – ich sage jetzt bewusst nicht „Brennpunktschulen“ – noch einmal gesondert ausstatten. Wir dürfen auch dort die Lehrer und Lehrerinnen nicht alleinlassen, da müssen wir auch mit Sozialarbeitern arbeiten, und wir müssen da auch die Eltern erreichen.

Das sind die großen Aufgaben von heute und der Zukunft! Da stimme ich zu hundert Prozent mit Ihnen überein. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Korun.

 


Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin, einen schönen guten Morgen! Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, zweisprachige, mehrsprachige Kinder: Dieses Thema wurde schon angesprochen. Ich erziehe selber ein zweisprachiges Kind und bekomme hautnah mit, wie dieses Kind und auch die Freunde und Freundinnen meiner Tochter im Kindergarten gemeinsam Deutsch üben und die Deutschkenntnisse anderer nicht-deutschsprachiger Kinder mit jedem Tag besser werden.

Wir haben ja Tausende mehrsprachige Kinder in Österreich, die, wenn sie optimal gefördert würden, sehr wohl sowohl des Deutschen als auch der Muttersprache, die sie mitbringen, mächtig wären. Sie sind bei meinem Vorredner ein bisschen darauf einge­gangen. Meine Frage lautet:

Welche konkreten Maßnahmen bei der Sprachförderung haben Sie vor, in nächster Zeit zu setzen, damit diese Kinder sehr wohl gut Deutsch können als auch ihre Mutter-


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sprache beherrschen, die ein zusätzliches Asset für sie und auch für unsere Gesellschaft ist?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich denke, es ist wichtig – Sie haben es betont –, dass die Kinder zunächst einmal auf jeden Fall in der Schule integriert werden. Aber wir werden nicht umhinkönnen, zusätz­lich zu den bisherigen Anstrengungen sprachliche Förderung anzubieten. Ob das jetzt Intensivkurse sind oder andere Förderformen, auf jeden Fall ist es so, dass wir die Sprachförderung noch weiter ausbauen müssen, etwa mit Zusatzkursen. Wir wollen keine Separation, sondern Zusatzkurse für diejenigen, die das brauchen. Und – ich bleibe dabei – wir müssen Sozialarbeiter einsetzen, um auch die Eltern zu erreichen, um ein bildungsfreundliches Klima, eine bildungsfreundliche Einstellung zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Köfer.

 


Abgeordneter Gerhard Köfer (ohne Klubzugehörigkeit): Frau Bundesminister! Zu­nächst einmal gratuliere ich Ihnen zu Ihrer Art: zu Ihrer verbindlichen Art, wie Sie sich des Themas „Ganztagsschule in Österreich“ annehmen. Das gefällt mir ausge­nommen gut. – Ich komme jetzt zu meiner Frage.

Soziologische Untersuchungen zeigen immer wieder, dass der Zulauf speziell zu den Privatschulen vor allem von Eltern aus der gehobenen Mittelklasse kommt, was zeigt, dass diese offenbar unserem Bildungssystem misstrauen.

Wie wollen Sie dem Misstrauen dieser Eltern entgegentreten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Nun, dass Privatschulen zunächst einmal von finanzkräftigen Eltern nachgefragt werden, ist ja nicht überraschend, denn die sind entsprechend teuer. Das Einzige, das da hilft – und das ist ja unser Ansatz –, ist die Sicherstellung der Qualität des öffentlichen Schulsystems.

Wir müssen die Qualität der öffentlichen Schulen sicherstellen, und deshalb sind die Bildungsstandards so wichtig, deshalb ist die standardisierte Matura ein zentraler Eckpunkt und deshalb ist die neue PädagogInnenbildung so wichtig. Qualität, Qualität, Qualität!, das muss unser Credo sein.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 174/M, jener des Herrn Abgeordneten Dr. Zinggl. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Guten Morgen, Frau Bundes­ministerin! Sie wissen, dass in ganz Österreich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kulturinitiativen weit unter ihrer Arbeitsleistung entlohnt werden. Wir haben Stichproben gemacht, und es stellte sich heraus, dass nicht wenige weniger als 50 Prozent des Entgeltes, das dem Gehaltsschema der Gewerkschaft entspricht, als Lohn erhalten.

Daher meine Frage:

174/M

„Am 7. Juli 2011 wurden Sie mittels einstimmig gefasster Entschließung des National­rates aufgefordert, sozialwissenschaftlich abgesicherte Grundlagen zur Situation der Kulturinitiativen und ihrer MitarbeiterInnen erarbeiten zu lassen und die Ergebnisse zu


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veröffentlichen. – Bis wann werden Sie dieser Aufforderung des Nationalrates nach­kommen?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Abgeordneter Zinggl, Sie sprechen hier einen – ich sage das gleich sehr offen – sehr heiklen Punkt an. Der Entschließungsantrag hat auch vorgesehen, die IMAG, die Interministerielle Arbeitsgruppe, mit diesem Thema zu befassen.

Sie kennen sicher die Zuständigkeiten in diesem Bereich. Wir bewegen uns beim Thema „Kulturinitiativen“ primär in dem Bereich, wo die einzelnen Bundesländer Förderungen vornehmen. Ich habe daher die Landeskulturreferententagung mit diesem Thema befasst und um ihre Mitarbeit gebeten, denn ich denke, es nützt uns jetzt einmal eine weitere Studie nichts, sondern wir brauchen zuerst Fakten und Grundlagen. Aber es haben sich bisher leider erst zwei Bundesländer bereit erklärt, in diesen Prozess einzusteigen, also sich das genauer anzuschauen, auch mit den dann daraus folgenden Implikationen.

Ich werde im Frühjahr noch einen Anlauf nehmen und die Landeskultur­referen­tentagung nochmals damit befassen, um da ein Stück weiterzukommen. Aber ich sage ganz offen: Das ist ein sehr schwieriges Gebiet.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Zinggl.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Da es sich um ein österreichweites Phänomen handelt und die Kulturinitiativen auch bei Ihnen budgetiert sind, der Nationalrat die Entschließung aber direkt an Sie gerichtet hat, so eine Studie zu erarbeiten und zu veröffentlichen, wiederhole ich meine Frage:

Werden Sie so eine Studie, nachdem der Nationalrat darum ersucht hat, in Auftrag geben: ja oder nein?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ja natür­lich werde ich diesem Entschließungsantrag Folge leisten, so wie ich immer die Entschließungsanträge des Souveräns ernst nehme. Sie kennen mich, ich verfolge die Dinge sehr genau.

Ich möchte aber zunächst noch einmal die Landeskulturreferententagung damit befas­sen, denn eine allgemeine Studie zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler haben wir ja bereits, sie stammt aus dem Jahr 2008. Aber sollte ich da nicht weiter­kommen, dann wird wohl die Beauftragung einer Studie der nächste dann zu setzende Schritt sein, mit dem ich selbstverständlich, dem Entschließungsantrag folgend, dem Ersuchen des Nationalrates nachkommen werde.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Jury.

 


Abgeordneter Josef Jury (FPÖ): Schönen guten Morgen, Frau Minister! Der Frage­steller vor mir hat eine negative Sichtweise, was die Kulturinitiativen betrifft, und bringt immer wieder Bad-Practice-Beispiele.

Ich bringe jetzt ein Best-Practice-Beispiel: die Künstlerstadt Gmünd, die im Kultur­bereich und im Kunstbereich federführend und eine Vorzeigestadt ist. – Meine Frage lautet:


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Welche Maßnahmen werden Sie gemeinsam mit Ihrem Ministerium ergreifen, dass die Förderung von Kultur und Kunst, von zeitgenössischer Kultur und Kunst, durch privates Sponsoring steuerlich als Sonderausgabe anerkannt wird?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das ist ein Thema, dass uns ja schon, ich möchte fast sagen, Jahrzehnte beschäftigt. Das kenne ich noch aus meiner Zeit, als ich im Finanzministerium gearbeitet habe. – Wir haben diesen Wunsch im Finanzministerium deponiert. Es bleibt wohl abzuwarten, inwieweit das bei einer Steuerreform dann aufgegriffen wird.

Was die Maßnahmen, die ich jetzt unmittelbar setzen kann, betrifft, kann ich sagen: Ich freue mich sehr, dass wir in budgetär schwierigen Zeiten immerhin das Budget um 500 000 € auf 5,5 Millionen € 2013 erhöhen konnten. Und ich freue mich, dass ich wieder Planungssicherheit geben kann, und zwar durch mehrjährige Verträge.

Und: Sehr, sehr viele Kulturinitiativen kooperieren jetzt schon mit den Schulen. Es werden diese Möglichkeiten noch zunehmen über die ganztägigen Schulangebote, sodass auch von dieser Seite Impulse und auch Beschäftigungsmöglichkeiten kommen werden.

Ich denke, dass damit insgesamt das Ansehen der Kunstschaffenden weiter steigen wird, und das halte ich für besonders wichtig.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig.

 


Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin, Sie haben die Studie zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler, die 2008 veröf­fentlicht wurde, bereits angesprochen. Darin wird vor allem die Problematik aufgezeigt, mit der Künstlerinnen und Künstler in ihrem Arbeitsumfeld konfrontiert sind. Es werden darin aber auch die Belastungsfaktoren angesprochen, mit denen Künstlerinnen und Künstler zu kämpfen haben, speziell was Sozialrecht, versicherungsrechtliche Absicherungen, aber auch was Absicherungsmöglichkeiten bei Verdienstausgängen betrifft.

Ich weiß, dass Ihnen, Frau Ministerin, die Freiheit der Kunst, die Freiheit der KünstlerInnen auf der einen Seite und die Wertschätzung der KünstlerInnen auf der anderen Seite ganz besonders wichtig sind. – Meine Frage lautet daher:

Welche Initiativen werden Sie setzen zur besseren sozialen Absicherung von Künstle­rinnen und Künstlern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das Aller­wichtigste sind, denke ich, zunächst einmal die Offensivmaßnahmen, nämlich das Kunstschaffen in Österreich zu fördern: auf der einen Seite finanziell über die Kunstförderungen, über die Projektförderungen, aber auf der anderen Seite auch durch Anerkennung und Wertschätzung. Daher: Preise, Auszeichnungen, das Kuratieren von Ausstellungen mit zeitgenössischen österreichischen Künstlerinnen und Künstlern, die Förderung des Filmschaffens, und zwar auch im innovativen Bereich. Das müssen die Offensivmaßnahmen sein, damit sich die Künstlerinnen und Künstler etablieren und ein Einkommen erzielen können! Das sind die wichtigen Maßnahmen.

Darüber hinaus: Künstlerhilfe, Literar-Mechana, Sozialfonds, Künstler-Sozialversiche­rungs­fonds, um auch abfedernd wirksam zu sein.


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Leider können wir Ideen, die in Richtung Grundabsicherung der Künstlerinnen und Künstler gehen, über das Kunstbudget nicht Folge leisten. Aber wir müssen alles daransetzen, die Kunstschaffenden, die mit uns leben, zu fördern und wertzuschätzen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Durchschlag.

 


Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Guten Morgen, Frau Ministerin! Der Kulturrat Österreich als Zusammenschluss der Kulturmedien und Kunstschaffenden hat vor einigen Tagen Bilanz gezogen in der Publikation mit dem Titel „42 Monate Interministerielle Arbeitsgruppen (IMAG)“.

Darin wird beklagt, dass vier Jahre nach der Studie zur sozialen Lage der Künstlerinnen und Künstler in Österreich nicht rasend viel weitergegangen ist und es weder im Bereich der Sozialversicherung noch bei der Arbeitslosenversicherung noch bei der Kunstförderung große Strukturveränderungen gegeben hat. Jetzt meine Fragen an Sie:

Wie beurteilen Sie diesen Bericht? Was sagen Sie zu diesem Prozess, den Sie ja 2009 maßgeblich angestoßen haben? Welche Initiativen werden Sie ergreifen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: In der Tat ist das ein sehr steiniger und weiter Weg. Wir – ich darf hier in Form von „wir“ sprechen, weil vor allem Andrea Ecker, meine Sektionschefin in der Kunstsektion, sich da sehr stark einbringt – sind sehr froh, dass es uns geglückt ist – übrigens als erstem Land in diesem Maßstab –, eine interministerielle Arbeitsgruppe als Dauerarbeits­gruppe für Künstler einzurichten.

Ich möchte die Erfolge hier nicht zu kritisch oder zu gering bewertet sehen. Wir haben doch enorme Steigerungen im Künstler-Sozialversicherungsfonds, was die Zuschüsse für die Künstler betrifft. Wir haben ein Schauspielergesetz. Wir haben Informations­materialien enorm verbessert und vor allem auch die Wertschätzung und Wahrneh­mung für Kunst und Kultur in allen Ressorts verankert. Wir beschäftigen uns jetzt sehr intensiv – vor allem ist da Beatrix Karl federführend tätig – mit dem ganzen Fragen­komplex des Urheberrechts.

Also ich sehe es nicht ganz so kritisch. Ich kann schon die Enttäuschung zum Teil verstehen, weil da enorm viel Arbeit investiert wird, aber die wird nicht umsonst investiert. Es gelten auch da die Gesetze der Physik: Auch intellektuelle Energie geht nicht verloren! Und wir kommen weiter. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Huber.

 


Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Kunst ist ein Teil von Kultur. Frau Bundes­minister, die Initiative, Kunstwerke, Kunstgegenstände, welche sich in öffentlicher Hand befinden, zu verleihen, ist wichtig, ist richtig, ist Teil der Kulturpolitik. Das ist eine gute Kulturinitiative.

Aber es verschwinden jährlich Tausende Kunstwerke. Allein in Tirol sind, haben wir jetzt erfahren, 475 Kunstwerke verschwunden, wurden gestohlen, haben sich sozu­sagen in Luft aufgelöst. Niemand weiß, wo sie sind.

Auf Bundesebene ist es in der Artothek, in den Bundesmuseen ähnlich. Daher würde mich Folgendes interessieren:

Was werden Sie unternehmen, um dem Einhalt zu gebieten, und dass die Diebe, wer auch immer sie sein mögen, ausgeforscht werden, damit diese Kunstgegenstände wieder zurück in die Hand des Steuerzahlers kommen?

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Kon-trolle, Kontrolle, Kontrolle! Wachsam sein!

Wir haben – ich darf jetzt über den Bund sprechen – die Sammlung des Bundes, die Artothek, komplett digitalisiert. Es wird die Artothek jetzt vom Belvedere, vom 21er Haus mit betreut, und es wird dort sehr sorgsam darauf geachtet, wo sich die einzelnen Werke befinden. – Also ich kann nur antworten: Da muss man ganz strikt sein, kontrollieren und ordnungsgemäß die Dinge abwickeln.

Aber auf gar keinen Fall darf man das Verleihen in Frage stellen, denn das ist ganz, ganz wichtig in Sinne dessen, was ich vorhin gesagt habe, nämlich: Wertschätzung der Kunst, der Künstlerinnen und Künstler, und daher ist die öffentliche Wahrnehmung sehr wichtig.

Ich freue mich, dass jetzt auch schon die Bundesschulen dazu übergehen, ihre Räume entsprechend mit Kunstwerken aus der Artothek zu gestalten. Auch da gilt der Grundsatz: Man kann nicht früh genug beginnen, Interesse zu wecken.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 173/M, jener der Frau Abgeordneten Haubner. – Bitte.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin, Sie kennen sicher die aktuellen Arbeitsmarktdaten: Die Arbeitslosigkeit steigt leider, auch die Jugendarbeitslosigkeit, und der Anstieg bei der Zahl der Lehrstellensuchenden ist auch ein sehr großer. Das Angebot kann da nicht immer mit der Nachfrage bei den Lehrstellensuchenden mithalten.

Seit Jahren fordert die Wirtschaft, wie Sie wissen, gut ausgebildete Pflicht­schul-abgängerinnen und Pflichtschulabgänger.

Daher meine Frage an Sie, Frau Bundesministerin:

173/M

„Die Arbeitgeber beklagen sich zunehmend über mangelnde Grundfähigkeiten ange-hender Lehrlinge. – Wie werden Sie sicherstellen, dass mit Abschluss der Pflichtschule auch eine Arbeitsmarktreife der Absolventen gegeben ist?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das, was wir in der Tat sicherstellen müssen, sind die Grundkompetenzen. Und da haben wir Handlungsbedarf. Es ist heute nicht gesichert, dass jeder Schüler/jede Schülerin, der/die die Pflichtschule verlässt, auch ausreichend über die Grundkompetenzen verfügt. Das ist Faktum! Daher können wir im Bereich der Bildung nicht sagen: Laisser-faire, eh alles in Ordnung! – Da ist nicht alles in Ordnung!

Daher: Bildungsstandards, kleinere Klassen, Individualisierung, Sprachförderung – auch das zunehmend ein Thema der Migration im städtischen Bereich. Fest steht: Wir haben hier Handlungsbedarf.

Ich erwarte mir sehr viel von unserer gemeinsamen Initiative, die von allen Bil-dungs­sprechern hier im Parlament unterstützt wird, nämlich dass wir insbesondere die neunte Schulstufe unter die Lupe nehmen. Ich denke, das wäre auch eine Chance, die Grundkompetenzen per Zertifikat – mit einem Geprüft-Siegel, einem Qualitätsgüte­siegel, wenn Sie so wollen – entsprechend zu sichern.


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Das müssen wir tun, denn ich kann Ihrem Befund nur beipflichten: Auch ich höre von künftigen Arbeitgebern, dass es oft an den Grundkompetenzen mangelt. Auf der anderen Seite sind wieder andere Kompetenzen, von denen wir weit entfernt sind, bei den Jugendlichen extrem gut ausgebildet – also was den ganzen technischen Umgang mit neuen Medien betrifft. Auch das gilt es wertzuschätzen, aber auf die Grund­kompetenzen dürfen wir nicht verzichten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Haubner.

 


Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Bundesministerin! Ich stimme mit Ihnen absolut überein, was die Grundkompetenzen anlangt und dass da vieles zu tun wäre. Sie haben angeregt, dass man eine Art Qualitätsgütesiegel am Ende der Pflichtschule ausstellen könnte. Daher meine Frage:

Wir vom BZÖ haben eine Art standardisierte Arbeitsmarktprüfung vorgeschlagen – so etwa der Arbeitstitel. Gefallen ist auch der Titel „Mittlere Reife“ oder „Qualifi­kations­check“, wie immer man das auch bezeichnen mag. Können Sie sich vorstellen, so etwas umzusetzen? Und wenn nicht, was würde Sie daran hindern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich denke, dass das der Ansatzpunkt ist. Wir werden ja im Jänner gemeinsam zu diesem Thema beratschlagen, dass das ein wichtiger Ansatzpunkt wäre, um zum einen die Polytechnischen Schulen aufzuwerten und auf der anderen Seite Kompetenzen abzusichern.

Dabei können wir unser Know-how, das wir uns jetzt im Rahmen der Umsetzung der Bildungsstandards erwerben, nutzen, um zu erreichen, dass es dann jedenfalls – vielleicht per Zertifikat; nennen wir es einmal so – gesicherte Kompetenzen, bestätigte Kompetenzen gibt, auf denen die Unternehmen aufbauen können und die die Qualität und den Wert der Schule unterstreichen. Das heißt, wir müssen alles daransetzen, dass die Schule anerkannt wird und dass das nicht ausgelagert wird.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin, was Sie gerade gesagt haben, ist erschreckend. – Das, was aus dem österreichischen Schulwesen heraus­kommt, entspricht nicht dem, was wir wollen.

Die Schuld dafür kann man nicht Ihnen persönlich anlasten. Das sind jahrzehntelange Fehlentwicklungen im österreichischen Bildungssystem, und es ist relativ eindeutig, wo die Ursachen dafür liegen. Wir haben schon über die notwendige Schulreform gesprochen. Insbesondere die Sekundarstufe I ist ein Problemfall, weil sich die Kom­petenz der SchülerInnen ja von der Volksschule bis zum Ende der Sekundarstufe noch verschlechtert, wie das internationalen Testungen zu entnehmen ist.

Meine Frage daher: Was gedenken Sie zu tun, um einerseits langfristig, andererseits kurzfristig, denn wir werden auch kurzfristige Maßnahmen setzen müssen, betreffend dieses Manko Abhilfe zu schaffen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Zum einen plädiere ich hier für eine differenzierte Argumentation: auf der einen Seite den Problemen ins Auge schauen und handeln, auf der anderen Seite aber auch sehen, wo wir sehr gut sind. Berufsbildendes Schulwesen, Platz 1 OECD, 80 Prozent unserer 15- bis 18-, 19-Jährigen sind in einer berufsbildenden Ausbildung. Weltweit werden wir


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darum beneidet. Wöchentlich kommen Delegationen zu uns, die einfach schauen wollen, wie wir das machen, und das auch einsetzen wollen.

Betreffend Problemfelder erkennen und handeln: Ich denke, alle Maßnahmen greifen da, vor allem vom Kindergarten, Sprachförderung, bis in den Volksschulbereich und natürlich auch zu verstärkten Investitionen in die Neue Mittelschule.

Und ich denke, dass wir im städtischen Bereich – und dort in einzelnen Bezirken, wo die Probleme kumuliert auftreten, nämlich Migration und sozial arm – verstärkt handeln müssen: Sozialarbeiter, vermehrte Sprachförderung. Da müssen wir noch einmal kon­zentriert Aktionen setzen. Wenn Sie so wollen, die Coaches, die wir jetzt gemeinsam mit dem AMS im Einsatz haben, sind schon so ein Schritt in die Richtung. Wir müssen auch die Bildungspolitik stärker differenzieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Linder.

 


Abgeordneter Maximilian Linder (FPÖ): Frau Minister! Als Bürgermeister und somit Schulerhalter komme ich noch einmal auf das Thema Nachmittagsbetreuung oder Ganztagsschule zu sprechen. Ich sehe ein großes Problem in der Entscheidung, wer die Ganztagsschule haben will oder wer zustimmt.

Viele Gemeinden sind derzeit bei der Planung, die Volksschulen umzubauen und zu sanieren, und stehen vor der Entscheidung, ob sie die Schulen für den Nachmittags­unterricht fit machen sollen – was mit hohen Kosten verbunden ist –, um im Endeffekt dann aber nicht selbst entscheiden zu können, ob der Nachmittagsunterricht kommen wird. Das heißt, entweder investieren wir sehr viel Geld – das Geld ist fast in den Sand gesetzt, weil es die Lehrer verhindern – oder wir setzen die Investition derzeit aus, und dann kommt doch die Entscheidung, wir wollen einen Nachmittagsunterricht haben, und wir müssen im Nachhinein eine sanierte Schule umbauen.

Was empfehlen Sie den Gemeinden, die vor diesen Entscheidungen stehen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Wenn Sie mich um eine Empfehlung fragen, dann würde ich sagen, ich würde bei den Eltern ansetzen. Entscheidend ist, dass im Rahmen der Schuleinschreibung die Eltern gefragt werden, ob schulische Tagesbetreuung gewünscht wird, ob ein Bedarf bei den Eltern gegeben ist, wobei das nicht nur zum Zeitpunkt der Schuleinschreibung der Fall sein sollte, sondern sich diese Entscheidung ja jedes Jahr stellt. Man kann ja in der 2., 3., 4. Klasse das dann auch haben wollen, und dann entscheidet der Wunsch der Eltern.

Die Mitwirkung, die Zweitdrittelregelung der Lehrer betrifft die verschränkte Form, aber über die Nachmittagsbetreuung an der Schule entscheiden die Eltern. Und daher würde ich, wäre ich Bürgermeisterin, die Bürgerinnen und Bürger fragen und im Ort schauen, ob der entsprechende Bedarf da ist – Planungssicherheit wird jetzt bis 2018 gegeben sein –, und dann würde ich ans Werk gehen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Riepl.

 


Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Ich glaube, jeder politisch Interessierte in unserem Land wird, wenn er es objektiv betrachtet, erkennen, dass in den letzten Jahren sehr viele Bildungsreformschritte gesetzt wurden. Im Vergleich zu früher muss das auffallen. Dafür ist Ihnen und Ihrer Ressortführung, wie ich meine, zu danken.

Sie haben betont, Qualität ist in der Schule wichtig. Es ist jetzt in dieser Fragestunde schon mehrmals das Stichwort „Bildungsstandards“ gefallen. Meine Frage lautet daher:


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Wie sind diese bisher umgesetzt worden, in welchen Schulen, wie viele Schüler, in welchen Gegenständen? Wie schaut das aus Ihrer Sicht aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ja, sehr verehrter Herr Abgeordneter Riepl, die Bildungsstandards sind wirklich das neue Instrument, das jetzt in Österreich im Einsatz ist.

Wir haben die Bildungsstandards so definiert, dass das die Zielkompetenzen sind: Das sollen Schülerinnen und Schüler am Ende der 4., am Ende der 8. Schulstufe können. Das richtet sich nach den Lehrplänen. Es wurden jetzt im Mai österreichweit 80 000 Schüler getestet, also eine Vollerhebung. Und wir werden zum ersten Mal in der Geschichte des österreichischen Schulwesens eine Vollerhebung zu den Kompetenzen der Schüler und Schülerinnen am Ende der 8. Schulstufe im Fach Mathematik haben.

Das gilt zum einen als Befund, wenn Sie so wollen, aber ganz entscheidend ist jetzt, dass wir das als Grundlage nehmen, um Schulentwicklung in Gang zu setzen, um entsprechende Qualitätsverbesserungen an den Schulstandorten zu initiieren. Nächste Woche wird es so weit sein, da werden wir die ersten Ergebnisse und die Maßnahmen präsentieren.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Pack.

 


Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Mein Vorredner und die Frau Abgeordnete Haubner haben ja bereits, was den Bereich der Standards betrifft, einleitend gesagt, dass es für die Wirtschaft wichtig ist, dass die Qualität passt, vor allem wenn es um das duale Berufsausbildungssystem geht. Aber damit dieses System überhaupt funktioniert, muss im Vorfeld, also in der Pflichtschule beziehungsweise in der 9. Schulstufe, auch das Angebot entsprechend erweitert werden, wenn es darum geht, welche Möglichkeiten es nach der 9. Schulstufe gibt. Die Voraussetzung dafür ist, dass wir auch genügend gute Schülerinnen und Schüler haben, die den Weg in Richtung Facharbeit einschlagen. Meine Frage dazu, Frau Bundesministerin, lautet folgendermaßen:

Welche Maßnahmen setzt Ihr Ministerium in diesem Bereich, dass sozusagen auch das Modell „Karriere mit Lehre“ bei den Schülerinnen und Schülern beworben wird und ankommt?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Meine Antwort geht in zwei Richtungen. Der eine Punkt, der sehr, sehr wichtig ist, sind Berufsberatungen, die an der Schule stattfinden. In der Neuen Mittelschule haben wir das jetzt verpflichtend, 3., 4. Schulstufe. Ich halte es für sehr wichtig, sich im Hinblick auf ihre Begabungen, Interessen und Neigungen auch mit den Schülern, Schülerinnen auseinanderzusetzen, wie denn der künftige Berufsweg sein kann. Es sollte also nicht in die Richtung laufen, dass das gewählt wird, was vielleicht die Eltern gern sehen würden, sondern dass es möglichst den eigenen Interessen entspricht. – Das ist einmal der eine Ansatzpunkt.

Und der zweite Ansatzpunkt – und da freue ich mich sehr, dass das so gut aufgeht – ist Lehre und Matura, übrigens ein Projekt, das damals in Kärnten begonnen hat, wo wir heute über 10 000 Lehrlinge haben, die sich auch gleichzeitig auf die Matura vorbe­reiten und mit den Unternehmen kooperieren. Und damit, denke ich, werten wir auch die Lehre ein Stück auf, das bedeutet auch wieder Wertschätzung und Anerkennung.

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 177/M, das ist die der Frau Abgeordneten Kaufmann-Bruckberger. – Bitte.

 


Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Grüß Gott, Frau Bun­desministerin! 20 Prozent der Pflichtschulabgänger sind nicht in der Lage, sinnerfassend zu lesen und ausreichend zu schreiben. Diese Voraussetzungen bieten ganz einfach auch nicht die Möglichkeit einer weiterführenden Ausbildung beziehungs­weise erschweren sie natürlich auch den Weg in das Berufsleben.

Mit welchen Maßnahmen – und vor allem, in welchem Zeitraum – wollen Sie ein Zeichen setzen, damit es zu einer Änderung beziehungsweise auch zu einer Verbes­serung dieser Situation kommt?

*****

Die schriftlich eingereichte Anfrage, 177/M, hat folgenden Wortlaut:

„20  Prozent der Pflichtschulabgänger sind nicht in der Lage, sinnerfassend zu lesen und ausreichend zu schreiben. Sie erfüllen damit die Voraussetzungen NICHT, um erfolgreich in ein Erwerbsleben oder eine weiterführende Ausbildung eintreten zu können. – Welche Maßnahmen wollen Sie in welchem Zeitraum setzen, um hier eine Änderung zu erzielen?“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Im Bil­dungsbereich gibt es leider nicht die einzelnen Maßnahmen, wo man dann gleich sagen kann: Und jetzt ist alles besser. Es ist ein Bündel von Maßnahmen, das wir jetzt gemeinsam schon seit einiger Zeit umsetzen und auch in der Schule implementieren: verpflichtender Kindergarten, kleinere Klassen, Sprachförderung, Investitionen, mehr Lehrer in die Sekundarstufe I, in die Neue Mittelschule, Bildungsstandards, Jugend­coaching, Nachholen von Bildungsabschlüssen – im Sinn auch einer Reparaturmaß­nahme, wenn es dann halt quasi zu spät ist –, also ganz viele Punkte. Mut zur Gleichzeitigkeit.

Und was uns gemeinsam auch gelingen muss – denn Bildung ist nicht delegierbar, für Bildung braucht es Disziplin, harte Arbeit, Einsatz, Eigenleistung; auch das müssen wir wieder ein Stück mehr in den Vordergrund rücken –, ist ein bildungsfreundliches Klima in der Gesellschaft. Und deshalb ist es ja so wichtig, da auch mit den Eltern gemein­sam zu wirken. Ich halte das für sehr entscheidend. Neben den Rahmenbedingungen, die ich geschildert habe, geht es ganz stark auch um Kultur, Einstellung, Haltung, Disziplin.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger.

 


Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Es gibt ja auch ganz einfach Menschen mit niedrigem Ausbildungsniveau, die dadurch auch gering quali­fiziert sind und somit auch von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind.

Sie haben ohnehin schon kurz erwähnt, dass die Erwachsenenbildung natürlich sehr wichtig ist, aber welche Maßnahmen wollen Sie setzen, um auf der einen Seite den Analphabetismus zu beseitigen – das betrifft rund 500 000 Menschen in Österreich –, aber auch die Schwächen in den Grundrechnungsarten zu beheben?

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 40

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich denke, die wichtigste Basis dafür, was wir von öffentlicher Seite her tun können, Frau Abgeordnete, ist das Nachholen von Abschlüssen. Und ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist – im Übrigen ist das das erste Mal in der Zweiten Republik –, eine Artikel-15a-Vereinbarung mit den Bundesländern abzuschließen, was den Bereich Erwachsenenbildung betrifft. Da haben wir zwei Schienen: das Nachholen der Basis­bildung, der Grundlagen, und das Nachholen der Pflichtschulabschlüsse. Wir koope­rieren da sehr eng mit den Bildungseinrichtungen der Erwachsenenbildung – also ein sehr niederschwelliger Zugang –, und wir müssen jetzt vor allem auch schauen, wie wir diese Zielgruppe erreichen und ansprechen können.

Also wenn man es jetzt aus OECD-Sicht betrachtet, dann geht es auf der einen Seite um das Entwickeln von Kompetenzen – dafür ist die Schule verantwortlich, Kinder­garten, Familie –, aber es geht auch um das Aktivieren und Nachholen von Kompe­tenzen, wie im Bereich der Erwachsenenbildung, wo ich mich sehr engagiere.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Franz.

 


Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Zu den Grundkompetenzen gehört neben dem Lesen und Schreiben auch die Sprache. Leider haben wir noch zu viele Kinder, die sprachliche Defizite haben.

Frau Ministerin, was wollen Sie tun, um diesen Kindern zu helfen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich habe es vorhin schon erwähnt: Das ist eine Themenstellung, die uns massiv im städtischen Bereich beschäftigt. In Wien lebt jedes zweite Kind in einer Familie, in der zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird. Das ist auch ein Thema einzelner Bezirke, einzelner Lebensumgebungen. Es ist heute auch nicht mehr so, dass man die Landessprache zum Beispiel über das Fernsehen lernen kann, weil eben auch andere Programme empfangen werden.

Das heißt, wir haben ein großes Thema mit der Sprachförderung, und von öffentlicher Seite müssen wir daher den Kindergarten weiterentwickeln und Sprachförderung unterstützen. Ich bin absolut dafür, auch ein zweites Kindergartenjahr mit Bildungs­aspekten anzureichern, denn wir wissen von Experten und Expertinnen, dass das Erlernen der Sprache ein längerer Prozess ist.

Und es ist natürlich auch wichtig, dass wir die Kinder mit Migrationshintergrund, die oft noch dazu in sozial armen Familien leben, auch länger in Betreuung haben, wodurch wir ihnen Chancen und Möglichkeiten bieten können.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schenk.

 


Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Ministerin! 27,3 Prozent der Schüler haben im Schuljahr 2010/2011 die Schule ohne Abschluss abgebrochen. 23,8 Prozent davon waren laut Statistik Austria Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache.

Meine konkrete Frage: Welche Maßnahmen wollen Sie setzen, um vor allem bei Kin­dern mit Migrationshintergrund die sehr hohe Drop-out-Quote zu senken?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das schließt, denke ich, an die schon gegebenen Antworten an. Ich würde das in zwei Kategorien aufteilen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 41

Das eine ist die aktive Förderung während der Schullaufbahn, wo viel, viel stärker auf Schwerpunktgebiete, Schwerpunktschulen eingegangen werden muss. Während es heute selbstverständlich ist, dass wir von der Individualisierung des Unterrichts sprechen, müssen wir auch die bildungspolitischen Instrumente noch differenzierter einsetzen und Schwerpunktschulen noch stärker unterstützen, denn wir können es uns als Gesellschaft einfach nicht leisten, in Zukunft auf 20 Prozent der Erwerbsbevöl­kerung zu verzichten. Das wäre fatal für die Wohlstandsentwicklung Österreichs. Und immerhin sind wir heute unter den Top-5-Wirtschaftsländern der EU und unter den Top-10-Ländern der Weltwirtschaft. Wenn wir da bleiben wollen, dürfen wir niemanden zurücklassen.

Der zweite Aspekt ist etwas, was ich vorhin schon erwähnt habe: das Nachholen der Basisbildung und da vor allem das Ansprechen von Migrantenvereinen, von NGOs, um motivierend zu wirken.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Walser.

 


Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass wir ein bildungsfreundliches Klima in Österreich brauchen. Dabei unterstützen wir Sie sehr. In diesem Zusammenhang ein Hinweis:

Sie werden sich daran erinnern, dass wir vor drei Jahren gemeinsam beschlossen haben, die Förderung der Privatschulen, auch der nichtkonfessionellen, so zu gestalten, dass zumindest 1 000 € pro Schülerin und Schüler herauskommen. Aus diesen 1 000 € damals sind inzwischen etwa 700, 800 € geworden. Viele dieser sehr, sehr engagierten Schulen sind am finanziellen Limit. Sie wissen nicht mehr, wie sie das finanzieren sollen. Wir wissen, wie wichtig diese Schulen sind als Salz, wenn wir so wollen, in der pädagogischen Suppe. Und ich glaube, es ist in unser aller Interesse, diese Schulen zu fördern.

Meine Frage an Sie: Was gedenken Sie zu tun, damit wir wieder zumindest zu dieser Ausgangsförderung zurückkommen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Zunächst möchte ich das auch noch einmal bekräftigen und bestärken, nämlich Ihren Eindruck davon, was diese Schulen für die Schulentwicklung leisten, für innovative pädago­gische Konzepte. Allein wenn ich an die Lehrplangestaltung denke – die Kompetenz­orientierung –, dann muss ich sagen, da sind einzelne Entwicklungen nahezu beispiel­gebend.

Und ich freue mich auch sehr darüber, dass sich die Schulen bei Entwicklungs­projekten – Beispiel Bildungsstandard – aktiv und an vorderster Front einbringen. Also höchste Wertschätzung und Anerkennung meinerseits. Wir haben diesbezüglich ja auch schon über die Parteigrenzen hinweg Gespräche darüber geführt, wie wir diese Schulen auf eine stabilere Basis stellen können.

Ich werde diese Gespräche engagiert weiterführen, denn ich bin an strukturellen Rah­men­bedingungen interessiert, damit sich diese Schulen gut weiterentwickeln können, mit Betonung auf den strukturellen Rahmenbedingungen, die hier gesichert sind.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz.

 


Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Um das Lesen, Rechnen und Schreiben ist es offensichtlich nicht so gut bestellt wie noch vor einigen Jahren oder Jahrzehnten. Dennoch gibt es in diesem Bereich für


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die Sechs- bis Zwölfjährigen eine Bewusstseins- und Wissenserweiterung in Bezug auf die Sexualerziehung, geht es nach den Plänen des bm:ukk. Wenn man schon nicht mehr ordentlich Lesen, Rechnen und Schreiben kann, dann weiß man immerhin, was eine Samenbank ist. Das ist dann im Gegenzug bereits so wichtig, dass es in den Wissensschatz aufgenommen wird.

Vielleicht gilt es als ein Punkt der Rechtschreibung, wenn man auf Seite 25 für ein – wie es dort heißt – abwertendes Wort für Selbstbefriedigung lesen kann, dass es dort mit ch geschrieben wird und nicht mit x. Das ist vielleicht für die Rechtschreibung von jenen, die Graffitis an irgendwelchen Eisenbahnunterführungen anbringen, wichtig, aber ich glaube nicht, dass das in irgendeiner Form für die Sechs- bis Zwölfjährigen geeignet ist.

Sie haben bereits, als die Sexualbroschüre angesprochen wurde, gesagt, dass es um Werte geht und um ein Spannungsfeld: Mithilfe des Unterrichtsbehelfs werden Werte von Lehrern vermittelt, daneben gibt es aber auch die Werte der Eltern. – Meine Frage daher:

Wie werden in der Zukunft, wenn es um die Erziehung von Sechsjährigen geht, die Konflikte zwischen den Werten des Elternhauses und jenen der Lehrer in diesem Fall ausgeräumt? (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Abgeordneter Rosenkranz, ich betone noch einmal: Das ist ein Informationsmaterial, das sich an die Lehrer und Lehrerinnen wendet, das nicht an Schüler und Schüle­rinnen ausgeteilt wird und in dem es darum geht, über Realitäten zu informieren.

Wir leben in einer aufgeklärten Gesellschaft – in mehrfacher Hinsicht –, daher ist das notwendig und wichtig. Ich vertrete das, und wir werden diese Broschüre nicht zurückziehen, um diesbezüglich noch einmal Klarheit zu schaffen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Mag. Auer.

 


Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Hauptfrage der Abgeordneten Kaufmann-Bruckberger und auch immer wieder andere Aussagen suggerieren uns, es sei in Richtung Lese- und Schreibkompetenz nichts geschehen. Genau das Gegenteil ist der Fall, geradezu eine Lawine ist in Ihrer Amtszeit ins Rollen gebracht worden.

Als Lehrer – ich war 27 Jahre im Schuldienst – weiß ich, dass Wiederholung jedem guttut, für alle Lernformen sehr wichtig ist und auch sicher diesem Haus guttut, deshalb meine Frage:

Könnten Sie zusammenfassend vielleicht noch einmal sagen, was denn die wichtigsten Schritte für Sie aus Ihrem Blickwinkel waren – obwohl ich weiß, dass Sie dazu eigentlich Stunden bräuchten, weil es sehr viele waren?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Zunächst ist natürlich der wichtigste Zugang die Sprachförderung, die wir schon im Kindergarten ansetzen. Es ist wichtig, den Kindergarten weiterzuentwickeln in Richtung „Bildungs­garten“, und ebenso wichtig sind alle Initiativen in der Volksschule.

Für mich sehr wichtig ist, dass im Pflichtschulbereich jetzt auch die einzelnen Bun­desländer Schwerpunkte setzen wie zum Beispiel: Leseschwerpunkt auch an den


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Wiener Schulen, Einzelinitiativen wie Lesefestwoche, Buch Wien, Autoren und Auto­rinnen versuchen in den Schulen, motivierend zu wirken, die Bereitstellung ent­sprechender Unterrichtsmaterialien.

Sie haben es gesagt: Es ist eine Fülle an Maßnahmen – aber wir sind noch nicht am Ziel, das muss ich auch sehr selbstkritisch sagen. Und die Probleme nehmen in Zukunft eher noch zu, weil zunehmend Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache in unsere Schulen kommen. Das heißt, wir haben eine doppelte Aufgabe: Sprachförderung und Leseförderung.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Anfrage 176/M, das ist jene der Frau Abgeordneten Ablinger. – Bitte.

 


Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Das Regie­rungs­übereinkommen hat sich im Bereich der Kulturpolitik im Besonderen auch einen Schwerpunkt betreffend Film und Filmförderung gesetzt, und das durchaus mit Erfolg und mit positiven Beispielen, gerade wenn man sieht, wie viel Anerkennung die Produkte, die Filme österreichischer RegisseurInnen – mit großem „i“ –, erfahren.

Frau Bundesministerin, meine Frage:

176/M

„Welche Maßnahmen werden vonseiten des BMUKK zur Stärkung des öster­reichi­schen Films gesetzt?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich glaube, die wichtigste Maßnahme, die uns gemeinsam gelungen ist – uns, da schaue ich jetzt Sie an, Frau Abgeordnete, da blicke ich aber auch in die Richtung von Frau Abgeordneter Fuhrmann –, ist, dass es trotz budgetärer Engpässe Gott sei Dank gelungen ist, das Versprechen des Regierungsübereinkommens einzulösen, das ÖFI, das Österreichische Filminstitut, mit 20 Millionen € auszustatten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist wirklich wichtig, und wenn man weiß, dass es vorher 9,6 Millionen waren, so ist in Zeiten der Budgetkonsolidierung ein Anstieg von 9,6 auf 20 Millionen € ein deutliches Signal.

Wichtig sind mir aber auch die begleitenden Maßnahmen, vor allem auch die Filmvermittlung, dass das Kino, dass der Film, der österreichische Film, auch in die ländlichen Regionen kommt; Stichwort Wanderkino für jene Gemeinden, wo es kein Kino gibt.

Wichtig ist wirklich eine umfassende Betrachtung, und auch da gilt das, was ich vorhin bei den Kunstschaffenden gesagt habe: Wertschätzung und Anerkennung und natürlich Sichtbarkeit. Diesbezüglich ist beim Film der ORF ganz entscheidend, daher wird das Film/Fernseh-Abkommen aufgestockt. Das wird auch gleich unsere nächste Aufgabe sein: dass das Film/Fernseh-Abkommen gut in die Zukunft kommt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Ablinger.

 


Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Ministerin, Sie haben es gerade ange­sprochen, es geht um zwei Schwerpunkte: zum einen darum, die Filme in der Produktion, in der Drehbuchförderung mit finanziellen Mitteln zu unterstützen, und zum anderen ist die Vermittlung ganz wichtig.

Können Sie vielleicht noch einmal darstellen, in welchen verschiedenen Bereichen, im Bereich der Digitalisierung, der Filmfestivals, im Bereich Schule und Film, Sie Maß­nahmen gesetzt haben? Es ist ja ganz wesentlich, dass die Filme nicht nur produziert


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werden, sondern eben auch gesehen werden und sich verbreiten in den unter­schiedlichsten Regionen, aber auch bei Schülerinnen und Schülern. (Abg. Mag. Wurm: Auch in Innsbruck!) Natürlich sollen die Filme auch in Innsbruck gesehen werden.

Vielleicht können Sie zu dieser Vermittlung noch einiges darstellen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Sie haben es schon angesprochen, Frau Abgeordnete: Es geht zum einen um die Förde­rung der Produktion bis hin zu Stipendien für junge Filmschaffende. Weitere Schwer­punkte sind die Filmvermittlung an den Schulen, das Thema Bildungsfilm, auch eine Kooperation mit dem ORF und entsprechende Unterrichtsmaterialien. Aber ich freue mich zum Beispiel auch sehr, dass etwa Herr Markovics Schulen besucht und die jungen Menschen für den österreichischen Film begeistert. Ebenso wichtig ist das Wanderkino, das in die Gemeinden im ländlichen Raum geht, und natürlich ganz wichtig sind Programmkinos, Regionalkinos, Förderung bei der Unterstützung der Digitalisierungsinvestitionen und Filmfestivals. Also es geht um die gesamte Palette.

Ich betone noch einmal: Wichtig ist, dass wir auch als Regierung insgesamt dahinter stehen, dass der österreichische Film im ORF gezeigt wird, dass möglichst viele Menschen die Filme auch sehen können. Das ist mir ein großes Anliegen. Daher werde ich auch sehr intensiv Gespräche mit dem ORF führen, damit das Film/Fernseh-Abkommen entsprechend weitergeführt wird und auch das Radio-Symphonieorchester in der mittel- und langfristigen Zukunft abgesichert ist. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Höllerer.

 


Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Bundesministerin! Ende Oktober wurde das Forum Österreichischer Filmfestivals gegründet. Mit dem Forum Österreichischer Filmfestivals haben sich 18 unabhängige österreichische Filmfestivals zusammenge­schlossen, um sich noch stärker zu vernetzen. Vorrangig will das Forum darauf auf­merk­sam machen, dass die Zustände rund um die Förderung heimischer Filmfestivals unhaltbar sind.

Frau Bundesministerin, fünf Forderungen wurden als Basis für eine vielversprechende Zukunftsentwicklung formuliert. – Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die österreichischen Filmfestivals besser zu fördern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Wir be­wegen uns im Bereich der Kunstförderung in den Ermessensausgaben, und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, wir sind alle sehr froh darüber, dass es hier in den letzten Jahren nicht zu Kürzungen gekommen ist. Sie wissen, dass durchaus Bedro­hungs­potenzial in diese Richtung vorhanden war.

Ich freue mich, dass wir die Förderungen weiterführen können, dass wir jetzt durch das ÖFI auch die Filme entsprechend unterstützen können. Das ÖFI engagiert sich auch bei den Filmfestivals. Im Jahr 2013 werde ich die Erwartungen – ich sage das ganz offen –, was noch weitere, zusätzliche Mittel betrifft, leider nicht erfüllen können.

Wir alle freuen uns darüber, dass wir Budgets halten, im Bereich der Regional­förde­rung aufstocken und die vielen Budgets eben auch entsprechend gestalten können. Ich muss Ihnen in dieser Klarheit antworten, ich würde gerne etwas anderes sagen, aber es sind gewisse Restriktionen gegeben.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 45

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Petzner.

 


Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Bundesminister, Sie haben schon erwähnt, dass die Filmförderung erhöht wurde – trotz sinkender Budgets. Das ist erfreulich.

Die Frage ist, wie diese Mittel eingesetzt werden und welche mittelfristige oder langfristige Strategie verfolgt wird, um die Marke Filmland Österreich auch zu etablie­ren. Ich darf dazu Michael Haneke zitieren, auf den wir sehr stolz sind, weil er mit seinem neuesten Film „Amour“, Liebe, auch als ein heißer Anwärter für den Auslands-Oscar gilt. Haneke warnt davor, dass man die heimische Filmförderung für künstlerisch anspruchsvolle Produktionen zugunsten des sogenannten Publikumsfilms schwächt.

Daher meine Frage: Welche Maßnahmen setzen Sie und welche konkrete Strategie verfolgen Sie, um diese erhöhte Filmförderung auch effizient im Sinne der Etablierung der Marke Filmland Österreich einzusetzen? (Beifall beim BZÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Sehr verehrter Herr Abgeordneter Petzner! Ich hatte am Wochenende Gelegenheit, mit Herrn Haneke persönlich zu sprechen, weil ich in Malta war, wo Haneke mit seinem neuen Film einmal mehr triumphiert hat. Ich glaube, ganz entscheidend – und diesbezüglich konnte ich mich auch mit Herrn Haneke austauschen – ist einfach, dass wir einen Schwerpunkt durchaus auch auf die Sparte Autorenfilm legen werden.

Das ist in Wirklichkeit überhaupt die Stärke auch der Haneke-Produktionen. Ich habe mich mit ihm ein bisschen austauschen können und muss sagen, in welcher Präzision die Vorbereitung derartiger Filmprojekte erfolgt, das ist unglaublich. Das geht bis in die kleinsten Handgriffe, und das führt zu authentischen Filmen, das führt zu Filmen, die berühren.

Das ÖFI und insgesamt die Fördermittel aus der Kunstsektion unterliegen genau diesen hohen künstlerischen Qualitätsansprüchen. Das verfolgt das ÖFI, und machen Sie sich bitte keine Sorgen, darauf achten wir auch!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Zinggl.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Frau Ministerin! Ich mache mir schon Sorgen, und ich schließe direkt an die Frage des Kollegen Petzner an.

Michael Haneke hat das gemeint, was viele in Österreich auch meinen und worauf Sie sich auch in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage im Jahr 2009 bezogen haben, nämlich dass zusätzlich zu den 20 Millionen Filmförderung, ÖFI, auch die Förderung des nicht kommerziell produzierten innovativen Films angehoben wird. Das wurde bis jetzt nicht getan. – Warum nicht?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Das hat budgetäre Hintergründe. Aber ich verwehre mich dagegen, das ÖFI nicht als eine Fördereinrichtung zu bezeichnen, die auf Qualität und Innovation setzt. Sie haben recht, für Kurzformate, Avantgardefilme stehen weiterhin 2 Millionen € zur Verfügung. Da habe ich leider keine Erhöhung erreicht.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Unter­reiner.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 46

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Film ist nicht nur Kulturgut, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor. Ich glaube, darin sind wir einer Meinung. Wirtschaftlicher Erfolg und künstlerische Qualität sind vereinbar. Erfolg heißt Erfolg beim Publikum, heißt viele, viele, viele Zuseher. Jahr für Jahr zeigen jedoch die Filmwirtschafts-Berichte, dass der österreichische Film im Vergleich mit anderen Ländern viel zu wenig Publikum findet. Das können wir nachlesen.

Zur erfolgsorientierten Filmförderung gehört es jedoch, Geld nicht nur für die Pro­duk­tion bereitzustellen, sondern auch für die Vermarktung. Und ich verstehe unter Ver­marktung ein bisschen etwas anderes als Vermittlung. In den USA zum Beispiel wird zwei- bis dreimal so viel Geld für die Vermarktung als für die Produktion ausgegeben.

Meine Frage an Sie lautet: Was sagen Sie dazu, bei einer – sagen wir einmal – Reform der Filmförderung die Bedeutung der Vermarktung zu erkennen und umzusetzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich würde unseren Ansatz nicht mit dem in den USA vergleichen. Das ist ein völlig anderer Zugang, wenn Sie sich damit intensiver beschäftigen. Es ist zum Beispiel so, dass die Filmproduktion sich schon über weite Strecken am Publikumsgeschmack orientiert, und bevor das Filmprojekt abgeschlossen wird, wird der Film noch dreimal geändert, um den Publikumsgeschmack zu treffen.

Wir in Europa haben einen anderen Zugang mit dem europäischen Film und im Spe­ziellen wir auch mit der Filmförderung. Wir rücken Qualität, künstlerische Qualität in den Vordergrund. Dass die Themen dann anders aufbereitet sind, zeigen im Speziellen die Filme von Michael Haneke, dass Erfolg nicht unbedingt ein Widerspruch ist zu künstlerischer Qualität, auch das zeigt Michael Haneke, und daher bleibe ich lieber hier in Österreich und bei unserem Wort Filmvermittlung. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur letzten Anfrage, 171/M, das ist die der Frau Abgeordneten Mag. Fuhrmann. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Bundesminister! Die Initiative „KUNST HAT RECHT.“ hat im Zuge der aktuellen Debatte über das Urheberrecht ein sehr umfassendes Weißbuch herausgebracht und initiiert jetzt auch, ausgehend von 2 800 Kunstschaffenden und 25 Verbänden, eine parlamentarische Bürgerinitiative.

Eine zentrale Forderung der Plattform „KUNST HAT RECHT.“ ist die Festplatten­abgabe, weil heutzutage kaum mehr CDs, DVDs oder gar Musikkassetten gekauft werden. Eine Ausdehnung der Urheberrechtsabgabe auf neue Speichermedien scheint ein logischer Schritt zu sein.

Frau Bundesministerin, Ihre Kollegin, Frau Justizministerin Karl, arbeitet derzeit sehr intensiv an einer Novelle des Urheberrechtsgesetzes.

Meine Frage an Sie als Kulturministerin:

171/M

„Wie stehen Sie zur Forderung der Kunstschaffenden nach Einführung einer Fest­plattenabgabe?“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Jetzt würde ich gerne mit einem klaren Ja antworten, kann ich aber leider noch nicht.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 47

Vielleicht zur Ausgangslage: Ich bin auf der Seite der Künstler und Künstlerinnen, versichere vollste Unterstützung allen Initiativen, die darauf abzielen, das Einkommen, die Rechte der Künstler und Künstlerinnen zu wahren.

Wenn ich mir die Statistik anschaue: Leerkassettenvergütung – da gab es im Jahr 2005 Einnahmen von 17,6 Millionen €, im Jahr 2011 Einnahmen von 7,9 Millionen €. Also da besteht Handlungsbedarf!

Daher unterstütze ich Frau Bundesministerin Karl voll und ganz darin, zu einer guten Lösung zu kommen. Ich bin auf der Seite der Kunstschaffenden, bringe mich auch in die Arbeitsgruppen ein. Wir sind aber – jetzt schaue ich in unsere Richtung, in Richtung SPÖ – noch nicht so weit, um als SPÖ ein klares Ja zu sagen. Es braucht noch viele Gesprächsrunden, denn wir wollen eine gute, eine umfassende Lösung. Ich bleibe weiter dran.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Fuhrmann.

 


Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Bundesminister! Ein Teil einer möglichen Urheberrechtsnovelle wird auch die cessio legis sein, weil es diesbezüglich eine Vorgabe seitens der EU gibt. Im Raum steht eine Vermutungs-Regel, die die cessio legis ablösen soll.

Wie schaut Ihre persönliche Meinung zur cessio legis aus?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich denke, dass wir auch das gemeinsam mit der gesamten Urheberrechtsthematik behan­deln und regeln müssen. Es gehen die Meinungen darüber selbst in der Branche noch heftig auseinander. Ich habe am Wochenende eine Auseinandersetzung zwischen Produzent und Regisseur live miterlebt und kann sagen, da prallen die Meinungen aufeinander. Wir werden noch viele Gespräche führen müssen, um zu einer Lösung zu kommen, die breit akzeptiert wird. Aber wir müssen diese Thematik miterledigen, und daher plädiere ich für eine umfassende Lösung im Bereich des Urheberrechts.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Petzner.

 


Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Bundesminister! Es ist korrekt, dass wir durch die Erfindung des Internets und die neuen Medien natürlich vor großen Heraus­forderungen, auch gesetzlichen Herausforderungen im Bereich des Schutzes des geistigen Eigentums und des Urheberrechts stehen. Was wir aber ablehnen in diesem Zusammenhang, ist, dass man diesen Schutz durch eine neue Steuer oder durch eine Festplattenabgabe sicherstellt.

Welche anderen Maßnahmen können Sie sich vorstellen, außer der Einführung von neuen Steuern, die wir getreu unserem Motto „Genug gezahlt!“ ablehnen, um geistiges Eigentum zu schützen und das Urheberrecht zu sichern?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Werter Herr Abgeordneter, ich würde Ihnen gerne eine, zwei, drei, vier sehr klare Maßnahmen nennen, aber wir – ich rede jetzt von „wir“ – sind noch nicht so weit. Es laufen intensive Gespräche mit dem Justizministerium, unter Federführung des Justizministeriums, sehr kontroversiell, weil – wie Sie ja auch vorgebracht haben – die unterschiedlichsten Meinungen und Haltungen aufeinanderprallen. Wir sind noch nicht entscheidungsreif. Daher hat es auch wenig Sinn, irgendwelche persönlichen – in dem Fall wäre es eine Einzelmeinung – Meinungen einzubringen, solange wir nicht kollektiv zu einer Sicht der


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Dinge kommen, die dann letztlich auch beschlussfähige Mehrheiten im Parlament bringt.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Zinggl.

 


Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Laut dem Positionspapier der SPÖ geht es nicht darum, dass Konsumentinnen und Konsumenten mehr bezahlen, sondern es geht vielmehr um die Umverteilung der jetzt vorhandenen Mittel, sprich: um eine Reform und eine Stärkung des Urhebervertragsrechtes.

Schließen Sie sich dieser Position der SPÖ an?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Ich glaube, Sie haben aufgrund meiner bisherigen Antworten schon gemerkt, dass die Sozialdemokratie noch nicht unbedingt auf einer Linie ist, dass wir uns dieses Thema und klare Positionen erst noch erarbeiten müssen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner.

 


Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Seit Jahren versucht man natürlich, für Künstler eine faire und gerechte Entlohnung zu finden, damit sie durch diese moderne Technik nicht ins Hintertreffen geraten. Ich denke, wir sind uns alle einig darin, dass wir ein modernes Urheberrecht brauchen. Bei der geplanten Festplattenabgabe muss jedoch bedacht werden, dass die Festplatte nicht nur für solche Dinge verwendet wird, die urheberrechtlich relevant sind, denn es gibt sehr viele Nutzer einer Festplatte, die ihren Computer für ganz andere Dinge verwenden.

Ähnlich wie meine Vorredner habe natürlich auch ich mich gefragt, ob Sie schon über Alternativmodelle nachgedacht haben. Sie haben jetzt mehrmals geantwortet, es sei noch zu früh. Ich frage trotzdem – Sie haben sich sicher schon damit beschäftigt –: Haben Sie irgendwelche Prioritäten?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Was ich zum jetzigen Zeitpunkt nur sagen kann, ist, dass ich – wie Sie es formuliert haben – massiv dafür kämpfen werde, dafür eintreten werde, dass für die Künstler und Künstlerinnen eine gute Lösung gefunden wird. Es ist auch wichtig, die Konsumenten nicht zu kriminalisieren, wenn Sie als Nutzer auftreten.

Es tut mir leid, dass ich Ihnen jetzt keine andere Antwort geben kann, aber darüber müssen wir einfach noch viele Gespräche führen, denn allein an den Fragestellungen, an den Ausführungen, etwa von Herrn Abgeordnetem Petzner, haben wir gesehen, dass das Meinungsspektrum da noch sehr weit auseinandergeht, und das ist auch innerhalb der Sozialdemokratie noch ein weiter Weg – ich formuliere es einmal so.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Hakel.

 


Abgeordnete Elisabeth Hakel (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wir haben heute schon gehört, dass die Justizministerin an einer Urheberrechts­novelle-neu arbeitet, allerdings ohne Einbindung der Zivilgesellschaft und vor allem des Parlaments; umso mehr freut es mich, dass Sie mit dem Parlament darüber sprechen.

Wie schauen die Perspektiven des Kultur- und Unterrichtsministeriums diesbezüglich aus, und was sind die wichtigen Punkte?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 49

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Mir ist es sehr, sehr wichtig, dass ich als Kunstministerin hier einbezogen bin beziehungsweise mein Ressort mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Wir haben im Dezember auch noch eine wichtige interministerielle Koordinierungssitzung, um die einzelnen Aspekte zu berücksichtigen, aber auch mit den Verwertungsgesellschaften, mit der Arbeiter­kammer, mit der Wirtschaftskammer, mit den Künstlervertretungen, da – das weiß ich von Ministerin Karl – an einer konsensorientierten Lösung gearbeitet wird. Natürlich müssen wir auch mit den Sprechern der im Parlament vertretenen Parteien intensiv zusammenarbeiten, das wird uns in den nächsten Wochen sehr beschäftigen.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vielen Dank! Vielen Dank auch an die Frau Bundesministerin (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP), die durch das lange Ausharren und Stehen am Redner-/Rednerinnen-Pult auch die morgendliche Sportstunde absolviert hat.

Es sind alle Anfragen zum Aufruf gelangt, und ich erkläre damit die Fragestunde für beendet.

10.42.09Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungs­gegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäfts­ordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 12506/AB bis 12521/AB;

2. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundessstraßengesetz 1971 geändert wird (2108 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert wird (25. StVO-Novelle) (2109 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Eisenbahnbeförderung und die Fahrgastrechte erlassen und das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird (2110 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Unternehmens­gesetzbuch, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Mietrechtsgesetz, das Ver­braucher­kreditgesetz und das Konsumentenschutzgesetz geändert werden (Zahlungs­verzugsgesetz – ZVG) (2111 d.B.).

B. Zuweisungen:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Antrag 2158/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuererleichterung für Bezieher deutscher Sozialversicherungspension;

Außenpolitischer Ausschuss:

Antrag 2150/A(E) der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Friedensbemühungen im Berg-Karabach-Konflikt;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 50

Bautenausschuss:

Antrag 2159/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zweckbindung der Wohnbauförderung;

Finanzausschuss:

Antrag 2154/A(E) der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Zahlungsverkehr des Bundes,

Antrag 2156/A(E) der Abgeordneten Elmar Podgorschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Umsatzsteuerbefreiung von Gemeinden bei Leistungserbringung für andere Gemeinden im Rahmen der Gemeindekooperation,

Antrag 2157/A(E) der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Steuererleichterung für Bezieher deutscher Sozialversicherungspension;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 2149/A(E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsextremismusdatei;

Kulturausschuss:

Antrag 2151/A der Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesmuseen-Gesetz 2002 geändert wird;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 2152/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Berichtspflicht für die Agrar Markt Austria Marketing GmbH an den Nationalrat;

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Antrag 2155/A(E) der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine existenzbedrohende Reduktion der Grundförderung des ÖBSV;

Umweltausschuss:

Antrag 2146/A(E) der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Grenzmur,

Antrag 2147/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutz der Arktis;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 2148/A(E) der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend einen „Bewegungstausender“ für jede Schule;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Antrag 2145/A(E) der Abgeordneten Stefan Markowitz, Kollegin und Kollegen betreffend Imagekampagnen für wenig nachgefragte Lehrberufe,

Antrag 2153/A(E) der Abgeordneten Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenübernahme bei Lehrabschluss- und Meisterprüfung;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 51

Justizausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend den Gesamtbericht über den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen in den Jahren 2010 und 2011 (III-373 d.B.).

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 und 4, 5 bis 9, 14 bis 18, 19 bis 23, 24 bis 26, 27 und 28, 29 bis 31, 33 und 34 sowie 35 bis 37 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkon­ferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart. Entsprechend der vorläufigen Neuverteilung der Redezeit innerhalb einer „Wiener Stunde“ ergeben sich für 8 „Wiener Stunden“ folgende Redezeiten: SPÖ und ÖVP je 112, FPÖ 100, Grüne 88, BZÖ 76 sowie STRONACH 64 Minuten.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit des Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten pro Debatte zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die eben dargestellten Redezeiten. Wer damit einverstanden ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig ange­nommen.

10.43.491. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1988 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das BIFIE-Gesetz 2008 geändert wird (2020 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen somit zum 1. Punkt der Tages­ordnung.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


10.44.06

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minis­terin! Das BIFIE ist das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens. Wenn man sich den letzten Rech­nungshofbericht ansieht, dann müsste man eher meinen, es handle sich nicht um ein Bundesinstitut, sondern um eine Baustelle, um eine Großbaustelle, und dem soll jetzt mit einem Gesetz entgegengewirkt beziehungsweise sollen Korrekturen vorgenommen werden.

Nur zur Einstimmung: Was meint der Rechnungshof dazu? – Ich zitiere nur ganz kurz aus dem Vorspann: „mangelhafte Zielvorgaben“; die Zuwendungen des BMUKK an das BIFIE wuchsen „auf mehr als das Doppelte an“. „Gleichzeitig verfügte das BIFIE Ende 2010 über Bankguthaben von 8,49 Mill.“ – das heißt, Subventionen fließen dort


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hin, aber sie werden gar nicht verbraucht, und es gelingt, da ein Millionen-Spargut­haben anzuhäufen.

Bezüglich der Kernaufgaben ist zu lesen: „Der Wissenschaftliche Beirat des BIFIE übte Kritik an der Konzeption der standardisierten, kompetenzorientierten Reifeprüfung“ – einer der Kernbereiche dieses Instituts. „Das Projektcontrolling des BIFIE genügte nicht der bildungspolitischen Bedeutung und dem finanziellen Ausmaß der Projekte.“ Und: „Die Gebarungssicherheit im BIFIE war wegen gravierender Kontrolllücken nicht gewährleistet.“

Zur Personalsituation selbst – denn es ist ja ausgegliedert worden –: Was bedingt die Ausgliederung? – Dass dort ganz stillschweigend der ursprünglich prognostizierte Personalaufwand von 60 bis 70 Mitarbeitern innerhalb von zwei Jahren auf 112,7 im Rahmen von Vollzeitäquivalenten anwächst. Worin wirkt sich das aus? – Dass die Personalkosten, die Dienststellen nicht mehr entsprechend in das Bundesfinanzgesetz hinein müssen, sondern man bringt sie elegant als Sachaufwand ins Budget. Und was sagt der Rechnungshof? – „Dies stand im Konflikt mit dem Grundsatz der Budget­wahrheit.“

Weiter heißt es: „Das vom Direktorium erstellte Unternehmenskonzept enthielt keine konkreten Zielvorgaben. Zur Zeit der Gebarungsüberprüfung war es entgegen der gesetzlichen Anforderung weder vom Aufsichtsrat noch vom BMUKK genehmigt.“

Und dann geht es im Detail weiter.

Man darf einen bestimmten Begriff, der mit einem Stall und einem Tier zusammen­hängt, hier ja nicht verwenden, das würde hier nicht passen. Ich verwende einmal den Begriff „Augiasstall“, den man da ausmisten würde und da entsprechend 48 Anre­gungen des Rechnungshofes einfließen lassen müsste.

Es gibt sogar Details wie etwa jenes, dass beide Direktoren des BIFIE durch vier Jahre hindurch keinen Dienstvertrag hatten, obwohl sie ein Sektionschefgehalt beziehungs­weise mehr und auch Einmalprämien und Ähnliches bezogen haben – ohne jede Regelung. Übrigens: Aufsichtsratsvorsitzender ist der nicht ganz unbekannte Herr Lacina, ehemaliger Finanzminister.

Es gibt auch Details, wo man sagt: Augiasstall. In Feststellung 19 heißt es, familiäre und wirtschaftliche Naheverhältnisse seien ad personam auszuschließen. – Das heißt, es gibt hier Nepotismus und Freunderlwirtschaft erster Ordnung.

Was kommt raus? – Es werden vier Paragraphen des BIFIE-Gesetzes geändert, die sich in erster Linie mit dem Aufsichtsrat beschäftigen, dass der Aufsichtsrat jetzt vier Mal im Jahr tagen soll. Es gibt 48 Anregungen, und vier Gesetzesstellen werden geändert – das ist nicht das, was wir uns bei dieser Baustelle BIFIE erwarten würden. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

10.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mayer gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.47.42

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon richtig, man darf die Vorwürfe, Kritik­punkte, Anregungen des Rechnungshofes nicht zur Seite legen; das soll auch nicht geschehen. Einzelne Bereiche sind – wie es Herr Dr. Rosenkranz bereits richtig zitiert hat – schon eingearbeitet, damit in Zukunft bestimmte Entwicklungen nicht mehr eintreten können. Ich meine, das ist richtig und gut so. Die Ministerin hat – und Sie wissen das – auch personell sofort Konsequenzen gezogen, um verschiedene Dinge


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auszuschließen, und das Ministerium war bei der Erarbeitung des Rechnungs­hof­berichtes mit eingebunden und hat dort die entsprechenden Weichen gestellt.

Das gehört behandelt, wird behandelt; Sie haben das jetzt bereits zum zweiten Mal zitiert, und das wird dann im Rechnungshofausschuss et cetera dann noch weiter diskutiert werden. Das soll so sein und ist auch richtig.

Man muss aber auf der anderen Seite auch die große Bedeutung des BIFIE beleuch­ten, und da möchte ich vor allem aus der Praxis heraus sprechen. Die Bedeutung, die das BIFIE hat, und vor allem die Aufgaben, die ihm übertragen wurden, liegen – es wurde bereits erwähnt – im Bereich der neuen standardisierten Zentralmatura bezie­hungsweise Matura mit Teilaspekten einer Zentralmatura. Diese ist ganz, ganz wichtig für die zukünftige Entwicklung, nicht nur der Schule selber, sondern auch für den Unterbau der Universitäten, egal, welchen Beruf die jungen Menschen einschlagen werden.

Das BIFIE hat aber ganz besonders auch Aufgaben hinsichtlich der Bildungsstandards in der vierten und achten Schulstufe, denn die Schule entwickelt sich dorthin, dass nicht so sehr die einzelne Schularbeit entscheidend sein wird oder entscheidend sein soll, sondern dass projektmäßig gearbeitet wird, dass schwerpunktmäßig gearbeitet wird, dass in Richtung Kompetenzen gearbeitet wird. Man weiß dann, junge Menschen haben, wenn sie die vierte beziehungsweise die achte Schulstufe abgeschlossen oder die Matura gemacht haben, bestimmte Kompetenzen.

Das heißt, die Kinder selber, aber auch Eltern und Lehrer, die die Schüler über­neh­men, oder Lehrherren – egal, wer die Kinder übernimmt – wissen: Diese Kompetenzen haben sie erreicht. Das ist, glaube ich, der Haupt- und Zentralpunkt des neuen Unterrichtens: dass man weiß, es geht in Richtung kompetenzorientiertes Arbeiten, dass man weiß, was die Kinder können. Und die Maßnahmen greifen, ich merke das bei meinen Besuchen beziehungsweise bei meinem Unterrichten an den Schulen und wenn ich mit den Kollegen diskutiere. Das greift! Es wird auch der Unterricht in diese Richtung umgestellt. Man weiß, in der Grundschule, in der Volkschule sind Lesen, Schreiben, freie Rede, Rechnen die zentralen Herausforderungen, man weiß, das müssen die Schüler können, wenn sie die Volksschule verlassen. Ebenso wird es mit der achten Schulstufe und dann auch mit der Matura sein.

Es ist ganz, ganz wichtig, dass wir trotz der Kritikpunkte, die da erwähnt wurden, das Große nicht aus den Augen verlieren, nämlich dass wir auf diesem Weg weitergehen. Wir wollen eine qualitätsvolle Schule, eine Schule, die uns garantiert, dass wir die beste Ausbildung für unsere Kinder haben. Meiner Meinung nach leistet das BIFIE dazu einen wichtigen Beitrag. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

10.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Walser gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.50.56

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Das BIFIE leistet einen Beitrag, das ist unbestritten, und ich glaube, es gibt viele Ergebnisse und viele Diskussionen, die wir nur auf Basis dessen führen können, was das BIFIE erforscht hat; daher möchte ich das prinzipiell gar nicht in Abrede stellen.

Dieser Bericht, Frau Ministerin, hat es aber in sich (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe), und wenn man diesen Bericht liest, dann fragt man sich, wo da die Kontrolle geblieben ist, wer denn beispielsweise darauf geschaut hat – auf etliche krasse Fälle ist ja der Kollege schon eingegangen –, dass hier ordnungsgemäß gewirtschaftet wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 54

Ich möchte dazu sagen, dass wir zur Ausgliederung stehen. Ich glaube auch, wir müssen uns diese Empfehlung des Rechnungshofes gründlich überlegen, ob wir das wieder ins Ministerium zurückführen sollen; das hat Vor- und Nachteile. Was mir fehlt, Frau Ministerin, ist eine offene Diskussion über die Ziele. Uns wird hier ein Gesetz hingeknallt, über das wir kaum diskutieren konnten, in dessen Entstehung wir jeden­falls nicht eingebunden waren, obwohl da wirklich sehr, sehr großer Handlungsbedarf gewesen wäre.

Ein Strukturproblem möchte ich beispielsweise ansprechen: die verschiedenen Stand­orte. Hunderte Dienstfahrten, Salzburg–Wien und retour, mehr als eine Dienst­fahrt pro Tag – das kann mit einer ordnungsgemäßen Struktur nicht zusammenhängen, da mangelt es ganz offenkundig. Dann gibt es auch noch Graz und Klagenfurt – gut, da scheint sich jetzt Besserung abzuzeichnen; aber in der Vergangenheit hat sich hier ein System fernab jeder Kontrolle entwickelt, das völlig inakzeptabel ist.

Die Standards, die neue Reifeprüfung, die verschoben werden musste – ich würde da die Schuld allerdings nicht dem BIFIE anlasten, sondern ich meine, da hat es schon an der Politik gehapert, am Willen, sich gegen die beharrenden Kräfte im österreichischen Schulsystem zu stellen und diesen beharrenden Kräften, die ja leider von einem Regierungspartner unterstützt werden, einmal zu sagen, ein Gesetz, das beschlossen wurde, für dessen Umsetzung es genügend Zeit gibt, so ein Gesetz wird auch umgesetzt.

Was ist zu tun, warum stimmen wir nicht mit? Frau Ministerin, in Zeiten wie diesen sind Ausdrücke wie „Rücklagenbildung“ und die Tatsache, dass wir im BIFIE nahezu 9 Millionen € – zwischen 8,5 und 9 Millionen € – an Rücklagen haben und trotzdem die Basisförderung von 13 Millionen € weiterführen, für uns nicht akzeptabel. Was ge­schieht mit diesen Rücklagen? Warum braucht das BIFIE eine gleichbleibende Basisförderung? – Das ist für mich nicht klar. Der Rechnungshof spricht von einer Überliquidität; also da sollten wir uns schon einige Sorgen machen.

Diese Diskussion, die wir hier zu führen haben, muss endlich einmal auch in eine prinzipielle Richtung gehen. Das BIFIE ist wie so viele andere Einrichtungen in Österreich entsprechend dem parteipolitischen Proporz althergebrachter Zeiten besetzt: ein Roter, ein Schwarzer – hin und wieder einmal gegendert, selten. – Das darf so nicht weitergehen! (Abg. Amon: Wer ist der Schwarze?) – Ja, jetzt ist er nicht mehr Ihr Vertreter, jetzt ist er nicht mehr drinnen (Abg. Amon: Aber der Dr. Haider war !); Sie wissen, warum er nicht mehr drinnen ist, Herr Kollege Amon.

Also: Diese Proporzstruktur muss beseitigt werden! Wir müssen die jetzige Krise dazu nutzen, dass wir Fachleute installieren, dass wir nach einem offenen Hearing die Besten aussuchen, denn die Beträge, die im BIFIE verdient werden können, liegen deutlich über dem Verdienst eines Sektionschefs; mit den Zulagen, die es dann noch dazu gibt, der Erfolgsprämie, wo man sich hin und wieder schon fragt, welche Erfolge da alle vorzuweisen hatten, geht das in Summe so in Richtung 150 000 € pro Jahr. Ich glaube, für einen derartigen Job würden sich sehr, sehr viele Fachleute zur Verfügung stellen.

Uns geht es um einen sorgfältigen Umgang mit Steuergeld, das muss Priorität haben. Wir sehen uns daher leider nicht in der Lage, diesem Gesetz zuzustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 55

10.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


10.56.11

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Walser, Ihre Kritik ist zum Teil natürlich berechtigt; man muss das, was der Rechnungshof moniert und kritisiert, ernst nehmen, das ist keine Frage. Es gab Vorgänge, die nicht in Ordnung waren. Die Frau Bundesministerin hat ja auch darauf reagiert und einen Geschäftsführer aus der BIFIE-Geschäftsführung „entfernt“ – unter Anführungszeichen –, das war notwendig. Möglicherweise – das wird sich ja noch zeigen – hätte man noch einen Schritt weiter gehen können, aber die Vorgangsweise war zweifelsohne in Ordnung, so wie sie gewählt wurde.

Zu dieser Proporzdiskussion – ich habe mir erlaubt, in einem Zwischenruf darauf hinzuweisen –: Es ist bemerkenswert, dass gerade der zweite Geschäftsführer Dr. Günter Haider einmal bei der Jungen ÖVP war. Sie haben ihn über all die Jahre immer so gelobt, welch tolle Arbeit er nicht leiste (Abg. Dr. Walser: Gute Leute !); aber ich glaube, es war nicht er, den Sie mit „ein Schwarzer“ gemeint haben. (Neu­erlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.) Also ganz so stimmt es mit dem Proporz dann offenbar doch wieder nicht. Ich glaube auch nicht, dass das die Entscheidungs­grundlage für die künftigen Direktoren oder Direktorinnen sein soll; ausgeschrieben ist es.

Das BIFIE ist eine Einrichtung, zu der wir uns nun einmal bekannt haben. Sie selbst haben ja gemeint, dass das BIFIE durchaus eine sinnvolle Einrichtung sei. Man kann über die Struktur immer diskutieren. Es wurde ja ursprünglich als Teil des Ministeriums konzipiert, dann hat man den Weg gewählt, zu sagen, gliedern wir es doch besser aus. Diesen Weg kann man gehen, aber das führt natürlich auch zu mehr Aufgaben; eine solche Ausgliederung führt zu erhöhter Finanzverantwortung, das führt zu einer erhöhten Personalverantwortung, und ich denke, das rechtfertigt durchaus – gerade bei dem Personalstand, den man dort hat; etwa 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter –, dass es eine Doppelgeschäftsführung gibt. Das gilt gerade auch im Hinblick auf ein Vier-Augen-Prinzip, das man, glaube ich, in Hinkunft stärker wird betonen müssen, um auch sicherzustellen, dass es nicht wieder zu Unzukömmlichkeiten kommt. Entschei­dend ist die Qualifikation der Personen, die am Werken sind, und ich bin eigentlich zuversichtlich, dass man da künftig eine Auswahl treffen wird, die dem gerecht wird.

Die Aufgaben sind wichtig – Bildungsstandards, die zentrale kompetenzorientierte Reifeprüfung –, und darum, denke ich, sollte man nicht den gleichen Fehler machen, wie wir ihn manchmal beim Bildungssystem insgesamt machen, es nämlich mit aller Gewalt schlechtzureden; das sollte man beim BIFIE auch nicht machen. Es gab gewisse Fehler, die hat der Rechnungshof aufgedeckt, die wollen wir auch mit den gesetzlichen Maßnahmen bereinigen, und dann hoffen wir, dass wir das BIFIE in eine gute Zukunft bringen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ord­nete Haubner. – Bitte.

 


10.59.33

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Gesetzentwurf, der heute vorliegt, soll für das nationale Bildungsinstitut BIFIE die Basiszuwendung für 2015 mit jährlich 13 Millionen € sichergestellt werden. Weiters soll die Transparenz verbessert werden, vor allem in Bezug auf die Aufgabenerfüllung, in Bezug auf den effizienten Mitteleinsatz.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 56

Für das BZÖ gilt eigentlich genau das heute noch, was ich schon 2009 gesagt habe. Wir haben damals auch nicht zugestimmt. Ich habe damals gesagt, dass die Basis­zuwendung einfach eine zu umfangreiche und zu hohe ist. Ich habe das auch mit ähnlichen Instituten verglichen. Bayern ist von der Größe des Landes und auch von der Anzahl der Schüler her vergleichbar. Dort kommt man mit einer Basisförderung von 7 Millionen aus. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Wie recht wir schon 2009 hatten, zeigt jetzt der Rechnungshofbericht in seiner Kritik. Er sagt, dass das BIFIE eine zu hohe Mittelausstattung hat, dass Bankguthaben fast in der Höhe von 9 Millionen € angehäuft wurden – das wurde von meinen Vorrednern von der Opposition ja auch schon festgestellt. Die größten Aufwandspositionen sind vor allem für Werkverträge, die vergeben werden, und für Personal zu verzeichnen. Überhaupt ist der Personalstand, die Zahl der Mitarbeiter um das Doppelte ange­stiegen, und das findet natürlich auch in den finanziellen Mitteln Ausdruck.

Frau Ministerin Schmied, wenn Sie jetzt die Reißleine ziehen, dann ist das, glaube ich, höchst an der Zeit. Wir müssen einmal ehrlich sagen, dass die Rechnungshofkritik wirklich vernichtend ist. Es gibt auch Kritik, was die mangelnde Kontrolle anbelangt: Es hat bis jetzt kein inneres ausreichendes Kontrollsystem gegeben. Das Vier-Augen-Prinzip wurde nicht beachtet. Es hat auch keine Deckelung gegeben, bis wohin der Aufsichtsrat sich mit Vergaben beschäftigen muss. Das alles sind Dinge, die eigentlich grundlegende Faktoren wären, mit denen man sich in einer ausgelagerten Gesellschaft befassen müsste. Das alles ist nicht geschehen.

Der Rechnungshof räumt in seinem Bericht ein, dass es natürlich Anlaufschwie­rigkeiten gibt. Das gestehe ich auch zu, wenn ein Institut erst kurz besteht. Aber es ist absolut Handlungsbedarf gegeben, und die 48 Empfehlungen, die ausgesprochen werden, sprechen ja eine sehr klare Sprache.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wir werden diesem nationalen Bildungsinstitut weiter kritisch gegenüberstehen, aber nicht so sehr, was die inhaltliche Arbeit anbelangt, denn es wird zum Großteil sehr gut gearbeitet, sondern vor allem, was die aufgeblähten Strukturen, die Mehrgleisigkeiten, parteipolitische Besetzungen – Kollege Walser hat es ja schon gesagt – und die umfangreiche finanzielle Ausstattung betrifft.

Auch die Frage, die der Rechnungshof zu Recht stellt, ob nicht viele Aufgaben trotzdem im Unterrichtsministerium erledigt werden können, sollte man sich in Zukunft stellen.

Wir werden daher dieser Verlängerung der finanziellen Mittel für das BIFIE heute nicht zustimmen, denn wir wollen ganz einfach und klar das Geld für die Schülerinnen und Schüler, für die Schulen haben. Wir wollen, dass das Geld, das für die Bildung sowieso auch knapp ist, dort ankommt, wo es gebraucht wird, und nicht für extrem hohe Ge­hälter, für überbordendes Personal und für aufgeblähte Strukturen aufgewendet wird. Wir wollen das Geld direkt in den Schulen haben, gerade der Ausbau der Ganztages­betreuung erfordert viel Geld für räumlich passende Ausstattung. Wir wollen das Geld für die Qualität des Unterrichts haben, wir wollen das Geld für die beste Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer, Pädagoginnen und Pädagogen. Wir wollen einfach, dass das Geld in den Klassenzimmern ankommt und nicht in einem Institut versickert. (Beifall beim BZÖ.)

11.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 57

11.04.31

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minis­terin! Hohes Haus! Tatsache ist, dass trotz der Rechnungshofkritik, die ja schon ausführlich besprochen wurde, das BIFIE wesentlich zur Umsetzung der Schulreform beiträgt. Es ist seit 2008 an der Modernisierung und Reformierung unseres Schulsys­tems sehr wesentlich beteiligt. Zur Umsetzung großer Reformen bedarf es trans­parenter und natürlich auch effizienter Strukturen. Mit dieser vorliegenden BIFIE-Gesetzesnovelle wird dazu auch ein wichtiger Schritt gesetzt. Dazu gehört eine bedarfsgerechte Finanzierung für weitere drei Jahre und die Ausweitung der Beratungs- und Auskunftsfunktion des wissenschaftlichen Beirats und seiner Mit­glieder.

Das BIFIE hat neben den Bildungsvergleichsstudien auch die Bildungsstandards und die Zentralmatura zum Schwerpunkt, die vom Institut vorbereitet und begleitend für und mit den Schulen umgesetzt werden. Die standardisierte kompetenzorientierte Reife­prüfung soll ja ein österreichweit vergleichbares Bildungsniveau schaffen, das jedem Kind ein gutes Fundament aus Schul- und Persönlichkeitsbildung vermittelt. Das Überprüfen, Auswerten und die Rückmeldung durch die Bildungsstandards gewähr­leisten die Entwicklung bei der Verbesserung der Unterrichtsqualität an den einzelnen Schulstandorten und unterstützen die Schulen auch dabei, dass Lehr- und Lern­ergebnisse entsprechende Erfolge zeitigen.

Beim Vergleich der verschiedenen Schulsysteme wird deutlich, dass über kurz oder lang die gemeinsame und ganztägige Schule fixer Bestandteil unseres Bildungs­systems werden muss. In Ländern, wo diese Schulformen bereits realisiert sind, schneiden die Schülerinnen und Schüler auf verschiedenen Ebenen besser ab. Ohne diese Selektion ab zehn Jahren haben die Kinder auch eine reale Chance auf eine wirklich umfassende Bildung.

Ich meine, wir brauchen eine Schule, die eine höhere Anzahl an Pflichtschul­ab­schlüssen und höheren Schulabschlüssen bringt, die Zahl von Schulabbrecherinnen und Schulabbrechern erheblich senkt, die Integration fördert, zu weniger Jugend­arbeitslosigkeit führt und insgesamt mehr Zukunftschancen für alle Kinder eröffnet. Die Bildungsoffensive mit sehr vielen Maßnahmen von Bundesministerin Claudia Schmied zeigt bereits ganz viele positive Ergebnisse, und wir werden mit vielen engagierten Lehrern und Lehrerinnen den Reform- und Innovationsgeist fortsetzen, denn schließ­lich wird der Wohlstand unseres Landes in den Klassenzimmern entschieden. (Beifall bei der SPÖ.)

11.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Ing. Lugar. – Bitte.

 


11.07.37

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, wir brauchen kein Bildungsforschungsinstitut. Wir brauchen kein BIFIE, denn es gibt da nicht viel zu erforschen. Wir wissen ja, wo die Probleme liegen. Es geht überhaupt nicht darum, einmal herauszufinden, wo es im Bildungsbereich hapert. Das wissen wir. Das Problem ist nicht, dass wir nicht wissen, wo wir ansetzen können. (Zwischenruf des Abg. Amon.) Wir brauchen nur dorthin zu schauen, wo es funktioniert. Wir brauchen nur in jene Länder zu schauen, in denen das Bildungs­system funktioniert, dann wissen wir, wo wir ansetzen müssen.

Das Problem, das wir haben, ist ganz woanders zu finden. Das Problem ist die Politik, weil die Politik dort schläft, wo sie aktiv sein sollte, nämlich bei der Schaffung von Rahmenbedingungen, und sich dort einmischt, wo sie nichts verloren hat (Abg. Amon: Wieso hat MAGNA nicht ?) – und zwar in den Schulen, wo die Politik sich bei der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 58

Direktorenanstellung einmischt, wo die Politik sich in die Lehrpläne einmischt, wo die Politik sich in die Bildungsaufträge einmischt, wo die Politik aus ideologischen Gründen wegschaut und nicht hinschaut, wo sie hinschauen sollte. Wir wissen, woran es liegt, wir wissen, woran es hapert.

Es gibt ja auch ein Bildungsvolksbegehren, ich weiß nicht, wer sich das schon einmal durchgelesen hat. Da stehen ganz vernünftige Dinge drinnen. (Abg. Steibl: Also das sind solche Unterstellungen!) Das Problem ist, dass es nicht umgesetzt wird. Es wird nicht umgesetzt, und zwar aus ideologischen Gründen. (Zwischenruf des Abg. Elmar Mayer.) Es wird aus ideologischen Gründen nicht umgesetzt, weil die Politiker anscheinend glauben, dass sie alles besser wissen. Das tun sie aber nicht, sie wissen nicht alles besser. (Abg. Steibl: Sie glauben auch, Sie wissen alles besser!)

Die Politiker sollten die Rahmenbedingungen schaffen, dass sich die Schulen entwickeln können. (Zwischenruf des Abg. Elmar Mayer.) Da brauchen wir Direktoren, die nicht von Rot und Schwarz besetzt werden. Wir brauchen Direktoren, die dem­entsprechende Managementfähigkeiten haben und das tun, was sie tun sollen. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Steibl: Das ist ja eine Schande! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was sollen sie tun? Was ist die Aufgabe eines Direktors neben den ganzen kauf­männischen Geschichten, wenn sie eine Autonomie haben? Was ist die Aufgabe eines Direktors? (Abg. Elmar Mayer: Nachhilfe für den Klubobmann!) – Die Aufgabe eines Direktors ist es sicherlich nicht, Rot und Schwarz einen Gefallen zu tun und dementsprechend einzugreifen, auch was die Anstellung der Lehrer und die Inhalte betrifft. Das ist nicht die Aufgabe eines Direktors. (Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Die Aufgabe eines Direktors wäre es, zu schauen, dass jeder mitkommt. Das heißt, dass jeder Schüler die Kulturtechniken lernt und dass wir nicht in einer Situation sind, dass 20 Prozent der Pflichtschulabgänger nach sage und schreibe neun Jahren nicht ausreichend lesen und schreiben können. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das muss schon der Lehrer machen! Der Direktor steht nicht in jeder Klasse!) Das muss man sich einmal vorstellen: Nach neun Jahren Pflichtschule können 20 Prozent nicht ausreichend lesen und schreiben! (Abg. Steibl: Wie ist das beim Stronach? Der kann auch nicht richtig Deutsch! Der sollte auch die Volksschule noch einmal machen!)

Wer versagt denn da: Ist das die Schuld der Kinder? Ist das die Schuld der Lehrer? Das ist die nächste Frage. Das ist es nämlich nicht. Es ist die Schuld der Führung. Die Führung in der Schule ist der Direktor, und wenn der Direktor als Manager bestellt wird und nicht als politischer Günstling, dann hat er auch die Möglichkeit einzugreifen. (Ruf bei der SPÖ: Willst das jetzt auch privatisieren? Gleich alle Schulen privatisieren!)

Letztlich geht es darum: Es darf niemand zurückgelassen werden, und wir müssen besondere Begabungen fördern. Darum geht es letztlich. Wir sollten jedem Schul­direktor die Autonomie geben, dass er erstens einstellen kann, wen er will, das heißt, selbst entscheiden kann, welchen Lehrer er einstellt, und zweitens die Möglichkeit hat, individuell auf jeden Bedarfsfall einzugehen. Darum geht es ja.

Es gibt in Österreich leider keine Chancengleichheit. Es ist in Österreich nämlich nicht egal, wo Sie zur Schule gehen. Wenn Sie in Wien in manchen Bezirken zur Schule gehen, haben Sie viel schlechtere Startchancen als zum Beispiel am Land oder in Perchtoldsdorf oder solchen Gemeinden. Das heißt, es ist überhaupt nicht egal, wo Sie zur Schule gehen. Deshalb gibt es in Österreich keine Chancengleichheit.

Wir müssen deshalb die Schulen autonom machen, den Lehrern und vor allem den Direktoren die Möglichkeit geben, individuell auf die Schwächen der Schüler einzu­gehen. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) Da muss man schon in der Volksschule an-


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setzen. Ich sehe das bei meinem Sohn, er ist jetzt in der zweiten Klasse, er ist jetzt acht Jahre alt. Da gibt es Kinder, die können sehr gut lesen, und es gibt Kinder, die können sehr schlecht lesen. Glauben Sie, dass darauf eingegangen wird? – Eben nicht. Das ist das Problem. Es wird eben nicht darauf eingegangen.

Das heißt, wir brauchen ein flexibles Modell, wodurch von außen kontrolliert wird, wie die Fähigkeiten der jeweiligen Schüler sind. Dann gehören Förderprogramme in der Schule implementiert, wobei der Direktor die Möglichkeit hat, auch spezielle Förder­programme zu machen. (Abg. Amon: Genau das macht das BIFIE!) – Nein, eben nicht! Das BIFIE macht nichts anderes als eine Selbstbefriedigung auf Steuerzahler­kosten. Das ist es, was das BIFIE macht.

Wir haben ja die ganzen Vorschläge hier liegen. Wir wissen ja, was wir tun sollten. Wir brauchen ja nur in die Länder zu schauen, wo es funktioniert. Aber die Politik will sich hier nicht heraushalten, und darum geht es. (Abg. Steibl: Was heißt „die Politik“?)

Wenn Sie es nicht verstehen wollen, bringe ich Ihnen ein Beispiel: Wenn Sie in einem Betrieb eine Sekretärin oder einen Sekretär haben, der ein wichtiges Programm nicht versteht und damit nicht gut arbeiten kann, was machen Sie dann? Schleppen Sie ihn über Jahre mit und hoffen, dass er es irgendwann lernen wird? Oder geben Sie ihm eine Ausbildung, die meistens dann auch der Betrieb bezahlt, weil es Sinn macht?

Aber das machen wir im Schulbereich nicht. Wenn jemand mit sieben, acht Jahren schlecht lesen kann, was machen wir dann? – Wir machen eben nichts, das ist das Problem! Was geschieht, wenn jemand schlecht lesen kann? – Dann geschieht genau das, was immer geschieht: Er versucht, das Lesen zu vermeiden, und er wird nie gerne lesen. Und wenn jemand nicht gerne liest, was geschieht? – Er hat später im Erwerbs­leben schlechtere Chancen, nur weil man es nicht geschafft hat, schon in der Volks­schule spezielle Förderprogramme anzusetzen, um jeden über diese Hürde drüberzu­bringen.

Es wäre ja gar nicht so schwierig, man müsste nur diesen Managementansatz auch in der Schule implementieren: Politik raus, Hausverstand rein. Das wäre die richtige Methode, aber da müsste die Politik über ihren eigenen Schatten springen und beschließen, dass die Politik eben nicht alles regeln kann und regeln soll. (Abg. Steibl: Aber das Management kann es?) Es gibt Bereiche, wo die Politik wichtig ist, das ist keine Frage, zum Beispiel was die Rahmenbedingungen betrifft. Aber in der Schule hat die Politik nichts verloren.

Da geht es um ganz einfache Dinge, nämlich: Werden die notwendigen Fähigkeiten erlernt oder werden sie nicht erlernt? – Im Moment werden sie das nicht. Sehen Sie das nicht? Schauen Sie sich das an! Wir fallen jedes Jahr zurück in unseren Ergeb­nissen. Wir schaffen es nicht mit dem System, so wie es im Moment ist. Das heißt, wir müssen Individualförderung machen, wir müssen den Direktoren die Möglichkeit geben, einzugreifen. Wir müssen den Direktoren auch Autonomie geben, damit wir auch darauf reagieren können, dass es eine Schule im 10. Bezirk schwerer hat als in Perchtoldsdorf oder in anderen Gemeinden. Das ist einfach so. Das ist gar nicht ideo­logisch, da geht es nicht um irgendwelche Ausländerthemen oder Sonstiges. Da geht es einfach darum, dass es eine Tatsache ist, dass es in Österreich nicht egal ist, in welche Schule Sie gehen. Deshalb brauchen wir ein flexibles Modell, damit man jenen Schulen helfen kann, dass sie ihren Schülern, die in manchen Bereichen besonderen Bedarf haben – das ist ja evident –, eine spezielle Förderung zukommen lassen können.

Ich würde überhaupt sagen, dass das Bildungsvolksbegehren eine gute Sache ist. Was ist von diesem Bildungsvolksbegehren angedacht worden? Ich rede ja gar nicht von umgesetzt. – Praktisch ist es eins zu eins in der Schublade gelandet. (Abg. Elmar


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 60

Mayer: 80 Prozent sind erfüllt in der Zwischenzeit! Ich bin gerne bereit, Sie aufzu­klären!) All diese Best-Practice-Modelle, die hier drinnen stehen, sind ja keine Erfindungen von irgendwelchen Think Tanks, sondern das sind Best-Practice-Modelle, an denen man sieht, wo es funktioniert und wo es nicht funktioniert. Und bei uns funktioniert es eben nicht! Das liegt an Leuten wie Ihnen, die glauben, dass die Politik überall hineinregieren muss. Das muss sie aber nicht. Die Politik muss diese Freiheit geben.

Letztlich ist es ein Verbrechen an diesen 20 Prozent, die dann aus der Schule kommen und weit unter ihren Möglichkeiten im Erwerbsleben stehen, einen gesellschaftlichen Status weit unter ihren Möglichkeiten erreichen. Letztlich hat das Ihr Schulsystem verbrochen. Deshalb sollten wir da rasch etwas ändern. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Elmar Mayer:  ein bisschen Nachhilfe und Förderunterricht!)

11.16


Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Frau Bundesminister Dr. Schmied zu Wort. – Bitte.

 


11.16.31

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Bevor ich auf die Novelle zum BIFIE-Gesetz eingehe, möchte ich schon ein paar Sätze zum letzten Redebeitrag sagen, zu Ihnen, Herr Abgeordneter Lugar. Ich habe den Eindruck, wenn Sie von Politik sprechen, dann sprechen Sie von etwas, was irgendwie außer­halb von uns ist. Ich denke, wir sollten unterscheiden zwischen Politik, politischem Handeln und parteipolitischen Maßnahmen. Diese Unterscheidung wäre einmal we­sent­lich.

Sie haben das Bildungsvolksbegehren angesprochen. Ich lade Sie gerne ein. Es sind etwa 80 Prozent der Forderungen des Bildungsvolksbegehrens umgesetzt worden. Sie sagen, es ist bisher nichts geschehen. Es gibt 54 Regierungsvorlagen, Ministerrats­beschlüsse, Gesetzesbeschlüsse vom verpflichtenden Kindergartenjahr bis zur neuen Matura, von den kleineren Klassen bis zu Bildungsstandards, dem kostenlosen Nach­holen von Bildungsabschlüssen, Nachholen von Basisbildung – also eine ganze Reihe von bildungspolitischen Maßnahmen, die gesetzt wurden. Ich tausche mich gerne mit Ihnen aus, denn wir sollten schon bei der Realität bleiben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es gibt trotzdem Handlungsbedarf, und wir können jetzt nicht sagen: Regierungs­vorlage, Gesetzesbeschluss sind da, wir lehnen uns zurück. Da bin ich ganz bei Ihnen. Wir müssen die Probleme anpacken, wo sie sind. Ich bin auch hundertprozentig mit Ihnen in Übereinstimmung, dass wir uns besonders Bezirke und Schwerpunktschulen anschauen müssen. Ich bin auch bei Ihnen – und das wollen wir auch im neuen Dienst- und Besoldungsrecht verankern –, wenn es darum geht, dass Direktoren und Direk­torinnen mehr Verantwortung bekommen, auch Personalverantwortung. Ich bin auch für eine gezielte Managementausbildung angehender Direktoren und Direktorinnen, denn der beste Lehrer, die beste Lehrerin muss nicht unbedingt auch gleich der beste Direktor, die beste Direktorin sein. Also viele Punkte sind dabei.

Mit der Generalabrechnung mit dem Politischen habe ich ein bisschen ein Problem. Da würde ich Sie bitten, zu differenzieren zwischen parteipolitischen Überlegungen und der Politik. Die res publica sollte gerade uns hier im Parlament ein hoher Wert und ein großes Anliegen sein. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eine Novelle des BIFIE-Gesetzes vorgelegt, lieber Herr Abgeordneter Walser. Also ich „knalle“ doch nichts hin. (Abg. Dr. Walser: Okay! – Heiterkeit bei den Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 61

Diese Novelle des BIFIE-Gesetzes hat im Wesentlichen drei Hauptpunkte. Der eine Punkt ist, dass es notwendig ist, die Basiszuwendung des BIFIE für den Zeitraum 2013 bis 2015 abzusichern. Es ist mir wichtig, Transparenz, Nachvollziehbarkeit der Auf­gaben­erfüllung, Drei-Jahres-Planung, Personalplan, Quartalsberichterstattung ent­sprechend zu verankern. Und es ist mir auch wichtig – dritter Punkt –, die Kontroll­funktion des Aufsichtsrates entsprechend zu erhöhen.

Wir haben im Unterrichtsausschuss ein bisschen eingehender darüber diskutiert, werden im Rechnungshofausschuss noch mehr im Detail darauf eingehen. Ich nehme den Rechnungshofbericht sehr ernst. Ich war ja natürlich auch schon in die Rechnungshofprüfung, in den Rohbericht eingebunden. Wir haben auch die Finanz­prokuratur eingeschaltet. Ich möchte jetzt über laufende Verfahren hier nicht sprechen, aber es waren entsprechende personelle Konsequenzen notwendig geworden. Und es ist auch die Geschäftsführung des BIFIE jetzt neu ausgeschrieben worden.

Aber doch zu ein paar Punkten, die Sie, Herr Abgeordneter Rosenkranz, ange­sprochen haben. Die Überliquidität ist abgebaut worden, basierte auf einer Rechnungs­abgrenzung, die zurückgenommen wurde, die korrigiert werden musste. Wir stellen um auf eine bedarfsgerechte Finanzierung des BIFIE, sodass das in Zukunft nicht mehr passieren kann.

Generell möchte ich sagen, dass das BIFIE wichtige Aufgaben für uns wahrnimmt, und für mich ist das BIFIE nicht verzichtbar. Ich bin eine absolute Verfechterin des öffentlichen Dienstes. Ich habe es im Unterrichtsausschuss auch betont: Ich schätze mein Ressort, ich arbeite dort sehr gerne, ich schätze die Mitarbeiter und Mitarbeite­rinnen. Aber unter den derzeitigen Rahmenbedingungen, unter denen der öffentliche Dienst im engeren Sinn arbeitet, wären Innovationsprojekte in dieser Dimension nicht durchführbar. Also da ist wirklich eine ausgegliederte Einheit notwendig.

Die Kernaufgaben sind ja definiert: Bildungsforschung, Bildungsmonitoring, Qualitäts­entwicklung, nationale Bildungsberichterstattung. Und dass wir nächste Woche zum allerersten Mal in der Geschichte des österreichischen Schulwesens uns auf Basis einer Vollerhebung bei 80 000 Schülern und Schülerinnen der 8. Schulstufe über Kompetenzen unterhalten können – das ist der Rechenschaftsteil der Bildungs­stan­dards – und daraus abgeleitet Schulentwicklungsprojekte stattfinden, denn dort pas­siert ja – da bin ich bei Ihnen, Frau Abgeordnete Haubner – die Qualität, dort passiert die Leistung, dort passieren Wertschätzung, Respekt und Anerkennung, das stoßen wir durch die Tätigkeit des BIFIE an, und daher ist es für mich unverzichtbar.

Ich sage aber gleichzeitig und betone noch einmal, Rechnungshofbericht, Finanz­pro­kuratur, all das ist ernst zu nehmen, und die Konsequenzen wurden gesetzt und werden gesetzt. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


11.23.08

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Kollege Lugar, es soll zukünftig wohl so sein, dass Ihr Chef Frank Stronach die Direktoren bestellt und nicht die Frau Bundesminister. Wir hoffen alle, dass es dazu nicht kommen wird, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Walser.)

Frau Bundesminister Dr. Schmied hat das ja gerade dargestellt: Der Rechnungshof hat uns 48 Empfehlungen mitgegeben, das Institut BIFIE zu optimieren und zu verbessern. Es gibt beim Budget Probleme, beim Personal, in der Kontrolle und in der Effizienz.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 62

Und daher, glaube ich, ist es wichtig, dass wir die Kritik des Rechnungshofs ernst nehmen und dass wir die teils unbefriedigende Situation verbessern und optimieren.

Angesichts der Projekte, der dringenden Projekte Zentralmatura, Evaluierung Neue Mittelschule, Evaluierung Bildungsstandards, glaube ich, ist es wichtig, dass wir diese Gesetzesnovelle heute hier beschließen. Es ist eine neue Chance für das BIFIE, und es gibt einen klaren Auftrag für mehr Transparenz und Effizienz. Zukünftig werden die Mittel wie geplant eingesetzt: 2013 21,6 Millionen €, und wir stellen die Finanzierung bis 2015 sicher. Wichtig ist, dass wir zukünftig auch die Kontrolle optimieren und auch dem Vieraugenprinzip Aufmerksamkeit schenken.

Frau Bundesminister! Wir haben den Rechnungshofbericht, er sollte der Auftrag dazu sein, die Empfehlungen weiter umzusetzen und damit dem Projekt BIFIE Schwung und neue Chancen zu geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


11.24.58

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Gahr! Wenn das jetzt dein einziges Statement war, wie man Bildung verbessern kann, dann tut es mir leid. Wenn es darum geht, das BIFIE zu kritisieren, weil 8 Millionen € Rücklagen hier stehen und trotzdem 13 Mil­lionen € im Jahr dazugezahlt werden, und draußen die Menschen sich das Heizen nicht mehr leisten können, dann stellst du dich da raus und verhöhnst uns und das Parlament?! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Aber das kannst du draußen den Menschen erklären, den jungen Müttern, die sich keine Geschenke mehr leisten kön­nen, das Heizen nicht mehr leisten können, denen das Geld hinten und vorne ausgeht! (Zwischenruf des Abg. Gahr.) Und du stellst dich da raus und verteidigst das noch, wenn da 13 Millionen € jährlich reingezahlt werden, angesichts der vielen anderen Probleme in diesem Land?! Viel Spaß!, sage ich da nur. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Frau Ministerin, zur eigentlichen Sache. Sie müssen doch wirklich gestehen, dass man hier etwas unterstützt, was sehr viel Geld kostet. So, wie ich Sie kenne, werden Sie der Sache jetzt hundertprozentig auf den Grund gehen, was das BIFIE betrifft. Es geht darum, jetzt endlich einmal all diese Sachen ans Tageslicht zu bringen: Warum fordert ein Institut, das so viel Geld auf der Seite hat, noch mehr Geld?

Das, was wir brauchen, ist die beste Ausbildung für unsere Jugendlichen und für unsere Kinder. Wir brauchen hier zukunftsorientiertes Handeln. Wir brauchen hier eine Schule für die Jugendlichen für die Zukunft. Und das, was ich mir für die Zukunft wünsche, ist, dass die Zentralmatura wirklich funktioniert. Wir haben es ja schon in den letzten Monaten besprochen. Ich habe es nicht verstanden, warum man die Zentralmatura verschoben hat. In gewissen Fächern hat es ja funktioniert; Kollege, du wirst mir recht geben. Wir hätten das sicher in diesen Fächern, wo es funktioniert hat, weiter ausprobieren können. Und bei den Fächern, wo es nicht funktioniert: Zurück an den Start, neu verhandeln, besser machen!

Ich glaube, da könntest du mir wirklich zustimmen. Wir haben auch, glaube ich, immer intensiv diskutiert. In uns findest du da absolut einen Partner. Wenn es um die Sache geht, wenn es um unsere Kinder geht, wenn es um die Zukunft des Landes geht, wollen wir wirklich Sachpolitik machen, und wir hoffen, dass das in Zukunft auch besser funktioniert.

Frau Ministerin, ich bin gespannt auf den Bericht, ob wir nächstes Jahr hier stehen werden und Sie sagen: Das BIFIE braucht nicht mehr 13 Millionen € jährlich zusätzlich,


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sondern hier kann man wirklich effizient einsparen. Wenn es 5 Millionen € sind, ist es auch gut, dann haben alle etwas davon. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

11.27


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Sacher. – Bitte.

 


11.27.23

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Einleitend möchte ich sagen: Unser Ziel ist es, die Kosten für die Nachhilfe zu senken. Aber angesichts der Wortmeldung des STRONACH-Klubob­mannes kann ich nur festhalten, bei diesen Ansichten helfen auch die Stronach-Millionen nichts. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenrufe beim Team Stronach.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Diskussion um das BIFIE ist auch eine Diskussion um die Bildungsreform. Das BIFIE leistet einen wichtigen Beitrag zur Reform des österreichischen Schulwesens. Und ich habe manchmal bei gewissen Rednern das Gefühl, dass man angesichts berechtigter Kritik, die der Rechnungshof übt und der jetzt mit dieser Gesetzesnovelle Rechnung getragen wird, die gesamte Bildungsreform hier schlechtreden möchte. Daher möchte ich hier ein bisschen – vielleicht nicht so akademisch wie die Frau Bundesminister – Nachhilfe geben: Was ist denn in dieser Bildungsreform alles schon geschehen? Was ignorieren Sie die ganze Zeit, sehr geehrte Damen und Herren?

Das BIFIE hat seine Kernaufgaben ausgezeichnet gelöst, inhaltlich gut gelöst. Und mit diesem Gesetz wird die finanzielle Basis für die nächsten Jahre fixiert und werden organisatorische und strukturelle Verbesserungen gesetzt, nicht zuletzt auch aufgrund dieser Rechnungshofkritik. Das BIFIE hat bei der neuen standardisierten Reifeprüfung gute Arbeit geleistet. Das BIFIE hat bei der Umsetzung der Bildungsstandards großartige Arbeit geleistet – und die führen zur Qualitätssicherung, zur Verbesserung des österreichischen Schulwesens, Herr Kollege Lugar und andere.

In der gesamten Bildungsreform stehen uns noch große Aufgaben bevor. Zum Beispiel greife ich hier das Stichwort LehrerInnenbildung-Neu heraus. Diese LehrerIn­nenbil­dung-Neu ist dringend notwendig und wichtig. Mit einer zukunftsorientierten Pädago­gInnenausbildung schaffen wir wirklich ein Schulwesen auf höchstem Niveau.

Ein Beispiel: Die Stärkung der Pädagogischen Hochschulen hat dazu geführt, dass wir so viele Studierende im ersten Semester haben wie noch nie, so viele insgesamt Studierende und so viele AbsolventInnen wie noch nie. Und wir brauchen diesen Lehrerzuwachs, weil durch einen wichtigen Schritt der Bildungsreform, die Redu­zie­rung der Klassenschülerzahlen, Tausende, genau 6 000 Lehrerarbeitsplätze mehr ge­schaffen worden sind.

Wir haben die Sprachförderung, den Kleingruppenunterricht. Wir haben um 20 Prozent mehr Unterstützungspersonal, mehr Schulsozialarbeiter. Ignorieren Sie das nicht, wenn Sie hier alles schlechtreden!

Noch eine Zahl, die mir sehr wichtig ist: Die Zahl der Schulabbrecher ist 2011 mit 8,3 Prozent deutlich unter dem EU-Richtwert. Das sind Erfolge! Und ein ganz großer Erfolg dieser Regierung ist die Neue Mittelschule, die gemeinsame Mittelschule.

Ich appelliere also, sehr geehrte Damen und Herren, das anzuerkennen. Österreich ist zum Beispiel auch führend in der Berufsausbildung. Nicht zuletzt haben wir diesem Umstand die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu verdanken.

Wenn man all diese positiven Fakten immer wieder ignoriert, dann muss man schon ein wirklich destruktiver Oppositionspolitiker sein. Verleugnen Sie nicht die Erfolge,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 64

sehr geehrte Damen und Herren, arbeiten Sie konstruktiv mit an der Reform des öster­reichischen Bildungswesens! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.30


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu? – Bitte, Herr Klubob­mann Lugar.

 


11.31.06

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ja, Herr Sacher, mit Ihrer Wort­meldung haben Sie mich herausgefordert. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) Man sagt ja, wenn jemand ein Problem hat und es weiß, ist es nicht so schlimm, da kann man Lösungen anbieten. Wenn jemand aber ein Problem hat und es nicht weiß – so wie Sie anscheinend –, dann gibt es wirklich ein Problem. Und genau das ist das Problem, das wir hier haben: Sie haben ein Problem im Schulbereich und wissen es anscheinend gar nicht.

Ich glaube, dass die Frau Ministerin es schon erkannt hat, denn ich habe an ihren Aussagen gesehen, dass sie sieht, dass es hier Probleme gibt, und sie diese Probleme auch angehen will. Das Problem ist nur, und das habe ich auch angesprochen, dass die Parteipolitik hier einiges in den Weg legt und man eben glaubt, dass die Politik überall immer die besseren Lösungen anzubieten hat – was aber nicht der Fall ist.

Das heißt, wir brauchen Autonomie, und nichts anderes habe ich gesagt. Es geht ja nicht darum, dass wir hier die Demokratie abschaffen. Es geht darum, dass wir dort jene Experten arbeiten lassen, die wissen, was sie tun. Und das sollten normalerweise die Direktoren sein. Nichts anderes habe ich gesagt.

Letztlich geht es darum – und das haben Sie anscheinend nicht verstanden –, dass wir es schaffen, dass jeder, der aus der Schule rauskommt, ausreichend lesen und schreiben kann. Das ist aus meiner Sicht nach neun Jahren Schule nicht zu viel verlangt. (Beifall beim Team Stronach.) Und im Moment sieht es so aus, dass das eben nicht der Fall ist, und deshalb müssen wir ganz, ganz schnell gute Lösungen finden, dass wir das bewerkstelligen können.

Ich gehe davon aus, dass die Frau Ministerin da ganz intensiv bei der Sache ist, und ich hoffe auch, dass man hier über alle Parteigrenzen und über alle ideologischen Schranken hinweg bereit ist, an guten Lösungen zu arbeiten. Wir sind es auf jeden Fall. (Beifall beim Team Stronach.)

11.32

11.32.20

 


Präsident Fritz Neugebauer: Liegen dazu noch weitere Wortmeldungen vor? – Das ist nicht der Fall. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1988 der Beilagen.

Ich ersuche jene Kolleginnen und Kollegen, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit beschlossen. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung ange­nommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 65

11.33.152. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (1989 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landes­ver­trags­lehrpersonengesetz 1966, das Prüfungstaxengesetz Schulen – Pädago­gische Hochschulen und das Unterrichtspraktikumsgesetz geändert werden (2021 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.33.46

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Bevor ich nun zu meiner Rede komme, darf ich noch den Pen­sionistenverband aus meiner Heimatstadt Trofaiach herzlich begrüßen. Es freut mich, dass ihr hier seid! (Allgemeiner Beifall.)

In dieser Regierungsvorlage werden verschiedene Anpassungen vorgenommen. Diese Änderungen sind mit Sicherheit positiv zu bewerten, wir sind damit auf einem guten Weg unterwegs, einem Weg in die richtige Richtung.

Besonders erfreulich für mich ist, dass es weiterhin eine sonderpädagogische Förde­rung durch Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer gibt. Diese können bis zum Schuljahr 2014/2015 auch Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf bis zur 9. Schulstufe an Bundesschulen unterrichten. Vorrangiges Ziel soll ja sein, den benachteiligten Schülerinnen und Schülern den Einstieg ins Berufs­leben zu erleichtern.

In dieser Regierungsvorlage ist auch die Nennung der Neuen Mittelschule als Regel­schule im Landesvertragslehrpersonengesetz vorgesehen. Erstmals seit 50 Jahren wird mit der Neuen Mittelschule ein neuer Schultyp flächendeckend ins Regelschul­wesen übernommen. Der vollständige Ausbau wird im Schuljahr 2018/2019 erreicht.

Beim Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz soll des Weiteren auch noch eine verstärkte Einbeziehung der Leiterinnen und Leiter bei der Auswahl von Lehrkräften für ihre Schule vorgesehen werden – eine Anpassung, die mit Sicherheit für jeden Schulleiter wichtig ist.

Im Unterrichtspraktikumsgesetz muss der Begriff „Kinderzulage“ durch den Begriff „Kinderzuschuss“ ersetzt werden.

Alles in allem, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine gute Novelle, und es würde mich freuen, wenn es heute wieder einen einstimmigen Beschluss, so wie bereits im Ausschuss, gibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


11.36.35

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf auch junge Leute hier begrüßen, und zwar 15 MaturantInnen und Frau Mag. Dr. Susanne Miedler von der Höheren Bundes­lehranstalt für Mode und wirtschaftliche Berufe in Krems. (Allgemeiner Beifall.)

Wie schon gehört, in der vorliegenden Gesetzesvorlage gibt es eine Reihe von notwendigen Anpassungen. Bekanntlich ist die Neue Mittelschule seit 1. September im Regelschulwesen, deshalb wird sie im Gesetzestext dieser Novelle auch genannt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 66

Die Abgeltung von Prüfungstätigkeiten an den Pädagogischen Hochschulen wird letztmalig verlängert. Bekanntlich gibt es dort ein neues Dienst- und Besoldungsrecht, somit werden die Prüfungsprämien und auch die Betreuung von Bachelor-Arbeiten in diesem Gesetz geregelt.

Darüber hinaus soll jene Regelung verlängert werden, wonach Berufsschullehrer auch an Bundesschulen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf bis zur 9. Schulstufe unterrichten können. Damit soll die Eingliederung ins Berufsleben von benachteiligten Menschen mit Vermittlungshindernissen erleichtert werden. Gleichzeitig wird diese Maßnahme auch evaluiert.

Ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Schulautonomie, aber auch mehr Qualität an den Schulen ist die neue Regelung über die Mitwirkungsrechte von Leiterinnen und Leitern an Pflichtschulen. Diese sollen künftig bei der Personalauswahl, aber auch bei der Entwicklung von Personalplänen mit einbezogen werden. Mit mehr Eigen­ver­antwortung der Direktionen wird es möglich sein, ein eigenes Profil zu entwickeln und dadurch auch die Qualität zu heben. Damit wird gleichzeitig ein Teil der Regie­rungs­vereinbarung erfüllt, wonach mehr Verantwortung an die Schulleitungen zu übertragen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

11.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


11.38.53

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Danke, Herr Präsident! – Es ist mir natür­lich ein außerordentliches Bedürfnis, alle zu begrüßen. Es freut uns, dass das Interesse an Bildungsmaterien im Haus doch relativ groß ist, wie ich feststellen kann, wenn ich auf die Besuchergalerie blicke. Es ist ja auch ein zentrales Zukunftsthema, und von daher sind wir gut beraten, uns hier intensiv damit auseinanderzusetzen.

Und, Frau Ministerin, die gute Botschaft vorneweg: Die Opposition ist wie immer konstruktiv mit bei der Sache, und diesem Gesetz können wir zustimmen. Sie werden nicht sehr überrascht sein, wenn ich Ihnen sage, dass für uns einige Wermutstropfen mit drinnen sind, die ich Ihnen jetzt kurz erkläre.

Der eine Wermutstropfen ist die Befristung. Für uns ist es nicht ganz nachvollziehbar, warum auch hier wieder eine Befristung auf drei Jahre gegeben ist. Ich weiß schon, Sie argumentieren hier mit der notwendigen Evaluierung, aber diese Evaluierung hätte auch bereits in der Vergangenheit erfolgen können. Da sollten wir uns doch etwas mutiger in Richtung Schule der Zukunft bewegen, wiewohl – und das ist ein zweiter Punkt – dieses Gesetz natürlich jetzt nicht unbedingt dieser große Schritt ist. Das ist ein kleines Trippelschrittchen in die Zukunft, und ein bisschen habe ich den Verdacht – es geht ja auch um das neue LehrerInnendienst- und Besoldungsrecht –, dass es auch ein Eingeständnis ist, dass dieser große Wurf in dieser Legislaturperiode nicht mehr kommt und man deshalb jetzt einmal mit kleinen Maßnahmen versucht, das Notwendigste zu überbrücken.

Wir alle wissen, wie notwendig dieses neue Dienst- und Besoldungsrecht wäre, um einen Schritt in Richtung moderne Schule zu machen. Daher würde ich schon dringend darum ersuchen, dass wir hier endlich einmal erfahren, was denn da eigentlich die Position der Regierung ist und, wenn es geht, die gemeinsame Position vom Kollegen Amon und Ihnen, denn die Botschaften, die wir von Rot und Schwarz hören, driften hier schon sehr weit auseinander. Ich glaube, die Menschen in Österreich haben ein Recht darauf, zu erfahren, was die Regierung will, was die Kernpunkte des neuen Dienst- und


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Besoldungsrechts sind, und dann kann man in Verhandlungen mit der Gewerkschaft treten.

Auch in einem anderen, weiteren Punkt möchte ich eine kurze Stellungnahme abgeben. Es ist zu begrüßen, dass Sie, wenn es um die Anstellung künftiger Lehrkräfte an den Schulen geht, ganz vorsichtig die Schulleiterinnen und Schulleiter mitein­beziehen. Aber das, was hier drinnen steht, ist nun wirklich nur ein Zentimeter in die richtige Richtung. Es ist kein großer, sondern wirklich nur ein ganz, ganz kleiner Schritt. Denn Sie haben vor, nur die Schulleiterinnen und Schulleiter dazu einzuladen, eine Stellungnahme abzugeben. – Das ist nun wohl das Mindeste. Ich kann Ihnen aus meiner eigenen Erfahrung als Schuldirektor versichern, dass es im Landesschulrat Vorarlberg zumindest schon üblich war, dass man gefragt wurde, wenn es um die Zuteilung von Lehrkräften ging. Ein anderes Problem wären die Religionslehrerinnen und Religionslehrer, wo so etwas bislang leider nicht erfolgt.

Klar ist auch hier, wohin die bildungspolitische Reise zu gehen hätte. Das ist leider nur im Konjunktiv auszudrücken, und der Konjunktiv II wird ja häufig als Konjunktiv Irrealis, als Konjunktiv der Nichtwirklichkeit bezeichnet.

Die Reise muss in Richtung mehr Schulautonomie gehen. Und das, Frau Ministerin, wäre wirklich mit einem Demokratisierungsschub zu verbinden, der an unseren Schulen kommen sollte. Ich habe noch in den siebziger Jahren studiert, als das neue Universitäts-Organisationsgesetz eingeführt worden ist, ich habe damals diese Aufbruchsstimmung an den Universitäten miterlebt. Etwas Ähnliches brauchen wir auch an unseren Schulen, nämlich die Einbeziehung aller Schulpartner in zentrale strategische Fragen und strategische Entwicklungen. Ich glaube, dann haben wir ein System, wo wir keine Querschüsse haben, wo es nicht Machtapparaten in der Gewerk­schaft gelingen kann, notwendige Reformschritte zu verhindern.

Wenn Sie bereit sind, solche Schritte zu gehen, dann haben Sie uns Grüne an Ihrer Seite. Diesem kleinen Schritt, sozusagen ein erstes Entgegenkommen, Frau Ministerin, können wir zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.44


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


11.44.11

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­des­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe ZuhörerInnen und ZuschauerInnen auf der Galerie! Auch wir vom BZÖ werden diesen Anpassungen unsere Zustimmung geben. Ich möchte sie jetzt nicht wieder im Einzelnen anführen, das haben meine Vorredner schon getan, ich möchte nur auf einen Punkt hinweisen:

Es geht hier um eine Anpassung im Rahmen der Neuen Mittelschule, die mit 1. September in das Regelschulsystem übergegangen ist, mit der der Begriff „Landes­lehrer“ durch „Lehrpersonen“ ersetzt wird. Das mag eher unbedeutend klingen, ist aber etwas ganz Wesentliches und zeigt im Grunde das Dilemma auf, das wir in der Schul­verwaltung haben. Es zeigt das Dilemma auf, dass wir in der Schulverwaltung nach wie vor unterschiedliche Zuständigkeiten und verschiedene Mehrgleisigkeiten haben – unterschiedliche Zuständigkeiten von der Gemeinde bis hinauf zum Bund –, dass wir immer wieder Gesetze anpassen müssen, reparieren müssen, Löcher stopfen müssen, letztendlich aber ein Flickwerk herauskommt, weil der große Wurf in der Reform der Schulverwaltung fehlt. Diesen möchte ich hier auch im Namen des BZÖ noch einmal vehement einfordern, da bei den vielen Reformen, die Sie, Frau Bundesministerin, gemacht und zu denen Sie von uns auch immer wieder die Zustimmung bekommen haben, die großen Reformen fehlen.


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Zum Beispiel, dass der Bund zuständig ist. Der Bund ist für die Schule in Gesetz­gebung und Vollziehung zuständig, das ist eine Voraussetzung, der wir uns nicht mehr verschließen können. Wir brauchen ein einheitliches Lehrerdienst- und Besoldungs­recht, das ist total notwendig. (Beifall beim BZÖ.)

Frau Bundesministerin! Ich habe das Gefühl, dass dies auf Ihrer Agenda nicht mehr ganz oben steht, sondern bis in das nächste Jahr einfach noch mitgezogen wird, und vielleicht bringen Sie etwas zusammen. Wir unterstützen Sie hier, Sie können mit unserer Unterstützung rechnen, denn gerade ein einheitliches Lehrerdienstrecht ist so notwendig, vor allem wenn wir uns anschauen, wie es in der Praxis aussieht, auch bei der Ganztages-, bei der Nachmittagsbetreuung.

Vielleicht haben einige Kolleginnen und Kollegen gelesen, was der Gemeindebund­präsident gestern oder vorgestern darüber in einer Zeitung gesagt hat, wie kompliziert es ist, wenn in einer Gemeinde in einer Schule Nachmittagsbetreuung angeboten wird:

„Selbst wenn sich Lehrer für die Nachmittagsbetreuung freiwillig melden, ist die Ver­waltungssituation ,absurd‘. () ,Im Regelunterricht ist ein Lehrer Bediensteter des Landes, der vom Bund bezahlt wird. In der Nachmittagsbetreuung ist derselbe Lehrer an derselben Schule Gemeindebediensteter mit eigener Sozialversicherung und Steu­er­erklärungspflicht für die Pauschalvergütung. Der Schuldirektor kann dem Lehrer am Nachmittag nichts anschaffen, denn am Nachmittag ist der Chef die Gemeinde.‘“

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Wollen wir das weiterführen? Das ist ein Wahnsinn, und daran wird es letztendlich scheitern, dass wir gute Ganztages- und Nachmittagsbetreuungen haben. Daher bitte ich Sie wirklich, hier Druck zu machen, damit wir ein einheitliches Lehrerdienstrecht bekommen und solche Dinge in Zukunft nicht mehr passieren können. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Das stimmt ja nicht! Das mit der Gemeinde stimmt nicht!)

11.48


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


11.48.25

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir werden dieser Novelle auch zustimmen.

Was durchaus positiv zu betrachten ist, ist, dass benachteiligte Schülerinnen und Schüler auch eine Möglichkeit haben, am Berufsleben teilzunehmen. Wenn man die dramatischen Zahlen anschaut, wie viele Jugendliche keinen Schulabschluss haben – und da sprechen wir von mehr als 10 000 –, dann muss man hier wirklich den Hebel ansetzen, denn das sind die Langzeitarbeitslosen von morgen. Frau Ministerin, das ist etwas, von dem wir schon seit Jahren sprechen, hier muss man wirklich etwas tun. Daher sind wir auch dafür, dass wir die Lehrer mehr fordern und mehr fördern, dass es hier ein neues Besoldungsrecht gibt, dass die Junglehrer einfach mehr Gehalt beim Einstieg bekommen, damit das Ganze besser verteilt wird. Diese Alterspyramide ist einfach mehr als überholt.

Ich würde mir auch wünschen – wir haben es gerade von der Frau Kollegin Haubner gehört –, dass man auch die Direktoren als Manager sieht und sich ein Schulleiter – was er auch ist, das kann man ganz emotionslos betrachten – wirklich sein eigenes Personal aussucht. Wenn die Leistung und die Entlohnung passen, dann werden wir auch wieder gute Lehrerinnen und gute Lehrer finden, die unsere Kinder ausbilden. Ich denke, es muss für uns das Wichtigste sein, dass wir nur die Besten der Besten als Lehrer an unsere Kinder heranlassen. Ich glaube, da finden Sie in uns einen Partner,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 69

Frau Ministerin, der Sie wirklich unterstützt, damit wir dieses Programm, das jetzt angegangen wurde, in der Zukunft auch effizient umsetzen.

Ich weiß, es ist noch ein langer Weg, bis wir wirklich alle sagen können, okay, wir haben hier etwas geschaffen, was nachhaltig bei einer Schule, bei den Kindern und Jugendlichen richtig ankommt. Das dauert ja meistens Jahrzehnte. Frau Ministerin, ich würde mir wirklich wünschen, dass wir, wenn wir hier das nächste Mal zusam­menstehen, sagen können, es gibt ein neues Besoldungsrecht, der Schuldirektor ist ein Manager, der seine eigenen Lehrer, seine Mitarbeiter aussuchen kann, und dass nur die Besten der Besten unsere Kinder ausbilden. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

11.50


Präsident Fritz Neugebauer: Nun darf ich Frau Bundesministerin Dr. Schmied das Wort erteilen. – Bitte.

 


11.50.43

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Herr Abgeordneter Walser, zunächst freue ich mich natürlich sehr über die Aussage, dass die Richtung stimmt. Das ist eine große Freude. (Abg. Scheibner: Ihr versteht euch gut, glaube ich!) Heute ist ja da ein besonderer Tag. (Abg. Amon: Das ist überhaupt zum ersten Mal!)

Die drei Hauptpunkte aus meiner Sicht bei diesem Gesetzespaket wurden schon erwähnt, ich möchte sie nur noch einmal unterstreichen: Vor allem die Einbeziehung der Schulleiter/der Schulleiterinnen in die Frage der Personalauswahl halte ich für wichtig. Das ist ein Schritt in Richtung mehr Verantwortung am Schulstandort. Da müssen wir hinkommen, das müssen wir auch in der „PädagogInnenbildung NEU“ verankern – Stichwort „Managementausbildung“ für angehende Direktoren/Direktorin­nen: nicht nachher, sondern vorher, wenn man sich für einen Leitungsposten bewirbt.

Die Regelung für Berufsschullehrer erfolgt zwar – Sie haben es erwähnt – mit einer Befristung, aber trotzdem, es ist gesetzlich gesichert. Das ist ein wichtiger Schritt.

Auf den dritten Punkt „Prüfungstaxengesetz Schulen – Pädagogische Hochschulen“ möchte ich nur kurz zu sprechen kommen. Das war, meine sehr geehrten Damen und Herren, letztmalig notwendig, weil nämlich – und da möchte ich mich bei den Sozial­partnern ganz besonders bedanken – mit 1. Oktober 2013 für alle Bediensteten an den Pädagogischen Hochschulen, für alle Lehrenden das neue Dienst- und Besol­dungs­recht in Kraft tritt. Das zeigt – und das ist für mich auch ein bisschen Antrieb –: Ja, wenn man abschlussorientiert in Verhandlungen hineingeht, lässt sich ein neues Dienst- und Besoldungsrecht vereinbaren; in diesem Fall sogar für alle Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter, nicht nur für die neu eintretenden.

Und da darf ich abschließend der Frau Abgeordneten Haubner sagen: Das Dienst- und Besoldungsrecht für die Lehrerinnen und Lehrer ist und bleibt ganz oben auf meiner Agenda. Wir brauchen das neue Dienst- und Besoldungsrecht – Betonung auf „Dienst- und Besoldungsrecht“ – für die gute Umsetzung all unserer Bildungsreformen, denn von der Verantwortung der Direktoren bis hin zur Bezahlung nach Funktion wird alles im Dienst- und Besoldungsrecht geregelt werden.

Aber eines sage ich auch sehr klar: Dieses neue Dienst- und Besoldungsrecht werden wir als Regierung zusammenbringen, auf sozialpartnerschaftlicher Basis verhandelt, oder nicht. Für eine Situation, wie ich sie 2009 erlebt habe, bin ich nicht zu haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Amon.)

11.53

11.53.10

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 70

Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1989 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wenn Sie auch in dritter Lesung zustimmen, bitte ich um Ihr Zeichen. – Auch das ist einstimmig beschlossen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

11.54.053. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1877/A(E) der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen betreffend die Behandlung der Lawinen-Gefahr im Schulunterricht (2022 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1878/A(E) der Abgeord­neten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festschrei­bung der Pflichtgegenstände „Technisches Werken“ und „Textiles Werken“ im gleichen Ausmaß im Lehrplan der NMS wie im Lehrplan der Hauptschule (2023 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 3 und 4 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 


11.54.40

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Zwei Anträge der Freiheitlichen.

Eingangs vielleicht nur an den Herrn Klubobmann Lugar von seinem Team: Schuldirektoren können mit und ohne Parteibuch gute Schuldirektoren sein. Sie werden mir als Freiheitlichem sicherlich nicht unterstellen, dass ich gerade im Bil­dungsbereich Parteibuchwirtschaft in irgendeiner Form unterstützen würde, nur ist es bei dem, was Sie vorschlagen, eine Gratwanderung. Gibt es dann ein politisches Denk- oder Betätigungsverbot für Schuldirektoren? Daher frage ich: Wie wollen Sie es aus­schließen, dass jemand, der qualifiziert ist, ein Parteibuch hat? – Der Bestellungs­modus wird das Interessante werden.

Zur Frage Lawinenschutz: Wir haben uns gedacht, dieser kleine Antrag wird der Sicherheit von Jugendlichen dienen, aber natürlich auch im Erwachsenenalter, wenn man über solche tragischen Vorkommnisse liest. Die Ablehnungsgründe waren sehr mannigfaltig. Zum einen hat Frau Kollegin Ablinger gesagt, sie unterrichte das im Geographieunterricht. – Ich bin hingegen der Meinung oder der Überzeugung, dass vielleicht nicht alle Schüler Österreichs bei der Frau Kollegin Ablinger in den Unterricht gehen.

Das andere Argument war, dass dies ja in den alpinen Regionen ohnehin behandelt würde, weil dort das Skifahren dazugehöre. – Was aber nun etwa in Wien oder in Teilen Niederösterreichs mit dem Skifahren vor der Haustüre passiert, ist unbeachtet geblieben und das ist mir auch nicht erklärt worden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 71

Wir haben lediglich vorgeschlagen, dass das Ministerium eine Richtlinie ausgibt. Es gibt insbesondere sehr gute Informationsfilme, die das spannend und einfach ge­stalten, daher sollte man das einführen. Es wird allerdings abgelehnt. Ich weiß nicht, was bei so einem sachlichen Antrag das Problem sein soll. (Demonstrativer Beifall des Abg. Hörl.)

Ernster wird es auf jeden Fall bei der Frage, bei der es um den Bildungsstandort und auch um die Arbeitsplätze in Österreich geht. Ursprünglich waren in der Hauptschule das Technische und das Textile Werken ein gleichwertiger Pflichtgegenstand, weil man lernen sollte, wie man mit manueller Tätigkeit umgeht. Das ist genau das, wo wir in die Richtung der Facharbeit kommen. Jetzt wird das, als Einsparung, reduziert. Dafür gibt es den Schnuppertag bei irgendeiner Firma, wo man dann halt einmal bei irgendeinem Apparat irgendwo draufdrücken oder sonst etwas tun darf. – Das entspricht nicht dem, wie wir unsere Facharbeiter und die Interessen und Neigungen in der Schule in Österreich sehen wollen. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir glauben daher, dass das gerade im Lichte unserer Beschäftigungspolitik das Not­wendige wäre, denn natürlich müssen auch die Hauptschule und die Neue Mittelschule den Weg zur Matura freimachen. Das ist bis jetzt auch immer Gesetzeslage gewesen, und das ist auch begrüßenswert. Wir wollen eines nicht haben: 20 000 Publizisten, damit wir die Akademikerquote erfüllen, aber dafür nur Facharbeiter aus dem Ausland. (Beifall bei der FPÖ.)

11.57


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ablinger. – Bitte.

 


11.57.36

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Kollege Rosenkranz, da haben Sie mir nicht genau zugehört. Ich habe im Ausschuss nicht gesagt, dass ich das unterrichte. Sie hätten recht, die Tatsache, dass ich etwas unterrichte, wäre nicht ausreichend. Was ich im Ausschuss gesagt habe – und darauf bezieht sich auch unsere Ablehnung –, ist, dass das logischerweise extrem tragische Vorfälle sind und die Schule auch entsprechend reagieren muss. Und das tut sie, weil das Teil des Lehrplanes ist.

Schon in der ersten Klasse ist Lawinenkunde, sind Naturkatastrophen Teile des Lehr­planes. Das wird nicht nur von mir unterrichtet – abgesehen davon eben nicht von mir, ich bin keine Geographielehrerin –, sondern von GeographielehrerInnen in allen Schulen, weil es Teil des Lehrplanes der ersten Klasse ist und dort auch in den Schul­büchern vorkommt. Da können Sie gerne nachschauen. Das heißt, das, was Sie fordern, ist schon Realität. Es wird unterrichtet, und darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Angeboten. Sie brauchen sich das nur anzuschauen, zum Beispiel, was Schulfilme betrifft, die auch Teil dieses Antrages waren. Es gibt viele Angebote für Schulfilme – wie Lawinen entstehen oder wie man sich entsprechend verhalten muss –, damit gesichert ist, dass die Schüler das im Laufe ihrer Schullaufbahn auch hören und vorbereitet sind.

Darüber hinaus noch ein weiterer Punkt: Wenn Kinder auf Schulskikurse fahren, ist das auch Teil der Vorbereitung. Also, so tragisch das ist – da gebe ich Ihnen völlig recht, Sie haben die Zahlen im Antrag ja auch genannt –, das, was Schule dazu tun kann, das tut sie bereits. Insofern begründet sich unsere Ablehnung dadurch, weil die Behandlung der Lawinengefahr, der Ursachen von Lawinen bereits Teil des Lehrplanes sind.

Zum zweiten Punkt: „Werken“. Da wird die Wiedereinführung von zwei getrennten Wahlpflichtfächern, Textilem und Technischem Werken, gefordert. Was geschehen ist


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 72

und was wir vor einigen Wochen oder Monaten diskutiert haben, ist, dass sie im Rah­men der Reform zur Neuen Mittelschule nur insofern zusammengeführt worden sind, als sie nun alternativ angeboten werden.

Das heißt, es wird weder das Technische noch das Textile Werken abgeschafft, sondern es geht darum, das sicherzustellen, was die ursprüngliche Idee schon in den achtziger Jahren war, nämlich geschlechtsspezifische Unterschiede in den Lehrplänen auszumerzen. So gesehen handelt es sich dabei also nicht um ein Wahlpflichtfach, bei dem man sich für das eine oder für das andere entscheidet, sondern es geht darum, dass Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, beides alternativ angeboten zu bekommen und beides auch kennenlernen zu können. Sie müssen sich nicht nur für das eine oder für das andere entscheiden, wie das ursprünglich der Fall war, als die Burschen sich für GZ entscheiden mussten und die Mädchen für Kochen.

Das war die Idee, und ich glaube, es ist nach wie vor wichtig und sinnvoll, dass die Mädchen und Burschen beides kennenlernen können und für beides Interesse und Fähigkeiten entwickeln können, darum haben wir diesen Antrag abgelehnt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.00


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


12.00.37

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zu diesen zwei Anträgen haben wir als BZÖ ein unterschiedliches Abstim­mungsverhalten. Das heißt, wir stimmen einmal zu, und zwar dem Antrag betreffend das Technische und das Textile Werken – aus besagten Gründen, die auch von den Antragstellern schon angeführt wurden, weil also auch wir glauben, dass hand­werkliche Fertigkeiten, handwerkliche Fähigkeiten einfach auch zu einer guten Allge­mein­bildung dazugehören und dass gerade die Tendenz, praktische Fächer vom Stundenausmaß her zu minimieren, in vielen Lehrplänen sichtbar ist.

Was ich bedauere, ist, dass dieser Antrag erst jetzt zur Abstimmung kommt, denn wir haben vonseiten des BZÖ im Rahmen der Diskussion, als es um die Unterrichts­stundenverteilung beim Lehrplan der Neuen Mittelschule gegangen ist, am 1. März einen fast identischen Antrag eingebracht, der damals leider von den Koalitions­parteien abgelehnt wurde – aber auch von der FPÖ abgelehnt wurde, die dann eine Woche später diesen Antrag eingebracht hat. Aber nichtsdestotrotz, wir stimmen dem heute zu, weil wir überzeugt sind, dass das der richtige Weg gewesen wäre.

Jetzt haben wir eine andere Situation, dieses alternierende Angebot. Man wird sehen, wie sich das bewährt. Es bedeutet natürlich eine Reduzierung der Stunden. Es wird heute auch noch von den Grünen ein Antrag eingebracht, dem wir auch zustimmen werden, weil wir glauben, dass das auch eine gute Entwicklung auf dem derzeitigen Stand ist.

Zum zweiten Antrag, was die Lawinengefahr betrifft: Dass Lawinengefahr ein großes Problem ist und dass man gerade junge Menschen über die Gefahren auf allen möglichen Ebenen informieren muss und sie auch darauf hinweisen muss, ist ganz klar. Nur teile ich auch hier die Meinung meiner Vorrednerin, die gesagt hat, dass Teil des Lehrplanes unter anderem Lawinenkunde ist. Und ein verantwortungsvoller Lehrer wird das auch entsprechend unterrichten. Und das Zweite ist, dass eine sehr intensive Vorbereitung erfolgt, wenn auf Schulsportwochen gefahren wird, wenn auf einen Skikurs gefahren wird und so weiter. Auch wir glauben, dass dieser Antrag eigentlich etwas, das ohnedies vorhanden ist, nur noch unterstreicht, und daher werden wir diesem Antrag heute nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall beim BZÖ.)

12.03



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 73

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler. – Bitte.

 


12.03.43

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wie Kollegin Ablinger schon angeführt hat, zielt der Antrag der FPÖ auf etwas ab, das ja schon längst Realität ist. Im Ausschuss wurde darüber gesprochen, dass, wie auch die Kollegin Haubner gesagt hat, die Kinder auch im Zusammenhang mit den Schulskikursen entsprechend auf diese Gefahren vorbereitet werden sollen. Beim Antrag der FPÖ wird ja auf eine Unfallstatistik des Jahres 2009/2010 verwiesen, wo, glaube ich, ein bisschen etwas durcheinander gebracht wird. Es wird hier angeführt, dass 44 Personen im organisierten Skiraum umkommen und 37 Personen bei Lawinenunfällen getötet werden.

Und um jetzt auf die Schulskikurse zurückzukommen: Da ist es doch so, dass diese Kinder oder Jugendlichen ja nicht alleine fahren, sondern stets in Begleitung einer Lehrperson beziehungsweise eines Skilehrers unterwegs sind, und dies nur im gesicherten Skiraum, wo in der Regel nur in absoluten Ausnahmefällen Lawinen­abgänge stattfinden und alle paar Jahre einmal vielleicht dadurch auch Leute zu Schaden kommen. Aber in der Regel bewegen sich junge Leute in Begleitung ihrer Lehrer oder Skilehrer im absolut sicheren Skiraum und kommen daher gar nicht in die Gefahr möglicher Lawinenabgänge.

Beim zweiten Antrag, betreffend Technisches Werken und Textiles Werken, ist hinzu­zufügen, dass wir in der derzeitigen Zusammenführung eigentlich eine Chance für die jungen Leute sehen – denn das haben Sie nicht gesagt, Herr Rosenkranz: Es hat sich hierbei bislang um ein Wahlpflichtfach gehandelt, und man hat sich als Bub oder Mädel für das Technische Werken oder für das Textile Werken entschieden, hat also vom jeweils anderen nichts mitbekommen.

Die jetzige Lösung ist daher, glaube ich, schon ein Fortschritt, denn in der Regel ist es früher ja so gewesen, dass sich die Mädels eher für das Textile Werken und die Buben eher für das Technische Werken entschieden haben. Und so gesehen bietet diese Zu­sam­menführung, wie ich glaube, eine große Chance: Die jungen Leute gewinnen neue Inhalte. Buben werden in Grundtechniken des Handwerkens, des Strickens, Häkelns und von Ähnlichem mit einbezogen, was, glaube ich, auch kein Schaden ist, aber vor allem bei den jungen Mädchen sehe ich die Chance, dass sie dadurch mit Technik, auch mit Naturwissenschaft in Kontakt kommen und vielleicht in weiterer Folge auch das Berufsbild, das sie im Hinterkopf gehabt haben, ganz überdenken und erkennen, dass das etwas ist, das für sie vielleicht interessant wäre.

Es ist auch die Wirtschaft, die Industrie sehr, sehr stark dahinter, dass wir vor allem junge Frauen mehr für Technik, mehr für Naturwissenschaften begeistern können. (Demonstrativer Beifall der Abg. Mag. Wurm.) Auch aufgrund der demographischen Entwicklung ist ja nicht Not am Mann, sondern mehr Not an der Frau, und wir brauchen mehr gut ausgebildete Frauen in Naturwissenschaften und Technik (Beifall des Abg. Hörl), und dies nicht nur im Fachkräftebereich, sondern auch im tertiären Bereich. Ich sehe in dieser gleichwertigen Schulausbildung – denn das wird natürlich auch geprüft, dass zu gleichen Teilen das Technische und das Textile Werken ausgeführt wird, auch unterrichtet wird (Abg. Dr. Rosenkranz: Mit weniger Zeit!) – daher eine große Chance.

Was mir aber sehr, sehr wichtig ist – und hier ein dickes Lob und Gratulation an die Frau Unterrichtsministerin –: Im Zuge der Neuen Mittelschule haben wir erstmals das Fach Berufsorientierung selbständig als Fach eingeführt, und das ist eigentlich ein Meilenstein, weil da natürlich aufgrund der Neigungen und der eigenen Fähigkeiten Talente entdeckt werden und dann in späterer Folge auch Schul- und Berufswahl


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 74

erfolgen. So etwas wäre natürlich dann auch wünschenswert für AHS, nicht nur in der Oberstufe, sondern auch in der Unterstufe. (Ironische Heiterkeit des Abg. Elmar Mayer.) Aber damit, dass wir das Fach Berufsorientierung jetzt einmal in der Neuen Mittelschule haben, ist ein großer Schritt gelungen, und dazu herzliche Gratulation unserer Unterrichtsministerin! – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Mag. Letten­bichler reicht Bundesministerin Dr. Schmied die Hand.)

12.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. – Bitte.

 


12.07.40

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Auch wir sind, wie Kollege Lettenbichler es ausgeführt hat, überzeugt davon, dass wir in Sachen Werkunterricht wieder in die richtige Richtung gegangen sind, Frau Ministerin. Es ist absolut notwendig, dass sowohl die Buben als auch die Mädchen in beiden Fächern unterrichtet werden. Ich darf Ihnen versichern, an meiner Schule war es sogar so, dass früher schon die Eltern und die Kinder gekommen sind, weil sie gesagt haben, wir wollen uns nicht entscheiden: Textiles Werken oder Technisches Werken?, sondern wir wollen beides haben. Das war damals nicht möglich. Jetzt ist es nicht nur möglich, sondern sogar verpflichtend. Das ist absolut richtig.

Das Problem, das an den Schulen aufgetaucht ist, hängt zusammen mit den Grup­pengrößen. Derzeit ist es so, dass natürlich die Gruppengrößen ausgeweitet wur­den – nicht de jure, sondern de facto –, weil wir größere Einheiten haben. Und daher bringen wir im Interesse unserer Kinder an den Schulen einen Entschließungsantrag ein, der diese Gruppengröße beschränken soll. Das ist der Entschließungsantrag 1878/A(E) der Abgeordneten Walser, Freundinnen und Freunde, ... – Entschuldigen Sie, ich habe den falschen zitiert, Herr Präsident. Ich hätte jetzt fast einen freiheitlichen Ent­schließungsantrag eingebracht. (Heiterkeit.) Ich ersuche also wirklich um Entschul­digung.

Mein Antrag lautet wie folgt:

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, die Teilungs­zahlenverordnung dahin gehend zu ändern, dass die Gruppengröße im Pflichtfach „Technisches und textiles Werken“ auf 15 SchülerInnen begrenzt wird.

*****

(Beifall bei den Grünen.)

Ein Wort auch noch zu den Schulskikursen: Auch hier darf ich sagen, dass in der Realität die Betreuung der Kinder und die Aufklärung der Kinder zum Glück sehr intensiv stattfindet. An meiner Schule sind es jedes Jahr 13 Klassen, die auf Schul­skikurs gehen, also jede Klasse geht in ihrer Schullaufbahn insgesamt drei Mal auf Skikurs. Jedes Mal wird sie im Vorhinein über die Gefahren aufgeklärt. Es gibt Filme dazu, und auch in den Skiwochen selber findet eine entsprechende Aufklärung an einem der Abende statt. Also hier gibt es sehr, sehr viel an Aufklärung, abgesehen davon – was die Kollegin Ablinger zu Recht gesagt hat –, dass diese Thematik natürlich auch im Geographieunterricht Bestandteil des Gegenstandes ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 75

Also hier haben wir Aufklärung in ausreichendem Maße. Das mag in den Untiefen der niederösterreichischen Provinz vielleicht nicht immer zur Kenntnis genommen werden, aber im übrigen Österreich, das kann ich Ihnen versichern, ist es so. Und die Auf­klärungsarbeit des Kollegen Rosenkranz wird sicher dazu führen, dass das auch in Niederösterreich gang und gäbe ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.11


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde betreffend Beschrän­kung der Gruppengröße im Werkunterricht

eingebracht im Zuge der Debatte über TOP4, Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 1878/A(E) der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Festschreibung der Pflichtgegenstände "Technisches Werken" und "Textiles Werken" im gleichen Ausmaß im Lehrplan der NMS wie im Lehrplan der Hauptschule (2023 d.B.)

Begründung

Die Zusammenlegung der beiden Unterrichtsfächer Technisches und Textiles Werken ist als genderpädagogisch sinnvolle Initiative zu begrüßen. So können alle SchülerIn­nen beide handwerklich-technischen Bereiche im Unterricht erfahren. Im Werk­unter­richt haben die SchülerInnen die Möglichkeit den Umgang mit Werkzeug und Maschinen zu erlernen. Es bedarf der intensiven Zuwendung der LehrerInnen zu den SchülerInnen um einen sicheren Umgang mit den Werkzeugen und Maschinen zu gewährleisten. Darüber hinaus müssen die Inhalte der beiden Unterrichtsgegenstände in kürzerer Zeit erarbeitet werden, was allein schon auf Grund der räumlichen und technischen Kapazitäten nur in kleinen Gruppen gelingen kann. Damit der Unterricht auch in Zukunft für die SchülerInnen erfolgreich und sicher abgehalten werden kann, muss die Gruppengröße auf maximal 15 SchülerInnen beschränkt werden.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur wird aufgefordert, die Teilungs­zahlenverordnung dahingehend zu ändern, dass die Gruppengröße im Pflichtfach „Technisches und textiles Werken“ auf 15 SchülerInnen begrenzt wird.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Markowitz. – Bitte.

 


12.11.23

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Walser, prinzipiell finden wir Ihren Entschließungsantrag gut. Aber was die Deckelung mit den 15 Personen betrifft, so frage ich mich – erklären


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 76

Sie mir, bitte, wie das ausschauen soll –: Wenn jetzt eine Klasse zum Beispiel 22 SchülerInnen hat, heißt das dann, wir teilen das auf auf zwei Klassen und wir brauchen dann zwei Lehrer? Oder wie würden Sie das machen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Walser.)

Es gibt mehr Klassen, und Sie wollen das Ganze dann aufteilen, dass quasi der Lehrplan dann so geändert wird, wenn wir dann so und so viele Klassen haben, dass man sie auf maximal 15 reduziert.

Also ich stelle mir das einfach schwierig vor, obwohl das prinzipiell eine gute Idee wäre, weil da natürlich intensiv unterrichtet werden kann. Aber die Umsetzung und die Kostenfrage müssen wir uns noch genau anschauen, deswegen werden wir das jetzt prinzipiell ablehnen.

Den Antrag des Kollegen Rosenkranz betreffend Textiles Werken werden wir unter­stützen, denn wenn das zusammengelegt wird, habe ich den Verdacht oder die Befürchtung, dass dann die Stunden reduziert werden. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das ist so!) – Genau. Auch wenn es jetzt noch nicht der Fall ist, aber es wird sicher so kommen. Und da denke ich mir, das wäre dann sehr schade, denn wir müssen unsere Kinder einfach fördern, was textiles Werken und technisches Werken betrifft, und ich würde mir wünschen, dass die Stunden dann nicht wieder dort gestrichen werden, so wie es in der Vergangenheit auch bei den Turnstunden der Fall war. Deswegen werden wir den Antrag des Kollegen Rosenkranz unterstützen.

Was den zweiten Antrag des Kollegen Rosenkranz betrifft, betreffend Lawinengefahr, so werden wir diesen ebenfalls unterstützen. Denn: Das eine stimmt, wenn die Schüle­rinnen und Schüler auf Skikurswoche fahren, werden sie gut vorbereitet, nur haben wir in der Vergangenheit auch gesehen, dass eben viele Klassen nicht mehr fahren, aus Kostengründen und weil der Lehrer oder die Lehrerin einfach sagt, ich möchte die Verantwortung für die Gruppe nicht übernehmen. (Abg. Amon: Da ist die Lawinen­gefahr dann auch nicht so groß, wenn sie nicht fahren!)

Schau, das ist eben der Unterschied und der Grund, warum ich mit dem Kollegen Auer anscheinend besser zusammenarbeite als mit Kollegem Amon. (Abg. Amon: Geh?) – Nein, das sage ich jetzt schon einmal: Diese unterschwelligen Aussagen, permanent! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amon.) – Nein, eh nicht, ich weiß. Aber man muss die Sache doch ernst nehmen, oder? Wir versuchen hier eine ernste, sachliche Debatte zu führen, Kollege Amon. (Abg. Amon: Ja!) Und wenn es hier um Lawinen­opfer geht und wenn es hier um Jugendliche geht, die sterben – das sind 44, nachweislich –, dann kann man nicht sagen (Abg. Amon: Schauen Sie einmal in die Lehrpläne! Sie fordern hier etwas, was längst in den Lehrplänen steht!): Naja, diejeni­gen, die nicht auf Schulskikurswoche fahren, die sterben dann auch nicht. – Das ist doch unglaublich. Das ist eine unglaubliche Aussage, Herr Kollege Amon, und ich hoffe, Sie ziehen sie auch zurück. (Abg. Amon: Nein, nein, überhaupt nicht!) – Sie ziehen sie nicht zurück? (Abg. Amon: Natürlich nicht!) – Okay, passt. (Abg. Amon: Sie haben keine Ahnung !) Nein, ist absolut okay.

Also wir werden uns dafür einsetzen, dass die Jugendlichen auch wieder auf Schul­skikurse fahren, dass sie top ausgebildet werden, dass sie gut vorbereitet werden. Und auch diesbezüglich sehen wir das so, dass das der richtige Weg ist, und deswegen unterstützen wir auch den Antrag des Kollegen Rosenkranz. – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach.)

12.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Auer. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 77

12.14.19

Abgeordneter Mag. Josef Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Aufgrund der Zeitknappheit – ich habe nur drei Minuten – werde ich nur zum Thema Lawine sprechen.

Lawinengefahr, Herr Dr. Rosenkranz, muss man natürlich ernst nehmen, so wie alle Gefahren. Aber den Film, den Sie da in Ihrem Antrag angeben, „Check your RISK“, habe ich mir angeschaut, und das ist aber bei Weitem kein Lawinenfilm, sondern das ist ein Werbefilm für Freeriding. – Wenn man einen Western anschaut, wo viele Pferde vorkommen, dann sagt man ja auch nicht, das ist ein Pferdefilm.

Es gibt da zum Beispiel einen Hauptsponsor, eine Firma – ich nenne sie hier nicht –, die hochwertige Ausrüstung und Funktionsbekleidung herstellt und deren direktes Interesse es ist, dass dieses Freeriding gemacht wird. Ein Interviewter hat zum Beispiel gesagt: Wenn man sich aber mit der Materie auseinandersetzt und einen Kurs besucht, dann wird das Ganze zu einem sicheren Erlebnis, dann kann ich mit meinen Jungs rausgehen und Spaß haben.

Schauen Sie sich bitte alle einmal diesen Film an, wo über sehr, sehr hohe Felsklippen gesprungen wird. Einer ist gerade noch der Lawine entgangen. Und das wollen Sie als Lehrbeispiel hinstellen? – Das ist ja traurig, wirklich wahr.

Ein anderer hat gesagt: Ein zweistündiger Vortrag in der Schule, und dann geht man ins Gelände. – Das stimmt schon, es braucht die Theorie und es braucht die Praxis. Aber was wollen Sie denn in Wien machen? Wollen Sie rausgehen in den Prater und Lawine trainieren?

Eines wird auf alle Fälle klar: Eine reale Verbesserung der Situation bringt Ihr Antrag jedenfalls nicht.

Ein Lösungsansatz, Herr Dr. Rosenkranz, wäre, eine Schule für alle Kinder, eine echte gemeinsame Schule bis zum 14. oder 15. Lebensjahr anzubieten, mit einer umfas­senden Bildung, wo also Sport, Bewegung und so weiter angeboten werden – das schließt natürlich auch Lawinenkunde ein –, und am besten noch im Heimatort – ja, das sage ich Ihnen auch –, weil man dann nämlich auch die örtlichen Vereine einbinden könnte, ganz abgesehen von den vielen, vielen sonstigen Vorteilen.

Wenn Sie grundsätzlich an einer Verbesserung interessiert wären, würden Sie solche Anträge nicht bringen.

Und zur ÖVP gewandt muss ich sagen: Gestern hat Herr Abgeordneter Klikovits übrigens in der Wehpflichtdebatte eine tolle Argumentation gebracht, nämlich für die gemeinsame, echte gemeinsame Schule der 14- bis 15-Jährigen, ohne es aber zu wollen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Kollege Auer, was der Bauch nicht will, lässt der Kopf nicht zu!) Er hat nämlich gesagt, die Notwendigkeit der Wehrpflicht ist darin begründet, dass da alle jungen Männer aus allen Bevölkerungsschichten dabei sind. – Mein Appell an die ÖVP: Nehmen Sie solche Argumente bitte für solche Dinge, wo sie hingehören, nämlich für die Grundschule, sprich Pflichtschulen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Insgesamt ist es bezeichnend für Sie, Herr Dr. Rosenkranz, und leider Gottes auch für andere, dass dieser Lawinen-Antrag eine Lawine von Argumenten hervorbringt, die Ihre Schulpolitik natürlich bekritteln, und das mit Recht.

Danke, Frau Minister, dass Sie so gut arbeiten! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.17


Präsident Fritz Neugebauer: Es spricht nun Herr Abgeordneter Mayer. – Bitte. (Abg. Amon  in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mayer –: Elmar,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 78

kannst du bitte richtigstellen, dass ihr die Gesamtschule nicht wegen der Lawinen wollt!)

 


12.17.33

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte ursprünglich zum Thema Werkerziehung einige Worte verlieren, aber da selbst von der Opposition hier großes Lob kommt, dass ohnehin die Maßnahmen, die gesetzt wurden, in die richtige Richtung gehen, und wir alle einer Meinung sind – über die Klassengrößen muss man sicherlich noch dis­kutieren, das ist keine Frage –, erübrigen sich weitere Ausführungen meinerseits dazu. Aber ich glaube, es sind entscheidende, wichtige Schritte, die wir diesbezüglich gesetzt haben.

Was das Thema Lawinengefahr betrifft, möchte ich schon darauf hinweisen – und das betrifft jetzt nicht die Sache selbst und heißt nicht, dass ich die Lawinenkunde nicht hochhalten möchte, Herr Kollege Rosenkranz, und darum finde ich es auch wichtig, dass wir ein klares Bekenntnis dazu abgeben –, dass man sozusagen bei jedem Thema, das irgendwo auftritt, sagt, die Schule soll es machen.

Ich weiß schon, wir alle gehen von dem Leitsatz aus: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir!, und wir haben heute schon hinsichtlich der Sexualerziehung diskutiert: Wer soll das machen? – Das soll die Schule machen. Ebenso: Verkehrs­erziehung, Schulwegsicherung, Fahrradprüfung. Jetzt ist schon vorgeschlagen: Führerschein-, Moped-Prüfung und so weiter und so fort; Schulgesundheit, Schularzt, Zahnpflege (Abg. Amon: Erste Hilfe!), Erste Hilfe.

Also – es ist schon richtig – alles soll die Schule machen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Also, was jetzt? Was jetzt?) Und dann kommt der Vorschlag: ein eigenes Fach für Wirt­schaft. Sport und Bewegung – das haben wir auch beschlossen –, alles soll man miteinbauen. Ich bin auch dafür, dass man verstärkt den Alltag, Erziehungsteile in die Schule miteinbringt. Aber dann muss man auch einsehen: Wir müssen die Schule neu strukturieren und das auch anders gewichten.

Und da sind wir auch bei dem Beispiel Lawinenkunde. Es haben ja genügend Vorredner bereits gesagt, sie wissen es – und ich weiß nicht, aus welchem Grund sie trotzdem auf diesem Antrag beharren –, dass die Lehrer, die in den Skikurs gehen, ohnehin eine eigene Ausbildung bekommen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Aber die Lawinen­opfer sind ja nicht bei Schulskikursen!) – Nein, das stimmt schon. Das stimmt schon, dass vielleicht, wenn man das früher gemacht hätte, das mit Prinz Friso nicht passiert wäre. Man weiß ja, was alles möglich wäre. Das stimmt.

Aber, Herr Kollege Rosenkranz, wenn wir bei jedem Problem, bei jedem Unglück, das passiert, sagen, die Schule soll das jetzt regeln und richten, dann können wir ein­packen. Und daher bin ich der Meinung: Lassen wir es dort, wo es ist! Es wird bei den Schulskikursen ohnehin an einem Abend extra behandelt. Es wäre auch im Rah­menlehrplan des Geographieunterrichtes mit drinnen. Die, die es betrifft, und die, die dort wirklich Kontakt haben, machen das ohnehin, das weiß ich.

Der dritte Bereich ist, dass man auch bei der eigenen Ausbildung, die die Lehrer bekommen, einen speziellen Schwerpunkt darauf legt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz: Also Lawinenkunde an der Pädagogischen Hochschule?) Ich würde wirklich bitten, dass wir uns in der zukünftigen Debatte, wenn wir uns im Haus mit Bildungspolitik auseinandersetzen, nicht mit Themen wie Lawinenkunde auseinan­dersetzen müssen, sondern über eine gemeinsam Schule reden und darüber, was wir wirklich für unsere Kinder optimieren können. Das sollte unser Ziel sein. – Danke schön.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 79

(Beifall und Bravorufe bei der SPÖ und Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Rosenkranz: Wenn die Lawinenkunde an der Pädagogischen Hochschule ...!)

12.20

12.20.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht mehr vor. Ich schließe daher die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung, die wir über jeden Ausschussantrag getrennt vorneh­men.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 3: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 2022 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 4: Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 2023 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihr zustimmendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Walser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Beschränkung der Gruppengröße im Werkunterricht.

Wer diesen Antrag unterstützt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist somit abgelehnt.

12.22.395. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Außen- und Europa­politi­schen Bericht 2011 der Bundesregierung (III-343/2071 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (2017 d.B.): Ernährungshilfe-Übereinkommen (2074 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1900/A(E) der Abge­ord­neten Ulrike Königsberger-Ludwig, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Mag. Judith Schwentner, Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Rechte und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in der Entwicklungszusam­menarbeit (2075 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 1118/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen modernen Landraub („Land Grabbing“) in Entwicklungsländern (2076 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 782/A(E) der Abge­ord­neten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Unterzeichnung des Berichts des Weltagrarrates (2077 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 80

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 5 bis 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


12.22.42

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Zuerst darf ich die große Abteilung aus dem politischen Bezirk Ried im Innkreis, die sich hier auf der obersten Galerie nieder­gelassen hat, ganz herzlich begrüßen. Ihr seid besonders herzlich willkommen, da ihr ja relativ junge österreichische Staatsbürger seid. Ried im Innkreis ist im späten 18. Jahrhundert zu uns gekommen – nicht ganz freiwillig übrigens (Abg. Mag. Wurm: Waren Sie dabei, oder?), aber ich glaube, jetzt ist jeder freiwillig und gerne in Ober­österreich. Es war ein großer Erfolg der österreichischen Diplomatie, dass damals bei den Verhandlungen in Teschen und beim Wiener Kongress erreicht wurde, dass unter anderem der Bezirk Ried jetzt zu uns gehört (Zwischenruf des Abg. Kirchgatterer) und Sie nun unseren Vorträgen hier lauschen können. (Beifall bei der FPÖ.)

Liebe Gäste! Liebe Kollegen! Kommen wir zum Thema, nämlich zum Außen- und Europapolitischen Bericht 2011. Der sieht so aus, ist ein schönes dickes Buch und ein Almanach, inhaltlich gekonnt und enzyklopädisch bearbeitet. Er ist sehr informativ, ich kann ihn jedem empfehlen, obwohl er nicht von uns stammt, aber es sind auch anderen politischen Lagern zugehörige Ministerien in der Lage, gute Dinge zu machen.

Man kann über einiges streiten, zum Beispiel darüber, ob der Abdruck von 50 Seiten Reden des „Großen“ und „Kleinen Vorsitzenden“ sinnvoll ist – der „Große Vorsitzende“ sitzt hinter mir, das ist Herr Außenminister Spindelegger, der „Kleine Vorsitzende“ war im Jahr 2011 Staatssekretär Waldner. Da gibt es manche, die sagen: Das könnten wir einsparen – 50 Seiten Papier in Zeiten des Sparzwangs! Andere sagen: Na ja, man kann es lesen und erspart sich, zu den Konferenzen, bei denen Waldner und Spindelegger diese Reden gehalten haben, zu fahren. – Wir wollen da nicht zu kleinlich sein. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dr. Spindelegger.)

Wir lehnen diesen Bericht aber trotzdem ab – ich habe noch nicht die Spendierhosen an, wie Sie gleich hören werden –, weil wir inhaltlich damit nicht ganz einverstanden sind. Wir sind der Meinung, so ein Bericht, der informativ und vollständig sein muss, muss Licht und Schatten und alle Entwicklungen und Fehlentwicklungen beleuchten.

Nehmen wir das Thema Europa, weil das ja in erster Linie ein europapolitischer Bericht ist. Hier wird sehr ausführlich und unter Übernahme des Standpunktes der euro­päischen Institutionen erklärt, wie sich Europa, seine Institutionen und seine Hilfs­fonds – angefangen beim ESM, dem Hilfsfonds für die von Pleite bedrohten Länder, über den Gerichtshof bis zur Menschenrechtssituation und dergleichen – entwickelt haben. Es findet sich aber kein Wort über die Fehlentwicklungen, die passiert sind, kein Wort zur Vertragsverletzung, kein Wort darüber, was die EZB im Jahr 2011 getan hat, wie sie gegen ihre eigenen Statuten verstoßen hat, indem sie die Anleihen von schwachen Ländern aufgekauft und damit den Euro inflationiert hat, und darüber, wie sie die Geldmenge ausgeweitet hat. Das findet sich alles nicht in diesem Bericht.

Es findet sich auch kein Wort über das Scheitern vieler Hilfsmaßnahmen für Griechen­land, weder über Maßnahme eins, bei der es hieß: 20 Milliarden, 30 Milliarden €, noch über Maßnahme zwei, bei der es hieß: 70 Milliarden, 80 Milliarden €, noch über Maß­nahme drei, bei der es hieß: 150 Milliarden – jetzt sind wir schon bei höheren Zahlen.

Es findet sich kein Wort über das Ausmaß der österreichischen Haftungen in diesen Fonds. Das wäre informativ und wichtig.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 81

Es findet sich aber auch kein Wort über Dinge, bei denen die österreichische Außen­politik meiner Ansicht nach klar versagt hat. Und da ist Ungarn ein sehr gutes Beispiel. Wir haben das schon in mehreren Ausschüssen besprochen. Das ist eigentlich ein Beispiel, bei dem man sich als Österreicher fast schämen muss.

Nur zur Wiederholung: Ungarn hat nach der Wahl 2010, bei der eine nicht gewünschte konservative Mehrheit herausgekommen ist, von Anfang an eine Welle der Feindseligkeit seitens der europäischen Institutionen über sich ergehen lassen müssen. Da hat es zuerst einmal schon im Jahr 2011 drei Vertragsverletzungs­verfah­ren gegeben, die bis heute im Sand verlaufen sind. Da das alles nichts genützt hat und die Regierung ihre Verfassung beibehalten hat und weiterhin von der ungarischen Nation und von Gott und so weiter redet, hat der von Österreich entsandte bezie­hungsweise vorgeschlagene Kommissar Johannes Hahn im Jänner 2012 – also heuer – Sanktionen verhängt, die klar vertragswidrig sind. Unter dem Vorwand, dass Ungarn die Defizitziele nicht einhalten würde, obwohl es laut Prognosen unter der 3-Prozent-Defizitgrenze bleibt und 2,9 Prozent ansteuert, hat man dem Land 500 Millionen € an ihm zustehenden Mitteln aus dem Regional- und Kohäsionsfonds gestrichen.

Wir haben das im Ausschuss diskutiert. Der Herr Außenminister hat damals gesagt: Na ja, Ungarn ist vielleicht nicht gerade ein Musterschüler, und außerdem gibt es ja noch den ECOFIN – das ist eine Fachtagung im Europäischen Rat –, da muss das erst genehmigt werden. Vor diesem ECOFIN, der, glaube ich, Anfang Juni 2012 getagt hat, hat die Frau Finanzministerin Fekter, die uns dort vertritt, der Presse noch vollmundig gesagt: Wir verlangen Gleichbehandlung aller Staaten. Es kann nicht sein, dass Ungarn jetzt herausgezogen und bestraft wird, während andere Defizitsünder noch Geld nachgeschmissen bekommen. – So ungefähr hat sie das gesagt. Sieben Stunden später hat man den Medien entnommen, im ECOFIN-Rat wurden die Sanktionen gegen Ungarn einstimmig – auch mit der Stimme Österreichs – bestätigt.

Diese Sanktionen sind bis heute aufrecht. Wenn man Regierungsstellen darauf anspricht, dann heißt es: Na ja, die sind ja nicht lieb, die behandeln die Erste Bank schlecht und die haben die STRABAG bei einer Ausschreibung nicht berücksichtigt, und außerdem gibt es Sondersteuern, die bauMax und Billa treffen, und solche Sachen. – Das mag sein, ist aber kein Grund, vertragswidrigerweise Sanktionen zu verhängen. (Beifall bei der FPÖ.)

Gerade ein Land wie Österreich, gerade ein Land, das im Jahr 2000 unter rechts­widrigen und vertragswidrigen Sanktionen gelitten hat – ich brauche nicht mehr zu erzählen, was damals los war, als es den Regierungswechsel gegeben hat, der genau­so politisch ungewollt war wie der Regierungswechsel 2010 in Ungarn –, gerade so ein Land sollte Haltung zeigen, sollte sein Profil beweisen und sollte sagen: Wir sind für die Einhaltung von Verträgen, wir sind für das Völkerrecht (Beifall bei der FPÖ), wir sind für eine Gleichbehandlung von Staaten und wir stehen hinter Freunden und Nachbarn, auch wenn die Mehrheit sie – aus welchen Gründen auch immer – auf die Hörner genommen hat. (Abg. Dr. Bartenstein: Genau das haben wir getan!)

Der Nachbarschaftspolitik, der Donauraumstrategie ist ein großes Kapitel in diesem Bericht gewidmet. Wo beginnt der Donauraum? – Östlich von uns in Ungarn. Wir sind im Kern des Donauraumes, aber gerade in diesem Bereich, wenn es darum geht, Unrecht, Sanktionen und wirtschaftliche Strangulierung von einem zentralen Land abzu­wenden, schweigen wir.

Diese Maßnahmen sind nicht unwesentlich. 500 Millionen € werden in Österreich bald bagatellisiert, stellen aber in Ungarn ungefähr 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes oder mehr als 3 Prozent der jährlichen Ausgaben dar. Das ist ein riesiger Betrag, und


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 82

das in einem Land, das um das wirtschaftliche Überleben kämpft, das ein schweres Erbe sozialistischer Korruption und Misswirtschaft zu verwalten hat.

Das ist eine Außenpolitik, wie wir sie nicht wollen, und deswegen können wir auch diesem Bericht, der all das unerwähnt lässt, nicht unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


12.30.21

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hübner, es wird Sie nicht überraschen, wenn ich Ihnen sage, dass die Außenpolitik, die Vizekanzler Spindelegger macht, eine Außenpolitik ist, wie wir sie wollen. Das ist ganz einfach. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Es ist schon bemerkenswert, dass Sie hier herauskommen – wir diskutieren den außen­­politischen Bericht, zu dem Ihnen, Herr Bundesminister, wie Ihren Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern einmal mehr außerordentlich zu gratulieren ist; es ist ein groß­artiger Bericht, detailliert, gut aufbereitet, und er spiegelt das beschriebene Jahr in exzellenter Weise wider (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan) –, es ist also bemerkenswert, Herr Kollege Hübner, dass Sie auf der einen Seite meinen, man könnte den Bericht überhaupt einsparen, man bräuchte ihn eigentlich gar nicht (Abg. Mag. Stefan: Die Reden! Die Reden! – neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ), auf der anderen Seite kritisieren Sie dann aber, was alles nicht im Bericht steht. – Ja, die Reden!

Aber, Herr Kollege Stefan, es gab schon im Ausschuss überhaupt eine wirklich leidige Debatte über die Frage, ob es Sinn macht, dass entscheidende Reden, die der Herr Bundesminister im Namen der Republik zur Außenpolitik hält, in einem außen­politischen Bericht abgedruckt sein sollen. – Na selbstverständlich sollen sie das (Zwischenruf des Abg. Dr. Fichtenbauer), damit man die Dinge nachlesen kann, damit man nachschlagen kann! (Abg. Mag. Stefan: Na dann muss man aber die negativen Seiten auch beleuchten!)

Sie haben das Prinzip des Almanachs angesprochen, Herr Kollege Hübner. – Gerade deshalb ist es auch sinnvoll, bedeutende Reden in einem solchen Bericht abzu­drucken, na selbstverständlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte weniger über das sprechen, was nicht im Bericht steht, sondern ich möchte mich eigentlich damit auseinandersetzen, was im Bericht steht. Und wenn man sich das Jahr anschaut, dann sieht man, es hat mit der Nuklearkatastrophe in Japan begonnen. Der Bericht nimmt darauf Bezug, aber auch auf die aktive Rolle Österreichs, etwa auf europäischer Ebene im Hinblick auf die Stresstests, die wir verlangt haben und die letztlich auch durchgesetzt werden konnten.

Er nimmt in relativ umfassender Weise auf die Entwicklungen im arabischen Raum – „Arabischer Frühling“ und seine Entwicklungen – Bezug, weist aber auch ausdrücklich darauf hin, dass es gerade die bilateralen Besuche des Herrn Vizekanzlers in Ägypten und Libyen waren, wo etwa massiv darauf hingewiesen wurde, dass man gerade im Zusammenhang mit den Entwicklungen im arabischen Raum auch achtgeben muss, dass nicht religiöse Gruppen, insbesondere die Christen, dort Verfolgungen ausgesetzt sind. (Abg. Grosz: Und wo steht das in diesem Bericht?) – Danke, Herr Bundes­minister, dass Sie sich für die Christen auf der Welt in dieser Art und Weise einsetzen. (Abg. Grosz: Aber wo steht das in diesem Bericht? – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der ÖVP und Abg. Grosz.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 83

Natürlich hat uns außenpolitisch, gerade auf europäischer Ebene, die Wirtschafts- und Finanzkrise nicht losgelassen, und ich möchte auch auf – weil Sie auch das kritisch angemerkt haben – die Donauraumstrategie verweisen, eine für Österreich höchst richtige, höchst wichtige Strategie, die in kultureller, in ökonomischer Hinsicht, glaube ich, eine absolut richtige Vorgangsweise ist.

Es wird im Bericht auf die Dialogforen verwiesen, die der Herr Bundesminister ein­gerichtet hat, die in den Gemeinden stattfinden, die so bedeutend dafür sind, dass wir die Menschen auf dieser europäischen Entwicklung mitnehmen, in die europäische Integration mitnehmen. Es geht nicht darum, ihnen Angst vor Problemen zu machen, die wir zu lösen haben und die wir zunehmend nur mehr auf europäischer Ebene lösen können und die nicht nationalstaatlich lösbar sind. Deswegen ist es natürlich wichtig, dass wir die Menschen mitnehmen.

Die Arbeit im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen etwa wird erwähnt, dass es gelang, den Amtssitz des Internationalen König-Abdullah-Zentrums in Wien einzu­richten, eines interreligiöses Zentrums, das das Miteinander der Religionen ins Zen­trum stellt (Abg. Huber: ... versorgt ist!) und das wir als Chance begreifen.

Ich möchte abschließend auch Folgendes betonen – denn Sie sagen, das sei eine Außenpolitik, die Sie nicht wollen –: Das mag sein. Ich glaube, dass die Außenpolitik eine ist, die auch politische Schwerpunkte setzt, wie zuletzt etwa sichtbar in der klaren Haltung Österreichs in der Frage der Palästinenser vor den Vereinten Nationen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Ich beglückwünsche Sie, Herr Außenminister, dass es gelungen ist, diesbezüglich eine einheitliche Haltung der österreichischen Bundesregierung und des Herrn Bundespräsidenten sicherzustellen.

Und dass die Positionierung letztlich richtig war, zeigt, denke ich, auch das Abstim­mungs­ergebnis in den Vereinten Nationen: 138 der 193 Mitgliedstaaten haben sich dort für die Anerkennung der Palästinenser als beobachtender Staat ausgesprochen. Und das ist deshalb wichtig, weil das den Dialog fördern muss, weil es den direkten Dialog zwischen den Palästinensern und Israel ermöglichen soll, hin zu einer Zwei-Staaten-Lösung.

Da war Österreich – weil uns das jetzt manchmal in Briefen, die uns geschrieben wer­den, mitgeteilt wird –, da war also Österreich niemals neutral, sondern hat immer eine politisch richtige Position eingenommen – denken Sie an die Politik Kreiskys, denken Sie an die Politik Waldheims! Daher ist auch diese Positionierung, die hier vorgenommen wurde, eine richtige Positionierung. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


12.36.25

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird Sie wahrscheinlich nicht besonders irritieren, wenn ich beim Außen- und Europapolitischen Bericht einem Kapitel mein Augenmerk schenke, das Südtirol gewidmet ist. Als Südtirol-Sprecher der Freiheitlichen Partei (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser) muss ich sagen, dass uns Südtirol ein besonderes Anliegen, eine Herzensangelegenheit ist. Wir fühlen uns mit den Menschen südlich des Brenner eng verbunden und ihnen natürlich auch verpflichtet. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Wir auch!) Darum kann es auch nicht oft genug der Fall sein, dass man Südtirol hier im Hohen Haus anspricht.

Ich habe diesbezüglich eine geringfügige, aber doch bestehende Kritik. Der  Südtirol-Bericht ist besser geworden, Herr Bundesminister, ja, Sie haben manche Kritikpunkte


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 84

von mir auch in den Bericht aufgenommen. Was der Bericht aber immer noch nicht widerspiegelt, und das ist meine Kritik, das ist die entsprechende Entwicklung, die es in den letzten Jahren in Südtirol gegeben hat. Diese spiegelt dieser Bericht einfach noch immer nicht in vollem Ausmaß wider.

Es geht beispielsweise um die Tatsache, dass in den letzten Jahren in diesem Land eine Entwicklung stattgefunden hat, wie man es sich vor fünf Jahren noch nicht hätte träumen lassen. Da sind Fragen betreffend eine Vollautonomie aufgetaucht, da sind Fragen zum Thema des Selbstbestimmungsrechts aufgetaucht, da sind Fragen in die Richtung aufgetaucht, wie man ein „Los von Rom!“ gestalten kann, vielleicht auch mit dem Modell des Freistaates. All diese Fragen sind in diesem Bericht nicht enthalten und werden auch nicht erläutert. Man geht da in der Außenpolitik offenbar den Weg des geringsten Widerstandes, um diesen Fragen tunlichst aus dem Weg zu gehen.

Nur hat es aber plötzlich eine Situation gegeben, in der Monti mit einer Randbemer­kung – die Schutzfunktion sei für Österreich eigentlich nicht mehr maßgeblich, das sei eine inneritalienische Angelegenheit – plötzlich die Außenpolitik, die Diplomatie zum Handeln aufgerufen hat. Ich aber sage Ihnen, Herr Bundesminister, diese Fragen sind wichtig, und sie stellen für diese Autonomie eine wirkliche, echte Gefahr dar.

Das Gutachten von Herrn Universitätsprofessor Dr. Matscher, das ich Ihnen im Südtirol-Unterausschuss zitiert habe, hat ganz eindeutig gezeigt, dass wir im Klageweg kaum eine Chance haben, vor dem Internationalen Gerichtshof die Autonomiefragen einzuklagen, sondern nur jene Fragen, die sich tatsächlich auf das Pariser Abkommen rückbeziehen lassen, und das ist eine tatsächliche Gefahr.

Italien hat das erkannt, hat in seiner Verfassung im Jahre 2004 unter Artikel 4 genau zu diesem Punkt Stellung bezogen und hat diese Bestimmungen aufgenommen. Damit hat man eine Verfassungserklärung geschaffen, die wir akzeptiert haben, womit eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof in Zukunft massiv erschwert wird.

Das heißt, Italien hat jetzt schon in 13 Fällen versucht, die Südtirol-Autonomie auszu­höhlen. 13 Klagen sind beim Verfassungsgerichtshof anhängig; und wir wissen nicht, wie das ausgehen wird.

Das heißt: Seien wir in Zukunft wachsamer! Seien wir in Zukunft wirklich eine Schutzfunktion Österreich, die Wert darauf legt, für die Südtiroler tatsächlich da zu sein! (Beifall bei der FPÖ.) Sie wollen eben die Autonomie bewahren, das ist ihr gutes Recht. Wir wollen sie weiterentwickeln! Wir wollen eine Zukunft schaffen für die Südtiroler, für eine Landeseinheit, die es für uns natürlich auch in Zukunft geben soll.

Herr Außenminister Dr. Spindelegger! Gestern hat es eine Aussage im Rahmen einer Presseaussendung von Kreisen der Südtiroler Volkspartei gegeben. Ich würde Sie wirklich dringend ersuchen, darauf einzuwirken, dass nur, weil jetzt in Südtirol Wahlkampf kommt, diese Dinge nicht passieren dürfen. Da sagt Herr Professor Dr. Christoph Pan: Sezession, im Sinne eines Freistaates gemeint, bedeutet mit 60- bis 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit Gewaltanwendung, die zu Blutvergießen mit Toten und Verletzten führt.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie dringend, dieser Aussage wirklich entschieden entgegenzutreten. Das ist ein Skandal, wie er in den letzten Jahren noch nie dagewesen ist! (Beifall bei der FPÖ.) Nur weil der Südtiroler Volkspartei das Wasser bis zum Hals steht, weil sie es gewohnt war, 60 Prozent und mehr im Südtiroler Landtag zu haben, und derzeit in Umfragen bei 35 Prozent rangiert, während Freiheitliche schon bei 25 Prozent sind – Gott sei Dank, muss ich sagen –, kann es nicht sein, dass man solche Aussagen macht und damit das friedliche Zusammenleben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 85

in Südtirol gefährdet. Ich ersuche Sie dringend, diesen Aussagen entgegenzutreten und dafür zu sorgen, dass so etwas nicht mehr vorkommt! (Beifall bei der FPÖ.)

12.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


12.41.46

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wir hatten ja schon eine Diskussion im Außen­politischen Ausschuss zu dem Bericht. Ich möchte auch hier wiederholen, dass wir diesem Bericht zustimmen werden, dass das Ministerium zu den Ministerien gehört, die mit höchstqualifizierten Beamten und Beamtinnen ausgestattet sind und natürlich auch einen sehr, sehr umfassenden, sehr interessanten Bericht entsprechend zusam­mengestellt haben. Man kann über die eine oder andere politische Interpretation durchaus verschiedener Meinung sein, aber es zeigt sich doch, dass es hier ein sehr interessantes Spektrum an Aktivitäten gibt, die durchaus im Interesse Österreichs interpretierbar sind.

Ich möchte mich jetzt aber aufgrund der Tatsache, dass wir nicht sehr viel Redezeit haben, und weil wir schon so manche Diskussion durchgeführt haben, auf einen aktuellen Punkt konzentrieren, nämlich auf das Abstimmungsverhalten Österreichs bei der UNO, weil es eine Position der Regierung war, weil hier auch der Herr Außen­minister einen sehr positiven Standpunkt eingenommen hat und Österreich letztlich zugestimmt hat, was die Aufwertung Palästinas in der UNO selbst betrifft.

Ich möchte gleich sagen, es ist schade, dass nicht alle Fraktionen dieser Meinung waren. Ich habe es bedauert, dass die Freiheitlichen hier eine andere Auffassung vertreten haben mit Zitaten wie dem, dass ein Scheich von Hebron oder sonst irgend­wer da irgendwie differierende Auffassungen hat. Das mag in der Diskussion vielleicht ganz positiv sein, weil es ja interessant ist, alle Scheichs kennenzulernen, aber ich glaube, in dieser Frage ist es jedenfalls notwendig, diesen Primat und auch die Tradition Österreichs fortzusetzen, dass wir erkennen, dass der Nahe Osten ein Brandherd sein kann und dass das eine Gegend ist, wo man alles unternehmen muss, um auch friedenspolitisch aktiv zu sein, dafür zu sorgen, dass es ein friedliches Zusammenleben gibt, und letztlich der gesamte Mittelmeerraum für die Europäische Union und für Österreich, in welcher Assoziierung auch immer, in welcher Kooperation auch immer, von höchster Bedeutung ist.

Ich verweise auf die Reaktionen, die es dann gegeben hat aufgrund des, glaube ich, eindeutigen Abstimmungsvotums für diese Aufwertung Palästinas bei der UNO, letztlich auch mit dem Ziel, dass die gemäßigten Kräfte in Palästina eine Unterstützung finden und dass hier auch der Weg in Richtung einer Zwei-Staaten-Lösung weiter beschritten werden kann. Ich verweise also auf die Reaktionen, die es dann gegeben hat auf die Maßnahmen, die Israel gesetzt hat, gleich den Bau von 3 000 oder noch mehr Siedlungseinheiten im palästinensischen Westjordanland und Ost-Jerusalem zu beschließen und letztlich Steuer- und Zolleinnahmen und deren Überweisung der israelischen Regierung für die Autonomiebehörde zu stoppen. Da ist eigentlich weltweit Kritik gekommen, ob das beispielsweise Catherine Ashton war, die sich seitens der EU dazu geäußert und gemeint hat, jeglicher Siedlungsbau ist illegal und ein Hindernis für den Frieden in diesen Regionen. Frankreich, Großbritannien, Spanien, Schweden haben die israelischen Botschafter zu sich beordert, der Generalsekretär der UNO hat von einem tödlichen Schlag für den Friedensprozess gesprochen. Die ehemalige israelische Außenministerin Livni sagte sogar, dass diese Entscheidung Israel gefährdet und das Land in die Isolation führt, während Hillary Clinton von einem Rückschritt für den Friedensprozess gesprochen hat.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 86

Als jemand, der selbstverständlich die Existenzberechtigung Israels bejaht und meint, dass dieser Staat eine Existenzberechtigung hat – die Resolutionen gehen dahin, dass in den Grenzen von 1967 Israel friedlich zusammenleben soll mit einem eigenen paläs­tinensischen Staat in dieser Region –, glaube ich, dass diese Regierung mit dieser Regierungspolitik Israel nicht nur in die Isolation führt, sondern schweren Schaden für die existenzielle Perspektive Israels anrichtet!

Wir wissen, in Israel gibt es da verschiedene Strömungen. Es gibt auch eine Oppo­sition, es gibt auch eine soziale Protestbewegung. Es gibt viele, die sagen: Da wird mit Außenfeindprojektionen irrsinnig viel Geld in diese Siedlungsgebiete investiert, in die Aufrüstung investiert, während die Lebenssituation der arbeitenden Menschen, der studierenden Menschen, der Pensionisten in Israel immer schlechter und schlechter wird. Das ist eine Politik, die meiner Meinung nach auch die Existenz Israels gefährden kann. Daher kann man da auch nicht genug Kritik an dieser Politik der israelischen Regierung äußern.

Ich glaube, dass das eine sehr, sehr gute Entscheidung war. Es ist ja der Frieden in dieser Region eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass wir auch als Österreich beginnen können, in diesen Gebieten des Arabischen Frühlings, im gesamten arabi­schen Raum wirtschaftlich aktiv zu sein, unsere jahrzehntelang gewachsene Repu­tation weiter auszubauen und zu stärken.

Gerade jetzt, unter diesen sehr schwierigen Entwicklungen – Stichwort Ägypten, aber auch andere Länder in dieser Region –, müssen wir daran interessiert sein, dass es im Mittelmeerraum zu einer engeren Kooperation kommt und dass Österreich die Rolle, die es immer mit größter Glaubwürdigkeit erfüllt hat, auch in Zukunft erfüllen kann. Da waren dieser Beschluss der Bundesregierung und die Politik des Herrn Außenministers im Speziellen in dieser Frage den österreichischen Interessen äußerst förderlich. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


12.47.37

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Der Außenpolitische Bericht ist, technisch gesehen, handwerklich gesehen, durchaus in Ordnung. Das haben wir heute schon gesagt. Ich möchte mich aber aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit doch auf das beschränken, was leider nicht drinsteht. Das ist ja auch unsere Aufgabe als Opposition.

Heute sagen in Sonntagsreden alle, dass sie mehr Europa wollen, mehr Europa in allen Bereichen. Ich sehe dabei zwei Probleme, ein technisches und ein Werteproblem. Das technische Problem besteht darin – um es nur kurz anzuschneiden –: Die Auswirkungen der Finanzkrise und die Reaktion darauf, die Rettungspolitik, machen aus Freunden, machen aus Nachbarn Schuldner. Das spaltet Europa, das bringt die Gesellschaften, die Bevölkerungsgruppen gegeneinander auf. Das ist gefährlich für Europa, das ist gefährlich für die Demokratie.

Das zweite Problem ist das Problem der Wertediskussion. Wir haben in Europa ein Fundament, wir haben eine Identität. Mehr Europa mit weniger Identität wird nicht gehen!

Ich erläutere das: Wir haben heute eine unerträgliche Diskussion in Bezug auf den sogenannten Kulturrelativismus. Wir diskutieren Wertigkeiten, wir geben einzelnen Gruppen in unserer Gesellschaft ethische Rabatte. Wir gewähren Sonderregelungen für bestimmte Gruppen in den europäischen Gesellschaften. Minderheiten bestimmen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 87

teilweise Wertediskussionen. Eine Minderheit darf jedoch – und das ist eine Selbst­verständlichkeit – niemals der Mehrheit ihre Lebensumstände aufzwingen! Die Betonung liegt auf „zwingen“.

Die Diskussion des Kulturrelativismus führt heutzutage zu einer Hierarchie von Volkszugehörigkeiten in Europa. Dies führt zu einer Hierarchie von ethischen Grundhaltungen. Es führt zu einer Hierarchie von Lebenskonzepten, die nicht in Relation zu unseren europäischen Wurzeln stehen. Eigentlich könnte man es ganz einfach sagen: Es gibt kein richtiges Leben im falschen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das sagt Adorno! – Abg. Mag. Steinhauser: Kein Mensch weiß, was Sie uns sagen wollen! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich sage es Ihnen ganz genau. Der europäische Kontinent hat eine lange und fas­zinierende Geschichte. (Abg. Dr. Pirklhuber: Theodor Wiesengrund Adorno!) Obwohl wir heutzutage in einer säkularen Gesellschaft leben, hat unser Kontinent tiefe und unwiderlegbare Wurzeln, gemeinhin Christentum genannt.

Mit der Französischen Revolution wurde die Macht der Kirche beendet. Aber es wurde nicht der Inhalt der Botschaft beendet! Das ist weiterhin unser Fundament, auf dem wir heute hier in unseren europäischen Gesellschaften leben. (Abg. Mag. Schickhofer: Die Nächstenliebe!) Ohne das gibt es kein Europa, sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, und es würde auch dieses Europa nicht geben, wenn wir nicht diese zwei­tausendjährige Geschichte hinter uns gebracht hätten.

Das heißt, diese Identität, gemeinhin bekannt als christliches Abendland, prägt unsere Identität, ob man das will oder nicht. Deshalb geht ein Mehr an Europa nicht mit einer geringeren Identität! Ein Mehr an Europa geht nicht mit geringeren Werten und mit geringeren Wurzeln. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Deshalb erwarte ich mir eigentlich in einem Außenpolitischen Bericht – um wieder bei der Sache als solcher zu sein – mehr an Stellungnahme zu diesem Thema.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die europäische Außenpolitik. Weil hier der Paläs­tinenser-Antrag in den Vereinten Nationen angesprochen worden ist: Da hat Europa ein erbärmliches Bild abgegeben, meine Damen und Herren! Es war nicht imstande, hier eine gemeinsame Definition zu erwirken. Ganz egal, wo man steht – dafür, dagegen, Neutralität –, es war keine einzige ... (Abg. Dr. Bartenstein: Welcher Mei­nung sind Sie?) Nein, nein, ich will nicht, dass wir ... (Abg. Dr. Bartenstein: Haben Sie eine Meinung?)

Wir haben eine Meinung, die sage ich Ihnen auch. Unsere Meinung ist – das haben wir auch im Ausschuss gesagt –, wir sind prinzipiell für eine Zwei-Staaten-Lösung. Wir sind für einen Palästinenserstaat und wir sind natürlich für das Selbstbestimmungs­recht der Israelis. Von hier aus, von diesem Standpunkt aus Fernratschläge zu geben an ein Land der Welt, wie es seine Sicherheitspolitik zu handhaben hat, ist falsch!

Die gemeinsamen Außenvertretungen der Europäischen Union bieten heutzutage eben­falls ein erbärmliches Bild – de facto bieten sie eigentlich gar kein Bild, weil es sie nicht gibt. Wir fordern deswegen, dass Sie, Herr Minister, dafür Sorge tragen, dass die österreichischen Vertretungen aufgewertet werden! Wir sollten nicht zu viel Augen­merk auf die gemeinsamen Vertretungen legen, denn diese sind eine schöne Schimäre. Die gibt es nicht.

Ganz zum Schluss: Menschenrechte, das große Kapitel Menschenrechte. Ich würde an Sie appellieren, Herr Minister, auch festzuschreiben, welchen Schwerpunkt wir im Bereich Menschenrechte legen wollen. Allgemeine Beschreibungen kennen wir alle auch aus Sonntagsreden, aber wir können nicht die ganze Welt observieren. Wir


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können auch nicht die ganze Welt in einer gewissen Form beglücken und befrieden beziehungsweise uns darum kümmern.

Deswegen würde es Österreich gut anstehen, einen Schwerpunkt zu setzen. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Schickhofer.) Dieser Schwerpunkt sollte – wie Sie es auch gesagt haben – der sein, ein Augenmerk auf christliche Minderheiten zu legen, vor allem im Mittelmeerraum. Diese Minderheiten sind heute schwer unter Druck, schwer unter Beschuss. Da würde es Österreich gut anstehen, hier eine eindeutige Festlegung zu treffen, die man auch niederschreibt! Genau dessen bedarf es, dies nicht nur in Sonntagsreden zu bekunden, sondern es auch in einen außenpolitischen Bericht als Schwerpunktsetzung dezidiert hineinzuschreiben. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

12.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


12.53.21

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie! Zuerst möchte ich mich in meinem Namen und im Namen der Grünen für den umfassenden Außen- und Europapolitischen Bericht bedanken. Wir haben auch im Außenpolitischen Ausschuss umfassend über diesen Bericht diskutiert. Dass es sehr viel Arbeit war, sieht man nicht nur an der Dicke, sondern auch an den Inhalten. Sie werden nachvollziehen können, dass wir bei den Inhalten nicht immer konform gehen, nicht immer einer Meinung sind. Auch das war Thema der Debatte im Außen­politi­schen Ausschuss.

Unser Hauptanliegen, was die österreichische Außenpolitik betrifft, ist eine aktive und eine engagierte Außenpolitik. Das ist unserer Meinung nach eine Außenpolitik, die sich nicht nur und nicht ausschließlich an wirtschaftspolitischen Interessen orientiert, die nicht nur nach dem Augenmerk ausgerichtet ist: wo könnten österreichische Firmen die meisten wirtschaftlichen Aufträge bekommen?, und dorthin versucht man dann, außenpolitisch gute Beziehungen aufzubauen, sondern eine engagierte, aktive Außen­politik würde bedeuten, dass man menschliche Entwicklung, globale Entwicklung, Umweltpolitik, auch Wirtschaftspolitik, aber genauso auch Menschenrechte zusammen denkt, dass man vernetzt denkt und dass man versucht, alle diese Bereiche in seiner aktiven Außenpolitik zu berücksichtigen und gleichberechtigt zu behandeln. (Beifall bei den Grünen.)

Das setzt natürlich voraus, dass man Standpunkte hat, dass man eigene Standpunkte hat, dass man sich weder hinter der EU noch hinter einzelnen Mitgliedstaaten versteckt – größeren Mitgliedstaaten wie beispielsweise Deutschland –, dass man seine Standpunkte explizit vertritt und dass man sich auch Bündnispartner und Bünd­nispartnerinnen sucht, primär in der EU, aber nicht nur in der EU.

Ich komme zu einem Punkt, der von manchem Vorredner von mir schon angesprochen wurde, zum Beispiel vom Kollegen Karlsböck, mit dem mich ja inhaltlich bekanntlich nicht sehr, sehr viel verbindet, und ich würde wahrscheinlich auch andere Worte wählen und nicht von einem „erbärmlichen“ Bild sprechen. Aber wo ich einer Meinung bin, wo wir einer Meinung sind, ist, dass europäische Außenpolitik zurzeit leider sehr, sehr viel zu wünschen übrig lässt!

Das ist auf europäischer Ebene offensichtlich. Das kann man mit freiem Auge beobachten – dazu braucht man nicht besonders große Sachkenntnis –, dass es der EU aus mehreren Gründen leider nicht und nicht gelingt, gemeinsame Positionen zu


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 89

entwickeln, gemeinsame Standpunkte zu vertreten und gemeinsam für eine gute Umsetzung dieser Standpunkte weltweit zu sorgen.

Viel eher ist es derzeit so, dass Partikularinteressen von einzelnen EU-Ländern vertreten werden, teilweise 27 unterschiedliche Interessen von 27 unterschiedlichen EU-Ländern. Das führt dazu – und das wird mittel- und langfristig ein großes Problem in Europa, aber auch weltpolitisch für uns werden –, dass wir nicht die Möglichkeiten, nicht die Schlagkraft im positiven Sinn haben, gemeinsame Standpunkte umzusetzen und für die Umsetzung gemeinsamer Standpunkte zu kämpfen.

Es wurde bereits der sogenannte Arabische Frühling angesprochen. Das ist zum Beispiel ein Bereich, wo es nicht und nicht gelingt, gemeinsame europäische Stand­punkte zu entwickeln. Einzelne Nationalstaaten in der EU preschen einfach vor mit ihren wirtschaftlichen Interessen, reisen in bestimmte Länder und versuchen dort, Wirtschaftsinteressen voranzubringen ohne Rücksicht auf Verluste, was dazu führt, dass eine gemeinsame europäische Außenpolitik trotz einer Hohen Repräsentantin nicht gelingt.

Ägypten wurde vorhin angesprochen. In Ägypten sehen wir derzeit, was für eine Richtung Entwicklungen nehmen können, die wir auch im Außenpolitischen Ausschuss mehrmals gemeinsam besprochen haben. Da gibt es unterschiedliche Einschätzungen. (Abg. Grosz: Da haben auch viele geglaubt ...!) Wir waren nicht der Meinung, dass das eindeutig in diese Richtung gehen wird. Wie man auch sieht, gibt es in Ägypten einen Kampf von unterschiedlichen Positionen. (Abg. Grosz: Jetzt plötzlich!)

Nein, nicht jetzt plötzlich, Herr Kollege, sondern Demokratie ist Auseinandersetzung. (Abg. Grosz: Ihr habt den Arabischen Frühling ...!) Demokratie bedeutet auch, dass man mit Menschen, mit denen wir nicht derselben Meinung sind, redet. Was in Ägypten passiert, was die Gewalt betrifft, ist völlig inakzeptabel! Da sind wir alle hoffentlich einer Meinung, dass es nicht sein kann, dass man – egal, ob das jetzt sozusagen die Pro-Kräfte des Präsidenten sind oder nicht – einfach mit Gewalt, mit einer Prügelpolitik versucht, demokratische Organisation und demokratischen Widerstand zu brechen, bis dazu, dass es Todesfälle und sehr viele Verletzte gibt.

Aber auch da ist es so: Wenn wir realistisch sind, geht es darum, dass wir gemeinsam als EU agieren und nicht nur reagieren. Dass wir als relativ kleines Land in der EU nicht die Möglichkeiten haben, die vielleicht andere Länder haben, Dinge zu forcieren, liegt auf der Hand. Umso mehr ist es notwendig, uns Verbündete zu suchen, klare Standpunkte zu vertreten und Verbündete zu suchen.

Es ist auch unser Wunsch, was die österreichische Außenpolitik betrifft, dass stärker denn je in diese Richtung gearbeitet wird, dass man sich weder hinter anderen Standpunkten versteckt noch zu seinem Standpunkt nicht stehen kann, sondern es geht darum, gemeinsame Außenpolitik zu machen. Wir sind Teil der EU, und das ist durchaus auch ein Vorteil. Diesen Vorteil sollten wir auch bei einer engagierten, aktiven und vernetzten Außenpolitik nützen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. – Bitte.

 


12.59.42

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr ÖVP-Obmann Außenminister Vizekanzler Spindelegger! Ganz kurz ein paar Worte zu Südtirol; ich hoffe, das ist mir als aufrichtigem Tiroler gestattet.

Wir haben ja am 27. November, nachdem ich sozusagen mit Gewalt einen Unter­aus­schuss Südtirol erzwingen musste (Zwischenruf des Abg. Mag. Schönegger), von Herrn


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Universitätsprofessor Obwexer sehr wohl bestätigt bekommen (Abg. Mag. Schönegger: Danke!), dass das Autonomiestatut von 1972 ausgehöhlt wurde, dass das Mailänder Abkommen als Teil des Pariser Vertrages verletzt wurde und dass die Selbstbestim­mung mit Füßen getreten wird vom derzeitigen zentralistischen Rom.

Herr Minister, es ist schon so: Wenn man einen Ausschuss erzwingen muss, wenn dann Experten so etwas bestätigen, wenn dann ein Tiroler Abgeordneter wie der Herr Hörl hergeht und mich im Ausschuss als Kriegsrhetoriker bezeichnet (Zwischenruf des Abg. Hörl), dann macht mich das schon stolz; stolz insofern, als ein Landesvater wie Eduard Wallnöfer (Zwischenruf des Abg. Neubauer), den ich nicht zitiert habe – ich habe im ganzen Ausschuss die Landeseinheit nie in den Mund genommen –, sich für dich, Kollege Hörl, schämen würde und sich im Grab umdrehen würde. (Abg. Hörl: Ich weiß es eh!)

Herr Bundesminister! In Anbetracht dessen, dass die Südtiroler Volkspartei tagtäglich von einem Skandal in den nächsten rutscht, ist es wirklich höchste Eisenbahn, dass wir unsere Schutzfunktion wahrnehmen. Jeder Tiroler könnte die anrufen. Herr Bundes­minister! Setzen Sie endlich diplomatische Schritte! Auch Herr Universitätsprofessor Obwexer hat gesagt, dass sofortige diplomatische Schritte durchaus angebracht sind. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Aber nun ganz kurz zum Außen- und Europapolitischen Bericht des Herrn Bun­desministers: Sie schreiben ja ganz groß hinein, es hat zwei einschneidende Ereignisse gegeben. Das war einmal die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima, und das Zweite war der sogenannte Arabische Frühling. Sie loben sich da selber. Sie sagen, das Team Außenministerium hat bestes Krisenmanagement an den Tag gelegt. Herr Bundesminister! Mich würde konkret interessieren: Nennen Sie mir ein Beispiel, wo Ihr Krisenmanagement, wo Sie sich persönlich eingesetzt haben, irgendein Resultat gebracht hat! (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

In diesem Bericht beschreiben Sie ja ganz groß, dass es aufgrund von Fukushima und der österreichischen Interventionen eben zu diesen Stresstests gekommen ist. Die Österreicherinnen und die Österreicher, Herr Bundesminister, würde interessieren, wenn Sie sich da so loben und abfeiern: Erklären Sie uns einmal, bitte, in welchem Land welches Ergebnis aufgrund der Stresstests wie umgesetzt wurde! Das inter­essiert die Bevölkerung.

Das Nächste ist: Es geht ja nicht nur um den Bericht. Es geht auch darum, dass die Ernährungsorganisation FAO festgestellt und gesagt hat, wir müssen bis 2050 mindestens 70 Prozent mehr an Lebensmitteln erzeugen, damit wir die zu erwartenden 9 bis 10 Milliarden Menschen ernähren können. Und wie man heute sieht, lösen bereits kurzfristige Ernteausfälle Hungersnöte, Katastrophen aus. Herr Bundesminister! Ich glaube, dass wir aufgrund jahrzehntelanger ÖVP-Agrarpolitik heute in Österreich nicht einmal mehr autark sind. Wir Österreicher produzieren laut Grünem Bericht nur mehr 88 Prozent des Getreides, das wir verbrauchen. Wir müssen Hunderttausende Rinder importieren, wir müssen Millionen Schlachtschweine importieren, um unsere eigene Bevölkerung zu ernähren.

Herr Bundesminister! Es wäre da ganz wichtig, dass Sie als Vizekanzler, als Außen­minister endlich einmal auftreten, auch in Brüssel, und sagen: Wir zahlen nicht massiv Gelder, damit die europäischen Agrarfabriken gefördert werden, sondern wir sparen ein, damit wir Reserven haben, um die nationale Landwirtschaft zu fördern, damit wir sicherstellen können, dass wir vermehrt gesunde Produkte produzieren können.

Die gesamte Gentechniklüge muss sofort beendet werden, und auch die Politik eines Herrn Ministers Berlakovich. Er schickt heute eine Aussendung hinaus, wo er schreibt: „Österreich ist Vorreiter bei gentechnikfreien Lebensmitteln.“ – Das ist eine absolute


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 91

Lüge! Nach wie vor importieren wir 600 000 Tonnen gentechnisch verseuchte Futter­mittel, die wir über die Tiere veredeln, und der Konsument bekommt das 1 : 1 auf den Teller. Das verschweigt Herr Minister Berlakovich.

Herr Bundesminister, ergreifen Sie da endlich die Initiative und haben Sie in Brüssel einmal den Mut, Politik für Österreich zu machen! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Neugebauer: Macht er ja täglich!)

13.05


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.05.12

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Außenminister! Hohes Haus! Dieser Außen- und Europapolitische Bericht 2011 ist sehr übersichtlich gestaltet und etwas zu freundlich geschrieben. Wir werden diesen Bericht zur Kenntnis nehmen und dann auch zustimmen.

Ob es wirklich an Ihnen, Herr Minister, gelegen ist, dass die Nachbarstaaten nach der Atomkatastrophe in Fukushima diese Stresstests auf EU-Ebene eingeführt haben und manche Nachbarstaaten auch aus dem Atomprogramm aussteigen oder dies ange­deutet haben, dass Sie da wirklich die maßgebliche Stimme waren, das wage ich von hier aus schon etwas zu bezweifeln. Ich glaube, das war eher die Angst, die nach Fukushima umgegangen ist, und die Folgen, als man gesehen hat, wie schlimm die Atomenergie sein kann. (Beifall beim Team Stronach.)

Die Kooperation der Donauanrainerstaaten zur besseren Nutzung der Wasserstraße auf der Donau zur Güterbeförderung finde ich sehr positiv. Das ist sehr zu begrüßen. Sie wissen, ich habe das auch im Verkehrsausschuss immer schon kundgetan, dass ich ein totaler Befürworter bin, dass diese Wasserstraße, die sinnvoll ist, auch für die Umwelt sinnvoll ist, vermehrt ausgebaut wird und hier mehr Güter auf dem Wasserweg transportiert werden. Also auch das ist sehr positiv.

Etwas beschämend finde ich – und das ist hier vom Kollegen Hübner schon ange­sprochen worden – Ihre Haltung oder die österreichische Haltung in der EU-Hatz gegen Ungarn. Erinnern wir uns zurück an das Jahr 2000, als diese ungerechtfertigten Sanktionen gegen Österreich durch die EU heraufbeschworen wurden, und wie es damals zugegangen ist! Wir wissen, dass das alles sehr an den Haaren herbeigezogen war, absolut ungerechtfertigt war.

Wenn man daran denkt, dass Ungarn damals als einziges Land zu Österreich gestan­den ist und diese Hatz nicht mitgemacht hat, dann finde ich es schon beschämend, dass hier Österreich jetzt nicht Ungarn, unserem Nachbarstaat, unserem ehemaligen, sagen wir einmal, geschichtlich verbundenen Staat, beisteht und dass hier durch Österreich nicht eine klare Haltung gegen diese Hatz gegen Ungarn eingenommen wurde.

Im Gegenteil – wir haben es vom Kollegen Hübner gehört –, Sie haben sich sogar hinreißen lassen, Sanktionen gegen Ungarn gutzuheißen und mitzubestimmen. Ich finde, das ist der falsche Weg. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenbemerkung von Vizekanzler Dr. Spindelegger.) – Das ist kein Blödsinn, Herr Minister. Ich glaube, der Blödsinn ist schon von der Regierung gemacht worden.

Wir vom Team Stronach haben hier im Gegensatz zu Teilen der ÖVP nicht vergessen, wie Ungarn zu uns gestanden ist. Vergessen Sie auch nicht die starke wirtschaftliche Verbindung Österreichs mit Ungarn! Wir haben mit Ungarn eine sehr starke Ko­operation auf wirtschaftlicher Ebene, und das sollten wir nicht vergessen. Diese Betriebe haben Sie nämlich mit Ihrem Verhalten auch geschädigt.


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Ich möchte noch auf einen bestimmten Punkt eingehen, nämlich den Nahen Osten und dieses Herumeiern von Österreich in dieser Sache. Es wurde im Bericht zwar so geschrieben, dass man hier eine klare Haltung eingenommen hat, aber ich habe diese klare Haltung vermisst. Herr Minister! Ich glaube, es wäre ein klares Zeichen von Europa zu diesem sogenannten Arabischen Frühling wichtig gewesen. Das, was jetzt dort vorgeht, ist das Ergebnis eines Herumgeeieres, einer undeutlichen und unklaren Haltung der EU. Ich glaube, da wären Sie schon angehalten gewesen, hier auf EU-Ebene Druck zu machen. Vergessen wir nicht, dass Österreich im arabischen Raum immer einen sehr hohen Stellenwert gehabt hat aufgrund dessen, dass man immer klare Worte gefunden hat! Das habe ich in dieser Sache vermisst.

Abschließend möchte ich noch auf ein ganz aktuelles Thema eingehen, nämlich die Verfolgung der koptischen Christen in Ägypten. Auch hier fehlt mir eine klare Aussage beziehungsweise eine klare Stellungnahme von Österreich dazu, dass dieses Vor­gehen dort unten wirklich Völkermord ist. In diese Richtung geht es. Es ist der Dschihad ausgerufen worden. Beziehen Sie hier klar Stellung, damit diese Zustände dort unten aufhören! Ich glaube, hier sollten wir als christlicher österreichischer Staat unseren christlichen Brüdern beistehen. Das wäre die richtige Haltung. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie der Abgeordneten Dr. Hübner und Neubauer.)

13.09


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Vizekanzler Dr. Spindelegger. – Bitte.

 


13.10.01

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal zum Außenpolitischen und Europapolitischen Bericht kurz Stellung nehmen und dann auch auf die Fragen eingehen, die heute in der Debatte geäußert wurden.

Ich möchte aus meiner Sicht einmal festhalten, dass das immer der Anlass dafür ist, nicht nur auf die Politik meines Hauses Bezug zu nehmen, sondern vor allem auch auf die Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Mag. Korun.)

400 000 Konsularfälle gab es im Jahr 2011, meine Damen und Herren. Und ich darf Ihnen noch einige Zahlen nennen: 1 046 Rechtsschutzfälle; 517 Hilfeleistungen in Unfallfällen; 744 Todesfälle von Österreichern im Ausland, wo man sich um die Ange­hörigen gekümmert hat und die Rückführung organisiert hat. – Das sind die tagtäglichen Arbeiten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das hervorragend und auch in einer menschlich einwandfreien Qualität sicherstellen. Dafür möchte ich mich als Ressortchef bei meinen Mitarbeitern bedanken. (Allgemeiner Beifall.)

Ja, wenn ich auf die Kritikpunkte eingehe, möchte ich Ihnen schon etwas als Grundsatz sagen: Ich kann Ihnen nicht ersparen, den Bericht zu lesen, und ich kann Ihnen auch nicht ersparen, das Rundherum zu verfolgen, das Sie nicht im Bericht finden, weil es vielleicht erst im Jahr 2012 zu Ende geführt wurde.

Da beginne ich gleich beim Abgeordneten Hübner, der hier den Eindruck erweckt hat, dass Österreich im ECOFIN-Rat gegen Ungarn gestimmt hätte. Lieber Herr Kollege, erkundigen Sie sich einmal genau! (Abg. Hübner: Wir haben uns erkundigt!)  Ja, dann haben Sie sich eben so erkundigt, dass Sie das nicht ganz mitbekommen haben, was der Fall war. Sie haben zwar richtigerweise von einem einstimmigen Beschluss gesprochen, aber dabei vergessen zu erwähnen, dass Ungarn selber mitgestimmt hat; nämlich auf ausdrücklichen Wunsch Ungarns haben auch wir dafür gestimmt. Und es


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wurden keine Mittel gestrichen, lieber Herr Kollege Hübner, sondern es wurde ange­droht, wenn die drei Voraussetzungen nicht erbracht werden, werden die Mittel gestrichen. Und was ist passiert? – Es wurden drei Voraussetzungen erfüllt, und es wurden die Mittel daher nicht gestrichen. Sie haben vergessen zu erwähnen, dass dieser Beschluss dann wieder einstimmig aufgehoben wurde, lieber Herr Kollege Hübner. – Das zur Richtigkeit der Sache. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das Zweite, was ich kurz erwähnen möchte, Herr Abgeordneter Neubauer: Klar ist, dass die Schutzfunktion Österreichs für Südtirol nicht zur Disposition steht. Da kann sich irgendjemand sonst da oder dort dagegen äußern – das tun wir nicht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neubauer.)

Aber klar ist schon auch, dieser Wettbewerb zwischen Ihnen und dem Herrn Kollegen Huber – wer schreit lauter für Südtirol – ist für eine österreichische Position nicht der Maßstab. (Abg. Huber: Das hören die Tiroler!) Das darf ich klar und eindeutig festhalten. Ich werde einem Abgeordneten weder im Inland noch im Ausland verbieten, eine Presseaussendung zu machen. Das steht mir nicht zu. Und ich glaube, das findet wohl auch die Zustimmung des Hohen Hauses. Das wäre ja ungeheuerlich, wenn ein Regierungsmitglied einem Abgeordneten vorschreibt, er darf eine Aussendung nicht in dieser Richtung machen. Das werde ich sicher nicht tun.

Und zum anderen: Herr Abgeordneter Huber! Sie sagen hier, Sie haben einen Aus­schuss erzwungen. Ja was ist denn das für ein Verständnis eines Parlamentariers, dass er einen Ausschuss erzwingt? (Abg. Huber: Ja, es muss ja was gemacht werden!) Ja ich hoffe, auch in diesem Haus gilt der Grundsatz, dass den der Vor­sitzende einberuft, weil sich die Fraktionen darauf einigen. (Abg. Huber: Der weigert sich jahrelang!) Ich hoffe, das bleibt auch so in Zukunft. Das ist ja unglaublich, was Sie hier für Äußerungen von sich geben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich darf Ihnen auch noch Folgendes sagen: Wenn Sie behaupten, das Krisen­management des Außenministeriums hätte im Arabischen Frühling nicht funktioniert, dann weise ich das als Ungeheuerlichkeit zurück. Was Sie hier tun, ist, unsere Mitarbeiter verunglimpfen. (Abg. Huber: Ich habe gesagt, dass Sie sich loben! Hören Sie zu?!) 5 000 Österreicher wurden in diesem Zusammenhang zurückgeflogen, gerettet. Man hat sich um sie gesorgt, und das haben unsere Leute in Österreich und dort, im Nahen Osten, bewerkstelligt. Wenn Sie das in Abrede stellen, dann sind Sie völlig uninformiert. Ich weise das auf das Schärfste zurück! Das ist ungeheuerlich, was Sie hier behaupten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Herr Abgeordneter Karlsböck sagt, wir sollen uns auch um die Verfolgung der Christen kümmern. – Selbstverständlich tue ich das auch. Das ist auch meine Politik. Sie werden im nächstjährigen Außenpolitischen Bericht finden, was wir in Brüssel erreicht haben. Mittlerweile ist das auch Politik der Europäischen Union. Catherine Ashton und der Europäische Auswärtige Dienst haben sich darauf verständigt, dass das in jeden Bericht aufgenommen wird, dass man diese Fragen auch vor Ort verfolgen wird, nämlich seitens des Europäischen Auswärtigen Dienstes – und das ist unser Verdienst. Darauf haben wir uns geeinigt auf österreichische Initiative mit einigen anderen Kollegen der Europäischen Union, und ich werde selbstverständlich in dieser Richtung weiter aktiv bleiben.

Herr Abgeordneter Hagen, Sie reden – und da muss ich auch meiner Verwunderung Ausdruck verleihen – von Christenverfolgung in Ägypten und bezeichnen das als „Völkermord“. Auch das ist aus meiner Sicht ungeheuerlich, was Sie hier sagen. Ja, diese Probleme gibt es. Es gibt Verfolgungen wegen religiöser Einstellung, zum Teil auch mit Todesopfern. Das werden wir auch verurteilen, aber das hat mit Völkermord nichts zu tun. Das möchte ich auch in diesem Hause noch einmal klarstellen. Also


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vergreifen Sie sich bitte hier nicht im Ausdruck, das würde uns insgesamt nicht guttun. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber lassen Sie mich auf drei konkrete aktuelle Fragen in dieser Debatte auch noch einmal eingehen.

Vergangenen Donnerstag gab es einen Angriff auf österreichische UNO-Soldaten in Syrien. Das haben wir nicht nur zurückgewiesen, das ist völlig inakzeptabel. Das dürfen wir auch vonseiten Österreichs und der Vereinten Nationen nicht zulassen, dass UNO-Soldaten aus einem Hinterhalt heraus beschossen werden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Mag. Korun.)

Wir haben daraufhin in Syrien bei der Regierung Protest eingelegt. Wir haben den syrischen Botschafter ins Außenamt zitiert. Wir haben im Zuge unseres UNO-Bot­schafters erreicht, dass auch die UNO entsprechende Schritte gegenüber Syrien setzt. Und das werden wir fortsetzen. Es ist völlig inakzeptabel, dass UNO-Soldaten, die für den Frieden in einer Region unterwegs sind, aus dem Hinterhalt beschossen werden.

Der zweite Punkt betrifft die Anerkennung Palästinas mit dem neuen Status vor der UNO. Ja, das war auch ein Zeichen einer aktiven Außenpolitik. Wir haben hier im Vorfeld gesagt, wie wir stimmen werden. Es haben sich einige Staaten nach uns orientiert. Letztlich haben aus der Europäischen Union 14 Länder für den neuen Status gestimmt; eine Gegenstimme gab es, der Rest hat sich enthalten. Damit war die Mehrheit auch für das, was Österreich wollte. Ich glaube, das war ein gutes Zeichen, nämlich dass wir für die Zwei-Staaten-Lösung auch in Zukunft eintreten. Das ist meiner Ansicht nach der entscheidende Punkt.

Präsident Abbas hat gesagt, wenn das in der UNO in Richtung einer Aufwertung des Status mit einem Beschluss untermauert wird, gibt es für ihn keine Vorbedingung für Verhandlungen. Da nehmen wir ihn jetzt beim Wort. Es darf keine Vorbedingungen für Verhandlungen mehr geben. Aber es darf auch in Israel jetzt nicht eine neue Siedlungspolitik dazu führen, dass man de facto aus zwei Teilen Palästinas drei Teile macht. Auch das sei klar gesagt. Wir werden auch den israelischen Botschafter zu einem Gespräch ins Außenamt einladen, weil das für uns nicht akzeptabel ist. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen sowie des Abg. Dr. Hübner.)

Lassen Sie mich mit einer dritten Bemerkung schließen, die Ägypten betrifft. Wir beobachten diese Entwicklung nicht nur, wir verfolgen sie genau. Es wird auch Ägypten vor dieser Wahl stehen, ein demokratisches Land zu sein, freie Wahlen abzuhalten und eine Gewaltenteilung sicherzustellen zwischen einem Präsidenten, einer Regierung und dem Parlament, das gewählt werden muss. Und ich hoffe sehr, dass die Ausschreitungen, die es jetzt gibt, die Kämpfe, die wieder auf der Straße beginnen, ein Ende haben, wenn es ein Referendum über eine neue Verfassung gibt. Auch bei dieser neuen Verfassung werden wir genau beobachten, ob die Scharia diese Bedeutung hat, die manche hineininterpretieren wollen. Das wäre für uns nicht akzeptabel.

Das wird auch – das ist übrigens gemeinsame EU-Politik – unser Standpunkt aus Brüssel gegenüber Ägypten sein: Es kann kein Geld für einen Staat geben, der keine Verfassung hat, der keine Gewaltenteilung hat, wo Demokratie nicht gelebt wird. Auch das ist ein klares Zeichen. Da sind wir völlig einer Meinung mit unseren Kollegen in der Europäischen Union.

Ich habe jetzt einige aktuelle Fragen noch angeschlossen, weil sie mir wichtig erscheinen. Ich bedanke mich insgesamt für die Unterstützung, gerade auch in der Palästina-Frage, seitens des Außenpolitischen Ausschusses. Schade, dass gerade die freiheitliche Fraktion das nicht mitträgt, aber das muss ich zur Kenntnis nehmen. Sonst


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sehe ich, dass unsere Außenpolitik generell auch von der großen Mehrheit des Hauses getragen wird. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und Grünen.)

13.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bartenstein zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.18.44

Abgeordneter Dr. Martin Bartenstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler und insbesondere heute Außenminister! Hohes Haus! Auch ich finde es namens meiner Fraktion schade und bedauerlich, dass die Außenpolitik eines kleinen Landes nicht, wie so oft in der Geschichte, von einem breiten, allumfassenden Konsens getragen wird, sondern dass die Freiheitlichen angekündigt haben, diesen Bericht nicht zur Kenntnis zu nehmen. – Wie gesagt: Schade darum.

Minister Spindelegger hat klar Stellung bezogen zu einigen Kritikpunkten, die von der Opposition teilweise völlig unpassend – Stichwort: Christenverfolgung und „Völker­mord“ in Ägypten – hier angesprochen wurden.

Ich möchte jetzt kurz zum Thema Ungarn Stellung nehmen. „Beschämend“ hat das Herr Hagen genannt; auch Herr Dr. Hübner hat sich dazu geäußert. Ich sage Ihnen, wir fahren unsere Nachbarschafts- und Außenpolitik in Richtung unseres Freundes Ungarn auf der Basis einer jahrzehnte- und jahrhundertelangen Freundschaft, einer guten Nachbarschaft, aber auch mit der notwendigen Differenziertheit.

Das heißt, dort Kritik, wo es notwendig ist. Gerade in wirtschaftlichen Belangen sind Unternehmungen, auch Banken aus Österreich durchaus zu Schaden gekommen durch eine ungarische Politik, die im Prinzip nicht wirklich den heutigen Standards entspricht. Getragen wird das jedoch von Freundschaft und Solidarität mit Ungarn, auch in Erinnerung daran, was uns im Jahr 2000 an Unrecht und politischer Wider­sinnigkeit durch die sogenannten Sanktionen widerfahren und zugekommen ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Zum Thema Europa, weil das natürlich wichtiger Bestandteil jeder österreichischen Außenpolitik sein muss, kurz drei Schwerpunkte, die uns in Europa in diesen Monaten interessieren und interessieren müssen, wie zum Beispiel die Euro-Krise. Freuen wir uns, dass es schon wochen- und monatelang, Herr Minister Spindelegger, keinen Krisengipfel mehr geben musste. Die Dinge scheinen sich zu beruhigen. Wir sind noch nicht über den Berg, aber auf gutem Wege. Und wenn sich die Italiener heute mit 4,5 Prozent und die Spanier mit 5,5 Prozent refinanzieren können, so ist das weniger als zu früheren Lira- und Peseta-Zeiten und zeigt deutlich, dass die Maßnahmen, die durchaus umstritten sind und die Neuland sind, zu greifen beginnen.

Ein Problem, das uns nicht von heute auf morgen loslassen wird, ist das mangelnde Wirtschaftswachstum in Europa. Österreich und Deutschland sind vergleichsweise noch etwas besser unterwegs, aber das Rezessionsgespenst geistert herum. Es gibt eine völlig inakzeptable, absurd hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen anderen Ländern. Seien wir froh, dass es einen Konsens in diesem Land gibt, über alle Frak­tionen, über alle Sozialpartner hinweg, dass jeder junge Mensch de facto eine Beschäf­tigungs- und Ausbildungsgarantie bekommt.

Dann gibt es natürlich noch die Budgetfrage, in der es noch zu keiner Einigung ge­kommen ist. Österreich und der Außenminister Österreichs nehmen eine klare Position dazu ein, die auch getragen wird von europäischer Solidarität, die aber gleichzeitig österreichische Interessen wahrt, meine sehr verehrten Damen und Herren.


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Wir werden auch in den nächsten Monaten und Jahren diese Gratwanderung zu gehen haben zwischen Sparen – es gibt zur Entschuldung der öffentlichen Haushalte keine Alternative, das gilt für Österreich, aber erst recht für andere – und dem notwendigen Gasgeben, um die Konjunktur nicht nur am Laufen zu halten, sondern sie vor allem voranzubringen.

Ein letzter Satz, weil das auch ganz wesentliche Bestandteile der Politik Österreichs sind, zu unserer Politik in Richtung der Staaten des Westbalkans: Wir müssen uns langfristig für die europäische Integration dieser Staaten ins Zeug werfen und werden das weiterhin tun. Kroatien steht vor der Aufnahme, Serbien hat jedenfalls Kandidaten-Status, und es wird erst dann eine Ruh’ sein in dieser Region, wie man so schön sagt, wenn alle Nachfolgestaaten Jugoslawiens und Albanien die europäische Integration geschafft haben. Das ist politisch und wirtschaftlich für uns von großem Interesse. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich ist es von Interesse für uns, die Donau-Achse bis hin zum Schwarzen Meer zu leben. Der Fluss ist per se Bestandteil des TEN, des transeuropäischen Netzes, dies auch anerkannt von der Europäischen Union, die interessanterweise die Donau nicht im Schwarzwald, sondern in Straßburg entspringen lässt, weil sie das Ganze sich von Straßburg bis Constanza erstrecken lässt. Man muss in Brüssel ja nicht alles wissen. Sei’s drum!

Das sind wichtige Bestandteile der Außenpolitik, die dann, wenn es in Ägypten hoch hergeht, wenn in Syrien und bei den Palästinensern Häuser brennen und Siedlungen gebaut werden, tagespolitisch ein wenig in den Hintergrund rücken, aber richtigerweise in Wirklichkeit doch zum Tagesgeschäft der österreichischen Außenpolitik unseres Michael Spindelegger gehören. (Beifall bei der ÖVP.)

13.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.23.44

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Außenminister! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte ausdrücklich die Zustimmung Österreichs zu Palästinas Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen begrüßen. Die Aufwertung Palästinas entspringt sicherlich einem eindeutigen Bekenntnis der Staatengemein­schaft zu einer friedlichen Zweistaatenlösung, und, sehr geehrte Damen und Herren, sie macht den Menschen in Palästina hoffentlich auch klar, dass mit Diplomatie mehr zu erreichen ist als mit Gewalt, die in jedem Fall abzulehnen ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Die israelische Reaktion, den völkerrechtswidrigen Siedlungsbau im Westjordanland zu forcieren, ist alles andere als ein Weg in Richtung Frieden. Sie verschärft die Krise nur unnotwendigerweise und ist daher auch auf das Schärfste abzulehnen. Ich hoffe sehr, dass die Regierung in Israel ihre Entscheidung noch einmal überdenkt, denn beide Seiten müssen sich jetzt ihrer Verantwortung für den Frieden im Nahen Osten stellen und an den Verhandlungstisch zurückkehren.

Da wir heute den Außen- und Europapolitischen Bericht debattieren, möchte auch ich den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Außenministerium meinen Dank aus­sprechen. Der Bericht 2011 ist wieder ein sehr übersichtlicher und gelungener Überblick über die außenpolitischen und europapolitischen Geschehnisse. Ich möchte allerdings, wie ich das bereits im Ausschuss getan habe, anregen, im nächsten Bericht die Beschreibung der gesellschaftspolitischen Umbrüche im arabischen Raum um die frauenpolitische Dimension zu ergänzen. Warum? – Frauen haben beim Sturz der autoritären Regie­rungen in Nordafrika eine ganz wichtige Rolle gespielt, und frauenpolitische Themen sind nach wie vor wesentliche Konflikt- und Reibungspunkte. Die Beurteilung, die Bewertung der Entwicklung in diesen Ländern hängt maßgeblich auch davon ab,


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welche Rechte und Freiheiten den Frauen in den neuen Verfassungen zuerkannt werden. Daher ist das ein wichtiger Punkt, den man eventuell aufnehmen sollte. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Herr Vizekanzler, Sie haben Ägypten angesprochen. In Ägypten ist die Situation im Moment äußerst kritisch zu bewerten, nicht nur für die Frauen, sondern für den Rechtsstaat und für die Demokratie insgesamt. Ein Präsident, der die Gewaltenteilung aufhebt, eine Verfassung, die nicht auf einem breiten Konsens ruht, eine Verfassung, welche keine Gleichheit der Geschlechter garantiert, verstoßen einfach gegen grund­legende demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien. Ich begrüße sehr, was Sie schon angedeutet haben, Herr Außenminister, dass die EU Ägypten klarmacht, dass ein undemokratisches Ägypten keine Hilfen von der EU beziehen kann.

Besonders besorgniserregend und auch beängstigend bleibt die Situation in Syrien, vor allem nach den neuesten Informationen, dass chemische Waffen zum Einsatz vor­be­reitet werden sollen. Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Einsatz chemischer Waffen ist durch nichts legitimierbar, und er wäre wohl der endgültige Bruch des Regimes mit der Staatengemeinschaft. Dem Regime muss klar vermittelt werden, dass das nicht möglich ist, dass das nicht gemacht werden darf. Insbesondere der Sicherheitsrat der UNO hat diesbezüglich entsprechende Schritte zu setzen.

Selbst wenn chemische Waffen jetzt nicht zum Einsatz kommen sollten, stellen sie immer eine grauenhafte und permanente Gefahr für die Menschen in dieser Region dar. Welche Regierung auch immer diesem Regime folgen wird, es muss auf die vollständige Vernichtung dieser Waffen hingewirkt werden. Ich würde es daher sehr begrüßen, wenn das Angebot von Minister Darabos, auf Anfrage österreichische Spezialeinheiten zur Vernichtung von chemischen Waffen zur Verfügung zu stellen, aufrecht bleibt und das auch weiter verfolgt wird. So könnte Österreich einen wichtigen Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die EZA-Anträge zu sprechen kommen, die jetzt zur Abstimmung stehen. Die Anträge zum Weltagrarbericht, zum Landraub und zur besseren Berücksichtigung der Rechte und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen in der EZA fordern wichtige und notwendige Ergänzungen zur bis­herigen Entwicklungszusammenarbeit. Sämtliche Anträge wurden im Ausschuss mit den Stimmen aller Parteien angenommen, und ich hoffe sehr, dass das hier im Plenum auch erfolgen wird. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.28


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.29.12

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister! Zu den Ausführungen der Kollegin Muttonen, also zu den Entwicklungszusammenarbeits-Ansätzen und -Beiträgen, die wir heute beschließen werden: Da sind zwei Anträge dabei, die von mir eingebracht und im entwicklungs­politi­schen Unterausschuss sehr gut und intensiv diskutiert wurden. Ich möchte mich auch herzlich bedanken für die Bereitschaft auch von Regierungsseite, diese Anliegen ernst zu nehmen. Es geht um ganz zentrale Probleme der internationalen Entwicklungs­zusammenarbeit, nämlich um die Frage, wie die Landnutzung zum Beispiel in Afrika in den nächsten Jahrzehnten gestaltet werden wird. Da haben wir das Phänomen des Land Grabbing, dass also internationale Konzerne, ja Staaten Ländereien aufkaufen. Wir haben internationale Organisationen, die versuchen, neue Leitlinien zu gestalten.


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Im gemeinsamen Antrag, den wir verhandelt haben, gehen wir weit über die Position der internationalen Organisationen hinaus, Herr Außenminister, und es ist ganz wichtig, dass Sie diese wirklich strikte Haltung des österreichischen Nationalrates auch nach außen tragen. Es reicht nämlich nicht aus, Leitlinien zu entwickeln, damit Land Grabbing nicht ganz so arg wird, sondern wir lehnen es ab. Der österreichische Nationalrat lehnt Land Grabbing ab! Was passiert auf diesen Flächen? – 66 Prozent dieser Flächen in Afrika werden mit Agrotreibstoffen bepflanzt. Die bäuerlichen Kleinerzeuger werden vom Land vertrieben. Das ist die Herausforderung! Wenn man Hunger bekämpfen will, wenn man die Millennium Development Goals erreichen oder zumindest ernsthaft anstreben will, dann muss man eine andere Politik machen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum zweiten Antrag: Warum sind wir uns so sicher, dass das die richtige Strategie ist? – Weil ein internationaler Bericht, der Weltagrarbericht aus dem Jahr 2008, der von 400 Wissenschaftlern weltweit erarbeitet wurde, dies auch mit Unterstützung der Weltbank übrigens – sehr interessant – klar sagt: Business as usual is not an option. So weiter wie bisher geht nicht, liebe Freundinnen und Freunde, sagt der Bericht, von der Forschungsseite, von der Umsetzung und von der agrarpolitischen Seite her.

Herr Bundesminister! Das ist jetzt eine Chance. Mit diesem Antrag sind wir nicht ganz durchgekommen, nämlich dass Österreich den Weltagrarbericht noch im Nachhinein unterzeichnet hätte. Wir haben teilweise mitgewirkt, aber wir haben nicht unterzeichnet. Wir haben es zumindest jetzt mit dem Antrag geschafft, dass Österreich bei den Folgeprojekten diese Strategie aktiv unterstützen wird, dass wir die Chancen der ländlichen Räume, der Regionalpolitik in unserer Entwicklungszusammenarbeit stärken werden. Das ist mir ganz wichtig. Ich freue mich, dass in diesem Punkt heute eine gemeinsame Beschlussfassung möglich ist.

Abschließend ein Satz zur Frage Palästina. Selbstverständlich begrüßen wir, Herr Außenminister, dass jetzt der Beobachterstatus endlich gewährleistet ist. Das ist ein kleiner Lichtblick, der zeigt, dass auch in dieser Region in Zusammenhang mit dem Arabischen Frühling und den großen Herausforderungen vielleicht ein Weg in Richtung mehr Frieden, mehr Sicherheit eine Chance hat. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.32


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.32.33

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler und Außen­mi­nister! Das Jahr 2012 endet außenpolitisch genauso traurig, wie das Jahr 2011 begonnen hat. Ich erinnere an dieser Stelle noch einmal an die Silvesternacht 2010/2011 mit blutigen Anschlägen auf koptische Christen in Ägypten, mit vielen Toten aufgrund der Terroranschläge dieser Silvesternacht. Ich erinnere Sie an den Mai 2011 mit Straßenschlachten in Kairo, die dazu geführt haben, dass zwölf tote Christen zu beklagen waren und mehr als 230 Verletzte.

Ich erinnere Sie, Herr Vizekanzler – weil ich ja versucht habe, so lange an Ihrem Außenpolitischen Bericht zu rütteln, bis es sozusagen unten herauskommt –, vielleicht auch daran, dass Christen in Marokko nach wie vor ausgewiesen werden. Vielleicht war es vom Kollegen Hagen vom Team Stronach übertrieben, von Völkermord zu sprechen, weil das tatsächlich nicht stimmt, aber es ist eine neue Christenverfolgung. Österreich sieht mehr oder weniger tatenlos zu. Außer schönen Worten in Ihrem Vorwort und einigen Schutzformeln für ethnische und religiöse Minderheiten finde ich in diesem Außen- und Europapolitischen Bericht keinerlei Akzente, dass Sie im Namen


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Österreichs gegen diese Staaten sanktionierend, bestrafend, intervenierend tätig ge­worden wären. (Beifall beim BZÖ.)

Da können Sie noch so oft irgendwelche Botschafter einzitieren, es wird nichts bringen. Auch der syrische Botschafter wird sich vor Ihnen nicht schrecken. Wer innenpolitisch keine Rolle spielt, der wird auch außenpolitisch wenig Rolle spielen, sehr geehrter Herr Vizekanzler.

Österreich schweigt angesichts der Christenverfolgung im Nahen Osten, und dies auch in diesem Außenpolitischen Bericht. Österreich schweigt angesichts der Christen­verfolgung in Afrika. Österreich schweigt auch angesichts der Christenverfolgung in Asien, und das ist schändlich. Man kann nicht in Sonntagsreden vorgeben, christlich-sozial zu sein, und meinen, mit dem Sonntagskirchgang sei die christliche Wehrhaf­tigkeit schon gegeben, Herr Vizekanzler! Das ist es nicht. Sie haben es selbst in der Hand, Österreich als Schutzmacht verfolgter Minderheiten, religiöser Minderheiten zu positionieren. Da kann man, wie Kollege Amon das getan hat, noch so oft Kreisky oder Waldheim zitieren. – Jawohl, diese machten noch Außenpolitik, diese beschränkten sich nicht darauf, Reden abzuschreiben und Länderinformationen abzudrucken, die man in jedem besseren Wikipedia und Google-Zugang findet, sondern die machten Außenpolitik und hatten daher auch ein Standing im Nahen Osten.

Nach wie vor gibt es am Golan UNO-Häuschen, Wächterhäuschen, in denen zwei Fotos drinnen hängen, ein Foto von Kurt Waldheim und ein Foto von Bruno Kreisky – vergilbt, aber respektvoll behandelt und in Ehren gehalten, weil das Persönlichkeiten waren, die über den kleinen österreichischen Tellerrand hinaus verstanden haben, Außenpolitik zu machen.

Auch die Zuseherinnen und Zuseher werden das vermissen, darunter auch eine Gruppe von Freuden aus Wien, die ich herzlich hier begrüßen darf. (Beifall beim BZÖ.)

Sehr geehrter Herr Vizekanzler! In Ihrem Bericht finde ich nicht einmal außenpolitische Akzente, die wenigstens knapp über den Tellerrand hinausschweifen. Wo steht denn etwas zur Außenpolitik in Bezug auf Krško, das eine atomare Gefahr für Österreich darstellt?

Wo bleiben denn die Initiativen im Jahr 2011, wenn es darum geht, sich außenpolitisch gegen Atomkraft und gegen die Gefahr für uns Österreicherinnen und Österreicher einzusetzen?

Wo finde ich denn im Außenpolitischen Bericht intervenierende Aktivitäten zu den Beneš-Dekreten? Die Beneš-Dekrete sind überhaupt von der politischen Bildfläche verschwunden. Die Rechte der deutschsprachigen Minderheiten – egal, ob in Tschechien oder in Slowenien – finden in der Außenpolitik, volkstümlich gesagt, Nüsse statt. Das sind die Dinge, die wir selbst in der Hand hätten, weil wir ja nicht nur für Südtirol als Schutzmacht fungieren sollten, sondern für alle deutschsprachigen Minderheiten – egal, ob in Tschechien oder Slowenien. Das findet man in Ihrem Außenpolitischen Bericht nicht. (Beifall beim BZÖ.)

Das ist eigentlich sehr schade, denn, Herr Vizekanzler, Sie würden vielleicht Ihr Profil schärfen, wenn Sie in diesen Bereichen endlich Aktivitäten auf österreichischer Seite entfalteten. Es sind dies unerledigte Probleme über die Jahre und Jahrzehnte, die geflissentlich vermieden werden. Dafür druckt man Länderinformationen ab, Organi­gramme, die man in jedem besseren österreichischen Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ findet.

Das Organigramm des Außenministeriums aus dem Jahr 2011 findet man. Da kann man noch nachlesen, unter was für einer Telefonnummer Herr Staatssekretär Waldner erreichbar ist, wenn die Verbindung nicht gerade in die Kärntner Landesregierung


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geschalten wird. Das findet man dort alles drinnen! Dass Lee Hsien Loong Regie­rungschef in Singapur ist, das finde ich auch in der Länderinformation. Toll! Seiten gefüllt mit Länderinformationen und abgeschriebenen Reden, aber nichts dazu, wo die wirklichen Problemfelder einer österreichischen Außenpolitik liegen, und das finde ich sehr schade. (Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Abg. Jakob Auer: Alte Freundschaft!)

13.38


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Glaser. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


13.38.05

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler und Außen­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Grosz! Es wäre wahrscheinlich vernünftiger gewesen, Sie hätten Ihr Profil in Graz geschärft, statt hier in der Außenpolitik Profil schaffen zu wollen. (Abg. Jakob Auer: Ja, genau! – Abg. Grosz: Spindelegger hat in Graz gar nicht auftreten dürfen! Auftrittsverbot hat er gehabt!)

Herr Kollege Grosz, wer in der Innenpolitik eine derart „große“ Rolle spielt, der sollte sich nicht erst an der Außenpolitik, an einer guten Außenpolitik versuchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun aber zu den zwei EZA-Themen, die ebenfalls auf der Tagesordnung stehen: Das ist zum einen Land Grabbing. Es ist eine Tatsache, dass das fruchtbare Land immer weniger wird, sei es durch Verbauung, sei es durch Verödung, die von uns selbst herbeigeführt wird, sei es durch den Anstieg des Meeresspiegels. Angesichts knapper werdender Ressourcen an Grund und Boden wird dieser gesucht, denn es gibt ihn ja noch, extensiv bewirtschafteten Grund und Boden in Afrika oder auch in Lateinamerika. Darauf stürzen sich multinationale Konzerne beziehungsweise auch Staaten und versuchen, Zigtausende oder Hunderttausende Hektar Grund zu kaufen, und vertrei­ben dort dann die ansässigen Bauern, Subsistenzbauern und stürzen diese oft in Armut und Elend. Deshalb begrüße ich es, dass wir in diesem Punkt zu einem gemein­samen Vorgehen gekommen sind und dass wir internationale Standards bei Kauf oder Pacht von Grund fordern.

Zum Weltagrarbericht. Kollege Pirklhuber hat es schon gesagt, es ist ein Antrag von ihm, und letztlich sind wir in der Diskussion darin übereingekommen, dass wir diesen Bericht zwar nicht unterzeichnen werden, aber dass wir die Grundsätze verfolgen und dass es wichtig ist, dass wir eine sozial gerechte und eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft betreiben. Ich glaube, dass gerade die österreichische Landwirtschaft diesen Prinzipien immer gefolgt ist und auch folgen wird.

Ich darf in diesem Zusammenhang auch noch einen dritten Punkt erwähnen, das Ernährungshilfe-Übereinkommen – eine Regierungsvorlage, mit der sichergestellt werden soll, dass ein gewisser Mindestbeitrag von Österreich zur Nahrungsmittelhilfe zur Verfügung gestellt wird; es soll dies in Zukunft flexibler und nachhaltiger passieren.

Abschließend noch ein Punkt: Es geht in Zukunft nicht nur um die Sicherung der Ernährung, sondern es ist auch die Energiefrage eine wichtige für die Zukunft und das Überleben unserer Erde. Denken wir an den Gipfel in Doha, der zurzeit tagt, denken wir daran, dass, wenn es uns nicht gelingt, fossile Energieträger entsprechend zu begrenzen, die Welt sich in den nächsten Jahrzehnten um vier bis fünf Grad erwärmen wird.

Ich möchte in diesem Zusammenhang all jenen, die sich in den letzten Monaten nicht genug ereifern konnten, gegen Beimischung von Biosprit einzutreten, ein Buch des


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grünen Energiesprechers im Deutschen Bundestag empfehlen, von Hans-Josef Fell: „Global Cooling“ Kühlen wir die Erde ab.

Hans-Josef Fell spricht davon, dass es nicht genügen wird, E5 oder E10 zu haben, sondern dass wir in Zukunft von E100 reden werden müssen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Das würde ich den Kritikern von E10 gerne zum Lesen empfehlen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.41


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungspunkt ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg zu Wort gemeldet. Wunschgemäß sind 2 Minuten Redezeit eingestellt. – Bitte.

 


13.41.59

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminis­ter! Hohes Haus! Ich habe im Sommer in London bei den Paralympics Henry Wanyoike getroffen, ein blinder Mann, der im Jahr 2000 Weltmeister im Schnelllauf geworden ist. Er ist berühmt geworden, weil er so schnell gelaufen ist, dass er seinen Führer, mit dem er durch eine Schnur verbunden war, über die Ziellinie hinweggezogen hat, damit er Weltmeister werden konnte. Das war eine tolle Leistung.

Wanyoike hat mir erzählt, dass er nur durch die Förderung von Hilfsorganisationen, von „LICHT FÜR DIE WELT“, der Armutsfalle entkommen ist. Heute macht Wanyoike auch Hilfsprojekte; in Tansania beispielsweise baut er eine Schule.

Solche Projekte müssen wir fördern und im Rahmen der bilateralen Entwicklungs­zusammenarbeit Geld und Kompetenz, Know-how zur Verfügung stellen.

Es gibt weltweit 1 Milliarde behinderter Menschen, davon leben 80 Prozent in Entwick­lungs­ländern. Armut und Behinderung hängen sehr stark zusammen; da sind wir gefordert. Wir haben die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behin­derungen 2008 ratifiziert, andere Länder auch, und wir werden dem jetzt Rechnung tragen.

Mit diesem Entschließungsantrag wird festgelegt, dass das EZA-Gesetz durchforstet werden soll auf die Inklusion, auf den Inklusionsgedanken, die gleichberechtigte Teilhabe in anderen Ländern, dass solche Projekte mehr gefördert werden – einerseits spezielle Projekte für behinderte Menschen, andererseits aber auch, dass bei „nor­malen“ Projekten – unter Anführungszeichen – auch der Inklusionsgedanke mitge­tragen wird, etwa wenn ein Brunnen gebaut wird, dass dieser auch für Rollstuhlfahrer zugänglich ist, oder auch bei Arbeitsleistungen.

Ich danke Herrn Außenminister Spindelegger für sein Engagement in dieser Sache. Ich bin auch sicher, dass er sich für die Umsetzung sehr stark einsetzen wird. – Danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und Grünen.)

13.45

13.45.30

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 5: Antrag des Außen­politischen Ausschusses, den Außen- und Europapolitischen Bericht 2011 der Bun­desregierung, III-343 der Beilagen, zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 102

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 6: Antrag des Außen­politischen Ausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Ernährungshilfe-Über­ein­kommen, in 2017 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungs­gesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 7: die dem Ausschussbericht 2075 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die Rechte und Bedürf­nisse von Menschen mit Behinderungen in der Entwicklungszusammenarbeit.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen. (E 279.)

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 8: die dem Ausschussbericht 2076 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend Maßnahmen gegen modernen Landraub („Land Grabbing“) in Entwicklungsländern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Auch das ist einstimmig angenommen. (E 280.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 9: die dem Ausschussbericht 2077 der Beilagen angeschlossene Entschließung betreffend die Erkenntnisse des Weltagrarberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Einstimmig angenommen. (E 281.)

13.48.18 10. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1996 d.B.): Internationales Übereinkommen von 2001 über die zivilrechtliche Haftung für Bunkerölverschmutzungsschäden (2072 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich niemand. Die Debatte ist geschlossen.

Das notwendige Quorum ist vorhanden.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1996 der Beilagen gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 103

13.49.41 11. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (1997 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation betreffend die Übergabe der Büchersammlung Esterházy an die Republik Österreich (2073 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager.

Ich mache darauf aufmerksam, dass nur wenige Redner zu Wort gemeldet sind und wir bald wieder zur Abstimmung kommen.

Bitte, Frau Kollegin.

 


13.50.17

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Uns liegt heute ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Russischen Föderation betreffend die Übergabe der Bücher­sammlung Esterházy an die Republik Österreich vor. Dieses Abkommen wurde über viele, in Summe fast 15 Jahre verhandelt, und ich möchte daher meinen Dank allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Außenministeriums aussprechen und dir, Herr Bundesminister Dr. Spindelegger, ganz herzlich gratulieren und danken für diesen politischen Erfolg.

Dieses Abkommen ist deswegen so wichtig, weil es sich um eine wichtige Bücher­sammlung handelt. Sie beinhaltet Bücher, die bis ins 16. Jahrhundert zurückgehen. Diese Bestände beinhalten wertvolle Ausgaben, unter anderem auch die Schriften Martin Luthers, und gehören ganz sicher zu den bedeutendsten Büchersammlungen Österreichs.

Wie ist dieses Abkommen gelungen? – Es ist gelungen mit der Hilfe unserer Auslands­kulturforen, mit dem außenpolitischen Schwerpunkt des Dialogs der Kulturen und Zivilisationen, mit dem, dass unsere Auslandskulturarbeit sehr flexible Strukturen hat, sehr eigenverantwortliche Strukturen hat und sich selbst auch die Schwerpunkte setzen kann und hier mit entsprechend großer Beharrlichkeit einen weiteren Beitrag des Kulturdialogs leisten konnte.

Diese hohe Autonomie beinhaltet in den letzten Jahren verstärkt den Bereich der För­de­rung des wissenschaftlichen Austausches, Kultur zu ergänzen und zu erweitern, um unseren Austausch in Fragen der Bildung, der Wissenschaft, der wissenschaft­lichen Kooperation zu vertiefen.

Herr Außenminister, du hast heute schon hingewiesen auf die Bedeutung der friedens­politischen Bemühungen Ägyptens beispielsweise, oder Palästinas oder Israels.

Gerade in den letzten Tagen, aufgrund unserer außenpolitischen Schwerpunkte in diesen Bereichen, kamen verschiedene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei Veranstaltungen auf mich zu und haben sehr wertvolle Anregungen eingebracht, wie man diesen Dialog seitens der Wissenschaft, seitens der Universitäten, unserer Hochschulen stärken könnte.

Beispielsweise kamen auch Vorschläge, wie ein Dialog zwischen Palästina und Israel, zwischen den Wissenschaftlern und Kulturschaffenden mit österreichischer Hilfe stärker unterstützt werden könnte. Darauf setzen auch unsere diplomatischen Vertre­tungen jetzt einen verstärkten Akzent, aufgrund deiner politischen Ziele, die du den


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diplomatischen Vertretungen gegeben hast, neben der Kultur auch die Wissenschaft und die Bildung stärker zu integrieren. Das wird sehr, sehr ernst genommen.

Wir sehen, dass Österreich mit seiner Exzellenzforschung, aber auch mit seiner Fähig­keit und seiner internationalen Rolle ein wichtiger Brückenbauer sein kann, sein möchte und als solcher auch wahrgenommen wird.

Die 55 Österreich-Bibliotheken, die neun Sprachinstitute sind zusätzliche Einrichtun­gen, die Wertvolles leisten, aber auch die Kooperationsbüros in Lemberg, Sarajewo und Washington.

Verstärkt haben auch die Generalkonsulate diesen Kulturdialog, den Dialog der Religionen, den Dialog der Wissenschaft und der Bildung in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen gerückt. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken. Gerade diese Bereiche schaffen oft als Erste die Brücke. Dann kommt oft auch die Wirtschaft, die Kooperationen ermöglicht, und letztendlich auch unsere Werthaltung, dass diese Länder demokratiepolitischen Bemühungen gegenüber stärker aufge­schlos­sen sind. So mancher dieser Dialoge hat auf einer Universität begonnen.

Herzlichen Dank dafür an dieser Stelle! Ich hoffe, dass wir mit derselben Unterstützung auch weiter rechnen können, dass das Außenministerium und dass du an der Spitze weiter für uns diese Kooperationen und den Dialog der Kulturen und Religionen als friedenspolitischen Beitrag forcieren wirst. (Beifall bei der ÖVP.)

13.54


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Csörgits. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.54.40

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion, mein Klub freut sich sehr, dass sehr bald 977 Bücher die Reise aus der Russischen Föderation nach Österreich, genauer gesagt nach Eisenstadt antreten werden. Es ist deshalb sehr erfreulich, meine Vorrednerin sagte es bereits, denn es handelt sich dabei um sehr wertvolle Bücher, die aus dem 19. Jahrhundert stammen, und auch um Schriften, die von Martin Luther sind.

Diese Bibliothek wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von der russischen Roten Armee in ihre Heimat mitgenommen. Es gab auch einen Teil der Sammlung, der nach Ungarn gegangen ist. Dieser Teil wurde bereits nach Österreich refundiert. Nach sehr langen und mühsamen Verhandlungen, die sowohl auf diplomatischer als auch auf wissen­schaftlicher Ebene stattgefunden haben, ist es jetzt gelungen, diese so wichtige Büchersammlung nach Österreich zurückzubekommen.

Auch ich möchte mich in meinem Namen und im Namen meiner Fraktion sehr herzlich bei allen Kolleginnen und Kollegen, bei allen Damen und Herren für die mühevollen Verhandlungen bedanken. Auch der österreichischen Seite herzlichen Dank. Aber mein Dank gilt natürlich auch den Verhandlern, die aufseiten der Russischen Föde­ration mitgeholfen haben, dass diese Sammlung zurückkommt.

Diese Sammlung wird der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Damit ist wieder ein wichtiges kulturelles Gut in Eisenstadt, und es wird sicherlich auch ein Besuchsmagnet sein.

Abschließend darf ich festhalten, dass ich glaube, dass es auch ein großes Zeichen für das Verständnis und die Freundschaft zwischen Moskau und Wien ist, dass dieser „Deal“, wenn ich es so bezeichnen darf, zustande gekommen ist.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 105

Herzlichen Dank und auch herzlichen Dank an Sie, Herr Bundesminister. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.56


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.56.45

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Auch bei uns gibt es vorbehaltlose Zustimmung zu diesem Abkommen. Das Abkommen ist sicher beispiel­haft, und es ist auch ein geschichtlich sehr erfreuliches Ereignis, dass mehr als 70 Jahre nach dem Raub dieser Bibliothek der Gegenakt gesetzt werden konnte und sie nach Österreich zurückgeholt werden kann.

Es ist auch der Russischen Föderation insgesamt zu danken – nicht nur in diesem Fall –, dass sie das Unrecht, das in der kommunistischen oder bolschewistischen Zeit passiert ist, den massenhaften Raub in den eroberten und besetzten Gebieten der Roten Armee, teilweise rückgängig macht. Sie hat ja auch an Deutschland bereits große Kunstschätze zurückgestellt. Das kann man nicht hoch genug einschätzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Vielleicht eine Bemerkung noch zum vorigen Punkt, zu den Ungarn-Sanktionen, weil der Herr Außenminister das in Zweifel gezogen hat: Diese Sanktionen sind mit Unterstützung Österreichs verhängt worden, und es sind nicht bedingte Sanktionen verhängt worden, sondern es sind am 13. März 2012 vom ECOFIN-Rat Sanktionen bestätigt worden. Allerdings hat man drei Bedingungen gesetzt, unter denen sie wieder aufgehoben werden können.

Ungarn hat dort nicht zugestimmt, sondern Ungarn wurde gezwungen, diese Lösung zu akzeptieren, mit der sonstigen Drohung, dass dann die Sanktionen ohne Möglichkeit der Aufhebung verhängt werden.

Das sind die Information, die wir von der ungarischen Seite bekommen haben. Wie immer Sie das jetzt darstellen oder wie immer Sie von Ihren Teilnehmern informiert worden sind, ist eine andere Sache. Das sind die ungarischen Informationen, die ungarische Sicht. Ob der Zwang, zuzustimmen, unter einer sonstigen Drohung unbe­dingt ein freiwilliges Zustimmen ist, darüber kann man diskutieren. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesordnungs­punkt ist Herr Abgeordneter Markowitz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.58.57

Abgeordneter Stefan Markowitz (STRONACH): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Auch wir begrüßen es, dass die gestohlenen Werke wieder nach Öster­reich zurückkommen. Es handelt sich laut der letzten Katalogisierung um 70 000 Exem­plare. Es ist eine tolle Sammlung, umfasst Werke vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. Die Bedingung dafür, dass sie zurückgegeben wird, war, dass das Ganze digitalisiert wird. Das ist jetzt im Laufen, wie man von der Botschaft in Moskau hört.

Wir freuen uns sehr, dass diese tollen Werke Österreich wieder zukommen, für die Öffentlichkeit zugänglich sind, dass sie in das Eigentum der Stiftung der Esterházy-Familie übergehen und sie dann quasi Besucher auch sehen können.

Wir begrüßen und unterstützen dieses Abkommen natürlich. – Danke.

13.59

14.00.01

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 106

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1997 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

14.00.2212. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (2008 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Organisation des Bundes-verwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) erlassen wird (2057 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Zum Vorbringen einer Druckfehlerberichtigung erteile ich dem Berichterstatter, Herrn Abgeordnetem Singer, das Wort.

 


14.00.49

Berichterstatter Johann Singer: Danke, Herr Präsident! Zur angesprochenen Regierungsvorlage darf ich folgende Druckfehlerberichtigung vorbringen:

Erstens: Im § 2 Abs. 3 ist die Wortfolge „einem Hearing“ durch die Wortfolge „einer Anhörung“ zu ersetzen.

Zweitens: Im § 12 Abs. 5 Z 1 ist vor dem Wort „Laienrichters“ das Wort „fachkundigen“ zu ergänzen. – Danke.

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.01.53

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass dies ein weiterer Schritt in der Umsetzung unserer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, und ich glaube, dass die Vorgangsweise, die wir hier gewählt haben, zunächst einmal die Grund­satzgesetzgebung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit auf Verfas­sungs­ebene herzustellen und dann sukzessive die nachfolgenden Gesetze ent­sprechend des Zeitplanes, den wir uns im Verfassungsausschuss gegeben haben, abzuarbeiten, eine vernünftige und durchaus angebrachte Vorgangsweise ist.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch bei allen, die sich in diesen Prozess wirklich sehr aktiv einbringen, bedanken, weil wir ein sehr konstruktives und äußerst sachliches Klima bei der Umsetzung dieser doch sehr umfangreichen Materie haben.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit aber auch bei allen Mitarbeitern, die hier wirklich eine tragende Rolle spielen, bedanken, insbesondere natürlich bei meinem Mitarbeiter, Dr. Pointner, der mich besonders unterstützt. Alle leisten hervorragende Arbeit, alle Klubs haben hier wirklich absolute Fachleute am Werken, die sehr lösungs­orientiert zusammenarbeiten. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Musiol.)

Wir machen jetzt den nächsten Schritt, nämlich das Organisationsrecht des Bun­desverwaltungsgerichtes, und setzen dabei auf eine Organisationsstruktur auf, die es schon gibt, nämlich auf die Organisationsstruktur des Asylrechtes. Wir bieten nur die Möglichkeit, das etwas zu erweitern. Wir übernehmen jenes Kammersystem, das sich


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der Asylgerichtshof bereits gegeben hat, wollen das aber nicht länderspezifisch, so wie es im Asylgerichtshof organisiert ist, sondern materienspezifisch erweitern.

Es wird die Möglichkeit eingeräumt, das in Einzelrichterentscheidungen und Senats­entscheidungen – in Dreiersenaten oder Fünfersenaten – durchzuführen, und ich glaube, dieses System ist ein System, das in der Lage ist, jenen Anfall, den man sich erwartet, nämlich bis zu 33 000 Verfahren, auch zu bewältigen.

Darüber hinaus glaube ich, dass der Präsident des Asylgerichtshofes ein Garant dafür ist, dass er neue Gerichte managen und etablieren kann, und organisationsmäßig in der Lage ist, eine derartige Aufgabe zu bewältigen. Ich bin sicher, dass es ihm auch gelingen wird, dieses Großvorhaben der Republik entsprechend umzusetzen.

Diese Struktur, die wir hier dem Bundesverwaltungsgericht mitgeben, ist eine sehr flexible Struktur, eine Struktur, die in der Organisation durch verschiedene Ausschüsse sich die Geschäftsordnung selbst geben kann, aber auch die mögliche Flexibilität hat, die Kammern entsprechend herzustellen und zu organisieren, je nachdem, wie der Anfall ist. Man wird das natürlich erst im Zuge der praxisnahen Umsetzung dann wirklich entscheiden können.

Wir haben dort eine ISO-zertifizierte Managementstruktur, sodass sich die Richter darauf verlassen können, dass in der zweiten Ebene die Akte so behandelt werden, wie es einem korrekten Ablauf des Verwaltungsverfahrens entsprechend sein muss, und sich selbst freispielen können für ausschließlich judizielle Tätigkeit.

Der Erfolg oder der Misserfolg dieses Gerichtes wird aber ausschließlich davon abhängen, wie die Qualität der dort beschäftigten Richter sein wird. Ich bin da eines Sinnes mit eigentlich allen meinen Mitstreitern im Verfassungsausschuss, dass dort die Qualität, eben richterähnlich sein muss. Daher wird es wirklich eine besondere Aufgaben sein, schon bei der Anwerbung des neuen Richterstabes darauf zu schauen, dass man die entsprechende Qualifikation der Leute auch überprüft.

Ich bin aber der festen Überzeugung, dass dieser nächste Schritt ein positiver Schritt ist und ein notwendiger Schritt auf unserem Weg zur Umsetzung. Wir haben morgen bereits die nächste Sitzung zum Verfahrensrecht, und wenn wir diesen ambitionierten Zeitplan einhalten, dann, glaube ich, besteht auch genügend Zeit, die über hundert Materiengesetze noch bis zum Jahr 2014 anzupassen, um dann einen reibungslosen Übergang in ein Bundesverwaltungsgericht zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Fichtenbauer.)

14.06


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Gerstl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.06.52

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte da nahtlos an meinen Vorredner anschließen. Ich bedanke mich auch bei allen, die für die Vorbereitung der Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes zuständig waren, und dafür, dass wir auch hier wieder einen einstimmigen Beschluss fassen können. Ich denke, es ist ein wesentlicher weiterer Schritt zu dem, was wir im Mai für die Verwaltungsgerichtsbarkeit beschlossen haben, weil wir damit einen klaren Ver­fahrensschritt, besser gesagt, einen klaren Organisationsschritt gesetzt haben, der für mich auch die Latte ist für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Bundesländern.

Da möchte ich auf einen Punkt konkret zu sprechen kommen, weil mir bekannt geworden ist, dass in Wien ein solches Verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetz unmittelbar bevorsteht und dort offensichtlich noch nicht die Ansprüche verwirklicht werden, die wir an diese Gerichtsbarkeit stellen. Ich möchte da ganz ausdrücklich betonen, dass es


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uns vonseiten des Bundes sehr, sehr wichtig ist – es haben ja auch alle Parteien hier im Nationalrat entsprechende Entschließungen dazu beschlossen –, dass wir von einem sehr, sehr hohen rechtsstaatlichen Standard ausgehen. Das wollen wir nicht nur bei den Bundesverwaltungsgerichten, sondern auch bei den Landesverwaltungs­ge­richten.

Wir wollen, dass die rechtsstaatlichen Standards in ganz Österreich gehoben werden, deshalb wäre es mir sehr, sehr recht, wenn auch Wien diesen Ansprüchen gerecht werden könnte. Im Moment ist es so – und das möchte ich gerade für die Regierungs­parteien in Wien zum Ausdruck bringen –, dass sie sich vielleicht noch darum küm­mern können, denn dort soll, wenn ich richtig informiert bin, beim nächsten Landtag in der nächsten Woche dieses Gesetz doch beschlossen werden. Dort ist es insbe­sondere so, dass der Geschäftsverteilungssenat unserer Ansicht nach aller Wahr­scheinlichkeit nach eben nicht verfassungskonform zusammengesetzt ist. Dort soll es, bei vier Mitgliedern, ein Dirimierungsrecht des Vorsitzenden geben, was eindeutig den politischen Einfluss sichern würde. Und das entspricht nicht dem, wozu wir uns auf Bundesebene verpflichtet haben. Daher ersuche ich die Regierungsparteien in der Wiener Landesregierung, insbesondere vor der kommenden Landtagssitzung diesen Entwurf noch entsprechend abzuändern, um auch eine unabhängige Gerichtsbarkeit in Wien sicherzustellen.

Wir müssen genauso danach trachten, dass die Ausbildungs- und Prüfungsstandards der ordentlichen Gerichtsbarkeit eben auch auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit ausge­dehnt werden. Daher ist es einerseits wichtig, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in der Verwaltung eine Richterlaufbahn einschlagen wollen, dies auch zu ermög­lichen und andererseits die Qualität von Gerichten auch auf die Qualität der Ver­waltungsgerichte umzulegen.

Ich glaube, dass das ein sukzessiver Prozess ist, um den wir uns hier ganz besonders kümmern müssen. Wir haben einen Zeitrahmen von zehn Jahren definiert. Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Zeitrahmen verkürzen könnten. Je schneller und inten­siver wir eine Angleichung der Richterausbildung und der richterlichen Standards in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zusammenbringen, desto besser wäre es. Das wäre, glaube ich, ein ganz, ganz wesentlicher Punkt.

Jedenfalls darf ich sagen: Wir beschließen heute einen sehr wichtigen Schritt, der einer von vielen ist. Weitere werden noch folgen. Und wie mein Vorredner freue auch ich mich auf die weiteren Verhandlungen zum Verfahrensrecht, die morgen beginnen und mit einer Beschlussfassung im Jänner enden sollen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

14.10


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fichten­bauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.10.39

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Auch ich kann eigentlich nahtlos da anschließen, da die Entstehungsgeschichte und die Methode der Rechtserzeugung dieses sehr großen Reformwerkes tatsächlich – ich würde mir erlauben, zu sagen – ein Beispiel der legistischen Exzellenz darstellt und auch die Parteien des Hauses – Kollege Peter Wittmann hat es freundlicherweise schon erwähnt – sich eigentlich als Team fühlen.

Da geht es nicht um Regierung und Opposition, sondern um die Ordnung eines wesentlichen Staatseinrichtungsmodells auf dem Gebiet der Verwaltungsgerichts­bar-


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keit Neu. Das ist etwas, das die nächsten hundert Jahre jedenfalls determiniert, wenn nicht mehr. Wenn wir die Entstehungsgeschichte der Verwaltungsverfahrensgesetze seit 1924 bis heute ungefähr im Auge haben, die damals sogar als eine Art „Provisorium“ gedacht waren, kann man die zeitliche Dimension erkennen.

Ich schließe daran an, was Vorredner, Kollege Wittmann und Gerstl, schon gesagt haben: Wir müssen mit besonderer Nachdrücklichkeit und Achtsamkeit darauf schauen, dass unter dem Grundsatz, dass, wenn es Gericht heißt, auch Gericht drinnen sein muss, die Qualitätsebene der Personen, die jetzt noch Verwaltungs­beamte sind und morgen Verwaltungsrichter sein sollen, sichergestellt werden muss. Da hilft es auch nicht, dass man sich über die Realität hinwegschwindelt. Und – ich sage es unverhohlen – das Personal, das derzeit bei den UVS tätig ist, entspricht im Prinzip nicht dem Qualitätsprofil, das bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorhanden ist. Es sind auch teilweise Personen, die Richter werden wollten, als Richteramts­anwärter nicht aufgenommen worden sind und da eine Nische gefunden haben. Man kann dieses Projekt auch kaputtmachen – was niemand will –, wenn man auf dem Gebiet einäugig ist oder großzügig darüber hinwegschaut.

Wir haben also – Kollege Gerstl hat es erwähnt – durch Fünf-Parteien-Entschließung eine zehnjährige Übergangsfrist festgesetzt, und die muss vom ersten Tag an genutzt werden. Natürlich können wir die jetzt tätigen Leute nicht irgendwie arbeitslos machen, aber die blinde Querverschiebung aus der UVS-Ebene in die Verwaltungsgerichts­ebene, die darf es nicht geben. Wir haben darüber in den Beratungen ausdrücklich gesprochen. Es gibt Assessment-Center, die nicht als Durchwinkstationen verstanden werden dürfen, sondern die Qualitätskriterien der zu übernehmenden Verwaltungs­richter Neu müssen sichergestellt werden.

In diesem Sinn geht – das wurde schon angedeutet – die Arbeitsintensität weiter. Wir werden morgen das Verfahrensrecht beraten. Auch von meiner Seite kann ich sagen, dass die Atmosphäre und die Qualitätsanforderung in den Beratungen mit sehr, sehr positiven Begleitumständen vorhanden ist und akzeptiert wird und dass das Sach­ergebnis weit über allen anderen Intentionen steht – ein Beispiel, wie man sachorien­tiert, ergebnisorientiert arbeiten kann. Wäre es nur in allen Angelegenheiten der Re­publik ähnlich! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

14.14


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.14.53

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Kollege Fichtenbauer, da wir schon „Hearing“ in „Anhörung“ umbenennen, könnten wir vielleicht auch „Assessment“ in „Bewertungskommission“ oder so umbenennen; vielleicht bei der nächsten redaktionellen Änderung. So viel zum Insight. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Gerstl, ich finde es schon spannend, wie Sie sozusagen als Vertreter der Regierungspartei es hier gleichzeitig schaffen, eine Wien-oppositionelle Rede zu halten. Ich kann Sie beruhigen. Mein Kenntnisstand über den Stand der Verhandlun­gen in Wien ist der, dass Wien auf einem verfassungskonformen Weg ist, und mein Vertrauen in die rot-grüne Stadtregierung ist dergestalt, dass sie natürlich auch an einer qualitativ wertvollen und vor allem verfassungskonformen Verwaltungsgerichts­barkeit interessiert ist und das auch so umsetzen wird. (Beifall bei den Grünen.)

Aber natürlich ist es so, dass wir als Bundesverfassungsgesetzgeber hier einen Rah­men vorgegeben haben und es jetzt darauf angekommen wird, ob nicht nur bei den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 110

Verfassungen, sondern vor allem auch beim Organisations- und Verfahrensrecht in den Ländern ein gemeinsamer Standard eingehalten werden kann. Wir haben in mehreren Entschließungsanträgen – auch was das Organisationsgesetz, das wir heute beschließen, aber auch was das Verfahrensrecht, das wir dann morgen im Verfas­sungsausschuss in Behandlung nehmen, betrifft – unter anderem vorgesehen, dass hier auf Einheitlichkeit hinzuwirken ist. Dazu ist auch ein Bericht vorgesehen, der im Mai 2013 vorliegen soll und worin uns einmal der Stand der Einheitlichkeit zur Kenntnis gebracht wird, sodass man dann auch weiter beraten kann, was denn so die nächsten notwendigen Schritte sein werden.

Apropos Qualität: Ein Schritt ist natürlich die Frage: Gibt es hier ein einheitliches Dienstrecht? Gibt es ausreichend Anreize für Personen, die an den Verwaltungs­gerichten – ob jetzt Bundesverwaltungsgericht oder Landesverwaltungsgericht – ar­beiten wollen, sich auch tatsächlich zu bewerben? Da ist natürlich ein Punkt – den werden wir heute auch bei der Dienstrechts-Novelle zu diskutieren haben –: Wo sind denn die neuen Richter des Bundesverwaltungsgerichtshofes eingestuft?

Wir alle waren einer Meinung, dass es sich hier um Gerichte handeln soll. Das heißt, dass es keinen Unterschied zwischen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwal­tungsgerichtsbarkeit, was die Bewertung betrifft, geben soll. Umso unverständlicher ist es, dass jetzt in dieser Dienstrechts-Novelle die Einstufung der Verwaltungsrichter eine niedrigere ist als jener Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die meinem Verständ­nis nach auf derselben Stufe wären, nämlich der OLG-Richter. Damit produziert man natürlich schon vorweg eine Schieflage, die wir eigentlich nicht wollten. Das wird auch weiter zu diskutieren sein.

Aber es ist viel gelungen in den Verhandlungen rund um dieses Organisationsgesetz. Ich möchte mich auch dem Dank meiner Vorredner an alle, die da mitgewirkt haben, anschließen. Ich möchte vor allem auch die MitarbeiterInnen des Verfassungsdienstes einschließen, auch die MitarbeiterInnen aller Fraktionen und allen voran natürlich meine eigene Mitarbeiterin, Dr. Meyer, die ja, wie Sie alle aus den Verhandlungs­runden wissen, sehr beharrlich und sehr konsequent unsere Punkte vertreten hat. So ist es eben unter anderem gelungen, durchzusetzen, dass die Bestellung der künftigen Präsidenten und Vizepräsidenten – also nicht nur die Erstbestellung, sondern die Bestellung der künftigen – durch eine Kommission stattfinden wird. Das steht jetzt im Gesetz.

Die Frage der Amtssachverständigen, der RechtspflegerInnen, der LaienrichterInnen, um nur einige Punkte zu nennen, haben wir in Entschließungen ganz klar formuliert, und es sollte selbstverständlich sein, dass sich Ministerien an Entschließungen, vor allem an Entschließungen, die von allen Parteien des Nationalrates beschlossen wurden, dann auch tatsächlich gebunden fühlen. Wir mussten in diesen Verhandlun­gen daran erinnern, dass diese Entschließungen existieren, aber es ist jetzt gelungen, dass diese Punkte drinnen sind.

Wir werden das beim Verfahrensrecht weiter diskutieren müssen – da haben wir noch einen weiten Weg vor uns; morgen werden wir dem nicht zustimmen können, das habe ich auch schon gesagt –, und wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass vieles in den Materiengesetzen zu behandeln sein wird. Und auch dort wird es eben nicht nur Aufgabe des Verfassungsausschusses, sondern fast aller Ausschüsse sein, sich auch wirklich an unseren gemeinsamen Willen – nämlich aller, die diese Entschließungen mitgetragen haben, und das waren alle – zu halten und dann auch entsprechend eine gute zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit einzurichten.

Wir sind schon einige Schritte vorangekommen, aber wir haben noch weite Wege vor uns, und in diesem Sinn auch ein Appell an alle KollegInnen, die nicht im Verfas-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 111

sungsausschuss sind, hier auch tatsächlich mitzuarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.19


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.20.01

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, das hier in einem Teilbereich zur Ver­handlung steht, ist etwas ganz Wesentliches. Grundsätzlich kann man dazu sagen: Es handelt sich um einen Systemwechsel. Das BZÖ als Erneuerungs- und Reformpartei ist ja gerne dabei, allerdings darf ich jetzt auch etwas kritisch anmerken: Es gibt ja hier Entschließungsanträge, nämlich Fünf-Parteien-Entschließungsanträge – damals waren wir noch fünf und nicht sechs, wie jetzt –, da haben wir einige Forderungen gehabt, die jetzt zumindest noch nicht zur Gänze umgesetzt sind.

Ich darf etwa die Aufsplittung von Dienst- und Organisationsrechten ansprechen. Dieses einheitliche Richterbild, das natürlich auch die besoldungsrechtliche Einstufung beinhaltet, ist jetzt noch nicht so, wie wir uns das vorstellen, um es als optimal bezeichnen zu können; aber ich glaube, wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg. Daher werden wir diese Gesetzesinitiative auch voll unterstützen. (Beifall beim BZÖ.)

14.21


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Hagen zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.21.15

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! – Jetzt hätte ich fast „Frau Minister“ gesagt. Dieses Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes bekommt auch unsere Zustimmung. Wir sehen das im Sinne einer Verwaltungsreform. Alles, was da dienlich ist, werden wir auch unterstützen. Wir sind für eine Verwaltungsvereinfachung, und das geht hier in diesem Punkt in die richtige Richtung.

Dieses Gesetz enthält die Bestimmungen über die Zusammensetzung der Organe, Gang und Führung der Geschäfte, elektronischen Rechtsverkehr, Controlling und Berichtswesen. Im ersten Moment ist mir ein bisschen die Kostensituation mit 4 Mil­lionen € aufgestoßen. Allerdings ist das ein Einmalbetrag, der natürlich zur Erstellung eines derartigen Konvoluts notwendig ist, deswegen ist er unserer Ansicht nach auch gerechtfertigt.

Allerdings sehen wir eines ein bisschen kritisch, und zwar: Natürlich werden mit so einem Amt wieder neue Posten geschaffen – wir haben ja schon gehört von Präsi­denten, Vizepräsidenten und anderen Positionen –, wobei ehemalige einfache Verwal­tungsbeamte jetzt eben in gehobene Positionen befördert werden, die auch finanziell gut dotiert sind. Da wird eine Erhöhung der Lohnkosten vermutlich nicht ganz auszu­schließen sein, was dann wieder ein bisschen mit Wehmut zu sehen ist.

Alles in allem ist es aber, wie gesagt, eine Verwaltungsreform, und wir vom Team Stronach sind für Verwaltungsreformen. Das ist in unserem Sinne, deswegen werden wir auch gerne zustimmen. (Beifall der Abg. Kaufmann-Bruckberger.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 112

14.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.23.17

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass wir nach dem einstim­migen Beschluss des Bundesverfassungsgesetzes zur Errichtung eines Bundesverwal­tungsgerichtes auch beim nächsten großen Schritt, nämlich bei der Beschlussfassung des Organisationsrechtes diese Einhelligkeit haben.

Herr Abgeordneter Fichtenbauer hat von legistischer Exzellenz gesprochen – das hört man natürlich sehr gerne. Ich glaube auch, dass wir heute und dann morgen im Verfassungsausschuss zwei ganz wesentliche, ganz große Schritte zur Realisierung dieses Bundesverwaltungsgerichtes schaffen.

Unser Ziel, nämlich Inkrafttreten und Wirksamwerden mit 1. Jänner 2014, ist ein sehr ambitioniertes. Wir haben uns einstimmig darauf verständigt, daher ist es auch notwendig, dass wir die entsprechenden Einzelschritte zügig voranbringen. Der erste große Schritt war die Bestellung von Präsident und Vizepräsident. Wir haben uns ja einhellig auf eine Vorgangsweise geeinigt, nämlich mit dieser Auswahlkommission. Das ist auch zügig über die Bühne gegangen. Jetzt haben wir einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten. Der Präsident ist gleichzeitig der jetzige Präsident des Asyl­gerichtshofes; und unser Konzept war, dass wir auf diese bewährte Struktur, die der Asylgerichtshof in seiner Tätigkeit bewiesen hat, aufsetzen.

Im Asylgerichtshof hat Präsident Perl mehrere Arbeitsgruppen eingerichtet, die all die notwendigen Schritte, die bis zum 1. Jänner 2014 noch gesetzt werden müssen, abarbeiten werden. Dazu gehört die Auflistung und sozusagen das Monitoring der Um­setzung der Materiengesetze – da reden wir über eine Größenordnung von 100 Geset­zen –, die Raumbeschaffung, die Personalakquirierung und all diese Schritte, die notwendig sind, damit das Bundesverwaltungsgericht dann tatsächlich mit Anfang 2014 funktionsfähig, und zwar sofort funktionsfähig, tätig werden kann.

Man muss bedenken, wir reden vom wohl größten Gericht Österreichs, das dann seine Arbeit aufnehmen soll. Wir schätzen, dass etwa 33 000 Fälle pro Jahr zu bearbeiten sein werden, und es werden dort 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sein – nämlich einerseits in einer sehr großen Zentrale in Wien und andererseits in drei Außenstellen, die natürlich kleiner sind und analog zu den OLG-Sprengeln eingerichtet werden.

Die Arbeitsgruppen sind also tätig. Ich war zuletzt vor einem Monat dort und habe mit ihnen darüber gesprochen. Die Arbeiten gehen tatsächlich zügig voran, aber es ist, wie schon gesagt wurde, noch sehr viel zu tun.

Heute beschließen Sie das Organisationsrecht. Wir haben uns, wie gesagt, an den bewährten und bestehenden gerichtlichen Strukturen des Asylgerichtshofes angelehnt, weil das funktioniert und weil es sozusagen auch als Best-Practice-Model herange­zogen werden konnte. Es wird im Vergleich zum Asylgerichtshof einige Änderungen geben, nämlich hinsichtlich der Größe der Senatszusammensetzung, nicht Zweier­senate, sondern Einzelrichter oder Dreiersenate, und einiger anderer Dinge, die dort jetzt funktionieren und dann in Zukunft genauso funktionieren sollen.

Was sind die nächsten Schritte? – Das Nächste ist morgen der Verfassungsausschuss mit dem Verfahrensgesetz – ein sehr kompliziertes, sehr umfangreiches Werk, das da jetzt parallel zum Organisationsrecht geschaffen wurde. Dann geht es um die Über­nahme der Mitarbeiter, die sozusagen einen Rechtsanspruch haben, übernommen zu werden, auch entsprechend dem Bundes-Verfassungsgesetz.

Ab Jänner: Ausschreibung der Planstellen; Beschlussfassung des Verfahrensrechtes hoffentlich im Plenum Ende Jänner – das wäre eine sehr wesentliche Voraussetzung


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dafür, dass wir den Zeitplan einhalten können –; dann Erarbeitung, Begutachtung der Materiengesetze und hoffentlich dann auch die rechtzeitige Beschlussfassung hier im Hause.

Danach folgen die Aufnahme des nichtrichterlichen Personals, die Budgeterstellung für die nächsten Bundesfinanzrahmen und dann – schätzungsweise im Oktober oder November – der Bezug des neuen Hauses. Wir haben ein neues Objekt gesucht. Der Asylgerichtshof ist heute schon auf zwei Stellen aufgespalten. Wir wollen natürlich, dass es ein einheitliches Gebäude gibt, damit alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in einem Gebäude sind. Der letzte Schritt ist dann die Aufnahme der operativen Tätigkeit mit 1. Jänner 2014.

Ich möchte diese Gelegenheit jetzt auch dazu nutzen, allen, die sehr, sehr viel Zeit, viel Know-how, viel Hirnschmalz hineingesteckt haben, damit wir so weit sind, wie wir jetzt sind, ganz herzlich zu danken. Dazu gehört auch die wirklich hervorragende, konstruk­tive Zusammenarbeit mit den Verfassungssprechern, den Mitarbeitern und Mitarbeite­rinnen der Klubs. Natürlich möchte ich auch dem Verfassungsdienst danken, der die ganze legistische Arbeit macht, aber natürlich auch die Gespräche mit den Ländern, mit den Verfassungssprechern, mit den Experten, mit dem Verwaltungsgerichts­hofprä­sidenten und so weiter führt, an der Spitze Sektionschef Dr. Hesse.

Ich möchte auch Herrn Dr. Klingenbrunner und Herrn Dr. Segalla aus dem Büro des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers ganz herzlich danken, und nicht zuletzt dem Herrn Präsidenten des Asylgerichtshofes und kommenden Präsidenten des Bundes­verwaltungsgerichtes Herrn Dr. Perl und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Steßl-Mühlbacher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.29.44

Abgeordnete Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Werte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörerin­nen und Zuhörer! Es wird immer wieder davon gesprochen, dass wir Reformen brauchen und welchen Reformstau wir nicht in Österreich hätten. Hier haben wir ein Beispiel für eine wirklich große Verwaltungsreform, die, Herr Kollege Hagen, nicht immer kostengünstig ist; insbesondere dann nicht, wenn der Rechtsschutz für die Bürgerinnen und Bürger ausgebaut wird.

Man muss dazu sagen: Mit dem Bundesverwaltungsgericht wird der Rechtsschutz für den einzelnen Bürger, für die einzelne Bürgerin ausgebaut. Der Rechtsschutz wird auf eine andere Stufe gehoben, auf einen europäischen Standard. Meine Vorredner und meine Vorrednerin haben es schon kurz angesprochen, und auch ich möchte mich namens meiner Fraktion dem Dank anschließen, insbesondere möchte ich den Oppo­sitionsparteien für die konstruktive Zusammenarbeit und auch für den offenen Diskurs danken.

Die Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform wird in zwei Teile geteilt. Heute beschließen wir den organisatorischen Teil. Es sind in diesem Zusammenhang sehr, sehr viele Mate­riengesetze zu regeln, aber auch andere Dinge wie die Ausschreibung von Richter- und Richterinnstellen oder die Assessment-Center. In diesem Zusammenhang darf man auch nicht vergessen, dass es erstmals an einem Gericht eine solch breite Palette von Rechtsmaterien gibt, sei es das Vergaberecht oder das UVP-Verfahren.

Ganz allgemein gesprochen, muss es unser Ziel sein, dass wir von einem einheitlichen RichterInnenbild sprechen, dass es in Hinkunft die Möglichkeit gibt, zwischen den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 114

ordentlichen Gerichten zu wechseln. Was in diesem Zusammenhang eine große Heraus­forderung darstellt: Österreich ist föderalistisch aufgebaut. Wir werden neun Landesverwaltungsgerichtshöfe und ein Bundesverwaltungsgericht haben. Da werden wir auch daran gemessen werden, ob wir einen einheitlichen Rahmen schaffen können. Ich glaube, dass da die Koordinierung vom Bund erfolgen muss.

Sehr geehrter Herr Präsident! Ich bringe hiermit den Abänderungsantrag der Abge­ordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen zum Ausschussbericht (2057 der Beilagen): Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungs­gerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), ein.

Im Kernpunkt geht es bei diesem umfangreichen Abänderungsantrag um den elek­tronischen Rechtsverkehr. Es geht darum, wie Schriftsätze auch im Wege des elektro­nischen Rechtsverkehrs wirksam eingebracht werden könnten. Ich habe den Antrag nun im Kern erläutert und bitte, diesen mit zu verhandeln.

Insgesamt glaube ich, dass wir uns auf einem guten Weg befinden. Es ist dies, wie schon gesagt, ein großes Reformprojekt mit noch größeren Herausforderungen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag wurde in seinen Kernpunkten erläutert und wird gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz an die Abgeordneten verteilt. Er ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

 Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen zum Aus­schuss­bericht (2057 der Beilagen): Bundesgesetz über die Organisation des Bundes­verwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Ausschussbericht (2057 der Beilagen) eines Bundesgesetzes über die Organi­sation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) wird wie folgt geändert:

1. In § 14 wird das Zitat „Art. 131 Abs. 2 erster Satz“ durch das Zitat „Art. 131 Abs. 2 erster Satz und Abs. 4 Z 2“ ersetzt.

2. § 21 lautet:

„§ 21. (1) Die Schriftsätze können auch im Wege des nach diesem Abschnitt einge­richteten elektronischen Rechtsverkehrs wirksam eingebracht werden. Anstelle schrift­licher Ausfertigungen der Erledigungen sowie anstelle von Gleichschriften von Eingaben, die elektronisch eingebracht worden sind, kann das Bundesverwaltungs­gericht die darin enthaltenen Daten an Einschreiter, die Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr nach diesem Abschnitt einbringen, im Wege des elektronischen Rechts­verkehrs übermitteln.

(2) Ist die Zustellung im elektronischen Rechtsverkehr nach den folgenden Bestim­mungen nicht möglich, kann sie auch über elektronische Zustelldienste nach den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 115

Bestimmungen des 3. Abschnittes des Zustellgesetzes – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982, erfolgen.

(3) Der Bundeskanzler hat nach Maßgabe der technischen und organisatorischen Möglichkeiten sowie unter Bedachtnahme auf eine einfache und sparsame Verwaltung und eine Sicherung vor Missbrauch die nähere Vorgangsweise bei der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen und Übermittlung von Ausfertigungen von Erledigungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Verordnung zu regeln. Dazu gehören insbe­sondere die zulässigen elektronischen Formate und Signaturen, die Regelungen für die Ausgestaltung der automationsunterstützt hergestellten Ausfertigungen einschließlich der technischen Vorgaben für die Amtssignatur und deren Überprüfung sowie Bestim­mungen über den Anschriftcode. In der Verordnung kann vorgeschrieben werden, dass sich der Einbringer einer Übermittlungsstelle zu bedienen hat. Diese Verordnung hat nach Maßgabe der technischen und organisatorischen Möglichkeiten den Zeitpunkt zu bestimmen, ab dem Schriftsätze und Ausfertigungen von Erledigungen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht bzw. übermittelt werden können.

(4) Soweit dies in der Verordnung gemäß Abs. 3 angeordnet ist,

1. sind die Schriftsätze mit einer geeigneten elektronischen Signatur zu unterschreiben;

2. kann auch ein anderes sicheres Verfahren, das die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellt, angewandt werden;

3. sind Beilagen zu elektronisch eingebrachten Schriftsätzen in Form von elektro­nischen Urkunden (Urschriften oder elektronischen Abschriften von Papierurkunden) anzuschließen.

(5) Die Ausfertigungen von Erledigungen des Bundesverwaltungsgerichtes, die im elektronischen Rechtsverkehr übermittelt werden sollen, sind mit der Amtssignatur des Bundesverwaltungsgerichtes (§§ 19 und 20 des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004), zu versehen, soweit dies in der Verordnung nach Abs. 3 vor­gesehen ist. Die Bestimmungen des Signaturgesetzes – SigG, BGBl. I Nr. 190/1999, sind sinngemäß anzuwenden.

(6) Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten sind Rechtsanwälte sowie Steuer­berater und Wirtschaftsprüfer zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr ver­pflichtet. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift wird wie ein Formmangel behandelt, der zu verbessern ist.

(7) Schriftsätze, die im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht werden, gelten als bei einer Bundesbehörde oder beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Ist vorgesehen, dass die Schriftsätze über eine Übermittlungsstelle zu leiten sind (Abs. 3), und sind sie auf diesem Weg bei der Bundesrechenzentrum GmbH tatsächlich zur Gänze eingelangt, so gelten sie als bei der Bundesbehörde oder beim Bundesverwaltungsgericht mit demjenigen Zeitpunkt eingebracht, an dem die Übermittlungsstelle dem Einbringer rückgemeldet hat, dass sie die Daten des Schriftsatzes zur Weiterleitung an die Bundesrechenzentrum GmbH übernommen hat.

(8) Als Zustellungszeitpunkt elektronisch übermittelter Ausfertigungen von Erledi­gun­gen des Bundesverwaltungsgerichtes und Eingaben (Abs. 1) gilt jeweils der auf das Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers folgende Werk­tag, wobei Samstage nicht als Werktage gelten.


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(9) Im Übrigen sind die §§ 89a bis 89g des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sinngemäß anzuwenden.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzter Redner zu diesem Tagesord­nungs­punkt ist Herr Abgeordneter Mag. Hammer zu Wort gemeldet.

Ich mache darauf aufmerksam, dass wir die Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben müssen, weil dieser Antrag ja verteilt werden muss und wir ihn erst kurzfristig erhalten haben.

Herr Kollege Hammer, bitte beginnen Sie mit Ihren Ausführungen.

 


14.33.56

Abgeordneter Mag. Michael Hammer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz beschließen wir heute einen weiteren wichtigen Schritt unserer großen Verwaltungsreform, des Bundesverwaltungsgerichtes. Wenn man sich die einzelnen Schritte anschaut – der Herr Staatssekretär hat sie auch noch einmal verdeutlicht –, sieht man, wie groß dieses Reformpaket ist und wie ambitioniert es ist hinsichtlich der Umsetzung bis zum Jahr 2014, wobei der Fortschritt sehr, sehr gut ist und das durch gemeinsame Arbeit zügig vorangeht.

Wir haben heute die organisationsrechtlichen Belange zu beschließen und morgen im Verfassungsausschuss schon einen weiteren wichtigen Schritt im Zusammenhang mit dem Verfahrensrechtlichen. Ich begrüße ausdrücklich die Organisation des Bundes­verwaltungsgerichtes mit dem Sitz in Wien, aber auch den Regionalstellen in Linz, Innsbruck und Graz. Ich glaube, es ist wichtig, dass das auch regional organisiert ist.

Das Bundesverwaltungsgericht wird sicherlich schnellere und bessere Entscheidungen bringen und die Rechtsstaatlichkeit stärken. Wir alle hier sind uns darin einig, dass das an der Qualität des entsprechenden Personals liegen wird. Ich glaube, wir legen gesetzlich die Grundlagen dafür, dass wir hochqualitatives Personal haben. Es liegt jetzt an uns, in der Auswahl und in der Bestellung auf diese Qualität zu achten.

Ich möchte an dieser Stelle noch einen Punkt anführen und auf die Ausführungen von Frau Kollegin Musiol Bezug nehmen. Was Wien beziehungsweise die Zusammen­setzung des Geschäftsverteilungssenates betrifft, ist es so, dass das, was in der Landesregierung in Wien vor einigen Tagen beschlossen worden ist, nicht dem ent­spricht, was wir hier unter Rechtsstaatlichkeit verstehen. Und wenn ich „wir“ sage, dann ist eine Fünf-Parteien-Entschließung zu diesem Thema gemeint. Das sollte man sich bei den Beratungen im Landtag noch einmal genau anschauen.

Zusammengefasst: Die Reform ist gut auf Schiene. Es wird auch in den Ländern bei den UVS viel Vorbereitungsarbeit geleistet, und wir können zuversichtlich sein, mit 2014 hier eine hochqualitative neue Einrichtung zu haben. Wir sind gut auf Schiene. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.35


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Ich gebe bekannt, dass die Abstimmung zu diesem Tagesordnungspunkt nach TOP 18 vorgenommen wird.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 117

14.36.2213. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2130/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz und das Bundes­gesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des National­sozialismus geändert werden (2063 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Becher. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.37.01

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser Novelle wird der Allgemeine Entschä­digungsfonds mit Antragskomitee und Schiedsinstanz zügig und sparsam beendet. Es sind natürlich intensive Gespräche mit dem Bundeskanzleramt, dem Finanzminis­terium, dem Außenministerium, dem Nationalrat und dem Fonds vorausgegangen. Mit dem Betriebsrat des Nationalfonds wurde ein Personalplan zum Abbau der Mitarbeiter erarbeitet.

Es liegt uns daher ein ausgewogener, auf breitem Konsens basierender Initiativantrag vor, der die finalen Schritte des Allgemeinen Entschädigungsfonds sowie den sukzes­siven Personalabbau inkludiert.

Aufgabe des Fonds ist die Gewährung von Leistungen an Personen, die Verluste oder Schäden als Folge von oder im Zusammenhang mit Ereignissen auf dem Gebiet des heutigen Österreichs in der Zeit des Nationalsozialismus erlitten haben. Zu diesem Zweck wurde der Fonds mit 210 Millionen US-Dollar ausgestattet.

Es sind 20 702 Anträge auf Entschädigung beim Antragskomitee eingelangt. Davon werden zirka 1 990 Anträge noch bearbeitet. Bei mehr als 1 000 Anträgen geht es darum, ErbInnen von AntragstellerInnen zu finden, nämlich weltweit, da diese Men­schen in über 60 Ländern leben. 40 Millionen Dollar stehen zur Verteilung beziehungs­weise zur Auszahlung noch zur Verfügung.

Die Schiedsinstanz, die für Naturalrestitutionen zuständig ist, hat von insgesamt 2 251 ein­gegangenen Anträgen noch 750 in Bearbeitung.

Mit der vorliegenden Novelle soll die Arbeit des Allgemeinen Entschädigungsfonds mit 31. Dezember 2018 beendet werden. Um dieses Ziel erreichen zu können, müssen das Antragskomitee und auch die Schiedsinstanz dem Hauptausschuss jeweils einen Schlussbericht vorlegen, das Antragskomitee bis 1. September 2015 und die Schieds­instanz bis 1. September 2018. Mit der Kenntnisnahme durch den Hauptausschuss gelten dann die beiden Komitees als aufgelöst.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Novelle ist die Verkürzung der Verjährungsfrist von 30 auf fünf Jahre. Für bereits entstandene Forderungen beginnt die Verjährungs­frist mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung. Somit ist insgesamt gewährleistet, dass möglichst früh allfällige Restmittel für Programme zugunsten der Opfer des National­sozialismus zur Verfügung stehen.

Ich freue mich, dass dieser Initiativantrag im Verfassungsausschuss die Unterstützung aller Fraktionen bekommen hat, und bin überzeugt davon, dass mit dieser Novelle sowohl die Arbeit des Allgemeinen Entschädigungsfonds zu einem geordneten Ende gebracht wird als auch verbleibende Mittel zeitgerecht für Programme verwendet


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 118

werden können, die sich insbesondere um sozial bedürftige Überlebende des Holo­caust kümmern.

Der Nationalfonds bleibt ja weiter bestehen, und ich möchte mich bei allen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern für ihre Arbeit und für ihren Einsatz ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek.)

14.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Präsident Neugebauer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.41.06

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Geldleistungen aus dem Entschädigungs­fonds sind eine Geste: eine Geste, die erlittenes Unrecht nicht wiedergutmachen kann, die aber für die Republik ein symbolhafter Ausdruck der Verantwortung der Republik Österreich gegenüber den Opfern des nationalsozialistischen Regimes ist.

Am 17. Jänner 2001 hat die damalige Bundesregierung Schüssel I in Verhandlungen mit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika – Verhandlungspartner war Stuart Eizenstat, den wir ja zehn Jahre später auch hier im Hohen Haus begrüßt haben – diese Übereinkunft getroffen. Stuart Eizenstat hat damals bei uns hier zu Protokoll gegeben, dass er dieses Washingtoner Abkommen als eine „Wasserscheide in der neueren österreichischen Geschichte“ ansieht.

Ich zitiere: „Es habe dem österreichischen Volk ein besseres Verständnis seiner eige­nen, komplizierten Geschichte während des Zweiten Weltkriegs gegeben und Öster­reich zu einem weltweiten Führer in der Suche nach Gerechtigkeit für die Opfer der Shoa und anderer Nazi-Opfer gemacht. Kein Land sei in dieser Frage schneller und weiter gegangen, seine moralische Verantwortung zu übernehmen und Schlüsse daraus zu ziehen.“

Und in einem „Standard“-Interview führt Stuart Eizenstat weiter aus: „Die österreichi­schen Verhandlungen waren unglaublich engagiert, es gab weniger Konflikte als mit Deutschland oder der Schweiz.“

Ich denke, dass wir sehr selbstbewusst sagen können, dass Historiker eines Tages durchaus feststellen werden, dass Österreich in dieser Frage viel getan hat.

Wenn nun am 25. Juni dieses Jahres der letzte Antrag aufgearbeitet wurde, ist es sinnvoll, dass die restlichen Mittel entsprechend der ursprünglichen Vereinbarung zweckdienlich verwendet werden, dem Nationalfonds zugeführt werden, wo wir ganz im Sinne des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus etwa Sozialprojekte, die Sanierung jüdischer Friedhöfe, die Neugestaltung des Österreich-Pavillons der Gedenkstätte Auschwitz, aber auch  was mir auch wichtig ist  Projekte von Schü­lerinnen und Schülern zu dieser Zeit unterstützen werden.

Da ich von einer einstimmigen Beschlussfassung ausgehe, bedanke ich mich dafür sehr herzlich. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Neubauer.)

14.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.43.58

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich kann den Ausführungen des Herrn Präsidenten zustimmen. Der Begriff „Wasserscheide“ ist ein sehr schönes Bild, das vielleicht für die Zeit davor eher passt, denn die Einrichtung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 119

der diversen Fonds, insbesondere natürlich des Entschädigungsfonds, war ja eigentlich eine Folge dieses Umdenkens, das auch in unserem Land stattgefunden hat und das in Österreich überfällig war.

Österreich hat besondere Verantwortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialis­mus, und es hat wahrlich lange genug gedauert, bis unser Land diese Verantwortung auch wahrgenommen hat. Es hat nicht zuletzt auch nicht unbeträchtlichen Druckes aus dem In- und Ausland bedurft (Zwischenruf des Abg. Rädler), damit wir diese Verantwortung wahrnehmen und, glaube ich, in den letzten Jahren sehr sorgsam mit den Opfern des Nationalsozialismus umgegangen sind.

Aus unserer Sicht ist es nun an der Zeit, dass wir hier diesen Entschädigungsfonds endabwickeln, wie das so schön heißt im Juristenjargon. Es ist allerdings  und da darf die Opposition auch ein paar kritische Bemerkungen anbringen  die Frage, ob bestimmte Dinge nicht ein bisschen schneller gehen könnten. Ich denke dabei insbesondere an die Schlussberichte.

Aus unserer Sicht ist auch problematisch, dass wir mit Verjährung zu tun haben, und die Erfahrungen mit anderen Fonds ja keine sehr guten waren, was Verjäh­rungs­regelungen anlangt. Insbesondere die Schlussberichte zur Schiedsinstanz und zum Antragskomitee könnten aus unserer Sicht – da haben wir Fristen bis 2018, 2015 – durchaus schneller erfolgen.

Ich darf aber zentrale Forderungen anbringen, auf die wir in den kommenden Jahren sehr, sehr genau schauen werden. Ich glaube, bei Geldern, die für Opfer vorgesehen waren, müssen wir auch in Zukunft dafür sorgen, dass diese auch Opfern zugutekom­men. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist und muss nicht unbedingt gewährleistet sein – so jedenfalls unsere Interpre­tation des vorliegenden Gesetzes.

Die Forschung, das Gedenken an den Nationalsozialismus, an die Verbrechen, an die Ursachen des Nationalsozialismus und der damals begangenen Verbrechen ist das eine, die Gestenzahlungen an die Opfer sind das andere. Da, glaube ich, sind sehr viele Menschen heute in Altersheimen und sonst wo, denen dieses Geld unbedingt zugutekommen muss. Ich denke da insbesondere an die sogenannten 2b-Mittel, eine dritte Tranche wird sich da ja beim besten Willen nicht ausgehen. Ich glaube, die Berechnungen liegen bei unter 100 € pro Opfer. Das wäre eher eine Provokation.

Aber man sollte sehr genau überlegen, wie man mit diesen Geldern umgeht und ob es nicht beispielsweise eine Zusammenlegung mit anderen Fonds geben sollte, etwa dem Härteausgleichsfonds  Fonds, die ja heute sehr gering dotiert sind  oder auch dem Kunst-Restitutionsfonds, wo nicht mehr sehr viel Geld vorhanden ist.

Zentral ist für uns – und ich glaube, diese Diskussion sollten wir offen und intensiv führen –, wie es mit diesen diversen Fonds, man verliert da ja wirklich langsam den Überblick, weitergehen soll. Wir alle kennen die Mechanismen von Verwaltungsein­richtungen, und das ist hier nicht anders. Wir sollten daher der Gefahr entkommen, dass wir mit diesen Geldern die Bürokratie füttern, denn es liegt natürlich in der Natur der Sache, dass es Selbstbehauptungsaktivitäten gibt, Beharrungskräfte gibt, die versuchen, bestehende Strukturen in die Zukunft zu retten. Das kann nicht unser Ziel sein.

Ich glaube, es wäre vernünftig, auch an eine ganz große Reform zu denken und die Zusammenführung der großen österreichischen Fonds  Nationalfonds 1995 beispiels­weise und Zukunftsfonds 2014 , die unter bestimmten politischen Gegebenheiten entstanden sind, voranzutreiben. (Beifall bei Grünen.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 120

Führen wir diese Diskussion, schauen wir, dass wir sorgsam damit umgehen, und schauen wir vor allem, dass keine Parallelstrukturen in diesem Zusammenhang entstehen! Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

14.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Windholz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.50.01

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Republik Österreich ist sich der moralischen Verantwortung bewusst, hat diese moralische Verantwortung auch wahrgenommen. Wenn mein Vorredner gesagt hat, mitunter zu spät oder viel zu spät: zu spät ist noch immer besser als gar nicht.

Diese moralische Verantwortung führte zum Entschädigungsfondsgesetz, heute findet dessen Novellierung statt. Meine Vorredner haben schon sehr intensiv den gesamten Rechtsbestand dargelegt.

Ich darf meine Redezeit auch dazu verwenden, darauf hinzuweisen, dass Bedienstete da einen ausgesprochen guten Job gemacht haben – in einem oft sehr, sehr schwie­rigen Umfeld, nämlich immer den Einzelfall vor Augen. Personen aus über 70 verschie­denen Staaten haben mitunter ihren Wohnsitz gewechselt, der musste eruiert werden, manche waren vielleicht schon verstorben, die Erben mussten eruiert werden – da ist jeder einzelne Fall eine ganz besondere Leistung. Ich darf von dieser Stelle aus ein herzliches Dankeschön zu jenen Bediensteten sagen, die das alles gemacht haben und darf ihnen dazu namens des BZÖ herzlich gratulieren. (Beifall beim BZÖ sowie der Abgeordneten Marek und Pendl.)

Mein Vorredner hat auch noch einen wesentlichen Bereich angesprochen, nämlich dass Regeln mit der Auflösung zu treffen sind. Es wird natürlich immer eine Verpflich­tung bleiben, jene Akzente zu setzen, die notwendig sind, um weiterhin unsere morali­sche Verantwortung wahrzunehmen. (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Lichten­ecker.)

14.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungs­punkt gelangt Frau Abgeordnete Marek zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.51.56

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir können wirklich – und wir sollten uns das auch nicht schlechtreden lassen – sehr stolz darauf sein, wie positiv und vorbildhaft – Präsident Neugebauer hat ja auch Stuart Eizenstat zitiert, der das gesagt hat – die Republik Österreich sich ihrer Verantwortung bewusst ist und seit bald 18 Jahren diese Verantwortung auch wahrnimmt. Zuerst mit der Einrichtung des Nationalfonds 1995, aber dann auch mit dem Allgemeinen Entschädigungsfonds, dem Versöhnungsfonds, dem Kunstrückgabegesetz und auch der Sanierung jüdischer Friedhöfe wurde sehr viel beachtete und erfolgreiche Arbeit geleistet.

Auch ich möchte mich meinem Vorredner anschließen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, denn die Suche nach den Erbinnen und Erben – denn natürlich ist ein großer Teil der Überlebenden, der Betroffenen bereits verstorben – ist eine ganz akribische, schwierige Suche. Teilweise geht es schon um die Erben der Erben, die da gesucht werden, und teilweise ist es ein Zufallstreffer, dass die überhaupt von dieser Suche erfahren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 121

Meine Damen und Herren! Ich denke, wir setzen mit dem heutigen einstimmigen Beschluss einen weiteren wichtigen Schritt, mit dieser Beendigung des Entschädi­gungs­fonds und mit der Fortsetzung der erfolgreichen Arbeit des Nationalfonds. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort hat sich nun auch Frau Präsidentin Mag. Prammer gemeldet. – Bitte.

 


14.53.32

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Hohes Haus! Ich möchte auch noch ein paar Bemerkungen zu dieser heutigen Novelle machen. Einerseits ergeht natürlich auch von meiner Seite der Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fonds. Gemeinsam mit mir sind ja – jetzt muss man sagen: der Großteil – alle Fraktionen im Kuratorium vertreten, wo wir nicht nur die Agenden des Entschädigungsfonds, sondern natürlich auch die des Nationalfonds, in der Zwischenzeit auch des Friedhoffonds bear­beiten. Ich bin äußerst froh darüber, dass wir dem Entschädigungsfonds jetzt tatsäch­lich ein seriöses, kompaktes Ende ermöglichen.

Durch die Fristsetzungen wird es eben möglich sein, dass die 210 Millionen Dollar endgültig bis Ende 2015 ausgezahlt sein werden.

Da Herr Abgeordneter Walser gesagt hat, das könnte auch schneller gehen: Herr Abgeordneter, ich weiß nicht, wie viele Gespräche ich als Vorsitzende des Kuratoriums mit dem Vorsitzenden und allen Mitgliedern – es sind ja nur drei – des Antragskomi­tees, mit Sir Franklin und den anderen gehabt habe, die mir sehr, sehr oft sehr ausführlich geschildert haben, was es bedeutet, gerade die letzten Fälle, also diese 2 000 offenen Fälle – entschieden sind sie, aber trotzdem offen – noch zu einem Ende zu bringen.

Sie können mir glauben – und alle Mitglieder des Kuratoriums wissen das auch –, dass die letzten zehn Jahre nichts anderes getan wurde, als Druck zu erzeugen, um schnell zu sein, weil wir alle wussten, wenn wir nicht schnell sind, werden wir die Überle­benden unter Umständen nicht mehr erreichen, sondern nur mehr deren Erbinnen und Erben – und das wollte niemand. Daher können Sie versichert sein, dass da niemand etwas in die Länge zieht, sondern dass das äußerst komplexe Fälle sind, sehr verschachtelte Fälle, verstreut auf der ganzen Welt; wir zahlen in 60 Staaten aus. Daher wird diese Zeit wohl auch noch nötig sein.

Darüber hinaus wissen Sie ja auch, dass das Antragskomitee weisungsfrei handelt – so haben wir das ja im Gesetz festgelegt – und das Antragskomitee sich ausbedungen hat, einen umfassenden Endbericht zu erstellen, bevor wir dann im Hauptausschuss die Entscheidung treffen können, dass der Entschädigungsfonds, dieser Teil des Entschädigungsfonds, auch wirklich zu einem Ende gebracht wird.

Da auch die Härteausgleichsfondsmittel angesprochen wurden: 50 000 € sind noch da. Das ist kaum mehr der Rede wert, und auch die werden jedes Mal, wenn wir eine Sitzung haben, zielgerichtet eingesetzt.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass wir den 2b-Mitteln aus dem Nationalfonds eine Verjährungsfristverkürzung geben, weil wir es damit ermöglichen – und das steht ja auch in den Unterlagen, in den Erläuternden Bemerkungen –, insgesamt 1,3 Millio­nen € auf einmal locker zu machen, die wir unmittelbar, und so ist es ja auch im Gesetz vorgesehen, den Programmen für die Überlebenden zukommen lassen und diese ihnen somit zugutekommen.

Was heißt „Programm“? – „Programm“ heißt, dass das die großen Einrichtungen sind, die sich um die psychische Betreuung, um die körperliche Betreuung der Menschen


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kümmern – Esra, Amcha, die großen Einrichtungen in Israel. Ich denke, das ist jetzt alles gewährleistet und alles gesichert, und wir machen mit dem heutigen Beschluss einen sehr, sehr großen Schritt nach vorne.

Ich bin sehr froh darüber, dass dieses Kapitel Entschädigungsfonds in dieser Genauig­keit und Seriosität abgehandelt werden konnte. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

14.57

14.57.10

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2063 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.58.2614. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2136/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (2058 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1962/A(E) der Abgeord­neten Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer Neu­re­gelung der sogenannten Altpolitiker-Pensionen (2059 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1748/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Bundes und sonstiger Funktionäre (Bezügegesetz), zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 76/2010, geändert wird (2060 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1838/A(E) der Abgeordne­ten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzlichen Konsolidie­rungs­bedarf im Bereich der Politikerpensionen alt (2061 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 123

18. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2109/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, das Bundesbezügegesetz und das Bezügegesetz geändert werden (2062 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zu den Punkten 14 bis 18 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Neubauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.00.19

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen eingangs meiner Ausführungen eine ganz einfach Frage stelle: Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, gibt es hier in diesem Saal jemanden, der glaubt, zu wenig zu verdienen? (Abg. Prähauser: Was bitte? Nicht gehört!) – Es gibt offenbar niemanden, der hier herinnen seine Tätigkeit ausübt und meint, dass er derzeit zu wenig verdient. (Abg. Kickl: Der Pilz ist nicht da!)

Das heißt aber umgekehrt, dass man entweder den heutigen Antrag von der Tages­ordnung absetzen könnte oder dass der heutige Antrag, der jetzt zur Beschlussfassung steht – und davon gehe ich aus –, keine Mehrheit finden wird, da alle der Meinung sind, dass sie ohnehin nicht zu wenig verdienen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Kaufmann-Bruckberger.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der heutigen Beschlussfassung sollen Politikergehälter ab 1. Jänner 2013 um 1,8 Prozent erhöht werden. Begründet wird das damit, dass man sagt: Es ist uns fast ein bisschen peinlich, aber wir bekommen ja nicht mehr als die Pensionisten! Wir haben uns da mit 1,8 Prozent ein bisschen einge­pendelt! – Aber während ein Pensionist mit einer Pension in der Höhe von 1 000 € damit in Zukunft 18 € mehr bekommen wird, werden die Herren Nationalratsabge­ordneten bis hinauf zum Herrn Bundespräsidenten eine Erhöhung von satten 150 € bis 411 € erhalten! (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das alles in einem Land, wo Herr Bundespräsident Fischer ein Bruttojahreseinkommen von 328 000 € hat und somit um 50 000 € mehr verdient als Barack Obama in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Da bekommt ein Herr Bundeskanzler Faymann 285 600 €, während der britische Premierminister Cameron 268 000 € bekommt, also weniger als der österreichische Bundeskanzler. (Zwischenruf der Abg. Dr. Oberhauser.)

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bekommt 240 000 €, also insgesamt um 45 000 € weniger als der österreichische Bundeskanzler.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist wirklich ein Skandal, wenn man sich angesichts solcher Zahlen dann auch noch eine Gehaltserhöhung genehmigt! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Herrschaften, die heute von einer Politikerpension gut leben, weil sie nach der alten Regelung immer noch gut dotiert werden, wie ein Herr Dr. Khol, wie ein Herr Blecha, die Pensionen in Höhe von 10 000 € aufwärts genießen, die Vertragsverhand­lungen für die Pensionisten führen, dann ist das ein ausgemachter Skandal, wenn nicht mehr als 1,8 Prozent herauskommen (Beifall bei der FPÖ sowie der Abg. Ursula


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 124

Haubner), die dann auch die Politiker einstreifen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

In Zeiten einer Krise, in der 350 000 Menschen in Österreich arbeitslos sind und viele sich das Heizen nicht mehr leisten können, gewähren sich die Politiker eine Gehaltserhöhung in dieser Höhe. Das ist schäbig, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Freiheitliche Partei wird solch eine Politik nicht mittragen, weil das in dieser Zeit die falschen Signale sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich bringe daher im Namen der freiheitlichen Fraktion folgenden Zusatz- beziehungs­weise Abänderungsantrag ein:

Zusatz- bzw. Abänderungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag (2136/A) in der Fassung des Ausschuss­berichtes (2058 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel 1 wird der § 11 Absatz 20 wird wie folgt geändert

„(20) Die in § 3 vorgesehene Anpassung entfällt bis 1. September 2013“

2. Im Artikel 2 wird der § 21 Abs. 12 wie folgt geändert:

„(12) Die in § 2 Abs. 2 vorgesehene Anpassung des Ausgangsbetrages gemäß § 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I Nr. 64/1997, entfällt bis 31. Dezember 2013.“

*****

Ich ersuche alle Anwesenden, die hier am Beginn meiner Rede bekundet haben, dass sie nicht zu wenig verdienen, um ihre Unterstützung. (Beifall bei der FPÖ.)

15.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Zusatz- bzw. Abänderungsantrag

der Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 2136/A der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Mag. Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden (2058 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag (2136/A) in der Fassung des Ausschuss­berichtes (2058 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Im Artikel 1 wird der § 11 Absatz 20 wird wie folgt geändert


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 125

„(20) Die in § 3 vorgesehene Anpassung entfällt bis 1. September 2013“

2. Im Artikel 2 wird der § 21 Abs. 12 wie folgt geändert:

„(12) Die in § 2 Abs. 2 vorgesehene Anpassung des Ausgangsbetrages gemäß § 3 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktio­näre, BGBl. I Nr. 64/1997, entfällt bis 31. Dezember 2013.“

Begründung

Üppige Politiker-Pensionen ließ die große Koalition beim Sparpaket unangetastet. Von den jetzt geltenden Regelungen könnten nämlich dereinst auch heute amtierende Spitzenpolitiker profitieren. Und das nicht zu knapp.

Als im Sommer 1997 die Regierung – auch damals eine rot-schwarze Koalition – die Privilegien bei Politikerpensionen abschaffte, wurde die Umsetzung Willi Molterer zuliebe um einen Monat nach hinten verschoben (Dieses „Gerücht“ hält sich hart­näckig). Denn mit dem Stichtag 31. Juni erreichte der damalige ÖVP-Umweltminister fast punktgenau die nötigen Mindestanrechnungszeiten für eine Ministerpension nach alter Fasson. Wenn Molterer 2020 regulär mit 65 in Pension gehen wird, stehen ihm dann mindestens rund 12.300 Euro brutto zu. Andernfalls hätte Molterer einst nur wenig mehr als die Hälfte bezogen.

7.500 Euro Rente nach vier Jahren. Aus Sicht der aktuellen Renten(spar)debatte wirken die damaligen Begünstigungen fast obszön: Nach vier Jahren im Ministeramt standen 50 Prozent des Einkommens als Pension zu, nach neun Jahren die Maximalpension von 80 Prozent des Letzbezugs, also 12.300 Euro (abzüglich Pen­sions­sicherungsbeitrag). Für Abgeordnete des Nationalrats gab es ähnliche Vorteile, die Geldleistungen fielen geringer aus. So konnten Nationalräte nach zehn Jahren im Amt mit 60 Prozent der Bemessungsgrundlage in Pension gehen, nach 30 Jahren stand der volle Anspruch von 6.500 Euro zu.

Vier Jahre im Ministeramt, zehn Jahre Abgeordnetentätigkeit: Das waren die Grundvor­aussetzungen, die mit dem Stichtag 31. Juli 1997 gegeben sein mussten, um im alten System zu bleiben. Allerdings konnte die Zeit im Nationalrat dem Regierungsamt zugeschlagen werden, wenn Verdienstjahre fehlten. Und auch Doppelbezüge aus Abgeordneten-und Ministertätigkeit waren möglich. Der Deckel dafür lag und liegt bei etwa 15.000 Euro.

Rund 26 Millionen Euro flossen 2010 in Altpolitiker-Pensionen und sogenannte Versor­gungsbezüge an Witwen und Waisen.

Doch es sind nicht nur „Altgranden“ wie Wolfgang Schüssel, Karl Blecha und Elisabeth Gehrer, Peter Pilz und Ewald Stadler, denen die Höchstpension zusteht. Wer die Zugangsvoraussetzungen zum Stichtag erfüllte, nimmt die Privilegien als Rucksack mit und kann sich auch Amtszeiten nach 1997 für die spätere Rente anrechnen lassen.

So könnte Kanzler Werner Faymann als Ex-Stadtrat und Abgeordneter des Wiener Gemeinderats mit 12.500 Euro Ruhebezug rechnen. Finanzministerin Maria Fekter kommt als Ex-Staatssekretärin auf zumindest 12.300 Euro. Werden ihr auch die Abgeordnetenjahre gutgeschrieben, erreicht ihr Anspruch die Deckelungsgrenze von 15.000 Euro. Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat als ehemaliger Vorsitzender des Wiener Gemeinderats Anspruch auf rund 6.000 Euro Rente.

Laut Gesetz haben die erwähnten Minister keine Möglichkeit, auf ihre kommenden Pensionsprivilegien zu verzichten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 126

Dazu wurde von der FPÖ ein Antrag eingebracht, der es für solche privilegierte Politiker möglich machen soll, in das neue System zu optieren. Wie nicht anders zu erwarten, wurde dieser Antrag von den Regierungsparteien abgelehnt.

Jetzt rühmen sich die Regierung sowie auch Blecha und Kohl, dass sie für die Pen­sionisten eine Pensionserhöhung um 1,8 % ausverhandelt haben.

2,8% betrug die Inflation zwischen August 2011 und Juli 2012. Nachdem das heuer beschlossene Sparpaket aber auch die Pensionen in die Pflicht nimmt, wird dieser Prozentsatz um 1% reduziert – die Pensionserhöhung 2013 beträgt demnach eben 1,8 Prozent.

Einzig die knapp über 400.000 Bezieher von Mindestpensionen (Ausgleichszulage) erhalten die vollen 2,8% Pensionserhöhung – reich werden sie damit aber wohl trotz nicht. Für die rund 2,2 Mio. restlichen Pensionisten decken die 1,8% wohl auch im nächsten Jahr nicht einmal die Inflation.

Die Regierungsfraktionen und die Grünen haben im Verfassungsausschuss am 27.11.2012 beschlossen, dass die Pensionen und Gehälter der Politiker jedoch um 1,018% erhöht werden. Der Unterschied zu den (Mindest-)Pensionisten liegt jedoch darin, dass eine Erhöhung bei den Politikern im alten sowie auch im neuen System um etliches mehr ausmacht als bei den meisten Pensionisten.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


15.05.10

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Neubauer, ich geniere mich nicht, das zu nehmen, was die Politik für mein Amt an Entschädigung vorgesehen hat. Ich denke auch, dass niemand in diesem Raum ein schlechtes Gewissen haben muss, dass er für das, was er leistet, entschädigt wird, zumal ich davon ausgehe, dass jeder von uns seine Arbeit ernst nimmt, gewissenhaft macht – unterschiedlich, geprägt durch die Auffassung, durch die Philosophie, überhaupt keine Frage – und versucht, das Beste aus seiner Verant­wortung zu machen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es ist nicht richtig, wenn wir uns hier gegenseitig herunterlizitieren. Vor allem sollte das nicht der Wortführer einer Partei machen, die vor nicht allzu langer Zeit behauptet hat, dass es bei ihr niemanden gibt, der über 50 000 S verdient; das sind, zu Ihrer Information, 3 645 €. Und dann hat sich herausgestellt, dass eigentlich nur wenige das nicht gehabt haben. Das Gegenteil war der Fall.

Wir haben auch eine Vorsitzende dieser Partei erlebt, die mit einer Kreditkarte der Partei Privateinkäufe gemacht hat. Mit 50 000 S hätte sie das nie machen können!

Was mir bei dieser Sache ein bisschen aufstößt, Herr Kollege Neubauer – noch ein kleines Beispiel aus Salzburg –: In Salzburg war auch die Freiheitliche Partei in der Landesregierung. Wir haben jährlich gemeinsam verhandelt: Parteienförderung hinauf/hinunter, nein/ja, Entschädigung und so weiter. Die Freiheitliche Partei hat nie mitgestimmt, aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu mir gesagt: Stefan, danke, dass ihr euch wieder so auf die Schienen gehaut habt, ohne dieses Geld könnten wir nicht existieren (Abg. Neubauer: Nein!) – und dann wörtlich! –, aber ihr versteht schon, dass wir in der Öffentlichkeit auf euch hinhauen müssen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 127

Meine Damen und Herren! Mit dieser Art von Politik (Abg. Neubauer: Billig!) wollen wir Vertrauen in der Bevölkerung schaffen, wenn wir nicht einmal in der Lage sind, unsere Arbeit entsprechend zu bewerten und dafür geradezustehen, was Sie dann aber bereit sind zu nehmen? (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Österreich entschädigt seine Politiker nach den Leistungen. Gesundheit, Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum – trotz aller Krisen nimmt Österreich europa-, ja weltweit in diesen Bereichen eine hervorragende Stellung ein. Und da sollte sich die Politik, die dafür verantwortlich ist, schämen?

Herr Neubauer, wir tun das nicht! Wir unterstützen das! 1,8 Prozent, da müssen wir eine Gesetzesänderung, eine Verfassungsänderung machen, dass wir das, was vor­gesehen war, nämlich 2,8 Prozent, nicht an uns auszahlen müssen. Da lachen ja die Hühner! (Abg. Neubauer: Das ist eine Form von Gerechtigkeit!)

Bestehen wir darauf, dass Gesetze, die wir schaffen, eingehalten werden, mit allen Vor- und Nachteilen! Es ist nicht richtig, zu versuchen, daraus politisches Kleingeld zu schlagen. Die Bevölkerung durchschaut das. Die Bevölkerung ist nicht auf die Gehälter der Politiker neidisch, sie will nur selbst für ihre Leistungen ordentlich entschädigt werden. Und das ist unsere gemeinsame Aufgabe und liegt auch, meine Damen und Herren, in unserer gemeinsamen Verantwortung – bei allen unterschiedlichen Auffas­sungen.

Der Bevölkerung ein X für ein U vorzumachen, da sind wir nicht dabei. Stehen wir zu unseren Leistungen und schämen wir uns nicht, wenn wir nach vier Jahren einmal eine Evaluierung von 1,8 Prozent vornehmen! (Abg. Neubauer: Sie eignen sich als Nachfolger von Blecha!) Wir dürfen nicht vergessen, Herr Kollege: Bis vor vier Jahren hat es auch eine längere Durststrecke gegeben. Aufgrund des Hochwassers haben wir auch auf eine Erhöhung verzichtet. Wir haben immer wieder verzichtet, und wenn jemand ständig auf etwas verzichtet, entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz): Aha, jetzt kommen sie schön langsam drauf, dass sie für etwas bezahlt werden, was ihnen nicht zusteht! – Dafür stehe ich nicht!

Für das, was wir bekommen, erbringen wir unsere Leistung. Ich möchte jetzt nicht die Stunden aufzählen, in denen wir in der Privatzeit unterwegs sind, wenn andere zu Hause sind. Das ist unsere persönliche Auffassung von Arbeit. Niemand ist gezwun­gen, ein politisches Amt auszuüben, aber wenn man es innehat, dann soll man dazu stehen (Zwischenrufe bei der FPÖ) und nicht auf den Nachbarn mit dem Finger zeigen und sagen: Der böse Mensch ist schuld daran, dass es dir schlecht geht, und von mir bekommst du jetzt 1,8 Prozent, dann hast du es schöner!

Meine Damen und Herren! Hören wir auf, einander nach unten zu lizitieren! Stehen wir gemeinsam dazu, machen wir eine vernünftige Politik, dann wird die Bevölkerung auch hinter uns stehen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Mag. Kogler gelangt nun zu Wort. – Bitte. (Ruf bei der FPÖ – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Das ist auch so eine Umfallertruppe! – Abg. Dr. Rosenkranz: Der Zwei-Drittel-Werner!)

 


15.09.35

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Eine tatsächliche oder auch nur angebliche große Errun­genschaft Ende der neunziger Jahre war hier in diesem Haus, dass der Bundes­verfassungsgesetzgeber die besondere Bezügepyramide geschaffen hat, um genau eines zu erreichen oder zu verhindern, wie Sie wollen: dass diese Situation eintritt, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 128

jetzt erstens regelmäßig eingetreten ist, sich wiederholend, und die man heute hier wieder, weil es jetzt konfliktorientiert ist, beobachten kann, dass nämlich ein Lizitieren nach unten beginnt. Das war aus meiner Sicht tatsächlich eine Errungenschaft.

Ich sage etwas Persönliches ganz am Anfang: Mit mir und mit vielen von uns können Sie gerne über die wirklich richtige – toi, toi, toi, welche auch immer das sein soll – Höhe von Politikerinnen- und Politikergehältern diskutieren, wenn Sie wollen, auch neue Höhen festlegen. Aber es geht nicht – und das sollten wir tunlichst bleiben lassen –, dass wir jedes Jahr dieses Schauspiel wiederholen: Dürfen die Gehälter jetzt um 1 Prozent wachsen? (Abg. Neubauer: Aber bei den Pensionisten darf man jedes Jahr dieses Schauspiel machen, nicht?) Müssen sie vielleicht um 1 Prozent sinken? Muss es eine Nulllohnrunde sein, et cetera?

Die große Errungenschaft war, dass genau das nicht eintreten sollte. Dazu bekennen wir uns auch ausdrücklich. Damals war ja auch eine große Mehrheit im Haus dafür. Aber ich erzähle Ihnen dann die Geschichte ohnehin noch weiter, bevor Sie von den Freiheitlichen sich zu sehr aufregen.

Man muss jetzt auch sagen, dass schon mehrere dieser Nulllohnrunden stattgefunden haben – einstimmig. Wir haben uns ja auch dazu bekannt aufgrund des besonderen Einschnitts, der Krise. Aber ich glaube, es wird sehr schwierig sein, eine Bevölkerungs­gruppe zu finden, die vier Mal eine Nulllohnrunde gehabt hat und in der Summe inklusive dieser Erhöhung von 1,8 Prozent in den letzten Jahren ein Minus von 10 Prozent zu verzeichnen hatte.

Ich möchte überhaupt nicht jammern, das ist gar nicht mein Thema, ich sage es Ihnen ja, aber das kommt überhaupt nicht rüber. Das, was rüberkommt, ist die Erhöhung von 1,8 Prozent. Aber wenn wir die letzten Jahre betrachten, ist es ein Minus von 10 Prozent. Und da braucht auch keiner zu jammern, diese Entscheidungen waren einhellig, darum geht es gar nicht. Nur: Man muss halt alles sehen.

In diesem Zusammenhang ein anderes Hauptargument, aus meiner Sicht das zweite: Würden wir oder eine der anderen Oppositionsparteien nicht so verantwortungsvoll handeln wie die Grünen am Anfang, hätte es diese Bewegung gar nicht gegeben. Das muss man jetzt einmal in Erinnerung rufen. (Abg. Neubauer: Danke!) Eigentlich wäre eine Erhöhung von 2,8 Prozent gekommen – aber dazu komme ich noch.

Es gibt nun wieder einen Sonderfall. In Wirklichkeit passiert das, was ich vorher hinter­fragt habe, nur halt in abgemilderter Form: nämlich dass wir wieder davon abweichen – das aber mit gutem Grund. Es sollen nicht 2,8 Prozent sein, auch dieses Jahr nicht, sondern 1,8 Prozent, weil das die Erhöhung der Pensionen realiter für das nächste Jahr ist. (Abg. Dr. Rosenkranz: Genau, weil so viele Pensionisten so viel verdienen wie Nationalräte!)

Die dritte Grundregel, die jetzt hier festgehalten werden muss, ist – und das sollten Sie nicht verschweigen –, dass die Anpassungsfaktoren für PolitikerInnengehälter zu den niedrigsten gehören, die es gibt, und das auch schon seit Jahren. Warum? – Weil aus dem niedrigeren zwischen Inflationsindex und Pensionenanpassung zu wählen ist! Der niedrigere Faktor.

Jetzt erinnere ich Sie von der Freiheitlichen Partei daran, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass wir das hier beschlossen haben, und zwar auch mit Ihren Stimmen! Da ist ja schon darauf eingegangen worden, dass wir, wenn wir schon von bestimmten fixen Höhen fortschreiben, ohnehin immer die niedrigere Variante nehmen, in diesem Fall, wie gesagt, aus den beiden Kriterien, die ich soeben erwähnt habe. Früher war es ja eine Spur höher.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 129

Das heißt, seit Beginn dieser Pyramide haben wir zusätzlich ohnehin auch immer wieder etwas zurückgenommen, aber das Hauptargument bleibt – ich glaube, wir sollten das für die Zukunft so halten –, dass wir alle 10, 20 Jahre festlegen, was eine brauchbare, vernünftige und auch wirklich nachvollziehbare Höhe für PolitikerInnen­gehälter ist, und dann einen Index festlegen. Wir sollten dann aber nicht wieder 10, 20 Jahre lang immer wieder darüber diskutieren, sondern es genau dort lassen, denn das ist ja auch der Sinn der Übung.

Von mir aus können wir das gleich nächstes Jahr machen. Legen wir die Gehälter neu fest, aber ersparen wir uns das, was hier immer wieder veranstaltet wird, und bekennen wir uns dazu, dass auch die Arbeit, die wir hier verrichten – Sie und Sie und Sie –, ganz normal indiziert wird wie jede andere. Und wenn jemand der Meinung ist, dass die Politikergehälter zu hoch sind, dann soll er einen Antrag stellen, auf Halbierung, 30 Prozent, 70 Prozent, dann diskutieren wir darüber und legen sie neu fest. Aber dieses Theater bitte nicht jedes Jahr! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

15.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Letten­bichler. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

 


15.14.46

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich danke meinen Vorrednern, Vorredner Kogler und Vorredner Prä­hauser, für die wohltuenden und rational argumentierten Worte. Leider ist ja nachvoll­ziehbar und relativ durchsichtig, wie die Opposition hier agiert und billig politisches Kleingeld lukrieren möchte. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Die Freiheitlichen wollen jetzt neben den Ausländern, neben Minderheiten die Politiker als „Neidgruppe“ sehen, wo man Kleingeld schlagen kann. Aber das sei ihnen unbenommen. (Abg. Neubauer: Da geht es um die großen Scheine, nicht um die kleinen!)

Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass wir die Arbeit hier im Hohen Haus ernst nehmen sollten und auch uns selbst ernst nehmen sollten. Der Parlamentarismus gehört gestärkt. Dazu brauchen wir motivierte, einsatzfreudige, entsprechend belast­bare und adäquat entlohnte Politiker und Politikerinnen. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Wenn die Rahmenbedingungen immer schlechter werden, werden wir auch nicht gute Leute finden. (Abg. Lausch:  so redet wie Sie jetzt!) Wir wollen hier im Parlament, und darin sind wir uns wohl einig, einen Querschnitt der Bevölkerung haben. Hier braucht es auch gute Leute.

Ich vertrete wie meine Fraktion die Ansicht, dass politische Arbeit einen Wert hat und auch dementsprechend abgegolten werden soll. Ich vertrete auch die Ansicht, dass unsere Arbeit einen Wert hat und dass Ihre Arbeit, wenn Sie von BZÖ und FPÖ meinen, dass diese Arbeit keinen Wert hat (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ihre wenig!), wohl wertlos ist. Das können Sie für sich selbst entscheiden. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Sie arbeiten eh nichts!)

Reden wir über den Wert. Was hätten Sie jetzt gerne? Frau Dr. Belakowitsch-Jene­wein, was würden Sie sich selbst geben? – 6 000, 5 000, 3 000? Geht es ein bisschen billiger? Sie waren ja auch schon einmal bei 60 000 S (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ich war überhaupt nie bei 60 000 S! Ich weiß gar nicht genau, was Sie da reden, aber ich war nie bei 60 000 S!), als die Herren und Damen dieser Fraktionen, BZÖ, FPÖ, vor Jahren gesagt haben: 60 000 S sind genug! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 130

Hintenherum wurde dann, Herr Kollege Prähauser hat es schon gesagt, mit Kredit­karten, mit Spesenabrechnungen die Bevölkerung am Schmäh gehalten. Sie haben sich dann auch vor Gericht getroffen; all das ist dokumentiert. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Was reden Sie da eigentlich?) Halten Sie die Leute hier nicht am Schmäh! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich darf noch auf einen Brief zu sprechen kommen, den Ihr Parteiführer, Herr Strache, geschrieben hat, wo er auf die Situation in Tirol eingeht, wo der Landtag auch eine Nulllohnrunde für das kommende Jahr beschließen wird.

Zur Vorgeschichte: Im Tiroler Landtag wurde beschlossen, in den Jahren 2009, 2010 und 2011 eine Nulllohnrunde zu machen. Im Jahre 2011 ist dann für das Jahr 2012 auf Ansinnen und auf Begehren auch der Opposition der Antrag gekommen, und man hat sich darauf geeinigt, einen Anpassungsfaktor von 3,2 Prozent zu beschließen. Und am 15. Dezember – jetzt zitiere ich Herrn Neubauer, der gesagt hat, die Freiheitliche Partei wird solch eine Politik nicht mittragen – hat der Landtag einstimmig beschlossen – einstimmig, die Regierungsparteien, die Freiheitliche Partei, die Grünen, die Liste Fritz und der BürgerKlub-Tirol –, diese Anpassung von 3,2 Prozent vorzunehmen.

Also: Was in Tirol gilt, gilt heute hier wieder nicht! (Abg. Lausch: Was wollen Sie uns jetzt sagen?) Das, was Sie hier sagen, gilt in Tirol nicht. (Abg. Neubauer: Ist das die Rechtfertigung dafür, dass Sie 180 € bekommen?)

Sie sind doppelzüngig, Sie sind unmoralisch, schämen Sie sich dafür! – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

15.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klubob­mann Bucher. – Bitte.

 


15.18.18

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte den letzten Satz meines Vorredners aufgreifen, der gemeint hat, es wäre unmoralisch, die Politikergehälter jetzt nicht anzuheben.

Wir haben heute hier Worte gehört wie Nestbeschmutzer – was weiß ich; alles Mög­liche, was man uns da vorwirft. (Ruf bei der SPÖ: „Was weiß ich“! – Weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Ja, ja.

Ich sage Ihnen Folgendes: Ich habe von den Rednern der SPÖ und ÖVP von hier heraußen schon mehrmals das Wort „Solidarität“ vernommen. Immer wieder wird das von der SPÖ und von der ÖVP strapaziert. Jetzt frage ich Sie: Wo ist Ihre Solidarität gegenüber der österreichischen Bevölkerung? Wo ist da Ihre Solidarität? (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Da hört sich nämlich Ihre sprichwörtliche Solidarität auf, die Sie ständig wie eine Monstranz vor sich hertragen. Das ist eine verlogene Solidarität, meine lieben Genossinnen und Genossen! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Sie bereichern sich da! Sie bereichern sich hier herinnen! (Anhaltende Zwischenrufe.) Sie greifen in unverschämter Art und Weise in die Taschen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist die Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das vor Weih­nachten, wo wir hier immer wieder hören, dass 300 000 Menschen nicht wissen, wie sie heizen sollen, dass 350 000 Menschen in Österreich keinen Job haben. (Ruf bei der SPÖ: Lei Lei!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 131

Was sagen Sie diesen Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren? Sagen Sie: Wir Politiker gönnen uns plus 1,8 Prozent monatlich!? (Abg. Krainer: Leiser!)

Die meisten Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wissen ja gar nicht, dass der Großteil der Nationalräte, die hier herinnen sitzen, ein Zweiteinkommen bezieht. Die meisten Schwarzen und Roten sind entweder bei der Arbeiterkammer, bei der Wirtschaftskammer, beim ÖGB, beim ÖAAB oder sonstwo und verdienen dort noch einmal Geld. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die wenigsten Abgeordneten, die hier herin­nen sitzen, bekommen „nur“ – unter Anführungszeichen – das Nationalratsgehalt in der Höhe von 8 000 €. Ich gönne ja jedem das Geld. Aber sollten wir nicht in Anbetracht der Situation, dass in Österreich das Geld rar wird, die Arbeit ausgeht, die Menschen nicht wissen, wie es weitergeht, auch ein wenig solidarisch sein gegenüber jenen, die nicht wissen, wie sie ihr Einkommen bestreiten und ihren Lebensunterhalt finanzieren sollen?

Das ist für mich die moralische Einstellung und die moralische Verpflichtung, von der ich spreche, meine lieben Freunde von Rot und Schwarz! Und das ist eine Lektion, die ihr irgendwann einmal lernen müsst. (Beifall beim BZÖ.)

Es kann doch nicht sein, dass ihr den Pensionisten nicht einmal das zurückgebt, was die Teuerung ausmacht, dass ihr bei der Familienbeihilfe streicht und nicht evaluiert, was heißt, dass die Familien immer weniger zur Verfügung haben und auch die Pen­sionisten, und dass ihr die Steuer- und Abgabenquote erhöht.

Die Erhöhung der Steuer- und Abgabenquote haben Sie, meine Damen und Herren, hier herinnen beschlossen – genauso wie Sie heute die Erhöhung der Politikergehälter beschließen werden und die Erhöhung für die Politpensionisten, die in Zukunft mehr bekommen können!

Mit dem BZÖ niemals! (Beifall beim BZÖ.)

15.21

15.21.30*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Bucher, für den Ausdruck beziehungsweise den Vorwurf „verlogene Solidarität“ erteile ich Ihnen einen Ord­nungsruf. (Abg. Riepl: Ja, das ist gerecht!)

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


15.22.00

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Meine geschätzten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Kogler hat es im Endeffekt richtig gesagt: Jedes Jahr fast das gleiche Theater hier herinnen!

Seien wir doch ehrlich: Die Bezügeregelung wird nie passen! Der Zeitpunkt wird nie der richtige sein! Es wird die Erhöhung immer zu hoch sein!

Über die Höhe können wir diskutieren, über die Bezüge können wir diskutieren, Faktum ist aber auf jeden Fall – das muss man erkennen, und das haben auch der Kollege Kogler und der Kollege Prähauser gesagt –, dass es nicht nur um die Bezüge hier im Hohen Haus geht, sondern dass noch andere Entscheidungen daran hängen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 132

Faktum ist aber auch, dass es diese Vergleiche mit anderen Ländern nicht braucht, weil die nicht stimmen und nicht richtig sind, weil einfach die Taxation eine ganz andere ist.

Für die Opposition wird es immer das Falsche sein. Christian Ortner hat das in der „Wiener Zeitung“ eigentlich sehr schön beschrieben, indem er Folgendes meinte:

„Dass die Politiker überbezahlt sind, gilt völlig unabhängig von der politischen Präferenz der Wähler als ebenso unumstößliche Wahrheit wie der Kugelcharakter der Erde.“

So ist es immer, so wird es immer sein. Ersparen wir uns das mit einer vernünftigen Lösung!

In Zukunft bin ich ganz beim Werner Kogler: Im Endeffekt ist es auch ein Signal für die Menschen, die sich politisch engagieren wollen, die politisch etwas bewegen wollen, dass wir auch eine gewisse Wertschätzung gegenüber uns selbst haben. Deshalb sollten wir diese Debatte sachlich und vernünftig abführen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

15.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


15.23.54

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich gebe dem Kollegen Pack recht, wenn er meint, dass wir selbst eine gewisse Wertschätzung für unsere Arbeit haben sollten; das muss sich aber nicht in Geld ausdrücken. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ob wir 180 € brutto mehr oder weniger im Monat haben – ich glaube, das verkraften wir wirklich, meine Damen und Herren!

Kollege Prähauser hat hier ganz klar erklärt, dass die Politiker nach Leistung bezahlt werden sollen. Ich gebe gerne zu: Hier sind viele Politiker, deren Leistung sehr hoch ist. Aber wie schaut diese Leistung in den Augen der Bevölkerung aus, wenn sich hier die Parteien vor einigen Monaten ein gewaltiges Zubrot an Parteienförderung auf Kosten der Steuerzahler gegönnt haben? Und jetzt werden ihre Gehälter noch erhöht.

Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist der falsche Weg: Sie erhöhen hier die Parteienförderung, und den Pensionisten setzen Sie ein Minus vor!

Gehen wir weiter in dieser Auflistung: Die Beamten machen heuer wieder eine Nulllohnrunde durch. Das trifft nicht nur die Ministerialbeamten und die Sektionschefs mit einem sehr guten Gehalt, sondern das trifft auch die kleinen Verwaltungsbeamten, die kleinen Vertragsbediensteten, die ein sehr geringes Gehalt bekommen, auch die müssen verzichten. Ich glaube, in Zeiten, in denen man sparen muss, muss man auch ein positives Zeichen setzen: Wenn wir schon vier Nulllohnrunden gehabt haben, kommt es auf eine weitere auch nicht mehr an! (Abg. Kößl: Das glaube ich! Wie viel bekommen Sie vom Stronach?)

Meine Damen und Herren von der FPÖ! Ich gebe Ihnen recht in Ihrer Argumentation, nur sollten Sie auch vor der eigenen Türe kehren. Schauen Sie einmal nach Vorarlberg! In Vorarlberg wurden die Gehälter der Politiker im Landtag jedes Jahr erhöht, weil die FPÖ mit anderen Oppositionsparteien einen Beschluss zu einer Null­lohnrunde verhindert hat. Auch das ist Doppelzüngigkeit von Ihnen.

Jetzt noch etwas: Ich glaube nicht – und das ist hier herinnen schon gesagt worden –, dass man mit 8 160 € brutto nicht sehr gut leben kann in diesem Staate. Und deshalb: Zeigen Sie Haltung, seien Sie einmal ehrlich! Schauen Sie, wir können auf diese 180 €


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 133

im Monat doch verzichten. Geben wir dieses Geld lieber denen, die es brauchen! (Beifall beim Team Stronach. – Abg. Dr. Bartenstein: 2 Millionen € vom Stronach!)

15.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Wittmann gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


15.26.11

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­ehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner, der Abgeordnete Hagen, ist eigentlich ein Beispiel dafür, wie verlogen diese Diskussion geführt wird.

Erstens einmal wäre es ihm immer freigestanden, die Gelder aus jeder Erhöhung sofort zu spenden. Aber das hat keiner gemacht, auch nicht die Freiheitlichen und auch nicht der Herr Bucher. Niemand hat sich davon freigemacht, dass er dieses Geld sehr gerne genommen hat!

Aber bleiben wir einmal bei der Sache! Die grundsätzliche Frage ist doch die: Wollen wir die Unabhängigkeit der Politik gewährleistet haben, oder wollen wir wie die fünf Leute, die sich von Stronach haben kaufen lassen, einen Lobbyingklub bilden? (Abg. Hagen: Legen Sie einen Beweis vor!)

Wollen wir, dass wieder Leute von einer anderen Seite gekauft werden, von woanders bezahlt werden, weil Milliardäre sie bezahlen können, weil das Kapital sich einen anderen Klub leistet, weil das Kapital, die Öllobby oder die Energielobby oder wer anderer sich Abgeordnete leistet, die dann aber nur mehr deren Interessen vertreten dürfen? Oder wollen wir eine allgemeine Interessenvertretung und nicht einen gekauften Klub, der dann hergeht und den anderen erklärt, dass sie kein Geld ausgeben dürfen? – Das ist der falsche Weg! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Reden wir auch einmal über die Beträge! Was kosten Sie den Staat? – 2 Millionen für den neuen Klub! (Zwischenruf des Abg. Hagen.) Wissen Sie, was die Gehaltserhöhung kostet? – 26 000 € im Monat! Sie kosten im Jahr 2 Millionen € – die Gehaltserhöhung kostet 375 000 €! (Neuerlicher Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sie sind eigentlich die Steuerverschwender. Und das ist ein Ableger vom BZÖ. Das heißt, Sie brauchen sich nicht aufzuregen. Diese Leute haben sich von Ihnen getrennt, weil Sie es mit Ihrer Politik nicht mehr ausgehalten haben.

Diese Leute kosten jetzt den Staat 2 Millionen €! Im Vergleich dazu: 28 000 €. – Das ist eine verlogene Diskussion! (Beifall bei der SPÖ.)

Führen wir diese Diskussion, wie es gehört, nämlich ob man sich Lobbyisten ausliefert, Gruppen ausliefert oder ob man eine Partei ist, die alle Interessen zu vertreten hat. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei der ÖVP.)

15.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Wittmann! Sie sind jetzt der Zweite, der von einer „verlogenen Diskussion“ spricht. Der Erste war Herr Abgeord­neter Neubauer, und Sie sind der Zweite! (Abg. Neubauer: Das stimmt doch nicht! – Weitere anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Nein? – Ich werde mir das Steno­graphi­sche Protokoll kommen lassen.

„Verlogene Diskussion“ – ich verwarne Sie, Herr Abgeordneter Wittmann, in dieser Frage! Es ist das hier kein unmittelbarer Vorwurf gewesen, aber ich ersuche dringend, derartige Ausdrücke zu unterlassen. (Abg. Ing. Westenthaler: Gibt es in der Ge­schäfts­ordnung eine Verwarnung? Ist das eine „Gelbe Karte“?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 134

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


15.29.14

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich die Dinge anschaut und wenn man sie richtig einordnen will, dann muss man das Ganze betrachten. Tun wir doch nicht so, als ob es um den einmaligen Ausreißer einer mickrigen – aus Ihrer Sicht mickrigen – Erhöhung von Politikergehältern, nämlich hier für diesen Zuständigkeitsbereich, ginge! Da kommen ja noch ganz andere Komponenten dazu, die ein grausliches Gesamtbild abrunden.

Denken wir darüber nach! Vor dem Sommer, was haben Sie denn da gemacht? – Dieselbe ÖVP mit derselben SPÖ und mit denselben Grünen, die inzwischen unter einer Art „Räuberleiter-Syndrom“ leiden, wenn es darum geht, die eigene Bevölkerung auszunehmen, haben sich die Parteienfinanzierung in diesem Land um ein Drittel erhöht, meine Damen und Herren! – Das ist der erste Teil dieser Grauslichkeiten. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kößl: Was haben Sie in Kärnten gemacht? Was hat die FPÖ in Kärnten gemacht?)

Die Grünen waren da mit dabei! Und seit dem 1. Juli dieses Jahres kassieren Sie anteilsmäßig die Wahlkampfkostenrückerstattung, die alle Parteien in diesem Haus für die Phase 2008 bis 2013 schon bekommen haben, noch einmal. Doppelt kassieren, eingetütet von SPÖ und ÖVP, Räuberleiter der Grünen: Das ist der erste Teil einer Tragödie.

Der zweite Teil sind jetzt diese Politikergehälter, meine Damen und Herren, die Sie sich hier genehmigen, wo Sie herumjammern, sodass man glaubt, Sie seien alle an der Grenze der Armutsgefährdung unterwegs. Ich habe schon Angst, dass sich der Bundespräsident in diesem Land das Heizen nicht mehr leisten kann.

Tun Sie doch nicht so, als ob dieser Vergleich mit den Pensionisten auch nur in irgendeiner Art und Weise angebracht wäre! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.) Was für einen Pensionisten ein paar Euro sind, die für ihn über Sein oder Nicht-Sein entscheiden können, das darf doch für Sie keine Rolle spielen in der Bewertung. Das ist doch ein lächerliches Argument!

Ich halte es für geradezu zynisch, meine Damen und Herren, wenn man den Wert der politischen Leistung und die besondere moralische Qualität dadurch herausstreicht, dass man in der tollen Situation ist, für sich selbst eine Gehaltserhöhung hier herinnen durchdrücken zu können, wie Sie (in Richtung SPÖ) und Sie (in Richtung ÖVP) es mit Hilfe der Räuberleiter der Grünen wieder machen.

Eine moralische Qualität liegt doch darin, einzusehen, dass wir eigentlich alle sehr, sehr gut ausgestattet sind, dass es uns allen sehr, sehr gut geht als Politiker und dass wir genau aus diesem Grund diese Erhöhung nicht brauchen, meine Damen und Herren! Das ist doch der richtige Ansatz! (Beifall bei der FPÖ.)

Und da fällt mir Kollege Kogler ein mit seinem berühmten Zitat – damit hat er über­haupt den Vogel abgeschossen –, wo es sinngemäß heißt: Wenn man dauernd Nulllohnrunden verordnet, dann darf man sich nicht wundern, dass dann am Ende lauter politische Nullen herauskommen oder dass man nur mehr lauter politische Nullen bekommt.

Man muss manchmal nur ein bisschen sein Gedächtnis strapazieren. Da fällt mir eine Veranstaltung ein, die vor wenigen Tagen abgehalten wurde, ich glaube, das war ein Bundeskongress der Grünen, meine Damen und Herren. Und worum ist es bei diesem Bundeskongress der Grünen gegangen? – Da ist es um die Plätze hier herinnen gegangen, meine Damen und Herren. Das war vielleicht ein Gerangel vor den Augen der Öffentlichkeit, wo sich alle beworben haben, damit sie hier als grüne Abgeordnete


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 135

in diesen Nationalrat hereinkommen (Zwischenrufe bei den Grünen), nämlich herein­kommen in ein Parlament, wo es seit 2008 lauter Nulllohnrunden gibt. Und jetzt wende ich die Logik des Herrn Kogler an: Ja was bedeutet denn das für die grüne Mannschaft, die hier hereinkommt? Was bedeutet denn das? – Das heißt, dass lauter grüne Nuller in Zukunft hier in diesem Nationalrat sitzen werden. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

So viel Ehrlichkeit hätte ich mir von Ihnen gar nicht erwartet. Das ist doch eine tolle Wahlempfehlung, meine Damen und Herren!

Wahrscheinlich war es einfach der Druck des Kollegen Peter Pilz. Ich weiß schon, der Peter Pilz ist derjenige, der wahrscheinlich im Hintergrund die Fäden gezogen hat. Das ist ja so etwas Ähnliches wie der Alphawolf in Sachen Privilegien im Sektor der Grünen, getarnt mit Rollkragenpulli und Schnürlsamthose, aber in Wahrheit ein Privilegienritter, meine Damen und Herren. Er hat ja schon vor Jahren gejammert, dass das Gehalt hier herinnen zu niedrig ist und dass er eigentlich mehr haben will. Ist ja kein Wunder bei der Selbstinterpretation, dass er politisches Benchmarking sozusagen im Bereich des Vernaderns und Anschüttens macht. 100 Prozent Behauptungen, maximal 1 Prozent Wahrheitsgehalt – das muss einmal irgendjemand international machen! Da kann man dann schon Ansprüche stellen.

Da es letztes Jahr nichts geworden ist, muss es eben heuer etwas werden. Herr Kolle­ge Pilz, ich verstehe das ja: Die Gemeindewohnung, in der Sie hausen, ist teurer geworden. Und damit man seinen Diplomatenpass auch international spazieren führen kann, muss man auch ein bisschen Geld einsetzen. Und auf die Politikerpension, die Ihnen, glaube ich, nach dem alten System noch zusteht, Herr Kollege Pilz (Aha-Rufe bei der ÖVP), müssen Sie halt noch ein bisschen warten.

Da verstehe ich schon, dass man dann auf die Idee kommen kann, eine ganze Fraktion gegen ihren eigentlichen sozialpolitischen Zugang – ich möchte jetzt nicht sagen: ins Unglück zu stürzen – eigentlich auf einen falschen Weg zu bringen. Mir ist das verständlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Da ich gerade von den Altpolitikerpensionen geredet habe: Ich frage dazu jetzt den Kollegen Cap etwas. Er ist auch so ein Fall, der einen Anspruch auf eine Altpolitiker­pension, eine Pension nach dem alten System hat. Da gibt es besonders kurze Zeiten der Einzahlung, besonders wenig Deckung durch die Beiträge, die hereinkommen. Auszahlung für besonderes politisches Versagen, Schuldenanhäufen et cetera – ich könnte jetzt viele Dinge nennen –, dafür besonders fette Pension. Das ist so dieses Modell der Altpolitikerluxuspension. Und Sie sind da ja auch noch ein Anspruchs­berechtigter, Herr Kollege Cap. Fällt jetzt zum Beispiel dieser Pensionsanspruch in Ihr Modell der Vermögenssteuer oder der Reichensteuer hinein, Herr Kollege Cap?

Es wäre interessant, von Ihnen einmal eine Antwort darauf zu bekommen. Wie ist das mit diesen angehäuften Ansprüchen an Pensionserwartung? Wenn man eine normale Lebenserwartung hat, da kommt doch einiges zusammen. Ist das jetzt ein Teil des Vermögens, den man da hineinrechnen muss? Wird das auch besteuert in Ihrem Modell, meine Damen und Herren? Das zu erfahren wäre doch interessant.

Es wäre doch nur konsequent, diese Anwartschaften hier mit hineinzunehmen. Und aus diesem Grund sagen wir, dass auch dieses Modell der Altpolitikerluxuspension weg muss. Was ist denn das für viel zu viele? – Das ist doch eine Anerkennungs­prämie für politisches Versagen für manche, die jetzt in der Pension sitzen, die sich dann geschlichen haben, als es wirklich ernst geworden ist. Und es ist für mich völlig unverständlich, dass auch heute hier noch welche sitzen, die diesen Anspruch haben, und dass es nicht einmal rechtlich eine Möglichkeit gibt, da herauszukommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 136

Schaffen wir diese rechtliche Möglichkeit, da noch einmal hinaus zu optieren! Machen wir das! (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)

Die Freiheitliche Partei sagt: Weg mit diesen Politikerprivilegien-Pensionen! Das war seinerzeit schon falsch. Es ist unerträglich, dass es das immer noch gibt, vor allem in Anbetracht dessen, dass jedes Jahr die ASVG-Pensionisten um ein paar mickrige Euros raufen müssen. (Beifall bei der FPÖ.)

15.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren! Ich möchte ein paar grundsätzliche Bemerkungen machen. Es ist mir vollkommen klar, dass es in Debatten wie diesen heiß zugeht und dass die Argumente aufeinanderprallen. Was aber in diesem Saal meines Erachtens – und ich hoffe, auch Ihres Erachtens – keinen Platz haben soll, sind persönliche Diffamierung und eine menschenunwürdige Debatte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Man kann in aller Schärfe und in aller Deutlichkeit argumentieren, ohne andere zu verletzen. Das ist ein Appell an Sie alle in dieser Diskussion und in ähnlichen Debatten.

Herr Abgeordneter Mag. Kogler hat sich zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.36.49

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Der Abgeordnete Kickl hat vorhin hier behauptet, die Grünen hätten einer Erhöhung der Parteienfinanzierung in diesem Jahr zugestimmt.

Richtig ist vielmehr, dass die Grünen, und zwar die grüne Fraktion insgesamt, den einschlägigen Bestimmungen des Parteiengesetzes im Juni dieses Jahres nicht zugestimmt, also die Erhöhung der Parteienfinanzierung abgelehnt haben.

Teil zwei Ihrer Behauptung war, dass hier daran mitgewirkt werde, dass die Politikerge­hälter steigen.

Ich sage noch einmal – das wäre aufgrund der Kenntnis von Verfassung und Ge­schäfts­ordnung nicht notwendig, aber offensichtlich muss man auch das tatsächlich berichtigen –, dass nur durch das Erreichen einer Zweidrittelmehrheit hier und durch das Verhalten der grünen Fraktion eine Senkung von 2,8 Prozent auf 1,8 Prozent möglich ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

15.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


15.37.49

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, es ist höchst an der Zeit, dass wir die künstlichen Erregungs­zustände etwas einbremsen. Was wir hier herinnen derzeit erleben, ist ein Show-Wettbewerb der rechtspopulistischen Flagellanten, die sich genüsslich aufs Haupt oder auf sonstige Glieder hauen, gemeinsam mit einigen Boulevardmedien, und sagen: Schlag die Politik, das tut gut! Ah, super! (Abg. Ing. Höbart: Ist das eine Abschieds­rede?)

Das ist das, was Sie an Schauspiel bieten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Abg. Ing. Höbart: Ist das eine Abschiedsrede für das Parlament?)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 137

Wir waren 1997 – und ich kann mich noch erinnern; das sollte man nicht vergessen – für die Neuordnung der Bezüge. Wir haben andere Vorschläge gehabt, wie man ein transparentes Bezügesystem aufbauen könnte, aber es hat sich dann ein Konsens gebildet zwischen den Parteien und mit den Experten, wo diese Bezügepyramide festgelegt wurde.

Die Freiheitlichen waren damals gegen diese Neuordnung der Bezügepyramide, und damals ist noch nicht unterschieden worden zwischen FPÖ, BZÖ und Team Stronach, das war alles noch eine Truppe, sage ich jetzt einmal. (Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Ich kann mich aber auch noch erinnern, dass im Jahr 1997 die Grünen diejenigen waren, die gesagt haben: Raus aus dem Altpolitikerpensionssystem, das muss anders funktionieren! Das wird so nicht möglich sein, wie ihr, die Regierungsparteien, das machen wollt, wir schlagen etwas anderes vor!

Und wieder war eine Partei gegen das Raus – und das waren die Freiheitlichen! Die haben nicht mitgestimmt mit uns gegen den Ausstieg aus dem Altpolitikerpen­sions­system.

Jetzt sage ich Ihnen eines: Mittlerweile sind 15 Jahre vergangen. Es gab eine Neu­ordnung der Bezügepyramide. Im Prinzip war das ein großes Unterfangen, weil damit zahlreiche sogenannte Nebengeräusche, die es bis zu diesem Zeitpunkt gegeben hat, aus dem Politikereinkommen eliminiert worden sind.

Mittlerweile sind 15 Jahre vergangen, in denen Bundesländer sehr unterschiedliche Anpassungen vorgenommen haben. Mittlerweile sind es 15 Jahre, in denen es Zurufe aus den Ländern derart gibt: Wir müssen etwas bei den Bürgermeistern machen, auch bei den Gemeinderäten, wir finden zu wenig! Und es ist auch etwas gemacht worden.

Inzwischen ist das Bezügesystem in den Ländern nach unten, nach oben gegangen, also durchaus verrutscht. Man kann also darüber diskutieren, ob man sich dieses System nicht insgesamt neu anschauen muss, denn es gibt diesbezüglich berechtigte und vielleicht auch unberechtigte Forderungen. Es ist gut, sich das neu anzusehen, wie es auch Kollege Kogler vorgeschlagen hat.

Nur, diesem Wettlauf, diesem scheinbaren Wettlauf, den Sie jetzt inszenieren, dem traue ich sicher nicht. Sie von der Freiheitlichen Partei waren bei der letzten Novellie­rung des Bezügegesetzes mit dabei, als wir genau diese Regelung festgelegt haben, die Sie jetzt nicht mehr haben wollen. Diese ist aber erst ein paar Jahre alt und hat eine Verfassungsmehrheit gebraucht, und Sie waren damals dabei. Sie haben gesagt: Wir wollen das! Und jetzt sagen Sie: Nein, das wollen wir auch nicht mehr! So schaut es aus.

Also wenn, dann müssen Sie sich schon zu etwas bekennen und nicht im Flagellanten-Wettbewerb gegenseitig schauen, wer sich die meisten Striemen publikumswirksam zufügt, damit man sie herzeigen und sagen kann (Abg. Kickl: Sie schauen nicht, was außen passiert!): Wir hätten uns ja gerne gegeißelt. Leider ist uns die Mehrheit nicht gefolgt, ah, tut das gut, dass es eine Mehrheit gibt, die etwas anderes beschließt. – So schaut es aus! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Das ist scheinheilig, Sie sind Trittbrettfahrer in einem System. Hätte ich jetzt 50 Minu­ten Redezeit (Abg. Kickl: Hat am Parteitag auch nichts genutzt!), dann könnte ich Ihnen die einzelnen Fälle von freiheitlichen Funktionären aufzeigen, welche sich an diesem System immer bereichert und gleichzeitig öffentlich kritisiert haben, dass es ein derartiges System gibt. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Wenn es um Ihre eigene Pension oder um Ihr eigenes Zweit- oder Dritteinkommen gegan­gen ist, dann haben Sie immer die Hand aufgehalten. (Abg. Kickl: Nennen Sie


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 138

einen konkreten Fall! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Vielleicht haben Sie es auch nicht notwendig, dass Sie jetzt 1,8 Prozent beschließen, da ja einzelne Parteien unter Ihnen ohnehin von Schmiergeldzahlungen oder von politischen Zuwendungen leben, von denen Parteien wie wir nicht einmal träumen wollen, weil das Albträume wären. So schaut es aus, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. – Zwischenrufe bei FPÖ und Team Stronach.)

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas zu den Altpolitikerpensionen. Wir können es gerne auch bei den Gehältern so machen, wie es der Kollege Kickl in seiner Neuordnung der Altpolitikerpensionen vorschlägt. Das ist ein Gustostückerl. Er sagt nämlich: In Zukunft sollen die jeweiligen Parteien, wenn Politiker aus ihren Reihen in Pension gehen, die Mehrkosten übernehmen.

Ich kann mir gut vorstellen, wie das bei den Freiheitlichen aussehen würde. Da würden wahrscheinlich alle, die einen Anspruch auf eine höhere Politikerpension haben – und tun Sie nicht so, als ob niemand von Ihnen betroffen wäre! –, nach ihrem Aktivbezug aus der Freiheitlichen Partei ausscheiden, und dann braucht die Freiheitliche Partei die Mehrkosten nicht zu übernehmen. Wunderbar, damit wäre die Sache für die Freiheit­liche Partei erledigt.

Machen wir es doch bei den Aktiveinkommen auch so. Wir stellen Ihnen gerne frei, ob Sie sich mit 30 Prozent des derzeitigen Bezuges einordnen wollen oder mit 50 Prozent. Da gäbe es einen wunderbaren Wettbewerb zwischen dem BZÖ, dem Team Stronach und der FPÖ: Wir ordnen uns bei null Prozent ein! Wir verlangen überhaupt nichts oder wir zahlen sogar noch etwas dafür (Abg. Mag. Kogler: Stronach!) – Herr Stronach beispielsweise –, dass einige von uns Politiker sein dürfen. Das können Sie gerne haben. Vielleicht gelingt uns eine Änderung bis zum nächsten Mal, wo Sie sich bei den Politikerbezügen selbst einschätzen dürfen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

15.44

15.44.10*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Öllinger, für die Vorwürfe „scheinheilig“ und „Schmiergeldempfänger“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Beifall bei der FPÖ.)

*****

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


15.44.23

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ein Thema, bei dem es nur mehr Ordnungsrufe hagelt, da werde ich mich sehr bemühen, keinen auszufassen.

Es geht um Politikerbezüge, und jetzt hat man wieder gesehen, es gibt eine Dreier­allianz: Grün spricht, Rot-Schwarz applaudiert, alles richtig. Was haben wir uns sagen lassen müssen? – Jedes Jahr wieder dasselbe Theater!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Schwarz! Was haben wir die letzten Jahre gehabt? – Soweit ich mich erinnern kann, Nulllohnrunden. Jedes Jahr wieder dasselbe Theater. Na dann sind Sie selbst jahrelang Hauptdarsteller in diesem Theater gewesen. Ich verwende Ihre Diktion, ich selbst würde es nicht so bezeichnen. Also jahrelang Nulllohnrunden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 139

Gehen wir noch ein bisschen weiter. Ich hatte eine Fernsehkonfrontation mit Vertretern von SPÖ und ÖVP, den Abgeordneten Krainer und Stummvoll. Und da kam von den beiden Regierungsparteien das Thema: Der Nationalrat muss verkleinert werden, der Bundesrat muss verkleinert werden.

Sofort kam einmal die Behauptung: Na schuld wird dann natürlich die Opposition sein, denn dafür brauchen wir eine Verfassungsmehrheit.

Man muss schon sagen, dass die Grünen da strikt dagegen waren – sehe ich mir den letzten Bundeskongress an –, die sind vielleicht sogar schon dafür, dass man ihn ein bisschen aufstockt, damit man da den einen oder anderen noch zusätzlich unterbrin­gen kann.

So, was ist aus dieser Forderung geworden? Ich habe gesagt: Wir stimmen zu. Ich habe dazu aber gleich gesagt: Am liebsten wäre es uns, würde der Bundesrat abge­schafft, und wir wollen auch eine Ausweitung auf die Landesregierung, die Landtage und vor allem auch auf die Gemeinden. (Abg. Dr. Stummvoll: Ihr werdet allein weniger!) Herr Kollege Stummvoll, Herr Kollege Krainer, was ist daraus geworden? Da haben Sie mir noch gesagt: Sehr verantwortlich, da sind wir froh, dass wir einen Partner haben.

Von dem haben wir natürlich nichts mehr gehört. Eine Pille zur Beruhigung. Ich konnte damals schon das Argument nachvollziehen. In schwierigen Situationen sollte die Politik immer bereit sein, einen Solidarbeitrag zu leisten. Einen solchen Solidarbeitrag hat Klubobmann Josef Bucher hier vorgeschlagen und eingefordert, sein gutes Recht. Dass man dann so auf ihn losgeht und sagt, er ist der Theatermann Nummer eins und er führt da eine Inszenierung auf, verstehe ich nicht. Hier würde ich schon einmahnen, dass man anerkennt, dass in diesem Fall auch ein Solidarbeitrag vorgeschlagen werden kann.

Haben sich die Rahmenbedingungen geändert? Da darf ich insgesamt sagen: Es gibt so viele vernünftige Dinge. Da sagen die Regierungsvertreter immer: Leider nicht finanzierbar, budgetärer Engpass. Wie oft haben wir das schon gehört! Hat sich die Situation geändert? – Ich sage, nein.

Sind die Staatsschulden geringer geworden? – Klare Antwort: nein. Sie steigen laufend. Man verspricht uns, irgendwann, in einigen Jahren, sollten die Staatsschulden nicht mehr ansteigen. Es ist keine Rede davon, sie abzubauen.

Wie sieht es mit den Arbeitslosenzahlen aus? Sind sie im Steigen begriffen: ja, nein? – Ich sage: ja.

Und die Kurzarbeit, ich denke jetzt nur an die Autozuliefererbranche und daran, welch dunkle Wolken sich da zusammenbrauen. – Nun, die Kurzarbeit wird vermehrt kom­men.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Schluss, den ich daraus ziehe, ist: Die Rahmenbedingungen werden nicht besser, sie werden schlechter, und die Politik würde gut daran tun, einen Solidarbeitrag zu leisten. Josef Bucher und sein Team wären dazu bereit. (Beifall beim BZÖ.)

15.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


15.48.07

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Ich kann das, was Herr Kollege Wittmann von der SPÖ hier gesagt hat, nicht so stehen lassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 140

Herr Kollege Wittmann, Sie wissen genau, dass wir bei den 2 Millionen € Budget, die unser Klub erhält, alles tutti quanti, nicht mitgestimmt haben, weil wir ganz klar gesagt haben (Zwischenrufe bei der SPÖ) – jetzt hören Sie mir einmal genau zu! –, legen wir die Klubförderung in allen Klubs neu zusammen, berechnen wir alles neu, und dann muss man keinen Euro mehr in die Hand nehmen, jeder bekommt etwas weniger und alle können gut leben. Wir sind nach wie vor 183 Abgeordnete, und da könnten wir es neu aufteilen. Das wäre ein Spargedanke. Das hätten Sie machen können. Hätten Sie unseren Vorschlag aufgenommen, dann hätten Sie hier nicht von Verlogenheit und was weiß ich was reden müssen, denn diese Verlogenheit legen Sie selbst an den Tag.

Eines muss ich Ihnen auch noch sagen, meine Damen und Herren, Sie haben mir vorgeworfen, dass die Kollegen des Team Stronach gekaufte Abgeordnete sind. Legen Sie einen Beweis vor! Hier unter dem Schutz der Immunität trauen Sie sich, das zu sagen. Sie können keine Beweise vorlegen. Machen Sie das zuerst, dann können Sie das behaupten. Das, was Sie machen, ist unredlich, das ist beschämend und Abschaum. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Und noch etwas: Wenn hier jemand Lobbying betreibt, Herr Kollege Wittmann, dann ist das nicht Herr Stronach, sondern die Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer, Raiffeisen, ÖGB, AK, ÖAAB, Bauernbund und so weiter. Das ist die Wahrheit. Und der Herr Androsch gehört noch dazu. (Beifall beim Team Stronach.)

15.49

15.49.40*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Für den Vorwurf der Verlogenheit erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf, Herr Abgeordneter Hagen.

*****

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache. – Bitte. (Abg. Strache begibt sich unter dem Beifall von Abgeordneten der FPÖ zum Rednerpult.)

 


15.50.07

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrte Dame und sehr geehrter Herr auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Öllinger, ich verstehe, dass Sie frustriert sind. Jetzt war der Parteitag der Grünen. Dort sind Sie durchgefallen und sind nicht mehr in der Erwartungshaltung, in Zukunft hier im Hohen Haus zu sitzen, und müssen sich dann in der Privatwirtschaft umschauen. Ich verstehe schon, dass jemand, der eigentlich wahrscheinlich in der Praxis nie einen Beruf ausgeübt hat (Abg. Öllinger: Schon länger als Sie!), außer hier im Parlament zu sitzen, natürlich da eine große Nervosität an den Tag legt. Keine Frage. Ich verstehe auch Ihren Frust.

Aber wenn es um Sauberkeit und Selbstbeschränkung geht, dann sind Sie von Rot, Schwarz und Grün heute wieder einmal ein Paradebeispiel dafür, dass Sie dort, wo Sie die Gelegenheit hätten, nicht bei sich selbst zu beginnen. (Beifall bei der FPÖ.) Und das ist genau der entscheidende Punkt.

Sie von Rot, Schwarz und Grün reden von Sauberkeit und Selbstbeschränkung, aber Sie sind die Ersten, die hergehen und auf dem Rücken und auf Kosten der eigenen Bevölkerung über 20 Milliarden € an österreichischen Steuergeldern für die Bank­speku­lanten im Bereich einer ESM-Schuldenhaftungsübernahme bereitstellen. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 141

Sie von Rot, Schwarz und Grün vertreten die Interessen der Bankspekulanten auf dem Rücken der eigenen Bevölkerung, die belastet wird. Es waren auch Sie von Rot, Schwarz und Grün – auch die Grünen wieder –, die Sie gegen die eigene Bevölkerung gerichtet bei der Erhöhung der Parteienförderung der Regierung die Mauer gemacht haben. Wer war denn da dabei? – Die Grünen! Wie ein Soletti immer dabei.

Aber dann stellen Sie sich heraus und versuchen hier, völlig andere Bilder zu zeichnen. Ich meine, da kann doch jeder Österreicher, der da zuschaut und die Realität kennt, wahrnehmen, wie falsch und unehrlich Sie in dieser Frage agieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Da geht es um eine Erhöhung der Politikergehälter, wo ein Nationalratsabgeordneter heute über 8 300 € brutto Monatsgage kassiert, ein Klubobmann noch wesentlich mehr, bis hin zum Bundeskanzler, dessen Gage in Richtung 20 000 € pro Monat geht. Das bedeutet, dass dann ein Bundeskanzler aufgrund der Erhöhung, die Sie heute beschließen, im Monat um 367 € mehr verdient und ein Herr Bundespräsident um 411 € mehr pro Monat hat. Davon müssen manche Mindestpensionisten leben, das kann ja kein Mensch nachvollziehen.

Wo ist denn da die Solidarität mit der eigenen Bevölkerung (Beifall bei der FPÖ) in einer Zeit der Wirtschaftskrise, in einer Zeit, in der immer mehr arme Menschen ihr Leben fristen und sich die Lebenshaltungskosten nicht mehr leisten können, in der Lebensmittelpreise steigen, Strom-, Gaspreise durch Sie in Wien mit erhöht werden und die Kosten für die Bürger immer höher werden? Das ist Ihre Solidarität? Gehen Sie einmal mit gutem Beispiel voran und stimmen Sie heute gegen die Erhöhung! Das ist die Selbstbeschränkung und die Solidarität mit der eigenen Bevölkerung, um die es geht und woran Sie gemessen werden (Beifall bei der FPÖ), und nicht irgendwelche theoretischen Geschichten, gerne bei den anderen, aber nicht bei uns selbst. Bei uns selbst haben wir anzufangen!

Wenn wir von Solidarität reden, dann haben Sie in Zeiten, in denen Sie gerade gegen die Stimmen der Freiheitlichen die eigene Bevölkerung mit zig Milliarden Euro Schulden und Haftungen belasten, überhaupt nicht so unverschämt vorzugehen und Ihre Gage um 1,8 Prozent zu erhöhen. Das ist wirklich nicht anständig. Und das sehen die Menschen im Land auch so. (Beifall bei der FPÖ.) 

Da können Sie herumreden, wie Sie wollen: Das ist das, was überbleibt, das ist das, was die Pensionisten sehen, die ihr Leben fristen müssen und nur eine Erhöhung von 1,8 Prozent bekommen. Darunter sind Pensionisten, die wirklich nicht mehr wissen, wie sie Monat für Monat ihre Kosten decken können. Das können wir uns alle da im Hohen Haus gar nicht vorstellen, die wir eine wirklich hohe Gage bekommen, von der man gut leben kann, und überhaupt keinen Vergleich mit den Einkommen der Pensionisten haben. Das ist nicht sozial redlich und auch nicht anständig. Und deshalb werden wir hier nicht zustimmen.

Wer es mit Solidarität ernst meint, der sollte heute auch dem Beispiel der zwei Oppo­sitionsparteien, die dagegen stimmen, folgen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Öllinger: Was haben Sie bekommen? – Weitere Zwischenrufe.)

15.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


15.54.23

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Rechtspopulistische Rhetorik – die habe ich einfach satt, und ich kann Ihnen auch sagen, warum. Wir konnten uns jahrelang hier im


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 142

Haus anhören, wie Jörg Haider an der Spitze der Freiheitlichen Partei die gleichen Reden gehalten hat, die wir uns jetzt hier fast schon stundenlang anhören müssen.

Und was war, als dann die Regierungsbeteiligung war? – Ein Selbstbedienungsladen war das, Gegenstand von Justiz, Landeshypo, Karl-Heinz Grasser, als er damals noch bei den Freiheitlichen war, Bereicherung. Die Freiheitliche Partei hat damals alles, was sie im Anti-Privilegien-Kampf hier an dieser Stelle immer wieder von sich gegeben hat, gebrochen. Jedes dieser Argumente ist in sich zusammengebrochen. Und das muss man einmal feststellen. (Oh-Rufe bei der FPÖ.)

Daher glaubt Ihnen, Klubobmann Strache, niemand, was Sie jetzt sagen. Kein Mensch glaubt Ihnen das mehr, weil schon einmal einer Ihrer Vorgänger hier gestanden ist, das Gleiche gesagt hat, an der Macht war, an den Töpfen war, sich bereichert hat und alles gebrochen hat. Das war die Geschichte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wissen Sie, was ich auch nicht verstehe? – Das ist diese Selbstzerstörungsrhetorik. Sie sagen eigentlich in Wahrheit: Ich brauche keine Infrastruktur, ich brauche keine Parteienförderung, ich brauche keine Gehälter mehr für die Abgeordneten! – Hören Sie, das ist Ihre Arbeitsbasis! Sie haben sonst nichts anderes.

Somit unterscheiden Sie sich in einem gewissen Sinn vom Team Stronach. Wenn vom Team Stronach da heute jemand herauskommt, eine Rede hält und sagt, ich brauche das alles nicht, dann verstehe ich es, denn es ist fast immer wie eine Botschaft in den Medien: Und wieder ist eine Million aus Kanada eingetroffen. Jede Woche eine Million.

Wollen wir so ein Parlament haben, wo dann jeder in den Postkasten hineinschauen muss, ob irgendein Privatier, ein Milliardär, ein Geldsack das Geld hier anweist und dann die Abgeordneten in ihrer Rede zehnmal sagen müssen, Frank meint, Frank sagt, Frank will? Alles ist ver-frank-t da herinnen. Das kann ja wohl nicht das Ziel sein! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Ihr wart gegen das Spendenverbot!)

Der Hotelier Bucher lacht. Ist eh klar. Wenn ich ein Hotelier bin, was soll‘s? Dann komme ich heraus; wenn es schief rennt, dann haue ich mich ins Hotel und die Geschichte ist erledigt. Nein, reden wir einmal so offen. Wenn wir hier schon persönlich reden, dann tun wir das auch wirklich!

Wenn Abgeordneter Kickl hier herauskommt – was war denn die erste Presse­aus­sendung von Ihnen? Wenn wir heute persönlich reden, dann tun wir es eben. Ge­schwächelt haben Sie da. Vielleicht die 1,8 Prozent an die Pensionisten. – Werden wir schauen. Werden wir sehen. Da muss irgendwer das Pfeiferl im Klub in die Hand genommen haben und muss Sie dann zurückgepfiffen haben. – Das ist die Wahrheit. Sie haben es sich nämlich vorstellen können, heute zuzustimmen. Dann reden wir ganz offen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

In unzähligen Gesprächen zwischen den Fraktionen da herinnen machen wir Vergleiche mit dem Deutschen Bundestag. Verglichen mit dem Bundestag sind wir ein Provinzparlament, von der Ausstattung, von der Infrastruktur, von den Räumlichkeiten, von den Mitarbeitern, von allem her. Wie sollen wir da professionell die Interessen der Menschen vertreten, wenn wir hier so ausgestattet sind? (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn Sie sich dann herstellen, jeder in seiner Franziskanerkutte – und das ist eine Beleidigung für die Franziskaner –, und diese Nummer abziehen, dann muss ich sagen, das ist ungeheuerlich. Und ich finde, das kann man auch nicht mehr durchgehen lassen. Es muss dieser Opportunismus auch teilweise von uns aufhören. Man muss dagegenhalten. Man kann sich das nicht mehr gefallen lassen. Und man


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 143

muss sagen, jawohl, da wird gearbeitet. Seit wir in der EU sind, haben wir mehr zu arbeiten. Seit das ein Arbeitsparlament ist, haben wir mehr zu tun. In den sogenannten Urlaubstagen haben wir mehr zu arbeiten. Es wird hier mehr gearbeitet. Dann stellt man sich gefälligst aber heraus und sagt das! Und es sollte sich nicht jeder mit einem schuldbewussten Blick entschuldigen, dass er Abgeordneter ist. Das ist doch lächer­lich. (Lebhafter Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)

15.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Ing. Lugar.)

 


15.59.08

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Frau Präsident! Hohes Haus! (Wei­tere Zwischenrufe. – Abg. Dr. Bartenstein: Wann kommt die dritte Million? Sagen Sie uns das!) – Ich habe Zeit. Ich würde mich wirklich dafür interessieren, Herr Cap, was Sie jetzt genau Frank Stronach vorwerfen.

Werfen Sie Frank Stronach vor, dass er sein eigenes Geld nimmt – sein eigenes Geld –, um hier in Österreich Politik zu machen, wo Sie doch seit Jahrzehnten das Geld des Steuerzahlers verwenden, um Politik zu machen? (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich frage mich: Ist das schlecht, wenn jemand kommt und sein eigenes Geld nimmt, um etwas zu bewegen? Ist das schlecht? – Wenn es schlecht ist, dann kann ich Ihnen nur eines sagen: Ich würde mir viele Frank Stronachs in Österreich wünschen, denn dann könnten wir einmal den Steuerzahler von all den Zuwendungen, die Sie sich hier selbst verordnen, entlasten. (Beifall beim Team Stronach.)  

Wenn Sie, Herr Cap, hier eine flammende Rede dafür halten, dass Abgeordnete ordentlich bezahlt werden sollen, dann sage ich: Ja, selbstverständlich müssen Abgeordnete ordentlich bezahlt werden, ordentlich bezahlt entsprechend der Leistung, die sie in diesem Hohen Haus erbringen.

Und noch etwas sage ich Ihnen, Herr Cap, wenn Sie hier eine flammende Rede zum Thema bessere Bezahlung für sich selbst und Ihre Kollegen halten: Ich frage mich wirklich, warum Sie diese flammende Rede nicht auch dafür halten, dass in diesem Haus endlich einmal etwas weitergeht, wenn wir uns die Probleme anschauen, die wir seit Jahrzehnten in diesem Haus vor uns herschieben. Ob das die Bildung ist, die Verwaltung, ob das die Pensionen sind, das sind Probleme, die wir seit Jahrzehnten vor uns herschieben.

Wenn wir schon von leistungsgerechter Bezahlung sprechen, dann sollten Sie, ehe Sie eine flammende Rede für eine Gehaltserhöhung halten, einmal über Leistung sprechen. Die Leistung in diesem Hohen Haus ist mangelhaft. Sie ist mangelhaft, und genau das ist der Punkt. Ich wäre überhaupt der Meinung, dass man alle unsere Gehälter so lange einfriert und auf ein Treuhandkonto überweist, bis die Damen und Herren in diesem Haus endlich dahin gehend übereinkommen, dass wir die Probleme dieses Landes lösen. Darum geht es nämlich letztendlich, es geht um die Probleme dieses Landes.

Herr Cap, ich verstehe Sie schon, Sie haben noch nie in der Privatwirtschaft gearbeitet. In der Privatwirtschaft ist es nämlich so, dass die erste Frage im Zusammenhang mit einer Gehaltserhöhung immer die ist: Was haben Sie denn geleistet, um diese Gehaltserhöhung zu verdienen? Die Antwort darauf fällt hier im Parlament leider negativ aus. Das Parlament leistet viel zu wenig, und deshalb ist aus meiner Sicht eine Gehaltserhöhung nicht in Ordnung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 144

Ich weiß, Sie von der ÖVP schütteln den Kopf (Abg. Dr. Bartenstein: Über Sie!), aber ich kann Ihnen eines sagen: Die Menschen sind unzufrieden mit unserer Leistung (Abg. Mag. Kogler: Was leisten Sie denn? Ihr komischer Klub ist noch nicht einmal gewählt worden – und Sie reden von Leistung?!) – ich nehme mich da selbst gar nicht aus –, die Menschen sind unzufrieden mit unserer Leistung, und ich nehme mich und die Opposition nicht aus. Wir müssen endlich alle zusammen an den Problemen dieses Landes arbeiten, Herr Cap! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich weiß, das ist witzig, was ich hier sage, aber genau das ist der Punkt. Ich weiß, dass Sie das als witzig empfinden, Herr Cap, wahnsinnig lustig, aber ich kann Ihnen eines versprechen: Wenn wir es schaffen, in den nächsten Jahren die wirklichen Probleme dieses Landes zu lösen, dann wird es auch kein Problem sein, unser Gehalt zu erhöhen, dann wird niemand etwas dagegen haben. (Abg. Mag. Gaßner: Welche Ihrer Leistungen war 1 Million wert?)

Sie haben auch den Unterschied zu Deutschland angesprochen. Die deutschen Abge­ordneten verdienen mehr als wir, das ist keine Frage. Sie haben auch eine bessere Infrastruktur und alles Mögliche mehr, aber die Zufriedenheit dort ist um einiges höher als bei uns – um einiges höher. Schauen Sie sich eine Diskussion im Deutschen Bundestag an, dann wissen Sie, warum! Dort gibt es eine Gesprächskultur, die hier leider fehlt.

Wenn Sie eine Gehaltserhöhung wollen, dann nehmen Sie sich an der Nase und hören Sie damit auf, eine neue Bewegung sofort zu verunglimpfen! Wir werden den Leistungsbeweis ohnehin antreten müssen. Letzten Endes wird dann der Bürger entscheiden, ob er das gut findet oder nicht.

Eines ist ganz sicher: Wir sind die Letzten, die jetzt hier in diesem Haus eine Gehalts­erhöhung akzeptieren werden, denn zuerst muss eine Leistung erbracht werden, und dann gibt es Geld, und nicht umgekehrt! – Vielen Dank. (Beifall beim Team Stronach. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

16.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Strache hat sich ein weiteres Mal zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.04.01

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr Staatssekretär auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Oberprivilegienritter dieses Hauses, Herr Klubobmann Cap, stellt sich hierher ans Rednerpult als Altpensionsbezieher, als jemand, der sich für das alte Pensionsmodell entschieden hat und monatlich satte 10 000 € Pensionsgage kassieren wird (Abg. Krainer: Falsch!), der sich mit seinen Parteigenossen wie Blecha und Androsch natürlich auf einer Ebene befindet, keine Frage. Das sind genau die sauberen SPÖ-Vertreter, die ehemalig vorbestraften, die heute noch in führenden Ebenen für die SPÖ Politik betreiben und Parteiprogramme formulieren und großartig Ratschläge geben. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist Ihre Sauberkeit und Ihre Abgrenzung zum Privilegientum, Herr Klubobmann Cap – und dann stellen Sie sich hierher und verbreiten Unwahrheiten! Wer hat denn einen Antrag für ein generelles Verbot von Spenden gegenüber Parteien einge­bracht? – Wir Freiheitlichen! Und wer hat ihn abgelehnt? – Ihre Partei, Herr Klubob­mann Cap, Ihre Partei! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie hätten die Chance gehabt – und das wäre gescheit gewesen –, ein generelles Spendenverbot für Parteien einzufordern, damit nicht wieder Hintertüren gebaut wer­den, damit man sich’s richten kann. Das wissen wir ja, wie das über die SPÖ-Vor-


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feldorganisationen und parteinahen Firmen in Wien seit Jahrzehnten sehr gerne gespielt wird und läuft.

Aber Sie gehen her und sagen: Die Freiheitliche Partei, pfui Teufel, was ist denn das für eine Partei!, und was weiß ich, was da immer wieder in den Raum gestellt wird. Also wir haben im Jahr 2005 einen Schnitt gemacht, wir haben eine Reinigung in der eigenen Partei herbeigeführt, eine saubere FPÖ aufgebaut. (Beifall bei der FPÖ.)

Kein einziger Mandatar, kein einziger Spitzenrepräsentant der FPÖ steht unter irgendeinem Korruptionsverdacht. Diese sind nämlich ganz woanders, sitzen in einer anderen Partei, weil sie alle – zum Glück – im Jahr 2005 von uns gegangen sind und wir einen Schnitt gemacht haben, der Ihnen noch bevorsteht, Herr Klubobmann Cap! (Abg. Dr. Wittmann: Wie schaut es mit der Abgeordneten Winter aus?) Sie sollten einmal in der SPÖ an diesem Schnitt arbeiten, aber nein, Sie trennen sich nicht einmal von ehemaligen Vorbestraften, die werden bis heute für Ihr Parteiprogramm und andere Bereiche herangezogen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Nur so viel dazu.

Herr Klubobmann Cap, Ihre Ausführungen vorhin waren sehr emotional. Das habe ich vermisst, diese Emotion hätte ich gerne erlebt, als diese Regierung die Reduktion der Familienbeihilfe, des Kindergeldes, des Pflegegeldes gegen die Stimmen von uns Freiheitlichen beschlossen hat. (Beifall bei der FPÖ.)

Damals hätte ich gerne Emotionen Ihrerseits gesehen, dass Sie sich dagegenstemmen und sagen, das kann man doch den Ärmsten der Armen in unserer Gesellschaft nicht zumuten. Aber wenn es um Ihr eigenes Gehalt geht, um das eigene Selbstwertgefühl, darum, dass ein Klubobmann, der 14 000 € im Monat verdient, noch einmal um 1,8 Prozent mehr bekommen soll, dann zeigen Sie Emotion. – Na gute Nacht!

Diese Politik, die Sie betreiben, hat sozialpolitisch längst abgedankt. Das ist das, was die Menschen zutiefst ablehnen und das nächste Mal auch abwählen werden, Herr Klubobmann Cap, da werden Sie schön schauen. (Beifall bei der FPÖ.)

Diejenigen, die sich jetzt hier herstellen und ihre eigenen Gagen erhöhen, sind die gleichen, die bei der Bevölkerung sparen, jede Aufklärung verhindern, indem sie Anträge von der Opposition für Untersuchungsausschüsse zur Klärung der Eurofighter-Gegengeschäfte oder im Zusammenhang mit der Hypo Alpe-Adria ablehnen. Diejenigen, die sich jetzt die Gage erhöhen, sind die gleichen, die diese Aufklärung verhin­dern und Untersuchungsausschüsse abdrehen. Das ist das Sittenbild Rot-Schwarz, aber auch grüner Helfer in diesem Spiel, das die Menschen klar und deutlich durchschauen. Da gehören diese drei schon zusammen – wir unterscheiden uns zum Glück deutlich von diesen drei Parteien! (Anhaltender Beifall bei der FPÖ.)

16.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Kopf hat sich zu Wort gemel­det. – Bitte.

 


16.07.54

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Dass es den Menschen in Österreich größtenteils gut geht, hat mehrere Ursachen. Das ist zunächst einmal das Verdienst der Leistung jedes und jeder Einzelnen in diesem Land, das ist aber auch das Ergebnis von Rahmenbedingungen, die in Österreich anerkannterweise besser sind als in den meisten anderen europäischen Ländern. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Zu diesen positiven Rahmenbedingungen gehören viele Dinge, für die wir hier herin­nen – mit unterschiedlichen Mehrheiten, aus unterschiedlichen Richtungen initiiert – mitverantwortlich sind, nicht allein, aber mitverantwortlich. Wir haben einen Teil davon durch unsere Entscheidungen selbst geschaffen.


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Dazu gehören Dinge wie die öffentliche Verwaltung. Glauben Sie mir, es gibt viele Firmen, die nicht bereit sind, in Ländern zu investieren, in denen man sich auf die Leistung der öffentlichen Verwaltung nicht verlassen kann, in denen man keine Rechtssicherheit hat und vieles andere mehr, in denen man sich auf politische Ent­scheidungen, auf Kontinuität politischer Entscheidungen nicht verlassen kann. Dort wird ungern investiert, und somit kann in solchen Ländern auch nicht jener Wohlstand entstehen, den wir uns, Gott sei Dank, geschaffen haben.

Meine Damen und Herren! Die Entscheidungen hier herinnen treffen wir – ob Oppo­sitions- oder Regierungsparteien sei dahingestellt –, die wir von den Menschen draußen gewählt worden sind; wie gesagt, ob für die ÖVP, für die SPÖ, für die anderen Parteien, das sei dahingestellt. Wir, jeder und jede von uns, sind von Menschen draußen gewählt worden, um für eine bestimmte Zeit Entscheidungen zu treffen, um diese Rahmenbedingungen so zu gestalten, wie sie in Österreich nun einmal sind. Und wir tun das, meine Damen und Herren, nach bestem Wissen und Gewissen! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Und so, wie kein Beamter es notwendig hat, so, wie kein Industriearbeiter, kein Mana­ger es notwendig hat, beflegelt zu werden oder für die Abgeltung ihrer Leistungen für nicht wert befunden zu werden (Abg. Kickl: Es gibt sicher welche, die es verdienen!), so haben es auch wir nicht nötig, uns beschimpfen zu lassen oder uns wechselseitig zu beschimpfen – das ist ja noch schlimmer – oder in Zweifel ziehen zu lassen, dass nicht jeder und jede von uns für das Geld, das wir dafür bekommen, auch den vollen Einsatz leistet, sich wirklich voll reinkniet, in der Regel sieben Tage in der Woche, und das alles noch unter Beobachtung der Öffentlichkeit. Das lassen wir nicht zu, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich weiß nicht, was Sie reitet, meine Damen und Herren von FPÖ, BZÖ und dem Team Stronach. (Abg. Kickl: Was hat Sie geritten letztes Jahr?) Ich weiß nicht, was Sie reitet, sich so selbstzerstörerisch diesem Haus gegenüber, auch der Würde dieses Hauses gegenüber und der Aufgabe, die wir zu erledigen haben, gegenüber, sich so schäbig und so billig und so populistisch und opportunistisch irgendeiner Stammtisch­meinung gegenüber zu verhalten. (Abg. Kickl: Wie war denn das bei Ihnen in den letzten Jahren?) Sie schaden sich damit letzten Endes auch selbst. Merken Sie denn das nicht? (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich habe nach vier Jahren Verzicht auf jede Erhöhung der Bezüge der Politiker über­haupt kein Problem damit, mich vor meine Wählerinnen und Wähler zu stellen und ihnen zu erklären: Wir haben jetzt vier Jahre lang auf eine Erhöhung verzichtet, das war ein Solidaritätsakt, weil es wirklich schwierige Jahre waren, aber so kann es nicht weitergehen!

Die Pensionisten leisten ihren Beitrag, die Beamten leisten ihren Beitrag, ja – aber, meine Damen und Herren, wir müssen uns letztendlich – und so viel Selbstvertrauen müssen wir haben – auch hinstellen und sagen: Jawohl, wir leisten etwas für dieses Geld! Deshalb habe ich überhaupt kein Problem damit, diese 1,8-prozentige Erhöhung, die 1 Prozent unter der Inflationsrate liegt, jederzeit zu rechtfertigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Unsere Arbeit ist genauso wertvoll wie die vieler anderer Menschen, die in anderen Berufen arbeiten. Wir leisten sie letzten Endes, gewählt auf fünf Jahre, für die Menschen in diesem Land. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Abg. Ing. Lugar tritt ans Rednerpult in der Absicht, einen neuerlichen Debattenbeitrag zu leisten.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 147

Herr Klubobmann, gewisse Spielregeln sollten eingehalten werden. (Abg. Strache: Das war aber jetzt beim Klubobmann Kopf genauso!) – Ja, aber ich bitte, sich recht­zeitig zu Wort zu melden, noch bevor ich „Die Debatte ist geschlossen“ gesagt habe. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie können ja noch einmal eine Ermahnung aussprechen!)

Herr Klubobmann Lugar, Sie sind am Wort.

 


16.13.25

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (STRONACH): Ich werde es kurz machen.

Herr Kollege Kopf, Sie haben einen Eindruck hinterlassen, den ich zurechtrücken will. Es geht überhaupt nicht darum, dass ich die Arbeit eines Abgeordneten in irgendeiner Form geringschätze oder politisches Kleingeld wechseln will. Es geht um einen einzigen Punkt, den Sie anscheinend nicht so verstanden haben, wie ich ihn gesagt habe. Es geht darum: Wenn jemand zu mir kommt wegen einer Gehaltserhöhung, ist die erste Frage: Wie war die Leistung? Das ist die erste Frage. (Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Staatsverschuldung steigt – super Leistung!)

Schauen wir uns die letzten vier Jahre an, schauen wir uns vor allem an, mit welchen Versprechungen Sie in diese Legislaturperiode gegangen sind, auch Sie von der SPÖ, was alles auf der Reformagenda gestanden ist! Es hat eine lange Liste gegeben. Herr Lopatka, damals noch als Staatssekretär im Bundeskanzleramt in Amt und Würden, hat eine ganz lange Liste an Reformen gehabt, die wir in den vergangenen vier Jahren umsetzen wollten. Wenn man es jetzt ganz nüchtern betrachtet, muss man sagen, es ist praktisch nichts von dem umgesetzt worden. (Ruf bei der ÖVP: Du weißt ja nicht, wovon du redest!)

Das heißt, die Leistungen sind mangelhaft, und deshalb gibt es keine Gehaltser­höhung! Punkt. So sieht es aus. – Vielen Dank. (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

16.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


16.14.57

Abgeordneter Dieter Brosz, MSc (Grüne): Herr Klubobmann Lugar, ich darf die Debatte mit einer Frage an Sie beenden: Können Sie uns vielleicht erklären, welche Leistung Sie erbracht haben dafür, dass Sie jetzt 70 Prozent mehr Gehalt bekommen, seit Sie als Klubobmann des Klubs Stronach hier angetreten sind? (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP.)

16.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist  (Abg. Ing. Lugar verlässt seinen Sitzplatz und begibt sich neuerlich in Richtung Rednerpult.) – Herr Klubobmann Lugar, ich empfehle Ihnen, die Geschäftsordnung genau zu studieren, denn mehr als zwei Wortmeldungen pro Debatte sind für keinen Redner möglich, und Sie haben bereits zweimal das Wort ergriffen. (Abg. Mag. Kogler: Er könnte ja eine tatsächliche Bestäti­gung machen!)

Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 14: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz über die Begrenzung von


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Bezügen öffentlicher Funktionäre und das Bundesbezügegesetz geändert werden, in 2058 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungs­antrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Ge­setzentwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf sowie der erwähnte Abänderungsantrag eine Verfas­sungsbestimmung enthalten, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfas­sungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Die Abgeordneten Neubauer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag eingebracht, der Änderungen in Artikel 1 und 2 zum Inhalt hat.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich ange­nommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 15: Antrag des Verfas­sungsausschusses, seinen Bericht 2059 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 16: Antrag des Verfassungs­ausschusses, seinen Bericht 2060 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 17: Antrag des Verfassungs­ausschusses, seinen Bericht 2061 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


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Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 18: Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 2062 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

16.20.01 Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommen wir zur verlegten Abstimmung über Tagesordnungspunkt 12: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bun­desgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes erlassen wird, in 2057 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner liegt eine vom Berichterstatter vorgebrachte Druckfehlerberichtigung vor.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes unter Berücksichtigung der Druckfehlerberichtigung abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Wittmann, Mag. Gerstl, Kolleginnen und Kollegen betreffend §§ 14 und 21.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes unter Berücksichtigung der vom Berichterstatter vorgebrachten Druckfehler­berichtigung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

16.21.3319. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (2003 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehalts­ge­setz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schaftsdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forst­wirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrver­pflich­tungs­gesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensions­ge­setz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Ka­renz­gesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Dienstrechtsverfahrens­gesetz 1984, das Auslandszulagen- und ‑hilfeleistungsgesetz, das Prüfungs­taxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen, das Bundes-Bediensteten­schutzgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden und das Karenz­urlaubsgeldgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2012) (2052 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 150

20. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1909/A(E) der Abgeord­neten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Stärkung der Transparenz sowie Stärkung der Rechte der Beschwerdeführer bei Dis­ziplinar­verhandlungen (2053 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1872/A der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Richter- und Staatsanwaltschafts­dienstgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (2054 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 1705/A der Abgeordneten Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 27. Juni 1979 über das Dienstrecht der Beamten (Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 – BDG 1979) geändert wird (2055 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 930/A(E) der Abgeord­neten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streikverbot für den öffentlichen Dienst (2056 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. – Bitte.

 


16.22.55

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich beschäftige mich ausschließlich mit dem anlässlich der Dienstrechts-Novelle im Ausschuss beschlossenen § 312a des Strafgesetzbuches und darf die kritischen, aus meiner Betrachtung und Überlegung nicht hinreichend analysierten Konsequenzen dieser Bestimmung aufzeigen.

Es handelt sich dabei sozusagen um eine dem Dienstrecht praktischerweise angehängte Novelle des Strafgesetzbuches, wobei vorweg die kritische Haltung einzunehmen ist, dass von der sachlichen Konsistenz der Justizausschuss die richtige Stelle gewesen wäre – aber bitte.

Die Geschichte dieses neuen Paragraphen besteht in einem vermuteten Umset­zungszwang aus der UN-Folterrechtskonvention, die – wie ich im Ausschuss auch schon gesagt habe – aus der rechtsbegründenden und rechtskulturbegründenden Ebene des angloamerikanischen Rechtskreises stammt und die mit den kontinental­europäischen und zumal auch österreichischen Entstehungsgeschichten und Vor­stellungen überhaupt nicht zusammenpasst. Ich werde aus der Sicht eines Rechts­anwaltes und gelegentlichen Strafverteidigers der Wirklichkeit der Bestimmung mit einem gewissen Vergnügen entgegensehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 151

Wer ist nämlich künftig das Objekt, welches als Täter in Frage kommt, unter anderem also ein Amtsträger? – „Wer () einer anderen Person, insbesondere um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem auf Diskriminierung beruhenden Grund große () Schmerzen () zufügt“  – Das kürze ich ab.

Den zweiten Satz könnte man ja ohne Problem hinnehmen, aber ich weise darauf hin, dass ab morgen ein Amtsleiter – sei es bei einer Verwaltungsbehörde oder bei Gericht –, der einem mutmaßlichen Täter aufzeigt, dass bei mangelndem Geständnis eine höhere Strafe zu erwarten sei, jedenfalls objektiv den Tatbestand verwirklicht und offenkundig auch die subjektive Tatseite damit einhergeht, daher die Erfüllung des Tatbildes und des Tatbestandes nach § 312a StGB zu erwarten ist.

Ich habe im Ausschuss auch aufgezeigt, dass es inhaltlich und sachlich damit zusam­menhängend betrachtet werden muss, ob man nicht im Strafrecht den Milderungs­grund – den wichtigsten Milderungsgrund – des sogenannten reumütigen Geständnis­ses als Gebot der Selbstbezichtigung abzuschaffen hätte. Dass das eine sehr massive Verwürfelung des österreichischen Rechtssystems nach sich zieht, sei am Rande erwähnt.

Abgesehen von den Argumenten, die Kollege Herbert noch vorbringen wird, wird das eine äußerst massive Verunsicherung des gesamten Dienstpersonals der Polizei nach sich ziehen (Beifall bei der FPÖ), das sich ab morgen täglich fürchten muss, eine Einvernahme durchzuführen, weil jeder halbwegs „gewitzte Delinquent“ – das sage ich jetzt natürlich unter Anführungszeichen – diesen Paragraph schnell auswendig können wird und die vorformulierten Blätter auf Strafanzeige gegen einen Polizisten, der ihn einzuschüchtern versucht hat (Abg. Mayerhofer:  Kreuzerl-Anzeige!), weil er ihn zu einem Geständnis einer mutmaßlich geführten Tat verleiten wollte, parat haben wird.

Also diese Bestimmung, die offenkundig eine Übersetzung der inhaltlichen Ausformung der UNO-Folterrechtskonvention darstellt, ohne sie in passender Form auf die öster­reichischen Rechtsgegebenheiten zu transformieren – und das noch dazu als hohes Gut einer menschenrechtlichen Erneuerung zu zelebrieren –, ist ein funda­mental falscher Weg. Ich prophezeie ein erhebliches Maß an Atrozitäten, das aus der Ver­wirklichung dieser Bestimmung entsprießen wird. Viel Vergnügen allen Amts­trägern! – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

16.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Pendl zu Wort. – Bitte.

 


16.28.23

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie sich eine Gesellschaft entfalten kann, wie sie leben kann, wo Standortsicherheit für die Wirtschaft ist, das ist in Wirklichkeit alles eine Frage dessen, wie der öffentliche Dienst ausgestattet ist und welche Qualität er erbringt.

Ich glaube, dass es gute Usance und lange Tradition ist, dass man sich bei einer Dienstrechts-Novelle bei unseren öffentlich Bediensteten ganz einfach auch bedankt. (Beifall der Abgeordneten Neugebauer und Franz.) Stellvertretend für alle bedanke ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Parlamentsdirektion, aber natürlich auch bei der zuständigen Sektion im Bundeskanzleramt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 152

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie seit Jahrzehnten gibt es hier also auch eine Einigung der Sozialpartner. Wir haben über diese BDG-Novelle oder Dienstrechts-Novelle, wie wir immer zu sagen pflegen, ja auch im Ausschuss diskutiert. Ich möchte aber aus zeitökonomischen Gründen, damit ich keine Zeitprobleme bekomme, gleich zu Beginn einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Pendl, Neugebauer zur Dienstrechts-Novelle einbringen.

Ich darf diesen Abänderungsantrag in seinen wichtigsten, wesentlichsten Punkten erläutern. Es geht dabei um die Ausdehnung des Anspruchs auf Pflegeurlaub für eigene Kinder auch bei getrennten Haushalten, um die Erweiterung beziehungsweise Klarstellung des Anspruches auf Pflegefreistellung zur Begleitung von Kindern in Krankenhäuser bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres sowie um die Klarstellung, dass diese Ansprüche auch für eingetragene PartnerInnen gelten und um diverse redaktionelle Änderungen.

Frau Präsidentin, das sind die wesentlichen Punkte. Ich gehe davon aus bezie­hungsweise ich weiß, dass der Abänderungsantrag auch verteilt wird, darum kann ich mich auf die wesentlichen Punkte beschränken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lade Sie ein – weil im Vorfeld dieser BDG-Novelle immer wieder die Frage der Außerdienststellung oder Suspendierung aufgetaucht ist –: Bleiben wir bei einer korrekten Diskussion und einer korrekten Feststellung!

Das kann jetzt jederzeit die Dienstbehörde entscheiden – altes Recht, geltendes Recht –, daher ist die ganze Aufregung in Wirklichkeit eine künstliche. Wir haben auch versucht, das immer wieder klarzustellen. Ich glaube, es war aber auch richtig, dass im Ausschuss alle Fraktionen gesagt haben, bei jenen Punkten, die die Missbrauchs­punkte sind, sind wir uns ja immer einig gewesen. Das waren – wie ich zu sagen pflege, unter Anführungszeichen gesprochen – diese etwas „haarigen“, kritischen Punkte, aber ich denke, wir brauchen nicht nur für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch für die Bevölkerung Klarheit darüber, was wir gemeinsam – sowohl die Politik als auch der Dienstgeber und die Interessenvertretung – als noch vertretbar oder nicht mehr vertretbar ansehen. Daher war es zeitgemäß und richtig, dass wir diese Materie, auch wenn sie heikel ist, klar regeln.

Ich meine, das Wichtigste neben dem Procedere ist, dass auch klargestellt ist, was noch duldbar ist, was nicht duldbar ist – ich rede gar nicht davon, was strafbar ist –, dass wir Klarheit in diesen Bereichen haben, denn es tut dem öffentlichen Dienst als Ganzem gut, wenn wir für alle erkennbar klare Spielregeln haben.

Das ist wirklich die einzige heikle Materie, die positiven Punkte werden sicher alle anderen noch ansprechen, aber es war mir wichtig, Folgendes festzuhalten: Ob man das jetzt im geltenden Recht anlassbezogen macht oder nach einer rechtskräftigen Anklage automatisch, das ist kein Unterschied, das ist so. Daher lade ich Sie ein, dass wir diese wichtige Frage gemeinsam so sehen, gemeinsam vertreten, und ich lade Sie zur Beschlussfassung sehr herzlich ein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Pendl, Neugebauer wurde in seinen Kernelementen erläutert, ist ausreichend unter­stützt, steht mit in Verhandlung und wird zur Verteilung gebracht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 153

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pendl, Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses (2052 d.B.) betreffend die Regierungsvorlage (2003 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwalt­schafts­dienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpen­sionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Bundes-Personalvertretungs­gesetz, das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, das Auslandszulagen- und –hilfe­leistungsgesetz, das Prüfungstaxengesetz – Schulen/Pädagogische Hochschulen, das Bundes- Bedienstetenschutzgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden und das Karenzurlaubsgeldgesetz aufgehoben wird (Dienstrechts-Novelle 2012)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 werden nach Z 15 folgende Z 15a bis 15c eingefügt:

„15a. In § 76 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 4 Z 2 wird die Wortfolge „in Lebensgemeinschaft lebt“ jeweils durch die Wortfolge „in Lebensgemeinschaft oder eingetragener Partnerschaft lebt“ ersetzt.

15b. In § 76 Abs. 1 wird am Ende der Z 2 der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 3 angefügt:

„3. wegen der Begleitung seines erkrankten Kindes, Wahl- oder Pflegekindes, Stief­kindes oder des Kindes der Person, mit der er in Lebensgemeinschaft oder ein­getragener Partnerschaft lebt, bei einem stationären Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt, sofern das Kind das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“

15c. § 76 Abs. 10 lautet:

„(10) Im Fall der notwendigen Pflege ihres oder seines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) hat auch jene Beamtin oder jener Beamte Anspruch auf Pflegefrei­stellung nach Abs. 1 Z 1, Abs. 4 und 8, die oder der nicht mit ihrem oder seinem erkrankten Kind (Wahl- oder Pflegekind) im gemeinsamen Haushalt lebt.““

2. In Art. 1 Z 56 lautet § 135a samt Überschrift:

„Senatsentscheidungen

§ 135a. (1) In Angelegenheiten des § 15a, des § 20 Abs. 1 Z 2, des § 38, des § 40 und des § 41 Abs. 2 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen.

(2) In Angelegenheiten des § 14 hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch einen Senat zu erfolgen, wenn die Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen erfolgt ist.

(3) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat weiters durch einen Senat zu erfolgen, wenn


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 154

1. gegen ein Erkenntnis, mit dem die Disziplinarstrafe der Entlassung oder der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche verhängt wurde, Beschwerde erhoben wurde oder

2. die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat.“

3. In Art. 3 werden nach Z 15 folgende Z 15a bis 15c eingefügt:

„15a. In § 29f Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 4 Z 2 wird die Wortfolge „in Lebens­gemeinschaft lebt“ jeweils durch die Wortfolge „in Lebensgemeinschaft oder ein­getra­gener Partnerschaft lebt“ ersetzt.

15b. In § 29f Abs. 1 wird am Ende der Z 2 der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 3 angefügt:

„3. wegen der Begleitung seines erkrankten Kindes, Wahl- oder Pflegekindes, Stiefkin­des oder des Kindes der Person, mit der er in Lebensgemeinschaft oder eingetragener Partnerschaft lebt, bei einem stationären Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt, sofern das Kind das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“

15c. § 29f Abs. 9 lautet:

„(9) Im Fall der notwendigen Pflege ihres oder seines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) hat auch jene Vertragsbedienstete oder jener Vertragsbediensteter Anspruch auf Pflegefreistellung nach Abs. 1 Z 1, Abs. 4 und 7, die oder der nicht mit ihrem oder seinem erkrankten Kind (Wahl- oder Pflegekind) im gemeinsamen Haushalt lebt.““

4. In Art. 4 werden nach Z 6 folgende Z 6a bis 6c eingefügt:

„6a. In § 75c Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 4 Z 2 wird die Wortfolge „in Lebens­gemeinschaft lebt“ jeweils durch die Wortfolge „in Lebensgemeinschaft oder einge­tragener Partnerschaft lebt“ ersetzt.

6b. In § 75c Abs. 1 wird am Ende der Z 2 der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 3 angefügt:

„3. wegen der Begleitung seines erkrankten Kindes, Wahl- oder Pflegekindes, Stief­kindes oder des Kindes der Person, mit der er in Lebensgemeinschaft oder eingetra­gener Partnerschaft lebt, bei einem stationären Aufenthalt in einer Heil- und Pflege­anstalt, sofern das Kind das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“

6c. § 75c Abs. 7 lautet:

„(7) Im Fall der notwendigen Pflege ihres oder seines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) hat auch jene Richterin oder jener Richter Anspruch auf Pflegefrei­stellung nach Abs. 1 Z 1, Abs. 4 und 5, die oder der nicht mit ihrem oder seinem erkrankten Kind (Wahl- oder Pflegekind) im gemeinsamen Haushalt lebt.““

5. In Art. 5 werden nach Z 10 folgende Z 10a bis 10c eingefügt:

„10a. In § 59 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 4 Z 2 wird die Wortfolge „in Lebens­gemeinschaft lebt“ jeweils durch die Wortfolge „in Lebensgemeinschaft oder einge­tragener Partnerschaft lebt“ ersetzt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 155

10b. In § 59 Abs. 1 wird am Ende der Z 2 der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 3 angefügt:

„3. wegen der Begleitung seines erkrankten Kindes, Wahl- oder Pflegekindes, Stief­kindes oder des Kindes der Person, mit der er in Lebensgemeinschaft oder eingetra­gener Partnerschaft lebt, bei einem stationären Aufenthalt in einer Heil- und Pflege­anstalt, sofern das Kind das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“

10c. In § 59 enthält der zweite Abs. 10 die Bezeichnung (11) und lautet:

„(11) Im Fall der notwendigen Pflege ihres oder seines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) hat auch jene Landeslehrerin oder jener Landeslehrer Anspruch auf Pflegefreistellung nach Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, die oder der nicht mit ihrem oder seinem erkrankten Kind (Wahl- oder Pflegekind) im gemeinsamen Haushalt lebt.““

6. In Art. 6 werden nach Z 10 folgende Z 10a bis 10c eingefügt:

„10a. In § 66 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 4 Z 2 wird die Wortfolge „in Lebens­gemeinschaft lebt“ jeweils durch die Wortfolge „in Lebensgemeinschaft oder einge­tragener Partnerschaft lebt“ ersetzt.

10b. In § 66 Abs. 1 wird am Ende der Z 2 der Punkt durch das Wort „oder“ ersetzt und folgende Z 3 angefügt:

„3. wegen der Begleitung seines erkrankten Kindes, Wahl- oder Pflegekindes, Stief­kindes oder des Kindes der Person, mit der er in Lebensgemeinschaft oder einge­tragener Partnerschaft lebt, bei einem stationären Aufenthalt in einer Heil- und Pflege­anstalt, sofern das Kind das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.“

10c. § 66 Abs. 5 lautet:

„(5) Im Fall der notwendigen Pflege ihres oder seines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes) hat auch jene Lehrerin oder jener Lehrer Anspruch auf Pflegefreistellung nach Abs. 1 Z 1 und Abs. 4, die oder der nicht mit ihrem oder seinem erkrankten Kind (Wahl- oder Pflegekind) im gemeinsamen Haushalt lebt.““

Begründung

Zu Art. 1 (Änderung des BDG 1979):

Zu Z 1 (§ 76 Abs. 1 Z 1 und 2, Abs. 4 Z 2 und Abs. 10):

Für Kinder der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners bestand bisher nur ein Anspruch auf Pflegefreistellung, wenn kein Elternteil zur Verfügung stand. Nunmehr soll diese Voraussetzung entfallen und damit den verschiedenen Familienformen besser Rechnung getragen werden. Dem Wohl des Kindes entsprechend - und auch der Verpflichtung der Eltern sich um das Kind zu kümmern -, soll ein Anspruch auf Pflegefreistellung für das Kind (oder das Wahl- oder Pflegekind) bestehen, selbst wenn kein gemeinsamer Haushalt vorliegt.

Nach einer strengen Wortlautinterpretation haben Eltern bei einem Krankenhaus­auf­enthalt ihres Kindes keinen Anspruch auf Pflegefreistellung. Es kann aber durchaus sein, dass die psychische Betreuung des Kindes durch die Eltern erforderlich ist und damit sehr wohl wiederum ein Anspruch auf Pflegefreistellung besteht. Aus Gründen


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der Rechtssicherheit und aus sozialpolitischen Gründen wird daher ein ausdrücklicher Anspruch auf Pflegefreistellung normiert.

Zu Z 2 (§ 135a):

In Disziplinarverfahren wurden schon bisher die Entscheidungen durch Senate getrof­fen. Dies soll weiterhin für alle Beschwerdeverfahren gelten, in denen die Dis­ziplinar­strafe der Entlassung oder des Verlustes aller aus dem Dienstverhältnis fließen­den Rechte und Ansprüche verhängt werden kann.

Zu Art. 3, 4, 5 und 6 (Änderung des VBG, RStDG, LDG 1984 und LLDG 1985):

Siehe die Begründung zu Art. 1 Z 1.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


16.33.10

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Wir werden dieser Dienstrechts-Novelle nicht zustimmen, obwohl sie einige Punkte enthält, die auch wir für gut befinden. Ich nenne nur das Beispiel „Papa-Monat“ oder – wie es im Gesetzestext heißt – Frühkarenzurlaub, also die Möglichkeit für Väter, nach der Geburt eines Kindes einen Monat zu Hause zu bleiben.

Bisher gab es das Kriterium, dass das nur möglich ist, wenn dem dienstliche Hinder­nisse nicht entgegenstehen. Wir haben auch öfter darüber diskutiert, dass wir – wahrscheinlich nicht nur ich, sondern auch Sie und andere – zahlreiche Zuschriften bekommen haben, dass dann eben von Vorgesetzten oft diese dienstlichen Hinder­nisse ins Treffen geführt wurden und die Väter nicht in den „Papa-Monat“ gehen konnten. Das entfällt jetzt, wiewohl der „Papa-Monat“ noch immer nicht so ist, wie wir es uns vorstellen, nämlich bei vollen Bezügen. Das bedeutet, dass es sich nicht alle leisten können, diesen „Papa-Monat“ zu nehmen, weil es für manche Familien – vor allem Jungfamilien, bei Familiengründung – einfach nicht leistbar ist, für einen Monat auf ein Einkommen zu verzichten.

Des Weiteren hat es bezüglich der Frage, die wir im Ausschuss diskutiert haben, nämlich dass es in dieser Dienstrechts-Novelle nach wie vor einige diskriminierende Punkte gibt, was die eingetragenen Partnerschaften betrifft, jetzt mit dem Abän­derungs­antrag natürlich eine Abmilderung gegeben, aber es gibt noch immer offene Punkte, und auch das ist aus unserer Sicht ein Punkt, der nicht zufriedenstellend ist.

Was mich persönlich aber am meisten stört – und ich habe das heute auch schon im Rahmen der Diskussion zur Verwaltungsgerichtsbarkeit gesagt –, betrifft die Richter, nämlich die Frage, wie denn die Verwaltungsrichter, die künftig am Bundes­verwal­tungsgericht arbeiten werden, eingestuft werden.

Wir hatten vor und haben das mit allen fünf Parteien ganz klar im Konsens so ausdiskutiert, dass diese Verwaltungsgerichte die gleiche Wertigkeit haben müssen wie die ordentliche Gerichtsbarkeit, daher auch die Voraussetzungen für die Personen, die dort arbeiten, ähnlich sein müssen, dass es auch ein gemeinsames Dienstrecht über die Länder hinweg gibt. Da ist man dran, das haben wir auch in einer Ent­schließung niedergelegt.

Dass die Verwaltungsrichter dann aber niedriger eingestuft werden als die Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die unseres Erachtens von den Instanzen her die gleiche Stufe haben, nämlich die OLG-Richter, das ist eben kein Signal Richtung Gleich-


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berechtigung oder Richtung Gleichwertigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das ist für uns ein gravierender Punkt, dessentwegen wir unter anderem dieser Dienstrechts-Novelle nicht zustimmen werden. (Beifall bei den Grünen.)

16.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.

 


16.36.03

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist schon angesprochen worden, diese neue Dienstrechts-Novelle umfasst viele Punkte, umfasst für mich auch sehr viele positive Punkte, und auf einige darf ich eingehen.

Frau Kollegin Musiol hat den „Papa-Monat“ schon entsprechend erläutert. Ich begrüße diesen einfacheren Zugang, der mit dieser Novelle geschaffen wurde, auch dass es mit diesem Abänderungsantrag zu einer Ausweitung der Pflegefreistellung kommt. Im Sinne der Verwaltungseffizienz sind die organisatorischen Erleichterungen, die in diesem Gesetz drinnen sind, sehr positiv zu sehen, und mich freut es auch, dass es eine Verbesserung bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle gibt.

Ein Thema, das auch in dieser Novelle entsprechend verankert ist und das uns in Zu­kunft ja verstärkt treffen wird, sind Maßnahmen, die aufgrund der Verwaltungsgerichts­barkeits-Novelle entstehen.

Ein meiner Meinung nach wichtiger Punkt, den ich noch ansprechen möchte, ist die Ex-lege-Auflösung des Dienstverhältnisses bei besonders schwerwiegenden Delikten. Das heißt also, wer rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs, Vergewaltigung oder einer anderen vorsätzlichen Sexualstraftat verurteilt wird, muss künftig den Bundesdienst verlassen. Die gleiche Konsequenz hat auch eine Verurteilung wegen Quälens oder Vernachlässigens unmündiger und wehrloser Personen oder eines Gefangenen sowie wegen Folter.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin Beamter, und ich sehe selbstverständlich die besondere Verantwortung auch im Hinblick auf die angesprochenen Delikte und die Folgen daraus. Ich sage aber auch ganz klar, dass es zu keinen ungerechtfertigten Benachteiligungen kommen darf.

Sehr geehrte Damen und Herren! Öffentlich Bedienstete leisten in vielen Bereichen eine wesentliche und sehr, sehr gute Arbeit in unserem Staat. Ich danke dafür sehr herzlich. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Pendl.)

16.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Windholz. – Bitte.

 


16.38.22

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die BDG-Novelle ist für uns natürlich immer Anlass, darauf hinzuweisen, dass wir schon seit Jahren für eine Totalreform des öffentlichen Dienstes, eine schlanke Verwaltung und einen Modernisierungsschub eintreten. Diese BDG-Novelle lässt uns erneut den Schluss ziehen, dass das nicht gewollt und nicht gewünscht ist.

Ich darf gleich zu Beginn auf die Perspektiven des öffentlichen Dienstes eingehen – Frau Bundesministerin, von Ihnen wurde das in Form eines Beiratsberichts gemacht. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Er sagt, eine gute Unterlage. Herr Kollege, wenn diese


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gute Unterlage sogar von euch kommt, dann müsste man sagen, das sollte man auch umsetzen. (Zwischenruf des Abg. Pendl.)

Ich zitiere jetzt zwei Dinge daraus: „Bei gleichbleibendem Lebenseinkommen höhere Einstiegsgehälter bei flacheren Gehaltsanstiegen“. – Na bravo, das haben wir gefor­dert – der Präsident nickt auch –, aber ihr macht es nicht! Ihr bringt nichts zusammen! Gut Ding braucht Weile – das ist der Standardsatz seit Jahrzehnten.

Oder: „Eine einheitliche Rechtsform im Dienstrecht erleichtert die Personaladminis­tration für die ‚Bundes-, Landes- und Gemeindeangestellten‘.“ – Frau Bundesminis­terin, vielleicht erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungswerten, wie es Ihnen mit Ihren sieben Thesen in den Bundesländern ergangen ist. Allzu ruhmreich war das nicht, was ich höre.

Klare Konsequenz daraus: Es gibt Dinge, die wären höchst erfreulich, würde man sie umsetzen – diese Bundesregierung von Rot und Schwarz schafft es nicht.

Immer wieder zitiere ich natürlich auch gerne den Präsidenten – Doppelpräsidenten, muss man sagen: Präsident der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Präsident in diesem Haus – Fritz Neugebauer. Er ist eigentlich Garant dafür, dass sich nur ja nichts ändert. Er wird uns dann wieder erzählen, was sich hier alles so super ändern wird. Ich sage Ihnen gleich: Die Suspendierung, die man da jetzt groß abgefeiert hat, die Entlas­sungsgründe bei bestimmten Strafrechtsdelikten, das ist Show, das ist das, was Sie uns beim vorigen Tagesordnungspunkt vorgeworfen haben, in Wirklichkeit ist das totes Recht. Ich werde Ihnen sagen, warum.

Bei einer rechtskräftigen Anklage kommt es zu einer automatischen Suspendierung. Aber, Herr Kollege, das Einzelorgan, der Disziplinarsenat entscheidet schon längst, bevor es noch zu einer Anklage kommt. (Bundesministerin Heinisch-Hosek: Noch besser!) – Noch besser?! Na bravo! Jetzt muss man sich fragen: Warum bringen Sie so etwas ein? Weil es einen Einzelfall gab! Das soll auch einmal vorkommen, dass sich jemand über Gebühr Zeit lässt. Und das wollen Sie jetzt groß abfeiern. (Abg. Mag. Wurm: Was heißt „abfeiern“?) Das ist totes Recht, sage ich Ihnen. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Pendl: Das musst du auch den anderen sagen, die sagen, das ist eine Ver­schärfung!)

Herr Kollege, bitte wiederhole das noch einmal! Du musst es den anderen sagen! Also pass auf, ihr seid in der Regierung: Sagt es ihnen selber! Wenn du zu Dienststellen kommst, wirst du gar niemanden finden, dem du das noch erklären kannst unter dem Begriff „Modernisierung/Verwaltungsvereinfachung“, denn es wird immer nur noch komplizierter.

Nun zur Entlassung. Die gibt es schon jetzt bei sechs Monaten unbedingt, und in Zu­kunft gibt es bestimme Strafrechtsfälle, die auch zur Entlassung führen. Ich habe überhaupt keine Sekunde Mitleid mit jemandem, wenn man ihn entlässt, weil er solche Straftaten, die jetzt in Diskussion stehen, begangen hat, allerdings, sage ich, man muss sich schon immer auch die Schwere dessen vorstellen, was das Delikt hergibt, und das führt natürlich im Urteil zu einer bestimmen Strafhöhe. Aber da bin ich strikt dagegen, dass das Gericht solche Dinge ausspricht, das sollte der Dienstgeber tun. (Demonstrativer Beifall des Abg. Mayerhofer.)

Wir haben da jetzt eine Vermischung, immer wieder werden Dinge auch vom Gericht ausgesetzt, und das ist von der Praxis her etwas, wo ich sage, der Dienstgeber hat zu entscheiden und er soll auch entscheiden. (Beifall beim BZÖ.)

Also, großer Wurf ist da keiner zu sehen, viel Show dabei, Fritz Neugebauer hat sich wieder voll durchgesetzt: Nur ja alles so belassen, wie es halt ist! Damit ist man bis jetzt gut gefahren, insbesondere in der ÖVP.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 159

Jetzt komme ich zu weiteren Anträgen. Der Antrag betreffend Streikverbot wurde von uns eingebracht, dazu ein klares Wort: Ich verstehe überhaupt nicht, dass man dem dermaßen ablehnend gegenübersteht, denn wir haben ja mit unserem Präsidenten schon die Wunderwaffe parat: Sollte dieses Streikverbot beschlossen werden, dann ruft Präsident Neugebauer aus: Dienst nach Vorschrift!

Ich darf gleich in Richtung Gewerkschaft Öffentlicher Dienst sagen, ich halte das wirklich für einen sehr, sehr schlechten Zugang, denn daraus leitet der Bürger üblicher­weise ab, dass es sonst keinen Dienst nach Vorschrift gibt. „Dienst nach Vorschrift“ ist eine schlechte Diktion und sollte man, wenn geht, ersetzen oder am besten gar nicht anwenden. Warum man sich so massiv gegen das Streikverbot wehrt, wird er uns aber dann selbst erklären.

Es gibt auch noch andere Anträge wie jenen betreffend Stärkung der Rechte von Beschwerdeführern bei Disziplinarverfahren oder betreffend Ermahnungen, mit denen, sage ich Ihnen, aus parteipolitischen Motiven, aus persönlichen Motiven oft auch Schindluder getrieben wird. Und was den Pensionssicherungsbeitrag betrifft: Dieser wurde ja eingeführt, um ein bestimmtes System zu rechtfertigen, mit einem Solidar­beitrag. Wir haben aber jetzt schon die Umstellung, das System wurde geändert – der Pensionssicherungsbeitrag wurde beibehalten. Das ist, glaube ich, auch eine Diskus­sion wert.

Und zu guter Letzt zu den Ermahnungen. Otto Pendl, ich bin immer sehr, sehr vor­sichtig bei deinen Ankündigungen. Du hast von diesem Rednerpult schon einmal in der ersten Lesung gesagt, ja, das erscheint dir gar nicht so unschlüssig, das sollte man sich anschauen, das könnte man miteinbringen. Ich darf dringend anraten, die Oppo­sition hier auch als Partner zu sehen und nicht in einem Reflex immer alles und jedes von vornherein abzulehnen. Wenn ihr modernisieren wollt, wenn ihr einem neuen Dienstrecht zum Durchbruch verhelfen wollt, werdet ihr gut daran tun, die Opposition miteinzubinden. Ich darf für das BZÖ sagen, für gescheite und kluge Ideen sind wir immer zu haben. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Pendl: Ich hätte gerne eines und nicht 40! – Abg. Windholz – das Rednerpult verlassend –: Was? – Abg. Pendl: Dienstrecht! – Abg. Windholz: Da sind wir gleich dabei, aber da brauchen wir Spezialgesetze und ‑regelungen für einzelne Gruppen!)

16.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


16.45.01

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Kollege Windholz, im Abgang haben Sie gesagt, da brauchen wir aber wieder Spezial­regelungen für Einzelne. Zuerst sind wir uns einig, dass wir nicht 40 verschiedene Dienstrechte wollen, auch Sie wollen eines, und jetzt sagen Sie gleich wieder beim Weggehen, da brauchen wir dann aber wieder Regelungen für Einzelne. Also was wollen Sie jetzt wirklich? (Abg. Lausch: Das eine schließt das andere nicht aus!) Das wird nicht funktionieren. Sie sagen immer, es ist alles so kompliziert und man kann das nicht machen, aber fordern ständig irgendetwas Neues. (Abg. Windholz: Das sehen Sie so, das ist allerdings falsch!)

Ich weiß nicht, warum man sich vor diesem Ausdruck „Dienst nach Vorschrift“ so fürchtet, denn was sagt das eigentlich aus? Wenn ein Beamter sagt, er macht Dienst nach Vorschrift, weiß ich, dass er viel mehr engagiert ist und dass er eigentlich viel, viel mehr leistet, und deshalb ist da so viel Angst dahinter, wenn er sagt, ich mache meinen Dienst nach Vorschrift.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 160

Aber ich komme jetzt zur BDG-Novelle. Ich stehe zu den im Gesetz angeführten straf­rechtlichen Bestimmungen, denn diese strafrechtlichen Bestimmungen, die hier zitiert sind, betreffen jede rechtskräftige Verurteilung, bei der es um ein Vergehen gegen die sexuelle Integrität und gegen die Selbstbestimmung geht. Wir hatten gerade in der letzten Zeit bedauerlicherweise vermehrt Fälle, wo es um Sexualdelikte gegen Jugendliche gegangen ist, und ich finde es richtig, dass man diese Kollegen oder Kolleginnen aus dem Dienst entlässt, ganz einfach auch zum Schutz der Kinder und Jugendlichen.

Ich bin auch überzeugt davon, dass es richtig war, dass man den Folterbegriff in die Dienstrechts-Novelle hineingenommen hat. Es gibt hier keine Strafuntergrenzen, und es führt jegliche Verurteilung in diesem Bereich, egal, ob das eine Geldstrafe oder eine Haftstrafe ist, zu einem automatischen Amtsverlust, sodass in diesen Fällen kein langes Disziplinarverfahren, das bis dato üblich war, mehr notwendig ist.

Ich bin sehr stolz auf den „Papa-Monat“, und da gratuliere ich Ihnen wirklich, Frau Ministerin. Ich weiß, dass es nicht das ist, was wir uns letztendlich wünschen, denn wir wünschen uns natürlich auch den bezahlten „Papa-Monat“, aber es ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung und dafür ein recht herzliches Dankeschön.

Die Pflegefreistellung ist für mich wirklich ein Meilenstein, denn das ist eine Sache, über die wir jetzt schon seit fast 40 Jahren reden, dass sie ins Gesetz hineinkommt, und deshalb bin ich wirklich glücklich, dass das geschehen ist. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Dass es im Zuge dessen, dass die Verwaltungsreform hier auch durchschlägt, viele neue Änderungen gibt, ist für mich okay. Das sind ganz einfach technische Details, die möchte ich hier jetzt nicht zitieren.

Eine sehr positive Sache ist auch noch, dass man die Möglichkeit, die Rechts­grundlage dafür geschaffen hat, in die Sexualstraftäterdatei einzusehen, bevor man Bedienstete engagiert und für den Dienst verpflichtet.

Und ich schließe mich natürlich dem Dank an alle Kolleginnen und Kollegen an, die im öffentlichen Dienst sehr, sehr gute Arbeit leisten.

Zähneknirschend haben die öffentlich Bediensteten die Nulllohnrunde zur Kenntnis genommen. Nichtsdestotrotz hätte ich mich sehr, sehr gefreut, wenn es seitens der Frau Finanzministerin die Möglichkeit gegeben hätte, den öffentlich Bediensteten zumindest die Teuerung abzugelten. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hagen. – Bitte.

 


16.48.40

Abgeordneter Christoph Hagen (STRONACH): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte mich auf die Tagesord­nungs­punkte 20, 21 und 22 beziehen.

TOP 20: der Antrag des Abgeordneten Lausch betreffend Beschwerdeführer bei Dis­ziplinarverfahren. Es geht darum, dass diese verstärkt eingebunden werden und bessere Möglichkeiten erhalten. Ich finde das sinnvoll. Aus Gründen der Transparenz ist es wichtig, dass auch der Beschwerdeführer weiß, wie das Verfahren läuft, und, auch wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird, Informationen erhält und den Stand der Dinge erfahren kann. Ich glaube, das ist notwendig und ist eine richtige Ent­scheidung. Dem werden wir natürlich gerne unsere Zustimmung geben.


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Dann möchte ich auf TOP 21 zu sprechen kommen, den Antrag des Abgeordneten Grosz. Dieser ist, finde ich, ein Blödsinn, das muss ich ganz ehrlich sagen. Er stellt hier einen Zusammenhang mit der Stadt Wien und ihren Frühpensionierungen mit 52 Jahren und darunter her. Das betrifft ein Landesgesetz. Das ist ein Landesgesetz und nicht ein Bundesgesetz. Deswegen ist das hier an der falschen Stelle. So etwas müsste im Land Wien eingebracht werden, dort ist das zu regeln. (Abg. Dr. Jarolim: Von wem ist das?) – Vom Grosz.

Dann möchte ich noch darauf hinweisen, dass Sie in diesem Antrag wünschen, die Hacklerregelung abzuschaffen. Ich finde, die Hacklerregelung war eine Errungen­schaft, war wichtig. Speziell für die Exekutive wurde diese damals angedacht. Vielleicht haben Sie das vergessen. Grosz war damals Kofferträger beim Minister Haupt. Wahr­scheinlich hat er das nicht gewusst. (Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, man kann sich nicht zu viel erwarten!)

Fakt ist, dass diese Hacklerregelung vernünftig ist, und da die Exekutive noch kein Exekutivdienstgesetz nach bayerischem Muster hat, wie ich es beantragt habe, kann man natürlich nicht erwarten, dass Exekutivbeamte bis 65 im Außendienst hinter den 18-Jährigen herrennen.

Frau Ministerin, ich habe dazu einen Antrag eingebracht, ich habe das gestern auch schon angesprochen. Dieser Antrag sollte im Verfassungsausschuss eingebracht wer­den. Wir können das leider nicht tun, weil wir keinen Sitz im Verfassungsausschuss haben. Deswegen ersuche ich noch einmal die FPÖ oder wer auch immer sich dafür zur Verfügung stellt, diesen Antrag auf die Tagesordnung zu setzen. Das wäre ver­nünftig. Dann können wir über diesen Antrag diskutieren. Aber erst dann, meine Damen und Herren!

Zu TOP 22, das ist auch ein Antrag des Kollegen Lausch, und zwar geht es da um den § 109 Abs. 2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 über die Vorgangsweise bei Beleh­rungen und Ermahnungen. Dieser Antrag hat seine Berechtigung aus dem Grund, weil gegen diese Belehrungen und Ermahnungen keine Rechtsmittel möglich sind. Das heißt, man kann so wirklich einem Kollegen boshafterweise, wenn man das will – ich will es niemandem unterstellen, aber diese Möglichkeit besteht –, die Karriere vermie­sen, die Vorrückung vermiesen und irgendwelche Ansuchen blockieren. Das ist eine Ungleichbehandlung, das ist nicht in Ordnung, und deswegen wären wir auch für die­sen Antrag und würden diesen unterstützen. – Danke. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Lausch.)

16.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun kommt Herr Zweiter Präsident Neugebauer zu Wort. – Bitte.

 


16.52.11

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt eine Dienst­rechts-Novelle. Sie ist ein Sammelgesetz, das die große Bandbreite des öffentlichen Dienstes oder eigentlich der öffentlichen Dienste in Österreich widerspiegelt – der öffentlichen Dienste, die gemeinwohlorientiert, gesetzestreu, objektiv und damit Rechtssicherheit vermittelnd ihre Arbeit verrichten, oft unter schwierigen Bedingungen, was leider in der mediatisierten Öffentlichkeit nicht immer im entsprechenden Maße gewürdigt wird.

Wenn Kollege Windholz meint, es wäre meine Aufgabe, etwas zu verhindern, empfehle ich dir neben der Lektüre der Initiativen, die die Frau Bundesministerin erst gesetzt hat, einmal die Novelle zu lesen. Ich weiß, es ist schwierig, ein bisschen technisch, es gibt


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viele Verweise, Paragraphen. Das, Kollege Windholz, ist das Ergebnis wochenlanger ernsthafter sozialpartnerschaftlicher Verhandlungen für alle diese vielen Bereiche. Das kann man jetzt kritisieren, man kann dafür oder dagegen sein, aber es ist das sozial­partnerschaftliche Bemühen, dass eine gewerkschaftliche Standesvertretung im wohlmeinenden sozialen Dialog letztendlich zu Ergebnissen kommt.

Kollege Windholz, wenn du die verschiedenen Positionen, die ich jetzt gar nicht aufzählen will, anschaust, die Punkte im Abänderungsantrag, den Kollege Pendl einge­bracht hat, alles, was den Pflegeurlaub betrifft, so siehst du, dass das der Nachvollzug dessen ist, was wir gestern für alle anderen Bereiche beschlossen haben. (Abg. Pendl: So fair sind wir, was?) So schnell sind wir, Kollege Pendl.

Oder Frühkarenz für die Väter, liebevoll „Papa-Monat“ genannt: Warum soll das nicht auch für den öffentlichen Dienst gelten?

Oder etwa die Opting-Out-Regelung: Das ist eine nicht unwesentliche Frage, eine sehr technische, für junge Führungskräfte, die einen pauschalierten Bezug haben und dann plötzlich draufkommen, dass eigentlich eine Überstundenverrechnung eine wesentlich günstigere Regelung für sie wäre. Der Dienstgeber hat dem zugestimmt.

Die Kolleginnen und Kollegen der Exekutive – eine der schwierigsten Heraus­forde­rungen im öffentlichen Dienst insgesamt – haben eine Behördenreform im Innen­ministerium vor kurzem über die Bühne gebracht, wo es natürlich nicht lauter Gewinner gibt. Da gäbe es auch Verlierer. Wir haben durchgesetzt, dass im § 113h des Gehaltsgesetzes die Wahrungsbestimmung für die Beamten des Exekutivdienstes deutlich verlängert wird, sodass ihre Besoldung quasi nicht absinken kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben auch in anderen Bereichen Erfolge erzielt, etwa mit dem Generalkollektivvertrag für die Bundespensionskasse. Wir haben im Pensionsgesetz für alle den Fall der Ruhestandsversetzung wegen dauernder Dienst­unfähigkeit, die Berücksichtigung von Schwerarbeitszeiten nunmehr schlagend ge­macht. Ich könnte viele Beispiele, auch was das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz betrifft, hier anführen.

Kollege Windholz, wenn du dir die Mühe machst, dieses ganze Kompendium, das Dienstrechts-Novelle 2012 heißt, durchzusehen, dann wirst du sehen, dass wir in vielen Fragen mit der Regierung nicht einig geworden sind, aber hier ein Paket vorliegt, das sich außerordentlich sehen lassen kann.

Ich möchte noch zwei, drei andere Punkte ansprechen. Es wurde von einigen Kolle­ginnen und Kollegen, auch im Ausschuss, die Frage „Hacklerregelung“ angesprochen. Ich wehre mich dagegen, dass man ein Rechtsinstitut völlig falsch benennt und damit irreführend so darstellt, als wäre das eigentlich eine Regelung für Schwerstarbeiter, denn bekanntlich ist ein Hackler, zumindest nach der Diktion in Ostösterreich, jemand, der üblicherweise mit Schaufel und Krampen in der Künett’n steht. – Das ist es nicht! Das ist es nicht! (Ruf: Nicht immer!) – Nicht immer, gut! Auch bei den Kollegen der Schiene gibt es so etwas. Okay.

Ich wehre mich dagegen und möchte ein paar Minuten nützen, zu erklären, warum ich eigentlich immer für diese Regelung eingetreten bin, nämlich völlig unabhängig von den einzelnen Berufsgruppen. (Abg. Mag. Stefan: „Eigentlich“ ist immer schlecht!) – Warum ist das schlecht? (Abg. Mag. Stefan: „Eigentlich“ ist immer schlecht!) Gut, streiche ich halt dieses Wort weg. Sie überhören es künftig, wenn ich es verwende. – Es ist aber eigentlich richtig. (Heiterkeit.)

Unsere Sozialsysteme leben davon, dass möglichst viele Menschen möglichst lange Zeit ihre Beiträge einzahlen. Ist das richtig? – Okay. Nichts anderes ist die Langzeit­versichertenregelung, die andere diffamieren als „Hacklerregelung“.


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Daher habe ich immer dafür gekämpft, dass wir diese Regelung für jene, die lange arbeiten, lange einzahlen, möglichst lang erhalten, weil sie dadurch die Sozialsysteme sichern. Manche sehen das als eine Privilegierung. Ich sehe es nicht so. Ich sehe es übergeordnet als einen wichtigen Beitrag, diese Sozialsysteme auch in Zukunft finanzierbar zu machen.

Streikverbot, Dienst nach Vorschrift. Ich weiß schon, dass es zum Beispiel im deut­schen Grundgesetz den Beamten verboten ist, zu streiken. Okay, das ist deren Kultur. Aber wir lassen uns das Demonstrationsrecht in Österreich, auch aus einer histori­schen Entwicklung, bis hin zur Arbeitsniederlegung in besonders begründeten Fällen natürlich nicht streitig machen. Das führt natürlich schon auch dazu, wenn das in Anspruch genommen werden kann, dass der Zwang zum Konsens, der Zwang dazu, dass man eine Regelung findet, eher gegeben ist. Dass in einer guten sozialpartner­schaftlichen Kultur in Österreich unsere Streiks in Sekunden zu messen sind – ich glaube, im Vorjahr hat es überhaupt keinen gegeben –, weist aus, dass man in einer Demokratie von unterschiedlichen Standpunkten aus letztendlich immer zu einem Konsens kommen sollte.

Jetzt bin ich bei dem Punkt, der Aufregung verursacht hat – leider ist Freund Dr. Peter Fichtenbauer jetzt nicht da, dessen juristischen Ausführungen ich immer gerne folge –, der Aufregung verursacht bei manchen Kollegen der Opposition, das gehört in der Demokratie dazu, und auch an einigen Dienststellen. Ich sehe das nicht so dramatisch, wenn wir uns die Rechtslage vergegenwärtigen.

Wir haben in unserer Gewerkschaft einen exquisiten Rechtsschutz mit tollen Juristen, mit hervorragenden Anwälten, und wir bekommen jetzt schon Woche für Woche insbesondere aus dem KollegInnenkreis der Exekutive Unterstützungsansuchen, weil natürlich gerade die Kolleginnen und Kollegen eines Berufsstandes, der im Vollzug des Gewaltmonopols des Staates für Sicherheit und Ordnung immer an der Kante unterwegs ist, diffamiert zu werden, da besonders in der Auslage stehen. Und denen helfen wir auch.

Ich glaube, dass wir in einem Jahr abrechnen können. Die Zahl der Suspendierungen, die jetzt schon ausgesprochen werden, wird nicht steigen, und auch jetzt schon ist ein öffentlich Bediensteter, wenn er eine unbedingte Verurteilung mit sechs Monaten hat, draußen aus dem Dienst. Also da ändert sich im Wesentlichen nichts; ich würde nicht sagen: totes Recht.

Der Anlass war ein bedauerlicher Einzelfall. Ich bin sicher, es wird in den nächsten Jahren auch keinen weiteren Fall geben. Aber es ist wichtig, deutlich zu machen, dass es im öffentlichen Dienst, dort, wo es verwerfliche Vorsatzdelikte gibt – da rede ich jetzt nicht von Fahrlässigkeit –, wie Sexualmissbrauch oder Gewaltanwendung bis hin zur Folter – Peter (in Richtung des Abg. Dr. Fichtenbauer) hat dazu seine Fragezeichen bei der Definition gemacht –, jedenfalls bei einer rechtskräftigen Verurteilung sofort zu einer Entlassung kommen muss.

Weil dieses Thema, mit Recht oder nicht, dauernd angesprochen wird, fragen mich manche, ob unsere Lehrerkollegen, die ständig mit den jungen Leuten in Kontakt sind, vielleicht für Sexualdelikte anfälliger seien oder ob die Kollegen der Exekutive ungebührlich Gewalt anwenden. – Mit Sicherheit nicht! Aber ich denke, dass wir das gut über die Bühne bringen werden. Wenn jemand mit Vorsatz Kinderpornographie, Verführung Minderjähriger oder ungebührliche Gewaltanwendung ausübt, dann hat er im öffentlichen Dienst nichts verloren, schon als Schutz für die 99,9 Prozent anderen, die saubere Arbeit leisten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich bedanke mich herzlich für die gemeinsame Arbeit, Frau Bundesministerin. Wir haben noch einiges vor uns. Das neue Dienstrecht insgesamt können wir nicht mehr


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lange hinausschieben. Wir haben ... (Abg. Windholz – heiter –: Jetzt hast es eh schon zehn Jahre rausgeschoben!) – Wer hat es rausgeschoben? (Abg. Windholz: Na du!) – Ah, ich! Lieber Freund, du verkennst Ursache und Wirkung. Das ist bei einer Oppositionspartei so, aber als Bürgermeister dürftest du das nicht machen, dass du Ursache und Wirkung verwechselst. (Heiterkeit beim BZÖ.)

Nichtsdestotrotz, wir haben weiterhin viel Arbeit vor uns. Liebe Frau Bundesministerin, mit deiner jugendlichen Frische und unserer Erfahrung werden wir das auch hin­bringen. – Herzlichen Dank. (Heiterkeit und Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. – Bitte.

 


17.02.41

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Geschätzter Herr Präsident Neugebauer, der von dir angesprochene § 312a birgt schon seine Tücken, wenngleich ich das nicht so aufnehmen möchte, wie du es dargestellt hast, sondern mich eher an die Ausführungen meines Kollegen Dr. Peter Fichtenbauer halte. Ich denke, dass gerade dieser neue Paragraph in seiner schwammigen und undefi­nierten Formulierung das Beschwerde- und Denunziantentum gerade im öffentlichen Dienst verstärkt; gerade in den Sparten, wo die Hoheitsverwaltung, wo Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt wird. Es wurde die Exekutive angesprochen, aber es trifft auch die Justiz, es trifft die Richter, es trifft die Staatsanwälte, es trifft die vielen Kleinst­bereiche von öffentlich Bediensteten, wo eben Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt wird, wo hoheitsstaatliche Verwaltungsakte gesetzt werden. Dies stellt im geradezu schlimmen Zusammenspiel mit dieser zwangsweisen Suspendierung eine vorverur­teilende und jedenfalls abzulehnende Verschärfung des Disziplinarrechts dar. Schon allein aus diesem einen Grund können wir dieser Dienstrechts-Novelle nicht zustim­men. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Pendl. Aufpassen, Kollege Pendl, aufpassen!

Ich bin der Meinung – und da gehe ich konform mit den Vertretern der Regierungs­parteien –, dass unsere Beamten in der Hoheitsverwaltung, aber auch im gesamten öffentlichen Dienst hervorragende Arbeit leisten und dass man – und da bin ich auch bei Ihnen, Herr Präsident – diese 99,9 Prozent an hervorragenden und gut ihren Dienst versehenden Beamten jedenfalls schützen muss vor einer Minderheit, die diese gesellschaftlichen Grenznormen nicht kennt. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kößl: Und mehr ist es nicht!)

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal feststellen, dass wir von der Freiheitlichen Partei Sexualstraftäter, Gewalttäter oder sonstige exzessive Gewalthandlungen von öffentlich Bediensteten striktest ablehnen. Dafür sollte kein Platz sein. (Abg. Kößl: Mehr ist diese Gesetzesänderung nicht!) Aber bitte erst nach einer Verurteilung, nach dem Abschluss eines Verfahrens und nicht, wie es hier in dieser Novelle vorgesehen ist, mit einer vorverurteilenden Suspendierung, wenn ein Verdacht erhoben wird. (Beifall bei der FPÖ.)

Das kann es nicht geben! Immerhin leben wir in einem Rechtsstaat, und da haben unsere öffentlich Bediensteten einen Anspruch darauf, dass sie sich auf diesen Rechtsstaat auch verlassen können.

Da von Frau Kollegin Lueger angesprochen wurde, dass hier die einzelnen Dienst­rechte quasi noch immer nicht umgesetzt wurden: Ja, da bin ich auch bei Ihnen! Es ist eine jahrelange Forderung der freiheitlichen Personalvertreter, der Freiheitlichen Gewerkschaft, dass wir hier ein eigenständiges Dienstrecht für die einzelnen Berufs-


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sparten im öffentlichen Dienst, jeweils in sich abgeschlossen, mit den eigenen Gehalts-, Pensions- und dienstrechtlichen Gesamtrahmenbedingungen bekommen. Das ist eine Urforderung, die wir schon seit Langem an dieser Stelle – ich speziell in meiner Person als Bereichssprecher für den öffentlichen Dienst – erheben.

Einmal mehr ist diese Dienstrechts-Novelle in dieser Frage säumig gewesen. (Beifall bei der FPÖ.) Frau Bundesminister, Sie haben es nicht einmal bei den Lehrern zustande gebracht, das in dieser Einzeldetailfrage, in dieser Dienstrechts-Novelle festzumachen, obwohl Sie schon in einer Euphorie geschwelgt sind, dass es in dieser Frage in absehbarer Zeit einen Abschluss geben könnte.

Alles in allem ist diese Dienstrechts-Novelle in dieser Form inakzeptabel. Es gibt viel­leicht einige wenige Punkte – der Herr Präsident hat es angesprochen –, die durchaus akzeptabel erscheinen. (Zwischenruf der Abg. Lueger.) Im Gesamten bilden diese positiven Punkte allerdings eine Minderheit, es überwiegt das negative, das überzo­gene, unangemessene Disziplinarrecht mit den überschießenden und unverhältnis­mäßigen negativen Auswirkungen für die öffentlich Bediensteten, insbesondere für jene in der Hoheitsverwaltung. Daher ist dieses Dienstrecht jedenfalls von uns abzuleh­nen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

17.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


17.07.18

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Man kann über das Disziplinarrecht unterschiedlicher Meinung sein. Was ich aber nicht verstehe, ist, dass das österreichische Parlament sich nicht einstimmig dazu durchrin­gen kann, den Anti-Folter-Paragraphen zu verabschieden.

Das österreichische Parlament hat 1987 das UN-Übereinkommen gegen Folter ratifi­ziert, wir haben uns zweimal, 1999 und 2005, vom UN-Anti-Folter-Ausschuss dafür kritisieren lassen müssen, dass wir das nicht umsetzen. (Abg. Neugebauer: Das kritisiert auch der Europarat!) Da frage ich mich: Haben wir das notwendig?

An sich ist Österreich ein Land mit hohen menschenrechtlichen Standards, und es gilt, diese Qualität auch im Strafrecht sicherzustellen und im Strafrecht den notwendigen Tatbestand umzusetzen. Ich verstehe nicht, dass es für die FPÖ nicht möglich ist, sich diesem Grundkonsens anzuschließen, dass man Folter verurteilt und im Strafrecht ächtet.

Nicht den Kopf schütteln, Kollege Fichtenbauer! Sie sind findig und Sie versuchen jetzt, einzelne Wortinterpretationen vorzunehmen. Aber es geht um ganz etwas anderes. Sie haben schon 2010 im Menschenrechtsausschuss, wo es gar nicht um inhaltliche Details gegangen ist, keinen Konsens gefunden. Im Jahr 2010 hat der Menschen­rechtsausschuss des Parlaments grundsätzlich mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen einen Entschließungsantrag verabschiedet, dass ein Anti-Folter-Straftatbe­stand geschaffen werden soll. Da ging es noch nicht um die Wortinterpretationen vom Dr. Fichtenbauer, die er gerne hier abfeiert. Das haben wir im Ausschuss schon alles diskutiert, diese Beispiele sind alle in sich zusammengebrochen. – Nein, Sie haben damals schon der Grundsatzentscheidung für einen Anti-Folter-Tatbestand nicht zugestimmt.

Die menschenrechtlichen Standards gehören in Österreich tagtäglich verteidigt. Es geht nicht darum, dass in Österreich jeder foltert, sondern es geht darum, jene aus­zusieben, die die schwarzen Schafe sind. Die gibt es, und da braucht es klare Straf­bestimmungen.


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Ein Beispiel: Ein hoher Polizeibeamter in Wien, der Polizeibeamte Mahrer, hat sich ganz ungeniert dafür eingesetzt, dass verurteilte Folterpolizisten in einen Führungs­kräfte-Schulungskurs kommen. Ich bin froh, dass das Frau Innenministerin Mikl-Leitner gestoppt hat. Aber es zeigt, dass es hier selbst bei hohen Polizeibeamten eine Sensibilisierung braucht. (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt, wir haben im Ausschuss ausführlich darüber diskutiert: Es ist immer die Frage, wie man die Sanktionierung bei Straftaten einhängt, ob man bei der Verur­teilung eine grundsätzliche Grenze einschiebt oder einzelne Delikte aufzählt. Ich plädiere dafür, grundsätzlich die Frage des Amtsverlustes an die Verurteilungshöhe zu knüpfen, sonst schafft das Ungleichheiten. Die Strafe ist ja nichts anderes als ein Ausdruck über die Schwere der Tat.

Einzelne Strafdelikte werden aufgezählt; nicht aufgezählt wird aber beispielsweise: Wenn jemand privat seine Familie prügelt, dann darf er weiter Lehrer sein. Da kommt es zu keinem automatischen Amtsverlust. Es wundert mich, dass Sie das nicht stört. Das ist genauso unvereinbar mit dem Dienst in der Schule wie andere Straftaten. Das schafft Ungleichheiten. Daher ist eine Grenze, die sich an der Strafhöhe des Urteils orientiert, sinnvoll, weil dies die Schwere zum Ausdruck bringt.

Wir können ja über die Strafhöhe diskutieren. Wir können diese Grenze von mir aus im Strafgesetzbuch ändern, dass der Amtsverlust früher eintritt, wenn Sie das wollen. Ich glaube aber, dass grundsätzlich nicht einzelne Deliktsgruppen herausgegriffen werden sollten, sondern dass man ganz grundsätzlich sagen sollte, ab einer bestimmten Strafhöhe ist die Schwere verwirklicht und soll der Amtsverlust eintreten.

Klar ist, dass jemand, der wegen Kinderpornographie verurteilt wird, nichts in der Schule zu suchen hat. Es ist aber auch kein Prügelvater oder keine Prügelmutter als Lehrer oder Lehrerin in der Schule vertretbar, wenn er oder sie zu Hause prügelt. (Beifall bei den Grünen.) Das ist genauso inakzeptabel. Da muss dann das Disziplinar­recht greifen, wenn aus irgendeinem Grund die Strafen zu niedrig ausfallen.

Ja, in diesem Sinne – wir haben es im Ausschuss schon detailliert debattiert –: Wir werden eine getrennte Abstimmung vornehmen lassen. Wir werden dem Anti-Folter-Tatbestand zustimmen und werden aufgrund einzelner Einwände dem neuen Dis­ziplinarrecht nicht zustimmen, wiewohl nicht alles schlecht ist. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Lausch. – Bitte.

 


17.11.30

Abgeordneter Christian Lausch (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es wurde schon von meinen Vorrednern der Freiheitlichen Partei alles dazu gesagt, warum wir diese Dienstrechts-Novelle ablehnen müssen. Ich kann mich somit noch einmal meinem Antrag 1705/A widmen.

Sehr viel hat ja schon Herr Kollege Hagen dazu ausgeführt, worum es hier eigentlich geht. Ich versuche es noch einmal zu erklären. Die Frau Bundesministerin hat im Aus­schuss ein bisschen flapsig gesagt, „anpatzen“ versteht sie als Niederösterreicherin nicht und das glaubt sie alles nicht. Aber ich kann schon sagen, man braucht sich das in den Dienststellen nur anzuschauen. Die letzten Jahre hat die Zahl der sogenannten Belehrungen oder Ermahnungen in schriftlicher oder mündlicher Form stark zuge­nommen. Es wird da schon ein Erziehungsmittel für den nicht so einfachen Beamten immer wieder vom Dienstvorgesetzten angewandt. Und warum wird das gemacht, Frau Bundesminister, was glauben Sie? – Weil es recht einfach geht.


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In der ersten Lesung hat es ja schon einen bisschen breiteren Konsens gegeben. Da war die SPÖ mit Otto Pendl absolut gesprächsbereit. Sogar Karl Öllinger von den Grünen hat hier Abstriche gemacht, aber dann hat sich die ÖVP natürlich total durchgesetzt, und man hat das abgelehnt. Es gibt hier Probleme.

Wenn man sich den § 109 Abs. 2 anschaut, dann sieht man ganz eindeutig, dass sich der Beamte zwar dazu äußern kann, das kommt aber erst hinterher. Sonst hat er kein Rechtsmittel. Das ist mit unserer Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar. Aus meiner Sicht, aus unserer Sicht ist das eine klare Sache, dass hier eine gewisse Willkür an der Tagesordnung ist.

Frau Bundesminister, sehen Sie das ein! Reden Sie, wenn Sie es schon uns nicht glauben, mit Ihren roten Personalvertretern in den Dienststellen, die sich, weil Sie schon eine gewisse abgehobene Art an den Tag legen und hier Parlamentarier, die draußen erfolgreiche Personalvertreter sind, so von oben herab behandeln, das dann bei den nächsten Wahlen ausmachen müssen. Und schauen Sie sich die Wahler­gebnisse der letzten Bundeswahlen Ihrer Personalvertreter an! Das ist dann das Ergebnis, natürlich teilweise Ihres Verhaltens, hier so von oben herab zu sagen: Das verstehe ich nicht, ich habe mir da drei Fragezeichen machen müssen, und so weiter.

Das ist sicherlich nicht eine Art, die man sich erwartet, wie hier mit den Sorgen der Leute umgegangen wird. Schauen Sie sich einmal an, wie viele Beamte oder Bun­desbedienstete sich wenig haben zuschulden kommen lassen, und sie haben in ihrem Personalakt das drinnen liegen, und das wird nicht nach drei Jahren heraus­genommen – weil man sich immer wieder darauf hinausredet, dass das nummeriert ist, dass man so ein Inhaltsverzeichnis nicht nachträglich manipulieren kann.

Im Prinzip ist der Beamte – jetzt sage ich es noch einmal – sein ganzes dienstliches Leben lang angepatzt, oder er hat das zumindest – wenn Sie „angepatzt“ absolut nicht haben oder verstehen wollen – sein ganzes dienstliches Leben sozusagen am Hals. Und das ist so nicht in Ordnung, Frau Bundesminister! Das sollte man schon einmal einsehen. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Schenk und Hagen.)

Kollege Steinhauser, Sie messen mit zweierlei Maß, Sie sagen, es ist uns wurscht, das erwähnen wir gar nicht, aber die bösen, bösen Prügelpolizisten. – Und das ist es nicht. Das ist es weiß Gott nicht! Das sind Ausnahmefälle. Da hat das Disziplinarrecht bis jetzt immer ausgereicht. Es hat immer Suspendierungen gegeben. (Beifall bei der FPÖ.) Da braucht man das Rad nicht neu zu erfinden, dass es runder läuft. Das ist einfach ein Unsinn. Auch wir sind gegen Folter, auch wir sind gegen Misshandlungen. Nur: Das liegt dann an einzelnen Staatsanwälten, und der Grat ist ein ganz schmaler, dass man da vielleicht die Existenz eines Beamten zerstört, dass man sagt, er hat gefoltert, er hat geprügelt, und im Prinzip war das nur schlicht und einfach eine Verleumdung. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ sowie der Abgeordneten Schenk und Hagen.)

17.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fich­tenbauer, ein weiteres Mal. – Bitte.

 


17.15.37

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Insbesondere wende ich mich gegen die sehr eigentümlichen Interpretationen, die Kollege Steinhauser hier zum Besten gegeben hat.

Ich darf Ihnen sagen: Juristerei ist im Prinzip eine nüchterne Wissenschaft. Sie hat einen wissenschaftlichen Anspruch und Inhalt, den man beherrschen muss. Insofern ich in aller Nüchternheit den Tatbestand  (Abg. Mag. Steinhauser: Sie haben schon


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im Ausschuss !) – Eine Frechheit ist das, mir zu unterstellen, dass wir für Folter sind oder uns nicht gegen Folter stellen würden! (Beifall bei der FPÖ.)

Lesen Sie den ganzen Text! Wenn Sie es nicht interpretieren können, dann seien Sie wenigstens ruhig!

Artikel 4 des Anti-Folter-Übereinkommens enthält die Kriminalisierungsverpflichtung. Österreich hat offiziell im Wege seiner Staatsorgane im Zusammenhang betreffend UNO-Anti-Folterkomitee in der Vergangenheit, zuletzt im 3. Staatenbericht 2005, die Haltung eingenommen, dass innerstaatlich insoweit kein Umsetzungsbedarf bestehe, weil sämtliche als Folter beschriebenen Handlungen nach österreichischem Recht schon vor der Ratifizierung des Übereinkommens strafbar gewesen sind.

Als Ergebnis der Behandlung des 3. Staatenberichtes sprach das UNO-Anti-Folter­komitee, ohne die Einlassung Österreichs inhaltlich anzuzweifeln – das sollten Sie sich bitte zu Gemüte führen! –, in seinen Concluding Observations im November 2005 eine Empfehlung aus, eine eigene Formulierung zu finden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Steinhauser.)

Sie können jetzt die wüstesten Kapriolen schlagen, und ich feiere gar nichts ab. Der Tatbestand, den ich aufgezählt habe, wird ja heute beschlossen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Stimmen Sie zu!) Und der Tatbildvorgang wird im Einzelfall gegebenenfalls verwirklicht oder nicht verwirklicht. Dieser kann nach meinem Dafürhalten, Kollege Neugebauer, nicht einmal fahrlässig verwirklicht werden, denn entweder sagt der Behördenleiter, ich schrecke dich hiemit, weil du das und das tust – er braucht ja das Wort gar nicht zu verwenden –, und dann wird der Tatbestand verwirklicht.

Also hören Sie auf, mit juristischen Märchen herumzufuhrwerken! Man kann dazu eine Haltung einnehmen: ja oder nein. Ich sage nur, was die objektiv erkennbaren Folge­rungen aus diesem Paragraphen sind. Und Ihre Propaganda können Sie sich sparen! (Beifall bei der FPÖ.)

17.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Heinisch-Hosek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.18.22

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich für die fast ruhige Debatte zum Dienstrecht. Es ist eine Verwaltungsreform. Mit der Novelle passiert jedes Jahr ein Stück mehr Verwaltungsreform. Auf der einen Seite ist eine Dienstrechts-Novelle dazu da, die Bedürfnisse, die Wünsche aus den verschiedenen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes in Vertretung der Gewerkschaft öffentlicher Dienst aufzunehmen und als Dienstgeber eventuelle aktuelle Anlässe oder andere Veränderungswünsche einzubauen.

Es ist wieder einmal gelungen, heute eine sehr breit angelegte, sehr durchdifferen­zierte, zum Teil auch sehr komplizierte, in technischen Fragen orientierte Dienstrechts-Novelle vorzulegen – mit einem sehr erfreulichen Abänderungsantrag zur Pflegefrei­stel­lung, wo wir im öffentlichen Dienst schon in den letzten Jahren, darf ich sagen, Vorreiterrolle hatten, weil wir im Pflegefreistellungsbereich schon vieles mehr ange­boten haben als die Privatwirtschaft. Wir werden jetzt aber aufgrund dessen, dass die Pflegefreistellung in der Privatwirtschaft auch „nahe Angehörige“ noch weiter definiert, hier sehr gerne auch nachziehen. Ich freue mich dann schon auf die Beschluss­fassung.

Prinzipiell möchte ich sagen, dass wir in Österreich eine sehr schlanke Verwaltung haben, und wir haben ja alle gemeinsam Ausnahmen definiert, die auch Sie mitbe-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 169

schlossen haben: Wir wollen nicht sparen bei der Sicherheit, wir wollen nicht sparen bei unseren Kindern, in der Bildung. Und daher möchte ich sagen, dass in der allgemeinen Verwaltung ein sehr, sehr großer Beitrag geleistet wurde. Nicht nur dieses Jahr, mit dem Aufnahmestopp bis 2014, der schon durchschlägt, sondern bereits auch in den vergangenen zwölf Jahren, in denen Tausende Planstellen abgebaut wurden, wobei wir uns natürlich innerhalb des öffentlichen Dienstes so umorientieren, dass wir den Gegebenheiten auch Rechnung tragen können.

Daher ist es nur allzu recht und nicht billig, wenn ich allen öffentlich Bediensteten an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön sage für den Einsatz. Wir werden im öffent­lichen Bereich nicht mehr, sondern in der allgemeinen Verwaltung, die die Hauptlast trägt, weniger, und trotzdem haben wir Serviceorientierung an den Bürgerinnen und Bürgern in höchstem Ausmaß zu leisten, und das war nicht nur in der Vergangenheit so, sondern das wird auch in der Zukunft sichergestellt sein. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Letztendlich geht es auch um die Reputation, um den guten Ruf des öffentlichen Dienstes. Und daher war es wichtig, den Anlass wahrzunehmen, um Verschärfungen, was den automatischen Amtsverlust bei Sexual­delikten und bei Folter anlangt, vorzunehmen. Es ist nicht richtig, dass hier dem Dis­ziplinarrecht oft sehr schnell zum Durchbruch verholfen wird. Die Verfahren, die Anlass für uns waren, gemeinsam mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst hier jetzt Verände­rungen vorzunehmen, waren Verfahren, die sich über Jahre gezogen haben, bis zu sechs Jahre, wenn ich die Foltergeschichte als Beispiel nennen darf.

Wir wollen ganz einfach den guten Ruf schützen, dieser berühmten 99,9 Prozent, die heute schon erwähnt wurden. – Und ja, Herr Kollege Steinhauser, wir haben uns auf eine Gruppe und auf eine zweite Sache geeinigt: den Anti-Folterparagraphen, der im internationalen Kontext gesehen wird, der von der Justiz ausgearbeitet wurde, wo wir uns darauf verlassen, dass das nicht in juristische Streitereien ausartet, sondern dass das auch hält, was hier formuliert wurde, was hier übersetzt wurde, was es schon lange gibt. Für diese beiden Gruppen soll im öffentlichen Dienst nicht länger Platz sein. Daher war es wichtig, dass wir diese Amtsverlustsache vorlegen können. Natürlich gilt das erst nach rechtskräftiger Verurteilung; das wurde heute auch schon ein paar Mal sehr missverständlich gebracht. Und selbstverständlich greift auch die Suspendierung erst nach einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft und nicht vorher.

Ich möchte zum Abschluss, was auch alle anderen Bereiche betrifft, noch sagen: Mich freut es total, dass man den Papa-Monat in Zukunft eine Woche vorher und nicht zwei Monate vorher, wie bis jetzt, beantragen kann und dass dieser Monat in jedem Fall gewährt werden muss. Es ist wichtig, dass diese erste Zeit daheim bei der Familie, zur Unterstützung der Mutter und des Kindes, verbracht werden kann. Mittlerweile haben über 460 Papas diesen Papa-Monat im öffentlichen Dienst in Anspruch genommen, obwohl wir die Gehaltszahlungen in diesem Monat aussetzen.

Ich meine daher, dass es in jeder Hinsicht wert ist, sich dieser Dienstrechts-Novelle positiv zu nähern und sie auch positiv zur Kenntnis zu nehmen. Jetzt und auch in Zukunft – und das möchte ich zum Abschluss sagen – wird es im öffentlichen Dienst so sein, dass wir ständig an Verbesserungen arbeiten wollen. Wir werden selbst­verständlich daran arbeiten, dass es zu einem einheitlichen Dienstrecht kommt. Es gibt nicht nur eine nette Broschüre, die vorgelegt wurde, wo 55 Empfehlungen drinnen stehen, sondern die öffentlich Bediensteten haben auf entsprechende Befragung hin selbst gemeint, wir wollen noch mobiler werden, wir wollen uns weiterbilden, wir wollen die Jobbörse des öffentlichen Dienstes noch besser nutzen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 170

Und so werden wir beginnen, Schritt für Schritt auch diese Wünsche und Forderungen abzuarbeiten und darüber in Verhandlungen zu treten, wie ein einheitliches Dienst­recht, wie eine neue Besoldung mit höheren Einstiegsgehältern ausschauen kann. Nur – Sie wissen es genauso gut wie ich –: Der Finanzrahmen bis 2016 lässt jetzt nicht zu, dass wir die 200 bis 300 Millionen € aufbringen, und das für einige Jahre aufbringen, und wir diese Besoldung gleich durchführen könnten.

Bei der größten Gruppe, den Lehrerinnen und Lehrern, sind wir mitten in den Ver­handlungen. (Abg. Windholz: Schon wieder!) Und auch da ist es nicht so einfach, dass wir sagen könnten, es gibt „die Lehrer und Lehrerinnen“, sondern es sind auch verschiedene Sparten, die wir hier vereinen müssen, die unterschiedlichste Interessen haben, so wie sich im Allgemeinen alle Berufsgruppen im öffentlichen Dienst bei jeder Novelle wiederfinden sollen.

Daher bin ich dankbar, dass diese Novelle so aussieht, wie sie aussieht, dass sie Ver­schärfungen beinhaltet, technische Veränderungen, Klarstellungen, Zusammenführun­gen, Erleichterungen, und sage ein herzliches Dankeschön allen, die daran beteiligt waren – hier stehen einige –, und allen Bediensteten, die im öffentlichen Dienst tätig sind. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.25

17.25.11

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 19: Entwurf betreffend Dienstrechts-Novelle 2012 in 2052 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Pendl, Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Stein­hauser, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Pendl, Neugebauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Artikel 1, 3, 4, 5 und 6.

Wer dem seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur getrennten Abstimmung über die Artikel 20 und 21 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist wiederum die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 171

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür die Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abge­ordne­tenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, „Ja“-Stimmzettel, jene, die nicht ihre Zustimmung geben, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Bitte achten Sie sorgfältig darauf, dass Sie nur einen Stimmzettel verwenden.

Ich bitte nunmehr die Frau Schriftführerin Mag. Lohfeyer, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Später wird sie Herr Abgeordneter Auer ablösen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Mag. Lohfeyer und den Schriftführer Jakob Auer werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der SchriftführerInnen die Stimmenzählung vornehmen.

Aus diesem Grund unterbreche ich die Sitzung.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 17.32 Uhr unterbrochen und um 17.37 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 159; davon „Ja“-Stimmen: 100, „Nein“-Stimmen: 59.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufge­nom­men.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 172

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Grillitsch;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Spindelberger, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Glawischnig-Piesczek, Gradauer, Graf, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Korun, Kunasek;

Lausch, Lichtenecker, Linder, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Moser, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Pirklhuber;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 173

Riemer, Rosenkranz, Rossmann;

Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stefan, Steinhauser, Strache;

Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;

Zinggl.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, wir haben den Abstimmungsvorgang noch nicht beendet, und daher darf ich bitten, dass Sie Ihre Plätze einnehmen, um feststellen zu können, wer sich hinsichtlich des Abstimmungs­verhaltens wie verhält.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 20: Antrag des Verfassungs­ausschusses, seinen Bericht 2053 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21: Antrag des Verfassungs­ausschusses, seinen Bericht 2054 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 22: Antrag des Verfassungs­ausschusses, seinen Bericht 2055 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 23: Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 2056 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

17.36.30 24. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1991/A(E) der Ab­geordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung anonymisierter Bewerbungsverfahren im Bundesdienst zur Herstellung von Chancengleichheit (2038 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 2098/A(E) der Abgeordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Kostenreduk­tion und Implementierung der HPV-Impfung für Mädchen und Jungen im Sozialversicherungssystem (2039 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 174

26. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den Antrag 1675/A(E) der Abge­ordneten Martina Schenk, Kollegin und Kollegen betreffend Projekt „Einstieg ins Berufsleben“ (2040 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 24 bis 26 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erste gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schwentner zu Wort. – Bitte.

 


17.40.01

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich möchte als Erstes auf den Antrag von meiner Kollegin Alev Korun und von mir zu den anonymisierten Bewerbungsverfahren im Bundesdienst eingehen und dazu sagen, dass ich schon einigermaßen irritiert bis enttäuscht bin, dass gerade die SPÖ – bei anderen Fraktionen bin ich weniger irritiert beziehungsweise weniger verwundert – den Antrag nicht unterstützt hat.

Worum geht es? – Wir wissen, dass es, obwohl Diskriminierung aufgrund des Alters, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts und anderer Merkmale verboten ist, immer wieder zu Diskriminierung in diesen Bereichen kommt.

Unser Antrag zielt darauf ab, zu versuchen, künftig – und es gibt Länder, die das gut vorleben, nicht nur englischsprachige, sondern auch Belgien, wo es einen sehr erfolg­reichen Versuch gegeben hat, oder zuletzt auch Deutschland – mit dem Ministerium für Gleichbehandlung ein Pilotprojekt zu starten, bei dem im ersten Schritt bei Bewerbungen das Alter, das Geschlecht, der Geburtsort, der Familienstand und das Aussehen anonymisiert werden. Das heißt, es ist kein Foto dabei, diese persönlichen Angaben fehlen, und dadurch ist gewährleistet, dass es zu mehr Transparenz, zu mehr Fairness bei Bewerbungen kommt. Das ist mittlerweile nachgewiesen.

Sie haben uns im Ausschuss erklärt, dass das im Bundesdienst keinen Sinn macht. Das ist erstaunlich, da Sie selbst in der Privatwirtschaft gemeinsam mit zwei Unter­nehmen ein Projekt durchgeführt haben, das wir sehr begrüßt haben. Ich bin auf den Erfolg und das Ergebnis dieses Projekts gespannt. Warum Sie das aber als Frauen- und Beamtenministerin im Bundesdienst selbst nicht unterstützen, ist für mich nicht nachvollziehbar, und ich verstehe auch nicht, warum Sie sagen, dass es keinen Sinn macht.

Es macht sehr wohl Sinn, und ich kann Ihnen dazu ein Beispiel nennen – bezie­hungsweise gibt es im Gleichbehandlungsbericht des Bundes, den Sie sehr gut kennen, mehrere Beispiele dazu –, nämlich das einer Schulärztin, die einen Job nicht bekommen hat, obwohl sie dafür außerordentlich qualifiziert war. Sie hat sich bewor­ben und ist dann draufgekommen, dass ein Kollege von ihr diesen Job als Schularzt bekommen hat, obwohl die Ausschreibungskriterien nicht den Kriterien entsprochen haben, die dann in der Begründung dafür hervorgehoben wurden, warum es zu seiner Benennung gekommen ist und nicht zu ihrer. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Die Gleichbehandlungskommission hat das festgestellt, und in diesem Fall war es so, dass offensichtlich Kriterien, die dann herangezogen wurden, nicht in der Aus­schreibung enthalten waren. Das heißt, hätte man eine anonymisierte Bewerbung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 175

gehabt, wäre sie zur Bewerbung zugelassen worden, während er erst gar nicht zuge­lassen worden wäre.

Das ist eines der 22 Beispiele aus dem Jahr 2010, bei denen die Bundes-Gleich­behandlungskommission festgestellt hat, dass es zu einer Diskriminierung gekommen ist. Ich kann daher tatsächlich nicht nachvollziehen, warum Sie diesen Antrag nicht unterstützen, wenn es um Ihre Bereiche geht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.43


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


17.43.09

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 21. November – letzten Monat – hat der Gleich­stellungs­ausschuss getagt, und wir haben einige Anträge in Verhandlung genommen. Wir haben zwei Berichte behandelt, und die Frauenministerin und der Sozialminister waren anwesend.

Beim Bericht über die Vollziehung des Bundes konnten wir positive Ergebnisse ver­merken, so waren beispielsweise mehr Beamtinnen im Dienst. Wir haben weiters eine Erhöhung der Zahl der Spitzenpositionen, die weiblich besetzt sind, festgestellt. Es gibt jetzt nahezu 25 Prozent Sektionsleiterinnen, Sektionschefinnen – das hat noch vor einigen Jahren ganz anders ausgesehen. Das ist ein positives Ergebnis. Daran sehen wir, dass da etwas weitergeht.

Die Frage „Papa-Monat“ wurde hier heute schon behandelt, auch da ist der Bund Vorreiter. Außerdem wurden der Bericht der Gleichbehandlungskommission und der Bericht der Gleichbehandlungsanwaltschaft behandelt. Auch da konnten wir positive Ergebnisse herauslesen.

Was mich ein wenig enttäuscht hat, war – und ich hätte mich sehr gefreut, wenn wir dieses sogenannte „Levelling up“ noch im Gleichbehandlungsgesetz hätten verankern können –, dass es so kurzfristig nicht möglich war, sich mit unserem Koalitionspartner zu einigen und dass sich die Bischofskonferenz offensichtlich bei der Beseitigung jeglicher Diskriminierung durchgesetzt hat. Dabei mit der Privatautonomie zu argu­mentieren, erscheint mir schon ein wenig durchsichtig. (Zwischenruf der Abg. Marek.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben noch weitere Anträge diskutiert. Ein Antrag, der mir auch sehr am Herzen gelegen ist, war der Antrag der Kollegin Schenk. Wir haben ihm deshalb nicht zustimmen können, weil wir dazu erstens mehr oder weniger die Kompetenz nicht haben und es diesen Antrag zweitens schon gibt, und zwar ist er gleichlautend auch im Gesundheitsausschuss eingereicht worden, wo die Expertinnen und Experten darüber beraten werden. (Zwischenruf des Abg. Huber.) Es geht darum, dass Burschen und Mädchen gegen HPV durchgeimpft werden sollen, und genau das wird dann im Gesundheitsausschuss beraten werden. (Abg. Hörl: Cool bleiben!)

Zu den anderen Anträgen werden die Kolleginnen und Kollegen noch entsprechend Stellung nehmen. – Ich bedanke mich herzlich. (Beifall bei der SPÖ.)

17.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schenk. – Bitte.

 


17.46.13

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gisela, deine letzten Worte regen mich dazu an, auch einen Kommentar dazu abzugeben, wenn du sagst, wir hätten die Kompetenz


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nicht. – In gewissen Bereichen habt ihr die Kompetenz wirklich nicht – aber das ist jetzt eine andere Sache und auch auf die Fraktion bezogen. (Beifall beim BZÖ.)

Mein Antrag wurde schon angesprochen. Es geht dabei darum, eine deutliche Kosten­reduktion für die HPV-Impfungen der 9- bis 15-jährigen zu erwirken, das ist in unserem Sozialversicherungssystem derzeit nicht vorgesehen.

Das ist eine dreiteilige Impfung, die 624 € kostet. Das ist ein sehr hoher Anteil, der hier zu bezahlen ist, und mit unserem Antrag wollen wir eine Kostenreduktion erreichen. Der Antrag wurde im Ausschuss ausreichend – und durchaus kontroversiell – diskutiert und hat auch von den Regierungsparteien Zustimmung gefunden. Was ich aber nicht verstehe, ist, warum er dann abgelehnt wurde. Wir hätten ihn im Ausschuss sehr wohl beschließen können. (Abg. Silhavy: Er ist nicht abgelehnt worden!) – Er wurde dem Gesundheitsausschuss zugewiesen und ist somit im Gleichbehandlungsausschuss abgelehnt worden.

Meiner Meinung nach ist es eine Schmälerung der Kompetenzen oder der Rechte oder der Bedeutung des Gleichbehandlungsausschusses, wenn wir dort einen Antrag hätten beschließen können, laut dem Mädchen und Burschen geimpft werden und für den sich die Frauenministerin einsetzt, es aber nicht tun. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.) Nach meinem Dafürhalten wäre das der richtige Weg gewesen, und die Grünen haben das auch so gesehen und haben gleich wie wir gestimmt.

In meinem zweiten Antrag, bei dem es ähnlich abgelaufen ist, geht es um den Einstieg ins Berufsleben und darum, dass schon in der Schule Projekte gestartet werden und überlegt wird, wie man Burschen und Mädchen für Gehaltsverhandlungen sensibilisie­ren kann, wie man Tipps zur Führung von Vorstellungsgesprächen geben kann. Da muss man schon früh ansetzen, da muss man in der Schule ansetzen. Dieser Antrag wurde ebenso abgelehnt und an den Unterrichtsausschuss verwiesen. Das kann ich dann auch nicht verstehen, zumal wir ja bewusst einerseits den Antrag bezüglich HPV-Impfung gleichlautend schon im Gesundheitsausschuss und andererseits den zweiten Antrag auch im Unterrichtsausschuss eingebracht haben.

Meines Erachtens hätten wir beide Anträge im Gleichbehandlungsausschuss anneh­men können, weil das ein gutes Zeichen gewesen wäre und auch, wie ich meine, eine Aufwertung des Ausschusses und eine Aufwertung der Kompetenzen der Frau Ministerin bedeutet hätte. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ein paar Worte möchte ich noch zum Antrag der Grünen bezüglich anonymisierte Bewerbungsverfahren, den die Kollegin Schwentner angesprochen hat, sagen. Ich bin hier bei der Kollegin Schwentner und bei ihren Ausführungen, weil auch ich nicht verstehen kann, dass gerade die SPÖ, die Partei der Frau Bundesministerin, diesen Antrag abgelehnt hat, noch dazu mit der Begründung, es gäbe ein Pilotprojekt im Privatbereich – REWE und NOVOMATIC sind die beiden Unternehmen, die sich als Pilotprojektpartner zur Verfügung stellen.

Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie das nicht in Ihrem Ministerium machen. Sie sind für den Bundesdienst, für den öffentlichen Dienst zuständig, und dieser Fall wäre geradezu prädestiniert dafür, in Ihrem Ressort ein Beispiel zu setzen und diesen Testlauf, dieses Pilotprojekt in Ihrem eigenen Ministerium, in Ihrem Verantwor­tungs­bereich zu machen und die Sache eben nicht wieder in private Unternehmen wie REWE und NOVOMATIC auszulagern.

Aus diesem Grund haben wir auch im Ausschuss für diesen Antrag gestimmt und werden dies heute auch hier im Plenum tun. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)

17.49



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 177

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


17.50.01

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus! Ich darf vielleicht ganz kurz auf die Wortmeldung meiner Kollegin Wurm betreffend das „Levelling up“ eingehen: Ich möchte nur anmerken, dass wir seitens der Österreichischen Volkspartei natürlich gegen jede Form der Diskriminierung sind (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), es aber grundsätzlich ablehnen, eine Gruppe vor einer sogenannten Diskriminierung zu schützen und gleichzeitig dadurch einer anderen Gruppe zu schaden und diese zu diskriminieren. Das wird es mit uns nicht geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir von der Österreichischen Volkspartei stehen für die Freiheit des Einzelnen (Rufe bei der SPÖ: Wir auch!), so wie Sie wahrscheinlich auch, wir stehen aber genauso stark und fest für Eigentumsfreiheit und Privatsphäre. Das „Levelling up“, so wie es jetzt vorliegt, würde die letzten Reste der unternehmerischen und persönlichen Freiheit, bedeutend vor allem für die Klein- und Mittelbetriebe, untergraben, und daher werden wir diesem „Levelling up“ in dieser Form auch nicht zustimmen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wurde schon gesagt: Im Gleich­behand­lungs­ausschuss hat es verschiedene Anträge gegeben. Ich möchte hier auf jenen eingehen, der die Implementierung der HPV-Impfung für Mädchen und Burschen beinhaltet. Wir, die ÖVP-Frauen, haben ja mit dieser Information im September dieses Jahres eine bundesweite Info-Kampagne gestartet, und deshalb war ich sehr glücklich, dass es diesen Antrag gegeben hat und dass wir – mit Ausnahme der Grünen, die waren da nicht dabei – diesen Antrag gemeinsam dem Gesundheitsausschuss zuwei­sen konnten, wo er auch hingehört.

Denn wir müssen schon wissen, dass wir in Österreich jedes Jahr 6 000 Gebärmutter­halserkrankungen haben, und 300 dieser Frauen sterben auch, und ich meine, da ist ganz einfach wirklich jede Einzelne, die so den Tod findet, zu viel. Das ist ganz klar. (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.) Wir wissen aber auch, dass diese Impfung sowohl von der Weltgesundheitsorganisation als auch von der Krebshilfe empfohlen wird. Professor Dr. Sevelda, der hier, in diesem Hohen Haus, im Rahmen der Pink-Ribbon-Veranstaltung gesagt hat: Ich ersuche die Politik, so rasch wie möglich die HPV-Impfung in den Nationalen Impfplan aufzunehmen!, hat sie auch eingefordert. – Er ist Präsident der Krebshilfe.

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich meine, dass es uns gelingen müsste, da Vorsorge zu treffen, wenn wir wissen, dass wir seit dem Jahr 2006 einen Impfstoff haben und dieser nicht auf Krankenkasse zu bekommen ist. Das heißt, für Eltern mit ein, zwei oder mehr Kindern (Zwischenruf der Abg. Binder-Maier) sind 624 € sehr, sehr viel Geld, aber das ist eine absolute Notwendigkeit.

Europaweit sind wir mit der jetzigen Situation Schlusslicht, aber ich bin guten Mutes. Der Herr Bundesminister für Gesundheit hat mir einen Brief geschrieben, in dem er mitteilt, dass er selbstverständlich dafür ist und natürlich auch alles tun wird, damit das in den Nationalen Impfplan aufgenommen wird. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Binder-Maier.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gehe wieder einmal davon aus, dass wir, die Frauensprecherinnen und die Mitglieder des Gleichbehandlungsausschusses, uns dann auch in diesem Bereich im Gesundheitsausschuss positiv einsetzen können. Ich bitte jetzt schon die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsausschuss um Unter-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 178

stützung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Binder-Maier und Rädler.)

17.53


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. – Bitte.

 


17.53.07

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zu den anonymisierten Bewerbungen muss ich ganz ehrlich sagen, dass wir diesen Antrag, Frau Kollegin Korun, ablehnen werden. Wir wissen, dass, wenn es zu einer Einführung auf Bundes­ebene kommt, das eigentlich der Grundstein dafür ist , dass es dann auch in den privatwirtschaftlichen Betrieben umgesetzt wird.

Aus den Zahlen aus Deutschland weiß man, dass 80 Prozent der Arbeitgeber die anonymisierten Bewerbungen ablehnen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.) Das ist auch ganz klar, weil sie ganz einfach mit mehr Zeitaufwand verbunden sind, es entstehen dadurch Kosten und natürlich ergibt sich auch ein enormer Personalaufwand.

Eine Bewerbung ist jetzt eine ganz persönliche Werbung für sich, bei der man ganz einfach auch die persönliche Qualifikation hervorheben kann. Es ist heute schon das Beispiel gebracht worden, dass eine Ärztin einen Job nicht bekommen hat, es gibt aber auch das andere Beispiel, dass nämlich ein Mann den Job nicht bekommen hat. Das kann dann passieren, wenn man eben eine anonymisierte Bewerbung bekommt, wenn man meint, die Kriterien würden passen – denn viel Information ist solch einer Bewerbung ja nicht zu entnehmen –, dann kommt es zum Vorstellungsgespräch – und dann stellt sich heraus, dass man eigentlich eine Verstärkung für ein Frauenteam gesucht hat. Das ist auch eine Art von Diskriminierung, nämlich von Männerdiskri­minierung.

Im Weiteren sollte es auf jeden Fall den Firmen freigestellt werden, wen sie einstellen. Dabei kommt es natürlich auch auf das Geschlecht, auf das Alter und auch auf die bestehende Mitarbeiterstruktur an, ob die Chemie passt und ob der Bewerber ganz einfach auch ins Team hineinpasst.

Für mich persönlich ist diese anonymisierte Bewerbung so etwas Ähnliches wie ein Blind Date, nur dass man eben schon vorher weiß, was dabei herauskommt: eben ein enormer Aufwand. – Wie gesagt, Blind Dates werden abgelehnt.

Es gibt Firmen, die Blind Dates organisieren. Ich persönlich glaube, dass man dort auch keine anonymisierten Bewerbungen entgegennimmt. – Ich weiß es nicht genau, aber ich gehe einmal davon aus.

Dann noch kurz eine weitere Bemerkung zum Antrag der Frau Kollegin Schenk betreffend die Kostenreduktion der HPV-Impfungen für Mädchen und Burschen und ihre Implementierung im Sozialversicherungssystem. Die HPV-Viren sind weit ver­breitet und haben ein ganz großes Ansteckungspotenzial. Zwei Drittel der Menschen stecken sich an, ohne dass sie es überhaupt bemerken. Die Übertragung findet statt über intime körperliche Kontakte, aber auch durch Hautkontakte, und die Viren sind außerdem auch Auslöser für Karzinome, wie zum Beispiel das Zervixkarzinom bis hin zum Kopf-Hals-Karzinom.

Dieser Antrag steht eigentlich für eine sinnvolle und gesundheitsfördernde Maßnahme, und deshalb lehnen wir seine Zuweisung an den Gesundheitsausschuss ab, denn wir glauben, dass er im Gleichbehandlungsausschuss gut aufgehoben wäre. (Beifall des Abg. Dr. Hübner. – Abg. Riepl: Verspäteter Applaus war das!)

17.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 179

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Winter. – Bitte.

 


17.56.45

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Wie man sieht, ist der Entschließungsantrag der Kolleginnen Korun, Schwentner, Freundinnen und Freunde zum anonymisierten Bewerbungsverfahren aus dem letzten Gleichbehandlungsausschuss ein besonderes Gustostückerl, sonst wäre er nicht schon auch in allen anderen Wortmeldungen vorgekommen.

Ich möchte daraus zwei Sätze zitieren, denn das muss man sich tatsächlich auf der Zunge zergehen lassen.

„Anonymisierte Bewerbungsverfahren stellen eine effiziente Möglichkeit dar, Diskrimi­nierung im Bewerbungsprozess – vor allem in der ersten wichtigen Auswahlrunde – hintanzuhalten: Wenn sich die Angaben in den Bewerbungsunterlagen ausschließlich auf die Qualifikation der BewerberInnen beschränken, dann verhindert dies eine, unter Umständen auch unbewusst ablaufende, Diskriminierung“.

Also, Frau Kollegin Schwentner, die fachliche Kompetenz zu bewerten, das ist durch­aus auch in unserem Sinn, aber wollen Sie die soziale Kompetenz tatsächlich total ausschließen? Wissen Sie, was die soziale Kompetenz in einem Beruf und in einem Betrieb ausmacht? Kennen Sie die Definition von sozialer Kompetenz? Kennen Sie das? (Abg. Schenk: Ihr von der FPÖ ...!)

Darf ich Sie kurz daran erinnern? – Das ist „die Fähigkeit, mit Vorgesetzten und Kolle­gen in sozialen Situationen erfolgreich zu interagieren“. – Das wollen Sie aus­schließen? Das kann ja doch wohl nicht Ihr Ernst sein! (Beifall bei der FPÖ.) Deswegen ist für uns dieser Antrag als solcher absolut abzulehnen.

Weiters ist der letzte Satz in Ihrer Begründung für uns total unschlüssig, denn Sie sagen Folgendes: 

„An einer zweiten Bewerbungsrunde sollen alle jene BewerberInnen teilnehmen, welche die in der Ausschreibung geforderten Qualifikationen aufweisen.“

Ja heißt das somit, dass die Bewerber und Bewerberinnen diese Qualifikationen in der ersten Runde nicht erbracht haben? – Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das wirklich meinen!

Was ist mit Kanada? Sie führen Kanada als das ideale Land an, wo es diese Bestim­mung schon sehr lange gibt. – Das stimmt, aber wenn Sie nachschauen, dann werden Sie sehen, dass es in Kanada seit dem Jahr 1976 12 Prozent Frauen mehr gibt, die mehr verdienen als ihre Männer. Das ist eine Struktur, die man mit unserer Struktur überhaupt nicht vergleichen kann!

Und die Erfahrungen bei diesem Pilotprojekt in Deutschland, wo eben diese anony­misierten Bewerbungen ohne Namen, ohne Geschlecht, ohne Foto, ohne Nationalität durchgeführt worden sind, beweisen – ja das stimmt –, dass die Chancen von Migranten und Frauen dadurch erhöht werden, aber, Frau Kollegin Schwentner – wir sind doch im Gleichbehandlungsausschuss –, was Sie hier machen, oder der Versuch, den Sie hier starten wollten, ist eigentlich Anlassgesetzgebung (Abg. Mag. Schwentner: Wo ist der Anlass?), und Anlassgesetzgebung ist in der Juristerei absolut verboten und soll überhaupt keinen Weg dorthin finden.

Noch etwas: Sie sind nicht für die Gleichberechtigung, sondern Sie wollen Ihre Ideologie in Gesetze gegossen haben und sehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 180

Wenn Sie dann sagen, Kollegin Schwentner und auch Kollegin Schenk, Sie verstünden nicht, warum die Frau Minister oder die Regierungsparteien Ihrem Antrag zustimmten, obwohl sie selbst einen entsprechenden Pilotversuch gestartet haben – na, das ist ganz einfach! Ich würde da einen Vergleich mit dem Tierreich ziehen: Das ist Futterneid. Hie die Opposition, dort das Ministerium: Das Ministerium muss Erfolge brin­gen, dagegen sind Sie einfach machtlos, liebe Frau Kollegin!

Da ja kurzerhand die Weihnachtszeit kommt, würde ich sowohl der Frau Minister als auch den Kolleginnen von der grünen Fraktion ein Buch besonders ans Herz legen. Dieses Buch spricht über die Abrechnung mit dem Allmachts-Feminismus, es spricht von der Falle des Feminismus. Kennen Sie es? – Nein. Dieses Buch wurde von keiner Rechten geschrieben, dieses Buch wurde von Christine Bauer-Jelinek geschrieben, einer ehemaligen Achtundsechzigerin. Ich denke mir, dieses Buch „Der falsche Feind. Schuld sind nicht die Männer“ sollten Sie sich zu Gemüte führen. (Abg. Marek: Aber dieses Buch ist Schrott, Frau Kollegin!)

Als Abschlusssatz möchte ich noch hinzufügen: Ich bin sehr froh, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass ich Mitglied der Freiheitlichen Partei Österreichs bin, denn die Freiheitliche Partei Österreichs schätzt den Wert der Frauen und lässt die Frau Frau sein! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

18.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Korun. – Bitte.

 


18.01.45

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie! Wenn es nicht so lustig und so sehr zum Lachen wäre, wäre es eigentlich traurig. Aber ich möchte Ihnen in einem Punkt danken, sehr geehrte Frau Kollegin Winter, nämlich dafür, dass Sie uns wieder einmal sozusagen ein „Gusto­stückerl“ – um ein Wort, das Sie verwendet haben, aufzugreifen – serviert haben für das, was meiner Ansicht nach so viele Menschen an der Politik inzwischen frustriert: dieses Wadlbeißerische, diese Versuche, mit irgendwelchen kruden Argu­men­ten dagegen zu sein und Vorschläge, die von anderen kommen – unabhängig davon, was sie genau beinhalten, unabhängig davon, ob man sie verstanden hat –, lächerlich zu machen, lauter rhetorische Fragen zu stellen und diese dann gleich selbst zu beantworten! Ich glaube, so ein Theater haben unsere Bürger und Bürgerinnen nicht verdient. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm. – Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.)

So etwas hat die Politik auch nicht verdient, denn wir wurden hoffentlich alle gewählt, um ernsthafte Probleme anzugehen. Jede Fraktion, jeder Abgeordnete macht konkrete Vorschläge, die muss man nicht mögen, die kann man, darf man ablehnen. Das passiert auch laufend. Aber so bestrebt zu sein, etwas in den Dreck zu ziehen, etwas lächerlich zu machen, was ein Anliegen ist, was hoffentlich uns allen ein Anliegen sein sollte, nämlich gelebte Chancengleichheit für alle Menschen in der Gesellschaft, das ist einfach unnötig – um es so zu formulieren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Hübner: ... nicht einfach sagen, man zieht es in den Dreck!)

Wenn wir jetzt konkret zum Inhalt des Antrags kommen: Unser Antrag geht von der Tatsache aus, dass wir alle, wie wir hier sitzen – und auch der Rest unserer Gesellschaft –, uns eine Gesellschaft wünschen, wo niemand benachteiligt wird, wo alle nach ihren Fähigkeiten, nach ihren Ausbildungen, nach dem, was sie können, beurteilt werden, aber nicht daran gemessen werden, ob sie behindert sind oder nicht,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 181

ob sie Frau oder Mann sind, ob sie so oder anders heißen, ob sie jung oder alt sind. Das bezweckt dieser Antrag.

Das ist auch nicht nur auf unserem Mist gewachsen. Es gibt Länder – wie Sie auch aufgezählt haben, Frau Winter –, in denen das inzwischen ziemlich erfolgreich aus­probiert wurde. In Deutschland hat sich auch ein Bundesministerium an so einem Projekt beteiligt, und die Ergebnisse waren überwiegend positiv, weil es geheißen hat: Mit anonymisierten Verfahren kann man dafür sorgen, dass Menschen, die eigentlich die nötige Qualifikation mit sich bringen, nicht von vornherein im ersten Schritt des Verfahrens ausgesiebt werden, dass ihre Bewerbungen gleich gekübelt werden und dass sie nie eine Chance haben, zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.

Jetzt kann man sagen: Na ja, wenn jemand diskriminieren will, dann diskriminiert er im zweiten Schritt. – Ja, wenn man das sagt, hätte man recht. Aber es geht auch darum, Bewusstsein zu schaffen, einmal überhaupt einen ersten Schritt zu ermöglichen, dass Menschen die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch haben. Spätestens dort, Frau Winter, würde ja der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin sehen, ob das eine Frau ist, ob das jemand ist, der behindert ist, ob das jemand ist, der jung ist, der alt ist und so weiter. Niemand spricht hier davon, dass man bis zum Tag der Anstellung die Identität und das Gesicht des Bewerbers oder der Bewerberin geheim halten soll.

Wissen Sie, genau solche Sachen, wo man sich über konkrete Vorschläge lustig macht, um sie um jeden Preis ablehnen zu können, und dann mit diesem ganzen Zuckerguss kommt: Ja, der böse, böse Feminismus!, und so tut, als wäre die Gleich­behandlung zwischen Männern und Frauen in unserer Gesellschaft wirklich erreicht, damit macht man sich selber lächerlich! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gartelgruber.)

Abschließend möchte ich einen Punkt wiederholen, den meine Kollegin Schwentner angesprochen hat. Ich kann auch nicht wirklich nachvollziehen, warum die Bundes­ministerin sagt: Ja, das ist eine gute Idee! Nach unserem Vorschlag hat sie das auch aufgegriffen, das begrüße ich, das finde ich gut. Und sie hat gesagt: Gut, wir machen jetzt ein Pilotprojekt mit zwei Firmen aus der Privatwirtschaft! – Das ist zu begrüßen, das ist besser als nichts. Aber warum sagt man dann, das soll die Privatwirtschaft begrüßen – wir machen aber nicht einen mutigen Schritt, wir probieren das nicht aus?

Das wäre ein Pilotprojekt, wo wir uns dann die Ergebnisse anschauen würden: Was hat es gebracht, was hat es nicht gebracht? – Diesen Mut sollte man als Beamten­ministerin schon an den Tag legen, sind wir der Meinung. Deshalb würde es uns sehr freuen, wenn Sie sich das in den nächsten Wochen noch einmal überlegen würden, weil das unserer Meinung nach einen Versuch wert ist. Das könnten und sollten wir gemeinsam probieren, dafür sind wir offen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen.)

18.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gessl-Ranftl. – Bitte.

 


18.07.08

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Hohes Haus! Ich möchte mich auch zum Antrag der Grünen bezüglich anony­misierter Bewerbungen äußern. Ich muss Ihnen da, Frau Kollegin Korun, schon recht geben: Anonymisierte Bewerbungen sind allgemein mit Sicherheit ein wichtiger Faktor für Fairness in der Arbeitswelt.


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Da hat sich ja schon einiges bewegt. Von der Frauenministerin wurden diesbezüglich schon Pilotprojekte gestartet, Projekte – das haben wir heute schon gehört – wie zum Beispiel mit der REWE Group, der Novomatic AG, aber auch mit dem Verein „Wirtschaft für Integration“. Vorrangiges Ziel soll dabei immer sein, dass es vorurteils-freie Auswahlverfahren gibt, Auswahlverfahren, die auch unbewusste, unbeabsichtigte Diskriminierung möglichst ausschließen. Es geht daher darum, Bewerberinnen und Bewerber – das haben wir heute ja auch schon gehört – unabhängig von Aussehen, Geschlecht, Namen und Herkunft zu sehen.

Anonymisierte Bewerbungen können daher ein Weg sein, dem entgegenzuwirken. Bewerberinnen und Bewerbern, die vielleicht aufgrund von Vorurteilen keine Mög­lichkeit bekamen, sich und vor allem ihre Qualifikation persönlich zu präsentieren, sollen nun Türen geöffnet werden, Türen, die bislang verschlossen blieben. Einen großen Nutzen hat sicherlich auch die Wirtschaft davon, Talente vorurteilsfrei zu erkennen.

Zu dem Antrag, in dem die Grünen auch anonymisierte Bewerbungsverfahren im Bun­desdienst fordern, möchte ich Folgendes festhalten. Anonyme, anonymisierte Bewer­bungsverfahren im öffentlichen Dienst – und das haben wir auch schon im Ausschuss ausreichend diskutiert – machen keinen Sinn, da im Bundesdienst ohnehin alle Bewerberinnen und Bewerber zu einem Gespräch geladen werden, die dann die formellen Kriterien erfüllen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durchschlag. – Bitte.

 


18.09.29

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ein paar kurze Anmerkungen zu allen drei vorliegenden Anträgen, zuerst zum Antrag der Kollegin Schwentner, die ja anonymisierte Bewerbungsverfahren im öffentlichen Dienst fordert, und zwar mit der ausdrücklichen Begründung der Sicherung der Gleich­stellung. Und Sie wundern sich, dass die Frau Bundesministerin nicht gleich darauf eingeht.

Die Frau Minister macht das ja in einem Pilotprojekt mit der Privatwirtschaft, und ich denke, das ist auch der richtige Weg. Der öffentliche Dienst, und zwar möchte ich jetzt sagen, der Bund, aber auch die Länder haben nämlich sehr, sehr gute Gleich­stellungs­pläne und Frauenförderpläne, und die greifen auch. Ich sage da, zum Beispiel beim Landesdienst in Oberösterreich funktioniert das sehr, sehr gut.

Das heißt, man kann da den öffentlichen Dienst wirklich als Vorreiter bezeichnen. Genau dort halte ich es für nicht so notwendig. Daher haben wir diesen Antrag im Ausschuss ja auch abgelehnt, im Unterschied zu den beiden anderen Anträgen, die wir jeweils anderen Ausschüssen zugewiesen haben.

Das ist zum einen der Antrag der Kollegin Schenk betreffend HPV-Impfung. Meine Kollegin Schittenhelm hat es schon gesagt: 300 Frauen jährlich sterben, zu 80 Prozent ist diese Erkrankung mit einer Impfung zu verhindern. Das wollen wir im Gesundheitsausschuss diskutieren. Da gehört es meiner Meinung nach auch hin, denn es soll der Gesundheitsminister sein, der das schließlich und endlich umsetzt, weil er es ja in einen Impfplan aufnehmen soll.

Da bin ich jetzt auch beim Thema der Prävention. Wenn eine Krankheit verhindert werden kann – und mit der Impfung kann das eben zu 80 Prozent der Fall sein –, dann sollten wir auch möglichst vielen Menschen die Gelegenheit geben, das zu tun. Durch die Kostenübernahme, durch eine Aufnahme in den Impfplan würden wir sehr, sehr


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vielen Menschen helfen. Diese über 600 € stellen eben für viele Familien eine sehr große Belastung dar, sie sind für viele nicht leistbar, daher sollten wir da die Familien unterstützen. Ich bin auch sicher, dass der Herr Gesundheitsminister, wenn er das mit den Herstellern der Impfstoffe verhandelt, dann auch zu so guten Preisen kommt, dass es keine allzu große Belastung im Budget darstellen würde. Das heißt, ich würde sehr hoffen, dass wir diesen Antrag im Gesundheitsausschuss durchbringen.

Der dritte Antrag wird dem Unterrichtsausschuss zugewiesen. Da werden ja Projekte für die Pflichtschule gefordert, was den Einstieg ins Berufsleben angeht, besonders auch mit dem Fokus auf Gehaltsverhandlungen.

Dazu vielleicht ein offenes Wort: Ich denke, es ist sehr wichtig, sich selbst und seinen Wert richtig einschätzen zu können und dann auch verhandeln zu können. Voraus­setzung dafür ist aber, dass ich eine ordentliche Berufsausbildung habe, dass ich den richtigen und für mich passenden Beruf habe. Dann habe ich eigentlich erst etwas, was ich mit einem potenziellen Arbeitgeber verhandeln kann, und nicht schon von der Pflichtschule weg. Das heißt, ich muss zuerst den ersten Schritt machen, dann den zweiten.

Da möchte ich als Projekt in diesem Zusammenhang die Potenzialanalyse nennen, die in Oberösterreich vom WIFI gemacht wird, die das Land Oberösterreich auch finanziert. Das ist ein Test, der hervorragend dazu geeignet ist, die Fähigkeiten von Jugendlichen zu erkennen und ihnen dann auch die entsprechenden Vorschläge für die Berufswahl zu machen. – Dies vielleicht als kleine Anregung für die Beratung im Unterrichtsausschuss. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mag. Wurm.)

18.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mühlberghuber. – Bitte.

 


18.12.57

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­des­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich auf den Antrag betreffend Projekt „Einstieg ins Berufsleben“ beziehen. Ich zitiere aus der „Frankfurter Allgemeinen“ vom 17. Oktober 2012:

„Der Start ins Berufsleben ist entscheidend“. Ein „glatter Einstieg ins Berufsleben prägt die künftigen Karrierechancen stark“. Und: „Ein gelungener Start“ ist „der beste Schutz vor einem späteren Stellenverlust. Wer nicht als junger Mensch rasch im Berufsleben Fuß fasse, habe oft auch später mit Problemen zu kämpfen“.

Das ist vollkommen richtig und ist auch notwendig. Beim Einstieg ins Berufsleben ergeben sich für junge Menschen oft viele Fragen: Wie finde ich den idealen Job? Wie steht es um die Formalitäten? Wie viel Gehalt beziehungsweise wie viel Lohn steht mir zu? Und: Wie bewerbe ich mich erfolgreich, damit der Einstieg ins Berufsleben erfolgreich verläuft?

Frau Kollegin Schenk ist vorhin schon näher auf ihren Antrag eingegangen. Er ist dem Unterrichtsausschuss zugewiesen worden, und ich glaube, dort passt er auch hin. Im Antrag steht: „in Schulen“; es ist nur die Frage, in welchen Schulen: in Hauptschulen, in der Neuen Mittelschule, in weiterführenden Schulen. Ich glaube, das gehört wirklich im Unterrichtsausschuss geklärt.

Es gibt zum Beispiel auch einige Projekte in Hauptschulen oder in Neuen Mittel­schulen. Da gibt es Angebote mit Tagesseminaren. Das ist aber auf freiwilliger Basis, und es kommt bei den Schülern sehr gut an. Auch in weiterführenden Schulen wird das als Freifach angeboten, und es wird von den Schülern ebenfalls sehr gut ange­nommen.


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Bei solchen Tageseminaren werden insbesondere Kenntnisse in den Bereichen Kom-munikation und Körpersprache anschaulich und mit Videotraining vermittelt. Es werden auch Bewerbungsgespräche geübt, wobei wichtige Tipps für das spätere Berufsleben mitgegeben werden. Im Unterrichtsausschuss werden wir darüber noch weiterdis­ku-tieren. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

18.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


18.15.25

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Ich darf nur festhalten, Herr Präsident: 13 Perso­nen sind jetzt bei dem ganzen Kapitel auf der Rednerliste, und ich bin der einzige Mann unter den 13. Es geht um Gleichbehandlung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Barten­stein.) Ich freue mich also darüber, dass ich hier stehen darf.

Kollegin Schenk vom BZÖ, ich bitte kurz um Aufmerksamkeit! – Sie passt noch immer nicht auf. – Kollegin Schenk, eine Bitte: Stellen Sie sich vor, Sie haben zwei Post-adressen, und ich möchte Ihnen einen Brief schreiben. Ich schreibe Ihnen an beide Adressen den gleichen Brief. Wahrscheinlich würden Sie sagen: Unnötig, wozu macht er das, es hätte ja ein Mal auch gereicht! (Abg. Schenk: Doppelt hält besser!)

Genauso ist es mit Ihren Anträgen: Sie haben ein Anliegen und schicken es an mehrere Adressen, nämlich an mehrere Ausschüsse. Wir haben dann die Arbeit, dass wir das zusammenfinden, dass man vernünftig darüber reden kann. Wo redet man beispielsweise über einen Schulantrag am besten? – Nicht im Gleichbehandlungs­ausschuss, sondern im Unterrichtsausschuss. Darum wird heute keine Enderledigung Ihres Antrages, sondern eine Verweisung in den richtigen Ausschuss erfolgen. (Abg. Schenk: Das ist Ihre Meinung! Es ist möglich!)

Sie und Ihre Fraktion treten immer für Verwaltungsvereinfachung und Ähnliches ein, aber dann machen Sie hier unnötige Arbeit. Ich glaube daher, Sie sollten sich das einmal überlegen. (Abg. Schenk: Möglich ist es! Ich mache keine unnötige Arbeit!)

Es ist im Bereich des Einstiegs ins Berufsleben schon sehr viel geschehen. Es gibt Berufsvorbereitungen in den Schulen, es gibt im Sozialressort eine Reihe von Angeboten, es gibt vom AMS eine Reihe von Angeboten und, und, und. Wir werden das alles noch im Unterrichtsausschuss diskutieren, und ich glaube, so muss man den Antrag auch sehen.

Abschließend vielleicht noch zwei Bemerkungen über etwas, das meiner Ansicht nach wichtig ist, weil es ja auch um Gehaltseinstufungen von Berufsanfängern geht: Ich kann nur jedem empfehlen, sich nach Möglichkeit darüber zu informieren, ob es dort, wo man einmal arbeiten will und wo man sich bewirbt, auch einen Betriebsrat gibt. Studien beweisen, dass in Betrieben mit einem Betriebsrat das Einstiegsgehalt und auch das Lohn- und Gehaltsniveau um 10 Prozent höher ist als in der gleichen Branche in vergleichbaren Betrieben, in denen es keinen Betriebsrat gibt.

Also: Ein Betriebsrat in einem Unternehmen ist schon einmal ein guter Start in ein etwas höheres Einstiegsgehalt oder in einen höheren Einstiegslohn. Ich denke, das sollte bei der Gelegenheit auch ausgesprochen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

18.17


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Riepl! Die Kolleginnen haben insgesamt 32 Minuten eingemeldet, Sie haben 2 Minuten eingemeldet. Sie könnten eigentlich noch 18 Minuten reden – dass sich das dann vielleicht ein bisschen ausgleicht. (Heiterkeit.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 185

Bevor ich die nächste Wortmeldung erteile, darf ich Kolleginnen und Kollegen aus Bayern, die anlässlich einer internationalen Konferenz in Wien sind, sehr herzlich willkommen heißen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


18.18.23

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich Herrn Kollegen Riepl nur anschließen: Ich glaube, dass der Antrag sehr kurz gegriffen ist. Aber es ist natürlich immer wichtig, hier viele Initiativen zu setzen, wenn es um den Einstieg ins Berufsleben geht, auch das Selbstbewusstsein der Frauen zu unterstützen und auch die Information darüber: Was steht mir zu?

Aber, meine Damen und Herren, ich möchte gern ein Thema ansprechen, das keinen der Anträge betrifft. Es ist ein Fall, der in Graz vorgekommen ist, der seit Wochen für Empörung sorgt, und ich möchte sagen: zu Recht für große Empörung sorgt. Die Frage ist: Geht es hier um sexuelle Belästigung, ja oder nein? – Sie kennen alle diesen Fall, ich brauche es nicht auszuführen. Ich bin davon überzeugt, es gibt da und dort auch Personen hier im Saal, die das dann ins Lächerliche ziehen würden, und das möchte ich auch nicht provozieren.

Aber ich denke und bin davon überzeugt, dass wir auch diese Frage diskutieren müssen: Ist das Strafrecht hier zu eng gezogen? Haben wir hier einen ausreichenden Rahmen, ja oder nein? – Tatsache ist, wir müssen darüber diskutieren, ob der Rahmen ausreichend ist. Aber, meine Damen und Herren, wir müssen hier sehr sorgfältig diskutieren, und wir müssen auch unter sehr breiter Einbeziehung von Expertinnen und Experten diskutieren, da vieles abgewogen werden muss, weil das natürlich eine sehr heikle Materie ist und wir uns vieles sehr genau ansehen müssen.

Wir haben daher heute gemeinsam mit der SPÖ einen Entschließungsantrag ein­gebracht, der dem Justizausschuss zugewiesen wird, wo dann gemeinsam diskutiert wird. Die Justizministerin wird darin aufgefordert, nach breiter und eingehender Diskussion einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten.

Ich bin froh darüber, dass wir diesen Entschließungsantrag gemeinsam gemacht haben, meine Damen und Herren. Ganz eindeutig ist – und ich glaube, das ist unser gemeinsames Ziel –, sexuelle Belästigung ist kein Kavaliersdelikt, das muss das klare Signal für uns alle sein. Klar ist aber auch, meine Damen und Herren, dass hier die Grenzen nie leicht zu ziehen sein werden, umso wichtiger ist hier die breite und eingehende Diskussion, umso mehr, wenn es um das Strafrecht geht, und davon sprechen wir hier. Ich hoffe auf Ihre breite Unterstützung. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

18.20


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


18.20.41

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Kolle­gin Marek! Herzlichen Dank dafür, dass du diesen Aspekt in die Diskussion eingebracht hast, denn ich denke, gerade dieser Fall in Graz hat gezeigt, wie unsensibel die Richter zum Teil mit der Menschenwürde von Frauen umgehen. Da haben wir einen großen Handlungsbedarf. Ich vertraue tatsächlich auf die Verhand­lungen mit dem Justizministerium und auf die Behandlung im Justizausschuss.

Zu Wort gemeldet habe ich mich aber noch einmal wegen des Antrages betreffend Impfung gegen HPV-Viren. Kollegin Schenk, wir haben den Antrag nicht abgelehnt. (Abg. Schenk: Das wissen wir schon!) Ich möchte das noch einmal richtigstellen, auch


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 186

für das Protokoll. Er wird dem Gesundheitsausschuss zugewiesen, und zwar aus gutem Grund. Wir alle wissen – Sie alle werden die Studien gelesen haben –, dass HPV-Viren Gebärmutterhalskrebs hervorrufen können. Hauptverantwortlich sind nach derzeitigen Erkenntnissen die Typen 16 bis 18. Seit 2006 gibt es im Wesentlichen zwei Impfstoffe dagegen: Einen, der gegen den Virustyp 16 und 18 sowie 6 und 11 gerichtet ist, und einen gegen die Virustypen 16 und 18.

Diese Impfung wird auch sehr massiv beworben – das muss man sagen –, und ich habe mich beim Frauengesundheitszentrum in Graz erkundigt. Da gibt es ExpertInnen, bei denen keine persönlichen Bereicherungsinteressen dahinterstehen. Diese haben teilweise Bedenken gegen die Impfform, wie sie derzeit gefordert wird. Sie haben massiv Bedenken, dass auf die Wirkungen, die auch bestehen können, zu wenig eingegangen wird. Sie fordern daher eine Reihe von Maßnahmen, unter anderem dass man, wenn man die Impfung einführt, eine Auswertung der Daten machen müsste. Das heißt, man müsste auch ein Impfregister einführen. (Zwischenruf der Abg. Schenk.)

Da geht es also um eine Vielzahl von Fragen, die damit zusammenhängen, unter anderem auch der PAP-Test, wie Sie wissen, also der Gebärmutterhalsabstrich. Ich glaube, dass diese Fragen es wirklich rechtfertigen, dass wir dieses Thema im Gesund­heitsausschuss behandeln, damit wir im Rahmen der ganzen Problematik, die sich ergibt – das betrifft ja nicht nur Frauen, sondern auch Buben müssten durch­geimpft werden –, das wirklich aus der gesundheitlichen Perspektive sehen. Ich glaube, da sind wir alle einer Meinung, dass uns das Wohl der Menschen, die Gesundheit der Menschen am Herzen liegt. Wir haben diesen Weg gewählt, weil wir glauben, dass das der bessere Weg ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Schenk: Das eine schließt das andere nicht aus!)

18.23

18.23.10

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zunächst kommt die Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 24: Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 2038 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 25: Antrag des Gleichbehand­lungsausschusses, seinen Bericht 2039 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Kolleginnen und Kollegen, die dies unterstützen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Den Antrag 2098/A(E) weise ich dem Gesundheitsausschuss zu.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 26: Antrag des Gleichbehandlungsausschusses, seinen Bericht 2040 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie dem zustimmen, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Den Antrag 1675/A(E) weise ich dem Unterrichtsausschuss zu.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 187

18.24.2927. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2011 d.B.) Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 und das Studienförderungs­gesetz 1992 geändert werden (2078 d.B.)

28. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2067/A(E) der Abgeord­neten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährliche Valori­sierung der Studienbeihilfe sowie jährliche Valorisierung der Zuverdienstgrenze (2079 d.B.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 27 und 28 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dritter Präsident Dr. Graf. – Bitte.

 


18.25.03

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir verhandeln jetzt eine Materie betreffend Universitäts­ge­setz 2002, eine Reparatur einer Gesetzesbestimmung, die notwendig geworden ist, weil die Bestimmung des UG 2002 in der Novellierungsfassung – ich denke, es war der September 2008, als die Studienbeiträge für fleißige und schnelle Studierende letztlich abgeschafft wurden beziehungsweise Befreiungstatbestände normiert wurden – aufgehoben wurde vom Verfassungsgerichtshof, und zwar mit Erkenntnis vom 30. Juni 2011.

Wir haben seit diesem Datum oder kurz vorher schon sehr, sehr viele Auseinan­der­setzungen zu diesem Thema gehabt: Reparatur ja oder nein? Die ÖVP will Studien­beiträge generell wieder einführen, andere Fraktionen in diesem Hause sind auch anderer Auffassung.

Herr Bundesminister Töchterle hat sich, als er das Amt angetreten hat, de facto ge­weigert, eine Reparatur, die infolge dieser Verfassungsgerichtshof-Entscheidung notwendig geworden ist, vorzunehmen, indem er gesagt hat, ein Gesetz oder eine Novelle, die nicht seinen Vorstellungen entspricht, will er, auch wenn es der Verfassungsgerichtshof aufhebt, nicht reparieren. Er hat da einen sehr krassen Standpunkt eingenommen, so nach dem Motto: Wenn bei einer Bestimmung im universitären Bereich die ÖVP nicht mitstimmt, dann darf das ganz einfach auch nicht zum Gesetz werden. So ungefähr in einer Welt wie dieser leben wir.

Herr Bundesminister, wir sind grundsätzlich froh, dass jetzt ein Meinungsumschwung herbeigeführt worden ist, und dass nach mehr als 18 Monaten Rechtsunsicherheit, die Sie immer abgestritten haben, die Rechtssicherheit wiederhergestellt wird, zumindest in diesem Bereich.

Sie setzen das auch in der Art und Weise um, die wir schon mehrfach beantragt haben und wo es immer Ablehnungen seitens der Regierungsparteien in den letzten Monaten gab, aber man folgt jetzt diesem Beispiel. Das ist gut und richtig so, und einige Ergänzungen sind auch gut und richtig so.

Im Vorblatt, das auch Sie federführend zu verantworten haben, ist zu lesen: Ziel, Inhalt und Problemlösung dieser Novellierung ist es, Rechtsunsicherheit, die eingetreten ist, zu beseitigen, Alternativen gibt es keine. – Da sind wir, die seinerzeit eine andere


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 188

Meinung als Sie vertreten haben, bestätigt worden. Aber sie schummeln uns da etwas hinein, und da können wir nicht wirklich mit. Sie haben die Universitäten auch aufge­fordert, sie mögen doch über die Satzungen der Universitäten einfach wieder Studien­beiträge festlegen. Neun Universitäten sind auch Ihrer Aufforderung nachgekommen. Die haben das in den Satzungen festgeschrieben. Das wurde auch von den Studie­renden bekämpft. Diesbezüglich laufen Verfahren beim Verfassungsgerichtshof.

Und siehe da, in dieser Novelle, die Sie uns jetzt vorlegen, wollen Sie einen Versuch unternehmen, dies zu sanieren, und nehmen diese neuen Universitätssatzungen, die diesen Themenbereich betreffen, herein und sagen mehr oder weniger, wir sanieren das rückwirkend für die Universitäten, die meiner Aufforderung gefolgt sind.

Jetzt sind zwei Semester verloren gegangen, in denen Studienbeiträge hätten einge­hoben werden können. Das sind rund 60 Millionen € – ich war eigentlich der Meinung es sind rund 45 bis 50 Millionen €, aber über viele Anfragebeantwortungen sind wir zu diesem Ergebnis gekommen –, die Sie letztlich durch Ihr Verhalten und das Ihrer Fraktion, nämlich der ÖVP, verschuldet haben. Sie haben den Universitäten durch ein Bestemmverhalten in den letzten eineinhalb Jahren 60 Millionen € entzogen.

Jetzt sanieren Sie das in einer unsauberen Weise. Ich weiß nicht, ob das verfas­sungsrechtlich überhaupt hält, wenn man so vorgeht. Eines machen Sie auf jeden Fall, und zwar ein schlankes Gesetz, so wie das UG 2002 mit weniger als 50 Paragrafen konzipiert war – alles andere waren Übergangsbestimmungen –, füllen Sie jetzt an und machen kasuistisch Einzelentscheidungen, so nach dem Motto: Ich muss diese Uni­versitäten abdecken, die ich mit meiner Meinung beziehungsweise mit meiner Auffor­derung hineintheatert habe, und will ihnen jetzt nachträglich Sicherheit geben.

Sie fragen nicht, was mit den anderen zwölf, 13 Universitäten passiert, die das nicht gemacht haben, die nicht Ihrem Aufruf gefolgt sind, sondern die sich auf den rechtssicheren Standpunkt begeben haben. Denen lassen Sie nichts zukommen. Vielleicht kommt einmal aus der Rücklage irgendein Äquivalent. Unfair wäre das in jeder Hinsicht, denn von diesen Universitäten, die das eingeführt haben in den Satzun­gen, wurden Studienbeiträge von den Studierenden kassiert, und die wollen Sie ihnen eigentlich vorenthalten.

Wenn Sie einen Ersatz machen, so wie es ja im Raum steht, für die anderen zwölf Uni­versitäten, zahlen Sie das aus dem Steuertopf. Das ist ungerecht und unsauber und wird vielleicht nicht einmal halten vor dem Verfassungsgerichtshof. Ich habe mir ähnliche Entscheidungen angesehen, wo Derartiges in der Vergangenheit probiert worden ist, und die sind vor dem Verfassungsgerichtshof letztlich ohne Bestand ge­wesen. Das heißt, Sie schreiben bewusst eine Rechtsunsicherheit fort, und das ist eigentlich unwürdig in diesem Bereich, würde ich einmal sagen. Ich finde das nicht in Ordnung, dass Ungerechtigkeiten kasuistisch, anlassbezogen in ein Gesetz gefasst werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Aus diesem Grund bringen wir folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf und weiterer Abgeordneter zu dem Bericht des Wissen­schaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2011 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 und das Studienförderungsgesetz 1992 geändert werden (2078 d.B.):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 189

1. In Artikel I lautet in Ziffer 2 in Absatz 30 der dritte Satz:

‚Studienbeiträge, die von Universitäten vom 1. Juni 2012 bis zum Wirksamwerden des § 91 Abs. 1 bis 3 in der Fassung BGBl. I Nr. XXX/2013 eingehoben wurden, sind den Studenten zurückzuerstatten.‘“ – Das ist eigentlich der richtige Antrag. –

„2. In Artikel I, Ziffer 2 entfallen in Absatz 30 die Ziffern 1 bis 9.“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Ich ersuche Sie, dem zuzustimmen. Es wäre nur gerecht von den Universitäten, dass man es diesen Studierenden zurückerstattet.

Herr Bundesminister, Sie haben weit über 450 Millionen € in Ihrer Rücklage. Die kön­nen Sie verwenden, wie Sie wollen. Geben Sie aus dieser Rücklage einfach allen Universitäten diese 60 Millionen €, die durch Ihre Haltung den Universitäten vorent­halten wurden! Das wäre gerecht. So könnte man vorgehen, und Sie würden damit auch ein Gesetz nicht schlampig formulieren.

Ich habe überhaupt so eine Bestimmung in einem Gesetz noch nie gelesen. Da sieht man, dass Sie in Wirklichkeit das alles nicht wollen. Zur jetzt festgehaltenen Studien­novelle, zu den Studienbeiträgen sagen Sie Folgendes:

„Kommt es bis 1. Juni 2014 zu keiner Neuerung der Studienbeitragsregelung, so bleibt die vorliegende Fassung in Geltung.“

Das ist so nach dem Motto: Wenn es nicht novelliert wird, dann bleibt es eben in Geltung. Das ist ja auch gut. Aber wozu schreibt man so etwas hinein? – Das ist doch ganz normal.

Dass Sie ein schlechtes Gewissen haben, sieht man ja aus Vorblatt, Berichtsblatt und Ähnlichem in dieser Regierungsvorlage und auch der Erläuterung, weil dass Sie die Studienbeiträge über die Satzungen eingehoben haben, wo Sie in Wirklichkeit die Universitäten hineintheatert haben, sage ich jetzt ganz salopp, das haben Sie nicht einmal mit einer Silbe erwähnt. Das wird nicht erwähnt, sondern das wird hinein­geschummelt und wird wahrscheinlich nicht einmal halten. Ich glaube, dass unsere Initiative, diesen Abänderungsantrag abzustimmen, die richtige ist.

Und damit Sie gleich wissen, was noch kommt: Wir haben auch eine namentliche Abstimmung zu dieser Passage, sollte der Abänderungsantrag nicht durchgehen, über die Regierungsvorlage in zweiter Lesung bestellt, weil wir wissen wollen, welcher Abgeordnete am Ende daran mitwirkt (Abg. Steibl: Na, jetzt reicht’s!), dass man verfassungsmäßig nicht nur schlampige, sondern auch nicht haltbare Regelungen trifft, nur um einen Minister, der ein paar Universitäten in die Sackgasse hat laufen lassen, aus der Bredouille zu schlagen. Das kann es wohl nicht sein.

Sie haben schon mit der Übernahme der flächendeckenden Gesundheitskosten über den klinischen Mehraufwand Ihren Tiroler Universitäten 135 Millionen € aus der Rücklage geschenkt. Das ist schon auch ein Schaden des Wissenschaftsbudgets. Jetzt kommen weitere 60 Millionen € dazu.

Herr Bundesminister, ich bitte Sie, uns im Sinne der ordentlichen Gesetzgebung Regie­rungsvorlagen zuzuleiten, die nachvollziehbar sind, die nicht auf Einzelfälle abstellen, die nicht auf die Rettung eines Ministers oder von einzelnen Personen, Personen­gruppen oder juristischen Personen abzielen und Ähnliches mehr. Ich ersuche Sie künftighin, uns saubere Gesetze in diesem Bereich auch vorzulegen. Ich sage das dazu, weil wir das Signal richtig verstanden haben wollen: In der dritten Lesung werden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 190

wir dieser Gesetzesnovellierung unter diesem Vorbehalt zustimmen, weil wir sie für gut und richtig halten mit Ausnahme dessen, was Sie uns da hineinpressen wollen, wo Sie Abgeordnete auch in die Ziehung nehmen wollen und das nicht rational nachvollzieh­bar ist.

Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sie haben heute die Möglichkeit, nach Ihrem besten Wissen und Gewissen zu entscheiden – und da tragen Sie etwas Verfassungskonformes oder Verfassungswidriges mit.

Ich hoffe, Sie treffen die richtige Entscheidung – und nicht wiederum eine Entschei­dung, die aufgrund des Mottos in der Koalition gemacht wird: kleinster gemeinsamer Nenner; jeder soll irgendwie mitbefriedigt werden – egal, wie es zustande kommt.

Auch im Sinne der Studierenden in Österreich hoffe ich, dass wir uns durchsetzen können. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

18.36


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Abänderungsantrag wird mitver­han­delt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Dr. Rosenkranz, DI Deimek, Dr. Karlsböck und weiterer Abgeordneter

zu dem Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2011 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 und das Studienförderungs­gesetz 1992 geändert werden (2078 d.B.):

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Artikel I lautet in Ziffer 2 in Absatz 30 der dritte Satz:

„Studienbeiträge, die von Universitäten vom 1. Juni 2012 bis zum Wirksamwerden des § 91 Abs. 1 bis 3 in der Fassung BGBl. I Nr. XXX/2013 eingehoben wurden, sind den Studenten zurückzuerstatten.“

In Artikel I, Ziffer 2 entfallen in Absatz 30 die Ziffern 1 bis 9

Begründung

Studienbeiträge, die von Universitäten unter Ausnutzung der Rechtsunsicherheit zwi­schen 1. Juni 2012 bis zum Wirksamwerden des § 91 Abs. 1 bis 3 in der Fassung BGBl. I Nr. XXX/2013 eingehoben wurden, sollen den Studenten zurückerstattet wer­den.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 


18.36.43

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß, es ist schwierig, auch wenn wir es noch so oft sagen, zu akzeptieren, dass es unterschiedliche politische Ziele gibt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 191

Herr Dr. Graf, es ist einfach so: Unser politisches Ziel ist – ich darf es Ihnen und auch den Zuschauerinnen und Zuschauern heute noch einmal erklären – die soziale Fair­ness, Leistungsorientierung, Studienplatzfinanzierung und Betreuungsrelationen auf einen internationalen Standard zu bringen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Aber man muss doch nicht unsauber formulieren!)

Dieses Ziel lässt sich am besten umsetzen, indem wir nicht ganz Europa gratis hier in Österreich studieren lassen, sondern indem wir sie einen kleinen Beitrag zu den Kosten eines Studiums leisten lassen. Das ist, glaube ich, angesichts eines vereinten Europas nur fair, denn auch unsere Staatsbürgerinnen und Staatsbürger müssen im Ausland zahlen. So ist es nun einmal. Auch die können es sich nicht aussuchen, sondern zahlen. Wir sind mittlerweile geradezu schon ein gallisches Dorf. (Abg. Dr. Graf: Stimmt nicht! – Abg. Dr. Grünewald: Sind wir nicht!) Verzeihen Sie mir diesen Ausdruck.

Österreich ist ein wunderbarer Wissenschaftsstandort, aber wir sind fast das einzige Land in Europa, das hier noch keine entsprechenden Studienbeiträge eingeführt hat. Deswegen hat der Minister von Beginn seiner Amtsführung an das politische Ziel gehabt, 500 € pro Semester einzuführen, aber jene zu befreien, die sozial bedürftig sind, und damit haben sie eine Treffsicherheit, mit diesem Geld eine Zweckwidmung zu erreichen.

Unsere politischen Ziele sind: die Betreuungsrelationen verbessern, die Qualität im Studium verbessern, rascher abschließen können, weil man in der Studienzeit auch entsprechend abschließen kann. Das System bewährt sich bei den Fachhochschulen. Das wollen wir auch für die Universitäten. Es gibt derzeit dazu keine Einigung auf Koalitionsebene. Das ist Demokratie, damit leben wir, tagtäglich sind Kompromisse zu finden. Demokratie heißt eben, Kompromisse zu finden. Dazu stehen wir.

Es ist auch so, dass es legitim ist, sich an den Verfassungsgerichtshof zu wenden. Es ist derzeit noch nichts aufgehoben, aber wir haben die Novellierung aufgrund einer Äußerung, die allerdings auch rechtlich infrage zu stellen ist, schon jetzt gemacht. Es ist nämlich ein Verfassungsgerichtshofpräsident alleine in einem gemeinsamen Gre­mium hinausgegangen und hat gesagt, vermutlich ist es so. Das ist seine per­sönliche Meinung. Ich will das jetzt nicht werten (Abg. Dr. Grünewald: Ein bisschen schon!), es steht ihm zu, aber aufgrund dessen haben wir es gemacht. Allerdings ist es ein kollegiales Gremium, das möchte ich rein rechtlich hier auch erwähnen.

Es ist tatsächlich für die Praxis künftig, glaube ich, nicht gut, wenn der Verfassungs­gerichtshof nur mehr durch einen Präsidenten und dessen Einschätzung etwas sagt. Denn es gab ja auch unterschiedliche Einschätzungen anderer namhafter Verfas­sungs­juristen, auch von Verfassungsjuristen im Bundesdienst, andere Einschätzungen gab es auch seitens der Universitäten. – So ist es. Also es wäre gut gewesen, wenn das Gremium dazu auch getagt hätte.

Es ist für die Universitäten eine gute Lösung, es ist ein guter Kompromiss. Wir stehen zu diesem Kompromiss. Wir werden aber ganz klar das politische Ziel weiterverfolgen: soziale, faire Bedingungen für alle Studierenden, bessere Betreuungsrelationen durch klare Zugangsregelungen, durch klare Studienbeiträge und durch eine Erhöhung der Studienbeihilfe, und dafür steht unser Minister. (Beifall bei der ÖVP.)

18.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 192

18.40.46

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Es wurde angesprochen, wie hoch die soziale Kompo­nen­te von Studiengebühren wäre. Frau Cortolezis-Schlager und auch ihre Vorgängerin, Gertrude Brinek, haben keine Studiengebühren gezahlt.

Wie steht es da mit Ihrem sozialen Gewissen? Sie könnten das nachholen. Jederzeit! Die Unis würden sich freuen.

Ich habe den Eindruck, wir verlieren uns immer wieder in Details. Eine breitere oder tiefschürfende Diskussion über den tertiären Sektor in einer Zusammenschau findet eigentlich nicht statt. Genauso werden Lehre und Forschung nicht zusammen betrach­tet mit jenen Ressourcen, die vorhanden sind, insbesondere aber jenen, die nicht vorhanden sind, den Bedingungen also, unter denen Lehre und Forschung funk­tionieren müssen.

Die Zielvorstellungen der Universitäten sind vielfach schön. Ich nenne nur eine: Die Universitäten haben zur gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft beizutragen. – Das ist schön, aber sehr schwammig. Ich irre mich wohl nicht, wenn ich behaupte, dass hier im Haus kein Konsens darüber besteht, was für eine Gesellschaft gut ist und was weniger, außer vielleicht beim Katastrophenschutz. In gesellschaftspolitischen Dingen gibt es jedoch nicht unbedingt Konsens.

Alle bekennen sich zumindest verbal zum Wert der Bildung an und für sich. Bildung ist ein Wert an und für sich und darüber hinaus auch noch sehr stark mit Wohlstand und Einkommen verknüpft und auch mit dem Faktum, dass, wer wohlhabend und gebildet ist, seltener krank wird und länger lebt. Das sind ganz klare Tatsachen. Wenn das belegte Tatsachen sind, könnte man meinen, dass man sich einigen könnte, dass breitere Bevölkerungsschichten einen besseren Zugang zum tertiären System der Bildung haben sollten, nicht nur aus sozialen und ethischen Gründen oder als Menschenrecht, sondern durchaus auch zum Nutzen der Republik und der Gemein­schaft der Österreicherinnen und Österreicher.

Was passiert jedoch? – Den OECD-Bericht und Schleicher fast wörtlich zitierend: Trotz leicht ansteigender Akademikerquote fällt Österreich zurück. Die Bildungsausgaben insgesamt, also Schule und tertiärer Bereich zusammen sind von 1995 auf 2008 von 6,2 Prozentanteil am BIP auf 5,4 Prozent zurückgegangen. Jetzt mögen sie vielleicht leicht ansteigend sein, aber ein Ruhmesblatt ist unsere Position im Ranking nicht.

Bildung ist auch der notwendige Hintergrund, um emanzipierte und kritische BürgerIn­nen zu bekommen, aber daran ist vielen Mächtigen scheinbar nicht sonderlich gelegen. Bildung sollte jedenfalls nicht vererbbar sein und nicht diskriminierend, sie ist das aber sehr wohl noch. Ich höre das Argument mit dem Hinweis auf die Fachhochschulen nicht mehr gerne, wo angeblich alles teuer ist, was so ja auch gar nicht stimmt, die alle Studiengebühren verlangen, was ja auch nicht stimmt. Da sind andere Gründe für die bessere Durchmischung gegeben. Sie sind wohnortnäher und direkt berufsbezogen, weswegen Eltern eher in die Tasche greifen, als für lang dauernde Studien an der Universität.

Die Stufen auf der Bildungsleiter sind allerdings morsch, wenn man hinaufkommen will, und das beginnt bereits im Kindergarten und in der Schule. Auch da hat oder vielmehr hätte die ÖVP etwas zu reden oder zu gestalten, was gut wäre. Es gehen viele Talente verloren. (Beifall bei den Grünen.)

Bessere Einkommen und eine höhere Bildung der Eltern schaffen viel mehr Chancen für ihre Kinder, und viele bleiben dann vor verschlossenen Türen oder scheitern. Und jetzt frage ich einmal die ÖVP als Partei, die den Mittelstand immer so wirklich voll in


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 193

den Mund nimmt: Der Bericht zur sozialen Lage der Studierenden, vom Ministerium finanziert, vom Ministerium beauftragt, gibt die Lebenshaltungskosten für Studierende mit zirka 1 000 € an. Was sagen Sie den Eltern oder Paaren des Mittelstands, die zwei Kinder an den Unis haben, die nicht bei ihnen wohnen? – Sagen Sie denen, die 2 000 € sind ja kein Problem, Sie sind ja Mittelstand. – Das geht nicht! Das geht sogar mit einem Kind oft nicht, die 1 000 € extra, die eine Familie aufbringen muss, um ihr Kind studieren zu lassen.

Wenn ich dann noch von den „sozial ausgewogenen Beihilfen“ höre, dann wird mir schon ganz anders. 20 bis 25 Prozent der Studierenden sind armutsgefährdet! Das geht aus Ihrer eigenen Studie hervor. Viele geben das Studium auf, weil sie gezwun­gen sind, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 60 Prozent arbeiten und verlieren dadurch wertvolle Studienzeiten, Semester. Das ist ein wichtiger Grund für Drop-out-Fälle.

Dazu lese ich Ihnen jetzt etwas vor aus einer Budgetanfrage, die Sie beantwortet haben. Wir haben gefragt:

„Wie viele zusätzliche Studienförderungen (Schätzungen gehen von 43.000 Be­willi­gungen () aus) werden aus den Mitteln für die Studienförderung im Detailbudget (), das um 1.413.000 Euro erhöht wird, bewilligt werden können?“

Die Antwort: „Die Erhöhung des Detailbudgets () um 1,4 Millionen Euro ergibt sich aus einer neuen Zusammenfassung (). Darunter fallen nicht nur die Transfer­zahlungen der Studienförderung, sondern auch die Kosten der Beratungsstellen der Psychologischen Studentenberatung und der Studierendenheimförderung sowie von internationalen Austauschprogrammen.

Und jetzt kommt der „tolle“ Satz! – „Daher sind auch keine zusätzlichen Mittel für Studienbeihilfen vorgesehen.“

„Na bumsti!“, kann ich nur sagen. Das ist „sozial ausgewogen“! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


18.47.02

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sicher, dass wir Ihnen eine gute Lösung vorlegen, die Reparatur eines Gesetzes, das der Verfassungsgerichtshof aufgehoben hat, womit wir wieder Rechtssicherheit für die Universitäten schaffen und eine Verbesserung bei der Studienbeihilfe, die erste, die es seit vielen Jahren wieder gibt.

Ich bin sicher, das ist eine Regelung, von der die meisten Studierenden, der Großteil der Studierenden in Österreich profitieren wird. Der Großteil der Studierenden in Österreich wird weiterhin keine Studiengebühren zahlen. Kollege Grünewald hat die soziale Situation und die soziale Wirkung von Studiengebühren ausführlich dargelegt.

Wir hatten ja in Österreich auch schon den Großversuch, wie sich die Einhebung von Studiengebühren auswirkt, und konnten damals beobachten, dass sich die Studien­gebühren nicht nur so auswirken, dass die Langzeitstudierenden, die ohnehin nicht wirklich studieren – Unterstellung! –, ihre Studien abbrachen, sondern es hat damals auch einen wirklich deutlichen Einbruch von 15 Prozent bei der Zahl der Studien­anfän­ger und -anfängerinnen gegeben.

Daher ist es aus unserer Sicht ein wirklich sehr wichtiger Schritt, dass dieses Gesetz entsprechend repariert wird, dass künftig wieder nur jene Langzeitstudierenden, die


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keinen Grund für eine besonders lange Studienzeit – wie zum Beispiel Berufstätigkeit oder Betreuungspflichten – vorweisen können, und Drittstaatsangehörige Studienge­bühren zahlen werden. In diesem Gesetz haben wir jetzt bei den Drittstaatsange­hörigen eine Differenzierung eingebaut, wonach Drittstaatsangehörige nur dann zah­len, wenn sie mit dem Aufenthaltstitel Studium nach Österreich kommen. Migranten­kinder, die in Österreich aufwachsen, deren Eltern durch ihre Steuerleistung auch zu unserem Bildungssystem beitragen, sind, da wir ja wissen, dass es wichtig ist, sie auch durch Bildung zu integrieren, Österreichern gleichgestellt. Die zahlen also erst dann, wenn sie zu Langzeitstudierenden – wie vorhin definiert – werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Graf, was die Rückwirkung betrifft, muss ich dazu sagen, dass es mir natürlich auch lieber gewesen wäre, wir hätten diese Phase vermeiden können und wären nicht vor dem Problem gestanden, wie wir mit dieser Phase umgehen. Wir haben uns dafür entschieden, und dazu stehe ich auch, mit der Reparatur auch dafür zu sorgen, dass wir diese Phase nicht einfach offen stehen lassen und die Universitäten damit praktisch in einem Chaos zurücklassen. Wir haben uns lange überlegt, wie wir eine saubere Lösung finden, um das zu sanieren, wobei mir zwei Punkte wichtig waren. Der eine Punkt ist – den haben Sie angesprochen –, dass es natürlich verfassungsrechtlich halten muss. Wir haben uns da wirklich mit Top-Verfassungsexperten beraten, und das ist zwar ein zugegebenermaßen für eine Nicht-Juristin überraschender Weg, aber einer, der verfassungskonform ist.

Der zweite Punkt, der mir auch sehr wichtig war, ist, dass wir eine Regelung gefunden haben, die nicht dazu führt, dass man sich darauf berufen kann, dass Universitäten künftig autonom Studiengebühren einheben können. Das bedeutet die rückwirkende Sanierung dieser Phase mit Sicherheit auch nicht.

Drittens bleibt da natürlich eine gewisse Ungerechtigkeit den Universitäten gegenüber, die sich in der Phase an das Gesetz gehalten und keine Studiengebühren eingehoben haben. Da sind wir übereingekommen – der Herr Minister wird das bestätigen und hat das im Ausschuss auch schon bestätigt –, einen finanziellen Ausgleich für jene Universitäten zu finden, die keine Studiengebühren eingehoben haben.

Was eine Verbesserung der Studienförderung anlangt, ist es mir wichtig, zu betonen, dass das über die Erhöhung der Freibeträge für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen geht. Das ist wichtig, weil wir damit bei der großen Ungerechtigkeit im System der Studienförderung durch den unterschiedlichen Einkommensbegriff ansetzen. Wir sind auch übereingekommen, dass das ein erster wichtiger Schritt ist, es dabei aber nicht bleiben soll. Wir beide sehen, dass es da noch zu einem größeren Wurf kommen muss. (Beifall bei der SPÖ.)

18.51


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Widmann. – Bitte.

 


18.51.47

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Kollegin Kuntzl! Es geht zwar auch darum, wie viele Studienanfänger wir in Österreich haben, viel wichtiger ist aber, so denke ich, wie viele das Studium abschließen, weil sie gute Voraussetzungen vorgefunden und eine entsprechend profunde Ausbildung bekom­men haben. Das wäre eigentlich das Ziel, dass man die Absolventenquote hebt. Und auch damals, als Schwarz-Orange/Blau die Studiengebühren eingeführt hat, war es so, dass zwar rund 10 Prozent, 20 Prozent weniger studiert haben – nicht nur Anfänger! –, aber die Absolventenquote im Wesentlichen gleich geblieben ist, auch noch einige Jahre später. Das heißt also, diese Mär ist nicht haltbar.


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Worum geht es? – Es geht darum, dass mit dem heutigen Gesetz ein rechtsfreier Zustand behoben wird, weil der Verfassungsgerichtshof den Auftrag dazu gegeben hat und in der Zwischenzeit bereits acht von 21 staatlichen Unis Gebühren eingehoben haben und das in unterschiedlichen Bereichen auch für Rechtsunsicherheit gesorgt hat.

Wie schaut die Reparatur aus? – In Wirklichkeit ist es ein Fortschreiben des Wahl-Gags von 2008. Das ist der Kern. Sie haben nur versucht, die neuen Studiengebühren und die Befreiung davon an die neuen Studienstrukturen anzupassen, Master und Bachelor. Aber sonst hat sich gar nichts geändert. Das ist der Kern!

Daher haben wir davon gesprochen, dass der Linksblock in diesem Haus – die SPÖ, in diesem Fall auch die FPÖ gemeinsam mit den Grünen – dafür verantwortlich ist, dass es keine Studiengebühren gibt, die sonst auf der ganzen Welt gang und gäbe sind. Neu ist für mich jedoch, dass bei diesem Linksblock nunmehr auch die ÖVP mit dabei ist. Denn Sie, Herr Minister, sind hineingegangen mit einem Modell der Studien­platz­finanzierung, Sie sind hineingegangen mit Studiengebühren, und herausgekommen sind Sie mit dem roten Modell des Linksblocks. (Beifall beim BZÖ.)

Ich habe Ihnen etwas mitgebracht, Herr Minister: ein Taferl! (Der Redner hält eine Tafel in die Höhe.) Ich habe das vor einem Jahr von Studenten, die protestiert haben, bekommen, und ich freue mich, dass die FPÖ dem jetzt zustimmt. Was steht da drauf? – „Gegen Studiengebühren!“, steht da drauf, und dann – dies auch in Richtung ÖVP gesagt –: „Schluss mit der Sparpolitik – her mit der Reichensteuer!“

Liebe Kollegen von der FPÖ und auch von der ÖVP, eines muss ich schon sagen: Wenn da unten die rote Faust ist, „Linkswende jetzt!“, dann sollten Sie einmal darüber nachdenken, in welchem Boot Sie jetzt sitzen. (Abg. Amon: Das ist ja eine gelbe Faust!) Da sollten Sie einmal darüber nachdenken! (Abgeordnete von SPÖ und Grünen halten Handys und Fotoapparate in Fotografierposition.) Sie werden die Fotos bekommen. Für die Grünen und die Roten: Machen wir noch ein Foto! (Der Redner hält noch einmal die mitgebrachte Tafel in die Höhe.)

Das ist das Thema! Ich bin da nicht dabei, aber die ÖVP und auch die FPÖ sind da dabei. Und das ist einfach etwas, das mich sehr verwundert. (Beifall beim BZÖ.)

Die ÖVP spricht immer vom Leistungsgedanken, Sie sprechen auch immer von Gerechtigkeit in diesem Land. Und was machen Sie? – Sie sitzen jetzt mit den Studiengebühren-Verhinderern wider besseres Wissen im Boot und machen auch ihre Geschäfte.

Wenn ein Japaner in New York an der Juilliard School Violine studiert, dann zahlt er dort wie viel Studiengebühr, liebe Kollegen von der SPÖ? – 26 000 € pro Jahr. Wenn derselbe Japaner bei uns am Mozarteum in Salzburg studiert, zahlt er in Zukunft wie viel? – 726 €. Warum sollte er also nicht zu uns kommen?

Wenn ein türkischer Student in Stockholm Maschinenbau studiert, dann zahlt er 16 000 € pro Jahr Studiengebühren. Wenn er zu uns kommt, dann zahlt er an der TU Wien 726 € im Semester.

Ich gratuliere! – Da muss man einmal darüber nachdenken, ob das gescheit ist oder ob man die Unis nicht einmal vorwiegend für die Österreicher ausstatten sollte und erst dann für Studierende aus Drittländern. (Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.) Da haben Sie sich wirklich nichts gedacht.

Wenn ein Kanadier in London Physik studiert, dann zahlt er 15 000 €. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Rudas.) Wenn er es bei uns macht, liebe Kollegin Rudas, dann zahlt er 1 450 € im Jahr.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 196

Das sind Dinge, die die „Zeit“ so kommentiert: „Schlaraffenland der Billigbildung“. „Österreich verschenkt an alle Welt Universitätsabschlüsse“. – Gratuliere dem vereinig­ten Linksblock von ÖVP, Grünen, FPÖ und SPÖ! Sie verschenken Billigabschlüsse ans Ausland und kümmern sich nicht darum, dass die Studenten hier in Österreich gute Voraussetzungen vorfinden, weil Sie das Geld dafür dann nicht mehr haben. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie, liebe Kollegin, nur Durchschnittsstudiengebühren einheben würden von den rund 6 000 Auslandsstudenten aus Drittstaaten – plus 16 Prozent im nächsten Jahr –, dann hätten Sie mit diesen Einnahmen 50 Millionen, 60 Millionen, bis zu 100 Millio­nen € mehr. Wenn Sie dann auch noch Studiengebühren, natürlich gestaffelt bezie­hungsweise abgefedert mit Studienbeihilfen, die man evaluieren müsste, einheben würden, dann hätten Sie 200 Millionen bis 300 Millionen €, die die Unis dringend brauchten. Sie tun es aber nicht. Da frage ich mich schon, ob Sie wirklich Konzepte haben oder nicht.

Zu guter Letzt: Wir wollen, dass in Österreich zuerst Österreicher studieren können, dann Kollegen aus dem EU-Ausland und dann aus Drittländern. Das kann man schaffen, indem man Einschreibgebühren einführt in Höhe von etwa 5 000 €, wie wir das vorgeschlagen haben. Das ist zu koppeln mit dem Uni-Bonus, weil man das den Österreichern zurückgibt. Dafür sind Sie jedoch auch nicht zu haben.

In Wirklichkeit ist das, was Sie heute machen, ein großer Murks, ein Pfusch. Es bringt gar nichts, es bringt keine Verbesserung für die Universitäten, keine Verbesserungen für die Studenten, und Sie setzen damit den Zickzackkurs fort. Was fehlt, ist ein Gesamtkonzept mit fairen und gerechten Studiengebühren, gekoppelt mit Studien­beihilfen und natürlich auch eine entsprechende Ausstattung der Universitäten. Da wären Sie gefordert, aber da bremsen Sie von der linken Seite diesen Minister und auch dieses Land. (Beifall beim BZÖ.)

18.57


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Mayer. – Bitte.

 


18.57.53

Abgeordneter Peter Mayer (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Für viele Berufsausbildungen bei uns in Österreich müssen die betroffenen Personen selbst Geld in die Hand nehmen. So kann es sein, dass eine Facharbeiterausbildung, eine Meisterausbildung mehrere tausend Euro kostet. Man kann natürlich argumentieren, dass durch die höhere Qualifikation natürlich auch das Einkommen in Zukunft steigen wird. Das Gleiche gilt doch auch für einen fertig ausgebildeten Akademiker. Der kann davon ausgehen, dass er eher zu den Besserverdienenden in Österreich zählen wird, wenn er seine Ausbildung erfolgreich absolviert hat.

Darum bin ich nach wie vor für sozial gestaffelte Studiengebühren, einerseits um die Qualität der Universitäten mit finanziellen Mitteln zu verbessern, andererseits haben sie auch einen Steuerungseffekt. Wir wollen ja rasch eine hohe Akademikerquote erreichen. Dazu brauchen wir prüfungsaktive Studenten. Momentan haben wir die Situation, dass von rund 300 000 Studenten 100 000 prüfungsinaktiv sind. Da kann man sagen, dass das eben so ist. Es ginge jedoch auch besser. Damals, vor 2008, war die Situation die, dass nur 10 Prozent der Studierenden prüfungsinaktiv waren. Dahin müssen wir wieder kommen.

Diese neue Novelle hat jedoch auch einen sehr positiven Aspekt, nämlich die Verbesserungen bei den Studienbeihilfen. 20 000 StudienbeihilfebezieherInnen können


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 197

damit rechnen, dass ihre Situation verbessert wird. 2,5 Millionen € werden dafür in die Hand genommen, und ich glaube, diese Novelle geht in die richtige Richtung insofern, als jenen geholfen wird, die die Unterstützung auch wirklich brauchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.59


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Dr. Töchterle. – Bitte.

 


19.00.01

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Als der Verfassungs­gerichtshof das Gesetz von 2008 aufgehoben hat, habe ich mich sofort an die Arbeit gemacht und eine neue Gesetzesvorlage ausgearbeitet.

Es ist nicht gelungen, diese mit dem Koalitionspartner in Übereinstimmung zu bringen, sodass eine Zeitlang ein Gesetz in Geltung war, das einige Lücken offen ließ. Diese Lücken konnte man unterschiedlich interpretieren. Ich habe sie mit dem wohl besten Kenner des Universitätsgesetzes und auf Basis eines Gutachtens von ihm so interpretiert, wie sie der Verfassungsgerichtshof wahrscheinlich nicht interpretiert – so hat es zumindest eine Aussage seines Vorsitzenden angedeutet. Er hat mit dieser Aussage den Appell an die Politik verbunden, hier tätig zu werden und Rechtssicher­heit zu schaffen.

Diesen Appell habe ich ernst genommen. Ich bin in neue Verhandlungen mit dem Koalitionspartner getreten, und es ist uns gelungen, in einem, glaube ich, tragfähigen Kompromiss Rechtssicherheit herzustellen. Wir haben damit dem Appell des Verfas­sungsgerichtshofspräsidenten Rechnung getragen, und wir haben dem Wunsch der Universitäten nach Rechtssicherheit Rechnung getragen.

Das Ergebnis ist, dass ab dem Sommersemester nächsten Jahres wieder alle Univer­sitäten Studienbeiträge für bestimmte Personengruppen einheben: für Langzeitstu­dierende, für außerordentliche Studierende, für Studierende aus Drittstaaten. Wobei bei den Studierenden aus Drittstaaten, nicht bei allen, aber bei denen, wo dies zumut­bar ist, der Studienbeitrag verdoppelt wird.

Das bringt den Universitäten sichere Mehreinnahmen in der Höhe von etwa 40 Millio­nen bis 50 Millionen € jährlich.

Wir haben mit dieser Maßnahme eine Erhöhung der Studienförderung verbunden, wobei wir vor allem darauf schauen, dass die Bemessungsgrundlage steigt, wodurch mehr Studierende in den Genuss höherer Studienförderung kommen.

Das alles sind Schritte in die richtige Richtung. Das alles, und das weiß ich, ist noch nicht genug. Ich bekenne mich nach wie vor dazu, dass ich ein Anhänger für sozial gerechte Studiengebühren auf breiterer Basis bin.

Studiengebühren, und das sind meine drei Argumente, sind sozial gerecht, weil sie denen, die es sich leisten können, einen Beitrag abverlangen. Das ist gerade in Öster­reich, wo wir sehr viele internationale Studierende haben, die uns auch willkommen sind, deswegen doppelt wichtig, weil nicht einzusehen ist, dass der österreichische Steuerzahler für diese Studierenden die Studienplätze in Österreich kostenlos zur Verfügung stellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Studiengebühren sind auch sozial gerecht, weil, wie schon erwähnt, viele andere Ausbildungsgänge – zum Beispiel Meisterprüfung – oft sehr teuer sind und nicht einzusehen ist, warum die einen kostenlos studieren und die anderen mit sehr hohen Summen ihre Ausbildung finanzieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 198

Sie sind auch sozial gerecht, weil erwiesen ist, dass Studienbeiträge in maßvoller Höhe nicht Studierende vom Studium abhalten. Die neueste Studie ist eine aus dem Jahr 2011, in Berlin gemacht mit 40 000 Fällen, die genau das nachweist.

Ich selbst bin ein Arbeiterkind, ich selbst habe, als ich zu studieren begonnen habe, Studienbeiträge bezahlt; diese hätten mich keine Sekunde vom Studium abgehalten. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass maßvolle Beiträge das nicht tun. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Deswegen bin ich nach wie vor der Meinung, dass es Studien­beiträge im größeren Ausmaß geben soll.

Ich bin aber auch der Meinung, dass die Studienförderung, das Studienbeihilfesystem entsprechend ausgebaut werden soll.

Es gibt dazu zwei Arbeitsgruppen. Eine Arbeitsgruppe hat die SPÖ nach ihrem Partei­tag eingerichtet. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe. Eine andere Arbeitsgruppe hat die Hochschulkonferenz auf meinen Antrag hin eingerichtet, wo wir diese Frage nach guter sozialer Absicherung der Studierenden gemeinsam mit den Studierenden diskutieren und zu Ergebnissen bringen wollen. Wenn diese Ergebnisse vorliegen, dann, denke ich, hat man eine solide Basis, um weitere Initia­tiven zu setzen.

Ich bin froh darüber, dass wir diese Einigung erzielen, weil sie in dieser wichtigen Frage Rechtssicherheit bringt und eine gewisse Summe für die Universitäten sichert. Ich danke allen, die dieser Vorlage zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Elmar Mayer. – Bitte.

 


19.04.51

Abgeordneter Elmar Mayer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie heißt ein geflügeltes Wort? – Wer Demokratie will, muss zum Kompromiss fähig sein.

Ich möchte gerade aus diesem Gesichtspunkt heraus Ihnen, Herr Minister, aufrichtig gratulieren, dass Sie es gemeinsam mit unserer Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl hingebracht haben, in einer heiklen und sensiblen Materie aufeinander zuzugehen und einen, wie ich meine, vernünftigen Kompromiss zu finden.

Ich teile die Analyse des Dr. Grünewald betreffend die Situation der Studenten, betreffend Maßnahmen, aber in der Form, wie es möglich war, einen Kompromiss zu erringen, haben die beiden das gemacht. Das verdient Hochachtung.

Für die Opposition gilt: Kommt man zu keiner Einigung, ist der Streit da, dann heißt es, die streiten nur. Gibt es eine Lösung, gibt es einen Kompromiss, dann heißt es, die raufen sich da zusammen, es gibt nur faule Kompromisse.

Ich meine, es ist ein ehrlicher, guter Kompromiss, wie beide Gruppen sagen, auch ein Schritt in die richtige Richtung. Es bringt für immerhin 40 000 Studenten eine Ver­besserung ihrer Situation durch die Erhöhung der Arbeitnehmerabsetzbeträge für Studenten aus Arbeitnehmerfamilien.

Es gibt Rechtssicherheit für die Universitäten, und es ist das auch ein Anstoß dafür, in dieser Sache weiter mit dabei zu sein.

Es ist auch nicht so, wie es der Kollege vom BZÖ, der jetzt Horrorszenarien herauf­beschwört, gemeint hat, nämlich weil Studenten aus Drittstaaten nur 726 € bezahlen müssen, würden jetzt die Japaner zu uns studieren kommen. (Abg. Mag. Widmann: Ihr seid ahnungslos!)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 199

Sie kennen die Probleme, die wir haben, die müssen wir auf die eine oder andere Art und Weise angehen. Das sind vor allem die deutschen Studenten, aber es sind nicht die Japaner und nicht die Chinesen, die unsere Unis überrennen.

Der zweite Bereich, der mir ganz wichtig ist, Herr Minister, und den ich kurz erwähnen möchte, weil das ebenfalls ein, wie ich meine, guter Kompromiss ist, den Sie mit eingegangen sind, ist der Bereich der PädagogInnenausbildung. Er berührt nicht im geringsten die Autonomie der Universitäten, das möchte ich unterstreichen. Das ist ein guter, vernünftiger Kompromiss, der unsere LehrerInnenausbildung auf neue Beine stellt, der zukunftsweisend ist.

Ich würde Sie in diesem Sinne ersuchen, alles in Ihrer Macht Stehende zu tun, dass wir dieses Gesetz noch in diesem Jahr in Begutachtung schicken können.

Ich glaube, das ist reif, es ist ausverhandelt, und es wäre gut, wenn wir das in absehbarer Zeit zum Abschluss bringen könnten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

19.07


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte.

 


19.07.41

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz ist gut, wir schaffen damit Rechtssicherheit.

Ich möchte kurz dem Kollegen Widmann antworten, der den Mehrheitsbeschluss im Parlament als „Gag“ bezeichnet hat: Wenn das Parlament mehrheitlich Beschlüsse fasst und Studiengebühren abschafft, dann ist das kein Gag, sondern eine demo­kratische Entscheidung. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Widmann: Wahl-Gag!)

Deshalb freut es mich, dass wir heute Rechtssicherheit schaffen, die Studiengebühren abgeschafft bleiben. Ich hoffe aber auch, dass mit dieser Debatte die Diskussion um die Studiengebühren endlich vorbei ist, denn Studiengebühren sind ungerecht, und Bildung ist eine Frage der Gerechtigkeit.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe sowohl mit als auch ohne Studien­gebühren studiert. Glauben Sie mir, die Studiengebühren haben nicht dazu geführt, dass sich auf der Universität etwas verbessert hat. Ganz im Gegenteil, es ist für Arbeit­nehmerkinder noch schwieriger geworden zu studieren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, man muss sich nur unsere Nachbarländer anschauen: Sogar CSU-Chef Seehofer in Bayern schafft die Studiengebühren ab. Er erkennt, dass es heute an der Zeit ist, studierende junge Leute zu motivieren, Uni­versitäten zu besuchen, und nicht ständig darüber zu diskutieren, wie man sie davon abhält.

Deswegen wundert es mich, dass es noch immer Politikerinnen und Politiker gibt, die nur darüber nachdenken, wie man Bildungshürden schafft. Dann sollen sie doch so ehrlich sein und herausgehen und sagen: Wir wollen eigentlich, dass es einer kleinen Elite in unserem Land gut geht, und alle anderen sollen nicht die gleichen Chancen haben. Denn nichts anderes kann der Grund sein, permanent zu sagen, wir brauchen eine Selektion bei Zehnjährigen, wir dürfen nicht so viele Ganztagsschulen haben, es soll Studiengebühren geben, Zugangsbeschränkungen und so weiter.

Es gibt sichtlich Gruppen in der Politik, die einer kleinen Elite in unserem Land ihr Elite-Dasein lassen wollen und für die Mehrheit der jungen Leute keine Chancengleichheit schaffen wollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 200

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch die Verbesserung der Studienförderung, die wir heute beschließen, ist wichtig. Dies kann natürlich nur ein erster Schritt sein, denn wenn wir uns die soziale Lage der Studierenden in unserem Land anschauen, sehen wir, dass das Stipendiensystem dahingehend verbessert gehört, dass es vor allem Arbeitnehmerkinder unterstützt.

Hier haben wir noch einiges an Verbesserungsbedarf, damit unser Bildungssystem vom Kindergarten bis zur Universität endlich auch gerecht ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.09

19.10.02

 


Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Ich schließe die Debatte.

Wir kommen zu den Abstimmungen, die wir über jeden Ausschussantrag getrennt durchführen.

Zunächst Abstimmung über Tagesordnungspunkt 27: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Universitätsgesetz und das Studienförderungsgesetz geändert werden, in 2078 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen vor.

Weiters liegt ein Verlangen auf namentliche Abstimmung vor.

Ich werde zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile unter Berück­sichtigung des Verlangens auf namentliche Abstimmung, schließlich über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 2 eingebracht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über Artikel 1 Ziffer 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­neten­pulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – graue Stimmzettel –, „Nein“ – rosafarbene Stimmzettel. Ich bitte, nur diese amtlichen Stimm­zettel zu verwenden.

Sie werden namentlich aufgerufen und gebeten, den Stimmzettel in die bereitgestellte Wahlurne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die Artikel 1 Ziffer 2 in der Fassung des Ausschuss­berichtes ihre Zustimmung erteilen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dem nicht ihre Zustim­mung erteilen, „Nein“-Stimmzettel in die Wahlurne zu werfen. Ich bitte, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 201

Ich bitte nun Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer, mit dem Namensaufruf zu beginnen, Herr Abgeordneter Jakob Auer wird sie später dabei ablösen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Mag. Lohfeyer und den Schriftführer Jakob Auer werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist somit beendet.

Die beauftragten Bediensteten werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.

Ich unterbreche zu diesem Zweck die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 19.15 Uhr unterbrochen und um 19.19 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 154; davon „Ja“-Stimmen: 95, „Nein“-Stimmen: 59.

Artikel 1 Ziffer 2 in der Fassung des Ausschussberichtes ist somit angenommen.

Es werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser;

Haberzettl, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela;

Maier Johann, Marek, Mayer Elmar, Mayer Peter, Muttonen;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 202

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Spindelberger, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Windisch, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter, Bucher Josef;

Deimek, Dolinschek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Hagen, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Huber Gerhard, Hübner Johannes;

Jannach, Jury;

Karlsböck, Kaufmann-Bruckberger, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Korun, Kunasek;

Lichtenecker, Linder, Lugar Robert;

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Petzner, Pirklhuber, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz, Rossmann;

Scheibner, Schenk, Schwentner, Spadiut, Stefan, Steinhauser, Strache;

Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die rest­lichen, noch nicht abgestimmten Teile des Entwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wenn in dritter Lesung zugestimmt wird, bitte ich um Ihr Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 203

Abstimmung über Tagesordnungspunkt 28: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 2079 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

19.21.10 29. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2016 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchs-rechts­änderungsgesetz – TVRÄG) (2080 d.B.)

30. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 946/A(E) der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Verankerung der ethischen Bewertung von Tierversuchen im Tier-versuchsgesetz (2081 d.B.)

31. Punkt

Bericht des Wissenschaftsausschusses über den Antrag 2014/A(E) der Abge­ordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein zeit­gemäßes Tierversuchsgesetz für Österreich (2082 d.B.)

Präsident Fritz Neugebauer: Ich rufe nun die Punkte 29 bis 31 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte wird einbegleitet von Herrn Abgeordnetem Vock. – Bitte, Herr Kollege. (Auf das Rednerpult wurde von einem Klubmitarbeiter vor Beginn der Rede des Abg. Vock ein Karton gestellt, auf dem unter anderem „15 077 Unterschriften“ steht.)

 


19.21.45

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Wenn wir heute über Tierversuche sprechen, dann sprechen wir zum Beispiel betref­fend das Jahr 2011 über 191 288 Tiere, die Tierversuche erleiden mussten. Davon waren 2011 153 153 Mäuse, also 80 Prozent, 9 026 Ratten, das sind 4,7 Prozent, und 15 633 Kaninchen, das sind 8,2 Prozent, betroffen.

Obwohl wir seit 2005 ein neues Tierschutzgesetz haben, fanden diese genannten Tierversuche aufgrund eines Tierversuchsgesetzes aus dem Jahre 1989 statt. Erst eine EU-Richtlinie zwingt diesen Nationalrat, das Tierversuchsgesetz an unseren Tierschutzstandard anzupassen, der in Europa vorbildlich ist.

Die EU-Richtlinie kam aber bereits am 22. September 2010 heraus, die Auflegung des neuen Gesetzes zur Begutachtung am 26. Juni 2012, also 21 Monate später. Ich habe eine Anfrage an Sie gestellt, Herr Minister: Wie viele Arbeitssitzungen der Ministerien gab es dazwischen? – Es gab fünf Arbeitssitzungen in diesen 21 Monaten, also alle vier Monate eine Arbeitssitzung. Es sind vier Ministerien, und wahrscheinlich hat jedes Ministerium einen Monat gebraucht, daher waren immer vier Monate dazwischen.

Jetzt können Sie natürlich sagen, Herr Minister Töchterle, das war schon vor Ihrer Amtszeit, aber Sie sind immerhin seit April 2011 Minister, das sind auch schon 14 Mo-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 204

nate. Das heißt, auch Sie hätten die Auflage dieses Gesetzes schon beschleunigen können.

Hätten Sie uns Freiheitliche gefragt, welche Voraussetzungen wir für ein neues Tierversuchsgesetz haben, dann hätten wir als Erstes gesagt, der Tierschutz gehört als Staatszielvereinbarung in die Verfassung, denn solange der Tierschutz keinen Verfas­sungs­rang hat, solange wird die Freiheit der Forschung immer höher bewertet werden als der Tierschutz und kann immer sozusagen stechen. In Deutschland gibt es Muster­urteile, wonach der Tierschutz leiden musste, weil er nicht im Verfassungsrang ist.

Die Beibehaltung der strengeren österreichischen Regelungen wäre ein zweiter Punkt, die Aufwertung der Tierschutzombudsmänner, um die Tierversuche im Sinne des Tierschutzes zu kontrollieren, wäre der dritte Punkt, und die Erstellung eines Ethik-Kriterienkataloges wäre der vierte Punkt gewesen, den wir gefordert hätten.

Diese Forderungen der Freiheitlichen decken sich auch mit den Forderungen vieler Tierschutzorganisationen. Ich habe hier ein Paket des Vereins gegen Tierfabriken mit 15 077 Unterschriften, die er in acht Monaten gesammelt hat. Sie sehen, Herr Minister, während Ihre Ministerien zwei Sitzungen machen, sammelt der VGT 15 000 Unter­schriften im gleichen Zeitraum. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt können Sie natürlich sagen, Tierschutz als Staatszielvereinbarung ist nicht Ihre Ressortzuständigkeit, aber es ist leider die ÖVP, die diese Forderung blockiert. (Abg. Höfinger: Das ist ja nicht wahr!) Sie haben als Minister vielleicht in der ÖVP ein bisschen einen Einfluss, und hier könnten Sie als ÖVP-Minister auf Ihre Fraktion ein bisschen Einfluss nehmen. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens ist die Beibehaltung der strengeren österreichischen Regelung ein gemein­sames Anliegen, das gebe ich zu. (Abg. Höfinger: Das steht ja alles drinnen!)

Drittens gibt es einen Abänderungsantrag der Freiheitlichen über die Aufwertung der Tierschutzombudsmänner, den ich noch kurz vorbringen darf.

Und viertens bin ich froh, dass wenigstens die SPÖ in ihr Verhandlungsteam noch den Tierschutzsprecher Keck eingebaut hat, denn hier wurden vonseiten der Regierung noch viele Tierschutzanliegen mit in diese Regierungsvorlage eingebaut. Leider wurde die Opposition nicht gefragt und nicht eingebunden, sonst hätten wir diese Vorschläge einarbeiten können. (Beifall bei der FPÖ.)

Es liegt in Ihrer Verantwortung, Herr Minister, dass dieses Gesetz zu spät zur Begut­achtung aufgelegt wurde und somit für keine parlamentarische Diskussion mehr Zeit gefunden wurde. Daher sind die Regierungsparteien gezwungen, heute dieses Gesetz mit vielen positiven Aspekten – das gebe ich gerne zu –, aber auch mit schweren Mängeln im Bereich der Kontrolle unter Druck zu beschließen.

Wenn Sie in schlaflosen Nächten an gequälte Labormäuse denken, Herr Minister, so tragen Sie die alleinige Schuld. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Höfinger: Nimm dein Packl mit!)

19.26


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.26.45

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Bei diesem Gesetz handelt es sich erstens um die Neufassung eines schon lange geltenden Gesetzes, zweitens und die Umsetzung einer EU-Richtlinie.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 205

Um jetzt einmal hier ganz klar zu sagen: Jeder Tierversuch soll ja nicht ein Selbst­zweck sein, sondern soll einem bestimmten Kriterium unterliegen. Er soll helfen, irgendwann einmal in der Wissenschaft, vor allem in der Forschung, beim Menschen zu einer größeren Sicherheit bei Arzneimitteln, aber auch bei Krankheiten zu kommen. Es gilt aber das Prinzip: vermeiden, reduzieren und ersetzen. Das ist insofern wichtig, als es ja auch im Bereich der Tierversuche nicht so sein soll, dass man möglichst viele Versuche macht, sondern möglichst wenige Versuche macht.

Österreich hat ja schon ein strenges Gesetz, das über die EU-Richtlinie hinausgeht. Das bleibt auch so. Es sieht etwa das Verbot der Tierversuche an Menschenaffen sowie die unangemeldeten Kontrollen in Tierversuchseinrichtungen vor. Und ich bin dankbar – das sage ich jetzt als Arzt – für alle Forschungsergebnisse, die Menschen geholfen haben. Alle diese Forschungsergebnisse, die wir bei Brustkrebs, Schmetter­lingskindern, Mukoviszidose bei Medikamenten sehen, wurden zuerst zwingend im Tierversuch getestet. Und das ist das Problem. Wir können nicht an Menschen testen, und wir müssen uns da auch an weltweite Richtlinien halten.

Das ist ein Zielkonflikt, an dem man nicht vorbeikommt. Der Zielkonflikt heißt: Wenn wir Forschungsergebnisse nicht nur importieren wollen, dann müssen wir Ergebnisse auch im eigenen Land erzielen können. Akzeptieren wir das nicht, dann koppeln wir uns halt in der Krebsforschung ab. Und diesen Zielkonflikt kann man nur politisch lösen. Jeder Tierversuch ist natürlich für das Tier etwas Unangenehmes, und daher ist die Um­setzung dieser EU-Richtlinie, die wir heute beschließen, ein Versuch, mit diesem nicht zu schließenden Graben umzugehen. Und glauben Sie uns: Jeder Tierversuch soll einem Nutzen, aber nicht der Qual der Tiere dienen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.29.47

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Die Tierschutzorgani­sa­tionen haben sozusagen keine politische Zuordnung. Sie arbeiten parteiübergreifend für die Tierrechte. Und genau das, Kollege Rasinger, ist ja in der Tierversuchsrichtlinie der EU das Wesentliche: dass das möglichst hohe Schutzniveau im Rahmen der Tierversuche gewährleistet werden muss und soll.

Daher werden wir zu der in Beratung stehenden Gesetzesvorlage einige Abände­run­gen vorschlagen.

Abänderungsantrag

Die Regierungsvorlage ist zu ändern, und zwar:

In Artikel 1 lautet § 4 Z 8:

„8. der Tierversuche starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verur­sacht, die voraussichtlich lang anhalten und nicht gelindert werden können, oder“

*****

Abänderungsantrag

Änderung der Regierungsvorlage:

1. In Artikel 1 lautet § 30 Abs. 1:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 206

„(1) Eine rückblickende Bewertung der Projekte ist durchzuführen.“

2. In Artikel 1 entfällt im § 30 der Abs. 2. Der bisherige Abs. 3 erhält die Bezeichnung „Abs. 2“.

*****

Abänderungsantrag

Eine weitere Änderung in der Regierungsvorlage:

In Artikel 1 lautet § 36 Abs. 1:

„(1) Die zuständige Behörde richtet jeweils eine oder mehrere Kommissionen zur Unterstützung der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Genehmigung von Tierversuchen ein.“

*****

Meine Damen und Herren, etwas sperrig, diese Abänderungsanträge, keine Frage, aber es geht hier darum, das hohe Schutzniveau, das die Europäische Richtlinie vorschlägt, auch wirklich vollinhaltlich in die Gesetzesmaterie einzuführen, Herr Bundesminister.

Besonders schmerzhaft für uns ist – das ist auch der Grund, warum wir Ihren Ge­setzesvorschlag ablehnen müssen –, dass Sie die Empfehlungen Ihres Ressort­kollegen Stöger, der für den Tierschutz zuständig ist und eine Stellungnahme zu diesem Gesetz abgegeben hat, überhaupt nicht berücksichtigt haben. Das verstehen wir nicht. Daher mein Plädoyer an die Kolleginnen und Kollegen der SPÖ: Unterstützen Sie Ihren Minister Stöger!

Ich werde aus der Stellungnahme des Gesundheitsministeriums zitieren. Dort heißt es wörtlich, die „Schaffung eines unabhängigen Gremiums/Beirats“ sei erforderlich.

„Für die Einheitlichkeit des Vollzuges des TVG erscheint die Schaffung eines unabhängigen Gremiums, das sowohl im Zuge von Genehmigungsverfahren im universitären Bereich als auch im Zuge aller anderen Genehmigungsverfahren zu befassen ist, dringend notwendig.“

Sie sehen, Minister Stöger hat hier ganz klar ein Plädoyer für diese Kommission abge­geben. Er argumentiert das auch mit der Einheitlichkeit des Vollzugs, mit der Nachvoll­ziehbarkeit und mit der entsprechenden Gleichwertigkeit.

Wir sind der Meinung, damit alle diese Elemente genutzt werden, sollten Sie eine Chance haben, unseren Abänderungsanträgen beizutreten, um das Gesetz auch in diesem Punkt wesentlich zu verbessern und zu schärfen.

Meine Damen und Herren! Es entspricht nämlich auch dem Antrag, den ich vor mehr als einem Jahr eingebracht habe, dass eben die ethischen Kriterien eingeführt werden müssen in das Gesetz für die Bewertung der Tierversuche.

In diesem Sinne: Stimmen Sie unseren Abänderungsanträgen zu! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.33


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Pirklhuber hat drei Abän­derungs­anträge eingebracht, die allesamt ausreichend unterstützt sind und somit mit in Verhandlung stehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 207

Die drei Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2016 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz –TVRÄG) (2080 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (2016 d.B.) betreffend ein Tierversuchsrechtsänderungs­ge­setz – TVRÄG in der Fassung des Berichtes des Wissenschaftsausschusses (2080 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 lautet § 4 Z.8:

„8. der Tierversuch starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verur­sacht, die voraussichtlich lang anhalten und nicht gelindert werden können, oder“

Begründung

Die Änderung § 4 Z 8 nutzt den Spielraum, den die EU-Richtlinie lässt. Die EU-Richtlinie sieht vor, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten derartige Tierversuche völlig verbieten dürfen. Die Einschränkung des Verbotes durch den unscharfen Begriff „wis­sen­schaftlich berechtigte Gründe“ könnte zu einer Aushöhlung des Verbotes führen.

Die Tierversuchs-Richtlinie 2010/63/EU „zielt auch darauf ab, für Tiere, die in Verfah­ren weiterhin verwendet werden müssen, ein möglichst hohes Schutzniveau zu gewährleisten“ (Erwägungsgrund 10). Tierschutzerwägungen sollten im Zusammen­hang mit der Haltung, Zucht und Verwendung von Tieren „oberste Priorität eingeräumt werden“ (Erwägungsgrund 31). In Bezug auf die schwerstbelastenden Tierversuche wird im Erwägungsgrund 23 der Richtlinie explizit betont: „Aus ethischer Sicht sollte es eine Obergrenze für Schmerzen, Leiden und Ängste geben, die in wissenschaftlichen Verfahren nicht überschritten werden darf. Hierzu sollte die Durchführung von Verfahren, die voraussichtlich länger andauernde und nicht zu lindernde starke Schmerzen, schwere Leiden oder Ängste auslösen, untersagt werden.“

Einzelnachweise:

Erwägungsgrund 10 der Tierversuchs-Richtlinie „[]. Diese Richtlinie zielt auch darauf ab, für Tiere, die in Verfahren weiterhin verwendet werden müssen, ein möglichst hohes Schutzniveau zu gewährleisten. [].“

Erwägungsgrund 31 der Tierversuchs-Richtlinie: „Tierschutzerwägungen sollten im Zusammenhang mit der Haltung, Zucht und Verwendung von Tieren oberste Priorität eingeräumt werden. []“

Erwägungsgrund 23 der Tierversuchs-Richtlinie: „Aus ethischer Sicht sollte es eine Obergrenze für Schmerzen, Leiden und Ängste geben, die in wissenschaftlichen Verfahren nicht überschritten werden darf. Hierzu sollte die Durchführung von Verfah-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 208

ren, die voraussichtlich länger andauernde und nicht zu lindernde starke Schmerzen, schwere Leiden oder Ängste auslösen, untersagt werden.“

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2016 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG) (2080 d.B.).

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (2016 d.B.) betreffend ein Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG in der Fassung des Berichtes des Wissenschaftsausschusses (2080 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 lautet § 30 Abs. 1:

„(1) Eine rückblickende Bewertung der Projekte ist durchzuführen.“

2. In Artikel 1 entfällt in § 30 der Abs. 2. Der bisherige Abs. 3 erhält die Bezeichnung „Abs. 2“

Begründung

Die rückblickende Bewertung sollte für alle Projekte erfolgen. Bei der prospektiven - also im Vorhinein vorgenommene - Einschätzung eines Schweregrades der Belas­tungen bestehen große Unsicherheiten. Die Veterinärmedizinische Universität betonte im Juli in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des neuen Tierversuchsgesetzes, die Feststellung des tatsächlichen Schweregrades bei der Versuchsdurchführung und die retrospektive Bewertung seien wichtige Informationsquellen für künftige Tierversuche. Dadurch könnten Belastungskataloge optimiert werden und man erhalte für zukünftiges Refinement (Verfeinerung zur Belastungssenkung) wichtige Informationen. Es sei wünschenswert, eine retrospektive Bewertung „zumindest bei allen neuen Verfahren (unabhängig vom Schweregrad) durchzuführen“. Da bei neuen Verfahren (wie etwa im Bereich der Grundlagenforschung) eine prospektive Einschätzung des Schweregrades schwierig sei, „ist die retrospektive Bewertung des Schweregrades eine wichtige Informationsquelle für künftige Tierversuche, die sich vergleichbarer Verfahren bedienen.“

Projekte können sich „im Hinblick auf ihre Komplexität, Länge und den Zeitraum bis zum Vorliegen der Ergebnisse stark voneinander unterscheiden“ (Erwägungsgrund 40 der Tierversuchs-Richtlinie). Daher „ist es notwendig, dass die Entscheidung über eine rückblickende Bewertung unter umfassender Berücksichtigung dieser Aspekte getrof­fen werden sollte.“ (ebd.).  Im Erwägungsgrund 24 der Richtlinie wird betont, dass bei der Entwicklung eines allgemeinen Formats für Berichterstattungszwecke „der tat­sächliche Schweregrad der Schmerzen, Leiden, Ängste und dauerhaften Schäden, denen das Tier ausgesetzt wurde, berücksichtigt werden [sollte] statt des bei der Pro-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 209

jektbewertung vorhergesagten Schweregrads.“ Hierzu ist die Ermittlung des tatsäch­lichen Schweregrads der Verfahren notwendig. In Erwägungsgrund 10 der Tierver­suchs-Richtlinie wird letztlich betont, dass die Richtlinie „im Lichte der Fortschritte in der Wissenschaft und beim Tierschutz regelmäßig überprüft werden [sollte].“

Zur künftigen Optimierung der Schweregrad-Einstufung bestimmter beispielhafter Maßnahmen und Eingriffe in Anhang VIII Abschnitt III der Richtlinie („Beispiele für verschiedene Arten von Verfahren, die auf der Grundlage von mit der Art des Verfahrens zusammenhängenden Faktoren den einzelnen Kategorien der Schwere­grade zugeordnet werden“) ist daher die rückblickende Bewertung der Versuche von hervorragender Bedeutung. Denn zu dieser regelmäßigen Überprüfung der Richtlinie sind die Erfahrungen, die sich aus den rückblickenden Bewertungen ergeben eine wesentliche Informationsquelle. Und dies betrifft ALLE Schweregrade. Eine Einschrän­kung der rückblickenden Bewertung auf die als „schwer“ eingestuften Verfahren verhindert, dass die zugeordneten Beispiele der leichten und mittleren Schweregrade ebenfalls optimiert werden können.

Einzelnachweise:

Erwägungsgrund 40 der Tierversuchs-Richtlinie:

„Die Art des Projekts, die verwendete Tierart und die Wahrscheinlichkeit, die ge­wünschten Projektziele zu erreichen, können die Durchführung einer rückblickenden Bewertung erforderlich machen. Da sich Projekte im Hinblick auf ihre Komplexität, Länge und den Zeitraum bis zum Vorliegen der Ergebnisse stark voneinander unterscheiden können, ist es notwendig, dass die Entscheidung über eine rückblicken­de Bewertung unter umfassender Berücksichtigung dieser Aspekte getroffen werden sollte.

Dazu auch Erwägungsgrund 24 der Tierversuchs-Richtlinie:

„Bei der Entwicklung eines allgemeinen Formats für Berichterstattungszwecke sollte der tatsächliche Schweregrad der Schmerzen, Leiden, Ängste und dauerhaften Schäden, denen das Tier ausgesetzt wurde, berücksichtigt werden statt des bei der Projektbewertung vorhergesagten Schweregrads.

Dazu auch Erwägungsgrund 10 der Tierversuchs-Richtlinie „[]. Diese Richtlinie zielt auch darauf ab, für Tiere, die in Verfahren weiterhin verwendet werden müssen, ein möglichst hohes Schutzniveau zu gewährleisten. Diese Richtlinie sollte im Lichte der Fortschritte in der Wissenschaft und beim Tierschutz regelmäßig überprüft werden.“

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Freundinnen und Freunde zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2016 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG) (2080 d.B.).

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 210

Die Regierungsvorlage (2016 d.B.) betreffend ein Tierversuchsrechtsänderungsgesetz –TVRÄG in der Fassung des Berichtes des Wissenschaftsausschusses (2080 d.B.) wird wie folgt geändert:

In Artikel 1 lautet § 36 Abs. 1:

„(1) Die zuständige Behörde richtet jeweils eine oder mehrere Kommissionen zur Unterstützung der zuständigen Behörde bei der Entscheidung über die Genehmigung von Tierversuchen ein.“

Begründung

Wir teilen die Sicht des Gesundheitsministeriums, das in seiner Stellungnahme zum Tierversuchsrechtsänderungsgesetz ausführt:

„- Schaffung eines unabhängigen Gremiums/Beirats:

Für die Einheitlichkeit des Vollzuges des TVG erscheint die Schaffung eines unab­hängigen Gremiums, das sowohl im Zuge von Genehmigungsverfahren im univer­sitären Bereich also auch im Zuge aller anderen Genehmigungsverfahren zu befassen ist, dringend notwendig. Dies wäre ein wichtiger Schritt im Sinne des einheitlichen Vollzuges des TVG sowie zur Gewährleistung von Objektivität und fachlicher Kom­petenz, denn die Zuziehung einzelner Sachverständiger bietet noch keine integrative Betrachtungs- und Bewertungsgrundlage. Festzuhalten ist auch, dass der Behörde nur eine sehr kurze Frist für die Genehmigung eingeräumt wird, weshalb es umso wichtiger erscheint, dass ein durch das Gesetz eingerichtetes unabhängiges Gremium ein unparteiliches Fachgutachten liefert, das eine fundierte Entscheidungsgrundlage bietet, bei der die Behörde sichergehen kann, dass sämtliche Aspekte bzw. Auswirkungen und die Tragweite eines Projekts entsprechend berücksichtigt wurden. Damit wären auch mehr Transparenz und eine bessere Nachvollziehbarkeit der behördlichen Ent­scheidungen gegeben.“

Eine „umfassende Projektbewertung, bei der ethische Überlegungen im Zusammen­hang mit der Verwendung von Tieren berücksichtigt werden, bildet den Kern der Pro­jekt­genehmigung“ (Erwägungsgrund 38 der Tierversuchs-Richtlinie). Darüber hinaus ist es sowohl aus moralischen als auch aus wissenschaftlichen Gründen von großer Bedeutung, zu gewährleisten, dass jede Verwendung von Tieren „sorgfältig hinsichtlich der wissenschaftlichen oder bildungsrelevanten Gültigkeit, Zweckmäßigkeit und Rele­vanz des erwarteten Ergebnisses dieser Verwendung bewertet wird.“ (Erwägungs­grund 39). Dabei wird in der Richtlinie betont, dass als Teil des Genehmigungspro­zesses „unabhängig von den an der Studie Beteiligten eine unparteiische Projekt­bewertung durchgeführt werden [sollte].“ (ebd.). Dabei soll „eine angemessene Bewer­tung des Einsatzes neuer wissenschaftlicher Versuchsmethoden“ durchgeführt werden, sobald diese aufkommen (ebd.). Drüber hinaus wird im Erwägungsgrund 44 der Tier­versuchs-Richtlinie auf die große Anzahl der beteiligten Fachbereiche, neuartiger Merkmale und komplexerer Techniken hingewiesen und im Erwägungsgrund 49 betont, dass die technischen und wissenschaftlichen Fortschritte in der biomedizi­nischen Forschung wie auch die Zunahme des Wissens über die Faktoren, die das Wohlergehen von Tieren beeinflussen, „rasch erfolgen“ können. Zudem besteht die „Notwendigkeit, einen kohärenten Ansatz für die Projektbewertung und die Überprü­fungs­strategien zu gewährleisten“ (Erwägungsgrund 48).

Dies spricht alles für den Einbezug unabhängiger interdisziplinärer Kommissionen, in denen die relevanten Fachbereiche vertreten sind (auch Expertisen aus den Gebieten Ethik, Recht, Statistik, Versuchstierkunde/Versuchstierschutz, Alternativmethoden (3R), aber auch die Perspektive des Tierschutzes), die auf kohärente Weise die Projektbe-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 211

wertung durchführen und hierbei ethische Überlegungen im Zusammenhang mit der Verwendung von Tieren berücksichtigen.

Aufgabe und Zusammensetzung der Kommissionen sind in der Tierversuchs-Verord­nung zu präzisieren.

Einzelnachweise:

Erwägungsgrund 38 der Tierversuchs-Richtlinie:

„Die umfassende Projektbewertung, bei der ethische Überlegungen im Zusammenhang mit der Verwendung von Tieren berücksichtigt werden, bildet den Kern der Projekt­genehmigung [].“

Erwägungsgrund 39 der Tierversuchs-Richtlinie:

„Darüber hinaus ist es sowohl aus moralischen als auch aus wissenschaftlichen Gründen von großer Bedeutung, zu gewährleisten, dass jede Verwendung von Tieren sorgfältig hinsichtlich der wissenschaftlichen oder bildungsrelevanten Gültigkeit, Zweck­mäßigkeit und Relevanz des erwarteten Ergebnisses dieser Verwendung bewertet wird.

Die voraussichtliche Schädigung des Tieres sollte gegen den erwarteten Nutzen des Projekts abgewogen werden.

Daher sollte als Teil des Genehmigungsprozesses von Projekten, die die Verwendung lebender Versuchstiere beinhalten, unabhängig von den an der Studie Beteiligten eine unparteiische Projektbewertung durchgeführt werden.

Die wirksame Durchführung einer Projektbewertung sollte auch ermöglichen, dass eine angemessene Bewertung des Einsatzes neuer wissenschaftlicher Versuchsmethoden durchgeführt wird, sobald diese aufkommen.“

Dazu auch Erwägungsgrund 44 der Tierversuchs-Richtlinie:

„[] Damit die Qualität der Projektbewertung nicht beeinträchtigt wird, kann es erforderlich sein, für die Bearbeitung komplexerer Projektvorschläge aufgrund der Anzahl der beteiligten Fachbereiche, neuartiger Merkmale und komplexerer Techniken des vorgeschlagenen Projekts mehr Zeit einzuplanen. Eine Verlängerung der Fristen für die Projektbewertung sollte jedoch die Ausnahme bleiben.“

Hierbei ist Erwägungsgrund 49 der Tierversuchs-Richtlinie zu bedenken: „Die techni­schen und wissenschaftlichen Fortschritte in der biomedizinischen Forschung können wie auch die Zunahme des Wissens über die Faktoren, die das Wohlergehen von Tieren beeinflussen, rasch erfolgen. [].“

Erwägungsgrund 48 der Tierversuchs-Richtlinie:  „Es besteht die Notwendigkeit, einen kohärenten Ansatz für die Projektbewertung und die Überprüfungsstrategien auf einzel­staatlicher Ebene zu gewährleisten. [].“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Preiner. – Bitte.

 


19.33.19

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute ein sehr positiv besetztes Tierschutzrechtsänderungs­gesetz.

Damit dem so ist, möchte ich ebenfalls einen Antrag einbringen, und zwar:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 212

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Keck, Eßl, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage 2016 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Ein Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird, sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gen­technikgesetz sowie das Tierschutzgesetz wie folgt geändert werden.

Im § 35 Abs. 2 Z 8 lautet:

„8. fünf Vertreterinnen oder Vertreter des Verbandes Österreichischer Tierschutz­organisationen – pro-tier.at,“

Art. 6 wird wie folgt geändert:

1. Nach Ziffer 1 werden folgende Ziffern 1a und 1b eingefügt:

„1a. § 5 Abs. 2 Z 1 lit. m wird das Wort „weitergibt“ durch die Wortfolge „vermittelt, weitergibt“ ersetzt.

„1b. Im § 7 Abs. 5 erster Satz werden die Worte „das Ausstellen“ durch die Wortfolge „das Ausstellen, der Import, der Erwerb, die Vermittlung und die Weitergabe“ ersetzt.

2. Nach Ziffer 5 werden folgende Ziffern 5a und 5b eingefügt:

„5a. Im § 38 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Abweichend von § 31 Abs. 2 erster Satz Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG beträgt die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach diesem Bundesgesetz ein Jahr.“

5b. § 42 Abs. 2 Z 10 lautet:

„10. ein Vertreter des Verbandes Österreichischer Tierschutzorganisationen pro-tier-at.“

3. Nach Ziffer 6 wird folgende Ziffer 7 und im § 44 folgender Abs. 21 angefügt.

„(21) Die §§ 5 Abs. 2 Z 1 lit. m, § 7 Abs. 5 erster Satz, § 38 Abs. 8 und § 42 Abs. 2 Z 10 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft.

*****

Kolleginnen und Kollegen! Eine Unterbringung oder vorübergehende Überlassung von ausgesetzten, zurückgelassenen und entlaufenen Tieren, die sich in einem, wohl­gemerkt, inländischen Tierheim befinden oder von der Behörde abgenommen oder beschlagnahmt wurden, kann nicht als Weitergabe oder Vermittlung qualifiziert werden, ebenso natürlich nicht die Übernahme eines Tieres im Wege einer Erbschaft. Es soll das Kupieren verboten und bestraft werden. Bestrafung eines betroffenen Hundes dadurch, dass ihm die Haltung an einem guten Platz versagt wird, ist nicht im Sinne dieser Regelung, daher wird auch die Haltung selbst nicht unzulässig.

Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, das Tierversuchsänderungsgesetz, das wir heute beschließen, ist ein richtiger Schritt in Richtung mehr Toleranz, mehr Kontrolle, aber auch in Richtung weniger Tierversuche.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf breite Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ.)

19.36



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 213

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dietmar Keck, Franz Eßl Kolleginnen und Kollegen

zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG) (2016 der Beilagen), in der Fassung des Ausschussberichtes (2080 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (2016 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Tierver­suchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutz­ge­setz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG), wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Tierversuchsgesetz 2012 –TVG 2012) wird wie folgt geändert:

„Im § 35 Abs. 2 Z 8 lautet:

„8. fünf Vertreterinnen oder Vertreter des Verbandes Österreichischer Tierschutzor­gani­sationen - pro-tier.at,“

Art. 6 (Tierschutzgesetz) wird wie folgt geändert:

1. „Nach Ziffer 1 werden folgende Ziffern 1a und 1b eingefügt:

„1a. Im § 5 Abs. 2 Z 1 lit. m wird das Wort „weitergibt“ durch die Wortfolge „vermittelt, weitergibt“ ersetzt.“

„1b. Im § 7 Abs. 5 erster Satz werden die Worte „Das Ausstellen“ durch die Wortfolge „Das Ausstellen, der Import, der Erwerb, die Vermittlung und die Weitergabe“ ersetzt.“

2. „Nach Ziffer 5 werden folgende Ziffern 5a und 5b eingefügt:

„5a. Im § 38 wird folgender Abs. 8 angefügt:

„(8) Abweichend von § 31 Abs. 2 erster Satz Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG beträgt die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen nach diesem Bundesgesetz ein Jahr.“

5b. § 42 Abs. 2 Z 10 lautet:

„10. ein Vertreter des Verbandes Österreichischer Tierschutzorganisationen – pro-tier.at,““

3. „Nach Ziffer 6 wird folgende Ziffer 7:

„Im § 44 wird folgender Abs. 21 angefügt:

„(21) Die §§ 5 Abs. 2 Z 1 lit. m, § 7 Abs. 5 erster Satz, § 38 Abs. 8 und § 42 Abs. 2 Z 10 in der Fassung BGBl. I Nr. xxx/2012 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft.““


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 214

Begründung

Zu Art. 6 Z 1 (§ 5 Abs. 2 Z 1 lit. m TSchG):

Nach den Erfahrungen mit dem Verbot des § 5 Abs. 2 Z 1 lit. m TSchG in der gelten­den Fassung ist es erforderlich, den Tatbestand des Importierens, Erwerbens, Weitergebens und Ausstellens auch um die Vermittlung zu erweitern.

Zu Art. 6 Z 1 (§ 7 Abs. 5 erster Satz TSchG):

Der im § 7 Abs. 5 erster Satz TSchG normierte Tatbestand ist im Sinne einer vollstän­digen Regelung mit jenem des § 5 Abs. 2 Z 1 lit. m leg. cit. wortident zu fassen. Zur Frage des Haltens kupierter Hunde ist klarzustellen, dass mit dem Wort „Erwerb“ der Vorgang unter Strafe steht, der dem Halten vorangeht (insbesondere Kauf, Schen­kung). Aus dem Halten ergibt sich somit der Schluss auf einen verbotenen und damit strafbaren Erwerb. Eine zusätzliche Strafbarkeit auch des Haltens wäre z.B. mit der Gefahr des Aussetzens der betroffenen Hunde verbunden. Dies ist aus Tierschutzsicht ebenso abzulehnen wie das Kupieren von Hunden.

Zu Art. 6 Z 2 (§ 38 Abs. 8 TSchG):

Die allgemeine Verjährungsfrist von sechs Monaten gemäß § 32 Abs. 2 erster Satz VStG hat sich in mehreren Fällen der Verfolgung von Tierquälerei als zu kurz erwiesen. Es soll daher im Sinne der Bedeutung des Tierschutzes und damit im Einklang mit Art. 11 Abs. 2 B-VG die Verfolgungsverjährung auf ein Jahr verlängert werden.

Zu Art. 6 Z 2 (§ 42 Abs. 2 Z 10 TSchG):

Richtigstellung des Gesetzeswortlauts aufgrund der Namensänderung des Verbandes.

Zu Art. 6 Z  3 (§ 44 Abs. 21 TSchG):

Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Verbot rückwirkenden Inkrafttretens von Strafnormen ist für die neu gefassten Tatbestände von Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 lit. m und § 7 Abs. 5 erster Satz TSchG in der Fassung der vorliegenden Novelle ein ausdrückliches Inkrafttreten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes vorzusehen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


19.36.41

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die EU-Richtlinie zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere sollte bis 10. November 2012 fertig sein. Jetzt, etwas spät, ist es soweit.

Es kommt auf europäischer Ebene zu wesentlichen Neuerungen, die zum Teil aber schon Bestandteil der österreichischen Ordnung waren. Es sind dies die Anwendung von Ersatzmethoden, wann immer möglich, die Zahl der Versuchstiere auf ein Minimum zu beschränken und Stress und Schmerz für Versuchstiere so gering wie möglich zu halten. Das Endziel muss natürlich sein, nach Möglichkeit auf Tierversuche zu verzichten.


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Im Großen und Ganzen ist die Neufassung zu begrüßen, aber es gibt Punkte, die sehr unpräzise formuliert sind, die auch den Schutz der Tiere zu wenig gewährleisten.

Aus diesem Grund – aller guten Dinge sind drei – bringe ich auch einen Abän­derungs­antrag zu folgenden Punkten ein:

Abänderungsantrag

des Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut

Art. 1 wird wie folgt geändert:

a) 1. Abschnitt § 4 Z 8:

Ein Tierversuch ist unzulässig, wenn der Tierversuch starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verursacht, die voraussichtlich lange anhalten und nicht gelindert werden können.

Die im Entwurf angeführten Ausnahmen sind zu streichen.

Im Artikel 1 im 4. Abschnitt 4 § 26 Abs. 1:

Projekte dürfen nicht ohne vorherige Genehmigung der zuständigen Behörde durchgeführt werden.

Hier ist einzufügen: „Vor Erteilung der Genehmigung ist die Durchführung der Projekt­beurteilung durch die Tierversuchskommission des Bundes durchzuführen.“

Der § 30 müsste zur Gänze geändert werden, und zwar folgend:

§ 30 (1) Eine rückblickende Bewertung der Projekte ist detailliert durchzuführen.

(2) Im Zuge der 

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Entschuldigen Sie, Herr Kollege, aber dieser Antrag ist schon verteilt worden. Sie brauchen ihn nur in den Kernpunkten zu erläutern. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (fortsetzend): Gut, der Antrag ist verteilt, dann mache ich weiter.

Mir ist völlig unklar, warum der Tierschutzkommission des Bundes fünf Vertreter der Wirtschaftskammer und zwei Vertreter der Bundesarbeiterkammer angehören sollen. Die Kommission mit 23 Mitgliedern soll auf die notwendigen Mitglieder, die Kompetenz haben, reduziert werden. Dazu gehören, glaube ich, die Mitglieder dieser Kammern auf gar keinen Fall. (Beifall beim BZÖ.)

Unverständlich ist mir, warum der Gesetzentwurf vorsieht, dass die zuständigen Behörden die Tierschutz-Ombudsfrauen und -männer nur zu informieren haben und ihnen keine Parteienstellung eingeräumt wird.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kurt List betreffend Umsetzung der Parteien­stellung von Tierschutzombudsfrauen und -männern in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 216

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird ersucht, die Tierschutz­ombudsfrauen und Tierschutzombudsmänner nicht nur über die Kontrollen durch die zuständigen Behörden zu informieren sondern auch eine Parteienstellung in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz einzuräumen.“

*****

Meine Damen und Herren, stimmen Sie diesen Anträgen zum Wohle der Tiere zu! (Beifall beim BZÖ.)

19.40


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der eingebrachte Abänderungsantrag wurde in den Kernpunkten erläutert, gemäß § 53 Abs. 4 Geschäftsordnungsgesetz bereits an die Abgeordneten verteilt und steht somit mit in Verhandlung, da er auch ausreichend unterstützt wurde. Der ebenfalls eingebrachte Entschließungsantrag ist auch aus­reichend unterstützt und steht auch mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kurt List, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2016 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arznei­mittel­gesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gen­tech­nik­gesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsände­rungsgesetz – TVRÄG) (2080 d. B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 wird wie folgt geändert:

a) 1. Abschnitt § 4 Z 8 wird wie folgt geändert und lautet:

„§ 4. 8. der Tierversuch starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verursacht, die voraussichtlich lang anhalten und nicht gelindert werden können,

oder“

b) 4. Abschnitt § 26 Abs. 1 wird wie folgt geändert und lautet:

„§ 26. (1) Projekte dürfen nicht ohne vorherige Genehmigung der zuständigen Behörde durchgeführt werden. Vor Erteilung der Genehmigung ist die Projektbeurteilung durch die Tierversuchskommission des Bundes durchzuführen.“

c) 4. Abschnitt § 30 wird wie folgt geändert und lautet:

„§ 30. (1) Eine rückblickende Bewertung der Projekte ist detailliert durchzuführen.

(2) Im Zuge der rückblickenden Bewertung hat die zuständige Behörde auf der Grund­lage der vom Verwender vorgelegten notwendigen Unterlagen, einschließlich der zu veröffentlichenden Aktualisierungen der nichttechnischen Projektzusammenfassungen, Folgendes zu beurteilen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 217

1. ob die Projektziele erreicht wurden,

2. den Schaden, der den Tieren zugefügt wurde, einschließlich der Zahl und Art der verwendeten Tiere und des Schweregrads der Tierversuche und

3. die Elemente, die zur weiteren Umsetzung der Anforderungen der Vermeidung, Verminderung und Verbesserung beitragen können.“

d) 4. Abschnitt § 36 wird wie folgt geändert und lautet:

„§ 36. (1) Die zuständigen Behörden haben zu ihrer Unterstützung Kommissionen einzurichten oder gemäß § 29 Abs. 3 und 5 Personen heranzuziehen.

(2) Die Mitglieder der Kommissionen sowie Personen gemäß Abs. 1 unterliegen der Amtsverschwiegenheit.

(3) Mitglieder der Kommissionen sowie Personen gemäß Abs. 1, die befangen im Sinne § 7 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991, sind, haben sich für diese Fälle ihrer Tätigkeit zu enthalten.“

Begründung:

zu Art. 1, 1. Abschnitt § 4 Z 8:

Der vorliegende Gesetzesentwurf sieht vor, dass Tierversuche unter bestimmten Vor­aussetzungen unzulässig sind. Im § 4 werden jene Tierversuche aufgezählt, die jeden­falls verboten sind.

Nach der Tierversuchs-Richtlinie sollen die Mitgliedsstaaten gewährleisten, dass ein Verfahren nicht durchgeführt wird, wenn es starke Schmerzen, schwere Leiden oder schwere Ängste verursacht, die voraussichtlich lang anhalten und nicht gelindert werden können.

Aber nach Art. 15 Abs. 2 der Tierversuchs-Richtlinie dürfen die zuständigen Behörden unter Anwendung der Schutzklausel gemäß Art. 55 Abs. 3 Ausnahmen von diesem Tierversuchsverbot gewähren.

Laut Regierungsvorlage soll die Durchführung von Tierversuchen, die starke Schmer­zen, schwere Leiden oder schwere Ängste verursachen und voraussichtlich lang anhalten und nicht gelindert werden können, wenn es aus wissenschaftlich berechtig­ten Gründen erforderlich ist in Österreich erlaubt sein.

Wissenschaftliche Studien haben aber gezeigt, dass Tierversuche, die schweres Leid verursachen und lange andauert, aufgrund ihrer Auswirkungen auf das Tier keine verlässlichen Resultate liefern können.

Daher soll ein absolutes Verbot für Tierversuche vorgesehen werden, die schweres Leid verursachen und lange andauert.

Zu Art. 1, 4. Abschnitt § 26 Abs. 1:

Die Regierungsvorlage sieht vor, dass ein Projekt nur dann durchgeführt werden darf, wenn es eine positive Projektbeurteilung durch die zuständige Behörde gibt.

Da im Gesetzesentwurf eine detaillierte Festlegung aller Genehmigungs­voraussetzun­gen nicht umgesetzt wurde bleibt unklar, wann der angekündigte Kriterienkatalog veröffentlicht wird. Die zuständige Behörde soll daher vor Genehmigung des Projektes verpflichtet werden eine Beurteilung des Projektes durch die Tierversuchskommission des Bundes durchzuführen.


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Zu Art. 1, 4. Abschnitt § 30:

In der Regierungsvorlage ist eine nachträgliche Überprüfung der Projekte vorgesehen, die zur Qualitätssicherung bei der Durchführung von Tierversuchen beitragen soll.

Eine rückblickende Bewertung muss aber nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen. Diese ist nach Abs. 1 nur durchzuführen, wenn die zuständige Behörde dies in ihrer Projektbeurteilung ausspricht, die Projekte die Verwendung nichtmenschlicher Primaten vorsehen oder die Projekte als „schwer“ eingestufte Tierversuche umfassen.

Zusätzlich wird im Abs. 2 der Regierungsvorlage ausdrücklich festgelegt, dass für Projekte, die ausschließlich als „gering“ oder „keine Wiederherstellung der Lebens­funktion“ eingestufte Tierversuche umfassen, keine rückblickende Bewertung erfor­derlich ist.

Durch diese Ausnahmen wird eine nachträgliche Überprüfung, die zur Qualitäts­siche­rung bei der Durchführung von Tierversuchen beitragen soll, bei den durchgeführten Projekten völlig verhindert.

Aus diesem Grund sollen die in der Regierungsvorlage vorgesehenen Ausnahmen bei der rückblickenden Bewertung entfallen und eine rückblickende Bewertung generell geschaffen werden. Durch die detaillierte Durchführung der rückblickenden Bewertung soll sichergestellt werden, dass der Versuchsablauf angegeben wird.

Zu Art. 1, 4. Abschnitt § 36:

In Deutschland, Schweiz, England, Holland und anderen EU-Ländern wird die zustän­dige Behörde durch das Tierversuchsgesetz verpflichtet Kommissionen einzu­richten, die jeden einzelnen Antrag auf einen Tierversuch beurteilen und über ihn mehrheitlich entscheiden müssen.

Obwohl im § 29 Abs. 3 der Regierungsvorlage die zuständige Behörde bei der Durch­führung der Projektbeurteilung auf Fachwissen zurückzugreifen hat werden im § 36 Abs. 1 die zuständigen Behörden nicht verpflichtet zur Unterstützung Kommissionen einzurichten.

Daher werden im § 36 Abs. 1 die zuständigen Behörden dazu verpflichtet Kommis­sionen einzurichten.

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kurt List

betreffend Umsetzung der Parteienstellung von Tierschutzombudsfrauen und -männer in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2016 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchs­gesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG) (2080 d. B.)

Durch das Bundestierschutzgesetz wurden in allen Bundesländern Tierschutzombuds­personen eingeführt, die in allen Verwaltungs- und Verwaltungsstrafverfahren nach dem Tierschutzgesetz Parteienstellung haben und weisungsfrei sind. Doch die Tier­schutzombudsfrauen und Tierschutzombudsmänner haben keine Parteienstellung in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz.


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Die Regierungsvorlage zum Tierversuchsgesetz sieht zwar vor, dass die Tier­schutz­ombudsfrauen und Tierschutzombudsmänner in die Tierschutzkommission des Bundes eine Vertreterin bzw. einen Vertreter entsenden können und regelmäßig durch die zuständigen Behörden über alle Kontrollen bei Tierversuchen informiert werden müs­sen. Sie werden aber nicht über die Genehmigungsverfahren für Tierversuche infor­miert.

Die Tierschutzombudspersonen haben daher in einer gemeinsamen Stellungnahme an das Bundesministerium appelliert, dass auch für Versuchstiere eine derartige Institution geschaffen wird. Es ist völlig unverständlich, warum Heimtiere und Nutztiere eine Ombudsschaft haben aber Versuchstiere nicht.

Daher soll die Regierungsvorlage so abgeändert werden, dass Tierschutzombuds­frauen und Tierschutzsombudsmänner eine Parteienstellung auch in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz erhalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird ersucht, die Tierschutz­ombudsfrauen und Tierschutzsombudsmänner nicht nur über die Kontrollen durch die zuständigen Behörden zu informieren sondern auch eine Parteienstellung in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz einzuräumen.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.40.55

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Zu Frau Kollegin Cortolezis-Schlager möchte ich sagen: Ich gebe Ihnen vollkommen recht, wenn Sie in Ihrer Pressemitteilung sagen, die „Tierversuchsgesetznovelle () nimmt Tierschutz ernst“.

Wir haben ja bereits eines der strengsten Tierversuchsgesetze im europäischen Vergleich. Tierversuche für Kosmetika sind in Österreich strengstens verboten, und das ist auch gut so. Es ist jedoch für wissenschaftliche Zwecke, zum gesundheitlichen Wohl der Menschen wichtig beziehungsweise unumgänglich, Tierversuche sehr wohl zu machen, insofern es keine Ersatzmethoden gibt.

Man muss jetzt natürlich auch fragen, ob Tierversuche Tierquälerei sind oder unver­zichtbar für die Forschung. Die Volkskrankheit Krebs ist die zweithäufigste Todesur­sache in Österreich. Ohne Tierversuchsreihen könnte man keine Krebsmedikamente herstellen, und wir wüssten wahrscheinlich auch nicht, wie man einen Tumor überhaupt entfernt.

Wir wissen, dass es heute ungefähr 40 000 Menschen sind, die in Österreich an Krebs erkranken. Diese Menschen haben die Hoffnung, geheilt zu werden, und diesen Menschen sind wir auch verpflichtet. Wir müssen in diesem Bereich sogar noch weitere Forschungstätigkeiten forcieren.


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Es gibt natürlich die Alternativen wie Zell- und Gewebekulturen, Computersimulation oder auch die Forschung an Schlachthofmaterial. Aber man kann nun mal nicht überall auf Ersatzmethoden zurückgreifen, ganz ersetzen können wir die Tierversuche leider noch nicht. Ich gehe außerdem noch davon aus, dass keiner der Forscher Tierver­suche mit Leidenschaft macht; aber wie gesagt, sie sind eben notwendig.

Im Bereich der Forschung an Tieren konnten Wirkstoffe erforscht werden, die zur AIDS-Therapie positiv beitragen, aber auch Impfstoffe wie verschiedene Antibiotika konnten so getestet werden.

Wir müssen sagen, dass Tierversuche grausam und daher einerseits aus ethischen Gründen abzulehnen sind. Aber auf der anderen Seite: Wo wäre die Medizin heute, wenn es sie nicht geben würde? Und wie würde jeder Einzelne von uns reagieren, wenn die Diagnose lauten würde: Noch sechs Monate!? Diese Frage muss sich jeder selbst beantworten.

Aus unserer Sicht ist es durchaus begrüßenswert, dass der Tierschutz in dieser Novelle, wie gesagt, sehr ernst genommen wird, dass mit dieser Novelle auch der Umgang mit den Tieren, die experimentellen Zwecken dienen, neu geregelt wird, dass es detaillierte Regelungen zur Unterbringung und Pflege gibt und dass Tierversuche in vier Schweregrade eingeteilt werden. Auch die Feststellung über zulässige Methoden zur möglichst schmerzlosen Tötung und vor allem die Verstärkung der nationalen Kontrollen sind aus unserer Sicht durchaus begrüßenswert. (Beifall beim Team Stronach sowie des Abg. Eßl.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundes­minister Dr. Töchterle zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


19.44.23

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben, wie schon gesagt wurde, hier kein neues Tierversuchsgesetz zu beschließen, sondern unser Tierversuchsgesetz einer Richtlinie der Europäischen Union anzupassen. Wenn wir das bis zum 1. Jänner 2013 machen, dann sind wir noch in der Zeit. Ich weiß, dass bisher auch die anderen Mitgliedsländer dafür ähnliche Zeitabläufe haben wie wir. Wir hinken also noch nicht nach.

Der Vorteil dieser Anpassung ist es, dass damit die Tierversuchsgesetze innerhalb der Europäischen Union harmonisiert werden. Das ist für alle Betroffenen und Beteiligten günstig, weil dadurch eine gewisse Gleichförmigkeit entsteht. Das nützt einerseits den Tieren und damit den Anliegen der Tierschützer, weil nun nicht ausgewichen werden kann in Länder mit niedrigeren Standards – zumindest nicht innerhalb der Euro­päischen Union, wo wir das regeln können. Andererseits werden durch diese Anpas­sung für die Forschung und für die Pharmaindustrie ähnliche Rahmenbedingungen geschaffen. Das Ganze ist also etwas Gutes.

Wir haben versucht, innerhalb des Rahmens, der uns hier gegeben ist, sowohl den Interessen der Tierschützer als auch den berechtigten Interessen der Forschung und der Pharmaindustrie, die ja doch viele Arbeitsplätze auch in Österreich schafft, Rechnung zu tragen. Das war ein schwieriges Unterfangen.

Vor allem haben natürlich die Tierschützer hier die Möglichkeit gesehen, ihr Anliegen, das ich für sehr berechtigt halte, möglichst stark zur Geltung zu bringen, nämlich das Anliegen, Tierversuche nahezu unmöglich zu machen oder zu verbieten, um das Tierleid hintanzuhalten.

Ich verstehe dieses Anliegen und habe mit den Tierschützern sehr, sehr viele Ge­spräche geführt. Es sind auch im Begutachtungsverfahren sehr, sehr viele Stellung-


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nahmen eingegangen. Ich bin auch deswegen gerne zum Philosophicum Lech gefah­ren, wo heuer zufällig und glücklicherweise genau das Thema Tier-Mensch-Beziehung auf der Tagesordnung stand, habe dort auch gesprochen und an Diskussionen teilgenommen.

Ich glaube, es ist uns gelungen, hier eine gute Anpassung zu schaffen. Wir haben in der Umsetzung dieser Richtlinie natürlich auch die dafür eingerichtete Artikel 13-Kommission befasst, und zwar mehrfach befasst. Wir haben also alles Menschen­mögliche getan, um den verschiedenen Aspekten, die einfach weit auseinanderklaffen, Rechnung zu tragen.

Ich bin ja auch nicht der einzige Minister, der damit befasst ist. Insgesamt sind vier Ministerien damit befasst. Eines wurde erwähnt, nämlich das Gesundheitsministerium. Es sind aber auch das Lebensministerium und das Wirtschaftsministerium da mit zuständig.

Dass wir den Beiratsvorschlag so nicht aufgenommen haben, liegt schlicht daran, dass wir Tierschutzgremien in allen Betrieben einrichten. Wir können auch den Tierschutz­beirat nicht in den Instanzenzug nehmen, ebenso wie wir nicht spezielle Ombudsleute für Tierversuche in den Instanzenweg nehmen können. Das entspräche nicht der Richtlinie. Deswegen konnten wir das so nicht machen.

Aber was wir getan haben: Wir haben eine grundsätzliche Linie gewählt, die folgender­maßen lautet: Da, wo das österreichische Tierversuchsgesetz bereits strenger ist als die Richtlinie, bleiben wir strenger, das dürfen wir tun. Da, wo die Richtlinie strengere Maßnahmen verlangt, werden wir strenger. Das heißt, wir haben das Möglichste getan, um die Interessen des Tierschutzes zu berücksichtigen. Wir haben aber auch die Interessen von Forschung und Wissenschaft berücksichtigen müssen – und natürlich muss ich auch diese Seite bedenken, gerade als Wissenschafts- und Forschungs­minister.

Gerade die Life Sciences, also die Lebenswissenschaften, haben in Österreich in den letzten Jahren einen ganz, ganz großen Aufschwung genommen. Es gibt viele, viele Erfindungen und Entdeckungen in diesen Bereichen, die in Österreich gemacht wurden und gemacht werden. Sie stehen auch immer wieder in den Medien. Sie helfen mit, viele Krankheiten in Österreich und in der Welt schneller, besser zu behandeln. Das heißt, das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Bereich, den wir weiterhin fördern und fordern müssen, weil er uns hilft, Krankheiten besser zu bekämpfen.

Ich glaube, wir haben einen wirklich guten Kompromiss gefunden. Wir haben etwas gemacht, wo wir vielleicht in Europa führend sind. Auch das ist von uns verlangt worden. Das hat uns eingeleuchtet. Wir erarbeiten einen Kriterienkatalog zur Schaden-Nutzen-Abwägung, der vom Messerli Forschungsinstitut, einem speziellen Institut zur Tier-Mensch-Beziehung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, erarbeitet wird.

Wir tun also vieles, um hier einen guten Kompromiss zu schaffen. Das war eine sehr anstrengende Arbeit, das kann ich sagen, sehr zeitaufwendig, auch emotional sehr anstrengend. Deswegen möchte ich mich bei dieser Gelegenheit sehr bei den Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern aus dem Kabinett und aus dem Ministerium bedanken, die teilweise bis zur Erschöpfung daran arbeiten mussten. Es ist mir ein Anliegen, das zu tun.

Natürlich werde ich mich auch bedanken, wenn wir es schaffen, diese Richtlinie umzusetzen. Dann sind wir noch zeitgerecht. Ich glaube, wir haben eine gute Basis,


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die den vielfältigen und sehr auseinanderstrebenden Interessen möglichst gut Rechnung trägt. (Beifall bei der ÖVP.)

19.49


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Doppler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.50.20

Abgeordneter Rupert Doppler (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tierversuchsrichtlinie, Neufassung des Tierversuchsgesetzes – eine sehr sensible Materie. Das ist eine Gratwanderung zwischen Tierschutz und Forschung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir von der FPÖ sagen ganz klar und deutlich, dass unnötige Tierversuche vermieden werden müssen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und da gibt es kein Wenn und Aber! (Beifall bei der FPÖ.)

Auch wenn Österreich, was den Tierschutz betrifft, bereits einen hohen Standard hat gegenüber der EU-Richtlinie, darf man sich darauf nicht ausruhen. Es muss unbedingt sichergestellt werden, dass für Anträge auf Genehmigung von Tierversuchen die Erklärungen vorhanden sein müssen, dass es da keine andere Möglichkeit gibt. Der Herr Minister hat ja auch im Ausschuss mitgeteilt – ich habe da nachgesehen –, dass sein Ressort für die Suche nach anderen Möglichkeiten pro Jahr zirka 300 000 € in die Hand nimmt, damit eben weniger Tierversuche durchgeführt werden müssen.

Was wir uns alle wünschen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist, dass eines Tages überhaupt keine Tierversuche mehr notwendig sind, weil es andere Möglich­keiten gibt, die gleichwertig oder sogar besser sind.

Dabei sollte man eines nicht vergessen, meine sehr verehrten Damen und Herren: Auch das Schächten ist Tierleid pur! Ich höre von so manchen Organisationen wenig dazu. Ich sage: Das Schächten gehört in dieser Art und Weise verboten! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

19.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Höfinger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.52.06

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Das ist ein sehr emotionales Thema, das haben wir jetzt in der Debatte bisher bemerkt.

Zuerst ein paar Fakten momentan dazu, es wurde schon genannt: Wir gehen in dieser Diskussion von einem sehr hohen Standard an Tierschutz in Österreich aus, auch im Tierversuchsgesetz. Wir haben eine erfreuliche Entwicklung, nämlich insofern, als wir seit 1990 einen Rückgang an Tierversuchen von über 60 Prozent haben. Wir wissen auch: Mit dieser Novelle bleiben auch die strengen österreichischen Regeln bestehen. Manches wird sogar noch restriktiver. In den Forschungseinrichtungen wird es ein Tierschutzgremium geben. Es wird mindestens einmal im Jahr eine unangemeldete Kontrolle geben und vieles andere mehr.

Aber wir wissen auch: Wir können leider nicht gänzlich auf Tierversuche verzichten. Ich bin dem Herrn Dr. Grünewald von den Grünen sehr dankbar. Herr Kollege, Sie haben nämlich im Ausschuss eine Wortmeldung getätigt, die ich sehr schätze, die sehr realistisch war, und zwar haben Sie gemeint, es wäre Ihnen am liebsten, wenn es keine Tierversuche geben müsste, Sie seien aber so weit, dass Sie wissen, dass wir darauf nicht verzichten können, weil diese Tierversuche eben den Menschen zugute-


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kommen, und weil damit, wenn möglichst rasch Medikamente entwickelt werden kön­nen, viel Menschenleid vermieden werden kann.

Meiner Überzeugung nach ist dieser Ansatz der wichtigste, den sollen wir verfolgen: Ja, Tierversuche wirklich nur im engsten Raum, aber dann sollen sie unmittelbar Menschen zugutekommen, damit diese genesen können, damit die Heilung voran­schreiten kann.

Ich denke, mit dieser Novelle haben wir auch eine vernünftige Balance in diese Rich­tung gefunden. Daher würde ich bitten, dass auch Sie dieser Novelle zustimmen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.53


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grüne­wald zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.54.07

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Ich bezweifle nicht, dass dieser Gesetzesvorschlag sehr mühsam und sehr schwierig war, aber man muss Güter abwägen.

In Österreich haben wir ein einheitliches österreichweites Bundestierschutzgesetz, aber keine österreichweite Patientencharta über Patientenrechte. Neun Bundesländer haben jeweils ihre eigene Charta, und die ist nicht wortidentisch und die Patienten­rechte sind nicht einklagbar.

Ich würde daher, vielleicht ein bisschen zynisch, sagen: Ich wäre manchmal froh, wenn der Mensch dem Tier gleichgestellt wäre, was zum Beispiel in der Rechtssituation vielfach nicht der Fall ist, nämlich bei den Patientenrechten.

Aber ich sage genauso, dass viele Tierschützer insgesamt nicht so homogen in ihrer Meinung sind, wie man es sich erwarten könnte. Es gibt Personen, die sind für das Verbot sämtlicher Tierversuche, andere sehen das differenzierter. Und ich sage Ihnen, und darauf lege ich meine Hand ins Feuer: Es ist nicht jeder Tierversuch verzichtbar.

Die gesamte Entwicklung von Medikamenten – Zytostatika zur Krebstherapie und viele andere Medikamente – können nicht zuerst an Kleinkindern, an Frauen, an Männern, an alten Leuten experimentell getestet werden! Was würde da passieren, wenn das irgendjemand nur verlangen würde? Da sind Tierversuche notwendig.

In der Grundlagenforschung sind Tierversuche notwendig, um zu verstehen, warum sich Zellen teilen, warum sie sich unkontrolliert teilen, warum Hebel in Bewegung gesetzt werden, wo Zellen entdifferenzieren und zu Tumorzellen werden. Das muss erforscht werden, weil das Auswirkungen für die Menschen hat und wirklich für die Gesellschaft etwas Gutes bringen kann.

Diese Balance zu schaffen, ist schwierig. Mein Problem ist, dass ich für beide Teile kritisch bin: Den Tierschützern ist einiges nicht aufgegangen, wo ich sehr dafür wäre, vor allem bei einem Punkt, den ich kurz erwähne, wenn das der Fall gewesen wäre. Andererseits gibt es x wissenschaftliche Institutionen, die schwere Bedenken gemeldet haben oder rückgemeldet haben, in denen verlangt wird, dass Experimente bis ins Detail im Ablauf von einer ganzen Forschungsgruppe, Arbeitsgruppe oder sogar von einem Institut veröffentlicht werden müssen. Da ist das Recht auf geistiges Eigentum schwer gefährdet und natürlich auch dem Phänomen Tür und Tor geöffnet, dass andere abkupfern und die Nase vorne haben, obwohl sie sich das nicht verdient haben. – Ich überziehe meine Redezeit ein bisschen und spare das bei der nächsten Rede ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 224

Ich will keinen Menschen, keine Institution kränken, aber ich glaube, die Tierversuchs­kommission des Bundes besteht unter anderem aus VertreterInnen – ich erwähne nicht alle, vertreten sind das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, das Wirt­schafts­ministerium, die Wirtschaftskammer, die Arbeiterkammer, die Landwirtschafts­kam­mer –, die über Grundlagenforschung und Bewertung von Zielen eines For­schungsrechtes nicht das nötige Wissen haben, um solche Entscheidungen zu treffen! Also da fresse ich den berühmten Besen, das können die nicht!

Warum verwahrt man sich dann gegen eine Kommission, die zusätzlich Tierversuche bewertet und beurteilt, die aus jeweils zugeschnittenen handverlesenen Experten eines bestimmten Gebietes besteht?

Ich habe auch, obwohl die Grünen es sich wünschen, ein wenig Bedenken bei rückwirkender Beurteilung von Projekten. Ich kann nicht beurteilen, ob den Tieren da mehr Leid geschehen ist als versprochen oder verschriftlicht. Aber soll ich als Laie – und wir alle sind auf diesen Gebieten vielfach Laien – beurteilen, ob ein Grundlagen­forschungsprojekt aufgegangen ist oder nicht? Das können die Leute nicht! In der Grundlagenforschung geht vieles nicht auf.

Da wäre es sehr sinnvoll, Herr Bundesminister, wenn auch Ergebnisse, die negativ waren, publiziert werden müssten, wie es die Forschungsgemeinschaft auf der ganzen Welt eigentlich immer mehr wünscht; um eben Tiere vor unnötigen Versuchen oder Forscher vor unnötigen Experimenten zu warnen und gezielter arbeiten zu lassen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Dr. Hübner und Jannach.)

19.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Keck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.59.04

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Es ist richtig, dass Sie viel erreicht haben. Unsere Hauptforderungen, wie zum Beispiel der Kriterien­katalog, wurden erfüllt, und das ist sehr erfreulich. Allerdings gäbe es Kleinigkeiten – ich betone: Kleinigkeiten – wie die Veröffentlichungspflicht, die Bildungspflicht einer Kommission oder die Pflicht der rückblickenden Bewertung. – Zitatende.

Das ist aus einem Mail, das mir Dr. Balluch im Zusammenhang mit diesem Gesetz geschickt hat. Er war bei all diesen Verhandlungen dabei, bedankt sich mit diesem Mail für die Erfolge, die wir erreicht haben.

Das heißt, es geht nur mehr um Kleinigkeiten, die offen sind, und diese Kleinigkeiten, meine Damen und Herren, wurden schon erwähnt. Eine Kleinigkeit, wie es hier heißt, wären die starken Schmerzen und Tierversuche mit langer Dauer. – Meine Damen und Herren, die sind verboten in diesem Tierversuchsgesetz!

Es gibt eine einzige Ausnahme dazu, die der Artikel 55 der EU-Richtlinie vorsieht, nämlich: Nur unter Zustimmung der Europäischen Kommission und aller EU-Mit­gliedsländer kann es diese Ausnahme geben, nämlich im Falle einer Pandemie. Ich denke, wenn eine Pandemie eintritt, wird es notwendig sein, Versuche zu machen, damit es möglichst wenige Menschenopfer gibt.

Rückblickende Bewertung: Da gilt dasselbe, wenn man die Versuche mit geringem Leid als rückblickende Bewertung hernimmt, kann ich nur ein Beispiel bringen. Auf der VetMed in Wien werden gerade Versuche an Hunden durchgeführt, ob man von Leckerlis abhängig werden kann. Das heißt, die werden nur mit Leckerlis gefüttert, und jede Fütterung müsste als rückblickende Bewertung angesehen werden, es sind wirklich Tausende. Das würde jede Kommission überfordern.


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Dann zur Kommission zur Unterstützung der Behörde, sprich der Kommission, die diese Tierversuche bewilligen soll: Meine Damen und Herren, diese Kommission gibt es, diese Kommission hat es beim alten Tierversuchsgesetz gegeben, die sogenannte § 12-Kommission, die weiter bleibt, denn sie ist an die EU gemeldet worden. Dieser Kommission sitzt Herr Professor Troxler vor. Ich denke, Herr Professor Troxler ist integer, man kann über ihn nichts sagen. Er sitzt dieser Kommission vor und hat mir gesagt, es kommen pro Jahr zirka 500 Anträge auf Tierversuche, davon zirka 300 Neuanträge, der Rest sind entweder Wiederholungsanträge oder Anträge, weil sich Formalitäten geändert haben.

Die Vorgangsweise sieht so aus, dass alle Anträge vom Wissenschaftsministerium in sein Sekretariat weitergeleitet werden. Das Sekretariat ist mit Experten besetzt, das sind Tierärzte, ehemalige Professoren für Versuchstierkunde und so weiter. Jeder Antrag wird von denen geprüft, bei Spezialfragen werden noch einmal Experten bei­gezogen, und in jedem Fall gibt diese Kommission einen Rat und eine anschließende Empfehlung an das Wissenschaftsministerium ab. Auch diese Kommission haben wir, daher ist dieser Punkt hinfällig, es ist alles erhalten worden.

Nun zu den Tierschutzombudsmännern: Meine Damen und Herren, wir haben die Tier­schutz­ombudsmänner in die Kontrolle miteingebunden, das war eine Hauptforderung der Tierschutzorganisationen. Kontrolle heißt, dass bei Prüfungen von allen Züchtern, Lieferanten und Versuchslabors die Tierschutzombudsmänner informiert werden müssen. Sind Missstände dort aufgetaucht, dann können die Tierschutzombudsleute aufgrund § 41 Bundestierschutzgesetz sofort eingreifen und haben dann auch Parteienstellung.

Ich kann nur sagen, wir haben erreicht, dass der Kriterienkatalog kommt, wir haben erreicht, dass die LD-50-Versuche, die aussagen, dass 50 Prozent der Tiere bei diesen Versuchen sterben, verboten werden. Wir haben die Ombudsleute in der Kontrolle und in die Tierversuchskommission integriert.

Wir sind mit diesem Gesetz führend in Europa, denn ich habe mir alle anderen Länder angeschaut. Luxemburg verzichtet auf die gesamten Kommissionen, Deutschland hat keine anderen Kommissionen, als wir sie haben, Frankreich wird keine Kommissionen einführen. Ich denke, wir sind auch in dieser Weise wieder führend in Europa, und ich glaube, als Tierschützer sagen zu können, wir haben hier ein gutes Tierversuchsgesetz zusammengebracht. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ sowie Beifall der Abg. Höllerer.)

20.02


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zweite Wortmeldung: Herr Abgeordneter Vock. – Bitte.

 


20.03.02

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Ein gutes Gesetz braucht auch eine gute Kontrolle, deshalb darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 30. Juni 2013 eine Gesetzes­vorlage zuzuleiten, die den Tierschutzombudsmännern die Parteienstellung in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz einräumt.“

*****

(Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

20.03



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 226

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Vock und weiterer Abgeordneter betreffend Parteienstellung für Tierschutzombudsmänner in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 29, Bericht des Wissen­schaftsausschusses über die Regierungsvorlage (2016 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierversuchsgesetz 2012 erlassen wird sowie das Arzneimittelgesetz, das Biozid-Produkte-Gesetz, das Futtermittelgesetz 1999, das Gentechnikgesetz sowie das Tierschutzgesetz geändert werden (Tierversuchsrechtsänderungsgesetz – TVRÄG) (2080 d.B.) in der 185. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 6. Dezember 2012

Mit dem Beschluss des bundesweiten Tierschutzgesetzes im Jahr 2005 wurden Tier­schutzombudsmänner in den Ländern eingeführt. Diese agieren weisungsfrei und haben in allen Verwaltungs- und Verwaltungsstrafverfahren nach dem Tierschutz­gesetz Parteienstellung. Dies gilt allerdings nur für Nutz- und Heimtiere, in Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz steht den Tierschutzombudsmännern unverständlicher­weise keine Parteienstellung zu.

Die Regierungsvorlage zum Tierversuchsrechtsänderungsgesetz sieht lediglich vor, dass die Tierschutzombudsmänner einen Vertreter in die Tierschutzkommission des Bundes entsenden dürfen und regelmäßig über alle Kontrollen bei Tierversuchen informiert werden.

Die Forderung nach einer Parteienstellung der Tierschutzombudsmänner auch in den Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz, wurde mit dem Argument abgeschmettert, dass die Tierschutzombudsmänner Organe der Landesverwaltung seien und für eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG mit den Ländern keine Zeit mehr sei.

Wird ein Tierversuch abgelehnt, kann der Projektleiter gegen den Bescheid berufen. Wird ein Projekt genehmigt, kann niemand gegen die Entscheidung berufen. – Dies ist eine untragbare Situation. Gefordert ist daher das Recht auf Parteienstellung für Tierschutzombudsmänner auch in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und For­schung, wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 30. Juni 2013 eine Gesetzes­vor­lage zuzuleiten, die den Tierschutzombudsmännern die Parteienstellung in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz einräumt.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufiger letzter Redner zu diesem Tages­ordnungspunkt gelangt Herr Abgeordneter Ing. Windisch zu Wort. 2 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 227

20.03.41

Abgeordneter Ing. Franz Windisch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Im Volksmund gibt es, wenn man zu einem Tagesordnungspunkt als Letzter spricht, zwei Aussprüche, nämlich der Christbaum ist abgeräumt, thematisch, da gibt es den Konnex zur Adventzeit (Zwischenruf des Abg. Scheibner), und der andere Sager ist, den Letzten beißen die Hunde. Da gibt es wieder den thematischen Berührungspunkt. Trotzdem erlaube ich mir, ganz kurz noch ein paar Bemerkungen aus unserer Sicht zu machen.

Tierschutz und Tierversuche sind natürlich ein probates Mittel, um zu polarisieren und auch zu mobilisieren. Das ist auch okay so, und die Medienpräsenz und das Interesse sind hoch. Es ist, glaube ich, ein guter Mix, eine Balance zwischen den einzelnen Interessen der Forschung und der Wissenschaft gelungen. Es wird immer zu wenig betont, dass diese Arbeit dem Wohl und der Gesundheit der Menschen dient. Trotz­dem gibt es die berechtigten Anliegen des Tierschutzes, das will ich hier noch einmal betonen, wo gerade wir in diesem Haus als Abgeordnete eine ganz besondere Verantwortung bezüglich der Schöpfung und bezüglich unserer Mitgeschöpfe haben.

Es ist ein Entwurf, der in vier Ministerien abgestimmt worden ist, 80 Abänderungs­anträge hat man versucht einzuarbeiten, es gab wochenlange Begutachtungsver­fahren. Ich war eigentlich positiv angetan, wie doch im Wissenschaftsausschuss parteiübergreifend im Grunde zu den wichtigsten Punkten Konsens bestanden hat. Das habe ich als sehr positiv empfunden, denn was ich noch weiß, ist, dass keine Partei grundsätzlich nein zu Tierversuchen sagt, weil die Ratio das einfach overruled.

Tierversuche vermeiden ist klar, dort, wo es geht, sie werden aber zum Status quo noch nicht vermeidbar sein. Es geht darum, Tierversuche zu verringern, vor allem auch von der Tieranzahl her, und Tierversuche zu verbessern, was den Schmerz betrifft. Ich bin froh, dass es drei neue Hebel, drei neue Ebenen im Bereich der Kontrolle, der Beratung, des Informationsaustausches und der Begleitung der Projekte gibt.

Der erste Punkt betrifft die viel kritisierte Tierversuchskommission des Bundes. Da muss ich sagen, es gibt auch einen Slogan, der heißt: Tierschutz geht alle an!, und ich denke, dieser Mix aus den betroffenen Ministerien, aus dem Bereich der Wissenschaft, der Forschung, Experten aufseiten der Tierschützer und von den Kammern ist durchaus legitim, dass sich das auch entsprechend zusammensetzt.

Abschließend ein Satz dazu: Tierversuche ja, so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig, damit auch weiterhin mit minimalstem Tierleid das maximalste Menschenleid vermieden werden kann. Ich glaube, unter diesem Gesichtspunkt muss man das sehen. Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Cap.)

20.06

20.06.15

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 29: Entwurf betreffend Tierversuchsrechtsänderungsgesetz in 2016 der Beilagen.

Hiezu liegen folgende Abänderungsanträge vor: drei Abänderungsanträge der Abge­ordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen, sowie ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen und ein Abänderungsantrag der Abgeordneten Keck, Eßl, Kolleginnen und Kollegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 228

Ich werde daher zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betrof­fenen Teile – der Systematik des Gesetzentwurfes folgend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen haben jeweils gleichlautende Abänderungs­anträge betreffend Artikel 1 § 4 Ziffer 8 eingebracht.

Wer diesen Anträgen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 § 26 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein Zeichen. Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Artikel 1 § 30 eingebracht.

Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 § 30 eingebracht.

Wer sich hiefür ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Keck, Eßl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungs­antrag betreffend Artikel 1 § 35 eingebracht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Artikel 1 § 36 eingebracht.

Wer dem seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. Das ist die Min­der­heit und somit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 § 36 eingebracht.

Wer sich für diesen Abänderungsantrag ausspricht, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 229

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage.

Wer hiefür seine Zustimmung erteilt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und somit angenommen.

Die Abgeordneten Keck, Eßl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Artikel 6 eingebracht.

Wer diesen Abänderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Parteien­stellung von Tierschutzombudsfrauen und -männern in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Vock, Kolleginnen und Kollegen betreffend Parteienstellung für Tierschutz­ombudsmänner in allen Verfahren nach dem Tierversuchsgesetz.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Auch das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 30: Antrag des Wissen­schaftsausschusses, seinen Bericht 2081 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 31: Antrag des Wissenschaftsausschusses, seinen Bericht 2082 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

20.13.01 32. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2001 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werb­liche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozial­versicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012) (2102 d.B.)

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 230

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zum 32. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Csörgits. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.13.24

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Sehr geschätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Regierungsvorlage setzen wir dort fort, wo wir gestern bereits begonnen haben, wichtige Sozialvorhaben zu verbessern. Ich erinnere an die Invaliditätspension, ich erinnere an die Erleichterung der Kurzarbeit und vor allem sehr erfreulich an die Erweiterung der Pflegefreistellung.

Heute werden wir mit dieser Regierungsvorlage eine weitere Lücke schließen. Wir werden ein Krankengeld für die sogenannten „kleinen“ – unter Anführungszeichen – Selbständigen und UnternehmerInnen einführen. Das ist insbesondere für jene Personen geplant, die entweder keine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben oder weniger als 25 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer beschäftigen. Da ist es ganz wichtig, dass sie auch eine persönliche Arbeitsleistung erbringen und diese persönliche Arbeitsleistung auch ganz entscheidend für das Unternehmen ist. Damit werden künftig auch diese Personen ein Krankengeld erhalten.

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Vorlage ist die Erweiterung der Leistungen der Zahnambulatorien der Krankenkassen. Durch die vorgesehene Neuregelung wird es künftig den Zahnambulatorien der Sozialversicherung möglich sein, den Versicherten jene umfassende zahnmedizinische Vorsorge entgegenbringen zu können, die auch die niedergelassenen Zahnärzte und Zahnärztinnen anbieten – eine ganz wichtige Maßnahme, die insbesondere jenen Menschen zugutekommt, die nicht so viel im Geldbörserl haben. Und gerade im Zusammenhang mit der Zahngesundheit ist das eine ganz, ganz wichtige Maßnahme. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Barten­stein.)

Ebenfalls wird der Unfallversicherungsschutz bei Wegunfällen erweitert.

Insgesamt ein gutes Paket, ich bedanke mich bei den zuständigen Kolleginnen und Kollegen des Ressorts, beim Bundesminister, und freue mich auf eine Beschluss­fassung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.15


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.15.33

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Hohes Haus! Wir beschließen heute im wahrsten Sinne des Wortes einen kleinen Lückenschluss. Lückenschluss deshalb, weil es um Zahnlücken geht.

Es ist in Österreich sehr wohl so, dass manche Menschen an ihren Zahnlücken erkennbar sind, also wo sie hingehören. Das hat verschiedenste Gründe. Wir machen einen Lückenschluss des Lückenschlusses, indem wir es zumindest einmal den Ambulatorien ermöglichen, dass sie festsitzenden Zahnersatz und anderes anbieten. Ich sage aber gleich dazu, ich erwarte mir, dass das nicht nur in dem Bereich, sondern generell stattfindet. Es muss ja nicht gleich so wie in Deutschland sein, wo alle Leute ein Luxusgebiss haben, es muss aber nicht so bleiben wie in Amerika, wo die Leute lauter Zahnlücken haben.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 231

Die zweite Lücke, die da geschlossen wird, betrifft kranke Unternehmer, die länger als 43 Tage krank sind. Auch das ist ein Lückenschluss, der für die betroffene Gruppe wichtig ist.

Über andere Lückenschlüsse, die ich mir vor Weihnachten wünsche, sollte man auch reden. Etwas, was uns auch ständig beschäftigen wird, ist der große Bereich der Kinderversorgung. Die politische Kindermedizin sagt, 70 000 Kinder sind nicht aus­reichend mit Logopädie, Ergotherapie, et cetera versorgt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein.) Das bedeutet für eine völlig unschuldige Gruppe später schlechtere Chancen. Es ist auch wirtschaftlich unsinnig. Und wenn wir jetzt schon 20 Jahre wegen Kinderrehabilitation herumreden – und da geht es um 180 Betten –, dann, muss ich sagen, müssen wir uns, alle Verantwortlichen, an der Nase nehmen – alle! –, warum das bis jetzt noch nicht passiert ist in einem Land, in dem 200 000 Erwachsene auf Kur oder Rehab fahren können! (Beifall bei der ÖVP.)

Detto gilt das natürlich auch für das Kinderhospiz, welches schwerstkranke Muko­vis­zidose-, Cerebralparetiker-, Muskeldystrophiker- und Karzinompatienten betrifft. Ich glaube, auch vor Weihnachten sollten wir uns einen besonderen Ruck geben, auch auf diese Gruppe zu schauen – nicht nur bei „Licht ins Dunkel“ mit irgendwelchen Almosen, sondern dass man das auch einmal in die Regelversorgung überführt. Ich denke, das sind keine weltbewegenden Beträge, und vielleicht ist gerade der Advent die richtige Zeit, dass man über diese Themen redet. (Beifall bei der ÖVP.)

20.18


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.18.46

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ein Punkt aus diesem Gesetz, in das schon wieder sehr viel hineingepackt wurde, ist die Öffnung der Krankenkassenambulatorien. Die Frage, die sich stellt, ist: Welchen Sinn machen Krankenkassenambulatorien im Jahre 2012? – Meine Antwort ist: keinen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Begründung: Grundversorgung, die ursprünglich angedacht war, was die Krankenkassen zu versor­gen hätten, wäre zum Beispiel die Behandlung von Kindern, die Behandlung von Behinderten, narkoseabhängige Behandlungen, die Behandlung in der Nacht, die Behandlung am Wochenende. Das findet alles in den Krankenkassenambulatorien nicht statt. Sie machen aber dafür ein ordentliches Defizit und haben eine Reichweite von 5 Prozent.

Wie wird kontrolliert? – Sie kontrollieren sich selbst. Welche Qualitätssicherung? – Sie kontrollieren sich selbst. Welche Regeln? – Die geben sie sich selbst. Steuern zahlen sie keine, deswegen ist das ein unlauterer Wettbewerb, den die Krankenkassen im System der Kranken- und Sozialversicherung spielen. Das ist ein Faktum.

Herr Minister! Der Herr Bundeskanzler hat sich beim Ministerrat hingestellt und erzählt, die Menschen würden in Zukunft die Leistungen, die momentan sehr teuer und mit Selbstbehalten versehen sind beziehungsweise für die überhaupt keine Abgeltung erfolgt, in Zukunft billiger beziehungsweise in den Ambulatorien gratis bekommen. Er kann es nicht besser wissen, er ist von Ihnen informiert worden.

Herr Minister, Sie haben den Herrn Bundeskanzler schlicht und einfach falsch informiert, denn in Zukunft werden in den Ambulatorien weiterhin Selbstbehalte bezahlt werden müssen, und die Ambulatorien bieten die Leistungen zu normalen Preisen, zu, wie es so schön heißt, marktüblichen Preisen an. Das bedeutet, die Menschen haben


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 232

davon überhaupt nichts, denn diese Leistungen werden bereits heute von jedem niedergelassenen Zahnarzt angeboten.

Welchen Sinn macht das, wenn das zum marktüblichen Preis angeboten wird? – Es wird in Ambulatorien angeboten, die von 100 Prozent der Versicherten bezahlt werden, in die aber nur 5 Prozent gehen können. Das macht keinen Sinn!

Das ist daher kein Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit. Also warum dann? – Es ist schlicht und einfach – das habe ich Ihnen jetzt schon oft vorgeworfen – ein Puzzlestein in Ihrer Ideologie der Umgestaltung des österreichischen Gesundheitssystems. Sie wollen vom niedergelassenen Bereich in den ambulanten, in den stationären Bereich verlagern. Sie wollen nicht den niedergelassenen Bereich, sondern die zentralen Strukturen stärken.

Aus diesem Grund gibt es auch momentan diesen enormen Aufstand, diesen Sturm, der Ihnen ins Gesicht bläst, zugegebenerweise mit sehr drastischen Mitteln, aber etwas anderes verstehen Sie anscheinend nicht. Sie als Gewerkschafter verstehen anscheinend nur eine sehr raue Sprache. (Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Andere Gründe: Es ist schlicht und einfach so, dass die Medizin heute keine Teilmenge der Wirtschaft ist, Herr Minister. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Es wäre positiv, wenn Sie dafür sorgen würden, dass jeder in der sozialen Krankenversicherung Ver­sicherte in den Genuss von tatsächlich billigen und sozialen Leistungen käme. Wenn Sie dafür sorgen würden, dass die Tarife bei den niedergelassenen Ärzten, die Krankenkassen haben, so gestaltet werden, dass keine Selbstbehalte mehr zu bezahlen sind, dass selbstverständliche Grundleistungen wie Kronen, Brücken und dergleichen bezahlt werden, dass es für Zahnspangen für Kinder keinen Selbstbehalt mehr gibt, wäre das eine echte soziale Revolution, und dann könnten Sie sich hinstellen und den Bundeskanzler sagen lassen: Das ist ein Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit! (Beifall bei der FPÖ.)

Deswegen bringen wir jetzt – wir machen jetzt mit Ihnen sozusagen den Lackmustest – zwei Anträge ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für die Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen im Sinne ihres ursprünglichen Auftrages der Grundversorgung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die Regelungen für die Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen im Sinne ihres ursprünglichen Auftrages der Grundversorgung vorsieht.“

*****

Und der zweite Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Selbstbehalte im medizinischen Bereich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 233

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Abschaffung der Selbstbehalte im medizinischen Bereich für alle Systeme vorsieht.“

*****

Wir werden hier eine namentliche Abstimmung fordern. Aber die Zustimmung dürfte Ihnen ja nicht so schwerfallen, denn ein Aktionskomitee, bestehend aus SPÖ, Grünen, Ärztekammer und Ein-Personen-Unternehmern, ist gegen Zuzahlungen für Selbstän­dige. Wir werden sehen, ob Sie dem zustimmen. Offensichtlich gibt es diese Komitees auch in Ihren Reihen. Wir werden sehen! (Beifall bei der FPÖ.)

20.23


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck hat zwei Ent­schließungs­­anträge eingebracht. Diese sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelungen für die Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen im Sinne ihres ursprünglichen Auftrages der Grundversorgung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 32, Bericht des Ge­sund­heitsausschusses über die Regierungsvorlage (2001 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012) (2102 d.B.) in der 185. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 6. Dezember 2012

Mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 erfolgt die Öffnung der Zahn­ambulatorien der Gebietskrankenkassen, d.h. den Ambulatorien ist künftig erlaubt, auch sämtliche Privatleistungen zu erbringen.

Die Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen haben bereits bisher eine privile­gierte Stellung genossen. Sie dürfen Ärzte anstellen, sind nicht einkommenssteuer- und körperschaftssteuerpflichtig und ihr Defizit wird ausgeglichen.

Diese Privilegien wären nur zu rechtfertigen, wenn die Zahnambulatorien ihrem ursprüng­lichen Auftrag der Grundversorgung der Bevölkerung gerecht würden.

Grundversorgung bedeutet, das alles das, was in den Kassenordinationen nicht kostendeckend gemacht werden kann - weil es von den vollkommen veralteten Verträgen nicht gedeckt ist -, von den Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen abgedeckt wird, wie z.B. die Möglichkeit der Zahnbehandlung in Narkose, eine flächen­deckende Zahnversorgung für behinderte Menschen und Nacht- und Wochen­end­öffnungs­zeiten.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 234

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die Regelungen für die Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen im Sinne ihres ursprünglichen Auftrages der Grundversorgung vorsieht.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Selbstbehalte im medizinischen Bereich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 32, Bericht des Ge­sund­heitsausschusses über die Regierungsvorlage (2001 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012) (2102 d.B.) in der 185. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 6. Dezember 2012

Derzeit müssen Patienten bei vielen medizinischen Leistungen wie Brillen, Hörgeräten, orthopädischen Einlagen, Zahnspangen und Zahnprothesen Selbstbehalte zahlen bzw. bei manchen Leistungen wie Zahnkronen die gesamten Kosten selbst tragen. Im Unterschied zur Rezeptgebühr gibt es bei den Selbstbehalten  für sozial Schwächere keine Befreiung, auch eine soziale Staffelung bezüglich der Höhe der Selbstbehalte ist nicht vorgesehen, was zu einer Zwei-Klassen-Medizin führt.

Als negative Folge werden entsprechende Behandlungen entweder gar nicht durchge­führt oder die betroffenen Patienten wandern ins Ausland ab, wo diese Leistungen aufgrund der fehlenden Sozialstandards zu einem viel niedrigeren Preis angeboten werden.

Beim Gesundheitstourismus österreichischer Patienten ins Ausland gibt es noch dazu das Paradoxon, dass die sozialen Krankenkassen die im Ausland anfallenden Kosten nach Vorlage einer Rechnung bezahlen.

Gefordert ist daher die umgehende Abschaffung der Selbstbehalte im medizinischen Bereich für alle Systeme.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit, wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die die Abschaffung der Selbstbehalte im medizinischen Bereich für alle Systeme vorsieht.“

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Öllinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 235

20.23.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sicher wird es den einen oder die andere unter Ihnen geben, der/die schon einmal am Wochenende Zahnschmerzen gehabt hat. Jene unter Ihnen, die von diesem Problem betroffen sind, werden mit unserem Entschließungsantrag viel Freude haben:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu Randzeiten durch Öffnung der Ambulatorien der Sozial­versicherungsträger

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Ambulatorien der Sozialversiche­rungsträger ihre Leistungen auch an Wochenenden, Feiertagen oder in den Abend­stunden anbieten können.

*****

Ein simples Begehren – Kollege Karlsböck hat auch darauf hingewiesen; er wird sich auch freuen, nehme ich an –, das dazu beitragen kann, dass einem, nämlich fast schon unabhängig von der Entfernung zu Ambulatorien, denn wenn man starke Zahnschmerzen hat, ist man bereit, auch 50 Kilometer zu fahren, Abhilfe geschieht. (Abg. Haberzettl: Da geht man zu Fuß!)

Das Problem ist – in der Stadt wissen wir das –, dass die zahnärztliche Notversorgung teilweise nicht gut funktioniert, dass es oft zu stundenlangen Wartezeiten kommt. Es wäre daher eine sinnvolle Ergänzung, und es wäre positiv, wenn hier Abhilfe ge­schaffen würde, auch durch die Zahnambulatorien. – Wie üblich werden Sie als Regierungsmehrheit diesem Antrag vermutlich nicht zustimmen, aber Hauptsache, es ändert sich etwas.

Ich komme jetzt zum eigentlichen Kern, nämlich zum vorliegenden Gesetzeswerk. Ich kann Sie beruhigen, Herr Bundesminister, wir werden dem zustimmen. Wir haben auch schon im Ausschuss gesagt, dass wir dem, auch dem Abänderungsantrag betreffend die Erhöhung des Wochengeldes für Unternehmer und Unternehmerinnen zustimmen werden. Aber es gibt einen Punkt, bei dem wir ein Riesenproblem haben.

Kollege Rasinger hat davon gesprochen, dass Lücken geschlossen werden. – Nein, es gibt einen Punkt, und dieser betrifft wieder das Krankengeld für Ein-Personen-Unter­nehmen und Kleinstunternehmen, wo keine Lücke geschlossen wird, sondern die Lücke einfach nicht beachtet wird.

Kein Kleinstunternehmen, kein Ein-Personen-Unternehmen kann es sich unter bestimmten Voraussetzungen leisten, krank zu werden. Und wenn jemand krank wird und er ab dem 43. Tag dann Krankengeld bekommt – Sie preisen das als Erfolg an –, hilft es dem oder der Betroffenen vielleicht gesundheitlich nicht, aber ökonomisch schon gar nicht! Denn am 43. Tag von Krankheit ist ein Ein-Personen-Unternehmen ökonomisch tot, das wissen Sie auch, und trotzdem geschieht in diesem Punkt überhaupt nichts!

Ab dem 43. Tag gibt es für Unternehmen/Unternehmer mit bis zu 25 Beschäftigten ein Krankengeld – eine sinnlose Maßnahme in der Form, wie Sie sie jetzt beschließen, da eigentlich anzunehmen ist, dass sich Unternehmen/Unternehmer mit bis zu 25 Be-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 236

schäftigten – das sind nicht mehr die ganz kleinen – die Taggeld- oder Krankengeld­versicherung, die es als freiwilliges Angebot gibt, leisten können.

Wissen Sie, was passiert, wenn Ihr Vorschlag Realität wird? – Und leider muss ich das annehmen. – Dann werden jene Unternehmen, die sich das leisten können, neben dem Krankengeld, das sie dann ab dem 43. Tag kassieren, auch noch immer die Taggeldversicherung kassieren. Für die ist das also wirklich ein Geschäft, weil beides nicht gegeneinander aufgerechnet wird, während – und jetzt komme ich zum eigentlichen Punkt – für die Kleinstunternehmen, für die Ein-Personen-Unternehmen nichts geschieht!

Deshalb gibt es einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Grünewald, Lichtenecker zum Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012, der versucht, genau diese Punkte zu sanieren.

Wir wollen ein Krankengeld für Ein-Personen-Unternehmen und für Unternehmer in Betrieben mit bis zu vier Beschäftigten, das ab dem vierten Tag die Gleichstellung mit den unselbständig Beschäftigten herstellt. Das ist eine absolut sinnvolle Maßnahme. (Beifall bei den Grünen.)

Wir sind aber dagegen, dass man sozusagen dann eine Maßnahme setzt, nämlich Krankengeld ab dem 43. Tag, wenn sie niemandem von denen, die wirklich das Krankengeld brauchen würden in einer Form, dass es ihnen die Sozialversicherung zahlt, wenn es dieser Personengruppe überhaupt nichts mehr nützt.

Das, was Sie jetzt beschließen, ist offensichtlich eine Maßnahme im Auftrag der Wirt­schaftskammer, damit man sagen kann, 97 Prozent aller Unternehmer sind davon betroffen, egal, ob es ihnen etwas nützt oder nicht.

Deshalb werden wir in diesem Punkt getrennte Abstimmung verlangen. Und ich ersuche jene unter Ihnen, die die Intention dieses Abänderungsantrages verstanden haben, nämlich wirklich denen, die es brauchen, zu helfen – das sind die Ein-Personen-Unternehmen, ich kann es nur noch einmal sagen, die Kleinstunternehmer –, dem Abänderungsantrag die Zustimmung zu geben und denen zu helfen. (Beifall bei den Grünen.)

20.29


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der von Herrn Abgeordnetem Öllinger eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der in den Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag, der eingebracht wurde, ist gemäß der Geschäftsordnung bereits verteilt oder ist gerade in Verteilung und steht mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu Randzeiten durch Öffnung der Ambulatorien der Sozial­versicherungsträger

eingebracht im Zuge der Debatte über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­ge­setz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012) in der Fassung des Ausschussberichts (2102 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 237

Begründung

An Wochenenden und in den Abendstunden gibt es auch in Ballungsgebieten nur Not- und Nachdienste zur Versorgung von PatientInnen mit akuten (z.B. Zahn-) Beschwer­den. PatientInnen mit akuten Beschwerden müssen daher zu diesen Zeiten nicht nur extrem lange Wartezeiten in Kauf nehmen, sondern oftmals unnötigerweise auch Kran­kenhäuser aufsuchen. Die Ambulatorien haben sowohl das Personal wie auch die Kompetenz und die Qualität, in diesen „Randzeiten“ (Abendstunden, Wochenenden, Feiertage) qualitative und quantitative Engpässe zu überwinden.

Die Öffnung der Ambulatorien der Sozialversicherungsträger zu Randzeiten zielt auf die Verbesserung der Gesundheitsversorgung ab und entlastet Spitäler.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Ambulatorien der Sozialver­siche­rungsträger ihre Leistungen auch an Wochenenden, Feiertagen oder in den Abend­stunden anbieten können.

*****

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Kurt Grünewald, Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (Sozialver­sicherungs-Änderungsgesetz 2012 - SVÄG 2012; 2001 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichts (2102 d.B.)

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­ver­siche­rungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geän­dert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 - SVÄG 2012; 2001 d.B.) in der Fassung des Berichtes des Gesundheitsausschusses ( 2102 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 entfällt Ziffer 20.

2. In Artikel 1 Ziffer 28 entfällt in § 671 Abs. 1 Ziffer 1 die Zeichenfolge „319b samt Überschrift,“.

3. In Art 2 Ziffer 29 lautet § 104a wie folgt:

„§ 104a. (1) Versicherte nach §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Z 2 sowie 14a und 14b haben nach Maßgabe der folgenden Absätze bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, wenn und


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solange der Versicherte infolge Krankheit nicht oder nur mit Gefahr der Verschlech­terung seines Zustandes oder der Erkrankung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit nachgehen kann, bis zur Höchstdauer von 180 Tagen Anspruch auf eine Unterstüt­zung, sofern die Aufrechterhaltung ihres Betriebes von deren persönlicher Arbeits­leis­tung abhängt.

(2) Anspruch auf Unterstützungsleistung für ein und dieselbe Krankheit, auch wenn während dieser Zeit zu der Krankheit, für die eine Unterstützungsleistung zuerst gewährt wurde, eine neue Krankheit hinzugetreten ist, haben jene in Abs. 1 genannten selbständig Erwerbstätigen, bei denen die Aufrechterhaltung ihres Betriebes von deren persönlicher Arbeitsleistung abhängt und die in ihrem Unternehmen regelmäßig keine Dienstnehmer/innen oder weniger als fünf Dienstnehmer/innen beschäftigen, wobei die Anzahl der Dienstnehmer/innen nach § 77a des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994, zu ermitteln ist,

(3) Die Höhe der täglichen Unterstützung beträgt

1. ab dem 4. bis einschließlich dem 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit 50% der vorläufigen Beitragsgrundlage (§ 25a), geteilt durch 30, zumindest aber € 26,97, sowie

2. ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit bis längstens zum 182. Tag der Arbeits­unfähigkeit 60% der vorläufigen Beitragsgrundlage (§ 25a), geteilt durch 30, zumindest jedoch € 26,97.

An die Stelle des täglichen Mindestbetrags von € 26,97 tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2013, der unter Bedachtnahme auf § 51 mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor (§ 47) vervielfachte Betrag.

(4) Die anspruchsberechtigten Versicherten haben dem Versicherungsträger eine die Unterstützungsleistung auslösende Arbeitsunfähigkeit innerhalb einer Woche ab dem Beginn der ärztlicherseits festgestellten Arbeitsunfähigkeit zu melden. Erfolgt die Mel­dung nicht innerhalb dieser Frist, so zählt der auf das Einlangen der Meldung folgende Tag als erster Tag des Anspruchs. Der Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit ist vom behandelnden Arzt vierzehntägig bestätigen zu lassen und innerhalb einer Woche ab Bestätigung dem Versicherungsträger vorzulegen. Bei einer Meldung des Fortbe­standes der Arbeitsunfähigkeit nach § 106 Abs. 2 ist keine gesonderte Meldung erforderlich. Das Ende der Arbeitsunfähigkeit ist dem Versicherungsträger unverzüglich mitzuteilen.

(5) Werden die in Abs. 2 genannten Personen nach Beendigung des Bezuges einer Unterstützungsleistung vor Ablauf der Höchstdauer von 180 Tagen neuerlich, und zwar innerhalb einer Frist von 26 Wochen, infolge der Krankheit, für die bereits eine Unterstützungsleistung gewährt wurde, arbeitsunfähig, so gilt dies als Fortsetzung und sind diese Zeiten zur Feststellung der Höchstdauer zusammenzurechnen.

(6) Wurde bereits für den Zeitraum bis zur Höchstdauer hintereinander oder insgesamt für ein und dieselbe Krankheit eine Unterstützungsleistung bezogen, entsteht ein neuer Anspruch für dieselbe Krankheit erst wieder, wenn in der Zwischenzeit mindestens 26 Wochen einer den Anspruch auf Unterstützungsleistung eröffnenden gesetzlichen Kranken­versicherung oder einer sonstigen gesetzlichen Krankenversicherung vorlie­gen.

(7) Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat der Sozial­versicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft die Daten zur Feststellung der Betriebsgröße nach Abs. 2 Z 1 elektronisch zur Verfügung zu stellen.“

4. Art II Ziffer 30 entfällt.

5. In Art II Ziffer 31 lautet § 349 Abs. 1:


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„(1) Die §§ 9 Abs. 1 und 3, 14a Abs. 1 Z 2, Abs. 2 bis 5, 14b Abs. 1 bis 3, 14c Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und Z 2, 14d samt Überschrift, 14e Z 2 und 3, 14f Abs. 1 Z 1 und 2, 14h samt Überschrift, 31 Abs. 2, 78 Abs. 1 Z 2, 79 Abs. 1 Z 3 und 3a und Abs. 2, 80 Z 2 und 3, 82 Abs. 5, 83 Abs. 6 und 7, 85a Abs. 2, sowie der 3. und 4. Unterabschnitt des Abschnittes II des Zweiten Teils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/201x treten mit 1. Jänner 2013 in Kraft.“

Begründung

Das Vorhaben der Schaffung einer Unterstützungsleistung für erkrankte Selbständige, von deren Arbeitsleistung der Fortbestand des Betriebes abhängig ist, nach Art des Krankengeldes für unselbständig Beschäftigte ist zu begrüßen. Eine lösungsorientierte Rechtssetzung muss sich jedoch an den realen Problemen der betroffenen Menschen orientieren und konkrete und realistische Lösungsmöglichkeiten anbieten. Die in § 104a GSVG in der Fassung der Regierungsvorlage vorgeschlagene Form ist nicht geeignet, das aus der Arbeitsunfähigkeit resultierende Problem von kleinsten Unter­nehmen, insbesondere von Ein-Personen-UnternehmerInnen, zu lösen, da sie einer­seits für Ein-Personen-Unternehmen zu spät einsetzt und andererseits auch auf Betriebsgrößen abzielt, bei denen eine Erkrankung der selbständig erwerbstätigen Person durch den Einsatz unselbständig Beschäftigter leicht ausgeglichen werden kann.

Mit diesem Abänderungsantrag wird vorgeschlagen:

1. Beginn des Krankengeldbezugs für Unternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten mit dem 4. Tag der Arbeitsunfähigkeit.

2. Anpassung der Krankengeldhöhen an die im ASVG vorgesehenen Regelungen für unselbständig Erwerbstätige (insb. § 141 ASVG)

Die vorgeschlagenen Beginnzeitpunkte der Unterstützungsleistung erlauben auch eine an das Krankengeld für unselbständig Erwerbstätige angepasste Höhe festzuhalten und die Rechtslage diesbezüglich zu harmonisieren.

Die anspruchsberechtigten UnternehmerInnen erhalten nach diesem Vorschlag vom 4. Bis zum 42. Tag der Arbeitsunfähigkeit eine Unterstützungsleistung in der Höhe von 50% der vorläufigen Beitragsgrundlage, für den Zeitraum vom 43. Tag der Arbeits­unfähigkeit bis längstens zum 182. Tag der Arbeitsunfähigkeit eine Unterstützungs­leistung in der Höhe von 60% der vorläufigen Bemessungsgrundlage. In beiden Fällen gibt es eine Mindestleistung. Diese entspricht dem in der Regierungsvorlage vorge­schla­genen Betrag von € 26,97 pro Tag.

Der Entfall des in der Regierungsvorlage vorgeschlagenen § 319b ASVG samt bezug­nehmenden Stellen (§§ 671 Abs.1 ASVG, 182b GSVG sowie 349 GSVG) ist geboten, da nicht begründbar ist, warum Gelder, die gesetzlich dem Gesundheitsschutz der unselbständig Erwerbstätigen gewidmet sind, plötzlich zur sozialrechtlichen Absiche­rung von selbständig Erwerbstätigen aufgewandt werden sollen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.30.14

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das BZÖ hat im Ausschuss schon signalisiert, dass wir


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dieser Gesetzesnovelle unsere Zustimmung geben, denn es kommt, gerade was die bessere soziale Absicherung von Selbständigen anlangt, hier Bewegung hinein, und wir begrüßen es, dass es ein Krankengeld gibt.

Das Problem, das Kollege Öllinger gerade für Kleinstbetriebe aufgezeigt hat, nämlich dass erst ab dem 43. Krankentag Krankengeld ausbezahlt wird, ist absolut richtig erkannt. Es ist realistisch, dass das den Kleinstunternehmen oder den Ein-Personen-Unternehmen null nützt. Wir als BZÖ werden daher auch Ihrem Abänderungsantrag zustimmen, denn wir glauben, das macht Sinn und differenziert auch ein bisschen. Wir hätten uns eigentlich von der Regierung erwartet, dass sie da sensibel reagiert.

Wie gesagt, wir sehen das grundsätzlich positiv. Wir haben auch über die Leistungen der Zahnambulatorien diskutiert, und ich habe auch schon im Ausschuss gesagt, dass gerade Ambulatorien auch die Verpflichtung haben, ihre Öffnungszeiten auszuweiten und flexibler anzubieten. Wir werden daher auch diesem Abänderungsantrag der Grünen unsere Zustimmung geben.

Ich möchte jetzt nicht speziell auf dieses Gesetz noch weiter eingehen, sondern dort fortsetzen, wo Kollege Rasinger aufgehört hat. Kollege Rasinger hat heute gesagt, wir Verantwortlichen sollten uns, gerade was Kinder- und Jugendmedizin und -gesundheit anlangt, an der Nase nehmen – du hast von Lückenschluss gesprochen, davon, dass noch Lücken geschlossen werden müssen. Und wir alle, die wir im Gesund­heits­ausschuss sind und in der Gesundheitspolitik tätig sind, auch jene, die beruflich in diesem Bereich tätig sind, wissen, dass es da noch viele Lücken gibt, dass da noch viel zu tun ist.

Aus unserer Sicht ist eine große Lücke, dass wir für Kinder, die unheilbar, die sehr schwer krank sind, die eine lebensbedrohende Krankheit haben, gerade für die letzten Wochen nicht die richtigen Angebote haben, dass sie qualitätvoll und liebevoll betreut werden, dass ihnen aber auch die Eltern ihre Fürsorge geben können. Ich brauche niemandem von Ihnen hier zu erklären, was es heißt, wenn man in der Familie ein schwerstkrankes Kind hat, in welcher Ausnahmesituation diese Familie dann ist.

In Österreich ist das leider in Länderkompetenz. Wir haben neun unterschiedliche Länderregelungen. Aber das wirklich Negative für mich ist, dass vorwiegend private Organisationen und Ehrenamtliche in diesem Bereich arbeiten, und wenn es nicht genügend Spenden gäbe und gibt – Gott sei Dank sind die Österreicher spenden­freudig –, dann wären diese Dinge, die es jetzt wenigstens gibt, überhaupt nicht möglich.

Daher bin ich sehr froh darüber, dass wir heute zumindest einen gemeinsamen Antrag von drei Parteien einbringen können: von BZÖ, FPÖ und Grünen, in dem auf dieses Problem nicht nur hingewiesen wird, sondern auch eine ganz konkrete Forderung formuliert ist.

Ich erinnere mich an die letzte Sitzung des Gesundheitsausschusses, da haben wir sehr lange darüber debattiert, und von allen fünf Parteien, die im Gesundheits­ausschuss vertreten sind, sind positive Signale gekommen; wirklich positive Signale, die erfreulich waren. Und ich bedaure wirklich zutiefst, dass wir es heute – wir haben den Antrag anders, nämlich als Entschließung formuliert – nicht schaffen, gemeinsam ein Signal zu setzen, dass wir hier wollen, dass die Kinderhospizbewegung ein wichtiger und entsprechend finanzierter Teil des österreichischen Gesundheitssystems ist.

Wir haben gestern im Zusammenhang mit der gemeinsamen Obsorge vom Kindeswohl gesprochen – da sind wir uns alle einig: Das Kindeswohl muss an oberster Stelle stehen. Auch bei der Pflegefreistellung – das ist absolut richtig. Und heute geht es


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 241

auch um das Kindeswohl, und ich bedaure, wie gesagt, wirklich, dass wir da nicht gemeinsam eine Änderung vornehmen.

Und wenn wir immer sagen, wir wollen das beste Gesundheitssystem halten und auch in Zukunft haben, dann dürfen wir die Kinder nicht draußen lassen, vor allem nicht schwerstkranke Kinder, die es besonders brauchen. (Beifall bei BZÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneter Haubner, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Dr. Grünewald, Kolleginnen Kollegen betreffend Einbettung der Kinderhospizbewegung in das österreichische Gesundheitssystem

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert, mit den Ländern und dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in Verhandlungen einzutreten, um die Einbeziehung von Kinderhospizen in das österreichische Gesund­heitssystem, sei es als eigene Einrichtung oder im Rahmen von bestehenden Hospiz­einrichtungen, zu verwirklichen.“

*****

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe nachgeschaut: Heute auf den Tag genau vor einem Jahr haben wir vom BZÖ einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Vor einem ganzen Jahr! Ein ganzes Jahr lang ist nichts geschehen, weil diese Anträge vertagt wurden. Nehmen Sie sich bitte wirklich an der Nase und zeigen Sie Verant­wortung – aber nicht nur vor Weihnachten –, stimmen Sie diesem Antrag zu oder ermöglichen Sie es, dass wir diesen Antrag so rasch wie möglich in einem Ausschuss behandeln und nicht wieder ein ganzes Jahr lang warten müssen. – Danke. (Beifall bei BZÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

20.36


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.36.56

Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (STRONACH): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich werde es ganz kurz machen: Die Regierungsvorlage ist einmal ein erster Schritt in die richtige Richtung, und deshalb wird sie auch unsere Unterstützung erhalten. (Beifall des Abg. Hagen.)

20.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der von Frau Abgeordneter Haubner eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Einbettung der Kinderhospizbewegung in das öster­reichi­sche Gesundheitssystem ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 242

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haubner, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbettung der Kinderhospizbewegung in das österreichische Gesundheitssystem

eingebracht zum Tagesordnungspunkt 32 Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2001 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geän­dert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012) (2102 d.B.)

Die Hospizbewegung begleitet sterbende Menschen und ihre Familien im Sinne eines würdevollen Todes. Die Kinder-Hospizbewegung steht Kindern, Jugendlichen und ihren Angehörigen bei. Derzeit stellt sich die palliative Versorgung lebensverkürzend erkrankter Kinder im österreichischen Gesundheitssystem nur zersplittert dar. Eltern pflegen ihr sehr krankes Kind zu Hause, wenn sie es nicht einer Pflegeeinrichtung an­vertrauen wollen. Bei Aufnahmen in Kinderkrankenhäusern droht der hohe Pflege­aufwand deren Rahmen zu sprengen, zusätzlich ist die palliative Begleitung system­fremd und nicht im Arbeitsauftrag der Einrichtungen enthalten. Es gibt osterreichweit keine Kinderpalliativbetten und kein stationäres Kinderhospiz, das Kinder und seine Familien oder das erkrankte Kind allein längerfristig aufnimmt, und hilft die betroffenen Eltern und Familien zu entlasten. Auch gibt es kein Tageshospiz für Kinder und Jugendliche.

Alle Einrichtungen, die kinderpalliative Dienste und Betten anbieten, beruhen auf pri­vater Organisation und sind großteils spendenfinanziert. Es gibt somit keine Einrich­tung, die Familien mit palliativen Kindern und Jugendlichen entlastet und die gleich­zeitig im Gesundheitssystem verankert ist. In Österreich stehen leider keine konkreten Zahlen zur Verfügung. Nach einer Hochrechnung - basierend auf Zahlen, die vom Deutschen Kinderhospizverein erhoben wurden - sind es allein in Wien und Umgebung ca. 600 Familien, in denen ein Kind mit lebensverkürzender Erkrankung lebt.

Die Kinderhospizbewegung begleitet diese Familien, die ihre Kinder zu Hause pflegen sowohl pflegerisch, medizinisch als auch psycho-sozial durch geschulte Ehrenamtliche und durch qualifizierte Professionisten. Die mobile Kinderhospizbewegung vernetzt das bestehende medizinische, psychosoziale und pflegerische Betreuungsangebot und ergänzt fehlende Dienste. Es ermöglicht eine optimale Betreuung, die den Bedürf­nis­sen der Familie entspricht.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Gesundheit wird aufgefordert mit den Ländern und dem Bun­desminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in Verhandlungen einzutre­ten, um die Einbeziehung von Kinderhospizen in das österreichische Gesundheits­system, sei es als eigene Einrichtung oder im Rahmen von bestehenden Hospizein­richtungen, zu verwirklichen.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 243

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.

Wien, am 6. Dezember 2012

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bun­des­minister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.37.33

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute ein guter Tag, um auch darzustellen, wie sich das österreichische Gesundheitssystem weiterentwickelt. Wir können heute zentrale Verbesserungen für Menschen, die Hilfe brauchen, anbieten. Wir bieten Personen im Bereich der Selbständigen, die es schwierig haben, wenn sie krank werden, Hilfe an. Wir reagieren auf Veränderungen in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt und bieten für Selbständige das an, was es für Arbeitnehmer auch gibt, nämlich ab dem 43. Tag eine Lösung, wenn sie krank sind, indem sie Krankengeld bekommen.

Jetzt ist mir natürlich bewusst, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es bei den Arbeitnehmern Entgeltfortzahlungsansprüche gibt. Diese Entgeltfort­zahlungs­an­sprüche haben natürlich Selbständige noch nicht, aber sie haben die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung im Rahmen der sozialen Krankenversicherung abzuschließen, die ihnen ab dem vierten Tag der Krankheit auch eine Unterstützung bietet.

Ich weiß, für viele Kleinunternehmer ist es schwierig, wenn sie krank werden, aber einen gewissen ökonomischen Schutz bieten wir heute an.

Das Zweite: Wir verbessern den Unfallversicherungsschutz gerade für Menschen, die Kinder in den Kindergarten bringen. Wir verbessern die Berufskrankheitenliste, und wir machen etwas ganz Besonderes – auch, wenn das mancher noch nicht verstanden hat –: Wir verbessern heute massiv die Zahnversorgung der Menschen in Österreich.

Warum? – Weil bisher in den Ambulatorien der Gebietskrankenkassen moderne Zahnmedizin nicht leistbar war. Das war nicht gestattet. Wir machen es jetzt möglich, dass auch in den Ambulatorien der Gebietskrankenkassen gute Zahnmedizin geleistet werden darf. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer jemals in solchen Ambulatorien war und wer festgestellt hat, wer dort hinkommt und welche Zahnärzte dort engagiert ihre Patientinnen und Patienten betreuen – das sind AIDS-Patienten, das sind auch Behinderte, das sind Patientinnen und Patienten, die in Alten- und Pflegeheime gebracht werden, die es sehr oft sehr, sehr schwer haben, einen Zahnarzt im niedergelassenen Bereich zu finden –, der weiß, dass wir hier einen wichtigen Schritt setzen.

Wir werden heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, die e-card-Gebühr für Angehörige abschaffen. Auch das ist ein wichtiger Beitrag, den wir hier leisten. (Beifall bei der SPÖ.)

Gestatten Sie mir, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass ich auch ein paar Ausführungen mache zu den großen Umbrüchen, die es derzeit in der Gesund­heits­reform gibt.

In diesen Tagen werden Weichenstellungen für eine Gesundheitsreform gesetzt. Wir haben vor Kurzem den Elektronischen Gesundheitsakt beschlossen, und wir werden jetzt mit der Gesundheitsreform sicherstellen, dass unsere Kinder, unsere Enkelkinder


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 244

und die, die heute geboren werden, in der Zukunft eine gute Gesundheitsversorgung haben werden. Das gelingt dadurch, dass wir jetzt eine Gesundheitsreform voran­treiben, wo wir sicherstellen, dass wir auch in Zukunft, so wie wir es heute tun, das Gesundheitswesen weiterentwickeln können.

Bund, Länder und Sozialversicherungen arbeiten konstruktiv zusammen, damit wir das erreichen, damit wir jetzt sicherstellen, dass wir langfristig das gute, das ausgezeich­nete Gesundheitssystem in Österreich verbessern können.

Gestatten Sie mir nun eine Bemerkung an die Funktionärinnen und Funktionäre, an die Funktionärselite in manchen Ärztekammern. Ich sage ganz deutlich: Bei mir ent­schuldigen sich jetzt viele Ärztinnen und Ärzte. Sie sagen mir, sie können diese öffentlichen Darstellungen, die die Menschen verunsichern, gar nicht nachvollziehen.

Gestatten Sie mir auch eines deutlich zu sagen: Die heutigen Entscheidungen dieses Nationalrates, die heutigen Gesetze, die Sie beschließen, machen deutlich, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher keine Sorgen machen müssen um das Gesundheitssystem in Österreich. Es wird auch in der Krise kontinuierlich ausgebaut – mit einer ruhigen Hand, aber kontinuierlich verbessert! Heute geht es um die Zahn­medizin, um Verbesserungen beim Krankengeld, um Verbesserungen bei den Zahn­ambulatorien. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

Gute Politik heißt, das laufend zu tun. Die Bundesregierung hat sich dazu committet. Wir wollen gemeinsam das österreichische Gesundheitssystem ausbauen. Und mit der Gesundheitsreform, wie sie derzeit verhandelt wird, gehen wir da einen wichtigen Schritt. Das haben wir die letzten vier Jahre getan, und das werden wir auch in der Zukunft tun. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Haberzettl zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.44.07

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Vieles, wenn auch noch nicht alles, ist gesagt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Karlsböck.) – Herr Doktor, es ist an und für sich üblich, wenn sich ein Markt öffnet, dass sich dann Dinge verändern. Das spüren Sie jetzt auf dem eigenen Leibe. Hunderttausende, wenn nicht Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben es in den letzten Jahren auch gespürt in dieser Republik.

Ich darf ganz kurz ergänzend zu den Ausführungen meines Vorredners noch einige Punkte erwähnen, welche Änderungen noch im Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 enthalten sind.

Es gibt Änderungen im Bereich der Mitversicherung bei Rechtsanwälten und Zivil­technikern. Es gibt Änderungen bei Kindern, die im Ausland eine Erwerbstätigkeit ausüben, die im Inland zur Versicherungspflicht führen würde. Es gibt, wie schon erwähnt wurde, eine Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes bei Wegunfällen, die sich auf dem Kindergarten- oder Schulweg ereignen. Das ist, denke ich, eine ganz, ganz wichtige sozialpolitische Maßnahme.

Es gibt weiters eine Aktualisierung der Berufskrankheitsliste, die schon, wie ich sagen möchte, jahrzehntelang von den Sozialpartnern verlangt wird. Es gibt eine Erfassung von Kindergeldbezieherinnen und -beziehern, die daneben noch einer freiberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen, in der Pflichtversicherung der Kranken­ver­sicherung.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 245

Es gibt weitere Anpassungen im Zusammenhang mit dem Pensionsüberleitungs­gesetz. Und es gibt etwas, was, glaube ich, geringfügig erscheint, aber doch sozial­politisch sehr wichtig ist, nämlich: Es gibt ein Auflassen oder eine Abschaffung des Service-Entgeltes, nämlich der 10 € für die e-card-Servicierung für Familienangehörige, wenn auch dafür eine Wertsicherung für den Versicherten selbst eintritt. Aber es ist eine sozialpolitisch wichtige Maßnahme.

Es gibt auch noch weniger wichtige, aber doch notwendige redaktionelle Veränderun­gen.

Abschließend möchte ich aber noch eines festhalten: Es gelang dieser Bundes­regierung in den letzten Jahren, mit diesen Änderungsgesetzen einerseits sozialpoliti­sche Fortschritte sicherzustellen und andererseits durch Sparmaßnahmen eine sehr moderate Erhöhung im Bereich der finanztechnischen Abdeckung zu erreichen.

Ich glaube, man kann diese Erfolgsgeschichte auch personifizieren, nämlich in der Person des Bundesministers Stöger. Und dazu, Herr Bundesminister, möchte ich Ihnen und Ihrem Team sehr herzlich gratulieren. Machen Sie weiter so! (Beifall bei der SPÖ.)

20.46


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.46.57

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wer selbständig ist, der hat bei sozialen Rechten gegenüber unselbständig Beschäftigten öfter das Nachsehen, und es ist ein wichtiger Schritt, dass wir hier heute das Krankengeld für Selbständige be­schließen und einen Schritt zur sozialen Absicherung der Unternehmer, vor allem auch der Ein-Personen-Unternehmer, setzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Zweiten werde ich jetzt einen Antrag einbringen, der das Wochengeld für Unter­nehmerinnen betrifft:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Dr. Erwin Rasinger, Dr. Christoph Matznetter, Karl Donabauer, Mag. Kurt Gaßner, Adelheid Fürntrath-Moretti und Kolleginnen und Kollegen zum Gesetzesantrag im Bericht des Gesundheitsausschusses 2102 der Beilagen, Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Art. 2 wird nach der Z 28 folgende Z 28a eingefügt:

„28a. § 102a Abs. 5 lautet:

,(5) Das tägliche Wochengeld nach Abs. 3 beträgt 50 € und ist in den Fällen des Abs. 4 in einem Betrag im nachhinein, in allen übrigen Fällen jeweils nach Vorlage des Nachweises über den ständigen Einsatz der Hilfe im Sinne des Abs. 3 auszuzahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2014, der unter Bedachtnahme auf § 51 mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor (§ 47) vervielfachte Betrag.‘“

2. Im § 348 Abs. 1 in der Fassung des Art. 2 Z 31 wird nach dem Ausdruck „85a Abs. 2,“ der Ausdruck „102a Abs. 5,“ eingefügt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 246

3. Im Art. 3 wird nach der Z 5 folgende Z 5a eingefügt:

„5a. § 98 Abs. 5 lautet:

,(5) Das tägliche Wochengeld nach Abs. 3 beträgt 50 € und ist in den Fällen des Abs. 4 in einem Betrag im nachhinein, in allen übrigen Fällen jeweils nach Vorlage des Nachweises über den ständigen Einsatz der Hilfe im Sinne des Abs. 3 auszuzahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2014, der unter Bedachtnahme auf § 47 mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor (§ 45) vervielfachte Betrag.‘“

4. Im § 340 Abs. 1 in der Fassung des Art. 3 Z 9 wird nach dem Ausdruck „95 Abs. 4 und 4a,“ der Ausdruck „98 Abs. 5,“ eingefügt.

*****

Meine Damen und Herren, dieser Abänderungsantrag bringt eine wesentliche Verbes­serung für das Wochengeld für Unternehmerinnen. Mit der Anhebung des täglichen Betrages von 26,97 € auf 50 € wird die soziale Absicherung für den Fall der Mutter­schaft verbessert. Das ist eine ganz, ganz wichtige Maßnahme.

Ich hoffe, Herr Minister, wir werden die anderen Schritte, die wir beschlossen haben, dann im Jänner noch nachziehen. In dieser Hinsicht freue ich mich über dieses Paket. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.50


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Dr. Erwin Rasinger, Dr. Christoph Matznetter, Karl Donabauer, Mag. Kurt Gaßner, Adelheid Fürntrath-Moretti und Kolleginnen und Kollegen

zum Gesetzesantrag im Bericht des Gesundheitsausschusses 2102 der Beilagen über die Regierungsvorlage (2001 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallver­siche­rungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2012 – SVÄG 2012)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. Im Art. 2 wird nach der Z 28 folgende Z 28a eingefügt:

»28a. § 102a Abs. 5 lautet:

„(5) Das tägliche Wochengeld nach Abs. 3 beträgt 50 € und ist in den Fällen des Abs. 4 in einem Betrag im nachhinein, in allen übrigen Fällen jeweils nach Vorlage des Nachweises über den ständigen Einsatz der Hilfe im Sinne des Abs. 3 auszuzahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2014, der unter Bedachtnahme auf § 51 mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor (§ 47) vervielfachte Betrag.“«


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 247

2. Im § 348 Abs. 1 in der Fassung des Art. 2 Z 31 wird nach dem Ausdruck „85a Abs. 2,“ der Ausdruck „102a Abs. 5,“ eingefügt.

3. Im Art. 3 wird nach der Z 5 folgende Z 5a eingefügt:

»5a. § 98 Abs. 5 lautet:

„(5) Das tägliche Wochengeld nach Abs. 3 beträgt 50 € und ist in den Fällen des Abs. 4 in einem Betrag im nachhinein, in allen übrigen Fällen jeweils nach Vorlage des Nach­weises über den ständigen Einsatz der Hilfe im Sinne des Abs. 3 auszuzahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres, erstmals ab 1. Jänner 2014, der unter Bedachtnahme auf § 47 mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor (§ 45) vervielfachte Betrag.“«

4. Im § 340 Abs. 1 in der Fassung des Art. 3 Z 9 wird nach dem Ausdruck „95 Abs. 4 und 4a,“ der Ausdruck „98 Abs. 5,“ eingefügt.

Begründung

Zu Art. 2 Z 28a und 31 und Art. 3 Z 5a und 9 (§§ 102a Abs. 5 und 348 Abs. 1 GSVG, §§ 98a Abs. 5 und 340 Abs. 1 BSVG):

Nach der geltenden Rechtslage beträgt das Wochengeld für Selbständige täglich 26,97 Euro (Wert 2012). Entsprechend dem Beschluss der Bundesregierung im Rahmen ihrer Klausur am 9. November 2012 soll zur Verbesserung der sozialen Absicherung für den Fall der Mutterschaft das tägliche Wochengeld für Selbständige auf 50 Euro angehoben werden.

Auf Grund dieser Maßnahme wird - auf der Grundlage der Gebarungs­vorschau­rech­nung für die Jahre 2013 und 2014 per 15. November 2012 - bei der Sozialversiche­rungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft der Aufwand für Wochengeld auf jährlich 14 bis 15 Millionen Euro steigen; die finanzielle Mehrbelastung beträgt jährlich rund 6,5 Millionen Euro. Bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern wird der Aufwand für Wochengeld auf jährlich rund 6 Millionen Euro steigen; die finanzielle Mehrbelastung beträgt jährlich rund 2,7 Millionen Euro.

Nach § 39a Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 sind hievon 70 % der Aufwendungen für diese Leistung aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Themessl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


20.50.37

Abgeordneter Bernhard Themessl (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Soziale Absicherung von Kleinst- und Kleinunter­nehmerinnen und -unternehmen ist sehr wichtig. Durch die Erhöhung des Wochen­geldes und durch die Einführung des Krankengeldes passiert das mit diesem Abänderungsantrag, und diesem werden wir auch zustimmen.

Aber interessant ist schon, Herr Bundesminister, aus welchem Topf Sie das bezahlen. Sie bezahlen das aus der AUVA. Das heißt, im Prinzip zahlen sich das die Unter­nehmerinnen und Unternehmen selbst. Die AUVA ist nicht dazu da, solche Sachen zu finanzieren. Das gehört ganz anders finanziert. Sie wissen das. Die AUVA-Beiträge


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 248

sind reine Dienstgeberbeiträge. Genauso werden die Lehrlingsförderungen aus dem Pleite-Fonds bezahlt, der ebenfalls aus reinen Dienstgeberbeiträgen gespeist wird.

Und wenn ich hier zur ÖVP schaue und mir die Aussagen der Frau Finanzministerin vergegenwärtige, die sie Jahr für Jahr und Monat für Monat macht, indem sie sagt, die Lohnnebenkosten müssen runter, dann sage ich Ihnen: Es ist höchste Zeit, diese Arbeitgeberbeiträge anzupassen! Offensichtlich wird den Unternehmern viel zu viel Geld aus der Tasche gezogen, sodass Sie es sich leisten können, 20 Millionen € für die Finanzierung einer sozialen Absicherung für Klein- und Kleinstunternehmen aus einem Topf zu bezahlen, der dafür nicht gedacht war. Genauso ist es beim Pleite-Fonds mit der Lehrstellenförderung.

Und wenn Sie Ihr Vorhaben wahrmachen wollen, endlich die Lohnnebenkosten zu senken – bei der Abgabenquote bei Unternehmen liegen wir bei über 53 Prozent, da sind wir an sagenhafter 147. Stelle in einem weltweiten Ranking –, dann sage ich Ihnen: Es ist höchst an der Zeit, hier die Beiträge zu senken! Das wäre der erste Beitrag, Ihre viel angekündigte Lohnnebenkostensenkung endlich auch durchzu­brin­gen. (Beifall bei der FPÖ.)

20.52


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Lichten­ecker. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.52.36

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Lieber Peter Haubner, ich bin jetzt wirklich froh, dass die Wahlen vor der Tür stehen und ihr in die Gänge kommt, damit endlich etwas zur besseren Absicherung der Ein-Personen-Unternehmen beziehungsweise der Unternehmerinnen im Generellen passiert, und zwar jetzt auch damit, dass man ho ruck einen Abänderungsantrag betreffend die Erhöhung des Wochengeldes einbringt. Unsere Unterstützung hat dieser Antrag. Ich finde es gut und wichtig, dass da endlich etwas passiert, denn immerhin diskutieren wir über die Erhöhung des Wochengeldes für Unternehmerinnen seit rund 10 Jahren, wie ich glaube. Es gibt da verschiedene Anträge, aber jetzt ist es ja so weit.

Dennoch: Das Nachsehen, lieber Peter Haubner, haben die EPUs und Kleinstunter­nehmungen nach wie vor mit dieser Lösung. Das ist eine Lösung, die möglicherweise für manche etwas bringen kann, aber mit Sicherheit nicht für die EPUs und die Kleinst­unternehmungen. Krankengeld ab dem 43. Tag – das ist verfehlt!

Ihr wisst es genau – und das wissen wir auch aus aktuellen Anfragebeantwortungen von Minister Stöger und von Minister Hundstorfer –, wie prekär teilweise die Lage für die EPUs und für die Kleinstunternehmungen ist. Allein im Bericht der Sozial­versicherung ist enthalten, dass 50 Prozent der SVA-Versicherten unter 700 € pro Monat eingestuft sind. Das sind Werte, wo man ganz klar sagen muss: Die brauchen eine frühere soziale Absicherung im Krankheitsfall! (Beifall bei den Grünen.)

Und: Es sind gerade einmal 6 Prozent der Sozialversicherten von den Selbstbehalten befreit – auch eine völlige Benachteiligung im Vergleich zu den anderen! Auch die Selbstbehalte müssen abgeschafft werden. Das ist ein Projekt, Herr Minister Stöger, an dem ist zu arbeiten. Da muss eine Lösung her, denn das betrifft einfach die niedrigen Einkommensschichten. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Sie bei der SVA weiterschauen, dann werden Sie feststellen, dass 52 Prozent der Versicherten nicht pünktlich ihre Beiträge zahlen können, es zu Pfändungen, zu Ratenzahlungen kommt. Das alles zeigt ganz deutlich, dass wir mit der sozialen Sicherung von EPUs und Kleinstunternehmungen noch nicht weiter sind. Daher


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 249

brauchen wir als weitere Maßnahmen eine Senkung der Mindestbeitragsgrundlage bei der Pensions- und Krankenversicherung und die Abschaffung der Selbstbehalte.

Wir laden Sie alle ein, unseren Antrag zur Einführung des Krankengeldes ab dem 4. Tag für Unternehmungen mit bis zu 4 MitarbeiterInnen heute zu unterstützen. Peter Haubner, dich lade ich persönlich ein! (Beifall bei den Grünen.)

20.55


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Hechtl zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.55.38

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Geschätztes Hohes Haus! Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz werden wesentliche und bedeutende Änderungen und neue Bestimmungen beschlossen. Diese bringen mehr soziale Sicherheit für die Dienstgeber mit dem Krankengeld, eine finanzielle Entlastung beim Service-Entgelt für die Mitversicherten, eine flächen­deckende Versorgung und auch medizinische Ausweitung durch die Zahnambulatorien und mehr Sicherheit für die Konsumenten beim Kauf von Arzneimitteln mit sich.

Es wurde heute schon sehr oft das Krankengeld für die Selbstständigen angesprochen und von verschiedenen Seiten beleuchtet. Aber man kann es betrachten, wie man will, eines ist klar: Mit dieser Gesetzesmaterie wird erstmals in Österreich festgelegt, dass Unternehmen ein Krankengeld beziehen können – eine Unterstützung, die gerade den Ein-Personen-Unternehmen, den Kleinstunternehmen und den kleinen Unternehmen zugutekommt. Und ich meine, es ist deshalb heute ein historischer Tag.

Meiner Auffassung nach ist mit dem Rückersatzanspruch der Gewerblichen Sozial­versicherung gegenüber der Unfallversicherung ein wichtiger Punkt gesetzt, womit klar zum Ausdruck gebracht wird, dass die Solidarität innerhalb der Sozialversicherungs­träger gewährleistet wird und dass die hohe Qualität und Stabilität in der Sozialver­sicherung bestätigt werden.

Mit den Ausweitungen im zahnmedizinischen Bereich werden, wie schon angeführt, Lücken geschlossen. Für mich und für unsere Fraktion macht es Sinn, Herr Kollege Karlsböck, dass, wenn jemand einen Zahn verliert, er in ein Zahnambulatorium gehen kann und eine weiße Krone eingesetzt bekommt, damit er seine Tätigkeit, wie zum Beispiel am Bankschalter, wieder verrichten kann. Für uns macht es aber auch großen Sinn, wenn eine Korrektur im Gebiss im Zahnambulatorium durchgeführt werden kann, damit die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben wieder möglich ist. Meiner Überzeu­gung nach macht es auch großen Sinn, wenn Kinder die kieferorthopädische Behand­lung im Zahnambulatorium erhalten können.

Geschätzte Damen und Herren! Mit den gesetzlichen Bestimmungen unterstreichen wir einmal mehr das gute Sozialsystem in Österreich, auf das wir sehr stolz sein können. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.58


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


20.58.22

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Über die Gesundheitspolitik muss sich in diesem Land wahrlich niemand beklagen. Die ist, glaube ich, umfassend, leistungsstark und auch zielorientiert. Die Sorgen, die wir haben, betreffen die Nachhaltigkeit, die Finanzierung und auch die Zielsteuerung. In der letzten Gesundheitsausschusssitzung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 250

hatten wir eine umfassende Diskussion, und da konnte ich auch einen Einblick in die Schwierigkeit dieser Gesetzesmaterie bekommen.

Herr Bundesminister, das ist keine leichte Sache, Sie stehen vor einer enormen Herausforderung. Ich darf Ihnen versichern, dass wir Sie alle, soweit es uns möglich ist, begleiten werden, weil wir glauben, dass hier doch eine Neuausrichtung notwendig ist.

Persönlich glaube ich, dass wir bei der Artikel-15a-Vereinbarung nicht nach neuen Machtströmen suchen sollten, sondern nach neuen Finanzregulierungen trachten müssen. Das wird besonders schwierig, und ich denke, dass das einen Großteil der Verhandlungen in Anspruch nehmen wird. Persönlich glaube ich auch, dass die Demonstrationen, die zurzeit stattfinden, nicht sehr hilfreich sind. Aber gut, dass muss ja ich hier nicht beurteilen, aber ich denke, dass ein Gespräch zielführender wäre.

Zum Bundesgesetz als solchem: Dafür wird es breite Zustimmung geben, da dieses Gesetz viele wichtige Materien enthält. Ich persönlich bin eigentlich froh, dass sich zur e-card-Entgeltregelung fast alle bekennen. Die e-card ist ein Erfolgsprojekt, keine Frage. Wenn wir das jetzt valorisieren, aber gleichzeitig Angehörige beitragsfrei setzen, dann ist das herzeigbar.

Zu den Zahnambulatorien: Herr Kollege Karlsböck, ich würde meinen, dass das nicht die große Bedrohung ist. Die große Bedrohung ist für Sie – das verstehe ich alles – der Auslandsdienst. Das sind jene Leute, die in alle möglichen Länder fahren, um sich dort Zahnregulierungen machen zu lassen, und zum Teil sogar die Kosten ersetzt bekommen.

Bevor Sie so viel Angst haben, sollten Sie sich das anschauen. Hier steht ganz klar – Punkt eins –, dass eine Ausweitung auch mit Ihrer Interessenvertretung abgesprochen werden muss.

Punkt zwei: Ich persönlich bin sehr froh darüber, dass in den Ambulatorien diese Leistungen erbracht werden können. Zur Finanzierung steht hier auch ganz klar – das können Sie lesen –, dass darauf Bedacht zu nehmen ist, dass entsprechende Ersatz­leistungen, Entgeltleistungen eingefordert werden, und es ist Aufgabe der Selbst­verwaltung, diese auch festzusetzen.

Letzten Endes möchte ich auch auf das Wochengeld Bezug nehmen. Kollege Haubner hat einen Abänderungsantrag eingebracht, er hat in treffender Weise auf die Unter­nehmerinnen verwiesen. Ich bin sehr froh, dass auch die bäuerliche Gruppe hier nicht vernachlässigt wird. Das ist kein Geld für irgendjemanden, sondern Geld für die Familien. Und ich denke, wer immer auch Familienarbeit leistet, darf auch erwarten, dass er allgemein unterstützt wird. Ich bin allen sehr dankbar – ich weiß, dass es sehr kontrovers war –, dass auch diese Gruppe mit einbezogen wurde. Somit werden wir eine umfassende Leistung für die Familien über alle Berufsstände hinweg beschließen. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP.)

21.01


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als vorläufig letzte Rednerin zu diesem Tagesord­nungspunkt kommt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser zu Wort. – Bitte.

 


21.01.54

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich auf die Frage der zahnärztlichen Versorgung eingehen. Kollege Öllinger hat die Ausweitung der Öff­nungszeiten der Zahnambulatorien erwähnt und gemeint, es wäre klüger, wenn man ein Zahnambulatorium hätte, zu welchem man nicht 50 Kilometer weit fahren muss.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 251

Ich habe mich dazu vorhin schnell auf Google informiert, während ich zugehört habe, und gesehen, die zahnärztlichen Ambulatorien sind in Österreich weiter verstreut und weiter weg als wahrscheinlich der Zahnarzt, der den zahnärztlichen Nachtdienst versieht. Das heißt, man kann Pech haben, dass das Ambulatorium 50 Kilometer entfernt ist, während sich ein Zahnarzt in 2 Kilometer Nähe befindet. Nichtsdestotrotz gebe ich dir recht, dass man schauen muss, ob man da bei den Öffnungszeiten weiterkommt.

Allerdings habe ich mich auch geschwind über die Öffnungszeiten der Ambulatorien auf Google informiert. Diese gehen von 6.45 Uhr bis 17.30 Uhr beziehungsweise bis 18 Uhr, je nachdem, um welches Bundesland es sich handelt. Und ich weiß zu hundert Prozent, dass man keinen Zahnarzt findet, der um 6.45 Uhr, also vor Beginn der Arbeitszeit, seine Ordination offenhält. In diesem Sinne bin ich froh über die Versorgung, die wir haben, und auch über die Ausweitung der Möglichkeiten, die wir haben.

Ausgeschlossen sind Luxuszahnleistungen. Eine Luxuszahnleistung – ich glaube, darüber sind wir uns alle im Klaren – ist, wenn sich jemand einen Brillanten in den Zahn einsetzen lässt, sich die Zähne bleichen lässt oder Veneers anbringen lässt, damit die Zähne hübscher aussehen.

Was aber wirklich keine Luxusleistung ist, sind – der Kollege hat dies ohnehin schon gesagt – Zahnspangen für Kinder, wo man schauen kann, dass man diese möglichst kostengünstig anbietet, das sind festsitzende Zahnersätze, all diese Dinge. Das heißt, ich bin froh darüber, und ich glaube nicht, dass die Zahnärzte sich fürchten müssen, dass da die große Konkurrenz auftaucht.

Ich stimme mit dem Kollegen Donabauer überein. Mir ist es viel lieber, die Leute schauen in Österreich auf gute Qualität, anstatt dass sie über die Grenze fahren, um dort zu versuchen, zu günstigen zahnärztlichen Leistungen zu kommen, noch dazu, wo wir wissen, dass wir, wenn wir nach Ungarn fahren, die Ungarn nach Rumänien vertreiben. Das muss man auch bedenken, dass sich die Ungarn den ungarischen Zahnarzt aufgrund der Beträge, die wir dort bezahlen, nicht mehr leisten können. Und diese müssen dann nach Rumänien ausweichen – also auch nicht wirklich etwas, was ich sozialpolitisch, egal wo, für besonders gescheit halte. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Antrag betreffend Hospiz: Das ist etwas, was ich schon mit der Kollegin Haubner zu besprechen versucht habe. Das klingt jetzt sehr pragmatisch, was ich sage; Kollegin Haubner, ich habe eh versucht, es dir zu erklären: Ihr vermischt in dem Antrag palliativ und Hospiz. Palliativ ist Gesundheitsversorgung, Hospiz ist Ländersache. Wie gesagt, sehr pragmatisch, wenn man weiß, was der Hintergrund und die Intention dieses Antrages sind.

Nichtsdestotrotz würde ein Draufgehen auf diesen Antrag bedeuten, dass wir das Verfassungsrecht in dieser Frage aufheben und einfach sagen, okay, wir machen Hospiz, Pflege, Ländersache zur Bundessache. Kollegin Haubner, du hast meine Zusage, ich gebe sie hiermit auch öffentlich, dass wir nicht noch ein Jahr warten, sondern dass wir wirklich versuchen werden, hier weiterzukommen, auch eine Formu­lierung zu finden, mit der wir den Minister, den Sozialminister dazu bringen können, ohne die Verfassung, sage ich jetzt einmal, zu brechen oder in Frage zu stellen. Denn es geht auch uns um die Sache und nicht um Blockieren, und ich gebe dir von diesem Pult aus meine Zusage dazu, dass wir sicher kein Jahr mehr brauchen, um in dieser Sache weiterzukommen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und BZÖ.)

21.05

21.05.31

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 252

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 2102 der Beilagen.

Hiezu liegen folgende Zusatz- beziehungsweise Abänderungsanträge vor:

Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Binder-Maier, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen sowie Abänderungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen.

Ich werde zunächst über den Zusatzantrag, dann über die von den Abänderungs­anträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Zusatzantrag der Abgeordneten Binder-Maier, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einfügung einer neuen Ziffer 28a in Artikel 2 sowie einer neuen Ziffer 5a in Artikel 3.

Wer für diesen Antrag ist, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffern 20 und 28 sowie Artikel 2 Ziffern 29 und 30 eingebracht.

Wer diesen Änderungen beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 Ziffer 31 eingebracht.

Wer diesem Antrag beitritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Binder-Maier, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Binder-Maier, Dr. Rasinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 Ziffer 9 eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 253

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Regelung für die Zahnambulatorien der Gebietskrankenkassen im Sinne ihres ursprünglichen Auftrages der Grundversorgung.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Selbst­behalte im medizinischen Bereich.

Hiezu ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstim­mung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen den Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosa­farbenen. Für die Abstimmung dürfen ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dage­gen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen. Bitte achten Sie sorgfältig darauf, dass Sie nur einen Stimmzettel einwerfen!

Ich bitte nun die Frau Schriftführerin Lohfeyer mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Auer wird sie später dabei ablösen.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Mag. Lohfeyer und den Schriftführer Jakob Auer werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 254

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 21.13 Uhr unterbrochen und um 21.17 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 154; davon „Ja“-Stimmen: 52; „Nein“-Stimmen: 102.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe des Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Belakowitsch-Jenewein, Brosz Dieter;

Deimek, Doppler;

Fichtenbauer;

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grünewald;

Hackl Heinz-Peter, Haider, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian, Hübner Johannes;

Jannach;

Karlsböck, Kickl, Kitzmüller, Kogler, Korun, Kunasek;

Lichtenecker;

Mayerhofer, Mühlberghuber, Musiol;

Neubauer Werner;

Öllinger;

Petzner, Pirklhuber, Podgorschek;

Riemer, Rosenkranz, Rossmann;

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Steinhauser, Strache;

Themessl;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Walser, Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter, Wurm;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Buchmayr;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 255

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Donabauer, Durchschlag;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fürntrath-Moretti;

Gahr, Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser;

Haberzettl, Hagen, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl, Hell, Himmelbauer, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Kaufmann-Bruckberger, Keck, Kirchgatterer, Königsberger-Ludwig, Kopf, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela, Lugar Robert;

Maier Johann, Marek, Markowitz, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Muchitsch, Muttonen;

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Obernosterer;

Pack, Pendl, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schickhofer, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Silhavy, Singer, Spindelberger, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steßl-Mühlbacher, Stummvoll;

Tamandl;

Windisch, Wittmann Peter, Wöginger.

*****

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu Randzeiten durch Öffnung der Ambulatorien der Sozialversicherungsträger.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Belakowitsch-Jenewein, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbettung der Kinderhospizbewegung in das österreichische Gesundheits­system. – Auch das ist die Minderheit und somit abgelehnt.

21.18.36 33. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2010 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gesundheits- und Ernäh­rungssicherheitsgesetz, das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz und das Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 geändert werden (2103 d.B.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 256

34. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2138/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend kein Fern­absatz mit Arzneimitteln (2104 d.B.)

 


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir kommen nun zu den Punkten 33 und 34 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.19.25

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden diesem Gesetz nicht zustimmen. Es wird Sie nicht sehr überraschen. Wir haben auch schon im Ausschuss dagegen gestimmt, haben uns aber die Kritik an unserer Ablehnung ein bisschen zu Herzen genommen, haben das Ganze noch einmal durchgearbeitet und sind eigentlich in unseren Kritikpunkten bestätigt worden.

Dieses Gesetz dient in Wahrheit dazu, dass es Menschen verwirrt, die versuchen, im Fernabsatz ein Medikament zu kaufen. Wir wissen, nicht alle Leute kennen sich so gut aus, wie wir das tun. Gerade im Internet wird sehr viel Humbug getrieben. Ich glaube, dass es nicht notwendig wäre, diesen Fernabsatz einzuführen, daher ist das etwas, was wir massiv ablehnen.

Dazu kommt, dass einige Punkte für uns völlig ungeklärt sind. Wie wird beispielsweise die Lagerung beim Versand kontrolliert? Wie schaut das aus im Sommer, wenn es 35 Grad hat, wie schaut das aus im Winter bei Minustemperaturen? Welche Kontrollen sind hier angedacht? Das alles sind Dinge, die für uns in keinster Weise klar ersichtlich sind. Daher ist das eher ein bisschen eine Ho-ruck-Aktion, die meines Erachtens in Wirklichkeit auch nicht zu einer Verbesserung der Versorgung führen wird. Ich glaube, gerade was den Arzneimittelsektor, was die Apotheken anbelangt, sind wir gut versorgt. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das Zweite, das wir in diesem Gesetz sehr massiv kritisieren, ist die Geschichte der Kontrollen. Wir wissen, es hat in Österreich – wir haben das schon im Ausschuss festgehalten, und Sie haben uns recht gegeben, Herr Bundesminister –, es hat in Österreich zu keinem Zeitpunkt jemals in einer öffentlichen Apotheke oder auch in einer Hausapotheke ein gefälschtes Medikament gegeben. Das ist gut so, und wir wollen das beibehalten.

Kontrolliert wurde das bisher vom Magistrat beziehungsweise von den Bezirkshaupt­mannschaften. Der Versandhandel soll jetzt allerdings von der Ages kontrolliert werden, die ohnehin permanent überfordert ist und zu wenig Personal hat. Daher ist das in Wirklichkeit eine Doppelstruktur, die jetzt aufgebaut werden soll, ein Aufblähen der Verwaltung. Man hätte es, wenn man schon meint, dass der Versandhandel eine so tolle Errungenschaft ist, auch bei jenen Kontrollmechanismen belassen können, die man schon bisher hatte. Wir lehnen dieses Gesetz in seiner Gesamtheit ab.

Herr Bundesminister, seien Sie mir nicht böse, aber ich glaube Ihnen gar nicht mehr, was Sie mir erzählen. Ich habe es in der Debatte zum vorherigen Tagesordnungspunkt gesehen: Sie stellen sich dort hin, Herr Bundesminister, und erzählen den Menschen vor den Fernsehbildschirmen wider besseres Wissen Geschichten darüber, was jetzt nicht alles in den Zahnambulatorien passieren soll. Genau das Gegenteil ist der Fall!


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 257

Es gibt keine Versorgung für Behinderte, es gibt keine Versorgung in Narkose, es gibt auch keine Versorgung für Kinder, die besonders ängstlich sind.

Das wäre eigentlich einmal eine sinnvolle Gesetzgebung gewesen. Vielleicht überlegen Sie es sich einmal und weiten das aus, damit das in den Zahnambulatorien angeboten werden kann, damit auch wirklich eine optimale Versorgung für die Gesamtbevöl­kerung gegeben ist. (Beifall bei der FPÖ.)

21.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


21.22.24

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, ich glaube nicht, dass die Bevölkerung verwirrt ist, sondern ich glaube vielmehr, dass die Freiheitliche Partei in dieser Frage mehr als verwirrt ist. Man muss klar unterscheiden, worum es beim Fernabsatz geht.

Derzeit, Hohes Haus, gibt es eine klare Rechtslage, und die Rechtslage sieht so aus, dass österreichische Patienten oder Konsumenten im Ausland bereits über den Fernabsatz ganz legal Arzneimittel bestellen können. Die heutige Regelung, die jetzt beschlossen wird, sieht vor, dass öffentliche Apotheken – und ich betone: öffentliche Apotheken –, die einer besonderen Kontrolle unterliegen, ebenfalls über den Fern­absatz Arzneimittel verkaufen können. Damit sichern wir den Standort der öster­reichischen Apotheken ab.

Was Sie verwechseln, Frau Kollegin, sind die illegalen Internetportale. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Ich verwechsle gar nichts! Sie kennen sich halt nicht aus! Sie haben von nichts eine Ahnung!) Die illegalen Internetportale sind bereits jetzt verboten. Ich erinnere nur an die Zahlen der Zollbehörde, und die Zollbehörde ist erfolgreich bei der Beschlagnahme derartiger illegaler Arzneimittel.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Gesetz wird allerdings noch etwas anderes beschlossen, nämlich dass dieses miese, gefährliche Geschäft, nein, es ist ein widerliches Geschäft, mit gefälschten Arzneimitteln mit Hilfe gerichtlicher Strafbestimmungen unterbunden wird. (Beifall der Abg. Mag. Aubauer.)

Es war das eine Debatte, die sieben Jahre gedauert hat. Ich kann mich noch erinnern, als wir das zum ersten Mal im Finanzausschuss mit Herrn Kollegen Stummvoll dis­kutiert haben, als wir gesagt haben, wir brauchen gerichtliche Strafbestimmungen. Über die Europäische Union einerseits und über den Europarat ist uns das nun gelungen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht sichern wir mit dieser Gesetzesvorlage die Patientensicherheit ab. Es wird sichere Arzneimittel geben. – Stimmen Sie dieser Regierungsvorlage zu! (Beifall bei der SPÖ.)

21.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.24.55

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Maier, ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Frau Kollegin Belakowitsch-Jenewein so irrt. Sie ist Ärztin. Ich bin zwar nicht ihr Anwalt, aber ich glaube schon, dass sie weiß, worum es geht. Auch ich weiß, worum es geht, und auch wir werden der Änderung des Apothekengesetzes nicht zustimmen können, und zwar


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aus dem Grund, dass nicht nur die selbständigen Apotheker, sondern auch die angestellten Apotheker diese Änderung sehr breit ablehnen.

Frau Kollegin Oberhauser! Sie haben gesagt, Sie haben mit dem Präsidenten des europäischen Apothekerverbandes gesprochen, die sind sehr dafür. – Das stimmt nicht, das ist unrichtig! Ich habe gestern mit ihm telefoniert, und er hat seine Argu­mente, die dagegen sprechen, bestätigt und noch verstärkt.

Die Argumente liegen auf der Hand: der fehlende Kontakt Patient zu Apotheker, der Verlust der Beratungsqualität, ungeeignete Versuche der Selbstbehandlung mit hohen Folgekosten. (Abg. Dr. Oberhauser: Verpflichtende Beratung! Erstmalig, bitte!) – Frau Kollegin, die Apotheker sind dagegen. Ihre Argumente sind: Bestellung von Medika­men­ten aufgrund verlockender Angebote, Fehler bei der Anwendung von Medika­menten, und dazu kommt, die E-Medikation wird ad absurdum geführt.

Aus diesem Grund, Frau Kollegin, auch weil es sowohl die selbständigen als auch die angestellten Apotheker nicht wollen, haben wir diesen Entschließungsantrag einge­bracht, in dem gefordert wird, den Versandhandel in Österreich nicht zu legalisieren. – Bitte, unterstützen Sie diesen Antrag! (Beifall beim BZÖ.)

21.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Durch­schlag. – Bitte.

 


21.26.39

Abgeordnete Claudia Durchschlag (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Wie bereits erwähnt worden ist, erfolgt dieser Beschluss heute hinsichtlich der Umsetzung der EU-Richtlinie 2011/62, die wir bis 2. Jänner in nationales Recht umsetzen sollten und müssen.

Jetzt kann man zum Internethandel von Medikamenten stehen, wie man will, Tatsache ist, dass wir hier unter einem gewissen Zugzwang stehen, zumindest was den zeitlichen Faktor angeht. Mit dieser Beschlussfassung stellen wir – und das hat Kollege Maier schon gesagt – Chancengleichheit her zwischen ausländischen und inländischen Apotheken. Medikamentenbestellungen über das Internet waren ja bis jetzt aus dem Ausland bereits möglich, allerdings ohne die strengen Auflagen, die wir mit diesem Beschluss sicherstellen. Ich bin sehr froh, dass es hier nur um nicht rezeptpflichtige Medikamente geht, dass wir nur diese für den Verkauf freigeben, denn ich möchte nicht, dass wir wie beispielsweise in Spanien Antibiotika einfach so kaufen können.

Wir haben durch die Einführung eines Logos für diese österreichischen Internet­apotheken dafür gesorgt, dass die Menschen sicher sein können, dass keine Scharla­tane gefälschte Medikamente anbieten können, wie wir das ja durchaus aus dem Ausland kennen.

Mit dem Beschluss über die Elektronische Gesundheitsakte Elga – sie ist schon erwähnt worden – haben wir den Bereich der E-Medikation sehr verbessert. Dadurch, dass alle – also rezeptpflichtige und nicht rezeptpflichtige – Medikamente ins System eingespielt werden müssen, können Wechselwirkungen vermieden werden. Mit diesem Gesetzesbeschluss heute stellen wir sicher, dass auch jene Medikamente, die übers Internet bestellt werden, also die nicht rezeptpflichtigen, in der Elektronischen Gesundheitsakte aufscheinen müssen. Das heißt, auch hier steht die Sicherheit der Patienten an oberster Stelle.

Doch: kein Licht ohne Schatten! Ich hätte mir gewünscht, dass es bereits heute zu einer Verordnungsermächtigung des Bundesministers kommt, in der er bestimmte Substanzen vom Fernabsatz ausnehmen kann, und zwar dann, wenn es sich um besonders beratungsintensive rezeptfreie Medikamente wie beispielsweise die Pille


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 259

danach oder Migränetherapeutika handelt. Das wäre aus EU-rechtlicher Sicht durch­aus möglich. Als gelernte Österreicherin weiß ich allerdings, dass manche Dinge etwas länger dauern. Ich hoffe auf eine natürlich EU-konforme Lösung nächstes Jahr.

Alles in allem kann man aber sagen: Es ist ein sehr gutes Gesetz, das die Sicherheit der Patientinnen und Patienten nicht aus dem Auge verliert, den österreichischen Apotheken einen Fernabsatz ermöglicht und damit Chancengleichheit mit den ausländischen Apotheken herstellt und auch den EU-Richtlinien entspricht. (Beifall bei der ÖVP.)

21.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich denke, dass alle über ihre Restredezeiten Bescheid wissen, trotzdem mache ich darauf aufmerksam, dass SPÖ noch 5 Minuten, FPÖ noch 1 Minute und Grüne ebenfalls noch 5 Minuten Restredezeit haben. Das nur zur Orientierung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


21.29.43

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Gesundheitsminister! Wir beschließen jetzt mehrere Regelungen, die Arzneimittel betreffen und die, wie ich finde – ich hoffe, ich schockiere Sie nicht –, alle drei sehr gut und auch dringend notwendig sind.

Die erste Regelung betrifft die Qualität der Herstellung, des Vertriebes und der Kon­trolle von Arzneimitteln. Der Kennzeichnungspflicht, der Qualitätssicherung, der Kontrolle durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen sind sehr präzise Auflagen gemacht worden. Ich gebe auch einigen recht, dass dieses Bundesamt und AGES an die Grenzen ihrer Arbeitsfähigkeit stoßen, es aber hervorragende Möglich­keiten gäbe, hier zu Geldern zu kommen. Vielleicht kann man einmal ein bisschen querdenken. Es liegen ungeheure Datenmengen über angewandte Forschung verwert­bar vor, und es gibt Förderprogramme wie „Bridge“ oder die Forschungsför­derungs­gesellschaft, wo Gelder zu lukrieren wären. Es wäre nämlich gut, die Arbeit dieser Gesellschaften oder Institute auch wissenschaftlich und für Publikationen nützen zu können. Ich würde das wirklich sehr begrüßen.

Fälschungen und Manipulationen werden immer schwieriger durch dieses Gesetz. Daher muss man auch die Juristen des Hauses loben und ihnen dankbar sein.

Der Fernabsatz von Arzneimitteln ist gängiges EU-Recht, und wir lügen uns wirklich in die Tasche, wenn wir das negieren. Wir können deswegen nicht aus der EU austreten, das wäre ein billiger Grund. Auch der Widerstand der Apotheker ist nicht mehr so, wie er am Anfang war. Der Gesetzgeber hat die Handlungsspielräume, die verbleiben, maximal ausgenutzt und ausschließlich Apotheken dazu ermächtigt, diesen Handel zu betreiben. Die Apotheken können diesen nutzen, sie können davon profitieren, sie können und müssen beraten. Auch die Sicherheit der Patienten ist gesichert durch die Speicherung sozusagen aller Sicherheitscodes oder Informationen – und somit werden wir dem Gesetz zustimmen. Mein Kollege Dieter Brosz schaut mich auch schon ganz streng an. (Beifall bei den Grünen.)

21.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Spindel­berger. – Bitte.

 


21.32.21

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Meine Damen und Herren! Wie von meinen Vorrednern schon mehrmals betont, sind in Österreich bisher keine Arzneimit-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 260

tel­fälschungen in der legalen Kette beobachtet worden, aber sie stellen trotzdem ein großes Problem dar. Ich darf mir nur die Anmerkung erlauben, dass dieser Umsatz bis zum Jahr 2005 bereits 30 Milliarden € betragen und sich dieser Betrag bis zum Jahr 2010 sogar noch verdoppelt hat.

In diesem Bereich reicht eben die Bandbreite der kriminellen Aktivitäten von fast perfekten Kopien hoch innovativer, patentgeschützter und daher auch teurer Arznei­mittel bis hin zu Fälschungen von Generika und sogenannten Lifestyle-Drugs, also Potenzmitteln, Anabolika, Schlankmachern oder Suchtmitteln. Und diese gefälschten Produkte enthalten in der Regel minderwertige, verunreinigte, gefälschte oder gar keine Inhaltsstoffe oder sind sogar falsch dosiert, weshalb sie eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen.

Daher auch mein Appell an alle, die zu Hause vor den Fernsehgeräten sitzen – auch meine Vorredner haben schon davon gesprochen – : Bitte, lassen Sie zum Wohl Ihrer eigenen Gesundheit die Finger vom Medikamentenkauf übers Internet im Ausland! (Beifall bei der SPÖ.)

21.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Aubauer. – Bitte.

 


21.33.41

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf gleich an das anschließen, was mein Vorredner gesagt hat: Was wollen denn die Patienten? Versetzen wir uns in ihre Lage! – Sie wollen Sicherheit, keine Fälschungen. Dass die Strafen für Fälscher drastisch erhöht werden, das begrüßen wir. Das ist notwendig im Interesse der Patienten.

Zweite große Neuerung: Auch in Österreich wird der Fernabsatz von rezeptfreien Arzneimitteln erlaubt, in der Regel über öffentliche Apotheken, und das macht Sinn. – Warum?

Wie schaut es denn derzeit aus? – In den EU-Ländern rund um uns läuft das Geschäft per Fernabsatz. Österreichische Patienten kaufen in unseren Nachbarländern ein mit allen damit verbundenen Risiken. Jetzt werden Verbesserungen möglich. Wir in Österreich haben einen Weg gewählt, der größtmögliche Sicherheit bietet. Zum Bei­spiel: Bestellt jemand Pillen in einer Apotheke per Versand, so müssen die gewünschten Pillen persönlich an den Besteller übergeben werden, es müssen Informationen über Wechselwirkungen und vieles mehr beigegeben werden.

Österreich geht also mit Augenmaß an den Fernabsatz rezeptfreier Medikamente heran. Das ist gut so, das ist im Interesse der Patienten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

21.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


21.35.13

Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Inhalt dieser Regierungsvorlage wurde sehr ausreichend von den Vorrednern und -rednerinnen erläutert.

Ich möchte nur noch kurz auf die Ausführungen des Herrn Bundesministers in der Debatte zu dem vorherigen Tagesordnungspunkt eingehen, weil er gemeint hat, die Gesundheitsreform bringt auch eine Verbesserung für Kinder. – Ja, Herr Bundes­minister, das wünschen wir uns sehr, wir seitens der ÖVP reden ja schon sehr lange


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 261

darüber. In diese Richtung müssen Maßnahmen gesetzt werden. Eigentlich hätte ich liebend gerne dem Antrag der Frau Abgeordneten Haubner heute zugestimmt, in dem es um Kinderhospize geht. Ich bin auch sehr dankbar dafür, dass Frau Abgeordnete Oberhauser hier vom Rednerpult aus gesagt hat, im nächsten halben Jahr wird sich hier etwas bewegen. Unsere Unterstützung haben Sie!

Herr Bundesminister! Rehab für Kinder, das möchte ich noch anschließen, ist dringend notwendig. Und bitte vergessen Sie auch nicht, dass wir beobachten müssen und möglicherweise auch eine Studie darüber benötigen, wie sich Medikamente auf Kinder auswirken. Wir wissen, dass Medikamente sich unterschiedlich auf Männer und Frauen auswirken – wie wird das dann erst bei Kindern sein?

Also es ist ein breites Feld, das wir, wenn wir von einer tollen, guten Versorgung im Gesundheitsbereich in Zukunft sprechen wollen, beackern müssen. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

21.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Herr Bundesminister Stöger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.36.53

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Es ist jetzt angesprochen worden, dass wir etwas tun müssen bei den Medika­menten für Kinder: Ich kann berichten: Wir haben schon viel getan. Mit dem Kinderge­sund­heitsdialog haben wir einen Schwerpunkt mit Expertinnen und Experten gesetzt, damit auch das Thema Kinderarzneimittel in den Vordergrund gestellt worden ist. Ich habe auch das Kinderforschungsnetzwerk zur Arzneimittelforschung unterstützt, es werden dafür 750 000 € zur Verfügung gestellt. Ich wäre froh, wenn das Forschungs­minis­terium denselben Schritt setzen könnte. Es geht um die Verbesserung der Arznei­mittel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Internet ist eingekehrt in die Haushalte, und wir müssen regeln, wie wir mit dem Medikamentenkauf im Internet umgehen. Wir haben das mit dieser Novelle geschafft, und ich bin froh, dass wir damit Verbesserun­gen setzen können. – Alles andere haben meine Vorredner bereits ausgeführt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.38

21.38.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort seitens der Berichterstattung wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 33: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gesundheits- und Er­nährungssicherheitsgesetz, das Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz und das Anti­Doping­Bundesgesetz geändert werden, in 2103 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Spadiut vor.

Ich werde zunächst über die von dem erwähnten Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 262

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel I und II in der Fassung des Aus­schussberichtes, und ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesen Teilen ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür die Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 34: Antrag des Gesund­heitsausschusses, seinen Bericht 2104 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

21.40.17 35. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2013 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Tiermaterialiengesetz geändert wird (Tiermaterialien­gesetz-Novelle 2012) (2105 d.B.)

36. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (2014 d.B.): Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes (2106 d.B.)

37. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 2091/A(E) der Abgeord­neten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verordnungs­ermächtigung für Fiakerpferde im Tierschutzgesetz (2107 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 35 bis 37 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Vock. Ich mache darauf aufmerk­sam: 1 Minute Restredezeit. – Bitte. (Ruf bei der SPÖ: Maximal!)

 


21.41.09

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Frau Präsidentin! In aller Kürze: Wir sagen Ja zum Tiermaterialiengesetz. Wir können auch der unionsrechtlichen Bestimmung in der jetzigen Form zustimmen; das war im ersten Entwurf ja nicht so. Aber da es gemäß EU-Verordnung den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, Regelungen für rituelle Schlach­tungen ohne vorangehende Betäubung vorzusehen, bleiben die diesbezüglich stren-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 263

geren österreichischen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes jedenfalls unverändert aufrecht. Dies wird der Kommission entsprechend mitgeteilt werden.

Daher: Das Schächten kann in Österreich nach wie vor eine Ausnahme bleiben. Herr Minister, ich ersuche nur, diese Ausnahmen auch zahlenmäßig zu erfassen. Wir wissen, wie viele Schlachtungen es gibt, aber nicht, wie viele Schächtungen es gibt.

Wir hätten der Regelung für die Fiakerpferde gerne zugestimmt, aber da gibt es einen negativen Ausschussbericht. (Beifall bei der FPÖ.)

21.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


21.42.03

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache es ebenfalls sehr kurz: Auch wir stimmen dem Tiermaterialiengesetz zu, weil es sich dabei eigentlich nur um Rechtssicherheitsfest­stellungen handelt. Bei der Durchführungsbestimmung für unionsrechtliche Bestim­mungen auf dem Gebiet des Tierschutzes ist für uns auch wichtig, dass die strengen österreichischen Bestimmungen des Tierschutzes aufrecht bleiben und unsere hohen Standards nicht unterlaufen werden.

Im Entschließungsantrag des BZÖ zum Tierschutzgesetz wird auf eine Verordnungs­ermächtigung zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Fiakerpferden abgezielt. Da sind wir der Meinung, dass die Pferde bereits heute durch landesgesetzliche Vorschriften und regelmäßige Kontrollen der Amtstierärzte geschützt werden, daher wird meine Fraktion dem nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pirkl­huber. 2 Minuten Restredezeit. – Bitte.

 


21.43.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In aller Kürze: Zur Umsetzung dieser zwei europäischen Rahmengesetze beziehungsweise Verordnungen sei nur gesagt, dass im Tiermaterialiengesetz auch eine Verordnungsermächtigung drinnen ist, und das ist vielleicht ganz interessant, für biologisch-dynamische Präparate. Ich hoffe, der Herr Minister wird diese Verordnungsermächtigung nicht nutzen.

Für jene, die vielleicht keine Ahnung haben, was denn das ist: Ein biologisch-dynamisches Präparat ist zum Beispiel das Horn-Mist-Präparat. Man nehme ein Kuhhorn, fülle es mit Mist, vergrabe es in der Erde – jetzt runzelt auch Kollege Grüne­wald schon die Stirn –, und nach einem halben Jahr entnehme man dieses gefüllte Kuhhorn wieder und verwende es als biologisch-dynamisches Präparat auf den Feldern. Sie werden sich wundern: Es gibt wissenschaftliche Belege und Untersuchun­gen, die auch in „Nature“ publiziert sind, dass solche Präparate positive Wirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit haben. Also auch eine solche Verordnungsermächtigung haben Sie mit diesem Gesetz, Herr Bundesminister.

In den unionsrechtlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des Tierschutzes geht es, neben Leitfäden zum Schutz der Tiere beim Töten, Sachkundehinweisen und Kontrolle von Schlachthöfen, eben auch um die Rechte des Tierschutz-Ombudsmannes. In diesem Zusammenhang möchte ich an dieser Stelle ein Plädoyer für dezentrale


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 264

Schlachtung und für bäuerliche Schlachtgemeinschaften anbringen, denn: Je weniger Tiertransport, umso tiergerechter wird es auch bei der Schlachtung zugehen.

Die Tötung auf der Weide, Herr Bundesminister, ist in Deutschland für besondere Tiergattungen bereits erlaubt (Zwischenruf des Abg. Hörl), und auch das wäre auf Almen in Österreich vor allem bei ganzjähriger Freilandhaltung ein wichtiges Instru­ment; daran sollten wir gemeinsam eventuell weiterarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Riemer.)

21.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


21.45.19

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Auch von meiner Seite her kann ich das sehr kurz halten: Die Änderungen des Tiermaterialien­gesetzes – das wurde schon erwähnt – sind notwendig, weil die Vorschriften über die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukte auf EU-Ebene überarbeitet wurden und daher auch die nationalen Bestimmungen zu ändern oder anzupassen sind. Auch die EU-Verordnung über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung, die in einer eigenen Gesetzesmaterie umgesetzt wird, ist natür­lich auch von österreichischer Seite umzusetzen.

Zu dem Vorhaben, das Herr Abgeordneter Pirklhuber genannt hat, bezüglich der Tötung auf der Weide: Auch von unserer Seite wird das für sehr vernünftig gehalten, denn das Einfangen von Tieren, die das ganze Jahr im Freiland leben, ist äußerst schwierig. Es ist für das Tier mit großem Stress verbunden, auch für den Menschen. Es besteht Unfallgefahr, es kommt auch immer wieder zu Unfällen, und ein Tier, das unter Stress steht, liefert auch eine qualitativ weniger hochwertige Fleischmenge (Ruf: Nein, Qualität!) – Fleischqualität, Entschuldigung!

In Deutschland gibt es bereits die Möglichkeit der Tötung auf der Weide, die auf einer Ausnahmebestimmung basiert. Ich denke, dass so etwas auch in Österreich umzu­setzen wäre. Zumindest könnte hier ein Pilotprojekt gestartet werden, damit man einmal schaut, wie es wirklich in der Praxis funktioniert; darauf könnte man weiter aufbauen.

Zum Antrag bezüglich der Fiakerpferde: Fiakerunternehmen gibt es in Wien und in Salzburg, und die Ausübungsvorschriften sind in eigenen Landesgesetzen geregelt. Es wurde auch schon angesprochen, dass die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen von den zuständigen Amtstierärzten kontrolliert und überprüft wird. Dass die Fiakerpferde hervorragend gehalten werden, davon kann man sich, glaube ich, selbst überzeugen. Auch ich habe in Wien bei den Gespannen gesehen, dass es sehr gepflegte Pferdegespanne sind, die hier unterwegs sind, und ich denke, dass dieses Bild der Fiakerpferde aus dem Stadtbild von Wien und auch von Salzburg nicht wegzudenken wäre, daher werden wir diesem Antrag auch nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Spadiut. – Bitte.

 


21.47.50

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Mir ist unverständlich, warum die Regierungsparteien einen Antrag falsch inter­pretieren oder einfach nicht verstehen. Ich möchte vorausschicken, wir sind in keinster


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 265

Weise gegen die Fiaker, ganz im Gegenteil: Wir stehen zu den Fiakern als Bestandteil der Tradition.

Was wir kritisieren, ist, dass es in der Tierhalteverordnung das Berufstier Fiakerpferd nicht gibt. Es gibt die Tierhalteverordnung für landwirtschaftliche Nutztiere, für Lieb­lings­tiere, für Exoten, für Tiere, die in nicht üblichen Verhältnissen leben, etwa in Tierheimen, Zirkussen, Zoos und Varietés. Es gibt eine Tierhalteverordnung für anstrengende Berufe ausübende Tiere wie Polizei- und Bundesheerhunde, aber nicht das Berufstier Fiakerpferd.

Es kann schon sein, dass die Amtstierärzte kontrollieren, aber nach welchen Richt­linien? Sie haben keine Rechtssicherheit. Mit der Verankerung in der Tierhalte­ver­ordnung wäre den Amtstierärzten geholfen, weil sie Richtlinien haben, den Besitzern von Fiakerpferden, weil sie wissen, woran sie sich halten müssen, und auch den Tierschützern, weil wir dann Richtlinien hätten, die die Unterkunft und die Haltung der Fiakerpferde regeln.

Es geht um nichts anderes. Warum da die Regierungsparteien ein Trara machen, ist mir unverständlich. Vielleicht überlegen Sie sich das noch und stimmen dem Antrag zu. – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

21.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Schlusswort wird keines gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 35: Entwurf betreffend Tiermaterialiengesetz-Novelle 2012 samt Titel und Eingang in 2013 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist wiederum Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 36: Entwurf betreffend ein Bundesgesetz zur Durchführung unmittelbar anwendbarer unionsrechtlicher Bestim­mungen auf dem Gebiet des Tierschutzes samt Titel und Eingang in 2014 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Entwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist Einstimmigkeit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über Tagesordnungspunkt 37: Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht 2107 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu die Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 266

21.51.08 38. Punkt

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 2104/A der Abge­ord­­neten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (2019 d.B.) (Zweite Lesung)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 38. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Es ist niemand zu Wort gemeldet.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 2019 der Beilagen.

Der vorliegende Gesetzentwurf kann gemäß § 82 Abs. 2 Z 2 der Geschäftsordnung nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Somit stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustim­mung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig.

Gemäß § 108 des Geschäftsordnungsgesetzes kann die dritte Lesung des vorlie­genden Gesetzentwurfes frühestens 24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung stattfinden.

21.52.47 39. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (614 St 3/10m) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abge­ordneten zum Nationalrat Mag. Karin Hakl (2018 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 39. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich eröffne die Debatte.

Zu Wort hat sich niemand gemeldet.

Damit ist die Debatte auch schon wieder geschlossen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses in 2018 der Beilagen, Folgendes zu beschließen:

„In Behandlung des Ersuchens der Staatsanwaltschaft Wien, GZ. 614 St 3/10m, um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Karin Hakl wird im Sinne des Art. 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass kein Zusam­nhmenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Karin Hakl besteht.“

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 267

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.54.05Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 2160/A(E) bis 2176/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 13247/J bis 13286/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 21.54 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

21.54.38Schluss der Sitzung: 21.54 Uhr

 

 

 

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